Die Haftung des endgültigen Erben und des »Zwischenerben« bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens [1 ed.] 9783428469345, 9783428069347


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German Pages 268 Year 1990

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Die Haftung des endgültigen Erben und des »Zwischenerben« bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens [1 ed.]
 9783428469345, 9783428069347

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WOLF-HENRIK FRIEDRICH

Die Haftung des endgültigen Erben und des "Zwischenerben" bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 129

Die Haftung des endgültigen Erben und des "Zwischenerben" bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens

Von Wolf-Henrik Friedrich

Duncker & Humblot · Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Friedrich, Wolf-Henrik: Die Haftung des endgültigen Erben und des ,,Zwischenerben" bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens I von Wolf-Henrik Friedrich.- Berlin: Duncker und Humblot, 1990 (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 129) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1989 ISBN 3-428-06934-X NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübemahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Druck: Druckerei Gerike GmbH, Berlin 36 Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-06934-X

Meinen Eltern und meiner Frau

Vorwort Die Arbeit hat im Sommersemester 1989 der Juristischen Fakultät der AlbertLudwigs-Universität Freiburg als Dissertation vorgelegen. Sie beschäftigt sich mit ausgewählten Problemen der Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens nach dem Versterben seines bisherigen Inhabers. Neben dem bislang immer noch ungeklärten Verhältnis der handelsrechtliehen Haftungsregelung zum erbrechtliehen Haftungssystem des BGB stehen dabei insbesondere die Fragen im Vordergrund, die sich im Zusammenhang mit einer zeitlich begrenzten Fortführung des Unternehmens durch ,,Zwischenerben" ergeben. Zur Auseinandersetzung mit diesem Thema hat mich Herr Professor Dr. Leipold angeregt und bei dessen Ausarbeitung in jeder Weise unterstützt, wofür ich ihm an dieser Stelle herzlich Dank sagen möchte. Mein Dank gilt auch dem Verlag Duncker & Humblot für die freundliche Aufnahme der Dissertation in die Reihe "Schriften zum Bürgerlichen Recht" und die Betreuung der Arbeit bis zu ihrem Erscheinen. Freiburg, im Januar 1990

Wolf-Henrik Friedrich

Inhaltsübersicht A. Einführung

21

I. Teil Grundlegung -

Das System der zivilrechtliehen Erbenhaftung und die Regelung des§ 27 HGB

B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung ....·................. ,

23

C. Die Regelung des § 27 HGB . . . . .. .. .. . . . . . .. . . . . .. . .. . . .. . . .. .. . . . . . . .. . . . . . .. .

44

I. Tatbestand und Rechtsfolgen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .

45

ll. Die ratio des § 27 HGB .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .

62

lll. Die systematische Einordnung des § 27 HGB

92

D. Zusammenfassung: Ergebnisse des ersten Teils

108

II. Teil Ausgewählte Probleme der Erbenhaftung bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I. Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 .. .. .. .. .. . .. . .. .. . . .. .. .. ..

110

ll. Frühere Geschäftsverbindlichkeiten i. S. d. § 27 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . .

123

lll. Neue Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 IV. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten -eine Zusammenfassung . . .. . . . . . .. .. . .. .. . . . . . .. .. .. .. . .. .. . . . . . . . . .. .. .. .. .. . . . . .. . . .. . ..

158

F. Die Fortführung des einzelkaufmännischen Unternehmens durch

"Zwischenerben" .. . .. . . . ............. ......... .... . . . . . . . .... . .. ... ..... . . .... . . 160 I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben .. ............... . .. .... . 160 ll. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben .. . .. .. .. .. .. .. .. .... . .. ... ..

191

lll. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben ......... ........ . .. ..... 219 IV. Die Fortführung des einzelkaufmännischen Unternehmens durch "Zwischenerben"- ein zusammenfassender Vergleich .. . . . .. . . .. . . . . .. . . 248

G. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

Inhaltsverzeichnis A. Einführung ................... ... .................. ... ... .................. ..... ..

21

I. Teil

Grundlegung -

Das System der zivilrechtliehen Erbenhaftung und die Regelung des § 27 HGB

B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

I. Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

II. § 1967 als Ausgangsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . I. Der Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis zu§ 1922 . . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . .. .. . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . .

24 24 26

111. Die .. grundsätzlich unbeschränkte" Erbenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . I. Die denkbaren Haftungsmodelle .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der rechtshistorische Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Begrundung der "grundsätzlich unbeschränkten" Erbenhaftung des BGB ... . ..... ... .. . ..... . . .. ............ . . .. .... ..................... . .. . ..

27 27 28

W. Das System der Haftungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Orientierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Beschränkung der Haftung allen Gläubigem gegenüber . . . . . . . . . . a) Nachlaßverwaltung, -konkurs und -vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsbeschränkung nach Aufhebung der Beschränkungsver-

35 35 36 36

fahren . .. . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . ... .. .. .. . . . . . . . . ....... .. . . . .. . . ... ..

30

c) Dürftigkeitseinrede § 1990 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 3. Beschränkung der Haftung einzelnen Gläubigem gegenüber . . . . . . . . . . a) Vertragliche Haftungsbeschränkung .. . . ..... .. .... .. . .. . . .. ... .. . . .. b) Einreden gegenüber bestimmten Nachlaßgläubigem . .. . . . .. . . . . . . . . 4. Die prozessuale Geltendmachung der Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . 5. Verlust des Beschränkungsrechts . . . . .. . . . .. . ... . . . . . . . . .. .... .. .. . . . . .. . a) Allen Nachlaßgläubigem gegenüber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelnen Nachlaßgläubigem gegenüber . . . . . . ... . . . . . .. . . . . . .. . . . . . c) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36 37 37 37 37 38 40 40 41 41

V. Haftungsausschluß durch Ausschlagung . . . . . .. . . . . . ... . . . . . . . .. . . . .. . .. . . . .

41

VI. Die Prinzipien der bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftung - eine Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

Inhaltsverzeichnis

11

C. Die Regelung des§ 27 HGB ............................................. . .. ....

44

I. Tatbestand und Rechtsfolgen .... . . . . . ..... ... .. . . . . . . ........ .. . . . . . . . .. . ... 1. Voraussetzungen des § 27 HGB .. . ... .. . .. ... . . . . ...... .. .. . . . . .. ....... a) Fortführung eines zum Nachlaß gehörenden Handelsgeschäfts . . . . b) Fortführung durch den Erben ........ .. . . . . ......... ........ .. .. .... . aa) Rechtsstellung des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . bb) Vermächtnisnehmer .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Einstellung der Fortführung binnen der Frist des § 27 Abs. 2 HGB .... .. ...... . .. . .................. . .... . ..................... . ... 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung für frühere Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfordernis der Firmenfortführung . .. . . . . . . . . . ..... ..... .. . . .. . .. . ... c) Der besondere Verpflichtungsgrund, § 25 Abs. 3 HGB .. . .. . .. .. .. 3. Möglichkeiten der Haftungsahwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einstellung der Geschäftsfortführung, § 27 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . b) Handelsregisterpublizität oder Mitteilung an Dritte, §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Streit über die entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB ....... . .. . ........ . ............ . .................... . .. . ... bb) Die vorläufige Lösung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Möglichkeiten .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aussschlagung der Erbschaft . . ... . . . . . . . . .. ... . . . ... . . . . . . .. ... . bb) Fortführung unter neuer Firma . . . . . . . .. . .... ........ ..... .. . . .. . cc) Sofortige Veräußerung an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

II. Die ratio des § 27 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ratio legis als Begriff .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Methode der Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die typischen Interessenkonflikte im Normbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der systematische Zusammenhang .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtshistorischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Objektiv-teleologische Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 27 HGB als gesetzgebensehe Parallele zu § 25 HGB . . . . . . . . . . . . aa) Die Übertragung des Grundgedankens . .. . ..... .. .. ... .. . . .. .. . bb) Die ratio des § 25 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ( l) Deutungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Klarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Bedeutung der ratio des § 25 HGB für § 27 HGB . . . . . . . b) Der Ausgleich zwischen Erbeninteressen und Belangen des Handelsverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Verkehrsschutzgedanke ... . . . .. . . . . .. ........ ... . . . . .. .. . . .. . . .. . aa) Der Klarstellungsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . bb) Das Verbot des venire contra factum proprium . . .. . .. . . . . . . .. . d) Der Gedanke der Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Gedanke der Risikozuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

45 45 47 47 48 48 50 51 52 53 54 55 56 57 58 60 61 61 61 63 65 66 66 67 70 71 71 72 72 76 78 80 80 81 81 83 84

12

Inhaltsverzeichnis f) Die Gleichstellung von Alt- und Neugläubigem ..... ... . .. .. . . . . ... g) Der Gedanke der Informationslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die Bedeutung der ratio legis für die entsprechende Anwendbarkeit des § 25 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85 87 87

lll. Die systematische Einordnung des § 27 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

1. Vergleich der Regelungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 2. Die Ausrichtung des Interessenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 27 HGB als erbrechtliche Haftung .. . . . . . . . .. . . .. . .... .. .. . . . .. . . . . . .. a) Argumente aus dem Wortlaut . ......... . .. .. . ... .... .. . .. .. . . . . . ..... b) Das Argument aus § 2013 Abs. 2 . . . . .. ... . . . . . . . .. .. ...... . . . . . . .. . c) Fehlende Lückenfüllungsfunktion des § 27 HGB ... ....... . . . . . . . .. 4. § 27 HGB als handelsrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die "direkte Haftung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erbrechtliche und handelsrechtliche Haftung des fortführenden Erben ................. . .. .. ................. ... . .............. . ..... . .. c) Spezifisch handelsrechtliche Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 5. Die Eigenständigkeil des § 27 HGB gegenüber dem zivilrechtliehen Erbenhaftungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die maßgeblichen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . b) Schuld und Haftung bei§ 27 HGB . . . .. . . ... . ........ .. . . .. . . ....... c) Vereinbarkeil mit derratiodes § 27 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92 93 94 94 95 96 97 97

101 101 102 105 107

D. Zusammenfassung: Ergebnisse des ersten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

108

90 91

99 100

li. Te i 1 Ausgewählte Probleme der Erbenhaftung bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens

E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I. Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des§ 1967 . . . . . .. . ...... . . . .... . .. . ...

110

1. Erblasserschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

110 2. Erbfallschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3. Nachlaßerbenschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Historische Entwicklung und heutiger Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Entstehungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Verträge des Erben mit Bezug auf den Nachlaß . . . . . . . . . . . . . . . 117 bb) Schadensersatzverpflichtungen des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 cc) Eintritt des Erben in pflichtbelastete Rechtslagen des Erblassers 119

Inhaltsverzeichnis c) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 120

d) Beschränkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

II. Frühere Geschäftsverbindlichkeiten i. S. d. § 27 Abs. I HGB . . . .. . . . . .. . 123 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Die handelsrechtliche Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die im Betriebe des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, § 25 Abs. 1 S. 1 HOB . .. . .. .. ............ .. . . . ..

123 123 124

c) Partielle Inkongruenz der Verbindlichkeiten aus § 25 Abs. 1 S. 1 HOB und§ 27 Abs. 1 HOB ...... .... ...................... ......... 126 2. Kongruenz und Inkongruenz früherer Geschäftsverbindlichkeiten und Nachlaßverbindlichkeiten . . . . . . . . .. .. . ....... . .... .. . . .... .. . . . . .. . .. . . .. 128 a) Erblasserschulden als Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Erbfallschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

129

aa) Geschäftsverbindlichkeiten des Vorerben und des vorläufigen Erben ......... . .. . ....................... . .................. . .. . .. 129 bb) Vom Nachlaßverwalter begründete Geschäftsverbindlichkeiten 130 c) Nachlaßerbenschulden ................. .... .. . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . . . . 132 d) Inkongruenz von Nachlaß- und früheren Geschäftsverbindlichkeiten 134

lll. Neue Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135

1. Neue Geschäftsverbindlichkeiten als Nachlaßerbenschulden . . . . . . . . . .

135

a) Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Die Kollision von Nachlaßgläubiger- und Geschäftsneugläubigerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 c) Die Lösung des Interessenkonflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Priorität des Schutzes der bisherigen Nachlaßgläubiger . . . . . . . bb) Priorität des Schutzes der Geschäftsneugläubiger . . . . . . . . . . . . . . cc) Vermittelnde Lösungen . . . .. .. . . . . . . ..... . . ... . . . . . . . .. . . . .. . . .. . (1) Generell unbeschränkbare Haftung des Erben bei Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts . . . . . . . . . (2) Begrenzter Zugriff der Geschäftsneugläubiger auf den Nachlaß . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . .. . . . . . . .. . (3) Aussonderung des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß . . .

137 139 141 142 142 144

(a) Verlust der Nachlaßzugehörigkeit aufgrund persönlicher Leistung des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 (b) Vereinbarkeil mit den Haftungserwartungen des Handelsverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (c) Bestimmung des Aussonderungszeitpunktes . . . . .. . . .. 147 (aa) Neufirmierung von Anfang an . . . .. . . . . . . . . . . . .. . (bb) Eintragung im Handelsregister als neuer Inhaber . . (cc) Erwerb der Geschäftsgegenstände zu Eigenvermögen . ... . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . .. ... . . . . .. .. . ... . d) Vorläufiges Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147 148 148 153

Inhaltsverzeichnis

14

2. Haftungsbeschränkungen auf den Nachlaß . . . . . . . . .. ... . .. . . . . . . . .. .. ...

154

a) Zulässigkeil vertraglicher Haftungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . .

154

b) Konkludente Haftungsbeschränkungen . . . ... . . . . . . .. . .. . . .. . . . . . . . . . 155 c) Haftungsbeschränkung und die Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB ............... . .. . ................. ... . .. . .................... . .. . 156

IV. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten- eine Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

F. Die Fortführung des einzelkaufmännischen Unternehmens durch "Zwischenerben" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben . . . . . . . ... ... .. . . . . . . . . ..

160

1. Die Rechtsfigur der Vor- und Nacherbschaft .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .

160 a) Ziel der Nacherbeneinsetzung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

b) Befugnisse und Beschränkungen des Vorerben . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . . 161 c) Rechtsstellung des Nacherben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163

d) Grundstruktur der Haftung . . . ... .. .. .. .. . . . . . . . . .. .. .. .. .... . . . .. .... 163 aa) Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigem ........... .. . . . . .. . 164 bb) Haftung von Vorerben und Nacherben untereinander . . . . . . . . . 166 2. Besonderheiten der bürgerlich-rechtlichen Haftung des Vor- und Nacherben bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens . . . . 166 a) Haftung gegenüber den Geschäftsgläubigem . . . . . ... ..... .. . . . . . . . . . 167 aa) Haftung des Vorerben für Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . 167 (l) Vor dem Nacherbfall .. . . . . . . ... . . .. ...... .. . . .. . . . . . . .. . . . . . 167 (a) Frühere Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (b) Neue Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (aa) Haftungserwartungen des Handelsverkehrs . . ... . 167 (bb) S~~u~ der Interessen der ursprünglichen Nachlaßglaubtger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (cc) Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß . . . . 172 (2) Nach Eintritt des Nacherbfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (a) Erblassergeschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (b) Eigene Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 bb) Haftung des Nacherben für Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . 173 (I) Erblassergeschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (2) Vorerbengeschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Das Haftungsverhältnis zwischen Vor- und Nacherben ..... .... . .. aa) bb) cc) dd)

Entscheidung über die Fortfilluung des Handelsgeschäfts . . . . . Veräußerung des Handelsgeschäfts . . . . . . . .. . .. . . .. . . . . . . .. ... . . Verfügbarer Unternehmensgewinn und Verlustausgleich . ... .. lnnenregreß bei gesamtschuldnerischer Haftung gegenüber den Geschäftsgläubigem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

174 175 176 179 182

Inhaltsverzeichnis

15

3. Haftung des Vorerben und Nacherben nach § 27 HGB . . ..... . . . . . .. . . a) Haftung des Vorerben nach§ 27 HGB . . .... . ... .. . . . .. ...... . . . . .. . aa) Bis zum Eintritt des Nacherbfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nach Verlust der Erbenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Fortdauer der unbeschränkten Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anwendung des Verjährungsprivilegs analog § 26 HGB . b) Haftung des Nacherben nach § 27 HGB .. . . .. . . ... . . . . . . .. .. . . . . .. . aa) Haftung für Erblassergeschäftsschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Haftung für Vorerbengeschäftsschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Probleme des Haftungstatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nachlaßzugehörigkeit des Handelsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einstellungsfrist nach § 27 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Fortführung der Vorerbenfirma . . ... . . . . . .. . . . . . . .. . ... . . ...

183 184 184 184 184 185 186 186 187 188 188 189 190

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben . . .. . . .. . . .. . . . . . . . . . .. . . . .. .

191

1. Begriff und Rechtsstellung des vorläufigen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191 191 191 193 193 193 194 196 197 199 200

a) Der zur Ausschlagung berechtigte Erbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorläufiger Erbe, Erbschaftsannahme und -ausschlagung . . . .. bb) Rechtsstellung des vorläufigen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wirklicher Erbe . . . . . . . .. ... ... . .. . .. . .. ... . . . . .. . . . . . . .. .... . (2) Schutz des vorläufigen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Berechtigung zur Verwaltung des Nachlasses . . .. . . . . . . . . . (4) Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten und Eigenschulden . . b) Der die Erbschaftsannahme anfechtende Erbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der für erbunwürdig erklärte Erbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftungslage nach bürgerlichem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung des endgültigen Erben für die vom vorläufigen Erben begründeten Nachlaßverbindlichkeiten im allgemeinen . . . . . . . . . . . . aa) Haftung nur gegenüber dem vorläufigen Erben nach § 1959 Abs. 1 . . . . .. . .. . . . .... .. .. . . .. . .. .. .. . . . . .. . .......... . . . . . . .. . ... . bb) Haftung gegenüber den Gläubigem über§ 1959 Abs. 2 analog, § 1967 ····· .. ... .. .................. . .. . .. . .. ............. . .. . .. .. cc) Haftung gegenüber den Gläubigem gemäß § 1967 . . . . . . . . . . . . (1) Lösungsansatz über den Befreiungsanspruch des vorläufigen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kritische Würdigung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Interessen der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Prozeßökonomischer Aspekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Inkongruenz der Pflichtenstellung bei vorläufigem und endgültigem Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Vertreterähnliche Stellung des vorläufigen Erben . . . . (e) Rückwirkender Verlust der Erbenstellung . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . .. . . . .. . . . . ...

200 201 202 203 203 205 205 205 206 206 207 208

16

Inhaltsverzeichnis b) Besonderheiten bei Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtslage bis zur Ausschlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Haftungslage nach der Ausschlagung ... . .. .. . . . . .. . . . . . ........ c) Haftungsverhältnis zwischen vorläufigem und endgültigem Erben . . . 3. Haftungslage nach § 27 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung des vorläufigen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung des endgültigen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Haftung für Geschäftsverbindlichkeiten des vorläufigen Erben bb) Analoge Anwendung des§ 26 HGB zugunsten des vorläufigen Erben ......... ... . .................. . .... . ................ ..... . .. cc) Verzögerung des Haftungseintritts durch Ausschlagungshäufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rechtslage bei Anfechtung der Erbschaftsannahme . .. . .. . . . . . (I) Formel des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Behandlung atypischer Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

209 209 210 211 212 212 213 213

lll. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben . . .. ...... .. . . . . .. . ... . .. 1. Der vermeintliche Erbe im Rechtsverkehr . . . . . .. ....... ... . . . . .. . ... ... a) Begriff des vermeintlichen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . b) Entstehungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der vermeintliche Erbe ohne Erbschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Erbscheinserbe . . . .. .. . . . . . . . . .. .. . .. . . .. . . . . . . . .. ... . ... . . . . . . . .. 2. Haftungslage nach bürgerlichem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern und den Neugläubigern aa) Haftung des vermeintlichen Erben . . . .. .. ........ .. . . .. . .. . . . . . . bb) Haftung des wahren Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsverhältnis zwischen dem vermeintlichen und dem wahren Erben ............. . .... . .................. . ..................... . . . .. . . aa) Herausgabepflicht und Haftung des vermeintlichen Erben gegenüber dem wahren Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pflichtenstellung des wahren Erben gegenüber dem vermeintlichen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verwendungsersatzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . (2) Befreiungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftungslage bei Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung des vermeintlichen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Frühere Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Haftung nach § 27 Abs. I HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Haftung aus Rechtsscheingrundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Haftung nach § 27 Abs. I HGB analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vorliegen einer Gesetzeslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Gesetzesplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Planwidrige Unvollständigkeit ...... .. . .. .. .. ....

219

214 215 216 216 217 219 219 219 220 220 221 221 221 222 223 223 224 224 225 225 225 225 226 226 227 227 228 231

Inhaltsverzeichnis (b) Vergleichbarkeit der Sachverhalte (aa) Haftung für Geschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . (bb) Übergang der Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Haftungsausschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . bb) Neue Geschäftsverbindlichkeiten . . . . .. . . .. .. . ... .. . . . . .. . .. . . . . b) Haftung des wahren Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . aa) Erblassergeschäftsverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vom vermeintlichen Erben begründete Geschäftsverbindlichkeiten ......... . .......................... . ........................ (1) Grundsatz der Zusammengehörigkeit von Geschäftsaktiva und Geschäftspassiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begründung einer Haftung aus § 27 Abs. 1 HGB . . . . . . . . (a) Vorläufiger Erbe und vermeintlicher Erbe . . . . . . . . . . . . (b) Systematische Stellung des § 27 HGB . . . . . . . .. . . . . .. . (3) Überprüfung des gewonnenen Ergebnisses . . . . . .. . . .. . ... . (a) Vom vermeintlichen Erben begründete Forderungen . (b) Interessen des wahren Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendung des Verjährungsprivilegs analog§ 26 HGB zugunsten des vermeintlichen Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Haftungsverhältnis zwischen vermeintlichem und wahrem Erben aa) Veräußerung des Handelsgeschäfts . . . . .. .. .. .. . . . . . . .. . . .. . . .. . bb) Verfügbarer Unternehmensgewinn und Verlustausgleich . . .... cc) lnnenregreß bei gesamtschuldnerischer Haftung . . . . . . . . . . . . . . .

17 232 233 234 237 238 239 239 239 240 241 241 242 242 242 244 245 245 245 246 247

W. Die Fortführung des einzelkaufmännischen Unternehmens durch "Zwischenerben" - ein zusammenfassender Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 1. Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung gegenüber den Geschäftsgläubigem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsahwendung durch Einstellung nach § 27 Abs. 2 HOB . . . c) Anwendung des Verjährungsprivilegs nach§ 26 HGB analog . . .. 2. Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Veräußerung des Handelsgeschäfts . . . . . .......... .. . ... . . .. .. .. . . . . . b) Unternehmensgewinne . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . c) Pflicht zum Verlustausgleich . . .. . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . d) Innenregreß bei gesamtschuldnerischer Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

248 248 250 250 251 251 251 251 252

G. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse .. . .... . ......... . :. . . . . . . . . . . . 254 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 friedrich

257

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abs. Abt. AcP a.E. AkDR Anm. Aufl. Bd. BGHZ Busch's Archiv BVerfGE BWNotZ DB ders. DFG DGWR d.h. DJZ DR EinI. f. (ff.) FamRZ

FN FS Gruchot HS. JherJb JMBI.NRW Jura JuS JW JZ Konk. Treuh. LM

= = = =

anderer Ansicht Absatz Abteilung Archiv für die civilistische Praxis = am Ende = Akademie für Deutsches Recht =Anmerkung = Auflage =Band = Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen = Archiv für Theorie und Praxis des Allgemeinen Deutschen Handels- und Wechselrechts = Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts = Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg = Der Betrieb = derselbe = Deutsche Freiwillige Gerichtsbarkeit = Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht = das heißt = Deutsche Juristen-Zeitung = Deutsches Recht = Einleitung = folgende (fortfolgende) = Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht, seit 1962 Zeitschrift für das gesamte Familienrecht = Fußnote = Festschrift I Festgabe für = Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begr. v. J.A. Gruchot = Halbsatz = Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des Bürgerlichen Rechts = Justizministerialblatt Nordrhein-Westfalen = Juristische Ausbildung = Juristische Schulung = Juristische Wochenschrift = Juristenzeitung = Konkurs- und Treuhandwesen = Das Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, herausgegeben von Lindenmaier und Möhring

Abkürzungsverzeichnis LZ m.w.N. MDR MittRhNotK NJW Nr. PucheltsZ RdL Recht RGZ Rz

s.

vgl. WM ZblFG ZGR ZHR ZIP zit.

2*

19

= Leipziger Zeitschrift für Handels-, Konkurs- und Versicherungsrecht = mit weiteren Nachweisen = Monatsschrift für Deutsches Recht = Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer = Neue Juristische Wochenschrift =Nummer = Zeitschrift für (ab 31.1900 deutsches bürgerliches und) französisches Zivilrecht, begr. v. Puchelt = Recht der Landwirtschaft = Das Recht = Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen = Randziffer = Seite I Satz = vergleiche = Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen Teil IV = Zentralblatt für Freiwillige Gerichtsbarkeit und Notariat = Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht = Zeitschrift für das gesamte Handels- und Konkursrecht, ab Bd. 124: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht = Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis = zitiert

A. Einführung Verstirbt der Inhaber eines einzelkaufmännischen Unternehmens, ergeben sich oft schwierige rechtliche Probleme für den zurückbleibenden Personenkreis, mit dem der Inhaber in persönlicher oder geschäftlicher Beziehung stand. Der Erbe wird sich fragen, ob er das Unternehmen fortführen kann, möglichst ohne dabei für die Geschäftsschulden des Erblassers aufkommen zu müssen. Die Gläubiger des Verstorbenen wiederum haben ein Interesse daran, nicht nur den Nachlaß, sondern auch den fortführenden Erben persönlich, also mit dessen Eigenvermögen, haftbar zu machen. Diesen so verständlich erscheinenden Absichten stehen aber diejenigen der Neugläubiger, mit denen der Erbe im Rahmen seiner Unternehmensfortführung kontrahiert, gegenüber. Auch diese Gläubiger wünschen sich nämlich für ihre Forderungen eine möglichst breite Haftungsgrundlage, also nicht nur das schon vor dem Erbfall vorhandene Eigenvermögen des Erben, sondern auch den Nachlaß. Die Haftungserwartungen sämtlicher Gläubiger steigern sich schließlich in den Fällen, in denen das Handelsgeschäft zwischenzeitlich von einem Vorerben, vorläufigen Erben oder vermeintlichen Erben fortgeführt wurde. Hier besteht der Wunsch, neben dem Nacherben, endgültigen Erben oder wirklichen Erben auch jene Personen zur Erfüllung der Geschäftsschulden in Anspruch zu nehmen. In der Rechtsordnung finden sich zwei Regelungskomplexe, die zur Bewertung der aufgezeigten unterschiedlichen Interessen und damit zur Lösung der bei der Vererbung eines einzelkaufmännischen Unternehmens auftretenden Problemstellungen herangezogen werden müssen: das zivilrechtliche Erbenhaftungssystem, §§ 1967 ff. 1,und die Regelung des§ 27 HGB. Ungeklärt ist dabei das Verhältnis der Normkomplexe zueinander, genauer gesagt die systematische Stellung der handelsrechtliehen Norm. Teilweise wird § 27 HGB als selbständige Haftungsnorm 2 , teilweise nur als Modifizierung der bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftung 3 begriffen. In dieser Frage zu einer eindeutigen Antwort zu gelangen, ist Ziel des ersten Teils der Untersuchung. Hierfür ist es notwendig, die Grundprinzipien des zivilrechtliehen Erbenhaftungssystems sowie die ratio des § 27 HGB, die ihrerseits in Rechtsprechung und Literatur höchst umstritten ist, zu ermitteln. Ausgangspunkt der Betrachtungen ist dabei stets der rechtmäßige, endgültige • Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB. Bolte ZHR 51 (1902), 413 (435 ff.); CapelleiCanaris, S. 89; Hofmann, S. 140; Hopt I Mössle Rz 295; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 58. 3 Aus der jüngeren Literatur seien genannt Großkomm-Hüffer § 27 Rz 13; K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV la S. 236. 2

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A. Einführung

Alleinerbe, der die Erbschaft angenommen hat und auch nicht durch eine vom Erblasser angeordnete Nacherbschaft beschränkt ist. Der erste Teil hat damit grundlegenden Charakter. Auf die dort erzielten Ergebnisse kann im weiteren Verlauf dieser Abhandlung zurückgegriffen werden. Der zweite Teil der Untersuchung behandelt ausgewählte Probleme der Erbenhaftung bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens, die in der wissenschaftlichen Diskussion bisher kaum Beachtung gefunden haben. Dies gilt für das Verhältnis von Nachlaßschulden und Geschäftsverbindlichkeiten sowie für die Einstandspflicht des fortführenden Erben im Hinblick auf neue, von ihm selbst begründete Geschäftsschulden. Den Schwerpunkt bilden in diesem Abschnitt jedoch die haftungsrechtlichen Fragen, die sich bei der- zeitlich begrenzten - Fortführung des Handelsgeschäfts durch den ,,Zwischenerben" ergeben. Mit diesem Begriff sind der Vorerbe, der vorläufige Erbe sowie der vermeintliche Erbe erlaßt. Gemeinsam ist ihnen nämlich, daß sie nach dem Tod des Erblassers für eine gewisse Zeit, jedoch nicht endgültig, den Betrieb des Handelsgeschäfts fortsetzen. Dieser Zeitraum kann von ganz unterschiedlicher Dauer sein. Am längsten wird er regelmäßig beim Vorerben sein, am kürzesten beim vorläufigen Erben. Beendet wird er, sofern keine Einstellung des Geschäftsbetriebs erfolgt ist, durch den Eintritt des Nacherbfalls, die Ausschlagung oder den Augenblick, in dem der wahre Erbe vom vermeintlichen Erben die Herausgabe des Unternehmens verlangt. Vorerbe, vorläufiger Erbe und vermeintlicher Erbe schieben sich also zwischen die Person des Erblassers und diejenigen, denen die Erbschaft endgültig beziehungsweise in Wahrheit zusteht, nämlich den Nacherben, endgültigen Erben und wahren Erben. Aufgrund dieser Gemeinsamkeit erscheint es zulässig, sie als ,,Zwischenerben" zu bezeichnen. Damit soll nicht geleugnet werden, daß der vermeintliche Erbe nie Erbe war und der vorläufige Erbe seine Erbenstellung durch Ausschlagung oder Anfechtung der Annahme rückwirkend verliert,§§ 1953 Abs. 1, 1957 Abs. 1. Der Begriff ,,Zwischenerbe" ist aber dem allgemeiner gehaltenen Terminus der Zwischenperson vorzuziehen, weilletzterer sämtliche nur denkbaren Personen, die das Handelsgeschäft zwischenzeitlich fortgeführt haben, umfassen würde, also auch den Nachlaßverwalter oder den Testamentsvollstrecker. Hier soll die Erörterung aber auf jene beschränkt werden, die auf Zeit Erben sind oder für solche gehalten werden. Hinzuweisen ist schließlich noch darauf, daß die haftungsrechtlichen Fragen, die sich aus der Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens durch eine Erbengemeinschaft ergeben, nicht Gegenstand dieser Untersuchung sind. Die Fülle der hierbei zu diskutierenden Probleme 4 hätte den Rahmen dieser Abhandlung, die sich zu einem erheblichen Teil mit den bisher kaum erörterten Fragen der ,,Zwischenerbenhaftung" beschäftigt, unvertretbar überschritten. 4 Zu erinnern ist nur an die unlängst ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, BGHZ 92,259, und des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 72, 155, zur Fortführung durch eine Erbengemeinschaft, an der auch Minderjährige beteiligt waren.

I. Teil

Grundlegung Das System der zivilrechtliehen Erbenhaftung und die Regelung des § 27 HGB

B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung I. Interessenlage Jedem Regelungssystem - und bei den Erbenhaftungsnormen des BGB ist es zulässig, von einem solchen zu sprechen 1 - liegen bestimmte leitende Gesichtspunkte zugrunde, deren Ermittlung für die Auslegung der einzelnen Norm 2 , aber auch für einen Vergleich mit anderen Regelungen oder Regelungssystemen notwendig ist. Das Auffinden dieser leitenden Gesichtspunkte, die in diesem Zusammenhang als Haftungsprinzipien zu bezeichnen sind, hat als Ausgangspunkt die Darstellung der Interessenlage, wie sie sich für die von einem Erbfall betroffenen Personen gestaltet. Ist hierüber Klarheit gewonnen, können anband der gesetzlichen Regelung die Bewertung dieser Interessen durch den Normgeber erlaßt und daraus die Haftungsprinzipien abgeleitet werden. Auszugehen ist von dem Fall, daß der Erblasser verstirbt und einen 3 Erben hinterläßt, der sich seinerseits nun nicht nur mit seinen bisherigen Gläubigern, den Eigengläubigern, sondern auch mit den Nachlaßgläubigern konfrontiert sieht. Dabei besteht aufseitendes Erben der Wunsch, den im Wege der Universalsukzession 4 nach § 1922 unentgeltlich 5 zugeflossenen Vermögenszuwachs möglichst ungeschmälert 6 zu erhalten. Ist dies aufgrundeines mit Verbindlichkeiten belasteI Larenz, Methodenlehre, S. 420, der dies beispielhaft für das Kauf-, Miet- oder Hypothekenrecht bejaht. 2 Larenz, Methodenlehre, S. 420. 3 Daß sich die gesamte Interessenlage kompliziert, wenn der Erblasser von mehreren Personen beerbt wird oder etwa Vor- und Nacherbschaft angeordnet ist, bedarf keiner näheren Begründung. An dieser Stelle ist jedoch nur von dem Fall eines Alleinerben auszugehen, weil dies ausreicht, um Grundstrukturen aufzuzeigen. 4 Das Vermögen des Erblassers geht als Ganzes auf den Erben über. Vgl. Jauemig I Stümer § 1922 Anm. 1; MünchKomm-Leipold §1922 Rz 15; Palandt/Edenhofer Einl. vor§ 1922 Anm. 4. 5 Erbschaftssteuerrechtliche Aspekte bleiben außer Betracht. 6 Siber, S. 11.

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

ten Nachlasses nicht möglich, so soll wenigstens sein bereits vor dem Erbfall vorhandenes Vermögen, das Eigenvermögen, vom Zugriff der Nachlaßgläubiger unbehelligt bleiben. Dieser Schutz des Eigenvermögens steht für den Erben in der Regel im Vordergrund 7 , so daß eine gesetzliche Regelung, die seine Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten auf den Nachlaß beschränkt, seinen Interessen am nächsten kommt. Entgegengesetzt verhält es sich mit den Belangen der Nachlaßgläubiger, die sich nicht nur aus dem Erblasservermögen ungekürzt befriedigen wollen 8, sondern darüber hinaus einen Ausgleich dafür erstreben, daß mit dem Tod des Erblassers dessen Arbeitskraft und Vertrauenswürdigkeit, die unter Umständen höher zu bewerten sein können als die des Erben, weggefallen sind 9• Außerdem müssen sie eine Verminderung des Nachlasses durch Verfügungen des Erben befürchten. Daher ist den Nachlaßgläubigem am meisten mit einer unbeschränkten Haftung des Erben, die ihnen einen Zugriff auf dessen Eigenvermögen erlaubt, gedient 10• Den Interessen der Nachlaßgläubiger droht aber auch vonseitender Eigengläubiger des Erben Gefahr, weil dieser das Vermögen mit dem Erbfall erworben hat, und auf diese Weise für seine bisherigen Gläubiger ein neues Haftungsobjekt zur Verfügung steht, an das sie sich, insbesondere bei einem überschuldeten Erben, werden halten wollen 11 • Hiermit sind zugleich die wesentlichen Belange der Eigengläubiger angesprochen. Sie sind einerseits an der, eben skizzierten, Vergrößerung ihrer Vollstreckungsmöglichkeiten interessiert, andererseits können ihnen Nachteile aber dadurch entstehen, daß sich die Nachlaßgläubiger- eine unbeschränkte Erbenhaftung vorausgesetzt- an das Eigenvermögen des Erben halten 12 und so die Haftungsgrundlage der Eigengläubiger verringern. Liegen die Intentionen der Beteiligten damit offen zutage, ist das Augenmerk nun auf deren Bewertung durch den Normgeber zu richten.

II. § 1967 als Ausgangsvorschrift 1. Der Tatbestand § 1967 Abs. 1 bestimmt knapp, daß der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten haftet. Damit ist zunächst eine Entscheidung dahingehend getroffen, daß nur der Erbe, nicht etwa der Vermächtnisnehmer, dem nur ein Anspruch gegen den Beschwerten zugewandt wird(§§ 2174, 2176), für Nachlaßverbindlichkeiten haf7 Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 49. s Brox, Erbrecht, Rz 614; John Rz 504; Siber, S. 11; Wendt AcP 86, 353 (402). 9 Brox, Erbrecht, Rz 614; Errnan/Schltiter vor§ 1967 Rz 2; John Rz504 spricht vom Tod als der Krise des Kredits. 10 Hoepfner Jura 1982, 169. 11 v. Lübtow, S.1093. 12 Brox, Erbrecht, Rz 616.

II. § 1967 als Ausgangsvorschrift

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ten soll 13• Des weiteren konkretisiert das Gesetz in § 1967 Abs. 2 zwar, was unter Nachlaßverbindlichkeiten zu verstehen ist, dieses jedoch keineswegs abschließend 14, wie sich schon aus dem Wortlaut 15 ergibt. An dieser Stelle soll es genügen, sie in die vom Erblasser herrührenden Schulden (Erblasserschulden), die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten (Erbfallschulden) und die Verbindlichkeiten, die der Erbe in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses eingegangen ist 16, die sogenannten Nachlaßerbenschulden 17 , einzuteilen 18 . Soweit schließlich § 1967 Abs. 1 von der Haftung des Erben spricht, wirft dies die Frage auf, ob der Erbe lediglich das Unterworfensein des Nachlaß- oder auch 19 des Eigenvermögens unter den Zugriff der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung20 dulden muß, oder aber selbst Schuldner der Nachlaßverbindlichkeiten wird, also dem persönlichen Leistensollen unterliegt 21 . Der Wortlaut scheint die erste Auffassung zu bestätigen, ordnet § 1967 Abs. 1 doch die Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten an. Zutreffend ist dennoch die Gegenansicht. Gemäß dem im Erbrecht des BGB geltenden Prinzip der Universalsukzession tritt der Erbe mit dem Erbfall grundsätzlich 22 in alle Rechtsbeziehungen des Erblassers von Gesetzes wegen ein, ohne daß es im einzelnen einer Übertragung der Rechte und einer Übernahme der Schulden bedürfte 23 ; er wird damit Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Mit diesem Grundsatz ist es unvereinbar, den Erben nur mit dem Zugriff durch die Nachlaßgläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung zu belasten, ihn aber von dem persönlichen Leistensollen zu befreien. Da Schuld und Haftung zwar begrifflich zu scheiden sind, die Haftung der Schuld aber unmittelbar folgt 24, wäre das BGB an dieser Stelle besser, weil unmißverständlicher, in der Weise formuliert worden, daß der Erbe Schuldner der Nachlaßverbindlichkeiten ist 25.

13 MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 4.

MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 2; Riesenfeld, Erbenhaftung 1. Bd., S. 61; Soergel I Stein § 1967 Rz 1. 1s "Insbesondere". 16 Leipold Rz 513. 11 Diesen Begriff hat Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 114, geprägt. 18 Zum Problem der Nachlaßverbindlichkeiten ausführlich unten E I. 19 Zu dieser Streitfrage gleich unter B III. 2o Zum Begriff der Haftung in diesem Sinne vgl. Larenz, SchR-AT,§ 2 IV S. 22 ff. 21 Larenz, SchR-AT,§ 2 IV S. 22 ff.; Staudinger/Marotzke vor§ 1967 Rz 6. 22 Ausgenommen sind unvererbliche Rechts- oder Pflichtenstellungen. Hierzu Schlüter § 6 IV 3 S. 38 f. 23 Kipp/Coing § 91 II S. 514; Leipold Rz 507; v. Lübtow S. 1089; Schlüter § 6 II 2 b s. 33. 24 Larenz, SchR-AT, § 2 IV S. 23; v. Lübtow, S. 1090. 2s v. Lübtow, S. 1090. 14

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

2. Das Verhältnis zu § 1922 Bisher wurde § 1967 Abs. 1 wie selbstverständlich als Ausgangsnorm für die zivilrechtliche Erbenhaftung angesehen. Ob dies, zumindest für die Haftung des Alleinerben, tatsächlich der richtige Ansatzpunkt ist, könnte deswegen zweifelhaft sein, weil in Literatur und Rechtsprechung umstritten ist, ob der Übergang der Verbindlichkeiten des Erblassers auf den Erben gern. § 1967 Abs. 1, oder aber schon nach § 1922 Abs. I erfolgt. Den Kern des Streits bildet dabei die Frage, ob das Vermögen im Sinne des§ 1922 Abs. 1 die Schulden mitumfaßt 26 oder nicht 27 • Lassen sich anhand des Gesetzestextes 28 noch beide Auffassungen begründen 29, so spricht auch hier der bereits erwähnte Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge für den weiten Vermögensbegriff. Eine Trennung nach Rechtsund Pflichtenübergang 30 erscheint vor diesem Hintergrund gekünstelt und ist in der Praxis auch nicht durchzuhalten 31 , da es Rechtsbeziehungen gibt, die weder der einen noch der anderen Kategorie zuzuordnen sind 32• Erfolgt der Übergang der Verbindlichkeiten daher schon nach§ 1922, hat dies aber noch nicht notwendig zur Konsequenz, § 1967 Abs. 1 als Ausgangsnorm des zivilrechtliehen Erbeuhaftungssystems abzulehnen. Vielmehr greift § 1967 einen Teilaspekt der Gesamtrechtsnachfolge heraus, worin kein unnötiger Pleonasmus, sondern lediglich eine Klarstellung zu erblicken ist.

26 In diese Richtung tendieren: RGZ 95, 12 (14); 130, 34 (37); BGHZ 32, 367 (369); BGH LM § 1922 Nr. 5. In der Lehre in diesem Sinne eindeutig: MünchKomm-Leipo1d § 1922 Rz 15; Planck I Flad § 1922 Anm. 2 a; RGRK-Kregel § 1922 Rz 10; Soergell Stein§ 1922 Rz 12. Eher vermittelnd v. Lübtow, S. 1089 ff., der zwar die Schulden nicht als Bestandteil des Vermögens im Sinne des § 1922 ansieht, den Übergang jedoch dennoch nach § 1922 aufgrund des inhärenten Gedankens der Universalsukzession bejaht. Insoweit sei § 1922 zu eng gefaßt. 21 Binder, Rechtsstellung des Erben I, S. 10; Erman I Schlüter § 1922 Rz 6; Harder 1 Müller-Freienfels JuS 1980, 876; KippiCoing § 91 II 2 S. 516; v. Breska, S.13 ff. Differenzierend Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 27 ff., 105, der zwar die Haftung als möglichen Vermögensbestandteil anerkennt, nicht aber die Schuld. 28 §§ 1922, 1967, 2058. 29 Vgl. einerseits Sch1üter § 6 II 2a S. 32, der bei einem die Schulden mitumfassenden Vermögensbegriff in §§ 1967, 2058 einen unnötigen Pleonasmus sieht; andererseits MünchKomm-Leipold § 1922 Rz 15, der in den Wörtern "Erbschaft" und "als Ganzes" eine Stütze für den weiten Vermögensbegriff erblickt. 30 KippiCoing § 91 II 2 S. 516. 31 PlanekiFlad § 1922 Anm. 2a; RGRK-Kregel § 1922 Rz 10. 32 So z. B., wenn der Erblasser einem Recht auf Wandlung ausgesetzt, dies aber noch nicht ausgeübt worden war.

III. Die "grundsätzlich unbeschränkte" Erbenhaftung

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111. Die "grundsätzlich unbeschränkte" Erbenhaftung Wurden der Tatbestand des § 1967 und dessen Stellung im zivilrechtliehen Erbenhaftungssystem soeben erläutert, und konnte als Ergebnis festgehalten werden, daß der Erbe jedenfalls für die Nachlaßverbindlichkeiten einzustehen hat, ist damit aber noch nichts über den Umfang seiner Haftung ausgesagt. Erst nach Klärung dieser Frage kann die Interessenbewertung des Gesetzgebers hinreichend erkennbar werden.

1. Die denkbaren Haftungsmodelle Um der oben 33 beschriebenen Interessenlage gerecht zu werden, sind wenigstens drei Haftungsmodelle 34 denkbar, innerhalb derer die Belange der Beteiligten eine unterschiedliche Gewichtung erfahren. Bei der gegenständlich beschränkten Haftung (cum viribus hereditatis) hat der Erbe nur mit den Nachlaßgegenständen einzustehen. Diese Form der Haftung scheint den Interessen der Beteiligten in großem Umfang gerecht zu werden, weil einerseits die Nachlaßgläubiger sich nur an das halten können, was der Erbe tatsächlich aus der Erbschaft erlangt hat, andererseits sein Eigenvermögen unberührt bleibt und den Eigengläubigern weiterhin ungeschmälert zur Verfügung steht. Die Betroffenen stehen also, insbesondere bei überschuldetem Nachlaß, nicht besser oder schlechter als vor dem Erbfall 35 • Die rechnerisch beschränkte Haftung (pro viribus hereditatis) läßt dagegen seitens der Nachlaßgläubiger den Zugriff auf das Eigenvermögen des Erben zu, jedoch nur in Höhe des Nachlaßwertes 36• Es haftet der Erbe demnach nicht mit der Substanz, sondern mit dem Wert des Nachlasses 37, wobei allerdings die Schwierigkeit auftritt, diesen Wert exakt zu bestimmen. Neben den beiden Formen grundsätzlich beschränkter 38 Erbenhaftung ist schließlich noch die unbeschränkte denkbar, die eine Haftung des Eigenvermögens ohne Begrenzung auf den Nachlaßwert mit sich bringt. Da insbesondere in Fällen eines stark überschuldeten Nachlasses der Erbe durch eine solche Regelung erheblich benachteiligt werden kann, werden ihm unter bestimmten Voraussetzungen Beschränkungsmöglichkeiten gewährt. Die Haftung ist dann unbeschränkt, aber beschränkbar. B I. LangeiKuchinke §48 I 3 S. 812 ff. 35 Lange I Kuchinke § 48 I 3 S. 812. 36 Lange I Kuchinke § 48 I 3 S. 812. 37 Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 51. 38 Die Einordnung der Haftung "pro viribus hereditatis" als beschränkte Erbenhaftung ist allerdings problematisch, steht den Nachlaßgläubigem doch Nachlaß- und Eigenvermögen zur Verfügung. Insoweit ist diese Bezeichnung ungenau. In Wirklichkeit ist die Schuld des Erben wertmäßig begrenzt, weil er nur in Höhe des Nachlaßwerts leistungspflichtig sein soll; die Haftung aber ist gegenständlich unbeschränkt. 33 34

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

2. Der rechtshistorische Hintergrund Die soeben beschriebenen Modelle erbrechtlicher Haftung sind das Ergebnis einer rechtshistorischen Entwicklung 39, die ihren Anfang im römischen Recht genommen hat. Nach klassischem römischen Recht hatte der Erbe aufgrund der vollständigen Verschmelzung der Vermögensmassen des Erblassers mit dem Eigenvermögen (confusio bonorum) voll für die Nachlaßverbindlichkeiten einzustehen. Die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung war jenem Rechte fremd, so daß dem Erben nur die Ausschlagung 40 verblieb, um der Haftung zu entgehen. Erste Erleichterungen schaffte die Sonderung des Nachlasses zugunsten der Nachlaßgläubiger (separatio bonorum), die auf prätorisches Recht zurückging und zur Folge hatte, daß sich aus dem vom Eigenvermögen getrennten Nachlaß zunächst ausschließlich die Nachlaßgläubiger befriedigen konnten 41 • Ein unmittelbar dem Erben zustehendes Beschränkungsrecht wurde aber erst durch Justinian im Jahre 531 in Form des Inventarrechts (beneficium inventarii) 42 geschaffen, womit die grundsätzlich unbeschränkte Haftung auf den Nachlaß 43 beschränkbar wurde, sofern der Erbe innerhalb einer bestimmten Frist ein amtliches Verzeichnis über den Nachlaß aufnehmen ließ. Im Gegensatz zum römischen Recht ging das germanische Recht von der gegenständlich beschränkten Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten aus 44; diese war von vomherein beschränkt, d. h. es bedurfte nicht der Inventarerrichtung zum Erhalt eines etwaigen Beschränkungsrechts. Aufgrund dieser germanischen Vonselbstbeschränkung der Haftung auf den Nachlaß war es nicht verwunderlich, daß im Hoch- und Spätmittelalter der Rezeption des römischen Inventarrechts, Lange I Kuchinke § 48 I 3 S. 812. Gai 2, 158-160. Lange I Karpe, 3. Denkschrift des Erbrechtsausschusses der AkDR S. 39 FN 1, sowie Lange I Kuchinke § 48 II 1 a S. 814, bezeichnen dies als facu1tas abstinendi. Die Institutiones Gai 2, 158-160, sprechen allerdings von potestas. 4t Demburg, Pandekten 3. Bd., § 170. 42 Demburg, Pandekten 3. Bd., § 171. 43 Strittig ist, ob Justinian hier eine gegenständlich oder nur rechnerisch beschränkte Haftung einführen wollte. Der Wortlaut "in tantum, in quantum res substantiae ad eos devolutae valeant" (C VI, 30,22,4) spricht zwar für eine rechnerische Beschränkung, jedoch hat Siber, S. 15, zutreffend darauf hingewiesen, daß Justinian diese Neuerung als Verallgemeinerung einer Verordnung Kaiser Gordians gedacht hatte, nach der Soldaten bei Erbschaftsantritt aus Rechtsunkenntnis nur mit dem Nachlaß haften sollten (C VI, 30,22, pr. 15 I 16). Insofern liegt die Annahme gegenständlich beschränkter Haftung näher als eine Haftung pro viribus hereditatis, wie sie Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 11; Demburg IEngelmann, Deutsches Erbrecht, S. 466; Kretzschmar, Erbrecht, S. 465 annehmen. Vgl. hierzu Hausmaninger I Selb, S. 439; Kaser § 74 II 3 S. 333; Lange I Kuchinke § 48 II 1 a S. 814. Auch das Reichsgericht entschied sich für die Haftung euro viribus hereditatis, RGZ 1, 98. 44 Ersten sicheren Aufschluß hierüber gibt der Sachsenspiegel I, 6 § 2; dabei fällt auf, daß er die Haftung ausdrücklich auf Fahrnis ("varnde habe") beschränkt, der Grundbesitz also von ihr ausgeschlossen war. Vgl. Lange I Kuchinke § 48 II lb S. 814. Von einer gegenständlich beschränkten Haftung geht auch das nordgermanische Obligationenrecht aus. Vgl. v. Amira, NordgObiR l. Bd., S. 423 f. 39 40

III. Die "grundsätzlich unbeschränkte" Erbenhaftung

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das die grundsätzlich unbeschränkte Erbenhaftung durch Inventarerrichtung beschränkbar machte, keine entscheidenden Widerstände entgegengesetzt wurden 45 • Lediglich im Gebiet des Sächsischen gemeinen Rechts blieb anerkannt, daß der Erbe auch ohne Inventarerrichtung für die Nachlaßverbindlichkeiten nur mit dem Nachlaß haftete 46• In der übrigen gemeinrechtlichen Praxis hatte sich aber der Brauch durchgesetzt, sich als Erbe bei Erbschaftsantritt die Haftungsbeschränkung im Wege der Inventarerrichtung ausdrücklich vorzubehalten. Zwingend notwendig war dies aber, abgesehen vom Bayerischen Landrecht 47 , nicht; es genügte die Tatsache der Inventarerrichtung 4s. Die Kodifikationen der Aufklärung (ALR, Code Civil, ABGB) verlangten bei Antretung der Erbschaft den Vorbehalt des Inventars zur Beschränkung der erbrechtliehen Haftung 49 ,wobei die Haftung nach ALR und ABGB als gegenständlich, die des Code Civil als nur rechnerisch beschränkt bezeichnet werden kann so. Im Hinblick auf die Herbeiführung des Vorbehalts gingen die Kodifikationen aber verschiedene Wege 51 • Ganz an der deutschrechtlichen Auffassung von der Vonselbstbeschränkung der Erbenhaftung orientiert blieb dagegen das Sächsisehe BGB von 1863, das diese als von vornherein - allerdings rechnerisch beschränkt- ausgestaltete 52• Die beiden Entwürfe für das BGB schließlich unterschieden sich im Hinblick auf die Haftungssysteme nicht unerheblich voneinander. Der erste Entwurf53 gewährte, dem gemeinen Recht folgend, dem Erben das Recht, die Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten wegen Unzulänglichkeit des Nachlasses zu verweigern (Inventarrecht), wobei der Erbe dieses Recht durch Unterlassung fristgerechter Inventarerrichtung wieder verlieren konnte 54 • Zur Geltendmachung der Beschränkung seiner Haftung standen ihm die Beantragung der Konkurseröffnung über Lange I Kuchinke § 48 II 1c S. 814; Siber, S. 18. Curtius II 3 § 915. 47 Das Bayerische Landrecht III, Kap. 1 § 6 Z. 2. 48 Windscheid I Kipp § 606 Anm. 6. 49 Vgl. Siber, S. 21; LangeiKuchinke § 48 II 1d S.815 f. 50 Die Gesetzestexte sind insoweit aber nicht eindeutig. Vgl. ALR I 9 § 422; ABGB § 802; Code Civil Art. 802 Z. 1. Hierzu Siber, S. 25. 51 Eine detaillierte Darstellung würde an dieser Stelle zu weit führen. Insoweit sei verwiesen auf Lange I Kuchinke § 48 II 1 d S. 815 f.; Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 14 f. 52 Vgl. §§ 2328 - 2330 Sächsisches BGB. 53 Der von dem Redaktor von Schmitt verfaßte Vorentwurf (vgl. Vorlagen der Redaktoren, Erbrecht 1. Bd., S. 75 ff.) ging ebenfalls von dem Inventarrecht des Erben aus, knüpfte dies aber nicht an die Unzulänglichkeit des Nachlasses, vgl. § 353 des Vorentwurfs. Er verwies zur Verwirklichung der Haftungsbeschränkung bereits auf den Nachlaßkonkurs, §§ 366 Abs. 1 Nr. 1, 368 ff. des Vorentwurfs, und die verhältnismäßige Kürzung des Erbschaftsgläubigeranspruchs, §§ 366 Abs. 1 Nr. 3, 379 ff. des Vorentwurfs. Bei der Eröffnung des Nachlaßkonkurses mußte der Erbe die Überschuldung allerdings glaubhaft machen (hiergegen ausdrücklich die Motive V, S. 623). 54 §§ 2092 Abs. 1, 2095 Abs. 1 des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches. 45

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

den Nachlaß 55 oder die Abzugseinrede 56 zur Verfügung. Letztere berechtigte ihn, ohne Konkurs die Forderung der einzelnen Nachlaßgläubiger um den Betrag zu kürzen, mit dem diese im Konkurs ausgefallen wären. Die zweite Kommission 57 gestaltete den ersten Entwurf erheblich um. Die Haftungsbeschränkungswirkung der Inventarerrichtung wurde abgeschafft; eine- gegenständlich beschränkte 58 - Haftung mit dem Nachlaß war nur bei amtlicher Nachlaßverwaltung oder -konkurs sowie bei Erhebung der Einrede des unzulänglichen Nachlasses, die an die Stelle der beseitigten Abzugseinrede trat 59, gegeben. Umstritten bei der Bewertung des zweiten Entwurfes, der später Gesetz geworden ist 60, blieb aber unter anderem, ob er von einer grundsätzlich beschränkten oder grundsätzlich unbeschränkten Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten ausging.

3. Die Begründung der "grundsätzlich unbeschränkten" Erbenhaftung des BGB Bereits 1935 hat Baer 61 darauf hingewiesen, daß der Streit darüber, ob der Erbe grundsätzlich beschränkt oder unbeschränkt hafte, aufgrund eindeutiger Stellungnahmen in der Rechtsprechung 62 fast nur noch historische Bedeutung habe. Gestützt wird diese Ansicht dadurch, daß einstige Verfechter einer im Grundsatz beschränkten Erbenhaftung 63 später diesen Standpunkt aufgegeben haben64, und auch die heutige Literatur fast ausnahmslos 65 von einer vorläufig 55 §§ 2110 ff. des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches. Im Fall des Nachlaßkonkurses sollte es lediglich zu einer Haftung cum viribus hereditatis kommen. In allen übrigen Fällen haftete der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten pro viribus hereditatis. Vgl. Planck I Flad vor § 1967 Anm. 5 II. 56 §§ 2133 ff. des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches. 57 Die zweite Kommission beauftragte zur Überarbeitung dieses Teils des BGB eine Subkommission. Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuches, Bd. 5, S. 128, 731. 58 Auch insoweit lag eine Umgestaltung vor; die Haftung pro viribus hereditatis wurde von einer Haftung cum viribus hereditatis abgelöst. Hierzu Planck DJZ 1899, 365. 59 Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuches, Bd. 5, S. 759. 60 Kretzschmar, Erbrecht, S. 467. 61 Baer, S. 2; ähnlich auch Böckelmann, S. 31. 62 RGZ 59, 301 (303); 74, 375 (376). Eindeutig war, was Baer verschweigt, das Reichsgericht aber nur insoweit, als es die Haftung für beschränkbar hielt. 63 Binder, Die Rechtsstellung des Erben II, S. 98 f. 64 Binder, Bürgerliches Recht, Erbrecht, S. 69. 65 Brox, Erbrecht, Rz 617; ErmaniSchlüter § 1967 Rz 1; Harder, S. 129; Jauemigl Stürnerv. § 1967 Anm. 1; JohnRz 509; LeipoldRz 508; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 1; Palandt I Edenhofer vor § 1967 Anm. 1a; Stein vor § 1967 Rz 2; Staudinger I Marotzke vor§ 1967 Rz 9. Einschränkend Lange I Kuchinke § 48 III 6 S. 820, mit dem Hinweis, daß in den praktisch häufigsten Fällen- nämlich der Miterbengemeinschaft- vor der Nachlaßtei-

III. Die "grundsätzlich unbeschränkte" Erbenhaftung

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unbeschränkten, aber beschränkbaren Haftung ausgeht. Für die inzwischen untergeordnete Bedeutung dieses Streits spricht auch, daß seine praktische Relevanz von Beginn an umstritten war und eher als gering eingestuft wurde 66 • Er entsprang wohl dem Bedürfnis, die Erbenhaftung theoretisch auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen 67 undtrotzder Verästelung des Regelungssystems eine Grundlinie deutlich werden zu lassen. Infolgedessen wäre es vertretbar, die Richtigkeit des Prinzips der unbeschränkten Haftung der weiteren Darstellung des Erbenhaftungssystems einfach zugrundezulegen. Ein solches Vorgehen ließe jedoch außer Betracht, daß es im Hinblick auf die hier untersuchte Frage nach der Interessenbewertung durch den Normgeber 68 von erheblicher Bedeutung sein kann, ob und wie sich eine gesetzgebensehe Entscheidung für die grundsätzlich unbeschränkte, aber beschränkbare Erbenhaftung begründen läßt. Zumindest kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich gerade aus dieser Diskussion wichtige Hinweise dafür ergeben. Betrachtet man also die Begründungsversuche 69 für die verschiedenen Auffassungen 70 über das der Erbenhaftung zugrundeliegende Prinzip, so fallt auf, daß beide Seiten ihre Ansichten insbesondere auf den Wortlaut der BOB-Regelungen und deren Entstehungsgeschichte stützen. Wurde für die von vomherein beschränkte Haftung auf die §§ 1980 Abs. 1 a. F. 71 , 72; 1994 Abs. 1 S. 2, 2005 Abs.1 S. 1, 2006 Abs. 3 S. 173 ; 2059 Abs. 174 und teilweise auch auf die §§ 780, 781 Jung die Haftung qua lege auf den Nachlaß beschränkt sei. Differenzierend auch KippiCoing § 92 III 2 S. 533; nach v. Lübtow, S. 1100, hat sich das BGB für keine der beiden Haftungen entschieden. 66 F.Leonhard § 1967 Anm. I B 2 a.E.; auch PlanckiFlad § 1967 Anm. 5 III B 4b. 67 v. Lübtow, S. 1100. 68 Vgl. hierzu die Ausführungen oben B I; B III. 69 Für die im Grundsatz beschränkte Haftung traten ein: Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 61 ff.; Claussen, S. II; Eccius Gruchot 43,603 ff.; Frommhold § 1967 Anm. 1; E. Goldmann Gruchot 43, 428 (452 f.); Hagen, JherJb 42, 43 (58); Münchmeyer, S. 52 ff.; Siber, S. 55 f.; Staudinger I Lebmann 11. Auf!. vor § 1967 Rz 23. Dagegen für unbeschränkte, aber beschränkbare Haftung: Böhm Gruchot 42,455 (460 f.); Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 100 ff.; Demburg I Engelmann, Deutsches Erbrecht,§ 164 II S. 496; Jaeger, S. 1 f.; Kretzschmar, Erbrecht,§ 71 II 1 S. 468; Martin, S. 59 ff., 98, 106; Planck DJZ 1899, 365. 70 Der Streit wurde zu Beginn dieses Jahrhunderts mit ungewöhnlicher Schärfe geführt. Vgl. insbesondere Münchmeyer, S. 5, 46, 54 f.; Planck DJZ 1899, 365 (367 ff.). 71 Die bis 1930 gültige Fassung des § 1980 Abs. 1 berücksichtigte nur die Eröffnung des Nachlaßkonkursverfahrens, nicht jedoch die Eröffnung eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens. n Da es sich bei der Pflicht zur Konkurseröffnung um eine schon vor der Separation bestehende Pflicht handele, ihre Verletzung den Zugriff auf das Eigenvermögen des Erben in Form eines Schadensersatzanspruches ermögliche und die Vorschrift bereits vor der Separation anwendbar sei, könne sie ihren inneren Grund nur in der von vomherein beschränkten Haftung tragen. So Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 100. 73 Das Gesetz spricht in den Fällen, in denen der Erbe sein Beschränkungsrecht verloren hat, von unbeschränkter anstelle von unbeschränkbarer Haftung. Hierzu Martin, s. 60 f.

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

ZPQ7S verwiesen, berief sich die Gegenansicht insbesondere auf die §§ 1967 Abs.1, 1970, 1975, 1990, 1992 und 2013 Abs. 1 S. 2 76. Allein das letztere überzeugt. Selbst wenn man annimmt, daß der Wortlaut des§ 1967 Abs. 1 auch eine beschränkte Haftung zuließe 77 , ergibt sich doch aus der klaren Bestimmung des § 1975 und dessen systematischen Zusammenhang mit § 1967 Abs. 1, daß das BGB vom Gegenteil ausgeht 78 . Eine ohnehin nur beschränkte Haftung müßte doch nicht nach§ 1975 nochmals beschränkt werden. Ebenso ergäben die Regelungen der Einreden nach §§1990, 1992 keinen Sinn. Wäre die Haftung nämlich von vomherein eine nur beschränkte, müßte der Erbe ohne weitere Voraussetzung die Befriedigung des Nachlaßgläubigers verweigern können, wenn der Nachlaß nicht ausreicht. Nach § 1990 Abs. 1 ist diese Einrede jedoch daran geknüpft, daß die Anordnung der Nachlaßverwaltung oder die Eröffnung des Nachlaßkonkurses untunlich ist, im Fall des§ 1992 an die Überschuldung des Nachlassesaufgrund der Vermächtnisse und Auflagen 79. Darüber hinaus stünde bei Annahme einer beschränkten Haftung die Funktion des Aufgebots,§§ 1970 ff., in Frage 80; denn welches Interesse hätte der Erbe an der Anmeldung der Gläubigerforderungen, wenn diesen in jedem Fall nur der Nachlaß als Vollstreckungsobjekt zur Verfügung stünde? Er wäre doch der Notwendigkeit, durch Nachlaßverwaltung oder -konkurs seine Eigenhaftung 81 auszuschließen, enthoben, bräuchte sich demnach auch keine zuverlässige Übersicht über die Verschuldung, über den Stand des Nachlasses zu machen. Hierin liegt aber gerade die Funktion des Aufgebots 82. Am ehesten wären noch die§§ 1994 Abs. 1 S. 2, 2005 Abs. 1 S. 1, 2006 Abs. 3 S.1 für eine im Grundsatz beschränkte Erbenhaftung heranzuziehen, da sie im Falle der Fristversäumung, Inventaruntreue und der Verweigerung der eidesstattlichen Versicherung lediglich vom Eintreten einer unbeschränkten anstelle einer unbeschränkbaren Haftung sprechen 83 . Aus§ 2013 Abs. 1 S. 1 ergibt sich jedoch, daß hierin nur eine sprachliche Ungenauigkeit liegt, die die Argumente für eine unbeschränkte Haftung nicht aufzuwiegen vermag. Jene Vorschrift macht nämlich deutlich, daß die infolge von Inventarverstößen eingetretene "unbeschränkte" Haftung nur zur Folge hat, daß der Erbe seine Beschränkungsrechte aus den 74 Hier haften die Miterben von vornherein nur mit dem Nachlaß. So Binder, Rechtsstellung des Erben II, S.lOl. 1s Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 96, sah das allgemeine Prinzip der Erbenhaftung in der ZPO verankert und nicht im BGB. Diese Ansicht hat er allerdings später aufgegeben; vgl. Binder, Bürgerliches Recht, Erbrecht, S. 68 f. FN 6. 76 Vgl. statt vieler F. Leonhard § 1967 Anm. I B 1. 11 Palandt 1 Edenhofer vor § 1967 Anm. 1; anders dagegen MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 1, wonach§ 1967 bereits den Grundsatz unbeschränkter Erbenhaftung festlege. 78 Auch die Überschrift vor§ 1975: "Beschränkung der Haftung des Erben" untermauert dies. 79 Hierzu Planck DJZ 1899, 365 (366). 80 So zutreffend F. Leonhard § 1967 Anm. I B 1. 81 Gemeint ist die Haftung mit dem Eigenvermögen. 82 Schlüter § 52 III 1 S. 439. 83 Martin, S. 60 f.

III. Die "grundsätzlich unbeschränkte" Erbenhaftung

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§§ 1973- 1975, 1989- 1992 verliert, daß seine Haftung also nicht mehr beschränkbar ist. Der Verlust dieser Beschränkungsrechte stellt damit die Ausnahme zu einer prinzipiell vorhandenen Beschränkungsmöglichkeit dar. Letztere ist aber doch nur dann sinnvoll eingeräumt, wenn die Erbenhaftung zunächst unbeschränkt ist 84 • In jüngster Zeit hat allerdings van Venrooy 85 sogar das Vorliegen einer sprachlichen Ungenauigkeit in§§ 1994 Abs. 1 S. 2, 2005 Abs. 1 S. 1, 2006 Abs. 3 S. 1 geleugnet und behauptet, die Unbeschränkbarkeit der Haftung sei den genannten Normen unmißverständlich zu entnehmen. Seine Auffassung ist aber zu weitgehend, weil sie vom Wortlaut der Regelungen nicht gedeckt ist. Für sich genommen könnte der Wortlaut, wie auch der soeben dargestellte Streit beweist, sehr wohl zu der Folgerung verleiten, erst mit dem Ablauf der Inventarfrist hafte der Erbe unbeschränkt, vorher aber nicht. Daß es sich anders verhält, ergibt sich erst aus dem systematischen Zusammenhang mit§ 2013 Abs. I S. 186• Sprechen folglich der Wortlaut 87 der einschlägigen Vorschriften und noch mehr die Gesetzessystematik für die Auffassung der heute ganz herrschenden Meinung, könnte dies bei der Entstehungsgeschichte des Normkomplexes dagegen fraglich sein. Anzusprechen ist an dieser Stelle 88 insbesondere die Denkschrift zum Entwurf eines BGB (Reichstagsvorlage) von 1896. Deren Erläuterungen zu den späteren§§ 1967, 1975, daß nämlich der Erbe vor der Gefahr einer Haftung mit seinem Eigenvermögen "thunlichst geschützt" werden müsse, und deshalb der Entwurfzunächst nur eine Haftung mit dem Nachlaß im Auge habe 89, wurden von den Befürwortern einer im Grundsatz beschränkten Erbenhaftung als wichtiger Beweis herangezogen 90 • Dieser zunächst einleuchtenden Argumentation kann jedoch einmal entgegengehalten werden, daß die Denkschrift in sich zumindest widersprüchlich ist, wenn sie an anderer Stelle 91 davon spricht, daß die beschränkte Haftung durch Beantragung von Nachlaßverwaltung oder Nachlaßkonkurseröffnung von seiten des Erben geltend zu machen ist. Letzteres deutet nämlich auf eine unbeschränkte, aber beschränkbare Haftung hin 92 • Zum anderen stellt sich, wenn das BGB die beschränkte Haftung zur Regel erhoben hätte, die Frage, 84 Leipold, Rz 509 mit FN 3; v. Lübtow, S. 1102; Planck DJZ 1899, 365 (368); Riesenfeld, Erbenhaftung 1. Bd., S. 69; Staudinger I Marotzke v. § 1967 Rz 9. 85 v. Venrooy AcP 186 (1986), 356 (361) mit FN 16 entgegen Leipold Rz 509 mit

FN 3.

86 Dies sieht v. Venrooy AcP 186 ( 1986), S. 361, letztlich ebenso, wenn er ausführt, daß es "anders kaum Sinn machen würde", in§§ 1994 Abs. 1 S. 2, 2005 Abs. 1 S.1 und 2, 2006 Abs. 3 S. 1 und 2 eine andere als die unbeschränkte Haftung zu erblicken. 87 Abgesehen von der soeben dargelegten sprachlichen Ungenauigkeit in §§ 1994 Abs. 1 S. 2, 2005 Abs. 1 S. 1, 2006 Abs. 3 S. l. 88 Zur historischen Entwicklung des Erbenhaftungssystems vgl. schon oben B III 2. 89 Denkschrift zum Entwurf eines BOB, S. 263. 90 Eccius Gruchot 43, 603 f.; E. Goldmann Gruchot 43,428 (429 ff.. ); Münchmeyer, s. 23 f. 91 Denkschrift zum Entwurf eines BOB, S. 264. 92 Diesen Widerspruch sieht auch Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 60 f.

3 Friedrich

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

woher dem Erben- abgesehen von §§ 1994 Abs. 1 S. 2, 2005 Abs. 1 S. 2, 2006 Abs. 3 S. 1 - noch die Gefahren drohen, vor denen der Gesetzgeber dessen Eigenvermögen nach dem Wortlaut der Denkschrift bewahren soll 93? Nicht der Erbe, sondern die Sicherstellung der Nachlaßgläubiger müßte in diesem Fall das Ziel gesetzgeberischen Wirkens sein 94. Folglich läßt sich die Annahme einer grundsätzlich unbeschränkten Erbenhaftung auch aus der Entstehungsgeschichte des Erbenhaftungssystems heraus erklären und ist nicht durch diese widerlegt. Im Hinblick auf die Ausgangsfrage nach der Interessenbewertung durch den Normgeber ergibt sich aus der soeben geführten Diskussion, daß dem Schutz des Erben erhebliche Bedeutung zugemessen wird. Darüber waren sich die einander widersprechenden Auffassungen auch einig; nur die Form der Realisierung des als notwendig erkannten Schutzes seines Eigenvermögens war umstritten. Zur Erlangung 95 desselben muß der Erbe nach dem gesetzgebensehen Willen selbst tätig werden, der - an sich erstrebte - Schutz tritt also nicht von selbst ein. Bleibt er untätig, sind die Nachlaßgläubiger begünstigt, indem sie auch auf sein Eigenvermögen zugreifen können. Diese Begünstigung erscheint aber gerechtfertigt, da der Erbe über Gegenstände des Nachlasses verfügen kann und damit in der Lage ist, die Haftungsgrundlage für vorhandene Forderungen der Nachlaßgläubiger zu schmälern. Schließlich bleibt festzustellen, daß die Terminologie "grundsätzlich unbeschränkte" Haftung ungenau, weil mehrdeutig ist 96. Einmal kann damit die unbeschränkte Haftung als Regel ausgedrückt sein, zu der die Haftungsbeschränkung die Ausnahme darstellt. Betrachtet man den Wortlaut der wichtigsten Haftungsbeschränkungsnorm97, des§ 1975, sowie den systematischen Zusammenhangjener Vorschrift mit § 1967, so ließe sich ein Regel-Ausnahmeverhältnis damit begründen, daß in §1967 die Haftung schlicht angeordnet ist, in § 1975 hingegen die Beschränkung der Haftung von der Anordnung der Nachlaßverwaltung oder der Eröffnung des Nachlaßkonkurses abhängig gemacht wird. Dem kann jedoch entgegengehalten werden, daß dem Erben ein Recht auf Beschränkung zusteht 98 und auch die Erläuterungen der Denkschrift den Schutz des Eigenvermögens des Erben besonders hervorheben 99 • Die Annahme eines Regel-Ausnahmeverhältnisses wird der Rechtsposition des Erben daher nicht gerecht. Darüber hinaus besteht gegen die Bezeichnung der Erbenhaftung als grundsätzlich unbeschränkte Haftung ein tatsächlicher Einwand. Sie verstellt den Blick dafür, daß die Haftung 93 Denkschrift zum Entwurf eines BGB, S. 263. 94 Hierauf hat Wendt AcP 86, 353 (355) zutreffend hingewiesen. 95 Folgte man der Auffassung, daß das BGB von der im Grundsatz beschränkten Erbenhaftung ausgehe, müßte man hier von der Erhaltung des qua lege bereits gegebenen Schutzes sprechen. 96 F. Leonhard § 1967 Anm. I B 2. 97 Zu § 1975 noch genauer gleich unter B IV 2 a. 98 Vgl. Planck/Flad vor§ 1967 Anm. 5 III B 4b. 99 Denkschrift zum Entwurf eines BGB, S. 263.

IV. Das System der Haftungsbeschränkungen

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auch des Eigenvermögens zwar bei Nachlässen mit Aktivaüberschuß die Regel bildet, nicht aber bei den überschuldeten Nachlässen. Im letzten Fall wird der Erbe in aller Regel seine Haftung beschränken. Solche Ungenauigkeiten werden vermieden, wenn man nicht von der grundsätzlich, sondern der vorläufig unbeschränkten, aber beschränkbaren Erbenhaftung spricht 100• Es wird daher im folgenden diese Terminologie verwandt.

IV. Das System der Haftungsbeschränkungen Die Darstellung des zivilrechtliehen Erbenhaftungssystems bliebe unvollständig, wenn nicht die Beschränkungsmöglichkeiten, die der Gesetzgeber dem Erben an die Hand gegeben hat, kurz umrissen würden.

1. Die Orientierungsphase Dem Erben muß nach dem Erbfall eine gewisse Zeit zugebilligt werden, in der er sich sowohl über sein Ausschlagungsrecht, §§ 1943 ff., als auch über das Nachlaßvermögen oder dessen Überschuldung Klarheit verschaffen kann 101 • Gewährleistet wird dies einmal dadurch, daß vor Annahme der Erbschaft ein Anspruch bezüglich des Nachlasses gegen den Erben gerichtlich nicht geltend gemacht werden kann, § 1958 102, und einer Zwangsvollstreckung in sein Eigenvermögen aufgrundeines Titels gegen den Erblasser über§§ 325 Abs. 1, 727 Abs. 1 ZPO der § 778 Abs. 1 ZPO entgegensteht. Ebenso können Eigengläubiger in dieser Phase nicht in das Nachlaßvermögen vollstrecken, § 778 Abs. 2 ZPO. Lediglich für den Fall, daß die Zwangsvollstreckung gegen den Erblasser zu dessen Lebzeiten bereits begonnen hatte, hat der Erbe diese bezüglich des Nachlasses hinzunehmen, § 779 Abs. 1 ZPO. Zum anderen wird der Schutz des Eigenvermögens des Erben auch nach Annahme der Erbschaft durch die Schonungseinreden nach §§ 2014, 2015 erweitert, die ihn berechtigen, die Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten zu verweigern. Es handelt sich hierbei um Einreden, die als solche noch keine Haftungsbeschränkung herbeiführen, sondern dem Erben nur die Möglichkeit geben, sich ungestört über den Nachlaßbestand zu vergewissern und die Frage der endgültigen Haftungsbeschränkung zu klären 103 • wo So auch Erman I Schlüter v. § 1967 Rz 6; John Rz509; Leipold Rz 508; v. Lübtow, S. 1101; PalandtiEdenhofer v. § 1967 Anm. 1a; Schlüter § 49 II 7 S. 415. 101 Kipp I Coing § 92 IV 2 S. 536. 1o2 Den Nachlaßgläubigem verbleibt hier nur die Möglichkeit, die Bestellung eines Nachlaßpflegers zu beantragen, den sie sodann verklagen können. Aufgrund des hierdurch erworbenen Titels ist dann aber bis zur Annahme der Erbschaft nur die Vollstrekkung in das Nachlaßvermögen zulässig. Hierzu Brox, Erbrecht, Rz306; Palandt I Edenhofer § 1958 Anm. 1. 103 Harder, S. 130; RGRK-Johannsen v. § 1967 Rz 29. 3*

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

2. Die Beschränkung der Haftung a II e n Gläubigern gegenüber a) Nachlaßverwaltung, -konkurs und -vergleich Als wichtigstes Beschränkungsmittel steht dem Erben die Beantragung der Anordnung der Nachlaßverwaltung, §§ 1975, 1981 Abs. 1, der Konkurseröffnung, §§ 1975, 1980 Abs. 1, oderder Eröffnung des Vergleichsverfahrens,§ 1980 Abs. 1 zur Verfügung. In allen diesen Fällen haftet den Nachlaßgläubigem lediglich der Nachlaß, nicht aber das Eigenvermögen des Erben. Um andererseits den Nachlaßgläubigem den Nachlaß ungeschmälert von Zugriffen der Eigengläubiger des Erben zur Befriedigung erhalten zu können 104 , erfolgt mit der Haftungsbeschränkung zugleich eine Sonderung von Nachlaß- und Eigenvermögen (separatio bonorum) 105 • Der Nachlaß als Sondervermögen erlangt hierbei zwar keine eigene Rechtssubjektivität, weil Träger desselben weiterhin der Erbe ist 106• Er erfährt aber eine vom Eigenvermögen getrennte rechtliche Behandlung, ist also in eine besondere Rechtslage gestellt 107 , was sich unter anderem darin äußert, daß bei Nachlaßverwaltung und-konkurs die Verfügungsbefugnis über Nachlaßgegenstände auf den Verwalter übergeht,§§ 1984 Abs. I, 1985; §§ 6-8 KO, daß Konfusion und Konsolidation rückwirkend als nie erfolgt gelten,§ 1976, und daß eben den Eigengläubigem nur noch das Eigenvermögen, aber nicht mehr das Nachlaßvermögen zur Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung steht. Der hierin zum Ausdruck kommende privilegierte Schutz der Nachlaßgläubiger wird noch verstärkt durch deren Berechtigung, selbst den Antrag auf Anordnung der Nachlaßverwaltung oder auf Eröffnung des Nachlaßkonkurses zu stellen, § 1981 Abs. 2; § 217 KO. b) Haftungsbeschränkung nach Aufbebung der Beschränkungsverfahren Der Schutz des Erben wäre unvollkommen, wenn nach Aufhebung der Nachlaßverwaltung oder Beendigung des Konkurs- bzw. Vergleichsverfahrens die unbeschränkte, wenngleich beschränkbare Haftung wieder einträte. Nach Beendiv. Lübtow, S. 1129. Ob auch das Vergleichsverfahren nach §§ 1980 Abs.1, 113 VerglO zur Sonderung des Nachlasses führt, ist allerdings umstritten. Soweit eine Sonderung abgelehnt wird (Lange I Kuchinke §51 II 6c S. 882), weil der Erbe im Vergleichsverfahren im wesentlichen verwaltungs- und verfügungsberechtigt über den Nachlaß bleibt, ist dem jedoch der Zweck des Verfahrens, nämlich einerseits eine Zerschlagung von Vermögenswerten zu verhindern, dabei aber andererseits die Nachlaßgläubiger nicht zu benachteiligen, entgegenzuhalten. Letzterem dient unter anderem die Überwachung des Erben durch den Vergleichsverwalter §§ 39,40, 56, 57 VerglO, womit das Vergleichsverfahren dem Nachlaßkonkurs zumindest angenähert wird. Vgl. insoweit Brox, Erbrecht, Rz 671 ; RGRK-Johannsen v. § 1967 Rz 17; Schlüter §54 V III S. 462; Staudinger I Marotzke § 1975 Rz 5. 106 Sehröder JZ 1978, 379 (382); Soergel I Stein v. § 1967 Rz 5. 101 Schlüter §54 II S. 449. 104

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IV. Das System der Haftungsbeschränkungen

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gung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens steht dem Erben daher die sogenannte Erschöpfungseinrede nach§§ 1989, 1973, § 113 Abs. 1 Nr. 4 VerglO zu, er haftet also nur mit der bei ihm noch vorhandenen Bereicherung. Nach Abschluß der Nachlaßverwaltung kann der Erbe hingegen erwarten, daß ihm ein schuldenfreier Nachlaß übergeben wird. Infolgedessen haftet der Erbe in diesem Fall auf den Nachlaß beschränkt, weil auf seine Haftung §§ 1990, 1991 entsprechend anzuwenden sind 10s. c) Dürftigkeitseinrede § 1990

Reicht der Nachlaß nicht einmal dafür aus, die Kosten von Nachlaßverwaltung oder -konkurs zu decken, soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Erbe dennoch nicht schutzlos bleiben. Er hat in diesem Fall gegenüber den Nachlaßgläubigem die Möglichkeit, deren Befriedigung durch die Einrede nach § 1990 Abs. 1 S. 1 zu verweigern. Den Nachlaß selbst muß er aber im Wege der Zwangsvollstreckung herausgeben, § 1990 Abs. 1 S. 2. Nicht erforderlich ist, daß dieser auch überschuldet ist 109; ebenso findet keine Trennung der Vermögensmassen durch die Geltendmachung der Dürftigkeit statt 110•

3. Beschränkung der Haftung e i n z e 1n e n Gläubigern gegenüber a) Vertragliche Haftungsbeschränkung

Enthält das Erbrecht des BGB zwar ein sehr differenziertes und verästeltes System der Haftungsbeschränkung, so ist es dem Erben dennoch unbenommen, seine Haftung auch durch vertragliche Vereinbarung mit einem oder mehreren Gläubigem zu beschränken, und zwar zumeist auf den Nachlaß. Eine solche Vereinbarung kommt seinem Wunsch entgegen, den Nachlaß selbst abwickeln zu können, ohne mit seinem Eigenvermögen haften zu müssen. Zudem spart er die nicht unerheblichen Kosten einer Nachlaßverwaltung 111 • b) Einreden gegenüber bestimmten Nachlaßgläubigern

Um sich ein sicheres Bild über die Passiva des Nachlasses zu verschaffen, kann der Erbe beim zuständigen Nachlaßgericht die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens beantragen, § 1970, §§ 990, 991 ZPO, durch das die Gläubiger 1os BGH LM § 1975 Nr. 1; Barella BB 1959 Beil. 6 S.2; Höver DFG 1938, 5; Johannsen WM 1972,914 (922); Lange/Kuchinke §51 II Sb S. 886 FN 174. 109 Brox, Erbrecht, Rz 679. 110 Brox, Erbrecht, Rz 678. 111 Molitor JherJb 69, 283 (284).

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

aufgefordert werden, ihre Nachlaßforderungen anzumelden. Nach Ablauf der Ausschlußfrist, § 994 ZPO, erläßt das Gericht ein Ausschlußurteil, § 952 Abs. l ZPO, durch das die nicht angemeldeten Gläubiger zwar nicht völlig von der Befriedigung aus dem Nachlaß ausgeschlossen werden, sie aber auf die beim Erben verbliebene Bereicherung nach Befriedigung der angemeldeten Gläubiger verwiesen werden, § 1973 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1. Diese haftungsrechtliche Zurücksetzung kann der Erbe den ausgeschlossenen Gläubigem dann als Ausschlußeinrede, § 1973, entgegenhalten 112• Das gleiche Recht steht dem Erben für den Fall zu, daß ein Nachlaßgläubiger seine Forderung später als 5 Jahre nach dem Erbfall geltend macht. Der Erbe erhebt dann die Verschweigungseinrede, § 1974 Abs. 1 S. 1. Schließlich soll der Erbe zur Beantragung der Konkurseröffnung für den Nachlaß dann nicht verpflichtet sein, wenn dieser aufgrund von Vermächtnissen oder Auflagen überschuldet ist, vgl. § 1980 Abs. 1 S. 3. Eine Beibehaltung der Antragspflicht würde in diesem Fall dem mutmaßlichen Willen des Erblassers nicht entsprechen 113 • Um dem Erben aber auch hier die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung zu gewähren, wird ihm mittels "Überbeschwerungseinrede", § 1992 S. 1, das Recht eingeräumt, die Berichtigung seiner den Vermächtnisnehmem und den Auflageberechtigten gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten nach §§ 1990, 1991 vorzunehmen 114 • Einer Dürftigkeit des Nachlasses bedarf es dabei gerade nicht. Dieses Recht steht dem Erben, wie sich aus dem Wortlaut des § 1992 S. 1 ergibt 115, aber nur bezüglich der Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen zu, also nicht allen Nachlaßgläubigem gegenüber 116 •

4. Die prozessuale Geltendmachung der Haftungsbeschränkung Die Grundlinien des zivilrechtliehen Erbenhaftungssystems wären nur unzureichend erkennbar, wenn die Behandlung der beschränkten Erbenhaftung in Prozeß und Zwangsvollstreckung unerwähnt bliebe. Die im einzelnen komplizierte und umständliche 117 Regelung des Gesetzgebers in §§ 780-785 ZPO basiert auf den folgenden Leitgedanken: Die Beschränkung der Erbenhaftung wird im Prozeß grundsätzlich nur bei Einrede des Erben beachtet, also nicht von Amts wegen 118 • Eine Ausnahme gilt 112 Brox, Erbrecht, Rz 686; Harder I Müller-Freienfels JuS 1980, 876 (878); Schlüter §52 II1 5 S. 441. 113 Harder, S. 133; v. Lübtow, S. 1176. 114 Strohal, Erbrecht II, S. 194. 11s Berichtigung "dieser" Verbindlichkeiten. 116 v. Lübtow, S. 1177; Planck/Flad vor§ 1967 Anm. 5 III B 3c; Strohal, Erbrecht II, S. 194, 201; Gründer, S. 43. 111 Harder, S. 130. 11s Hierzu insbesondere Kipp I Coing § 101 I 1 S. 581.

IV. Das System der Haftungsbeschränkungen

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aber im Fall der bereits erfolgten Haftungsbeschränkung durch Nachlaßverwaltung oder -konkurs, sofern der Erbe wegen eines aus dem Nachlaß zu befriedigenden Anspruchs verklagt ist. Hier fehlt es dem Erben an der passiven Prozeßführungsbefugnis119, §§ 6, 7, 12 KO; § 1984 Abs. 1 S. 3, deren Vorliegen von Amts wegen zu prüfen ist. Erhebt der Erbe in den sonstigen Fällen die Einrede im Prozeß nicht, so wird er uneingeschränkt, also ohne den Vorbehalt nach§§ 305, 780 ZPO verurteilt. Mit der Rechtskraft des Urteils hat er sein Recht zur Haftungsbeschränkung gegenüber den klagenden Nachlaßgläubigem verloren. Zur Entscheidung darüber, ob die Beschränkung der Haftung tatsächlich besteht, ist das Prozeßgericht zwar befugt, in der Regel aber nicht gezwungen. Es kann sich in seinem Urteil auf den allgemeinen Vorbehalt nach §§305, 780 ZPO beschränken und die Entscheidung über das Bestehen der Beschränkung dem Zwangsvollstreckungsverfahren überlassen 120. Jedoch wird man das Prozeßgericht im Falle der Entscheidungsreife für verpflichtet halten müssen, selbst über die Haftungsbeschränkung sachlich zu entscheiden. Letzteres ist insbesondere anzunehmen, wenn der Kläger beweist, daß der Erbe sein Beschränkungsrecht verloren hat 121 . Auch bei vorhandener Haftungsbeschränkung erfolgt die Zwangsvollstreckung zunächst in das gesamte Erbenvermögen; es ist dann Sache des Erben, sich dagegen zu wehren,§ 781 ZPO. Sofern er sich im Urteil die beschränkte Haftung vorbehalten hat, kann er seine gegen die Vollstreckung nach §§ 781 - 784 ZPO bestehenden Einwendungen im Wege der Vollstreckungsabwehrklage, §§785, 767 ZPO, geltend machen. Der Gesetzgeber hat hierbei die Vorschriften der ZPO mit den verschiedenen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten 122 nach BGB abzustimmen versucht, was ihm aber nur eingeschränkt gelungen ist 123 • Auch bei einer Haftungsbeschränkung durch Vertrag 124 kann der Erbe Vollstreckungs119 Vgl. Schlüter §53 I l S.444; Staudinger/Lebmann 11. Aufl., vor§ 1975 Anm.

Sc.- PlanekiFlad § 1975 Anm. 4 sehen hierin ein Fehlen der Passivlegitimation.

Abweichend von diesen Auffassungen nehmen Soergel I Stein v. § 1967 Rz 14 und Staudinger 1Marotzke v. § 1967 Rz 30, 32 für den Fall des Nachlaßkonkurses an, daß dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, sofern der Erbe sein Beschränkungsrecht noch nicht verloren hat und kein Nachlaßrest nach Beendigung des Konkurses zu erwarten ist. 120 Kipp/Coing § 101 I S. 581; Soergel/Stein v. §1967 Rz 12; Schlüter §53 I 3 S.445. 121 RGZ 77, 254; Kipp I Coing § 101 II 3 S. 582; Schlüter § 53 I 3a S. 445; Staudinger I Marotzke vor §1967 Rz 25. Abweichend insoweit Soergel I Stein vor §1967 Rz 12, der auch hier dem Gericht den Entscheidungsspielraum läßt. 122 Vgl. hierzu oben B IV 2. 123 Dies gilt insbesondere für die Notwendigkeit einer entsprechenden Anwendung des § 784 Abs. I ZPO auf diejenigen Fälle, in denen sich der Erbe wegen der Einreden nach §§ 1973, 1974, 1990, 1992 gegen die Einzelzwangsvollstreckung eines Nachlaßgläubigers in sein Eigenvermögen wehren möchte. Hierzu Börner JuS 1968, 53 (55); Hartmann in Baumbach I Lauterbach I Albers I Hartmann §784 Anm. 1 B. 124 Vgl. hierzu oben B IV 3a.

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

maßnahmen über §§781, 785 ZP0 125 abwehren, sofern die Beschränkung bei seiner Verurteilung bereits eingetreten war und dies in dem Urteil zum Ausdruck kaml26. Die soeben aufgezeigten Leitgedanken der prozessualen Geltendmachung der beschränkten Erbenhaftung lassen als ein Wesensmerkmal des zivilrechtliehen Erbenhaftungssystems erkennen, daß die Haftungsbeschränkung nicht von selbst eintritt, sondern der Erbe in aller Regel etwas unternehmen muß, um sie sich zu verschaffen und den Gläubigem gegenüber durchzusetzen 127• Nur wenn auf Antrag der Nachlaßgläubiger Nachlaßverwaltung, § 1984 Abs. 2, oder -konkurs, § 217 KO, angeordnet wird, und der Erbe zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht unbeschränkbar haftet, verwirklicht sich die Haftungsbeschränkung ohne ihn. Ansonsten muß der Erbe selbst die entsprechenden Maßnahmen, §§ 1980 Abs. I, 1981 Abs. 1, ergreifen bzw. sich auf die Einredetatbestände berufen, sich im Prozeß die Haftungsbeschränkung im Urteil vorbehalten lassen, § 780 ZPO, und sie schließlich in der Zwangsvollstreckung durch Erhebung von Einwendungen geltend machen, §§ 781, 785, 767 ZPO. 5. VerIust des Beschränkungsrechts a) Allen Nachlaßgläubigern gegenüber Die unbeschränkte - im Sinne von unbeschränkbarer 128 - Haftung tritt allen Gläubigem gegenüber unter anderem dann ein, wenn der Erbe eine ihm vom Nachlaßgericht gesetzte Inventarfrist ohne Errichtung eines Inventars verstreichen läßt, § 1994 Abs. 1 S. 2. Die gleiche Wirkung hat eine vom Erben begangene Inventaruntreue, § 2005 Abs. 1. Beide Verlusttatbestände machen deutlich, daß das BGB das beneficium inventarii, demzufolge eine Haftungsbeschränkung allein aufgrund der Errichtung eines Inventars eintrat, nicht mehr kennt 129. Die Inventarerrichtung dient dem Erben nur noch zur Erhaltung seines Beschränkungsrechts 130, nicht aber zur Ausübung desselben.

12s Staudinger I Marotzke vor § 1967 Rz 35. 126 So BGH LM § 780 ZPO Nr. 3. Nach Molitor JherJb 69, 283 (289 ff..); Staudinger I Marotzke v. § 1967 Rz 18 steht dem Erben die Vollstreckungsabwehrklage nach §§781, 785, 767 ZPO entgegen§ 780 Abs. I ZPO auch dann zu, wenn die Vereinbarung über eine Haftungsbeschränkung erst nach der letzten mündlichen Verhandlung,§ 767 Abs. 2 ZPO getroffen wurde. 121 Hierzu Staudinger I Lebmann II. Aufl., vor § 1967 Rz 13. 128 Zur Bewertung dieser sprachlichen Ungenauigkeit des Gesetzes vgl. oben B III 3. 129 Vgl. hierzu oben B III 2. 130 Brox, Erbrecht, Rz 639.

V. Haftungsausschluß durch Ausschlagung

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b) Einzelnen Nachlaßgläubigern gegenüber Die unbeschränkbare Haftung einzelnen Nachlaßgläubigem gegenüber kann der Erbe durch vertragliche Vereinbarung herbeiführen, in der er auf eine Haftungsbeschränkung verzichtet 131 • Darüber hinaus tritt sie kraftGesetzesbei Nichtabgabe der eidesstattlichen Versicherung,§ 2006 Abs. 3, ein oder aus prozessualen Gründen, wenn sich der Erbe die Haftungsbeschränkung nicht im Urteil vorbehalten läßt, § 780 Abs. 1 ZPO. c) Folgerungen Die Möglichkeiten, das Beschränkungsrecht zu verlieren, verdeutlichen die Intention des Gesetzgebers, den Schutz des Eigenvermögens des Erben zwar grundsätzlich zu gewährleisten, ihm jedoch - zumindest beim Alleinerben keinen Vorrang vor den Interessen der Nachlaßgläubiger einzuräumen. Er sieht deren Interessen durch den Erbfall jedenfalls eher als gefährdet an als die Interessen des Erben und seiner Gläubiger 132• Die Nachlaßgläubiger müssen damit rechnen, daß sich die Gegenstände des Nachlasses und des Eigenvermögens alsbald nach dem Erbfall vermischen und faktisch oft nicht mehr zu sondern sind. Zudem kann der Alleinerbe, solange keine Separation erfolgt ist, über einzelne Gegenstände des Nachlasses verfügen. Vor diesem Hintergrund wird dann aber verständlich, daß das Gesetz die Verwirkung der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit an Tatbestände knüpft, die das Inventar betreffen, das ja gerade Auskunft über den Nachlaßbestand geben soll 133, vgl. § 2001.

V. Haftungsausschluß durch Ausschlagung Anstelle einer Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlaß bleibt dem Erben bis zur Annahme, die auch durch Fristablauf erfolgen kann, § 1943, natürlich auch die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen, wodurch der bereits erfolgte Anfall derselben wieder rückgängig gemacht wird,§§ 1944 Abs. 1, 1953 Abs. 1. Den Nachlaßgläubigem ist der Ausschlagende mangels Erbenstellung nicht zur Erfüllung von deren Forderungen verpflichtet 134• Lediglich dem endgültigen Erben ist der Ausschlagende dann wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag verantwortlich, wenn er Geschäfte besorgt hat, die sich auf die Erbschaft beziehen, § 1959 Abs. 1. Harder, S. 137; RGRK-Johannsen vor§ 1967 Rz 21; Schlüter § 49 III Sb cc S. 419. So auch Schlüter § 49 II 7 S. 415. 133 Schlüter, § 52 II 1 S. 435. 134 Der Sonderfall, daß der vorläufige Erbe als solcher eine Nachlaßerbenschuld begründet und nach Ausschlagung aus der Eigenschuld weiterhin verpflichtet ist, soll an dieser Stelle außer Betracht bleiben. 131

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B. Die Grundstruktur der zivilrechtliehen Erbenhaftung

VI. Die Prinzipien der bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftung - eine Zusammenfassung Aus der bisherigen Untersuchung ergeben sich für die bürgerlich-rechtliche Haftung des Alleinerben, von der das Gesetz als dem Normalfall 135 seiner Regelung ausgeht, die folgenden Leitgedanken (Haftungsprinzipien) 136: Die Haftung des Erben ist vorläufig unbeschränkt, aber beschränkbar. Die Beschränkung der Haftung tritt nicht von selbst ein, sondern muß, in der Regel durch den Erben selbst, herbeigeführt werden. Ebenso obliegt es ihm, sich im Prozeß die Haftungsbeschränkung vorzubehalten und sie in der Zwangsvollstreckung als Einwendung im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen. Es wird vom Erben zum Schutz seines Eigenvermögens also eine nicht unerhebliche Eigenaktivität verlangt. Die Herbeiführung der Beschränkung ist in der Regel nicht ohne Sonderung des Nachlasses vom Eigenvermögen möglich. Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann der Erbe sie auch im Wege einer Einrede zur Geltung bringen. Der Erbe kann aufgrundvertraglicher Vereinbarung oder gesetzlicher Bestimmung sein Beschränkungsrecht verlieren. Er haftet den Nachlaßgläubigem dann mit Nachlaß- und Eigenvermögen unbeschränkbar. Das BGB bewertet die Interessen der Nachlaßgläubiger gegenüber den Erbeninteressen in zweifacher Hinsicht als vorrangig. Zum einen soll ihnen das Nachlaßvermögen zur Erfüllung ihrer Forderungen uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Der Wunsch des Erben, sein Eigenvermögen um einen ungeschmälerten Nachlaß zu vergrößern, muß dahinter zurücktreten. Hierin kommt zum Ausdruck, daß das Erblasservermögen, das vor dem Erbfall seinen Gläubigem als Haftungsgrundlage diente, diesen- als Nachlaßgläubigem-auch nach dem Erbfall erhalten bleiben soll. Zum anderen hat das BGB keineswegs die Notwendigkeit eines Schutzes des Eigenvermögens vor Zugriffen der Nachlaßgläubiger verkannt 137 und deshalb auch dem Erben die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung eingeräumt. Die Nachlaßgläubigerinteressen werdenjedoch auch hier insbesondere 138 dann privilegiert, wenn aufgrund von Inventarvergehen seitens des Erben ihren Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Nachlaß Gefahr droht. Deutlicher noch als gegenüber dem Erben bevorzugt das Haftungssystem des BGB die Interessen der Nachlaßgläubiger gegenüber denen der Eigengläubiger. Erstere 135 Die Haftung des Vor- und Nacherben sowie der Miterben sieht das Gesetz als Sonderfall an, obwohl die Miterbengemeinschaft faktisch die Regel bildet. 136 Vgl. zu diesem Begriff oben B I. t 37 Denkschrift zum Entwurf eines BGB, S. 263. 138 Daß die Nachlaßgläubiger auch bei Verzicht des Erben auf seine Haftungsbeschränkung oder bei fehlendem Vorbehalt der Beschränkung im Prozeß auf das Eigenvermögen zugreifen können, bleibt hier außer Ansatz, weil beide Fälle für die Frage der Privilegierung wenig aussagekräftig sind.

VI. Zusammenfassung: Prinzipien der Erbenhaftung nach BGB

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können einen Zugriff der Eigengläubiger auf den Nachlaß durch Herbeiführung der Separation verhindern, § 1975, letztere einen Zugriff auf das Eigenvermögen durch die Nachlaßgläubiger dagegen nicht. Diese Wertung des Gesetzgebers ist daraus zu erklären, daß auch sonst ein Gläubiger sich nicht dagegen wehren kann, daß sein Schuldner noch weitere Gläubiger erhält 139• Hiervon im Erbfall eine Ausnahme zu machen, ist kein vernünftiger Grund ersichtlich. Folglich können die Eigengläubiger im Fall der Separation nur in den Restnachlaß vollstrecken, der nach Befriedigung der Nachlaßgläubiger noch vorhanden ist. Ebenso wie die Nachlaßgläubiger kann der Erbe durch Herbeiführung der Separation verhindern, daß die Eigengläubiger auf den Nachlaß zugreifen. Ist die Trennung der Vermögen nach Abwicklung der Verfahrenjedoch beendet, wird ein eventuell verbliebener Restnachlaß als Teil des Eigenvermögens zur Haftungsgrundlage der Eigengläubiger.

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v. Lübtow, S. 1094.

C. Die Regelung des§ 27 HGB Das soeben in seinen Grundzügen dargelegte zivilrechtliche Erbenhaftungssystem hielt der Gesetzgeber zumindest nicht für ausreichend, auch den Besonderheiten des Handelsverkehrs gerecht zu werden. Andernfalls hätte er davon abgesehen, in das HGB von 1897 die Regelung des § 27 aufzunehmen, die den Tod des Inhabers eines einzelkaufmännischen Unternehmens zum Gegenstand hat. Ebenso hätte er darauf verzichtet, mit § 139 HGB eine Vorschrift zu schaffen 1, die dem nachfolgeberechtigten Erben eines v.erstorbenen Personenhandelsgesellschafters Rechte zuweist, die nur vor dem Hintergrund gesellschaftsrechtlicher Besonderheiten verständlich werden 2 • Die hier allein interessierende Norm des § 27 HGB soll im folgenden näher ausgeleuchtet werden. Gemäß der Zielsetzung, die ratio der Vorschrift und insbesondere ihr Verhältnis zur zivilrechtliehen Erbenhaftung herauszuarbeiten 3 , werden Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Norm unter Verzicht auf eine umfassende Erörterung sämtlicher mit ihnen verbundener Detailprobleme 4 vorweg behandelt und erst in einem zweiten und dritten Schritt die ratio legis und die systematische Einordnung untersucht 5•

I Eine dem Schutzzweck des § 139 HGB (Schutz der Gesellschaftererben) entsprechende Norm sah das ADHGB nicht vor. Es beschränkte sich in Art. 123 Abs. I Nr. 2 darauf, die Zulässigkeil einer gesellschaftsvertragliehen Regelung über die Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben ausdrücklich auszusprechen. So Großkomm-Ulmer 3. Aufl., § 139 Anm. 2. ' 2 Dies gilt insbesondere für das Recht des Erben, sein Verbleiben in der Gesellschaft davon abhängig zu machen, daß ihm eine Kommanditistenstellung unter Beibehaltung des bisherigen Gewinnanteils eingeräumt wird, § 139 Abs. 1 HGB, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, § 139 Abs. 5 HGB. 3 Vgl. hierzu oben A. 4 Es würde den Rahmen dieser Dissertation überschreiten, insoweit lückenlos vorzugehen. Für eine derartige Problemübersicht ist deshalb auf die einschlägige Kommentarliteratur zu verweisen. Vgl. Bandasch I Nickel; Baumbach I Duden I Hopt; Düringer I Hachenburg I Hoeniger; GroßKomm-Hüffer; Koenige I Teichmann I Koehler; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckhan; jeweils zu § 27 HGB. 5 Hierin liegt eine Abweichung von der sonst überwiegend praktizierten Methode, die ratio legis vor den Tatbestandsmerkmalen zu behandeln. Vgl. insoweit Bandasch I Nickel§ 27 Rz 6-8, 9-22; CapelleiCanaris, S. 88 ff.; GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 332, 33-116; § 27 Rz 2-4, 5 -49; K. Schrnidt, Handelsrecht, § 8 IV lc S. 236 f.; sowie die Dissertationen von Keil, Werther. Daß hier umgekehrt vorgegangen wird, rechtfertigt sich aus der Zielsetzung dieses Teilabschnitts sowie der gesamten Arbeit.

