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German Pages 165 [168] Year 1974
Ernst Götti Die gotischen Bewegungsverben
Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker Begründet von
Bernhard Ten Brink und Wilhelm Scherer Neue Folge Herausgegeben von
Stefan Sonderegger 63 (187)
w DE
G
Walter de Gruyter · Berlin · New York 1974
Die gotischen Bewegungsverben Ein Beitrag zur Erforschung des gotischen Wortschatzes mit einem Ausblick auf Wulfilas Obersetzungstedinik
von
Ernst Götti
w DE
G
Walter de Gruyter · Berlin · New York 1974
ISBN 3 11 004331 9
Library of Congress Catalog Card Number: 73—88296 © 1974 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung · J. Guttencag, Verlagsbuchhandlung · Georg Reimer Karl J. Triibner · Veit & Comp., Berlin 30 • Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht |estattet, dieses Budi oder Teile daraus auf photomedianischem Wege (Pnotokopie, MikrokopieJ zu vervielfältigen. Satz und Drude: Franz Spiller, 1 Berlin 36 Buchbindearbeiten: Lüderitz Sc Bauer, Berlin Printed in Germany
Inhaltsverzeichnis Literaturverzeichnis
IX
Abkürzungen
XI
1. Einleitung 1.1. 1.2. 1.3. 1.4.
Voraussetzungen Wahl des Themas Methode Zielsetzung
2. Gaggan und Komposita 2.1. gaggan 2.2. afgaggan 2.3. afargaggan 2.4. anagaggan 2.5. atgaggan 2.6. duatgaggan 2.7. innatgaggan 2.8. faurgaggan 2.9. fauragaggan - faurbigaggan 2.10. gagaggan 2.11. inngaggan 2.12. mijjgaggan 2.13. Jjairhgaggan 2.14. ufargaggan 2.15. usgaggan 2.16. utgaggan 2.17. wij>ragaggan 3. Die Komposita von -lei|>an 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5.
aflei|>an galeij>an inngaleij>an mi|)inngalei|)an hindarleiijan
1 1 2 2 4 5 5 13 14 15 16 21 23 27 28 28 30 33 33 34 35 40 42 43 43 44 53 57 57
VI
Inhaltsverzeidinis 3.6. |>airhlei{)an 3.7. ufarleij>an 3.8. uslei{)an
57 59 59
4. Qiman und Komposita 4.1. 4.2. 4.3. 4.4.
62
qiman gaqiman fauraqiman mijjqiman
62 68 71 72
5. Rinnan und Komposita
73
5.1. 5.2. 5.3. 5.4. 5.5. 5.6. 5.7. 5.8. 5.9.
rinnan atrinnan duatrinnan birinnan durinnan faurrinnan frarinnan garinnan urrinnan
73 75 75 75 76 77 77 78 80
6. Steigan und Komposita
82
6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5.
steigan atsteigan gasteigan ufarsteigan ussteigan
82 82 84 85 85
7. Diverse Bewegungsverben 7.1. faran 7.2. farjan - atfarjan 7.3. athaban 7.4. ushafjan 7.5. 7.6. tuarbon 7.7. laistjan - afarlaistjan 7.8. nehsjan - atnetojan 7.9. sniumjan - gasniumjan 7.10. sniwan und Komposita 7.11. f>ragjan - bi^ragjan 7.12. wraton
87
toairban
87 87 88 88 88 89 89 91 92 92 94 95
Inhaltsverzeichnis 8. Die am Text erarbeitete Bedeutung der got. Bewegungs verben . .
VII 96
8.1. Einleitung 8.2. Definitionen der got. Bewegungsverben
96 96
9. Die Struktur des Wortfeldes Bewegungsverben
103
9.1. Einleitung 9.2. Erläuterungen zu den Fig. 1-11
103 104
10. Die got. Bewegungsverben als Übersetzung der gr. Bewegungsverben
117
10.1. 10.2. 10.3. 10.4.
Einleitung 117 Die got. Bewegungsverben und ihre gr. Entsprechungen . . . . 118 Die gr. Bewegungsverben und ihre got. Entsprechungen . . . . 120 Übersicht über die Entsprechungen der gr. und got. Bewegungsverben 122
11. Wulfilas Bibelübersetzung im Vergleich mit der Lutherbibel 11.1. Einleitung 11.2 Die Übersetzung ausgewählter gr. Bewegungsverben bei Wulfila und in der Lutherbibel 11.3. Schlußfolgerungen 12. Wulfilas Übersetzungstedinik
127 127 128 131 133
12.1. Einleitung 133 12.2. Fünf Gesichtspunkte Wulfilas bei der Übersetzung der gr. Bewegungsverben 133 12.3. Abschließende Beurteilung 136 13. Anhang 13.1. Übersicht über die Entsprechungen der got. und gr. Bewegungsverben 13.2. Got.-gr. Wörterverzeichnis 13.3. Gr .-got. Wörterverzeichnis
137 137 150 153
Literaturverzeichnis Α. Bibelausgaben Die gotische Bibel, hgg. von Wilhelm Streitberg, Heidelberg 51965. Zitiert: Streitberg I. D. Martin Luther, Die gantz-e Heilige Schrifft Deudsch, Wittenberg 1545, Letzte zu Luthers Lebzeiten erschienene Ausgabe, hgg. von Hans Volz unter Mitarbeit von Heinz Blanke, Textredaktion Friedrich Kur, WBG Darmstadt 1972. Zitiert: Luther. Novum Testamentum Graece cum apparat critico curavit D. Dr. Eberhard Nestle, novis curis elaboraverunt D. Dr. Erwin Nestle et D. Kurt Aland D. D., Stuttgart 241960. Zitiert: Nestle. The New English Bible, New Testament, Oxford/Cambridge 1β1964. Zitiert: NEB. B. Wörterbücher Ernst Schulze, Gotisches Glossar, Mit einer Vorrede von J. Grimm, Magdeburg 1847. Zitiert: Schulze. Wilhelm Streitberg, Gotisch-Griechisch-Deutsches Wörterbuch, Heidelberg 4 1965. Zitiert: Streitberg II. Walter Bauer, Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der übrigen urchristlichen Literatur, Berlin 51963. C. Grammatiken Wilhelm Braune, Gotische Grammatik, Mit Lesestücken und einem Wörterverzeichnis, Fortgeführt von Karl Helm, Neu bearbeitet von Ernst A. Ebbinghaus, Tübingen 181961. Zitiert: Braune-Ebbinghaus. James Hope Moulton, A Grammar of New Testament Greek, Volume I: Prolegomena, Edinburgh s 1919. Zitiert: Moulton I. James Hope Moulton, A Grammar of New Testament Greek, Volume II: Accidence and Word-Formation, Part i: General Introduction and Writing, Part ii: Accidence, hgg. von Wilbert Francis Howard, Edinburgh 1919. James Hope Moulton and Wilbert Francis Howard, A Grammar of New Testament Greek, Volume II, Part iii: Word-Formation, with an appendix on semitisms in the New Testament, Edinburgh 1929.
χ
Literaturverzeichnis D. Monographien
- G. W. S. Style and - G. W. S. Style and
Friedridisen, The Gothic Version of the Gospels, a Study in Textual History, Oxford 1926. Zitiert: Friedridisen, Gospels. Friedridisen, The Gothic Version of the Epistles, a Study in Textual History, London 1939.
Erst nadi Abschluß der Arbeit war erreichbar: J. R. Puryear, GreekGothic Lexicon and Concordance to the New Testament, Thesis Vanderbilt University 1965 (Mikrofilm).
Abkürzungen Μ. J. L. Mc. R. Κ. k. G. E. Ph.
Matthäus Johannes Lukas Markus Römer 1. Korinther 2. Korinther Galater Epheser Philipper
C. Th. th. Τ. t. got. gr. ne. nhd. germ,
Kolosser 1. Thessalonidier 2. Thessalonidier 1. Timotheus 2. Timotheus gotisch griechisch neuenglisch neuhochdeutsch germanisch
1. Einleitung 1.1. Voraussetzungen Die ersten Anregungen für diese Arbeit verdanke ich einem Seminar, das Professor Sonderegger im Sommersemester 1967 durchführte und das der Erforschung der got. Sprachschichten gewidmet war. Ich hatte mich damals mit Problemen der Synonymik im Got. zu befassen und mußte bald einmal feststellen, wie wenig der Literatur gerade zu diesem Thema zu entnehmen war. Es gab zwar eine große Anzahl von Untersuchungen zu einzelnen got. Wörtern, aber keine zusammenhängende Darstellung des got. Wortschatzes. Auch einige ältere Arbeiten zur Synonymik gaben wenig her. 1 Die meisten Anregungen verdankte ich einem Werk, das gar nicht in erster Linie der Erforschung des got. Wortschatzes diente, nämlich der großangelegten Studie Friedrichsens über die Bibelübersetzung Wulfilas. Doch hielt ich gerade seinen Arbeiten gegenüber wegen der meiner Meinung nach allzu positivistischen Methode eine gewisse Skepsis für angemessen, ohne daß ich vorderhand imstande gewesen wäre, mein Unbehagen genauer zu artikulieren. Dazu kam ein zweiter Punkt. Bei meiner Arbeit mit got. Wörterbüchern wurde mir, bei aller Achtung von der sauberen und genauen Arbeit etwa eines Streitberg, bald ein großer Mangel dieser Werke bewußt: in vielen Fällen gaben sie weniger die Bedeutung eines got. Wortes an, als daß sie die gr. Vokabeln übersetzten, für die Wulfila seinerseits das entsprechende got. Wort gewählt hatte. So fand man ζ. B. für arbaidjan die Bedeutungen „arbeiten", „dulden" und „zusammen kämpfen für", was zwar die gr. Verben κοπιαν, κακοπαθεΐν und συναθλεΐν, für die im got. Text arbaidjan steht, zutreffend übersetzte, gleichzeitig aber die eigentliche Bedeutung des got. Wortes verhüllte und eine Polysemie vortäuschte. 8 Irgendetwas, so sagte ich mir, mußte doch in diesem arbaidjan stecken, das es befähigte, diese drei verschiedenen gr. Verben zu übersetzen, und dieses Etwas, was wir oben die „eigentliche Bedeutung" genannt haben, ging aus dem Wörterbuch nicht hervor. 1 2
Vgl. dazu Braune-Ebbinghaus, p. 131, Anm. 3. Streitberg II, p. 12.
2
Einleitung
Beiden Mängeln, dem der Unkenntnis über die eigentlidie Bedeutung der got. Wörter und dem der Ungewißheit über die Beziehungen dieser Wörter untereinander, war nur mit einer großangelegten Untersuchung des got. Wortschatzes abzuhelfen. Für jede got. Vokabel mußte festgestellt werden, in welchen Kontexten sie auftrat, und daraus mußte ihre Bedeutung erschlossen werden. Erst dann konnten verläßliche Angaben über got. Synonymik, aber auch über die Übersetzungstechnik Wulfilas gemacht werden. Die Aufgabe stellen, hieß zugleich, vor der ungeheuren Arbeit zurückschrekken. Ich entschloß mich daher, es bei einem Beitrag zur Erforschung des got. Wortschatzes bewenden zu lassen, in der Hoffnung, daß andere vielleicht einmal meinem Beispiel folgen und die begonnene Arbeit zu Ende führen würden. Als Gegenstand meiner Untersuchung wählte ich die got. Bewegungsverben aus.