I. Tatbestand und Rechtsfolgen

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I. Tatbestand und Rechtsfolgen 1. Voraussetzungen des§ 27 HGB § 27 HGB ordnet bezüglich der Haftung des Erben für frühere Geschäftsverbindlichkeiten die entsprechende Anwendung des § 25 HGB unter den Voraussetzungen an, daß der Erbe ein zum Nachlaß gehörendes Handelsgeschäft fortführt, § 27 Abs. 1 HGB, ohne es innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Kenntniserlangung vom Erbschaftsanfall einzustellen, § 27 Abs. 2 HGB. a) Fortführung eines zum Nachlaß gehörenden Handelsgeschäfts

Um den Begriff des Handelsgeschäfts gab es vor allem im 19. Jahrhundert, aber auch noch nach Inkrafttr~ten des HGB am 1. 1. 1900 heftige Auseinandersetzungen. Neben vereinzelt gebliebenen Stimmen, die das Handelsgeschäft als juristische Person qualifizieren wollten 6, standen sich im wesentlichen zwei Auffassungen gegenüber, die einen unterschiedlich weiten Begriff vertraten 7 • Auch wenn bis heute der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, eine Legaldefinition in das HGB aufzunehmen, herrscht inzwischen doch insoweit Einigkeit, daß das Handelsgeschäft ein Unternehmen 8 darstellt, das als betriebsfaltige Wirtschaftseinheit9 seinem Inhaber das Auftreten am Markt ermöglicht 10• Das Handelsgeschäft ist also das auf den Handel gerichtete Unternehmen des Kaufmanns 11 • In § 27 HGB ist dabei stets das Einzelunternehmen gemeint; wurde das Handelsgeschäft nicht vom Erblasser allein betrieben, lag eine Gesellschaft vor, und ist § 27 HGB unanwendbar. Die Rechtsprechung 12 und ein großer Teil der Literatur 13 halten es darüber hinaus für erforderlich, daß der Erblasser ein vollkaufmänniMommsen Buschs Archiv 32, 201 (209 ff.). Behrend, S. 202 ff., vertrat einen umfassenden Begriff des Handelsgeschäfts; dieser sollte die gesamte gewerbliche Tätigkeit des Kaufmanns sowie die Beziehungen und Verhältnisse, in denen diese Tätigkeit zutage tritt, umfassen. Das Handelsgeschäft enthält damit auch das Geschäfts- und "Handlungsvermögen". Abweichend davon unterschied Regelsberger ZHR 14,1 (12), scharf zwischen Handelsgeschäft und "Handlungsvermögen". Das erstere bedeutete nichts anderes als die bloße Gelegenheit zum Geschäftsbetrieb oder den Geschäftsbetrieb schlechthin. Insoweit war der Begriff des Handelsgeschäfts enger gefaßt. Ihm folgte Binder, Rechtsstellung des Erben I, S. 31 ff. s Baumbach I Duden I Hopt Einl. vor § 1 II 1 A. 9 Zum Begriff des Handelsunternehmens als Wirtschaftseinheit vgl. J. v. Gierke ZHR 11 (1948), 1 (12 ff.). 10 GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 34; vor § 22 Rz 6; § 22 Rz 4. 11 Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 22 Rz 4. 12 RGZ 55, 83 (85); BGHZ 22, 234 (240). n Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 1 B, § 25 Anm. 1 B; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 2; Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 2; Pahl, S. 229; Renkert, S. 37 ff.; Smeets, S. 19; Stegemann, S. 106. 6

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C. Die Regelung des § 27 HGB

sches Handelsgeschäft betrieben hat. Nicht dagegen soll es ausreichen, wenn der Erblasser nur als Minderkaufmann tätig geworden ist, es sei denn, daß er unzulässigerweise im Handelsregister unter seiner Firma eingetragen war, § 5 HGB 14. Diese Auffassung läßt sich daraus begründen, daß die §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB ausdrücklich die Fortführung einer Firma voraussetzen und sich aus §§ 4, 17 HGB ergibt, daß nur Vollkaufleute eine Firma haben können 15 . Soweit in der Literatur eine Anwendbarkeit des § 27 HGB auf minderkaufmännische Erblasser befürwortet wird 16, beruht dies auf der Überlegung, daß §§ 27, 25 HGB nicht an die Firmen-, sondern die Unternehmensfortführung anknüpfen. Ob dies ein vertretbarer Ansatzpunkt ist, wird noch näher zu untersuchen sein 17 • Mit dem Wortlaut der§§ 27, 25 Abs. 1 HGB läßt sich diese Ansicht aber kaum vereinbaren18. Mit dem Erfordernis der Nachlaßzugehörigkeit des Handelsgeschäfts bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, daß es ein Bestandteil des Erblasservermögens sein muß, und zwar als Unternehmen in seiner Gesamtheit, also mit allen Aktiva und Passiva 19 . Letzteres darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daߧ 27 HGB nur die Geschäftspassiva, nicht dagegen - wie § 25 Abs. 1 S. 2 HGB - auch den Forderungsübergang betrifft 20• Zugleich wird mit der Notwendigkeit der Nachlaßzugehörigkeit deutlich, daß § 27 HGB den Erwerb von Todes wegen zum Gegenstand hat, in Abgrenzung zum Erwerb des Handelsgeschäfts unter Lebenden in § 25 HGB 21. Schließlich muß das Handelsgeschäft fortgeführt werden. In der Literatur wird wegen der Schwierigkeit abstrakter Erfassung teilweise auf eine allgemeingültige Definition der Fortführung verzichtet und mit Gegenbegriffen eine Klärung zu erzielen versucht 22. Soweit in der Fortführung die Fortsetzung der werbenden Tätigkeit des Betriebs in eigenem Namen 23 oder das Fortsetzen der geschäftlichen Tradition 24 gesehen wird, ist diese Auslegung zumindest zur Annäherung an eine Begriffsklärung hilfreich. In ihrer komplexen Bedeutung wird die Fortführung des Handelsgeschäfts jedoch besser erlaßt, wenn man ihr Vorliegen von der Erfüllung organisatorischer, sachlicher und zeitlicher Voraussetzungen abhängig 14 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 11; Böckelmann, S. 33; Smeets, S. 37 f. 15 Baumbach I Duden I Hopt § 17 Anm. lc; Böckelmann, S. 33. 16 K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 2a S. 237. 11 Vgl. unten C II 6 d. 1s GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 11. 19 Bolte ZHR 51 (1902), 413 (420); Düringer I Rachenburg IHoeniger § 27 Anm. 2. 20 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 1; Lebmann I Ring § 27 Rz 2; Makower § 27 Anm. III; Neufeld I Schwarz § 27 Anm. 1; Ritter § 27 Anm. 2. 21 Düringer I Bachenburg I Hoeniger § 27 Anm. I. 22 So bezeichnen Baumbach I Duden I Hopt § 25 Anm. 1 D, die Fortführung eines Handelsgeschäfts als Gegensatz zur Stillegung. 23 Lehmarm I Ring § 27 Rz 4. 24 GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 44; er leitet dies aus den vom BGH NJW 1972,2123 zu § 23 HGB entwickelten Grundsätzen ab.

I. Tatbestand und Rechtsfolgen

47

macht. Zunächst müssen der Erbe oder eine Person, deren Handlungen dem Erben zugerechnet werden können 25 , in der Leitung des Geschäfts tätig werden. Eine nur untergeordnete Beschäftigung, etwa als einer von mehreren weisungsabhängigen Verkäufern, würde den Erfordernissen des "Führens" nicht gerecht werden 26 • Der Erbe muß also den Kopf der Organisation bilden; dies ist mit organisatorischen Voraussetzungen gemeint. Auf sachlicher Ebene soll sich die Fortführung als Fortsetzung der älteren Geschäftsführung darstellen, wobei ein relativ großzügiger Maßstab anzulegen ist, weil anderenfalls eine Enthaftung des Erben zu leicht gemacht und den Geschäftsgläubigern unbillige Härten auferlegt würden 27 • Der Bundesgerichtshof läßt daher auch die Fortführung des Handelsgeschäfts in seinem wesentlichen Kern genügen 28 • Schließlich darf zwischen dem Tod des Erblassers und der Aufnahme der Geschäftsführung durch den Erben nur eine unerhebliche Zeitspanne liegen, wie sie etwa bei der vorübergehenden Schließung der Einzelunternehmung wegen des Todes des Inhabers üblich ist 29 •

b) Fortführung durch den Erben

aa) Rechtsstellung des Erben Das Handelsgeschäft des Erblassers soll nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung durch den Erben fortgeführt werden, also denjenigen, auf den das Vermögen des Erblassers als Ganzes nach§ 1922 übergegangen ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob er kraft Gesetzes oder Verfügung von Todes wegen zum Erben berufen wurde. Auch die Fortführung durch eine Erbengemeinschaft sowie Vor- und Nacherben ist von§ 27 HGB noch gedeckt 30• Eine persönliche Fortführung durch den Erben verlangt das Gesetz aber nicht. Das Handeln einer dritten Person muß dem Erben lediglich zurechenbar sein, was bei der Fortführung durch den gesetzlichen Vertreter 3 1 oder einen Bevollmächtigten 32 in der Regel unproblematisch ist. Zu diesen Problemen gleich unter C I 1 b. Bolte ZHR 51 (1902), 413 (421); H. Stegemann, S. 101. 27 Großkomm-Hüffer § 27 Rz 5; § 25 Rz 44. 28 BGHZ 18, 248 (250); BGH NJW 1982, 1648. 29 Lehmann I Ring § 27 Rz 4; H. Stegemann, S. 101. 30 Zu den Problemen der Vor- und Nacherbschaft näher unten F I. 31 Hier können Komplikationen aber dann entstehen, wenn der gesetzliche Vertreter Miterbe ist und die Erbengemeinschaft das Handelsgeschäft fortführt. Vgl. BGHZ 92, 259; BVerfGE 72, 155. 32 Zulässig ist daher auch die Fortführung durch den Vergleichsverwalter, weil sie nicht auf eine Amtsstellung, sondern der Erbenstellung beruht, vgl. BGHZ 35, 13 (17). Ebenso ist zurechenbar die Fortführung durch den Testamentsvollstrecker, sofern die Vollmachtlösung gewählt wird, der Erbe also Träger des Unternehmens bleibt, vgl. RGZ 132, 138 (144 ); Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 1 C; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 8, 47. 25

26

48

C. Die Regelung des § 27 HGB

bb) Vermächtnisnehmer

Indem§ 27 HGB ausdrücklich die Fortführung durch den Erben als Voraussetzung der Haftung postuliert, bleibt für seine Anwendung auf Zuwendungen im Wege eines Vermächtnisses kein Raum. Denn im Unterschied zum Erben wird dem Vermächtnisnehmer vom Erblasser lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den Beschwerten auf Leistung eines Gegenstandes zugewandt, § 2174, nicht aber der Gegenstand (hier: das Handelsgeschäft) selbst 33 • Der Vermächtnisnehmer erwirbt das Unternehmen folglich erst mit Übertragung desselben durch den Erben. Führt nun seinerseits der Vermächtnisnehmer das ihm übertragene Unternehmen fort, ist in der Literatur streitig, welche handelsrechtliche Haftungsnorm ihn trifft. Soweit vereinzelt eine analoge Anwendung des § 27 HGB befürwortet wird 34 , ist dem der eindeutige Wortlaut sowie die bereits erwähnte Tatsache entgegenzuhalten, daß es sich beim Vermächtnis eben nicht um einen dinglichen Vonselbsterwerb handelt, von dem § 27 HGB aber gerade ausgeht. Näher liegt demzufolge eine unmittelbare 35 oder analoge 36 Anwendung des § 25 HGB, je nach dem, ob man in der Erfüllung des Vermächtnisanspruchs einen Erwerb unter Lebenden oder von Todes wegen erblickt. Der unmittelbaren Anwendung des § 25 HGB ist der Vorzug zu geben, weil dem Vermächtnisnehmer das Handelsgeschäft zwar aufgrund eines auf einer Verfügung von Todes wegen beruhenden obligatorischen Anspruchs übertragen werden soll, diese Übertragung aber - von der causa losgelöst - in einem selbständigen Erfüllungsgeschäft mit dem Erben besteht, also unter Lebenden erfolgt 37 • c) Keine Einstellung der Fortführung binnen der Frist des§ 27 Abs. 2 HGB

Des weiteren setzt § 27 HGB als Haftungstatbestand voraus, daß der Erbe das zugewendete Handelsgeschäft über die Frist des Absatzes 2 hinaus fortführt, also nicht fristgerecht einstellt. Hierin eine Voraussetzung der Haftung zu sehen, ist nicht selbstverständlich und erfordert eine Erläuterung in zweifacher Hinsicht. Zum einen behandelt ein Teil der Literatur die Einstellung der Geschäftsfortführung nur unter dem Aspekt eines Ausschlußtatbestandes, der dem Erben die Möglichkeit bietet, der unbeschränkten Haftung nach §§ 27 Abs. I, 25 Abs. I 33 BGHZ 32, 60 (62); GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 42; Lebmann I Ring § 27 Rz 7; Leipold Rz 554; Schlüter § 43 I 1 a S. 353. 34 Smeets, S. 19. 35 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 42; Hopt I Mössle Rz 296; Böckelmann, S. 36; Meyer, s. 10. 36 Brand § 27 Anm. 2 A I d; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 25 Anm. 4; Lebmann I Ring§ 27 Anm. 7; Neufeld I Schwarz§ 27 Anm. 23; Staub I Bondi § 27 Anm. 32; Keil, S. 16 ff.; Nelson, S. 33; Renkert, S. 31 ff. 37 Brox, Erbrecht, Rz 404; Kipp I Coing § 53 II 1 S. 331; Leipold Rz 554; Schlüter § 43 I la S. 353.

I. Tatbestand und Rechtsfolgen

49

S. 1 HGB zu entgehen 38 • Dabei wird jedoch nicht hinreichend deutlich, daß sie als unbeschränkte Haftung erst entsteht, wenn die Frist des § 27 Abs. 2 HGB verstrichen ist. Von daher erscheint es sinnvoll, das Fehlen fristgerechter Einstellung als Haftungsvoraussetzung zu formulieren 39• Zum anderen muß aber auch klar sein, daß § 27 Abs. 2 HGB nur für die aus § 25 Abs. 1 S. 1 HGB folgende unbeschränkte Haftung gilt, was sich ja bereits aus dem Wortlaut des§ 27 Abs. 2 S. 1 HGB ergibt. Folgt die unbeschränkte Haftung des Erben dagegen aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 3 HGB, wurde also die bisherige Firma von ihm nicht beibehalten und liegt ein besonderer Verpflichtungsgrund vor 40, so verzichtet er von sich aus auf die Vergünstigung des § 27 Abs. 2 HGB 41 • Auf den Fristablauf als Haftungsvoraussetzung kommt es in diesem Fall daher nicht mehr an. Unter welchen Bedingungen von einer Einstellung des Geschäftsbetriebs gesprochen werden kann, insbesondere, ob die Veräußerung des Handelsgeschäfts 42 oder gar die schlichte Änderung der Firma 43 für ihr Vorliegen genügen, ist in der wissenschaftlichen Diskussion schon immer umstritten gewesen 44 • Eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesen Fragen würde jedoch zu weit von der Zielsetzung dieser Untersuchung 45 wegführen. Festzustellen bleibt aber, daß der überwiegende Teil der jüngeren Literatur in der Einstellung die vollständige 38 Baumbach I Duden I Hopt § 27 Rz 2 A; v. Gierke I Sandrock § 16 II 3a aa S. 224; Hopt/Mössle Rz 301; K. Schmidt, Handelsrecht,§ 8 IV 3 a S. 240 ff. 39 So auch Capelle I Canaris, S. 89; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 2 a.E.; Riesenfeld, Erbenhaftung 1. Bd., S. 112 ff. 40 Einen solchen Ve!]>flichtungsgrund bildet insbesondere die in handelsüblicher Weise bekanntgemachte Übernahme der früheren Geschäftsverbindlichkeiten. Zu §§ 27 Abs. I, 25 Abs. 3 HGB ausführlicher unter CI 2 c. 41 Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 4. 42 Die Veräußerung lassen genügen Bolte ZHR 51 (1902), 413 (448 f.); Capelief Canaris, S. 89 f.; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Arun. 11; Ehrenberg I Pisko, S. 257; S. Goldmann, Handelsgesetzbuch, § 27 Anm. 2 IV; ders. FS Wilke, S. 128; K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 3a S. 241 f.; H. Stegemann, S. 112 f.; Pahl, S. 262. Nur die Veräußerung ohne die Firma soll eine Einstellung bewirken nach Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 2 A; nicht ganz eindeutig ist insoweit RGZ 56, 196 (199) 43 Dies halten für ausreichend Bolte ZHR 51 (1902), 413 (447); Capelle/Canaris, S. 90; Ehrenberg/Pisko, S. 257; A. HueckZHR 108 (1941), 1 (16 f.); Keil, S. 51; Thiele, S. 41. Soweit auch RGZ 56, 196 (199) und H. Stegemann, S. 113, für diese Auffassung herangezogen werden (A. Hueck, S. 16 FN 15; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 26 FN 19 a.E.), decken die Zitate die Aussage nicht. 44 Die Veräußerung des Handelsgeschäfts als Einstellung wird abgelehnt von Baumbach I Duden I Hopt, § 27 Arun. 2 A; Brand § 27 Anm. II A 2c; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 29; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 10; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 9; Hildebrandt DFG 1938, 49; Keil, S. 52; Smeets, S. 33; Thiele, S. 43. Ebenso wird die Firmenänderung nach Fortführung des Handelsgeschäfts innerhalb der Frist des § 27 Abs. 2 HGB als Einstellung verneint von Bandasch I Nickel § 27 Rz 15; Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 2 A; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 11; Glanegger I Niedner I Renkl I Ruß § 27 Rz 7; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 26; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 9; Hildebrandt DFG 1938, 49; Johannsen FamRZ 1980, 1074 (1075); Werther, S. 53. 45 Vgl. hierzu C vor I.

4 Friedrich

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C. Die Regelung des § 27 HGB

Aufgabe der werbenden geschäftlichen Tätigkeit erblickt 46 und von diesem Ansatz her eine Veräußerung des Handelsgeschäfts sowie die schlichte Änderung der Firma innerhalb der Dreimonatsfrist für eine Einstellung nicht genügen läßt. Soweit bisher von der Einstellungsfrist gesprochen und diese mit einer dreimonatigen Dauer beziffert wurde, § 27 Abs. 2 S. 1 HGB, ist eine Ergänzung dahingehend erforderlich, daß das Gesetz zwei Fälle berücksichtigt, in denen es faktisch zu einer Fristverlängerung kommt. So wird der Fristbeginn verschoben, wenn der Erbe geschäftsunfähig oder nur beschränkt geschäftsfähig ist, und zwar bis zur Bestellung des gesetzlichen Vertreters oder bis zum Eintritt der Volljährigkeit, § 27 Abs. 2 HGB; § 206. Aus Gründen des Minderjährigenschutzes wird hier also eine Ablaufhemmung angeordnet. An die Stelle der sechsmonatigen Frist des § 206 Abs. 1 S. 1 tritt aber die Dreimonatsfrist des § 27 Abs. 2 S. 1 HGB 47 • Zum anderen wollte der Gesetzgeber durch den in § 27 Abs. 2 S. 3 HGB hergestellten Bezug zur Ausschlagungsfrist des § 1944 vermeiden, daß diese durch die Einstellungsfrist 48 in§ 27 Abs. 2 S. 1 HGB unzulässig verkürzt wird 49 • Sofern also aufgrund der zivilrechtliehen Regelung der Erbe auch nach Ablauf der drei Monate nach Kenntniserlangung vom Erbfall noch ausschlagen kann, ist ihm auch die Einstellung des Geschäftsbetriebs gern. § 27 Abs. 2 S. 1 HGB weiterhin möglich, nämlich solange, bis die Ausschlagungsfrist verstrichen ist.

2. Rechtsfolgen Liegen die Voraussetzungen des § 27 Abs. I HGB vor, so findet auf die Haftung des Erben für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten § 25 HGB entsprechende Anwendung. Durch diese verweisende Rechtsfolge wird einerseits deutlich, daß der Erbe wie der rechtsgeschäftliche Erwerber für die Geschäftsschulden haftet, andererseits der Eintritt der Haftung von weiteren, über § 27 Abs. I HGB hinausgehenden Voraussetzungen abhängig ist. Entweder muß der Erbe nämlich das Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführen, oder es muß bei Änderung der Firma ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegen. Dies offenbart eine komplizierte Regelungstechnik, weil innerhalb der Rechtsfolge der Norm weitere Voraussetzungen derselben formuliert werden.

46 Bandasch I Nickel § 27 Rz 15; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 26; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl., § 27 Anm. ll; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 8; Werther, S. 62. 47 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 30. 48 Einstellungs- und Ausschlagungsfrist sind auch begrifflich scharf zu trennen. Die erste meint die handelsrechtliche, die letzte die im Erbrecht angeordnete Frist. Insoweit ungenau Bohnenberg § 27 Anm. II a, b. 49 Denkschrift zum HOB, S. 38.

I. Tatbestand und Rechtsfolgen

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a) Haftung für frühere Geschäftsverbindlichkeiten

Den Erben trifft eine Einstandspflicht für die vom Erblasser zu dessen Lebzeiten begründeten Geschäftsschulden 5°. Dabei haftet er nicht nur mit dem Nachlaß, sondern auch mit seinem gesamten Eigenvermögen, also unbeschränkt. Selbst wenn er als Erbe von seinen zivilrechtliehen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten Gebrauch machte, läßt dies die Haftung aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB unberührt 51 . Des weiteren folgt aus§ 27 Abs. 1 HGB eine Haftung nur für Geschäftsverbindlichkeiten. Soweit damit eine Abgrenzung von den Privatschulden des Erblassers zum Ausdruck gebracht wird, es sich also nur um Verbindlichkeiten handelt, die mit dem Betrieb des Geschäfts derart in innerem Zusammenhang stehen, daß sie als seine natürliche Folge erscheinen 52 , können sie den "im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten" im Sinne des§ 25 Abs. 1 HGB gleichgesetzt werden 53• Inwieweit der Begriff in§ 27 Abs. 1 HGB darüber aber hinausgeht, wird noch eingehend im Rahmen einer Gegenüberstellung mit den Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 zu erörtern sein 54. An dieser Stelle sei abgrenzend hervorgehoben, daß sich die entsprechende Anwendung des § 25 HGB nicht auf den in § 25 Abs. 1 S. 2 HGB verankerten Forderungsübergang erstreckt. § 27 HGB betrifft lediglich die Haftung für frühere Geschäftsverbindlichkeiten und will nicht den Forderungsübergang regeln 55 . Letzteres ist im Fall der Geschäftsfortführung durch den Erben wegen des in § 1922 bereits gesetzlich angeordneten Forderungsübergangs nämlich überflüssig56. 50

GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 16.

51 Bandasch 1Nickel § 27 Rz 6; Capelle I Canaris, S. 89; Düringer I Hachenburg I

Hoeniger § 27 Anm. 5; S. Goldmann, Handelsrecht § 27 Anm. 1 II 2a; GroßKommHüffer § 27 Rz 13; HoptiMössle Rz 301; KoenigeiTeichmanniKoehler § 27 Anm. 1; Lebmann I Ring § 27 Rz 3; Makower § 27 Anm. IV a 1; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 2. 52 RGZ 58, 21 (23); BGH WM 1979, 577; DüringeriHachenburgiHoeniger § 25 Anm. 21; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 11. 53 Für eine Gleichsetzung ohne jede Einschränkung Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 1 D; S. Goldmann, Handelsrecht, § 27 Anm. 1 li 1; Staub I Bondi § 27 Anm. 2, § 22 Anm. 29; Keil, S. 25; Rive, S. 61 ; Thiele, S. 28. 54 Hierzu unten E II 1. 55 Denkschrift zum HGB, S. 38; Bandasch I Nickel § 27 Rz 8; Bohnenberg § 27 Anm. II v. a; Brand § 27 Anm. I 1; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 3; Glanegger I Niedner 1Renkl I Ruß § 27 Rz 1; S. Goldmann, Handelsrecht, § 27 Anm. B II 1; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 1; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 1; Heymann I Kötter§ 27 Anm. 1; Lebmann I Ring§ 27 Rz 2; Makower § 27 Anm. Ill; Neufeld I Schwarz § 27 Anm. 1; Ritter § 27 Anm. 2; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 3; Staub I Bondi § 27 Anm. 30. 56 Welche Bedeutung der Tatsache zukommt, daß der fortführende Erbe auch in die Verbindlichkeiten gern.§§ 1922, 1967 eintritt, wird bei der Frage der ratio legis (unten C II) sowie der systematischen Stellung des § 27 HGB (unten C Ill) näher zu untersuchen sein. 4•

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C. Die Regelung des § 27 HGB

b) Erfordernis der Firmenfortführung

Die vorstehend beschriebene unbeschränkte Haftung tritt aber nur ein, wenn der Erbe das im Wege der Universalsukzession erworbene Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, § 25 Abs. 1 S. I HGB. Obwohl das Gesetz dies ausdrücklich so formuliert, die Fortführung sich also grammatikalisch auf das Unternehmen und nicht auf die Firma bezieht, wird das Erfordernis der Beibehaltung der bisherigen Firma häufig schlicht als "Firmenfortführung" bezeichnet 57• Im Hinblick auf den Abs. 1 S. 1 des § 25 HGB wäre dies eine unzutreffende Terminologie. Jedoch ergibt sich ihre Zulässigkeit aus§§ 22-24,25 Abs. 3 HGB, in denen ausdrücklich von der (Nicht)Fortführung der Firma die Rede ist. Glücklich ist die zweifache Verwendung des Begriffes "Fortführung" dennoch nicht. Für§§ 27 Abs. 1,25Abs. 1 S. 1 HGBmußmansichdaherstetsvergegenwärtigen, daß ein Handelsgeschäft vom Erben fortgeführt wird und er dabei die Firma des Erblassers- also den Namen, unter dem dieser als Kaufmann seine Geschäfte betrieben hat, § 17 Abs. 1 HGB - beibehält. Die Berechtigung des Erben, die Firma des Erblassers beizubehalten, ist stets anzunehmen, wenn der Erblasser die Vererblichkeit des Firmenrechts nicht ausgeschlossen hat 58• Die Firma, verbunden mit dem Unternehmen, fällt dann in die Erbschaft 59• Eine Firmenfortführung ist anzunehmen, wenn sich der Kern der alten und der neuen Firma gleichen. Eine wort- und buchstabengetreue Übernahme der alten Firma wird nicht verlangt; maßgeblich ist in Zweifelsfällen die Verkehrsanschauung60. Unwesentliche Änderungen hindem demzufolge die Annahme einer Firmenfortführung nicht, was sich bereits aus dem Gesetz selbst ergibt, wenn es in der Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes keine Firmenänderung erblickt. Obwohl das Gesetz die Haftung des Erben nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB unzweideutig auch von der Fortführung der Firma abhängig macht, ist dieses Erfordernis in jüngerer Zeit angezweifelt und der Beibehaltung der Firma nur noch eine Indizwirkung für die Unternehmensfortführung zugesprochen worden 61 • Begründet wird dies mit einer angeblichen Fehleinschätzung des Gesetzgebers im Hinblick auf die systematische Stellung des § 27 HGB 62 • Inwieweit dem gefolgt werden kann, wird im Rahmen der Ermittlung der ratio legis zu untersuchen sein. 57 Baumbach I Duden I Hopt § 25 Anm. I D; Düringer I Hachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 4; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 13; Makower § 27 Anm. IV a. 58 Diesen Ausschluß muß der Erblasser hinreichend klar zum Ausdruck gebracht haben. § 22 Abs. 1 HGB, der ja die ausdrückliche Einwilligung in die Firmenfortführung verlangt, ist hier mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Bedeutung des Firmenrechts einschränkend zu interpretieren. Vgl. Kuchinke ZIP 1987, 681 (686). 59 Kuchinke ZIP 1987, 681 (685). 60 BGHZ 18, 248 (250); BGH NJW 1982, 1647, (1648); BGH NJW 1986, 581 (582). 61 K. Schmidt, Handelsrecht,§ 8 IV 2a S. 237; ders. ZHR 145 (1981), 2 ff.; ders. JuS 1985 249, (256 ff.). 62 K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 2a, S. 237.

I. Tatbestand und Rechtsfolgen

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c) Der besondere Verpflichtungsgrund, § 25 Abs. 3 HGB

Selbst wenn der Erbe sich gegen die Beibehaltung der bisherigen Firma entscheidet und das Handelsgeschäft des Erblassers unter einerneuen Firma fortführt, kann ihn dennoch die unbeschränkte 63 Haftung treffen, falls nämlich ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegt. Einen solchen benennt das Gesetz selbst, indem es auf die handelsübliche Bekanntmachung der Übernahme der Verbindlichkeiten verweist. Sofern der Erbe also in Zeitungsanzeigen, Rundschreiben 64 oder einer das Registergericht 65 nicht nur die Fortführung des Geschäfts 66, Meldung sondern eben auch die Übernahme der Verbindlichkeiten bekanntgibt, haftet er für diese unbeschränkt. Im Hinblick auf den Streit über die Rechtsnatur der Bekanntmachung kann der - vereinzelt gebliebenen - Auffassung Säckers 67 nicht gefolgt werden, daß in dieser ein ausdrückliches, an die Altgläubiger gerichtetes rechtsgeschäftliches Angebot auf Schuldbeitritt zu sehen sei. Letzteres impliziert nämlich die Vorstellung, die Haftung des Erwerbers hinge noch von einer -auch nur konkludenten- Annahmeerklärung der Altgläubiger ab 68 • Zutreffend ist es dagegen, in der Bekanntmachung eine haftungsbegründende Erklärung an die Öffentlichkeit zu sehen, die als einseitiges, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft entgegen § 305 einer Annahme nicht bedarf69 und auch dann verpflichtend wirkt, wenn ihr eine vertragliche Schuldübernahme zwischen Veräußerer und Erwerber nicht zugrunde liegt1°. Der Gesetzgeber hat in § 25 Abs. 3 HGB ein seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestehendes Handelsgewohnheitsrecht bestätigt, das in der Bekanntmachung einen selbständig wirksamen, von der Annahmeerklärung 71 des Geschäftsgläubigers unabhängigen, obligatorischen Dispositionsakt des Unternehmers sieht 72 und sich aus den Bedürfnissen eines erleichterten Handelsverkehrs erklärt.

an

Der Erbe ist aber nicht auf die handelsübliche Bekanntmachung beschränkt. Ein besonderer Verpflichtungsgrund kann sich auch daraus ergeben, daß er sich gegenüber einzelnen Gläubigern vertraglich verpflichtet, trotz fehlender FirmenVgl. oben C I 2 a. Brox, Handelsrecht und Wertpapierrecht, Rz 170. M Baumbach I Duden I Hopt § 25 Anm. 3 A. 66 In der Bekanntgabe der Geschäftsfortführung liegt noch keine Übernahme der Erblasserverbindlichkeiten. Brox, Handelsrecht und Wertpapierrecht, Rz 170. 67 Säcker ZGR 1973, 261 (282). 68 In dieser Richtung auch die Kritik von Gerlach, S. 69 FN 43. 69 Capelle I Canaris, S. 79; Gerlach, S. 4,9; GroßKomm-Würdinger 3. Auf!. § 25 Rz 28, 30. 1o Brox, Handelsrecht und Wertpapierrecht, Rz 170; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 25 Rz 30; GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 105; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 21. 11 Das Reichsoberhandelsgericht spricht von ,,Acceptation", ROHG 1, 62 (68). n ROHG 1, 62 (68); 3, 182; 8, 382 (383); 11, 149 (153); 15, 74 (75 f.); RGZ 8, 64 (65); 17, 93 (96); 38, 173 (174, 176). 63

64

C. Die Regelung des § 27 HGB

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fortführung und beschränkter bürgerlich-rechtlicher Erbenhaftung für deren Geschäftsforderungen unbeschränkt einzustehen 73 , er also den Weg einer vertraglichen Schuldübernahme,§§ 414,415, oder eines Schuldbeitritts beschreitet. Ebenso stellen§§ 419 und 613a besondere Verpflichtungsgründe dar 74 • Im Gegensatz zu§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. I HGB, die die schlichte Geschäfts- und Firmenfortführung voraussetzen, wird die unbeschränkte Haftung in§§ 27 Abs. I, 25 Abs. 3 HGB folglich erst mit einer weiteren Tätigkeit des Erben in Gang gesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt haftet der Erbe für Altverbindlichkeiten nur nach BGB, also unter Umständen auf den Nachlaß beschränkt.

3. Möglichkeiten der Haftungsahwendung Aus dem bisher Dargelegten hat sich eine unbeschränkte Haftung des Erben aus §§ 27, 25 HGB für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten dann ergeben, wenn er das Handelsgeschäft entweder unter Beibehaltung der Erblasserfirma über die Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB hinaus fortführt, § 25 Abs. 1 S. 1 HGB, oder es unter geänderter Firma bei gleichzeitigem Vorliegen eines besonderen Verpflichtungsgrundes, § 25 Abs. 3 HGB, weiterbetreibt Es drängt sich nun die Frage auf, ob diese unbeschränkte Haftung eine unabänderliche darstellt oder sich, wie bei dem zu vergleichenden Komplex bürgerlich-rechtlicher Erbenhaftung, Beschränkungsmöglichkeiten ergeben. Diese müßten im Handelsrecht gesucht werden, lassen doch die erbrechtliehen Instrumente der Haftungsbeschränkung die in §§ 27, 25 HGB angeordnete Haftung unberührt 75 • Dort jedoch ist diesbezüglich nichts zu finden, auch nicht in den §§ 27 Abs. 2; 27 Abs. I, 25 Abs. 2 HGB. Diese Regelungen führen nämlich nicht zu einer Beschränkung der aus§§ 27,25 HGB resultierenden Haftung, sondern schließen diese aus 76, wobei umstritten ist, ob § 25 Abs. 2 HGB überhaupt entsprechend angewendet werden kann 77 • Wenn in der Literatur zuweilen dennoch von einer Haftungsbeschränkung in diesem Zusammenhang gesprochen wird 78 , ist dies unzutreffend, zumindest aber ungenau. Gemeint ist damit wohl, daß der Erbe bei Anwendung des § 27 Abs. 2 und eventuell der§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB nur noch nach §§ 1967 ff., also beschränkbar haftet. Beschränkbar ist dann aber nur die bürgerlich-rechtliche Erbenhaftung, nicht die aus §§ 27, 25 HGB folgende. GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 15. Hierzu GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 106 ff. 75 Hierzu schon oben CI 2 a mit den Nachweisen in FN 51. 76 Bandasch /Nickel§ 27 Rz 11 , 13; Baumbach /Duden/Hopt § 27 Anm. 3; Capelle/ Canaris, S. 90; Cosack, S. 226; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 13; v.GierkeiSandrock § 16 II 3a, S. 224; GlaneggeriNiedneriRenkliRuß § 27 Rz 5, 7; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 21; Hopt I Mössle Rz 301; Ritter§ 27 Anm. 4,5; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 9, 14; Böckelmann, S. 47; Meyer, S. 32 ff.; Nelson, S. 66; Renkert, S. 61; Thiele, S. 41 ; Weither, S. 36 ff. 77 Hierzu sogleich unter C I 3 b. 78 Mißverständlich insoweit Bülow, S, 52; Harms, S. 163; Smeets, S. 30 ff. 73

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I. Tatbestand und Rechtsfolgen

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a) Einstellung der Geschäftsfortführung, § 27 Abs. 2 HGB

Die unbeschränkte Haftung aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB tritt nicht ein, wenn der Erbe innerhalb der Frist des § 27 Abs. 2 HGB den Geschäftsbetrieb einstellt. Bereits bei den Voraussetzungen der Haftung wurde der zweite Absatz des § 27 HGB insoweit herangezogen, als das Handelsgeschäft über die besagte Frist hinaus fortgeführt werden muß; die fristgerechte Einstellung wurde als negatives Tatbestandsmerkmal erfaßt 79 • Gleichzeitig bietet§ 27 Abs. 2 HGB dem Erben aber auch die Möglichkeit, durch Einstellung des Geschäftsbetriebs, also durch aktives Handeln, die drohende unbeschränkte Haftung abzuwehren, gibt ihm die Gelegenheit zum Haftungsausschluß 80. Der Ausschluß liegt folglich in der Vermeidung des Haftungseintritts, nicht etwa befreit § 27 Abs. 2 HGB den Erben von der handelsrechtliehen Haftung aus§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB mit rückwirkender Kraft 81 . Erfolgt über § 27 Abs. 2 HGB ein Ausschluß der unbeschränkten Haftung nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB, so bleibt der Erbe aber weiterhin in seiner Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers aus§§ 1922, 1967 verpflichtet. Es stehen ihm hier jedoch die bürgerlichrechtlichen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten offen 82. Macht er von ihnen keinen Gebrauch, trifft ihn auch hier die unbeschränkte Haftung. So wenig die nach bürgerlichem Erbrecht vorhandenen Beschränkungsmittel Auswirkungen auf die Haftung aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB haben, so wenig führt umgekehrt ein Haftungsausschluß nach § 27 Abs. 2 HGB unmittelbar zum Eintritt der beschränkten Erbenhaftung nach BGB. Bis zur fristgerechten Einstellung des Geschäftsbetriebs oder, falls nicht eingestellt wird, bis zum Ablauf der Einstellungsfrist, besteht ein Schwebezustand 83 insofern, als noch unklar ist, ob die unbeschränkte Haftung nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB eintritt oder nicht. In dieser Zeit haftet der Erbe für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten grundsätzlich wie für Nachlaßverbindlichkeiten84. Hierbei wird man zwei Phasen zu unterscheiden haben, wenn, wie im Regelfall, die Ausschlagungsfrist nach § 1944 kürzer dauert als die Einstellungsfrist nach § 27 Abs. 2 HGB. Während des Laufs der Ausschlagungsfrist ist es für die Geschäftsgläubiger wegen § 1958 ausgeschlossen, ihre Forderungen gegenüber dem Erben gerichtlich geltend zu machen 85 . Einen Grund, den handelsrechtlichen Erben von der Anwendung des § 1958 in dieser Zeit auszuschließen, 79

Vgl. oben CI 1 c.

80 Ebenfalls in dieser doppelten Funktion sehen den § 27 Abs. 2 HGB ausdrücklich

Cosack, S. 226; Makower § 27 IV a 2ß. 81 So aber unzutreffend Hofmann, S. 141. 82 Vgl. hierzu oben B IV. 83 Diesen Ausdruck verwendet GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 32; von einem ,,Provisorium" spricht hingegen Riesenfeld, Erbenhaftung 1. Bd., S. 112. 84 Riesenfeld, Erbenhaftung l.Bd., S. 113. 85 Vgl. GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 19; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 8; Staub I Bondi § 27 Anm. 15.

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C. Die Regelung des § 27 HGB

besteht nicht, greift doch die unbeschränkte Haftung nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB erst nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 HGB bezeichneten Frist ein 86• Hat der Erbe die Erbschaft angenommen, läuft aber die Einstellungsfrist noch, so drohen dem fortführenden Erben unter Umständen Klagen der Geschäftsgläubiger. Diese könnten beim Erben ungehindert auch in dessen Privatvermögen vollstrecken und ihn damit erheblich unter Druck setzen. Ein solches Vorgehen würde aber Sinn und Zweck des § 27 Abs. 2 HGB zuwiderlaufen. Schon die Denkschrift 87 hat nämlich hervorgehoben, und die Literatur 88 ist ihr darin gefolgt, § 27 Abs. 2 HGB räume dem Erben eine Überlegungsfrist ein, innerhalb derer er sich über eine so wichtige Entscheidung wie die Fortführung des Handelsgeschäfts Klarheit verschaffen könne. Infolgedessen wird man dem Erben auch hier gern. § 780 ZPO das Recht zusprechen müssen, die beschränkte Erbenhaftung, die ja im Falle einer fristgerechten Einstellung und entsprechender Maßnahmen des Erben nach bürgerlichem Recht 89 noch eintreten kann, sich im Urteil vorbehalten zu Jassen. Aus den gleichen Gründen soll er sich auf die aufschiebenden Einreden nach§§ 2014, 2015 im Wege der§§ 305 Abs. l, 780 Abs. l , 782 ZPO berufen können 90•

b) Handelsregisterpublizität oder Mitteilung an Dritte, §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB

§ 25 Abs. 2 HGB gibt dem Erwerber eines Handelsgeschäfts unter Lebenden die Möglichkeit, seine aus § 25 Abs. 1 S. 1 HGB folgende Haftung auszuschließen. Er hat dabei eine mit dem Veräußerer getroffene entsprechende Vereinbarung entweder in das Handelsregister einzutragen und im Sinne des § 10 HGB bekanntmachen zu lassen oder dieselbe einzelnen Gläubigem mitzuteilen. Darüber hinaus muß ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Beginn der Geschäftsfortführung und der Kundmachung bestehen. Dieser ist dann gewahrt, wenn die Anmeldung beim Handelsregister (oder die Mitteilung) unverzüglich nach Auf86 Ein Teil des Schrifttums differenziert nicht zwischen vorläufiger und angenommener Erbschaft und gewährt unterschiedslos Einreden nach § 780 ZPO; §§ 2014, 2015; §§ 305, 782 ZPO. So Düringer I Hachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 11; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 12. 87 Denkschrift zum HGB, S. 38. 88 Statt vieler GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 26. 89 Zu den Möglichkeiten der Haftungsbeschränkungen nach bürgerlichem Erbrecht siehe oben B IV. 90 So Düringer I Hachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 11; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl., § 27 Anm. 8; Schlegelberger IHildebrandtl Steckban § 27 Rz 12; StaubiBondi § 27 Rz 15. Lediglich für analog anwendbar hält diese Vorschriften Hüffer im GroßKomm § 27 Rz 32, ohne dies allerdings näher zu begründen. Möglicherweise soll zum Ausdruck gebracht werden, daß sie auf die Haftung aus§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 HGB normalerweise gerade nicht anwendbar sind. Der Ausnahmecharakter ihrer Anwendung wird jedoch dadurch dokumentiert, daß sie dem Erben für die Haftung nach Handelsrecht nur bis zum Ablauf der Einstellungsfrist zustehen.

I. Tatbestand und Rechtsfolgen

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nahmedergeschäftlichen Tätigkeit erfolgen, und sich Eintragung und Bekanntmacl)ung in angemessenem Zeitabstand anschließen 91 • Der in § 25 Abs. 2 HGB normierte Haftungsausschluß erfolgt also durch ausdrückliche Erklärung 92 , die - ähnlich wie in § 25 Abs. 3 HGB 93 - an die Öffentlichkeit gerichtet ist. aa) Der Streit über die entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB Die Frage, ob § 25 Abs. 2 HGB auf Fälle des Geschäftserwerbs von Todes wegen entsprechend anwendbar ist, wird seit lnkrafttreten des HGB diskutiert, ohne daß sich bisher eine weitestgehend akzeptierte Antwort gefunden hat. Soweit in der Literatur die entsprechende Anwendbarkeit auf Ablehnung stößt, wird dies ganz überwiegend damit begründet, daß es zwischen Erblasser und Erben an einer Vereinbarung fehle, die der Wortlaut des § 25 Abs. 2 HGB zwischen Veräußerer und Erwerber fordert. Außerdem würde der Ausschlußtatbestand des § 27 Abs. 2 HGB überflüssig 94 • Teilweise wird auch mit der unterschiedlichen Interessenlage argumentiert. Während die Gläubiger beim Erwerb unter Lebenden stets in der Lage seien, sich an den bisherigen Inhaber zu halten, bei dem der Gegenwert für das veräußerte Geschäft verblieben sei, fehle im Erbfall die Möglichkeit eines solchen Zugriffs 95 • Vereinzelt finden sich auch Hinweise auf den Normzweck des § 27 HGB; so führe § 25 Abs. 2 HGB im Rahmen des § 27 HGB zu einer Ungleichbehandlung von Alt- und Neugläubigem, was dem Zweck des § 27 HGB, der in der Gleichbehandlung von Alt- und Neugläubigem bestehe, zuwiderlaufe 96 • Eine entsprechende Anwendung des Haftungsausschlusses über § 25 Abs. 2 HGB befürwortet ein Teil der Literatur unter der Voraussetzung, daß der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag angeordnet hat, der Erbe solle bei Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma nicht unbeschränkbar haften 97 • Zur 91 BGHZ 29, 1,(6); BayObLG MDR 1984, 850: 5 Monate seit dem Inhaberwechsel sind zuviel; GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 100; Pahl S. 237 f. 92 Vgl. hierzu Gerlach, S. 10 ff. 93 Vgl. oben C I 2 c. 94 Cohn Gruchot 42, 46 (63); S. Goldmann, Handelsrecht, § 27 Anm. B I c; ders. FS Wilke, S. 119 (124 ff.); Harms, S. 163; KoenigeiTeichmanniKoehler § 27 Anm. 3; Müller-Erzbach, S. 83; Keil, S. 43 ff.; Matthiessen, S. 38 ff.; Mehlhorn, S. 26; Meyer, S. 43 ff.; Nelson, S. 76 ff.; Renken, S. 75 ff.; Smeets, S. 36 ff. ; Wallerstein, S. 27 ff. 95 Lebmann I Ring § 27 Rz 6; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckhan § 27 Rz 14. Differenzierter Reuter ZHR 135 (1971), 511 (526), der einerseits darauf hinweist, daß den Altgläubigern im Falle einer beschränkten Erbenhaftung das Vermögen des Erblassers in Form des Nachlasses als Haftungsobjekt erhalten bleibt, andererseits jedoch hervorhebt, daß dieses Vermögen durch Unternehmerische Entscheidungen des Erben wegen §§ 1978 Abs. 3, 670, 683 S. 1, § 224 Nr. 1 KOgeschmälert werden könne. Da § 27 HGB die Funktion habe, diesen für die Altgläubiger bestehenden Mangel auszugleichen, wäre eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB im Rahmen des § 27 Abs. I HGB mit den Interessen der Altgläubiger nicht vereinbar. -Zu diesem Problem noch ausführlich unten C li 6 e. 96 K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 3 b S. 243.

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C. Die Regelung des § 27 HGB

Begründung wird angeführt, einerseits hätten die Geschäftsgläubiger keinen unentziehbaren Anspruch darauf, daß der Rechtsnachfolger im Geschäft ihnen persönlich mit seinem ganzen Vermögen haftbar werde. Einer uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 25 Abs. 2 HGB stünde andererseits aber § 27 Abs. 2 HGB entgegen, dem für diesen Fall keine praktische Bedeutung mehr zukäme 98 • Der wohl überwiegende Teil der Literatur 99 sowie die Rechtsprechung 100 halten § 25 Abs. 2 HGB dagegen auch im Falle der Haftung aus § 27 Abs. 1 HGB ohne zusätzliche Voraussetzungen für anwendbar. Dafür spreche zunächst der Wortlaut des § 27 Absatz 1 HGB, der auf § 25 HGB insgesamt verweise und nicht nur auf dessen Absätze 1 und 3. Weiter verlange § 27 Abs. 1 HGB nicht die unmittelbare, sondern nur die entsprechende, d.h. eine dem besonderen Tatbestand des Erbfalls angepaßte Anwendung 101 • Da der Wechsel des Unternehmensträgers in§ 27 HGB nicht auf einer Vereinbarung, sondern auf Gesetz, § 1922, beruhe, könne eine Vereinbarung im Sinne des § 25 Abs. 2 HGB auch nicht verlangt werden 102 • Und schließlich bleibe der Schutz der Gläubiger durch die Eintragung nach § 25 Abs. 2 HGB hinreichend gewährleistet 103 • bb) Die vorläufige Lösung des Problems Der ersten Auffassung, die die entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB generell ablehnt, ist zunächst entgegenzuhalten, daß im Fall des erbschaftliehen Erwerbs eines Handelsgeschäfts das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen Erblasser und Erbe nicht zur Voraussetzung eines Haftungsausschlusses erhoben werden kann, weil der Erwerb selbst nicht auf einer Vereinbarung beruht und das Gesetz auch nur eine "entsprechende" Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB fordert 104• Gestützt wird diese Auffassung auch von der Überlegung, daß § 25 97 Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 6; Makower § 27 Anm. IV a 2a.E.; Händel, S. 63 ff.; Sigismund, S. 49 f. 98 So insbesondere Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 6. 99 Bandasch I Nickel § 27 Rz ll; Barella DB 1951, 676; Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 3; Brand§ 27 Anm. 2 A II b; Bülow, S. 52; E1tzbacher, S. 51; v. Gierkel Sandrock § 16 II 3a bb S. 224 ff.; Groschuff DR 1940, 2009; GroßKornm-Hüffer § 27 Rz 22; GroßKornm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 5 f.; HeymanniKötter § 27 Anm. 2; Hofmann, S. 141; HoptiMössle Rz 301; A. Hueck ZHR 108 (1941), 1 (4 ff.); Nolte, FS Nipperdey I S. 667 (682ff.); Säcker ZGR 1972, 261 (265); StaubiBondi § 27 Rz ll; Wilhelm NJW 1986, 1797 (1798, FN 11 ); P.A. Leonhardt, S. 99; Nicolini, S. 72 ff.; Pahl, S. 261; Schulze, S. 48 ff.; Thiele, S. 46; Werther, S. 86 ff.; Zwade, S. 46 ff. 100 KG DR 1940, 2007. 101 Brand § 27 Anm. 2 A II b. 102 GroßKomm-Hüffer § 27 Anm. 22. 103 A. Hueck ZHR 108 (1941), I (9). 104 Der Gegenauffassung ist insoweit zuzustimmen. V gl. Barella DB 1951, 676; Brand § 27 Anm. 2 A llb; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 22; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 5; Groschuff DR 1940, 2009; Schulze, S. 48 ff.; Zwade, S. 47 ff.

I. Tatbestand und Rechtsfolgen

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Abs. 2 HGB im Interesse des Veräußerersauf das Vorliegen einer Vereinbarung abstellt. Denn der - rechtsgeschäftliche - Übernehmer soll nicht berechtigt sein, die mit der Fortführung verbundene Schuldenhaftung einseitig abzulehnen 105 • Ist eine Verletzung von Veräußererinteressen- hier: des Erblassersaber nicht mehr möglich, weil der Erblasser kein Interesse daran hat, seinen Erben an eine unbeschränkte Haftung zu binden, kann an dem Erfordernis einer Vereinbarung nicht festgehalten werden; an ihre Stelle tritt die "entsprechende" einseitige Erklärung des Erben 106• Einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB steht auch§ 27 Abs. 2 HGB nicht entgegen. Bei genauer Betrachtung handelt es sich nämlich um zwei wirklich verschiedene Tatbestände, so daß nicht davon gesprochen werden kann, daߧ 27 Abs. 2 HGB überflüssig würde 107• Wie ausgeführt 108 , verlangt § 25 Abs. 2 HGB ein unverzügliches Handeln des Fortführenden. Aus dem Gesetzestext ergibt sich kein Anhalt dafür, daß diese knappe Frist auf die Zeit zu verlängern sei, die § 27 Abs. 2 HGB für die Einstellung des Geschäftsbetriebs vorsieht 109• Damit steht der Erbe vor der Wahl, entweder das Handelsgeschäft unter bisheriger Firma, aber unter Ausschluß der Haftung nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB fortzuführen oder es innerhalb der Frist des § 27 Abs. 2 HGB einzustellen. Im ersten Fall ist eine sofortige Entscheidung von ihm gefordert, im zweiten kann er sich erst über die Vermögenslage des Unternehmens Klarheit verschaffen, verliert dabei allerdings die Möglichkeit, die Firma bei gleichzeitigem Haftungsausschluß beizubehalten 110• Fehl geht schließlich auch das Argument, im Erbfall könnten die Altgläubiger auf das Vermögen des früheren Inhabers nicht zugreifen. Dieses Vermögen ist in Form des Nachlasses vorhanden, an den sich die Altgläubiger, da sie zugleich Nachlaßgläubiger sind, halten können 111 • Soweit eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB von der erbvertragliehen oder testamentarischen Ermächtigung des Erben durch den Erblasser abhängig gemacht wird, kann dies letztlich nicht überzeugen. Es liegt nicht in tos KG DR 1950, 2007 (2008); Barella DB 1951, 676. KG DR 1940 2007 (2008). 107 A. Hueck ZHR 108 (1941) 1 (12). 108 Vgl. oben C III 3 b. 109 Pahl, S. 261 f., vertritt dagegen die Auffassung, das Erfordernis des unverzüglichen Bekanntmachens des Haftungsausschlusses gelte erst nach Ablauf der Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB, weil die Haftungsentscheidung eine Prüfung und Einschätzung der konkreten Geschäftssituation voraussetze. Dem kann nicht gefolgt werden, weil damit die Unterschiede zwischen § 25 Abs. 2 HGB und § 27 Abs. 2 HGB gerade wieder verwischt werden. Folgte man der Auffassung Pahls, müßte im Hinblick auf die grundsätzliche Frage einer entsprechenden Anwendbarkeit des § 25 Abs. 2 HGB im Rahmen des § 27 Abs. I HGB der ablehnenden Auffassung Recht gegeben werden, weil § 27 Abs. 2 HGB dann überflüssig wäre. Der Schutz des Erben würde dadurch jedenfalls überbetont. 110 A. Hueck ZHR 108 (1941), 1 (12); Werther, S. 104 ff.; Zwade, S. 49 f. III GroßKomm-Würdinger § 27 Anm. 5; Harms, S. 164. 106

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C. Die Regelung des § 27 HGB

der Kompetenz des Erblassers, die Haftungslage des Erben zu bestimmen 112• Insbesondere ist nicht einsichtig, warum der - im Testament beispielsweise einseitig - erklärte Wille des Erblassers über den Haftungsumfang entscheiden, bei Fehlen einer solchen Äußerung der Wille des Erben aber unbeachtlich bleiben soll 113 • Zudem erweckt diese vermittelnde Auffassung den Eindruck, in jedem Fall eine Entsprechung für das Erfordernis der Vereinbarung schaffen zu wollen. Daß es beim Erwerb durch Erbfolge auf das Vorliegen einer solchen Vereinbarung aber nicht ankommt, wurde bereits ausgeführt 114• Es spricht folglich einiges dafür, dem fortführenden Erben einen Ausschluß der Haftung aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB auch über§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB zu ermöglichen. Neben den bisher genannten Argumenten 115 ist anzuführen, daß den alten Geschäftsgläubigem das Erblasservermögen in Form des Nachlasses als Haftungsgrundlage erhalten bleibt und daß der Erbe nicht vor die Alternative gestellt ist, den Geschäftsbetrieb einzustellen bzw. die Firma aufzugeben 116 oder die unbeschränkte Haftung zu übernehmen. Zu überprüfen bleibt jedoch noch, ob dieses Ergebnis auch vom Zweck des § 27 HGB, auf den die Gegenauffassung vereinzelt verweist 117, gedeckt ist. Eine solche Überprüfung setzt allerdings voraus, daß über den Zweck des § 27 HGB selbst Klarheit gewonnen ist. Auf die Frage der entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB, die nach den bisherigen Untersuchungen bejaht werden könnte, wird daher nach Ermittlung der ratio des § 27 HGB zurückzukommen sein 118• c) Sonstige Möglichkeiten

Neben den in§§ 27 Abs. 2; 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB vorhandenen Ausschlußtatbeständen bieten sich dem Erben weitere Möglichkeiten, der Haftung aus §§ 27 Abs. 1, 25 HGB zu entgehen. Diese sind jedoch nicht als Ausschlußtatbestände formuliert, sondern führen dazu, daß eine Haftungsvoraussetzung unerfüllt bleibt ll 9 •

GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 22. So zu Recht GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 5. 114 Vgl. oben CI 3 b bb). 115 Vgl. oben CI 3 b aa). 116 Beides Geschäftseinstellung und Firmenaufgabe - kann eine Zerschlagung nicht unerheblicher Werte bedeuten. 111 K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 3b S. 243. 118 Unten C II 7. 119 Dieser Unterschied wird zuweilen nicht hinreichend deutlich. Vgl. GroßKommWürdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 10. 112

113

I. Tatbestand und Rechtsfolgen

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aa) Ausschlagung der Erbschaft Ist die Frist aus § 1944 noch nicht verstrichen, kann der Erbe die gesamte Erbschaft ausschlagen 120• Es entfallt damit nicht nur seine bürgerlich-rechtliche Erbenhaftung nach §§ 1967 ff., sondern auch die unmittelbare Anwendung des § 27 Abs. 1 HGB, weil der Ausschlagende nicht mehr Erbe ist. Das Ausschlagungsrecht verliert er in der Regel auch nicht dadurch, daß er einstweilen das Handelsgeschäft fortgeführt hat. Dies gilt jedenfalls insoweit, als die Fortführung als bloße Nachlaßfürsorge, als Maßnahme laufender Verwaltung angesehen werden kann 121 • Daß hierin noch keine konkludente Annahme liegt, unterstreicht auch § 27 Abs. 2 S. 3 HGB 122• Ebenso ist eine Annahme zu verneinen, wenn die Eintragung des Erben im Handelsregister erfolgt, um gleichzeitig die Schuldenhaftung aus§ 27 Abs. 1 HGB entsprechend§ 25 Abs. 2 HGB auszuschließen 123 • Durch die Ausschlagung kann sich also auch der einstweilen fortführende Erbe von jeder Haftung für frühere 124 Geschäftsverbindlichkeiten befreien. bb) Fortführung unter neuer Firma Lediglich bei der Haftung aus§§ 1967 ff. bleibt es, wenn der Erbe den Beginn der Fortführung des Geschäftsbetriebs mit einer neuen Firmierung verknüpft, ohne gleichzeitig einen besonderen Verpflichtungsgrund im Sinne des § 25 Abs. 3 HGB zu schaffen. Für eine Haftung aus§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB fehlt es dann an der gesetzlich geforderten Firmenkontinuität 125 • cc) Sofortige Veräußerung an Dritte Schließlich soll eine Haftung des Erben aus§§ 27, 25 HGB auch dann entfallen, wenn der Erbe das Geschäft sogleich nach Anfall der Erbschaft weiterveräußert, ohne es selbst betrieben zu haben 126; es fehle dann das Merkmal der Fortführung im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB. Legt man den oben 127 entwickelten Begriff der Zur Ausschlagung vgl. oben B V. RG DJZ 1909, 1329; MünchKomm-Leipold § 1943 Rz 5; Soergel/ Stein § 1943 Rz 4; Staudinger I Otte I Marotzke § 1943 Rz 6. 122 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 19; Hoptl Mössle Rz 301; Staub I Bondi § 27 Rz 15. 123 Erman I Sch1üter § 1943 Rz 3; Palandt I Edenhofer § 1943 Anm. 2b; Staudinger I Otte I Marotzke § 1943 Rz 7. 124 Etwas anderes gilt für die vom Ausschlagenden während der Fortführung des Geschäfts begründeten neuen Verbindlichkeiten. Dazu unten F II. 125 BaumbachiDudeniHopt § 27 Anm. 1; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 10; Hopt I Mössle Rz 30 l. Zur abweichenden Ansicht von K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 2b S. 237 f., vgl. unten C II 6 a bb (I); C II 6 f. 126 Brand § 27 Anm. 2 A Ib; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 10; Hildebrandt DFG 1938, 48; A. Hueck ZHR 108 (1941), 1 (20); nicht ganz eindeutig: Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 9. 121 C I 1 a. 120 121

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C. Die Regelung des § 27 HGB

Fortführung zugrunde, wonach organisatorische, sachliche und zeitliche Voraussetzungen gegeben sein müssen, ist diese Auffassung zutreffend, weil im Falle der sofortigen Veräußerung schwerlich davon gesprochen werden kann, daß der Erbe als Kopf der Organisation die Geschäftsführung des Erblassers fortsetzt. Besteht nämlich seine einzige Handlung darin, das Geschäft zu veräußern, hat er an die Geschäftsführung des Erblassers, die einzig auf Betreiben - nicht auf Veräußerung-desHandelsgewerbes angelegt war, gerade nicht angeknüpft 128 • Freilich wird eine Abwendung der Haftung aus §§ 27, 25 HGB durch sofortige Veräußerung an Dritte nicht sehr häufig vorkommen. Der Käufer müßte unmittelbar nach dem Tod des Erblassers bereitstehen, das Handelsgeschäft zu übernehmen. Näherliegend sind aber die Fälle, in denen sich der Erbe über die Lage des Unternehmens zunächst informiert und einen Käufer suchen muß. Selbst wenn er dann das Unternehmen, und sei es durch einen Prokuristen 129, nur vorläufig, sprich innerhalb der Frist des§ 27 Abs. 2 HGB, fortführt, befreit ihn ein Verkauf nicht mehr von seiner Haftung aus §§ 27 Abs. I, 25 Abs. I S. 1 HGB 130•

II. Die Ratio des§ 27 HGB Eine gesetzliche Regelung ist mit der Herausarbeitung ihrer Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen noch nicht hinreichend erfaßt. Zwar begründet das Gesetz, der Rechtsatz, eine konditionale Verbindung zwischen ihnen 131 ; offen bleibt aber die Frage nach dem Sinn und Zweck dieser Verbindung. Ihre Beantwortung ist jedoch erforderlich, um die handelsrechtliehen Regelungen dem zivilrechtliehen Erbenhaftungssystem gegenüberstellen und sie systematisch exakt einordnen zu können. Darüber hinaus zeigen die Erörterungen der Haftungsausschlußmöglichkeiten 132, daß der Frage der ratio des § 27 HGB sehr praktische Bedeutung zukommt. Soweit daher im folgenden die ratio legis ermittelt werden soll, wird, obwohl § 27 HGB aus zwei Absätzen besteht, das Schwergewicht der Untersuchung auf dem die Haftung des Erben anordnenden Abs. 1 liegen. Dies rechtfertigt sich daraus, daß Abs. 2 mehr die Funktion einer Ergänzung des ersten Absatzes in tatbestandlieber sowie haftungsausschließender Hinsicht zukommt 133 , und daß Sinn und Zweck des zweiten Absatzes, wie bereits erwähnt 134, zu einem Streit 12s Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu der Auffassung, daß eine innerhalb der Frist des § 27 Abs. 2 HGB getätigte Veräußerung nicht haftungsbefreiend wirkt; dabei geht es nämlich um die Frage der Einstellung im Sinne des § 27 Abs. 2 HGB, während hier die Fortführung im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB in Frage steht. 129 Gern. §52 Abs. 2 HGB erlischt die vom Inhaber eines Handelsgeschäfts erteilte Prokura mit dessen Tode nicht. 130 Hierzu oben C I 1 c. Instruktiv GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 29. 131 Engisch, Einführung, S. 42. 132 Gemeint ist die entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB im Rahmen des § 27 Abs. 1 HGB. 133 Vgl. oben CI 1 c. 134 Vgl. oben C I 3 a.

II. Die Ratio des § 27 HGB

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keinen Anlaß bieten. § 27 Abs. 2 HGB soll es dem Erben ermöglichen, sich in angemessener Zeit über die endgültige Fortführung des Handelsgeschäfts Klarheit zu verschaffen 135. 1. Ratio legis als BegritT

Der Begriff wird vorgefunden und unterschiedlich gebraucht 136• Da er dieser Untersuchung zugrunde gelegt wird, ist zunächst die Klärung seines Inhalts sowie die Abgrenzung von anderen Begriffen erforderlich, die in Rechtsprechung und Literatur im Zusammenhang mit der Frage verwendet werden, was mit der Regelung des § 27 HGB beabsichtigt sei. So finden sich - neben dem Begriff der ratio legis 137 - so unterschiedliche Bezeichnungen wie Rechtsgrund 138 , Grund 139, Sinn 140, Regelungszweck 141 , Grundgedanke 142 und Rechtsnatur 143 • Unklar ist, ob diese Bezeichnungen sich auch inhaltlich voneinander unterscheiden oder aber- wenigstens teilweise- decken. Wörtlich übersetzt bedeutet ,,ratio" berechnende Vernunft, Überlegung 144; in übertragenem Sinne jedoch auch vernünftiger Grund, Beweggrund 145 • Ratio legis wäre demzufolge die lateinische Bezeichnung für den vernünftigen Grund des Gesetzes. Wie dieser vernünftige Grund seinerseits aufzufassen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Häufig wird er gleichgesetzt mit dem Sinn 146 des Gesetzes. Präziser ist es dagegen, von dem der Norm zugrundeliegenden Prinzip 147 , dem Grundgedanken zu sprechen, welcher dem Gesetzgeber nicht unbedingt schon bewußt gewesen sein muß, sondern oft erst von der Wissenschaft herausgearbeitet wird 148• Der vernünftige Grund erschließt sich mit Hilfe einer Abstraktion: Die Denkschrift zum HGB, S. 38. Bydlinski, S. 115 FN 269; 399; 475. Larenz, Methodenlehre, S. 323; Münchener Rechts-Lexikon 3. Bd., S. 11. 137 Den Terminus ratio legis gebrauchen in diesem Zusammenhang Capelle I Canaris S. 89; K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 1 c S. 236. 138 Böckelmann, S. 42 ff.; Werther, S. 19 FN 3 a.E. 139 Bülow, S. 51; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 4; Thiele, S. 28. 140 BGHZ 32, 60 (62); Müller-Laube, S. 18; H. Stegemann, S. 106; Ewinger, S. 27. 141 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 2-4; Müller-Laube, S. 24. 142 KG JW 1937, 2599; Staub/Bondi §27 Anm.1; v. Breska, S.46; Keil. S. 9; Schulteß, S. 35. 143 Böckelmann, S. 44; Keil, S. 33 ff.; Meyer, S. 30; Nelson, S. 58 ff.; Pinner, S. 90; Schulteß, S. 35 ff.; Smeets, S. 27 ff.; Thiele, S. 34. 144 Stowasser, S. 847. 145 Stowasser, S. 847. 146 BGHZ 32, 60 (62); Müller-Laube, S. 18; H. Stegemann, S. 106; Ewinger, S. 27. Das Münchener Rechts-Lexikon 3. Bd., S. 11, versteht die ratio legis als lateinische Bezeichnung für den Grund oder Sinn des Gesetzes. 147 Larenz, Methodenlehre, S. 323; daß er an anderer Stelle, S. 366, von .,Grundgedanken" spricht, ist unerheblich, weil es dasselbe ausdrückt; Prinzipien sind Grundgedanken. 148 Larenz, Methodenlehre, S. 323. 135

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C. Die Regelung des § 27 HGB

konkrete Ausgestaltung einer Norm wird daraufhin untersucht, ob sich in ihr ein rechtliches Prinzip verwirklicht, das unter Umständen auch anderen Rechtssätzen zugrunde gelegt ist 149. Mit dem vernünftigen Grund, dem Prinzip der Regelung, ist die ratio legis aber nur zu einem Teil erfaßt; auch der mit dem Gesetz verfolgte Zweck ist ein Element derselben 150 • Der Gesetzeszweck unterscheidet sich von dem der Norm zugrundeliegenden Prinzip dadurch, daß nach dem "wozu" der Regelung gefragt wird. Aus ihm wird klar, was mit der Norm erreicht werden soll, wofür sie dient. Der Zweck kann sich dabei sowohl aus den Regelungsabsichten des historischen Gesetzgebers als auch aus dem Gesetz selbst 151 ergeben. Ist der Begriff der ratio legis folglich in einem weiten Sinn zu verstehen, sind nicht nur die Bezeichnungen Grund, Sinn und Grundgedanke und die durch sie vermittelten Inhalte, sondern auch der Normzweck von ihm erfaßt. Schwieriger gestaltet es sich dagegen mit dem Begriff des Rechtsgrundes, weil dieser nicht einheitlich gebraucht wird. Soweit er in der Weise verstanden wird, daß sich aus ihm die Frage nach dem "warum" 152 einer Regelung, nach ihrer Rechtfertigung 153 beantwortet, entspricht er - jedenfalls annähernd - dem vernünftigen Grund und kann als Teil der ratio legis betrachtet werden. Sofern er jedoch ein Synonym für rangniedere Zwecke - im Gegensatz zu dem vom Gesetzgeber primär verfolgten Zweck darstellen soll 154, stiftet dies eher Verwirrung als Klarheit und sollte daher vermieden werden. Keinesfalls gleichgesetzt werden können die Begriffe ratio legis und Rechtsnatur. Letzterer bezieht sich im Zusammenhang mit § 27 HGB stets 155 auf die Frage, ob die aus ihm resultierende Haftung eine handelsrechtliche oder erbrechtliche ist, berührt demzufolge das Problem der systematischen Einordnung des§ 27 HGB. Der Begriff der ratio legis ist damit klargestellt. Wie eingangs erwähnt 156, ist er zwar ein in der Literatur vorgefundener, nicht aber ein im Gesetz verwendeter Begriff. Daß gerade er dieser Untersuchung zugrunde gelegt wird, rechtfertigt sich zum einen aus der soeben vollzogenen begrifflichen Abgrenzung. Die richtig verstandene ratio legis ist umfassend, sie erschließt sich von zwei Seiten her 157 149 Larenz, Methodenlehre, S. 323, nennt als Beispiel das Prinzip der Gefährdungshaftung, das nicht etwa nur eine Haftung für unwiderlegbar vermutetes Verschulden, sondern ein eigenständiges Haftungsprinzip darstellt. Es kommt beispielsweise in § 833 S. 1; § 7 Abs. 1 StVG; § 1 HaftpflG; § 25 AtomG, § 33 ff. LuftVG zum Ausdruck. Hierzu Brox, Besonderes Schuldrecht, Rz 532 ff. 150 Larenz, Methodenlehre, S. 323. 151 Insoweit wird auch der objektiven Theorie der Gesetzesauslegung, der Theorie der immanenten Gesetzesdeutung, Raum gegeben. 152 So GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 19. 153 Gerlach, S. 7. 154 Werther, S. 19 FN 3. 155 So verstehen es auch die unter FN 143 genannten Autoren. 156 Vgl. oben C li 1. 157 Nämlich durch den vernünftigen Grund und den Regelungszweck der Norm.

II. Die Ratio des § 27 HGB

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und ist allein 158 dadurch den sonst noch verwendeten Begriffen überlegen. Zum anderen wäre es zwar denkbar gewesen, davon zu sprechen, daß der Regelungszweck und der vernünftige Grund ermittelt werden sollen. Letzteres geriete aber im Vergleich zu dem kurzen Terminus "ratio legis" zu umständlich. 2. Die Methode der Ermittlung Zur Frage, auf welchem Weg die ratio einer Norm methodisch einwandfrei erschlossen werden kann, finden sich in der juristischen Methodenlehre nur selten klare Aussagen 159 • Bydlinski hat sich darum bemüht und ausgeführt 160, daß zunächst die typischen Interessenkonflikte im Nonnbereich, der Inhalt der im systematischen Zusammenhang stehenden Nonnen, der Rechtszustand vor Erlaß der Norm sowie eventuelle Hinweise aus den Gesetzesmaterialien zu vergegenwärtigen seien. Auf dieser Grundlage müsse in einem nächsten Schritt in einfühlendem Verstehen geprüft werden, welche Motive (Zwecke und Wertungen) Menschen unter den festgestellten Umständen zu einer Norm wie der tatsächlich erlassenen zu bewegen pflegen. Dieses Gedankenexperiment, das sich zunächst vor dem persönlichen Verständnishorizont des Beurteilers vollziehe, sei sodann im Wege einer umfassenden fachlichen Diskussion auf einer breiteren Basis durchzuführen, die den Verständnishorizont aller Diskussionsteilnehmer einbeziehe. Bydlinski wählt hier das induktive Verfahren zur Rechtsgewinnung, dem in dieser Untersuchung im wesentlichen gefolgt werden soll. Dies vor allem deshalb, weil der eigentliche Induktionsvorgang 161 erst nach Vergegenwärtigung bestimmter Aspekte einsetzt, die ihrerseits bei der Auslegung einer Norm herangezogen werden 162• Dadurch steht die Herleitung der ratio auf einem breiteren Fundament. Sie bewegt sich nicht losgelöst von dem, was sich für die Auslegung des Rechtssatzes aus Wortlaut, Gesetzessystematik und Entstehungsgeschichte bereits ergibt. Bei der Frage, welche Motive zum Erlaß einer Norm wie der des § 27 HGB führen könnten, also beim Induktionsvorgang selbst, darf man nicht bei den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers stehen bleiben, sondern es sind auch objektiv-teleologische Kriterien miteinzubeziehen, bei denen es nicht darauf an158 Gegenüber den Begriffen Rechtsgrund und Rechtsnatur ist der der ratio legis schon deswegen vorzuziehen, weil diese entweder mißverständlich gebraucht werden oder hier inhaltlich fehl am Platze sind. Vgl. FN 143, 154, 155. 159 So Bydlinski, S. 403. 160 Bydlinski, S. 403 f. 161 Gemeint ist das Gedankenexperiment, sich in die Rolle der seinerzeit gesetzgebenden Menschen zu versetzen. 162 So spricht Bydlinski S. 403 f., die typischen Interessenkonflikte im Normbereich im Zusammenhang mit den durch die Gesetzesnorm zweifelsfrei getroffenen (im Begriffskem liegenden) Sachverhalten an, was als Hinweis auf die grammatische Auslegung bewertet werden kann. Wenn er des weiteren den Inhalt der im systematischen Zusammenhang stehenden Normen sowie die Materialien erwähnt, nimmt er Bezug auf die systematische und historische Auslegung.

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C. Die Regelung des § 27 HGB

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kommt, ob schon der Gesetzgeber sich ihrer Bedeutung für die von ihm geschaffene Regelung bewußt gewesen ist. Vielmehr reicht es bei diesen Kriterien aus, daß sich die Norm im ganzen als durch sie bedingt verstehen läßt 163 • Die umfassende fachliche Diskussion, die Bydlinski zur Erreichung einer gesicherten Aussage 164 über die ratio legis fordert, wird hier in der Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen unterschiedlichen Auffassungen zu § 27 HGB bestehen.

3. Die typischen Interessenkonflikte im Normbereich Als erstes ist festzustellen, welche von der Norm geregelten Interessenkonflikte sich bereits aus ihrem Wortlaut ergeben, als im Begriffskern liegend und insoweit als typisch anzusehen sind 165• Zweifelsfrei von § 27 Abs. 1 HGB erlaßt ist die Haftung des Erben für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten, wenn er das Geschäft in leitender Position unverändert weiterbetreibt, und zwar über die Frist des § 27 Abs. 2 HGB hinaus. Bezüglich dieser Haftung erklärt § 27 Abs. 1 HGB den § 25 HGB für entsprechend anwendbar, wodurch der Eintritt der Haftung von einer weiteren Voraussetzung, der Firmenfortführung abhängig gemacht wird. Bereits der Wortlaut läßt einen Konflikt zwischen Erbeninteressen und den Bedürfnissen des Handelsverkehrs erkennen. Die Haftung des Erben nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB ist bedingt durch das Vorliegen spezifisch handelsrechtlicher Kriterien. Sind diese erfüllt, muß der Erbe haften, unabhängig davon, ob er seine aus §§ 1922,1967 ff. resultierende Haftung beschränkt hat oder nicht. Die im Erbeninteresse geschaffenen Beschränkungsmöglichkeiten des BGB 166 bleiben wirkungslos gegenüber dem offensichtlichen Bedürfnis des Handelsverkehrs, auch den erbschaftliehen Erwerbereines Handelsgeschäfts bei Fortführung desselben unter bisheriger Firma für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten haften zu lassen. Der Wortlaut indiziert damit ein Aufeinanderprallen erbrechtlieber und handelsrechtlicher Grundsätze.

4. Der Systematische Zusammenhang § 27 HGB ist systematisch im Zusammenhang mit § 25 HGB zu sehen. Dies beweist schon sein Wortlaut 167 • Ebenso die Tatsache, daß beide Normen nahe beieinander stehen. Fraglich ist, welche Hinweise auf die Bedeutung des § 27 Vgl. insoweit Larenz, Methodenlehre, S. 319 f. Dies meint er letztlich, wenn er von einer breiteren Basis für sein "Gedankenexperiment" spricht. 165 Vgl. Bydlinski, S. 403. 166 Zu diesen vgl. oben B IV. 167 Aufgrund des Verweises in beiden Absätzen auf§ 25 HGB. 163

164

II. Die Ratio des § 27 HGB

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HGB sich aus dem ausdrücklichen Inhalt des § 25 HGB ergeben. Bemerkenswert ist, daß § 25 Abs. 1 HGB für eine Haftung die schlichte Fortführung des Handelsgeschäfts nicht genügen läßt, sondern sie ausdrücklich von der Beibehaltung der Firma abhängig macht. Daß der Firmenfortführung nicht unerhebliche Bedeutung zukommt, unterstreicht auch § 25 Abs. 3 HGB. Zwar bietet § 25 Abs. 2 HGB die Möglichkeit, trotz Firmenfortführung nicht haften zu müssen 168 • Der Handelsverkehr muß dann aber von dem Haftungsausschluß in geeigneter Weise in Kenntnis gesetzt werden. Der ausdrückliche Inhalt des § 25 HGB in seiner Gesamtheit läßt damit eine innere Verbindung zwischen dem Erscheinungsbild unternehmenscher Tätigkeit im Handelsverkehr und der Erwerberhaftung erkennen: Nur bei Fortführung von Handelsgeschäft und Firma kommt eine Haftung des Erwerbers in Betracht. Da § 27 HGB in den systematischen Zusammenhang mit § 25 HGB gestellt ist, liegt es nahe, auch hier der Beibehaltung der Firma eine nicht unerhebliche Bedeutung für das Normverständnis beizumessen. Letzteres belegt auch die äußere Systematik des Gesetzes. § 27 HGB ist im dritten Abschnitt des ersten Buchs des HGB angesiedelt, der die "Handelsfirma" zum Gegenstand hat. Zwar darf das Argument der äußeren Systematik nicht überbewertet werden, weil sich das Gesetz selbst nicht stets an diese Systematik hält 169• Hier jedoch unterstützt es das gewonnene Ergebnis, rundet das entstandene Bild ab. S. Rechtshistorischer Hintergrund

Der Übergang eines Handelsgeschäfts auf den Erben des früheren Inhabers hat, rechtsgeschichtlich betrachtet, sowohl auf legislatorischem als auch wissenschaftlichem Feld einen eher stiefmütterlichen Platz. Das römische Recht ließ die Problematik gänzlich unerwähnt, ebenso taten dies die Glossatoren und Postglossatoren des Hoch- und Spätmittelalters 170• Auch im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 sowie im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch von 1861 fehlt eine entsprechende Regelung. Allerdings markiert das 19. Jahrhundert -nicht nur wegen der Schaffung des HGB im Jahre 1897 - eine Wende in der bisherigen Entwicklung, wobei jedoch fast ausschließlich der Erwerb des Handelsgeschäfts inter vivos Gegenstand des wissenschaftlichen 171 und gesetzgebefischen Interesses war. Lediglich die Nürnberger Kommission zur Beratung des ADHGB erkannte explizit die bei der Vererbung eines Einzelunternehmens auftretende Problematik, sah sich wegen der Komplexität der zu bewältigenden Schwierigkeiten aber außerstande, eine gesetzliche Regelung zu schaffen 172 • Aus 168 Zum Problem der Anwendbarkeit von § 25 Abs. 2 HGB im Rahmen des § 27 Abs. 1 HGB vgl. oben C I 3 b. 169 Larenz, Methodenlehre, S. 329. 110 Vgl. die Nachweise bei Bolte ZHR 51 (1902), 413 (414 mit FN 1). 11 1 Regelsberger ZHR 14 (1870), 1 (21 ff.). 172 Protokolle der Kommission zur Beratung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs Bd. III, S. 1432, 1435.

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den gleichen Gründen wurde von der Regelung des Übergangs inter vivos abgesehen. Die Entscheidung darüber, unter welchen Voraussetzungen der Geschäftserwerher in die Forderungen und Verbindlichkeiten seines Vorgängers eintrete, blieb damit dem Belieben der Parteien, d.h. ihren Übernahmeverträgen und Erklärungen, überlassen 173 • Bis zum Erlaß des HGB im Jahre 1897 wurde insbesondere der letzten Frage Beachtung in Literatur 174 und Rechtsprechung zuteil, während die Fortführung durch den Erben, wie schon erwähnt, in den Hintergrund trat und nur vereinzelt aufgegriffen wurde 175 • Da für den Gesetzgeber des Jahres 1897 die Entstehung des § 27 HGB nur im Zusammenhang mit§ 25 HGB erklärbar war, ist es an dieser Stelle gerechtfertigt und notwendig, die Hintergründe für die Normierung des § 25 HGB, dem sich die des § 27 HGB anschloß, näher auszuleuchten. Nachdem das ADHGB eine Klärung der anstehenden Fragen nicht hatte herbeiführen können, wurde die in der Wissenschaft bestehende Unsicherheit noch dadurch verstärkt, daß auch der Rechtsprechung keine klaren Linien entnommen werden konnten, ob und wie Forderungen und Verbindlichkeiten beim Unternehmenserwerb qua Rechtsgeschäft übergehen. Das Reichsoberhandelsgericht sah in der Firmenfortführung durch den Erwerber noch keine Begründung eines Haftungstatbestandes gegenüber den bisherigen Gläubigern. Dieser entstehe erst, wenn die Übernahme des Geschäfts und der Schulden öffentlich bekanntgemacht werde 176• Das Reichsgericht hingegen vertrat einerseits den Standpunkt, die Fortführung der bisherigen Firma habe dieselbe Wirkung wie die handelsübliche Bekanntgabe einer passiven Schuldübernahme 177• Es ließ folglich die Firmenfortführung zur Haftungsbegründung gegenüber den bisherigen Gläubigern genügen. Andererseits folgte das Reichsgericht in anderen Entscheidungen 178 eher wieder der Auffassung des Reichsoberhandelsgerichts. Eine Rechtsunsicherheit von erheblichem Ausmaß war die Folge. Sie mündete auf dem XV. Deutschen Juristentag, dem ein Gutachten zum XIV. Juristentag von Heinsen mit anschließender intensiver Diskussion vorausgegangen war 179, in den deutlichen Ruf nach dem Gesetzgeber 180• Dieser geschichtliche Hintergrund ist bei der Ermittlung der möglichen Motive des historischen Gesetzgebers, der in dieser Situation 1897 tätig wurde, zu beachten. 173 Protokolle der Kommission zur Beratung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs Bd. Ill, S. 1435. 174 Heinsen, Verhandlungen des XIV. Deutschen Juristentages I Heft 2, S. 215 ff.; Regelsberger ZHR 14, 1870, 1 (21 ff.). 175 Adler, Archiv für Bürgerliches Recht 3.Bd., S. 1 (25). 176 Die Bekanntmachung sollte in öffentlichen Blättern oder durch Zirkulare erfolgen. ROHG 1, 62 (67); 2, 46 (55). Weitere Entscheidungen sind bei GroßKomm-Hüffer § 25 FN 24 nachgewiesen. 177 RGZ 2, 48 (55 ff.); 15, 51 (53); 17, 96 (98 ff.). 178 RGZ 8, 64 (65); 38, 173 (174). 179 Heinsen, Verhandlungen des XIV. Deutschen Juristentages I Heft 2, S. 215 ff. 180 Verhandlungen des XV. Deutschen Juristentages II, S. 153.

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Des weiteren sind die Entwürfe 181 eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich aus dem Jahre 1896 und 1897 sowie die überarbeitete Denkschrift von 1897 182 heranzuziehen. Im Hinblick auf die Entwürfe bleibt bemerkenswert, daß der heutige § 27 HGB zunächst nur in einem Absatz gefaßt war 183, der die Anwendung des heutigen § 25 Abs. 1 HGB auf den Erwerb von Todes wegen bei Einstellung der Fortführung binnen drei Monaten ausschloß. Warum eine Änderung erfolgte, ist der Denkschrift von 1897 nicht zu entnehmen. Jedenfalls läßt die Reichstagsvorlage, die der heutigen gesetzlichen Regelung entspricht, klarer erkennen, daß bei Fortführung durch den Erben der gesamte 184 § 25 HGB Anwendung finden und daß § 27 HGB mit den Normen anderer Gesetzbücher abgestimmt werden sollte 185 . Am ehesten Aufschluß über die Motive des Gesetzgebers gibt die Denkschrift186. Sie zeigt zunächst 187 , daß der Gesetzgeber eine Normierung schon wegen der bestehenden Rechtsunsicherheit 188 für geboten hielt. Darüber hinaus stellt sie die den §§ 25, 27 HGB zugrundeliegenden Erwägungen als identisch dar 189. Durch beide Vorschriften solle einer rechtlich unzutreffenden, aber tatsächlich existierenden Verkehrsanschauung entgegengekommen werden, die mit der Fortführung der Firma verbunden sei. Der Verkehr sähe nämlich vielfach die Firma ohne Rücksicht auf die Person des Inhabers als Eigentürnenn des "Handlungsvermögens", als Trägerio der durch den Handelsbetrieb begründeten Rechte und Pflichten an. Dies sei zwar rechtlich unzutreffend, weil die Übertragung eines Handelsgeschäfts den Übergang von Forderungen und Schulden nicht notwendig voraussetze. Jedoch sei es gerechtfertigt, diese Verkehrsauffassung, die -juristisch ausgedrückt 190 - den jeweiligen Inhaber der Firma als den Verpflichteten und Berechtigten ansehe, zu schützen, weil der Erwerber mit der Fortführung der Firma erkläre, in die Geschäftsbeziehungen des früheren Inhabers soweit als möglich einzutreten. Der Denkschrift zufolge bezweckte der Gesetzge181 Gemeint sind hier der zweite Entwurf des Reichsjustizamtes aus dem Jahre 1896 sowie der überarbeitete Entwurf von 1897, der dem Reichstag zur Beratung vorgelegt wurde. 182 Es handelt sich um die bereits mehrfach zitierte Denkschrift zum HGB, die Reichstagsvorlage von 1897. 183 Zweiter Entwurf des Reichsjustizamtes über ein Handelsgesetzbuch 1896, in: Schubert/Schmiedel/Krampe Bd. 1, S. 346 (353 ff.). 184 Mit Ausnahme des § 25 Abs. 1 S. 2 HGB. 185 Dies zeigt der Hinweis auf § 206 und die Ausschlagungsfrist, geregelt in § 1944. 186 Denkschrift zum HGB, S. 36 ff. 187 Denkschrift zum HGB, S. 36. 188 Hierzu soeben bei FN 178, 179. 189 Denkschrift zum HGB, S. 36. 190 Die Denkschrift ist an dieser Stelle, S. 36, auf den ersten Blick verwirrend, weil es scheint, daß der Handelsverkehr zunächst die Firma, dann aber doch den ehemaligen Inhaber als Rechts- und Pflichtenträger ansieht. In Wahrheit ist, wie GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 21 zutreffend erkannt hat, das letztere die Übertragung der nicht-juristisch formulierten Verkehrsanschauung in den juristischen Sprachgebrauch.

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ber also die Beseitigung einer Rechtsunsicherheit, wollte er Haftungsverhältnisse klarstellen. Als leitend wurde für§ 25 wie§ 27 HGB der Verkehrsschutzgedanke angesehen. Weil der Handelsverkehr letztlich mit der Firmenfortführung auch den Schuldenübergang verbinde, sollte die Haftung des Erwerbers für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten auch von ihr abhängig gemacht werden. Dogmatisch begründete die Denkschrift dies damit, daß in der Fortführung der Firma die Erklärung des neuen Inhabers liege, für die früheren Verbindlichkeiten haften zu wollen. Kommt bei der Betrachtung des historischen Hintergrundes dem Merkmal der Firmenfortführung also eine wesentliche Bedeutung zu, so ergänzt sie die bisher gewonnenen Ergebnisse 191 • Daß damit die ratio legis festliege, kann allerdings nicht angenommen werden. Denn einmal können sich Zwecke aus der Norm ergeben, denen sich der Gesetzgeber noch gar nicht bewußt gewesen ist und die erst infolge der Diskussion in Rechtsprechung und Literatur entwickelt wurden 192• Zum anderen geben die Formulierungen der Denkschrift selbst zum Zweifel Anlaß, geht doch die Begründung des Verkehrsschutzgedankens allein von dem Geschäftserwerb unter Lebenden, also§ 25 HGB aus 193 • Die nachträgliche Einbeziehung 194 des § 27 HGB wirkt dagegen aufgesetzt.

6. Objektiv-teleologische Kriterien Sind die typischen Interessenkonflikte des Normbereichs, die Gesetzessystematik sowie der rechtshistorische Hintergrund dargestellt, kann auf dieser Grundlage 195 dieratiodes § 27 HGB unter Heranziehung objektiv-teleologischer Kriterien ermittelt werden. Dabei wird dem Gesetzgeber unterstellt, daß er eine sachangemessene Regelung bezweckte und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sich an den über die einzelne Norm hinausgehenden rechtsethischen Prinzipien 196 ausrichten wollte 197 • Welche dieser Prinzipien für § 27 HGB ausschlaggebend sind, ist seit lokrafttreten des HGB immer wieder umstritten gewesen. Die Ausein191 Bereits der systematische Zusammenhang des § 27 HGB mit § 25 HGB hat die Bedeutung der Firmenfortführung erkennen lassen. Vgl. oben C II 4. 192 Und zwar anhand objektiv-teleologischer Kriterien. Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 318 ff. 193 Denkschrift zum HGB, S. 36. 194 Denkschrift zum HGB S. 36. 195 Bydlinski, S. 403, versteht diese Grundlage als "Vergegenwärtigung", die die Bestimmung der ratio legis erst möglich mache. Teilweise spricht er von "Induktionsmerkmalen", vgl. S. 441. ft 96 Diese enthält die Verfassung, sie sind aber auch in einfachen Gesetzen zum Ausdruck gebracht. Beispiele sind die Verschuldenshaftung, der Vertrauens- und Verkehrsschutz, der Minderjährigenschutz. Zu ihnen gehören aber auch die Gerechtigkeits" vorstellungen der Rechtsprechung. Vgl. Zippelius § 10 III c S. 50. 197 Larenz, Methodenlehre, S. 322, 330.

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andersetzung mit den divergierenden Meinungen soll hierüber- und damit über die ratio legis- endgültig Aufschluß geben l9s.

a) § 27 HGB als gesetzgeberischeParallele zu§ 25 HGB

aa) Die Übertragung des Grundgedankens Die Auffassung, daß § 27 HGB als gesetzgebensehe Parallele zu § 25 HGB zu begreifen sei, hat eine lange Tradition. Schon das Reichsgericht 199 ging unter Bezugnahme auf die Denkschrift 200 zunächst 201 davon aus, daß die zu§ 25 HGB entwickelten Grundgedanken ebenso für § 27 HGB Geltung beanspruchen. Der Bundesgerichtshof ist dieser Linie gefolgt. In seiner bis heute wichtigsten Stellungnahme202 zurratiodes § 27 HGB führte er- ebenfalls unter Bezugnahme auf die Denkschrift- aus, daß die Vorschrift an den äußeren Tatbestand der Geschäfts- und Firmenfortführung die Wirkung der Haftung für die Geschäftsschulden knüpfe und dadurch auf die Kontinuität des Unternehmens sowie die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Geschäftsschulden zum Geschäftsvermögen abstelle. Dies diene, und darin liege der Sinn der Norm, der Sicherheit des Handelsverkehrs, insbesondere aber dem Schutz des Vertrauens der beteiligten Verkehrskreise. Der Bundesgerichtshof dokumentiert dabei die Anhindung des § 27 HGB an § 25 HGB durch den Hinweis auf die Denkschrift 203 sowie durch die Feststellung, das Gesetz wolle die Haftung des Nachfolgers ohne Lücke sowohl für den Erwerb unter Lebenden als auch von Todes wegen festlegen 204. Seine Auffassung von der gesetzgebensehen Parallele bestätigt er in einer bald darauffolgenden Entscheidung 20S, in der er ausführt, daß für§§ 25 und 27 HGB ein einheitlicher Rechtsgrund bestehe. Die Bezugnahme auf die Denkschrift und die damit verbundene Übertragung des Grundgedankens des § 25 HGB auf § 27 HGB findet sich aber nicht nur in der Rechtsprechung, sondern auch in der Literatur 206 . 198 Bydlinski, S. 403 f., spricht von einer "umfassenden fachlichen Diskussion" zur Ermittlung der ratio legis. 199 RGZ 56, 196 (199); 60, 296 (300). 200 Sie stellt die den §§ 25, 27 HGB zugrundeliegenden Erwägungen als identisch dar. Vgl. Denkschrift zum HGB, S. 36. 201 In RGZ 130, 52 (53) hat das Reichsgericht dann seine Auffassung dahingehend konkretisiert, daß es Sinn und Zweck des § 27 HGB sei, den Erben nicht anders zu stellen als jeden anderen Übemehmer einer Einze1untemehmung. Auf diesen Aspekt wird noch zurückzukommen sein. 202 BGHZ 32, 60 (62). 2o3 BGHZ 32, 60 (62). 204 BGHZ 32, 60 (66). 2os BGHZ 35, 265 (271 f.). 206 Capelle I Canaris, S. 89 mit FN 53 f.

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Eine Würdigung dieser Auffassung macht die Beantwortung zweier Fragen erforderlich, die bereits bei den Ausführungen zur Denkschrift 207 angedeutet wurden: Welcheratio ist§ 25 HGB zuzuweisen und welche Bedeutung hat diese für § 27 HGB 208?

bb) Die Ratio des§ 25 HGB (1) Deutungsversuche 209

Die traditionelle Deutung des§ 25 HGB findet sich in der Erklärungstheorie2 10, die in der Fortführung des erworbenen Geschäfts unter bisheriger Firma die Willenskundgabe 211 aufseitendes Erwerbers erblickt, für die Altschulden einzustehen. Die Annahme einer Willenskundgabe scheint zunächst dadurch gestützt zu werden, daß § 25 Abs. 3 HGB ebenfalls eine Erklärung an die Öffentlichkeit als Haftungsvoraussetzung benennt 212 und § 25 Abs. 2 HGB den Ausschluß der Haftung von der Eintragung und Bekanntmachung oder der Mitteilung an die Gläubiger, also auch von einer Erklärung2 13 abhängig macht. Insbesondere im Hinblick auf die Haftungstatbestände des § 25 Abs. 1 und § 25 Abs. 3 HGB brächte die Einordnung der Firmenfortführung als Willenskundgabe unbeschränkter Haftung eine beachtliche Harmonisierung 214. Dem ist jedoch zum einen entgegenzuhalten, daß § 25 Abs. 2 HGB für den Haftungsausschluß nicht die einseitige Willenserklärung des neuen Inhabers genügen läßt, sondern eine entsprechende Vereinbarung zwischen Veräußerer und Erwerber verlangt. Dies spricht dafür, die unbeschränkte Haftung für ?ie früheren Verbindlichkeiten als 201 Vgl. oben C II 5. 208 Soweit bereits oben im Rahmen des systematischen Zusammenhangs auf § 25 HGB Bezug genommen wurde (C li 4), steht dies der jetzigen Untersuchung nicht entgegen. Denn oben war nur zu prüfen, ob sich aus dem ausdrücklichen Inhalt des § 25 HGB bereits Schlußfolgerungen für die Bedeutung des § 27 HGB ergeben. Zweck und Wertungen des§ 25 HGB blieben dabei unberücksichtigt. Vgl. Bydlinski, S. 443. 209 Kaum ein anderes Thema des traditionellen Handelsrechts ist seit Inkrafttreten des HGB so häufig und so kontrovers diskutiert worden wie die Frage der ratio des § 25 HGB. Um den Zweck dieser Abhandlung nicht zu verfehlen, ist eine starke Beschränkung auf das Wesentliche unabdingbar. Eingehend zu diesem Problemkreis statt vieler: Waskönig, S. 5 ff. 210 Sie wurde vom Reichsgericht entwickelt und von der Denkschrift zum HGB, S. 36, zur Erläuterung des § 25 HGB aufgegriffen. Auch noch die jüngere Rechtsprechung greift gelegentlich auf sie zurück. Vgl. zum Ganzen RGZ 2, 48 (55 f.); 60, 296 (300); 76, 439 (441); 89, 97 (98); 142, 98 (104 ff.); 143, 368 (371); 149, 25 (28); 164, 115 (121); BGH BB 1953, 1025; BGHZ 38, 44 (46); BGH NJW 1982, 577 (578). 211 Strittig ist hierbei, ob in der Kundgabe ein auf Verpflichtungsübernahme gerichtetes Rechtsgeschäft, eine Offerte an die Altgläubiger oder ein rein tatsächliches Verhalten liegt. 212 Vgl. zur Rechtsnatur der Bekanntmachung in § 25 Abs. 3 HGB, oben CI 2 c. m Vgl. hierzu oben C I 3 b. 214 Zum Gedanken der Harmonisierung vgl. Gerlach, S. 9, der diesen aber ebenfalls verwirft.

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gesetzliche Folge der Firmenfortführung, als unabhängig vom Willen des Erwerbers eintretend zu begreifen 215 . Zum anderen wird man der Erklärungstheorie entgegenhalten müssen, daß der der Firmenfortführung zugewiesene Erklärungsinhalt auf einer Fiktion beruht. Diese mag im Einzelfall zutreffend sein, verallgemeinerungsfahig ist sie aber nicht, insbesondere, wenn im Innenverhältnis zwischen Altunternehmer und Firmenerwerber die Schuldübernahme nicht vereinbart wurde. Das Verhalten in Form schlichter Firmenfortführung weist nicht die erforderliche Eindeutigkeit auf216. Auf der Basis der Erklärungstheorie ist die Rechtsscheintheorie 217 entwickelt worden. Sie sieht in der Unternehmensfortführung unter bisheriger Firma einen haftungsbegründenden Vertrauenstatbestand. Denn bei Weiterbestehen der Firma gehe der Handelsverkehr vom Fehlen eines Inhaberwechsels aus und betätige dieses Vertrauen durch Unterlassen des Zugriffs auf den Veräußerungserlös des Altuntemehmers. Auch die Rechtsscheintheorie vermag nicht zu überzeugen, weil es in Wirklichkeit an dem für eine Rechtsscheinhaftung maßgeblichen Vertrauenstatbestand fehlt. Auf die Gutgläubigkeit der am Handelsverkehr Teilnehmenden kann es nämlich nicht ankommen, wenn auch ein die Nachfolge andeutender Zusatz die Entstehung der Haftung nicht verhindert 218. Ein großerTeil der Literatur erkannte dann auch, daß die bisherigen Erklärungsversuche nicht zu überzeugen wußten, und versuchte, Alternativen zu entwickeln, die teilweise aber an die Erklärungs- und Rechtsscheintheorie anknüpften. So erblickt die Theorie der Vermögensübemahme 219 dieratiodes § 25 HGB darin, daß derErwerberdes Unternehmensvermögens wie derErwerbereines Gesamtvermögens nach § 419 hafte, und den Altgläubigem dadurch die für ihre Forderungen haftende Vermögensmasse nicht entzogen werde. Dem Übemehmer stünden nämlich mit dem Unternehmen diejenigen Vermögensgegenstände zu, auf die 21s Gerlach, S. 10. 216 Die Literatur lehnt daher die Erklärungstheorie nahezu einhellig ab. Canaris, S. 183 ff.; Düringer I Hachenburg I Hoeniger § 25 Anm. 19; Gerlach, S. 10 ff.; v. Gierke I Sandrock § 16 I 3b aa; K. Schmidt ZHR 145 (1981), 2 (8 ff.); Schricker ZGR 1972, 121 (131); Pahl, S. 214 ff.; Waskönig, S. 11 ff. Zustimmend im neueren Schrifttum nur Säcker ZGR 1973, 261 ff., der in § 25 Abs. 1 HGB, vorbehaltlich des Ausschlusses nach § 25 Abs. 2 HGB eine zwingende Auslegungsregel für typisches soziales Verhalten erblickt. 217 Ein Teil der Rechtsprechung und der Literatur folgt dieser Theorie. BGHZ 18, 248 (250 ff.); 22, 234 (239); 29, 1 (3); BGH NJW 1986, 581 (582); A. Hueck ZHR 108 ( 1941) , 1 (7 ff. ); Nickel NJW 1981, 102; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 1 a. 21s Die Rechtsscheintheorie hat zum Teil herbe Kritik erfahren, wie zum Beispiel durch Canaris, S. 185, der durch diese Theorie den guten Glauben an eine falsche Rechtsansicht geschützt sieht. Ablebenend auch Gerlach, S. 15 ff.; Morisse, S. 15 ff.; Säcker, ZGR 1973, 261 (269 ff.); K. Schmidt ZHR 145 (1981), 2 (9 ff.); Pahl, 217 f.; Waskönig, S. 20 ff. 219 Sie wird auch Haftungsfondstheorie genannt, so z. B. von GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 10; K. Schmidt ZHR 145 (1981), 2 (10); Pahl, S. 218.

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hin seitens der Gläubiger Kredit gegeben worden war 220 • Tatsächlich steht § 25 Abs. 1 HGB dem Gedanken der Vermögensübernahme nicht fern, weil das übernommene Vermögen den Altgläubigem weiter haftet. Diesem Erklärungsversuch ist jedoch entgegenzuhalten, daß § 25 Abs. 1 HGB eine Beschränkung auf das übernommene Vermögen entsprechend § 419 Abs. 2 nicht vorsieht, § 25 HGB nicht von Übernahme, sondern von Fortführung des Unternehmens spricht und zudem die Haftung explizit auch von der Fortführung der Firma abhängig macht 221 • Die Tatbestandsmerkmale der Geschäftsfortführung sowie der Firmenfortführung werden überflüssig, wenn die Haftung bereits durch den Erwerb des Geschäftsvermögens ausgelöst wird.Andere Autoren sehen den Ansatz zur Lösung in den internen Vereinbarungen zwischen Altunternehmer und Erwerber, denen § 25 HGB Außenwirkung verleihe, richten ihr Augenmerk also primär auf das Innenverhältnis und nicht auf dasjenige zwischenErwerberund Altgläubiger222. Auch sie sehen sich aber ähnlichen Einwänden ausgesetzt, wie sie insbesondere gegen die Erklärungstheorie vorgebracht wurden m. Abweichend von allen bisherigen Deutungen hat Karsten Schmidt versucht, den § 25 HGB als Element eines einheitlichen Konzepts darzustellen, nämlich des unternehmensrechtlichen Prinzips der Haftungskontinuität, welches besagt, daß die zum Unternehmen gehörenden Verbindlichkeiten stets den jeweiligen Träger des Unternehmens belasten 224 • Da beim Einzelunternehmen dieses mangels Rechtsfähigkeit nicht selbst Träger der Verbindlichkeiten sein könne, müsse 220 Morisse, S. 32 ff.; Schricker ZGR 1972, 121 (150 ff.) i.V. m. Rechtsscheingedanken. Auch die Rechtsprechung verband in einigen Judikaten die Erklärungs- oder Rechtsscheintheoriemit dem Prinzip der Verrnögensübemahme. RGZ 135, 104 (108); 142, 98 (104 ff.); 149, 25 (28); 154, 334 (336 ff.); 164, 115 (I20); BGHZ 18, 248 (250); 27, 29 (37); 32, 62 (66); 36, 265 (27I ff.); 38, 44 (47); 221 Gerlach, S. 34 f.; GroßKomm-Hüffer § 25 Rz I5; Pahl, S. 219. Ausführlich K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 I 2a cc S. 195. 222 Bömer FS Möhring, S. 37 ff., entwickelte ein Konzept der Vertragsübernahme, das an den Forderungsübergang nach § 25 Abs. 1 S. 2 HGB anknüpft, zu dem die Schuldenhaftung nach § 25 Abs. 1 S. I HGB nur das Korrelat bilde. Heckelmann FS Bartholomeyczik, S. 143 ff., geht davon aus, daß intern regelmäßig eine Erfüllungsübernahme vereinbart sei, die durch§ 25 Abs. I S. 1 HGB im Außenverhältnis zum Schuldbeitritt verwandelt wird. Gerlach, S. 36 ff., nimmt an, daß § 25 Abs. 1 S. 1 HGB den Schutz typischer Haftungserwartungen gewähre, der seinen Grund in regelmäßig vorliegenden Schuldübernahmevereinbarungen zwischen Veräußerer und Erwerber zugunsten der Gläubiger finde; in letzterem lägen in der Regel echte Verträge zugunsten Dritter. 223 So übersieht Börner, daß § 25 Abs. I HGB nicht nur für vertragliche, sondern auch gesetzlich begründete Pflichten Anwendung findet. Bei Heckelmann und Gerlach kann die Übertragung des Innen- auf das Außenverhältnis deswegen nicht ganz überzeugen, weil entweder der Grund der Übertragung nicht klar wird, oder aber - wie bei der Erklärungstheorie - mit einer Fiktion, nämlich dem Willen der Drittbegünstigung, gearbeitet wird. 224 K. Schmidt, ZHR 145 (1981), 2 (3; I3 ff.). Gleiches soll für§ 28 HGB gelten. Dieses Prinzip sei an anderen Stellen der Rechtsordnung ebenfalls verwirklicht, wie z. B. in §§ 362 ff. AktG, 59, 63 ff. UmwG oder in der Gesamtrechtsnachfolge; vgl. K. Schmidt, ZHR 145 (I981), S. 3 ff.

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die Fortführung des identischen Unternehmens zu einer kontinuierlichen Haftung desjeweiligen Unternehmensträgers führen. Nur auf diese Weise sei bei Rechtserwerb des Unternehmens ein Zerreißen des gewünschten Zusammenhangs von Unternehmensträgerschaft und Unternehmensverbindlichkeiten zu verhindern. § 25 HGB habe daher die Funktion, die fehlende Rechtsfähigkeit des Unternehmens durch Anordnung einer Haftungskontinuität zu kompensieren 225. Für die Entstehung der Haftung komme es dabei allein auf die Unternehmensfortführung, nicht dagegen auf die Firmenfortführung 226 an. Zu begrüßen ist, daß diese Auffassung § 25 HGB in einen größeren Zusammenhang, nämlich den des Unternehmensrechts, zu stellen versucht unter Zugrundelegung eines jenem Recht innewohnenden Prinzips. Auch das Prinzip selbst leuchtet, gerade unter dem Aspekt des Verkehrsschutzes, ein, indem es das Auseinanderfallen von Unternehmensträgerschaft und -Verbindlichkeit vermeidet 227 . Jedoch ist ein Deutungsversuch, der auf die Fortführung der Firma als Haftungsvoraussetzung verzichtet, mit Wortsinn und systematischer Stellung des § 25 HGB nicht vereinbar 228. De lege lata ist die Haftung des Erwerbers an die Firmenfortführung geknüpft 229, was durch die Einordnung unter den Abschnitt "Handelsfirma" unterstrichen wird. Zudem bleibt unklar, wieso das Gesetz einer zwingenden Haftungskontinuität gerade nicht folgt, wenn es in § 25 Abs. 2 HGB eine Ausschlußmöglichkeit in das Belieben der Parteien stellt23o. Im Zusammenhang mit dem Ausschlußrecht in§ 25 Abs. 2 HGB ist schließlich noch auf den in jüngster Zeit von Pahl vorgetragenen Deutungsversuch einzugehen 231. Er sieht durch § 25 HGB dem Erwerber eines Handelsgeschäfts eine präventive Informationslast auferlegt, weil jener mithafte, wenn er die rechtzeitige Information über einen Haftungsausschluß nach § 25 Abs. 2 HGB versäumt hat. 225 K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 I 3 S. 199. 226 K. Schmidt ZHR 145 ( 1981 ), 2 ( 18). Wird das Unternehmen ohne Firma fortgeführt, ergebe sich die Erwerberhaftung aus§ 25 Abs. 3 HGB, weil ein besonderer Verpflichtungsgrund immer dann vorliege, wenn die Identität des übernommenen und fortgeführten Unternehmens auch ohne Firmenfortführung gewahrt ist. 227 A.A. Capelle I Canaris, S. 75, die bereits die rechtspolitische Prämisse, daß die Kompensation fehlender Rechtsfähigkeit durch eine Haftungskontinuität wünschenswert sei, verneinen. 22s Deutliche Kritik in dieser Richtung üben Capelle I Canaris, S. 75 f.; Zöllner, ZGR 1983, 82 (88 f.). Etwas abgeschwächt auch GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 31. 229 Der Bundesgerichtshof hat zwar in jüngeren Entscheidungen die Kontinuität des Unternehmens als Voraussetzung der Haftung aus§ 25 HGB hervorgehoben, damit aber keinesfalls zu erkennen gegeben, er wolle auf das Merkmal der Firmenfortführung verzichten. Vgl. BGH NJW 1982, 1647; NJW 1984, 1186 (1187); NJW 1987, 1633. Diese Einschätzung teilt auch K. Schmidt ZHR 151 (1987), 302 (316 f. mit FN 81). 230 GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 17; Pahl, S. 221. K. Schmidt selbst ZHR 145 (1981), 2 (26), tritt für die ersatzlose Streichung der §§ 25 Abs. 2, 28 Abs. 2 HGB ein. De lege lata könne der Haftungsausschluß nur im Falle einer zusätzlich entstandenen haftungsbegründenden Vertrauenslage umgangen werden 231 Pahl, S. 223 ff.