1.2. Wahl des Themas Im folgenden sei die Wahl des Themas kurz begründet. Ich ließ midi dabei von folgenden Überlegungen leiten: - Für die Erforschung der got. Bewegungsverben bot sich ein umfangreiches Material mit über 1000 Belegen an, das sich aber doch relativ eindeutig gegen den übrigen Wortschatz abgrenzen ließ. - Bewegungsverben schienen mir besonders geeignet zu sein, wenn es sich darum handelte, die Bedeutung eines Wortes aus dem Kontext zu erschließen. - Es durfte angenommen werden, daß dem Got. sdion vor der Begegnung mit dem Gr. eine große Anzahl von Bewegungsverben zur Verfügung standen, Wulfila also hier kaum Neuland betreten und sich mit Lehnübersetzungen behelfen mußte. - Theologisch-exegetische Gesichtspunkte spielten bei der Übersetzung gr. Bewegungsverben vermutlich keine große Rolle, sodaß auch von dieser Seite Störungen wenig wahrscheinlich waren. 3
1.3. Methode Die Methode, die anzuwenden war, ergab sich aus dem zu erreichenden Ziel: es handelte sich darum, die Bedeutung der got. Bewegungsverben auf3
Diese Hypothese erwies sidi in der Folge als falsdi. Vgl. dazu 12.2.5.
Methode
3
grund ihrer Verwendung im Kontext festzustellen. Sie ist weitgehend pragmatisch und nicht in jedem Falle gleidi. In der Regel soll wie folgt vorgegangen werden: - Wir beginnen mit einem statistischen Überblick über die Häufigkeit des Vorkommens eines got. Verbs und stellen fest, welche gr. Verben das betreffende got. übersetzt. - Als Ergebnis des ersten Schrittes ergibt sich in den meisten Fällen, daß vorwiegend ein bestimmtes gr. Verb durch das uns interessierende got. Verb übersetzt wird. Ausgehend von diesen Belegen versuchen wir nun durch eine sorgfältige Analyse der einzelnen Stellen, die Kernbedeutung des Wortes zu ermitteln. Dabei können uns die verschiedensten Beobachtungen von Nutzen sein, ζ. B. daß das got. Verb nur mit ganz bestimmten Subjekten verwendet wird, oder daß das Ziel der Bewegung immer ein ähnliches ist, oder daß die auf das Verb folgende Präposition immer einen bestimmten Kasus regiert etc.4 - Ist die Kernbedeutung einmal festgelegt, so wagen wir uns an jene Belege, in denen das got. Verb als weniger häufige oder gar seltene Ubersetzung für ein bestimmtes gr. Verb auftritt. An diesen „Ausnahmen" soll die aufgrund der „Regel" festgestellte Bedeutung erhärtet bzw. modifiziert werden. - Zur Erhellung einzelner Kontexte sollen von Fall zu Fall eine nhd. und eine ne. Bibelübersetzung herangezogen werden.® Sollte bei der obigen Darstellung der Arbeitsmethode der Eindruck entstanden sein, es werde nun doch von den gr. und nicht von den got. Bewegungsverben ausgegangen, so wäre dieses MißVerständnis sogleich zu berichtigen. Die Bedeutung eines got. Bewegungsverbs soll aus seiner Verwendung im Kontext und nur daraus erschlossen werden. Wenn die gr. Verben, die das got. übersetzt, trotzdem berücksichtigt und angeführt werden, so geschieht dies aufgrund folgender Überlegung: das got. Verb urrinnan ζ. B. ist 20 Mal belegt und übersetzt 12 Mal έξέρχεσθαι, 4 Mal άναβαίνειν, 2 Mal ερχεσθαι, 1 Mal έξέρχεσθαι und 1 Mal ηκειν. Diese Verteilung legt den Schluß nahe, daß die 12 Fälle, in denen urrinnan für έξέρχεσθαι steht, besonders geeignet sind, für eine vorläufige Bestimmung des Inhalts des got. Verbs herangezogen zu werden, besser sicher, als jene 2 Belege, in denen es ερχεσθαι übersetzt (ερχεσθαι = 229 Mal qiman). Dagegen können 4
s
Es wird also von dem Gebrauch gemacht, was Ernst Leisi die „semantisdie Kongruenz" nennt. Vgl. dazu Ernst Leisi, Der Wortinhalt, Seine Struktur im Deutsdien und Englischen, Heidelberg *1967, pp. 68 ff. Zu verweisen wäre audi auf die D U D E N Grammatik, Mannheim 2 1966, pp. 508 ff., wo vom „semantisch-syntaktisdien Hof der Wörter" gehandelt ist. Gemeint sind die Luther Bibel und die N e w English Bible. Für nähere Angaben vgl. das Literaturverzeichnis.
4
Einleitung
uns diese seltenen Übersetzungen außerordentlich nützlich sein, wenn es gilt, die am „Normalfall" erarbeitete Bedeutung zu verifizieren.
1.4. Zielsetzung Mit der vorliegenden Arbeit sollen also folgende Ziele erreicht werden: - Umschreibung der aufgrund der Verwendung im Kontext festgestellten Bedeutung der got. Bewegungsverben. - Erhellung des Problems der Synonymik, was durch Strukturierung des Wortfeldes Bewegungsverben mit Hilfe der Komponentenanalyse geschehen soll. - Vergleich der got. mit den gr. Bewegungsverben, daraus Beurteilung der Ubersetzungstechnik Wulfilas.
2. Gaggan und Komposita 2.1. gaggan 2.1.1. Einleitung Das got. Verb gaggan ist 199 Mal belegt. In 141 Fällen übersetzt es die sinnverwandten gr. Verben πορεΰεσθαι (49 von 59 Mal mit gaggan übersetzt), ύπάγειν (42 von 50 Mal), περιπατεΐν (44 von 49 Mal) und δγειν (6 von 6 Mal), die alle soviel wie „gehen", „wandern", „reisen", „ziehen" u. ä. bedeuten. 9 Mal übersetzt gaggan in Verbindung mit afar, das dabei als Präfix oder als Präposition auftritt, άκολουθεΐν, 7 Mal είσέρχεσθαι, 4 Mal άπέρχεσθαι, 2 Mal στοιχεΐν und je 1 Mal έξέρχεσθαι, άναβαίνειν, έμπεριπατεΐν, είσπορεύεσθαι, καταβαίνειν, διαπορεύεσθαι, προκόπτειν, ύπαντεϊν (als gaggan gamotjan) und όρθοποδεΐν (in der Verbindung raihtaba gaggan). Bemerkenswert ist, daß auch ερχεσθαι, sonst überwiegend mit qiman übersetzt, im Got. in 27 Fällen durch gaggan vertreten ist. Sie werden unserer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.
2.1.2. gaggan für πορεύεσθαι, ύπάγειν, περιπατεΐν, αγειν Wir wenden uns zuerst dem Normalfall zu, also jenen 141 Belegen, wo gaggan die erwartete Ubersetzung für gr. πορεύεσθαι, ύπάγειν, περιπατεΐν oder αγειν ist. Wir wollen daraus zu bestimmen versuchen, was gaggan in etwa heißt, um dann zu überprüfen, ob und warum es sinnvoll war, an einigen Stellen auch ερχεσθαι und andere gr. Bewegungsverben mit gaggan zu übersetzen. Gaggan bedeutet zunächst, „die Fähigkeit des Gehens haben". In diesem Sinne treffen wir das Wort in Zusammenhang mit den Wundern Christi für gr. περιπατεΐν an: M. 9,5 toajjar ist raihtis azetizo qij)an: afletanda j)us frawaurhteis, |)au qi|>an: urreis jah gagg? (vgl. a. L. 5,23) M. 11,5 blindai ussailvand, jah haltai gaggand (vgl. a. L. 7,22)
6
Gaggan und Komposita
Mc. Mc. In diesen dem Wasser J.
2,9 urreis jah nim ]aata badi Jjeinata jah gagg 5,42 jah suns urrais so mawi jah iddja Zusammenhang mag auch jene Stelle gehören, wo Christus auf geht: 6,19 J)aruh farjandans . . . gasaitoand Iesu gaggandan ana marein Als Ubersetzung von περιπατεΐν bedeutet gaggan aber auch „umhergehen", „umherziehen": J. 7,1 ni auk wilda in Iudaia gaggan L. 20,46 atsaihnj) faura bokarjam Jiaim wiljandam gaggan in tueitaim Mc. 8,24 jah ussaifoands qaj): gassaihja mans, |>atei swe bagmans gasaitoa gaggandans Von daher wird verständlich, weshalb unser Verb schon in den Evangelien, vor allem aber dann in den Briefen, für περιπατεΐν im Sinne von „wandeln", d. h. „einen bestimmten Lebenswandel führen", verwendet werden kann. Als Übergang zu dieser Bedeutung, bei der gaggan nicht mehr eigentliches Bewegungsverb ist, mögen Stellen dienen wie: J. 8,12 J. 11,9
saei laisteif» mik ni gaggif» in riqiza jabai hias gaggij) in dag, ni gastiggqijj, unte liuhad J>is fairhjaus gasaihjiJ) J. 11,10 aJ)|jan jabai h>as gaggij) in naht, gastiggqij), unte liuhaj) nist in imma In diesen Beispielen kann gaggan noch durchaus konkret als „umhergehen" verstanden werden, aber auch schon als „sein Leben in der Nachfolge Christi, im Zeichen des Lichts, im Zeichen der Finsternis führen". Im folgenden seien noch einige Stellen zitiert, wo der Bedeutungswandel endgültig vollzogen ist. N u r einen einzigen solchen Beleg finden wir in den Evangelien, während in den Briefen, wo Bewegungsverben naturgemäß eher selten sind, diese Bedeutung von gaggan zur N o r m geworden ist. Von 33 gaggan, die in den Briefen belegt sind, übersetzen 28 περιπατεΐν im Sinne von „einen bestimmten Lebenswandel f ü h r e n " : Mc.
7,5
frehun ina Jjai Fareisaieis jah fiai bokarjos: dutoe Jjai siponjos £>einai ni gaggand bi ftammei anafulhun f>ai sinistans,... R 8,4 ei garaihtei witodis usfulljaidau in uns {>aim ni bi leika gaggandam, ak bi ahmin k. 5,7 unte Jjairh galaubein gaggam E. 5,2 jah gaggaij) in frija]pwai E. 5,8 swe barna liuhadis g a g g a i j A m weitaus häufigsten aber übersetzt gaggan die gr. Verben πορεύεσϋαι, υπάγειν und αγειν, und zwar fast ausnahmslos. Es bezeichnet dabei zu-
gaggan
7
nächst eine Bewegung, die vom Standort des Beobachters oder vom O r t der Handlung weg verläuft. So steht denn für einen Imperativ der erwähnten gr. Verben stets gaggan: M. 8,9 jah auk ik manna im habands uf waldufnja meinamma gadrauhtins jah qifja du J>amma: gagg, jah gaggif) L. 5,24 qaj) du {>amma uslif)in: du Jjus qij>a, urreis jah . . . gagg in gard fjeinana L. 7,50 if) is qaf> £>an du f>izai qinon: galaubeins J>eina ganasida J)uk, gagg in gawairjn Zudem erfaßt gaggan als duratives Verb die Bewegung in ihrem Verlauf. Ist das Ziel der Bewegung erwähnt, so finden wir Präpositionen, die eine Richtung angeben: J. 11,7 gaggam in Iudaian aftra J. 16,16 ik gagga du attin L. 17,11 mi£>J>anei iddja is in Iairusalem Mc. 9,30 iddjedun £>airh Galeilaian Die Beispiele ließen sich hier beinahe beliebig vermehren. Damit hätten wir die Bedeutung von gaggan vorerst genügend klar abgegrenzt. Es beinhaltet: - die Fähigkeit des Gehens haben - umhergehen, umherziehen - vom Beobachter weg in einer bestimmten Richtung gehen Dazu käme die uns in diesem Zusammenhang nicht weiter interessierende Bedeutung „wandeln" im Sinne von „einen bestimmten Lebenswandel führen". 2.1.3. gaggan f ü r ερχεσθαι Gr. ερχεσθαι wird in der überwiegenden Zahl der Fälle, nämlich 239 Mal, mit qiman übersetzt. Etwas überraschend finden wir jedoch dafür im got, Text auch 27 Mal gaggan. Für unser Gefühl scheinen die beiden Verben „kommen" und „gehen" so gegensätzlich zu sein, daß es uns zunächst verwundern mag, daß sie sich bei der Übersetzung eines gr. Bewegungsverbs konkurrenzieren können. Wie wir später genauer sehen werden (vgl. u. 4.1.), entspricht nun aber got. qiman weder dem gr. ερχεσθαι noch dem nhd. „kommen" genau. Das kann schon ein einfacher Vergleich zeigen: J. 6,44 gr. ουδείς δύναται έλθεϊν πρός με got. ni manna mag qiman at mis nhd. es kann niemand zu mir kommen Im Gr. und Nhd. haben wir mit dem Präpositionen πρός bzw. „zu" ein Richtungsverhältnis, während im Got. mit at ein Ruheverhältnis herrscht.