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Mit dieser Last trage § 25 HGB der Haftungserwartung und dem daraus folgenden Informationsbedürfnis des Rechtsverkehrs Rechnung 232 • Pahl führt die in § 25 Abs. 1 HGB angeordnete Haftung damit auf das Versäumen einer handelsregisterliehen Eintragung zurück, einen Gedanken, der auch in anderen handelsrechtliehen Normen 233 Ausdruck gefunden habe. Dem Register komme dabei eine streitvereinfachende und streitvorbeugende Funktion zu, was sich bei § 25 HGB daran zeige, daß die Frage, ob und in welcher Form eine Haftungsübernahme im Innenverhältnis vereinbart war, hinfällig werde. Sei kein Ausschluß eingetragen, könne der Gläubiger den Erwerber selbst dann in Anspruch nehmen, wenn eine Haftungsübernahme nicht vereinbart war 234 • Zustimmung verdient der Gedanke, daß § 25 HGB dem Erwerbereine Last aufbürdet, um der unbeschränkten Haftung entgehen zu können. Hierin liegt ein Lösungsansatz, den weiterzuverfolgen sinnvoll erscheint 235 • Problematisch ist jedoch, daß Pahl den Abs. 2 des§ 25 HGB zum Ausgangspunkt seiner gesamten Argumentation nimmt, von dem er selbst sagt236, daß er als Ausnahme zur haftungsbegründenden Vorschrift des § 25 Abs. 1 HGB formuliert worden ist. Es bleibt dabei nämlich die Frage offen, warum die unbeschränkte Haftung gerade von der Fortführung des Unternehmens unter bisheriger Firma abhängig gemacht wird. (2) Klarstellungen Keiner der bisher eingeschlagenen Wege zur Ergründung der ratio des § 25 HGB befriedigt also vollkommen. Fehlt auch für einen umfassend begründeten Neuansatz an dieser Stelle der Raum 237, so sollen die folgenden Ausführungen Sinn und Zweck der Norm zumindest etwas klarer werden lassen. Die bisherigen Deutungsversuche lassen unberücksichtigt, daß schon der Begriff der ratio legis mehrdeutig in dem Sinne ist, als er sowohl den Regelungszweck als auch das der Norm zugrundeliegende Prinzip (den Grund, Rechtsgrund, Sinn, Grundgedanken) umfaßt 238 • Dies zum Ausgangspunkt genommen 239, läßt sich wenigstens der Zweck des § 25 HGB mit einiger Klarheit bestimmen. Er liegt in der Beseitigung der Rechtsunsicherheit, die bezüglich der Frage bestand, 232 Pahl, S. 226 f. Der Rechtsverkehr werde durch den eingetragenen Haftungsausschluß gewarnt. 233 Dies soll insbesondere für §§ 15 Abs. I, 27, 28, 170 HGB und mit gewissen Einschränkungen auch für§ 5 HGB gelten. Vgl. Pahl, S. 310. 234 Pahl, S. 228. 235 Zur Tätigkeitslast des fortführenden Erben näher unten C II 6 a bb) (2). 236 Pahl, S. 227. 237 Vgl. schon oben FN 209. 238 Vgl. hierzu oben C II I. 239 Auch Werther, S. 4 ff. (19), trennt bei der Ermittlung der Grundgedanken der §§ 25, 27 HGB zwischen dem primären Gesetzeszweck und dem Rechtsgrund, versteht unter letzterem allerdings nicht das der Norm zugrundeliegende Prinzip, sondern die rangniederen Zwecke. Vgl. hierzu oben C II I.

II. Die Ratio des § 27 HGB

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ob mit dem Erwerb eines Handelsgeschäfts zugleich Forderungen und Verbindlichkeiten übergehen 240• Insoweit stellt § 25 HGB klar, daß der Erwerber im Falle der Firmenfortführung nicht nur das Handelsgeschäft, sondern auch sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten übernimmt. Diese Klarstellung dient zunächst dazu, bestimmte Erwartungen des Handelsverkehrs zu schützen, nämlich daß der jeweilige Inhaber Träger sämtlicher- also auch vom Veräußerer des Handelsgeschäfts begründeter- Forderungen und Verbindlichkeiten sei 241 • Dem Verkehr soll zugesichert sein, durch Leistung an den jeweiligen Inhaber Schuldbefreiung zu erlangen bzw. mit ihm den richtigen Schuldner in Anspruch zu nehmen. Der Klarstellungsfunktion kommt aber eine noch tiefere Bedeutung zu: Dadurch, daß § 25 HGB eine Zuordnung sämtlicher Forderungen und Verbindlichkeiten zum Erwerber des Handelsgeschäfts bewirkt, gewährleistet er eine größtmögliche Effizienz des Wirtschaftsverkehrs, weil er verhindert, daß es bei Übertragungen von Einzelunternehmungen zu einer zufallsbedingten Abspaltung von Forderungen und Verbindlichkeiten vom Handelsgeschäft selbst kommt 242 . Letzteres wäre beispielsweise dann der Fall, weiUl die Veräußerungsparteien bei der Übertragung einzelne Forderungen oder Verbindlichkeiten übersehen, oder der dingliche Forderungserwerb unwirksam ist 243. Über den Schutz der beteiligten Verkehrskreise hinaus erfüllt § 25 HGB dann den Zweck, trotz fehlender Rechtsfähigkeit des Einzelunternehmens die Übertragung desselben möglichst problemlos, ,,reibungsfrei"244, zu gestalten und damit auch die Effizienz des Wirtschaftsverkehrs zu erhalten. Zweck des § 25 HGB ist es also, Verkehrsschutz in dem dargelegten umfassenden Sinn zu gewährleisten. Läßt sich der Regelungszweck noch recht eindeutig bestimmen, gestaltet sich dies hinsichtlich des der Norm zugrundeliegenden Prinzips schon schwieriger. Diese Frage zurückzustellen, wie es aus Praktikabilitätsgründen gelegentlich geschieht 245 , ist aber mit dem hier vertretenen weiten Begriff der ratio legis246 nicht vereinbar. Nicht ausgeschlossen ist es allerdings, daß sich der Grundgedanke der Norm aus dem mit ihr verfolgten Zweck erschließen läßt, oder sich zumindest Denkschrift zum HGB, S. 36. Daß sich dies rechtlich nicht so verhält, ändert nichts daran, daß der Gesetzgeber innerhalb seines Regelungsermessens eine solche Verkehrsanschauung für schutzwürdig erachten kann. Vgl. GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 27 entgegen Canaris, S. 185. 242 Diesen Gedanken hat Waskönig, S. 41 ff. entwickelt. 243 Waskönig, S. 48 ff. 244 Waskönig, S. 51, 164; er schreibt dem§ 25 HGB eine wirtschaftspolitisch-ordnende Funktion zu. 24S GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 20, vertritt die Auffassung, mit der Schaffung des § 25 HOB sei die Frage nach dem Rechtsgrund der Erwerberhaftung in den Hintergrund getreten. Für das heutige Verständnis der Norm sei vielmehr ihr Zweck maßgebend, den auch er im Verkehrsgedanken erblickt. Kritisch zu dieser Auffassung Hüffers auch K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 I 2 a dd) S. 197; ders. JuS 1985, 249 (256 FN 107); Pahl, s. 223. 246 Vgl. oben C li 1. 240 241

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Hinweise daraus ergeben. So trägt auch hier der Zweck "Verkehrsschutz" ein Rechtsprinzip in sich 247 , das zum Grundgedanken des§ 25 HGB hinführt. Demjenigen nämlich, der in einen bestehenden Geschäftskreis (zwischen dem Veräußerer des Handelsgeschäfts und seinen Gläubigem und Schuldnern) eintritt, überläßt das Gesetz- auch wenn er im Innenverhältnis Forderungen und Verbindlichkeiten nicht übernommen haben sollte- die volle Verantwortung für sein Handeln im Hinblick auf diesen Geschäftskreis. Soweit es dabei für eine Haftung für die Altschulden nicht nur die Fortführung des Unternehmens, sondern auch der Firma voraussetzt, liegt in letzterem zwar keine Erklärung des Fortführenden, diese Schulden zu übernehmen, weil die Abgabe einer solchen Erklärung auf einer Fiktion beruht 248 • Es handelt sich vielmehr um eine gesetzliche Haftungsvoraussetzung, die dem Erwerber eine Tätigkeitslast aufbürdet, um auf diese Weise seiner Verantwortung für den beschriebenen Geschäftskreis gerecht zu werden. Bleibt er dem Geschäftskreis gegenüber untätig, behält er also die bisherige Firma einfach bei, trifft ihn die volle Haftung. Wird er dagegen tätig, indem er eine neue Firma annimmt 249 oder nach § 25 Absatz 2 HGB vorgeht 250 , entgeht er der Haftung. Daß ihn bei Firmenfortführung, also im Falle seines Untätigbleibens, die Haftung gerade trifft, erklärt sich aus der Entscheidung des Gesetzgebers, die Verkehrsanschauung zu schützen, nach der der jeweilige Inhaber der Firma Träger der Rechte und Pflichten ist. Sie ist in diesem Fall aber auch aus einer mehr wirtschaftlichen Überlegung heraus gerechtfertigt: Bedient sich der Erwerber in dem Geschäftskreis, in den er eintritt, der alten Firma, so bringt ihm dies oft den Vorteil, an einen guten Namen anknüpfen zu können und einen solchen nicht erst aufbauen zu müssen. Die gesetzliche Wertung läuft nach allem darauf hinaus, daß es nicht Aufgabe des Handelsverkehrs sein soll, sich selbst über den Inhalt der zwischen Veräußerer und Erwerber getroffenen Vereinbarung Klarheit zu verschaffen, sondern daß es den Parteien obliegt, die Rechtsfolgen des § 25 HGB aus eigener Initiative zu verhindem 251 • In dieser Verlagerung der Initiative auf denErwerberliegt mehr als nur ein Mittel zur Erreichung des Normzwecks 252 • Sie ist vielmehr Ausdruck des dem § 25 HGB innewohnenden Grundgedankens, daß den Erwerber eines Einzelunternehmens- auch im Vergleich zum Begründer eines solchen- eine besondere Verantwortung trifft für den Geschäftskreis, den er vorfindet, in den er eintritt und den er sich nicht erst - wie der Gründer - aufbauen muß. Dieser Zippelius § 10 III c S. 50. Zur Erklärungstheorie vgl. oben C II 6 a bb (1 ). 249 Ein Tätigwerden durch Anfügung eines Nachfolgezusatzes genügt also nicht, was sich schon aus dem Gesetzestext ergibt, § 25 Abs. 1 S. 1 HGB. 250 Die Tätigkeitslast wird hier umfassender verstanden als bei Pahl, S. 223 ff. und oben C II 6 a bb (1). Die Untätigkeit bezieht sich nämlich nicht nur auf die Eintragung eines Haftungsausschlusses nach § 25 Abs. 2, sondern auch auf die Beibehaltung der Firma. 251 Großkomm-Hüffer § 25 Rz 30; er nennt dies "Umkehr der Initiative". 252 So aber Großkomm-Hüffer § 25 Rz 30. 247 248

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Verantwortung muß er gerecht werden: durch unbeschränkte Haftung für die Altschulden 253 oder durch Tätigwerden nach außen. Die ratio des § 25 HGB liegt folglich in der Gewährung eines umfassenden Verkehrsschutzes, der neben der Beseitigung einer Rechtsunsicherheit über den Übergang von Forderungen und Verbindlichkeiten bei der Veräußerung eines Handelsgeschäfts auch die Effizienz des Wirtschaftsverkehrs im Auge hat. Dabei hat das Gesetz das Prinzip der Verantwortung des Erwerbers für den Geschäftskreis, in den er eintritt, verwirklicht.

cc) Die Bedeutung der ratio des § 25 HGB für § 27 HGB Bestand der Zweck des § 25 HGB zumindest auch in der Beseitigung einer Rechtsunsicherheit über den Forderungs- und Schuldenübergang beim Erwerb eines Handelsgeschäfts, so müßte dies, wenn die Ausführungen der Denkschrift254, des Reichsgerichts 255 und des BGH 256 zuträfen, auch Gültigkeit für § 27 HGB haben. Jedoch ist hier die Einschränkung zu machen, daß bei einem Erwerb des Unternehmenskraft Erbrechts eine Unsicherheit darüber, ob nur das Handelsgeschäft oder aber auch die Forderungen und Verbindlichkeiten auf den neuen Inhaber übergegangen sind, regelmäßig nicht existiert 257 . Kraft Universalsukzession tritt der Erbe nämlich unmittelbar mit Anfall der Erbschaft in dieselben ein,§§ 1922, 1967. Eine zufallsbedingte Abspaltung der Forderungen und Verbindlichkeiten vom Handelsgeschäft ist daher nicht in gleicher Weise wie beim Erwerb unter Lebenden denkbar. Im Hinblick auf das dem § 27 HGB zugrundeliegende Prinzip hingegen erscheint wegen des Erfordernisses der Firmenfortführung und der ihm soeben 258 beigelegten Bedeutung ein Gleichlauf mit § 25 HGB eher möglich. Wenn auch 253 Die unbeschränkte Haftung besteht bei Fortführung des Unternehmens unter gleichzeitiger Beibehaltung der Firma. Entgegen Großkomm-Hüffer § 25 RZ 28, kommt damit auch der Firmenfortführung haftungsbegründende Funktion zu. Sie ist nicht nur bloßes Aufgreifkriterium in dem Sinne, daß sie anzeigt, wann das Schutzbedürfnis des Handelsverkehrs typischerweise entsteht. Wäre sie nicht haftungsbegründend, bliebe ihre Funktion innerhalb der Norm nicht erklärbar, sie wäre überflüssiges Tatbestandsmerkmal. Daran ändert sich auch nichts dadurch, daß nach herrschender Meinung zur Firmenfortführung die Beibehaltung des Firmenkerns ausreicht, vgl. BGHZ 18, 248 (250); BGH NJW 1982, 1647 (1648); oben C I 2 b. Insgesamt ist Hüffer an dieser Stelle dem Lösungsansatz von K. Schmidt sehr verhaftet, dem aber die bereits genannten Bedenken (oben C li 6 a bb (1)) entgegenstehen. 254 Denkschrift zum HGB, S. 36. Nach ihr beruhen§§ 25, 27 HGB auf den gleichen Erwägungen. 255 RGZ 56, 196 (199). 256 BGHZ 32, 60 (62); 36, 265 (271 f.). 257 Vorgreifend ist darauf hinzuweisen, daß bei Fortführung des Handelsgeschäfts durch den vorläufigen Erben der Fall anders liegen kann. Hierzu ausführlich unten F II 3 b aa). Zum Sonderfall des vermeintlichen Erben, vgl. F III 3 a aa) (3), F III 3 b bb). 258 Vgl. oben C II 6 a bb) (2).

C. Die Regelung des § 27 HGB

80

letzteres noch eingehender Untersuchung bedarf, läßt sich aber jetzt schon feststellen, daß wegen der unterschiedlichen Normzwecke eine Identität der ratio des § 25 HGB mit der des§ 27 HGB verneint werden muß 259 • Die von der Denkschrift und der Rechtsprechung praktizierte undifferenzierte Anlehnung an § 25 HGB 260 ist deshalb abzulehnen. b) Der Ausgleich zwischen Erbeninteressen und Belangen des Handelsverkehrs

Das Kammergericht 261 vertrat den Standpunkt, Grundgedanke des§ 27 HGB sei es, das Interesse des Erben an der Fortführung des Geschäfts seines Erblassers mit den Belangen des Handelsverkehrs, der eine persönliche Haftung des Inhabers eines einzelkaufmännischen Unternehmens erfordere, in Einklang zu bringen. Wenn das Kammergericht damit auf den Gesichtspunkt des Interessenausgleichs verweist, kann dies zunächst nicht als unzutreffend bezeichnet werden. Schon der Wortlaut läßt ja einen Interessenkonflikt erkennen 262• Jedoch erscheint dieser Aspekt als zu allgemein, zu unbestimmt, um die ratio des § 27 HGB wirklich zu erfassen. Der genannte Schutzzweck trifft in seiner Allgemeinheit auch auf andere handelsrechtliche Normen - wie z. B. § 139 HGB - zu und führt von daher nicht weiter. In Rede steht doch der konkrete Sinn und Zweck einer ganz bestimmten Gesetzesvorschrift, nämlich des § 27 HGB 263 •

c) Der Verkehrsschutzgedanke

Einige Stimmen in der Literatur lehnen es zwar ab, § 27 HGB als gesetzgebensehe Parallele zu § 25 HGB 264 zu begreifen und durch ihn die Haftungserwartungen des Handelsverkehrs gewährleistet zu sehen. Das hindert sie aber nicht, die ratio des § 27 HGB - zumindest im weitesten Sinn - mit dem Gedanken des Verkehrsschutzes in Verbindung zu bringen. Der Verkehrsschutzgedanke wird dabei - in jeweils unterschiedliche Richtungen - konkretisiert.

259 260

Im Ergebnis ebenso K. Schmidt ZHR 145 (1981), 2 (4); Werther, S. 26. Vgl. oben C li 6 a aa).

KG JW 1937, 2599. Vgl. hierzu oben C li 3. 263 Im Ergebnis ebenso: Nolte FS Nipperdey I, S. 667 (676). 264 Daß diese Auffassung zu undifferenziert ist, wurde gerade unter C II 6 a cc) dargelegt. 26t

262

Il. Die Ratio des § 27 HGB

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aa) Der Klarstellungsgedanke Im Schutz der Gläubiger sieht Nolte 265 den geeigneten Lösungsansatz, jedoch nicht in dieser nichtssagenden Allgemeinheit, sondern in der Zielrichtung des Schutzes. Erst die Beantwortung der Frage, in welcher Hinsicht die Gläubiger zu schützen sind, offenbare den konkreten Zweck der Norm, auf den allein es ankomme. Um diesen zu ermitteln, müsse erst Klarheit über den Sinngehalt des § 25 HGB gewonnen werden. Letzteren erblickt Nolte in der Klarstellung der Haftungsverhältnisse im Fall der Firmenfortführung. Es sollte für Schuldner und Gläubiger kein Zweifel über den richtigen Adressaten der Bezahlung oder Geltendmachung von Forderungen geben 266. Auf§ 27 HGB übertragen, sei dessen Zweck in der Klarstellung zu sehen, daß sich die Haftung des fortführenden Erben, der als richtiger Adressat ja kraft Erbrechts feststehe, grundsätzlich nach Handelsrecht richtet, sie also eine unbeschränkte und nicht beschränkbare 267 ist. Die Herausarbeitung der besonderen Klarstellungsfunktion des § 27 HGB erscheint hilfreich, schärft sie doch den Blick dafür, daß hier zwei Regelungsmaterien mit unterschiedlichen Haftungsfolgen zusammenlaufen und der daraus resultierende Konflikt einer Erklärung bedarf. Betont werden muß aber gleichzeitig, daß der Verweis auf den Regelungszweck des§ 25 HGB nicht zu einer Zweckidentität führt, sondern die Klarstellungsabsicht des § 27 HGB schwerpunktmäßig in eine andere Richtung weist als die des § 25 HGB. Soweit Nolte allerdings bereits dem Gesetzgeber diese Unterscheidungsabsicht zubilligt 268, bleibt dies im Bereich der Vermutung; in den Materialien findet sich dafür jedenfalls keine Stütze 269.

bb) Das Verbot des venire contra factum proprium Einen anderen Erklärungsversuch entwickelte unlängst Hüffer 270, und zwar auf den beiden Ebenen, die auch hier als Elemente der ratio legis angesehen werden: dem Regelungszweck und dem vernünftigen Grund der Norm. Er erblickt den Zweck des § 27 HGB in der Koordination handels- und erbrechtlicher Haftungsgrundsätze271 und verneint dabei ausdrücklich den vom BGH 272 vertretenen 265 Nolte FS Nipperdey I, S. 667 (678). 266 Dies deckt sich mit dem oben C II 6 a bb) ermittelten Regelungszweck des § 25 HGB. 267 Nolte, S. 682. 268 Nolte, S. 682. 269 Denkschrift zum HGB, S. 36. Die Ausführungen zu § 27 HGB aufS. 38 betreffen vor allem den Absatz 2 und sind ansonsten nicht viel mehr als eine Wiedergabe des Gesetzestextes. 210 Großkomm-Hüffer § 27 Rz 3 ff. 211 Im Anschluß an K. Schmidt ZHR 145 (1981), 2 (4). 212 BGHZ 32, 60 (62). 6 Friedeich

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C. Die Regelung des § 27 HGB

Standpunkt, § 27 HGB sei eine gesetzgebensehe Parallele zu § 25 HGB. - Für eigentlich entscheidend hält er aber die Frage, warum das Gesetz die erbrechtliehen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten ausschließt, also die Frage nach dem vernünftigen Grund der Regelung. Er beantwortet sie mit dem Verkehrsschutzgedanken, der allerdings von jenem des § 25 HGB abweiche, weil er erst nach Ablauf der Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB eingreife. Erst wenn diese Zeitspanne vorüber sei, könne der Verkehr davon ausgehen, daß der Erbe haftungsbeschränkende Maßnahmen für nicht geboten hält und auch in Zukunft nicht ergreifen wird. Dieser Erwartung, die sonst nur über § 242 in Form des Verbots des venire contra factumpropriumgeschützt werden könnte, trage § 27 HGB Rechnung. Soweit Hüffer den Normzweck in der Koordination der handels-und erbrechtliehen Haftungsgrundsätze erblickt, bleibt dies zunächst verschwommen 273 und wird erst klarer durch den Hinweis auf Karsten Schmidt 274, nach dem es in§ 27 HGB nur um die Frage gehe, ob beschränkte oder unbeschränkte Erbenhaftung eintrete 275 • Damit wird einerseits eine Nähe zum Klarstellungsgedanken von Nolte 276 deutlich, andererseits aber auch, daß bereits der Normzweck den Schutz des Handelsverkehrs zumindest im Auge hat. Es soll eben für diesen kein Zweifel bestehen, daß- nach Ablauf der Einstellungsfrist- auch der fortführende Erbe unbeschränkt haftet. Letzteres hat Hüffer nicht so formuliert, ist aber die notwendige Konsequenz seines Verweises auf Karsten Schmidt. Wenn Hüffer bei der Frage nach dem vernünftigen Grund des§ 27 HGB auf den Gedanken des Verkehrsschutzes stößt, erscheint dies vom Grundsatz her möglich, denn auch dem Verkehrsschutzgedanken selbst wohnt ein Rechtsprinzip innem. Dennoch begegnen seiner Argumentation an dieser Stelle zwei Einwände. Im Fall des § 25 HGB, auf den Hüffer in seiner Darstellung abgrenzend verweist, hat er den- dort anders gelagerten - Verkehrsschutz eindeutig und ausdrücklich dem Regelungszweck zugewiesen 278 ; es bei § 27 HGB anders zu machen, ist nicht recht einsichtig. Neben diesem mehr formalen Einwand fallt stärker ins Gewicht, daß er der Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB eine den Verkehrsschutz begründende Funktion zuweist, die der Gesetzgeber ihr gerade nicht zugedacht hatte, wie Hüffer selbst es an anderer Stelle auch anklingen läßt 279 • Sinn und Zweck des § 27 Abs. 2 HGB sollte doch sein, dem Erben eine angemessene Überlegungsfrist zuzubilligen 280 , um sich über die Fortführung des Unterneh273 Ähnlich undeutlich war schon die Formulierung des Kammergerichts in KG JW 1937, 2599, worauf Nolte FS Nipperdey I, S. 667 (676) zutreffend hingewiesen hat. 274 Großkomm-Hüffer § 27 Rz 2 ff. 275 K. Schmidt ZHR 145 (1981), 2 (4). Hierzu sogleich unter C II 6 f. 276 Vgl. soeben unter C II 6 c aa). 277 Zippelius § 10 III c S. 50. Zur Bedeutung des Verkehrsschutzgedankens für die Ermittlung der ratio des § 25 HGB vgl. oben C II 6 a bb (2). 278 Großkomm-Hüffer § 25 Rz 21, 27. 279 Großkomm-Hüffer § 27 Rz 26.

li. Die Ratio des § 27 HGB

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mens klar werden zu können. Zwar betont Hüffer zu Recht, daß der Verkehrsschutz erst nach Ablauf der Einstellungsfrist zugunsten der Gläubiger greife. Problematisch ist aber aus den genannten Gründen die Rückbeziehung des Verkehrsschutzes auf die Frist selbst unter Hinweis auf § 242. Denn § 27 Abs. 2 HGB kommt nicht die ratio zu, einen solchen zu begründen, sondern allein diejenige, den Erben zu schützen. d) Der Gedanke der Gleichbehandlung Ein erheblicher Teil der überwiegend älteren Literatur 281 sieht die ratio des § 27 HGB darin, daß der Erbe eines einzelkaufmännischen Handelsgeschäfts nicht besser gestellt sein soll als derjenige, der das Geschäft mittels Rechtsgeschäft unter Lebenden erwirbt. Dieser Auffassung sehr nahe kam auch eine bereits erwähnte Entscheidung des Reichsgerichts 282 • Sowohl diese Entscheidung als auch die ältere Literatur ließen eine ausführliche Begründung aber vermissen. Letztere hat erst Werther 283 in seiner Dissertation zu geben versucht. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist, daß ohne § 27 HGB der Erbe als Fortführender bevorzugt wäre, weil er seine Haftung für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten, die zugleich Nachlaßverbindlichkeiten sind, auf den Nachlaß beschränken könnte,§§ 1975 ff. Hieraus ergäbe sich ein ungerechtfertigter Wertungswiderspruch im Hinblick auf die durch§ 25 HGB geschützte Verkehrsauffassung, nach der der jeweilige Inhaber des Handelsgeschäfts auch für sämtliche Geschäftsverbindlichkeiten hafte. Für die Geschäftsgläubiger mache es eben keinen Unterschied, ob das Handelsgeschäft, unter bisheriger Firma fortgeführt, kraft Rechtsgeschäfts oder Erbrechts erworben worden war. Daß der Gesetzgeber die Rechtsfolgen von §§ 25 und 27 HGB identisch ausgestaltet habe, zeige, daß beide Fälle der Fortführung für gleich erachtet worden seien und daher auch gleich behandelt werden mußten. In diesem Gedanken, nämlich der Gleichbehandlung des für gleich Erachteten 284 , liege, so explizit Werther 285 , der Zweck des§ 27 HGB. Dem Ansatzpunkt dieser Auffassung, daß nämlich der Erbe eines Handelsgeschäfts nicht besser gestellt sein soll als jeder andere Erwerber, ist zuzustimmen, weil sich über die von § 27 Abs. 2 HGB erfaßte Differenzierung hinaus kein Denkschrift zum HGB, S. 38; Echarti LZ 1913, 664 (665). Abibrecht I Bengsohn RZ 207; Gerlach, S. 48; Staub I Bondi § 27 Anm. 1; Weimar MDR 1967, 731 ff.; Böckelmann, S. 43; v. Breska, S. 46; Keil, S. 9 ff. ; Nelson, S. 59; Schulteß, S. 35; Smeets, S. 28; Werther, S. 35. 282 RGZ 130, 52 (53). Vgl. hierzu die Ausführungen oben C li 6 a aa) in FN 201. 283 Werther, S. 32 ff. 284 Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, S. 62 ff. Larenz, Methodenlehre, S. 321, spricht von der Gleichbehandlung des Gleichartigen, Gleichsinnigen. 285 Werther, S. 33 ff. Die Differenzierung in § 27 Abs. 2 HGB beweise dabei, daß dem Gleichbehandlungsgedanken ein Element der Verhältnismäßigkeit innewohne. 280 281

6•

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C. Die Regelung des § 27 HGB

vernünftiger Grund für eine abweichende Behandlung des Erben finden läßt. Soweit Werther in§ 27 HGB die Gleichbewertung vergleichbarer Lebenssachverhalte verwirklicht sieht, gibt er eine Begründung, die über die bloße Feststellung des "Nichtschlechterstehendürfens" 286 hinausgeht und schon von daher zu begrüßen ist. Problematisch ist aber zum einen, daß er den Gleichbehandlungsgedanken dem Regelungszweck zuordnet, nicht dagegen dem hinter der Norm stehenden Prinzip, dem vernünftigen Grund der Regelung 287 . Dies erklärt sich daraus, daß Werther den Begriff der ratio legis nicht problematisiert, sondern die "Grundgedanken" des § 27 HGB zu ermitteln versucht und dabei zwischen Normzweck und rangniederen Zwecken, die er als Rechtsgrund bezeichnet, unterscheidet 288 . Daß dieser Terminologie nicht gefolgt werden kann, wurde bereits dargelegt 289. Zum anderen muß darauf hingewiesen werden, daß der Gleichbehandlungsgedanke nicht zu einer Identität der ratio des § 27 HGB mit der des § 25 HGB führt. Richtig verstanden kann er sich hier nur auf die zu regelnden Lebenssachverhalte, nämlich die Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma, beziehen, nicht aber auf einen völligen Gleichlauf der rationes legum 290. e) Der Gedanke der Risikozuweisung

In eine völlig andere Richtung geht der von Reuter 291 herausgearbeitete Deutungsversuch, § 27 HGB verfolge den Zweck, einen Ausgleich dafür herzustellen, daß Nachlaßgläubigerinteressen bei der Zugehörigkeit eines Handelsgeschäfts zum Nachlaß dann gefährdet seien, wenn im Falle beschränkter Erbenhaftung, §§ 1975 ff., dieser das Geschäft weiterführt und für diesbezügliche Aufwendungen zu Lasten seines Privatvermögens nach §§ 1978 Abs. 3, 670, 683 S. 1 Ersatz aus dem Nachlaß verlangen kann. Zwar sei ihm letzteres nur dann möglich, wenn seine Aufwendungen erforderlich i. S. d. § 670 waren, er also wie ein ordnungsgemäß handelnder Beauftragter oder Geschäftsführer bei der Unternehmensfortführung tätig gewesen ist. Da ein solches Verhalten unter Zugrundelegung eines notwendigerweise weiten Unternehmerischen Ermessensspielraums praktisch stets zugunsten des Erben anzunehmen sei, würden ohne die Regelung des § 27 HGB letztlich die Nachlaßgläubiger das Unternehmerische Risiko tragen müssen292. Dieses Risiko ihnen abzunehmen und dem Erben als Fortführendem zuzuweisen, sei Zweck des § 27 HGB. 286 So die ältere Literatur, vgl. FN 281. 287 Auch Larenz, Methodenlehre, S. 321, spricht im Zusammenhang mit der Gleichbehandlung des Gleichartigen von einem Prinzip. Er erfaßt die diesem Prinzip eigentümliche Vermeidung von Wertungswidersprüchen als Forderung an Gesetzgeber und Ausleger. 288 Werther, S. 19 FN 3; S. 26 ff. 289 Vgl. oben C II 1. 290 Zur Bedeutung der ratio des § 25 HGB für die des § 27 HGB vgl. bereits oben C II 6 a cc). 291 Reuter ZHR 135 (1971), 511 (522). 292 Reuter, S. 523.

II. Die Ratio des § 27 HGB

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Gegen diesen Lösungsversuch, der sich von den bisherigen deutlich abhebt und deshalb wirkliche Eigenständigkeil beanspruchen kann, sind zunächst insofern Bedenken anzumelden, als gefragt werden muß, ob die Erforderlichkeil i. S. d. § 670 nicht exakter zu überprüfen ist, mithin eben doch eine höhere Hürde für den Erben darstellt, als Reuter sie sieht. Soweit Reuter jedenfalls davon spricht, ein Handeln gegen das Interesse der Nachlaßgläubiger werde den Erben kaum jemals nachgewiesen werden können 293 , ist dem entgegenzuhalten, daß den Erben die Beweislast für die Tatsachen trifft, aufgrundderer er die Aufwendungen für erforderlich hielt 294. Darüber hinaus greift auch das Argument der Risikozuweisung auf den Erben zu kurz. § 27 HGB kommt doch nur denjenigen Nachlaßgläubigern zugute, die zugleich schon Geschäftsgläubiger waren; die übrigen Nachlaßgläubiger blieben mit dem Risiko aus § 1978 Abs. 3 weiter belastet 295 . Soweit Reuter letzteres bestreitet und ihnen einen gewissen Schutz vor unvorsichtigem Geschäftsgebahren durch die §§ 27 Abs. 1, 25 HGB zuweist296, vermag dies nicht zu überzeugen. Dieser Schutz ist nämlich in keiner Weise demjenigen gleichwertig, der sich für die Geschäftsgläubiger aus § 27 HGB ergibt 297 • Eine eindeutige Risikozuweisung auf den Erben bezüglich sämtlicher Gläubiger ist mittels § 27 HGB daher nicht begründbar. Der Lösung von Reuter kann also nicht gefolgt werden.

f) Die Gleichstellung von Alt- und Neugläubigern

Schließlich vertritt seit einiger Zeit Karsten Schmidt 298 die Auffassung, die ratio des § 27 HGB könne nur darin bestehen, daß Altgläubiger bei der Vererbung und Fortführung des Unternehmens an der persönlichen Haftung des Erben ebenso 293 Reuter, S. 522. 294 Palandt I Thomas § 670 Anm. 2 f.; Staudinger I Wittmann § 670 Rz 30. 295 In gleicher Richtung Capelle I Canaris, S. 89; Pahl, S. 256.

296 Reuter, S. 523 f., sieht auch die übrigen Nachlaßgläubiger durch §§ 27 Abs. I, 25 Abs. I HGB in gewissem Umfang vor unvorsichtigem Geschäftsgebaren der Erben geschützt, weil die Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten - im Gegensatz zu Neuschulden - dem Erben grundsätzlich keinen konkursrechtlich privilegierten Aufwendungsersatzanspruch verschaffe, sondern ihm lediglich Ausgleichsansprüche im Range der erfüllten Forderungen, § 225 Abs. 2 KO, zuweise, es sei denn, der Erbe durfte den Nachlaß den Umständen nach für ausreichend zur Berichtigung aller Nachlaßverbindlichkeiten hatten, § 1979; § 224 I KO. Folglich sei es dem Erben bei Überschuldung des Nachlasses verwehrt, wegen seiner Leistungen an die früheren Geschäftsgläubiger gegen den Nachlaß vollen Regreß zu nehmen. Wegen §§ 27 Abs. I, 25 Abs. 2 HGB stünde er in einer Gefahrengemeinschaft mit den privaten Nachlaßgläubigern, die einem unvorsichtigen geschäftlichen Vorgehen auf Risiko des Nachlasses tendenziell entgegenwirke. 297 Dies erkennt letztlich auch Reuter selbst, S. 523 f., wenn er die privaten Nachlaßgläubiger nur in "gewissem Umfang" für geschützt hält. 298 K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV I c S. 236 f.; ders. NJW 1985, 2785 (2790). Ihm folgend Müller-Laube, S. 18.

C. Die Regelung des § 27 HGB

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teilhaben sollen wie Neugläubiger. Zwischen Alt- und Neuverbindlichkeiten soll bei Unternehmensfortführung kein Unterschied bestehen. Dieser würde aber zutage treten, wenn der Erbe für die während der Fortführung begründeten Verbindlichkeiten unbeschränkt, für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten wegen der bürgerlich-rechtlichen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten aber nur beschränkt hafte. Diese Beschränkungsmöglichkeit - und damit den aufgezeigten Unterschied - bringe § 27 HGB zu Fall. Soweit Karsten Schmidt den Zweck des § 27 HGB in der Gleichstellung der Verbindlichkeiten sieht, erhebt sich zunächst die Frage, ob diese durch§ 27 HGB tatsächlich gewährleistet wird. Sie ist jedenfalls nur dann gegeben, wenn der Erbe sich endgültig zur Fortführung entschlossen hat. Führt er das Handelsgeschäft dagegen nur vorläufig fort und stellt er es schließlich doch fristgerecht ein, kann von einer Gleichstellung keine Rede sein. Denn schon für die während der vorläufigen Fortführung begründeten Neuverbindlichkeiten haftet der Erbe persönlich 299, es sei denn, er hatte seine Haftung dadurch beschränkt, daß er erkennbar nur für den Nachlaß handelte 300 • Der Erklärungsversuch Karsten Schmidts kann sich daher nur auf die endgültige Fortführung beziehen 301 • Unklar bleibt aber, und hierin liegt der Hauptkritikpunkt an seinen Ausführungen, warum die Gleichstellung von Alt- und Neugläubigern erfolgen soll 302 , welches Prinzip sich also hinter § 27 HGB verbirgt. Der Gleichbehandlungsgedanke würde an dieser Stelle nur weiter führen, wenn Alt- und Neuverbindlichkeiten bzw. Alt- und Neugläubiger als gleich zu erachten wären. Davon geht das Gesetz aber gerade nicht aus, sonst hätte es die Haftung des Erwerbers für die Altverbindlichkeiten nicht von der Firmenfortführung abhängig gemacht und in § 25 Abs. 2 HGB keinen Ausschlußgrund geschaffen. Bezeichnenderweise sind dies diejenigen Argumente, denen Karsten Schmidt durch die Entwicklung eines neuen Verständnisses der §§ 25, 28 HGB und letztlich auch des § 27 HGB zu begegnen versucht, wenn er allein die Unternehmensfortführung für entscheidend hält 303 und§ 25 Absatz 2 HGB ersatzlos gestrichen sehen will 304 • Dieser Lösungsansatz wurde bereits abgelehnt, worauf an dieser Stelle verwiesen werden kann 305 • Nach allem kann in der Gleichstellung von Alt- und Neugläubigern nicht die ratio des § 27 HGB erblickt werden. Hilfreicher ist dagegen eine von Karsten 299

EI 3.

Es handelt sich hierbei um Nachlaßerbenschulden. Zu diesem Begriff näher unter

Diese Beschränkungsmöglichkeit sieht jedenfalls der BGH BB 1968, 769 ff. Dies meint K. Schmidt wohl auch, wenn er von Unternehmensfortführung spricht. Vgl. Handelsrecht, § 8 IV 1 c S. 236 f.; § 8 IV 3 a S. 240. 302 Kritisch insoweit Capelle I C~aris, S. 89, die in K. Schmidts Deutungsversuch eine bloße petitio principii sehen. Ahnlieh auch Großkomm-Hüffer § 27 Rz 4; Pahl, s. 254. 303 K. Schmidt ZHR 145 (1981) 2, (18); ders., Handelsrecht, § 8 IV 2 a, b S. 237 f. 304 K. Schmidt ZHR 145 (1981), 2 (26). 305 Vgl. oben C II 6 a bb) (1). 300 301

II. Die Ratio des § 27 HGB

87

Schmidt an anderer Stelle 306 geäußerte Deutung, wonach es in § 27 HGB nur um die Frage gehe, ob beschränkte oder unbeschränkte Erbenhaftung eintritt. Dies steht, wie schon festgestellt 307, in einer Linie mit dem Klarstellungsgedanken 308 und wird weiter zu verfolgen sein. g) Der Gedanke der Informationslast

Pahl schließlich versucht, § 27 HGB ebenso wie § 25 HGB dadurch zu erklären, daß dem fortführenden Erben die Pflicht zur Information über den Ausschluß der Haftung auferlegt werde 309 • § 27 Abs. 1 HGB wolle falschen Hoffnungen auf eine Haftungsübernahme vorbeugen und diene der Rechtsklarheit und Rechtsbefriedung, weil im Falle eines Streits über die Übernahme einer Haftung das Handelsregister den Altgläubigern eine verläßliche Information - nämlich über das (Nicht)Vorliegen eines Haftungsausschlusses- gebe 310• Daß § 27 HGB auch dem Erben als Erwerber eines Handelsgeschäfts eine Tätigkeitslast aufbürdet, erscheint als erwägenswerter Ansatzpunkt. Gegen das zugrundeliegende Konzept Pahls, die handelsrechtliche Haftung von ihren handelsrechtliehen - Ausschlußmöglichkeiten her zu erklären, bestehen aber auch hier die oben m bereits geäußerten Bedenken. Im Hinblick auf die Ausschlußrechte bei § 27 Abs. 1 HGB ist er zudem auf§ 25 Abs. 2 HGB fixiert 312, auf den der fortführende Erbe sogar noch unverzüglich nach Ablauf der Frist des§ 27 Abs. 2 HGB zurückgreifen können soll 313 • § 25 Abs. 2 HGB wird damit zur entscheidenden Vorschrift im Regelungssystem der §§ 25, 27 HGB, was wegen des Regel- Ausnahmeverhältnisses zu § 25 Abs. 1 HGB nicht überzeugt.

h) Folgerungen

Die Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur hat gezeigt, daß ein klares Bild über die ratio des § 27 HGB nicht existiert, andererseits aber auch erkennen lassen, wo Ansatzpunkte für eine klärende Bestimmung derselben zu finden sind 314• Was den hier zu unternehmenden Lösungsversuch betrifft, 306 307 308 309

310 311

K. Schmidt, ZHR 145 (1981), 2 (4). Vgl. oben C II 6 c bb). Hierzu oben C II 6 c aa). Pahl, S. 257 f. Pahl, S. 260 f. C II 6 a bb (1).

312 Bedenklich ist, daß durch eine Fixierung auf § 25 Abs. 2 HGB die speziell für § 27 Abs. 1 HGB geschaffene Haftungsabwendungsnorm in den Hintergrund gedrängt

wird. 313

Pahl, S. 261 f. Diese Auffassung wurde bereits oben CI 3 b bb) FN 109 abgelehnt.

88

C. Die Regelung des § 27 HGB

unterscheidet er sich von fast 315 allen anderen zunächst dadurch, daß ihm- wie bereits mehrfach ausgeführt - ein umfassender Begriff der ratio legis zugrunde gelegt wird. Ebenso wie bei § 25 HGB erschließt sie sich durch Zweck und vernünftigen Grund der Norm, also von zwei Seiten her. Gab über den Normzweck des § 25 HGB die Denkschrift eine Auskunft, die zumindest teilweise auch hier zugrunde gelegt werden konnte 316, ist letzteres für§ 27 HGB nicht in gleichem Umfang' möglich 317 . Im Falle der Vererbung des Handelsgeschäfts gehen die dort begründeten Forderungen und Verbindlichkeiten für den Regelfall318 schon qua lege auf den Erben über. Einer Klarstellung in dieser Hinsicht bedarf es also nicht. Sofern sdie Denkschrift ihre auf § 25 HGB zugeschnittenen Erläuterungen undifferenziert auf § 27 HGB überträgt, kann dem in dieser Deutlichkeit nicht gefolgt werden. Als weiterführend erweist sich dagegen die Erwägung, § 27 HGB als Schnittpunktzweier Regelungsgebiete zu begreifen und daraus bestimmte Folgerungen abzuleiten. Ist § 25 HGB auf die Bedürfnisse des Handelsverkehrs zugeschnitten und verlangt dieser eine unbeschränkte Haftung des fortführenden Erwerbers eines einzelkaufmännischen Unternehmens, so muß dies zu Kollisionen in dem Fall führen, daß der Erwerber ein Erbe ist und seine unbeschränkte Haftung wegen der bürgerlich-rechtlichen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten in Gefahr steht. Diesen Konflikt zu lösen, ist Zweck des § 27 HGB. Er stellt klar, daß - sofern der Erbe das Handelsgeschäft nicht fristgerecht einstellt dieser nach handelsrechtliehen Vorschriften, also unbeschränkbar haftet. Die Klarstellungsfunktion des § 27 HGB hat dabei einen anderen Schwerpunkt als die des § 25 HGB. Er liegt auf der Beantwortung der Frage, wie der Fortführende, nicht aber darauf, ob er überhaupt haftet. Grundsätzlich ist der Handelsverkehr bei vererbten Unternehmen nämlich nur im Hinblick auf den Haftungsumfang schutzwürdig, da der Erbe regelmäßig 319 schon über§§ 1922, 1967 für sämtliche Geschäftsverbindlichkeiten einzustehen hat. Einer Beantwortung der Frage nach dem vernünftigen Grund der Regelung, nach dem der Norm zugrundeliegenden Prinzip, dienlich ist das in der Literatur aufgegriffene Prinzip der Gleichbehandlung des gemäß den allgemeinen Wertungen der Rechtsordnung Gleichartigen 320. Es begreift die unterschiedliche Bewer314 Vgl. die Ausführungen zum Klarstellungsgedanken oben C II 6 c aa) und zum Gleichbehandlungsgedanken C II 6 d. 315 Eine Unterscheidung nach Zweck und Rechtsgrund findet sich nur bei GroßkommHüffer § 27 Rz 3 ff., sowie Werther, S. 26 ff., wobei letzterer jenen Termini einen anderen Inhalt beimißt. Vgl. insoweit oben schon C II 6 d. 316 Vgl. oben C II 6 a bb) (2). 317 Vgl. oben C II 6 a cc). 318 Es wurde bereits darauf hingewiesen (oben FN 257), daß dies bei Fortführung des Handelsgeschäfts durch den vorläufigen Erben anders sein kann. Zum Sonderfall des vermeintlichen Erben unten F lii 3 a aa) (3); F 111 3 b bb). 319 Vgl. FN 318. 32o Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, S. 62 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 321.

II. Die Ratio des § 27 HGB

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tung wertungsmäßig gleichliegender Tatbestände als Wertungswiderspruch, der mit der Idee der Gerechtigkeit im Sinne des "gleichen Maßes" unvereinbar ist 321 • Solche Widersprüche zu vermeiden, ist Aufgabe des Gesetzgebers wie des Gesetzesauslegers, da sich beide der Idee der Gerechtigkeit verpflichtet sehen. War sich der Gesetzgeber im Fall der Fortführung eines einzelkaufmännischen Handelsgeschäfts zumindest nicht ausdrücklich 322 der Tatsache bewußt, daß gerade ein Wertungswiderspruch droht, wenn er es im Hinblick auf den zu regelnden Lebenssachverhalt bei § 25 HGB beläßt, kann dies für die Beantwortung der hier gestellten Frage aber außer Ansatz bleiben, weil der vernünftige Grund einer Norm häufig erst von der Wissenschaft herausgearbeitet wird 323, dem Gesetzgeber also nicht zwingend bewußt gewesen sein muß. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Fortführung des Handelsgeschäfts durch den rechtsgeschäftliehen Erwerber und diejenige durch den Erben als gleich zu bewerten sind. Zunächst ergibt sich ein wesentlicher Unterschied. Der Erbe wird mit Versterben des Altunternehmers unvermittelt in die Situation gestellt, ein Handelsgeschäft führen zu können. Der Erwerber kraft Rechtsgeschäfts hingegen konnte seinen Rechtserwerb planen und sich auf die sich daraus ergebenden Konsequenzen einstellen. Diesem Unterschied trägt auch, wie mehrfach schon ausgeführt, § 27 Abs. 2 HGB Rechnung, wobei man darüber streiten kann, ob die Einstellungsfrist- insbesondere bei grösseren, schwieriger überschaubaren Handelsgeschäften - ausreichend bemessen ist. Abgesehen von dieser Abweichung ist es für den Altgläubiger aber ohne Belang, ob der neue Inhaber des Unternehmens dieses auf rechtsgeschäftlichem Wege oder durch Erbgang erworben hat. Er jedenfalls möchte seine Forderungen vom jeweiligen Inhaber befriedigt sehen. Insoweit sind die zu regelnden Lebenssachverhalte in § 27 HGB und § 25 HGB gleichartig. Das Gesetz dokumentiert den Gleichbehandlungsgedanken gerade dadurch, daß die unbeschränkte Haftung des Erben von der Fortführung des Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma abhängig gemacht wird, mag dies auch rechtspolitisch unglücklich sein 324• Die Beibehaltung der Firma begründet für den Erben eine Tätigkeitslast, ähnlich wie in § 25 HGB, aber nicht identisch, sondern modifiziert durch § 27 Abs. 2 HGB. Handelt der Erbe gleich zu Beginn der Fortführung, indem er eine neue Firma annimmt oder gemäß § 25 Abs. 2 HGB vorgeht, haftet er nicht unbeschränkt nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB, sondern nach erbrechtliehen Grundsätzen, also auf den Nachlaß, das Vermögen des Altunternehmers, beschränkbar. Das Gesetz sieht also auch den Erben als verantwortlich an für den Geschäftskreis, in den er eintritt. Anders als dem Larenz, Methodenlehre, S. 321. Vgl. insoweit schon oben C II 6 c aa) mit FN 269. 323 Larenz, Methodenlehre, S. 323. 324 An dem insoweit eindeutigen Gesetzestext kommt man nicht vorbei. A.A.: K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 2 a S. 237. 321

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C. Die Regelung des § 27 HGB

rechtsgeschäftliehen Erwerber ist ihm aber eine mit dem Beginn der Geschäftsfortführung erfolgende Entscheidung über die Firmenbezeichnung und die damit verbundenen Haftungsfolgen oft nicht möglich. Deshalb soll er die Möglichkeit haben, über § 27 Abs. 2 HGB der unbeschränkbaren Haftung für die Altverbindlichkeiten zu entgehen. Formal betrachtet läge hierin gerade keine Gleichbehandlung von Erben und jedem sonstigen Übemehmer. Eine solche Argumentation übersieht jedoch, daß der Gleichbehandlungsgedanke aus der Idee der Gerechtigkeit entwickelt wurde, der auch hier Geltung verschafft wird. Genau weil der Erbe im Gegensatz zu sonstigen Erwerbern keine Zeit hatte, über die Fortführung des Handelsgeschäfts und die Beibehaltung der Firma zu entscheiden, ist es nur gerecht, ihm noch die Möglichkeit der Einstellung des Geschäftsbetriebes zu geben, um so der unbeschränkbaren Haftung zu entgehen. Nach allem ist in § 27 Abs. 1 HGB das Prinzip der Gleichbehandlung des Gleichartigen verwirklicht. Mit der Idee der Gerechtigkeit wäre es unvereinbar, dem Erben unter Beibehaltung der Firma eine beschränkbare Haftung zu gewähren, währenddessen jeder sonstige Erwerber unter den gleichen Voraussetzungen unbeschränkt haften müßte. § 27 HGB verhindert folglich eine haftungsrechtliche Besserstellung des fortführenden Erben. Soweit § 27 Abs. 2 HGB die unbeschränkbare Haftung des Erben erst nach Ablauf der Einstellungsfrist eintreten läßt, ist auch diese Modifizierung letztlich eine Folge des Gerechtigkeitsgedankens.

7. Die Bedeutung der ratio legis für die entsprechende Anwendbarkeit des§ 25 Abs. 2 HGB Auf der Grundlage der ermittelten ratio des § 27 HGB läßt sich nun auch die Frage nach der entsprechenden Anwendbarkeit des § 25 Abs. 2 HGB endgültig beantworten 325 • Der Auffassung Karsten Schmidts, die Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB im Rahmen des§ 27 Abs. 1 HGB führe zu einer Ungleichbehandlung von Alt- und Neugläubigem und widerspreche deshalb dem Normzweck des § 27 Abs. 1 HGB 326, kann nicht gefolgt werden. Zwar ist es richtig, daß eine Ungleichbehandlung durch§ 25 Abs. 2 HGB ermöglicht wird 327 , diese steht dem Normzweck aber nicht entgegen. Letzterer ist nämlich, wie ausgeführt, nicht in der Gleichstellung von Alt- und Neugläubigem zu sehen328. Zutreffend ist es dagegen, daß weder Normzweck noch vernünftiger Grund des § 27 HGB eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB ausschließen. 325 Vgl. oben C I 3 b bb). Hierin zeigt sich, daß die Herausarbeitung der ratio des § 27 HGB nicht lediglich dogmatisch von Bedeutung ist, sondern praktische Relevanz besitzt. 326 K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 36 S. 243; vgl. schon oben C I 3 b aa). 327 Die ungleiche Behandlung ergibt sich aber nur dann, wenn der Erbe seine aus §§ 1927, 1967 folgende Haftung beschränkt hat. 328 Hierzu oben C II 6 f.

li. Die Ratio des § 27 HGB

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Dient § 27 HGB dazu, die unbeschränkte Haftung auch des fortführenden Erben klarzustellen, läßt § 25 Abs. 2 HGB eine Klarstellung in dieser Richtung, also auf die unbeschränkte Haftung hin, nicht zur Entstehung kommen. Es bleibt vielmehr bei der Haftung des fortführenden Erben nach bürgerlichem Erbrecht. In dieser Hinsicht kommt ihm also - trotz aller sonstigen Unterschiede 329 eine ähnliche Wirkung zu wie § 27 Abs. 2 HGB. Ebenso deckt sich die entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB mit dem vernünftigen Grund des § 27 HGB. Die Gleichbehandlung des fortführenden Erben mit jedem sonstigen Übernehmer erfordert es, auch dem Erben die Möglichkeit zu eröffnen, unter Beibehaltung der Firma das Handelsgeschäft weiterzuführen, ohne der unbeschränkten Haftung aus§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 HGB ausgesetzt zu sein. Infolgedessen kann auch der fortführende Erbe seine aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 HGB drohende Haftung über §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB ausschließen, indem er im Handelsregister die Nichthaftung für die früheren Verbindlichkeiten eintragen läßt oder bekannt macht oder aber sie den Geschäftsgläubigern formlos mitteilt. Die vom Wortlaut des § 25 Abs. 2 HGB geforderte "Vereinbarung" mit dem Veräußerer ist beim Geschäftsübergang von Todes wegen zwar nicht möglich, jedoch auch nicht erforderlich, da nur eine entsprechende Anwendung der Norm in Rede steht.

8. Ergebnis § 27 HGB ist im Spannungsfeld zwischen beschränkbarer Erbenhaftung und dem handelsrechtliehen Erfordernis unbeschränkter Haftung für die in einem Handelsgeschäft begründeten Verbindlichkeiten anzusiedeln; eine Tatsache, die sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt 330• Der systematische Zusammenhang mit § 25 HGB läßt über das Merkmal der Firmenfortführung eine innere Verbindung zwischen dem Erscheinungsbild unternehmerischer Tätigkeit und der Erwerberhaftung erkennen 331 , ein Gedanke, dem zumindest der Gesetzgeber -der Denkschrift zufolge- breiten Raum gewährt hat 332• Auf der Grundlage dieser Untersuchungen kann dieratiodes § 27 HGB durch Heranziehung objektivteleologischer Kriterien und deren Diskussion in Rechtsprechung und Literatur ermittelt werden. Es entsteht dabei das folgende Bild: Die ratio des § 27 HGB wird bestimmt sowohl durch den Normzweck als auch durch das der Regelung zugrundeliegende Prinzip, ihren vernünftigen Grund. § 27 HGB verfolgt den Zweck, klarzustellen, daß auch den Erben im Falle der Firmenfortführung eine unbeschränkbare Haftung trifft. Ihren vernünfti329

330 33t 332

Hierzu oben C I 3 b bb). Vgl. oben C II 3. Vgl. oben C II 4. Vgl. oben C II 5.

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C. Die Regelung des § 27 HGB

gen Grund findet die Norm darin, daß sie im Hinblick auf die Fortführung eines Handelsgeschäfts dem Gleichbehandlungsprinzip Geltung verschafft. Eine Identität der ratio des § 27 HGB mit der des § 25 HGB bedeutet dies wegen der unterschiedlich ausgerichteten Normzwecke jedoch nicht.

111. Die systematische Einordnung des § 27 HGB Sind die in Rede stehenden Normkomplexe dargestellt und die sie tragenden Prinzipien herausgearbeitet, kann nun ihr Verhältnis zueinander geklärt werden. Damit einher geht eine systematische Einordnung des § 27 HGB als eine die bürgerlich-rechtliche Erbenhaftung nur modifizierende oder aber eigenständige, neben§§ 1967 ff. existierende Haftungsnorm 333 • Die Ermittlung dieser systematischen Stellung hat dabei nicht lediglich theoretischen Wert, sondern erlangt für den zweiten Teil der Untersuchung 334 sehr praktische Bedeutung.

1. Vergleich der Regelungsstrukturen Das zivilrechtliche Erbenhaftungssystem ist ein sehr verästeltes Gebilde von Normen, das den zugrundeliegenden Lebenssachverhalt möglichst umfassend zu regeln versucht. Die Haftung des Erben ist als vorläufig unbeschränkte, aber beschränkbare ausgestaltet, wobei die Beschränkungsmöglichkeiten des Erben in der Regel an eine Nachlaßsonderung gekoppelt sind und darüber hinaus vom Erben eine nicht unerhebliche Eigenaktivität erfordern. De facto haftet der Erbe in dieser Form aber erst mit Annahme der Erbschaft, weil bis zu diesem Zeitpunkt Ansprüche gegen den Nachlaß gegenüber dem Erben gerichtlich nicht geltend gemacht werden können, § 1958; letzteres schließt eine außergerichtliche Geltendmachung zwar nicht aus 335, verhindert aber eine zwangsweise Durchsetzung der Ansprüche. Demgegenüber ist§ 27 HGB trotzseines Verweises auf§ 25 HGB eine einfacher strukturierte Regelung und leichter überschaubar. Die durch sie begründete Haftung kann als unbeschränkte und unbeschränkbare 336, aber im voraus abwend333 Insbesondere in der älteren Lehre wird dieses Problem häufig unter dem Gesichtspunkt der Rechtsnatur der Haftung aus § 27 HGB behandelt, vgl. Böckelmann, S. 42 ff.; Ewinger, S. 48; Goldschmitt JW 1930, 3057; Keil, S. 33 ff.; P.A. Leonhardt, S. 104 ff.; Nelson, S. 58 ff.; Pinner, S. 90; Renkert, S. 54 ff.; Schulteß, S. 35 ff.; Smeets, S. 27 ff. Im Hinblick auf die Zielsetzung dieser Arbeit erscheint die im Text gewählte Terminologie aber als zutreffender. 334 Dies gilt nicht nur für die vergleichende Untersuchung von Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsschulden (PunktE), sondern auch für die haftungsrechtlichen Probleme bei der Fortführung des Unternehmens durch ,,Zwischenerben". 335 MünchKomm-Leipold § 1958 Rz 17. 336 So Hopt 1Mössle Rz 295.

III. Die systematische Einordnung des § 27 HGB

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bare bezeichnet werden. Der Erbe hat hier keine Beschränkungs- , sondern nur Vermeidungsmöglichkeiten, die von ihm aber ebenfalls Entfaltung von Eigenaktivität erfordern, und zwar in verstärktem Umfang: Kann bei der zivilrechtliehen Erbenhaftung deren Beschränkung auf das Nachlaßvermögen mittels Separation auch von den Nachlaßgläubigem herbeigeführt werden 337, ist eine Abwendung der Haftung aus § 27 HGB nur dem Erben möglich. Daß es sich hier nur um Vermeidungsmöglichkeiten handelt, zeigt auch die Tatsache, daß die unbeschränkte und unbeschränkbare Haftung in der Regel verzögert entsteht, nämlich erst nach Ablauf der Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB 338 , es sei denn, es greifen§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 3 HGB ein. Sind also Unterschiede zwischen den Regelungsstrukturen unverkennbar, beweist aber der Wortlaut des§ 27 HGB, daß diese Norm nicht völlig beziehungslos zu erbrechtliehen Regelungen des BGB steht, wenn vom Erben als Fortführendem die Rede und in § 27 Abs. 2 S. 3 HGB eine Abstimmung der Einstellungsfrist mit der Ausschlagungsfrist, § 1944, erkennbar ist.

2. Die Ausrichtung des Interessenschutzes Die Ermittlung der Prinzipien zivilrechtlicher Erbenhaftung hat ergeben, daß das BGB die Interessen der Nachlaßgläubiger sowohl dem Erben als auch dessen Eigengläubigem gegenüber als vorrangig bewertet 339 • Zwar hat es die Notwendigkeit eines Schutzes des Eigenvermögens des Erben vor Zugriffen der Nachlaßgläubiger nicht verkannt, indem es ihm das Recht der Haftungsbeschränkung gewährt. Auch dieser Schutz tritt aber zurück, sobald die Befriedigung der Nachlaßgläubiger aus dem Nachlaß in Gefahr ist. Der Interessenschutz des zivilrechtliehen Erbenhaftungssystems ist also primär auf die Nachlaßgläubiger ausgerichtet. Auf den ersten Blick scheint es sich bei § 27 HGB ähnlich zu verhalten, wurde als dessen Normzweck doch die Klarstellung unbeschränkter Haftung für Altverbindlichkeiten herausgearbeitet 340• Es werden folglich Altgläubiger und damit auch Nachlaßgläubiger geschützt. Bei näherer Betrachtung ergeben sich aber gewichtige Unterschiede: § 27 HGB schützt nicht die Nachlaßgläubiger per se, sondern nur diejenigen, die Geschäftsgläubiger waren. Darüber hinaus ist auch die Zielrichtung des Schutzes eine andere. Es geht nicht um den Erhalt vorhandener Haftungsmasse des Erblassers zur Befriedigung von Nachlaßgläubigerforde337 Diese Separation erfolgt mittels Beantragung von Nachlaßverwaltung oder -konkurs, § 1981 Abs. 2; § 217 KO; vgl. oben B IV 2 a. 338 Capelle I Canaris, S. 89; Düringer I Bachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 2, 11; Großkomm-Hüffer § 27 Rz 13; Großkomm-Würdinger § 27 Anm. 8; Lehrnano I Ring§ 27 Rz 4; Makower § 27 Anm. IV a 2; Riesenfeld, Erbenhaftung Bd. 1, S. 112 ff.; Staub I Bondi § 27 Anm. 15. 339 Vgl. hierzu oben B VI. 340 Vgl. hierzu oben C II 6 h.

C. Die Regelung des § 27 HGB

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rungen, sondern um eine Erweiterung derselben auf das Eigenvermögen des Erben gemäß handelsrechtlicher Grundsätze, die an die Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma und nicht an die Erbenstellung anknüpfen. Insofern muß die Ausrichtung des Interessenschutzes der betroffenen Regelungskomplexe als verschieden angesehen werden.

3. § 27 HGB als erbrechtliche Haftung

Trotz unterschiedlicher Regelungsstruktur und fehlender Identität des Interessenschutzes begreift ein großer Teil der überwiegend älteren Literatur die Haftung aus § 27 HGB als erbrechtliche 341 , die die bürgerlich-rechtliche Erbenhaftung lediglich verschärfe, modifiziere, und die von daher in deren System einzugliedern sei 342• Einer Reihe von Autoren scheint eine derartige systematische Einordnung so selbstverständlich zu sein, daß sie eine Begründung ihrer Auffassung für entbehrlich halten 343. a) Argumente aus dem Wortlaut

Soweit versucht wird, die Eingliederung des § 27 HGB in das zivilrechtliche Erbenhaftungssystem zu erklären, dient zunächst der Wortlaut des§ 27 HGB als Argument, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Erstens sei aus § 27 Abs. 2 S. 1 HGB, der von der unbeschränkten Haftung spreche, ein Hinweis auf die§§ 1994 Abs. 1 S. 2, 2005 Abs. 1 S. 1, 2006 Abs. 3 S. 1 zu entnehmen, weil hier wie dort die Unbeschränkbarkeit der Haftung zum Ausdruck komme 344• Zweitens nehme § 27 Abs. 2 S. 3 HGB deutlichen Bezug auf die Regelung der Ausschlagungsfrist in § 1944, und sei die Überlegungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB insgesamt ähnlich der Dreimonatseinrede des § 2014 ausgestaltet 345 • Und drittens beweise die Gewährung der Einstellungsfrist den erbrechtliehen Charakter der gesamten Regelung, weil sie eine ähnliche Wirkung wie die Inventarerrichtung habe: Sie sichere die Möglichkeit künftiger Herbeiführung der Haftungsbeschränkung 346• 341

s. 29.

So explizit Goldschmitt JW 1930, 3057; Meyer, S. 30; Schulteß, S. 37; Smeets,

342 von Breska, S. 46; Bülow, S. 51; Düringer I Rachenburg I Roeniger § 27 Anm. 1,4; S. Goldmann, Handelsrecht,§ 27 Anm. BI 2 a; GoldschmittJW 1930, 3057; GroßkommRüffer § 27 Rz. 13; Harms, S. 158 ff.; Keil, S. 34; Kohlheim, S. 45 ff.; Matthiessen, S. 25 f.; Mehlhorn, S. 17 f.; Meyer, S. 30; Nelson, S. 58 ff.; Pinner, S. 90 ff.; Renkert, S. 58; Schulteß, S. 37; Smeets, S. 28 ff.; Wallerstein, S. 18 f. 343 von Breska, S. 46; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 1,4; Goldschmitt JW 1930, 3057; Großkomm-Rüffer § 27 Rz 13. 344 Keil, S. 36; Meyer, S. 31. 345 Keil, S. 35; Schulteß, S. 37. 346 Schulteß, S. 37; Smeets, S. 29.

III. Die systematische Einordnung des § 27 HGB

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Der Auffassung, der unbeschränkten Haftung sei ein Hinweis auf Regelungen des zivilrechtliehen Erbenhaftungssystems zu entnehmen, kann nicht gefolgt werden. § 27 Abs. 2 S. I HGB meint die aus § 25 Abs. I S. I HGB folgende unbeschränkte Haftung und nicht diejenige, die aus Inventarverstößen resultiert. Dies ergibt jedenfalls der systematische Zusammenhang von § 27 HGB mit § 25 HGB. Daß § 27 Abs. 2 S. 3 HGB auf die Ausschlagungsfrist des § 1944 Bezug nimmt, ist nicht zu bestreiten. Eine andere Frage aber ist, ob dies ausreicht, der Haftung aus § 27 HGB insgesamt eine erbrechtliche Natur beizumessen. Auch wenn man in Rechnung stellt, daß erbrechtliche Vorschriften, die insbesondere Überlegungsfristen betreffen, durch§ 27 HGB nicht ausgehöhlt werden sollen 347, ist damit nur zum Ausdruck gebracht, daß § 27 HGB diese Vorschriften nicht verdrängen kann, mehr aber nicht. Es offenbart sich hier vielmehr seine bereits hervorgehobene Eigenschaft 348, Schnittpunktzweier Regelungskomplexe zu sein. Eine handelsrechtliche Natur der Haftung wird durch die Abstimmung der Einstellungsfrist mit der - von ihr scharf zu trennenden - Ausschlagungsfrist aber nicht ausgeschlossen. Gleiches gilt auch für den Hinweis auf die der Dreimonalseinrede ähnliche Ausgestaltung sowie die der Inventarerrichtung ähnliche Wirkung der Einstellungsfrist Ähnlichkeiten mit erbrechtliehen Instituten machen eine Regelung des Handelsgesetzbuchs noch nicht zwingend zu einer erbrechtlichen. b) Das Argument aus§ 2013 Abs. 2

Weiter wird vorgetragen 349, für eine Eingliederung in das bürgerlich-rechtliche Erbenhaftungssystem spreche der Umstand, daß schon das BGB das Nebeneinander von beschränkter und unbeschränkter Haftung des Erben berücksichtigt. Wenn der Erbe seine Haftung aus§ 1967 beispielsweise über§ 1975 beschränke, gleichzeitig das Handelsgeschäft unter bisheriger Firma ohne Haftungsausschluß fortführe, sei dies ein Fall, den § 2013 Abs. 2 erfasse. Dies beweise, daß ein Auseinanderfallen des Haftungsumfangs kein Argument für eine Eigenständigkeil der Haftung aus § 27 HGB bilden könne. In der Tat hat das Erbrecht die Möglichkeit einer Parallelität von beschränkter und unbeschränkter Haftung erkannt und es auch in§ 2013 Abs. 2 zum Ausdruck gebracht. Daraus allerdings einen sicheren Schluß auf eine Eingliederung des § 27 HGB zu ziehen, einer unbeschränkten Haftung, die in einem anderen Gesetz angeordnet ist, kann aber letztlich nicht überzeugen 350• Die systematische Stellung 347 Das ergibt sich schon aus der Denkschrift zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs, S. 41. 348 Vgl. oben C II 6 h. 349 Meyer, S. 31; Nelson, S. 63 mit FN 3; Schulteß, S. 38. 350 Aus der Literatur ergibt sich keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob die unbeschränkte Haftung in§ 2013 Abs. 2 die des§ 27 HGB überhaupt erfaßt oder nicht. Für eine solche Erfassung Erman I Schlüter § 2013 Rz 3; Palandt I Edenhofer § 2013

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C. Die Regelung des § 27 HGB

des § 2013 Abs. 2 am Ende des Inventarrechts spricht nämlich dafür, daß an diejenige relative 351 unbeschränkte Erbenhaftung gedacht ist, die sich aus§ 2006 Abs. 3 S. 1 ergibt. Plausibel erscheint zwar auch noch die Einbeziehung der unbeschränkten Haftung, die die Folge persönlich beschränkten Verzichts oder des Verlusts des Vorbehalts,§ 780 Abs. 1 ZPO, ist 352, weil sich diese Möglichkeiten unstrittig aus dem zivilrechtliehen Erbenhaftungssystem ergeben. Die Einbeziehung der unbeschränkten Haftung aus § 27 HOB ergibt sich dagegen nicht zwingend. c) Fehlende Lückenfüllungsfunktion des§ 27 HGB Zum Teil 353 wird für eine Eingliederung des § 27 HOB in das bürgerlichrechtliche Erbenhaftungssystem darauf verwiesen, daß § 27 HOB im Gegensatz zu § 25 HOB gerade nicht die Funktion zukomme, eine im BOB vorhandene Haftungslücke zu schließen. Diese Auffassung bedient sich dabei eines Umkehrschlusses aus § 419, § 25 HOB. § 25 HOB sei deshalb geschaffen worden, weil § 419 zwar eine Haftung des rechtsgeschäftliehen Erwerbers eines Vermögens als Ganzem begründe, nicht jedoch den Fall des Erwerbs einzelner Vermögensbestandteile354, wie beispielsweise den eines Handelsgeschäfts, erfasse. § 25 HOB stoße daher in eine Lücke und begründe eine eigene, handelsrechtliche Haftung. Dieser Lückenschluß sei auch aus Gerechtigkeitsgründen erforderlich, weil andernfalls die Geschäftsgläubiger beim Inhaberwechsel trotz Beibehaltung der Firma völlig ungeschützt wären 355 • Demgegenüber fehle es im Fall des Erwerbs eines Handelsgeschäfts kraft Erbgangs an einer solchen Lücke; der Erbe hafte bereits nach §§ 1922, 1967 Abs. 1 unbeschränkt, wenn auch beschränkbar. § 27 HOB komme dann nur noch die Funktion zu, jene Beschränkbarkeil aufzuheben, was im Ergebnis die bereits vorhandene bürgerlich-rechtliche Haftung nur modifiziere, aber keine zusätzliche handelsrechtliche Haftung begründe. Von allen bisher aufgeführten Begründungsversuchen scheint der Hinweis auf die im Gegensatz zu § 25 HOB fehlende Lückenfüllungsfunktion des § 27 HOB der überzeugendste zu sein. Es leuchtet auf den ersten Blick ein, daß § 27 HOB Anm. 4; Soergel I Stein§ 2013 Rz I, vor§ 1967 Rz 9,16 ff. Dagegen bleibt§ 27 HGB unerwähnt bei Jauemig I Stümer § 2013 Anrn. 7; MünchKomm-Siegmann § 2013; Staudinger I Lehmann II. Aufl. § 2013 Rz 9. Folglich kann nicht einmal davon gesprochen werden, dem§ 2013 Abs. 2 komme Indizwirkung für eine Eingliederung des§ 27 HGB in das zivilrechtliche Erbenhaftungssystem zu. 351 Gemeint ist die unbeschränkte Erbenhaftung einzelnen Gläubigem gegenüber. 352 Zu diesen Möglichkeiten des Verlusts des Haftungsbeschränkungsrechts einzelnen Gläubigem gegenüber vgl. oben B IV 5 b. 353 Nelson, S. 61; Pinner, S. 92 f.; Renkert, S. 57; Smeets, S. 28. 354 Die Möglichkeit, daß es sich bei dem Handelsgeschäft um den einzigen oder zumindest den wesentlichen Vermögensbestandteil des Veräußerers handelt, so daß auch in diesem Fall § 419 eingreifen könne, soll hier außer Ansatz bleiben. 355 So insbesondere Renkert, S. 57.

III. Die systematische Einordnung des § 27 HGB

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auf einem bereits vorhandenen Regelungssystem aufbaut und dieses lediglich etwas abändert, um handelsrechtliehen Notwendigkeiten gerecht zu werden. Bei näherem Hinsehen ergeben sich aber Zweifel, ob das die Erbenhaftung betreffende Regelungssystem des BGB tatsächlich so geschlossen ist, wie hier behauptet wird. Auf diesen Aspekt wird jedenfalls später zurückzukommen sein 356. Aus dem bisher Erarbeiteten ergibt sich, daß eine Modiflkationsfunktion des § 27 HGB begründbar erscheint, letzteres aber mit Zweifeln behaftet bleibt. Einer endgültigen Klärung soll zunächst eine Auseinandersetzung mit denjenigen Stimmen der Literatur dienen, die § 27 HGB als selbständige, neben das zivilrechtliche Erbenhaftungssystem tretende Regelung begreifen und sie nicht in letzteres eingliedern wollen. Danach wird, auch unter Berücksichtigung der für § 27 HGB ermittelten ratio, eine abschließende Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis der beiden Regelungskomplexe zueinander möglich sein.

4. § 27 HGB als handelsrechtliche Haftung a) Die "direkte Haftung"

Bereits kurz nach lokrafttreten des HGB bemühten sich Bolte 357 und Stegemann 358 um die bis heute umfassendste und weitestreichende Begründung einer selbständigen Haftung aus § 27 HGB. Sie vertreten die Auffassung, daß durch § 27 HGB neben das obligatorische Band aus §§ 1967 ff. ein zweites trete. § 27 HGB wohne eine rechtserzeugende Kraft inne, der man nicht gerecht würde, wenn man seine Wirkung auf die Zerstörung bestimmter Einwendungen 359 beschränke360. Gestützt werde diese These zunächst durch die Verweisung auf§ 25 HGB, die zeige, daß der Erbe wie ein Erwerber unter Lebenden, also wie jeder andere Fortführer der Firma, nach den Grundsätzen der Schuldübernahrne 361 hafte. Nicht seine Rechtsstellung als Erbe, sondern als Fortführer der Firma sei entscheidend, demnach eine vom Erbschaftserwerb völlig unabhängige Tatsache362. Des weiteren fehle der Einstellung des Geschäftsbetriebs nach§ 27 Abs. 2 HGB zur Abwendung der Haftung der Bezug zum Erbschaftserwerb und den zivilrechtliehen Beschränkungsregelungen aus§§ 1975 ff 363 . Aus alledem folge, 356 Hierzu unten C III 5 a, b. 357 Bolte ZHR 51 (1902), 413 (435 ff.). 358 H. Stegemann, S. 107 ff . 359 Die Einwendungen ergeben sich aus der Möglichkeit zivilrechtlicher Haftungsbeschränkung, vgl. oben B IV. 360 So insbesondere Bolte ZHR 51 (1902), 413 (437). 361 Bolte, S. 437; H. Stegemann, S. 107. 362 H. Stegemann, S. 107; ebenso Böckelmann, S. 45; Ewinger, S. 18; Schulze, S. 38; Thiele, S. 34; Zwade, S. 42. 363 Vgl. die in FN 362 genannten Autoren. 7 Friedrich

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C. Die Regelung des § 27 HGB

daß der Erbe aufgrundder Fortführung des Handelsgeschäfts Schuldner in eigener Person geworden sei, so wie wenn er sich durch ausdrückliche Willenserklärung verpflichtet hätte. Die daraus resultierende unbeschränkte Haftung sei - in Abgrenzung zu jener nach BGB - als "direkte" zu bezeichnen 364. Diese trete neben die zivilrechtliche Erbenhaftung, so daß ein "zweispitziges" Schuldverhältnis entstehe, dessen Spitzen sich grundsätzlich gegen dieselbe Person, den Erben, richten würden und auf das die §§ 42I ff. Anwendung fänden 365 . Gegen zwei verschiedene Personen richteten sich die Spitzen aber dann, wenn Nachlaßverwaltung oder -konkurs erfolgten 366 oder die erbrechtliche Haftung endgültig auf einen anderen übergehe367. Selbst wenn diese Auffassung zum Teil zutreffende Gedanken 368 formuliert, mit denen sich gegen eine schlichte Modifikationsfunktion des § 27 HGB argumentieren läßt, ist sie von ihrer Ausgestaltung im einzelnen und von Teilen ihrer Begründung her abzulehnen. Nicht gefolgt werden kann insbesondere der Annahme, in der Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma läge eine - konkludente - Schuldübernahmeerklärung des Erben, die die Eigenständigkeit der Haftung aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. I S. I HGB begründe. An dieser Stelle wird die Argumentation der Denkschrift 369 übernommen, die zusammen mit der älteren Rechtsprechung des Reichsgerichts Ausgangspunkt für die Erklärungstheorie gewesen ist 370. Daß dieser Theorie aber nicht zugestimmt werden kann, wurde bereits dargelegt 371 . Es kann auch nicht überzeugen, aus der erbrechtliehen und der "direkten" Haftung ein Gesamtschuldverhältnis zu konstruieren, das, sofern keine Nachlaßsonderung erfolgt, in einer Person entstehen soll. Begriffsnotwendig setzt Gesamtschuldnerschaft eine Personenmehrheit auf der Schuldnerseite voraus 372, hier aber herrscht Personenidentität Daran ändert sich 364 So Bolte, S. 437 mit FN 33. Ihm folgend H. Stegemann, S. 107; Böckelmann, S. 45; Ewinger, S. 18; Schulze, S. 38; Thiele, S. 35; Zwade, S. 42. 365 Die Annahme eines solchen Gesamtschuldverhältnisses findet sich allerdings nur bei Bolte, S. 438. 366 Die erbrechtliche Haftung müsse dann gegenüber dem Nachlaß- bzw. Konkursverwalter, die "direkte" Haftung aber gegenüber dem Erben geltend gemacht werden. Vgl. Bolte, S. 438. 367 Als Beispiele nennt Bolte, S. 438, den Nacherben und den den Erbunwürdigen verdrängenden endgültigen Erben. 368 Dies gilt für die Feststellung, daß bei der Haftung aus § 27 HGB die Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma den maßgeblichen Ansatzpunkt bildet und nicht die Rechtsstellung des Fortführenden als Erbe, sowie den Hinweis darauf, daß auch die Einstellung des Geschäftsbetriebs keinen Bezug zum Erbschaftserwerb aufweist. Hier werden Tatsachen genannt, die für eine eigenständige handelsrechtliche Haftung sprechen. Vgl. hierzu gleich unten C III 4 c. Interesse verdient auch der Umstand, daß die Selbständigkeit der handelsrechtliehen Norm im Kern auf der Bejahung eines "zweiten obligatorischen Bandes", also auf der schuldbegründenden Funktion des § 27 HGB bezieht. Hierauf wird unter C III 5 a, b zurückzukommen sein. 369 Denkschrift zum HGB, S. 36. 370 Hierzu oben C li 6 a bb (I) mit FN 210. 371 Oben C li 6 a bb (1).

III. Die systematische Einordnung des § 27 HGB

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auch nichts bei Eintritt von Nachlaßverwaltung oder -konkurs, wenn also Ansprüche gegen den Nachlaß nur gegenüber dem Nachlaß(konkurs)verwalter geltend gemacht werden können; denn auch dann bleibt allein der Erbe verhaftet 373 , weil er weiterhin Träger des Nachlasses ist 374. Diese Ablehnung der Konstruktion eines Gesamtschuldverhältnisses können auch die übrigen von Bolte angeführten Beispiele 375 nicht entkräften 376 . Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß auch diejenigen Stimmen der älteren Literatur 377 , die sich der von Bolte entwickelten "direkten" Haftung angeschlossen hatten, den Gedanken des Gesamtschuldverhältnisses nicht aufgegriffen haben. Aufgrund der aufgezeigten Mängel ist die "direkte" Haftung jedenfalls in der Form, in der sie zu Beginn dieses Jahrhunderts entwickelt wurde, abzulehnen.

b) Erbrechtliche und handelsrechtliche Haftung des fortführenden Erben

Ein Teil der Literatur 378 beschränkt sich dagegen fast durchweg auf die Feststellung, in § 27 HGB komme eine besondere handelsrechtliche Haftung des fortführenden Erben zum Ausdruck, die von derjenigen der§§ 1967 ff. streng zu unterscheiden sei 379• Eine intensivere Auseinandersetzung mit der systematischen Stellung des § 27 HGB findet aber nicht statt, vor allem wird keine Begründung für die getroffenen Feststellungen gegeben; ein Phänomen, das schon bei Teilen der Gegenansicht aufgefallen war38o. Mit einer schlichten Gegenüberstellung scheint sich auch der BGH zu begnügen 381 , der zwar nicht ausdrücklich zu dem hier untersuchten Problem Stellung genommen hat, der aber im Zusammenhang mit der Haftung des Nacherben für die vom Vorerben im Rahmen von dessen Geschäftsfortführung begründeten 372 Brox, Allgemeines Schulrecht, Rz 428; Jauemig I Stümer vor § 420 Anm. 1,3 b;

§ 421 Anm. 1.

373 So schon Nelson, S. 63. 374 Brox, Erbrecht, Rz 655, 664. 375 Vgl. oben FN 366 f. 376 Im Fall der Nacherbschaft bleibt der Vorerbe bei beschränkter Haftung des Nacherben aus § 2145 Abs. 2 verpflichtet, im Falle unbeschränkter Haftung des Nacherben steht ihm § 26 HGB analog zur Verfügung. Vgl. Nelson, S. 64. Im Hinblick auf den Erbunwürdigen paßt das Beispiel Boltes nicht; da der Anfall der Erbschaft an ihn gern. § 2344 I als nicht erfolgt gilt, war er nie Erbe und kann daher zumindest nicht unmittelbar nach § 27 HGB haften. 377 H. Stegemann, S. 107 ff.; Böckelmann, S. 45; Ewinger, S. 18; Händel, S. 39 ff.; Nicolini, S. 53; Siegismund, S. 22 ff.; Thiele, S. 34 ff.; Zwade, S. 40 ff. 378 Capelle I Canaris, S. 89; Ehrenberg I Pisko, S. 256; Hofmann, S. 140; Koenige I TeichmanniKoehler § 27 Anm. 1; A. Hueck ZHR 108 (1941), 1 (3); Werther, S. 7 ff. 379 So ausdrücklich Hopt I Mössle Rz 295. 380 Vgl. hierzu oben C III 4 vor a mit FN 343. 381 BGHZ 32, 60 (62, 66). 7*

100

C. Die Regelung des § 27 HGB

Verbindlichkeiten deutlich zwischen erbrechtlicher und handelsrechtlicher Haftung des Nacherben unterscheidet 382• Dies läßt den Schluß zu, daß der BGH § 27 HGB nicht nur als Modifikation der Haftung aus § I967 begreift 383, womit er sich in Widerspruch zu der vom Reichsgericht angedeuteten Linie setzt; letzteres sah die bürgerlich-rechtliche Erbenhaftung nämlich als durch § 27 HGB "erweitert" 384 an. c) Spezifisch handelsrechtliche Haftungsvoraussetzungen Schon die ältere Literatur 385 versuchte, die Eigenständigkeit handelsrechtlicher Haftung aus § 27 HGB damit zu begründen, daß in § 1967 der Erbe kraft seiner Rechtsstellung hafte, in § 27 HGB aber die Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma haftungsbegründend sei. Die Fortführung sei eine von dem Erbschaftserwerb völlig unabhängige Tatsache 386 und gebe der Haftung aus § 27 HGB ihr eigenes Gepräge. Dieser Gedanke taucht bei Marotzke 387 wieder auf, wenn er in§§ 27 Abs. I, 25 Abs. I S. I HGB einen Haftungsgrund erblickt, der neben den erbrechtliehen aus § 1967 tritt und den Erben nicht "als solchen", sondern als jemanden trifft, der ein von einem anderen erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt hat. In ähnlicher Richtung äußert sich Leonhardt 388 , der betont, daß die Haftung aus§ 27 HGB erst entsteht, wenn besondere handelsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Wäre die Haftung aus § 27 HGB dagegen eine erbrechtliche, müßte sie entstehen, sobald der Erbe die Erbschaft angenommen hat. Diese Auffassung lenkt den Blick darauf, daß § 27 HGB eine Norm des Handelsgesetzbuches ist und dort nicht für sich alleine steht, sondern in einen Zusammenhang mit § 25 HGB gestellt ist 389, was bei der Frage nach seiner systematischen Einordnung nicht unberücksichtigt bleiben darf. Beachtung verdient darüber hinaus das Argument, daß bei Eingliederung in das zivilrechtliche Erbenhaftungssystem die Haftung aus§ 27 HGB an die Annahme der Erbschaft gebunden sein müßte. Diese Überlegungen liefern für eine Eigenständigkeil des § 27 HGB wichtige Argumente. Ob sie im Ergebnis durchzuschlagen vermögen, wird aber erst der nächste Abschnitt zeigen.

382 Auch in Leitsatz Nr. 3 spricht der BGH von der ,,handelsrechtlichen" Haftung, BGHZ 32, 60. 383 Auch Großkomm-Hüffer § 27 Rz 13 FN 8 interpretiert den BGH in dieser Richtung. 384 RGZ 130, 52 (53). 385 H. Stegemann, S. 107; Böckelmann, S. 45; Ewinger, S. 18; Thiele, S. 34. Hierzu oben C IIl 4. 386 So insbesondere Ewinger, S. 18. 387 Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 58. Ähnlich auch Heintzenberg, S. 25. 388 P. A. Leonhardt, S. 105. 389 Das ergibt sich aus dem gemeinsamen Erfordernis der Beibehaltung der Firma.

III. Die systematische Einordnung des § 27 HGB

101

S. Die Eigenständigkeit des§ 27 HGB gegenüber dem zivilrechtliehen Erbenhaftungssystem a) Die maßgeblichen Kriterien

Die bisherige Untersuchung hat ergeben, daß für eine Eingliederung des § 27 HGB in das bürgerlich-rechtliche Erbenhaftungssystem das Fehlen einer Lükkenfüllungsfunktion dieser Norm ein beachtenswertes Argument zu bieten scheint, andererseits eine Eigenständigkeil der Haftung nach Handelsrecht sich durch die besondere Ausgestaltung der Norm (Anknüpfung an die Fortführung unter bisheriger Firma; Unabhängigkeit der Fortführung und der Einstellung des Geschäftsbetriebs vom Erbschaftserwerb) und den anders ausgerichteten Interessenschutz begründen läßt. Im Hinblick auf eine endgültige Klärung ist es an dieser Stelle notwendig, sich zu vergegenwärtigen, was eine (Un)selbständigkeit des § 27 HGB ausmachen kann, welches also die dafür maßgeblichen Kriterien sind. Zu nennen ist hier sicher die Tatsache, daß die Norm an spezifisch handelsrechtliche Haftungsvoraussetzungen anknüpft, folglich möglichst unabhängig von erbrechtliehen Voraussetzungen eine Haftung des Fortführenden eintreten läßt. Nun wird für eine unmittelbare Anwendung des § 27 HGB stets gefordert werden müssen, daß der Fortführende Erbe des Geschäftsinhabers ist, weil sonst die Unterschiede zu § 25 HGB verwischt würden. Sehr wesentlich für die Entscheidung über die systematische Stellung des § 27 HGB ist jedoch, ob die durch ihn angeordnete Haftung über die Erbeneigenschaft des Fortführenden hinaus stets auch eine bereits nach bürgerlichem Recht bestehende Haftung voraussetzt. In diesem Fall hätte sie zweifellos nur eine modifizierende, haftungsverschärfende Funktion. Dagegen wird man sie als selbständig betrachten müssen, wenn sie unabhängig von einer bürgerlich-rechtlichen Haftung eintritt. Letzteres setzt dann allerdings voraus, daß § 27 HGB auch eine eigene Schuld begründet, weil der Fortführende bei fehlender erbrechtlicher Haftung nicht schon über §§ 1922, 1967 Schuldner der früheren Geschäftsverbindlichkeiten ist 390• Die Frage nach der Eigenständigkeil der handelsrechtliehen Erbenhaftung aus

§ 27 HGB ist demzufolge eng damit verbunden, ob § 27 Abs. 1 HGB eine eigene

Schuld des Fortführenden begründet. Zu klären ist daher, wie der Begriff des "Haftens" in § 27 Abs. 1 HGB zu verstehen ist.

390 Ist der Erbe über § 1922 Schuldner der Geschäftsverbindlichkeit geworden, so haftet er auch, und sei es nur mit dem Nachlaß. Fehlt es an einer Haftung nach Erbrecht, so kann von daher auch keine Schuld übergegangen sein.

102

C. Die Regelung des § 27 HGB

b) Schuld und Haftung bei§ 27 HGB

Vorweg sei betont, daß trotz vereinzelter Kritik in der Literatur 391 an der Dichotomie von Schuld und Haftung festgehalten wird, beide Begriffe also nicht gleichgesetzt werden können, auch wenn deren enge Verbindung nicht zu leugnen ist 392. Einer raschen Antwort im Hinblick auf die in Rede stehende Norm steht aber schon die Tatsache entgegen, daß das Gesetz dort, wo es von Haftung spricht, nicht stets dasselbe meint 393 . Haftung kann einmal so viel bedeuten wie Verantwortlichkeit, und zwar mit der Folge einer möglichen Schadensersatzpflicht394. Es ist sogartrotzder Dichotomie denkbar, daß es "Schulden" , das persönliche Leistensollen 395 , meint, wo es den Terminus "Haften" verwendet 396. Ebenso ist es möglich, daß mit "Haften" beides erfaßt sein soll 397 • Ist dagegen von beschränkter oder unbeschränkter (Vermögens)Haftung die Rede, wird das Unterworfensein des Vermögens einer Person unter den Zugriff der Gläubiger in der Zwangsvollstreckung 398 ausgedrückt. Schon nach dem Wortlaut des§ 27 Abs. 1 HGB scheidet ein Verständnis aus, das von einer Verantwortlichkeit ausgeht, die eine Schadensersatzpflicht nach sich zieht; es geht nicht um Ersatzleistungen, die der fortführende Erbe erbringen soll. Denkbar ist jedoch, daß den Erben als Fortführenden eines Handelsgeschäfts aus§ 27 Abs. 1 HGB eine Verpflichtung, ein speziell handelsrechtliches Leistensollen trifft. Dafür spricht die Verweisung auf§ 25 HGB, der Veräußerer und Erwerbereines Handelsgeschäfts im Falle von dessen Fortführung unter bisheriger Firma zu Gesamtschuldnern macht 399, dem Erwerber also eine eigene Leistungspflicht auferlegt. Dagegen könnte eingewendet werden, § 27 Abs. 1 HGB ordne bezüglich der Haftung nur eine entsprechende Anwendung des § 25 HGB an und es bestehe für die Annahme einer Leistungspflicht aus § 27 HGB kein Bedürfnis, weil sich das Leistensollen des Erben bereits aus seiner Erbenstellung, § 1922, ergebe400. Richtig daran ist, daß § 27 Abs. 1 HGB nur eine entsprechende Anwendung des § 25 HGB fordert. Eine schuldbegründende Funktion des § 27 HGB vermag 391 Staudinger /J. Schmidt. Einl. zu §§ 241 ff. Rz 135. 392 Larenz, SchR-AT, § 2 IV S. 23 spricht davon, daß trotz begrifflicher Sonderung die Haftung der Schuld wie ein Schatten nachfolge. Esser I E. Schmidt § 7 S. 95 sieht die Haftung als Reaktion auf nicht erfüllte Schuld. 393 Larenz, SchR-AT§ 2 IV S. 22; MünchKomm-Kramer vor§ 241 Rz 41; Staudinger I Weber 11. Aufl. Ein!. zu §§ 241 ff. Rz K 13. 394 So insbesondere Larenz, SchR-AT§ 2 IV S. 22. 395 MünchKrmm-Kramer vor§ 241 Rz 41. 396 Z.B. in § 128 HGB; vgl. Larenz, SchR-AT § 2 IV S. 22. 397 Dies zeigt sich an § 1967. Vgl. hierzu oben B II l. 398 Larenz aaO; MünchKomm-Kramer vor§ 241 Rz 41. 399 Vgl. RGZ 135, 104 (107); GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 52. 400 Daß der Erbe Schuldner der vom Erblasser begründeten Verbindlichkeiten wird, ergibt sich bereits aus § 1922, nicht erst aus § 1967.

III. Die systematische Einordnung des § 27 HGB

103

dieses Argument aber nicht zwingend auszuschließen. Gravierender ist schon der Hinweis auf die bereits nach Erbrecht existente Schuld des Erben, die eine spezifisch handelsrechtliche Verpflichtung aus § 27 Abs. 1 HGB als überflüssig erscheinen läßt. Hiergegen ist zunächst ganz grundsätzlich anzuführen, daß es dem Privatrecht keineswegs fremd ist, eine Person aus mehreren Schuldgründen nebeneinander dem Gläubiger gegenüber verpflichtet zu sehen. Dies zeigt das Beispiel des abstrakten Schuldversprechens bzw. Schuldanerkenntnisses, durch das der Schuldner dem Gläubiger gegenüber unabhängig vom Schuldgrund eine Leistung verspricht,§ 780, oder eine Schuld als bestehend anerkennt,§ 781 401 . Auch beim Erwerb eines einzelkaufmännischen Unternehmens unter Lebenden ist es möglich, daß der Erwerber dem Geschäftsgläubiger aus zwei Schuldgründen verpflichtet ist: zum einen aus§ 25 Abs. 1 HGB als Fall eines gesetzlichen Schuldbeitritts402, zum anderen aus einem zwischen Veräußerer und Erwerber vereinbarten Schuldbeitritt 403 . Im letzten Fall handelt es sich um einen echten Vertrag zugunsten Dritter mit dem Inhalt der vorhandenen Verbindlichkeit 404 • Rechtskonstruktive Bedenken gegen das Vorliegen einer Schuld aus§ 27 Abs. 1 HGB, die neben eine Verpflichtungkraft Erbrechts tritt, vermögen demnach nicht durchzugreifen. Anders könnte es sich aber mit der Frage nach der praktischen Relevanz einer schuldbegründenden Funktion des § 27 HGB verhalten. Sie wird vor allem von jenen 405 verneint, die § 27 HGB als in das zivilrechtliche Erbenhaftungssystem integriert ansehen und gegen das von Bolte und Stegemann vertretene Konzept der "direkten Haftung" Stellung beziehen. Zutreffend ist, daß für den Regelfall des Alleinerben, der unmittelbar nach dem Tod des Erblassers das Handelsgeschäft fortführt, ein Bedürfnis für eine zusätzliche handelsrechtliche Verpflichtung nicht besteht. Dem Schutz des Handelsverkehrs ist in diesem Fall nämlich durch die bereits kraft Erbrechts eingetretene Schuldner- und Gläubigerstellung des Alleinerben Genüge getan, § 1922. Damit ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß in anderen Fallkonstellationen einer schuldbegründenden Funktion des § 27 Abs. 1 HGB sehr wohl praktische Relevanz zuteil wird. So nehmen Rechtspre401 JauemigiVollkommer §§ 780, 781 Anm. 2 a aa; PalandtiThomas vor § 780 Anm. 1 c. 402 Großkomm-Hüffer § 25 Rz 50; Jauemig I Stümer vor §§ 414, 415 Anm. 2 a; MünchKomm-Möschel vor § 414 Rz 10; Sch1egelberger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 10. 403 Der Schuldbeitrittsvertrag wird hier zwischen dem Veräußerer und Erwerber geschlossen und bedarf zu seiner Wirksamkeit nicht der Genehmigung des Gläubigers, da letzterer lediglich einen zusätzlichen Schuldner erhält, also keine Auswechslung der Schuldner stattfindet wie im Fall des § 415. 404 Vgl. Jauemig I Stümer vor §§ 414, 415 Anm. 2 b; MünchKomm-Möschel vor §414 Rz 11. 405 Vgl. GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 3; Keil, S. 34; Kohlheim, S. 45 ff.; Matthiessen, S. 25 f.; Mehlhom, S. 17 f.; Meyer, S. 30; Nelson, S. 58 ff.; Pinner, S. 90 ff. ; Renkert, S. 58, 60; Schulteß, S. 37; Smeets, S. 28 ff.; Wallerstein, S. 18 f.

104

C. Die Regelung des § 27 HGB

chung 406 und nahezu die gesamte Literatur 407 übereinstimmend an, daß der Nacherbe für die vom Vorerben und der endgültige für die vom vorläufigen Erben begründeten Geschäftsverbindlichkeiten nach § 27 Abs. 1 HGB unabhängig davon haften, ob sie bereits nach bürgerlichem Recht eine Einstandspflicht trifft 408 • Auch wenn die damit verbundenen vielschichtigen Einzelfragen noch sehr eingehender Erörterung im zweiten Teil dieser Untersuchung 409 bedürfen, wird deutlich, daß tatsächlich ein praktisches Bedürfnis dafür bestehen kann, § 27 HGB eine schuldbegründende Funktion zuzuweisen. Überall dort, wo die Schuldnerstellung des Erben nicht schon kraft Erbrechts bewirkt werden kann, wird diese durch § 27 Abs. 1 HGB zum Schutz des Handelsverkehrs herbeigeführt. Die ein solches praktisches Bedürfnis verneinende Auffassung übersieht 410 die hier angesprochenen Sonderfälle. Ihr kann daher nicht zugestimmt werden. Entscheidend für die Annahme einer aus § 27 Abs. 1 HGB resultierenden eigenen Verpflichtung des fortführenden Erben ist allerdings nicht die Bejahung eines entsprechenden Bedürfnisses in bestimmten, später noch näher zu untersuchenden Sonderfällen, sondern die Tatsache, daß für den Eintritt der Haftung die Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma durch den Erben maßgeblich ist 411 • Die Rechtsstellung als Erbe tritt dahinter zurück. Die Haftung trifft den Erben nicht "als solchen", sondern als jemanden, der ein von einem anderen erworbenes Handelsgeschäft fortführt 412 • Es ist folglich davon auszugehen, daß § 27 Abs. 1 HGB nicht nur das Unterworfensein des Erbenvermögens BGHZ 32, 60 (66). Bandasch 1Nickel § 27 Rz 10; Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 1 D; Bohnenberg§ 27 Anm. I a.E.; ErmaniHense § 2144 Rz 2; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 17; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 12; Hopt I Mössle Rz 299; Mattem BWNotz 1960, 166 (172); MünchKomm-Grunsky § 2144 Rz 3; RGRK-Johannsen § 2130 Rz 6; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 6; Staudinger I Behrends § 2144 Rz 19. 408 Rechtsprechung und Literatur (vgl. FN 406, 407) verwenden hierbei allerdings nicht die Begriffe von Schuld und Haftung, sondern heben lediglich hervor, daß es für die Haftung des Nacherben bzw. des endgültigen Erben aus § 27 Abs. I HGB im Gegensatz zur erbrechtliehen Haftung nicht darauf ankomme, daß die vom Vorerben oder vorläufigen Erben begründeten Geschäftsverbindlichkeiten einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprechen. Im Ergebnis läuft dies aber auf die Frage nach Schuld und Haftung hinaus. Geht die Verbindlichkeit nämlich nicht kraft Erbrechts auf den Nacherben oder endgültigen Erben über, können letztere nur Schuldner derselben werden, wenn man § 27 Abs. 1 HGB eine schuldbegründende Funktion zuweist.Vgl. hierzu ausführlich F I 3 b bb), wo allerdings zu der Frage kritisch Stellung genommen wird, ob die Begründung von Geschäftsverbindlichkeiten durch den Vorerben einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprechen muß, um die erbrechtliche Haftung des Nacherben auszulösen. Darüber hinaus vgl. F II 3 b aa) zum vorläufigen und endgültigen Erben. 409 Vgl. F I 3 b bb) mit Verweis auf F I 2 a bb) (2); F II 3 b aa). 410 Interessanterweise wird von der älteren Literatur bei der Firmenfortführung durch Vor- und Nacherben lediglich die Frage erörtert, ob der Vorerbe nach Eintritt des Nacherbfalls unbeschränkt weiterhaftet oder nicht. Vgl. Bolte ZHR 51 (1902), 413 (438); Keil, S. 41; Nelson, S. 63 f.; Pinner, S. 94 f.; Renkert, S. 59. 411 Zutreffend insoweit H. Stegmann, S. 107. Vgl. auch oben FN 368. 412 Vgl. Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 58. Ähnlich auch Heintzenberg, S. 25. 406

407

III. Die systematische Einordnung des § 27 HGB

105

unter den Geschäftsgläubigerzugriff anordnet, sondern auch eine Verbindlichkeit des Fortführenden begründet. Zum gleichen Ergebnis sind auch Bolte und Stegemann gekommen 413 • Dennoch liegt in der hier entwickelten Lösung keine nachträgliche Anerkennung des von ihnen entwickelten Konzepts "direkter Haftung" 414 • Es wird nämlich weder ein Gesamtschuldverhältnis aus erbrechtlicher und handelsrechtlicher Haftung angenommen noch die Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma als konkludente Schuldübernahmeerklärung gedeutet. Die Unternehmens- und Firmenfortführung sind vielmehr gesetzlich angeordnete Haftungsvoraussetzungen, die dem Erben- wie bei § 25 Abs. I HGB, jedoch modifiziert durch § 27 Abs. 2 HGB - eine Tätigkeitslast aufbürden, durch die er seiner Verantwortung für den Eintritt in einen bestehenden Geschäftskreis gerecht werden muß 415 • Führt § 27 Abs. I HGB folglich zur Entstehung einer zusätzlichen Schuld des fortführenden Erben, ist auch ein wichtiges Argument derjenigen, die diese Vorschrift in das bürgerlich-rechtliche Erbenhaftungssystem integriert sehen, entkräftet. Daß § 27 HGB im Gegensatz zu § 25 HGB nicht die Funktion zukomme, eine nach bürgerlichem Recht bestehende Haftungslücke zu schließen 416 , läßt sich nämlich nur für den Regelfall der Fortführung des Handelsgeschäfts durch den Alleinerben, der unmittelbar nach dem Erbfall die Geschäfte aufgenommen hat, behaupten 417 • Diese Aussage kannjedoch nicht auf sämtliche denkbaren Fälle der Fortführung durch Erben erstreckt werden, weil Konstellationen denkbar sind, in denen die Schuldnerstellung und Haftung des fortführenden Erben sich · nicht bereits aus dem Erbrecht ergeben, sondern nur durch § 27 Abs. 1 HGB herbeigeführt werden können. c) Vereinbarkeil mit derratiodes § 27 HGB

Begründet § 27 Abs. 1 HGB eine eigene Schuld des fortführenden Erben und kann insoweit gegenüber dem bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftungssystem als selbständig betrachtet werden, bedarf es noch der Überprüfung, ob dieses Ergebnis mit derratiodes § 27 HGB vereinbar ist. Zwar ist die Frage der systematischen Stellung der Norm eine andere als die nach seiner ratio. Dies besagt allerdings noch nicht, daß sie völlig losgelöst davon zu beantworten ist. Denn auf den Grad der Eigenständigkeil einer Norm läßt sich ohne Berücksichtigung ihrer Inhalte, Zwecke und der ihr zugrundeliegenden Prinzipien kaum sicher schließen. Hierzu oben C III 4 a. Zur Kritik an Bolte und H. Stegmann vgl. C III 4 a. 415 Vgl. hierzu oben C II 6 h. 416 Vgl. oben C III 3 c. 417 Hier haftet der Fortführende für sämtliche früheren Geschäftsverbindlichkeiten bereits nach§§ 1922, 1967. 413

414

106

C. Die Regelung des § 27 HGB

Es ist Zweck des § 27 HGB klarzustellen, daß auch der Erbe unbeschränkt haftet, wenn er ein Handelsgeschäft unter bisheriger Firma fortführt 41 s. Zielrichtung ist der Schutz der alten Geschäftsgläubiger, die ihre Forderungen vor Übernahme der Geschäftsführung durch den Erben begründet hatten. Bei Vorliegen bestimmter handelsrechtlicher Voraussetzungen 419 soll diesen Gläubigem nicht nur das Erblasservermögen in Form des Nachlasses, sondern auch das Eigenvermögen des Erben als Haftungsmasse zur Verfügung stehen. Der Erbe wird dadurch gemäß dem Prinzip der Gleichbehandlung des Gleichsinnigen 420 jedem rechtsgeschäftliehen Erwerbereines Handelsgeschäfts, der nach § 25 Abs. 1 S. 1 HGB unbeschränkt haftet, gleichgestellt. Eine haftungsrechtliche Bevorzugung des Erben wird auf diese Weise vermieden. Gerade das zuletzt angeführte, dem§ 27 HGB zugrundeliegende Prinzip spricht für eine rein handelsrechtlich ausgestaltete Haftung, kommt darin doch eine Ausrichtung auf§ 25 HGB, der unstreitig eine handelsrechtliche Haftung begründet, zum Ausdruck. Sie verdeutlicht, daß es spezifisch handelsrechtliche Bedürfnisse waren 421 , die die Schaffung des§ 27 HGB erforderlich machten, nicht etwa erbrechtliche. Nicht ganz so eindeutig scheint auf den ersten Blick die Vereinbarkeil einer selbständigen handelsrechtliehen Haftung, die gerade in der auch schuldbegründenden Funktion des § 27 HGB ihre Ausprägung findet, mit dem ermittelten Zweck der Norm zu sein, weil jener schwerpunktmäßig auf die Klarstellung des Umfangs der Haftung 422 des fortführenden Erben abzielt und insoweit ja auch vom Zweck des § 25 HGB abweicht 423 • Hier gilt es jedoch zu betonen, daß die Klarstellungsfunktionen der§§ 25,27 HGB nur schwerpunktmäßig differieren. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß in besonders gelagerten Fällen 424 die Klarstellungsfunktion bei § 27 HGB sich auch auf das Ob der Haftung für frühere Geschäftsverbindlichkeiten erstrecken und die Schuldnerstellung des Fortführenden erfassen kann 425 , sofern der Schutz des Handelsverkehrs dies erfordert. Vgl. oben C II 6 h. Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma über die Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB hinaus. 420 Vgl. oben C II 6 h. 421 Hier: die Klarstellung von Haftungsverhältnissen. 422 Im Regelfall, also bei Fortführung des Unternehmens durch den Erben unmittelbar im Anschluß an den Erbfall, besteht über das OB der Haftung kein Zweifel, weil der Erbe bereits nach § 1922 Schuldner sämtlicher Geschäftsverbindlichkeiten ist. 423 Vgl. nur oben C II 6 a cc). 424 Sie liegen immer dann vor, wenn der Fortführende nicht schon kraft Erbrechts für frühere Geschäftsverbindlichkeiten haftet. Diese Fallkonstellationen werden im 2. Teil der Untersuchung noch eingehend zu untersuchen sein, vgl. F I 3 b bb) mit Verweis auf F I 2 a bb) (2); F II 3 b aa). 425 A.A. GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 3; Werther, S. 25 f., deren Ausführung für den Regelfall des Alleinerben zwar zutreffen, die aber beide die hier angesprochenen Sonderfälle der Fortführung des Handelsgeschäfts durch die Vorerben und vorläufigen Erben nicht in ihre Überlegungen einbeziehen. 418 419

III. Die systematische Einordnung des § 27 HGB

107

d) Ergebnis

§ 27 HGB ist gegenüber dem bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftungssystem eine selbständige Haftungsnorm und kann nicht als in dieses System integriert angesehen werden. Anderenfalls würden nämlich die Unterschiede, die sich im Hinblick auf die Regelungsstruktur sowie die Ausrichtung des Interessenschutzes ergeben, in unzulässiger Weise verwischt. § 27 HGB knüpft an spezifisch handelsrechtliehe Haftungsvoraussetzungen an, die der Norm ein eigenständiges Gepräge geben. Den deutlichsten Ausdruck ihrer Selbständigkeit findet die Norm darin, daß sie nicht lediglich die Zugriffsmöglichkeiten der alten Geschäftsgläubiger auf das Erbenvermögen erweitert, sondern darüber hinaus eine Verbindlichkeit des Fortführenden begründet, was in bestimmten, im zweiten Teil dieser Untersuchung noch eingehend darzulegenden Sonderfallen im Hinblick auf den Schutz des Handelsverkehrs von entscheidender Bedeutung sein kann.