Gaggan und Komposita
8
Qiman betont ausschließlich den Moment der Ankunft, ohne Rücksicht auf den Verlauf der Bewegung. Dazu kommt nun, daß das Gr. durch die Wahl eines bestimmten Tempus - Präsens bzw. Imperfekt einerseits, Aorist andrerseits - mehr den durativen oder perfektiven Aspekt von ερχεσθαι betonen kann, eine Möglichkeit, die sowohl dem Nhd. als auch dem Got. fehlt. Wulfila muß sich jedesmal, wenn er in der Vorlage auf ερχεσθαι stößt, überlegen, ob er wirklich mit qiman übersetzen oder dem durativen gaggan den Vorzug geben will. Daneben bieten sidi ihm audi die got. Verben galeipan und atgaggan an. Wenn wir nun im folgenden die 27 Stellen, an denen für ερχεσθαι gaggan steht, alle anführen und genauer ansehen, so tun wir das, weil sich an ihnen besonders schön und eindrücklich zeigen läßt, mit welcher Meisterschaft sich der got. Ubersetzer bemüht hat, auch die Feinheiten des gr. Originals wiederzugeben.® Allerdings werden wir auch sehen, daß es in manchen Fällen für eine gr. Verbform verschiedene Möglichkeiten der Interpretation gibt, deren keine zum vornherein riditig oder falsch sein muß. Hier wollen wir versuchen, die Beweggründe Wulfilas, der sich schließlich für die eine oder andere Lösung entscheiden mußte, zu verstehen. Wir werden sehen, daß nicht nur die philologische, sondern manchmal auch die theologische Interpretation einer Stelle eine Rolle spielt. J.
ushof augona Iesus jah gaumida f>ammei manageins filu iddja (ερχεται) du imma Verlauf und Richtung der Bewegung sind wichtig: die Menge strömt auf Jesus zu, ist aber noch nidit bei ihm angelangt. J. 6,17 jah usstigun in skip, iddjedunuh (ήρχοντο) ufar marein in Kafarnaum Auch hier ist der Verlauf der Bewegung von Bedeutung. Noch bevor die Jünger ihr Ziel erreichen, wird etwas Wichtiges geschehen: Christus wird, auf dem Wasser gehend, zu ihnen stoßen. Man vgl. dagegen den anders gelagerten Fall J. 6,24: gastigun in skipa jah qemun (ήλθον) in Kafarnaum sokjandans lesu „kamen in Kapernaum an und suchten (dann) Jesus". J. 6,35 Jjana gaggandan (ό ερχόμενος) du mis ni huggreif) J. 6,37 i>ana gaggandan (τον έρχόμενον) du mis ni uswairpa ut Indem sich Wulfila hier für das durative Verb entscheidet, interpretiert er das gr. Partizip Präsens dahingehend, daß schon derjenige, der sich auf dem Weg zu Christus befindet, der göttlichen Gnade teilhaftig wird. Denn ob er das Ziel erreichen wird, das steht nicht in seiner Macht, heißt es doch nur wenig später und auch an anderer Stelle (J. 6,44): ni manna mag 4
6,5
Eine kritische Würdigung dieser Stellen wie audi der Fälle von atgaggan für ερχεσϋαι findet sich auch bei Friedridisen, Gospels, pp. 49-55, der allerdings ζ. T. andere Schlüsse aus dem vorliegenden Material zieht.
gaggan
9
qiman (έλθεΐν) at mis nibai atta saei sandida mts atpinsip ina. Man vgl. dazu auch die beiden folgenden Stellen. J. 6,45 toazuh nu sa gahausjands at attin jah ganam gaggif) (ερχεται) du mis Audi hier ist im Lichte des oben ausgeführten gaggan („ist auf dem Weg zu mir") die einzig möglidie Ubersetzung. J. 7,37 jabai foana J>aursjai, gaggai (έρχέσθω) du mis jah driggkai Man vgl. als Parallele den oben zitierten Vers J. 6,35. J. 11,29 (Marja) urrais sprauto jah iddja (ερχεται) du imma Die Wortwahl wird aus dem Zusammenhang unmittelbar verständlich. Maria kommt erst später bei ihrem Sohn an: J. 11,32 sunsei qam (ήλθεν) parei was Iesus . .. J. 11,38 Iesus aftra inrauhtijjs in sis silbin gaggij) (ερχεται) du J>amma hlaiwa Vgl. NEB: Jesus again sighed deeply; then he went over to the grave. Dagegen heißt es in Mc. 16,2, wo neben dem Verlauf der Bewegung auch die Ankunft von Bedeutung ist: jah filu air pis dagis afarsabbate atiddjedun (έρχονται) du pamma hlaiwa. J. 12,22 gaggij) (ερχεται) Filippus jah qijaij} du Andraiin Gaggan paßt hier völlig logisch in den Ablauf der Ereignisse: „Sie kamen zu Philipp und baten ihn (12,21) . . . und Philipp ging zu Andreas (12,22)". Vgl. a. NEB: So Philipp went and told Andrew. J. 17,11 i|) |>ai in Jjamma fairhjau sind, jah ik du |>us gagga (έρχομαι) J. 17,13 φ nu du {jus gagga (έρχομαι) „Ich bin auf dem Weg zu dir." Vgl. a. NEB: They are still in the world, and I am on my way to thee. And now I am coming (Verlaufsform!) to thee. J. 18,3 i£> Iudas nam hansa jah J>ize gudjane jah Fareisaie andbahtans, iddjuh (ερχεται) jaindwairj»s mij> skeiman jah haizam jah wepnam Vgl. N E B : . . . made his way to the garden. L. 3,16 ik allis izwis watin daupja, φ gaggij) (ερχεται) swinjjoza mis,... Der Übersetzer will hier wohl betonen, daß dieser Nachkommende schon unterwegs ist, deshalb wählt er das durative Verb. Ebenso finden wir den Ausspruch des Johannes zitiert in der Skeireins 3,24: sa afar mis gagganda swinpoza mis ist. Anders dagegen Mc. 1,7: qimip swinpoza mis sa afar mis. Beide Ubersetzungen sind möglich, nur betont gaggan mehr, daß Christus bald kommt, während qiman das Gewicht darauf legt, daß er gewiß kommt.
10
Gaggan und Komposita
L.
6,47
sa gaggands (ό ερχόμενος) du mis jah hausjands waurda meina Wulfila faßt das Verb offenbar iterativ auf („wer regelmäßig zu mir geht") und übersetzt deshalb mit gaggan. Nur vom Got. her gesehen wäre auch sa qimands at mis jah hausjands denkbar. L. 8,49 nauhj>an imma rodjandin gaggij) (ερχεται) sums manne fram J>is fauramajjleis swnagogais Das Reden Jesu und das Herbeikommen des Mannes spielen sich gleichzeitig ab und erstrecken sidi über eine gewisse Zeit. Deshalb hier das durative Verb. L. 9,23 h a s wili afar mis gaggan (έλθεΐν), afaikai sik silban jah nimai galgan seinana dag toanoh jah laistjai mik Trotz des gr. Aorists kann hier die Ubersetzung nur gaggan lauten. Es handelt sich ja nidit darum, bei Christus anzukommen, sondern ihm täglich zu folgen. Vgl. a. Luther: Wer mir folgen wil . . . NEB: If anyone wants to be a follower of me . . . L. 10,1 insandida ins twans hianzuh faura andwair|)ja seinamma in all baurge jah stade, J>adei munaida is gaggan (ερχεσθαι) Der Ausgangspunkt ist hier und jetzt, die zu besuchenden Orte liegen anderswo, der Besuch in der Zukunft. Deshalb ist gaggan vernünftig. Vgl. a. N E B : . . . he was going to visit. L. 14,17 jah insandida skalk seinana foeilai nahtamatis qifjan J>aim haitanam: gaggij (ερχεσθε), unte ju manwu ist allata. Man muß das gaggan hier wohl so verstehen, daß der Übersetzer den Herrn den Standpunkt seines Knechtes einnehmen läßt, der den Geladenen, mit denen er vorläufig nicht zurückgehen kann, da er ja nodi andere Gäste einladen muß, sagt: „Geht!" Man vgl. dazu die unmittelbar folgende Stelle, auf die wir weiter unten eingehen werden: L. 14,23 usgagg and wigans jah fapos jah naupei innatgaggan (είσελθεϊν), ei usfulnai gards meins (vgl. u. 2.7.2.). L. 14,26 jabai h)as gaggifj (έρχεται) du mis jah ni fijaij» attan seinana Man vgl. dazu J. 6,35 oder L. 6,47, zwei Stellen, auf die wir oben eingegangen sind. L. 14,27 jah saei ni bairif> galgan seinana jah gaggai (έρχεται) afar mis Vgl. dazu die oben zitierte Parallele L. 9,23. L. 14,31 aifj£>au foas Jüudans gaggands (πορευόμενος) stigqan wijjra anjiarana Jjiudan du wigan ina, niu gasitands faurfns |>ankeij>, siaiu mahteigs mif> taihun |>usundjom
gaggan
11
gamotjan f>amma mif> twaim tigum Jiusundjo gaggandin (έρχομένφ) ana sik? Hier durativ, „der auf dem Weg zu ihm ist, der auf ihn los zieht." Vgl. N E B : . . . coming (Verlaufsform!) to meet him. L. 18,16 letif> f>o barna gaggan (ερχεσθαι) du mis Jesus fordert seine Jünger auf, die Kinder nidit zu hindern, die auf ihn zugehen. Letip qiman at mis würde heißen, „lasset die Kinder bei mir ankommen", ein Befehl, der offensichtlich nicht sehr sinnvoll ist. Es stellt sich aber doch die Frage, ob hier nicht atgaggan (vgl. u. 2.5.) eine bessere Ubersetzung gewesen wäre. Mc. 1,45 jah iddjedun (ήρχοντο) du imma alla|>ro Mc. 2,13 jah galaij) a f t r a faur marein, jah all manageins iddjedun (ηρχετο) du imma Der Ubersetzer wählt hier seinen Standpunkt nicht bei Jesus (sagt also nicht „kamen"), sondern in der Stadt, von der aus die Leute zu Jesus „gehen". Mc. 10,14 letijj J»o barna gaggan du mis Parallelstelle zu L. 18,16. Mc. 11,15 jah iddjedun (έρχονται) du Iairusaulwmai Mc. 11,27 jah iddjedun (έρχονται) a f t r a du Iairusaulwmai In diesen und ähnlichen Fällen ist es eine Ermessensfrage, welchen Standpunkt der Ubersetzer einnimmt: ist er noch am alten O r t („sie gingen"), oder schon am neuen („sie kamen")? Das gr. Präsens dürfte hier bei der Wortwahl mit eine Rolle gespielt haben. Wenn wir kurz auf die 27 behandelten Stellen zurückblicken, so stellen wir fest, daß der got. Ubersetzer fast immer aus auch uns einleuchtenden Gründen gaggan dem allenfalls zu erwartenden qiman vorgezogen hat. 7 Zudem wurde die aus dem Normalfall erschlossene Bedeutung von gaggan - Bewegung durativen oder iterativen Charakters, die vom Beobachter wegführt - durch diese Ausnahmefälle aufs schönste bestätigt.
2.1.4. gaggan für andere gr. Verben Wie wir in der Einleitung gesehen haben, steht gaggan vereinzelt auch für verschiedene andere gr. Bewegungsverben. Auf diese Sonderfälle wird, soweit nötig, an anderer Stelle eingegangen. 8 Hier sei nodi auf einige sel7
8
Zu erwarten dann, wenn wir qiman einfach dem nhd. kommen gleichsetzen. Daß dies nicht zulässig ist, wird unten mehrfach gezeigt. Vgl. dazu besonders
4.1. qiman. Gaggan für άκολουθεϊν vgl. 2.3. afargaggan; gaggan für είσέρχεσθαι vgl. 2.11. inngaggan; gaggan für άπέρχεσθαι vgl. 3.2.2. galeipan für άπέρχεσθαι; gaggan für άναβαίνειν vgl. 2.15.3. usgaggan für άναβαίνειν; gaggan für είσπορεύεσθαι
vgl. 2.11. inngaggan.
12
Gaggan und Komposita
tener vorkommende gr. Verben hingewiesen. An zwei Stellen übersetzt gaggan στοιχεϊν: G. Ph.
5,25 3,16
jabai libam ahmin, ahmin jah gaggam samon gaggan garaideinai
Wir treffen gaggan hier nicht als eigentliches Bewegungsverb, sondern in dem uns bereits bekannten Sinn von „wandeln" an. In denselben Zusammenhang gehört das im 2. Korintherbrief belegte gr. Verb έμπεριπατεΐν, das soviel wie „unter ihnen wandeln" bedeutet. Auch hier übersetzt Wulfila konsequenterweise mit gaggan, diesmal mit dem Zusatz inna für das gr. Präfix: k. 6,16 qi{)il) auk guj>: Jjatei baua in im jah inna gagga jah wairjja ize gu|) Einige Schwierigkeiten bereitet jene Stelle, wo gaggan προκόπτειν übersetzt: t. 2,16 φ £>o dwalona usweihona lausawaurdja biwandei; unte filu gaggand du afgudein (έπί πλεΐον γαρ προκόψουσιν ασεβείας) Eine verwandte Stelle bietet sich im selben Timotheusbrief an: t. 3,9 akei ni J>eihand du filusnai (αλλ' ού προκόψουσιν έπι πλεΐον) Nur wenig später heißt es: t. 3,13 if) ubilai mannans jah liutai fieihand du wairsizin (προκόψουσιν επί τό χείρον) Auch in den Evangelien ist pethan als Übersetzung für πορκόπτειν belegt: L. 2,52 jah Iesus Jjaih frodein jah wahstau jah anstai at guda jah mannam (προέκοπτεν σοφίςι. . .) Bei näherem Zusehen erweist es sich, daß bei den drei zuletzt erwähnten Stellen προκόπτειν intransitiv im Sinne von „zunehmen", „wachsen", „gedeihen" gebraucht wird und deshalb auch von peihan (nhd. ge-deihen) übersetzt werden kann. In t. 2,16 aber finden wir es mit der älteren, im Nhd. transitiven, im Gr. allerdings mit dem Genitiv der Sache verbundenen Bedeutung „vorwärtsbringen", „fördern". Wörtlich hieße also t. 2,16: „denn sie (d. i. die losen Reden) fördern die Gottlosigkeit immer mehr." Wenn Wulfila zur Ubersetzung gaggan wählt, so umschreibt er etwa im Sinne von: „sie gehen ( = führen) oft zur Gottlosigkeit." Zum Sdiluß seien noch zwei Stellen erwähnt, wo gaggan ebenfalls zur Umschreibung eines gr. Verbs dient. Im Johannesevangelium wird ein ΰπανταν übersetzt mit gaggan gamotjan: J . 12,18 duj>f)e iddjedun gamotjan imma managei
afgaggan
13
Diese Wendung ist im heutigen Englisch noch durchaus gebräuchlich. So heißt es denn in der NEB: they went to meet him. Endlich wird ein όρϋοποδεΐν, für dessen Übersetzung ein got. Verb fehlt, mit raihtaba gaggan wiedergegeben: G.
2,14
{>atei ni raihtaba gaggand
2.2. afgaggan Das got. Verb afgaggan ist 5 Mal belegt, und zwar steht es jedesmal für ein anderes gr. Verb. Wir finden es zunächst da, wo Jesus sich in die Wüste oder auf einen Berg zurückzieht: J. L.
6,15 9,10
afiddja aftra in fairguni (άνεχώρησεν) jah andnimands in afiddja (ύπεχώρησεν) sundro ana staj) auj)jana
In diesem Zusammenhang werden wir später auch afleipan (vgl. u. 3.1.): L.
5,16
antreffen
(Iesus) was afleifjands (ύποχωρών) ana aufndos
An einer anderen Stelle wird von einer Greisin berichtet, die sich weigert, vom Tempel wegzugehen: L.
2,37
soh ni afiddja (άφίστατο) fairra alh
Auch ein gr. πορεύεσθαι kann, um die Situation zu verdeutlichen, mit afgaggan übersetzt werden. So heißt es da, wo zwei Jünger des Johannes, die sich bei Jesus erkundigt haben, ob er der Messias sei, wieder weggehen: M. 11,7 at |)aim {>an afgaggandam (τούτων δέ πορευομένων) Bis jetzt ergibt sich eindeutig die schon aufgrund der Bildungsweise des Wortes vermutete Bedeutung „weggehen". Aus dem Rahmen zu fallen scheint einzig der fünfte Beleg: L.
5,1.2
(Iesus) was standands netoa saiwa Gainnesaraif) jah gasafo twa skipa standandona at J>amma saiwa, ψ fiskjans afgaggandans (άποβάντες) af im usJ>wohun natja
Afgaggan af skipam - das kann nur heißen: „Die Fischer verließen die Schiffe, um die Netze auszuwaschen." Damit hätten wir für afgaggan die zwei Bedeutungen „weggehen" und „verlassen". Im Nhd. haben wir kein Wort, das dem got. genau entsprechen würde, doch finden wir es im ne. to leave. Tatsächlich könnte man bei einer Übersetzung des got. Textes ins Englische für afgaggan in allen Fällen eine Form von to leave einsetzen.
14
Gaggan und Komposita
2.3. afargaggan 2.3.1. Einleitung Bei der Behandlung von gaggan haben wir in der Einleitung festgehalten, daß dieses got. Verb in der Verbindung mit afar auch 8 Mal άκολουθεΐν übersetzt. Wir sind damals nicht auf diese Belege eingegangen, weil es uns sinnvoller erschien, sie im Zusammenhang mit dem Kompositum afargaggan, das 5 Mal belegt ist, zu behandeln.
2.3.2. afargaggan - laistjan Es muß schon hier darauf hingewiesen werden, daß afargaggan/gaggan afar nicht die einzige, ja, nidit einmal die gebräudilidiste Übersetzung f ü r άκολουθεΐν ist. Den 13 afargaggan/gaggan afar stehen in den Evangelien 40 laistjan gegenüber. Wieweit die beiden Verben tatsächlich synonym sind und inwiefern sie sich in ihrer Bedeutung unterscheiden, soll bei der Behandlung von laistjan geklärt werden (vgl. u. 7.7.). In diesem Kapitel wollen wir uns darauf beschränken, das Material auszubreiten, d. h. Parallelübersetzungen anzuführen, soweit sie vorhanden sind.
2.3.3. afargaggan/gaggan afar für άκολονθεΐν und Komposita Afargaggan übersetzt meistens άκολυθεΐν und heißt „folgen", „hinterhergehen". Wir finden es ζ. B. da, wo Christus den Zöllner auffordert, ihm zu folgen, weil er in seinem Hause essen will: Mc.
2,14
qaf> du imma: gagg afar mis. Jah usstandands iddja afar imma (vgl. aber M. 9,9 und L. 5,27: laistei afar mis) oder wo Jesus seinerseits einem der Herrschenden folgt, dessen Tochter gestorben ist: M.
9,19
jah urreisands Iesus iddja afar imma
Oft ist es auch eine ganze Volksmenge, die hinter Christus hergeht: Mc.
2,15
wesun auk managai jah iddjedun afar imma
Mc.
5,24
jah iddjedun afar imma manageins filu (vgl. aber L. 9,11: J>os manageins . . . laistidedun afar imma)
oder es sind seine Jünger, die ihm aufs Schiff folgen:
afargaggan Μ.
8,23
15
jah innatgaggandin imma in skip, afariddjedun imma siponjos is
Im 1. Timotheusbrief sind es die Sünden und schlechten Taten, die manchen Leuten folgen: T.
5,24
sumaize manne frawaurhteis swikunjjos sind faurbisniwandeins du stauai; sumaizeh Jjan jah afargaggand (έπακολουθοΰσιν)
Merkwürdig ist allerdings die Obersetzung eines gr. συνακολουϋεΐν, wo es heißt: Mc. 5,37 ni fralailot ainohun ize mi|> sis afargaggan (συνακολουθήσαι) N u n ist es zwar offensichtlich, daß sich Wulfila bemüht, sowohl das συν(mip sis) als auch das άκολουθεΐν (afargaggan) auszudrücken. Man hat aber Zweifel, ob diese Wendung im Got. tatsächlich verständlich w a r und ob hier nicht weniger, nämlich mip sis gaggan oder bloßes afargaggan, mehr gewesen wäre.
2.3.4. a f a r g a g g a n f ü r διώκειν In den Briefen finden wir sowohl afarggan als auch laistjan einige Male als Übersetzung f ü r gr. διώκειν in einem übertragenen Sinne mit der Bedeutung „nachjagen", „nachstreben". D a es sich hier nicht mehr um ein eigentliches Bewegungsverb handelt, seien die beiden Beispiele mit afargaggan hier ohne Kommentar und nur der Vollständigkeit halber angeführt: Ph.
3,12
ni fjatei ju andnemjau aif>f>au ju garaihts gadomijis sijau, aj>£>an afargagga . . .
Ph.
3,14
afargagga afar sigislauna
2.4. anagaggan Anagaggan ist nur 1 Mal belegt, und zwar nicht einmal als eigentliches Bewegungsverb, sondern in einem übertragenen Sinn in Verbindung mit der Zeit: £ . 2,7 ei ataugjai in aldim |iaim anagaggandeim ufarassu gabeins anstais seinaizos in seiein bi uns in Xristau Iesu Es übersetzt gr. έπέρχεσθαι, für das an anderer Stelle auch atgaggan (vgl. u. 2.5.) steht.