D. Zusammenfassung: Ergebnisse des ersten Teils Im ersten Teil der Untersuchung waren Grundlagenfragen zu erörtern, die für das Verständnis haftungsrechtlicher Zusammenhänge bei der Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens durch den Erben von entscheidender Bedeutung sind. Die Ermittlung der ratio des § 27 HGB führt zunächst zu der Feststellung, daß sie sowohl durch den Normzweck als auch durch das der Regelung zugrundeliegende Prinzip, ihren vernünftigen Grund, bestimmt wird. Zweck des § 27 HGB ist es, zum Schutz des Handelsverkehrs klarzustellen, daß auch der Erbe für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten im Falle der Firmenfortführung unbeschränkt haftet. Diese Klarstellungsfunktion bezieht sich schwerpunktmäßig auf den Umfang der Haftung, weil der Erbe regelmäßig schon nach bürgerlichem Erbrecht Schuldner der früheren Geschäftsverbindlichkeiten ist. Insoweit unterscheidet sich der Normzweck des § 27 HGB auch von dem des § 25 HGB. Nicht ausgeschlossen ist damit jedoch, daß die Klarstellungsfunktion des § 27 HGB sich auf das Ob der Haftung, die Schuldnerstellung des fortführenden Erben also, erweitern kann, sofern der Schutz des Handelsverkehrs dies erfordert. Ihren vernünftigen Grund findet die Vorschrift darin, daß sie dem Prinzip der Gleichbehandlung des Gleichsinnigen Geltung verschafft. Da es für die Geschäftsgläubiger unerheblich ist, ob der Wechsel des Unternehmensträgers auf Rechtsgeschäft beruht oder kraft Erbrechts eintritt, soll der fortführende Erbe haftungsrechtlich nicht besser gestellt sein. Er kann seine Haftung für frühere Geschäftsverbindlichkeiten nicht durch Nachlaßverwaltung oder -konkurs beschränken, da § 27 Abs. 1 HGB eine unbeschränkte Haftung anordnet. Insofern wird der Erbe durch die handelsrechtliche Norm jedem rechtsgeschäftliehen Erwerber des Handelsgeschäfts gleichgestellt. § 27 HGB stellt gegenüber dem bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftungssystem eine selbständige Haftungsnorm dar. Sie ist nicht in dieses System integriert, weil sie an spezifisch handelsrechtliche Haftungsvoraussetzungen anknüpft und die Ausrichtung des Interessenschutzes von der des Erbenhaftungssystems nach BGB abweicht. Der deutlichste Ausdruck dieser Selbständigkeit findet sich in der schuldbegründenden Funktion des § 27 HGB.

II. Te i I

Ausgewählte Probleme der Erbenhaftung bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens Auf der Grundlage der im ersten Teil ermittelten ratio des § 27 HGB und seines herausgearbeiteten Verhältnisses zur bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftung kann sich die Untersuchung nun denjenigen haftungsrechtlichen Fragen bei der Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens zugewenden, die in der wissenschaftlichen Diskussion bisher kaum Gegenstand intensiver Betrachtung gewesen sind. Dabei wird der zwischen Erbrecht und Handelsrecht hin und her wandemde Blick beibehalten.

E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten Nachlaßverbindlichkeiten, § 1967, und frühere Geschäftsverbindlichkeiten, § 27 HGB, haben bereits kurze Erwähnung gefunden 1• Wenn sie im folgenden

in gegenüberstellender Form genauer untersucht werden, hat dies seinen Grund zunächst darin, daß eine exakte Begriffsklärung für die Lösung haftungsrechtlicher Probleme bei der Fortführung des Handelsgeschäfts durch den Vorerben, vorläufigen Erben und vermeintlichen Erben erforderlich ist 2 • In dieser mehr vorbereitenden Funktion erschöpft sich dieser Abschnitt freilich nicht. Er soll vielmehr darüber hinaus die Frage beantworten, ob Nachlaßverbindlichkeiten und frühere Geschäftsverbindlichkeiten deckungsgleich sind, wie in Teilen der Literatur 3 unter Heranziehung einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs 4 neuerdings behauptet wird. Diese These, die bislang unwidersprochen geblieben ist, 1 Zu den Nachlaßverbindlichkeiten vgl. B li 1. Zu den früheren Geschäftsverbindlichkeiten vgl. oben C I 2 a. 2 So stellt sich beispielsweise die Frage, ob der Nacherbe für die vom Vorerben eingegangenen Geschäftsverbindlichkeiten auch nach bürgerlichem Erbrecht haftet. Dies ist zu bejahen, wenn sie für den Nacherben zugleich Nachlaßverbindlichkeiten darstellen, § 1967 Abs. 1, 2. Ausführlich hierzu unten F I 2 a bb) (2). 3 So Großkomm-Hüffer § 27 Rz 17: "Frühere Verbindlichkeiten im Sinne des§ 27 Abs. 1 sind auch diejenigen, die den Erben als solchen treffen; der zu eng geratene Wortlaut des § 27 Abs. 1 ist so auszulegen, daß er jedenfalls denselben Kreis von Verpflichtungen abdeckt wie § 1967 Abs. 2 BGB." Und in Rz 18: ,,Zu denjenigen Verbindlichkeiten, die den Erben als solchen treffen, gehören auch die Nachlaßerbenschulden." 4 BGHZ 32, 60 (66).

110

E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

erscheint nach den bisherigen Ergebnissen dieser Untersuchung zweifelhaft, widerspricht sie doch der Selbständigkeit handelsrechtlicher Haftung aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB. Einen Schwerpunkt der nachfolgenden Erörterungen bildet schließlich die Gegenüberstellung von Nachlaßerbenschulden und neuen Geschäftsschulden. Neben einer Begriffsklärung wird vor allem zu untersuchen sein, ob der fortführende Erbe für die von ihm selbst begründeten neuen Geschäftsverbindlichkeiten stets auch mit dem Nachlaßvermögen haftet und welche Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten auf den Nachlaß andererseits für ihn bestehen.

I. Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 Gemäß § 1967 Abs. 1, 2 haftet der Erbe für die vom Erblasser herrührenden und diejenigen Verbindlichkeiten, die den Erben als solchen treffen. Die nähere Kategorisierung der im einzelnen darunter fallenden Schulden ist in der Literatur sehr uneinheitlich. Vorzugswürdig erscheint eine möglichst einfache, überschaubare Gliederung.

1. Erblasserschulden Hierunter fallen diejenigen Schulden, die in der Person des Erblassers begründet wurden und insoweit von ihm herrühren, § 1967 Abs. 2 Alt. 1, unabhängig davon, ob sie auf einem Rechtsgeschäft oder auf Gesetz beruhen 5 • Von einer Erblasserschuld ist auch dann zu sprechen, wenn der maßgebliche Entstehungsgrund zwar noch zu Lebzeiten des Erblassers geschaffen wurde, die Verbindlichkeit aber erst nach dem Erbfall ihre rechtlichen Wirkungen entfaltet 6 • Dies ist der Fall bei einer vom Erblasser begründeten, aufschiebend bedingten Verbindlichkeit, wenn die Bedingung erst nach dem Erbfall eintritt 7 • Ähnlich liegt es bei einer vom Erblasser begangenen unerlaubten Handlung, sofern der Schaden erst nach dem Tod zur Entstehung gelangt 8 , oder im Falle einer vom Erblasser übernommenen Bürgschaft für eine künftige Schuld, die erst nach seinem Tod begründet wird 9 • Maßgeblich für eine Erblasserschuld ist demzufolge, daß der entscheidende Teil ihrer Entstehung noch dem Pflichtenkreis des Erblassers angehört 10; er muß seiner Sphäre noch zuzurechnen sein 11 • 5 Brox, Erbrecht, Rz 625; Jauemig/Stümer § 1967 Rz la; Leipold Rz 511; Palandt/ Edenhofer § 1967 Anm. 1 a. 6 Brox, Erbrecht, Rz 627; Schlüter §50 II 1 S. 421. 7 Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 19. RG HRR 1942, 522. s BGH WM 1976, 808; hierzu John Rz 512 f. 9 Zur Frage des Übergangs der Pfichten des Erblassers auf den Erben, vgl. insbesondere Boehmer, RG Festgabe 3. Bd, S. 216 (217 f.); ders. JW 1938, 2634 ff. 10 Schlüter § 50 li 1 S. 421. 11 Brox, Erbrecht Rz 625.

I. Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967

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2. Erbfallschulden Der Begriff der Erbfallschulden wird in der erbrechtliehen Literatur sehr unterschiedlich definiert. Übereinstimmung herrscht nur insoweit, als damit Verbindlichkeiten gemeint sind, die unmittelbar mit dem Erbfall entstehen und den Erben "als solchen" treffen 12, wie z. B. die in§ 1967 Abs. 2 Alt. 2 genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen 13 • Dagegen werden die Schulden, die erst nach dem Erbfall aufgrund der Nachlaßabwicklung 14 oder infolge von Geschäften für den Nachlaß 15 entstehen (Nachlaßkosten- und Nachlaßverwaltungsschulden), von einem Teil des Schrifttums zwarden Verbindlichkeiten zugeordnet, die den Erben als solchen treffen, § 1967 Abs. 2 Alt. 2, aber nicht als Erbfallschulden angesehen 16• Eine Trennung der Erbfallschulden von den Nachlaßkosten-und Nachlaßverwaltungsschulden überzeugt allerdings nur, wenn die Entstehungsvoraussetzungen sich erheblich unterscheiden. Dies wird man hier verneinen müssen, weil alle in Rede stehenden Verbindlichkeiten erst nach dem Tod des Erblassers zur Entstehung gelangen 17 • Die maßgebliche Abgrenzung erfolgt also gegenüber den Erblasserschulden: Erbfallschulden sind sämtlich nie in der Person des Erblassers entstanden. Von daher ist es angemessen, den Begriff der Erbfallschuld in einem weiten Sinn zu verstehen 18 • Er umfaßt alle Verbindlichkeiten, die aus Anlaß des Erbfalls und in Bezug auf den Nachlaß 12 Brox, Erbrecht, Rz 626; Jauernig I Stürner § 1967 Anm. 1,3; John Rz 514 f. ; Kipp I Coing § 93 II S. 539 ff.; Lange I Kuchinke § 49 III S. 829 ff.; Leipold Rz 512; v. Lübtow, S. 1096 ff.; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 13 ff.; Palandt I Edenhofer § 1967 Anm. 3; RGRK-Johannsen § 1967 Rz 9; Schlüter § 50 III, IV S. 422 f.; Soergel I Stein § 1967 Rz 1,7; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 30 ff. n Darüber hinaus sind als Erbfallschulden in diesem engeren Sinn anerkannt: Erbersatzanspruch § 1934 a; Beerdigungskosten § 1968; Dreißigster§ 1969; Voraus§ 1932; Zugewinnausgleich § 1371 Abs. 2, 3; Erbschaftssteuer § 20 Abs. 3 ErbstG; Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Mutter des erbberechtigten nasciturus nach § 1936. 14 Hierunter fallen die Kosten der Testamentseröffnung § 2260, der gerichtlichen Nachlaßsicherung § 1960, der Erbauseinandersetzung §§ 2042 ff., eines Gläubigeraufgebots §§ 1970 ff., einer Nachlaßverwaltung § 1981, der Nachlaßpflegschaft § 1961, der Inventarerrichtung §§ 1993 ff., des Nachlaßkonkurses §§ 214, 224 Nr. 2- 4 KO oder -Vergleichsverfahrens §§ 113, 105 VglO, der Feststellung des Fiskus als Erben § 1964. Vgl. Jauernig I Stürner § 1967 Anm. I b, c; Lange IKuchinke § 49 IV 2 aS. 883; Schlüter § 50 IV S. 422. 15 Gemeint sind damit Schulden aus der Verwaltung durch Nachlaßpfleger, -verwalter oder -konkursverwalter sowie die Vergütungsansprüche aus ihrer Tätigkeit; darüber hinaus aber auch die Verpflichtungen zum Aufwendungsersatz gegenüber dem vorläufigen Erben aus§§ 1959 Abs. I, 683 S. 1, 670. Vgl. hierzu JauernigiStürner § 1967 Anm. I c; v. Lübtow, S. 1097; Schlüter §50 IV S. 422. 16 In diesem Sinne Jauernig I Stürner § 1967 Anm. 1 b, c; Lange I Kuchinke § 49 III f. S. 829 ff.; v. Lübtow S. 1096 ff.; Schlüter §50 III f. S. 422 f.; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 30 ff. 17 A.A. Boehmer, RG-Festgabe 3. Bd., S. 217 (262), der bei diesen Verbindlichkeiten erhebliche Unterschiede in ihrer Entstehung und rechtlichen Behandlung sieht. 18 So Brox, Erbrecht, Rz 627; John Rz 515; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 13 ff.; PalandtiEdenhofer § 1967 Anm. 3; Soerge11Stein § 1967 Rz 1,7.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

entstehen 19. Der Unterschiedlichkeit zwischen den Erbfallschulden im engeren Sinn und den Nachlaßkosten- und -verwaltungsschulden, die sich rechtlich vor allem im Konkursverfahren 20 äußert, ist damit Genüge getan.

3. Nachlaßerbenschulden Eine dritte Gruppe von Nachlaßverbindlichkeiten ist im Gesetz nicht erwähnt, jedoch seit langer Zeit in Rechtsprechung 21 und Literatur 22 anerkannt. Es handelt sich um Verbindlichkeiten insbesondere aus Rechtsgeschäften, die der Erbe in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses vorgenommen 23 und für die er sich gleichzeitig persönlich verpflichtet hat. Sie werden als Nachlaßerbenschulden24 oder Nachlaßeigenschulden 25 bezeichnet, deren besonderes Kennzeichen darin liegt, daß ihnen eine Doppelstellung als Nachlaßverbindlichkeit und Eigenschuld zukommt 26. a) Historische Entwicklung und heutiger Begriff

Die Durchsetzung des Begriffs der Nachlaßerbenschuld in Rechtsprechung und Literatur beendete den Streit darüber, wie Verbindlichkeiten rechtlich einzuordnen sind, die der Erbe in Verwaltung des noch ungeteilten Nachlasses eingehen konnte. Das Reichsgericht hatte zunächst ohne nähere Begründung eine in solcher Weise begründete Schuld als Nachlaßverbindlichkeit eingeordnet 27. In nachfol19 MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 13. 20 Im Gegensatz zu den meisten Erbfallschulden in diesem engeren Sinn (vgl. FN

13) werden die meistenNachlaßkosten-und Nachlaßverwaltungsschulden im Konkurs als Masseschulden i. S. d. §§ 59 Abs. 1, 227 KO behandelt. Nur die Kosten der standesgemäßen Beerdigung, § 1968, gelten auch als Masseschulden, § 224 Abs. 1 Nr. 2 KO. 21 RGZ 90,91 (93); 112, 129 (131); RG JW 1927, 1196 (1197); RGZ 146, 343 (345); BGHZ 32, 60 (64); 38, 187 (193 f.); 71, 180 (187). 22 Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 114, 117 ff.; ders. RG-Festgabe 3. Bd., S. 217 (264); ders. JW 1938, 2634 (2636); Brox, Erbrecht, Rz 628; Erman/Sch1üter § 1967 Rz 2,9; Jauernig I Stümer § 1967 Anm. 3; Kipp I Coing § 93 m S. 541; Lange/ Kuchinke § 49 VI S. 834; Leipold Rz 513; von Lübtow, S. 1098; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 26; Palandt/Edenhofer § 1967 Anm. 4; RGRK Johannsen § 1967 Rz 12; Soergel I Stein § 1967 Rz 1,8; Sch1üter § 50 VI S. 424; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 5 ff.; Heilemann, S. 12. Aus der älteren Literatur haben auf die Möglichkeit eines gleichzeitige Vorliegens von Eigen- und Nachlaßverbindlichkeit hingewiesen: Kretzschmar, Erbrecht,§ 72 III 2; F. Leonhard § 1967 Anm. VB 3; Riesenfeld, Erbenhaftung 1. Bd., S. 63; Strohal II S. 178. 23 Diese allgemeingehaltene Definition wird unten E I 3 a noch präzisiert. 24 Der Begriff der Nachlaßerbenschuld wurde geprägt von Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 114. 2s So die Dezeichung bei Schlüter § 50 VI S. 424. 26 So explizit MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz. 26. Vgl. auch die in FN 22 genannte Literatur.

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genden Entscheidungen erklärte es dann als konstituierend für die Annahme einer vom Erben begründeten Nachlaßverbindlichkeit, daß die Verpflichtung vom Standpunkt eines sorgfältigen Verwalters in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses eingegangen worden sei 28 • Es begründete dies darnit 29 , daß das Gesetz den Erben im Fall einer Separation als Beauftragten, als Verwalter des Nachlaßvermögens behandle, der den Nachlaß von vornherein 30 als fremdes Gut zu betrachten habe, vgl. §§ 1978, 1979. Gehe derErbe in Erfüllung dieser Verwaltungspflicht eine Verbindlichkeit ein, so stehe ihm ein Aufwendungsersatz- oder Befreiungsanspruch gegen den Nachlaß unter der Voraussetzung zu, daß er die Eingebung besagter Verbindlichkeit für die Verwaltung erforderlich halten und er den Umständen nach annehmen durfte, daß der Nachlaß zur Berichtigung aller Nachlaßverbindlichkeiten ausreiche, §§ 1979, 1978 Abs. 3, 670, 257. Der Anspruch aus der in diesem Sinne ordnungsmäßigen Verwaltung stelle im Nachlaßkonkurs zugleich eine Masseschuld nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 KO dar. Dies zugrunde gelegt, hielt es das Reichsgericht für nur folgerichtig, in den Fällen, in denen dem Erben ein Befreiungsanspruch aus § 257 zustehe, den Gläubigern der vom Erben eingegangenen Verbindlichkeiten einen eigenen Anspruch auf Berichtigung ihrer Forderungen unmittelbar gegen den Nachlaß zu gewähren. Diese Ausführungen des Reichsgerichts können vom Ergebnis sowie von der Begründung her letztlich überzeugen. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, daß die gewählte Lösung interessengerecht ist. Einerseits kann der Nachlaß durch Verbindlichkeiten des Erben nur insoweit belastet werden, als deren Begründung ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach. Einer Überschuldung des Nachlasses durch Handlungen des Erben ist also vorgebeugt und damit insbesondere den Interessen der bisherigen Nachlaßgläubiger gedient. Darüber hinaus ist es für den Nachlaß letztlich gleich, ob er den Erben freistellen muß oder direkt von den Neugläubigern in Anspruch genommen wird. Mit Zahlung an die Gläubiger ist nämlich zugleich die Erbenforderung in Form des Befreiungsanspruchs befriedigt. Den Vertragspartnern des Erben erspart der Direktanspruch gegen den Nachlaß schließlich, den Schuldbefreiungsanspruch des Erben pfänden und überweisen zu lassen 31 • Wenn aber insbesondere Teile der älteren Literatur 32 die Argumentation des Reichsgerichts dahingehend kritisieren, daß die§§ 1978, 1979 nur das Innenverhältnis zwischen Erben und dem Nachlaß beträfen und deshalb 21 RGZ 35, 418 (419). Die Frage, ob es sich dabei um reine Nachlaßverbindlichkeiten handelte oder auch Eigenverbindlichkeiten begründet wurden, konnte offen bleiben, weil das Problem einer persönlichen Haftung des Erben sich in diesem Fall nicht stellte. 2s Der Bezug zur Verwaltung des Nachlasses findet sich schon in RGZ 35,418 (419); 62, 38 (41 ). Auf die Ordnungsmäßigkeit abstellend dann RGZ 90, 91 (95); 112, 129 (131); RG JW 1927, 1196 (1197); RG Gruchot 72,330 (333); RGZ 146, 343 (346). 29 Als maßgeblich ist insoweit die Entscheidung RGZ 90, 91 (94 f.) anzusehen. 30 Also bereits vor der Separation. 31 Erman/Schlüter § 1967 Rz 9; Staudinger/Marotzke § 1967 Rz 42. 32 Bartholomeyczik DGWR 1938, 321; Goldstein, S. 69 f.; P. A. Leonhardt, S. 118.

8 Fricdrich

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

ein Schluß auf das Außenverhältnis unzulässig sei, vermag dies nicht zu überzeugen. Der Einwand ist zu formal, als daß er die auf eine interessengerechte Lösung hin ausgerichtete Begründung tatsächlich in Frage stellen könnte. Zudem bleiben die Kritiker einen eigenen Begründungsweg schuldig. Ebensowenig greift die Auffassung durch, daß gemäß dem Surrogationsprinzip in§§ 2111, 2041 zumindest bei Vorerben und Miterben sämtliche Vorteile aus den von ihnen getätigten Rechtsgeschäften dem Nachlaß zufließen, ohne daß es insoweit auf die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltungsmaßnahme ankäme 33• Zum einen sagt dies für den Alleinerben nicht zwingend etwas aus, weil es bei ihm an einer solchen Surrogationsregelung gerade fehlt 34• Zum anderen wird für den Fall des§ 2111 übersehen, daß die Surrogation nicht schon mit der Begründung der Verbindlichkeit bewirkt wird, sondern erst dadurch, daß der Erbe den Gegenstand mit Nachlaßmitteln erlangt. Der Surrogation geht hier also stets eine Schmälerung des Nachlasses voraus. Daß der Gegenstand dann unabhängig davon, ob die zugrundeliegende Verbindlichkeit einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprach, in den Nachlaß fällt, erscheint von daher keineswegs so unbillig, wie behauptet. War demnach die grundsätzliche Befugnis des Erben, neue Nachlaßverbindlichkeiten einzugehen, vom Reichsgericht überzeugend begründet, so stellte es später wiederholt 35 klar, daß das Vorliegen einer solchen Nachlaßschuld nicht durch die gleichzeitige Begründung einer persönlichen Verpflichtung ausgeschlossen werde. Dies insbesondere deshalb, weil den gesetzlichen Vorschriften Gegenteiliges nicht zu entnehmen sei 36• Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung dann fortgesetzt 37 • In der Literatur hat Boehmer der Nachlaßerbenschuld, jener Zwittematur 38 von Nachlaßverbindlichkeit und Eigenschuld des Erben, zum Durchbruch verholfen 39• Im Gegensatz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung, die die Möglichkeit einer Doppelnatur nie ausgeschlossen hatte 40, bevor sie sich ausdrücklich zu ihr bekannte 41 , war in der Literatur und Teilen der Instanzgerichte genau dies umstritten. Aus Rechtsgeschäften des Erben in Verwaltung des Nachlasses sollten entwe-

Bartholomeycik DGWR 1938, 321 (324); Go1dstein, S. 70. Zur Frage, ob auch beim Alleinerben der Grundsatz dinglicher Surrogation anzunehmen ist, ausführlicher unten E III 1 c cc) (3) (c) (cc) mit FN 246. · 35 RGZ 90, 91 (93); 112, 129 (131); RG JW 1927, 1196 (1197); RG Gruchot 72, 330. 36 RGZ 90, 91 (93). 37 BGHZ 32,60 (64) mit FN 3; 38, 187 (193); BGH BB 1968,769 (770); BGH WM 1973, 361 (362); BGHZ 71, 180 (187). 38 So Boehmer, Erfolge und Erbenhaftung, S. 114. 39 Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 114 f., 117 ff.; ders., RG-Festgabe 3. Bd., S.217 (264); ders. JW 1938,2634 (2636); Staudinger/Boehmer 1l.Aufl. § 1922 Rz 214 f. 40 Vgl. insoweit oben FN 27. 41 RGZ 90, 91 (93). 33 34

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der reine Nachlaßverbindlichkeiten 42 oder nur Eigenverbindlichkeiten des Erben43 entstehen können. Beide Auffassungen konnten jedoch nicht überzeugen. Soweit vorgebracht wurde, daß es unmöglich sei, durch eine Verbindlichkeit zugleich Nachlaß- und Erbenvermögen zu belasten 44, war dem entgegenzuhalten, daß das Gesetz selbst eine solche Belastung für möglich erachtet, wenn es bei Verwirkung der Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten des Erben den Nachlaßgläubigem das Recht beläßt, die Separation noch herbeizuführen 45, arg. § 2013 Abs. l. In diesem Fall können sich die Nachlaßgläubiger sowohl aus dem Nachlaß als auch aus dem Eigenvermögen befriedigen. Es setzte sich folglich in der Literatur die Erkenntnis durch, daß bei Rechtsgeschäften des Erben in Verwaltung des Nachlasses dieser grundsätzlich nicht nur sich in eigener Person, sondern auch den Nachlaß verpflichtete, er also durch eigene Handlungen Nachlaßverbindlichkeiten begründen konnte. Für die Nachlaßerbenschulden sollte nicht nur der Erbe "als solcher", sondern auch als Inhaber seines Eigenvermögens aus persönlicher Schuld haften 46. Umstritten blieb nur, unter welchen Voraussetzungen eine vom Erben begründete Nachlaßverbindlichkeit anzunehmen sei. Wie ausgeführt werden die Interessen der Nachlaßgläubiger 47 nämlich gefährdet, sollte es dem Erben möglich sein, den Nachlaß durch Verwaltungshandlungen beliebig zu belasten 48 . Der Standpunkt des Reichsgerichts, entscheidend für die Annahme einer Nachlaßverbindlichkeit sei allein die objektive Sachlage 49, während es nicht darauf ankomme, ob die Verbindlichkeit ausdrücklich für den Nachlaß übernommen oder die Beziehung zum Nachlaß dem Geschäftsgegner erkennbar gemacht wurde 5°, stieß

42 Binder, Die Rechtsstellung des Erben II S. 36 ff. mit FN 73; Borcherdt AcP 94, 197 (198 f.); Scheye Gruchot 52, 806 (809). Binder hat allerdings seiner Auffassung, daß reine Nachlaßverbindlichkeiten entstünden, später aufgegeben: ders., Bürgerliches Recht, Erbrecht, S. 71 mit FN 9. 43 OLG Köln PucheltsZ 35, 463 (464 f.); Eccius Gruchot 51, 564 (566 ff.) und 52, 810 ff.; Hellwig § 33 II S. 228 mit FN 12; Maenner LZ 1922,282 (283 ff.); Zahn, S. 30 ff. 44 Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 39 FN 73. 45 So zutreffender Boehmer, RG-Festgabe 3. Bd., S. 217 (264). 46 Binder, Bürgerliches Recht, Erbrecht, S. 71 FN 9; Crome § 719 II 2 b; Kretzschmar, Erbrecht, § 72 IIl 2; F. Leonhard § 1967 Anm. V B 3; Planck I Flad § 1967 Anm. 6 a; Siber, S. 46; Staudinger I Boehmer 11. Aufl. § 1922 Rz 14. Zur jüngeren Literatur vgl. oben FN 22. 47 Hierzu allgemein oben B I und B V. 48 Planck I Flad § 1967 Anm. 6. - In der neueren Literatur hat auf dieses Problem insbesondere Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 41 hingewiesen, indem er betont, die in § 1967 Abs. 2 gegebene Definition der Nachlaßverbindlichkeiten dürfe nicht beliebig erweitert werden. 49 Die Verbindlichkeit muß vom Standpunkt eines sorgfältigen Verwalters in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses eingegangen sein. So RGZ 90, 91 (95) und die oben in FN 28 angegebenen Entscheidungen des Reichsgerichts. so RGZ 90, 91 (95).

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

in Teilen der älteren Literatur auf mehr 51 oder minder 52 starken Widerspruch. So wurde darauf verwiesen, daß eine Nachlaßschuld nur dann entstehen könne, wenn der Erbe bei der Vomahme von Verwaltungshandlungen in irgendeiner Weise kundgibt, daß er in seiner Eigenschaft als Erbe handeln und daher den Nachlaß verpflichten wolle. Es müßten das objektive und das subjektive Moment, das Tätigwerden in Verwaltung des Nachlasses und der kundgewordene, hierauf gerichtete Wille des Erben, zusammentreffen 53 • Zu Recht hat sich aber die Ansicht des Reichsgerichts nicht nur in der Rechtsprechung, sondern auch in der Literatur durchgesetzt 54• Geht es nämlich darum, eine Beeinträchtigung der Nachlaßgläubiger infolge beliebiger Begründung von Nachlaßverbindlichkeiten zu verhindem 55 , wird diesem Ziel schon damit gedient, daß eine Haftung des Nachlasses nur dann möglich sein soll, wenn das vom Erben vorgenommene Rechtsgeschäft ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Der Belastung des Nachlasses sind durch dieses objektive Kriterium bereits Schranken gesetzt. Eine - zusätzliche - Kundbarmachung gegenüber dem Vertragspartner wäre dagegen nur dann zu fordern, wenn dieser schutzbedürftig erscheint. Letzteres ist jedoch zu verneinen, weil die Kundbarmachung allein ihm den Zugriff auf den Nachlaß nicht ermöglicht. Selbst wenn der Erbe erkennbar für den Nachlaß handelt, entsteht eine Nachlaßverbindlichkeit doch nur, wenn die Begründung der Schuld ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Fehlt es an letzterer, nützt dem Vertragspartner auch die ausdrückliche Kundbarmachung nichts. Folglich ist es überzeugender, die Entstehung einer Nachlaßverbindlichkeit bei Rechtsgeschäften des Erben in Verwaltung des Nachlasses allein von einem objektiven Kriterium abhängig zu machen. Aus der historischen Entwicklung läßt sich nun der Begriff der Nachlaßerbenschuld wie folgt bestimmen 56: Nachlaßerbenschulden sind sowohl Nachlaßschulden als auch- zugleich- Eigenschulden des Erben. Sie sind Verbindlichkeiten insbesondere 57 aus Rechtsgeschäften des Erben, die dieser, aus der Sicht eines 51 Entschieden gegen die Ansicht des Reichsgerichts Maenner LZ 1922,282 (283 ff.), der allerdings auch schon die Konstruktion einer Nachlaßerbenschuld ablehnte. 52 Herzfelder JW 1926, 1544 (1545 f.); Staudinger I Herzfelder 9. Aufl. § 1967 Anm. II 2 b. Schon vor der Entscheidung des Reichsgerichts vertrat F. Leonhard § 1967 Anm. V B 3 die Auffassung, die Verpflichtung des Nachlasses müsse beim handelnden Erben hervortreten, gewissermaßen vereinbart sein. 53 Herzfelder JW 1926, 1544 (1545); Staudinger I Herzfelder 9. Aufl. § 1967 Anm. II 2 b. 54 BGHZ 32, 60 (64); 38, 187 (193); 71, 180 (187); ErmaniSchlüter § 1967 Rz 9; Kipp I Coing § 93 III S. 541; Leipold Rz 513; v. Lübtow, S. 1099; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 720; Palandt I Edenhofer § 1967 Anm. 4; Planck I Flad § 1967 Anm. 6; RGRK-Johannsen § 1967 Rz 12; Soergel I Stein§ 1967 Rz 8; Schlüter §50 VI 3 S. 425; Staudinger I Boehmer 11. Aufl. § 1922 Rz 215; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 42. 55 Auf diesen Gesichtspunkt ist gerade hingewiesen worden, vgl. FN 48. 56 Vgl. hierzu RGZ 90,91 (93, 95); BGHZ 32,60 (64); ErmaniSchlüter § 1967 Rz 9; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 27; PalandtiEdenhofer § 1967 Anm. 4; Soergell Stein § 1967 Rz 8; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 5 ff.

I. Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967

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sorgfaltigen Verwalters betrachtet, in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses vorgenommen hat 58• Der Bezug seines Handeins auf den Nachlaß muß dabei weder ausdrücklich kundgemacht noch als solcher im Rechtsverkehr erkennbar sein.

b) Entstehungsgründe

aa) Verträge des Erben mit Bezug auf den Nachlaß Schließt der Erbe mit Dritten in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses Verträge, sei es über den Verkauf von Nachlaßgegenständen 59, die Aufnahme eines Kredits für Nachlaßzwecke 60 oder die Bestattung des Erblassers 61 , wird, wie bereits eingehend ausgeführt 62 , eine Nachlaßerbenschuld begründet. Es handelt sich hierbei um den ,,klassischen" Fall einer Nachlaßerbenschuld, denn an ihm hat die Rechtsprechung diese besondere Art von Verbindlichkeiten entwikkelt. Damit sind die möglichen Entstehungsgründe für Nachlaßerbenschulden aber noch nicht abschließend erfaßt 63 •

57 Wie sogleich ausgeführt werden wird (EI 3 b bb), können Nachlaßerbenschulden auch aus deliktischen Handlungen des Erben oder seiner schuldhaften Verletzung einer noch vom Erblasser herrührenden Verpflichtung bestehen. Dies steht der hier gefundenen Begriffsbestimmung aber nicht entgegen, da diese auf den mit Abstand häufigsten Entstehungsgrund, nämlich der vertraglichen Neubegründung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß, abstellt (vgl. hierzu gleich E I 3 b aa). 58 Ob am Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses auch im Hinblick auf vom Erben in Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts begründete neue Geschäftsverbindlichkeiten festzuhalten ist, wird noch Gegenstand eingehender Untersuchung sein. Vgl. unten E III 1. 59 RGZ 112, 129 (130 f.). 60 RGZ 90, 91; 146, 343 f. 61 Die Verpflichtung des Erben, für ein standesgemäßes Begräbnis des Erblassers zu sorgen und dementsprechende Kosten zu übernehmen, entsteht mit dem Erbfall, § 1968, und ist in diesem Sinne eine Erbfallschuld. Gibt der Erbe die Bestattung beim Bestattungsunternehmen selbst in Auftrag, verpflichtet er sich in aller Regel auch persönlich, die anfallenden Kosten zu übernehmen. Insoweit liegt dann eine Nachlaßerbenschuld vor. In diesem Sinne auch Erman I Schlüter § 1968 Rz 3; Jauernig I Stürner § 1968 Anm. 1 f.; Lange/Kuchinke § 49 III 2 b S. 831; MünchKomm-Siegmann § 1968 Rz 3; Schlüter § 50 VI 3 a S. 425. Dagegen verneint Berger, S. 15 f., hier die Möglichkeit einer Nachlaßerbenschuld mit der Begründung, es gebe keine gesetzlich angeordnete Nachlaßerbenschuld und außerdem dürfe bei einem Erbfall das Vermögen des Erben niemals ohne dessen Zutun belastet werden. Bergers Einwände können jedoch nicht überzeugen. Zum einen ist die Nachlaßerbenschuld hier nicht gesetzlich angeordnet, sondern entsteht erst mit dem Zutun des Erben, wenn dieser nämlich die Bestattung in Auftrag gibt. Zum anderen hat der Erbe bei der Auftragserteilung die Möglichkeit, seine Haftung auf den Nachlaß zu beschränken (hierzu genauer unten E I 3 d). 62 Vgl. soeben unter E I 3 a. 63 Vgl. Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 119 ff.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

bb) Schadensersatzverpflichtungen des Erben Nachlaßerbenschulden können auch Schadensersatzverpflichtungen sein, die entweder auf schuldhafter Verletzung einer Nachlaßverbindlichkeit oder auf deliktischen Handlungen des Erben beruhen. So verletzt der Erbe beispielsweise eine noch vom Erblasser herrührende Verpflichtung dadurch, daß er mit deren Erfüllung in Verzug gerät. In der hieraus resultierenden Ersatzpflicht wurde früher entweder eine reine Eigenschuld 64 des Erben oder eine reine Nachlaßverbindlichkeit65 gesehen. Es liegt jedoch auch hier eine Nachlaßerbenschuld vor. Zwar rührt die Primärverpflichtung allein vom Erblasser her und die Pflichtverletzung in Form zögerlicher Verletzung allein vom Erben. Gegen eine reine Nachlaßverbindlichkeit spricht aber, daß die Pflichtverletzung nicht mehr dem Erblasser zugerechnet werden kann, sondern auf dem schuldhaften Verhalten des Erben selbst beruht. Die Annahme einer bloßen Eigenverbindlichkeit ließe wiederum unberücksichtigt, daß die verletzte Verbindlichkeit völlig aus dem Rechtsleben des Erblassers stammt. Eine Verletzung wäre ohne die von ihm begründete Verbindlichkeit gar nicht denkbar. Führt man sich daher vor Augen, daß die Einstandspflicht des Erben durch eine der Abwicklung reiner Nachlaßschulden dienende (Un)Tätigkeit des Erben entstanden ist, erscheint allein die Annahme einer Nachlaßerbenschuld sachgerecht 66 • Dieses Ergebnis zeigt allerdings zugleich, daß das Kriterium der "Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung des Nachlasses" nicht in allen denkbaren .Fällen rechtsgeschäftliehen Handeins des Erben Voraussetzung für die Entstehung einer Nachlaßerbenschuld ist. Die Anerkennung als Nachlaßerbenschuld ergibt sich hier nämlich gerade nicht aus einem ordnungsgemäßen Verwaltungshandeln, sondern aus übergeordneten Gesichtspunkten. Letzteres nötigt jedoch, wie bereits ausgeführt 67 , nicht dazu, die gefundene Begriffsbestimmung 68 aufzugeben. Soweit es um deliktische Handlungen des Erben geht, können insbesondere im Bereich der Gefährdungs- und vermuteten Verschuldenshaftung (§§ 7, 18 StVG; §§ 833, 836), Nachlaßerbenschulden entstehen. Dies ist der Fall, wenn der Erbe bis zur Nachlaßabwicklung das Fahrzeug des Erblassers verwendet oder als Tierhalter von dessen Hund auftritt 69 . 64 RGZ 92, 341 (343 f.); Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 48; Staudinger I Herzfelder 9. Auf!. § 1967 Anrn. li 2 b; v. Breska, S. 30 f. 65 Crome § 719 li 2 b S. 582; Kipp § 73 li 2 S. 214; Strohal II, S. 182. -Auch Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 53 sieht hier lediglich eine reine Nachlaßverbindlichkeit begründet, für die es dem Erben aufgrund seiner Pflichtverletzung jedoch verwehrt sei, seine Haftung auf den Nachlaß zu beschränken. 66 Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 121; Brox, Erbrecht, Rz 628; Erman I Schlüter § 1967 Rz 9; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 28; Staudinger I Boehmer 11. Aufl. § 1922 Rz 215; Heilemann, S. 35 ff. 67 Siehe FN 58. 68 Oben E I 3 a a. E. 69 Vgl. MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 29. Zu beachten ist aber, daß nach Beendigung der Nachlaßabwicklung nur noch Eigenschulden des Erben vorliegen. Hierzu Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 125.

I. Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967

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cc) Eintritt des Erben in pflichtbelastete Rechtslagen des Erblassers Eine Nachlaßerbenschuld kann schließlich dadurch zur Entstehung gelangen, daß der Erbe durch eigenes Handeln einen Tatbestand vollendet oder erneut verwirklicht, den der Erblasser im wesentlichen schon begründet hatte 70 • Der Erbe tritt dabei in eine pflichtbelastete Rechtslage des Erblassers ein 71 • Das prägnanteste Beispiel 72 stellen die Dauerschuldverhältnisse (Miet-, Pacht-, Dienstverhältnisse) dar, die noch auf den Erblasser zurückgehen und die vom Erben weitergeführt werden. Hierin zeigt sich sehr anschaulich, wie wenig das strikte Entweder-Oder von Nachlaßschuld oder Eigenschuld dem tatsächlichen Lebenssachverhalt gerecht wird 73 • Die Grenze zwischen dem Schuldverhältnis, das noch als das des ererbten, vom Erblasser herrührenden Rechtskreises anzusehen ist, und demjenigen, das endgültig die eigene Lebenssphäre des Erben betrifft, ist gerade bei Dauerschuldverhältnissen fließend 74 • So entsteht bei einem vom Erblasser begründeten Mietverhältnis dann eine Nachlaßerbenschuld, wenn es durch den Erben über das Verstreichenlassen der ersten Kündigungsmöglichkeit, § 569, hinaus in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses einstweilen fortgesetzt wird 75 • Zu welchem Zeitpunkt diese Verbindlichkeit nur noch als reine Eigenschuld des Erben begründet werden kann, hängt davon ab, wie lange die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses durch den Erben noch als ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses anzusehen ist. Benötigt der Erbe die Mietsache beispielsweise zur sicheren Aufbewahrung wertvoller Nachlaßgegenstände, um eine ungestörte Abwicklung des Nachlasses zu gewährleisten, sind entsprechende Mietzinsschulden als Nachlaßerbenschulden zu bewerten. Eine ordnungsgemäße Nachlaßabwicklung liegt nämlich gerade im Interesse der Nachlaßgläubiger 76 • Beansprucht der Erbe die noch vom Erblasser angernietete Sache jedoch ausschließlich oder ganz überwiegend für sich, handelt es sich bei der den Erben treffenden Zahlungspflicht um eine reine Eigenschuld.

Schlüter § 50 VI 3 b S. 426. Diesen Begriff hat Boehmer JW 1938, 2634 geprägt. n Ein weiteres Beispiel für pflichtbelastete Rechtslagen sind die Kosten für Prozesse; . die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses nötig sind, sofern diese Kosten noch nicht in Person des Erblassers entstanden waren. Vgl. Erman I Schlüter § 1967 Rz 9 a.E. und der Hinweis auf RG JW 1912, 46; OLG Köln NJW 1952, 1145 (1146); Strohal li, S. 182 f. 73 So zutreffend Boehmer, RG-Festgabe 3. Bd., S. 216 (266). 74 Vgl. Boehmer, Erbfall und Erbenhaftung, S. 112. 75 Erman I Schlüter § 1967 Rz 9; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 30; Planck I Flad § 1967 Anm. VI a; Soergel I Stein § 1967 Rz 11; Staudinger I Lebmann 11. Aufl. § 1967 Rz 29. 76 V gl. MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 30; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 24. 70

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

c) Rechtsnatur

Herrscht in Rechtsprechung und Literatur inzwischen Einigkeit darüber, daß Nachlaßerbenschulden sowohl Nachlaßschulden als auch zugleich Eigenschulden sind, besteht über ihre Rechtsnatur jedoch Streit. Teilweise wird die Auffassung vertreten 77 , zwischen Eigenvermögen und Nachlaß bestehe eine "Art Gesamtschuld", der Erbe hafte "gewissermaßen gesamtschuldnerisch". Demgegenüber meinen andere 78 , von einem Gesamtschuldverhältnis könne nur bei dem handelnden Miterben gesprochen werden; bei den vom Alleinerben begründeten Nachlaßerbenschulden liege dagegen nur ein einheitliches Schuldverhältnis mit doppeltem Haftungsgegenstand im Fall der Nachlaßsonderung vor. Um die Rechtsnatur bestimmen zu können, ist es als erstes erforderlich, die besonderen Eigenschaften der Nachlaßerbenschulden deutlich herauszuarbeiten. Soweit sie Nachlaßschulden sind, steht dem Nachlaßgläubiger das Recht zu, gern.§ 1981 Abs. 2 die Haftungssonderung herbeizuführen, wodurch den Privatgläubigem des Erben die Befriedigung aus dem Nachlaß verwehrt wird. Andererseits besteht für den Nachlaßgläubiger die Gefahr, bei nicht rechtzeitiger Anmeldung seiner Forderung im Aufgebotsverfahren sonstigen Nachlaßgläubigem gegenüber im Nachlaßkonkurs nachgesetzt zu sein, § 1973 Abs. 1; § 226 Abs. 4 K0 79 • Über diese Gefahr hilft jedoch die Tatsache hinweg, daß der Erbe bei Nachlaßerbenschulden nicht nur aufgrund seiner Rechtsstellung als Rechtsnachfolger des Erblassers haftet 80, sondern auch aufgrund der Eigenschuld 81 mit seinem Eigenvermögen. Diese Haftung kann dem Gläubiger nicht durch Haftungsbeschränkungen nach §§ 1975, 1990 oder durch Ausschluß im Aufgebotsverfahren, § 1973, entzogen werden. Ein weiteres wichtiges Merkmal der Nachlaßerbenschulden ist darin zu sehen, daß sie im "Innenverhältnis" zwischen Erben- und Sondervermögen regelmäßig 82 letztlich dem Nachlaß zur Last fallen 83 • Hat der Erbe die Nachlaßschulden nämlich aus seinem Eigenvermögen bezahlt, steht ihm ein Ersatzanspruch 84 gegen den Nachlaß aus §§ 1978 Abs. 3, 1979, 77 RGZ 90, 91 (93); Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 115; ders. JW 1938, 2634 (2637); Staudinger I Boehmer 11. Aufl. § 1922 Rz 214; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 7; Heilemann, S. 31. 78 Erman I Schlüter § 1967 Rz 9; Lange I Bartholomeycik, 4. Denkschrift des AkDR S. 200; Lange I Kuchinke § 49 V S. 834; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 26; Palandt I Edenhofer § 1967 Anm. 4; Schlüter § 50 VI 1 S. 424; Soergel I Stein § 1967 Rz 8. 79 VgL Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 115; Staudinger I Boehmer 11. Aufl. § 1922 Rz 214; StaudingeriMarotzke § 1967 Rz 6. 80 Sehr klar in diesem Sinn Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 5. 81 Als Teil der Nachlaßerbenschuld. 82 Abweichendes gilt dort, wo sich der Erbe wegen Verletzung einer Nachlaßverbindlichkeit (z.B. Verzug) oder aus Delikt schadensersatzpflichtig gemacht hat. Hier ist ihm der Rückgriff auf den Nachlaß nach §§ 1978 Abs. 3, 1979, 670 verwehrt, da insoweit sein Verhalten nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach. 83 Boehmer JW 1938, 2634 (2637); Staudinger I Boehmer § 1922 Rz 214.

I. Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967

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670 zu, den er im Nachlaßkonkurs als Massegläubiger nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 KO geltend machen kann. Soweit nun zwischen Eigenvermögen und Nachlaß eine "Art Gesamtschuldverhältnis" angenommen wird, muß darauf hingewiesen werden, daß ein solches erst nach Nachlaßsonderung relevant würde 85 . Vor der Nachlaßsonderung besteht nämlich, zumindest beim endgültigen Alleinerben, nur eine Vermögensmasse, das Vermögen des Erben 86. Daß die Nachlaßerbenschuld mit der Gesamtschuld in Verbindung gebracht wird, erklärt sich durch ihre soeben aufgezeigte Besonderheit, daß sich der Gläubiger nicht auf das Nachlaßvermögen zu beschränken braucht. Da sie zugleich Eigenschuld des Erben ist, steht ihm auch dessen Eigenvermögen zur Befriedigung zur Verfügung, ohne daßer-wie bei reinen Nachlaßverbindlichkeiten- eine Beschränkung nach §§ 1975, 1990 fürchten muß. Dennoch ist die Annahme einer gewissermaßen gesamtschuldnerischen Haftung von Eigen- und Sondervermögen insgesamt verfehlt. Sind auch bestimmte Voraussetzungen der Gesamtschuld umstritten 87 , so herrscht doch Einigkeit darüber, daß dem Gläubiger mehrere Schuldner gegenüberstehen müssen 88. Dies trifft aber auf die Nachlaßerbenschulden auch im Falle der Vermögenssonderung nicht zu; denn der Erbe bleibt auch bei Nachlaßverwaltung oder -konkurs weiterhin Träger des Nachlasses 89. Näher liegt es daher, bei Nachlaßerbenschulden von einem einheitlichen Schuldverhältnis mit doppeltem Haftungsgegenstand im Fall der Haftungssonderung zu sprechen 90• Die irreführende Anlehnung an die Gesamtschuld wird dadurch vermieden. Anders verhält es sich freilich, wenn ein Miterbe in eigenem Namen handelnd eine Nachlaßerbenschuld begründet. Hier haften das Eigenvermögen des handelnden Miterben, dessen Träger er alleine ist, und das Nachlaßvermögen, dessen Rechtsträger die Erbengemeinschaft ist, also sämtliche Erben in gesamthändenscher Verbundenheit, gesamtschuldnerisch91. Demzufolge ist die Rechtsnatur der Nachlaßerbenschulden dahingehend zu bestimmen, daß diese beim Alleinerben ein einheitliches Schuldverhältnis mit 84 Vor der Leistung aus dem Eigenvermögen an die Nachlaßgläubiger hat der Erbe einen Befreiungsanspruch gegen den Nachlaß aus §§ 1978 Abs. 3, 1979, 670, 257. So RGZ 90,91 (94f.); Erman1Sch1üter § 1967 Rz 9. 85 Erman I Schlüter § 1967 Rz 9. 86 Schlüter § 54 I 1 S. 448. 87 So insbesondere die Frage, ob für die innere Verbundenheit der Verbindlichkeiten eine Zweckgemeinschaft (vgl. BGHZ 13, 360 (365); 43, 227 (229)) oder vielmehr deren Gleichstufigkeil oder Gleichrangigkeil (so Larenz, SchR-AT§ 37 I S. 635; Medicus Rz 917) zu fordern ist. 88 Vgl. Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rz 428; Jauernig I Stümer § 420 Anm. 1,3 b; § 421 Anm. 1; PalandtiHeinrichs § 421 Anm. 1 a. 89 Brox, Erbrecht, Rz 655, 664. 90 So insbesondere Erman I Schlüter § 1967 Rz 9; Sch1üter § 50 VI 1 S. 424. 91 Vgl. LangeiKuchinke § 49 V S. 834; Mattem BWNotZ 1960, 166 (171); Sch1üter § 50 VI 1 S. 424.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

doppeltem Haftungsgegenstand im Fall der Haftungssonderung darstellen. Nur bei Rechtsgeschäften eines Miterben ist es zulässig, von einem echten Gesamtschuldverhältnis zwischen dem handelnden Miterben und der Erbengemeinschaft zu sprechen. d) Beschränkungsmöglichkeiten Bisher wurde als Besonderheit der Nachlaßerbenschulden schon mehrfach herausgestellt92, daß der Gläubiger die Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten des Schuldners aus§§ 1975, 199093 nicht fürchten muß, weil ihm noch das Eigenvermögen des Erben als Haftungsgegenstand zur Verfügung steht. Jedoch ist ihm auch dieser Weg nicht in jedem Fall eröffnet. Der Erbe ist nämlich berechtigt, die Haftung seines Eigenvermögens vertraglich auf den Nachlaß zu beschränken, mit der Folge, daß der Gläubiger wie bei der erbrechtlich beschränkten Haftung Befriedigung nur aus Nachlaßgegenständen erlangen kann 94. Schon das Reichsgericht95 bejahte das Recht des Erben, seine Haftung durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung mit dem Gläubiger auf den Nachlaß zu beschränken. Allerdings sei für eine stillschweigende Vereinbarung zu fordern, daß der Erbe beim Geschäftsabschluß erkennbar zum Ausdruck bringe, nur mit dem Nachlaß haften zu wollen, und daß der Gläubiger sich darauf einlasse. Einen solchen Willen könne der Erbe schon dadurch kenntlich machen, daß er erkläre oder deutlich mache, im Namen, in Vertretung oder für den Nachlaß zu handeln. Schließlich obliege es dem Erben auch, das Vorliegen einer ausdrücklichen oder konkludenten Beschränkungsvereinbarung im Streitfall zu beweisen. Rechtsprechung96 und Literatur 97 sind dieser Auffassung des Reichsgerichts fast ausnahmslos 98 gefolgt. Dieser Rechtsansicht ist auch zuzustimmen. Ist nämlich die Nachlaßerbenschuld eine Mischform aus Nachlaß- und schuldrechtlicher Eigenverbindlichkeit, wäre es nicht einsichtig, warum die schuldrechtlichen Haftungsbeschränkungs92 Vgl. oben EI 3 a; EI 3 c . 93 Zu den Beschränkungsmöglichkeiten nach allgemeinem Erbrecht vgl. oben B IV. 94 Vorausgesetzt ist hierbei stets, daß eine Nachlaßverbindlichkeit auch tatsächlich vorliegt, der Erbe also in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses gehandelt hat. Die schlichte Vereinbarung einer Haftung auf den Nachlaß macht die zugrundeliegende Verbindlichkeit noch nicht zur Nachlaßverbindlichkeit i. S. d. § 1967. Vgl. hierzu Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 40 f.; Heilemann, S. 111 ff. 95 RGZ 146, 343 (346). 96 BGH BB 1968, 769 (770). 97 Jauemig I Stümer § 1967 Anm. 3; John Rz 517 f.; Kipp I Coing § 93 III S. 542; LangeiKuchinke § 49 V S. 834 FN 73; Leipold Rz 513; v. Lübtow, S. 1099; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 33; PalandtiEdenhofer § 1967 Anm. 4; RGRK-Johannsen § 1967 Rz 12; Soergel I Stein § 1967 Rz 9; Staudinger I Boehmer 11. Aufl. § 1922 Rz 214; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 40. 98 Nicht eindeutig im Hinblick auf die konkludente Beschränkungsmöglichkeit OLG Frankfurt WM 1975, 129 (130).

II. Frühere Geschäftsverbindlichkeiten i. S. d. § 27 Abs. 1 HGB

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möglichkeiten nicht zur Anwendung gelangen sollten. Zutreffend verweisen Rechtsprechung und Literatur aber darauf, daß wenigstens eine Erkennbarmachung des Erbenwillens und ein Einlassen seitens des Gläubigers auf diesen erforderlich sind 99 • Ein Verzicht auf die Erkennbarkeil kommt hier aus Gründen des Gläubigerschutzes nicht in Betracht; vielmehr ist sein Einverständnis mit der Verringerung der Haftungsmasse zu fordern. Die Lage ist für ihn eine völlig andere als bei der Begründung von Nachlaßerbenschulden, bei der für ihn nicht erkennbar sein muß, daß der Erbe nicht nur sich mit seinem sonstigen Eigenvermögen, sondern auch noch als Träger des Nachlasses verpflichten will 100• Dort vergrößern sich im Fall der Nachlaßsonderung die Zugriffsmöglichkeiten des Gläubigers, er ist also nicht schutzwürdig. Hier dagegen verhält es sich gerade umgekehrt.

II. Frühere Geschäftsverbindlichkeiten i. S. d. § 27 Abs.l HGB 1. BegritTsbestimmung a) Die handelsrechtliche Problematik Verbreiteter Auffassung zufolge 101 bestimmt sich der Begriff der früheren Geschäftsverbindlichkeiten letztlich über § 25 Abs. 1 S. 1 HGB. Er decke 102 sich nämlich mit dem dort angeführten Begriff der "im Betriebe des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers". Diesen definiert die Rechtsprechung 103 dahingehend, daß er sämtliche Verbindlichkeiten umfasse, die sich nicht aus den privaten Beziehungen des Veräußerers ergeben, sondern mit dem Betrieb des Geschäfts derart in Verbindung stehen, daß sie als seine natürliche Folge erscheinen. Legt man diese Definition als maßgeblich zugrunde, erscheint die Auffassung eines Teils der Literatur 104 plausibel: Sowohl bei der Fortführung des Handelsgeschäfts durch den rechtsgeschäftliehen Erwerber als auch bei derjenigen durch den Erben stehen nicht die privaten Verpflichtungen des Veräußerers bzw. Erblassers in Rede, sondern die im Zusammenhang mit dem Handelsunternehmen begründeten. In beiden Fällen besteht die Notwendigkeit entsprechender 99 Zur Problematik der Erkennbarmachung des Beschränkungswillens bei Nachlaßerbenschulden in Form von neuen Geschäftsschulden ausführlich unten E III 2 b. 10o Zur Problematik der Erkennbarkeil des Erbenwillens für den Gläubiger vgl. oben EI 3 a. 101 Bolte ZHR 51 (1902), 413 (440), der seiner eigenen Aussage aufS. 444 widerspricht; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 3; S. Goldmann, Handelsrecht, § 27 Anm. B II 1; Lehrnano I Ring § 27 Rz 3; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 7; Staub I Bondi § 25 Rz 11; H. Stegemann, S. 108; Keil, S. 25. Differenzierend Schulze, S. 18.Vgl. zum Ganzen auch oben CI 2 a. 102 So explizit S. Goldmann, Handelsrecht, § 27 Anm. B ll 1. 103 RGZ 58, 21 (23); RG JW 1937, 303; BGH LM § 25 HGB Nr. 3. 104 Vgl. soeben FN 101.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

Abgrenzung. Ob dieser Aspekt allerdings genügt,die Verbindlichkeiten in § 25 Abs. 1 S. 1 HGB mit denen des § 27 Abs. 1 HGB gleichzusetzen, bleibt fraglich. Schon die Ausführungen zur ratio legis haben nämlich gezeigt, daß es sich bei diesen Normen nicht ohne weiteres um Parallelvorschriften handelt 105 • Sinnvoll erscheint es daher, zunächst den Begriff der im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, § 25 Abs. 1 S. 1 HGB, zu klären und in einem nächsten Schritt dessen Übertragung auf die früheren Geschäftsverbindlichkeiten im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB zu überprüfen.

b) Die im Betriebe des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, § 25 Abs.l S. 1 HGB Die Rechtsprechung 106 definiert diese Verbindlichkeiten sowohl negativ, und zwar in Abgrenzung zu den privaten Verpflichtungen des Veräußerers, als auch positiv, wenn es auf deren inneren Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb verweist. Dieser Ansatz überzeugt, weil deutlich wird, daß die Geschäftsverbindlichkeiten ein aliud gegenüber den privaten Verbindlichkeiten darstellen. § 25 HGB ist eine an handelsrechtliehen Bedürfnissen orientierte Vorschrift, die schon von ihrer systematischen Stellung her keinen Bezug zu Verbindlichkeiten aufweist, die der Veräußerer als Privatperson und nicht in seiner Eigenschaft als Inhaber eines Einzelunternehmens begründet hat. Die bloße Gegenüberstellung von Privat- und Geschäftsschulden sagt aber noch nichts darüber aus, wie letztere positiv zu bestimmen sind. Soweit die Rechtsprechung 107 hierfür eine so enge innere Verbindung der Schulden mit dem Geschäftsbetrieb fordert, daß die Schulden als eine Folge desselben erscheinen, ist damit theoretisch eine Grenzziehung plausibel gemacht. Die Entscheidung im konkreten Fall ist aber deshalb nicht immer zweifelsfrei 108• Bloße Indizfunktion hat dabei der Umstand, daß die Verbindlichkeiten sich aus der Bilanz, der Buchführung oder der Korrespondenz des früheren Inhabers ergeben oder sie dem Erwerber aus anderer Quelle bekannt sind 109• Hierauf kommt es deswegen Zu diesem Problemkreis vgl. oben C II 6 a cc). RGZ 58, 21 (23); RG JW 1937, 303; vgl. auch BGH WM 1979,577. 101 RGZ 58, 21 (23); RG JW 1937, 303; BGH WM 1979, 577. 1os Vgl. Lebmann JW 1937, 304. Die Rechtsprechung hat Verbindlichkeiten i. S. d. § 25 Abs. I S. I HGB bejaht bei Prozeßkosten, wenn sich der Rechtsstteit auf eine Geschäftsschuld bezieht (RGZ I49, 25 (27)), bei Schulden des ersten Veräußerers, die der jetztige Veräußerer übernommen hatte (BGH LM § 25 HGB Nr. 3), bei Lohnansprüchen (RAG JW I933, I550; RAG JW I933, 1852; BAG NJW I955, I413), auch bei Verbindlichkeiten, die zur Gründung des Unternehmens eingegangen wurden (RG Recht I92I Nr. 2633). Auf den Rechtsgrund der Verbindlichkeit kommt es nicht an, so daß auch Verbindlichkeiten aus unerlaubten Handlungen erfaßt sind, wenn diese nur in innerer Verbindung mit dem Geschäftsherrieb stehen (RG JW I937, 303). 109 ROHG 8, 382 (385); RGZ 17, 96 (98); Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 11; Staub I Bondi § 25 Anm. 11. 105

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II. Frtihere Geschäftsverbindlichkeiten i. S. d. § 27 Abs. 1 HGB

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nicht entscheidend an, weil für die Haftung des Erwerbers aus § 25 Abs. 1 S. 1 HGB maßgeblich das Verhältnis des Erwerbers zu den Gläubigem- also das Außenverhältnis 110 - ist, das sich danach bestimmt, ob er die bisherige Firma beibehält oder nicht 111 • Zu der somit erforderlichen ausschließlich objektiven Bestimmung der Geschäftsverbindlichkeiten können aber die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB und die Fiktion des § 344 Abs. 2 HGB herangezogen werden 112• Danach gelten die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte als im Zweifel zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig, ebenso die von ihm gezeichneten Schuldscheine. Der systematische Zusammenhang mit § 343 Abs. 1 HGB erlaubt es dabei, den Begriff des Rechtsgeschäfts im Sinne des § 344 Abs. 1 HGB nicht zu eng zu fassen, sondern darunter alle "Geschäfte" des bisherigen Inhabers zu verstehen. Die Vermutung wird also auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Unterlassungen 113 erstreckt 114• Die Heranziehung des § 344 HGB stößt andererseits dort an Grenzen, wo es um ein deliktisches Verhalten des Veräußerers 115 geht. Die Erfassung als Geschäftsverbindlichkeit kann in diesem Fall nur nach der von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Definition erfolgen 116 • Ebenso kann § 344 HGB eine Abgrenzung dort nicht leisten, wo der Veräußerer mehrere Unternehmen betreibt und eines davon auf den Erwerber übertragen möchte 117 • Im Betrieb des Geschäfts begründete Verbindlichkeiten des früheren Inhabers liegen nach allem dann vor, wenn sich dessen Schulden nicht aus seinen privaten Beziehungen ergeben, sondern sie in unmittelbarer Verbindung mit dem Betrieb Vgl. GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 55. Die Fortführung der Firma ist dabei keine Erklärung, bestehende Geschäftsverbindlichkeiten zu übernehmen, sondern eine gesetzliche Haftungsvoraussetzung, die dem Erwerber eine Tätigkeitslast aufbürdet. Hierzu ausführlich oben C II 6 a bb (2). 112 RGZ 56, 196 (197); 59,213 (216); 89,97 (98 f.); BaumbachiDudeniHopt § 25 Anm. 1 E b; Brox, Handelsrecht und Wertpapierrecht, Rz 168; GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 55; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 11; K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 II 2 S. 220; Staub I Bondi § 25 Rz 11; Böckelmann, S. 46; Nicolini, S. 42; Renkert, S. 35, Schulze, S. 23 f.; Siegismund, S. 34; Smeets, S. 25; Thiele, S. 27; Wallerstein, S. 11; Zwade, S. 39. 113 Mahnungen, Fristsetzung. Auch das Schweigen im Handelsverkehr, wenn man dies nicht der Willenserklärung gleichstellt; vgl. hierzu K. Schmidt, Handelsrecht, § 17 I 1 a S. 461 f.; § 18 li 2 c S. 487 f ., § 18 Ill 1 d S. 498 ff. ll4 BaumbachiDudeniHopt § 344 Anm. 1 B; Brox, Handelsrecht und Wertpapierrecht, Rz 282; K. Schmidt, Handelsrecht,§ 17 I 1 a S. 461 f . 11s Baumbach I Duden I Hopt § 344 Anm. 1 B, § 342 Anm. 1 A; K. Schmidt, Handelsrecht, § 17 I 1 a S. 462; Schulze, S. 22. 116 Es kommt also auf die innere Verbindung der unerlaubten Handlung mit dem Geschäftsbetrieb an. Vgl RG JW 1937, 303. 111 Der Veräußerer kann zwar mehrere "Handelsgeschäfte" in seinem "Handelsgewerbe" betreiben und § 344 HGB ermöglicht die Abgrenzung_insoweit, als es zum Handelsgewerbe gehörige und private Verbindlichkeiten trennt. Uber § 344 HGB ist aber keine Zuordnung von Verbindlichkeiten zu einem bestimmten Handelsgeschäft möglich. Vgl. Händel, S. 31; Mehlhorn, S. 14; Nelson, S. 46 f.; Nicolini, S. 41 ; Pinner, S. 95; Renkert, S. 35; Smeets, S. 25. 110 111

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

stehen, gleichsam als seine Folge erscheinen. In der Regel können sie unter Heranziehung des § 344 HGB ermittelt werden. Hinzuweisen ist noch darauf, daߧ 25 Abs. 1 S. 1 HGB nur die Verbindlichkeiten des früheren Inhabers erfaßt, nicht diejenigen des Erwerbers 118 • Insofern wohnt den in Rede stehenden Verbindlichkeiten neben den dargelegten sachlichen Merkmalen auch ein zeitliches inne. c) Partielle Inkongruenz der Verbindlichkeiten aus § 25 Abs. 1 S. 1 HGB und § 27 Abs. 1 HGB

Auf den ersten Blick scheint sich die Übernahme der soeben erarbeiteten Begriffsbestimmung auf § 27 Abs. 1 HGB geradezu aufzudrängen 119• Sowohl § 25 Abs. 3 HGB als auch § 26 Abs. 1 HGB sprechen nämlich ebenfalls von "früheren Geschäftsverbindlichkeiten". Daß inhaltlich in§ 25 Abs. 3 HGB etwas anderes ausgedrückt werden soll als in Abs. 1, kann kaum angenommen werden 120, besteht die Besonderheit des Abs. 3 doch nur darin, daß eine Haftung bei fehlender Fortführung der Firma eines besonderen Verpflichtungsgrundes bedarf. Das "wofür" der Haftung aber ist identisch. Letzteres belegt auch § 26 Abs. 1 HGB, der für beide hier relevanten Absätze des § 25 HGB die Bezeichnung "frühere Geschäftsverbindlichkeiten" verwendet. Es spricht also einiges dafür, daß mit dieser Bezeichnung nur der umständliche Begriff in § 25 Abs. 1 S. 1 HGB vermieden wird. Dieses Ergebnis wird schließlich auch gestützt von der Denkschrift, die sowohl bei § 25 Abs. 1 HGB als auch § 25 Abs. 3 HGB von Geschäftsschulden spricht 121 • Demzufolge läge es nicht fern, auch bei § 27 Abs. 1 HGB in dem Begriff der früheren Geschäftsverbindlichkeiten ein Synonym für den umständlicheren Begriff in § 25 Abs. 1 S. 1 HGB zu sehen. Dennoch ist diese Auffassung letztlich abzulehnen, weil sie eine unzutreffende Verkürzung darstellt. Zwar ist im Hinblick auf die§§ 25 Abs. 3, 26 Abs. 1 HGB zuzugeben, daß der ausführliche Terminus in § 25 Abs. 1 S. 1 HGB vermieden werden sollte. Bei § 27 Abs. 1 HGB fällt jedoch der terminologische Unterschied zwischen einer "Verbindlichkeit des früheren Inhabers" und einer "früheren Geschäftsverbindlichkeit" auch inhaltlich ins Gewicht. Im letzten Fall sind nämlich auch Verbindlichkeiten erfaßt, die in der Zeit zwischen Erbfall und Aufnahme der Geschäftsfortführung durch den Erben von dazu berechtigten Dritten eingegangen wurden 122• Als insoweit Berechtigte kommen insbesondere der Vorerbe GroßKomm-Hüffer § 25 Rz 54, 63. Deshalb lassen die in FN 101 genannten Autoren es wohl an einer Begründung ihrer Auffassung fehlen. 120 So auch Zwade, S. 35. 121 Denkschrift zum HGB, S. 37. 122 So auch GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 16 f.; Bolte ZHR 51 (1902), 413 (444), seine Ausgangsthese, S. 440, widerlegend; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 59; Matthiessen, S. 10; Nelson, S. 43; Nicolini, S. 36; Pinner, S. 97; Renkert, S. 33, 35 f.; Smeets, S. 24; Wallerstein, S. 10. 11s 119

II. Frühere Geschäftsverbindlichkeiten i. S. d. § 27 Abs. 1 HGB

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und der ausschlagende Erbe in Betracht 123 • Die von ihnen begründeten Verbindlichkeiten sind zwar keine des früheren Inhabers in dem Sinne, daß sie vom Erblasser herrühren, sie sind aber gleichwohl "frühere Geschäftsverbindlichkeiten". Diese in Rechtsprechung 124 und Literatur 125 herrschende Auffassung bedarf näherer Begründung. Der Bundesgerichtshof 126 verweist auf die ratio des § 27 HGB und hebt dabei den Gedanken der Kontinuität des Unternehmens als einer wirtschaftlichen Einheit von Aktiva und Passiva hervor, aus dem sich ergebe, daß die Haftung des fortführenden Erben sich nicht nur auf vom Erblasser selbst begründete Verbindlichkeiten, sondern auch auf die von Zwischenpersonen nach dem Tod des Erblassers eingegangenen Geschäftsschulden erstrecke. Wenn auch der Bundesgerichtshof im Hinblick auf sein Verständnis von derratiodes § 27 HGB wegen der undifferenzierten Anlehnung an § 25 HGB - "Parallelisierung" - zu kritisieren ist 127, muß ihm hier im Ergebnis zugestimmt werden. Das ergibt sich einmal aus dem Wortlaut des§ 27 Abs. 1 HGB, der von früheren Geschäftsverbindlichkeiten spricht und nicht von solchen des früheren Inhabers oder Erblassers. Darüber hinaus ist die Lösung des Gerichts aber auch mit der in dieser Untersuchung entwickelten ratio des § 27 HGB 128 begründbar. Es wird dem Gleichbehandlungsprinzip nämlich nur dadurch Rechnung getragen, daß der endgültige Erbe bzw. der Nacherbe auch für die vom vorläufigen Erben bzw. Vorerben begründeten Geschäftsschulden dem Handelsverkehr gegenüber einstandspflichtig ist. Für die Geschäftsgläubiger macht es nämlich keinen Unterschied, ob ein zweimaliger Wechsel des Inhabers auf Rechtsgeschäft oder erbrechtlichem Erwerb beruht. Den endgültigen Erben bzw. Nacherben zu privilegieren, besteht kein sachlich gerechtfertigter Grund. Ihnen bleibt nämlich immer noch die Möglichkeit, einen Haftungsausschluß durch Einstellung nach § 27 Abs. 2 HGB oder §§ 27 Abs. I, 25 Abs. 2 HGB herbeizuführen. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß bei einer undifferenzierten Gleichsetzung der in§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB und§ 27 Abs. I HGB genannten Verbindlichkeiten unberücksichtigt bleibt, daß den verwendeten Begriffen eine sachliche und eine zeitliche Komponenteinnewohnen 129• Frühere Geschäftsverbindlichkei123 BGHZ 32, 60 (66). Hierauf wird noch ausführlich einzugehen sein (vgl. unten F I, F II). Klärungsbedürftig ist dabei auch die Frage, ob der Nachlaßverwalter ebenfalls als berechtigter Dritter anzusehen ist (vgl. unten E II 2 b bb), wie ein Teil des älteren Schrifttums behauptet. Vgl. insoweit Matthiessen, S. 10; Nelson, S. 43; Nicolini, S. 36 f.; Pinner, S. 97; Renkert, S. 33; Smeets, S. 24; Wallerstein, S. 10. 124 BGHZ 32, 60 (66). 125 Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 1 D; Bohnenberg § 27 Anm. I; Glanegger I Niedner I Renkl I Ruߧ 27 Rz 3; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 17; GroßKomm-Würdinger 3. Auf!. § 27 Anm. 4 a.E., 12; HeymanniKötter § 27 Anm. 13; StaubiBondi § 27 Anm. 28. 126 BGHZ 32, 60 (63 f., 66). 121 Hierzu ausführlich oben C II 6 a. 128 Vgl. oben C II 6 h. 129 Vgl. hierzu oben E II 1 b.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

ten im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB können auch solche sein, die nicht vom Erblasser als früherem Inhaber herrühren, sondern von Personen, von denen der Erbe als endgültiger Erbe oder Nacherbe das Handelsgeschäft zwar nicht erwirbt, die es aber bis zu seinem Erwerb fortgeführt haben. In der Einbeziehung dieser zwischenzeitlich begründeten Verbindlichkeiten liegt der Unterschied zu § 25 Abs. 1 S. 1 HGB.

2. Kongruenz und Inkongruenz früherer Geschäftsverbindlichkeiten und Nachlaßverbindlichkeiten In der Literatur wird von Hüffer 130 unter Berufung auf den Bundesgerichtshof 131 die These vertreten, daߧ 27 Abs. 1 HGB denselben Kreis von Verpflichtungen abdeckt wie § 1967 Abs. 2, also auch Verbindlichkeiten erfaßt, die den Erben als solchen treffen. In Konsequenz dessen wird eine Kategorisierung der früheren Geschäftsverbindlichkeiten nach Erblasser-, Erbfall- und Nachlaßerbenschulden vorgenommen 132• Fraglich ist aber, ob eine solche Einteilung überhaupt zulässig ist, gerade unter dem Gesichtspunkt, daß der handelsrechtliehen Norm Selbständigkeit gegenüber dem zivilrechtliehen Erbenhaftungssystem zukommt 133 • Daß sich die in Rede stehenden Verbindlichkeiten decken können, wenn es um Geschäfts- und nicht um Privatschulden geht, wurde bereits mehrfach betont 134 • Zu untersuchen bleibt jedoch, wieweit eine solche Deckung reicht. a) Erblasserschulden als Regelfall

Unbestritten erfassen die früheren Geschäftsverbindlichkeiten alle noch vom Erblasser begründeten Geschäftsschulden. Dies gilt auch für die von ihm unter einer aufschiebenden Bedingung eingegangenen Verpflichtungen sowie für aus Dauerschuldverhältnissen herrührenden Einzelverbindlichkeiten, soweit sie vor dem frühestmöglichen Kündigungstermin des Erben entstanden sind 135•

GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 17. BGHZ 32, 60 (66). 132 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 16 ff. 133 Vgl. oben C III 5. Bemerkenswert ist dabei, daß Hüffer im GroßKomm § 27 Rz 13 FN 8 eine solche Selbständigkeit des § 27 HGB gerade verneint. 134 Vgl. oben C I 2 a; E II 1 a. 135 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 16. 130

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II. Frühere Geschäftsverbindlichkeiten i. S. d. § 27 Abs. 1 HGB

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b) Erbfallschulden

aa) Geschäftsverbindlichkeiten des Vorerben und des vorläufigen Erben l36 Wird das Handelsgeschäft von einem Vorerben fortgeführt, so werden die von ihm bis zum Eintritt des Nacherbfalls begründeten Verbindlichkeiten zu Erbfallschulden des Nacherben 137 • Dies gilt jedenfalls 138 dann, wenn deren Eingebung vom Standpunkt eines sorgfältigen Verwalters ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses entsprach. Zugleich stellen sich, wie aufgezeigt 139 , diese Verbindlichkeiten für den Nacherben als frühere Geschäftsverbindlichkeiten gern. § 27 HGB dar. Ähnlich verhält es sich mit den vom vorläufigen Erben eingegangenen Geschäftsschulden. Aus ihnen können sich für den endgültigen Erben Erbfallschulden 140 und gleichzeitig frühere Geschäftsverbindlichkeiten im Sinne des § 27 HGB ergeben 141 • Ist eine Kongruenz von Erbfallschulden und früheren Geschäftsverbindlichkeiten daher denkbar 142, muß jedoch auf einen wichtigen Unterschied hingewiesen werden, der sich zumindest dann ergibt, wenn man die Entstehung einer Nachlaßverbindlichkeit - hier in Form einer Erbfallschuldauch im Zusammenhang mit der Fortführung eines Handelsgeschäfts davon ab136 Zu den Rechtsinstituten des Vorerben und des vorläufigen Erben ausführlich unten F I 1 und F II 1. Hier werden sie nur insoweit angesprochen, als die von ihnen begründeten Schulden für den endgültigen Erben sowohl Erbfallschulden als auch frühere Geschäftsverbindlichkeiten sein können. 137 Daß auch der Vorerbe Nachlaßverbindlichkeiten begründen kann, für die der Nacherbe einstandspflichtig bleibt, hat das Reichsgericht erstmals in RGZ 90, 91 (95 f.) anerkannt. Der BGH hat diese Grundsätze in BGHZ 32, 60 (64 f.) bestätigt. Ausführlich hierzu unten F I 2 a aa) (1), FN 43. Daß es sich hierbei fürden Nacherben um Erbfallschulden handelt, vertritt Brox, Erbrecht, Rz 627. Lange I Kuchinke § 49 IV 2 b S. 833 mit FN 70 ordnen sie den Nachlaßverwaltungsschulden zu, die aber nach der hier vertretenen Auffassung (vgl. oben E I 2) als Unterfall der Erbfallschulden anzusehen sind. Die Einordnung als Erbfallschuld ergibt sich daraus, daß die Verbindlichkeiten weder vom Erblasser noch vom Nacherben bei seiner Verwaltung des Nachlasses begründet werden. 138 Die Frage, ob bei den im Rahmen der Fortführung eines Handelsgeschäfts begründeten Verbindlichkeiten des Vorerben für die Annahme einer Nachlaßverbindlichkeit am Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung festzuhalten ist, wird noch Gegenstand eingehender Untersuchung sein. Hierzu unten F I 2 a aa) (l) (b). 139 Hierzu soeben unter E II 1 c. 140 Die umstrittene Frage, ob diese Erbfallschuld i. S. d. § 1967 Abs. 2 aus einem Befreiungsanspruch des vorläufigen Erben gemäß §§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670, 257 und I oder aus einem eigenen Anspruch der Gläubiger gegen den Nachlaß resultiert, wird unten (F Il 2 a) noch eingehend erörtert. Schon hier sei aber darauf hingewiesen, daß bei Zugrundelegung der herrschenden Auffassung, die einen Direktanspruch gegen den Nachlaß ablehnt, ein erstes Argument gegen die Deckungsgleichheit der Pflichtenkreise in § 1967 Abs. 2 und § 27 Abs. 1 HGB entstünde. Denn erbrechtlich wäre der endgültige Erbe dann nur dem Ausschlagenden verpflichtet, während ihn aus § 27 Abs. 1 HGB eine persönliche Einstandspflicht unmittelbar dem Gläubiger gegenüber träfe. 141 Vgl. BGHZ 32, 60 (66); GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 17. 142 Für den vorläufigen Erben gilt dies allerdings nur mit dem in FN 140 gemachten Vorbehalt.

9 Friedeich

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

hängig macht, daß der Vorerbe bzw. der vorläufige Erbe in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses handelte 143• Nach unbestrittener Auffassung in Rechtsprechung und Literatur 144 haften der Nacherbe oder der endgültige Erbe nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB für die Geschäftsverbindlichkeiten des Vorerben bzw. vorläufigen Erben auch dann, wenn deren Begründung mit einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses nicht zu vereinbaren ist. Das Erfordernis ordnungsgemäßen Verwaltens ist eine Kategorie des bürgerlichen Erbrechts, die den Bedürfnissen des Handelsverkehrs fremd ist, insbesondere aber dem in § 27 HGB verankerten Verkehrsschutzgedanken 145 widerspricht 146• Dies zugrunde gelegt, sind Fallkonstellationen denkbar, in denen zwar eine frühere Geschäftsverbindlichkeit, nicht jedoch zugleich eine Erbfallschuld vorliegt 147 • Die These von der Deckungsgleichheit der Verbindlichkeiten wird dadurch aber zweifelhaft.

bb) Vom Nachlaßverwalter begründete Geschäftsverbindlichkeiten Erbfallschulden sind ebenfalls die von einem Nachlaßverwalter in Ausübung seines Amtes eingegangenen Verbindlichkeiten 148• Darunter fallen auch die von ihm in Fortführung des nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts begründeten Schulden, vorausgesetzt, man bejaht eine dahingehende Befugnis des Verwalters. Selbst wenn letztere angenommen wird, bleibt fraglich, ob die vom Verwalter eingegangenen Geschäftsschulden für den Erben frühere Geschäftsverbindlichkeiten darstellen, für die jener bei Weiterführung des Geschäfts gern. § 27 Abs. 1 HGB haftet. Dies bejaht jedenfalls ein Teil der älteren Literatur 149 • Eine nähere Begründung für den konkreten Fall der Nachlaßverwaltung findet sich nicht; vielmehr wird der Verwalter stets im Zusammenhang mit dem vorläufigen Erben und dem Vorerben genannt unter Hinweis auf den Wortlaut des § 27 Abs. 1 HGB. Aus letzterem ergebe sich, daß frühere Geschäftsverbindlichkeiten alle jene vor dem Zeitpunkt begründeten Schulden seien, zu dem die Fortführung durch den Erben eintrete 150. 143 Dies nimmt offensichtlich der Bundesgerichtshof, BGHZ 32, 60 (66) und nahezu die gesamte handelsrechtliche Literatur an. Ob dieser These zu folgen ist, wird noch Gegenstand eingehender Erörterung sein, vgl. unter F I 2 a aa) (1) (b) (bb), F I 3 b bb). 144 Vgl. die in FN 124 und 125 genannte Rechtsprechung und Literatur. 145 Zur ratio legis oben C II 6 h. 146 So zutreffend BGHZ 32, 60. 147 Dies belegt im übrigen das Verständnis des § 27 HGB als einer gegenüber dem bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftungssystem selbständigen Haftungsnorm. Zu diesem Aspekt noch ausführlich unten F II 3 b aa). 148 Vgl. oben EI 2 FN 15. Zugrunde gelegt ist hier der weite Begriff der Erbfallschuld. Lange I Kuchinke § 49 IV 2 b S. 833, Schlüter § 50 IV S. 422 sprechen insoweit von Erbschaftsverwaltungsschulden. 149 Vgl. die in FN 119 angeführte Literatur. 150 So insbesondere Bolte ZHR 51 ( 1902), 413 (444); ihm folgend Böckelmann, S. 41; Nelson, S. 43; Wallerstein, S. 10.

II. Frühere Geschäftsverbindlichkeiten i. S. d. § 27 Abs. l HGB

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Schon die Befugnis des Nachlaßverwalters, ein Handelsgeschäft fortzuführen, erscheint fraglich und wird von Teilen der Literatur auch verneint 151 • Gegen eine solche Berechtigung spreche, daß eine Verpflichtungsbefugnis des Verwalters nur im Hinblick auf denNachlaß bestehe, nicht jedoch bezüglich des Eigenvermögens des Erben. Eine Fortführung des Handelsgeschäfts mit nur auf den Nachlaß beschränkter Haftung seines Inhabers wäre aber mit den Bedürfnissen des Handelsverkehrs, der eine unbeschränkte Einstandspflicht erwarte, nicht vereinbar 152• Folglich könnte der Nachlaßverwalter nur bei entsprechender Bevollmächtigung durch den Erben das Unternehmen fortführen. Diese Bevollmächtigung führt dann aber dazu, daß keine Fortführung durch den Verwalterkraft Amtes, sondern durch den Erben selbst vorliegt. Richtigerweise muß jedoch eine Befugnis des Nachlaßverwalters kraft Amtes angenommen werden 153 • Zum einen hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 1 Personenbeförderungsgesetz und in § 19 Abs. 1 Güterkraftverkehrsgesetz eine Nachlaßverwaltung auch bei einem vollkaufmännischen Handelsgeschäft - dort im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 5 HGB - für zulässig erklärt. Zum anderen fehlt zwar dem Verwalter die Verpflichtungsbefugnis bezüglich des Erbenvermögens. Die Haftung gegenüber den Geschäftsgläubigern bleibt aber nicht auf den Nachlaß beschränkt, weil diese sich als Nachlaßgläubiger auch an den Nachlaßverwalter selbst halten können, wenn er Geschäftsschulden begründet, die nicht mehr aus dem Nachlaß beglichen werden können, § 1985 Abs. 2 S. 1 154• Führt aber der Nachlaßverwalter das Unternehmen kraft Amtes fort, ist eine Anwendung des § 27 Abs. 1 HGB 155 zu Lasten des Erben im Hinblick auf die vom Verwalter begründeten Geschäftsverbindlichkeiten zumindest denkbar, wenngleich die praktische Relevanz dieser Anwendbarkeit als gering eingeschätzt werden muß. Letzteres ergibt sich daraus, daß ein Ende der Nachlaßverwaltung regelmäßig entweder durch Befriedigung sämtlicher Nachlaßverbindlichkeiten -zu denen ja die vom Erblasser sowie die vom Verwalter herrührenden GeBinder, Rechtsstellung des Erben I, S. 36; v. Lübtow, S. ll42. So insbesondere die Argumentation bei v. Lübtow S. 1142. 153 Diese Befugnis bejahen ebenfalls OLG Colmar OLG E 12, 361 (362); Firsching, S. 333; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 8; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. ll; Jaeger/Weber KO § 217 Rz 31 a.E.; MünchKomm-Siegmann § 1985 Rz 5; Soergel/ Stein § 1985 Rz 6, 10. 154 Hierauf weist zutreffend MünchKomm-Siegmann § 1985 Rz 5 FN 19 und Rz II hin. 155 Hatte der Erbe zunächst selbst fortgeführt, wurde aber noch innerhalb der Frist des§ 27 Abs. 2 HGB die Nachlaßverwaltung beantragt, so wird man in letzterer gleichzeitig die Einstellung der Geschäftsfortführung seitens des Erben gemäß § 27 Abs. 2 S. l HGB sehen müssen. Andernfalls würde der Erbe nämlich sein Haftungsausschlußrecht bezüglich der handelsrechtliehen Haftung aus §§ 27 Abs. l, 25 Abs. l Satz l HGB verlieren. Vgl. GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. II; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 61. Im Ergebnis ebenso, aber mit abweichender Begründung Bolte ZHR 51 (1902), 413 (449); GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 6; Kretzschmar ZbiFG 17,1 (6); H. Stegemann, S. 113 f . 151

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

schäftsschulden zählen- aus dem Nachlaß, § 1986 Abs. 1, oder durch Beantragung des Nachlaßkonkurses, §§ 1985 Abs. 2 S. 2, 1980 Abs. 1, herbeigeführt wird. Folglich werden nach Abschluß der Nachlaßverwaltung regelmäßig keine Verbindlichkeiten mehr vorhanden sein, für die der Erbe haften muß. Für eine Anwendung des § 27 HGB ist nur insoweit Raum, als der fortführende Erbe beispielsweise mit G~währleistungsansprüchen konfrontiert wird, die auf vom Nachlaßverwalter geschlossene Verträge zurückgehen. Darüber hinaus kommt eine Haftung des Erben nach Handelsrecht in dem recht speziell gelagerten Fall in Betracht, daß eine Aufhebung der Nachlaßverwaltung durch das Nachlaßgericht, § § 19 I 9, 1975, vor Berichtigung sämtlicher bekannter Nachlaßverbindlichkeiten unter Zustimmung des Erben und aller noch nicht befriedigten Nachlaßgläubiger erfolgt 156 und der Erbe anschließend das Handelsgeschäft unter bisheriger Firma fortführt. Gehört hier eine vom Nachlaßverwalter eingegangene Geschäftsschuld zu den noch nicht befriedigten Verbindlichkeiten, ist eine Haftung des Erben für diese nach § 27 Abs. 1 HGB deswegen gerechtfertigt, weil er nun endgültig in den noch vom Erblasser begründeten Geschäftskreis eintritt und ihm die mit der Firmenfortführung verbundenen Vorteile zufließen 157• Will er dieser Haftung entgehen, muß er neu firmieren. Als Ergebnis bleibt daher festzuhalten, daß vom Nachlaßverwalter begründete Geschäftsschulden nur in recht speziell gelagerten Fällen frühere Geschäftsverbindlichkeiten des fortführenden Erben darstellen. Nur in dieser Konstellation sind sie dann zugleich auch Erbfallschulden. Regelmäßig besteht jedoch keine Kongruenz der betroffenen Verbindlichkeiten, da es zur Herausbildung früherer Geschäftsverbindlichkeiten im Sinne des § 27 HGB gar nicht kommt. Die von einem Teil der neueren Literatur 158 vertretene These, § 27 Abs. 1 HGB decke denselben Kreis von Verpflichtungen ab wie § 1967 Abs. 2, erscheint daher schon jetzt als zu weitgehend. Letzten Aufschluß wird darüber aber die Kategorie der Nachlaßerbenschuld geben. c) Nachlaßerbenschulden

Auch vom Erben selbst aus der Fortführung eines Handelsgeschäfts begründete Schulden können Nachlaßerbenschulden sein. Das ist jedenfalls in den Fällen unstrittig, in denen ihre Eingebung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprach 159 • Hiervon erfaßt sind beispielsweise die Forderungen von Ener156 Eine solche einverständliche Aufhebung der Nachlaßverwaltung ist zulässig. Vgl. den besonders gelagerten Fall in OLG Harnburg OLGE 41, 82 (83). Im übrigen vgl. Lange/Kuchinke §51 II 4 g S. 875 mit FN 105; Schlüter §54 III 4 a dd s. 457; Staudinger I Marotzke § 1988 Rz 11. 157 Zur ratio des § 27 HGB vgl. oben C II 6 h. Im Ergebnis ebenso GroßKommWürdinger 3. Aufl. § 27 Anm. II. 158 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 17. 159 Die Frage, ob gerade bei Geschäftsschulden am Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses festzuhalten ist, wird eingehend unten E III I erörtert.

II. Fiiihere Geschäftsverbindlichkeiten i. S. d. § 27 Abs. 1 HGB

133

gieversorgungsunternehmen aus dem Weiterbezug von Energie für die Räumlichkeiten und Maschinen des Geschäftsbetriebs, ebenso das Eingehen neuer Kredite zur Aufrechterhaltung des Unternehmens als Nachlaßbestandteil 160. Fraglich ist, ob§ 27 Abs. 1 HGB auch diese Fälle, in denen eine Nachlaßerbenschuld vorliegt, regelt 161 • Tatsächlich lassen einige Ausführungen Hüffers 162 eine Bejahung dieser Frage erkennen, wenn er darlegt, daß frühere Verbindlichkeiten im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB auch diejenigen seien, die den Erben als solchen treffen, § 1967 Abs. 2 Alt. 2, und zu letzteren auch die Nachlaßerbenschulden zählten. Selbst wenn man diesem mehr terminologischen Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung beimißt, sprechen doch die weiteren Überlegungen Hüffers zum Doppelcharakter der Nachlaßerbenschuld als Nachlaßverbindlichkeit und Eigenschuld dafür, daß er auch die Nachlaßerbenschulden von den früheren Geschäftsverbindlichkeiten mitumfaßt sieht 163, wenn er ausführt, der Doppelcharakter sei für den Gläubiger nur solange nicht wichtig, als ihm der Erbe nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB ohnehin mit seinem Privatvermögen hafte 164• Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Soweit hier Nachlaßerbenschulden in Rede stehen, handelt es sich doch um solche, die der Erbe bei der Fortführung des Handelsgeschäfts neu begründet hat. Nicht etwa geht es um die Haftung des endgültigen Erben nach § 27 Abs. 1 HGB für die vom vorläufigen Erben oder Vorerben eingegangenen Geschäftsschulden 165 • Eine Einbeziehung der hier relevanten neuen Geschäftsschulden würde den Wortlaut des§ 27 Abs. 1 HGB unzulässig überdehnen. Für deren Eingliederung besteht auch im Hinblick auf die ratio des § 27 HGB kein Bedürfnis. Zwar sind sie jedenfalls bei ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses zugleich Nachlaßverbindlichkeiten. Über die unbeschränkte Haftung des Erben für sie kann es aber wegen der zugleich vorliegenden Eigenschuld keine Zweifel geben, folglich auch kein Bedürfnis nach entsprechender Klarstellung 166• Auch aus der Rechtsprechung des BundesgeRGZ 90, 91 ff.; 146, 343 ff. enthalten vergleichbare Fälle. Rechtsprechung und Literatur haben sich mit diesem Problem, wie Harms, S. 165, zutreffend bemerkt, kaum befaßt. 162 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 17 f. 163 Dies gilt zumindest für die in § 27 Rz 18 Zeile 7 genannte Passage von Hüffers Kommentierung. In§ 27 Rz 23 a.E., 24 a.E. und 33 erkennt er dagegen zutreffend die Eigenständigkeil der vom endgültigen Erben im Rahmen der (einstweiligen) Fortführung des Handelsgeschäfts begrundeten Verbindlichkeiten. Die Schlußfolgerung, daß Nachlaßerbenschulden des endgültigen Erben gerade nicht von § 27 Abs. 1 HGB erfaßt sind, zieht er jedoch nicht. 164 GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 18 (Zeile 7). 165 Diese Geschäftsschulden können übrigens in der Person des vorläufigen Erben und des Vorerben als Nachlaßerbenschulden begrundet worden sein; denn für sie waren es neue Geschäftsverbindlichkeiten (eingehend hierzu unten E III 1 b). Für den endgültigen Erben sind diese aber frühere Geschäftsverbindlichkeiten und unter Umständen zugleich Erbfallschulden (zu dieser Fallkonstellation schon oben E II 2 b aa), keinenfalls jedoch Nachlaßerbenschulden. 166 Zum Aspekt der Klarstellung in § 27 HGB vgl. oben C II 6 h. 160 161

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

richtshof 167 ergibt sich kein Anhaltspunkt für die Einbeziehung der vom Erben eingegangenen Nachlaßerbenschulden in§ 27 Abs. 1 HGB. Der Bundesgerichtshof stellt lediglich klar, daß die vom endgültigen Erben begründeten Verbindlichkeiten Nachlaßverbindlichkeiten sein können 168 , nicht aber, daߧ 27 Abs. 1 HGB den selben Pflichtenkreis abdeckt wie § 1967 169• Dem Gericht geht es nur darum, deutlich zu machen, daß die auch von einer Zwischenperson (vorläufiger Erbe, Vorerbe) begründeten Geschäftsverbindlichkeiten von § 27 Abs. 1 HGB erfaßt sind. Eine Deckungsgleichheit erbrechtlicher und handelsrechtlicher Verpflichtungen ist daraus aber nicht abzuleiten. d) Inkongruenz von Nachlaß- und früheren Geschäftsverbindlichkeiten Somit wird also bestätigt, was sich bei der Untersuchung der Erbfallschulden bereits andeutete 170 : Die früheren Geschäftsverbindlichkeiten im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB und die Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 sind miteinander nicht in Deckung zu bringen. Lediglich zwischen Erblasserschulden und früheren Geschäftsverbindlichkeiten ist eine vollständige Kongruenz möglich. Eine Kategorisierung der früheren Geschäftsschulden in Erblasser-, Erbfall- und Nachlaßerbenschulden ist aber deswegen unzutreffend, weil sie den Blick dafür verstellt, daß lediglich ganz bestimmte Erbfallschulden zugleich frühere Geschäftsverbindlichkeiten sein können und daß sich die Nachlaßerbenschulden überhaupt nicht darunter erfassen lassen. Sind folglich die in Rede stehenden Verbindlichkeiten voneinander zu trennen, die früheren Geschäftsverbindlichkeiten als im vorbeschriebenen Umfang eigenständig zu nennen, festigt dies zum einen das im ersten Teil der Arbeit gewonnene Ergebnis von der selbständigen handelsrechtliehen Haftung, die § 27 Abs. 1 HGB neben dem bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftungssystem begründet 171 • Zum anderen ergeben sich praktische Konsequenzen aus der Inkongruenz der gegenübergestellten Verbindlichkeiten. Bezüglich der vom Nachlaßverwalter begründeten Erbfallschulden wurde herausgearbeitet, daß eine Anwendung des § 27 Abs. 1 HGB zu Lasten des Erben zwar denkbar ist, jedoch eher einen Ausnahmefall darstellt 172 • Soweit die fehlende Übereinstimmung die Nachlaßerbenschulden betrifft- und dies ist das signifikanteste Beispiel für die Inkongruenz der betroffenen Verbindlichkeiten - hat dies zur Folge, daß der Erbe seine handelsrechtliche Haftung für die von ihm als Nachlaßerbenschulden 173 eingegangenen neuen Geschäftsschulden weder 167 BGHZ 32, 60 (64, 66). Auf diese Entscheidung verweist Hüffer in Großkommentar § 27 Rz 17 f. FN 11 f. 168 BGHZ 32, 60 (64).

So aber die Interpretation von Hüffer in Großkommentar § 27 Rz 17. Hierzu oben E II 2 b aa)- bb). 111 Vgl. oben C III 5. l72 Hierzu oben E II 2 b bb). 173 Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen neue Geschäftsverbindlichkeiten als Nachlaßerbenschulden anzusehen sind, sogleich unterE III 1. 169

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III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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durch Einstellung des Geschäftsbetriebs nach § 27 Abs. 2 HGB noch durch Eintragung des Haftungsausschlusses im Handelsregister nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB, noch durch Annahme einerneuen Firma, vgl. §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 3 HGB, ausschließen kann. Bei Erblasser- und bestimmten Erbfallschulden ist dagegen, da diese - zumindest in bestimmtem Umfang - zugleich frühere Geschäftsverbindlichkeiten sein können, ein Ausschluß der handelsrechtliehen Haftung auf dem vorgenannten Weg möglich.

111. Neue Geschäftsverbindlichkeiten 1. Neue Geschäftsverbindlichkeiten als Nachlaßerbenschulden a) Das Problem Im Verlauf der bisherigen Untersuchung wurde davon ausgegangen 174, daß die vom Erben selbst in Fortführung des Handelsgeschäfts begründeten neuen Geschäftsverbindlichkeiten jedenfalls dann als Nachlaßerbenschulden anzusehen sind, wenn sie vom Standpunkt eines sorgfältigen Verwalters in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses begründet wurden. In diesem Fall haftet dem neuen Geschäftsgläubiger bei eingetretener Separation nicht nur das Eigenvermögen des Erben, sondern auch das Nachlaßvermögen, was für den Geschäftsgläubiger von entscheidender Bedeutung ist, wenn der Erbe ansonsten unvermögend ist. Legt man aber die Definition der Nachlaßerbenschulden, wie sie heute von der ganz herrschenden Meinung vertreten wird, in gleicher Weise bei den neuen Geschäftsverbindlichkeiten zugrunde 175, sind Fälle denkbar, in denen neue Geschäftsgläubiger nicht auf den Nachlaß zugreifen können, sondern sich mit dem -möglicherweise geringfügigen- Vermögen des Erben begnügen müssen. Eine solche Situation ist gegeben, wenn die Begründung der neuen Geschäftsschuld nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprach, was man beispielsweise bei der auf Kreditbasis erfolgten Anschaffung eines Großrechners, der für den Bedarf eines kleineren Einzelunternehmens völlig überdimensioniert ist, annehmen muß. Auch wird man es nicht mehr als ordnungsgemäß bezeichnen können, wenn der Erbe einen Kredit aufnimmt, um damit ein Geschäft zu finanzieren, das als solches erkennbar höchst riskant und für eine erfolgreiche Weiterführung des Handelsgeschäfts keineswegs erforderlich ist. Die Beispiele Vgl. oben E II 2 c. Am Merkmal der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses halten auch bei vom Erben begründeten Geschäftsverbindlichkeiten ausdrücklich fest Soergel I Stein § 1967 Rz 13; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 60; Pfeifer S. 40 (am Beispiel der Erbengemeinschaft); Rohlff, S. 75 (für den Vorerben). In gleicher Richtung tendieren BGHZ 71, 180 (187); Jaeger /Weber KO § 226 Rz 16, 17, 20; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 27, 58; Staudinger I Seybold 11. Aufl. § 2145 Rz 5 i.V. m. Rz 3 (für den Vorerben). 174 175

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

zeigen zwar, daß ein nicht ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln des Erben eher selten sein wird, denn schließlich setzt der Erbe hier auch sein sonstiges Vermögen erheblichen Gefährdungen aus. Tatsache bleibt jedoch, daß bei Zugrundelegung der allgemeinen Definition der Nachlaßerbenschulden der Nachlaß in diesen Fällen nicht haftet 176. Letzteres wird von Teilen der Literatur mit Rücksicht auf die Haftungserwartungen des Handelsverkehrs als unbillig angesehen und deshalb entweder angenommen, daß neue Geschäftsverbindlichkeiten stets Nachlaßerbenschulden sind 177 , oder es wird ohne Bezugnahme auf die Nachlaßerbenschuld ein Zugriffsrecht der Neugeschäftsgläubiger auf den Nachlaß generell bejaht 178 • Es stellt sich daher die Frage, ob der im bürgerlichen Recht entwickelte Begriff der Nachlaßerbenschuld 179 auch auf neue Geschäftsverbindlichkeiten unmittelbar anzuwenden ist, ob er modifiziert werden muß oder er in diesem Zusammenhang gänzlich unbrauchbar ist.

b) Die Kollision von Nachlaßgläubiger- und Geschäftsneugläubigerinteressen

Hinter dem soeben aufgezeigten Sachverhalt verbirgt sich letztlich das Problem, ob den schutzwürdigen Interessen der bisherigen Nachlaßgläubiger oder aber denjenigen der neuen Geschäftsgläubiger der Vorrang einzuräumen ist. Legt man allein das bürgerlich-rechtliche Erbenhaftungssystem zugrunde, so ergibt sich hieraus zwar grundsätzlich eine eindeutige Wertung zugunsten der Nachlaßgläubiger180. Sie sind gegenüber den Eigengläubigem insoweit privilegiert, als sie deren Zugriff auf den Nachlaß durch Herbeiführung der Separation verhindem können,§ 1981 Abs. 2 S. 1; § 217 Abs. 1 KO. Jedoch besteht in dem hierrelevanten Zusammenhang die Schwierigkeit gerade darin, daß eine Aushöhlung der Haftungsgrundlage der bisherigen Nachlaßgläubiger durch das Hinzutreten neuer Nachlaßgläubiger in Gestalt der Geschäftsneugläubiger droht. Der Gefahr der Beeinträchtigung von Interessen der bisherigen Nachlaßgläubiger, denen im Fall der Separation ein Zugriff auf das Eigenvermögen des Erben ja verwehrt ist, wird nun dadurch entgegengetreten, daß der Erbe nur insoweit zur Begründung neuer Nachlaßverbindlichkeiten befugt ist, als die Aufnahme dieser Schulden einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entspricht 181 . Übertragen auf 176 Eine Nachlaßverbindlichkeit ist wegen fehlender Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung des Nachlasses nicht entstanden. 111 Bartholomeyczik DGWR 1938, 321, 324, Brox Rz 629; Erman /Bartholomeyczik 5. Aufl. § 1967 Rz 12; Erman/Schlüter § 1967 Rz 12; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 18, 33. Allerdings scheint Schlüter § 50 VII 1 b S. 427 am Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses neuerdings wieder festhalten zu wollen. Unklar insoweit auch GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 17 a.E. 178 v. Godin, S. 86 (für den Vorerben); Mattem BWNotZ 1960, 166 (172); Armbruster, S. 19; Goldstein, S. 69 ff. (am Beispiel der Miterbengemeinschaft); P.A. Leonhardt, S. 118 f. (ebenfalls für die Miterbengemeinschaft). 179 Hierzu oben E I 3 a. 180 Vgl. oben B VI.