Gaggan und Komposita
16
2.5. atgaggan 2.5.1. Einleitung Atgaggan ist im Got. 59 Mal belegt. In rund einem Drittel aller Fälle übersetzt es ερχεσθαι, nämlich 20 Mal. 11 Mal steht es für καταβαίνειν und je 1 Mal für έπέρχεσθαι, ένίστασθαι, πορεύεσθαι, παραγίγνεσθαι, κατέρχεσθαι und έγγίζειν. Diese 37 Belege wollen wir in diesem Kapitel näher ansehen. Die übrigen 22 Stellen betrachten wir mit Vorteil in anderem Zusammenhang. 11 Mal finden wir atgaggan inn bzw. atgaggan in + Subst. für είσέρχεσθαι. Wir werden darauf bei der Behandlung des Kompositums innatgaggan eingehen (vgl. u. 2.7.). 8 Mal übersetzt atgaggan bzw. atgaggan du + Subst. προσέρχεσθαι. Davon wird bei duatgaggan die Rede sein (vgl. u. 2.6.). In 3 Fällen schließlich steht atgaggan für έξέρχεσθαι bzw. έκπορεύσθαι. Auf sie werden wir im Zusammenhang mit usgaggan zurückkommen (vgl. u. 2.15.).
2.5.2. atgaggan für ερχεσθαι Wir wählen als Ausgangspunkt eine Stelle im Markusevangelium, die besonders geeignet ist, die spezifische Bedeutung von atgaggan zu illustrieren: Mc. 11,13 jah gasaihjands smakkabagm fairrafiro habandan lauf atiddja (ήλθεν), ei aufto bigeti h?a ana imma; jah qimands (έλθών) at imma ni waiht bigat ana imma niba lauf Vergegenwärtigen wir uns die Situation: Jesus sieht von ferne einen Feigenbaum. Er geht auf ihn zu (atiddja), und wie er bei ihm ankommt (qimands at imma), findet er nichts als Laub. Der Standpunkt des Übersetzers ist der des Handelnden. Nicht allein der Moment der Ankunft, wie bei qiman, aber auch nicht nur der Verlauf der Bewegung, wie bei gaggan, sind von Bedeutung. Atgaggan berücksichtigt sowohl Verlauf als auch Ende der Bewegung, heißt also etwa „auf etwas zugehen, bis man da ist". Während bei qiman, wie wir später sehen werden (vgl. u. 4.1.), die Präpositionen fast ausnahmslos ein Ruheverhältnis ausdrücken, also die Bedeutung „an einem Ort ankommen" stützen, finden wir bei atgaggan Präpositionen, die eine Richtung angeben: Mc. 16,2
jah filu air J)is dagis afarsabbate atiddjedun du |>amma hlaiwa at urrinnandin sunnin Auch bei diesem Beispiel ist der Verlauf der Bewegung mit in Betracht gezogen, unterhalten sich die drei Frauen, die hier zum Grab Christi pilgern, doch noch darüber, wer ihnen den großen Stein vom Eingang wälzen werde.
atgaggan
17
Diese Unterhaltung ist aber nur sinnvoll, solange sie noch nicht beim Grab angekommen sind, weil ihnen sonst sofort aufgefallen wäre, daß der Stein schon fort ist. Im Gr. finden wir sowohl bei diesem als auch beim nächsten Beispiel έρχονται, also eine (durative) Präsensform: Mc. 3,20 jah atiddjedun in gard, jah gaiddja sik managei Wohl weist Friedridisen mit Recht darauf hin, daß an anderer Stelle ερχεσθαι εις οίκον mit qiman übersetzt wird: 9 Mc. 1,29 qemun in garda Seimonis (vgl. a. M. 8,14 9,23.28 L. 8,51) Dennoch halte ich atgaggan hier für berechtigt. In allen anderen Fällen finden wir im Gr. nämlich nidit das Präsens, sondern den Aorist, weil in allen anderen Fällen die Handlung, ζ. B. Heilung eines Kranken, ihre Fortsetzung am Ort der Ankunft, also im Hause findet. Hier aber verlassen Jesus und seine Jünger die Bildfläche („sie traten ins Haus"), während der Erzähler vor dem Haus bleibt, wo nun die Menge zusammenläuft. Qiman wäre hier falsch, eher könnte man sich statt dessen ein gaggan oder gar ein galeipan (vgl. u. 3.2.) vorstellen. Dieses letzte Beispiel führt uns zu einer Reihe ähnlich gelagerter Fälle, bei den sich Wulfila jeweils auch überlegen mußte, ob er nur den Moment der Ankunft (durch qiman) oder auch die Bewegung selber (durch atgaggan) ausdrücken sollte: L. 5,7 jah bandwidedun gamanam J>oei wesun in anfiaramma skipa, ei atiddjedeina hilpan ize (κατένευσαν . . . τοΰ έλθόντας συλλαβέσθαι αύτοΐς). jah qemun (ήλθον) . . . M. 5,24 gagg (ΰπαγε) faurjns gasibjon brojjr Jjeinamma, jah bifje atgaggands atbair f»o giba J>eina (έλθών πρόσφερε) Mc. 5,27 (jah qinono suma wisandei in runa blo|>is) atgaggandei in managein aftana attaitok wastjai is (έλθοΰσα) ei atgaggandeins gasalbodedeina ina (ελθοΰσαι άλείMc. 16,1 ψωσιν) In allen diesen Fällen haben wir im Gr. eine Partizipialkonstruktion. Durch seine Ubersetzung faßt der Gote das Partizip „herbeigehend", „sich nähernd" als das vorhergehende Ereignis, also als vorzeitig auf und übersetzt es mit atgaggan, in L. 5,7 etwa: „Sie sollten herbeikommen und (nach ihrer Ankunft) ihnen helfen." Diese Übersetzung ist hier vertretbar. Wulfila kann aber das Partizip auch als gleichzeitig mit dem konjugierten Verb verstehen und dann entsprechend mit qiman übersetzen: M. 8,7 ik qimands gahailja ina M. 9,18 ains qimands inwait ina Das wäre etwa: „Bei meiner Ankunft, d. h. sobald ich da bin, werde ich 9
Friedridisen, Gospels, p. 52 (dort unter Mc. 3,19 zitiert).
18
Gaggan und Komposita
ihn gesund machen" (ohne Rücksicht auf den Verlauf der Bewegung, nur der Moment der Ankunft ist betont). Ebenfalls zu einer Gruppe zusammenfassen lassen sidi jene Fälle, wo jemand auf einen anderen zutritt, um ihn anzusprechen: L. 18,3 wasu^-Jjan jah widuwo in fjizai baurg jainai jah atiddja (ήρχετο) du imma qifjandei Mc. 2,18 jah atiddjedun jah qefjun du imma (έρχονται) Mc. 11,27 jah in alh hjarbondin imma, atiddjedun du imma fjai auhumistans gudjans . . . jah qejjun du imma (έρχονται) Mc. 12,18 jah atiddjedun Saddukaieis du imma . . . jah frehun ina qij>andans (έρχονται) Mc. 14,66 atiddja aina f u u j o J>is auhumistins gudjins, jah gasaihjandei Paitru . . . du imma qa|> (έρχεται) In diesen Zusammenhang gehört audi die folgende Stelle: Mc. 5,15 jah atiddjedun du Iesua jah gasaitoand £>ana w o d a n . . . (έρχονται) Man wird bemerkt haben, daß durch Wulfilas Ubersetzung das Ereignis nicht aus der Sicht des Angesprochenen (nicht „kam bei ihm an"), sondern aus derjenigen des Sprechenden (»ging auf ihn zu und sagte nadi seiner Ankunft") geschildert wird. Die Bewegung, die dem Sprechen vorangeht, wird in ihrem Verlauf und Abschluß erfaßt. Sie ist eine gewollte und mit einer bestimmten Absicht verbundene Bewegung, der nichts Zufälliges mehr anhaftet. Natürlich wird eine solche Übersetzung durch den gr. Text suggeriert, haben wir doch in allen diesen Fällen in der Vorlage eine durative Verbform (Präsens oder Imperfekt). Nicht durativ, sondern iterativ müssen wir die beiden folgenden Stellen auffassen: M. 25,39 toanuh Jjan |>uk setoum siukana aiftfjau in karkarai jah atiddjedum du JJUS (ήλθομεν) ? J. 7,50 qaf> Nikaudemus du im, saei atiddja du imma in naht, . . . (ό έλθών) Damit dürfte hinlänglich klar geworden sein, was atgaggan bedeutet: es übersetzt gr. ερχεσθαι, wenn nicht nur der Moment der Ankunft, sondern auch die vorhergehende Bewegung betont werden soll und das Ereignis aus dem Blickwinkel des Handelnden geschildert wird. In diesem Sinne müssen wir wohl auch jene drei Stellen verstehen, an denen Wulfila ein gr. Perfekt von ερχεσθαι mit atgaggan übersetzt. Das ist zunächst da der Fall, wo die Jünger allein über den See rudern und darauf warten, daß Jesus zu ihnen stößt: J. 6,17 ni atiddja nauh^an du im Iesus (έλήλυθα) H i e r wäre wohl qam eine wörtlichere Ubersetzung des gr. Perfekts („war noch nicht angekommen" = „war noch nicht da"), während Wulfila freier
atgaggan
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übersetzt: „Jesus näherte sich ihnen noch nicht." Noch überraschender ist atgaggan an einer anderen Stelle: J. 7,30 nauhfjanuh ni atiddja tueila is (έλήλυθα) In allen entsprechenden Fällen steht denn auch qiman: „Seine Stunde war noch nidit angekommen" (vgl. J. 8,20 12,23 16,32 17,1). Im dritten Fall wird die Wortwahl aus dem Kontext verständlich: J. 16,28 usuhiddja fram attin jah atiddja in |>ana fair hm (έλήλυθα) Das Paar usgaggan — atgaggan finden wir auch sonst oft beieinander, allerdings dann meist als Ubersetzung für άναβαίνειν — καταβαίνειν (vgl. u. 2.5.3.). Aber auch hier wäre qiman die erwartete und auch übliche Ubersetzung (vgl. J. 6,14 11,27). In den beiden letzten Fällen schließlich wird ein gr. Futur mit atgaggan übersetzt: Mc. 2,20 atgaggand dagos (έλεΰσονται) (ebenso M. 9,15) Man könnte das so verstehen: „Die Zeit (nähert sich und) wird kommen." Daß aber auch diese Ubersetzung nicht zwingend ist, ergibt sich daraus, daß an anderer Stelle im gleichen Zusammenhang qimand dagos steht (vgl. L. 5,35 17,22 19,43). 2.5.3. atgaggan für καταβαίνειν Das gr. καταβαίνειν, das 29 Mal belegt ist, wird 11 Mal mit atgaggan und 12 Mal mit atsteigan übersetzt. Dabei wird atsteigan da verwendet, wo es sich um ein eigentliches Klettern handelt (vom Baum, vom Dach etc.), während in den übrigen Fällen atgaggan oder ein anderes Verb steht. Man wäre versucht, das got. at- dem gr. κατα- gleichzusetzen und atgaggan als „hinuntergehen" zu verstehen; dies umsomehr, als für das gegenteilige Verb άναβαίνειν (30 Belege) als Ubersetzung 10 Mal ussteigan und 9 Mal usgaggan vorkommen. Wir hätten dann im Got. das Paar usgaggan („hinaufgehen") - atgaggan („hinuntergehen"). Nun haben wir aber bei atgaggan für ερχεσθαι nichts von der Bedeutung „hinunter" festgestellt, und auch usgaggan steht in der Mehrzahl der Fälle nicht für άναβαίνειν, sondern für έξέρχεσθαι bzw. έκπορεύεσθαι, also nicht mit der Bedeutung „hinauf-", sondern eher „hinausgehen" (82 Belege). Zudem zeigt es sich bei näherem Hinsehen, daß bei atgaggan die Bewegungsrichtung „hinunter", wo sie wirklich von Bedeutung ist, stets zusätzlich ausgedrückt wird. Das kann geschehen durch Beifügen des Adverbs dalap, ζ. B. wenn ein Platzregen niedergeht: M. 7,25 jah atiddja dalaj) rign oder wenn Jesus einen Berg hinuntergeht: M. 8,1 dala|) J>an atgaggandin imma af fairgunja
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Gaggan und Komposita
L. 6,17 jah atgaggands dalaf) mij) im Mc. 9,9 dalaf> |>an atgaggandam im Oft genügt aber auch die bloße Präposition, sei es beim Ziel der Bewegung: J. 6,16 atiddjedun siponjos is ana marein L. 3,22 jah atiddja ahma sa weiha . . . ana ina Mc. 1,10 gasah). . . ahman . . . atgaggandan ana ina oder an deren Ausgangspunkt: L. 9,54 fon atgaggai us himina Nur wo das „hinunter" völlig nebensächlich ist, finden wir bloßes atgaggan: L. 8,23 atiddja skura windis L. 18,14 atiddja sa garaihtoza gataihans du garda seinamma Der Gote stand hier vor dem Problem, daß er für gr. καταβαίνειν kein got. Kompositum mit der Bedeutung „hinuntergehen" zur Verfügung hatte. Nun bewirkte das Präfix aber audi im Gr. neben der Richtungsbezeichnung, die bei καταβαίνειν noch relativ rein erhalten ist, eine Perfektivierung im Vergleich zum ursprünglich durativen Simplex.10 Als Übersetzung mußte also ein Verb gefunden werden, das sowohl Verlauf als auch Abschluß der Bewegung ausdrückte, in Bezug auf die Bewegungsriditung dagegen weitgehend neutral war, und dieses Verb fand sich in atgaggan. Die Bewegungsrichtung konnte dann von Fall zu Fall zusätzlich ausgedrückt werden oder audi nicht. 2.5.4. atgaggan für andere gr. Verben Betrachten wir zum Schluß jene vereinzelten Fälle, in denen atgaggan für ein anderes als die bereits erwähnten gr. Verben steht. Dabei wird uns gleich der erste Beleg nach dem vorangehenden Absdinitt nicht überraschen: L. 9,37 dalafj atgaggandam im af fairgunja Atgaggan übersetzt hier κατέρχεσθαι, wobei wir audi hier für κατα- das Adverb dalap antreffen. Auch der zweite Beleg kommt uns bekannt vor: L. 1,35 ahma weihs atgaggij) ana J).uk In der Vorlage finden wir έπέρχεσθαι, für das wir an anderer Stelle das nur einmal belegte anagaggan angetroffen haben (vgl. o. 2.4.). Im Lukasevangelium stoßen wir auf atgaggan für πορεύεσθαι, mit Recht, wie mir scheint: L. 14,10 ak J>an haitaizau, atgaggands anakumbei ana Jjamma aftumistin Stada (πορευθείς άνάπεσε) Der Gote übersetzt verdeutlichend: „Gehe hin und (nach deiner Ankunft) 10
Vgl. dazu Moulton I, pp. 111 ff.