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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die Geschäftsneugläubiger bedeutet dies, daß ihnen ein Zugriff auf den Nachlaß nicht generell versagt sein soll, er aber wie bei den neuen Privatgläubigem dem Korrektiv ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses unterliegt. Die Interessen der Geschäftsneugläubiger erscheinen demgegenüber nicht minder schutzwürdig. Entschließt sich nämlich der Erbe zur Fortführung des Handelsgeschäfts, tritt er im Handelsverkehr als Kaufmann auf und erweckt als Einzelunternehmer die Erwartung seiner Gläubiger 182, mit seinem gesamten Vermögen für die von ihm eingegangenen Verbindlichkeiten zu haften 183 • Diese Erwartung wird enttäuscht, wenn durch Separation der Nachlaß, dessen Rechtsträger der fortführende Erbe ist und der neben dem sonstigen Vermögen des Erblassers auch die Gegenstände des Geschäftsvermögens enthält, dem Zugriff der Geschäftsneugläubiger entzogen wird. Darüber hinaus erscheint es gerade im Handelsverkehr, der auf eine schnelle Geschäftsabwicklung ausgerichtet ist 184, den Gläubigem nicht zumutbar, die Maßnahmen des fortführenden Erben darauf zu überprüfen, ob sie ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses entsprechen. Folglich würden es die Interessen der neuen Geschäftsgläubiger erfordern, ihnen einen ungehinderten Zugriff auch auf das Nachlaßvermögen zu gewähren. Die damit verbundene Zurücksetzung der Interessen bisheriger Nachlaßgläubiger müßte dann hingenommen werden.

c) Die Lösung des Interessenkonflikts

aa) Priorität des Schutzes der bisherigen Nachlaßgläubiger Den schutzwürdigen Interessen der ursprünglichen Nachlaßgläubiger 185 geben alle diejenigen Stimmen in der Literatur 186 den Vorrang, die das Vorliegen von Nachlaßerbenschulden mit der Konsequenz der Nachlaßhaftung im Fall der Separation auch bei neuen Geschäftsschulden davon abhängig machen, daß sie im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses begründet wurden. Auffal181 Auf diese Funktion des Erfordernisses ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses haben insbesondere Planck I Flad § 1967 Anrn. 6 und Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 41 hingewiesen. Vgl. auch oben E I 3 a. 182 Bei den Altgeschäftsgläubigern stellt sich das Problem nicht, weil diese stets gleichzeitig Nachlaßgläubiger sind. 183 Die unbeschränkte Haftung für Geschäftsverbindlichkeiten in einem vollkaufmännischen Unternehmen entspricht der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur.Vgl. KG JW 1937, 2599; BGHZ 32, 60 (66); Bartholomeyczik DGWR 1938, 321 (323); Baumbach/DudeniHopt § 25 Anm. 1 E; Dempewolf DB 1960, 80 (81); Gruß DB 1955, 573 (574); K. Schmidt, Handelsrecht, § 5 m 2 a S. 118; Schultze-v. Lasaulx JZ 1952, 390 (393); Armbruster, S. 15 f.; P.A. Leonhardt, S. 116. 184 Dem tragen verschiedene gesetzliche Regelungen Rechnung wie beispielsweise §§ 362 Abs. 1; 377 Abs. 1 HGB. 185 Gemeint sind die Gläubiger der Erblasser- und Erbfallschulden. 186 Vgl. hierzu FN 175.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

lend ist dabei, daß alleine Marotzke 187 die Folgen eines Festhaltens an diesem Erfordernis - nämlich das Fernhalten von Geschäftsneugläubigem vom Nachlaßvermögen, wenn es zur Trennung desselben vom Eigenvermögen gekommen ist- klar ausgesprochen und sich um eine nähere Begründung bemüht hat. Dem in § 1977 Abs. 2 und § 1984 Abs. 2 zum Ausdruck gekommenen Schutzgedanken liefe es zuwider, wenn der Erbe den Kreis der Nachlaßgläubiger beliebig vergrößern könnte. Eine Belastung des Nachlasses mit neuen Verbindlichkeiten könne daher nur insoweit in Betracht kommen, als der Erbe den bisherigen Nachlaßgläubigem gegenüber dazu gemäߧ 1978 berechtigt sei 188 , er also in ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses handle 189. Diese Lösung kann für sich in Anspruch nehmen, innerhalb des bürgerlichrechtlichen Erbenhaftungssystems konsequent zu sein in dem Sinne, daß auch für Geschäftsverbindlichkeiten die von Rechtsprechung und Literatur entwickelte Formel von den Nachlaßerbenschulden Anwendung findet. Dies dient der Vereinheitlichung und damit der Rechtsklarheit und berücksichtigt zudem folgerichtig die schutzwürdigen Belange der ursprünglichen Nachlaßgläubiger. Es nimmt dieser Lösung jedoch ihre Überzeugungskraft insofern, als eine Auseinandersetzung mit den ebenfalls schutzwürdigen Interessen der Geschäftsneugläubiger nicht stattfindet 190• So fällt insbesondere ins Gewicht, daß durch das Festhalten an der ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses in den Fällen eine Fortführung des Unternehmens ohne sachliche Haftung seiner Vermögensbestandteile ermöglicht wird, in denen der Erbe Geschäfte außerhalb des Rahmens der Ordnungsmäßigkeit abschließt, und es später zur Separation kommt. Dies aber ist mit den Haftungserwartungen des Handelsverkehrs unvereinbar 191 • Darüber hinaus übersieht ein derartiger Lösungsansatz das Spannungsverhältnis, das zwischen der ordnungsmäßigen Verwaltung eines Nachlasses, und der Führung eines einzelkaufmännischen Unternehmens besteht 192• Letztere erfordert das Befolgen 187 Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 60 a. E., 41. Auch der Bundesgerichtshof scheintarn Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses festzuhalten, vgl. BGHZ 32,60 (64, 66 f.); 71, 180 (187), ohne allerdings den daraus entstehenden Interessenkonflikt zu behandeln. Im Hinblick auf BGHZ 32, 60 ff. mag dies daran liegen, daß die Entscheidung im Kern um die Haftung (des Nacherben) für frühere Geschäftsverbindlichkeiten ging. Auf sie wird später noch ausführlich zurückzukommen sein (vgl. unten F I 3 b aa), bb). 188 Hiermit beruft sich Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 60 a. E., 41, auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts, das die Befugnis des Erben zur Begründung von Nachlaßverbindlichkeiten aus§§ 1978 Abs. 3, 257 ableitet, vgl. RGZ 90,91 (94 f.). Hierzu ausführlich oben E I 3 a. 189 In der Begründung für die Voraussetzungen der Nachlaßerbenschuld ebenso Jaeger /Weber KO §§ 226, 227 Rz 16, 17, 20, bei denen jedoch nicht ganz eindeutig ist, ob dies gerade auch für neue Geschäftsschulden gelten soll. 190 Dies gilt auch für Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 60. 191 Vgl. hierzu die Ausführungen oben E III 1 b FN 183. 192 Sehr instruktiv hierzu Reuter ZHR 135 (1971), 511 (520 ff.). Vgl. auch schon oben C II 6 e.

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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marktwirtschaftlicher Prinzipien und damit eine Risikobereitschaft, die häufig die Grenzen überschreiten wird, in denen die ursprünglichen Nachlaßgläubiger ihre Interessen noch gewahrt sehen können. Geschäftliche Erfolge stellen sich zudem immer erst nach Eingebung der Verbindlichkeit ein, so daß zur Beurteilung ihrer Ordnungsmäßigkeit im Hinblick auf den Nachlaß eine Prognoseentscheidung gefordert wird, die selten so eindeutig ausfallen wird wie bei den oben 193 genannten Beispielen. Von daher liegt es näher, entweder sämtliche im Rahmen der Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts begründeten Verbindlichkeiten als ordnungsgemäß einzustufen, oder ihre Eigenschaft als Nachlaßerbenschuld unabhängig von der Ordnungsmäßigkeit ihrer Begründung zu bejahen. Die bevorzugte Berücksichtigung der Interessen der ursprünglichen Nachlaßgläubiger ist aus den genannten Gründen jedenfalls abzulehnen.

bb) Priorität des Schutzes der Geschäftsneugläubiger Die Interessen der neuen Geschäftsgläubiger bewerten diejenigen Auffassungen 194 höher, die deren Zugriff auf das Nachlaßvermögen auch bei Trennung desselben vom Eigenvermögen des Erben uneingeschränkt zulassen 195• Auch in Fällen also, in denen der Erbe ein gegenüber den bisherigen Nachlaßgläubigern unvertretbares Risiko bei der Geschäftsfortführung eingegangen ist, müßte der Nachlaß den Geschäftsgläubigern haften. Trotz dieser für die ursprünglichen Nachlaßgläubiger unbestreitbaren Härte wiegen die Gründe, die zur Stützung jener Auffassung angeführt werden 196, schwer. Die Haftungserwartungen des Handelsverkehrs im Hinblick auf das einzelkaufmännische Unternehmen schließen es insbesondere aus, daß der Kaufmann seine Haftung auf einen Teil seines Vermögens beschränkt, also durch Herbeiführung der Separation den Geschäftsneugläubigern den Zugriff auf den Nachlaß und damit auch auf die Gegenstände des Geschäftsvermögens vereitelt 197 • Ebenso leuchtet das Argument ein, dem E III 1 a. Vgl. die FN 177, 178. 195 Dabei wird das Vorliegen einer Nachlaßerbenschuld ohne Rücksicht auf die ordnungsgemäße Begründung der Geschäftsschuld bejaht oder unabhängig vom Begriff der Nachlaßerbenschuld der Zugriff auf das Nachlaßvermögen anerkannt. 196 Hierzu bereits oben E III 1 b. 197 Vgl. Bartholomeyczik DGWR 1938, 321 (322 f.); Erman/Schlüter § 1967 Rz 12; Armbruster, S. 19; Goldstein, S. 71; P.A. Leonhardt, S. 119. Bartholmeyczik, S. 323, betont, daß das Geschäftsvermögen das eigentliche Vertrauensobjekt des kaufmännischen Kreditverkehrs bilde und daher auch dem Zugriff der neuen Geschäftsgläubiger nicht entzogen werden sollte. Insoweit handle es sich um die "sachliche Haftung" des Unternehmens. - Zu dieser Einschätzung der Bedeutung des Geschäftsvermögens muß jedoch klargestellt werden, daß das Gesetz das Vertrauen auf eine Haftung des Geschäftsvermögens für die Geschäftsverbindlichkeiten keineswegs umfassend schützt. Letzteres zeigt sich anschaulich an der Vorschrift des § 25 Abs. 1 HGB, die nach ganz herrschender Auffassung auch zu Lasten eines bloß nutzungsberechtigten neuen Inhabers (Pächter, Nießbraucher) Anwendung findet. Vgl. insoweit Denkschrift zum HGB, S. 36; RGZ 133, 318 (322); BGH NJW 1982, 1647 (1648); Baumbach/Duden/Hopt § 25 Anm. I 193 194

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

Handelsverkehr könne eine Überprüfung der Handlungen des Erben im Hinblick auf dessen ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses nicht zugemutet werden. Letzteres wird man übrigens ebenso annehmen müssen, wenn man den Aspekt der Ordnungsmäßigkeit nicht auf jede einzelne Geschäftsverbindlichk:eit, sondern nur auf die Frage bezieht, ob die Entscheidung zur Fortführung (und nicht zur Einstellung) des Handelsgeschäfts als solche vom Standpunkt eines sorgfaltigen Verwalters vertretbar ist 198. Hier stellt sich nämlich gleichermaßen das Problem, daß den neuen Geschäftsgläubigem diese Überprüfung unmöglich ist und der Erbe seinerseits nicht das mindeste Interesse daran hat, seine Nachlaßangelegenheiten einer Kontrolle durch seine Geschäftspartner zu unterziehen. Für die Priorität des Geschäftsneugläubigerschutzes spricht weiterhin, daß die Interessen der bisherigen Nachlaßgläubiger nicht völlig unberücksichtigt bleiben müssen. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein eindeutig 199 nicht mehr mit ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses vereinbares Geschäftsgebahren des Erben vorliegt, müssen die Nachlaßgläubiger zwar den Zugriff auch dieser Geschäftsgläubiger auf den Nachlaß dulden, können aber ihrerseits wegen ordnungswidriger Verwaltung gegen den Erben aus §§ 1978 Abs. 1, 667, 280 Abs. 1 vorgehen 200. Dies nützt ihnen freilich nur dann etwas, wenn der Erbe nicht unvermögend ist. Nicht ganz eindeutig ist bei den Befürwortem der Priorität des Geschäftsneugläubigerschutzes die rechtliche Konstruktion des Zugriffs auf das Nachlaßvermögen201. Teilweise wird die neue Geschäftsschuld als Nachlaßerbenschuld eingeordnet, bei der es auf den Aspekt der Ordnungsmäßigkeit nicht ankommt 202, teilweise wird die Haftung des Nachlaßvermögens unter Hinweis auf handelsrechtliche Gesichtspunkte einfach anerkannt 203. Als vorzugswürdig erscheint es, trotzVerzichtsauf das Erfordernis ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses Ca; Gerlach, S. 35; GroßKomm-Würdinger 3. Aufl. § 25 Anm. 31; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 81. Ein Abstellen allein auf das Geschäftsvermögen wäre nur dann notwendig, wenn man der Haftungsfondstheorie folgt (so Schricker ZGR 1972, 121 (153) FN 128, der die Haftung des nur Nutzungsberechtigten aus § 25 HGB konsequent verneint), was aber bereits abgelehnt wurde, vgl. C II 6 a bb (1). Entscheidend kommt es daher auf die unbeschränkte Einstandspflicht des Fortführenden für die von ihm begründeten Geschäftsverbindlichkeiten an (vgl. E III 1 b FN 183), demgegenüber der Aspekt der "sachlichen Haftung" in den Hintergrund tritt. 198 In dieser Richtung können übrigens auch BGHZ 71 , 180 (187) sowie die Ausführungen bei MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 58 verstanden werden. 199 Zu den Schwierigkeiten der Bestimmung ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses vgl. soeben E III I c aa). 200 Bartholomeyczik DGWR 1938, 321 (324); P.A. Leonhardt, S. 119. 201 Problematisch ist dies natürlich nur in dem hier stets zugrunde gelegten Fall der eingetretenen Separation bei nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechender neuer Geschäftsschuld. 2o2 So im Ergebnis Bartholomeyczik DGWR 1938, 321 (322 f.); Erman/Schlüter § 1967 Rz 12; GroßKomm-Hüffer § 27 Rz 18, 33 (entgegen Rz 17). 2o3 v. Godin, S. 86; Mattem BWNotZ 1960, 166 (172 f.) (beide für den Vorerben); Armbruster, S. 117; Goldstein, S. 71; P.A. Leonhardt, S. 118 f. (alle am Beispiel der Miterbengemeinschaft).

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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auch hier von Nachlaßerbenschulden zu sprechen und damit die in Rechtsprechung und Literatur ganz herrschende Formel 204 durch eine handelsrechtlich bedingte Einschränkung zu modifizieren. Auf andere Weise kann nämlich nicht sinnvoll begründet werden, daß den Geschäftsgläubigem auch in diesen Fällen Eigenvermögen und Nachlaßvermögen haften. Es ist gerade das Wesen der Nachlaßerbenschuld, daß sie sowohl Eigen- als auch zugleich Nachlaßverbindlichkeit ist 205 • Dadurch, daß der Erbe mit den Geschäftsgläubigem kontrahiert, begründet er seine persönliche Haftung, und zwar schon nach schuldrechtlichen Grundsätzen206. Der Bezug zum Nachlaß wird durch das gleichzeitige Vorliegen einer Nachlaßverbindlichkeit hergestellt, das hier, abweichend von sonstigen "privaten" Nachlaßerbenschulden, nicht auf ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses gründet, sondern auf den schutzwürdigen Haftungserwartungen des Handelsverkehrs.

cc) Vermittelnde Lösungen Wenn auch die bisherige Untersuchung ergeben hat, daß im Zweifel die Interessen der neuen Geschäftsgläubiger vorrangig zu schützen sind, bleibt diese Lösung insoweit unbefriedigend, als sie sich im Einzelfall für die bisherigen Nachlaßgläubiger als große Härte erweisen kann 207. Da jene im Falle der Separation nicht auf das sonstige Erbenvermögen zugreifen können, soweit nicht § 27 Abs. 1 HGB eingreift, tragen sie letztlich das gesamte Risiko der Fortführung des Handelsgeschäfts mit und sind gegenüber den Geschäftsgläubigem, denen Nachlaßund Eigenvermögen als Haftungsgrundlage zur Verfügung stehen, benachteiligt. Im folgenden wird daher zu prüfen sein, ob die für die ursprünglichen Nachlaßgläubiger nachteilige Haftungslage nicht durch vermittelnde Lösungen entschärft werden kann. 204 Hierzu oben E I 3 a. 2os Hierzu oben E I 3 vor a) und 3 a. 206 Das Kammergericht KG JW 1937, 2599 hat die persönliche Haftung des Erben (im konkreten Fall ging es um eine Erbengemeinschaft, was vom Ergebnis her jedoch belanglos ist) mit einem "Erst-recht-Schluß" aus § 27 HGB zu begründen versucht. Wenn der Erbe nämlich für die Geschäftsverbindlichkeiten des Erblassers unbeschränkt, also persönlich, hafte, müsse dies erst recht für die von ihm selbst eingegangenen Geschäftsverbindlichkeiten gelten. Dieser Argumentation sind Dempewolf DB 1960, 80 (81); Erman/Bartholomeyczik 5. Aufl. § 2038 Rz 7; Gruß DB 1955,573 (574); Goldstein, S. 67 f.; P.A. Leonhardt, S. 116 f. gefolgt, Goldstein und P.A. Leonhardt allerdings nur insoweit, als sie die Entstehung von Nachlaßerbenschulden unabhängig von der Formel des Reichsgerichts (RGZ 90, 91 (95)) zu begründen versuchen. Des Weges über § 27 HGB bedarf es aber nicht, weil der Erbe bei neuen Geschäftsverbindlichkeiten sich wie jeder andere Schuldner grundsätzlich persönlich verpflichtet. Hierauf hat Sobich, S. 65 mit FN 4, sehr zutreffend hingewiesen. Darüber hinaus ist der "Erst-recht-Schluß" aber auch keineswegs zwingend, vgl. Armbruster S. 21 f. Denn über die Haftung für Geschäftsneuschulden, die der Erbe in der Frist des § 27 Abs. 2 HGB begründet hat, sagt § 27 HGB insbesondere dann nichts aus, wenn es zur fristgerechten Einstellung gekommen ist. 207 Hierauf wurde bereits oben E III l c bb) hingewiesen.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten (1) Generell unbeschränkbare Haftung des Erben bei Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts

Den Interessen der hier beteiligten Gläubigergruppen wäre natürlich dann gleichermaßen gedient, wenn die Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts zur Folge hätte, daß dem Erben sowie den Nachlaßgläubigem die Herbeiführung der Separation untersagt wäre. Die bisherigen Nachlaßgläubiger würden für den ungehinderten Zugriff der Neugeschäftsgläubiger auf den Nachlaß dadurch entschädigt, daß ihnen das sonstige Erbenvermögen als Haftungsgrundlage erhalten bliebe. Andererseits wäre in diesem Fall auch den Haftungserwartungen des Handelsverkehrs Genüge getan, da auf das Nachlaßvermögen haftungsrechtlich ohne weiteres seitens der Geschäftsgläubiger zugegriffen werden könnte. Einem solchen Lösungsweg ist aber nicht nur entgegenzuhalten, daß er ausschließlich de lege ferenda zu realisieren wäre 2os, sondern auch die Tatsache, daß er den bisherigen Nachlaßgläubigem nicht nur Vorteile gegenüber der soeben dargestellten 209 Rechtslage bietet. Zwar fände eine Gleichstellung mit den Neugeschäftsgläubigern statt; damit einher ginge aber der Verlust des Rechts, sonstige Privatgläubiger des Erben vom Zugriff auf den Nachlaß fern zu halten. Und schließlich bliebe bei einer solchen Lösung der Schutz der Erbeninteressen gänzlich unbeachtet. Er müßte für sämtliche Erblasserschulden persönlich haften, ohne daß ihm ein Inventarvergehen zur Last fiele oder er einen Verzicht auf sein Beschränkungsrecht erklärt hätte. Zwar bewertet das BGB den Schutz der Nachlaßgläubiger im Zweifel höher als den des Erben 2 10, eine solche Verlagerung des Interessenschutzes wäre davon aber nicht mehr gedeckt. (2) Begrenzter Zugriff der Geschäftsneugläubiger auf den Nachlaß Anstelle einer Erweiterung der Erbenhaftung könnte den schutzwürdigen Interessen der bisherigen Nachlaßgläubiger aber die Begrenzung der Zugriffsmöglichkeit der Geschäftsneugläubiger auf den Nachlaß dienen. Gerade weil der Handelsverkehr auch auf die sachliche Haftung des Unternehmens vertraut 211 , läge es nahe, die neuen Geschäftsgläubiger nur insoweit als Nachlaßgläubiger anzusehen, 2os Keiner Norm des Handelsgesetzbuchs kann eine so weitgehende, die Grundpfeiler des bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftungssystems antastende Bedeutung beigelegt werden. Selbst§ 27 HGB besagt ja nur, daß im Hinblick auffrühere Geschäftsverbindlichkeiten die Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten nach BGB wirkungslos bleiben. Er konstituiert aber keinesfalls ein Verbot der Separation schlechthin. 209 Hierzu soeben E III 1 c bb). 210 Vgl. oben B VI. 211 Zum nur eingeschränkten Schutz dieser Haftungserwartung vgl. ausführlich oben FN 197. Ein lediglich begrenzter Zugriff der Geschäftsneugläubiger auf den Nachlaß wäre ein Kompromiß zwischen den hier widerstreitenden Interessen, weil den Interessen des Handelsverkehrs nicht uneingeschränkt Priorität eingeräumt wird.

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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als ihnen der Zugriff auf die Gegenstände des Geschäftsvermögens - dagegen nicht auf die sonstigen Nachlaßgegenstände- gewährleistet ist 212 • Dabei wären grundsätzlich zwei Modelle denkbar. Entweder bliebe der Zugriff der neuen Geschäftsgläubiger im Separationsfall generell, also unabhängig von der ordnungsmäßigen Begründung der Geschäftsschuld durch den Erben, auf die Gegenstände des Geschäftsvermögens beschränkt. Oder die Beschränkung fände nur insofern statt, als der Erbe nicht ordnungsgemäß gehandelt hat. Für die erste Lösung spricht, daß damit alle Schwierigkeiten, die mit der Bestimmung ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses bei Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts verbunden sind 2 13 , umgangen werden könnten. Andererseits darf aber nicht übersehen werden, daß die erfolgreiche Weiterführung des Handelsgeschäfts auch im Interesse der ursprünglichen Nachlaßgläubiger liegt, bleibt dadurch doch der Wert ihrer Haftungsgrundlage erhalten und kann sogar gesteigert werden. Dann aber ist es legitim, daß der gesamte Nachlaß mit solchen Geschäftsschulden belastet wird, die einer ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses entsprechen. Folglich erscheint die zweite Lösung vorzugswürdig. Nicht beantwortet ist damit jedoch die vorgelagerte Frage, worauf sich ein in dieser Weise begrenzter Zugriff auf das Nachlaßvermögen rechtlich stützen ließe. Die Geschäftsneugläubiger wären Nachlaßgläubiger, denen nur bestimmte Nachlaßgegenstände hafteten. Im Falle der Nachlaßverwaltung könnte der Verwalter deren Forderungen nur aus diesen Nachlaßgegenständen befriedigen, nicht dagegen aus dem sonstigen Nachlaßvermögen. Bei eingetretenem Nachlaßkonkurs müßten die neuen Geschäftsgläubiger ihre Ansprüche zwar wie jeder nicht vorweg zu befriedigende Nachlaßgläubiger nach § 226 Abs. 1 K0 214 geltend machen, es stünde ihnen aber nur ein Ausschnitt der Konkursmasse zur Verfügung, der zudem auch den übrigen Nachlaßkonkursgläubigem als Haftungsgrundlage diente. Eine derartige Einschränkung der Gläubigerrechte, die der Bildung eines "Nachlasses im Nachlaß" gleichkäme, ist aber sowohl dem Recht der Nachlaßverwaltung als auch dem Nachlaßkonkursrecht fremd 2 15 • De lege lata ist der begrenzte Zugriff auf den Nachlaß demzufolge nicht zu verwirklichen.

212 Gegen eine solche Einschränkung grundsätzlich Mattern BWNotZ 1960, 166 (172 f.) (am Beispiel des Vorerben). 213 Vgl. oben E III 1 c aa). 214 Nachlaßverbindlichkeiten, die aus Rechtsgeschäften des Erben in Verwaltung des Nachlasses resultieren, sind keine Masseschulden nach § 224 Abs. 1 KO, weil das Gesetz nur die durch Rechtsgeschäfte des Nachlaßpflegers, -verwalters oder Testamentvollstrekkers begründeten Verbindlichkeiten bevorzugt, § 224 Abs. 1 Nr. 5 KO. Vgl. Jaeger I Weber KO § 224 Rz 2. 215 Bei dieser Lösung handelt es sich weder um eine Aussonderung noch um eine Absonderung. In beiden Fällen wären die Ansprüche der Berechtigten nämlich außerhalb des Konkursverfahrens gegen den Verwalter geltend zu machen.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten (3) Aussonderung des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß

Wenn sich auch nach geltendem Recht der Versuch nicht realisieren läßt, den Geschäftsneugläubigem lediglich einen Teilzugriff auf den Nachlaß zu gewähren216, könnte das Problem des gerechteren Interessenausgleiches unter Umständen dadurch gelöst werden, daß das Handelsgeschäft als solches aus dem Nachlaß ausgegliedert wird. Dies hätte zur Folge, daß die Geschäftsfortführung nicht mehr als Verwaltung des Nachlasses, und neue Verbindlichkeiten nicht mehr als N achlaßerbenschulden, sondern nur noch als Eigenschulden des Erben anzusehen sind, für die er bei Separation ausschließlich mit seinem Eigenvermögen haftet. Ob sich ein solcher Lösungsweg realisieren läßt und inwiefern er sich mit den Erwartungen einer unbeschränkten Haftung 217 verträgt, soll im folgenden geklärt werden.

(a) Verlust der Nachlaßzugehörigkeit aufgrund persönlicher Leistung des Erben Ausgangspunkt vorbeschriebener Überlegung ist die vereinzelt in der Rechtsprechung218, häufiger aber in der Literatur 219 vorzufindende Annahme, daß bei angeordneter Nachlaßverwaltung oder eröffnetem Nachlaßkonkurs den Verwaltern die Befugnis zur Fortführung, Einstellung oder Veräußerung des Handelsgeschäfts dadurch entzogen werden könne, daß das Unternehmen in der Zeit zwischen Erbfall und Eintritt der Separation seine Nachlaßzugehörigkeit verloren hat. Ein solcher Verlust sei dann anzunehmen, wenn der Erbe durch persönliche Leistung und Risikofreude maßgeblich das Erscheinungsbild des Unternehmens gestaltet habe und der Bezug des Handelsgeschäfts 220 zum Nachlaß immer weniger erkennbar werde. Je mehr es durch den Erben selbst geprägt sei, desto weniger bestehe eine Identität von Erblasserbetrieb und Erbenbetrieb 221 und desto weniger könne es noch als Nachlaßbestandteil angesehen werden. Trotz Aussonderung 222 216 Gemeint ist der soeben erörterte Versuch in E 111 1 c cc) (2). 211 Hierzu E III 1 c bb) FN 197 a.E. 21s OLG Braunschweig OLGE 19, 231 (232). 219 Vgl. Jaeger I Weber KO § 214 Anm. 29; Mentzel I Kuhn I Uhlenbruck KO § 214 Rz 4; MünchKomm-Siegmann § 1985 Rz 5; Reuter ZHR 135 (1971), 511 (515 f.). Ablehnend dagegen ohne nähere Begründung Soergel I Stein § 1985 Rz 6. 22o Jaeger /Weber KO § 214 Anm. 29 sprechen dabei stets von dem Geschäftsbetrieb "als solchen" auf der einen und den "Gegenständen des Geschäftsvermögens" auf der anderen Seite. Dies wird man so verstehen müssen, daß lediglich das Handelsgeschäft als "Gelegenheit zum Geschäftsbetrieb" ausgesondert werden könne, nicht dagegen das in der Konkursmasse verbleibende "Geschäftsvermögen". Vgl. zum Begriff des Handelsgeschäfts C I 1 a mit FN 7. 221 So die treffende Formulierung bei MünchKomm-Siegmann § 1985 Rz 5. 222 Die Rechtsfolge der Aussonderung des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß vertreten am deutlichsten MünchKomm-Siegmann § 1985 Rz 6; Reuter ZHR 135 (1971), 511 (516 f., 520); Pahl, S. 258 ff. Ähnlich aber auch Jaeger /Weber KO § 214 Rz 29. Eine Rechtsgrundlage hierfür wird allerdings nirgends genannt. Soweit der Begriff der "Aus-

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß soll es den Verwaltern nach dieser Auffassung aber weiterhin möglich sein, gegen den Erben die Ansprüche auf die zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Gegenstände des Geschäftsvermögens geltend zu machen, zu denen Betriebsgrundstücke sowie die vom Erblasser herrührenden Einrichtungen, Waren und Außenstände zählen können 223 • Für die durch die Aussonderung entstandene Minderung des Nachlasses entstehe zudem ein Ersatzanspruch nach § 1978 Abs. 1 S. 1, der auch den Goodwill des Betriebs umfasse 224. Es leuchtet der Ausgangspunkt dieser Überlegungen ein, die Tatsache nicht folgenlos bleiben zu lassen, daß das Handelsgeschäft aufgrund der Fortführung durch den Erben unter Umständen erhebliche Veränderungen erfahren kann. Ebenso überzeugt, daß eine solche Entwicklung gerade auf die Nachlaßzugehörigkeit des Handelsgeschäfts - letzteres verstanden als die Gelegenheit zum Geschäftsbetrieb225- Einfluß hat. Die Legitimation als Nachlaßbestandteil erhält es doch dadurch, daß es vom Erblasser herrührt. Wenn diese Verbindung durch persönlichen Einsatz des Erben jedoch immer mehr in den Hintergrund tritt, erscheint die Ausgliederung des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß nur konsequent. Für das hier untersuchte Problem, wie die berechtigten Interessen der bisherigen Nachlaßgläubiger gerechter gegenüber den als vorrangig erachteten Interessen der Geschäftsneugläubiger zur Geltung gebracht werden können, ergäbe sich folgende Lösung: Nach Ausscheiden des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß belastet der Erbe bei Eingebung neuer Geschäftsverbindlichkeiten ausschließlich sein Eigenvermögen; die Entstehung von Nachlaßerbenschulden und damit eine weitere Beeinträchtigung der Interessen der ursprünglichen Nachlaßgläubiger - ist indes ausgeschlossen 226. Eine Verwaltung des Nachlasses liegt dann nämlich nicht mehr vor 227 • sonderung" gebraucht wird, soll damit wohl nur zum Ausdruck gebracht werden, daß das Handelsgeschäft (vgl. FN 220) seine Eigenschaft als Nachlaßbestandteil verliert. Allein im konkursrechtlichen Sinn, § 43 KO, kann er nicht verstanden werden, weil der Verlust der Nachlaßzugehörigkeit auch schon bei bloßer Nachlaßverwaltung relevant werden kann. Aussonderung ist hier daher im Sinn von ,,Ausgliederung" (aus dem Nachlaßvermögen) zu verstehen. 223 So Jaeger /Weber KO § 214, Rz 29; Mückenherger Konk Treuh. 1936, 100 (101); MünchKomm-Siegmann § 1985 Rz 5. 224 Führte der Erbe das Unternehmen "im eigenen Namen" fort, habe er damit dem Nachlaß den Goodwill des Betriebs, der einen selbständigen Vermögenswert darstelle, entzogen. Hierfür sei er gemäß § 1978 Abs. 1 Satz 1 dem Nachlaß ersatzpflichtig. Vgl. Jaeger/Weber KO § 214 Rz 29 a.E.; MünchKomm-Siegmann § 1985 Rz 5. 225 Hierzu soeben FN 220. 226 So ausdrücklich Jaeger I Weber KO §§ 226, 227 Rz 17, 20, die in diesem Zusammenhang von einer Zeitschranke sprechen. 227 Der Ausgangspunkt, daß dem Nachlaß(konkurs)verwalter die Befugnis zur Fortführung, Einstellung oder Veräußerung des Handelsgeschäfts entzogen wird, wird also auf den Erben insoweit übertragen, daß jener den Nachlaß durch die Geschäftsfortführung dann nicht mehr verwaltet, wenn das Handelsgeschäft als solches nicht mehr Nachlaßbestandteil ist. 10 Friedrich

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(b) Vereinbarkeif mit den Haftungserwartungen des Handelsverkehrs Auch dieser Lösungsvorschlag gestaltet sich jedoch bei genauer Prüfung als nicht unproblematisch. Dies zunächst deshalb, weil die im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Gegenstände des Geschäftsvermögens in der Nachlaßmasse verbleiben sollen 228 und nur das Handelsgeschäft als solches 229 ausgegliedert wird. Das Verbleiben der Gegenstände des Geschäftsvermögens im Nachlaß ist sicherlich damit zu begründen, daß die Nachlaßgläubiger durch die Ausgliederung des Handelsgeschäfts als solches nicht benachteiligt werden sollen. Würde man nämlich auch insoweit ein Ausscheiden aus dem Nachlaß befürworten und die Nachlaßgläubiger allein auf Ersatzansprüche gegen den Erben aus § 1978 Abs. 1 verweisen 230 , stünden diese im Fall eines gleichzeitigen Erbenkonkurses schlechter da, weil der Nachlaßkonkursverwalter keinen Aussonderungsanspruch auf noch vorhandene ursprungliehe Gegenstände des Geschäftsvermögens geltend machen körmte, sondern den Ersatzanspruch als Konkursforderung und damit in Konkurrenz auch zu Privatgläubigern des Erben einfordern müßte 231 • Vorbeschriebener Schutz ist jedoch - und hierin liegt das Problem - nur auf Kosten der Interessen bestimmter Geschäftsneugläubiger zu realisieren. Weil mit dem Ausscheiden des Handelsgeschäfts als solchem aus dem Nachlaß keine Nachlaßerbenschulden mehr begründbar sind, entfällt bei Eintritt der Separation für die Gläubiger der nach dem Ausscheiden begrundeten Geschäftsschulden der Zugriff auf den Nachlaß einschließlich der dort noch vorhandenen Gegenstände des Geschäftsvermögens. Die Erwartung der unbeschränkten Haftung des Inhabers eines einzelkaufmärmischen Unternehmens würde folglich aus Gründen des lnteressenschutzes der bisherigen Nachlaßgläubiger enttäuscht. Letzteres ist als vermittelnde Lösung des Ausgangsproblems 232 nur akzeptabel, werm es für die Verminderung der Zugriffsmöglichkeit besagter Geschäftsneugläubiger einen vertretbaren Ausgleich gibt 233 • Er karm darin erblickt werden, daß der fortführende 228 Nach Jaeger I Weber KO § 214 Rz 26 a. E. können Nachlaßgegenstände dem Nachlaß bzw. der Nachlaßkonkursmasse nicht dadurch entzogen werden, daß der Erbe sie zwischenzeitlich seinem persönlichen Vermögen zugeführt hat. Dies erklärt zwar das Verbleiben der zum Geschäftsvermögen gehörenden Gegenstände im Nachlaß, nicht jedoch die Ausgliederung des Handelsgeschäfts als "Gelegenheit zum Geschäftsbetrieb", das ebenfalls als Nachlaßbestandteil angesehen wird (vgl. Jaeger I Weber KO § 214 Rz 29; MünchKomm-Siegmann § 1985 Rz 5). Die Differenzierung ist wohl nur dadurch zu rechtfertigen, daß das Handelsgeschäft als solches durch die Fortführung des Erben zwangsläufig einem Wandel unterliegt, der es vom Erblasser entfernt und es schließlich -weitestgehend als Eigenprodukt des Erben - in dessen Vermögen überführt. Reuter ZHR 135 (1971), 511 (516) und Pahl, S. 258, gehen hingegen ohne nähere Begründung davon aus, daß auch die Gegenstände des Geschäftsvermögens aus dem Nachlaß ausscheiden. 229 Siehe FN 220. 230 So offensichtlich Reuter ZHR 135 (1971), 511 (516 f.); Pahl, S. 258. 231 Diesen Aspekt übersehen Reuter, S. 516 f., und Pahl, S. 258. 232 Gemeint sind die widerstreitenden berechtigten Interessen der bisherigen Nachlaßgläubiger und der Geschäftsneugläubiger.

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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Erbe nach und nach Geschäftsgegenstände in sein Eigenvermögen erworben hat und hierzu auch Nachlaßmittel eingesetzt haben wird 234. Vor allem aber fallt ins Gewicht, daß die aus dem Geschäft erwirtschafteten Gewinne - jedenfalls nach dessen Ausgliederung aus dem Nachlaß - ausschließlich dem Eigenvermögen zugute kommen, nicht länger jedoch auch dem Nachlaß 235 . Das Eigenvermögen wird folglich erheblich erweitert, was zwar auch auf den persönlichen Einsatz des Erben zurückzuführen ist, letztlich ohne den Erbfall selbst aber nicht denkbar gewesen wäre. Mit den Haftungserwartungen des Handelsverkehrs wäre der hier diskutierte Lösungsansatz folglich noch zu vereinbaren.

(c) Bestimmung des Aussonderungszeitpunktes Ein entscheidendes Problem liegt in der Benennung der Voraussetzungen der Aussonderung des Handelsgeschäfts, insbesondere in der exakten Bestimmung ihres Zeitpunkts. (aa) Neufirmierung von Anfang an Reuter 236 nimmt eine Aussonderung jedenfalls dann an, wenn der Erbe das Handelsgeschäft von Beginn an unter neuer Firma fortführt. Denn dadurch, daß der Erbe mit der Firmenänderung das mit der Firma verbundene vermögenswerte Vertrauen der Geschäftswelt durch die Vertrauenswerbung seines eigenen Namens237 ersetze, werde das Handelsgeschäft aus dem Nachlaß herausgehoben und auf die Person des Erben ausgerichtet. Die Zukunft des Unternehmens sei nicht mehr mit dem Namen des Erblassers, sondern allein mit dem persönlichen Ruf des Erben im Handelsverkehr verknüpft. Behalte der Erbe dagegen die Erblasserfirma bei, komme eine Aussonderung erst bei Veränderung der Unternehmensidentität in Betracht, was regelmäßig mehrere Jahre dauern werde 238 . Reuter liefert damit lediglich für den Fall der Neufirmierung ein hinreichend bestimmtes Abgrenzungskriterium. Letzteres ist aber deswegen nicht zwingend, weil das "Herrühren" des Handelsgeschäfts vom Erblasser nicht allein durch die Firmenkontinuität zum Ausdruck gebracht wird, sondern sich auch im vorhandenen Kundenstamm und der Tätigkeitsdauer des Erblassers mit den für diesen 233 Vollständig kann der Ausgleich nicht sein, da dieser zwangsläufig zu Lasten der ursprünglichen Nachlaßgläubiger ginge. 234 Zum Erwerb in das Eigenvermögen gleich unten E III 1 c cc) (3) (c) (cc). 235 Nach der Ausgliederung verwaltet der Erbe durch die Geschäftsfortführung nicht mehr den Nachlaß, wäre infolgedessen auch nicht zur Herausgabe des Erlangten nach §§ 1978 Abs. 1, 667, wozu auch Nutzungen gehören (hierzu näher F I 2 b cc) verpflichtet, falls die Separation eintritt. 236 Reuter ZHR 135 (1971), 511 (516 ff.). llim folgend auch Pahl, S. 259. 237 Die neue Firma muß beim vollkaufmännischen Einzelunternehmen den Namen des neuen Inhabers enthalten, vgl. § 18 HGB. 238 Reuter ZHR 135 (1971), 511 (520). 10*

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

verbundenen Prägungsmöglichkeiten 239 niederschlägt. Gegen den Lösungsansatz Reuters spricht auch, daß er offensichtlich das Handelsgeschäft samt Geschäftsvermögen aussondern möchte und die Nachlaßgläubiger diesbezüglich auf§ 1978 Abs. 1 verweist 240. (bb) Eintragung im Handelsregister als neuer Inhaber Mückenberger 241 will den hier fraglichen Zeitpunkt mit Hilfe der§§ 27 Abs. 2, 31 Abs. 1 HGB bestimmen. In dem Moment, in dem der Erbe sich nach Ablauf der Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB als neuer Inhaber der ,,Firma" 242 eintragen lasse, gehe der Geschäftsbetrieb und damit auch der Geschäftswert in das persönliche Vermögen des Erben über. Die Fixierung auf den Zeitpunkt der Eintragung als neuer Inhaber erfolge dabei im Interesse der Ordnung und Sicherheit des Handelsverkehrs. Die Intention Mückenbergers, die Rechtssicherheit zu stärken, ist zu begrüßen. Seinem Lösungsvorschlag begegnen jedoch ähnliche Bedenken wie demjenigen Reuters, daß nämlich die Eintragung des Erben als neuer Inhaber allein noch nichts darüber aussagt, inwieweit das Handelsgeschäft noch vom Erblasser geprägt ist. Insbesondere übersieht er dabei, daß die Gegenstände des Geschäftsvermögens im Zeitpunkt der Eintragung noch ganz überwiegend auf den Erblasser zurückgehen 243. cc) Erwerb der Geschäftsgegenstände zu Eigenvermögen Am letztgenannten Umstand setzen dagegen Jaeger-Weber an 244 • Führe der Erbe im eigenen Namen 245 und Interesse das Handelsgeschäft fort, würden nach einiger Zeit die zum Eigenvermögen gehörenden Gegenstände des Geschäftsvermögens die nachlaßzugehörigen überwiegen. Darüber hinaus sei für die Bestim239 Je kürzer der Erblasser das Unternehmen führte, desto weniger hatte er auch die Möglichkeit, es mit seinen Kenntnissen und Ideen zu prägen. 240 Reuter, S. 516 f. Zu diesem Problem bereits soeben E III 1 c cc) (3) (b). Die Aussonderung auch der Geschäftsvermögensgegenstände ist nach Reuters Lösung schon deswegen notwendig, weil andernfalls keiner der Geschäftsneugläubiger im Fall der Separation Zugriff auf ursprünglich zum Nachlaß gehörige Gegenstände hätte, die Haftung folglich auf das sonstige Vermögen des Erben beschränkt bliebe. 241 Mückeoberger Konk Treuh. 1936, 100 ( 10 1). Ihm folgend Pahl, S. 259, der zugleich aber die Auffassung Reuters, vgl. dort FN 251 , übernommen hat. 242 Richtig müßte es heißen: des "Handelsgeschäfts". 243 Zutreffend insoweit die Kritik bei Jaeger/Weber KO § 214 Rz 29. 244 Jaeger/Weber KO § 214 Rz 29. 245 Mit der Bezeichnung "im eigenen Namen" meinen Jaeger /Weber KO § 214 Rz 29 die Fortführung für eigene Rechnung - also nicht für Rechnung des Nachlasses. Hierzu gleich unten FN 253. Da sie sich für Ihre Auffassung ganz wesentlich auf das Urteil des OLG Braunschweig OLGE 19, 231 ff. berufen, kann dagegen nicht gemeint sein, daß der Erbe unter neuer Firma agieren müsse. Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt handelt nämlich von einer Erbin, die das Geschäft unter bisheriger Firma weitergeführt hatte, wobei sie als neue Inhaberin im Handelsregister gemäß § 31 Abs. 1 HGB eingetragen war.

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mung des Aussonderungszeitpunkts aber auch zu berücksichtigen, inwieweit sonstige den Geschäftsbestehenswert beeinflußende Umstände wie Kundenbeziehungen, Wertung (des Geschäfts) im Verkehr sowie die Kenntnis von Bezugsund Absatzquellen noch auf den Erblasser zurückgehen oder auf persönlichem Einsatz des Erben beruhen. Dem Ausgangspunkt dieser Lösung ist zuzustimmen. Gerade weil die sachliche Haftung des Unternehmens im Handelsverkehr bedeutsam ist, erscheint es sinnvoll, eine Aussonderung des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß erst dann zuzulassen, wenn sich Gegenstände des Geschäftsvermögens auch im Eigenvermögen des Erben befinden. Über diesen beifallswürdigen Ansatz hinaus ist aber auch die Auffassung von Jaeger-Weber nicht frei von Unklarheiten. Dies gilt zunächst für den Erwerb neuer Gegenstände des Geschäftsvermögens in das Erbenvermögen, den sie bei Fortführung des Unternehmens in eigenem Namen und Interesse bejahen. Zutreffend gehen Jaeger-Weber davon aus, daß es beim endgültigen Alleinerben eine dingliche Surrogation, ob in Form der Beziehungs- oder Mittelsurrogation, gerade nicht gibt 246, die erworbenen Gegenstände also nicht automatisch zu Nachlaßbestandteilen werden. Wegen der fehlenden Beziehungssurrogation 247 wird man also einen Erwerb zu Eigenvermögen unproblematisch dann annehmen können, wenn der Erbe ausschließlich Eigenmittel eingesetzt hat. Verwendete er dagegen Nachlaßmittel, erwirbt er zwar ebenfalls in sein Eigenvermögen 248 , bleibt aber dem Nachlaß im Fall der Separation aus § 1978 Abs. 1 verpflichtet. Letzteres 246 Insoweit ist die Rechtslage anders als beim Erbschaftsbesitzer, § 2019, Vorerben, § 2111, und dem Miterben, § 2041. Einer analogen Anwendung dieser Vorschriften auf den endgültigen Alleinerben steht entgegen, daß sie unterschiedliche Voraussetzungen haben und der Gesetzgeber es ausdrücklich hätte anordnen müssen, daß auch hier der Grundsatz dinglicher Surrogation zur Anwendung kommen soll. Vgl. Jaeger I Weber KO § 214 Rz 26; Jauemig I Stümer § 1978 Anm. 1; Lange I Kuchinke § 43 I 2 S. 716; § 43 VI S. 722 f.; MünchKomm-Siegmann § 1978 Rz 6; Schlüter §54 II 7 b bb) S. 452; Soergel I Stein § 1978 Rz 4; Staudinger I Lebmann 11. Aufl. § 1978 Rz 13. Für eine analoge Anwendung des § 2041 dagegen Staudinger I Marotzke § 1978 Rz 17. 247 Gemeint ist damit die in § 2041 enthaltene Surrogation, die sich darauf gründet, daß der Erbe etwas durch Rechtsgeschäfte erwirbt, die sich auf den Nachlaß beziehen. Dabei kann er auch nachlaßfremde Mittel eingesetzt haben. 248 Nach Jaeger /Weber KO § 214 Rz 26; MünchKomm-Siegmann § 1978 Rz 6; Palandt/Edenhofer § 1978 Anm. 3, 2 b; auch Staudinger/Marotzke § 1978 Rz 17; ist ein Direkterwerb des Nachlasses allerdings dann möglich, wenn der Erbe für den Nachlaß erwerben wollte, sei dies für den Geschäftspartner erkennbar oder nicht. Soweit zur Begründung angeführt wird, dem Erben müsse es unbenommen bleiben, nur für einen Teil seines Vermögens erwerben zu wollen (Jaeger I Weber), oder es seien die Vorschriften über die Stellvertretung analog heranzuziehen (Staudinger I Marotzke), bestehen gegen diese Auffassung Bedenken, weil der Nachlaß vor der Separation mit dem Eigenvermögen des endgültigen Alleinerben bereits vermischt ist und er mangels eigener Rechtspersönlichkeit kaum als Vertretener i. S. d. § 164 Abs. 1 angesehen werden kann.Den Ausgleich über § 1978 Abs. 1, 2 bejahen dagegen Erman-Schlüter § 1978 Rz 3; Jauemig, Zwangsvollstreckungs- und Konkursrecht, § 59 II S. 235, Jauemig I Stümer § 1978 Anm. 1; Soergel/Stein § 1978 Rz 4; Wagner, S. 301.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

führt darum zu Komplikationen 249 , wenn das Handelsgeschäft vor Eintritt der Separation aus dem Nachlaß ausgeschieden war. In diesem Fall kann der Erbe nämlich nach§§ 1978 Abs. 1, 667 zur Herausgabe der mit Nachlaßmitteln erworbenen Gegenstände des Geschäftsvermögens an den Nachlaß(Konkurs)verwalter verpflichtet sein, was zu einer Schmälerung der Haftungsgrundlage derjenigen Geschäftsneugläubiger führt, die ihre Forderungen erst nach Ausscheiden des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß begründet haben 250 • Eine Herausgabeverpflichtung ist im Rahmen des § 1978 Abs. 1 jedoch nur dann anzunehmen, wenn der Erbe den Willen hatte, für Rechnung des Nachlasses zu handeln 25 1• Wollte er dagegen für eigene Rechnung tätig werden, hat er das aus Mitteln der Erbschaft Angeschaffte nicht herauszugeben, sondern nur Ersatz zu leisten 252 • Diese Ersatzleistung kann er aber aus seinem sonstigen Privatvermögen - ohne Zugriff auf das Geschäftsvermögen- erbringen. Diesem Unterschied kommt hier entscheidendes Gewicht zu. Der Erbe hat dadurch nämlich die Möglichkeit, mit den Geschäftsgegenständen auch in Zukunft zu wirtschaften und Gewinne zu erzielen, die nach Ausscheiden des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß allein bei ihm verbleiben und die Haftungsgrundlage für diejenigen Geschäftsneugläubiger vergrößern, die im Fall der Separation auf das vom Nachlaß getrennte sonstige Vermögen des Erben verwiesen sind. Als Fazit bleibt nach allem, daß in den Fällen, in denen der Erbe Nachlaßmittel zur Fortführung des Handelsgeschäfts einsetzt, ein Ausscheiden aus dem Nachlaß nur dann anzunehmen ist, wenn er dabei für eigene Rechnung handeln wollte 253, 254 • 249 Diese Schwierigkeiten sehen Jaeger/Weber KO § 214 Rz 29 a.E. anscheinend nicht, wenn sie ohne weiters auch den Herausgabeanspruch aus § 1978 Abs. 1, 2 bejahen. 250 Diese Geschäftsneugläubiger können auch nicht auf den Nachlaß zugreifen, da ihre Forderungen - nach Ausscheiden des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß - nie als Nachlaßforderung entstanden sind. 251 So insbesondere Motive V, S. 628. 252 Motive V, S. 628; sie gehen für den Regelfall von einem Handeln für eigene Rechnung aus. Im Ergebnis ebenso MünchKomm-Siegmann § 1978 Rz 6; Palandt I Edenhofer § 1978 Anm. 3. Ausdrücklich gegen diese Lösung Staudinger I Marotzke § 1978 Rz 16. 253 Zum gleichen Ergebnis gelangen Jaeger I Weber KO § 214 Rz 29. -Der Wille des Erben muß dem Geschäftspartner nicht erkennbar werden, weil es diesem gleichgültig ist, in welches Vermögen der Erbe erwirbt. Die Willensrichtung ist lediglich für das obligatorische Rechtsverhältnis zwischen der Nachlaßkonkursmasse und dem Erben von Bedeutung, vgl. Motive V, S. 628. An dem Willen, für eigene Rechnung fortzuführen, wird es aber fehlen, wenn der Erbe die Eigenmittel, die er zum Erwerb neuer Gegenstände des Geschäftsvermögens aufgewendet hat, vom Nachlaß über § 1978 Abs. 3 ersetzt verlangt. 254 Nicht angesprochen ist bei Jaeger /Weber KO § 214 Rz 26, 29 und §§ 226, 227 Rz 17, 20 die Diskrepanz, daß einerseits Verbindlichkeiten, die der Erbe in Fortführung des nachlaßzugenörigen Handelsgeschäfts eingeht, Nachlaßerbenschulden sind, andererseits der Erbe gleichzeitig Gegenstände des Geschäftsvermögens zu Eigenvermögen erwerben kann. Man wird dies daraus erklären können, daß zur Begründung von Nachlaßverbindlichkeiten durch den Erben es gerade nicht auf seine innere Willensrichtung ankommt, vgl. oben E I 3 a.

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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Des weiteren ist der Lösungsvorschlag von Jaeger/Weber insoweit unbefriedigend, als eine konkrete Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem das Handelsgeschäft als solches aus dem Nachlaß ausscheiden soll, wegen seiner vagen Kriterien kaum möglich ist. Ein Teil der genannten Merkmale 255 leuchtet als solcher zwar ein, erfüllt aber wegen deren Unbestimmtheit nicht den geforderten Zweck 256 • Aufzugreifen ist dagegen der Gedanke, daß der Zeitpunkt nicht allgemein 257 bestimmt werden kann und daß der Umfang der zu Eigenvermögen erworbenen Gegenstände des Geschäftsvermögens von Bedeutung ist. Übersteigt letzterer den Umfang dernachlaßzugehörigen Gegenstände des Geschäftsvermögens, wird man sagen können, daß der gegenständliche Vermögenswert des Unternehmens überwiegend vom Erben herrührt. Ein Aussonderungszeitpunkt wäre dann aber exakt bestimmbar. Den Erben trifft nämlich mit Beginn der Fortführung eines ererbten Handelsgeschäfts die Pflicht 258 zur Inventarerrichtung und Bilanzierung, §§ 240 Abs. 1, 242 Abs. 1 HGB. Das Inventar muß dabei sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden mit Angabe ihrer Werte genau verzeichnen259. Insofern ließen sich alle vom Erblasser herrührenden Geschäftsgegenstände eindeutig ermitteln. Da der fortführende Erbe als Kaufmann gern. §§ 240 Abs. 2, 242 Abs. 1 HGB zur Inventur und Bilanzierung auch für den Schluß eines jeden Geschäftsjahres verpflichtet ist, läßt sich der Zeitpunkt des Ausscheidens des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß grundsätzlich in der Weise festlegen, daß er mit dem Abschluß desjenigen Geschäftsjahres eintritt, in dem die zum Eigenvermögen gehörenden Geschäftsgegenstände die nachlaßzugehörigen erstmals überwiegen 260 • Je nach Größe des Unternehmens werden daher die Aussonderungszeitpunkte differieren. Problematisch könnte sich dabei allerdings der Fall gestalten, daß der Erbe eines relativ kleinen Handelsgeschäfts gleich zu Beginn seiner Geschäftsfortführung ein Grundstück einbringt, das wertmäßig die noch vom 255 Herrühren der Kundenbeziehungen sowie der Kenntnis von Bezugs- und Absatzquellen vom Erben; Wertung des Geschäfts im Verkehr. 256 Wie sollte beispielsweise die Bewertung des Geschäfts im Verkehr als "noch überwiegend vom Erblasser herrührend" oder schon "auf den persönlichen Einsatz des Erben zurückgehend" exakt gemessen werden können? Eine solche Messung ist aber deswegen erforderlich, weil es vom Ausscheiden des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß abhängt, welche der Geschäftsneugläubiger im Fall der Separation noch auf ihn zugreifen können. 257 So aber Mückeoberger KonK.Treuh. 1936, 100 (101); Reuter ZHR 135 (1971), 511 (516) (für den neufirmierenden Erben). Wie Jaeger I Weber dagegen MünchKommSiegmann § 1985 Rz 5. 258 Die Fortführung des ererbten Handelsgeschäfts gilt dabei als Beginn des Handelsgewerbes i. S. d. §§ 240 Abs. 1, 242 Abs. 1 HGB (früher§ 39 Abs. 1 HGB). RGSt 28, 428 (429); Großkomm-Brüggemann 3. Auf!.§ 39 Rz 7; Küting /Weber/ Ellerich § 240 Rz 4; Schlegelberger/Hildebrandt/Steckhan § 39 Rz 7; Reuter ZHR 135 (1971), 511 (517) . 259 Baumbach I Duden I Hopt § 240 Anm. 1. 260 Ein solches Überwiegen kann selbstverständlich schon eher als gerade zum Schluß eines Geschäftsjahres eintreten. Dann aber müßte der Erbe den Bestand des Geschäftsvermögens laufend kontrollieren, was unzumutbar und praxisfern wäre.

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

Erblasser herrührenden Vermögensgegenstände weit überwiegt. Bei Anwendung der soeben herausgearbeiteten Prinzipien wäre dann ein Ausscheiden schon nach wenigen Monaten denkbar, da das erste Geschäftsjahr auch als Rumpfgeschäftsjahr261 abgeschlossen werden kann. In einem solchen Fall scheint die Zeit der Fortführung durch den Erben erheblich zu kurz dafür zu sein, daß der Handelsverkehr den Geschäftsbetrieb mit dem Erben und nicht mehr mit dem Erblasser identifiziert 262. Dies gilt insbesondere bei Weiterführung der bisherigen Firma 263 . Folglich ist es sinnvoll, den Einfluß derjenigen Kriterien, die neben dem Aspekt des Geschäftsvermögens für das Ausscheiden des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß zwar signifikant, jedoch nicht exakt meßbar sind 264, durch die Anerkennung einer Mindestfrist zu berücksichtigen, vor deren Ablauf eine Aussonderung des Handelsgeschäfts trotz überwiegend erbenzugehörigen Geschäftsvermögens nicht möglich ist. Heranzuziehen ist dabei die zweijährige Frist, wie sie in § 1981 Abs. 2 S. 2 und§ 220 KO festgelegt ist 265 . Dies einmal deshalb, weil nach Ablauf von zwei Jahren seit Annahme der Erbschaft 266 jedenfalls im Regelfall eine gewisse Prägung des Handelsgeschäfts durch den Erben stattgefunden hat 267 . Darüber hinaus läßt sich die analoge Anwendung der §§ 1981 Abs. 2 S. 2; 220 KO dadurch rechtfertigen, daß die bisherigen Nachlaßgläubiger bis zu diesem Zeitpunkt wenigstens das Recht hatten, sonstige Privatgläubiger durch Herbeiführung der Separation vom Nachlaß fernzuhalten. Mit Wegfall dieses Rechts muß dann aber die Möglichkeit bestehen, daß bei Aussonderung des Handelsgeschäfts 261 Es ist mit dem Stichtagsprinzip in § 242 Abs. 1, 2 HGB vereinbar, daß das Geschäftsjahr kürzer als zwölf Monate dauert, wenn es an das Kalenderjahr angepaßt werden soll. Baumbach I Duden I Hopt § 242 Anm. 3 B. 262 Die Identität von Erben- und Erblasserbetrieb (vgl. MünchKomm-Siegmann § 1985 Rz 5) wird man hier trotz der veränderten Zusammensetzung des Geschäftsvermögens noch bejahen müssen. 263 ReuterZHR 135 (1971), 511 (516 ff.), dereine Aussonderung des Handelsgeschäfts mit Annahme einer neuen Firma bejaht, ist insoweit beizupflichten, daß es dem Handelsverkehr die Identifikation des Handelsgeschäfts mit dem Erben erleichtert, wenn dieser neu, also mit seinem Namen(§ 18 HGB), fmniert. Daß dies alleine für ein Ausscheiden aber nicht genügt, wurde bereits ausgeführt (vgl. oben E III 1 c cc (3) (c) (aa). 264 Herrühren der Kundenbezeichnungen sowie der Kenntnis von Bezugs- und Absatzquellen vom Erben; Wertung des Geschäfts im Verkehr. Vgl. oben E III 1 c cc) (3) (c) (cc) FN 255. 265 Das Heranziehen einer handelsrechtliehen Frist kommt für den hier zu erreichenden Zweck nicht in Betracht. Die Frist in § 27 Abs. 2 HGB ist viel zu kurz, diejenige aus § 26 Abs. 1 HGB analog mit Rücksicht auf die teilweise sehr kleinen Einzelunternehmen zu lang. Da es hier gerade um den Schutz bisheriger Nachlaßgläubiger geht, ist der Rückgriff auf eine im bürgerlichen Recht befindliche Frist auch vertretbar. 266 Daß die Frist mit der Annahme der Erbschaft und nicht mit der endgültigen Fortführung nach § 27 Abs. 2 HGB zu laufen begirmt, ist im Hinblick darauf, daß die Frist des § 27 Abs. 2 HGB zwar grundsätzlich sechs Wochen länger, im übrigen aber der Ausschlagungsfrist des § 1944 stark angeglichen ist, ohne Belang. 267 Das OLG Braunschweig OLGE 19, 231 (232) hat ein Ausscheiden des Geschäfts eines Tiefbauunternehmers bejaht, nachdem zweieinhalb Jahre seit dem Erbfall verstrichen waren.

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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aus dem Nachlaß letzterer nicht mehr mit neuen Geschäftsverbindlichkeiten belastet wird 268• Nach allem ist eine Aussonderung des Handelsgeschäfts als solches aus dem Nachlaß dann möglich, wenn der Erbe das Geschäft nach dem Erbfall für eigene Rechnung fortgeführt hat und infolgedessen die zum Eigenvermögen zählenden Gegenstände des Geschäftsvermögens die nachlaßzugehörigen wertmäßig überwiegen. Die Aussonderung tritt ein mit dem Abschluß desjenigen Geschäftsjahres, in dem ein solches Überwiegen erstmals vorliegt. Dabei müssen allerdings seit Annahme der Erbschaft mindestens zwei Jahre verstrichen sein. Mit der Aussonderung ist die Begründung von Nachlaßerbenschulden in Form neuer Geschäftsverbindlichkeiten aber ausgeschlossen, weil der Erbe insoweit nicht mehr in Verwaltung des Nachlasses handeln würde. d) Vorläufiges Ergebnis

Die bisherige Untersuchung hat ergeben, daß der grundsätzlich zutreffend definierte Begriff der Nachlaßerbenschuld im Hinblick auf die neuen Geschäftsverbindlichkeiten der Korrektur bedarf. Das Kriterium der ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses ist im bürgerlichen Recht zum Schutz der bisherigen Nachlaßgläubiger sachdienlich, im Handelsverkehr kann es jedoch zu einer nicht hinnehmbaren Beeinträchtigung der Interessen der neuen Geschäftsgläubiger führen. Deren Interessenschutz genießt jedoch grundsätzlich Vorrang. Infolgedessen liegt es nahe, die Geschäftsschulden, die der Erbe in Fortführung des ererbten Handelsgeschäfts begründet, als Nachlaßerbenschulden unabhängig vom Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses zu verstehen. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses bedarf jedoch noch der Bestätigung durch die weiteren Untersuchungen, insbesondere durch die Erörterung der Fortführung durch den Vor- und Nacherben. Da im Einzelfall die Priorität des Schutzes der neuen Geschäftsgläubiger zu erheblichen Härten für die ursprünglichen Nachlaßgläubiger führen kann, war nach einer Lösung zu suchen, die deren Interessen stärker berücksichtigt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Aussonderung des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß bejaht werden mit der Folge, daß letzterer im Fall der Separation vom Zugriff eines Teils der Geschäftsneugläubiger verschont bleibt. Dies gilt jedenfalls bei der Fortführung des Handelsgeschäfts durch den endgültigen Allein268 Hieran besteht seitens der bisherigen Nachlaßgläubiger auch nach Ablauf der Zweijahresfrist Interesse. Zwar können sie selbst eine Separation nicht mehr herbeiführen. Wohl aber kann dies noch der Erbe, für den die Antragsfrist nicht gilt, arg§ 1981 Abs. 1, Abs. 2; §§ 217 Abs. 1, 220 KO. Mit der Separation sind dann nämlich diejenigen Geschäftsgläubiger vom Zugriff auf den Nachlaß ausgeschlossen, die ihre Forderungen gegen den fortführenden Erben erst nach der Aussonderung des Handelsgeschäfts begründet haben.

154

E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

erben 269. Die aufgezeigte Lösung bedeutet eine Einschränkung des Grundsatzes, daß derjenige, der im Handelsverkehr als Einzelunternehmer auftritt, mit seinem gesamten Vermögen für die von ihm eingegangenen Verbindlichkeiten haftet. Eine angemessene Berücksichtigung der berechtigten Interessen der ursprünglichen Nachlaßgläubiger ist ohne eine Beschränkung jenes Grundsatzes aber nicht möglich.

2. Haftungsbeschränkung auf den Nachlaß a) Zulässigkeil vertraglicher Haftungsbeschränkungen

Begründet der Erbe Nachlaßerbenschulden, so ist er berechtigt, im Wege vertraglicher Vereinbarungen mit dem Gläubiger seine Haftung auf den Nachlaß zu beschränken 270. Ob diese Berechtigung auch dann gilt, wenn der Erbe die Nachlaßerbenschulden als neue Geschäftsschulden eingeht, könnte gerade im Hinblick darauf zweifelhaft sein, daß der Handelsverkehr die unbeschränkte persönliche Haftung des Inhabers erwartet 271 und auch§ 27 HGB davon ausgeht, daß der fortführende Erbe - zumindest bei Beibehaltung der Erblasserfirma unbeschränkt für die Altschulden haftet. Bedenken in dieser Richtung sind jedoch unbegründet. Der auch im Handelsrecht Geltung beanspruchende Grundsatz der Vertragsfreiheit272 erfordert die Zulassung entsprechender Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner. Weiß der Gläubiger von vomeherein - also schon bei Abschluß des Rechtsgeschäfts mit dem fortführenden Erben - , daß für ihn nur begrenzte Zugriffsmöglichkeiten bestehen, so ist er nicht schon deswegen schutzwürdiger als jeder Privatgläubiger, weil er am Handelsverkehr teilnimmt. Entscheidend für die Zulässigkeil ist die Tatsache, daß es sich um einzelne Vereinbarungen handelt, nicht aber generell die Haftung auf den Nachlaß beschränkt wird. Auch der Hinweis auf § 27 HGB führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar ist dort eine unbeschränkte Haftung des fortführenden Erben angeordnet; dies schließt es aber keineswegs aus, daß der Erbe durch vertragliche Vereinbarungen mit einem Altgeschäftsgläubiger seine Haftung auf den Nachlaß beschränkt 273 • Daß in der Praxis nur sehr selten Geschäftsgläubiger 274 zu einer solchen Vereinbarung bereit sind, ist für die Frage ihrer rechtlichen Zulässigkeit ohne Belang.

269 Zum Vorerben ausführlich unten F I 3 b cc) (1). 21o RGZ 146, 343 (346); BGH 88 1968, 769 (770). Vgl. oben EI 3d FN 97. 271 Hierzu oben E lli 1 b mit FN 183 und E II1 1 c bb) mit FN 197. 272 Baumbach I Duden I Hopt vor § 343 Anm. 4 A; K. Schmidt, Handelsrecht, § 18 I 1 s. 476 f. 273 So auch sehr zutreffend Sobich, S. 66. 274 Gemeint sind sowohl die Erblasser- als auch die Erbengeschäftsgläubiger.

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

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b) Konkludente Haftungsbeschränkungen

Eine Haftungsbeschränkung auf den Nachlaß kann nicht nur durch ausdrückliche Vereinbarung, sondern auch durch stillschweigende Übereinkunft herbeigeführt werden 275 • Fraglich kann im Einzelfall allerdings sein, ob das Erkennbarmachen des Beschränkungswillens des Erben mit einer von der Rechtssprechung entwickelten Formel hinlänglich bestimmt ist. Derzufolge nämlich soll es genügen, daß der Erbe erklärt, im Namen, in Vertretung oder für den Nachlaß zu handeln 276 • Die konkludente Beschränkungsvereinbarung käme dann zustande, wenn der Geschäftspartner sich auf ein solches Handeln eingelassen hat. Im Anschluß daran hat der Bundesgerichtshof277 eine konkludente Haftungsbeschränkung schon in dem Fall angenommen, daß der Erbe 278 bei der Akzeptierung eines Prolongationswechsels für eine vom Erblasser begründete Wechselschuld seiner Unterschrift den Firmenstempel des Erblassers beifügt hat. Hieraus werde erkennbar, daß er nur für den Nachlaß handeln wolle, nicht jedoch in eigener Person, denn auf sich selbst habe er in keiner Weise Bezug genommen. Ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im konkreten Fall deswegen noch vertretbar, weil über das Handeln des Erben unter der Erblasserfirma hinaus weitere Umstände vorlagen, aus denen auf die Erkennbarkeil des Beschränkungswillens des Erben und das Einlassen darauf seitens der Vertragspartnerin geschlossen werden konnte 279 , muß der Kernaussage des Gerichts 280 , es könne für die Haftungsbeschränkung das Handeln des Erben unter der Firma des Erblassers genügen 28 1, deutlich widersprochen werden. Zunächst leuchtet es nicht ein, aus dem Handeln unter der Erblasserfirma eine Haftungsbeschränkung auf den Nachlaß für neue Geschäftsverbindlichkeiten abzuleiten, während §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB bezüglich der früheren Geschäftsverbindlichkeiten die unbeschränkte Haftung des Erben gerade von der Beibehaltung der Erblasserfirma abhängig machen. Gewichtiger ist aber ein zweiter Einwand. Wenn die Anforderungen an Zu den Einzelheiten bereits oben E I 3 d. RGZ 146, 343 (346). 277 BGH BB 1968, 769 (770). 278 In dem vom Bundesgerichtshof in BGH BB 1968, 769 (770) entschiedenen Fall handelte freilich eine Miterbengemeinschaft, was für den hier erörterten Zusammenhang jedoch völlig bedeutungslos ist. 279 So verwies der Erbe in einem Schreiben seines Anwalts darauf, daß er zunächst einen Überblick über das Geschäft gewinnen müsse. Zugleich erklärte sich die Vertragspartnerin bereit, bis zur Erledigung der Nachlaßsache Prolongationswechsel hereinzunehmen. Ob gerade dies letztlich als Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung auf den Nachlaß zu deuten ist, bleibt fraglich. Der BGH spricht selbst nur davon, daß das Berufungsgericht sich damit keine unmögliche Auslegung zu eigen gemacht habe, BGH BB 1968, 770. 280 BGH BB 1968, 770 Hervorhebung im Fettdruck. 28 1 Dem BGH gefolgt sind Baumbach/Duden/Hopt § 27 Anm. 2 A a.E.; Harrns, S. 166; Lange/Kuchinke § 49 VI 1 c S. 836 FN 86; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 33; Palandt/Edenhofer § 1967 Anm. 4; RGRK-Johannsen § 1967 Rz 12. 275

276

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

das Bestehen einer Haftungsbeschränkungsvereinbarung in der von Rechtsprechung und Teilen der Literatur beschriebenen Weise gesenkt werden 282 , besteht die Gefahr, daß die nur beschränkte Haftung des Erben für neue Geschäftsverbindlichkeiten jedenfalls dann zur Regel wird, wenn er das Unternehmen unter der Erblasserfirma fortführt 283 • Eine solche Konsequenz ist aber unvereinbar mit den Belangen und Haftungserwartungen des Handelsverkehrs. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, der Geschäftsgegner müsse sich ja nicht auf die Haftungsbeschränkung einlassen. Kann nämlich schon das bloße Auftreten unter der Erblasserfirma für die Beschränkung genügen, hat der Geschäftsgegner gar keine Möglichkeit, sie zu erkennen und ihr zu widersprechen 284• Folglich wird man für eine wirksame Haftungsbeschränkungsvereinbarung das Hinzutreten weiterer Umstände verlangen müssen, aus denen sich die Erkennbarkeil des Haftungsbeschränkungswillens des Erben und das Einlassen des Geschäftsgegners darauf ergibt. Die Haftungserwartungen des Handelsverkehrs erfordern konkrete Hinweise für den Geschäftspartner, daß der Erbe eine persönliche Einstandspflicht gerade vermeiden möchte. Als Mindestvoraussetzung wird man deshalb verlangen müssen, daß der Erbe bei Abschluß des Rechtsgeschäfts vorgibt, im Zuge der Nachlaßabwicklung zu kontrahieren. c) Haftungsbeschränkung und die Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB Teile der Literatur 285 sind der Auffassung, die vertragliche Haftungsbeschränkung auf den Nachlaß sei nur in den zeitlichen Grenzen der Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB zulässig. Soweit eine Begründung hierfür zu finden ist 286 , wird vorgebracht, daß der Dauerbetrieb eines Handelsgeschäfts mit beschränkter Haftung nicht zugelassen werden könne und auch der Bundesgerichtshof287 maßgebliches Gewicht auf die Schwebezeit lege. Sobich, S. 62 FN 1, 67 spricht sogar von der "Fiktion" einer Haftungsbeschränkung. So auch Armbruster, S. 21; Sobich, S. 63 (beide für die Fortführung durch eine Miterbengemeinschaft, was hier aber keinen Unterschied macht). 284 Dies verkennen Lange I Kuchinke § 45 III 3 c; Go1dstein, S. 72; P.A. Leonhardt, S. 117. Auch die Tatsache, daß der Erbe für das Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung beweispflichtig ist (vgl. RGZ 146, 343 (346)), hilft dem Geschäftsgegner wenig, weil es dem Erben in der Regel keine Mühe machen wird, sein Handeln unter der Erblasserfirma nachzuweisen. 285 Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 2 A a. E.; Harms, S. 166; Jauernig I Stürner § 1967 Anm. 4 a. Ohne diese Einschränkung dagegen MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 33; PalandtiEdenhofer § 1967 Anm. 4; RGRK-Johannsen § 1967 Rz 12. 286 Dies ist nur bei Harms, S. 166, der Fall. Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 2 A verweisen lediglich auf die Entscheidungen RGZ 146, 343 (346) und BGH BB 1968, 769 (770). Sie setzen anscheinend auch voraus, daß es tatsächlich zu einer Einstellung des Geschäftsbetriebs kommt. 287 Verwiesen wird auf BGH BB 1968, 769 (770). 282 283

III. Neue Geschäftsverbindlichkeiten

157

Richtig daran ist, daß die Haftung des Inhabers eines Einzelunternehmens grundsätzlich eine unbeschränkte ist 288 • Wollte der Erbe das Unternehmen mit nur beschränkter Haftung betreiben, müßte er es beispielsweise in Form einer GmbH oder GmbH & Co KG weiterbetreiben. Jedoch folgt aus diesen Überlegungen noch nicht die Unzulässigkeit der Haftungsbeschränkung für die als neue Geschäftsverbindlichkeiten begründeten Nachlaßerbenschulden nach Ablauf der Einstellungsfrist Bei dieser handelt es sich nämlich, wie bereits hervorgehoben 289 , nicht um eine generelle, sondern um eine individuelle Beschränkung, die mit jedem einzelnen Gläubiger vereinbart werden muß. Hierzu werden keinesfalls alle Geschäftspartner bereit sein. Der Erbe muß sich daher überlegen, ob er die volle persönliche Haftung übernimmt oder den Betrieb als GmbH weiterführt. Die Gefahr eines Dauerbetriebs des Einzelunternehmens mit beschränkter Haftung ist folglich als sehr gering zu veranschlagen. Das gilt vor allem dann, wenn die Anforderungen an eine nur konkludente Beschränkungsvereinbarung möglichst hoch angesetzt werden 290. Ein zwingender Grund, nach Ablauf der Einstellungsfrist eine Zäsur in der Weise vorzunehmen, daß eine Beschränkung ausgeschlossen ist, ergibt sich also nicht. Die Einstellungsfrist mag allenfalls insoweit von Bedeutung sein, als eine konkludente Vereinbarung vor ihrem Ablauf noch eher angenommen werden kann, weil eine Entscheidung über die endgültige Fortführung womöglich noch aussteht und der Erbe bei der Gewinnnung eines Überblicks eher geneigt sein wird, nur mit dem Nachlaß zu haften. Dieser Aspekt hat aber höchstens ergänzende Funktion, auf ihn allein kann eine konkludente Vereinbarung keinesfalls gestützt werden. Er setzt zudem voraus, daß der Geschäftspartner den Fristbeginn ungefahr einzuordnen weiß. Soweit der Bundesgerichtshof zur Abstützung der hier erörterten Literaturmeinung herangezogen wird 291 , kann dem keine Überzeugungskraft beigemessen werden. Zwar erwähnt das Gericht die Schwebezeit des § 27 Abs. 2 HGB, jedoch nicht in einer Weise, die den Schluß zuließe, nur für diesen Zeitabschnitt sei eine Beschränkung zulässig. Eher spricht die Formulierung von der fehlenden "unmöglichen Auslegung" des Berufungsgerichts dafür, daß der Bundesgerichtshof den Ablauf der Einstellungsfrist nicht als zwingende zeitliche Grenze ansieht. Diese Auslegung hält die Literatur 292 selbst für nicht ganz fernliegend. Soweit sie jene mit Blick auf den Tatbestand allerdings wieder verwirft, kann dem nicht gefolgt werden. Für eine Unzulässigkelt späterer Haftungsbeschränkung läßt sich daraus nichts entnehmen 293. Hierzu oben E III 1 b mit FN 183. Soeben E III 2 a. 290 So die hier vertretene Auffassung E III 2 b. 291 Harms, S. 166, verweist sowohl auf den Tatbestand wie auf die Grunde. Dort führt das Gericht aus: "Das Berufungsgericht konnte, ohne sich eine unmögliche Auslegung zu eigen zu machen, ... , zu der Einsicht gelangen, die .. . Beklagten hätten erkennbar während des Schwebezustandes nach §§ 25, 27 Abs. 2 HGB keine Haftung mit eigenem Vermögen übernehmen wollen, . . .". 292 Harms, S. 166. 288

289

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E. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten

Nach allem ist davon auszugehen, daß der fortführende Erbe seine Haftung für die als neue Geschäftsverbindlichkeiten begründeten Nachlaßerbenschulden auch nach Ablauf der Einstellungsfrist durch vertragliche Vereinbarung mit dem einzelnen Geschäftsgläubiger auf den Nachlaß beschränken kann. An eine konkludente Beschränkungsvereinbarung sind dabei erhöhte Anforderungen zu stellen, die über das Handeln des Erben unter der Erblasserfirma erheblich hinausgehen.

IV. Nachlaßverbindlichkeiten und Geschäftsverbindlichkeiten -eine Zusammenfassung Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 sind Erblasser-, Erbfall- und Nachlaßerbenschulden. Eine solche Kategorisierung erweist sich als vorzugswürdig, weil sie für sich die größtmögliche Übersichtlichkeit in Anspruch nehmen kann. Eine Sonderstellung kommt dabei den Nachlaßerbenschulden zu. Sie sind in

§ 1967 Abs. 2 nicht ausdrücklich erwähnt, als Nachlaßverbindlichkeiten dennoch

zu Recht anerkannt. Charakteristisch für sie ist ihre Doppelstellung als Nachlaßund Eigenschuld. Im Fall der Separation hat dies zur Folge, daß die Gläubiger dieser Verbindlichkeiten sich sowohl an den Nachlaß als auch an das Eigenvermögen des Erben halten können. Ihr Entstehungsgrund kann verschieden sein. Sie liegen insbesondere dann vor, wenn der Erbe Verbindlichkeiten begründet, die, vom Standpunkt eines sorgfaltigen Verwalters betrachtet, ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses entsprechen. Frühere Geschäftsverbindlichkeiten im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB sind vor allem Schulden des Erblassers, die sich nicht aus seinen privaten Beziehungen ergeben, sondern in unmittelbarer Verbindung mit dem Geschäftsbetrieb stehen, gleichsam als seine Folge erscheinen. Für den fortführenden Erben kann sich dieser Kreis von Verbindlichkeiten aber um die vom Vorerben oder vorläufigen Erben begründeten Geschäftsschulden erweitern. Letzteres ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch derratiodes § 27 HGB. Soweit in Teilen der Literatur von einer weitgehenden Kongruenz von Nachlaßverbindlichkeiten und früheren Geschäftsschulden gesprochen wird, erweist sich dies als unzutreffend. Eine Deckungsgleichheit 294 kann nur dort angenommen werden, wo Erblasserschulden oder aber vom Vorerben oder vorläufigen Erben begründete Geschäftsschulden in Rede stehen, die sich für den fortführenden 293 Gerade auf den Tatbestand (abgedruckt in BB 1968, 769) kann sich Harrns in diesem Zusammenhang nicht berufen. Die Vertragspartnerin des Erben war nämlich bereit, bis zur Erledigung der Nachlaßsache Prolongationswechsel hereinzunehmen. Daß der Nachlaß binnen der Frist des § 27 Abs. 2 HGB abgewickelt sein würde, konnte sie nicht mit Gewißheit annehmen. 294 Vorausgesetzt ist dabei stets, daß es sich nicht um Privatschulden, sondern im Geschäftsbetrieb begründete Schulden handelt.

IV. Zusammenfassung: Nachlaß- und Geschäftsverbindlichkeiten

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(Nach)Erben als Erbfallschulden darstellen 295 . Dagegen sind vom Nachlaßverwalter im Rahmen der Geschäftsfortführung begründete Erbfallschulden regelmäßig296 nicht gleichzeitig frühere Geschäftsverbindlichkeiten nach § 27 Abs. 1 HGB. Ohne Ausnahme gilt dies für Nachlaßerbenschulden, die auf die Geschäftsfortführung durch den Erben selbst zurückgehen und daher niemals frühere Geschäftsschulden sein können. Neue Geschäftsverbindlichkeiten sind solche, die der Erbe in Fortführung des nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts selbst eingeht. Sie sind Nachlaßerbenschulden, und dies - nach dem bisherigen Stand der Untersuchung - unabhängig davon, ob ihre Begründung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprach. Der bürgerlich-rechtlich geprägte Begriff der Nachlaßerbenschuld ist, sofern Belange und Haftungserwartungen des Handelsverkehrs betroffen sind, zu modifizieren. Andernfalls besteht die Gefahr, daß im Fall der Separation den neuen Geschäftsgläubigern der Zugriff auf den Nachlaß einschließlich der dort vorhandenen Gegenstände des Geschäftsvermögens versagt ist. Der Handelsverkehr erwartet jedoch die unbeschränkte Haftung des als Kaufmann auftretenden Einzelunternehmers. Die bevorzugte Berücksichtigung der Interessen der Geschäftsneugläubiger bedingen für die ursprünglichenNachlaßgläubiger unter Umständen gravierende Nachteile. Ihre schutzwürdigen Interessen können wenigstens zu einem Teil dadurch gewahrt werden, daß das Handelsgeschäft als solches unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Nachlaß ausscheidet. Mit dem Verlust der Nachlaßzugehörigkeit können aus neuen Geschäftsverbindlichkeiten des Erben dann keine Nachlaßerbenschulden mehr entstehen. Zumindest beim endgültigen Alleinerben ist die Berücksichtigung der Interessen der ursprünglichen Nachlaßgläubiger auf diese Weise möglich. Der Erbe kann seine Haftung für neue Geschäftsschulden schließlich auf den Nachlaß beschränken, sofern eine entsprechende Vereinbarung mit dem Gläubiger vorliegt. An das Vorliegen einer konkludenten Haftungsbeschränkung sind aber erhöhte Anforderungen zu stellen. Diese Vereinbarungen sind auch nach Ablauf der Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB zulässig.

295 Inwieweit eine Erbfallschuld des endgültigen Erben aus Geschäften des vorläufigen Erben gerade dem Gläubiger gegenüber besteht, wird allerdings noch näher zu untersuchen sein, vgl. unten F II 2 und oben E II 2 b aa) FN 140. 296 Der etwas speziell gelagerte Ausnahmefall kann insoweit vernachlässigt werden. Vgl. oben E II 2 b bb).

F. Die Fortführung des einzelkaufmännischen Unternehmens durch "Zwischenerben" In der wissenschaftlichen Diskussion stellen die Rechtsprobleme bezüglich der Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens durch den ,,Zwischenerben" 1, also den Vorerben, vorläufigen Erben oder den vermeintlichen Erben, an die sich die Fortsetzung des Handelsgeschäfts durch den Nacherben, endgültigen Erben oder den wahren Erben anschließt, eine nahezu unberührtes Feld dar 2 • Hieraus den Schluß zu ziehen, eine solche Form der Fortführung sei rechtlich unproblematisch oder die mit ihr verbundenen Rechtsfragen entbehrten praktischer Relevanz, wäre jedoch verfehlt. Mit dem Weiterbetrieb des Handelsgeschäfts durch Vor- und Nacherben hat sich selbst der Bundesgerichtshof schon beschäftigen müssen 3 und dabei zugleich entsprechende Ausführungen zum vorläufigen Erben gemacht. Der folgende Abschnitt der Untersuchung soll daher die haftungsrechtlichen Fragen beleuchten, die sich bei der Fortführung durch den ,,Zwischenerben" ergeben. Dabei wird nicht nur das Verhältnis zu den Gläubigem erörtert, sondern auch dasjenige zu dem endgültig Fortführenden. Ein zusammenfassender Vergleich soll schließlich Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Fortführung des Handelsgeschäfts durch Vorerben, vorläufigen Erben und vermeintlichen Erben verdeutlichen.

I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben 1. Die Rechtsfigur der Vor- und Nacherbschaft a) Ziel der Nacherbeneinsetzung

Dem Bedürfnis des Erblassers, über das Schicksal seines Vermögens nicht nur für den Zeitpunkt seines Todes, sondern auch für längere Zeit danach bestimmen zu können, trägt das Recht zur Nacherbeneinsetzung Rechnung, § 2100 4 • Zum Begriff des ,,Zwischenerben" sei auf die Einführung verwiesen, vgl. A. Noch am ehesten Beachtung hat die Fortführung durch den Vor- und Nacherben gefunden. Mit ihr hatte sich nämlich der Bundesgerichtshof unter haftungsrechtlichen Aspekten befassen müssen, BGHZ 32, 60 (63 ff.). Vgl. insoweit Bandasch I Nickel§ 27 Rz 10; Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 1 D; Bohnenberg § 27 Anm. I a.E.; G1anegger I Niedner I Renkl I Ruß § 27 Rz 2; Großkomm-Hüffer § 27 Rz 9, 17 f.; GroßkommWürdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 12; Heymann I Kötter § 27 Anm. 1; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckhan § 27 Rz 6; K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 2 c S. 239. 3 BGHZ 32, 60 ff. 1

2

I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben

161

Es gibt dem Erblasser die Möglichkeit, das vererbte Vermögen in der Familie zu halten 5, zumal auch noch nicht erzeugte Personen als Nacherben eingesetzt werden können, §§ 2101 Abs. 1, 2106 Abs. 2 S. 1. Andererseits ist er in der Lage, einen nahen Angehörigen zum (Vor)Erben zu berufen, ohne ihm die unbeschränkte Verfügungsmacht über das Vermögen einräumen zu müssen 6• Gehört zum Nachlaß ein Handelsgeschäft, vermag er auf dessen Leitung insoweit Einfluß zu nehmen, als er die Herausgabepflicht des Vorerben nach § 2130 Abs. 1 S. 1 vom Alter oder Ausbildungsstand des Nacherben abhängig macht. Bietet das Recht zur zeitlich gestaffelten Doppelerbfolge dem Erblasser demnach gewichtige Vorteile, gehen für den Erben und den Rechtsverkehr damit nicht unerhebliche Erschwerungen einher. So ist der Erbe unter Umständen jahrzehntelang an die Zustimmung des Nacherben gebunden, §§ 2109, 2120, 2113, 185, was die Abwicklung der Rechtsgeschäfte nicht vereinfacht und leicht zu Reibungen zwischen Vor- und Nacherben führt 7 • Letztere kann der Erblasser allerdings dadurch sehr gering halten, daß er dem Vorerben Befreiung nach § 2136 erteilt. b) Befugnisse und Beschränkungen des Vorerben

Der Vorerbe erwirbt mit dem Tod des Erblassers den Nachlaß,§ 1922 Abs. 1. Obwohl nur auf Zeit eingesetzt 8 , § 2139, ist er wirklicher Erbe 9, also Inhaber der Nachlaßrechte und Schuldner der Nachlaßverbindlichkeiten. Bis zum Eintritt des Nacherbfalls stehen ihm die Nutzungen aus der Erbschaft zu. Sie fallen in sein Eigenvermögen, § 2111 Abs. 1 S. 1. Er ist berechtigt zum Abschluß von Verpflichtungsgeschäften, und zwar unbeschränkt, soweit er sein Eigenvermögen belastet. Den Nachlaß kann er hingegen nur im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung desselben beschweren 10• Auch zur Verfügung über Gegenstände des Nachlasses ist er grundsätzlich befugt, § 2112. 4 Das Recht zur zeitlich gestaffelten Doppelerbfolge war weder im römischen noch im gemeinen Recht anerkannt ("semel heres semper heres"). Im Rahmen des Universalfideikomisses konnte allerdings der Erbe verpflichtet werden, die Erbschaft später einem Dritten herauszugeben. Erst Partikulargesetzgebungen des 18. und 19. Jahrhunderts (Preußisches ALR I 12 §§53 ff.; ABGB §§ 608 ff.; Sächsisches BGB §§ 2503 ff.) brachen mit dem Grundsatz, daß eine zweite Erbfolge nicht sta~nden könne. Terminologisch wurde zwar teilweiseamBegriff der fideikommissarischen Substitution festgehalten. Sachlich handelte es sich aber um echte Nacherbfolge. Aus der fideikommissarischen Substitution des ALR, die die Literatur und Rechtsprechung bereits als Nacherbfolge anerkannt hatte, entwickelte sich die Vor- und Nacherbschaft des BGB. Vgl. zum Ganzen KippiCoing § 47 I 1 f. S. 279 f.; LangeiKuchinke § 26 I 1 a, b S. 315 f.; v. Lübtow Bd. 2 S. 870 f.; Schlüter § 41 II S. 307. s Leipold Rz 492. 6 Lange I Kuchinke § 26 II 3 S. 318. 1 Vgl. Lange I Kuchinke § 26 II 3 S. 318. s RGZ 80, 30 (32). 9 RGZ 80, 30 (32); 113, 45 (50); Brox, Erbrecht, Rz 331 ; Palandt I Edenhofer vor § 2100 Anm. 2; Schlüter § 41 I S. 306; Weckesser, S. 72. lO RGZ 90, 91 (96); BGHZ 32, 60 (64); Schlüter § 41 VI 3 S. 320.

11 Friedrich

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

An dieser grundsätzlich gewährten Verfügungsmacht setzt jedoch vor allem beim nichtbefreiten Vorerben die Sicherung des Erblasservermögens zugunsten des Nacherben an. Aufgrund der§§ 2113-2116 unterliegt sie nämlich erheblichen Beschränkungen. So werden beispielsweise Verfügungen über Grundstücke und alle unentgeltlichen Verfügungen über Erbschaftsgegenstände gegenüber jedermann 11 für unwirksam erklärt, soweit sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen,§ 2113 Abs. 1, 2. Ihre Unwirksamkeit tritt zeitlich hinausgeschoben mit dem Nacherbfall ein 12 und kann nur durch die Zustimmung des Nacherben vermieden werden, § 185 analog 13 • Der Erhaltung des Erblasservermögens dient auch die Surrogation desjenigen, was der Vorerbeaufgrund eines Nachlaßrechts oder als Ersatz für einen Erbschaftsgegenstand oder durch Rechtsgeschäft mit Nachlaßmitteln erwirbt, § 2111. Ausgenommen sind hiervon allerdings die dem Vorerben zustehenden Nutzungen 14• Darüber hinaus ist der Vorerbe in seinen den Nachlaß betreffenden Handlungen durch die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung 15 beschränkt,§ 2130 Abs. 1 S. 1, die beispielsweise in§§ 2116,2119 eine nähere Ausprägung erhält 16 • Verstößt er gegen diese Pflichten, macht er sich wert- und gegebenenfalls schadensersatzpflichtig gemäß §§ 2134; 2130, 2131. Unter den Voraussetzungen der§§ 2128 Abs. 2, 1052, 2129 Abs. 1 kann ihm sogar das Verwaltungsrecht über den Nachlaß entzogen werden. Dieser Überblick läßt erkennen, daß die Rechtsstellung des nichtbefreiten Vorerben deutlich treuhändensehe Elemente aufweist 17 • Von den angeführten Beschränkungen kann der Erblasser den Vorerben allerdings in weitem Umfang befreien, §§ 2136, 2137. Auch bei weitestreichender Befreiung bleibt seine Rechtsposition aber über§§ 2111, 2113 Abs. 2, 2115 begrenzt 18 •

u Es handelt sich um eine absolute Unwirksamkeit. Jauernig I Stürner § 2113 Anm. 1 d; Palandt I Edenhofer § 2113 Anm. 1 b; Schlüter § 41 VI 2 a aa) S. 316. 12 JauernigiStürner § 2113 Anm. 1 d; Schlüter § 41 VI 2 a aa) S. 316. 13 Jauernig I Stürner § 2113 Anm. I e. 14 Insofern kommt dem Vorerben eine nießbraucherähnliche Stellung zu. Vgl. Kipp I Coing § 47 I 2 S. 280; Leipold Rz 497. 15 Die Einhaltung der Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses ist dabei aber nicht im Hinblick auf einzelne Verwaltungshandlungen des Vorerben, sondern unter Berücksichtigung des gesamten Verwaltungsergebnisses zu prüfen. Vgl. RG WamR 1937 Nr. 133; BGH WM 1973, 361; MünchKomm-Grunsky § 2130 Rz 6; RGRKJohannsen § 2130 Rz 2; Soergel I Harder § 2130 Rz 1; Staudinger I Behrends § 2130 Rz 3. Dies schließt aber nicht aus, daß einzelne Verwaltungsentscheidungen wegen ihrer erheblichen Bedeutung für das Gesamtergebnis unmittelbar eine Schadensersatzpflicht begründen. So zutreffend Staudinger I Behrends § 2130 Rz 3. 16 Soergel I Harder § 2130 Rz 3; Staudinger I Behrends § 2130 Rz 7; Weckesser, S. 74. 17 RGZ 80, 30 (32); Kipp I Coing § 49 I, III vor 1 S. 292, 296; Leipold Rz 497; PalandtiEdenhofer vor§ 2100 Anm. 2; Weckesser, S. 72. 18 Vgl. Jauernig I Stürner §§ 2136 ff. Anm. 2; Leipold Rz 497.

I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben

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c) Rechtsstellung des Nacherben

Mit Eintritt des Nacherbfalls hört der Vorerbe auf, Erbe zu sein, und fallt die Erbschaft dem Nacherben an, § 2139. Der Nacherbe ist also Rechtsnachfolger des Erblassers, nichtjedoch Erbe des Vorerben 19 . Vollzieht sich für den Nacherben auch erst zu diesem Zeitpunkt der Erbschaftsanfall, bedeutet dies jedoch nicht, daß er vorher beziehungslos zu den nun erworbenen Rechtspositionen gestanden hat. Nach Rechtsprechung 20 und Literatur 21 erlangt der Nacherbe mit dem Erbfall bereits ein gegenwärtiges, unentziehbares erbrechtliches Anwartschaftsrecht auf Eintritt in die Erbenstellung. Er ist sogar berechtigt, sein ihm erst später zuwachsendes Nacherbenrecht bereits vor dem Nacherbfall auszuschlagen oder anzunehmen 22 , §§ 1946, 2142 Abs. 1. Ist er wirklicher Erbe geworden, vermag er die gesamte Erbschaft so, wie sie sich nach ordnungsmäßiger Verwaltung des Vorerben darstellt, von diesem herauszuverlangen, § 2130 Abs. 1 S. 1. Davon erlaßt ist auch der Ersatzerwerb, § 2111. Danach verbleibt dem Nacherben die Substanz der Erbschaft, während dem nichtbefreiten Vorerben die Nutzungen im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses zukommen23. Anders verhält es sich allerdings bei der befreiten Vorerbschaft, insbesondere bei der Einsetzung auf den Überrest, §§ 2136, 2137. Hier ist der Vorerbe berechtigt, Erbschaftsgegenstände auch zu verbrauchen 24.

d) Grundstruktur der Haftung

Die Haftung des Vor- und des Nacherben gegenüber Dritten sowie untereinander gestaltet sich sehr differenziert. Sie soll an dieser Stelle nur in ihren Grundzügen umrissen werden. Insbesondere auf die Haftung für Geschäftsverbindlichkeiten wird anschließend vertieft eingegangen.

19 BGHZ 3, 254 (255); 37, 319 (326); Jauemig/Stümer § 2100 Anm. 1; Lange/ Kuchinke § 26 I 2 a S. 316; Leipold Rz 491, Schlüter § 41 I S. 306. 2o BGHZ 37, 319 (326); 87, 367 (369). 21 Brox, Erbrecht, Rz 344; Jauemig I Stürner § 2100 Anm. 5; Kipp I Coing § 47 IV 2 S. 285; Lange/Kuchinke § 26 VII 1 S. 343; Leipold Rz 499; Planck/Flad § 2100 Anm. 4 b; RGRK-Johannsen vor§ 2100 LRz 9; Schlüter § 41 IV 1 S. 309. 22 Das Recht zur vorzeitigen Annahme ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Für seine Anerkennung spricht jedoch ein Bedürfnis, weil der präsumtive Nacherbe sein Anwartschaftsrecht veräußern kann und der Erwerber erst durch die Annahme vor einem Verlust der Nacherbschaft durch Ausschlagung gesichett ist. Vgl. RGZ 80, 377 (380, 385); Bay ObLG FamRZ 1962, 538; Bay ObLG NJW 1967,446 (447); Erman/Hense § 2142 Rz I; Jauernig I Stümer § 2142 Anm. 1; Kipp I Coing §50 II 1 S. 315; Schlüter § 41 V 2 S. 314; Soergel /Harder § 2142 Rz 3; Staudinger /Behrends § 2142 Rz 14. 23 Jauernig I Stümer § 2111 Anm. 1; Leipold Rz 495, 497; Schlüter § 41 VI 4 S. 320, § 41 S. 325; Soergel I Harder § 2134 Rz 1. 24 Leipold Rz 497; Schlüter § 41 VII 3, S. 322. II*

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

aa) Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern

Für das Haftungssystem bei Vor- und Nacherbschaft eiWeist sich erneut der Nacherbfall als wesentliches Ereignis. Bis zu diesem Zeitpunkt haftet allein der Vorerbe für sämtliche Nachlaßverbindlichkeiten, sofern diese nicht auf Vermächtnissenund Auflagen beruhen, mit denen der Erblasser ausschließlich den Nacherben belasten wollte 25 • Zu den Nachlaßverbindlichkeiten zählen auch diejenigen Schulden, die der Vorerbe in ordnungsgemäßer VeiWaltung des Nachlasses als Nachlaßerbenschulden begründet hat 26. Mit dem Nacherbfall kann sich der Nacherbe einer persönlichen Einstandspflicht für die Nachlaßverbindlichkeiten nur noch durch Ausschlagung oder Beschränkung seiner Haftung nach allgemeinen Grundsätzen 27 entziehen, § 2144 Abs. 1 S. 1 HS. 1. Er haftet daher grundsätzlich wie ein Alleinerbe nach § 1967 28 , im Fall der Haftungsbeschränkung jedoch begrenzt auf das, was er mit dem Nacherbfall aus dem Nachlaß erhalten hat 29• Besonderheiten gegenüber dem endgültigen Alleinerben bestehen aber insofern, als zu den Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des § 2144 Abs. 1 auch diejenigen zählen, die der Vorerbe in ordnungsgemäßer VeiWaltung des Nachlasses begründet hat 30• Handelte es sich hierbei also für den Vorerben um Nachlaßerbenschulden, sind diese für den Nacherben als Erbfallschulden einzuordnen 31 • Haftungserleichternde Maßnah25 Der Vorerbe haftet also im wesentlichen wie der Alleinerbe. Brox, Erbrecht, Rz 704; KippiCoing §52 vor I S. 326; LangeiKuchinke §53 II 1 a S. 198; v. Lübtow, S. 1212; Schlüter §56 I 1 S. 477. 26 Dies gilt unstrittig insoweit, als es sich um Privatschulden handelt, also solche, die nicht aus der Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts resultieren. Zu letzteren ausführlich unten F I 2 a. Die Berechtigung des Vorerben, Nachlaßverbindlichkeiten zu begründen, hat schon das Reichsgericht in seinem grundlegenden Urteil RGZ 90, 91 (95 f.) ausdrücklich anerkannt. Im Hinblick auf das Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung hat es für seine Auffassung insbesondere in§§ 2120,2130 eine Stütze gesehen. Könne der Vorerbe nämlich für Verfügungen, die ihm zwar nach § 2113 untersagt, aber zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich sind, die Zustimmung des Nacherben nach § 2120 verlangen, müsse dieser Grundsatz auf schuldrechtliche Verpflichtungen entsprechend angewendet werden. Dem Ergebnis der Rechtsprechung sind gefolgt Brox, Erbrecht, Rz 707; Erman I Hense § 2145 Rz 4; v. Godin, S. 86; Mattern BWNotZ 1960,166(171); RGRK-Johannsen § 2145 Rz2; Staudinger /Behrends § 2112 Rz 20; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 48; F.W. Stegmann, S. 35. 21 Zum System erbrechtlicher Haftungsbeschränkungen vgl. oben B IV. 28 Brox, Erbrecht, Rz 706; Jauernig I Stürner § 2144 Anm. I; Johannsen WM 1970, 8; MünchKomm-Grunsky § 2144 Rz 2; PalandtiEdenhofer § 2144 Anm. l; Riesenfeld, Erbenhaftung l. Bd., S. 383; Schlüter § 56 II 1 a S. 477 f.; Siber, Haftung für Nachlaßschulden, S. 123; Staudinger I Behrends § 2144 Rz 20; Stohal, Erbrecht II, S. 316; Seeghitz, S. 29 f. 29 Hierzu gehören auch die Nachlaßansprüche gegen den Vorerben, § 2144 Abs. l HS 2 a.E. Vgl. Brox, Erbrecht, Rz 706; RGRK-Johannsen § 2144 Rz 8. 30 JauernigiStürner § 2144 Anm. l; MünchKomm-Grunsky § 2144 Rz 2; Soergell Harder § 2144 Rz l. 3t Zu dieser Einordnung oben E II 2 b aa) FN 137.