duatgaggan
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setze d i c h . . . " Einmal wird παραγίγνεσθαι, sonst 6 Mal qiman (vgl. u. 4.1.), mit atgaggan übersetzt: L. 8,19 atiddjedun Jjan du imma aijjei jah brojjrjus is jah ni mahtedun andqijian imma faura managein Wir werden an die bei atgaggan für ερχεσβαι (vgl. o. 2.5.2.) behandelten Fälle erinnert, wo jemand auf einen anderen zugeht, um ihn anzusprechen. Auch der nächste Fall ist nidit neu. Hier steht atgaggan für ένίστασθαι, wörtlich „bevorstehen", „drohen", und zwar von der Zeit gesagt und im selben Sinne verwendet, wie wir schon atgaggand dagos angetroffen haben: t. 3,1 atgaggand jera sleidja Bemerkenswert ist schließlich der letzte Beleg, wo έγγίζειν durch atgaggan übersetzt wird: L. 15,25
qimands atiddja neh) razn
2.6. duatgaggan 2.6.1. Einleitung Duatgaggan ist 13 Mal belegt und steht jedesmal für προσέρχεσθαι. Das gr. Verb wird ferner, wie wir oben (vgl. 2.5.2.) bereits erwähnt haben, 8 Mal durch atgaggan (davon 6 Mal atgaggan du) vertreten. 1 Mal wird es durch durinnan übersetzt. Auf den letzten Fall werden wir bei der Behandlung von durinnan eingehen (vgl. u. 5.5.), die andern wollen wir in diesem Kapitel näher ansehen.
2.6.2. duatgaggan/atgaggan du absolut Wir haben oben (vgl. 2.5.2.) festgestellt, daß atgaggan als Übersetzung für ερχεσθαι unter anderem dann auftritt, wenn jemand auf einen anderen zugeht, um ihn anzusprechen. Im selben Zusammenhang stoßen wir nun auch auf duatgaggan: M. 8,19 jah duatgaggands ains bokareis qaf) du imma L. 20,27 duatgaggandans J>an sumai Saddukaiei... frehun ina Mc. 12,28 jah duatgaggands ains Jjize bokarje . . . Mc. 10,2 jah duatgaggandans Fareisaieis frehun ina Als einziges neues Element kommt offenbar mit dem du-, das dem gr. προς- entspricht, eine stärkere Betonung der Richtung der Bewegung hinzu. Man könnte den Unterschied nhd. etwa so zu umschreiben versuchen, daß atgaggan „er ging zu ihm hin und sagte" beinhaltet, während duatgaggan expliziter „er ging auf ihn zu und sagte" ausdrücken würde. Daß der Unter-
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Gaggan und Komposita
schied gering gewesen sein muß, ersehen wir daraus, daß als Übersetzung für προσέρχεσθαι auch bloßes atgaggan ohne du vorkommt: M. 26,73 afar leitil fjan atgaggandans |>ai standandans qejjun Paitrau Bemerkenswert ist allerdings, daß Wulfila an einer anderen Stelle anscheinend nicht auf daß du verzichten wollte. Es handelt sich um die bekannte Episode, wo eine vom Blutfluß geplagte Frau Christi Kleid anrühren will, um dadurch geheilt zu werden. Wir haben sie schon im Zusammenhang mit atgaggan erwähnt: Mc. 5,27 atgaggandei in managein aftana attaitok wastjai is Dort hatten wir in der gr. Vorlage ερχεσθαι, während die Parallelstellen προσέρχεσθαι aufweisen. Im Got. finden wir dafür einmal erwartungsgemäß duatgaggan: M. 9,20 duatgaggandei aftaro Im Lukasevangelium dagegen stoßen wir auf die merkwürdige Formulierung: L. 8,44 atgaggandei du aftaro Fest steht, daß es sich bei du in diesem Fall nicht um eine Präposition handelt, folgt doch nachher ein Adverb, das mit seiner Bedeutung „von hinten" selbständig stehen kann. Wenn wir Streitbergs Wörterbuch konsultieren, so finden wir unter du auch die Angabe „Adverb", und zwar wird als Beleg dafür unsere Stelle hier und eine ähnlich lautende angeführt, wo wir allerdings kein Bewegungsverb finden: Mc. 10,13 f>anuh atberun (προσέφερον) du imma barna, ei attaitoki im: ijj Jjai siponjos is sokun Jjaim bairandam du (τοις προσφέρουσιν) Ich würde es vorziehen, hier nicht von einem Adverb, sondern von einem nachgestellten, losen Präfix zu sprechen, wie wir es audi im Falle von atgaggan inn oder atgaggan ut antreffen werden. Für die lose Stellung der Verbalpräfixe im Got. spricht audi die Möglichkeit, daß sich zwischen Präfix und Verbum weitere Enklitika einsdiieben können, ζ. B. Mc. 14,44 at-uh-pan-gaf etc. Im übrigen sind die Grenzen zwischen Adverb und Präfix sowieso fließend. So kann auch nhd. auf die Frage „wohin gehst du?" jemand antworten „hinein". Handelt es sich bei diesem „hinein" nun um ein Adverb oder um das Präfix des Verbs „hineingehen", wobei „gehen" in der Antwort nidit mehr expressis verbis erwähnt wird, weil es schon in der Frage stand? 2.6.3. duatgaggan/atgaggan du + Person War es schon schwer, einen Bedeutungsunterschied zwischen duatgaggan und bloßem atgaggan festzustellen, so ist es vollends unmöglich, in jenen
innatgaggan
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Fällen zu differenzieren, wo προσέρχεσθαι mit Dativ der Person einerseits durch atgaggan du mit Dativ, andrerseits durch duatgaggan mit Dativ der Person, also genau analog der gr. Vorlage, übersetzt wird. Du tritt in diesen Fällen also einmal als Verbalpräfix und einmal als Präposition auf: M. 8,5 duatiddja imma hundafaj» M. 9,28 duatiddjedun imma f>ai blindans M. 26,69 jah duatiddja imma aina |)iwi M. 27,58 sah atgaggands du Peilatau J. 12,21 atiddjedun du Filippau Mc. 14,45 atgaggands du imma qaf> Man könnte aus dem vorliegenden Material bestenfalls schließen, daß bei Eigennamen der Konstruktion mit der Präposition der Vorzug gegeben wird, doch bleibt angesichts der wenigen Belege auch hier ein großer Unsicherheitsfaktor. In diesem Zusammenhang wäre auch auf die beiden Stellen hinzuweisen, wo das Personalpronomen im Gegensatz zur gr. Vorlage im einen Fall hinzugefügt ist, im anderen Fall fehlt: L.
9,12
atgaggandans Jjan du imma J>ai twalif qefjun du imma (προσελθόντες δέ οί δώδεκα είπον αύτφ) Μ. 9,14 |>anuh atiddjedun siponjos Iohannes qif>andans (προσέρχονται αύτφ οί μαθηταί 'Ιωάννου λέγοντες) Ich meine, es ist nicht nötig, hier Beeinflussung durch Parallelstellen anzunehmen, wie es Streitberg tut. 11 Es scheint vernünftiger, solche geringfügigen Abweichungen vom „Original", die der Verständlichkeit keinen Abbruch tun und audi den Sinn nur wenig verändern, einer gewissen Unsorgfältigkeit der Schreiber anzulasten. Dabei kann der Kopist des got. Textes, aber auch der Verfasser der von Wulfila benützten gr. Vorlage verantwortlich sein. Zum Sdiluß sei noch auf eine Stelle in den Briefen hingewiesen, wo wir atgaggan für προσέρχεσθαι in einem übertragenen Sinn finden: T. 6,3 jabai hsas aljaleikos laisjai jan-ni atgaggij) du hailaim waurdam
2.7. innatgaggan 2.7.1. Einleitung Das gr. Verb είσέρχεσθαι, das 84 Mal belegt ist, wird nicht einheitlich, sondern durch verschiedene got. Verben übersetzt, die sich in vier Gruppen 11
Streitberg I, p. 17 Anm. und p. 129 Anm.
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Gaggan und Komposita
zusammenfassen lassen. Am häufigsten treffen wir inngaleipan/galeipan innlgaleipan in an, nämlich 45 Mal. Sie stehen also in mehr als der Hälfte aller Fälle. 18 Mal stoßen wir auf die scheinbar „normale" Ubersetzung inngaggan/gaggan inrt/gaggan in. Beinahe ebenso häufig, nämlidi 17 Mal, steht im got. Text innatgaggan/atgaggan innjatgaggan in/atgaggan. Als Ausnahme zu betrachten und deshalb besonders interessant sind jene 4 Stellen, an denen wir bei Wulfila die Ubersetzung qiman in finden. In diesem Kapitel soll im Prinzip nur auf innatgaggan u. ä. eingegangen werden. Die übrigen Fälle wollen wir an passender Stelle, nämlidi anläßlich der Behandlung von inngaggan (vgl. u. 2.11.), inngaleipan (vgl. u. 3.3.) und qiman (vgl. u. 4.1.) behandeln. Dagegen soll ebenfalls hier von jenen beiden Stellen die Rede sein, an denen innatgaggan für είσπορεύεσθαι bzw. έμβαίνειν steht. 2.7.2. innatgaggan f ü r είσέρχεσθαι Als Ausgangspunkt wollen wir die Episode mit dem Hauptmann von Kapernaum wählen, der Jesus um die Heilung seines Knechtes bittet: M. 8,5 innatgaggandin imma in Kafarnaum, duatiddja imma hundafafjs.. . Nun soll zwar in diesem Kapitel nur von innatgaggan und nicht von den anderen Ubersetzungen für είσέρχεσθαι die Rede sein, doch drängt es sich auf, daß wir gleich zu Beginn eine Ausnahme machen und zwei verwandte Stellen zitieren. Umso besser werden wir nämlich imstande sein, die Bedeutung des uns vor allem interessierenden innatgaggan zu fassen. Erwähnen müssen wir in diesem Zusammenhang die Stelle: L. 7,1 bif»e {»an usfullida alla Jjo waurda seina in hliumans manageins, galaif» in Kafarnaum und eine weitere Passage, wo Jesus zwar nicht nach Kapernaum, aber in ein anderes Dorf einzieht: L. 17,12 inngaggan din imma in suma haimo, gamotidedun imma taihun Jjrutsfillai mans Beginnen wir mit dem letzten Beleg. Wollten wir den Vers sinngemäß ins Nhd. übersetzen, müßten wir etwa wie folgt formulieren: „Schon während Jesus in einen Flecken einzog, begegneten ihm zehn aussätzige Männer." Inngaggan ist hier durativ (vgl. a. die Vorlage, wo das Partizip Präsens εισερχόμενος steht!); weder Beginn noch Abschluß der Handlung sind von Bedeutung. Den Aussätzigen, deren Wohnung ja nach 3. Mose 13,46 „außerhalb des Lagers" sein muß, begegnet er nicht im Dorf, also nachdem er angekommen ist, sondern während er noch unterwegs ist. Anders verhält es sich im zweiten Fall, denn hier liegt die Betonung auf dem Beginn der Bewegung: „Als Jesus der Menge alles gesagt hatte, bradi er nach
innatgaggan
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Kapernaum auf." Wieder anders ist schließlich die Situation beim ersten Beleg, von dem wir ausgegangen sind. Hier ist neben dem Verlauf auch die Vollendung der Handlung von Bedeutung, das Verb also nicht durativ oder ingressiv, sondern effektiv: „Als er nach Kapernaum hineinging und dort angekommen war, trat ein Hauptmann auf ihn zu . . Wenden wir uns nun anderen Belegen zu und versuchen wir, die Verlauf und Abschluß der Bewegung berücksichtigende Aktionsart von innatgaggan audi dort nachzuweisen: M. 9,25 atgaggands inn habaida handu izos M. 27,53 jah usgaggandans us hlaiwasnom . . . is innatgaggandans in |)o weihon baurg jah ataugidedun sik managaim L. 7,36 jah atgaggands in gard J>is Fareisaiaus anakumbida Mc. 5,39 jah innatgaggands qaf) du im Mc. 16,5 jah atgaggandeins in Jjata hlaiw gasehmn juggalauf) sitandan Allen diesen Stellen gemeinsam ist, daß die Handlung jeweils am neuen Ort, an dem man sich, nachdem man hineingegangen ist, nun befindet, ihre Fortsetzung findet. Der Ubersetzer hat diesen Standort gleichsam schon vorher eingenommen. Deshalb wird in den meisten Fällen die Bedeutung von innatgaggan am besten mit nhd. „hinein-" bzw. „hereinkommen" angegeben werden können, so etwa an der Stelle, wo Herodes ein Gastmahl abhält und seine Tochter den Raum betritt, um vor der Gesellschaft zu tanzen und um sidi dann, auf den Rat ihrer Mutter, das Haupt des Johannes zu erbitten: Mc. 6,22 atgaggandein inn dauhtar Mc. 6,25 jah atgaggandei... du J>amma |)iudana baf) qijjandei oder wo Jesus dem Pharisäer Vorwürfe macht, weil er ihm nicht einmal Wasser für seine Füße gegeben habe: L. 7,44 atgaggandin in gard £>einana wato mis ana fotuns meinans ni gaft L. 7,45 φ si, fram Jjammei innatiddja, ni swaif bikukjan fotuns meinans Natürlich stoßen wir audi hier auf Überraschungen, weil es dodi oftmals dem Ermessen des Übersetzers überlassen bleibt, wo er seinen Standort wählen will. So finden wir im Lukasevangelium folgende Stelle: L. 19,45 jah galeijjands in alh dugann uswairpan Jjans frabugjandans Wir sind etwas erstaunt, scheint uns doch im Vergleich mit ähnlichen Situationen die Übersetzung der Parallelstelle bei Markus glücklicher zu sein: Mc. 11,15 jah atgaggands in alh dugann uswairpan J)ans frabugjandans
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Gaggan und Komposita
Betraditen wir zum Schluß drei Belege, die in verschiedener Hinsicht bemerkenswert sind. Im Lukasevangelium wird das Gleichnis vom reichen Mann erzählt, der seine Freunde zu einem Nachtessen einlädt und zu diesem Zweck einen seiner Knechte ausschickt. Wir sind bereits in einem anderen Zusammenhang (vgl. o. 2.1.3.) darauf eingegangen: L. 14,17 jah insandida skalk seinana foeilai nahtamatis qij>an f)aim haitanam: gaggij), unte ju manwu ist allata Wir haben damals das gaggan für ερχεσθαι so zu erklären versucht, daß Wulfila den Standpunkt des Knechts einnimmt, dessen Worte ja als direkte Rede zitiert sind, und deshalb übersetzt: „Geht!" Diese Deutung wird nun gestützt durch eine andere Stelle, wo der H e r r den Knecht zum zweiten Mal ausschickt und ihm aufträgt: L. 14,23 usgagg and wigans jah fajjos jah naujjei innatgaggan, ei usfulnai gards meins Hier heißt es nun, vom Standpunkt des Hausherrn aus, „nötige sie hereinzukommen ". Ein zweiter Beleg ist deshalb besonders sprechend, weil er uns wieder erlaubt, den Unterschied zwischen innatgaggan und inngaggan zu fassen: J. 10,1 saei inn ni atgaggij) Jjairh daur in gardan l a m b e . . .sah hliftus ist J. 10,2 ij> sa inngaggands Jjairh daur hairdeis ist lambe Das gewohnheitsmäßige Eintreten des Hirten wird mit dem hier iterativen inngaggan übersetzt, das einmalige des Räubers mit dem effektiven innatgaggan. Nicht auf den ersten Blick klar ist dagegen, weshalb es von Zacharias, der in den Tempel geht, um zu räuchern, heißt: L. 1,9 bi biuhtja gudjinassaus hlauts imma urrann du saljan, atgaggands in alh fraujins,. . . Aber auch hier findet ja die nächste Handlung erst am O r t der Ankunft statt („nach der Gewohnheit des Priesteramtes fiel es ihm zu, in den Tempel zu gehen und dort nach seiner Ankunft zu opfern"), und dort wird ihm der Engel des H e r r n dann auch die Geburt seines Sohnes verkündigen: L.
1,10
jah alls hiuhma was manageins beidandans Uta foeilai Jjwmiamins. warf) £>an imma in siunai aggilus fraujins . . .
2.7.3. i n n a t g a g g a n f ü r a n d e r e gr. V e r b e n Im Markusevangelium finden wir innatgaggan einmal f ü r gr. είσπορεύεσθαι. Das gr. Verb, das 9 Mal belegt ist, wird an anderer Stelle 5 Mal durch inngaggan und 3 Mal durch galeipan in übersetzt. In unserem Fall ist es nicht eigentliches Bewegungsverb, da von den Sorgen, dem Reichtum
faurgaggan
27
und anderen Lüsten die Rede ist, die ins vom Sämann gesäte Wort gehen und es ersticken: Mc. 4,19 jah saurgos f>izos libanais jah afmarzeins gabeins jah Jjai bi Jjata anf>ar lustjus innatgaggandans aftvapjand Jjata waurd Ebenfalls nur 1 Mal steht innatgaggan für den terminus technicus έμβαϊνειν, „an Bord gehen". Auch dafür gibt es kein einheitliches Wort im Got., stehen doch neben 6 galeipan gasteigan:
M.
8,23
je 1 inngaggan,
innatgaggan,
atsteigan
und
jah innatgaggandin imma in skip, afariddjedun imma siponjos is
2.8. faurgaggan Das got. Verb faurgaggan ist 4 Mal belegt und bedeutet soviel wie „vorübergehen". Wir finden es ζ. B. da, wo Jesus, von einer Menge gefolgt, an einem vor den Toren Jerichos sitzenden Bettler vorübergeht: L. 18,36 gahausjands I>an managein faurgaggandein frah toa wesi Jjata (διαπορευομένου) Unmittelbar darauf stoßen wir ein zweites Mal auf unser Verb, diesmal allerdings als Übersetzung für gr. προάγειν: L. 18,39 jah f>ai faurgaggandans andbitun ina ei Jjahaidedi Wulfila übersetzt also wieder mit „die Vorübergehenden", obwohl wir in der gr. Vorlage „die Vorausgehenden" (Luther: die aber forne an gieng e n . . . ; NEB: the people in f r o n t . . . ) finden. Der Konflikt läßt sich nur lösen, indem man entweder vom CA abweichend fauragaggan (vgl. u. 2.9.) liest, oder aber - und ich gebe dieser Lösung den Vorzug — προάγειν in Wulfilas Vorlage durch in den Hss. ΑΚΠ belegtes παράγειν ersetzt.12 Nicht vermeiden läßt sidi dagegen eine Konjektur im got. Text, wie schon von Gabelentz-Loewe riditig erkannt worden ist,13 an einer anderen Stelle, wo wir im CA fauragaggan für παραπορευόμενοι lesen, aber nur faurgaggan riditig sein kann. Der gekreuzigte Iesus wird von den vorübergehenden verspottet: Mc. 15,29 jah Jjai faurgaggandans wajameridedun ina Daß dieser Eingriff in den überlieferten Text berechtigt ist, ersehen wir auch aus dem vierten Beleg, wo auch παραπορεύεσθαι übersetzt wird: 12
1S
Streitberg I, p. 487. Braune plädiert dort allerdings aus rhythmischen Gründen für fauragaggan. Streitberg I, p. 221 Anm.