I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben

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men des Vorerben kommen dem Nacherben teilweise 32 zugute, Haftungsverschärfungen wie beispielsweise aufgrund von Inventarvergehen treffen ihn dagegen nicht. Für den Vorerben bedeutet der Nacherbfall zwar ebenfalls einen haftungsrechtlichen Einschnitt, weil er im Grundsatz von jeder primären Haftung befreit wird 33 • Seine Inanspruchnahme bleibt aber in zahlreichen Fällen weiterhin möglich, und zwar als alleinige 34, gesamtschuldnerische 35 oder subsidiäre 36, § 2145 Abs. 1. Sofern er vor dem Nacherbfall nicht bereits unbeschränkbar 37 haftete, 32 So gilt das vom Vorerben ordnungsgemäß errichtete Inventar auch für den Nacherben. Ebenso bleibt eine vom Nachlaßgläubiger beantragte Nachlaßverwaltung aufrechterhalten, wenn die Gründe des § 1981 Abs. 2 auch für den Nacherben zutreffen. Hatte dagegen der Vorerbe die Nachlaßverwaltung beantragt, beschränkt dies die Haftung des Nacherben nicht. Vgl. Brox, Erbrecht, Rz 706; ErmaniHense § 2144 Rz 2; RGRKJohannsen § 2144 Rz 4; Soergell Harder § 2144 Rz 5; Staudinger I Behrends § 2144 Rz 28. Denn zum einen möchte der Vorerbe durch die Nachlaßverwaltung sein Eigenvermögen schützen, der Gläubiger hingegen den Nachlaß. Zum andem kann ein finanzkräftiger Nacherbe ein Interesse daran haben, über bestimmte Nachlaßgegenstände zu verfügen und die Nachlaßgläubiger aus seinem Vermögen zu befriedigen. Letzteres übersieht die zahlreich vertretene Gegenmeinung, vgl. Bömer JuS 1968, 107 (113 f.); Jauemig I Stümer § 2144 Anm. 3; v. Lübtow Bd. 2, S. 1215 f.; MünchKomm-Grunsky § 2144 Rz 5; Palandt I Edenhofer § 2144 Anm. 3; Riesenfeld, Erbenhaftung 1. Bd., S. 391. 33 Barella DB 1959- Beil. 6 S. 6; Erman I Hense § 2145 Rz 2; Kipp I Coing § 52 II 1 S. 328; v. Lübtow, S. 1212; MünchKomm-Grunsky § 2145 Rz 1; Soergell Harder § 2145 Rz 1; Staudinger I Behrends § 2145 Rz 1. 34· Beispielsweise für Vermächtnisse und Auflagen, mit denen ausschließlich der Vorerbe beschwert ist, § 2145 Abs. 1 Satz 1. Barella DB 1959 Beil. 6 S. 7; Brox, Erbrecht, Rz 707; Erman I Hense § 2145 Rz 3; v. Lübtow, S. 1213; MünchKomm-Grunsky § 2145 Rz 6; PalandtiEdenhofer § 2145 Anm. 1 a; Riesenfeld, Erbenhaftung 1. Bd., S. 370; Schlüter §56 II e bb S. 479; Soergell Harder § 2145 Rz 5; Strohal, Erbrecht Il, S. 321. 35 Sie ist denkbar bei unbeschränkbarer Haftung des Vorerben, bei Eigenschulden, die aus vom Vorerben begründeten Nachlaßerbenschulden resultieren, sowie bei Nachlaßverbindlichkeiten, die der Vorerbe im Verhältnis zum Nacherben allein zu tragen hat, § 2145 Abs. I S. 2, wie beispielsweise Steuern vor Eintritt des Nacherbfalls. Vgl. Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 214; Böhm Gruchot 42, 683 (701); Brox, Erbrecht, Rz 707; Erman I Hense § 2145 Rz 1,4; Kipp I Coing §52 II 1 a, b S. 328 f.; Lange I Kuchinke §53 II 3 a, c, d S. 920 ff. mit FN 17, 24; v. Lübtow, S. 1213, 1215; MünchKommGrunsky § 2145 Rz 5; PalandtiEdenhofer § 2145 Anm. 1 c; RGRK-Johannsen § 2145 Rz 9 f.; Riesenfeld, Erbenhaftung 1. Bd., S. 371; Schlüter §56 li 2 c, e aa) S. 478 f.; Soergell Harder § 2145 Rz 6; Siber, Haftung für Nachlaßschulden, S. 124; Staudinger I Behrends § 2145 Rz 4. 36 Diese kommt bei Haftungsbeschränkung des Nacherben oder dann in Betracht, wenn der Nacherbe bei unbeschränkter Haftung nicht zur Leistung imstande ist,§ 2145 Abs. 1 S. 1. Letzteres wird allerdings abgelehnt von Staudinger I Behrends § 2145 Rz 3, dessen Hinweis auf den entgegenstehenden Wortlaut in§ 2145 Abs. 1 S. 1 den Aspekt der Schutzwürdigkeit der Gläubigerinteressen aber nicht zu verdrängen vermag. Wie hier dagegen Barella DB 1959 Beil. 6 S. 7; ErmaniHense § 2145 Rz 4; KippiCoing §52 II 1 b bb) S. 329; v. Lübtow, S. 1213; MünchKomm-Grunsky § 2145 Rz 6; Palandtl Edenhofer § 2145 Anm. 1 d; Planck I Flad § 2145 Anm. 3; Schlüter § 56 II 2 e bb) S. 479; SoergeliHarder § 2145 Rz 7; Staudinger I Seybold § 2145 Rz 7. 37 Mit der "unbeschränkten" Haftung in § 2145 Abs. 1 S. 1 ist die unbeschränkbare gemeint. Bömer JuS 1968, 107 (114); Riesenfeld, Erbenhaftung 1. Bd., S. 371 f.; Soergell Harder § 2145 Rz 8; Stohal, Erbrecht II, S. 322. Nicht ganz eindeutig insoweit Jauemig I Stürner § 2145 Anm. 1; MünchKomm-Grunsky § 2145 Rz 2, 3, 7.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

kann er aber die Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten dauernd verweigern, wenn dasjenige nicht ausreicht, was er als Vorerbe aus der Erbschaft erlangt hatte,§§ 2145 Abs. 2, 1990, 1991.

bb) Haftung von Vorerben und Nacherben untereinander Den Vorerben trifft die Pflicht zur Herausgabe der ordnungsgemäß verwalteten Erbschaft, § 2130 Abs. I S. 1. Ist ihm dies bezüglich der gesamten Erbschaft oder eines einzelnen Nachlaßgegenstandes unmöglich, weil er nicht im Rahmen der§§ 2130, 2131 ordnungsgemäß verwaltet hat, stehen dem Nacherben Wertund eventuell Schadensersatzansprüche zu, §§ 2133, 2134, 280. Das objektive Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung in§ 2130 ist allerdings eingeschränkt durch das subjektive Kriterium eigenüblicher Sorgfalt in § 2131. Soweit dem Vorerben nicht von Gesetzes wegen konkrete Einzelpflichten obliegen, wie beispielsweise in§§ 2113-2119, 2123, haftet er also nicht für einfache Fahrlässigkeit3s. Ist der Vorerbe gar von der Pflicht ordnungsmäßiger Verwaltung befreit, §§ 2136, 2138 Abs. I S. I, kann er sich nur in den speziell gelagerten Fällen des § 2138 Abs. 2 dem Nacherben gegenüber schadensersatzpflichtig machen. Andererseits können sich Verpflichtungen des Nacherben aus §§ 2124-2126 ergeben, die sich für ihn als Erbfallschulden darstellen. Bestreitet der Vorerbe aus seinem Privatvermögen außergewöhnliche Erhaltungskosten 39 oder außerordentliche Lasten 40, kann er diese vom Nacherben ersetzt verlangen, §§ 2124 Abs. 2 S. 2, 2126 Abs. 2 S. 2. Für Luxusanschaffungen geltenjedoch nur§§ 2125 Abs. 1, 683 S. I, 670. Die Haftung des Nacherben für diese Ersatzverpflichtungen gegenüber dem Vorerben bleibt aber stets auf den Nachlaß beschränkbar, auch wenn er den Nachlaßgläubigern bereits unbeschränkbar haftet,§ 2144 Abs. 3 41 •

2. Besonderheiten der bürgerlich-rechtlichen Haftung des Vor- und Nacherben bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens Wurde soeben die Grundstruktur der Vor- und Nacherbenhaftung aufgezeigt, bedarf es nun näherer Untersuchung, in welcher Weise diese bei der Fortführung des ererbten Einzelunternehmens konkret wird. Einen Schwerpunkt bildet auch 42 MünchKomm-Grunsky § 2131 Rz 2; StaudingeriBehrends § 2131 Rz 3. Dies sind Verbesserungen und Erneuerungen, die nach Maßgabe ordentlicher Geschäftsführung für notwendig gehalten werden konnten. Jauemig I Stümer §§ 2124 ff. Anm. 2. .w Beispielsweise Erschließungsbeiträge. Jauemig I Stümer §§ 2124 ff. Anm. 5. 41 Brox, Erbrecht, Rz 706; Jauemig I Stümer § 2144 Anm. 3; MünchKomm-Grunsky § 2144 Rz 11; RGRK-Johannsen § 2144 Rz 16; Staudinger I Behrends § 2144 Rz 36. 42 Zum endgültigen Alleinerben vgl. oben E III 1. 38 39

I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben

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hier die Frage, ob für neue Geschäftsverbindlichkeiten das Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses aufrechtzuerhalten ist, um sie als Nachlaßerbenschulden zu qualifizieren.

a) Haftung gegenüber den Geschäftsgläubigern

aa) Haftung des Vorerben für Geschäftsverbindlichkeiten (1) Vor dem Nacherbfall (a) Frühere Geschäftsverbindlichkeiten Für Geschäftsverbindlichkeiten, die noch vom Erblasser begründet wurden (Erblasserschulden), haftet der Vorerbe wie ein Alleinerbe nach§ 1967. Insoweit bestehen keine Besonderheiten. (b) Neue Geschäftsverbindlichkeiten (aa) Haftungserwartungen des Handelsverkehrs Geht der Vorerbe bei der Fortführung eines nachlaßzugehörigen Einzelunternehmens neue Geschäftsverbindlichkeiten ein, so haftet er für diese persönlich unbeschränkt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs 43 und Teilen der Literatur44 sollen diese Verbindlichkeiten aber nur insoweit zugleich Nachlaßschulden sein, als ihre Begründung vom Standpunkt eines sorgfältigen Verwalters einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprach. Folgt man dieser Auffassung, so ist für Geschäftsgläubiger derjenigen Verbindlichkeiten, die außerhalb solcher Verwaltung liegen, im Fall der Separation der Zugriff auf den Nachlaß einschließlich der in ihm befindlichen Gegenstände des Geschäftsvermögens 43 BGHZ 32, 60 (64, 66). Der Bundesgerichtshof hebt dabei zunächst allgemein hervor, daß der Vorerbe unter der Voraussetzung ordnungsmäßiger Verwaltung Nachlaßverbindlichkeiten begrunden kann, worin ihm uneingeschränkt zuzustimmen ist (hierzu oben F I 1 d aa) mit FN 26). Daß er an diesem Erfordernis festhält, wenn es sich um neue Geschäftsverbindlichkeiten handelt, ergibt sich aber dann mittelbar aus seinen Ausführungen aufS. 66 f. Bei der Haftung des Nacherben aus§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB für vom Vorerben eingegangene Geschäftsverbindlichkeiten (hierzu näher unten F I 3 b bb) soll es nämlich "abweichend von der erbrechtliehen Haftung" nicht darauf ankommen, ob der Vorerbe sie in ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses begrundet hat. Dies läßt nur den Schluß zu, daß der Vorerbe auch bei Fortführung eines Handelsgeschäfts Nachlaßverbindlichkeiten- für die der Nacherbe dann nach § 2144 haften muß - nur unter Erfüllung jener Voraussetzung schaffen kann. 44 Großkomm-Hüffer § 27 Rz 17 a.E.; MünchKomm-Grunsky § 2144 Rz 3 a.E. i.V. m. Rz 2; Staudinger IBehrends § 2144 Rz 19; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 60; Staudinger I Seybold 11. Aufl. § 2145 Rz 3 i.V. m. Rz 5. BGHZ 32, 60 (64, 66) wird lediglich zitiert von Bandasch I Nickel § 27 Rz 10; Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 1 D; Hopt I Mössle Rz 299; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 6.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

versperrt. Ihnen bliebe lediglich das sonstige Vermögen des Vorerben als Haftungsmasse. Und sofern der Nacherbe das Unternehmen unter neuer Firma fortführt oder den Geschäftsbetrieb einstellt 45 , würde auch der Eintritt des Nacherbfalls an dieser Haftungslage nichts ändern. Denn der Nacherbe haftet nach § § 2144 Abs. 1, 1967 nur für Nachlaßverbindlichkeiten. Die haftungsrechtliche Situation ist damit bei genauem Hinsehen für die hier betroffenen Geschäftsneugläubiger noch schlechter als beim endgültigen Alleinerben. Ihr Zugriff auf den Nachlaß ist nicht nur durch die Anordnung der Nachlaßverwaltung oder die Nachlaßkonkurseröffnung während der Vorerbschaft bedroht, sondern auch durch den Eintritt des Nacherbfalls als solchen. Mit ihm fallt nämlich die Erbschaft dem Nacherben an, § 2139. Wurde die Geschäftsverbindlichkeit vom Vorerben aber nicht als Nachlaßverbindlichkeit begründet, verlieren die Geschäftgläubiger auch ohne Separation den Nachlaß als Haftungsmasse. Diese Überlegungen zwingen dazu, entgegen der heute herrschenden Meinung46 auch beim Vorerben das Vorliegen einer Nachlaßerbenschuld nicht von ihrer einer ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses entsprechenden Begründung abhängig zu machen, sofern - wie hier - Verbindlichkeiten aus der Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in Rede stehen 47 • Wie beim endgültigen Alleinerben muß der Geschäftsgläubiger nämlich davon ausgehen können, daß das gesamte Vermögen des Vorerben, also auch der Nachlaß mit den dort vorhandenen Gegenständen des Geschäftsvermögens, als Haftungsmasse zur Verfügung steht und ihm nicht durch Separation oder den Eintritt des Nacherbfalls vorenthalten wird. Es kann ihm auch nicht zugemutet werden, die Handlungen des Vorerben auf ihre Ordnungsmäßigkeit hin zu überprüfen oder Nachforschungen bezüglich der Rechtsstellung des fortführenden Erben zu betreiben. Letzteres müßte er tun, weil ein Nacherbenvermerk ins Handelsregister nicht eingetragen wird 48 • Es findet hier also das für den endgültigen Alleinerben herausgearbeitete Ergebnis 49 seine Bestätigung, daß die vom Vorerben in Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens eingegangenen Geschäftsverbindlichkeiten als Nachlaßerbenschulden unabhängig davon anzusehen sind, ob sie einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprachen. Nur in dieser Weise kann den Haftungserwartungen des Handelsverkehrs Genüge getan werden. 45 Zur Haftung des Nacherben für vom Vorerben eingegangene Geschäftsverbindlichkeiten nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB unten F I 3 b bb). 46 Vgl. FN 43, 44. 47 Dieser Auffassung sind Armbruster, S. 19 FN 27 a. E. und anscheinend auch Mattern BWNotZ 1960, 166 (172 f.). 48 So die ganz herrschende Meinung OLG München JFG 22, 89; Ahlbrecht I Bengsohn Rz 212 FN 17; MünchKomm-Grunsky §§2112 Rz 3, 2100 Rz 38; SoergeliHarder § 2112 Rz 9; Staudinger I Behrends § 2112 Rz 22. Die Eintragung ist gesetzlich nicht vorgesehen und verstieße gegen den numerus clausus der eintTagungsfähigen Tatsachen. A.A. ohne Begründung Wehrens I Hoffmann Rz 948. 49 Vgl. oben E III 1 c bb) und E III 1 d.

I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben

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(bb) Schutz der Interessen der ursprünglichen Nachlaßgläubiger Es stellt sich jetzt aber die weitergehende Frage, ob die schutzwürdigen Interessen der ursprünglichen Nachlaßgläubiger völlig hinter denen der Geschäftsneugläubiger zurückbleiben müssen oder ob - wie beim endgültigen Alleinerben - ein gewisser Ausgleich durch die Ausgliederung des Handelsgeschäfts als solchem aus dem Nachlaß geschaffen werden kann. Zunächst besteht bei der Vorerbschaft die Besonderheit, daß schon aufgrund erbrechtlicher Regelung die Interessen der ursprünglichen Nachlaßgläubiger weniger geschützt sein können als beim endgültigen Alleinerben. Dies ergibt sich aus dem Recht des Erblassers, dem Vorerben Befreiung von bestimmten Verpflichtungen zu erteileR, die jenen im Verhältnis zum Nacherben treffen, § 2136. Darunter fallt auch die Befreiung von der Pflicht, den Nachlaß ordnungsgemäß im Sinne des § 2130 Abs. 1 S. 1 zu verwalten. Von dieser Befreiung könn~n aber die Anforderungen an die Begründung von Nachlaßverbindlichkeiten nicht unberührt bleiben, hatte die Rechtsprechung 5° das einschränkende Erfordernis der Ordnungsmäßigkeit gerade mit dem Hinweis auf § 2130 zu erklären versucht. Richtigerweise wird man daher davon ausgehen müssen, daß der insoweit befreite Vorerbe Nachlaßverbindlichkeiten in einem sehr viel weiteren Umfang begründen kann 51 • Eine Grenze ergibt sich für ihn lediglich aus § 2120 und § 2138 Abs. 2. Auch der befreite Vorerbe kann keine Nachlaßverbindlichkeit begründen, die auf ein Rechtsgeschäft abzielt, für dessen Wirksamkeit er die Zustimmung des Nacherben benötigt, letztere er aber wegen fehlender Ordnungsmäßigkeit nicht verlangen kann 52 • Darüber hinaus liegt keine vom Vorerben begründete Nachlaßschuld vor, wenn sie auf eine die Erbschaft mindernde Verfügung gerichtet ist, mit der der Vorerbe den Nacherben absichtlich benachteiligen will, arg. e § 2138 Abs. 2 Alt. 2 53 • Abgesehen von solchen Einschränkungen ist generell 54 der Zugriff von Neugläubigem auf den Nachlaß im Falle befreiter Vorerbschaft aber erheblich erleichtert. Die Interessen der ursprünglichen Nachlaßgläubiger sind dabei ähnlich gefahrdet wie im Fall der Nachlaßzugehörigkeit eines Handelsgeschäfts. Hierin liegt ein nicht unerheblicher Unterschied zur Situation des endgültigen Alleinerben. Darüber hinaus ist es fraglich, ob sich die Berücksichtigung der Nachlaßgläubigerinteressen durch die Ausgliederung des Handelsgeschäfts als solchem aus dem Nachlaß auf die Vorerbschaft übertragen läßt. Als maßgeblich für eine Ausgliederung wurde nämlich die Bildung von zum Eigenvermögen gehörendem Geschäftsvermögen herausgearbeitet 55 • Dieser steht jedoch zunächst die Surrogaso RGZ 90, 91 (96); BGHZ 32, 60 (65) FN 5. st Im Ergebnis ebenso MünchKomm-Grunsky § 2144 Rz 2; Soergel I Harder § 2144

Rz 2; Rohlff, S. 15. s2 MünchKomm-Grunsky § 2120 Rz 4. 53 Diese Grenze für die Befugnisses des befreiten Vorerben ziehen Erman I Hense § 2138 Rz 3; RGRK-Johannsen § 2138 Rz 6; Soergel I Harder § 2136 Rz 3. 54 Also nicht nur bei Geschäftsneug1äubigem.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

tionsvorschrift des § 2111 entgegen 56• Danach gehört zur (Vor)Erbschaft unter anderem alles, was der Vorerbe durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt. Die vom Vorerben erworbenen Gegenstände fallenkraftdinglicher Surrogation direkt, also ohne Durchgangserwerb beim Vorerben, in den Nachlaß, und zwar auch dann, wenn eine Übereignung in das Eigenvermögen des Vorerben gewollt war 57 • Was zum Nachlaß gehört, unterliegt aber ohne weiteres den Bestimmungen, die das Gesetz für die Vorerbschaft getroffen hat, also insbesondere den Verfügungsbeschränkungen der§§ 2113 ff 58 • Umstritten ist im Zusammenhang mit § 2111 allerdings, ob bereits vor Eintritt des Nacherbfalls die Nachlaßgläubiger ein Zugriffsrecht auf die im Nachlaß befindlichen Surrogate haben oder nicht. Die herrschende Meinung 59 verneint ein solches Zugriffsrecht mit der Begründung, § 2111 gelte nur für das Verhältnis zwischen Vor- und Nacherben und treffe zugunsten des Nacherben nur insoweit Vorsorge, als der Nacherbfall auch tatsächlich eintrete. Die Surrogationsregelung sei eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift zugunsten des Nacherben. Dem kann man entgegenhalten 60 , daß sich aus§ 2111 nicht zwingend ergibt, daß die Surrogation nur dem Nacherben zugute kommen soll. Es ist auch nicht einzusehen, warum die Nachlaßgläubiger im Hinblick auf ihr Zugriffsrecht auf den Nacherbfall verwiesen werden sollen 61 . Solange Nachlaßschulden bestehen, müssen diese beglichen werden. Ob dies zur Verminderung von Nachlaßgegenständen vor oder nach dem Nacherbfall führt, ist für den Nacherben jedenfalls gleich. Selbst wenn man aber der hier abgelehnten herrschenden Auffassung folgt, bleibt festzuhalten, daß der Erwerb von Geschäftsgegenständen zu Eigenvermögen des Vorerben über § 2111 verhindert wird. Denn daß die Surrogate den Beschränkungen der § 2113 ff. unterliegen und damit jedenfalls nicht zum Eigenvermögen des Erben gehören, über das er wirksam beliebig verfügen kann, wird auch von den Vertretern dieser Auffassung nicht bestritten 62 • Damit scheidet aber zugleich die Möglichkeit aus, die beim endgültigen Alleinerben befürwortete Ausgliederung des Handelsgeschäfts als solchen zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Nachlaßgläubiger auf den Vorerben einfach zu übertragen63. Hierzu oben E III 1 c (3) (c) (cc). Vgl. Jaeger I Weber KO § 214 Rz 30. 57 M. Wolf JuS 1981, 14, 16. 58 MünchKomm-Grunsky § 2111 Rz 3; Palandt I Edenhofer § 2111 Anm. 1; Soergel I Harder § 2111 Rz 1; Staudinger/Behrends § 2111 Rz 9. 59 RG Recht 1913 Nr. 2308; RG Recht 1928 Nr. 1856; BGHZ 81, 8 (1 2); Brox, Erbrecht, Rz 579; Erman I Hense § 2111 Rz 2; J auemig I Stümer § 2111 Anm. 1; Roggendorf MittRhNotk 1981, 29 (31 ); Palandt I Edenhofer § 2111 Anm. 1; Soergel I Harder § 2111 Rz l. 60 Gegen die herrschende Meinung auch MünchKomm-Grunsky § 2111 Rz 3; Staudinger I Behrends § 2111 Rz 11 f. 6t Vgl. Staudinger I Behrends § 2111 Rz 11. 62 Vgl. nur Palandt I Edenhofer § 2111 Anm. 1; Roggendorf MittRhNotk 1981, 29 (32); Soergel I Harder § 2111 Rz l. 63 Im Ergebnis ebenso Jaeger /Weber KO § 214 Rz 30. 55

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I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben

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Zu überprüfen bleibt aber noch, ob in ganz bestimmten Fällen eine Aussonderung des Handelsgeschäfts unter den beim endgültigen Alleinerben aufgezeigten Bedingungen 64 zumindest denkbar wäre. Von der Surrogation des § 2111 erfaßt sind nur diejenigen Gegenstände des Geschäftsvermögens, die mit Nachlaßmitteln erworben wurden 65 , nicht jedoch solche, die auf private Investitionen des Vorerben zurückgehen. Ebenso werden Anschaffungen, die der Vorerbe teils mit eigenen, teils mit Nachlaßmitteln vorgenommen hat, nur in dem Maße Nachlaßbestandteil, wie es sich nach Abzug der aus eigenem Vermögen aufgewendeten Mittel ergibt 66 • Finanziert der Vorerbe daher sämtliche Betriebsinvestitionen ausschließlich oder zum großen Teil aus seinem Eigenvermögen, könnten eines Tages die zum Eigenvermögen gehörenden Geschäftsgegenstände die nachlaßzugehörigen überwiegen. Dies erschiene auch deswegen nicht abwegig, weil der Vorerbe seine Rechtsstellung häufig über viele Jahre hinweg 67 behält. Dann aber könnte es zur Aussonderung des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß kommen mit der Folge, daß der Vorerbe diesen auch nicht mehr mit Geschäftsverbindlichkeiten zu belasten vermag. Der Nacherbe bliebe dabei auf die zur Zeit des Vorerbfalls vorhandenen Gegenstände des Geschäftsvermögens, soweit sie im Nachlaß verblieben sind, anderenfalls auf deren Surrogate, verwiesen. Abgesehen davon, daß eine solche Situation in der Praxis wohl höchst selten ist, müssen derartige Überlegungen aber auch aus einem anderen Grund auf Ablehnung stoßen. Im Gegensatz zum endgültigen Alleinerben hat der Vorerbe, vor allem dann, wenn er nicht vom Erblasser befreit wurde, eine treuhänderähnliche Stellung68 zugunsten des Nacherben inne. Die Einsetzung eines Vor- und eines Nacherben wird deshalb häufig gewählt und der eines Alleinerben vorgezogen, wenn die Kontinuität eines Unternehmens gewährleistet sein soll, der Unternehmensnachfolger aber noch zu jung und unerfahren ist. Der Erblasser setzt in diesen Fällen als Vorerben eine Person seines Vertrauens ein 69 • Hiermit verträgt es sich nicht, daß das Handelsgeschäft als solches durch schlichte Fortführung zu einem bestimmten Zeitpunkt aus dem Nachlaß ausscheidet. Der Vorerbe könnte seiner treuhänderähnlichen Stellung nicht mehr gerecht werden. Und der erklärte Erblasserwille, die Kontinuität des Unternehmens zu sichern, bliebe gerade unberücksichtigt.

Hierzu oben E III 1 c cc) (3). Das ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut Vgl. auch BGH NJW 1985, 382 (383); Jauernig I Stürner § 2111 Anm. 2 c; MünchKomm-Grunsky § 2111 Rz 5; Palandt I Edenhofer § 2111 Anm. 2 c; Soergel I Stein § 2111 Rz 4; Staudinger I Behrends § 2111 Rz21. 66 RGZ 90,91 (97) obiter; MünchKomm-Grunsky § 2111 Rz 5; Soergel I Stein§ 2111 Rz 4; Staudinger I Behrends § 2111 Rz 30. 67 Vgl. Staudinger I Behrends § 2111 Rz 1. 6s RGZ 80, 30 (32); Kipp I Coing § 49 I, III vor 1 S. 292, 296; Leipold Rz 497; PalandtiEdenhofer vor§ 2100 Anm. 2; Roggendorff MittRhNotk 1981, 29 (30). 69 Vgl. zum Ganzen Roggendorff MittRhNotk 1981, 29. 64 65

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F. Fortfüluung durch ,,Zwischenerben"

Nach allem sind auch die vom Vorerben in Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts begründeten Geschäftsverbindlichkeiten als Nachlaßerbenschulden anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob ihre Eingebung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprach. Im Gegensatz zum endgültigen Alleinerben kann es beim Vorerben nicht zur Ausgliederung des Handelsgeschäfts als solchen aus dem Nachlaß kommen. Die neuen Geschäftsverbindlichkeiten belasten daher stets auch den Nachlaß. Letzteres wird aber durch die Surrogationsvorschrift des § 2111 etwas abgemildert 70 • (cc) Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß Der Vorerbe kann ebenso wie der endgültige Alleinerbe seine Haftung für neue Geschäftsverbindlichkeiten durch Vereinbarungen mit den einzelnen Geschäftsgläubigem auf den Nachlaß beschränken. An eine konkludente Beschränkungsvereinbarung sind allerdings erhöhte Anforderungen zu stellen 71• Ebenso kann der Vorerbe seine Haftung generell auf den Nachlaß beschränken, indem er die Fortführung des Geschäfts binnen der durch § 27 Abs. 2 HOB eingeräumten Frist einstellt 72 • (2) Nach Eintritt des Nacherbfalls

(a) Erblassergeschäftsverbindlichkeiten Mit Eintritt des Nacherbfalls ist der Vorerbe nach bürgerlichem Recht grundsätzlich von jeder primären Haftung 73 befreit, § 2145 Abs. 1 S. l. Im Hinblick auf vom Erblasser herrührende Geschäftsverbindlichkeiten (Erblasserschulden) können sich die Geschäftsgläubiger aber auch jetzt noch an den Vorerben halten, wenn dieser für Nachlaßverbindlichkeiten bereits unbeschränkbar haftete 74 • Hier haftet er neben dem Nacherben 75 als Gesamtschuldner 76• Eine lediglich subsidiäre Haftung des Vorerben nach§ 2145 Abs. 1 ist vor allem dann denkbar, wenn der Nacherbe seine Haftung aus §§ 1967, 2144 beschränkt hat 77 oder bei unbeschränk10 Mit Erbschaftsmitteln erworbene Gegenstände fallen in den Nachlaß. Auf diese können die Nachlaßgläubiger nach der hier vertretenen Auffassung schon vor Eintritt des Nacherbfalls zugreifen, nach herrschender Auffassung allerdings erst nach dem Nacherbfall. 11 Vgl. oben E m 2 b. 72 Die Entscheidung zur Einstellung muß demNacherben gegenüber ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses entsprechen, anderenfalls sich der Vorerbe schadensersatzpflichtig macht. Vgl. noch unten F I 2 b aa). 73 Vgl. oben FN 33. 74 Vgl. oben FN 34. 75 Zur Haftung des Nacherben für Geschäftsverbindlichkeiten sogleich unten F I 2 a bb). 76 Erman/Hense § 2145 Rz 1, 4; Lange/Kuchinke §53 II 3 c S. 920 mit FN 17; Soergel I Harder § 2145 Rz 6; Schlüter §56 li 2 d S. 478.

I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben

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ter Haftung nicht mehr leisten kann, und die Geschäftsgläubiger deshalb Ausfälle erleiden. Der Vorerbe ist in diesen Fällen 78 dem haftungsrechtlichen Zugriff in Höhe der Ausfälle ausgesetzt, kann jedoch die Berichtigung der Verbindlichkeiten insoweit dauernd verweigern, als dasjenige zur Befriedigung nicht ausreicht, was er selbst aus der Erbschaft erlangt hat,§§ 2145 Abs. 2, 1990, 1991.

(b) Eigene Geschäftsverbindlichkeiten Die vom Vorerben als Nachlaßerbenschulden begründeten Geschäftsverbindlichkeiten stellen sich für diesen nach Eintritt des Nacherbfalls als reine Eigenschulden dar, sofern er nicht seine Haftung auf den Nachlaß beschränkt hatte. Er haftet für sie neben dem Nacherben als Gesamtschuldner 79 •

bb) Haftung des Nacherben für Geschäftsverbindlichkeiten ( 1) Erblassergeschäftsverbindlichkeiten Erblassergeschäftsschulden sind auch für den Nacherben Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne der §§ 1967, 2144 Abs. 1 S. 1, für die er nach allgemeinen erbrechtliehen Haftungsregeln einzustehen hat. Im Hinblick auf die regelmäßig länger andauernde Vorerbschaft wird eine Haftung des Nacherben für speziell diese Verbindlichkeiten freilich recht selten sein und nur die langfristig eingegangenen Verpflichtungen betreffen. (2) Vorerbengeschäftsverbindlichkeiten Für Verbindlichkeiten, die der Vorerbe in Verwaltung des Nachlasses eingegangen ist, haftet der Nacherbe jedenfalls dann, wenn diese den Anforderungen der Ordnungsmäßigkeit genügen 80• Denn unter diesen Voraussetzungen sind sie unstrittig als Nachlaßverbindlichkeiten zu qualifizieren. Fraglich ist jedoch, ob an dieser Voraussetzung auch bezüglich der Haftung des Nacherben für Schulden des Vorerben festzuhalten ist, die dieser bei der Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts eingegangen ist. Rechtsprechung 81 und der ganz überwie77 Zu den Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung des Erben auf den Nachlaß vgl. oben B IV. Zu Ausfallen bei den Geschäftsgläubigem führt dies jedoch nur, wenn der Nacherbe das Handelsgeschäft unter neuer Firma fortführt oder den Geschäftsbetrieb einstellt. 78 Denkbar sind diese Konstellationen bei Geschäftsverbindlichkeiten des Erblassers allerdings nur dann, wenn der Vorerbe das Handelsgeschäft unter neuer Firma fortgeführt hat ( § 27 Abs. I HGB greift dann nicht ein. Zu § 27 HGB unten F I 3). 79 Lange/Kuchinke §53 II 3 c S. 920 mit FN 17; Soergel/Harder § 2145 Rz 6. Zur Frage, ob dem Vorerben insoweit das Verjährungsprivileg des§ 26 HGB analog zugute kommen kann, ausführlich unten F I 3 a bb (2). so Vgl. oben F I 1 d aa) mit FN 30.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

gende Teil der Literatur 82 gehen anscheinend davon aus. Das Gegenteil jedoch trifft zu. In den Fällen nämlich, in denen der Nacherbe das Handelsgeschäft unter neuer Firma fortführt oder es gar einstellt, verbleibt es bei der rein erbrechtliehen Haftung des Nacherben. Das hätte zur Folge, daß Vorerbengeschäftsgläubigem solcher Geschäftsschulden, die nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, der Zugriff auf den Nachlaß mit Eintritt des Nacherbfalls in der Regel vollständig abgeschnitten würde. Die in Rede stehenden Vorerbengeschäftsgläubiger müßten sich stattdessen mit dem sonstigen Vorerbenvermögen zufrieden geben. Letzteres ist jedoch mit den Haftungserwartungen des Handelsverkehrs 83 nicht zu vereinbaren. Daher muß der Nacherbe auch für solche Geschäftsverbindlichkeiten des Vorerben nach§§ 1967, 2144 haften, die jener nicht in ordnungsmäßiger Verwaltung begründet hat 84• Gegenüber dem Nacherben bedeutet dies auch keine unbillige Härte, da ihm das Recht bleibt, seine Haftung auf das zu beschränken, was er aus der Erbschaft erlangt, § 2144 Abs. 1 HS 3. Dies ergibt sich zudem als logische Folge aus der für den Vorerben gewonnenen Erkenntnis 85, daß die von ihm in Fortführung des nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts begründeten Geschäftsschulden als Nachlaßerbenschulden unabhängig davon anzusehen sind, daß er in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses handelte. Damit wurde den Geschäftsschulden nämlich auch der Charakter einer Nachlaßverbindlichkeit zugeschrieben. Was für den Vorerben als Nachlaßschuld qualifiziert wurde, kann für den Nacherben aber nicht anders zu bewerten sein. Der Nacherbe haftet folglich nach §§ 2144, 1967 auch für solche Geschäftsverbindlichkeiten des Vorerben, die jener in Fortführung des Handelsgeschäfts entgegen den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Verwaltung des Nachlasses begründet hat. Er haftet dabei neben dem Vorerben als Gesamtschuldner.

b) Das Haftungsverhältnis zwischen Vor- und Nacherben

Wenn im folgenden untersucht wird, in welcher Form gerade bei Nachlaßzugehörigkeit eines einzelkaufmännischen Unternehmens Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis, also zwischen Vorerben und Nacherben, konkret werden können, so geschieht dies auch mit dem Ziel, erkennbar zu machen, in welchem Umfang einerseits der Vorerbe in seinen untemehrnerischen Entscheidungen frei ist, ande81 BGHZ 32, 60 (66 f.). Der Bundesgerichtshof betont hier den Unterschied zwischen erbrechtlicher und handelsrechtlicher Haftung. Näher hierzu oben F I 2 a aa (1) (b) (aa). 82 Bandasch I Nickel § 27 Rz 10; Baumbach I Duden I Hopt § 27 anm. 1 D (beide zumindest unter Berufung auf BGHZ 32, 60 (66); Großkomm-Hüffer § 27 Rz 17 a.E.; MünchKomm-Grunsky §2144 Rz 3 a.E. i.V.m. Rz 2; SchlegelbergeriHildebrandtl Steckban § 27 Rz 6 (zumindest unter Berufung auf BGHZ 32, 60, [66]); Soergel I Harder § 2144 Rz 2; Staudinger I Behrends § 2144 Rz 19; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 60. 83 Hierzu oben E Ill 1 b, E III l c bb); F I 2 a aa) (1) (b) (aa). 84 Im Ergebnis wohl ebenso, wenn auch nicht restlos eindeutig, v. Godin, S. 86. 85 Vgl. oben F I 2 a aa) (1) (b) (aa).

I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben

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rerseits dem Nacherben Schutz vor nachteiligem Geschäftsgebahren des Vorerben zukommt.

aa) Entscheidung über die Fortführung des Handelsgeschäfts Entschließt sich der Vorerbe zur Fortführung des Handelsgeschäfts und auch zur Beibehaltung der Erblasserfirma, soll er hierfür selbstverständlich nicht der Genehmigung des Nacherben bedürfen 86• Diese in ihrer Deutlichkeit 87 überraschende Aussage hält einer vertieften Nachprüfung stand. Der Vorerbe ist wirklicher Erbe und somit zu ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses berechtigt, §§ 2100, 2113 Abs. 1 S. 1 88 • Gehört daher ein Handelsgeschäft zum Nachlaß, unterliegt dessen Fortführung der Verwaltungsbefugnis des Vorerben. Dem stehen auch die Verfügungsbeschränkungen des § 2113 nicht entgegen. In der Entscheidung über die Fortführung 89 liegt nämlich weder die Verfügung über ein Nachlaßgrundstück noch eine unentgeltliche Verfügung über sonstige Nachlaßgegenstände. Es fehlt vielmehr an einer Verfügung überhaupt 90• Kann der Vorerbe folglich diese unternehmefische Grundsatzentscheidung unbeeinflußt vom Nacherben treffen, muß er aber in einem zweiten Schritt prüfen, ob er persönlich zur Leitung des Unternehmens ausreichend geeignet ist. Fehlt es an dieser Eignung, kann es im Sinne ordnungsmäßiger Verwaltung geboten sein, daß der Vorerbe die Geschäftsführung einem fachkundigen Dritten 91 überträgt oder aber das Unternehmen verpachtet 92 • Unterläßt er dies, und entstehen aufgrund seiner fehlenden fachlichen Eignung bis zum Eintritt des Nacherbfalls Verluste im Unternehmen, ist der Vorerbe dem Nacherben schadensersatzpflichtig nach§§ 2130 Abs. 1 S. 1, 2131 93 • Der Vorerbe kann dem Nacherben gegenüber auch nicht einwenden, im Hinblick auf die Fortführung eines Handelsgeschäfts treffe ihn die Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses nicht, weil er von ihr bezüglich neuer Geschäftsverbindlichkeiten gerade entbun86 Vgl. v. Godin, S. 77, 85; Jauernig I Stürner § 2112Anm. 36; MünchKomm-Grunsky § 2112 Rz 3; Soergel I Harder § 2112 Rz 9; Staudinger I Behrends § 2112 Rz 22; Rohlff,

s. 74.

So insbesondere v. Godin, S. 85. Staudinger I Behrends § 2112 Rz 19. 89 Zum Begriff der Fortführung eines Handelsgeschäfts vgl. oben C I 1 a. 90 Der Begriff der Verfügun_g in§§ 2112-2115 ist im technischen Sinn zu verstehen, umfaßt also nur die dingliche Ubertragung, Belastung, Inhaltsänderung und Aufhebung der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände. Vgl. Jauernig I Stürner § 2113 Anm. 1 a, MünchKomm-Grunsky § 2112 Rz 1; Palandt/Edenhofer § 2112 Anm. 1; SoergeliHarder § 2112 Rz 3. Die Entscheidung über die Fortführung von Handelsgeschäft und Firma fallt folglich nicht darunter. 91 In Betracht käme beispielsweise ein Prokurist des Unternehmens. 92 Vgl. RGRK-Johannsen § 2130 Rz 2. 93 Auf die Tatsache, daß das einschränkende Kriterium der eigenüblichen Sorgfalt die Entstehung des Schadensersatzsanspruchs häufig verhindern wird, wurde oben F I I d bb bereits hingewiesen. Vgl. auch Staudinger I Behrends § 2130 Rz 9. 87

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

den sei. Die Belange des Handelsverkehrs verlangen nämlich keineswegs, daß auch zwischen Vor- und Nacherben, also im Innenverhältnis, auf das Erfordernis ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses verzichtet wird. Insoweit schlägt vielmehr die treuhänderähnliche Stellung des Vorerben für den Nacherben durch. Das Zurücktreten erbrechtlicher hinter handelsrechtliche Grundsätze bleibt daher auf das Außenverhältnis, also dasjenige zu den Geschäftsgläubigem, beschränkt. Von der Verwaltungsbefugnis des Vorerben erfaßt ist auch die Entscheidung über die Einstellung 94 oder Auflösung des Handelsgeschäfts 95 • Dazu kann er sogar gezwungen sein, wenn es nämlich allein ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ein verlustbringendes Erwerbsgeschäft zu schließen 96 •

bb) Veräußerung des Handelsgeschäfts Zu einer Haftung des Vorerben gegenüber dem Nacherben kann es auch bei der Veräußerung des Handelsgeschäfts 97 durch den Vorerben kommen. Die hier im Vorfeld zu beantwortende Frage, ob der Vorerbe auch zur Vomahme eines solchen Rechtsgeschäfts 98 befugt ist, kann aufgrund des § 2112 grundsätzlich bejaht werden. Jedoch sind im Hinblick auf § 2113, der der Sicherung des Erblasservermögens zugunsten des Nacherben dient, Beschränkungen denkbar. Soweit nämlich das Handelsgeschäft mit einem zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstück verkauft werden soll, könnte letzteres wirksam nur mit Zustimmung des Nacherben geschehen,§ 2113 Abs. 1 99 • Zweifelhaft ist aber, ob§ 2113 Abs. 1 sich auch auf Gegenstände erstreckt, die Teile eines Handelsgeschäfts sind, das ja als wirtschaftliche Einheit 100 in den Nachlaß gefallen ist 101 • So lehnen Rechtsprechung 102 und ein Teil der Literatur 103 die Anwendung des § 2113 Abs. 1 Im Sinne des § 27 Abs. 2 HGB. Ebenso v. Godin, S. 76, MünchKomm-Grunsky § 2112 Rz 3; Staudinger I Behrends § 2112 Rz 22. 96 Vgl. insbesondere v. Godin, S. 76. 97 Gemeint ist hier das Handelsgeschäft in seiner Gesamtheit, also inklusive seines Geschäftsvermögens. 98 Zu beachten ist, daß es einen einheitlichen Verfügungsvertrag über das Unternehmen nicht gibt, weil die nach bürgerlichem Recht gegebenen Übertragungsmöglichkeiten sich nur auf einzelne Rechtsobjekte beziehen. Insbesondere ergibt sich aus dem sachenrechtlichen Spezialitätsgrunsatz, daß so viele Übertragungsgeschäfte erforderlich, wie Sachen vorhanden sind. Allerdings können Verfügungsverträge auch durch konkludentes Handeln zustande kommen, so daß - abgesehen von notwendigen Grundbuch- und Registereintragungen - ein- und dieselbe Handlung die Verfügungen bewirken kann. Vgl. hierzu Baumbach I Duden I Hopt Ein!. vor § 1 II 2 A a; Großkomm-Hüffer vor § 22 Rz 38. Wenn daher im folgenden von der Veräußerung des Handelsgeschäfts gesprochen wird, ist dieser Hintergrund zu berücksichtigen. 99 v. Godin, S. 76. 100 Zum Begriff des Handelsgeschäfts als betriebsfahige Wirtschaftseinheit vgl. oben CI 1 a. 101 Heintzenberg, S. 16 f.; MünchKomm-Leipold § 1922 Rz 30. 94 95

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jedenfalls dann ab, wenn das Grundstück Bestandteil eines Gesamtbandsvermögens ist und der Vorerbe an der Gesamtbandsgemeinschaft beteiligt ist. Zur Begründung wird angeführt, Gegenstand der Erbfolge sei nur der Gesamthandsanteil, nicht aber der zum Gesamtbandsvermögen zählende einzelne Gegenstand, an dem kein Gesamtbänder ein Recht hat 104• Zudem würden berechtigte Interessen der übrigen, nicht nacherbschaftsbelasteten Gesamtbänder unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie auf die Zustimmung des Nacherben angewiesen wären 105 • Diese Rechtsprechung ist aber auf den hier vorliegenden Fall des Übergangs eines einzelkaufmännischen Unternehmens auf den alleinigen Vorerben nicht übertragbar. Zum einen ist mit der Tatsache, daß das Handelsgeschäfts als wirtschaftliche Einheit in den Nachlaß fällt, lediglich gemeint, daß keine Einzelübertragung der Geschäftsaktiva erfolgt 106 und auch alle bewertbaren tatsächlichen Beziehungen wie Kundenstamm und Ruf, also der innere, nicht bilanzierbare Vermögenswert, auf den Vorerben übergehen 107 • Ein Gesamtbandsvermögen oder ein damit vergleichbares Vermögen stellt diese wirtschaftliche Einheit aber nicht dar. Zum anderen werden in den Fällen, in denen sich der Vorerbe zur Veräußerung des Handelsgeschäfts inklusive des dazu gehörenden Grundstücks entschließt, keine Drittinteressen dadurch betroffen, daß der Vorerbe die Zustimmung des Nacherben im Hinblick auf die Grundstücke einholt. Dem Schutzbedürfnis des Nacherben, dem § 2113 Rechnung tragen will 108 , ist daher uneingeschränkt Geltung zu verschaffen. Die Übertragung des Grundstücks ist folglich mit Eintritt des Nacherbfalls unwirksam, wenn sie nicht mit Zustimmung des Nacherben erfolgt ist. In seiner Verfügungsbefugnis über das Handelsgeschäft ist der Vorerbe weiterhin dadurch beschränkt, daß er es ohne Zustimmung des Nacherben weder verschenken noch unter Marktwert veräußern kann. § 2113 Abs. 2 läßt nämlich unentgeltliche Verfügungen überNachlaßgegenstände im Zeitpunkt des Nacherbfalls unwirksam werden. Gleiches gilt für teilweise unentgeltliche Verfügungen 109• Dabei liegt Unentgeltlichkeit vor, wenn der Vorerbe objektiv ohne gleichwertige Gegenleistung über das Unternehmen verfügt und er subjektiv die Un102 BGH NJW 1958, 708; 1964, 768; 1976, 893 (894). In diesen Entscheidungen ging es zwar um unentgeltliche Verfügungen über Grundstücke, jedoch gilt für eine entgeltliche Verfügung i. S. d. § 2113 Abs. 1 dasselbe. Speziell zu § 2113 Abs. 1 aber BGH NJW 1978, 698. 103 Jauemig I Stümer § 2113 Anm. I b; MünchKomm-Grunsky § 2113 Rz 3 ff.; PalandtiEdenhofer § 2113 Anm. 1 a. 104 MünchKomm-Grunsky § 2113 Rz 3. tos BGH NJW 1976, 893 (894); 1978, 698; MünchKomm-Grunsky § 2113 Rz 3; PalandtiEdenhofer § 2113 Anm. 1 a. 106 Baumbach I Duden I Hopt Ein!. vor § 1 li 2 A a, b. 107 MünchKomm-Leipold § 1922 Rz 30. tos So ausdrücklich BGH NJW 1976, 893 (894). 109 BGH LM § 2113 Nr. 1. Hierzu sogleich näher unter FN 115. 12 Friedrich

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gleichwertigkeitkennt oder bei ordnungsmäßiger Verwaltung unter Berücksichtigung seiner Pflicht, die Erbschaft an den Nacherben herauszugeben, das Fehlen oder die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen 110• Nun werden so eindeutige Fälle wie das Verschenken des Handelsgeschäfts höchst selten sein. Häufiger wird es dagegen vorkommen, daß der Vorerbe es unter seinem wirklichen Wert verkauft. Problematisch ist dabei, wie ein solcher UnterWert-Verkauf sich feststellen läßt. Auch wenn man in Rechnung stellt, daß es verbindliche Grundsätze für die Wertermittlung eines lebenden Unternehmens nicht gibt 111 , ist der Vorerbe doch verpflichtet, sich an einer der anerkannten Bewertungsmöglichkeiten zu orientieren 112• Der vereinbarte Gegenwert muß sich dabei im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung halten; unentgeltlich wird die Verfügung noch nicht dadurch, daß aufgrund besonders geschickter Verhandlungsführung ein noch besserer Preis erzielbar gewesen wäre 113 • Eine objektive Ungleichwertigkeit liegt jedoch dann vor, wenn nicht bilanzierungsfähige, aber dennoch einen wirtschaftlichen Wert verkörpernde Aspekte wie Know how, Ruf und Kredit des Unternehmens oder die Bonität des Kundenstamms 114 bei der Kaufpreisgestaltung keine Berücksichtigung gefunden haben. Ist ein Unter-WertVerkauf in dem soeben beschriebenen Sinne gegeben, hat der Vorerbe teilweise unentgeltlich über das Unternehmen und damit einen Nachlaßgegenstand verfügt. Auch eine teilweise unentgeltliche Verfügung ist nach§ 2113 Abs. 2 mit Eintritt des Nacherbfalls unwirksam 115 , sofern durch den fehlenden Zufluß eines wirtschaftlichen Äquivalents in die Nachlaßmasse das Nacherbenrecht beeinträchtigt ist 116 • 117 • Liegt wegen des Unter-Wert-Verkaufs eine unwirksame Verfügung vor, 110 BGH NJW I984, 362 (364); NJW I984, 366 (367); Brox, Erbrecht, Rz 35I; Erman I Hense § 2II3 Rz 9; Jauemig I Stümer § 2Il3 Anm. 2 a; MünchKomm-Grunsky § 2I13 Rz 22; Palandt I Edenhofer § 2I13 Anm. 2 a; Soergel I Harder § 2I13 Rz I2. 111 BGH NJW I984, 362 (364). 112 In Betracht kommt dabei die Ertragswert- oder die Mittelwertmethode. Maßgebend sind in beiden Fällen die Vermögensverhältnisse am Bewertungsstichtag. Vgl. Baumbach I Duden I Hopt Einl. vor § I II I B. 113 Vgl. Staudinger IBehrends § 2113 Rz 68. 114 Vgl. BaumbachiDudeniHopt Einl. vor§ I II 1 B. 115. Die Verfügung ist dabei in ihrer Gesamtheit- und nicht nur in Höhe des Fehlbetrages- unwirksam, BGH LM § 2113 Nr. 1; BGH NJW I985, 382 (383); Jauemigl Stürner § 2113 Anm. 2 a; Soergel IHarder § 2113 Rz 13; Staudinger I Behrends § 2113 Rz 64. 116 Die Unentgeltlichkeit der Verfügung im Zeitpunkt ihrer Vomahme und die Beeinträchtigung des Nacherbenrechts im Nacherbfall sind also getrennt zu überprüfen. Der Fall BGHZ 7, 274 (277, 279), in dem bei teilweiser unentgeltlicher Verfügung zugleich eine Zahlung an den Nacherben im Hinblick auf dessen Nacherbenrecht berücksichtigt wurde, zeigt, daß teilweise unentgeltliche Verfügungen nicht automatisch das Nacherbenrecht beeinträchtigen müssen. 111 Die Beeinträchtigung des Nacherbenrechts bestimmt sich bei § 2I13 Abs. 2, der den Nacherben nur wertmäßig sichern, ihm aber keinen Anspruch auf das Verbleiben bestimmter Gegenstände im Nachlaß gewähren will, allein nach wirtschaftlichen Kriterien. Vgl. BGHZ 7, 274 (279); JauemigiStümer § 2113 Anm. 2 b; Johannsen WM I970, 2 (4); MünchKomm-Grunsky § 2113 Rz 30; Soergel I Harder § 2113 Rz 16.

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kann der Nacherbe die Herausgabe des Handelsgeschäfts vom Erwerber verlangen, sofern er seinerseits die vom Erwerber erbrachte Gegenleistung an diesen zurückerstattet. Die Beeinträchtigung des Nacherbenrechts liegt nämlich nur in der Wertdifferenz zwischen dem überlassenen Handelsgeschäft und dem zu niedrigen Kaufpreis. Dem Erwerber steht deshalb ein Zurückbehaltungsrecht zu 118 • Der Nacherbe wird daher den Herausgabeanspruch gegen den Erwerber nur geltend machen, wenn er persönlich an der Fortführung des Handelsgeschäfts interessiert ist. Anderenfalls wird er geneigt sein, gegen den Vorerben vorzugehen und von diesem gegen Abtretung seiner Ansprüche gegen den Erwerber Wertersatz oder - bei Verschulden - Schadensersatz in Höhe des Differenzbetrages zu verlangen,§ 2134 S. 1; §§ 2134 S. 2, 2130 Abs. 1 S. 1, 2131,249, 255 119• Es ist dann Sache des Vorerben, das Handelsgeschäft vom Erwerber gegen Erstattung der erbrachten Gegenleistung herauszuverlangen oder es ihm endgültig rechtswirksam zu übertragen 12o. Eine Haftung des Vorerben für die unwirksame Veräußerung des Handelsgeschäfts ist folglich insbesondere dann gegeben, wenn er unter Wert veräußert hat und der Nacherbe kein Interesse an der Fortführung des Unternehmens in eigener Person hat. War nur die Veräußerung des zum Unternehmen gehörenden Grundstücks gern.§ 2113 Abs. 1 unwirksam, bestehen Ersatzansprüche des Nacherben gegenüber dem Vorerben nur dann, wenn ihm ein über den Grundstückswert hinausgehender 121 Schaden entstanden ist, § 2130 Abs. 1 S. 1 , oder aber der Nacherbe den Veräußerungserlös für sich verwendet hat, § 2134. cc) Verfügbarer Unternehmensgewinn und Verlustausgleich Die Herausgabepflicht des Vorerben nach§ 2130 Abs. 1 S. 1 erlaßt auch den Surrogationserwerb mit Ausnahme der Nutzungen, die dem Vorerben gebühren, § 2111 Abs. 1 S. 1. Ihm stehen diese allerdings nur im Verhältnis zum Nacherben zu, währenddem sie gegenübet dem Nachlaßgläubigern zum Nachlaßvermögen gehören 122• Daß unter Nutzungen nach § 100 auch Unternehmensgewinne zu verstehen sind, hier also diejenigen, die der Vorerbe zwischen dem Tod des Erblassers und dem Nacherbfall durch die Fortführung des Unternehmens erzielen konnte, ist im Ergebnis in Rechtsprechung 123 und Literatur 124 nahezu 125 unbestrit118 BGH NJW 1985, 382 (383): Der BGH hat damit seine bis dahin strikte Auffassung über die volle Unwirksamkeit auch der nur teilweise unentgeltlichen Verfügung etwas modifiziert. Vgl. FN 91. Dem BGH folgend Jauernig I Stürner § 2113 Anm. 2 c; Leipold Rz 494; PalandtiEdenhofer § 2113 Anm. 2 b; Schlüter § 41 VI 2 b aa) S. 318. 119 Vgl. MünchKomm-Grunsky § 2130 Rz 7; § 2134 Rz 2, 5. 120 Zur Übertragung eines Unternehmens allgemein sei auf F I 2 b bb) FN 98 verwiesen. 121 Der für das Grundstück bezahlte Gegenwert fällt ja wieder in den Nachlaß, § 2111. 122 Erman 1Hense § 2111 Rz 2; Jauernig I Stürner § 2111 Anm. 3; Palandt I Edenhofer § 2111 Anm. 3; Soerge1 I Harder § 2111 Rz 10. 123 BGHZ 7, 208 (218); BGH MDR 1962, 556; BGH LM § 818 Abs. 2 Nr. 7 Bl. 2; BGH NJW 1978, 1578; OLG Köln JMBl.NRW 1960, 180.

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ten. Von den unterschiedlichen Begründungsversuchen 126 vermag der des Bundesgerichtshofs am ehesten zu überzeugen, wenn er in Unternehmensgewinnen unmittelbare Rechtsfrüchte im Sinne des § 99 Abs. 2 erblickt, stellt sich der Gewinn doch nicht ausschließlich als Produkt des Unternehmens, sondern auch als Ergebnis persönlicher Fähigkeiten und Leistungen desjenigen dar, der die Nutzungen gezogen hat 127 • Die im Ergebnis unbestrittene Anerkennung des Unternehmensgewinns als Nutzung setzt sich dabei über die Tatsache hinweg, daß die §§ 99,100 von den Früchten und Gebrauchsvorteilen einer Einzelsache ausgehen 128, während es sich bei einem Unternehmen um eine Rechts- und Sachgesamtheit handelt. Angesichts der Betrachtung des Einzelunternehmens als Wirtschaftseinheit erscheint es aber vertretbar, die Erträge dieser Einheit als Nutzung zu begreifen 129 • Fraglich ist beim Vorerben aber das zulässige Maß einer solchen Nutzung, gerade im Hinblick auf eine mögliche Haftung gegenüber dem Nacherben aus §§ 2130, 2131. Soweit von Godin 130 auf den Betriebsgewinn und nicht den bilanzmäßigen Reingewinn abstellt, um die Mitnahme von Buchgewinnen 131 durch den Vorerben zu vermeiden, vermag dies deswegen nicht zu überzeugen, weil unklar bleibt, wie der Betriebsgewinn offensichtlich gemacht werden kann 132• Zudem ist nicht einzusehen, warum der Vorerbe als Nutzungsberechtigter und Eigentümer des Unternehmens keinen Anteil an Wertsteigerungen des Anlagevermögens haben soll, solange diese im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses liegen. Richtigerweise ist daher für das zulässige Maß der Nutzungen auf den Reingewinn abzustellen, wie er sich aus der nach kaufmännischen Grundsätzen aufzustellenden jährlichen Handelsbilanz,§§ 242 ff. HGB, ergibt 133 • Das 124 Errnan I A. Schmidt § 99 Rz 7; MünchKomm-Holch § 99 Rz 9; RGRK-Kregel § 99 Rz 4; Soergel I Baur 11. Aufl. § 99 Rz 3; Soergel I Mühl 12. Aufl. § 99 Rz 3; Staudinger I Dilcher § 100 Rz 7.

Gegen die Anwendung des Nutzungsbegriffs auf das Unternehmen Bökelmann, (99). 126 Als unmittelbare Sachfrucht analog § 99 Abs. 1 wollen Soergel I Baur 11. Aufl. § 99 Rz 3 und Soergel I Mühl 12. Aufl. § 99 Rz 3 den Unternehmensgewinn behandeln. MünchKomm-Holch § 99 Rz 9 und RGRK-Kregel § 99 Rz 4 folgen hingegen dem Bundesgerichtshof und sehen den Gewinn am nächsten mit dem unmittelbaren Rechtsfrüchten nach § 99 Abs. 2 verwandt. BVerwGE 7,1 (5) und Staudinger I Dilcher § 100 Rz 7 rechnen ihn schließlich zu den Gebrauchsvorteilen nach § 100. 121 BGHZ 7, 208 (218); BGH NJW 1978, 1578. 12s Vgl. SoergeliMühl 12. Aufl. § 99 Rz 3. 129 Zum Gedanken des Unternehmens als tätige Einheit in diesem Zusammenhang vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, § 6 IV 1 S. 150 ff. 130 v. Godin, S. 77. 131 Buchgewinne können sich beispielsweise aufgrundvon Wertsteigerungen des Anlageverrnögens ergeben. 132 Hierauf hat Rohlff, S. 76, hingewiesen. 133 So auch die heute ganz herrschende Meinung. Baur JZ 1958, 465 (466 f.); Jauernig I Stürner § 2111 Anm. 3; Palandt I Edenhofer § 2111 Anm. 3; Soergel I Harder § 2111 Rz 10; Staudinger I Behrends § 2111 Rz 39; Rohlff, S. 76. 12s

s. 63 ff.

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Erfordernis der kaufmännischen Errichtung einer Handelsbilanz soll gewährleisten, daß der Gewinn nach den Regeln erwirtschaftet ist, die zur Erhaltung des Unternehmens in seinem wirtschaftlichen Bestand erforderlich sind 134• Zu einer solchen Wirtschaftsweise ist der Vorerbe auch gern.§ 2130 Abs. 1 S. 1 verpflichtet. Es widerspräche ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses, wenn er bei der Fortführung des Handelsgeschäfts dadurch substanzschädigend vorginge, daß er Aktiva über- und Passiva unterbewertet. Soweit Baur 135 gerade im Hinblick auf Wertansätze und Abschreibungen eine Orientierung an steuerbilanzrechtlichen Grundsätzen empfiehlt, erscheint dies hilfreich, weil es deren Zweck ist, im Interesse des Steueraufkommens zu niedrige Wertansätze zu verhindem 136• Seinen Verpflichtungen aus §§ 242 ff. HGB, § 2130 Abs. 1 S. 1 bezüglich des zulässigen Maßes der Nutzungen aus einem einzelkaufmännischen Unternehmen genügt der Vorerbe weiterhin dann nicht, wenn er es versäumt, für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften Rückstellungen gern. § 249 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 HGB zu bilden 137. Auch in diesem Fall ist der Reingewinn nicht nach Regeln erwirtschaftet, die der Erhaltung des Unternehmens dien~n, sondern fällt unter Inkaufoahme eines unter Umständen sehr großen Risikos höher aus. Verstößt also der Vorerbe in dem dargelegten Umfang gegen die ihn bei Ermittlung des verfügbaren Unternehmensgewinns treffenden Verpflichtungen, haftet er dem Nacherben für den diesen daraus entstandenen Schaden nach §§ 2130 Abs. 1 s. 1, 2131. Auch bei sorgfältigster Fortführung des Unternehmens kann es beispielsweise aufgrund schwieriger gesamtwirtschaftlicher Umstände unvermeidlich sein, daß der Vorerbe ein oder mehrere Geschäftsjahre mit einem Verlust abschließen muß. Folge ist häufig eine Substanzminderung der gesamten Erbschaft. Eine Ersatzpflicht des Vorerben wird dadurch aber nicht begründet, fehlt es in diesen Fällen doch an einer ordnungswidrigen Verwaltungsmaßnahme. Verluste werden unter diesen Voraussetzungen folglich von der Nachlaßsubstanz getragen 138 • Fraglich ist aber, ob der Vorerbe verpflichtet ist, entstandene Verluste aus den Vorjahren mit später erzielten Gewinnen auszugleichen. Eine solche Verpflichtung nehmen von Godin 139 und Soergel-Harder 140 mit der Begründung an, dies Vgl. Soergel I Harder § 2111 Rz 10. Baur, JZ 1958, 465 (466 f.). Ihm folgend MünchKomm-Grunsky § 2111 Rz 16; Staudinger I Behrends § 2111 Rz 39; mit geringen Abweichungen auch Rohlff, S. 76. 136 Die Steuerbilanz ist die Besteuerungsgrundlage für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer und dient der Ermittlung eines möglichst zutreffenden Periodengewinns, der neben dem Grundsatz der Wahrheit auch der Wirtschaftlichkeit und Vorsicht Rechnung trägt. Vgl. Körner, S. 317 f.; Thiel, S. 78. 137 Vgl. v. Godin, S. 79. 138 v. Godin, S. 75. Lediglich für Verluste, die darauf zurückzuführen sind, daß er bei der Verwaltung nicht einmal die eigenübliche Sorgfalt aufgebracht hat, haftet er nach §§ 2130 Abs. 1 Satz 1, 2131. 139 v. Godin, S. 82 f. 140 Soergel I Harder § 2111 Rz 10. 134 135

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werde von den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses gefordert 141 und die Zeit der Vorerbschaft müsse als einheitlicher Zeitraum betrachtet werden. Ohne nähere Abgrenzung ist diese Auffassung aber zu weitgehend. Bei Zugehörigkeit eines Unternehmens zum Nachlaß ergibt sich für den Vorerben mangels abweichender Anweisung des Erblassers aus § 2130 Abs. 1 S. 1 die Pflicht, das Unternehmen auf dem Stand zu halten, auf dem es sich zum Zeitpunkt des Erbfalls befand. Maßgebend ist hierfür die Stellung des Unternehmens am Markt 142, die zu behaupten der Vorerbe sich bemühen muß, wenn er sich zur Fortführung entschlossen hat. Insofern schuldet der Vorerbe eine unternehmensehe Leistung 143. Hieraus folgt, daß er grundsätzlich keinen Gewinn entnehmen kann, solange Verlustvorträge bestehoo. Denn anderenfalls wäre die Substanz des Unternehmens, also der Unternehmenswert einschließlich nicht bilanzierbarer Werte wie der Ruf und der Marktanteil, aufgrund der zurückliegenden schlechteren Geschäftsentwicklung geringer zu bewerten als im Zeitpunkt des Erbfalls. Hatte der Vorerbe aber vor den Verlustjahren zunächst erfolgreich gewirtschaftet und erzielte Überschüsse reinvestiert oder zur Rücklagenbildung für mögliche Verluste verwendet, kann er die hier in Rede stehenden späteren Gewinne entnehmen, soweit die zwischenzeitliehen Verluste durch die gebildeten Rücklagen gedeckt werden 144• Die hier vertretene Einschränkung der Ausgleichspflicht steht im Einklang mit dem Grundsatz, daß sich die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung nicht nach der einzelnen Maßnahme, sondern am Gesamtergebnis im Zeitpunkt des Nacherbfalls beurteilt 145 • Verstößt der Vorerbe aber gegen die im aufgezeigten Rahmen bestehende Ausgleichspflicht, ist er dem Nacherben nach §§ 2130 Abs. 1 S. 1, 2131 schadensersatzpflichtig.

dd) lnnenregreß bei gesamtschuldnerischer Haftung gegenüber den Geschäftsgläubigern Von den Möglichkeiten gesamtschuldnerischer Haftung von Vor- und Nacherben gegenüber den Geschäftsgläubigern wurde bereits mehrfach gesprochen 146• Die Frage aber, wer im Innenverhältnis für die vom Vorerben während dessen 141 v. Godin, S. 82, billigt dem Vorerben dabei zumindest die Deckung seines angemessenen Lebensunterhalts zu. 142 Auf die Erhaltung des Marktanteils haben zutreffend hingewiesen Baur JZ 1958, 465; Baur I Grunsky ZHR 133 (1970), 209 (212). 143 BaurJZ 1958, 465; Baur IGrunsky ZHR 130 (1970), 209 (212); v. Godin, S. 78 ff.; Staudinger I Behrends § 2130 Rz 9. 144 Im Ergebnis ebenso MünchKomm-Grunsky § 2111 Rz 17; Bökelmann S. 251 i.V. m. 183 f. 145 Zu diesem Grundsatz vgl. RG Warn 1937 Nr. 133 S. 311; BGH WM 1973, 361; MünchKomm-Grunsky § 2130 Rz 6; RGRK-Johannsen § 2130 Rz 2; SoergeliHarder § 2130 Rz I; Staudinger I Behrends § 2130 Rz 3. MünchKomm-Grunsky § 2111 Rz 17 weist zutreffend daraufhin, daß Unternehmensverluste auch mit sonstigen, aus Nachlaßbestandteilen resultierenden Gewinnen verrechnet werden können, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses entspricht.

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Fortführung des Unternehmens begründeten Nachlaßverbindlichkeiten haftet, beantwortet § 2124 147 • Von besonderer Bedeutung ist dabei § 2124 Abs. 1, wonach die gewöhnlichen Erhaltungskosten vom Vorerben zu tragen sind. Hierunter fallen die laufenden Betriebskosten wie Löhne, Rohstoffe, Steuern für die Zeit der Vorerbschaft, die gewöhnliche Erneuerung der Produktionsmittel 148 • Stehen aus der Zeit der Vorerbschaft noch entsprechende Forderungen offen, so haftet im Außenverhältnis zwar auch der Nacherbe, er kann sich aber insoweit beim Vorerben über§ 2124 Abs. 1 schadlos halten. Nur außergewöhnliche Rationalisierungsmaßnahmen und die Einführung technischer Neuerungen gehen gemäß § 2124 Abs. 2 zu Lasten der Erbschaft; hier hat der Vorerbe einen Freistellungsoder, falls er schon aus eigenem Vermögen geleistet hatte, einen Ersatzanspruch, § 2124 Abs. 2 S. 2. Hat der Vorerbe im Rahmen seiner Fortführung des nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts Geschäftsschulden begründet, die außerhalb ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses liegen, so ist der Nacherbe dennoch über§§ 2144, 1967 den Geschäftsgläubigem als Gesamtschuldner verhaftet 149 • Im Innenverhältnis war ihm der Vorerbe jedoch zu ordnungsmäßiger Verwaltung verpflichtet, so daß der Nacherbe im Falle der Inanspruchnahme durch die Geschäftsgläubiger beim Vorerben Regreß nehmen kann, §§ 426 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 2130 Abs. 1 S. 1 150• War der Vorerbe allerdings nach§ 2137 Abs. 1 befreit, ist seine Verwaltungsverpflichtung gegenüber dem Nacherben und damit auch seine Regreßpflicht erheblich vermindert 151,

3. Haftung des Vorerben und Nacherben nach§ 27 HGB Wurden bisher die Grundstruktur sowie die Besonderheiten bürgerlich-rechtlicher Haftung im Fall der Nachlaßzugehörigkeit eines einzelkaufmännischen Unternehmens beleuchtet, richtet sich im folgenden der Blick auf die Haftungssituation bei Eingreifen der§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB.

Vgl. oben F I 2 a aa) (2) und bb). Brox, Erbrecht, Rz 707; ErrnaniHense § 2145 Rz 1; MünchKomm-Grunsky · § 2145 Rz 2; Soerge1 I Harder § 2145 Rz 6. 148 MünchKomm-Grunsky § 2124 Rz 3; Soerge1 I Harder § 2124 Rz 4; Staudinger I Behrends § 2124 Rz 6. Vgl. zum Ganzen auch v. Godin, S. 78. 149 Hierzu ausführlich oben F I 2 a bb (2). 150 Aus§ 2130 ergibt sich die Pflicht des Vorerben zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses. Ihre Verletzung bedingt im konkreten Fall, daß der Vorerbe im Innenverhältnis die Haftung für die betroffenen Verbindlichkeiten alleine übernehmen muß. 151 Zu den Grenzen, die dem befreiten Vorerben insoweit noch obliegen (§§ 2120; 2138 Abs. 2 Alt. 2) vgl. oben F I 2 a aa) (1) (b) (bb). 146

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a) Haftung des Vorerben nach§ 27 HGB

aa) Bis zum Eintritt des Nacherbfalls Führt der Vorerbe das Handelsgeschäft des Erblassers unter dessen Firma über den Zeitpunkt des § 27 Abs. 2 HGB hinaus fort, haftet er für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten wie ein endgültiger Alleinerbe nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB. Ihn trifft eine unbeschränkte Einstandspflicht, die er nur durch entsprechende Eintragung im Handelsregister oder Mitteilung an Dritte ausschließen kann, §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB. Haftungsbeschränkungen des bürgerlichen Erbrechts lassen seine Einstandspflicht dagegen unberührt.

bb) Nach Verlust der Erbenstellung ( 1) Fortdauer der unbeschränkten Haftung Haftete der Vorerbe nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten, so ändert sich hieran durch den Eintritt des Nacherbfalls grundsätzlich nichts 152• Auch der Umstand, daß der Vorerbe ab diesem Zeitpunkt aufhört, Erbe zu sein, § 2139, führt zu keinem anderen Ergebnis. Maßgeblich ist vielmehr, daß in seiner Person der handelsrechtliche Haftungstatbestand einmal begründet wurde, und der Vorerbe sich gegenüber den Gläubigern der früheren Geschäftsverbindlichkeiten daran festhalten lassen muß. Es kann hier nämlich keinen Unterschied machen, ob er das Handelsgeschäft veräußert 153 , oder aber der Inhaberwechsel durch den Eintritt des Nacherbfalls bewirkt wird. Eine solche Unterscheidung würde dem in § 27 HGB verwirklichten Prinzip der Gleichbehandlung des gemäß den allgemeinen Wertungen der Rechtsordnung Gleichartigen 154 widersprechen. Die Tatsache der Fortführung des Unternehmens unter Beibehaltung der Erblasserfirma begründet für den Vorerben eine Verbindlichkeit 155 aus § 27 HGB, für die er auch mit Eintritt des Nacherbfalls einstandspflichtig bleibt. Die Haftungslage ist für frühere Geschäftsverbindlichkeiten demnach identisch mit derjenigen für neue, vom Vorerben selbst begründete Geschäftsschulden 156• Auch für diese bleibt er über den Nacherbfall hinaus persönlich verpflichtet, wenn er nicht seine Haftung auf den Nachlaß beschränkt hatte. 1s2 Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 5 a. E.; Mattem BWNotZ 1960, 166 (170); Neufe1diSchwarz § 27 Anm. 22; Keil, S. 41. I53 Der Veräußerer eines einzelkaufmännischen Unternehmens haftet für die vor dem Geschäftsübergang begründeten Verbindlichkeiten unverändert weiter, soweit keine befreiende Schuldübernahme unter Mitwirkung des Gläubigers vorliegt. Vgl. Baumbach I Duden I Hopt § 26 Anm. 1 A. 154 Hierzu oben C II 6 h. Iss Daß § 27 HGB eine Schuld des Erben begründet und nicht eine bloße Haftungsregelung ist, wurde oben C III 5 eingehend dargelegt. I56 Vgl. oben F I 2 a aa) (2) (b).

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(2) Anwendung des Verjährungsprivilegs analog§ 26 HGB Fraglich kann in den beiden soeben beschriebenen Fällen nur sein, ob die Geschäftsgläubiger, seien dies Erblasser- oder Vorerbengeschäftsgläubiger, zeitlich unbegrenzt den Vorerben persönlich in Anspruch nehmen können. Da mit Eintritt des Nacherbfalls die Geschäftsführung durch den Vorerben beendet ist, könnte zu seinen Gunsten § 26 HGB analog anwendbar sein 157 , womit ihm unter den dort genannten Voraussetzungen die Einrede einer Sonderverjährung zufiele. Er würde den Geschäftsgläubigern dann nur noch maximal 5 Jahre nach Eintragung des Nacherben im Handelsregister oder nach Bekanntmachung der Haftungsübernahme durch den Nacherben haften, vgl. § 26 Abs. 1 HGB. Unmittelbar greift § 26 HGB jedenfalls dann ein, wenn der rechtsgeschäftliche Erwerber des Unternehmens nach § 25 Abs. 1 S. 1 oder § 25 Abs. 3 HGB neben dem Veräußerer für dessen vor der Veräußerung begründeten Geschäftsverbindlichkeiten haftet 158• Dagegen findet er keine Anwendung, wenn der Erwerber die Haftung über § 25 Abs. 2 HGB ausgeschlossen hat. Ratio des § 26 HGB ist es, eine in den Fällen des § 25 Abs. 1 und 3 HGB mögliche 30-jährige 159 gesamtschuldnerische 160 Haftung zu verhindern, weil dadurch der Gläubigervorteil, der in der Gewinnung eines zusätzlichen Schuldners in der Person des Erwerbers besteht, unangemessen ausgestaltet würde 161 • Eine entsprechende Anwendung des§ 26 HGB auf den Vorerben setzt zunächst das Vorliegen einer planwidrigen Lücke des Gesetzes voraus. Es muß eine Bestimmung vermissen lassen, die es nach dem Zweck der Regelung, nach dem zugrundeliegenden Plan des Gesetzgebers enthalten sollte 162• Über diesen Plan gibt die Denkschrift 163 nur sehr beschränkt Auskunft, indem sie sich mit dem Hinweis begnügt, daß § 26 HGB dem § 159 HGB nachgebildet sei, der eine Enthaftung des ausgeschiedenen OHG-Gesellschafters vorsieht. Orientiert man sich jedoch daran, daß § 26 HGB -nicht nur, aber auch 164 - den Ausgleich für einen unangemessenen Gläubiger157 Dies bejahen, wenn auch mit Abweichungen im einzelnen, Düringer I Hachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 6 a.E.; Großkomm-Hüffer § 27 Rz 18; Keil, S. 41; Nelson, S. 64. Ablehnend dagegen Neufeld I Schwarz § 27 Anm. 22. tSB Bandasch I Nickel § 26 Rz 2; Glanegger I Niedner I Renkl I Ruß § 26 Rz 1; Großkomm-Hüffer § 26 Rz 5; Heymann I Kötter§ 26 Anm. 1; Koenige I Teichmann I Koehler § 26 Anm. 2; Neufeld I Schwarz § 26 Anm. 2. 159 Dies wäre bei regelmäßig verjährenden Forderungen aber der Fall, § 195. 160 RGZ 135, 104 (107); Bandasch/Nickel § 26 Rz 1; Baumbach/Duden-Hopt § 26 Anm. 1 A; Großkomm-Hüffer § 25 Rz 52; Heymann I Kötter § 26 Anm. 2; Lehmann I Ring § 26 Rz 1; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 27 Rz 10. 161 Im Ausgleich dieses Vorteils sehen Düringer I Hachenburg I Hoeniger § 26 Anm. 3; Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 26 Anm. 1; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 26 Rz I die ratio des § 26 HGB. Darüber hinausgehend aber GroßkommHüffer § 26 Rz 2, der eine weitere Aufgabe des § 26 HGB darin erblickt, die von den Parteien angestrebte Passivenübernahme wenigstens zeitversetzt zu verwirklichen. 162 Larenz AT§ 4 II S. 77. 163 Denkschrift zum HGB, S. 37.

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vorteil bezweckt, ist es zulässig, hier von einer Lücke zu sprechen. Zumindest in den Fällen nämlich, in denen auch der Nacherbe das Handelsgeschäft unter Beibehaltung der Firma weiterführt 165 und damit in seiner Person die Voraussetzungen der§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB erfüllt, entsteht ein gleicher Gläubigervorteil wie beim rechtsgeschäftliehen Erwerb, der bei unmittelbarer Gesetzesanwendung aber unausgeglichen bleibt. Liegt demnach eine planwidrige Lükke vor, kann sie im Wege der Analogie dann geschlossen werden, wenn der von § 26 HGB nicht erfaßte Sachverhalt dem dort geregelten ähnlich ist. Letzteres ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn auch der Nacherbe gern. §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB persönlich haftet, nicht dagegen, wenn er diese Haftung über § 27 Abs. 2 HGB oder§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB ausgeschlossen hat. Soweit in Teilen der Literatur letztere Unterscheidung fehlt 166, wird übersehen, daß der für die Ähnlichkeit der Sachverhalte maßgebliche Aspekt, nämlich die unangemessene Ausgestaltung des Gläubigervorteils, nicht vorliegt, wenn der Nacherbe seine Haftung ausgeschlossen hat. Folglich verjährt die Haftung des Vorerben für die früheren und die von ihm selbst begründeten Geschäftsverbindlichkeiten nach Ablauf von 5 Jahren seit dem in § 26 Abs. 2 HGB bestimmten Zeitpunkt, sofern auch der Nacherbe nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB haftet 167 • Unter diesen Voraussetzungen ist § 26 HGB hier analog anwendbar. b) Haftung des Nacherben nach§ 27 HGB

aa) Haftung für Erblassergechäftsschulden Entscheidet sich der Nacherbe zur Fortführung des Unternehmens unter Beibehaltung der bisherigen Firma 168, so trifft auch ihn die unbeschränkte Haftung nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB im Hinblick auf diejenigen Schulden, die noch der Erblasser im Geschäftsbetrieb begründet hat. Insoweit handelt es sich nämlich ohne Zweifel um frühere Geschäftsverbindlichkeiten 169• Freilich kommt es in der Praxis eher selten vor, daß im Zeitpunkt der Geschäftsübernahme durch den Nacherben noch Schulden bestehen, die vom Erblasser herrühren. Dies vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, daß nach dem gesetzlichen Leitbild der Nacherbfall erst mit dem Tod des Vorerben eintritt, § 2106 Abs. 1, so daß zwischen Vor- und Nacherbfall häufig ein längerer Zeitraum liegt. Auch der Umstand, daß das Unternehmen zwischenzeitlich vom Vorerben geleitet wurde, steht der Haftung des Nacherben nicht entgegen. Der Nacherbe ist Erbe Vgl. FN 161. Hierzu ausführlich gleich unter F I 3 b). 166 Düringer I Hachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 6 a. E. 167 Im Ergebnis ebenso Großkomm-Hüffer § 27 Rz 18; Keil, S. 41; Nelson, S. 64. 168 Auf die Frage, ob dies die Erblasserfirma sein muß oder auch die des Vorerben sein kann, wird noch näher einzugehen sein, vgl. unten F I 3 b cc) (3). 169 Hierzu schon oben E II 2 a. 164 165

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des Erblasser 170, erfüllt mithin diese wesentliche tatbestandliehe Voraussetzung des § 27 Abs. 1 HGB.

bb) Haftung für Vorerbengeschäftsschulden Wie bereits an anderer Stelle 171 erwähnt, haftet der Nacherbe nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB nicht nur für die vom Erblasser, sondern auch für die vom Vorerben begründeten Geschäftsschulden 172• Dafür spricht zunächst der Wortlaut des § 27 Abs. 1 HGB, dem nicht zu entnehmen ist, daß mit früheren Geschäftsverbindlichkeiten nur solche des Erblassers gemeint sind. Er ist vielmehr offen für eine Interpretation in der Richtung, daß sämtliche vor der Geschäftsführung durch den Nacherben begründete Schulden erlaßt sein sollen. Darüber hinaus muß man sich stets vergegenwärtigen, daß der Nacherbe das Unternehmen zwar nicht als rechtliche, aber doch als wirtschaftliche Einheit von Aktiva und Passiva erwirbt. Gleichzeitig ist zu beachten, daß der Nacherbe bei Fortführung desselben unter bisheriger Firma nach außen eine Kontinuität bewirkt, der es widerspräche, wenn eine Haftung seinerseits nur für die Erblassergeschäftsschulden, nicht aber für die in der Zwischenzeit 173 entstandenen Verbindlichkeiten vorläge 174• Eine Haftung des Nacherben für die vom Vorerben begründeten Geschäftsschulden steht schließlich auch in vollem Einklang mit der hier entwickeltenratiodes § 27 HGB 175 • Es wäre mit dem Gleichbehandlungsgedanken unvereinbar, dem Nacherben, der sich zur Fortführung des ererbten Handelsgeschäfts entschlossen hat und dem sich damit entsprechende Chancen und Verdienstmöglichkeiten bieten, besser zu stellen als denjenigen, der das Unternehmen einem rechtsgeschäftliehen Erwerber desselben wieder abkauft. Rechtsprechung 176 und die gesamte Literatur 177 betonen darüber hinaus, daß es für eine Haftung des Nacherben aus §§ 27 Abs. l, 25 Abs. l S. 1 HGB nicht 110 Vgl. BGHZ 3, 254 (255); 37,319 (326); Jauemig I Stümer § 2100 Anrn. 1; Lange/ Kuchinke § 26 I 2 a S. 316; Leipold Rz 491; Schlüter § 41 I S. 306. 171 Vgl. oben E II 1 c und E II 2 b aa). 112 Im Ergebnis ebenso BGHZ 32, 60 (64, 66); Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anrn. 1 D; Bohnenberg § 27 Anrn. I; Glanegger I Niedner I Ren.kl I Ruß § 27 Anrn. 3; Großkomm-Hüffer § 27 Rz 17; Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anrn. 4 a. E.; Heymann I Kötter § 27 Anm. 1; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 60; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckhan § 27 Rz 6; K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 IV 2 c S. 239. 173 Gemeint ist die Zeit zwischen Vor- und NacherbfalL 174 Auf den Aspekt der Kontinuität hat insbesondere der Bundesgerichtshof hingewiesen, vgl. BGHZ 32, 60 (64). 11s Hierzu oben C II 6 h. 176 BGHZ 32, 60 (66 f.). m Bandasch I Nickel § 27 Rz 10; Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 1 D; Bohnenberg § 27 Anm. I a. E.; Erman I Hense § 2144 Rz 2; Großkomm-Hüffer § 27 Rz 17; Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 12; Hopt I Mössle Rz 299; Mattem BWNotZ 1960, 166 (172); MünchKomm-Grunsky § 2144 Rz 3; RGRK-Johannsen § 2130 Rz 6; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckhan § 27 Rz 6; Staudinger I Behrends § 2144 Rz 19.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

darauf ankomme, ob der Vorerbe die Geschäftsverbindlichkeiten in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses begründet hat. Als maßgeblich gilt hierbei die Überlegung, daß das Merkmal der ordnungsgemäßen Verwaltung dem Zivilrecht eigentümlich sei, nicht aber den Erfordernissen des Handelsverkehrs gerecht werde. Der herrschenden Meinung ist insoweit zuzustimmen, als eine Haftung des Nacherben nach§ 27 HGB nicht davon abhängen kann, ob der Vorerbe in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses die Geschäftsschulden begründet hat. Die damit verbundene Annahme, bei der erbrechtliehen Haftung für Geschäftsverbindlichkeiten komme es auf das Kriterium der Ordnungsmäßigkeit an, ist jedoch für das Haftungsverhältnis den Geschäftsgläubigem gegenüber, also im Außenverhältnis 178, unzutreffend, wie bereits ausführlich dargelegt wurde 179 •

cc) Probleme des Haftungstatbestandes ( 1) Nachlaßzugehörigkeit des Handelsgeschäfts Aus der Tatsache, daß eine Haftung des Nacherben gern. §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB für Erblasser- und Vorerbengeschäftsschulden grundsätzlich zu bejahen ist, kann nicht gefolgert werden, daß die Voraussetzungen dieser Haftung stets ohne weiteres gegeben sind. So hat schon der Bundesgerichtshofl 80 betont, daß § 27 HGB zu Lasten des Nacherben nur dann eingreift, wenn das Handelsgeschäft im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Nacherbenrechts noch zur (Nach)Erbmasse gehört 181 • Dieser Einschränkung ist vorbehaltlos zuzustimmen, weil der Nacherbe andernfalls nicht als Erbe i. S. d. § 27 Abs. 1 HGB, der allein die Vererbung eines Handelsgeschäfts zum Gegenstand hat, angesehen werden kann. Es erhebt sich jetzt nur die Frage, in welchen Fällen ein Ausscheiden des Unternehmens aus der Erbmasse vorliegt. Abgelehnt wurde bereits die Möglichkeit, daß das Handelsgeschäft als solches im Wege der Fortführung durch den Vorerben nach einer bestimmten Zeit ausscheidet. Ein solches Ausscheiden ist unvereinbar mit der treuhänderähnlichen Stellung des Vorerben für den Nacherben und würde häufig auch dem erklärten Willen des Erblassers entgegenlaufen 182 • Dagegen gehört das Unternehmen sicherlich dann nicht mehr zur Erbmasse, wenn der Vorerbe es wirksam 183 veräußert hat. Fällt auch der Gegenwert aus dem Verkauf im Wege der Surrogation in den Nachlaß,§ 2111, so scheitert eine 178 Im lnnenverhältnis, also gegenüber dem Nacherben, ist der nicht befreite Vorerbe zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses auch bezüglich der Fortführung eines Handelsgeschäfts verpflichtet. Hierzu oben F I 2 b aa). 179 Ausführlich zu dieser Problematik oben F I 2 a bb) (2). 180

BGHZ 32, 60 (61 f., 66).

So auch Mattem BWNotZ 1960, 166 (170). Zu dieser Frage ausführlich oben F I 2 a aa) (1) (b) (bb). 183 Zum Problem der wirksamen Veräußerung des Handelsgeschäfts durch den Vorerben vgl. oben F I 2 b bb). 181

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I. Die Fortführung durch Vorerben und Nacherben

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Haftung des Nacherben aus§ 27 HGB schon daran, daß er selbst das Unternehmen niemals geführt hat. Denkbar ist weiterhin, daß der Erblasser dem Vorerben das Handelsgeschäft durch ein Vorausvermächtnis, § 2150, zuwendet, und es sich aus diesem Grunde im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Nacherbenrechts nicht mehr im Nachlaß befindet, § 2110 Abs. 2 184• In diesem Fall trifft die Haftung nach§ 27 HGB nicht den Nacherben, sondern die Erben des Vorerben 185 • (2) Einstellungsfrist nach § 27 Abs. 2 HGB In der Literatur wird vereinzelt 186 in Abrede gestellt, daß dem Nacherben, der das Handelsgeschäft unter Beibehaltung der bisherigen Firma zunächst fortführt, die Einstellungsfrist des § 27 Abs. 2 HGB zusteht. Dies ergebe sich daraus, daß sich die Wirkungen der Fortführung des Unternehmens durch den Vorerben vollständig auf den Nacherben erstreckten. Lediglich im Rahmen der Ausschlagungsfrist des § 1944 könnte sich der Nacherbe entscheiden, ob er fortführen will oder nicht. Diese Auffassung kann aus zwei Gründen keinen Beifall finden. Zunächst geht sie von der unzutreffenden Prämisse aus, daß die Wirkungen der Geschäftsfortführung durch den Vorerben sich vollständig auf den Nacherben erstrecken. Eine solche Erstreckung ist jedoch keineswegs in allen Fällen gegeben. Sie ist vielmehr dann begrenzt, wenn der Nacherbe den Geschäftsbetrieb einstellt und seine Haftung nach erbrechtliehen Grundsätzen 187 auf den Nachlaß beschränkt. Die Wirkungen der Geschäftsfortführung durch den Vorerben treffen ihn nur dann vollständig, falls er in seiner Person sämtliche Voraussetzungen des § 27 HGB erfüllt. Wie bereits mehrfach ausgeführt 188, gehört zu diesen auch die Fortführung des Unternehmens unter Beibehaltung der Firma über die in § 27 Abs. 2 HGB genannte Frist hinaus. Da auch der Nacherbe Erbe des Erblassers ist, gibt es keinen Grund, ihn anders zu stellen als den Vorerben oder den endgültigen Alleinerben. Für ihn besteht ebenfalls die Schwierigkeit, sich einen Überblick über die Lage des Unternehmens zu verschaffen und im Anschluß daran die wichtige Entscheidung über die Fortführung zu treffen. Eine Verkürzung dieser Überlegungsfrist 189 auf die Ausschlagungsfrist würde für ihn eine ungerechtfertigte Schlechterstellung bedeuten. Darüber hinaus spricht gegen die hier angegriffene Auffassung, daß eine Ersetzung der handelsrechtliehen Frist durch die erbrechtliche Ausschlagungsfrist die Selbständigkeit der Haftung aus § 27 184 Vgl. BGHZ 32, 60 (61 f.), wo diese Möglichkeit diskutiert, im konkreten Fall aber verneint wurde. 185 Jauernig 1Stürner § 2110 Anm. 1. 186 Staudinger I Seybold 11. Aufl. § 2145 Rz 5. 187 Zum System der erbrechtliehen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten vgl. oben B IV. 188 Vgl. oben C I 1 c und C I 3 a. 189 Zum Charakter der Einstellungsfrist als Überlegungsfrist vgl. oben C I 3 a.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

HGB gegenüber dem erbrechtliehen Haftungssystem mißachtet. Gerade § 27 Abs. 2 S. 3 HGB beweist, daß wohl eine Verlängerung 190 der Einstellungsfrist, keinesfalls aber deren Verkürzung zulässig ist. Folglich kann auch der Nacherbe unter Ausschöpfung der Frist des § 27 Abs. 2 HGB seine Geschäftsführung einstellen. (3) Fortführung der Vorerbenfilll)a In der Literatur wird es, soweit diese sich überhaupt damit befaßt 191 , als selbstverständlich angesehen, daß der Nacherbe nur dann nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB haftet, wenn er das Handelsgeschäft unter der vom Vorerben benutzten Firma weiterführt, gleich ob diese mit der Erblasserfmna identisch ist oder nicht. Dagegen könnte man immerhin einwenden, daß der Nacherbe doch Rechtsnachfolger nur des Erblassers und nicht des Vorerben ist 192, ihm also das Handelsgeschäftkraft Erbrechts vom Erblasser, nicht aber kraft Rechtsgeschäft oder Erbrecht vom Vorerben zugewandt wird. Ein solcher Einwand ist aber mit dem Wortlaut der §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB sowie fmnenrechtlichen Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen. Zwar erklärt § 27 Abs. 1 HGB den § 25 HGB nur für "entsprechend" anwendbar, also unter Berücksichtigung der Besonderheiten, die gerade eine Vererbung eines Handelsgeschäfts mit sich bringt 193 • Sofern jedoch in § 25 Abs. 1 S. 1 HGB von der Fortführung unter "bisheriger Firma" die Rede ist, kann damit im Nacherbfall nur diejenige gemeint sein, unter der der Vorerbe den vom Erblasser herrührenden Geschäftsbetrieb bis zum Eintritt des Nacherbfalls fortgeführt hat. "Bisherige Firma" im Sinne des § 25 Abs. 1 S. 1 HGB ist nämlich nur diejenige, mit der das Unternehmen bis zu seiner Übernahme durch einen neuen Inhaber im Handelsverkehr identifiziert wurde. Neuer Inhaber wird hier der Nacherbe. Daß ihm das Handelsgeschäft dabei nicht von seinem zeitlich urunittelbaren Vorgänger, sondern vom Erblasser zugewendet wird, beruht auf den Besonderheiten der Vor- und Nacherbschaft Davon unberührt bleibt aber die für die unbeschränkte Haftung nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB entscheidende Frage, ob der Nacherbe die vom Handelsverkehr vorgenommene Identifikation aufrecht erhält. Letzteres bewirkt er aber ausschließlich dadurch, daß er die vom Vorerben verwendete Firma beibehält 194• 190 Diese kann eintreten, wenn die Ausschlagungsfrist ausnahmsweise auch drei Monate nach Kenntniserlangung von dem Erbfall noch nicht abgelaufen ist. 191 Mattem BWNotZ 1960, 166 (172); Soergel/Harder § 2112 Rz 9; § 2144 Rz 2; Rohlff, S. 74. 192 Palandt I Edenhofer § 2139 Anm. 2. 193 So ist eine "Vereinbarung" i. S. d. § 25 Abs. 2 HGB zwischen Erblasser und Erben nicht möglich, was aber eine "entsprechende" Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB im Rahmen des § 27 Abs. I HGB nicht hindert. Vgl. zu diesem Problem oben CI 3 b. 194 Man mag die Bedeutung der Firma für die Kontinuität des Unternehmens und die damit verbundene Haftung mit K. Schmidt ZHR 145 (1981), 2 (18); Handelsrecht§ 8 IV 2 b S. 237 f.; für rechtspolitisch verfehlt halten. Sie allein entspricht aber dem geltenden Recht. Vgl. oben C II 6 a bb ) (1).

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

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Hiervon abgesehen wäre für den Fall, daß der Vorerbe nicht die Erblasserfirma weiterbenutzt hat, ein Rückgriff des Erben auf die Erblasserfirma wegen eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 HGB auch unzulässig. Will der Nacherbe anders als der Vorerbe firmieren, muß er die Firma aus seinem Familiennamen und mindestens einem seiner Vomamen bilden.

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben 1. BegritT und Rechtsstellung des vorläufigen Erben a) Der zur Ausschiagong berechtigte Erbe

aa) Vorläufiger Erbe, Erbschaftsannahme und -ausschlagung Der Begriff des vorläufigen Erben hat, obwohl im Gesetz nicht erwähnt, einen festen Platz in Rechtsprechung 195 und Literatur 196• Gemeint ist mit ihm derjenige Erbe, dem die Erbschaft zwar angefallen ist, der aber noch das Recht zur Ausschiagong derselben hat, § 1942 Abs. 1 197• Das Gesetz verwirklicht damit das Anfallsprinzip, um eine subjektlose, ruhende Erbschaft (hereditas iacens) zu vermeiden 198 • Gleichzeitig soll aber auch durch die Gewährung der Ausschlagungsfrist, § 1944, der Notwendigkeit einer Überlegungszeit für den Erben Rechnung getragen werden, in der dieser sich insbesondere über eine mögliche Nachlaßüberschuldung einen ersten Eindruck verschaffen kann 199. Vorstehende Definition macht deutlich, daß auch derjenige, der die Erbschaft später annimmt, zunächst vorläufiger Erbe ist, weil er bis zur Annahme zu fristgerechter Ausschlagung, § 1944, berechtigt bleibt. Mit der Annahme wird er aber zum endgültigen Erben. Sie kann erfolgen durch ausdrückliche Annahmeerklärung, durch schlüssige Betätigung des Annahmewillens (pro berede gestio) und sogar durch schlichtes Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist, welBGH LM § 61 VVG Nr. 2; BGHZ 32, 60 (66). Brox, Erbrecht, Rz 306; Erman I Schlüter § 1943 Rz 3; Jauemig I Stümer § 1942 Anrn. 3; Kipp I Coing § 86 I 2 S. 493; Lange I Kuchinke § 8 I 4 S. 111; Leipold Rz 447, 457; Lüke JuS 1978, 254; Mansfeld I Moselle JuS 1979, 426; MünchKomm-Leipold § 1953 Rz5; PalandtiEdenhofer § 1942 Anm. 4; Reiche! FS Thon, S. 103 (108); RGRKJohannsen § 1959 Rz 2 f.; Schlüter, § 30 li 2 S. 202, § 31 I S. 217; Soergel 1Stein § 1958 Rz 2; Staudinger I Otte I Marotzke § 1942 Rz 12. 197 KippiCoing § 86 I 2 S. 493; LangeiKuchinke § 8 I 4 S. 111; Leipold Rz 457; Schlüter § 31 I S. 217. 198 Dieses Anfallsprinzip gab es schon im ältesten römischen Recht bei den hausangehörigen Erben (heredes sui et necessarii), währenddem die sonstigen zivilrechtliehen Erben (heredes extranei) die Erbschaft antreten mußten. Auch das alte germanische Recht und das preußische ALR gingen vom Vonselbsterwerb aus. Dem ALR ist das BGB in vielen Einzelregelungen gefolgt. Vgl. hierzu Kipp I Coing § 86 I 1; Lange I Kuchinke § 8 I 2; Friederichs, S. 3 ff. 199 Kipp I Coing § 86 I. 195

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

ches das Gesetz als Annahme fingiert, § 1943 a. E. 200• Bereitet die ausdrücklich erklärte Annahme gegenüber Nachlaßgläubigern und der Ablauf der Ausschlagungsfrist keine besonderen Probleme, stellt sich beispielsweise bei Nachlaßzugehörigkeit eines Handelsgeschäfts die Frage, ob die Fortführung desselben durch den vorläufigen Erben als konkludente Annahme (pro berede gestio) zu bewerten ist. Wie schon an anderer Stelle ausgeführt 201 , wird man dies bei reinen Fürsorgehandlungen des Gesamtrechtsnachfolgers, die sich als Maßnahmen laufender Verwaltung darstellen, verneinen müssen 202 • Auch§ 27 Abs. 2 S. 3 HGB spricht dafür, in der Fortführung allein regelmäßig noch keine Annahme zu sehen. Dagegen wird sie dort vorliegen, wo der vorläufige Erbe langfristige, über die laufende Verwaltung hinausgehende Investitionen tätigt. Auch bei der Weiterführung des Betriebes unter neuer Firma liegt der Schluß auf einen Annahmewillen nahe, ist er zumindest- wenn auch widerlegbar- indiziert 203 • Schlägt der vorläufige Erbe dagegen fristgerecht aus, macht er von einem höchstpersönlichen, unübertragbaren, wenn auch vererblichen, § 1952, Gestaltungsrecht Gebrauch 204• Die Ausschlagung muß der vorläufige Erbe frist- und formgerecht gegenüber dem Nachlaßgericht erklären, § 1945. Der Anfall der Erbschaft an den Ausschlagenden gilt damit als nicht erfolgt, § 1953 Abs. 1. Da das BGB dem Anfallsprinzip folgt, § 1942, und die Erbschaft nicht herrenlos sein darf, fällt mit der Ausschlagung die Erbschaft rückwirkend demjenigen an, der zum Zeitpunkt des Erbfalls geerbt hätte, wenn der Ausschlagende nicht mehr gelebt hätte, § 1953 Abs. 2. Dabei ist zu beachten, daß für diesen Nächstberufenen wiederum eine Ausschlagungsfrist zu laufen beginnt, er also ebenfalls zunächst vorläufiger Erbe ist. Der Zeitpunkt, ab dem ein endgültiger Erbe als Träger des 200 Brox, Erbrecht, Rz 301; JauemigiStümer § 1943 Anm. 2; KippiCoing § 87 III 2 S. 499; Lange I Kuchinke § 8 II 2 S. 113; Leipold Rz 450; Palandt I Edenhofer § 1943 Anm. 2, 4; Schlüter § 30 II 3 S. 202 ff.; Soergel I Stein § 1943 Rz 3 f., 8. 201 Vgl. oben C I 3 c aa). 202 RG DJZ 1909, 1329; MünchKomm-Leipold § 1943 Rz 5; SoergeliStein, § 1943 Rz 4; Staudinger I Otte I Marotzke § 1943 Rz 6. 203 In dieser Richtung Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 14; Ritter § 27 Anm. 6; Staub I Bondi § 27 Anm. 6; die hierin allerdings regelmäßig eine Annahmehandlung erblicken. Gegen diese Regelmäßigkeit aber Brand § 27 Anm. 2 B; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 7; S. Goldmann FS Wilke S. 117 (131 f.); GroßkommHüffer § 27 Rz 25; Lebmann I Ring § 27 Rz 3. Richtig ist, daß nicht vom Gebrauch einer neuen Firma unbesehen auf den Annahmewillen des vorläufigen Erben geschlossen werden darf. Denn schließlich kann der Erblasser den Gebrauch seiner Firma testamentarisch untersagt haben ( insoweit zutreffend Schulteß, S. 18 f.), so daß dem vorläufigen Erben selbst Fürsorgemaßnahmen nur unter neuer Firma möglich sind. Dies hindert aber nicht daran, das Auftreten unter neuer Firma zumindest als - widerlegbares - Indiz für den Annahmewillen zu bewerten, weil der Erbe seine Person dadurch für den Verkehr sichtbar mit dem Handelsgeschäft in Verbindung bringt. Hieran hat er doch primär dann Interesse, wenn er es auch endgültig fortsetzen will. Da eine Teilannahme nicht möglich ist, liegt in dem so zum Ausdruck gebrachten Fortführungswillen ein nicht unerhebliches Indiz für die Erbschaftsannahme. 204 Erman I Schlüter § 1945 Rz 1; MünchKomm-Leipold § 1945 Rz 2; Schlüter § 30 III 2 S. 206.

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

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Nachlasses feststeht, kann sich auf diese Weise . unvorhergesehen hinausschieben 205 • bb) Rechtsstellung des vorläufigen Erben (1) Wirklicher Erbe

Daß schon der vorläufige Erbe wirklich als Erbe anzusehen ist, kann als fast einhellige Auffassung der Literatur bezeichnet werden 206• Soweit von Lübtow 207 dessen Erbenstellung in Zweifel zieht und ihm allenfalls die Rechtsstellung eines Erbschaftsverwalters zubilligt, steht dies im Widerspruch zu dem in § § 1922 Abs. 1, 1942 Abs. 1 zum Ausdruck gebrachten Grundsatz des Vonselbsterwerbs 208• Der vorläufige Erbe wird dadurch nicht schlechter gestellt, erhält er doch zugleich das Ausschlagungsrecht. Die Zubilligung einer Erbenstellung für den Ausschlagungsberechtigten muß dabei nicht bedeuten, daß deren Wirkungen vollständig und sofort eintreten, wie von Lübtow meint 209• Die Notwendigkeit einer Überlegungsfrist (in Form der Ausschlagungsfrist) gebietet es vielmehr, soll sie wirkungsvoll sein, den vorläufigen Erben trotz seiner Erbenstellung von einer zwangsweise durchsetzbaren Verpflichtung zur Tilgung der Nachlaßverbindlichkeiten freizuhalten. Der Gesetzgeber hat deshalb zur Sicherstellung einer ungestörten Entscheidung über die Annahme der angefallenen Erbschaft den vorläufigen Erben mit einem besonderen Schutz versehen 210• (2) Schutz des vorläufigen Erben Das Ziel, den vorläufigen Erben, aber auch den Nachlaß vor Gläubigerzugriffen zu schützen, wird zunächst dadurch verwirklicht, daß eine gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen der Nachlaßgläubiger gegen den vorläufigen Erben durch § 1958 ausgeschlossen ist. Auch wenn der Erbe selbst es wollte, kann er keine Passivprozesse führen; denn § 1958 will zugleich vermeiden, daß die Gerichte mit Prozessen beschäftigt werden, die gegenüber dem endgültigen Erben möglicherweise- nämlich im Fall der Ausschiagong- nicht wirken 211 • Gericht205 Auf diesen Aspekt wird bei der Fortführung eines Handelsgeschäfts noch zurückzukommen sein, Vgl. F II 3 b cc ). 206 Brox, Erbrecht, Rz 306; Kipp I Coing § 86 I 2 S. 493; Lange I Kuchinke § 8 I 4 S. 111; Leipold Rz 457; Schlüter § 31 I S. 217 f.; H. Stegemann, S. 123; Friederichs, S. 20; Seeghitz, S. 24. 201 v. Lübtow, S. 746. 208 Um Mißverständnissen über die Erbenstellung des Ausschlagungsberechtigten vorzubeugen, plädiert Bauer, S. 12 f., dafür, den Ausdruck "vorläufiger Erbe" zu vermeiden. Einen vorläufigen Erben könne es letztlich nicht geben. Denn durch die Ausschlagung kann zwar der kraft Gesetzes Erbe Gewordene aufhören, Erbe zu sein, § 1953 Abs. 1. Er sei aber von Anfang an echter Erbe gewesen. 209 v. Lübtow, S. 746. 210 Vgl. Schlüter § 31 II S. 218 und die nachfolgenden Ausführungen.

13 Friedrich

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

liehe Titel sind gegen den vorläufigen Erben somit nicht zu erlangen 212 • Auch besteht für ihn keine Pflicht, einen Rechtsstreit des Erblassers fortzusetzen, § 239 Abs. 5 ZPO. Weiter ergibt sich aus § 778 Abs. 2 ZPO, daß Eigengläubiger des vorläufigen Erben nur in sein Eigenvermögen vollstrecken können. Hieran wird deutlich, daß mit dem Anfall der Erbschaft diese nicht sogleich mit dem Eigenvermögen des Erben verschmilzt, sondern sie ihm nur als Sondervermögen vorläufig zugeordnet ist 213 • Auf dieses Sondervermögen können selbst Nachlaßgläubiger nur in zwei Fällen vor Annahme der Erbschaft zugreifen. Einmal, wenn eine Vollstreckung wegen einer Nachlaßschuld bereits gegen den Erblasser begonnen worden ist, §§ 778 Abs. 1, 779 Abs. 1 ZP0 214 • Ist letzteres hingegen nicht der Fall, bleibt den Nachlaßgläubigem nur ein Antrag auf Bestellung eines Nachlaßpflegers,§ 1961, gegen den sie Klage erheben können,§ 1960 Abs. 3. Aus dem so erworbenen Titel ist dann eine Vollstreckung in den Nachlaß möglich 215 • (3) Berechtigung zur Verwaltung des Nachlasses Der vorläufige Erbe ist zur Verwaltung und Erhaltung des Nachlasses nicht verpflichtet 216, wohl aber berechtigt 217 • Diese Befugnis zur Nachlaßfürsorge ist als solche im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, wurde aber vom Gesetzgeber als selbstverständlich angenommen 218 • Ihre Nichterwähnung gründet darin, daß dem Mißverständnis vorgebeugt werden sollte, in Verwaltungshandlungen des vorläufigen Erben könne niemals eine stillschweigende Annahmeerklärung liegen 219 • Nur zur Besorgung erbschaftlieber Geschäfte 220, die unterhalb der Schwel211 MünchKomm-Leipo1d § 1958 Rz 1; Schlüter § 31 II 1 S. 218; Staudinger I Otte I Marotzke § 1958 Rz 3 a. E. - A.A. Brox, Erbrecht, Rz 306. 212 Schlüter § 31 II 3 S. 218. 213 Vgl. Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 20; MünchKomm-Leipold § 1942 Rz 14; Schlüter § 31 I S. 217 f.; Soergel I Stein§ 1942 Rz 7. 214 Baumbach I Lauterbach I Albers I Hartmann, ZPO, § 778 Anm. 2; § 779 Anm. 1; Brox, Erbrecht, Rz 306; Schlüter § 31 II 6 S. 219. 21s Die Erwirkung eines Titels ist ebenso möglich, wenn ein Testamentsvollstrecker oder ein Nachlaßverwalter bestellt ist, §§ 2213 Abs. 2, 1984 Abs. 1 S. 3. Vgl. zum Ganzen Baumbach I Lauterbach I A1bers I Hartmann, ZPO, § 778 Anm. 2 a; Schlüter § 31 li 9 s. 219. 216 Dies ergibt sich aus den Motiven V, 537 und der gesetzlichen Regelung in§ 1959 Abs. 1, die im Verhältnis vom vorläufigen zum endgültigen Erben nur von einer Geschäftsführung ohne Auftrag spricht. Hätte der Gesetzgeber eine Verpflichtung zur Verwaltung des Nachlasses begründen wollen, hätte er eine dem § 1978 Abs. 1 S. 1 entsprechende Regelung geschaffen, in der der Erbe als Beauftragter behandelt wird. Auch § 1978 Abs. 1 S. 2 unterstützt diese Ansicht.Vgl. zum Ganzen auch Friederichs, s. 23 f. 211 Erman I Schlüter § 1959 Rz 1; MünchKomm-Leipold § 1959 Rz 1; PalandtiEdenhofer § 1959 Anm. 1; Schlüter § 31 V 1 S. 221; SoergeliStein § 1959 Rz 1. 21s Motive V, 536. 219 Motive V, 536. Vgl. auch Friederichs, S. 22. 22o Der Begriff des erbschaftliehen Geschäfts stellt eine funktionale Begrenzung des weiten Geschäftsbegriffs in §§ 662, 677 dar. Es fallen darunter alle tatsächlichen und

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

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le konkludenter Annahme liegen, ist er als vorläufiger Erbe befugt 221 , vgl. § 1959 Abs. I. Gehen diese Geschäfte darüber hinaus, wird er endgültiger Erbe. Schlägt er dagegen die Erbschaft fristgerecht aus, bestimmt§ 1959, daß trotz des rückwirkenden Verlustes der Rechtsträgerschaft bezüglich des Nachlasses, § I953 Abs. 1, der Ausschlagende nicht in jeder Beziehung wie ein Nichtberechtigter behandelt wird. So finden auf das Rechtsverhältnis zum endgültigen Erben die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechende 222 Anwendung, §§ 1959 Abs. 1, 677, 683. Der vorläufige Erbe muß also die erbschaftliehen Geschäfte so führen, wie dies ein verständiger Erbe mit Rücksicht auf die Art des Nachlasses tun würde 223 • Darüber hinaus ist er dem endgültigen Erben zur Rechnungslegung, zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten sowie zur Verzinsung verpflichtet,§§ 1959 Abs. I , 68I S. I, 666-668. Andererseits hat er einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §§ I959 Abs. I, 683 S. 1, 670 gegen den endgültigen Erben, sofern seine Geschäftsführung objektiv interessengerecht war, also dem Interesse eines einsichtigen, redlichen endgültigen Erben entsprach 224 • War beispielsweise für den Weiterbetrieb des Handelsgeschäfts die Reparatur einer Maschine notwendig, muß der endgültige Erbe dem vorläufigen die hieraus entstandenen Aufwendungen ersetzen. Diese Verbindlichkeit aus §§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670 stellt für den endgültigen Erben eine Nachlaßverbindlichkeit im Sinne des § 1967 Abs. 2 dar 225, im Konkursfall eine Masseschuld nach § 224 Nr. 6 KO. Auf die in diesem Zusammenhang relevante Frage, ob der vorläufige Erbe den Nachlaß zu verpflichten berechtigt ist mit der Folge, daß den Gläubigern ein Direktanspruch gegen den Nachlaß zuzubilligen ist, wird noch ausführlich zurückzukommen sein 226 • Aber nicht nur gegenüber dem endgültigen Erben, sondern auch gegenüber Dritten wird der Ausschlagende nicht in jedem Fall als Nichtberechtigter behandelt. So bleiben gemäߧ 1959 Abs. 2 dringliche Verfügungen über Nachlaßgegenstände wirksam, wobei sich die Dringliekeil nach objektiven und wirtschaftlirechtsgeschäftliehen Handlungen, die Bezug auf den Nachlaß oder den Tod des Erblassers haben. Als Beispiele sind zu nennen der Abschluß aller Verträge zur Durchführung der Beerdigung oder zur Verwaltung und Erhaltung von Nachlaßgegenständen. Vgl. insoweit Soergel I Stein § 1959 Rz 3. 221 Erman I Schlüter § 1959 Rz 2; RGRK-Johannsen § 1959 Rz 1. 222 Es ist nur eine entsprechende Anwendung möglich, weil der vorläufige Erbe in aller Regel nicht den Willen hat, ein fremdes Geschäft zu führen, wenn er für den Nachlaß tätig wird. 223 OLG Celle MDR 1970, 1012; MünchKomm-Leipold § 1959 Rz 4; Staudinger I OtteiMarotzke § 1959 Rz 5. 224 MünchKomm-Leipold § 1959 Rz 4; Soergel I Stein § 1959 Rz 5. Ähnlich Staudinger I Otte I Marotzke § 1959 Rz 5. 22s Erman I Schlüter § 1959 Rz 5; Palandt I Edenhofer § 1959 Anm. 2; RGRK-Johannsen § 1959 Rz 5; Schlüter § 31 V 26 S. 222; Staudinger I Lehrnano 11. Aufl. § 1959 Rz 7. Es handelt sich hierbei um eine Erbfallschuld, vgl. oben EI 2 mit FN 15. 226 Hierzu unten F II 2 a. 13*

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eben Kriterien, wie sie im Zeitpunkt der Vomahme der Verfügung vorlagen, bestimmt 227 • Es kann beispielsweise der Verkauf verderblicher Ware keinen zeitlichen Aufschub dulden. Schließlich bleiben auch einseitige Rechtsgeschäfte gegenüber dem vorläufigen Erben gemäß § 1959 Abs. 3 über den Zeitpunkt der Ausschlagung hinaus wirksam. Dem vorläufigen Erben gegenüber erfolgte Rücktritts-, Kündigungs- und Anfechtungserklärungen oder die Ausübung eines Vorkaufsrechts wirken demzufolge auch gegenüber dem endgültigen Erben. (4) Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten und Eigenschulden Dem Ziel, dem Erben nach dem Erbschaftsanfall eine Überlegungszeit zu gewähren, in der er sich möglichst unbehelligt über die Annahme oder Ausschlagung klar werden kann, entspricht es, daß gegen ihn als vorläufigen Erben Ansprüche gegen den Nachlaß gerichtlich 228 nicht geltend gemacht werden können,§ 1958. Er wird zwar mit dem Erbfall Schuldner der Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne des§ 1967 229 , zu deren sofortiger gerichtlich durchsetzbarer Befriedigung vor Annahme der Erbschaft ist er aber nicht verpflichtet. Eine solche Verpflichtung stünde auch im Widerspruch zu der Tatsache, daß sich der vorläufige Erbe um die Verwaltung und die Erhaltung des Nachlasses nicht kümmern muß 230 • Lediglich in zwei eng begrenzten Fällen 231 hat der vorläufige Erbe einen gerichtlich durchsetzbaren Zugriff der Nachlaßgläubiger zu dulden, und dies auch nur auf den Nachlaß selbst, nicht auf sein Eigenvermögen. Anders verhält es sich jedoch bezüglich der vom vorläufigen Erben nach dem Erbfall besorgten erbschaftliehen Geschäfte. Hat er Verträge zur Durchführung der standesgemäßen Beerdigung des Erblassers geschlossen oder Waren gekauft, die zum W eiterbetrieb eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts erforderlich sind, verpflichtet er sich in aller Regel 232 persönlich 233 • Begleicht er die daraus resultierenden Verbindlichkeiten, deretwegen die Gläubiger auch gerichtlich gegen den vorläufigen Erben vorgehen können 234 , nicht bereits vor Ausschlagung der Erbschaft, 227 MünchKomm-Leipold § 1959 Rz 6; Palandt/Edenhofer § 1959 Anm. 3; RGRKJohannsen § 1959 Rz 8. 228 Eine außergerichtliche Geltendmachung hindert § 1958 dagegen nicht. 229 Dies ist ein Ergebnis des Vonselbsterwerbs §§ 1922 Abs. 1, 1942 Abs. 1. 230 Vgl. hierzu oben F II 1 a bb) (3) mit FN 216. 231 Hierzu oben F II 1 a bb (2). 232 Auf die Fragen, inwiefern in dieser Verpflichtung eine Nachlaßerbenschuld zu sehen ist und ob von daher eine Beschränkung der Haftung des vorläufigen Erben auf den Nachlaß möglich erscheint, wird noch zurückzukommen sein. Vgl. unten F II 2 b bb). 233 Mißverständlich sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen Boehmers in Staudinger 11. Auflage § 1922 Rz 215 a. E., der behauptet, aus Tätigkeiten des vorläufigen Erben könnten immer nur reine Nachlaßverbindlichkeiten (im Gegensatz zu Nachlaßerbenschulden) entstehen. Richtig ist dies nur, wenn Boehmer damit zum Ausdruck bringen will, daß es sich um reine Nachlaßverbindlichkeiten des endgültigen Erben handelt, der von dem die Verbindlichkeit begründenden vorläufigen Erben personenverschieden ist.

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bleibt er diesen Gläubigem auch nach der Ausschlagung weiter verhaftet. Er hat dann jedoch gegen den endgültigen Erben einen Befreiungsanspruch aus §§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670, 257235. b) Der die Erbschaftsannahme anfechtende Erbe

Bisher wurde vom vorläufigen Erben nur als dem zur Ausschlagung Berechtigten gesprochen. Fraglich ist aber, ob auch derjenige Erbe als vorläufiger anzusehen ist, der seine Erbschaftsannahme anficht. Daß eine solche Anfechtung möglich ist, besagen§§ 1954-1957. Der Gesetzgeber hat hierbei darauf verzichtet, die Anfechtungsgründe - wie in §§ 2078, 2079 geschehen - gegenüber den allgemeinen Anfechtungsgründen aus§§ 119, 120, 123 zu erweitem 236 • Jedoch bestehen Besonderheiten insoweit, als auch die schlichte Versäumung der Ausschlagungsfrist angefochten werden kann, § 1956, die ja als solche nur kraft gesetzlicher Fiktion einer Annahme gleichgestellt wird 237 , § 1943 HS. 2, sowie im Hinblick auf die Rechtsfolgen der Anfechtung, die über die ex-tunc-Nichtigkeit der Annahme, § 1942 Abs. l, hinausgehen. § 1957 Abs. 1 bestimmt nämlich, daß die Anfechtung der Annahme als Ausschlagung der Erbschaft gilt, womit das Eintreten eines nochmaligen Schwebezustandes verhindert werden soll 238 • Die Literatur nimmt daher - soweit sie auf die hier gestellte Ausgangsfrage überhaupt eingeht 239 - an, daß sich auch das Rechtsverhältnis zwischen dem die Annahme der Erbschaft anfechtenden Erben und dem endgültigen Erben oder dem Dritten nach § 1959 regelt. Auch hier liegt also ein Unterfall vorläufiger Erbschaft vor 240 • Eine nähere Begründung dieser Auffassung wird nicht gegeben, wohl weil sie wegen § 1957 Abs. 1 selbstverständlich erscheint. Dabei wäre es doch im Hinblick auf eine möglicherweise sehr lange Zeit bis zur Anfechtung auch denkbar, den Anfechtenden als vermeintlichen Erben 241 zu behandeln und Vgl. MünchKomm-Leipold § I958 Rz 2. Erman I Schlüter § I959 Rz 5; RGRK-Johannsen § I959 Rz 7; Schlüter § 3I V 2 b, S. 222; Soergel I Stein § I959 Rz 7. 236 Anfechtbar ist danach die Annahme wegen eines Irrtums in der Erklärungshandlung, eines Irrtums über den Inhalt der Annahmeerklärung, eines Eigenschaftsirrtums, wegen falscher Übermittlung in den Fällen, in denen keine schlüssige Annahmeerklärung vorliegt, und wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung. Vgl. MünchKomm-Leipold § I954 Rz 4 ff., II ; Soergel I Stein § I954 Rz I ff. 237 Erman I Schlüter § I943 Rz I; MünchKomm-Leipold § I943 Rz 6; PalandtiEdenhofer § I943 Anm. 4; Pohl AcP 177 (1977), 52 (59 f.); RGRK-Johannsen § 1943 Rz 12; Soergel I Stein § 1943 Rz 8; Staudinger I Otte I Marotzke § I943 Rz II. 238 Erman I Schlüter § 1957 Rz I; Jauernig I Stümer § I957 Anm. I; Lange I Kuchinke § 8 VII 2 j S. I36; Soergel I Stein § 1957 Rz I. 239 MünchKomm-Leipold § 1959Rz 3; Soergel I Stein§ 1959Rz2; Staudinger lOttel Marotzke § I959 Rz 3. 240 In diesem Sinne vor allem Soergel I Stein § I959 Rz 2 und Staudinger I Otte I Marotzke § 1959 Rz 3. 241 Zu Begriff und Rechtsstellung des vermeintlichen Erben ausführlich unten F III l . 234 235

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die Regelungen der §§ 2018 ff. anzuwenden, wie dies im Fall der Anfechtung der Ausschlagung für das Rechtsverhältnis zwischen dem vermeintlich Nachgerucktell und dem Anfechtenden ganz überwiegend 242 vertreten wird. Eine solche Lösung widerspräche aber in der Tat dem Gesetz. Zum einen läßt § 1954 Abs. 4 die Anfechtung bis zum Ablauf von maximal 30 Jahren ausdrücklich zu, und zum andem sanktioniert § 1957 Abs. 1 Alt. 1 die damit verbundene faktische Verlängerung der Ausschlagungsfrist. Die heute vorgenommene Anfechtung gilt als heute vollzogene Ausschlagung, § 1957 Abs. 1, die allerdings mit Wirkung für die Vergangenheit ausgestattet ist,§ 1953 Abs. I. In Fällen der Ausschlagung greift jedoch § 1959 ein 243 . Auch eine noch differenziertere Lösung, die den die Annahme Anfechtenden bis zur Annahme- die durch Anfechtung zur Ausschiagong wird - als vorläufigen, danach jedoch nur als Erbschaftsbesitzer, §§ 2018 ff., behandeln würde, hätte als solche im Text des § 1957 Abs. 1 Alt. 1 zum Ausdruck kommen müssen. Folglich findet die in der Literatur vertretene Auffassung hier ihre Bestätigung: Auch der die Erbschaftsannahme anfechtende Erbe ist als vorläufiger anzusehen244. Freilich tritt bei dem anfechtenden Erben die Besonderheit hinzu, daß er demjenigen, der aufgrundseines Vertrauens auf die Erbenstellung des Anfechtenden einen Schaden erlitten hat, gemäߧ 122 Abs. 1 zum Ersatz verpflichtet ist 245 . Wenn diese Ersatzpflicht dahingehend kritisiert wird, sie dämme die Neigung zur Anfechtung ein246, so ist zwar die Feststellung dieser Wirkung zutreffend, die Kritik daran jedoch nicht durchschlagend, weil der Gesetzgeber den zur Anfechtung Befugten regelmäßig 247 vor die Wahl stellt, sich an seiner von ihm abgegebenen Willenserklärung festhalten zu lassen oder aber anzufechten und eventuell Ersatz zu leisten 248. Allerdings wird die Schadensersatzberechtigung 242 Ennan I Schlüter § 1957 Rz 2; MünchKomm-Leipold § 1957 Rz 2; Palandt I Edenhofer § 1957 Anm. 2; StaudingeriOtteiMarotzke § 1957 Rz 3. Abweichend Soergell Stein § 1957 Rz 2 und § 1959 Rz 14, der § 1959 analog anwenden möchte, soweit Nachlaßgläubiger und vermeintlicher Erbe dadurch günstiger gestellt werden. 243 Vgl. Soergel I Stein § 1959 Rz 2. 244 Dies steht auch nicht im Widerspruch zu der oben (F II 1 a aa) erarbeiteten Definition, daß der vorläufige Erbe der noch zur Ausschlagung Berechtigte ist. Durch das Recht der Anfechtung der Annahme wird dem Anfechtenden doch die Möglichkeit gegeben, die Wirkungen der Ausschlagung auch noch lange Zeit nach Ablauf der Frist des § 1944 herbeizuführen. 245 Brox, Erbrecht, Rz 304; EnnaniSchlüter § 1954 Rz 9; JauemigiStürner § 1954 Anm. 3; Palandt I Edenhofer § 1957 Anm. 2; Soergel I Stein § 1957 Rz 2; Staudinger I Otte I Marotzke § 1954 Rz 14. Zweifelnd und einschränkend Lange I Kuchinke § 8 VII 2 g S. 135 mit FN 170, 172; MünchKomm-Leipold § 1957 Rz 4. 246 So insbesondere Lange I Kuchinke § 8 VII 2 g S. 135; auch MünchKomm-Leipold § 1957 Rz 4. 247 Dort, wo der Gesetzgeber den Anfechtenden nicht vor die Wahl gestellt sehen will, hat er dies ausdrücklich angeordnet, wie z. B. in § 2078 Abs. 4. 248 Das Recht zur Anfechtung erscheint daher wesensmäßig mit einer eventuellen Schadensersatzpflicht verbunden. Vgl. Jauemig § 122 Anm. 1 a, § 119 Anm. 1c.

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bezüglich der Erbschaftsannahme auf solche Personen zu beschränken sein, die gerade mit dem Nachlaß in rechtlicher Beziehung stehen249.

c) Der für erbunwürdig erklärte Erbe

Wird die Erbunwürdigkeit eines Erben durch Anfechtung des Erbschaftserwerbs geltend gemacht, die ihrerseits der Erhebung der Anfechtungsklage bedarf, §§ 2340, 2342, so ordnet§ 2344 für den Fall eines entsprechenden rechtskräftigen Urteils Rechtswirkungen an, die mit denen des§ 1953 Abs. I und 2 übereinstimmen250. Denkbar wäre es deshalb, den Erbunwürdigen einem vorläufigen Erben gleichzustellen, was insbesondere die Anwendbarkeit des § 1959 zur Folge hätte251. Gleichwohl wird er mit Recht als vermeintlicher Erbe behandelt, der dem wahren Erben gegenüber als Erbschaftsbesitzer aus §§ 2018 ff. verpflichtet sein kann 252 • Der vorläufige Erbe hat nämlich die Erbschaft aufgrund eines ihm in Wirklichkeit zustehenden Erbrechts erlangt. Die Rückwirkung der Ausschlagung allein kann diesen Erwerb nicht zu einem Unberechtigten machen, weshalb auf diesen auch § 1959 Anwendung findet 253 . Zwar war auch der Erbunwürdige im Zeitpunkt des Erbschaftsanfalls ein zur Entgegennahme der Nachlaßgegenstände berechtigter Erbe. Die rückwirkende Zerstörung seiner Rechtsposition macht diesen Erwerb aber zu einem unrechtmäßigen, denn er hatte sich schon vor dem Erbfall als jedes Vertrauens unwürdig erwiesen 254 , wie ein Blick auf die Erbunwürdigkeilsgründe beweist. Folglich ist als vorläufiger Erbe nur der zur Ausschlagung berechtigte und der seine Annahme anfechtende Erbe anzuerkennen.

249 Zutreffend insoweit Lange I Kuchinke § 8 VII 2 g S. 135 FN 170, 172. Ähnlich MünchKomm-Leipold § 1957 Rz 4, der fordert, daß der Dritte in seinen rechtlichen Beziehungen durch die Anfechtung unmittelbar betroffen werde und der Schaden unmittelbar aus dieser Einwirkung auf die Rechtslage des Dritten resultiere. - Letzlieh stehen auch die übrigen in FN 245 genannten Autoren diesen Einschränkungen nicht völlig fern, wie die von ihnen verwendeten Fallbeispiele beweisen (vgl. insoweit besonders Erman I Schlüter § 1954 Rz 9; Soergel I Stein § 1957 Rz 2). 250 Der Anfall der Erbschaft gilt für den Erbunwürdigen als nicht erfolgt. Die Erbschaft gilt demjenigen als angefallen, der berufen wäre, wenn der Erbunwürdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt dabei als mit dem Eintritt des Erbfalls erfolgt. 251 Dies nimmt Katzenstein, S. 17, an, ohne allerdings seine Auffassung näher zu begründen. 252 Brox, Erbrecht, Rz 280 f.; Lange I Kuchinke § 42 II 2 S. 700; MünchKommJülicher § 2018Rz21; Palandtl Edenhofer § 2018 Anm. 2 a; Soergel IDieckmann § 2018 Rz 6; Staudinger I Gursky § 2018 Rz 11. Einschränkend Erman I Schlüter § 2018 Rz 2, die beim Erbunwürdigen§§ 2018 ff. nur dann eingreifen lassen wollen, wenn der Erbunwürdige die Wirksamkeit der Anfechtung bestreitet. Die daraus zu ziehende Konsequenz, in den übrigen Fällen§ 1959 Anwendung finden zu lassen, überzeugt aber aus den hier im Text genannten Gründen nicht. 253 Lange I Kuchinke § 42 II 2 S. 700 FN 36, MünchKomm-Leipold § 1959 Rz 2. 254 Vgl. Lange I Kuchinke § 42 II 2 S. 700 FN 36.

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2. Haftungslage nach bürgerlichem Recht a) Haftung des endgültigen Erben für vom vorläufigen Erben begründete Nachlaßverbindlichkeiten im allgemeinen Bereits mehrfach 255 wurde die Frage berührt, wie sich die Ausschlagung der Erbschaft oder die Anfechtung ihrer Annahme auf die vom vorläufigen Erben begründeten Verbindlichkeiten auswirken 256 • Nicht nur im Hinblick auf die Art der Verbindlichkeit, sondern auch bezüglich einer bürgerlich-rechtlichen Einstandspflicht des endgültigen Erben für diese Schulden ist die Rechtslage keineswegs eindeutig. Zwar beeindruckt die Zahl derer, die eine Haftung des endgültigen Erben im Außenverhältnis, also unmittelbar gegenüber den Gläubigern der vom vorläufigen Erben begründeten Verbindlichkeiten, verneinen 257 • Ungeprüft kann diese Auffassung jedoch schon deshalb nicht übernommen werden, weil in jüngerer Zeit wieder Stimmen laut geworden sind, die den Gläubigern einen Direktanspruch gegen den Nachlaß zubilligen wollen, der auch gegen den endgültigen Erben geltend gemacht werden könne 258 • Die umfassende Klärung dieser Frage ist erforderlich, um eine gesicherte Auskunft darüber geben zu können, wie sich die Haftung des endgültigen Erben nach bürgerlichem Recht für vom vorläufigen Erben während der Fortführung eines Handelsgeschäfts eingegangene Geschäftsverbindlichkeiten im einzelnen gestaltet 259 •

Vgl. oben E li 2 b aa) mit FN 140; F li 1 a bb) (4) mit FN 232. Wenn im folgenden vom vorläufigen Erben die Rede ist, steht derjenige im Zentrum der Untersuchung, der die Erbschaft ausschlägt. Soweit der vorläufige Erbe die Erbschaft schließlich annimmt, entstehen keine besonderen Probleme, weil er mit dem endgültigen Erben identisch ist und von daher bei Verpflichtungen und Verfügungen von Beginn an als Berechtigter gehandelt hat. Vgl. Brox, Erbrecht, Rz 307 a. E .. 257 Lediglich für einen Befreiungsanspruch des vorläufigen Erben gegenüber dem endgültigen Erben aus §§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670, 257 plädieren: Bartholomeyczik DGWR 1938, 321 (324); Binder, Rechtsstellung Bd. 1, S. 154 mit FN 23; Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 22; Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 13; Erman I Schlüter § 1959 Rz 5; S. Go1dmann, Handelsrecht, § 27 Anm. 4; MünchKommLeipold § 1959 Rz 1, 6; Neufeld I Schwarz § 27 Anm. 9; Pa1andt I Edenhofer § 1959 Anm. 3; RGRK-Johannsen § 1959 Rz 7; Schlegelherger /Hildebrandt/ Steckban § 27 Rz 4; Schlüter § 31 V 2 c S. 222; Soergel/Stein § 1959 Rz 7; Staudinger/Lebmann 11. Aufl. § 1959 Rz 14; Staudinger I Otte I Marotzke § 1959 Rz 12, allerdings entgegen Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 48; Bauer, S. 24; Heinrichs, S. 41; Keil, S. 82; Reiff, S. 17.- Vgl. auch BGH LM § 61 VVG Nr. 2, wo der BGH betont, daß der vorläufige Erbe weder eine Vertreter- noch eine vertreterähnliche Stellung im Verhältnis zum endgültigen Erbe habe. 258 Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 48. 259 Hierzu dann unten F II 2 b bb). 255

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aa) Haftung nur gegenüber dem vorläufigen Erben nach § 1959 Abs. 1 Es hat sich als ganz herrschende Auffassung herausgebildet, eine Haftung des endgültigen Erben gegenüber den Gläubigern der vom vorläufigen Erben begründeten Verbindlichkeiten abzulehnen. Es bestehe vielmehr, sofern der vorläufige Erbe im objektiven Interesse eines verständig würdigenden endgültigen Erben 260 Verbindlichkeiten eingegangen sei, lediglich dem Ausschlagenden gegenüber eine Befreiungspflicht aus§§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1 , 670, 257 oder eine Pflicht zum Aufwendungsersatz, §§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670 261, fallsjener die Gläubiger bereits aus seinem Eigenvermögen befriedigt habe. Zur Begründung wird angeführt, dem Gesetz könne eine allgemeine Regel, wonach das Verhalten des vorläufigen Erben stets dem endgültigen Erben zuzurechnen sei, gerade nicht entnommen werden 262. Nur im Hinblick auf dringliche Verfügungen bestimme nämlich § 1959 Abs. 2 eine auch den endgültigen Erben bindende Wirksamkeit 263 . Aus obligatorischen Rechtsgeschäften könne der vorläufige Erbe den endgültigen dagegen nicht verpflichten, weil er im eigenen Namen und nicht als Stellvertreter des definitiven Erben handele264. Die herrschende Meinung findet zweifellos ihre Stütze im Gesetzeswortlaut, der für eine Verpflichtungsbefugnis des vorläufigen Erben nichts herzugeben scheint. Soll nämlich dieser "wie" ein Geschäftsführer ohne Auftrag 265 berechtigt und verpflichtet sein, folgt daraus gerade, daß eine Vertretungsmacht durch Verwaltungshandlungen des Ausschlagenden nicht begründet wird 266. Dennoch erscheint es widersprüchlich, daß dringliche Verfügungen wie beispielsweise die Übereignung verderblicher Waren 267 auch nach Ausschlagung gemäß § 1959 Abs. 2 wirksam bleiben, der zugrundeliegende Kaufvertrag aber nur den Aus260 Zu diesem Maßstab vgl. MünchKomm-Leipold § 1959Rz4; Soergel I Stein§ 1959 Rz 4f. 261 Vgl. zum Ganzen die in FN 257 genannten Autoren. 262 MünchKomm-Leipold § 1959 Rz 1 unter Bezugnahme auf BGH LM § 61 VVG Nr.2. 263 Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. 1, S. 154 mit FN 23; Reiff, S. 17. 264 Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. 1, S. 154 mit FN 23; Reiff, S. 17. 26S Die Anwendbarkeit der Geschäftsführungsvorschriften ist nur eine entsprechende. MünchKomm-Leipold § 1959 Rz 4; Planck I Flad § 1959 Anm. 3; Soergel I Stein § 1959 Rz 4; Staudinger I Otte I Marotzke § 1959 Rz 5; Strohal Bd. 2, S. 49 FN 17. 266 Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag gibt dem Geschäftsführer keine Vertretungsmacht gegenüber dem Geschäftsherm. BGHZ 69, 323 (327); Jauemig I Vollkommer vor§ 677 Anm. 2 a. Zur abweichenden Ansicht von Bertzel AcP 158 (1959160), 107 (148) im Fall der Notgeschäftsführung gleich unten F li 2 a bb). 267 Zwar wird in der Veräußerung von Nachlaßgegenständen häufig die schlüssige Annahme der Erbschaft zu sehen sein. Dies kann jedoch dort nicht gelten, wo die Nichtveräußerung zu einer nicht unerheblichen Verringerung des Nachlaßwerts führen würde. Insbesondere bei Fortführung eines Handelsgeschäfts kann eine Veräußerung von Waren geradezu geboten sein.

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schlagenden binden soll mit der Folge, daß allein er beispielsweise Sachmängelansprüchen ausgesetzt bleibt 268 . Noch deutlicher wird dieser Widerspruch, wenn die Ausschlagung zwischen dem Verpflichtungs- und dem dringlichen Erfüllungsgeschäft erfolgt. Hier bliebe der vorläufige Erbe in jedem Fall auf den Befreiungsanspruch gegen den endgültigen Erben verwiesen, da der Gläubiger nur gegen ihn und nicht gegen den definitiven Erben vorgehen kann 269. Ob diese Einwände genügen, die herrschende Meinung abzulehnen, wird sich nach Überprüfung abweichender Rechtsauffassungen zu § 1959 herausstellen.

bb) Haftung gegenüber den Gläubigern über§ 1959 Abs. 2 analog, § 1967 Den soeben aufgezeigten Bedenken versucht ein kleiner Teil der Literatur270 dadurch Rechnung zu tragen, daß der vorläufige Erbe jedenfalls bei unaufschiebbaren Verpflichtungsgeschäften in analoger Anwendung des § 1959 Abs. 2 als berechtigt anzusehen sei, unmittelbar den endgültigen Erben zu verpflichten. Gestützt wird diese Auffassung auf die als untragbar empfundenen Ergebnisse, die die Versagung einer solchen Verpflichtungsbefugnis mit sich bringe 271 • Darüber hinaus belege die Entstehungsgeschichte des § 1959 das Bestehen dieser Verpflichtungsbefugnis. Trotz des entgegenstehenden Wortlauts in § 1959 Abs. 2, der nur von "Verfügungen" spricht, habe der Gesetzgeber Verpflichtungsgeschäfte als dringende Verwaltungshandlungen nicht ausnehmen wollen. Denn dies hätte eine Abkehr vom preußischen ALR 272 bedeutet, an das man sich bei der Vorschrift des § 1959 gerade angelehnt hatte 273 • Eine solche Abkehr hätte aber in den Motiven vermerkt sein müssen, wo sichjedoch nichts dergleichen finde274. Diese Auffassung kann zumindest für sich in Anspruch nehmen, die Widersprüche der herrschenden Meinung zu vermeiden. Auch sie ist jedoch nicht frei von Unklarheiten. Die Anerkennung des vorläufigen Erben als "Repräsentanten" des 268 Hierauf hat Berger, S. 65, zutreffend hingewiesen. . 269 Weitere instruktive Beispiele finden sich bei Bertzel AcP 158 (1959 /60), 107 (118). 210 So insbesondere Bertzel AcP 158 (1959/60), 107 (118 f.) und ihm folgend Palandt I Keidel 42. Auf!. § 1959 Anm. 3, die dem vorläufigen Erben insoweit eine Vertreter(,,Repräsentanten")stellung einräumen. Ähnlich Berger, S. 65 f. Nach v. Lübtow, S. 751 kommt eine Haftung des endgültigen Erben für unaufschiebbare Verpflichtungsgeschäfte nur dann in Betracht, wenn der vorläufige Erbe offenkundig nur als Verwalter gehandelt habe. Abweichend auch Siber, Erbrecht, S. 112, der § 1959 Abs. 2 zwar für analog anwendbar hält, einen Direktanspruch der Gläubiger aber nur dann bejaht, wenn der vorläufige Erbe auch endgültiger Erbe werde. 271 Bertzel AcP 158 (1959/60), 107 (118); v. Lübtow, S. 751; Berger, S. 65. 212 Im ALR I 9 § 388 hieß es: "Der Erbe selbst kann, während der Überlegungsfrist, zum Besten des Nachlasses solche Handlungen, die keinen Aufschub leiden, vornehmen". 273 Protokolle Bd. V, S. 659. 274 Diese Argumentation findet sich bei Bertzel, S. 119, und, ihm folgend, Berger, S. 65.

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definitiven Erben 275, den er bei unaufschiebbaren Rechtsgeschäften "in jeder Hinsicht vertreten" könne 276, erscheint in dieser Weite problematisch. Eine Befugnis zur Verpflichtung auch dessen Eigenvermögens in der Weise, daß nach Ausschlagung für den definitiven Erben eine Nachlaßerbenschuld bestehe 277 , muß jedenfalls entschieden abgelehnt werden. § 1959 Abs. 2 bewirkt nämlich nur dem Nachlaß gegenüber einen endgültigen, also über die Ausschlagung hinausreichenden Vermögensverlust, legt mithin nur für ihn Rechtsfolgen fest, nicht aber für das Eigenvermögen des endgültigen Erben. Darüber hinaus können die Schlußfolgerungen aus der Entstehungsgeschichte nicht unwidersprochen bleiben. Zwar trifft es zu, daß den Motiven 278 eine Begründung für die Abkehr vom bis dahin geltenden preußischen Rechtszustand nicht zu entnehmen ist. Daraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, die Entstehungsgeschichte des § 1959 enthalte keinen Anhaltspunkt für den Willen des Gesetzgebers, die Vertretungsmacht des vorläufigen Erben auf unaufschiebbare Verfügungen zu beschränken 279 • Eine solche Auffassung übersieht, daß die Protokolle 280 sehr wohl eine Diskussion über die Frage, ob der vorläufige Erbe dringliche Verbindlichkeiten mit Wirksamkeit gegenüber dem endgültigen Erben auch für den Fall der Ausschlagung vornehmen könne, erkennen lassen. Da eine Verpflichtungsbefugnis des später Ausschlagenden dort schließlich mit dem Hinweis verneint wird, die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag seien ausreichend 281 , läßt sich die Entstehungsgeschichteaufgrund dieser klaren Stellungnahme nicht als Argument für die analoge Anwendung des § 1959 Abs. 2 heranziehen.

cc) Haftung gegenüber den Gläubigern gemäߧ 1967 (1) Lösungsansatz über den Befreiungsanspruch des vorläufigen Erben Einen völlig anderen Weg zu einer Haftung des definitiven Erben unmittelbar den Gläubigem gegenüber beschreitet eine bisher eher vereinzelt gebliebene Auffassung 282, die sich im wesentlichen an der Rechtsprechung zu den Nachlaßerbenschulden und zur Haftung des Nacherben für vom Vorerben eingegangene 275 So explizit Palandt I Keidel 42. Aufl. § 1959 Anm. 3; ausdrücklich dagegen aber BGH LM § 61 VVG Nr. 2. 276 Bertzel, S. 119. 277 Dies behaupten zwar weder Bertzel, S. 119, noch Palandt I Keidel42. Aufl. § 1959 Anm. 3 ausdrücklich. Ihre Formulierungen lassen diesen Schluß jedoch als durchaus naheliegend erscheinen. 278 Motive V, S. 536 ff. 279 So aber explizit Berger, S. 64. 280 Protokolle Bd. V, S. 659. 281 Wörtlich heißt es in den Protokollen Bd. V, S. 659: " . .. so würden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag schon an sich genügende Aushilfe bieten." 282 Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 48; ihn bestätigend Staudinger I Behrends § 2144 Rz 9 a.E..

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Nachlaßverbindlichkeiten 283 orientiert. Ausgangspunkt ist die Entscheidung des Reichsgerichts 284, in der dieses die Grundsatzfrage, ob der Erbe selbst den Nachlaß mit neuen Verbindlichkeiten belasten kann, mit der Begründung bejahte, im Falle der Nachlaßseparation stünde dem Erben für in ordnungsgemäßer Verwaltung eingegangene Verbindlichkeiten ein Aufwendungsersatz- oder Befreiungsanspruch gegen den Nachlaß zu,§§ 1979, 1978 Abs. 3, 670,257, der im Konkursfall zugleich eine Masseschuld im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 1 KO darstelle. Darüber hinaus - und dies ist an dieser Stelle wesentlich - hob das Gericht hervor, daß es aufgrund des Befreiungsanspruchs des Erben aus § 257 nur folgerichtig sei, in diesen Fällen 285 den Gläubigem selbst ein Recht auf Berichtigung ihrer Forderungen gegen den Nachlaß zu geben 286. In analoger Anwendung dieser Grundsätze kommt insbesondere Marotzke nun zu dem Ergebnis, daß auch die vom vorläufigen Erben begründeten Verbindlichkeiten als Nachlaßverbindlichkeiten anzuerkennen seien, und zwar über den Zeitpunkt der Ausschlagung hinaus287. Denn soweit dieser im Nachlaßkonkurs als Massegläubiger Schuldbefreiung aus dem Nachlaß verlangen könne,§ 257 in Verbindung mit§§ 1959 Abs. I, 683 S. 1, 670, § 224 Abs. 1 Nr. 6 KO, beeinträchtige die gleichzeitige Anerkennung eines Direktanspruchs des Gläubigers gegen den Nachlaß weder das Interesse der bisherigen Nachlaßgläubiger noch das des endgültigen Erben. Die bisherigen Nachlaßgläubiger müßten nicht mit neu hinzukommenden konkurrieren, und die Schuldenlast des Nachlasses erhöhe sich für den endgültigen Erben letztlich nicht. Für nicht erforderlich hält Marotzke dabei die Dringlichkeit 288 der Schuldbegründung. Vielmehr genüge es auch hier, wenn die Eingebung neuer Verbindlichkeiten einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entspreche. Aus alledem folge, daß eine Haftung des endgültigen Erben für Geschäfte des Ausschlagenden sich unter Umständen aus § 1967 ergeben könne 289 . 283 Hier sind insbesondere zu nennen RGZ 90, 91 (95 f.); BGHZ 32, 60 (64 f.). 284 RGZ 90, 91 (94 f.). Vgl. dazu schon oben EI 3 a. 285 Also bei Nachlaßverwaltung oder Nachlaßkonkurs. 286 RGZ 90, 91 (95). 287 Staudinger 1Marotzk:e § 1967 Rz 48. Im Ergebnis ebenso Großkomm-Hüffer § 27 Rz 17, 20; Großkomm-Würdinger 3. Auf!. § 27 Anm. 12; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 27 FN 44; Keil, S. 85; Nelson, S. 72; Seeghitz, S. 25 f.; wohl auch Kipp I Coing § 92 ll 3 eS. 540. Inwieweit der Entscheidung des BGH in BGHZ 32, 60 (64) eine im Ergebnis identische Auffassung entnommen werden kann, ist umstritten. Großkomm-Hüffer § 27 Rz 17, 20, Großkomm-Würdinger 3. Auf!.§ 27 Anm. 12 und explizit MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 27 FN 44 gehen davon aus, daß der BGH mit dem vorläufigen Erben auch denjenigen gemeint hat, der später ausschlägt. Zweifelnd dagegen Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 48. Da die Entscheidung primär den Vorerben betrifft und die Einbeziehung des ausschlagenden Erben an dieser Stelle (S. 64) im Widerspruch zur Entscheidung in LM § 61 VVG Nr. 2 stünde, auf die der BGH näher hätte eingehen müssen, ist eine Deckung mit der hier diskutierten Auffassung nicht anzunehmen. 288 Angelehnt an den strengen Maßstab des § 1959 Abs. 2. 289 Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 48 in der Fußnote. Dort stellt Marotzke klar, daß die in Staudinger I Otte I Marotzke § 1959 Rz 12 vertretene Auffassung, der vorläufige, später ausschlagende Erbe könne den endgültigen nicht verpflichten, der Modifizie-

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

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(2) Kritische Würdigung

(a) Interessen der Beteiligten Die hier vorgeschlagene analoge Anwendung der vom Reichsgericht entwikkelten Grundsätze zur Begründung von Nachlaßverbindlichkeiten durch den endgültigen Erben auf den vorläufigen Erben erscheint als erwägungswürdiger Lösungsansatz. Für ihn spricht tatsächlich, daß die Interessen der Beteiligten durch die Anerkennung eines Direktanspruchs der Gläubiger gegen den Nachlaß nicht negativ berührt werden. Hat nämlich der vorläufige Erbe die von ihm eingegangene Verbindlichkeit noch nicht berichtigt, kann er nach der Ausschlagung Befreiung nach§ 257 verlangen. Der endgültige Erbe ist mit dieser Nachlaßverpflichtung also sowieso belastet 290• Zahlt er an die Gläubiger, ist neben deren direkten Anspruch zugleich die Forderung des Ausschlagenden in Form des Befreiungsanspruchs befriedigt. Aus demselben Grund wird auch die den bisherigen Nachlaßgläubigem zur Verfügung stehende Haftungsmasse durch einen Direktanspruch der Gläubiger nicht geschmälert. An dem Umfang der den Nachlaß belastenden Einstandspflicht ändert sich dadurch nämlich nichts. Auch der vorläufige Erbe kann im Rahmen seines Befreiungsanspruchs nicht Leistung an sich selbst, sondern nur an den zu befriedigenden Gläubiger verlangen 291 •

(b) Prozeßökonomischer Aspekt Darüber hinaus dient die Anerkennung eines Direktanspruchs des Gläubigers der Prozeßökonomie. Der Gläubiger ist nämlich nicht mehr darauf angewiesen, im Falle der Zahlungsunfähigkeit des vorläufigen Erben 292 sich dessen Befreiungsanspruch pfänden zu lassen, um anschließend in einem zweiten Prozeß gegen den endgültigen Erben vorgehen zu können 293.

rung bedürfe. Aus diesem Zusatz wird auch deutlich, was mit dem ,,Direktanspruch gegen den Nachlaß" gemeint ist: Der Gläubiger soll seinen Anspruch gegen den endgültigen Erben als Nachlaßverbindlichkeit i. S. d. § 1967 Abs. 2 geltend machen können. Für diese haftet der endgültige Erbe vorläufig unbeschränkt, aber auf den Nachlaß beschränkbar. Eine Eigenschuld wird damit aber nicht begründet. . 290 Diese Verpflichtung zum Aufwendungsersatz oder zur Befreiung des vorläufigen Erben stellt unstreitig eine Nachlaßverbindlichkeit i. S. d. § 1967 Abs. 2 dar. Vgl. oben F II 1 a bb) (3) mit FN 225. 291 Dies gilt jedenfalls in der Regel. Vgl. Palandt I Heinrichs § 257 Anm. 2. 292 Der Ausschlagende bleibt dem Gläubiger aus der Eigenverbindlichkeit verpflichtet mit der Folge, daß jener auch nach Ausschlagung gegen ihn vorgehen kann . Hierzu noch näher unten F II 2 b bb). 293 Vgl. Erman I Schlüter § 1967 Rz 9, die diesen Gedanken zur Begründung des Direktanspruchs des Gläubigers gegen den Nachlaß beim endgültigen Alleinerben im Fall der Separation entwickelt haben. Der Aspekt der Prozeßökonomie ist aber beim vorläufigen Erben nicht anders zu bewerten.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

(c) Inkongruenz der Pflichtenstellung bei vorläufigem und engültigem Erben Finden sich demnach durchaus Argumente, die die Auffassung Marotzkes stützen, bedarf es dennoch eingehender Überprüfung, ob nicht gewichtige Gründe gegen diesen Lösungsansatz sprechen 294 • So könnte zu denken geben, daß der vorläufige Erbe im Gegensatz zum endgültigen Erben zur Verwaltung des Nachlasses zwar berechtigt, aber eben nicht verpflichtet ist 295 • Das Reichsgericht 296 hat den Ersatzanspruch des endgültigen Erben und dessen daraus folgende Berechtigung, Nachlaßverbindlichkeiten einzugehen, gerade damit begründet, daß der Erbe aus seiner Pflicht zu ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses keinen Schaden erleiden soll. Daß hiermit bereits ein zwingendes Argument gegen die Lösung Marotzkes gefunden ist, kann aber nicht behauptet werden. Soll der vorläufige Erbe nämlich zur Verwaltung berechtigt sein, ist es konsequent, ihm bei objektiv interessengerechter Geschäftsführung ebenfalls einen Ersatz- bzw. Befreiungsanspruch zuzubilligen. Anderenfalls wäre er ungerechtfertigt schlechter gestellt. Gegenüber der unterschiedlichen Pflichtenlage bezüglich der Verwaltung des Nachlasses wiegen der ebenfalls gewährte Befreiungsanspruch und die bei Annahme eines Direktanspruchs der Gläubiger gewahrten Interessen der Beteiligten 297 schwerer, so daß aus diesem Grund der hier diskutierte Lösungsansatz nicht abgelehnt werden kann. (d) Vertreterähnliche Stellung des vorläufigen Erben Die Anerkennung eines Direktanspruchs der Gläubiger gegen den Nachlaß könnte allerdings dazu führen, daß der vorläufige Erbe gegenüber dem endgültigen Erben eine Vertreter- oder zumindest vertreterähnliche Stellung einnimmt, die ihm nach Auffassung der Rechtsprechung 298 und der sonstigen Literatur 299 gerade nicht zukommt. Ein Vertreterhandeln des vorläufigen Erben wird man vorliegend noch verneinen können, weil es ihm in aller Regel am Auftreten im Namen des endgültigen Erben fehlt. Bei genauer Betrachtung ist aber zumindest eine vertreterähnliche Stellung des vorläufigen Erben zu bejahen. Letzteres liegt nicht schon daran, daß er überhaupt eine Nachlaßverbindlichkeit begründet; denn diese liegt- in Form des Befreiungsanspruchs nach§§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 294

Dies insbesondere deshalb, weil eine Auseinandersetzung mit der Lösung über

§ 1967 in der Literatur bisher nicht stattgefunden hat. 295 Vgl. oben F II 1 a bb) (3) mit FN 216, 217.

RGZ 90, 91 (94). Hierzu soeben F II 2 a cc) (2) (a). 298 BGH LM § 61 VVG Nr. 2. Dort hat der Bundesgerichtshof eine Stellung des vorläufigen Erben als Repräsentant des Versicherungsnehmers abgelehnt und in Konsequenz dessen eine vom vorläufigen Erben begangene arglistige Täuschung dem endgültigen Erben nicht zugerechnet. 299 Vgl. hierzu oben F II 2 a vor aa) mit FN 257. 296 297

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

207

670; 257 - in jedem Fall vor 300 • Die vertreterähnliche Position rührt vielmehr von der Übertragung auf das Außenverhältnis her, also von der Tatsache, daß den Gläubigern des vorläufigen Erben- und nicht nur ihm selbst- ein Anspruch gegen den Nachlaß gewährt wird, dessen Träger der endgültige Erbe wird. Hiermit geht zwar nicht unmittelbar und unabwendbar 301 dessen Einstandspflicht mit seinem Privatvermögen einher. Er wird jedoch, da Träger des Nachlaßvermögens, den Gläubigern des vorläufigen Erben gegenüber zum Schuldner. Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag, dessen Vorschriften § 1959 Abs. 1 für entsprechend anwendbar erklärt, weist dem Geschäftsführer eine solche vertreterähnliche Stellung aber nicht zu 3°2 • (e) Rückwirkender Verlust der Erbenstellung

Mit dem soeben Ausgeführten eng verbunden ist der weitere Einwand, daß der vorläufige Erbe mit der Ausschlagung die Rechtsträgerschaft in Bezug auf den Nachlaß nicht nur für die Zukunft, sondern rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erbfalls verliert, § 1953 Abs. 1. Auch wenn das Gesetz den vorläufigen Erben nicht wie jeden anderen Nichtberechtigten behandelt wissen will, sondern das Verhältnis zum endgültigen Erben nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag regelt, kann der ex-tune-Wegfall der Erbenstellung nicht folgenlos für die Frage bleiben, ob den Gläubigern des vorläufigen Erben ein eigener Anspruch gegen den Nachlaß zuzubilligen ist. Dies zeigt sich daran, daß hier der Direktanspruch gegen den Nachlaß einen anderen Vermögensträger trifft als denjenigen, der die Verbindlichkeit begründet hat. Insoweit weicht der Sachverhalt von dem des endgültigen Alleinerben ab. Dessen Befreiungsanspruch aus §§ 1978 Abs. 3, 683 S. 1, 670, 257 richtet sich im Fall der Separation zwar auch gegen den Nachlaß, er bleibt aber trotz Separation Träger des Nachlaßvermögens303, so daß sich der Direktanspruch gegen denjenigen Vermögensträger richtet, der auch die Verbindlichkeit ursprünglich begründet hat 304 • Soll der abweichende Sachverhalt jedoch zum gleichen Ergebnis wie der Ausgangssachverhalt führen, muß es dafür eine Rechtfertigung geben. Im Verhältnis von Vor- und 300 Vgl. Erman I Schlüter § 1959 Rz 5; Kipp I Coing § 90 III 2 S. 510; v. Lübtow, S. 750; Staudinger I Otte I Marotzke § 1959 Rz 6. JOI llim stehen die Beschränkungsmöglichkeiten eines jeden Erben offen. Vgl. hierzu oben B IV. 302 Vgl. BGHZ 69, 323 (327). 303 Brox, Erbrecht, Rz 655, 664; Schlüter §54 II vor 1 S. 449. 304 Beim endgültigen Alleinerben betrifft das "Innenverhältnis" die Vermögensmassen desselben Rechtsträgers (Befreiungsanspruch des Erben gegen den Nachlaß, dessen Träger er selbst ist). Hier leuchtet die Übertragung auf das Außenverhältnis (Direktanspruch der Gläubiger gegen den Nachlaß) noch ein. Beim ausschlagenden Erben hingegen wird das "lnnenverhältnis" durch verschiedene Rechtsträger (Befreiungsanspruch des Ausschlagenden gegen den endgültigen Erben als Träger des Nachlaßverrnögens) konstituiert. Ein Direktanspruch der Gläubiger des Ausschlagenden gegen den Nachlaß (Außenverhältnis) bedarf dann besonderer Rechtfertigung. Hierzu sogleich im Text.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Nacherben liegt sie in der Berechtigung des Vorerben, den Nachlaß bei ordnungsgemäßer Verwaltung wirksam verpflichten zu können, wobei diese Berechtigung mit Eintritt des Nacherbfalls lediglich für die Zukunft, nicht aber mit Rückwirkung auf den Erbfall erlischt,§ 2139. Genau hierin liegt aber der entscheidende Unterschied zum vorläufigen Erben, bei dem es an einer solchen Berechtigung aufgrund der Fiktion des § 1953 Abs. 1 fehlt. Daß der Frage der fehlenden Berechtigung des vorläufigen Erben im hier diskutierten Zusammenhang eine entscheidende Bedeutung zukommt, wird schließlich durch einen - vorgreifenden 305 - Hinweis auf die Rechtslage beim gutgläubigen Erbschaftsbesitzer deutlich. Nimmt man die Existenz eines Befreiungsanspruchs zum Ausgangspunkt der Überlegungen306, läge es nicht fern, eine - gegenüber dem Gläubiger unmittelbare Haftung des wahren Erben für vom Erbschaftsbesitzer in vermeintlicher Verwaltung des Nachlasses eingegangene Verbindlichkeiten damit zu begründen, daß den wahren Erben insoweit eine Befreiungspflicht trifft,§§ 2022 Abs. 1, 257 3rn. Eine solche Auffassung wird zutreffenderweise von niemandem vertreten, zeigt aber, wohin die Fixierung auf das Vorliegen eines Befreiungsanspruchs führen kann, wenn der Aspekt der Berechtigung, den Nachlaß zu verpflichten, nicht hinreichende Beachtung findet.

dd) Ergebnis So plausibel daher der Lösungsvorschlags Marotzkes auf den ersten Blick erscheinen mag, kann ihm im Ergebnis nicht gefolgt werden, da es dem vorläufigen Erben an der Berechtigung mangelt, über den Ausschlagungszeitpunkt hinaus den Nachlaß mit Wirkung gegenüber dem Gläubiger zu verpflichten. Es ist deshalb der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung 308 und Literatur 309 zuzustimmen, die es bezüglich der vom vorläufigen Erben begründeten Verbindlichkeiten bei dem Befreiungsanspruch gegen den endgültigen Erben aus §§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670, 257 beläßt. Der damit verbundene Widerspruch 310 zur Wirksamkeit dringlicher Verfügungen gegenüber den Gläubigern, § 1959 Abs. 2, muß als vom Gesetzgeber in Kauf genommen angesehen werden. Für den vorläufigen Erben und dessen Gläubiger ergibt sich daraus letztlich auch kein Nachteil. Bei persönlicher Illiquidität des endgültigen Erben bringt ihnen der Direktanspruch keinen VorteiP 11 • Ist er hingegen persönlich vermögend, können sich die 305 Ausführlicher hierzu unten F lii 2 b bb) (2). 306 Alleine hierauf stützt Staudinger I Marotzke § I 967 Rz 48 seine Argumentation. 307 Der Erbe hat dem Erbschaftsbesitzer nicht nur die auf die Erbschaft gemachten Aufwendungen zu ersetzen, sondern ihn auch von in dieser Absicht eingegangenen Verbindlichkeiten freizustellen. Vgl. Walker, S. 126 f. Näher hierzu unten F III 2 b bb) (2).

308 Vgl. BGH LM § 61 VVG Nr. 2. 309 Vgl. FN 257. 310 Hierzu näher F II 2 a aa).

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

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Gläubiger des Ausschlagenden dessen Befreiungsanspruch gegen den endgültigen Erben abtreten lassen, womit dieser sich in einen Zahlungsanspruch wandelt 312.

b) Besonderheiten bei Geschäftsverbindlichkeiten

aa) Rechtslage bis zur Ausschlagung Geht der vorläufige Erbe in der Zeit bis zur Ausschlagung im Rahmen der Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts Geschäftsverbindlichkeiten ein, begründet er diese als N achlaßerbenschulden. Wie bereits mehrfach hervorgehoben 313, ist die Fortführung als solche, schon wegen § 27 Abs. 2 S. 3 HGB, noch nicht als Annahmehandlung zu bewerten, sofern sie sich auf reine Fürsorgemaßnahmen des vorläufigen Erben beschränkt 314. Da der vorläufige Erbe zu diesem Zeitpunkt auch Rechtsträger des Nachlasses ist, steht der Annahme einer Nachlaßerbenschuld grundsätzlich nichts entgegen. Fraglich könnte nur sein, ob auch hier auf das Kriterium des ordnungsgemäßen Handeins bei Eingebung der Verbindlichkeit zu verzichten ist, wie dies beim endgültigen Alleinerben315 und Vorerben 316 der Fall war. Die Haftungserwartungen des kaufmännischen Verkehrs bestehen nämlich auch dann, wenn ein später ausschlagender Erbe Geschäftsverbindlichkeiten begründet. Im Unterschied zu endgültigem Alleinerben und Vorerben stellt sich dieses Problem aber beim vorläufigen Erben regelmäßig nicht. Außerhalb einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses liegende Geschäfte, wie beispielsweise die Kreditaufnahme zur Beschaffung überdimensionierter Großrechner oder zur Finanzierung von Spekulationsgeschäften317, stellen nämlich zugleich eine nach außen erkennbare Handlung dar, aus der sich ergibt, daß der Erbe sich zur endgültigen Nachlaßübemahme, zur Annahme der Erbschaft also, entschlossen hat 318 . Will der vorläufige Erbe daher ausschlagen, wird er schon von sich aus die Eingebung derart riskanter Geschäfts311 In diesem Fall wird der endgültige Erbe seine Haftung auf den Nachlaß beschränken. 312 Vgl. RGZ 80, 183 (184); 140, 373 (378); 158, 6 (12); BGHZ 12, 136 (141); MünchKomm-Keller § 257 Rz 6; Soergel IM. Wolf§ 257 Rz 11. 313 C I 3 c aa); F II 1 a aa). 314 RG DJZ 1909, 1329; MünchKomm-Leipold § 1943 Rz 5; SoergeiiStein § 1943 Rz 4; Staudinger I Otte I Marotzke § 1943 Rz 6. 315 Oben E 1II I b bb) und E 1II I d. 316 Oben F I 2 a aa) (1) (b) (aa). 317 Zu diesen Beispielen ordnungswidriger Verwaltung des Nachlasses schon oben E III l a. 318 Dabei ist nicht entscheidend, ob ein innerer, auf die Annahme gerichteter Wille vorhanden ist. Hat der Erbe angenommen, ohne dies zu wollen, kann er seine konkludente Annahme anfechten, §§ 1954, I955. Vgl. Erman I Schlüter § I943 Rz 3; MünchKommLeipold § 1943 Rz 4; Palandt I Edenhofer § 1943 Anm. 2 b; Staudinger I Otte I Marotzke § 1943 Rz 5. 14 Friedrich

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Verbindlichkeiten vermeiden. Tut er dies dennoch, stellen sich diese Geschäftsverbindlichkeiten als solche eines endgültigen Erben dar, die dann als Nachlaßerbenschulden anzusehen sind. Komplizierter gestaltet sich aber die Rechtslage, wenn der Erbe seine Annahmeerklärung später anficht. Hier ist es sehr wohl denkbar, daß er als "endgültiger" Erbe auch Risikogeschäfte eingegangen ist, für die er später weder Aufwendungsersatz nach§§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670, noch Freistellung nach § 257 verlangen kann. Für die Zeit bis zur Anfechtung kann im Hinblick auf die Verbindlichkeiten aber nichts anderes gelten als beim Ausschlagenden vor der Ausschlagung. Sie sind Nachlaßerbenschulden unabhängig von der Tatsache, ob ihre Eingebung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprach 319, wandeln sich aber in Eigenschulden, sobald die Anfechtung erfolgt. Der Anfechtende haftet mit seinem gesamten Vermögen, aus dem der Nachlaßaufgrund der Fiktionswirkung der§§ 1953 Abs. 1, 1957 mit rückwirkender Kraft ausscheidet. Aus dem Nachlaß geleistete Gegenstände können Geschäftsgläubiger nur dann behalten, wenn die Voraussetzungen der §§ 932 ff., 892 f., 2366 vorliegen32o.

bb) Haftungslage nach der Ausschlagung Für die während seiner Geschäftsfortführung eingegangenen Schulden bleibt der Ausschlagende den Geschäftsgläubigem auch weiterhin persönlich verpflichtet321. Letzteres wird man auch dann annehmen müssen, wenn er seine Haftung gegenüber dem Geschäftsgläubiger auf den Nachlaß beschränkt hat, da die ursprünglich vorhandene Berechtigung hierzu rückwirkend entfallen ist. Weil der vorläufige Erbe jedoch zur Verwaltung des Nachlasses nicht verpflichtet war 322, er unter Umständen lediglich unaufschiebbare Geschäfte erledigt hat, und zudem die Ausschlagung ein Mittel darstellt, ihn von mit dem Nachlaß verbundenen Belastungen zu befreien, ist eine Auslegung der Haftungsbeschränkungsvereinbarung dahingehend vorzunehmen, daß die betroffenen Gläubiger nur aus den - ihnen nach der Ausschlagung abzutretenden - Befreiungsansprüchen des Ausschlagenden gegen den endgültigen Erben 323 vorzugehen berechtigt sind. Das Privatvermögen des vorläufigen Erben bleibt dann unangetastet, was allein der getroffenen Vereinbarung entspricht. Liegt eine Haftungsbeschränkung nicht vor, stellen sich die Geschäftsverbindlichkeiten für den Ausschlagenden ab dem 319 Zur Frage, inwieweit hier ein Ausscheiden des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß möglich ist, vgl. noch unten F II 3 b dd (2). 320 Die Ausstellung eines Erbscheins ist bei der Fortführung eines Handelsgeschäfts durch den Erben die Regel. Ausführlich hierzu unten F III 3 a aa) (3) (b) (bb). 321 Düringer I Hachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 13; Großkomm-Hüffer § 27 Rz 20; Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 8, 12. 322 Vgl. hierzu F li I a bb) (3) FN 216. · 323 Der endgültige Erbe kann, da es sich bei dem Befreiungsanspruch des vorläufigen Erben um eine Nachlaßverbindlichkeit handelt, seine Haftung wiederum auf den Nachlaß beschränken.

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

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Zeitpunkt der Ausschiagong als reine Eigenschulden dar 324, für die er unbeschränkt haftet 325 • Keine Besonderheiten bestehen schließlich bei der Haftung des endgültigen Erben für die vom vorläufigen Erben eingegangenen Geschäftsverbindlichkeiten. Er wird genauso wenig unmittelbar den Gläubigern gegenüber verpflichtet wie bei sonstigen Verbindlichkeiten des Ausschlagenden. Für die betroffenen Geschäftsgläubiger ergibt sich daraus jedoch kein ins Gewicht fallender 326 Nachteil. Erlangen sie beim Ausschlagenden keine Befriedigung ihrer Forderungen, können sie in dessen Befreiungsanspruch gegen den endgültigen Erben vollstrecken. Es haften ihnen dann mindestens das Nachlaßvermögen und damit auch die Gegenstände des Geschäftsvermögens.

c) Haftungsverhältnis zwischen vorläufigem und endgültigem Erben

Nicht nur die im Zusammenhang mit den Geschäftsverbindlichkeiten auftauchenden Fragen, sondern auch sonstige, das Verhältnis von vorläufigem und endgültigem Erben betreffenden Probleme, lösen sich durch Anwendung des § 1959. Veräußert beispielsweise der vorläufige Erbe das Handelsgeschäft, wird hierin regelmäßig die Annahme der Erbschaft liegen 327 • Letzteres wird nur in dringenden Ausnahmefällen 328 anders sein. Dann jedenfalls muß er den durch die Veräußerung erlangten Gegenwert dem endgültigen Erben herausgeben, §§ 1959 Abs. 1, 681, 667. Eine Herausgabepflicht trifft den Ausschlagenden auch insoweit, als er- in kleinerem Umfang 329 - neue Gegenstände für das 324 Hierin zeigt sich anschaulich der Doppelcharakter der Nachlaßerbenschuld als Nachlaßverbindlichkeit und Eigenschuld. Nur letztere bleibt in Person des Ausschlagenden bestehen. 325 Die unbeschränkte Haftung des Ausschlagenden ist für die Gläubiger dann von großer Bedeutung, wenn der endgültige Erbe das Handelsgeschäft nicht oder nur unter neuer Firma fortführt. Zur Haftung aus § 27 HGB vgl. unten F II 3 b aa). 326 Prozeßökonomischer ist natürlich stets ein Direktanspruch gegen den Nachlaß, der ihnen nach richtiger Auffassung aber versagt ist. Vgl. dazu ausführlich oben F II 2 a cc) (2) (d), (e). 327 Dies ergibt sich vielfach bereits daraus, daß der Erbe bei Übertragung eines zum Geschäftsvermögen gehörigen Grundstücks regelmäßig den Erbschein zur Vorlage beim Grundbuchamt benötigt. Im Antrag auf Erteilung eines Erbscheins ist aber schon die Annahme der Erbschaft zu erblicken. Vgl. BGH RdL 1968, 98 (99); Brox, Erbrecht, Rz 301; Erman I Schlüter § 1943 Rz 3; Jauemig I Stümer § 1943 Anm. 2; Lange I Kuchinke § 8 II 3 S. 114; MünchKomm-Leipold § 1943 Rz 5; RGRK-Johannsen § 1943 Rz 8; Soergel I Stein § 1943 Rz 5; Staudinger I Otte I Marotzke § 1943 Rz 8. 328 Eine Ausnahme ist dann zu machen, wenn der Verkauf erfolgt, um die Mittel zur Bestattung des Erblassers zu beschaffen, vgl. Staudinger I Otte I Marotzke § 1943 Rz 7. Hier werden die Verfügungen über die einzelnen Gegenstände des Geschäftsvermögens zudem über § 1959 Abs. 2 wirksam sein. 329 Zu denken ist an den Einkauf von Rohstoffen, ohne die der Betrieb nicht hätte fortgesetzt werden können. Bei größeren Investitionen wird hingegen wiederum eine Annahmehandlung vorliegen.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Geschäftsvermögen angeschafft hat. Die dafür aus dem Eigenvermögen erbrachten Aufwendungen muß der endgültige Erbe selbstverständlich ersetzen, §§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670. Erzielte Unternehmensgewinne kann der vorläufige Erbe ebenfalls nicht behalten, da die sich aus § 667 ergebende Pflicht auch die gezogenen Nutzungen umfaßt 330• Ein Gewinn wird allerdings nur bei längerdauernder Fortführung des Unternehmens entstanden sein, also in Fällen des § 1944 Abs. 2 S. 2 oder§ 1944 Abs. 3, oder wenn der Erbe seine Annahmeerklärung anficht 331 • Für zwischenzeitlich entstandene Verluste des Unternehmens kann der vorläufige Erbe hingegen nur haftbar gemacht werden, wenn ihn diesbezüglich ein nachgewiesenes Verschulden trifft, §§ 1959 Abs. 1, 677 in Verbindung mit positiver Forderungsverletzung. Eine Schadensersatzpflicht besteht aber lediglich unter der Voraussetzung, daß er das Geschäft tatsächlich fortgeführt hat. Eine gegenteilige Auffassung würde übersehen, daß der Ausschlagende zu keinem Zeitpunkt verpflichtet war, den Nachlaß überhaupt zu verwalten. Sämtliche Aufwendungen, die der vorläufige Erbe zur Fortführung des Handelsgeschäfts für erforderlich halten durfte, hat der endgültige Erbe zu ersetzen, §§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Lohnforderungen der Arbeitnehmer, die noch vom Erblasser herrühren und mit Eigenmitteln des Ausschlagenden befriedigt wurden. Verfügt dieser insoweit über Nachlaßmittel, muß der endgültige Erbe dies gegen sich gelten lassen, § 1959 Abs. 2.

3. Haftungslage nach§ 27 HGB a) Haftung des vorläufigen Erben

Eine Haftung des vorläufigen Erben aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB kommt nur in Betracht, wenn er sämtliche Voraussetzungen der handelsrechtliehen Haftungsnormen zu erfüllen in der Lage ist. Der erste denkbare Einwand, in der bloßen Fortführung müsse eine konkludente Annahmeerklärung gesehen werden mit der Folge, daß ein Handelsgeschäft durch einen vorläufigen Erben gar nicht betreibbar wäre, wurde bereits mehrfach entkräftet 332, vgl. § 27 Abs. 2 S. 3 HGB. Weiter ist unproblematisch die Fortführung unter bisheriger Firma; denn nur bei Vomahme eines Firmenwechsels ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine pro berede gestio vorliegt 333 • Die Haftung des vorläufigen Erben für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten 334 scheitert jedoch daran, daß sie erst nach Jauemig I Vollkommer § 667 Anm. 2 b; Palandt I Thomas § 667 Anm. 3 a. Hierzu noch näher unten F II 3 b dd). 332 Vgl. oben C I 3 c aa; F II 1 a aa) ; F II 2 b aa). 333 Großkomm-Hüffer § 27 Rz 25 unter Bezugnahme auf MünchKomm-Leipold § 1943 Rz 5. Großkomm-Würdinger 3. Auf!.§ 27 Anm. 14; StaubiBondi § 27 Anm. 6 sehen in der neuen Firmierung sogar regelmäßig einen Fall der Erbschaftsannahme. 330 33t

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

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Verstreichenlassen der Einstellungsfrist einsetzt und diese stets den Ablauf der Ausschlagungsfrist voraussetzt, § 27 Abs. 2 S. 3 HGB. Schlägt er aus, konnte eine handelsrechtliche Haftung noch gar nicht zur Entstehung gelangt sein. Zudem entfällt damit die Rechtsstellung als Erbe im Sinne des § 27 Abs. HGB. Nichts anderes gilt im übrigen auch bei der Anfechtung der Erbschaftsannahme. Zwar ist hier eine längere Fortführung durch den später Anfechtenden möglich 335 • Die Anfechtung bewirkt aber, weil sie als Ausschlagung gilt, § 1957 Abs. 1, eine faktische Verlängerung der Ausschlagungsfrist 336, was über § 27 Abs. 2 S. 3 HGB auch für die handelsrechtliche Haftung berücksichtigt werden muß. Der vorläufige Erbe haftet folglich nicht nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. I HGB für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten. b) Haftung des endgültigen Erben

aa) Haftung für Geschäftsverbindlichkeiten des vorläufigen Erben337 Bereits bei der Gegenüberstellung von Nachlaßverbindlichkeiten und früheren Geschäftsverbindlichkeiten wurde herausgearbeitet 338, daß die vom vorläufigen Erben eingegangenen Geschäftsschulden sich für den endgültigen Erben, der das Handelsgeschäft unter bisheriger Firma fortsetzt, als "frühere Geschäftsverbindlichkeiten" darstellen. Für sie haftet er nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. I S. 1 HGB den Geschäftsgläubigem gegenüber. Der Bundesgerichtshof hatte für den Fall der Nacherbfolge eine Haftung des Zweitnachfolgers (Nacherbe) für Geschäftsverbindlichkeiten des Erstnachfolgers (Vorerbe) anerkannt 339, dabei aber das Haftungsverhältnis zwischen endgültigem und vorläufigem Erben ausdrücklich einbezogen 340• Die Literatur, die vor dieser Entscheidung zum Teil Abweichendes vertrat 341 , ist dieser Rechtssprechung zu Recht geschlossen gefolgt 342 • Sowohl 334 Frühere Geschäftsverbindlichkeiten sind solche des Erblassers sowie desjenigen, der dem vorläufigen Erben als ausschlagender Erbe vorausging. V gl. zum Begriff der früheren Geschäftsverbindlichkeit oben E II 1 c; E II 2 b aa). 335 Theoretisch kann die Fortführung bis zu 30 Jahren dauern, vgl. § 1954 Abs. 4. 336 Zu diesem Phänomen oben unter F II 1 b. 337 Keiner näheren Ausführungen bedarf die Haftung des endgültigen Erben für die Erblassergeschäftsschulden, die gemäß §§ 27 Abs. I, 25 Abs. 1 S. 1 HGB eine unbeschränkte ist. Hierzu oben C I 2 a; E III 2 a. 338 E II 1 c; E II 2 b aa). 339 BGHZ 32, 60 (66). 340 Daß der Bundesgerichtshof an dieser Stelle (S. 66) mit dem vorläufigen Erben denjenigen gemeint hat, der später ausschlägt, kann nicht zweifelhaft sein. Er spricht nämlich ausdrücklich vom ersten Nachfolger und vom Zweitnachfolger sowie von der Aufeinanderfolge mehrerer Geschäftsnachfolger von Todes wegen. Anders verhielt es sich dagegen aufS. 64 im Hinblick auf§ 1967; vgl. dazu F II 2 a cc) (1) mit FN 287. 341 Gegen eine Haftung des endgültigen Erben aus § 27 Abs. 1 HGB sprechen sich Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 13; Staub I Bondi § 27 Anm. 28 a. E. aus. 342 Baumbach I Duden I Hopt § 27 Anm. 1 D; Großkomm-Hüffer § 27 Rz 17; Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 12; JauemigiStümer § 1967 Anm. 4 a; Münch-

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

der Wortlaut des § 27 Abs. 1 HGB als auch dessen ratio, bei der in diesem Zusammenhang dem Gleichbehandlungsgedanken besondere Bedeutung zukommt, sprechen für dieses Ergebnis 343 . Soweit allerdings betont wird, es komme für die Haftung des endgültigen Erben aus § 27 Abs. 1 HGB nicht darauf an, ob der vorläufige Erbe die Geschäftsschulden in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses begründet hat, ist dies zwar richtig, jedoch an dieser Stelle auch daran zu erinnern, daß beim vorläufigen Erben dieses Problem in der Regel nicht relevant wird 344. Außerdem verwischt der- vergleichend gemeinte- Hinweis auf die Ordnungsmäßigkeit die Tatsache, daß der endgültige Erbe nach bürgerlichem Recht für die Verbindlichkeiten des vorläufigen Erben den Gläubigern gegenüber gerade nicht haftet. Mit der Bejahung der Haftung des endgültigen Erben aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. S. 1 HGB wird zugleich der Unterschied zur bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftung deutlich. Die handelsrechtliche Norm verschafft den vom vorläufigen Erben herrührenden Geschäftsgläubigern einen zusätzlichen Schuldner in Person des definitiven Erben. Dieses Ergebnis wäre nicht erreichbar, wenn man § 27 HGB als eine das Erbenhaftungssystem nur modifizierenden Norm begriffe, aus der sich lediglich ein zusätzlicher Haftungsgrund ergebe. Eine handelsrechtliche Haftung wäre ausgeschlossen, weil eine Schuldnerstellung des endgültigen Erben gegenüber den hier betroffenen Geschäftsgläubigern kraft Erbrechts nicht begründbar wäre. Dieser Zusammenhang bestätigt damit das im ersten Teil der Untersuchung 345 gewonnene Ergebnis, daߧ 27 Abs. 1 HGB eine eigene Schuld des Erben begründet und folglich als gegenüber dem bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftungssystem eigenständige Haftungsnorm anzusehen ist.

bb) Analoge Anwendung des § 26 HGB zugunsren des vorläufigen Erben Haftet der endgültige Erbe auch für die vom vorläufigen Erben eingegangenen Geschäftsschulden, und bleibt letzterer gleichzeitig aus seiner Eigenschuld den Geschäftsgläubigern gegenüber verpflichtet 346, stellt sich die Frage nach einer analogen Anwendung des § 26 HGB. Dem Ausschlagenden würde dadurch die Einrede der Sonderverjährung zugute kommen347. Die Voraussetzungen für eine Kornm-Siegmann § 1967 Rz 27 mit FN 44, Rz 60; Staudinger I Marotzke § 1967 Rz 60; Werther, S. 42 FN 3. 343 Ausführlich ist diese Auffassung bereits oben E li 1 c begründet. 344 Hierzu oben F li 2 b aa). 345 Vgl. oben C III 5. 346 Vgl. oben F li 2 b bb). Bei Inanspruchnahme des Ausschlagenden durch den

Geschäftsgläubiger aus der Eigenschuld wird man diesem einen Regreßanspruch gegen den endgültigen Erben gewähren müssen. Der Befreiungsanspruch aus§§ 1959 Abs. 1, 683 S. 1, 670, 257 wandelt sich dann in einen Zahlungsanspruch. 347 Dies bejahen, wenn auch mit Abweichungen im einzelnen, Großkomm-Hüffer § 27 Rz 18; Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 12 a.E.

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

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entsprechende Anwendung des§ 26 HGB wurden beim Vorerben bereits ausführlich dargelegt 348• Entscheidend kommt es daher darauf an, ob eine planwidrige Lücke des Gesetzes insoweit vorliegt, als ein unangemessener Vorteil für die Geschäftsgläubiger besteht, der bei unmittelbarer Anwendung des § 26 HGB im Fall des vorläufigen Erben unausgeglichen bliebe. Da der vorläufige Erbe bei der Geschäftsfortführung nicht nur Nachlaßverbindlichkeiten 349, sondern zugleich schuldrechtliche Eigenverbindlichkeiten begründet, neben die nach Ausschlagung und Ablauf der Einstellungsfrist bei Firmenfortführung die unbeschränkbare Haftung des endgültigen Erben aus §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB tritt 350, ist ein solcher Gläubigervorteil zu bejahen. Dieser bliebe unausgeglichen, weil § 26 HGB den Fall des vorläufigen Erben unmittelbar nicht erfaßt. Da es sich aber um den gleichen Gläubigervorteil wie beim rechtsgeschäftliehen Erwerb handelt, muß § 26 HGB auch hier entsprechende Anwendung finden.

cc) Verzögerung des Haftungseintritts durch Ausschlagungshäufung Der Eintritt der Haftung des endgültigen Erben nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB kann sich dadurch erheblich hinauszögern, daß es nach dem Erbfall zu mehreren Ausschlagungen hintereinander kommt. Ein Hinausschieben des Haftungseintritts über die in § 27 Abs. 2 S. 1 HGB genannte Frist von drei Monaten hinaus sieht das Gesetz selbst vor 351 , wobei § 27 Abs. 2 S. 3 HGB eine besondere Verbindung zur Ausschlagungsfrist des§ 1944 herstellt. Klärungsbedürftig ist dabei zunächst, ob dem fortführenden endgültigen Erben nicht nur die 6-wöchige Ausschlagungsfrist, sondern die dreimonatige Frist des § 27 Abs. 2 HGB zur Verfügung steht, auch wenn seit dem Erbfall schon weit mehr als drei Monate verstrichen sind 352• Richtigerweise ist ihm die dreimonatige Frist zu gewähren. Denn ratio des § 27 Abs. 2 HGB ist es, dem Erben eine Überlegungsfrist einzuräumen, innerhalb der er sich über eine so wichtige Entscheidung wie die Fortführung eines Handelsgeschäfts Klarheit verschaffen kann 353 • Hiervon kann es für den endgültigen Erben, dem ein oder mehrere Ausschlagende vorausgegangen sind, keine Ausnahme geben, nur weil der Erbfall schon mehr als drei Vgl. oben F I 3 a bb) (2). Der Charakter der Nachlaßverbindlichkeit gegenüber den Geschäftsgläubigern verschwindet mit der Ausschlagung rückwirkend. Die Nachlaßerbenschuld wandelt sich in eine reine Eigenschuld des Ausschlagenden. 350 Der Ausschlagende und der definitive Erbe haften dann als Gesamtschuldner. 351 Zu § 27 Abs. 2 S. 2, S. 3 HGB vgl. oben C I 1 c aa). 352 Ein Beispiel soll dies erläutern: Der Erblasser verstirbt am 1.1. Der testamentarisch eingesetzte Erbe E schlägt am 5.5. aus, nachdem die Verkündung der Berufung am 20.4. erfolgt war, § 1944 Abs. 2 S. 2. Der gesetzliche ErbeN erfährt vom Anfall der Erbschaft an ihn am 20.5. und schlägt am 1.6. aus. Frage ist, ob der endgültige Erbe D, der noch am 1.6. von seiner Erbenstellung Kenntnis erlangt, bereits nach Ablauf des 13.7. oder erst ab 2.9. gemäߧ§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB haftet. 353 Denkschrift zum HGB, S. 37; Großkomm-Hüffer § 27 Rz 26. 348

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Monate zurückliegt 354• Für ihn hat sich dadurch die Überlegungszeit nämlich gerade nicht verlängert. Erscheint eine Verzögerung des Haftungseintritts im aufgezeigten Umfang als zulässig, bleibt zu prüfen, ob damit eine Risikoerhöhung für die Geschäftsgläubiger einhergeht, die möglicherweise zu einem abweichenden Ergebnis zwingt. Dabei sind Geschäftsgläubiger der ausschlagenden Erben von denen zu unterscheiden, die noch mit dem Erblasser kontrahiert haben. Der ersten Gruppe haften die Ausschlagenden persönlich für die während der kurzen Fortführung des Handelsgeschäfts neu begründeten Verbindlichkeiten. Insoweit ergibt sich kein Unterschied zum Normalfall 355 • Jedoch müssen diese Geschäftsgläubiger auf den zweiten Schuldner in Person des fortführenden endgültigen Erben unter Umständen sehr lange warten, was sich bei Illiquidität des Ausschlagenden negativ bemerkbar machen kann. Eine wirkliche Schlechterstellung bedeutet dies indes nicht. Auch im Normalfall können sie nämlich nicht sicher sein, einen nach§ 27 Abs. 1 HGB haftenden endgültigen Erben als zweiten Schuldner zu bekommen. Schwieriger freilich gestaltet sich die Lage für die Geschäftsgläubiger, denen gegenüber sich noch der Erblasser verpflichtet hat. Die Verzögerung des Eintritts persönlicher Haftung des Erben durch Ausschlagungshäufung ist für sie am gravierendsten, weil sie bis zur Annahme darauf verwiesen sind, die Bestellung eines Nachlaßpflegers zu beantragen, um mit einer Klage gegen ihn sich zumindest aus dem Nachlaß befriedigen zu können. Auf einen persönlichen Schuldner, wie es der Ausschlagende ist, können sie hingegen nicht zurückgreifen. Diese Sachlage zwingt aber nicht zu einem abweichenden Ergebnis bezüglich der Ausgangsfrage. Sie ergibt sich für die Erblassergeschäftsgläubiger vielmehr aus der konsequenten Anwendung des Gesetzes, vgl. § 27 Abs. 2 HGB; §§ 1942, 1944, 1953 Abs. 1. dd) Rechtslage bei Anfechtung der Erbschaftsannahme (1) Formel des Bundesgerichtshofs Näherer Untersuchung bedarf abschließend der Sonderfall einer langfristigen Fortführung des Handelsgeschäfts durch den vorläufigen Erben. Sie ist möglich, wenn der (zunächst) endgültige Erbe seine Erbschaftsannahme im nachhinein noch anficht 356, §§ 1954 ff. Für die Frage, ob der endgültige Erbe auch hier für 354 Verstirbt der Erbe während der Ausschlagungsfrist, steht den Erbeserben ebenfalls die Frist des § 27 Abs. 2 HGB zur Verfügung, vgl. Düringer I Rachenburg I Hoeniger § 27 Anm. 11; Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 27 Anm. 7 a. E. Soweit dies allerdings mit der Regelung des § 1952 Abs. 2 begründet wird, überzeugt es nicht. Richtiger ist es, auch hier auf die ratio des § 27 Abs. 2 HGB abzustellen. 355 Zur Haftung des vorläufigen Erben nach Ausschlagung vgl. oben F ll 2 b bb). Mit dem Normalfall ist hier stets der Fall gemeint, daß nur ein Ausschlagender vorhanden ist, eine Häufung von Ausschlagungen also nicht stattfindet. 356 Zu diesem Phänomen vgl. oben F II I b.

II. Die Fortführung durch den vorläufigen Erben

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die Geschäftsverbindlichkeiten des Anfechtenden nach § 27 Abs. 1 HGB haftet, ist die Formel des Bundesgerichtshofs 357 heranzuziehen. Danach ist eine Haftung unter der Voraussetzung zu bejahen, daß das Handelsgeschäft im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Erbenrechts des Zweitnachfolgers noch zur Erbmasse gehört. Hierin kommt zunächst eine Selbstverständlichkeit insofern zum Ausdruck, als ohne Nachlaßzugehörigkeit das Handelsgeschäft nicht vom Erben erworben werden kann und sowohl Fortführung als auch Haftung ausgeschlossen wären. Des weiteren wird klar, daß beim endgültigen Erben für die Nachlaßzugehörigkeit der Zeitpunkt des Erbfalls entscheidend ist, denn zu diesem Moment entsteht kraftder Fiktion der§§ 1957 Abs. 1 Alt. 1, 1953 Abs. 2 sein Erbenrecht Letzteres hat der Bundesgerichtshof nicht explizit festgestellt, ergibt sich aber aus der konsequenten Anwendung der von ihm entwickelten Formel, deren Gebrauch er nicht auf den Vor- und Nacherben beschränkt sieht 358 • Zwar differiert bei dem Nacherben und dem endgültigem Erben der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Erbenrechts, weil für den Nacherben nicht der Erbfall, sondern der Nacherbfall maßgeblich ist. Letzteres ist jedoch eine Folge der sowieso vorhandenen Unterschiede dieser Rechtsfiguren und widerlegt nicht die Anwendbarkeit der Formel des Bundesgerichtshofs auf den endgültigen Erben. Da aber im Zeitpunkt des Erbfalls das Handelsgeschäft stets Nachlaßgegenstand sein wird, ist der endgültige Erbe auch bei Anfechtung der Annahme als zur Fortführung befugt und unter den Voraussetzungen der§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB als für die Geschäftsverbindlichkeiten des Anfechtenden haftbar anzusehen. (2) Behandlung atypischer Fälle Gerade in den Fällen, in denen es erst nach vielen Jahren zur Anfechtung der Annahme kommt 359, ist es aber möglich, daß der später Anfechtende das Handelsgeschäft mit sämtlichen Gegenständen veräußert. Eine solche Verfügung wäre per se nur unter der Voraussetzung des § 1959 Abs. 2, also bei entsprechender Dringlichkeit, wirksam. Fehlt es hingegen an der Dringlichkeit, konnte der Käufer das Unternehmen 360 zumindest gutgläubig erwerben,§§ 932 ff., 892 f., 2366. Für eine Anwendung des § 27 HGB auf den endgültigen Erben ist dann kein Raum, weil trotz rückwirkender Inhaberschaft des Handelsgeschäfts die Veräußerung ihm gegenüber wirksam ist und er demzufolge gar nicht fortführen kann. Der Anfechtende ist dem endgültigen Erben aus §§ 1959 Abs. 1, 681 S. 2, 667 herausgabepflichtig hinsichtlich dessen, was er für das Handelsgeschäft erlangt hat, BGHZ 32, 60 (66). Vgl. BGHZ 32, 60 (66). Dort spricht der Bundesgerichtshof nicht nur vom Vorund Nacherben, sondern auch vom vorläufigen und endgültigen Erben als aufeinanderfolgende .,Geschäftsnachfolger von Todes wegen". 359 § 1954 Abs. 4 läßt eine Anfechtung noch bis zum Ablauf von 30 Jahren nach der Annahme zu. 360 Zum Problem eines einheitlichen Verfügungsvertrages über das Unternehmen vgl. oben F I 2 b bb) FN 98. 357

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

wobei ordnungsgemäße Aufwendungen des vorläufigen Erben in Abzug zu bringen sind. Weiterhin bleibt zu prüfen, ob bei Fortführung des Handelsgeschäfts durch einen später seine Annahme Anfechtenden eine Aussonderung des Geschäfts aus dem Nachlaß denkbar ist, wie sie für den endgültigen Alleinerben angenommen wurde 361 • Wäre eine solche Aussonderung zu bejahen, hätte dies zur Folge, daß der endgültige Erbe mit dem Erbschaftsanfall in seiner Person das Handelsgeschäft nicht mehr erwerben könnte, was unter Berücksichtigung des vom vorläufigen Erben erbrachten Einsatzes auch nicht als unbilliges Ergebnis erschiene. Es entfiele damit die Befugnis des endgültigen Erben, das Unternehmen fortzuführen, und infolgedessen auch jegliche Haftung seinerseits aus § 27 Abs. 1 HGB. Jedoch stünde eine solche Rechtsfolge im Widerspruch zur Fiktionswirkung der §§ 1957 Abs. 1 Alt. 1, 1953 Abs. 2, die den endgültigen Erben bereits mit dem Erbfall zum Berechtigten macht. Weil das Erbemecht ex tune wirksam wird, ist der Erbfall der entscheidende Zeitpunkt für die Frage der Nachlaßzugehörigkeit. Eine Aussonderung wie beim endgültigen Alleinerben 362 ist daher nicht möglich. Der Anfechtende hat vielmehr das Handelsgeschäft gern. §§ 1959 Abs. 1, 681 S. 2, 667 herauszugeben. Dies gilt auch, wenn man die- aus Sicht des vorläufigen Erben erfolgte- ,,Ausgliederung des Handelsgeschäfts aus dem Nachlaß" als dringliche Verfügung im Sinne des § 1959 Abs. 2 zugunsten des Anfechtenden qualifizieren wollte. Er hätte dann nämlich ebenfalls das Handelsgeschäft inklusive der das Geschäftsvermögen konstituierenden Gegenstände aus der Geschäftsführung erlangt. Nach allem ist festzuhalten, daß der endgültige Erbe nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB auch für die Geschäftsverbindlichkeiten einzustehen hat, die der seine Annahme anfechtende Erbe zwischenzeitlich begründet hatte. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Anfechtende über einen sehr langen Zeitraum das Handelsgeschäft fortgeführt hatte.

361 Zum Ausscheiden des Handelsgeschäfts als sochen aus dem Nachlaß eingehend oben E III 1 c cc) (3). 362 Hierzu oben E III 1 c cc) (3).

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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111. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben 1. Der vermeintliche Erbe im Rechtsverkehr a) Begriff des vermeintlichen Erben

Der Terminus "vermeintlicher Erbe "ist weder im Gesetz vorzufinden noch in der Literatur weit verbreitet. Soweit sie ihn verwendet 363, wird er zuweilen als Synonym für den "Scheinerben" gebraucht 364 • Eine Begriffsklärung ist dadurch aber noch nicht erreicht, weil unklar bleibt, ob der Scheinerbe allgemein denjenigen bezeichnet, der im Rechtsverkehr den Anschein erweckt, Erbe zu sein, oder aber nur denjenigen, der in einem Erbschein als Erbe benannt ist, § 2365. Präziser ist es daher, unter dem vermeintlichen Erben den zu verstehen, der im Rechtsverkehr gut- oder bösgläubig als wahrer Erbe auftritt, ohne in Wirklichkeit Gesamtrechtsnachfolger zu sein. Soweit er in einem Erbschein als Erbe ausgewiesen ist, soll von einem Erbscheinserben gesprochen werden. Der Begriff des vermeintlichen Erben ist also in jedem Fall der weitere, da er auch den ohne Erbschein Auftretenden umfaßt. Wenn das Gesetz auch nicht ausdrücklich vom vermeintlichen Erben spricht, so hat es den zugrundeliegenden Lebenssachverhalt dennoch erkannt, wie die Vorschriften über den Erbschaftsbesitzer, §§ 2018 ff., sowie über die Vermutungswirkung und den öffentlichen Glauben des Erbscheins, §§ 2365 ff. , beweisen. Erbschaftsbesitzer ist dabei nur, wer auf Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat, § 2018. Das Auftreten als Erbe, die Erbrechtsanmassung alleine genügt dafür also noch nicht; jedoch wird damit regelmäßig eine Erlangung verbunden sein, weil für letztere schon der Erwerb des mittelbaren Besitzes genügt365• b) Entstehungsgründe

Daß eine natürliche Person als Erbe angesehen wird und die Erbschaft tatsächlich übernimmt, obwohl sie in Wahrheit nicht Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers geworden ist, kann ganz verschiedene Gründe haben 366. Nicht selten kommt es vor, daß ein erst Jahre nach dem Erbfall aufgefundenes Testament entweder die gesetzliche Erbfolge oder ein älteres Testament außer Kraft setzt. 363 Fischer FS Heymanns Verlag S. 271 ff.; Palandt/Edenhofer § 2018 Anm. 2 a, § 2019 Anm. 1; Bode, S. 10 ff., 56 ff.; Roloff, S. 2. 364 So Roloff, S. 2; MünchKomm-Siegmann § 1967 Rz 25 spricht auch vom Scheinerben, ohne allerdings eine Beziehung zum vermeintlichen Erben herzustellen. 365 Palandt/Edenhofer § 2018 Anm. 2 b. 366 Vgl. zum folgenden Brox, Erbrecht, Rz 549; Leipold Rz 468; MünchKommJülicher § 20 18 Rz 21.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Ebenso hinterläßt die Anfechtung letztwilliger Verfügungen nach§§ 2078, 2079, 2281 sowie des Erbschaftserwerbs im Falle der Erbunwürdigkeit 367, §§ 2339 ff., aufgrundihrer ex-tunc-Wirkung, §§ 142 Abs. 1, 2344 Abs. 1, einen vermeintlichen Erben. Gleiches gilt in dem Fall, daß sich jemand als Erbe des für tot Erklärten wähnt, wenn letzterer in Wahrheit noch lebt, vgl. § 2031. Und zutreffender Auffassung nach ist auch bei Anfechtung der Ausschlagung der als vermeintlicher und nicht als vorläufiger Erbe anzusehen, der nach der Ausschlagung des vorläufigen Erben die Erbschaft bis zur Anfechtung innehatte 368• c) Der vermeintliche Erbe ohne Erbschein

Schließt der vermeintliche Erbe mit Dritten Verfügungsgeschäfte über Erbschaftsgegenstände, ohne daß er in einem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, bleibt dies ohne nachteilige Wirkung für den wahren Erben, da der Dritte trotz seiner Gutgläubigkeit im Hinblick auf die Erbenstellung seines Geschäftspartners nicht geschützt ist. Der zum Nachlaß gehörige Gegenstand gilt dem wahren Erben nämlich als abhanden gekommen, so daß der Dritte daran kein Eigentum erlangen kann §§ 857, 932, 935. Insofern ist der wahre Erbe also vor Rechtshandlungen des vermeintlichen Erben geschützt. Er kann den Gegenstand gern. § 985 vom Dritten herausverlangen. Geht er allerdings gegen den vermeintlichen Erben bezüglich des Gegenwerts vor, der als Ersatzgut in den Nachlaß gefallen ist, § 2019 Abs. 1, liegt hierin regelmäßig die nachträgliche Genehmigung des Verfügungsgeschäfts, bedingt jedoch durch die tatsächliche Herausgabe des Surrogats an den Erben 369• d) Der Erbscheinserbe

Sehr viel stärker ist die Rechtsposition des wahren Erben dann bedroht, wenn der vermeintliche Erbe zugleich Erbscheinserbe ist. Im Hinblick auf Verfügungsgeschäfte ist der Dritte als Geschäftspartner des Erbscheinserben nämlich durch den öffentlichen Glauben des Erbscheins geschützt 370, sofern er weder positiv die Unrichtigkeit des Erbscheins kennt oder Kenntnis vom Rückgabeverlangen des Nachlaßgerichts wegen der Unrichtigkeit hat, §§ 2366, 2365. Sein guter Glaube ist allerdings nur soweit geschützt, wie die Vermutung des§ 2365 reicht. Er kann also darauf vertrauen, daß dem Erbscheinserben das Erbrecht zusteht Hierzu oben F II 1 c mit FN 252. Hierzu oben F II 1 b mit FN 242. 369 Brox, Erbrecht, Rz 578; Jauemig I Stümer § 2019 Anm. 3 a; Lange I Kuchinke § 42 II 3 S. 701; PalandtiEdenhofer § 2019 Anm. 3; Schlüter § 34 VII 2 a S. 253; SoergeliDieckmann § 2019 Rz 3. 370 Der Erbschein muß dem Dritten dabei nicht vorgelegt worden sein. Brox, Erbrecht, Rz 590; Erman I Schlüter § 2366 Rz 4; Jauemig I Stümer § 2366 Anm. 1 a; Leipold Rz 483; Soergel I Damrau § 2366 Rz 2. 367

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III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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und dieser nicht durch andere als die im Erbschein angegebenen Anordnungen beschränkt ist 371 • Nicht jedoch kann er davon ausgehen, daß der Verfügungsgegenstand gerade zum Nachlaß gehört 372. Auch besteht keine Gutglaubenswirkung bei zwei einander widersprechenden Erbscheinen 373. Trotz dieser Einschränkungen bewirkt § 2366 insgesamt eine Erweiterung des Gutglaubensschutzes. Zum einen erfaßt er nämlich auch Forderungen und sonstige Rechte. Zum anderen reicht § 2366 über den Schutz der §§ 932 ff. hinaus, weil er den Besitz- und Eigentumsschutz des wahren Erben, der über §§ 857, 935 begründet wird, ausschaltet; denn der Dritte kann nach §§ 929, 2366 gutgläubig erwerben 374• Muß der wahre Erbe folglich Verfügungen des Erbscheinserben in diesem Umfang gegen sich gelten lassen, kann er sich nur an das vom Erbscheinserben erlangte Surrogat halten, §§ 2018, 2019. Schließlich ist über§ 2367 eine entsprechende Anwendung der §§ 2366, 2365 auf die Fälle angeordnet, in denen der Dritte an den Erbscheinserben geleistet hat. Diese Leistungen muß der wahre Erbe gegen sich gelten lassen, so daß der Dritte insoweit befreit wird. Hierdurch ist der Erbe auf Ansprüche gegen den Erbscheinserben aus§§ 2018, 2019; 816 Abs. 2 verwiesen37s.

2. Haftungslage nach bürgerlichem Recht a) Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern und den Neugläubigern

aa) Haftung des vermeintlichen Erben Der vermeintliche Erbe ist nicht Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers, so daß er mit dem Erbfall auch nicht Schuldner der Nachlaßverbindlichkeiten wird. §§ 1922, 1967 greifen hier nicht ein. Da es längere Zeit dauern kann, bis der wahre Erbe feststeht, wird sich aber insbesondere der gutgläubige vermeintliche Erbe verpflichtet sehen, die vom Erblasser herrührenden Schulden sowie vermeintliche Erbfallschulden zu begleichen. Für den Nachlaßgläubiger ist dies 371 Brox, Erbrecht, Rz 588; Ennan I Schlüter § 2365 Rz 3; § 2366 Rz 2; Jauernig I Stürner § 2365 Anm. 1 a; § 2366 Anm. 1 a; Lange I Kuchinke § 41 VII 2 a S. 618; Leipo1d Rz 482; MünchKomm-Promberger § 2365 Rz 7, 9; Soergell Damrau § 2365 Rz 3. 372 Brox, Erbrecht, Rz 588; Ennan I Schlüter § 2366 Rz 6; Leipold Rz 484; Soergell Damrau § 2365 Rz 3. Der gutgläubige Erwerb nachlaßfremder Gegenstände vom Scheinerben ist aber bei Heranziehung der§§ 892, 932 ff., die neben§ 2366 anwendbar sind, möglich. 373 BGHZ 33, 314 (317); 58, 105 ( 108); Brox, Erbrecht, Rz 589; Ennan I Schlüter § 2366 Rz 4; Jauernig I Stürner § 2366 Anm. 1 a; Leipold Rz 482 FN 46; MünchKommPromberger § 2365 Rz 19; Soergell Damrau § 2366 Rz 3; Staudinger I Fiesehing § 2366 Rz 19.- A.A. Henninghausen NJW 1986, 571; John Rz 357; Lindacher DNotZ 1970, 93 (102 f.). 374 Erman I Schlüter § 2366 Rz 7; Leipold Rz 484; MünchKomm-Promberger § 2366 Rz 28; Soergell Damrau § 2366 Rz 5. 375 Ennan I Schlüter § 2367 Rz 1; Jauernig I Stürner § 2367 Anm. 1; Leipold Rz 486; MünchKomm-Promberger § 2367 Rz 11.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

solange unproblematisch, als der vermeintliche Erbe die Verbindlichkeiten aus Nachlaßmitteln bestreitet. Dagegen sieht er sich einem Anspruch des vermeintlichen Erben aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 wegen Leistung auf vermeintlich eigene Schuld ausgesetzt 376, wenn dieser zu ihrer Begleichung Eigenmittel aufgewendet hat und diesbezüglich nicht gegen den wahren Erben vorgehen möchte 377 • Begründet der vermeintliche Erbe in der irrtümlichen Annahme, den Nachlaß zu verwalten, neue Verbindlichkeiten, verpflichtet er sich hieraus persönlich. Dabei handelt es sich, auch wenn sie ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses entspräche, stets um eine reine Eigenschuld, da er nicht wirklicher Erbe ist und das Gesetz ihm keine Befugnis einräumt, den Nachlaß zu verpflichten. Folglich können sich Neugläubiger zur Befriedigung ihrer Forderungen grundsätzlich nur an das Eigenvermögen ihres Kontrahenten halten 378 •

bb) Haftung des wahren Erben Als Rechtsnachfolger des Erblassers haftet der wahre Erbe für sämtliche Nachlaßverbindlichkeiten, § 1967, also für Erblasserschulden, Erbfallschulden sowie die von ihm selbst in Verwaltung des Nachlasses begründeten Nachlaßerbenschulden. Erfassen beim Nacherben die Erbfallschulden auch diejenigen Verbindlichkeiten, die der Vorerbe in Verwaltung des Nachlasses begründet hatte, ist dies beim wahren Erben bezüglich der Verbindlichkeiten des vermeintlichen Erben nicht der Fall. Letzterer war zu keinem Zeitpunkt Rechtsnachfolger des Erblassers379, und dem Gesetz ist auch keine Verpflichtungsbefugnis des vermeintlichen Erben im Hinblick auf den Nachlaß zu entnehmen 380. Daran ändert auch die Ausstellung eines Erbscheins nichts. §§ 2366, 2367 betreffen nur dingliche Verfügungsgeschäfte und gleichgestellte Rechtsgeschäfte mit Verfügungscharakter, nicht jedoch Verpflichtungsgeschäfte. Dies läßt bereits der Wortlaut der Vorschriften klar erkennen 381 . Hieraus folgt , daß der wahre Erbe keinem Gläubiger der vom vermeintlichen Erben in Verwaltung des Nachlasses begründeten Verbindlichkeiten haftet, mag der vermeintliche Erbe auch gutgläubig gehandelt haben. Im Außenverhältnis haftet der wahre Erbe also nur denNachlaßgläubigern. 376 Brox, Erbrecht, Rz 560 a. E.; Staudinger I Gursky § 2022 Rz 5. 377 Zum Verwendungsersatzanspruch des vermeintlichen Erben gegen den wahren Erben aus § 2022 Abs. 2, 3 vgl. unten F III 2 b bb) ( 1). 378 Ob sich für Verbindlichkeiten, die bei Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts begründet werden, etwas anderes ergibt, wird noch unten F III 3 b bb) näher zu erörtern sein. 379 Zum vorläufigen Erben vgl. oben F II 2 a. 380 Dort, wo es diese Befugnis auch für Nichterben erforderlich hielt, hat das Gesetz sie ausdrücklich angeordnet, wie beispielsweise beim Nachlaßverwalter in § 1985 Abs. 1 oder beim Testamentsvollstrecker §§ 2205, 2206. 381 Im Ergebnis ebenso Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 43; Erman I Schlüter § 2366 Rz 3; Konzen ZHR 145 (1981), 29 (32 f.); MünchKomm-Promberger § 2366 Rz 30; § 2367 Rz 7; PalandtiEdenhofer § 2367 Anm. 1; SoergeliDamrau § 2366 Rz 5; Staudinger I Firsching § 2366 Rz 16; Berger, S. 77 ff.; Seeghitz, S. 33.

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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b) Haftungsverhältnis zwischen dem vermeintlichen und dem wahren Erben

aa) Herausgabepflicht und Haftung des vermeintlichen Erben gegenüber dem wahren Erben Da der wahre Erbe mit dem Erbfall gern. § 1922 Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers wird, kann er vom vermeintlichen Erben im Wege der Einzelansprüche aus §§ 985, 861, 1007 die Herausgabe von Erbschaftsgegenständen oder aus §§ 812 ff. die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen. Daneben ist der vermeintliche Erbe als Erbschaftsbesitzer aber auch dem erbrechtliehen Gesamtanspruch 382 des wahren Erben unter den Voraussetzungen des § 2018 ausgesetzt. Hat er unter Anmaßung eines Erbenrechts etwas aus der Erbschaft erlangt, ist er dem wahren Erben zur Herausgabe des ursprünglich Erlangten, der Surrogate 383 und der Nutzungen verpflichtet, §§ 2018- 2020. Die Herausgabepflicht trifft ihn unabhängig davon, ob er gut- oder bösgläubig die Erbschaft übernommen hat. In den meisten Fällen wird er als ursprünglich Erlangtes den Besitz an sämtlichen Sachen herauszugeben haben, jedoch muß es nicht dabei bewenden. Von § 2018 erlaßt ist vielmehr auch jeder andere Vorteil, wie beispielsweise die unrichtige Grundbucheintragung, die er zu seinen Gunsten herbeigeführt hat 384• Ist dem vermeintlichen Erben die Herausgabe unmöglich, haftet er als gutgläubigerunverklagter Erbschaftsbesitzer dem wahren Erben nach Bereicherungsrecht, kann sich dabei aber auf seine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 berufen. Eine Haftungsverschärfung tritt ein bezüglich der Verschlechterung, des Untergangs oder einer auf sonstigem Grund beruhenden Unmöglichkeit der Herausgabe, wenn der Erbschaftsbesitzer von Beginn an bösgläubig 385 war oder zwischenzeitlich Rechtshängigkeit eingetreten ist. In diesen Fällen finden die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses Anwendung, §§ 2023, 2024 386• Der deliktische Erbschaftsbesitzer 387 haftet nochmals verschärft nach 382 Der Gesamtanspruch geht auf Herausgabe der erlangten Erbschaft im Ganzen und erspart dem wahren Erben die Geltendmachung der Einzelansprüche. Brox, Erbrecht, Rz 547; Leipold Rz 468; Schlüter § 34 I 1 S. 244. 383 Das durch Rechtsgeschäft mit Erbschaftsmitteln Erlangte wird ohne Durchgangserwerb beim vermeintlichen Erben unmittelbar NachlaßbestandteiL Vgl. Palandt I Edenhofer § 2019 Anm. I; Schlüter § 34 VII 2 S. 253. 384 Brox, Erbrecht, Rz 552; Erman I Schlüter § 2018 Rz 3; Jauemig I Stümer § 2018 Anm. 2; Lange I Kuchinke § 42 II 3 S. 701; Soergel I Dieckmann § 2018 Rz 10; Staudinger IGursky § 2018 Rz 18. 385 Bösgläubig ist der vermeintliche Erbe, wenn er bei Begründung des Erbschaftsbesitzes weiß oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht weiß, daß er nicht Erbe ist (vgl. §§ 932 Abs. 2, 2024 S. I) oder wenn er dies später erfährt, § 2024 S. 2. 386 Die Haftungsverschärfung zeigt sich insbesondere darin, daß der vermeintliche Erbe sich nicht mehr auf den Wegfall seiner Bereicherung berufen kann. 387 Als deliktischer Erbschaftsbesitzer gilt derjenige, der einen Erbschaftsgegenstand durch eine Straftat oder eine zur Erbschaft gehörende Sache durch verbotene Eigenmacht erlangt hat, § 2025 S. I.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

§§ 2025, 823, 249. Ob der wahre Erbe seine Einzelansprüche aus §§ 985, 861, 1007 oder den Gesamtanspruch aus§ 2018 geltend macht, bleibt ihm überlassen. In beiden Fällen sind für die Haftung des vermeintlichen Erben die §§ 20182026 zu berücksichtigen, § 2029. bb) Pflichtenstellung des wahren Erben gegenüber dem vermeintlichen Erben ( 1) Verwendungsersatzpflicht Die Tatsache, daß der wahre Erbe den Neugläubigern des vermeintlichen Erben gegenüber nicht haftet, ließe den Schluß zu, daß das Risiko eines vermeintlichen Erbrechts vollständig auf denjenigen verlagert ist, der sich irrtümlich für den Erben hält. Einen Teil dieses Risikos nimmt§ 2022 dem gutgläubigen unverklagten Erbschaftsbesitzer jedoch dadurch ab, daß er ihm einen Verwendungsersatzanspruch gegen den wahren Erben zuspricht, soweit die Verwendungen nicht bereits durch Anrechnung auf die gern. § 2021 geschuldete Herausgabe der Bereicherung gedeckt werden. § 2022 bezieht sich auf alle Vermögensaufwendungen, die ein solcher vermeintlicher Erbe aus Eigenmitteln 388 auf einzelne Nachlaßgegenstände oder auf die Erbschaft als Ganzes gemacht hat, schließt also auch überflüssige Verwendungen ein 389 • Als Verwendung auf die Erbschaft gilt auch die Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten aus Eigenmitteln des Erbschaftsbesitzers, § 2022 Abs. 2 Alt. 2. Hierdurch wird ein notwendiger Ausgleich dafür geschaffen, daß der vermeintliche Erbe die vom Erblasser herrührende Belastung des Nachlasses verringert hatte. Bei der Geltendmachung des Verwendungsersatzes muß der redliche Erbschaftsbesitzer allerdings stets §§ 1000-1003 beachten, § 2022 Abs. 1 S. 2. Ihm steht ein Zurückbeha1tungsrecht, §§ 1000, 273, 274, ein klagbarer Anspruch auf Ersatz der Verwendungen unter den Voraussetzungen des § 1001 sowie ein pfandähnliches Befriedigungsrecht an allen Erbschaftssachen, die sich noch in seinem Besitz befinden, zu. Schließlich bleiben dem gutgläubigen Erbschaftsbesitzer auch die Ersatzansprüche nach den allgemeinen Vorschriften bezüglich solcher Aufwendungen erhalten, die er für unkörperliche Erbschaftsgegenstände oder die Erbschaft als Ganze vorgenommen hat, § 2022 Abs. 3. Zu denken ist hier insbesondere an Bereicherungsansprüche 390 • Beim bösgläubigen, verklagten und deliktischen Erbschaftsbesitzer wird dieser Ausgleich dagegen nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der§§ 2023 Abs. 2, 994 Abs. 2, 683, 670 bzw. §§ 2025, 850, 994 ff. gewährt. Ersatzfahig sind demnach nur notwendige Verwendungen, also sämtliche Vermögensaufwendungen, die den Vgl. Staudinger I Gursky § 2022 Rz 3; MünchKomm-Jülicher § 2022 Rz 4. Insoweit ist der gutgläubige Erbschaftsbesitzer besser gestellt als der redliche Besitzer gegenüber dem Eigentumsherausgabeanspruch, vgl. §§ 994-996. 390 Vgl. hierzu MünchKomm-Jülicher § 2022 Rz 14; Soergel I Dieckmann § 2022 Rz 8; Staudinger I Gursky § 2022 Rz 12. 388

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III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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Erbschaftsgegenständen unmittelbar zugute kommen, zur Erhaltung ihrer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung objektiv erforderlich sind und darüber hinaus dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des wahren Erben entsprechen. Fehlt es an letzterem, besteht lediglich ein Bereicherungsanspruch, §§ 2023 Abs. 2, 994 Abs. 2, 684 S. 1, 812,818 ff.; §§ 2025,850,994 Abs. 2, 684 S. l, 812,818 ff. (2) Befreiungspflicht

Denkbar ist auch, daß der vermeintliche Erbe Aufwendungen aus seinem Eigenvermögen auf die Erbschaft plant und für diesen Zweck bereits Verbindlichkeiten gegenüber Dritten eingeht, also beispielsweise einen Kaufvertrag über eine neue Maschine abschließt. Hier wird man ihm gegen den wahren Erben einen Anspruch auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit zusprechen müssen, §§ 2022 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 257. Denn wäre es zur Verwendung seitens des vermeintlichen Erben gekommen, hätte er diese ebenso ersetzt verlangen können391. Ein Anspruch der Gläubiger gegen den wahren Erben entsteht daraus jedoch nicht. Zu keiner Zeit ist der vermeintliche Erbe nämlich als berechtigt anzusehen gewesen, den Nachlaß zu verpflichten, da er nie wirklicher Erbe war. Seine Rechtsstellung ist eine andere als die des Vorerben 392 und auch des vorläufigen Erben 393 • Die Gläubiger müssen sich daher darauf beschränken, gegen den Erbschaftsbesitzer vorzugehen. Allerdings bleibt ihnen auch das Recht, dessen Freistellungsanspruch gegen den wahren Erben zu pfanden.

3. Haftungslage bei Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts a) Haftung des vermeintlichen Erben

aa) Frühere Geschiiftsverbindlichkeiten Es wurde bereits festgestellt, daß eine Haftung des vermeintlichen Erben für Nachlaßverbindlichkeiten nicht in Betracht kommt, da er nicht Erbe ist und deshalb auch nicht die Erbschaft auf ihn gern. § 1922 übergehen konnte. Eine "erbrechtliche Haftung" aus § 1967 kann es für ihn folglich nicht geben, auch nicht für Geschäftsverbindlichkeiten des Erblassers. Zu klären bleibt aber, ob 391 Die Aufwendungen i. S. d. § 257 umfassen auch die in §§ 2022, 994 genannten Aufwendungen, vgl. Jauemig I Vollkommer §§ 256,257 Anm. 1, 2 c; Palandt/Heinrichs § 256 Anm. 1. Ein Befreiungsanspruch des Erbschaftsbesitzers gegen den wahren Erben wird in der Literatur nur vereinzelt ausdrücklich bejaht. Am deutlichsten insoweit Walker, S. 126 f. Darüber hinaus vgl. Gerhardt, S. 3. 392 Hierzu RGZ 90, 91 (95 f.) und oben F I 1 d aa) FN 26. 393 Hierzu oben F II 2 a cc) (2) (e). 15 Friedrich

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

für letztere sich nicht nach Handelsrecht eine Einstandspflicht ergibt, wenn der vermeintliche Erbe Unternehmen und Firma fortführt. (1) Haftung nach§ 27 Abs. 1 HGB

Eine unmittelbare Anwendung der §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB scheidet aus, da der Tatbestand nicht erfüllt ist. Zu keinem Zeitpunkt ist der vermeintliche Erbe wirklicher Erbe gewesen. Der Wortlaut des § 27 Abs. 1 HGB setzt die Erbeneigenschaft jedoch unzweifelhaft voraus 394• Eine Auslegung des Begriffs "Erbe" in dem Sinne, daß damit auch der Nichterbe gemeint sei, überschreitet die Grenzen des sprachlich noch möglichen Wortsinns. Nicht gefolgt werden kann daher der Auffassung Gerlachs, der auch in diesem Fall § 27 Abs. 1 HGB unmittelbar angewendet wissen will 395 • (2) Haftung aus Rechtsscheingrundsätzen

Eine Haftung könnte jedoch dann angenommen werden, wenn der vermeintliche Erbe zurechenbar einen Rechtsschein veranlaßt und der Geschäftsgläubiger im Vertrauen auf diesen Rechtsschein eine Disposition vorgenommen hat 396• Ein den Rechtsschein begründendes Verhalten könnte darin gesehen werden, daß der vermeintliche Erbe als rechtmäßiger Inhaber des Handelsgeschäfts auftrat, das er unter Beibehaltung der bisherigen Firma fortführte. Als problematisch erweist sich jedoch die Frage, worin die Vermögensdisposition des Geschäftsgläubigers, der auf einen Rechtsschein vertraut hat, zu sehen ist. Hatte beispielsweise der Gläubiger eine Maschine noch zu Lebzeiten des Erblassers geliefert, so war seine Kaufpreisforderung bereits vor dem Erbfall entstanden. Seine Vermögensdisposition erfolgte also zu einem Zeitpunkt, in dem eine Vertrauenslage im Hinblick auf den vermeintlichen Erben noch gar nicht begründet werden konnte 397• Eine Vertrauenshaftung käme demzufolge nur in Betracht, wenn der Geschäftsgläubiger bezüglich seiner Forderung erneut eine Disposition vornimmt, diesmal im Vertrauen auf die Inhaberstellung des vermeintlichen Erben. Dabei kann die 394 Die Literatur hat die Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens durch den vermeintlichen Erben, sei er Erbscheinserbe oder nicht, fast überhaupt nicht beschäftigt. Lediglich bei Ehrenberg I Pisko, S. 252; Gerlach, S. 85 Anm. 241, 244; Schricker ZGR 1972, 121 (150) mit FN 124; Nelson, S. 64 f.; Walker, S. 29 f., finden sich kurze Hinweise. Die Anwendung des § 27 Abs. l HGB auf den vermeintlichen Erben lehnen ab Ehrenberg/Pisko, S. 252; Schricker, S. 150 mit FN 124; Walker, S. 30. 395 Gerlach, S. 85 Anm. 241. Wenn auch die unmittelbare Anwendung des§ 27 HGB nicht überzeugt, so ist der für ihre Begründung gegebene Hinweis auf den ähnlich gelagerten Fall des unwirksamen Geschäftserwerbs unter Lebenden immerhin bedenkenswert. Auf diesen Aspekt wird sogleich zurückzukommen sein, vgl. unten F III 3 a aa) (3). 396 Zu den Voraussetzungen der Rechtsscheinhaftung im einzelnen vgl. GroßkommBrüggemann Anh. § 5 Rz 14 ff.; Großkomm-Hüffer § 15 Rz 6, § 25 Rz 116. 397 Vgl. die insoweit zutreffenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs in BGHZ 30, 391 (399).

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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Disposition sogar in einem Unterlassen bestehen, sofern sie nur eine wirtschaftliche Relevanz aufweist 398 • So läßt Brüggemann 399 die Nichtgeltendmachung einer Forderung gegenüber einer wirtschaftlich schwächer werdenden OHG dann genügen, wenn der Gläubiger darauf vertraute, durch den zahlungsfähigen Scheingesellschafter genügend gesichert zu sein. Jene Unterlassung soll die Haftung des Scheingesellschafters auch für Altverbindlichkeiten begründen, die vor seinem "Beitritt" entstanden waren. Übertragen auf das Einzelunternehmen hieße das, daß der Gläubiger die sofortige Geltendmachung seiner Ansprüche deswegen unterläßt, weil er von der Fortführung durch den vermeintlichen Erben Kenntnis erlangt und diesen- im Gegensatz zum Erblasser- für ausreichend vermögend hält. Dieser Fall erscheint jedoch insgesamt etwas sehr konstruiert. In aller Regel wird eine Rechtsscheinhaftung daran scheitern, daß bei Begründung der Geschäftsverbindlichkeit der Rechtsscheintatbestand noch nicht erfüllt war und nach dem Tod des Erblassers es an einer Disposition des Gläubigers 400 im Vertrauen auf den entstandenen Rechtsschein fehlt. (3) Haftung nach § 27 Abs. 1 HGB analog Das Erfordernis einer Vermögensdisposition eines Geschäftsgläubigers gerade dem vermeintlichen Erben gegenüber könnte jedoch entfallen, wenn auf den hier problematischen Fall § 27 HGB entsprechend anwendbar ist. § 27 HGB verlangt ein solches Verhalten des Geschäftsgläubigers nicht, sondern setzt lediglich die Fortführung des Geschäfts unter bisheriger Firma - allerdings durch den Erben - voraus. Im folgenden ist daher zu erörtern, ob eine analoge Anwendung des § 27 HGB auf den Scheinerben begründet werden kann.

(a) Vorliegen einer Gesetzeslücke Die Annahme einer Analogie setzt zunächst das Vorliegen einer Gesetzeslücke voraus. Sie ist gegeben, wenn das Gesetz eine Bestimmung vermissen läßt, die es nach dem Zweck der Regelung, nach dem ihr zugrundeliegenden "Plan" des Gesetzgebers enthalten sollte 401 • Die Frage, ob eine in dieser Weise beschriebene Gesetzeslücke vorliegt, ist aufgrund der dem Gesetz selbst innewohnenden Leitgedanken und Regelungszwecke zu entscheiden 402 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 511; Großkomm-Brüggemann Anh. § 5 Rz 34. Großkomm-Brüggemann Anh. § 5 Rz 34. 400 An der fehlenden Disposition des Gläubigers scheitert eine Haftung des vermeintlichen Erben für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten nicht nur in dem hier zugrunde gelegten Fall des Auftretens als neuer Inhaber, sondern auch dann, wenn er als neuer Inhaber im Handelsregister eingetragen war. 401 Larenz, Allg. Teil § 4 II S. 77. Vgl. auch Canaris, Lückenfeststellung, S. 16 f.; Engisch, Einführung, S. 138 ff. 402 Larenz, Allg. Teil § 4 II, S. 77. 398

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

(aa) Gesetzesplan Mit § 27 HGB soll der Handelsverkehr insoweit geschützt werden, als er auf die unbeschränkbare Haftung des jeweiligen Inhabers der Einzelunternehmung vertraut. Werden Unternehmen und Firma vom Erben fortgeführt, so soll auch dieser für die Altverbindlichkeiten haften, und zwar ohne auf die erbrechtliehen Beschränkungsmöglichkeiten zurückgreifen zu können. Der Erbe wird damit jedem rechtsgeschäftliehen Erwerber des Handelsgeschäfts gleichgestellt. Der Gesetzesplan erschließt sich jedoch nicht nur über die konkret untersuchte Regelung, sondern auch durch die Heranziehung des systematischen Zusammenhangs, in den sie gestellt ist 403 • Hier fällt der Blick auf§ 25 HGB. Trotz der herausgearbeiteten Unterschiede beider Normen 404 ist ihnen gemeinsam, den Handelsverkehr zu schützen, soweit dieser des Schutzes bedarf. Bei Fortführung von Unternehmung und Firma soll es nicht Aufgabe des Geschäftsverkehrs sein, zu überprüfen, ob ein Inhaberwechsel stattgefunden hat, und welche haftungsrechtlichen Konsequenzen sich hieraus ergeben können 405 • Fraglich ist nun aber, ob der Gesetzesplan auch diejenigen Fälle erfaßt, in denen zwar Geschäft und Firma durch eine andere Person als den bisherigen Inhaber fortgeführt 406 werden, der Erwerb des U nternehmens jedoch unwirksam bzw. nur ein vermeintlicher war. Für§ 25 HGB ist die Antwort umstritten, für § 27 HGB werden Antworten nur ganz vereinzelt gegeben 407 , ohne sie aber vertieft zu diskutieren. In Rechtsprechung 408 und Literatur 409 wird ganz überwiegend angenommen, daß es für die Haftung des rechtsgeschäftliehen Erwerbers eines Handelsgeschäfts nach § 25 Abs. 1 HGB nicht darauf ankomme, daß das zugrundeliegende Erwerbsgeschäft410 wirksam war. Unerheblich sei dabei auch, ob sich der Wirksamkeitsmangel411 auf das Verpflichtungs- oder das Erfüllungsgeschäft oder auf 403 Sehr anschaulich ist die Heranziehung des systematischen Zusammenhangs zur Ermittelung einer Gesetzeslücke dargestellt in BGH NJW 1988, 2109 (2110). 404 Vgl. Hierzu C II 6 a cc) und C II 6 h. 405 Beim Erwerb unter Lebenden kann der Handelsverkehr nicht die Übernahmevereinbarungen der Parteien überprüfen (es sei denn, sie werden im Hinblick auf die Haftung nach § 25 Abs. 2 HGB kundgemacht), noch soll der neue Inhaber, der kraft Erbrechts erworben hat, den Handelsverkehr auf den Nachlaß verweisen können. 406 Zum Begriff der Fortführung oben C I 1 a. 407 Gerlach, S. 85 FN 241; Schricker ZGR 1972, 121 (150). 408 RGZ 149, 25 (28); BGHZ 18, 248 (251 f.); 22, 234 (239); BGH NJW 1984, 1186 (1187); OLG DüsseldorfNJW 1963, 545; OLG Nümberg BB 1970, 1193; OLG Frankfurt NJW 1980, 1397 (1398). 409 Baumbach I Duden I Hopt § 25 Anm. 1 C b; Großkomm-Hüffer § 25 Rz 39; Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 25 Anm. 8; Hopt I Mössle Rz 227; Hübner Rz 56; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 6; K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 II 1 b S. 214 f.; Waskönig, S. 116 f. 410 Die Übertragung des Unternehmens erfolgt dabei nicht durch ein einheitliches, sondern durch viele einzelne Rechtsgeschäfte. Hierzu näher F I 2 b bb) FN 98. 411 Die Unwirksamkeit des Erwerbsgeschäfts kann auf einem Verstoß gegen die guten Sitten, auf dem Fehlen einer Genehmigung (vgl. BGHZ 18, 248 ff. zur fehlenden Devisen-

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beide beziehe. Die Haftung bestehe sogar dann, wenn zwischen dem Alt- und dem Neuunternehmer weder ein schuldrechtlicher Vertrag noch ein Übertragungsvertrag vorhanden sei 412• Maßgeblich sei alleine, daß das Unternehmen und die bisherige Firma fortgeführt würden. Insbesondere die Rechtsprechung 413 stützt dieses Ergebnis auf die Rechtsscheintheorie. Jeder, der ein vollkaufmännisches Haudesgeschäft unter bisheriger Firma fortführe, erwecke in der Öffentlichkeit den Rechtsschein, er sei zur Übernahme der Verbindlichkeiten des früheren Inhabers bereit. Andere 414 wiederum betonen allgemein die Verkehrsschutzfunktion des § 25 HGB, nach der es auf Mängel im Innenverhältnis nicht ankommen könne. Soweit eine Haftung des nur vermeintlichen Erwerbers jedoch Ablehnung findet 41 S, wird zunächst auf die Denkschrift verwiesen, die von einem wirksamen dinglichen Übertragungsakt ausgehe 416 • Darüber hinaus sei die Interessenlage eine völlig andere, wenn die Übertragung des Unternehmens auf einer arglistigen Täuschung oder einer sittenwidrigen Übervorteilung des Erwerbers beruhe. Der Erwerber verdiene in diesen Fällen eher Schutz als die Geschäftsgläubiger. Und außerdem wären bei Nichtigkeit des Vertrags in aller Regel die Gründe gegenstandslos, aus denen der Erwerber auf einen Haftungsausschluß nach § 25 Abs. 2 HGB verzichtet habe 417 • Eine insgesamt vermittelnde Position nimmt dagegen Hecketmann ein. Er will bei unwirksamem Kausal- oder Erfüllungsgeschäft den Erwerber gemäß einem in§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB mitenthaltenen Vermögenshaftungsprinzip nur mit dem übernommenen Vermögen haften lassen 418 • Die gegen die herrschende Auffassung vorgebrachten Einwände sind nicht so einfach von der Hand zu weisen. Soweit die Denkschrift 419 herangezogen wird, trifft es zwar zu, daß der Fall des unwirksamen Übertragungsgeschäfts dort nicht ausdrücklich behandelt wird. Daraus den Schluß zu ziehen, die Denkschrift setze selbstverständlich die rechtswirksame Übertragung des Handelsgeschäfts voraus, genehmigung) oder auf wirksamer Anfechtung beruhen (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1963, 545). 41 2 Vgl. BGHZ 22, 234 (239); BGH NJW 1984, 1186 (1187); OLG Frankfurt NJW 1980, 1397 (1398), den Bundesgerichtshof zitierend. 413 Insbesondere BGHZ 22, 234 (239). Thm folgend Hopt I Mössle Rz 227; Schlegelherger I Hi1debrandt I Steckban § 25 Rz 6. 414 Großkomm-Hüffer § 25 Rz 39. 4 15 Capelle I Canaris, S. 78; Canaris, S. 186; Schricker ZGR 1972, 121 (149 f.); Pahl, s. 233 f. 41 6 Dies betont Schricker S. 149 f. 417 Capelle I Canaris, S. 78. 418 Heckelmann FS Bartholomeyczik, S. 128 (146 ff.). Bei unwirksamem Kausaloder Erfüllungsgeschäft sei § 25 Abs. 1 HGB nicht anwendbar, jedoch komme stattdessen das in dieser Norm als Mindesthaftungssubstrat enthaltene Vermögenshaftungsprinzip zur Geltung. Letzteres sei aus § 419 abzuleiten und besage, daß der Übemehmer des Vermögens eines anderen mit diesem Vermögen für die Verbindlichkeiten des früheren Vermögensinhabers hafte. Damit schütze das Gesetz denjenigen, der im Vertrauen auf die Vermögenslage einer Person mit dieser kontrahiert habe. 419 Denkschrift zum HGB, S. 36 ff.

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ist jedoch nicht zwingend. Für maßgeblich hält sie nämlich im Interesse eines effektiven Verkehrsschutzes allein die Fortführung der Firma, der der Erklärungswert zukomme, der Fortführende trete in die Geschäftsbeziehungen des früheren Geschäftsinhabers soweit als möglich ein. Schwieriger ist es dagegen, die Argumentation mit der bei unwirksamer Geschäftsübertragung veränderten Interessenlage und dem Hinweis auf § 25 Abs. 2 HGB zu entkräften. Hier zeigt sich die Problematik der Anwendung des§ 25 Abs. 1 HGB in voller Schärfe: der vermeintliche Erwerber müßte auch dann haften, wenn Nichtigkeitsgründe wie beispielsweise §§ 123, 142 vorliegen, die ihn selbst gerade schützen sollen 420. Die alten Geschäftsgläubiger erscheinen in diesem Fall nicht notwendig schutzwürdiger als der Erwerber, der durch arglistige Täuschung oder gar Drohung 421 zur Übernahme des Handelsgeschäfts bestimmt wurde. Wenn Heckelmann versucht, diesen Konflikt durch die Beschränkung der Erwerberhaftung auf das übernommene Vermögen zu lösen, konzipiert er vom Ergebnis her zwar einen interessengerechten Kompromiß; auf das Gesetz kann dieser jedoch kaum gestützt werden 422 • Richtigerweise läßt sich die hier aufgeworfene Frage nur unter Heranziehung der für§ 25 HGB ermittelten ratio 423beantworten. Gewährleistet§ 25 HGB einen umfassenden Verkehrsschutz, der neben der Beseitigung einer Rechtsunsicherheit über den Übergang von Forderungen und Verbindlichkeiten bei Veräußerung eines Handelsgeschäfts auch die Effizienz des Wirtschaftsverkehrs im Auge hat, so müssen Störungen aus dem Innenverhältnis grundsätzlich unbeachtlich bleiben424. Einwendungen der Veräußerungsparteien würden dem Zweck des § 25 HGB gerade entgegenlaufen. Es verwirklicht sich hier auch das Prinzip, das den, der in einen bestehenden Geschäftskreis eintritt, die volle Verantwortung für sein Handeln im Hinblick auf diesen Geschäftskreis trifft 425 • Dabei muß man allerdings denjenigen von der Haftung ausnehmen, der diese Verantwortung gar nicht tragen kann. Wenn daher der Erwerber geschäftsunfähig ist, haftet er nicht nach § 25 Abs. 1 HGB, da insoweit das Verkehrsinteresse hinter dem Schutz des Geschäftsunfähigen zurückzutreten hat 426. Mit dieser Einschränkung ist folglich der Konflikt zwischen dem Erwerber und dem Verkehrsschutz zugunsten des letzteren zu entscheiden. Dies kann im Einzelfall zu Härten führen 427, ent420 Hierauf weist K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 li I b S. 214, sehr zutreffend hin, ohne allerdings im Ergebnis Canaris, S. 186, zu folgen. 421 Dieses von Canaris, S. 186, genannte Beispiel dürfte aber ein praktisch höchst seltener Ausnahmefall sein. 422 § 25 Abs. 1 S. 1 HGB sieht gerade keine Begrenzung der Haftung auf das Geschäftsvermögen vor. Anderenfalls wäre auch der Verweis von § 27 Abs. 1 HGB auf § 25 HGB sinnlos. 423 Hierzu ausführlich oben C II 6 a bb (2). 424 Ebenso Waskönig, S. 116 f. 425 Näher zu diesem Aspekt oben C II b a bb (2). 426 Vgl. Großkomm-Würdinger 3. Aufl. § 25 Anm. 8 a.E.; Waskönig, S. 117. 427 Canaris geht zu weit, wenn er, S. 187, die Berücksichtigung der Verkehrsinteressen auch in diesen Fällen als grob unbillig, willkürlich und als einen Verstoß gegen den

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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spricht aber in letzter Konsequenz allein dem richtig verstandenen 428 Sinn und Zweck des Gesetzes. Führt daher bei einer Veräußerung des Handelsgeschäfts der Erwerber dasselbe unter bisheriger Firma fort, entspricht es allein dem § 25 HGB zugrundeliegenden Gesetzesplan, die Wirksamkeit der Veräußerung unbeachtlich sein zu lassen. Unbeantwortet ist aber noch die Frage, ob der Gesetzesplan für den fortführenden vermeintlichen Erben Gleiches oder Abweichendes verlangt. Bejaht man im Interesse des Verkehrsschutzes die Haftung des vermeintlichen Erwerbcrs unter Lebenden für die Altverbindlichkeiten, so liegt es nahe, beim vermeintlichen Erben ähnlich zu verfahren. Für die Geschäftsgläubiger macht es nämlich keinen Unterschied, ob Unternehmen und Firma von einem rechtsgeschäftliehen oder einem "Erwerber" von Todes wegen fortgeführt werden 429 • Es entstünde vielmehr ein Wertungswiderspruch, wenn der vermeintliche Erbe haftungsrechtlich bessergestellt würde als jeder andere rechtsgeschäftliche Scheinerwerber. Auch er hat der Verantwortung für den Geschäftskreis, in den er tatsächlich eintritt, gerecht zu werden. Ihn anders zu behandeln, ist kein vernünftiger Grund ersichtlich. Würde eine Haftung des vermeintlichen Erben abgelehnt, so käme man beispielsweise zu dem Ergebnis, daß zwar der aufgrund unwirksamen Testaments vermeintliche Vermächtnisnehmer 430 aus § 25 Abs. I S. I HGB einstandspflichtig wäre 431 , nicht aber der durch dieses Testament bestimmte vermeintliche Erbe selbst, der bis zur Aufdeckung der wahren Rechtslage das Geschäft fortführt. Demzufolge umfaßt der dem Gesamtkomplex der§§ 25, 27 HGB zugrundeliegende Gesetzesplan auch die Fortführung des Handelsgeschäfts durch den vermeintlichen Erben. (bb) Planwidrige Unvollständigkeit Weder§ 25 HGB noch§ 27 HGB regeln die Fälle des vermeintlichen Erwerbs ausdrücklich. § 25 HGB wird jedoch dahingehend ausgelegt, daß auch der unwirksame Erwerb erlaßt ist. Gegen eine solche Auslegung wenden sich jedoch Capelle/ Canaris 432 und Schricker433 mit dem Argument, es fehle schon rein sprachlich Rechtsgedanken bezeichnet. Zumindest in den von ihm angeführten Fällen der Bereicherung und rechtswidrigen Drohung muß die Frage praktischer Relevanz erlaubt sein, vgl. schon FN 421. 428 Abzulehnen ist insbesondere die auch hier von Rechtsprechung und Teilen der Literatur zur Begründung angeführte Rechtsscheintheorie, vgl. soeben bei FN 413 und oben C II 6 a bb) (1). 429 Vgl. die Ausführungen zur ratio des § 27 HGB im Hinblick auf das der Norm zugrundeliegende Prinzip oben C II 6 h. 430 Zu diesem Beispiel vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, § 8 II 1 b S. 214. 431 Der Vermächtnisnehmer erwirbt das Handelsgeschäft durch Rechtsgeschäft unter Lebenden (hier durch dingliche Übertragung seitens des Erben), also nicht von Todes wegen. Näher hierzu CI 1 b bb). 432 Capelle 1Canaris, S. 78. 433 Schricker ZGR 1972, 121 (149).

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an der Voraussetzung des§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB, daß jemand ein Handelsgeschäft "erworben" habe. Dies kann jedoch letztlich nicht überzeugen. Zwar ist durch die Wendung "erworbenes Handelsgeschäft" eine Auslegung, die einen vermeintlichen Erwerb verneint, denkbar, die gegenteilige Interpretation aber keineswegs ausgeschlossen. Der hier gegebene Auslegungsspielraum ergibt sich daraus, daß der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, von einem Erwerb kraft "Rechtsgeschäfts" unter Lebenden zu sprechen. Vor diesem Hintergrund bewegt sich die Annahme eines nur tatsächlichen Erwerbs noch innerhalb der Grenzen des sprachlich möglichen Wortsinns. Im Hinblick auf den vermeintlichenErwerberunter Lebenden besteht daher keine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes. Auf diesen Fall ist § 25 Abs. 1 S. 1 HGB unmittelbar anwendbar 434. Anders verhält es sich hingegen bei § 27 Abs. 1 HGB. Dort hat der Gesetzgeber, schon um dem Erfordernis nach Klarheit und Effektivität gerecht zu werden, den Fachausdruck des "Erben" gewählt, der eine Auslegung des Gesetzestextes in der Richtung, daß auch der nur vermeintliche Erbe erfaßt sei, unzulässig macht. Ist der vermeintliche Erbe aber nicht erfaßt, liegt eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vor, die nur auf dem Weg der Analogie, der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung435, geschlossen werden kann. (b) Vergleichbarkeit der Sachverhalte Ein Ausfüllen der festgestellten Gesetzeslücke ist jedoch nur möglich, wenn der in § 27 HGB geregelte Sachverhalt der Fortführung durch den wirklichen Erben dem nicht geregelten Sachverhalt der Fortführung durch den vermeintlichen Erben ähnlich ist 436. Eine solche Ähnlichkeit der Sachverhalte ist gegeben, wenn diese in den für die gesetzliche Bewertung maßgeblichen Hinsichten übereinstimmen, insoweit als gleich zu bewerten sind 437. Maßgeblich für die gesetzliche Wertung, nämlich die Klarstellung unbeschränkbarer Haftung, mit der das Gesetz dem Gleichbehandlungsprinzip Geltung verschafft 438, ist dabei stets die Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma. Insoweit stimmen die hier gegenübergestellten Sachverhalte auch voll überein. Näherer Untersuchung bedarf aber, ob es an einer Übereinstimmung insoweit mangelt, als beim wirklichen Erben die Geschäftsverbindlichkeiten und-forderungendes Erblassers wegen § 1922 schon kraft Erbrechts übergehen, während dies beim vermeintlichen Erben gerade nicht der Fall ist 439. Jedenfalls fehlt es an der geforderten Ähnlichkeit 434 So auch die ganz herrschende Meinung, vgl. FN 409. 435 Vgl. Larenz, Allg. Teil, § 4 li S. 78. 436 Larenz, Allg. Teil, § 4 li S. 77. 437 Larenz, Metzodenlehre, S. 365. 438 Zur ratio legis vgl. oben C li 6 h. 439 Für Nachlaßverbindlichkeiten haftet der vermeintliche Erbe nicht, vgl. oben F III 2 a aa). Mangels Erbeneigenschaft gehen auch die Forderungen des Erblassers nicht gemäß § 1922 auf ihn über.

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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der Sachverhalte, wenn die gesetzliche Wertung, die ratio legis, maßgeblich von der Erbeneigenschaft bestimmt würde. (aa) Haftung für die Geschäftsverbindlichkeiten Die Ermittlung der ratio des § 27 HGB hat deutlich werden lassen, daß die Erbeneigenschaft zunächst einen Unterschied zu der ratio des § 25 HGB begründet. Während § 25 HGB Verkehrsschutz in Bezug auf das Ob und Wie der Haftung bezweckt, stellt § 27 HGB jedenfalls schwerpunktmäßig nur klar, wie der Erbe haftet. Daß ihn überhaupt eine Haftung trifft, ergibt sich nämlich regelmäßig bereits aus seiner Erbenstellung, §§ 1922, 1967 440 • Auf den ersten Blick scheint daher zumindest der Zweck der Regelung gegen die Haftung des vermeintlichen Erben aus § 27 HGB analog zu sprechen. Bei diesem fehlt es gerade an der erbrechtliehen Haftung, so daß nicht nur das Wie, sondern auch das Ob der Haftung klargestellt werden müßte. Durchschlagen könnte dieses Argument jedoch nur dann, wenn man annimmt, § 27 HGB begründe wegen seiner Zweckrichtung keine selbständige Schuld des Erben. Letzteres ist jedoch zu vemeinen 441 • Die Geschäftsgläubiger erhalten bei Unternehmens- und Firmenfortführung auch über § 27 HGB einen Schuldner, nur bleibt dies wegen der Erbenstellung des Fortführenden in der Regel unerheblich. Fällt die Erbenstellung jedoch weg, kann die in § 27 HGB selbständig begründete Schuld jedenfalls dann zum Tragen kommen, wenn die Voraussetzung der Fortführung unter bisheriger Firma vorliegt. Anderenfalls wäre trotz Fortführung von Unternehmen und Firma ein Verkehrsschutz weder im Hinblick auf das Ob noch das Wie der Haftung desjenigen, der in dem Geschäftskreis zwischen dem Erblasser und seinen Geschäftsgläubigem eingetreten ist, gegeben. Es kommt hier der Gesichtspunkt zum Tragen, daß die Haftung aus § 27 HGB maßgeblich an handelsrechtliehe Voraussetzungen anknüpft 442, nicht aber an erbrechtliche. Gegen die soeben dargelegte Auffassung ließe sich einwenden, daß für den Fall der Fortführung durch den vermeintlichen Erben, bei dem nicht nur das Wie, sondern auch das Ob seiner Haftung in Frage steht, eine direkte oder lediglich analoge Anwendung des § 25 Abs. I S. I HGB näher läge. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß § 25 Abs. 1 S. 1 HGB explizit und in systematischer Abgrenzung zu § 27 HGB nur den Erwerb unter Lebenden betrifft und auch nur insoweit einer Analogie zugänglich gemacht werden kann. Zudem bleibt unklar, wie die Einstellung der Geschäftsfortführung, die der vermeintliche Erbe im Glauben an sein Erbrecht vornehmen kann 443, einzuordnen wäre. Nach allem ist festzuhalten, daß zumindest im Hinblick auf die Haftung für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten die 440

c a.E. 441 442 443

Der Unterschied zeigt sich beim Nonnzweck, vgl. C li 6 a cc); C li 6 h; C III 5 Hierzu ausführlich oben C III 5. Vgl. hierzu oben C III 5 b mit FN 411, 412. Hierzu noch näher unten F III 3 a aa) (4).

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

gesetzliche Wertung nicht maßgeblich von der Erbeneigenschaft bestimmt wird. Insofern sind die diskutierten Sachverhalte vergleichbar. (bb) Übergang der Forderungen § 27 HOB enthält keine Regelung über den Übergang der Geschäftsforderungen des Erblassers. Der Gesetzgeber 444 hielt dies zu Recht für überflüssig, weil sich der Forderungsübergang bereits aus dem Erbrecht, § 1922, ergibt. Für den vermeintlichen Erben folgt dies aus dem Erbrecht jedoch nicht. Durch Leistung an ihn erlangen die Nachlaßschuldner regelmäßig 445 keine Schuldbefreiung nach § 362 Abs. I . Dementsprechend könnte auch der Handelsverkehr ungeschützt bleiben, wenn er nach dem Erbfall an das unter bisheriger Firma fortgeführte Unternehmen leistet. Diese Tatsache bedeutet einen erheblichen Unterschied zur Fortführung durch den wirklichen Erben, so daß von daher die analoge Anwendung des § 27 HOB ausscheiden müßte. Allerdings könnte im Hinblick auf die Forderungen eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. I S. 2 HOB erwogen werden, denn dort findet sich immerhin eine Regelung des Problems des Forderungserwerbs. Neben den bereits geäußerten Bedenken gegen eine entsprechende Heranziehung des § 25 HOB auf die Fortführung durch den vermeintlichen Erben spricht gegen eine solche Lösung über § 25 Abs. I S. 2 HOB, daß völlig unklar bliebe, wie dem Erfordernis der Einwilligung des früheren Inhabers in die Firmenfortführung Genüge getan werden könnte. Selbst bei analoger Anwendung bleibt doch zu berücksichtigen, daß die ratio des § 25 Abs. 1 S. 2 HOB darin besteht, einem Verlust von Forderungen gegen den Willen des Veräußerers vorzubeugen und auf diese Weise einen Ausgleich zwischenVeräußerer-und Verkehrsinteressen herbeizuführen 446 • Die schlichte Fortführung des Unternehmens und der Firma genügt für den Forderungsübergang den Schuldnern gegenüber also nicht 447 • Nun ließe sich beim vermeintlichen Erben argumentieren, einen schutzwürdigen Veräußerer gebe es nicht, so daß auf das Erfordernis der Einwilligung verzichtet werden könnte 448 • Auch dieser Einwand greift jedoch zu kurz. Zwar existiert kein schutzwürdiger "Veräußerer", wohl aber ein schutzwürdiger wirklicher Erbe, dessen Einwilligung in die Firmenfortführung nicht einfach vermutet Denkschrift zum HGB, S. 38. Auf die Schuldbefreiung bei erteiltem Erbschein wird sogleich noch eingegangen. 446 Großkomm-Hüffer § 25 Rz 64 f.; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 13; Nolte FS Nipperdey I, S. 667 (681). 447 Aus § 25 Abs. 1 S. 2 HGB ergibt sich also, daß dem Schuldner gegenüber die Forderungen nicht ohne weiteres als übergegangen gelten. Hier ist der Schuldnerschutz schwächer ausgeprägt als der Schutz der Geschäftsgläubiger. Dies zeigt sich auch daran, daß die Forderungen nur insoweit als übergegangen gelten, wie sie auch übertragbar sind. Vgl. BaumbachiDudeniHopt § 25 Anm. 4 B; Großkomm-Hüffer § 25 Rz 67; Schlegelberger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 16. 448 Bei dem Problem der Anwendbarkeit des § 25 Abs. 2 HGB im Rahmen des § 27 Abs. 1 HGB wurde in diesem Sinn erfolgreich argumentiert, vgl. oben CI 3 b bb). Dort handelte es sich jedoch im Gegensatz zu hier um die Rechte des wirklichen Erben. 444 445

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

235

werden kann. Auch eine analoge Anwendung des § 25 Abs. 1 S. 2 HGB ist daher, abgesehen von den grundsätzlichen Bedenken, nicht frei von Widersprüchen. Fazit wäre dann aber, daß die Haftung des vermeintlichen Erben trotz Geschäftsund Finnenfortführung entfiele. Bei näherer Betrachtung muß es bei diesem unbefriedigenden Ergebnis 449 aber nicht bleiben. Wie soeben ausgeführt, ergibt sich auch für die Geschäftsschuldner, die an den vermeintlichen Erwerberunter Lebenden leisten, kein absoluter Schutz bezüglich deren Erfüllungserwartungen. Den Geschäftsschuldnern gegenüber gelten die Forderungen des Veräußerers nur dann als auf den vermeintlichen Erben übergegangen, wenn der Veräußerer in die Fortführung der Firma wirksam eingewilligt hat. Für den Nachweis jener Einwilligung genügt dabei die Eintragung des Erwerbers in das Handelsregister unter Beibehaltung der Finna 450 , weil deren Vorliegen das Registergericht vor der Eintragung prüft, § 22 Abs. 1 HGB 451 • Darüber hinaus gelten auch nur solche Forderungen als übergegangen, die übertragbar sind 452 • Anderenfalls stünde nämlich der in § 25 Abs. 1 S. 2 HGB angestrebte Schuldnerschutz im Widerspruch zu anderen Vorschriften, die im Interesse des Schuldners oder der Allgemeinheit die Übertragbarkeit ausschließen 453 • Nimmt man daher zum Ausgangspunkt, daß auch beim vermeintlichen Erwerber unter Lebenden der Geschäftsschuldnerschutz nur bedingt gewährleistet ist, so wird man auch beim vermeintlichen Erben einen vollständigen Schuldnerschutz nicht notwendig erwarten müssen. Deshalb könnte bereits der Schutz genügen, der den Schuldnern von Erbschaftsforderungen nach bürgerlichem Recht erwächst. Die damit in Kauf genommene Abweichung vom vollständigen Schuldnerschutz, der dem Handelsverkehr bei der Fortführung durch den wahren Erben zuteil wird, muß nicht zu einer Unvergleichbarkeil der hier untersuchten Sachverhalte führen. Für eine Analogie ist es nicht erforderlich, daß die Sachverhalte in jeder Beziehung übereinstimmen, sondern nur, daß sie als gleich bewertet werden können 454 • Als Schutzvorschrift des bürgerlichen Rechts kommt § 2367 in Betracht 455 • Danach können die Erblassergeschäftsschuldner dann mit schuldbefreiender Wirkung an den vermeintlichen Erben leisten, wenn dieser in einem Erbschein als 449 Unbefriedigend ist dieses Ergebnis vor allem deshalb, weil ein nicht erklärbarer Widerspruch zur Haftung des vermeintlichen Erwerbcrs unter Lebenden entsteht. Es widerspricht dem in § 27 HGB verwirklichten Prinzip der Gleichbehandlung des Gleichartigen, den vermeintlichen Erben insoweit besser zu stellen. 450 Großkomm-Hüffer § 25 Rz 69; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz

13.

Vgl. hierzu auch Nolte FS Nipperdey I, S. 667 (681). Baumbach I Duden I Hopt § 25 Anm. 4 B; Großkomm-Hüffer § 25 Rz 67; Schlegelherger I Hildebrandt I Steckban § 25 Rz 16. 453 Zu denken ist etwa an die nach §§ 399, 400, 613 S. 2, 717 S. 1 nicht abtretbaren Forderungen. 454 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 366. 455 Zu § 2367 schon oben F III 1 d. 451

452

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Erbe bezeichnet, also Erbscheinserbe ist. Der wahre Erbe kann in diesen Fällen sich nicht mehr an den Schuldner halten, sondern muß dessen dem Erbschaftsbesitzer gegenüber erbrachte Leistung gegen sich gelten Jassen. Gegenteiliges gilt nur, wenn der Geschäftsschuldner nicht gutgläubig gewesen ist, vgl. § 2366. Liegen die Voraussetzungen der§§ 2367,2366 vor, so ist der Geschäftsschuldner geschützt, und zwar auch dann, wenn er selbst den Erbschein nie eingesehen hatte 456 • Gegen den Hinweis auf die Schutzwirkungen des Erbscheins könnte jedoch eingewandt werden, daß diese eben nur eingreifen, wenn ein Erbschein wirklich erteilt wird. Ob letzteres der Fall ist, hinge von Zufälligkeilen ab, nicht zuletzt von der Frage, ob der vermeintliche Erbe die mit seiner Erteilung verbundenen Kosten 457 auf sich nehmen möchte oder nicht. Richtig daran ist, daß ein Erbschein nur auf Antrag erteilt wird, § 2353, und von daher die hier diskutierten Schutzwirkungen vom Verhalten des vermeintlichen Erben abhängig sind. Von Bedeutung ist jedoch die Besonderheit, daß es sich um die Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens handelt und der Inhaberwechsel nach § 31 Abs. 1 HGB zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist 458 • Um als Rechtsnachfolger des bisherigen Inhabers eingetragen werden zu können, benötigt der vermeintliche Erbe, soweit dies tunlieh ist, einen Nachweis dieser Rechtsnachfolge durch öffentliche Urkunden,§ 12 Abs. 2 S. 2 HGB. Dafür istjedoch regelmäßig die Vorlage des Erbscheins zu fordern 459 ; die Kosten seiner Erteilung machen das nicht untunlich 460 • Hieraus wird deutlich, daß gerade bei der Fortführung eines nachlaßzugehörigen einzelkaufmännischen Unternehmens die Erteilung des Erbscheins keineswegs so zufällig ist, sondern die Regel darstellt. Zudem wird der vermeintliche Erbe seiner Einttagungspflicht schon deswegen nachkommen wollen, weil ihn anderenfalls die Sanktion des § 14 HGB trifft. Folglich ist in den meisten Fällen ein Schutz der Erblassergeschäftsschuldner durch die Erteilung des Erbscheins gegeben. Ein vollständiger Schutz, wie ihn die Fortführung durch den wahren Erben gewährleistet, ist damit natürlich nicht dargetan, schon deswegen nicht, weil die Vermutungswirkung des § 2365 nicht zurückwirkt auf den Erbfall, sondern erst mit der Erteilung des Erbscheins beginnt 461 • Greifen 456 Brox, Erbrecht, Rz 590; Erman I Schlüter § 2366 Rz 4; Jauemig I Stümer § 2366 Anm. 1 a; Leipold Rz 483; Soergel I Damrau § 2366 Rz 2. Anders jedoch Canaris, Vertrauenshaftung, S. 508; Wiegand JuS 1978, 145 (149). 457 Für die Erteilung des Erbscheins fällt eine volle Gebühr nach dem Nettowert des Nachlasses an, § 107 Abs. 1, 2 KostO. Vgl. Weirich Rz 126. 458 Großkomm-Hüffer § 27 Rz 6. 459 BayObLG WM 1983, 1092 (1093); Baumbach I Duden I Hopt § 12 Anm. 2 C; Großkomm-Hüffer § 12 Rz 25. Die Vorlage des Erbscheins ist gleichwohl nicht die einzige Möglichkeit des Erbenrechtsnachweises, vgl. RG JW 1910, 802. 460 BaumbachiDudeniHopt § 12 Anm. 2 C. Untunlich ist die Vorlage eines Erbscheins lediglich dann, wenn sich die Erbfolge aus den Akten des Registergerichts selbst oder aus bei demselben Gericht geführten Nachlaßakten ergibt. In diesen Fällen genügt die Bezugnahme auf die Akten, BayObLG WM 1983, 1092 (1093). 461 Erman I Schlüter § 2365 Anm. 2; Jauemig I Stümer § 2365 Anm. 1 a; MünchKomm-Jülicher § 2365 Rz 17; PalandtiEdenhofer § 2365 Anm. 1; SoergeliDamrau

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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§§ 2367,2366 zugunsten des Erblassergeschäftsschuldners (noch) nicht ein, kann dieser nicht schuldbefreiend an den vermeintlichen Erben leisten. Befreiung erhält er jedoch auch in diesen Fällen, sofern der wahre Erbe der Leistung an den vermeintlichen Erben schuldtilgende Wirkung zukommen läßt, §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 Alt. 1462 • Eine entsprechende Genehmigung ist dabei anzunehmen, wenn der wahre Erbe vom Erbschaftsbesitzer Herausgabe der Schuldnerleistung fordert; sie erfolgt dabei unter der aufschiebenden Wirkung der Herausgabe. Aus alledem ergibt sich, daß ein Schuldnerschutz bei Fortführung durch den vermeintlichen Erben nur durch die allgemeinen erbrechtliehen Vorschriften gewährleistet werden kann. Insbesondere aufgrund der Anmeldungspflicht des § 31 Abs. 1 HOB, die für den Nachweis der Rechtsnachfolge regelmäßig die Erteilung eines Erbscheins notwendig macht, ist es aber vertretbar anzunehmen, daß dieser Schutz in den meisten Fällen auch ausreicht. Die Geschäftsschuldner stehen zumindest nicht schlechter da als bei einem vermeintlichen Unternehmenserwerb unter Lebenden. Daraus folgt, daß die Erbeneigenschaft die ratio des § 27 HOB nicht in einer Weise bestimmt, die eine Analogie zur vermeintlichen Erbschaft ausschließt. Als maßgeblich erweist sich vielmehr die Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma. Geschieht sie durch einen vermeintlichen Erben, haftet dieser für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten nach § 27 Abs. 1 HOB analog mit seinem gesamten Vermögen. (4) Haftungsausschluß Bejaht man eine Haftung des vermeintlichen Erben analog§ 27 Abs. 1 HOB, so ist ihm andererseits auch das Recht einzuräumen, sie durch Einstellung der Geschäftsfortführung binnen der Frist des § 27 Abs. 2 HOB 463 abzuwenden, § 27 Abs. 2 HOB analog. Dies bedingt schon die Tatsache, daß die Haftung selbst erst nach Ablauf der Frist einsetzt, demzufolge ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den beiden Absätzen vorhanden ist 464 • Darüber hinaus ist nicht recht einsichtig, weshalb der vermeintliche Erbe, zumindest soweit er gutgläubig ist, schlechter gestellt werden soll als ein wahrer Erbe. Er scheint vielmehr noch schutzwürdiger zu sein, weil der mit der Erbschaft verbundene Vermögenszuwachs nur ein vermeintlicher ist, den er später wieder herauszugeben hat. Fraglich kann nur sein, ob man das Recht auf Haftungsahwendung von seiner Gutgläubig§ 2365 Rz 1. Allerdings ist es dem (vermeintlichen) Erben auch nicht gestattet, die Anmeldung bis zum Ablauf der Frist des § 27 Abs. 2 HGB hinauszuschieben, vgl. Großkomm-Hüffer § 27 Rz 6, so daß insoweit ein gewisser zeitlicher Druck besteht. 462 Schuldtilgende Wirkung erlangt die Schuldnerleistung dadurch, daß der wahre Erbe die unwirksame Verfügung des vermeintlichen Erben über die Nachlaßforderung genehmigt. Im Wege der Mittelsurrogation, § 2019 Abs. 1, fällt die Schuldnerleistung dann in den Nachlaß und kann vom wahren Erben herausverlangt werden. 463 Hierzu näher oben C I 3 a. 464 Zur Funktion des Fristablaufs als Haftungsvoraussetzung oben C I 1 c.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

keit abhängig macht 465 • Dafür spricht, daß ein bösgläubiger oder gar deliktischer Besitzer nicht schutzwürdig ist, wenn er in Kenntnis seines fehlenden Erbrechts über Gegenstände der Erbschaft zu bestimmen versucht. Demgegenüber fällt jedoch stärker ins Gewicht, daß der Handelsverkehr lediglich an der Klarstellung der Haftungsverhältnisse interessiert ist. Auch wenn ein bösgläubiger vermeintlicher Erbe einstellt, bleibt den Geschäftsgläubigem der Zugriff auf das im Nachlaß befindliche Geschäfts- und Erblasservermögen in jedem Fall erhalten. Auf die Vergrößerung der Haftungsmasse haben sie aber keinen Anspruch, wenn es an der Fortführung fehlt. Die Haftung des bösgläubigen vermeintlichen Erwerbers von Todes wegen trotzEinstellungdes Geschäftsbetriebs liefe auf eine Fiktion 466 hinaus, die vom Gesetz und der ihm zugrundeliegenden ratio nicht mehr gedeckt ist. Die Gewährung des Einstellungsrechts 467 führt schließlich auch nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung des wahren Erben. Dieser kann gegen den Einstellenden wegen nicht gezogener Nutzungen Regreß nehrnen 468 • Zu klären bleibt noch, welche Konsequenzen sich für den wahren Erben aus der Einstellung des Geschäftsbetriebs ergeben. Der wahre Erbe war zu jeder Zeit nach dem Erbfall der berechtigte Inhaber des Handelsgeschäfts einschließlich der damit verbundenen Rechte und Pflichten. Daran kann auch die vollständige Aufgabe der werbenden geschäftlichen Tätigkeit seitens des vermeintlichen Erben nichts ändern. Von daher ist er auch zur Fortführung 469 von Handelsgeschäft und Firma berechtigt. Eine solche kann unproblematisch bejaht werden, wenn sie sich zeitlich sehr eng an die Einstellung durch den vermeintlichen Erben anschließt. Von einer Fortführung wird man aber immer weniger sprechen können, je länger die geschäftliche Tätigkeit ausgesetzt hatte. War diese Zeitspanne erheblich 470, liegt wegen des fehlenden zeitlichen Zusammenhangs von Einstellung und Aufnahme der Geschäftsführung keine Fortführung, sondern eine Neubegründung des Handelsgeschäfts vor. In diesen Fällen verbleibt es für die Erblassergeschäftsgläubigl'r bei der Nachlaßhaftung. bb) Neue Geschäftsverbindlichkeiten

Für Verbindlichkeiten, die der vermeintliche Erbe während seiner Geschäftsfortführung neu begründet, haftet er aus schuldrechtlichen Grundsätzen mit seinem gesamten Vermögen. Eine Beschränkung dieser Haftung auf den Nachlaß So Gerlach, S. 85 FN 241. Fingiert würde die Fortführung des Geschäfts unter bisheriger Finna. 467 Bei genauer Betrachtung handelt es sich nicht um eine Rechtsgewährung, sondern nur um die Reaktion auf die Tatsache der vollzogenen Geschäftseinstellung, also auf die vollständige Aufgabe der werbenden geschäftlichen Tätigkeit. 468 Hierzu noch näher unten F III 3 d bb). 469 Zum Begriff der Fortführung oben C I 1 a. 470 Vgl. Lehmann/Ring § 27 Rz 4, die eine unerhebliche Unterbrechung zwischen dem Erbfall und der Fortsetzung der werbenden Tätigkeit des Betriebs durch den Erben für das Merkmal der Fortführung für belanglos halten. 465

466

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

bleibt unwirksam, da er diesen kann.

auch als Erbscheinserbe -

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nicht verpflichten

b) Hartung des wahren Erben

aa) Erblassergeschäftsverbindlichkeiten Für Geschäftsverbindlichkeiten, die noch der Erblasser begründet hat, ist der wahre Erbe unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 HGB unbeschränkt einstandspflichtig. Hier ergeben sich keine Besonderheiten 471 • Stellt er die Geschäftsfortführung fristgerecht ein oder firmiert er neu, haftet er nur nach§§ 1922, 1967, also auf den Nachlaß beschränkbar. Die Fortführung des Geschäfts durch den vermeintlichen Erben kann ihm nicht zugerechnet werden, da jener weder in seinem Namen noch mit Vertretungsmacht handelte. bb) Vom vermeintlichen Erben begründete Geschäftsverbindlichkeiten So eindeutig eine Haftung des wahren Erben aus § 27 Abs. 1 HGB für die Erblassergeschäftsverbindlichkeiten bejaht werden kann, so unklar erscheint es, ob unter die "früheren Geschäftsverbindlichkeiten" auch diejenigen des vermeintliehen Erben fallen. Fraglich ist schon, ob es sich insoweit überhaupt um Geschäftsverbindlichkeiten und nicht um Privatschulden handelt, ist der vermeintliche Erbe doch niemals wirklicher Inhaber des Geschäfts gewesen. Man wird jedoch eine Geschäftsverbindlichkeit annehmen können, weil auch bei dem wirklichen Inhaber eines Handelsgeschäfts die Feststellung einer Geschäftsschuld nur zur Abgrenzung gegenüber den Privatschulden erfolgt, um beispielsweise die Bilanzerrichtung zu ermöglichen. Dort nämlich werden private Verpflichtungen des Geschäftsinhabers nicht aufgeführt. Sowohl wahrer als auch vermeintlicher Erbe sindjeweils die Träger der entsprechenden Verbindlichkeiten. Deren Unterscheidung dient nur der Kenntlichmachung des Bereiches, in dem sie entstanden sind. In beiden Bereichen sind sie - und nicht eine Personenhandelsgesellschaft oder eine juristische Person- die persönlich Verpflichteten. Daher liegen Geschäftsverbindlichkeiten des vermeintlichen Erben dann vor, wenn sich die Schulden nicht aus seinen privaten Beziehungen ergeben, sondern in unmittelbarer Verbindung mit dem Betrieb stehen, gleichsam als seine Folge erscheinen 472 • 471 Die Tatsache, daß unter Umständen eine sehr lange Zeit zwischen dem Erwerb des Handelsgeschäfts und der Aufnahme der Geschäftsführung durch den wahren Erben liegen kann, steht der Anwendung des § 27 HGB nicht entgegen, da es insoweit auf die Kenntnis des Erben ankommt, vgl. § 27 Abs. 2 S. 1 HGB. Wie gerade ausgeführt, kann von einer "Fortführung" allerdings dann nicht mehr gesprochen werden, wenn der vermeintliche Erbe den Geschäftsbetrieb eingestellt hatte und seitdem eine nicht unerhebliche Zeit verstrichen ist. 472 Vgl. zum Begriff der Geschäftsverbindlichkeit ausführlich oben E II 1 b mit Nachweisen zu Rechtsprechung und Literatur.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Auch § 344 HGB kann zu ihrer Ermittlung herangezogen werden 473 • Folglich begründet der vermeintliche Erbe Geschäftsverbindlichkeiten, wenn er das Unternehmen, dessen Inhaber er zu sein glaubt oder vorgibt, fortführt. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß der wahre Erbe für diese Verbindlichkeiten auch haftet. (1) Grundsatz der Zusammengehörigkeit von Geschäftsaktiva und Geschäftspassiva

Eine Haftung des wahren Erben aus § 27 Abs. 1 HGB für die ,,Zwischenverbindlichkeiten", also diejenigen, die der vermeintliche Erbe seit dem Erbfall bei der Fortführung des Handelsgeschäfts begründet hat, ist dann zu bejahen, wenn man diese Schulden als "frühere Geschäftsverbindlichkeiten" anerkennt. Rechtsprechung und Literatur haben hierzu, von einer Ausnahme abgesehen 474, noch nicht Stellung genommen, allerdings übereinstimmend eine Haftung des Nacherben und des endgültigen Erben für die Geschäftsverbindlichkeiten des Vorerben bzw. des vorläufigen Erben bejaht 475 • Die von der Rechtsprechung hierzu herausgearbeiteten Grundsätze könnten auf den wahren Erben und vermeintlichen Erben eventuell übertragbar sein 476. Wie bereits ausgeführt 477 , betont der Bundesgerichtshof478 , daߧ§ 25, 27 HGB im Interesse des Vertrauensschutzes im Handelsverkehr von der wirtschaftlichen 479 Zusammengehörigkeit der Aktiva und Passiva eines Unternehmens ausgehen und sie deshalb grundsätzlich jedem rechtsgeschäftliehen oder erbrechtliehen Erwerber, der das Handelsgeschäft nach außen fortsetzt, die unbeschränkbare Haftung für die Schulden auferlegen. Dadurch werde eine lückenlose Haftung des Nachfolgers festgelegt, mit der es sich nicht vertrage, im Fall der zeitlichen Aufeinanderfolge mehrerer Geschäftsnachfolger von Todes wegen nach demselben Erblasser die Haftung des Zweitnachfolgers (Nacherbe, endgültiger Erbe) auf die vom Erblasser herrührenden Geschäftsverbindlichkeiten zu beschränken. Denn damit würde mit dem Eintritt der Zweitnachfolge der Teil der Geschäftspassiva, den der Erstnachfolger begründet hat, von den Geschäftsaktiva hinsichtlich der Person ihres Trägers abgespalten. Die Literatur ist dem Bundesgerichtshof, ohne sich näher mit dessen Begründung auseinanderzusetzen, im Ergebnis geschlossen gefolgt 480 • Eine unmittelbare Übertragung dieser Grundsätze auf die 473 Der fortführende vermeintliche Erbe ist Vollkaufmann, da er tatsächlich ein Grundhandelsgewerbe - nur diese stehen bei § 27 HGB in Rede - betreibt und zudem meistens als Inhaber - wenn auch zu Unrecht - im Handelsregister eingetragen ist. 474 Gerlach, S. 85 FN 244, verneint eine Haftung des wahren Erben für die Geschäftsverbindlichkeiten des vermeintlichen Erben. 475 Vgl. E li 1 c FN 124, 125. 476 Ablehnend Gerlach, S. 85 FN 244. 477 Hierzu schon oben E II 1 c. 478 BGHZ 32, 60 (66). 479 BGHZ 32, 60 (66 i.V. m. 62). 480 Hierzu oben E li 1 c FN 125.

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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Haftung des wahren Erben für die vom vermeintlichen Erben eingegangenen Geschäftsverbindlichkeiten scheitert daran, daß letzterer gerade nicht Geschäftsnachfolger von Todes wegen ist, sondern dies nur zu sein glaubt oder vorgibt. Damit hängt die Tatsache zusammen, daß der vermeintliche Erbe nie Träger der Geschäftsaktiva, also des Geschäftsvermögens ist. Infolgedessen besteht von Beginn an eine Abspaltung der (neuen) Geschäftsverbindlichkeiten von den Geschäftsaktiva bezüglich der Person ihres Trägers und wird nicht erst durch den Eintritt einer Zweitfolge herbeigeführt. Aufgrund dieser Einwände kann einer unmittelbaren Übertragbarkeit der von der Rechtsprechung für den Nacherben und endgültigen Erben entwickelten Grundsätze nicht das Wort geredet werden. (2) Begründung einer Haftung aus § 27 Abs. 1 HGB

(a) Vorläufiger Erbe und vermeintlicher Erbe Zu prüfen bleibt, ob nicht eine entsprechende Anwendung der soeben erörterten Grundsätze auf den Fall des vermeintlichen Erben möglich ist. Bei genauer Betrachtung gestaltet sich der Sachverhalt der Fortführung des Handelsgeschäfts durch den vorläufigen, später ausschlagenden Erben und der einer Fortführung durch den vermeintlichen Erben zwar nicht gleich, aber doch sehr ähnlich. Der vorläufige Erbe hat das Handelsgeschäft zunächst als Berechtigter fortgeführt, seine Berechtigung jedoch mit der Ausschlagung verloren, und dies rückwirkend, vgl. § 1953 Abs. 1. Die Abspaltung der von ihm begründeten Geschäftsverbindlichkeiten vom Geschäftsvermögen wird zwar, anders als beim vermeintlichen Erben, erst durch den Eintritt einer ,,Zweitnachfolge" 481 herbeigeführt, durch die ex-tunc-Wirkung der Ausschlagung dann aber auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückverlegt. Die Abspaltung besteht folglich zum gleichen Zeitpunkt wie beim vermeintlichen Erben. Von daher liegt es nahe, diese Fälle gleich zu behandeln. Darüber hinaus ist von Bedeutung, daß der Bundesgerichtshof die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit von Aktiva und Passiva betont 482 • Diese ist vorliegend gegeben, da sowohl vorläufiger als auch vermeintlicher Erbe die Verbindlichkeiten bei der Fortführung des Handelsgeschäfts, dessen wirtschaftliche Grundlage das Geschäftsvermögen bildet, begründet haben. Folglich kann auch eine Haftung des wahren Erben für die ,,Zwischenverbindlichkeiten" des vermeintlichen Erben durch entsprechende Anwendung der von der Rechtsprechung für den Vorerben, insbesondere aber für den vorläufigen Erben entwickelten Grundsätze gerechtfertigt werden.

481 Es ist im Grunde ungenau, beim endgültigen Erben von einem Zweitnachfolger zu sprechen, weil der Ausschlagende rechtlich wie ein Nichtnachfolger behandelt wird. 482 BGHZ 32, 60 (62). Ablehnend hierzu Großkomm-Hüffer § 27 Rz 3.

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F. Fortftihrung durch ,,Zwischenerben"

(b) Systematische Stellung des § 27 HGB Den wahren Erben dem Handelsverkehr gegenüber für die hier diskutierten Verbindlichkeiten haften zu lassen, entspricht auch der in dieser Untersuchung erarbeiteten ratio 483 und systematischen Stellung des§ 27 HGB 484 • Da als maßgeblich die Fortführung des Unternehmens unter bisheriger Firma anzusehen ist, tritt der wahre Erbe nicht nur in den Geschäftskreis zwischen den Gläubigem und dem Erblasser, sondern auch zwischen Gläubigem und vermeintlichen Erben ein. Diese Neugläubiger sind jedenfalls dann schutzwürdig, wenn es zu keinem nach außen hin kundgemachten Ausschluß der Haftung im Wege des§ 27 Abs. 2 HGB oder§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB kommt. Dabei bleibt es für die Haftung aus § 27 Abs. 1 HGB unbeachtlich, daß nach bürgerlichem Recht der vermeintliche Rechtsnachfolger den wahren Erben nicht verpflichten kann. Hielte man letzteres für erforderlich, widerspräche dies der Selbständigkeit der handelsrechtliehen Haftungsnorm, die nicht nur eine gegenüber dem bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftunssystem erweiterte Haftung mit sich bringt, sondern eine eigene Schuld begründet. Nur unter Anerkennung dieser Rechtslage läßt sich ja auch begründen, warum der fortführende endgültige Erbe nach § 27 Abs. 1 HGB für die Geschäftsverbindlichkeiten des vorläufigen Erben einstandspflichtig ist, obwohl dieser ihn nach bürgerlichem Recht gerade nicht verpflichten kann 485 • Beim vermeintlichen Erben gilt dann aber nichts anderes. Infolgedessen ist die Auffassung Gerlachs 486 abzulehnen, der behauptet, die Grundsätze der Rechtsprechung zur Haftung des Nacherben bzw. des endgültigen Erben für die ,,Zwischenverbindlichkeiten" könnten auch dann nicht auf den wahren Erben übertragen werden, wenn für den vermeintlichen Erben ein Erbschein ausgestellt war. Offensichtlich hebt Gerlach darauf ab, daß auch der Erbschein keine Verpflichtungsbefugnis des vermeintlichen Rechtsnachfolgers gegenüber dem wahren Erben begründet. Auf eine bürgerlich-rechtliche Verpflichtungsbefugnis kommt es nach der hier vertretenen Auffassung aber nicht an. Nach allem spricht auch die systematische Stellung des§ 27 HGB dafür, eine Haftung des wahren Erben für die Geschäftsverbindlichkeiten des vermeintlichen Erben zu bejahen. (3) Überprüfung des gewonnenen Ergebnisses (a) Vom vermeintlichen Erben begründete Forderungen Erörterungsbedürftig ist noch, inwieweit diejenigen Schuldner geschützt sind, die mit dem vermeintlichen Erben während dessen Geschäftsführung kontrahiert, aber noch nicht erfüllt haben. Der Schutz des Handelsverkehrs wäre nur dann gewährleistet, wenn sie mit schuldbefreiender Wirkung an das - nun vom m Ausführlich oben C II 6 h. 484 Eingehend hierzu oben C III 5. 485 Ausführlich hierzu F II 3 b aa). 486 Gerlach, S. 85 FN 244.

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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wahren Erben- unter bisheriger Firma fortgeführte Unternehmenleisten können. Anders als bei den Erblassergeschäftsschuldnern ist der wahre Erbe bezüglich der neuen Geschäftsforderungen nicht kraft Gesamtrechtsnachfolge Forderungsinhaber, so daß sich für die neuen Geschäftsschuldner nicht ohne weiteres eine schuldbefreiende Wirkung ihrer Leistung ergeben muß. Hatte der vermeintliche Erbe die Forderung durch Einsatz von Erbschaftsmitteln erworben 487 , fallen sie im Wege dinglicher Surrogation in den Nachlaß, § 2019 Abs. 1488 • Hier tritt mit Leistung des Schuldners an die "Firma" unproblematisch die Erfüllung nach § 362 Abs. 1 ein. Erlangte der vermeintliche Erbe dagegen ohne Verwendung von Erbschaftsmitteln die Forderung 489 , verbleibt sie bei ihm, ohne auf den wahren Erben überzugehen 490 • Den Schuldnern würde folglich mit Leistung an das unter bisheriger Firma fortgeführte Unternehmen keine Schuldbefreiung zuteil, was letztlich gegen eine Anwendung des § 27 Abs. 1 HGB auf den in Rede stehenden Fall sprechen könnte. Ein solches Ergebnis wäre aber gerade im Vergleich mit dem ähnlich gelagerten Fall des ausschlagenden Erben sehr unbefriedigend 491 • Beim vorläufigen Erben gibt es keine dingliche Surrogation, vielmehr ist der endgültige Erbe auf §§ 1959 Abs. 1, 681, 667 verwiesen 492 , wenn er die vom Ausschlagenden begründeten Forderungen- unter gleichzeitiger Verpflichtung zur Befreiung des vorläufigen Erben von den übernommenen Verpflichtungen gern. §§ 683, 670, 257- zu erlangen erstrebt. Hatte eine solche Abtretung bereits vor Leistung des Schuldners an die "Firma" stattgefunden, tritt wiederum problemlos Erfüllung nach § 362 Abs. 1 ein. Leistete dagegen der Schuldner vor vollzogener Abtretung, wird die Erfüllung durch die spätere Abtretung herbeigeführt, §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 493 • Macht der Ausschlagende nach Leistung des Schuldners an die Firma die - noch nicht abgetretene - Forderung dem Schuldner gegenüber nochmals geltend, läge hierin ein Verstoß gegen§ 242, da er dem endgültigen Erben zur Abtretung verpflichtet ist. Auf diese Weise ist ein hinreichender Schutz der Geschäftsgläubiger, die vom vorläufigen Erben herrühren, gewährleistet. 487 Er liefert beispielsweise noch vom Erblasser gelagerte Ware an den Kunden aus, der noch nicht bezahlt hat. 488 Zahlte der Schuldner in Unkenntnis des vermeintlichen Erbrechts auf ein Konto des vermeintlichen Erben, muß der wahre Erbe dies gegen sich gelten lassen, § 2019 Abs. 2. 489 Er bestellt bei seinem Lieferanten neue Rohstoffe. 490 Die gleiche Situation stellt sich beim vorläufigen Erben, dessen erworbene Forderungen mit der Ausschlagung ebenfalls nicht auf den endgültigen Erben automatisch übergehen. 491 Zur Ähnlichkeit der Sachverhalte oben F III 3 b bb) (2) (a). 492 Staudinger I Otte I Marotzke § 1959 Rz 12. 493 Die Leistung an einen nichtberechtigten Dritten (hier: endgültiger Erbe) hat schuldbefreiende Wirkung, wenn der Empfänger zum Gläubiger - also Forderungsinhaber - wird. Vgl. Palandt I Heinrichs § 362 Anm. 1 d.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Die für den Erbschaftsbesitzer geltenden Vorschriften enthalten zwar eine Regelung der dinglichen Surrogation, § 2019, nicht aber eine dem § 1959 Abs. 1 entsprechende Norm. Aufgrund der festgestellten Ähnlichkeit 494 zwischen der Geschäftsfortführung durch den vorläufigen und derjenigen durch den vermeintlichen Erben erscheint es aber vertretbar, §§ 1959 Abs. 1, 681, 667 im Hinblick auf die vom vermeintlichen Erben ohne 495 Einsatz von Erbschaftsmitteln erlangten Geschäftsforderungen analog anzuwenden. Damit ist nicht einer generellen Anwendung des § 1959 auf den Erbschaftsbesitzer das Wort geredet, weil dies die Eigenständigkeit der§§ 2018 ff. gegenüber§ 1959 unterlaufen würde 496• Es wird lediglich dem Unterschied Rechnung getragen, daß bei Fortführung eines nachlaßzugehörigen Handelsgeschäfts anderenfalls ein nicht zu rechtfertigender Unterschied im Schutz der Geschäftsschuldner entstünde.

(b) Interessen des wahren Erben Die Haftung des wahren Erben nach § 27 Abs. 1 HGB für die vom vermeintlichen Erben begründeten Geschäftsverbindlichkeiten beeinträchtigt dessen Interessen auch nicht unzumutbar. Es steht ihm frei, seine Haftung durch fristgerechte Einstellung nach § 27 Abs. 2 HGB oder mit Hilfe der §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB abzuwenden, wobei ein Vorgehen nach§§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGBebenso wie die Annahme einer neuen Firma - dazu führt, daß er für die "Zwischenverbindlichkeiten" den Gläubigem gegenüber überhaupt nicht haftet 497 • Das Haftungsabwendungsrecht ist bedeutsam insbesondere in den Fällen, in denen der vermeintliche Erbe bösgläubig war und den wahren Erben schädigen wollte. Hinzuweisen ist bei der entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 2 HGB auf das Recht des Erben, durch Eintragung und Bekanntmachung oder durch Mitteilung die unbeschränkte Haftung nur für bestimmte Verbindlichkeiten auszuschließen. Er kann folglich den Haftungsausschluß auf die vom vermeintlichen Erben begründeten Geschäftsverbindlichkeiten beschränken 498 • Daraus ergibt sich aber Vgl. oben F III 3 b bb) (2) (a). Werden Erbschaftsmittel eingesetzt, bietet § 2019 einen ausreichenden Schutz. 496 Die Bedenken, die Walker, S. 127 ff. gegen eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag auf den vermeintlichen Arbeitgebererben anführt, sind einleuchtend, stehen dem hier gewonnenen Ergebnis aber deswegen nicht entgegen, weil es nur um die Herausgabepflicht erlangter Geschäftsforderungen geht, nicht aber um eine generelle Ergänzung der§§ 2018 ff. durch§ 1959 Abs. 1.Für eine entsprechende Anwendung des § 1959 Abs. 1 auf den Arbeitgebererben dagegen Stumpf, FS Brackmann, S. 299 (309). 497 Dies liegt an der hier fehlenden bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftung. 498 Der eingeschränkte Haftungsausschluß muß den Geschäftsgläubigern allerdings einwandfrei erkennbar sein. Der Verweis auf ein den Gläubigern unzugängliches Verzeichnis genügt nicht, vgl. RGZ 152,75 (78 f.). Im vorliegenden Fall kann der erforderlichen Erkennbarkeit zum einen durch die zeitliche Angabe der Geschäftsfortführung durch den vermeintlichen Erben, zum andern durch die Anfertigung eines den Gläubigern jederzeit zugänglichen Verzeichnisses Genüge getan werden. 494 495

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

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mit hinreichender Klarheit, daß eine unzumutbare Beeinträchtigung der Interessen des wahren Erben nicht vorliegt. Nach allem ist festzuhalten, daß der wahre Erbe nach § 27 HGB auch für die vom vermeintlichen Erben während dessen Geschäftsfortführung begründeten Verbindlichkeiten haftet. c) Anwendung des Verjährungsprivilegs analog§ 26 HGB zugunsten des vermeintlichen Erben

Sowohl zugunsten des Vorerben 499 wie des vorläufigen Erben 500 konnte eine entsprechende Anwendung des § 26 HGB unter derVoraussetzungbejaht werden, daß der Nacherbe bzw. der endgültige Erbe unbeschränkt nach§ 27 Abs. 1 HGB haften. Auf diese Weise wurde ein Ausgleich für den als unangemessen empfundenen Gläubigervorteil, der in der unbeschränkten Haftung zweier Schuldner besteht, geschaffen. Wie die vorstehende Untersuchung zeigt, besteht dieser Gläubigervorteil auch beim vermeintlichen Erben, wenn der wahre Erbe nach § 27 Abs. 1 HGB haftet. Man wird deshalb auch dem vermeintlichen Erben das Verjährungsprivileg zukommen lassen müssen. Fraglich ist, ob letzteres uneingeschränkt gelten kann. Versteht man die Analogie zu § 26 HGB als Privileg zugunsten der ,,Zwischenerben", kann sie nicht mehr zur Anwendung kommen, wenn der vermeintliche Erbe in Kenntnis seiner Nichtberechtigung das Handelsgeschäft fortgeführt hat. Der den Geschäftsgläubigern verbleibende Vorteil erscheint hier nämlich nicht mehr als ungerechtfertigt. Auch sie hat der bösgläubige Erbschaftsbesitzer über seine Berechtigung zur Firmenfortführung getäuscht. Zwar haftet ihnen noch der wahre Erbe, so daß die Gefahr eines Forderungsausfalls gemildert ist. Die Gläubiger haben jedoch häufig auch in den Aufbau eines persönlichen Kontakts zum Firmeninhaber investiert, was sich - für den Bösgläubigen von Beginn an erkennbar- dann als überflüssig herausstellt. Letzteres gehört freilich zum geschäftlichen Risiko, verdeutlicht aber, daß für eine Privilegierung des vermeintlichen Erben über eine Analogie zu § 26 HGB in diesen Fällen kein Bedürfnis besteht. d) Haftungsverhältnis zwischen dem vermeintlichen und wahren Erben

aa) Veräußerung des Handelsgeschäfts Entscheidet sich der vermeintliche Erbe zur Veräußerung des Handelsgeschäfts einschließlich des Geschäftsvermögens, verfügt er als Nichtberechtigter über Erbschaftsgegenstände. Der wahre Erbe hat dann das Wahlrecht, gegen den 499 Vgl. F I 3 a bb) (2) mit ausführlicher Begründung der Analogie. soo Hierzu F II 3 b bb.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

vermeintlichen Erwerber unter Erstattung des von diesem geleisteten Gegenwerts501 vorzugehen oder sich an den vermeintlichen Erben selbst zu halten. Von diesem kann er die Herausgabe des Kaufpreises fordern, worin gleichzeitig die bedingte Genehmigung 502 der Verfügungen über das Handelsgeschäft und die Gegenstände des Geschäftsvermögens zu sehen ist. Für den wahren Erben ist eine solche Veräußerung jedoch bindend, wenn ein Erbscheinserbe gehandelt hat; der Erwerber ist dann in seinem guten Glauben über § 2366 geschützt. Dem wahren Erben verbleibt in diesen Fällen nur der Veräußerungserlös, § 2019 Abs. 1. Ist letzterer verbraucht, geht er beim gutgläubigen Erbschaftsbesitzer nach§§ 2021, Abs. 1, 818 Abs. 3 leer aus, gegen den bösgläubigen oder deliktischen Erbschaftsbesitzer stehen ihm Ansprüche aus §§ 2024, 2023 Abs. 1, 989 bzw. §§ 2025, 823, 249 zu.

bb) Verfügbarer Unternehmensgewinn und Verlustausgleich Erzielte Unternehmensgewinne hat der vermeintliche Erbe als Nutzungen 503 herauszugeben, vgl. § 2020 HS. 1. Dabei ist allerdings im Einzelfall zu prüfen, inwieweit der erwirtschaftete Gewinn aus dem Einsatz der im Nachlaß vorhandenen Produktionsmittel und dem Verkauf der damit erzeugten Waren resultiert. Ein über diesen, aus der Sachgesamtheit des Unternehmens sich ergebenden Gewinn hinausgehenden Ertrag, der auf den persönlichen Einsatz und die besonderen Fähigkeiten des vermeintlichen Erben zurückzuführen ist, wird man letzterem zu belassen haben 504. Dies folgt aus der Funktion der §§ 2018 ff., die dem wahren Erben die Erbschaft wenigstens wertmäßig erhalten und die Rechtsverfolgung erleichtern wollen 505 . Jener Zweck ist aber bereits erreicht, wenn der vermeintliche Erbe die aus dem Nachlaß fließenden Vorteile zurückgewährt Auf diejenigen Vorteile, die dem wahren Erben auch dann nicht zugute gekommen wären, wenn er den Nachlaß von Anfang an in Besitz gehabt hätte, kann dieser dagegen keinen Anspruch haben 506• Das gefundene Ergebnis läßt sich noch dadurch untermauern, daß die Rechtsprechung den Unternehmensgewinn zwar als Nutzung anerkennt, eine diesbezügliche Herausgabepflicht an den Berechtigten jedoch stets mit der Einschränkung versehen hat, daß Gewinne, die auf persönlichen Leistungen und Fähigkeiten des (vermeintlichen) Betriebsinhabers beruhen, davon auszunehmen sind 507 . Regelmäßig wird sich der erwirtschaftete 501 Der Gegenwert fiel wegen§ 2019 Abs. 1 in den Nachlaß. 502 Vgl. hierzu oben F III 1 c. 503 Zur Einordnung von Unternehmensgewinnen als Nutzungen vgl. oben F I 2 b cc). 504 Vgl. Walker, S. 119. - So kann sich beispielsweise wegen seiner Kompetenz und Geschicklichkeit der Kundenstamm binnen kürzester Zeit verdoppelt haben. 505 Erman/Schlüter vor § 2018 Rz I, 5; MünchKomm-Jülicher § 2018 Rz 4, 5; Schlüter § 34 I 1, 2 S. 244; Soergel/ Dieckmann vor § 2018 Rz 2; § 2019 Rz 1; Staudinger I Gursky vor § 2018 Rz 1. 506 Vgl. Walker, S. 119.

III. Die Fortführung durch den vermeintlichen Erben

247

Gewinn allerdings sowohl als Produkt des weitergeführten Unternehmens als auch als Ergebnis persönlicher Leistung des vermeintlichen Erben darstellen. Den Anteil der dem wahren Erben herauszugebenden Nutzungen hat dann der Tatrichter zu ermitteln, gegebenenfalls unter Heranziehung des§ 287 ZPO, sofern sich beide Parteien über den Umfang der Herausgabepflicht nicht einigen können 5os. Der wahre Erbe kann dem gutgläubigen Erbschaftsbesitzer nicht vorhalten, schlecht gewirtschaftet zu haben. Das gilt insbesondere im Hinblick auf nicht wahrgenommene Gewinnchancen, vgl. § 2020 509• Ist durch Verlust im Unternehmen der Wert des Nachlasses insgesamt gesunken, kann der vermeintliche Rechtsnachfolger sich auf§ 818 Abs. 3 berufen, selbst wenn die Verluste auf seine schlechte Geschäftsführung zurückzuführen sind. Er durfte nämlich auf das Bestehen seines Erbrechts vertrauen. Demzufolge ist er auch nicht verpflichtet, später erwirtschaftete Gewinne zur Verlustdeckung zu verwenden. Anders verhält es sich dagegen beim bösgläubigen Erbschaftsbesitzer. Er muß auch für schuldhaft nicht wahrgenommene Gewinnchancen Ersatz leisten 510, §§ 2024, 2023 Abs. 2, 987 Abs. 2, und haftet für eingetretene Geschäftsverluste, sofern sie sich als das Ergebnis mangelhafter Geschäftsführung darstellen, §§ 2024, 2023 Abs. 2, 989. Den deliktischen Erbschaftsbesitzer trifft schließlich eine nochmals verschärfte Haftung, weil er auch für den zufälligen Untergang eines nachlaßzugehörigen Gegenstands des Geschäftsvermögens einstandspflichtig ist. Geht beispielsweise während seiner Fortführung des Unternehmens ohne sein Verschulden eine Maschine zu Bruch, ist er ersatzpflichtig aus §§ 2025, 848. Gleiches gilt für eingetretene Verluste sowie nicht gezogene Gewinne.

cc) lnnenregreß bei gesamtschuldnerischer Haftung Bezüglich der vom vermeintlichen Erben eingegangenen Geschäftsverbindlichkeiten haften dieser und der wahre Erbe, falls er das Unternehmen unter bisheriger Firma fortführt, als Gesamtschuldner den Geschäftsgläubigem gegenüber. Im Innenverhältnis trifft den wahren Erben dabei eine Befreiungspflicht, weil sich die Geschäftsschuld des vermeintlichen Erben als Aufwendung auf die Erbschaft darstellt, §§ 2022 Abs. 2, 257 511 ; sie kommt als solche nämlich dem nachlaßzugehörigen Unternehmen zugute 512 • Die Befreiungspflicht besteht aller507 BGH LM § 818 Abs. 2Nr. 7 BI. 2; BGH NJW 1978, 1578. DemBundesgerichtshof folgend K. Schmidt, Handelsrecht,§ 6 IV 1 S. 152; Walker, S. 119. 5os BGH NJW 1978, 1578; WalkerS. 120. 509 Nach § 2020 HS. 1 hat der gutgläubige Erbschaftsbesitzer nur die gezogenen Nutzungen herauszugeben. 510 Hierunter fällt auch die nicht gerechtfertigte Einstellung des Geschäftsbetriebs nach § 27 Abs. 2 HGB, vgl. oben F III 3 a aa) (4). 511 Vgl. oben F III 2 b bb) (2).

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

dings nur gegenüber dem gutgläubigen Erbschaftsbesitzer ausnahmslos, im Falle des bösgläubigen oder deliktischen vermeintlichen Erben lediglich, soweit diese die Geschäftsschuld zur Vornahme einer notwendigen Verwendung eingegangen sind, die zur Erhaltung einer ordnungsgemäßen Fortführung objektiv erforderlich ist und darüber hinaus dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des wahren Erben entspricht,§§ 2024, 2023 Abs. 2, 994 Abs. 2, 683 S. 1, 670; §§ 2025, 850, 994 Abs. 2, 683 S. 1, 670; 257. Leistet in der Zwischenzeit der Erbschaftsbesitzer an den Geschäftsgläubiger, wandelt sich der Befreiungsanspruch gegen den wahren Erben in einen Zahlungsanspruch 51 3. Hatte der vermeintliche Erbe vom Erblasser herrührende Geschäftsverbindlichkeiten aus seinem Eigenvermögen befriedigt, muß der wahre Erbe ihm diese Verwendungen nach§ 2022 Abs. 2 ersetzen, da sie zur Tilgung von Nachlaßverbindlichkeiten dienten. Ebenso wird man einen Rückgriffsanspruch des vermeintlichen Erben in den Fällen bejahen müssen, in denen ein Erblassergeschäftsgläubiger gegen ihn wegen seiner weiterbestehenden 514 Haftung aus § 27 Abs. 1 HGB analog vorgegangen ist. Auch hier zahlt er zwar auf eigene Schuld, tilgt aber zugleich eine Nachlaßverbindlichkeit des wahren Erben 515 •

IV. Die Fortführung des einzelkaufmännischen Unternehmens durch "Zwischenerben"- ein zusammenfassender Vergleich 1. Außenverhältnis a) Haftung gegenüber den Geschäftsgläubigern

Im Hinblick auf die Einstandspflicht nach bürgerlichem Recht für Geschäftsverbindlichkeiten des Erblassers oder des ,,Zwischenerben" ist die Rechtsposition des Vor- und Nacherben der des Alleinerben am ähnlichsten. Das kann deswegen nicht verwundern, weil sie in jeder Phase ihrer Geschäftsfortführung als Berechtigte516 handeln und diese Befugnis auch nicht rückwirkend verlieren. Hieraus 512 Zu denken ist an die Gewährung von Betriebsmittelkrediten, die Bestellung von Rohstoffen oder auch die ausstehenden Lohnforderungen. 513 Zur Umwandlung des Befreiungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch vgl. näher MünchKomm-Keller § 257 Rz 4; Soergel I M.Wolf § 257 Rz 6. 514 Bejaht man eine entsprechende Anwendung des § 27 HGB auf den vermeintlichen Erben, ist der Fortbestand dieser Haftung über den Zeitpunkt der Nachlaßherausgabe und den damit verbundenen Wechsel der Geschäftsführung hinaus eine logische Konsequenz. 515 Der Rückgriffsanspruch ergibt sich aus §§ 426 Abs. I S. I Alt. 2, 2022 Abs. 2 analog. Aus der Tatsache, daß der Erblassergeschäftsgläubiger seine Forderung erst nach Herausgabe des Nachlasses an den wahren Erben und nicht schon vorher geltend macht, kann dem vermeintlichen Erben nämlich kein Nachteil entstehen. 516 Im Hinblick auf die Eingebung von Verbindlichkeiten unterliegt der Vorerbe keinen Beschränkungen, Vgl. MünchKomm-Grunsky § 2112 Rz 1.

IV. Zusammenfassender Vergleich

249

erklärt sich, daß sie nicht nur für die Erblassergeschäftsschulden, sondern auch für die neuen Geschäftsverbindlichkeiten 517 stets mit dem Nachlaß haften, und zwar unabhängig davon, ob deren Begründung einer ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses entsprach 518 • Anders verhält es sich hingegen beim vorläufigen Erben. Seine Geschäftsverbindlichkeiten sind zunächst ebenfalls Nachlaßerbenschulden, verlieren diese Eigenschaft jedoch durch die Ausschlagung mit rückwirkender Kraft, § 1953 Abs. 1. Sie werden zu Eigenschulden, für die er mit seinem gesamten Vermögen verpflichtet bleibt. Eine Haftung seinerseits für Erblassergeschäftsschulden besteht nicht. Ein vor Erbschaftsannahme gegen den Nachlaß gerichteter Anspruch kann gerichtlich nicht gegen den Erben geltend gemacht werden, § 1958. Entgegen einer vereinzelt in der Literatur vertretenen Ansicht haftet der endgültige Erbe nach bürgerlichem Recht auch nicht unmittelbar den Geschäftsgläubigern gegenüber für die vom vorläufigen Erben eingegangenen Geschäftsschulden. Jene sind hier vielmehr auf die Vollstreckung in den Befreiungsanspruch des vorläufigen Erben gegen den endgültigen Erben verwiesen. Im Gegensatz zum Vorerben und vorläufigen Erben ist der vermeintliche Erbe zu keinem Zeitpunkt Berechtigter, folglich auch nicht gegenüber dem wahren Erben verpflichtungsbefugt. Erbrechtlich haften weder er für die Erblassergeschäftsschulden noch der wahre Erbe für die vom vermeintlichen Erben begründeten Geschäftsverbindlichkeiten. Führt das Erbenhaftungssystem des BGB im Hinblick auf die Geschäftsverbindlichkeiten zu unverkennbaren Unterschieden zwischen Vorerben, vorläufigem Erben und vermeintlichem Erben sowie zwischen Nacherben, endgültigem Erben und wahrem Erben, bedingt die handelsrechtliche Haftung eine weitgehende Vereinheitlichung. Sämtliche endgültigen Geschäftsfortführer 519 haften für die von den ,,Zwischenerben" begründeten Geschäftsverbindlichkeiten den Geschäftsgläubigern gegenüber nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB unbeschränkt. Bezüglich des Vorerben und des vorläufigen Erben hatte dies zutreffend bereits der Bundesgerichtshof festgestellt, dem die Literatur gefolgt ist. Für den vermeintlichen Erben folgt dieses Ergebnis im wesentlichen daraus, daß auch der vorläufige Erbe ex tune zum Nichtberechtigten wird und deshalb zu ihm keine derart gravierenden Unterschiede bestehen, die eine abweichende rechtliche Behandlung nahelegen. Bei der Haftung der ,,Zwischenerben" selbst für die Erblassergeschäftsschulden verläuft die Linie allerdings nicht so geschlossen. Nur der Vorerbe haftet nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB, während der vorläufige Erbe mangels einer über die Frist des§ 27 Abs. 2 HGB hinausgehenden 517 Die neuen Geschäftsverbindlichkeiten des Vorerben stellen sich für den Nacherben als Erbfallschulden dar. 518 Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur macht die Nachlaßhaftung dagegen auch bei Geschäftsschulden davon abhängig, ob diese in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses begründet wurden. Letzteres gilt auch für den Alleinerben. 519 Gemeint sind Nacherbe, endgültiger Erbe, wahrer Erbe, die das Handelsgeschäft unter bisheriger Firma weiterführen.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

Geschäftsfortführung überhaupt nicht, der vermeintliche Erbe immerhin analog § 27 Abs. 1 HGB einstandspflichtig werden.

b) Haftungsabwendung durch Einstellung nach § 27 Abs. 2 HGB

Denjenigen, denen bei Fortführung des Unternehmens unter bisheriger Firma die unbeschränkte Haftung droht, steht gleichzeitig das Recht zu, diese durch fristgerechte Einstellung der Geschäftsfortführung abzuwenden. Letzteres gilt auch für den vermeintlichen Erben analog § 27 Abs. 2 HGB, weil es inkonsequent wäre, für die Haftung die Analogie zu bejahen, sie bezüglich der Einstellung dagegen zu verneinen. Beim vorläufigen Erben gilt die Besonderheit, daß eine Einstellung als Erbschaftsannahme zu bewerten ist, es sei denn, sie erfolgt dringend im Sinne des § 1959 Abs. 2. An die mit der Einstellung einhergehenden Verfügungen 520 ist der endgültige Erbe dann gebunden. c) Anwendung des Verjährungsprivilegs nach § 26 HGB analog

Dem Vorerben, vorläufigen Erben sowie dem gutgläubigen Erbschaftsbesitzer kommt das Privileg des § 26 HGB zugute, wonach die Ansprüche der Geschäftsgläubiger gegen sie mit dem Ablauf von fünf Jahren nach Eintragung der endgültigen Geschäftsfortführer im Handelsregister verjähren. Die entsprechende Anwendung des Verjährungsprivilegs läßt sich in allen drei Fällen dadurch rechtfertigen, daß ein Ausgleich für den als ungerecht empfundenen Gläubigervorteil, der in der Gewinnung eines zusätzlichen Schuldners besteht, geschaffen werden soll. Voraussetzung ist dabei stets, daß der Nacherbe, endgültige Erbe und der wahre Erbe unbeschränkt nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten haften. Das Verjährungsprivileg fällt bei den ,,Zwischenerben" unterschiedlich ins Gewicht. Da der vorläufige Erbe nicht nach §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1 HGB haftet, betrifft die analoge Anwendung des § 26 HGB nur die von ihm selbst eingegangenen Geschäftsschulden. Beim Vorerben und gutgläubigen vermeintlichen Erben wird sie dagegen auch im Hinblick auf deren handelsrechtliche Haftung für die Erblasserschulden relevant.

s2o Zu denken ist an den Verkauf von Waren, der keinen Aufschub duldet, wie es beispielsweise bei der Schließung eines Lebensmittelgeschäfts der Fall sein kann.

IV. Zusammenfassender Vergleich

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2. Innenverhältnis a) Veräußerung des Handelsgeschäfts

Der Vorerbe ist grundsätzlich befugt, das Handelsgeschäft nebst zugehörigem Geschäftsvermögen zu verkaufen. Der Gegenwert fällt dabei in den Nachlaß, § 2111. Die Übertragung von Gegenständen des Geschäftsvermögens oder des Handelsgeschäfts insgesamt 521 kann mit Eintritt des Nacherbfalls allerdings unwirksam werden, wenn eine Grundstücksübertragung ohne Zustimmung des Nacherben erfolgte, § 2113 Abs. 1, oder ein Unter-Wert-Verkauf im Sinne des § 2113 Abs. 2 vorliegt. Einen daraus resultierenden Schaden hat der Vorerbe dem Nacherben zu ersetzen. Demgegenüber wird das Problem der Veräußerung beim vorläufigen Erben nur in dringenden Ausnahmefällen relevant, da hierin regelmäßig die Annahme der Erbschaft liegt. Der vermeintliche Erbe verfügt in jedem Fall als Nichtberechtigter; der wahre Erbe kann, sofern kein Erbscheinserbe veräußert hat, das Unternehmen dann vom Erwerber herausverlangen oder den Erlös beim vermeintlichen Erben liquidieren. b) Unternehmensgewinne

Vom vorläufigen oder vermeintlichen Erben erzielte Unternehmensgewinne sind an die endgültigen Geschäftsfortführer grundsätzlich herauszugeben. Dem Vorerben beläßt dagegen § 2111 Abs. 1 S. 1 ausdrücklich die aus der Erbschaft resultierenden Nutzungen, zu denen auch der erwirtschaftete Geschäftsgewinn zählt. Der Vorerbe ist Berechtigter auf Zeit, vgl. § 2139, und soll die gezogenen Nutzungen behalten dürfen. Beim vorläufigen Erben wird ein meßbarer Gewinn wegen der regelmäßig nur sehr kurzen Zeit seiner Geschäftsfortführung nur selten anfallen. Er hätte ihn jedenfalls nach §§ 1959 Abs. 1, 681, 667 an den endgültigen Erben herauszugeben. Die den vermeintlichen Erben treffende Herausgabepflicht aus § 2020 HS. 1 beschränkt sich auf den sich aus der Sachgesamtheit des Unternehmens ergebenden Gewinn. Soweit der Überschuß auf seine besonderen Fähigkeiten und seinen persönlichen Einsatz zurückzuführen ist, kann der vermeintliche Erbe ihn dagegen behalten. c) Pflicht zum Verlustausgleich

Der Vorerbe haftet für die während seiner Geschäftsfortführung eingetretenen Verluste nur, soweit sie darauf zurückzuführen sind, daß er hierbei nicht die eigenübliche Sorgfalt beachtet hat,§§ 2130 Abs. 1 S. 1, 2131. Ansonsten werden s2 1 Zum Problem des fehlenden einheitlichen Verfügungsvertrags über das Unternehmen vgl. F I 2 b bb) FN 98.

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F. Fortführung durch ,,Zwischenerben"

sie von der Erbschaft selbst getragen. Allerdings besteht für den Vorerben die Pflicht, Verluste durch spätere Gewinne wieder auszugleichen, sofern eine Verrechnung nicht bereits durch vorherige Rücklagenbildung herbeigeführt werden konnte. Der vorläufige Erbe hat Verluste nur dann auszugleichen, wenn ihn diesbezüglich ein nachgewiesenes Verschulden trifft, §§ 1959 Abs. I, 677 in Verbindung mit positiver Forderungsverletzung. Differenzierter gestaltet sich hingegen die Haftung des vermeintlichen Erben. War er gutgläubig, kann er sich gegenüber den Wertersatzansprüchen 522 des wahren Erben auf§ 818 Abs. 3 berufen. Auch besteht keine Verpflichtung, in späteren Jahren erwirtschaftete Gewinne zur Verlustdeckung einzusetzen. Der bösgläubige vermeintliche Rechtsnachfolger haftet für die infolge eigenen Verschuldens entstandenen Verluste, §§ 2024, 2023 Abs. 2, 989, darüber hinaus auch für nicht wahrgenommene Gewinnchancen. Der Vergleich der Verlustausgleichsverpflichtungen der ,,Zwischenerben" macht deutlich, daß der gutgläubige vermeintliche Erbe die günstigste Rechtsposition innehat. Selbst wenn die Verluste auf seine mangelhafte Geschäftsführung zurückgehen, trifft ihn keine Ersatzpflicht, sofern er durch den Besitz der Erbschaft insgesamt nicht mehr bereichert ist 523 • Er steht damit sogar besser als der Vorerbe, der das Handelsgeschäft als Berechtigter fortführt. Diese Rechtslage erklärt sich allein daraus, daß der gutgläubige Erbschaftsbesitzer in seinem Vertrauen auf den endgültigen Erwerb der Erbschaft geschützt werden soll. Der Vorerbe weiß dagegen von vomeherein, daß er gegenüber dem Nacherben eine treuhänderähnliche Position hat, also mit dem Nacherbfall zur Herausgabe der Erbschaft verpflichtet ist. d) Innenregreß bei gesamtschuldnerischer Haftung Wer im Innenverhältnis für die Geschäftsverbindlichkeiten einzustehen hat, bestimmen für die erbrechtliche wie für die Haftung aus § 27 HGB die Normen des BGB. So muß der Vorerbe die laufenden Betriebskosten tragen, die in der Zeit der Vorerbschaft angefallen und von ihm im Zeitpunkt des Nacherbfalls noch nicht gezahlt waren. Außergewöhnliche Rationalisierungsmaßnahmen gehen dagegen zu Lasten des Nacherben. Wird der Nacherbe aber von einem Geschäftsgläubiger aus einer Verbindlichkeit in Anspruch genommen, die der Vorerbe unter Mißachtung seiner Pflicht zu ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses begründet hatte, ohne nach § 2137 Abs. 1 befreit zu sein, kann er gegen den Vorerben aus §§ 426 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 2130 Abs. 1 S. l vorgehen. Der endgültige Erbe hat, soweit er gegenüber den Geschäftsgläubigem aus § 27 522 Da der Wert des Nachlasses gesunken ist, ist der vermeintliche Erbe nach§§ 2121, 818 Abs. 2 zum Ersatz verpflichtet, wenn er sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann. 523 Vgl. MünchKomm-Jülicher § 2021 Rz 5.

IV. Zusammenfassender Vergleich

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Abs. 1 HGB neben dem Ausschlagenden für die von diesem eingegangenen Geschäftsverbindlichkeiten als Gesamtschuldner haftet, den Ausschlagenden von jenen Verbindlichkeiten zu befreien, §§ 1959 Abs. l, 683 S. 1, 670, 257. Wird letzterer selbst in Anspruch genommen, wandelt sich sein Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch. Die gleiche Rechtslage ergibt sich bei vermeintlichem und wahrem Erben, weil letzteren aus §§ 2022 Abs. 1 S. 1; Abs. 2; 257 eine Befreiungspflicht auch bezüglich der als Aufwendungen für die Erbschaft zu verstehenden Geschäftsverbindlichkeiten des vermeintlichen Erben trifft 524•

524 Die Befreiungspflicht besteht allerdings nur gegenüber dem gutgläubigen vermeintlichen Erben ausnahmslos, vgl. oben F III 3 d cc).

G. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Das bürgerlich-rechtliche Erbenhaftungssystem bewertet die Interessen der Nachlaßgläubiger sowohl dem Erben als auch dessen Eigengläubigem gegenüber als vorrangig. Zwar hat es die Notwendigkeit eines Schutzes des Eigenvermögens des Erben vor Zugriffen der Nachlaßgläubiger nicht verkannt. Dieser Schutz entfällt jedoch, sobald die Befriedigung der Nachlaßgläubiger aus dem Nachlaß aufgrund von Inventarvergehen des Erben in Gefahr ist. Die Eigengläubiger sind ihrerseits dadurch benachteiligt, daß sie den Zugriff der Nachlaßgläubiger auf das Eigenvermögen nicht verhindern, von jenen aber durch Herbeiführung der Separation von einer Vollstreckung in den Nachlaß ausgeschlossen werden können. 2. Die ratio des § 27 HGB erschließt sich aus dem Zweck und dem der Norm zugrundeliegenden Prinzip. § 27 HGB bezweckt zum Schutz des Handelsverkehrs die Klarstellung, daß auch der ein einzelkaufmännisches Handelsgeschäft unter bisheriger Firma fortführende Erbe unbeschränkt haftet. Der Vorschrift liegt das Prinzip zugrunde, Gleichartiges- nämlich die Fortführung durch rechtsgeschäftliehen oder erbrechtliehen Erwerber-auch gleich zu behandeln. Einen völligen Gleichlauf der rationes der §§ 25, 27 HGB bedeutet dies allerdings nicht. Vielmehr unterscheiden sich die Normzwecke dadurch, daß sich die Klarstellung bei § 27 HGB schwerpunktmäßig - aber nicht nur - auf den Umfang und nicht das Ob der Haftung bezieht. 3. § 27 HGB ist eine gegenüber dem bürgerlich-rechtlichen Erbenhaftungssystem selbständige Haftungsnorm. Seine deutlichste Ausprägung findet dies in der schuldbegründenden Funktion der Norm. 4. Die fristgerechte Einstellung der Geschäftsfortführung nach§ 27 Abs. 2 HGB eröffnet dem Erben nicht nur eine Möglichkeit, seine unbeschränkte Haftung abzuwenden. Mit § 27 Abs. 2 HGB ist vielmehr zugleich ein negatives Tatbestandsmerkmal der handelsrechtliehen Haftung formuliert. 5. § 25 Abs. 2 HGB ist auch im Rahmen des § 27 Abs. 1 HGB entsprechend anwendbar. Der Erbe kann aber bei Fortführung des Handelsgeschäfts unter bisheriger Firma seine unbeschränkte Haftung durch Eintragung im Handelsregister und Bekanntmachung oder durch Mitteilung an die Gläubiger ausschließen. Er haftet dann für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten nur nach bürgerlichem Erbrecht.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

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6. Fruhere Geschäftsverbindlichkeiten im Sinne des § 27 Abs. 1 HGB sind Verbindlichkeiten, die sich nicht aus privaten Beziehungen des Geschäftsinhabers ergeben, sondern in unmittelbarer Verbindung mit dem Betrieb stehen, gleichsam als seine Folge erscheinen. Trotz sachlicher Übereinstimmung besteht keine Identität mit den in § 25 Abs. 1 S. 1 HGB verwendeten Begriffen. Fruhere Geschäftsverbindlichkeiten können nämlich auch solche sein, die ,,Zwischenerben" in der Zeit zwischen Erbfall und Beginn der Geschäftsfortführung begrundet haben. 7. Zwischen fruheren Geschäftsverbindlichkeiten und Nachlaßverbindlichkeiten besteht lediglich partiell Kongruenz. Insbesondere sind Nachlaßerbenschulden nicht als fruhere Geschäftsverbindlichkeiten einzuordnen. 8. Begrundet der Erbe selbst in Fortführung des Handelsgeschäfts neue Geschäftsverbindlichkeiten, so sind diese zugleich Nachlaßerbenschulden, solange das Handelsgeschäft als solches noch zum Nachlaß gehört. Die Qualifizierung als Nachlaßerbenschuld ist hierbei unabhängig davon, ob die konkrete Geschäftsverbindlichkeit in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses eingegangen wurde. 9. Der fortführende Erbe kann seine Haftung für neue Geschäftsverbindlichkeiten durch ausdriickliche oder konkludente Vereinbarung mit dem einzelnen Geschäftsgläubiger auf den Nachlaß beschränken, und zwar auch noch nach Ablauf der Einstellungsfrist aus § 27 Abs. 2 HGB. Bei konkludentem Handeln sind allerdings hohe Anforderungen an das Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung zu stellen. Das bloße Auftreten unter der Erblasserfirma genügt nicht. 10. Auch die vom Vorerben oder vom Nacherben begriindeten neuen Geschäftsverbindlichkeiten sind Nachlaßerbenschulden unabhängig davon, ob ihre Eingebung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entspricht. Der Nacherbe haftet daher nicht nur nach § 27 Abs. 1 HGB, sondern bereits nach§ 1967 für sämtliche vom Vorerben begriindeten Geschäftsverbindlichkeiten. 11. Für die vom vorläufigen Erben eingegangenen Geschäftsschulden haftet der endgültige Erbe gegenüber den Geschäftsgläubigem nur unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 HGB. Erbrechtlich ist er nur dem vorläufigen Erben zur Befreiung nach§§ 1959 Abs. 1, 683, 670; 257 verpflichtet. Hierin kommt die schuldbegrundende Funktion der handelsrechtliehen Norm und damit auch deren Selbständigkeit gegenüber dem zivilrechtliehen Erbenhaftungssystem sehr deutlich zum Ausdruck.

256

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

12. Der vermeintliche Erbe haftet nach § 1967 für die Erblassergeschäftsverbindlichkeiten mangels Erbenstellung nicht. Jedoch ergibt sich seine Haftung aus einer analogen Anwendung des § 27 Abs. 1 HGB, sofern er das Handelsgeschäft unter Beibehaltung der Erblasserfirma über die Einstellungsfrist hinaus tatsächlich fortführt. Den wahren Erben trifft seinerseits für die auf den vermeintlichen Erben zurückgehenden Geschäftsschulden aus § 27 HGB eine Einstandspflicht 13. Unternehmensgewinne, die zur Zeit der Fortführung des Handelsgeschäfts durch "Zwischenerben" entstanden sind, darf nur der Vorerbe uneingeschränkt behalten. Vorläufiger und vermeintlicher Erbe sind dagegen zur Herausgabe verpflichtet, soweit der Gewinn sich aus der Sachgesamtheit des Unternehmens ergibt und nicht aufpersönlichem Einsatz des Fortführenden beruht.

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