28
Gaggan und Komposita Mc. 11,20
jah in maurgin faurgaggandans gasehjun J)ana smakkabagm p a u r s j a n a us w a u r t i m
2.9. fauragaggan - faurbigaggan Es empfiehlt sich, die beiden Verben fauragaggan und faurbigaggan zusammen zu behandeln, da sie offensichtlich Synonyme sind. Sie übersetzen 3 Mal προάγειν und 1 Mal προπορεΰεσθαι. I m Lukasevangelium weissagt Zacharias, erfüllt v o m Heiligen Geist, seinem Söhnchen Johannes, d a ß es vor dem H e r r n hergehen und ihm den Weg bereiten werde: L. 1,76 fauragaggis auk faura a n d w a i r j j j a fraujins Die anderen 3 Belege finden wir bei Markus: Mc. 10,32 was faurbigaggands ins Iesus (προάγων) Mc. 11,9 jah J>ai fauragaggandans hropidedun qij>andans: osanna . . . (προάγοντες) Mc. 16,7 akei gaggif) qijjiduh du siponjam is jah du P a i t r a u £>atei faurbigaggij) izwis in Galeilaian (προάγει) D a s man audi in L. 18,39 fauragaggan lesen muß, wenn man nidit, wie wir es getan haben, in der Vorlage προάγει/ν durch παράγειν ersetzen will, ist oben bereits erwähnt worden (vgl. 2.8.). Dagegen ist fauragaggan, das der C A in Mc. 15,29 überliefert, offensichtlidi verschrieben f ü r faurgaggan. E r w ä h n t sei noch, d a ß προάγειν in den Briefen je einmal durch faursniwan bzw. faurbisniwan übersetzt wird und d a ß fauragaggan im Timotheusbrief nicht als Bewegungsverb, sondern als Übersetzung f ü r gr. προίστασθαι mit der Bedeutung „einem Hause vorstehen" verwendet w i r d (1. Tim. 3,4; 3,12).
2.10. gagaggan 2.10.1. Einleitung Als Übersetzung f ü r die gr. Verben συνάγεσθαι, συνέρχεσθαι und συμπορεύεσθαι steht gagaggan in K o n k u r r e n z zu gaqiman und garinnan. Bei allen drei Verben h a t das Präfix ga- die ursprüngliche Bedeutung „zusammen" (lat. con-, gr. συν-) weitgehend bewahrt, doch kommen sowohl gagaggan als auch garinnan auch mit Bedeutungen vor, in denen ga- seine besondere, semantisch loslösbare K r a f t verloren hat und seine Funktion n u r noch in der Bezeichnung der Aktionsart liegt, also die eines Indikators ist. Im übrigen w i r d es sdiwer sein, die drei Verben a u f g r u n d der Belege ganz
gagaggan
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sauber voneinander zu trennen. Wir hoffen jedoch, wenigstens die Bedeutungsschwerpunkte bestimmen zu können. Für gagaggan soll das in diesem Kapitel, für garinnan und gaqiman an entsprechender Stelle geschehen. 2.10.2. gagaggan für συνάγεσθαι, συμ- und έπιπορεύεσ-fkxi Um der spezifischen Bedeutung von gagaggan auf die Spur zu kommen, empfiehlt es sidi, mit einer Stelle aus dem Lukasevangelium zu beginnen, wo wir das got. Verb eher überraschend als Ubersetzung eines gr. έπιπορεύεσθοα antreffen: L. 8,4 gaqumanaim {jan hiumam managaim jah {>aim |>aiei us baurgim gaiddjedun du imma, qaj) Jjairh gajukon: . . . Interessant ist hier vor allem das Nebeneinander von gaqiman und &ag^ggan. In der Lutherbibel lesen wir als Übersetzung: „Da nu viel Volcks bey einander war und aus den Stedten zu jm eileten . . w ä h r e n d Wulfila schreibt: „Der großen Menge, die schon versammelt war, und denen, die aus den Städten noch zu ihm zusammenströmten, sagte e r . . . " Wir stellen fest, daß gaqiman für die abgeschlossene (gr. συνιόντος), gagaggan für die immer noch andauernde (gr. έπιπορευομένων) Bewegung verwendet wird. Nicht nur die versammelte Menge, sondern die von allen Seiten zusammenströmenden Menschen, die einzeln oder in Gruppen immer noch auf den predigenden Jesus zueilen, während dieser schon spricht, sollen vor dem geistigen Auge des Lesers evoziert werden. Das gilt auch in einem anderen Fall: Mc. 3,20 jah atiddjedun in gard, jah gaiddja sik managei (συνέρχεται) Auch hier steht das Bild des zusammenströmenden Volks im Vordergrund und nicht das Ergebnis dieser Bewegung, der entstandene Auflauf. Ähnlich verhält es sich da, wo die von Jesus ausgeschickten Jünger zurückkehren, um über ihre Taten zu berichten: Mc. 6,30 jah gaiddjedun apaustauleis du Iesua jah gataihun imma allata (συνάγονται) An zwei anderen Stellen scheint gagaggan eher die gewohnheitsmäßig sich wiederholende Handlung zu bezeichnen. Judas kann die Häscher zu Jesus führen, weil er weiß, an welchem Ort die Jünger oft mit dem Herrn zusammenkommen : J . 18,2 ufta gaiddja Iesus jainar mij) siponjam (συνήχθη) Audi wenn Paulus den Korinthern empfiehlt, ein Gemeindeglied, das sich schwer gegen die Sitte vergangen hat, in der Versammlung zu verurteilen und auszustoßen, so ist diese Zusammenkunft etwas, das sich regelmäßig wiederholt:
Gaggan und Komposita
30 K.
5,4
in namin f r a u j i n s . . . sama|) gagaggandam izwis (συναχθέντων) (vgl. aber J. 18,20: f>arei sinteino Iudaieis gaqimand) Bemerkenswert ist bei diesem letzten Beispiel, daß wir neben dem Präfix ga- auch das Adverb samap mit derselben Bedeutung „zusammen" antreffen. Auch bei der Behandlung von garinnan werden wir auf dieses samap stoßen. Bedeutet das, daß ga- seine semantisch loslösbare Kraft zu verlieren beginnt, zum bloßen Kennzeichen der Aktionsart wird und wir bei Wulfila vielleicht Formen angetroffen haben, die für das damalige Got. bereits einen archaischen Anstrich hatten? Wir glauben auf jeden Fall erkannt zu haben, das gagaggan „zusammenlaufen", „zusammenkommen" bedeutet, wobei aber nicht die entstehende Versammlung als das Ergebnis der Bewegung, sondern die Bewegung selber in ihrem Verlauf und Abschluß im Vordergrund steht. An zwei Stellen sdiien uns das Verb iterativ verwendet zu sein. 2.10.3. gagaggan für andere gr. Verben Eng mit der oben erwähnten Erscheinung, daß im Korintherbrief neben dem Präfix ga- nun auch das Adverb samap auftritt, ist eine andere verknüpft: daß nämlich an zwei Stellen ga- bei gagaggan als bloßes Kennzeichen der Aktionsart verwendet wird. Diese Feststellung gilt audi für das bereits in diesem Zusammenhang erwähnte garinnan. Während aber garinnan auch mit der neuen Bedeutung Bewegungsverb bleibt, wird gagaggan nur noch in einem übertragenen Sinn verwendet, und zwar einmal ingressiv mit der Bedeutung „eintreten", „sich ereignen": Mc. 11,23 {jistoazuh ei qi£>ai du |>amma fairgunja: ushafei J)uk jah wairp {jus in marein, jah ni tuzwerjai in hairtin seinamma, ak galaubjai f>ata, ei fiatei qif>i|) gagaggi]p . . . (γίνεται) und einmal effektiv mit der Bedeutung „ausschlagen zu": Ph. 1,19 unte wait ei |>ata mis gagaggij) du ganistai (άποβήσεται)
2.11. inngaggan 2.11.1. Einleitung Wir haben oben, als wir uns mit innatgaggan befaßten (vgl. 2.7.), bereits darauf hingewiesen, daß είσέρχεσϋαι bei total 84 Belegen nur 18 Mal durch das eigentlich erwartete und „normale" inngaggan bzw. gaggan in übersetzt wird. Etwas anders liegt der Fall bei den got. Entsprechungen für
inngaggan
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είσπορεύεσθαι: hier stehen 5 inngaggan und 1 gaggan in neben 3 galeipan in und 1 innatgaggan. Daneben finden wir unser Verb audi je 1 Mal für έμβαίνειν (sonst meist galeipan in) und προβαίνειν (nur hier belegt). Um innatgaggan besser definieren zu können, haben wir damals audi zwei Stellen mit inngaggan angeführt. Wir glaubten, das Verb einmal in durativem: L. 17,12 inngaggandin imma in suma haimo und einmal in iterativem Sinne verwendet zu sehen: J. 10,2 sa inngaggands fjairh daur hairdeis ist lambe Es wird sich in diesem Kapitel nun darum handeln, unsere damaligen Vermutungen über die Bedeutung von inngaggan anhand einer größeren Anzahl von Belegen zu erhärten, aber auch teilweise zu modifizieren. 2.11.2. inngaggan für εΙσέρχεσ·θαι Während wir für die oben angeführte durative Verwendungsweise unter den übrigen Belegen von inngaggan für είσέρχεσ&αι keine weiteren Beispiele finden, stoßen wir gleich auf zwei Paralleln für das gewohnheitsmäßige Ein- und Ausgehen des Hirten bei seinen Schafen. Im einen Fall ist dabei sogar expressis verbis von „ein- und ausgehen" die Rede: J. 10,9 ik im J>ata daur. fjairh mik jabai hjas inngaggijj, ganisij), jah inngaggi|> jah utgaggij) jah winja bigiti]? Aber auch im zweiten können wir inngaggan kaum anders verstehen: M. 8,8 ni im wairjjs ei uf hrot mein inngaggais (vgl. a. L. 7,6) Iterativ wird das Verb auch da verwendet, wo Jesus seine Apostel ausschickt und ihnen einschärft: „Wo immer ihr in ein Haus/eine Stadt hineingeht, sollt i h r . . L. 9,4 jah in [janei gard gaggaifj L. 10,5 in J»ane gardei inngaggaif» L. 10,8 in J>oei baurge gaggaif) (vgl. a. L. 10,10) Mc. 6,10 |)ish)aduh Jjei gaggaif) in gard Daneben stoßen wir aber nun auf eine neue Verwendungsweise für inngaggan. Das got. Verb tritt auch da auf, wo weder Beginn oder Abschluß der Bewegung von Bedeutung sind noch der Verlauf besonders betont werden soll, sondern einfach die Bewegung in einer bestimmten Richtung, in diesem Falle in etwas hinein. In diesem Sinne steht inngaggan für den Imperativ von είσέρχεσθαι: Μ. 6,6 gagg in hefjjon ]?eina M. 7,13 inngaggaij) J>airh aggwu daur Mc. 8,26 ni in J>ata weihs gaggais
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Gaggan und Komposita
Auch um eine Art Befehl, allerdings abgeschwächt zur Bitte, handelt es sidi im folgenden Beispiel: L. 8,41 bad ina gaggan in gard seinana Die übrigen drei Belege finden sich in gewöhnlichen Aussagesätzen: J. 18,28 φ eis ni iddjedun in praitoria L. 8,51 ni fralailot ainohun inngaggan L. 15,28 f»anuh modags warj) jah ni wilda inngaggan Das gr. Verb είσέρχεσθαι wird also in jenen Fällen mit inngaggan übersetzt, in denen entweder der Verlauf der Bewegung (durativ oder iterativ) betont werden soll oder einfach die Tatsache, daß die Bewegung in einer Bestimmten Richtung führt. Man wird hier mit einem gewissen Recht einwenden, daß inngaggan als präfigiertes Verb gar nicht neutral in Bezug auf die Aktionsart sein könne, da mit dem „hinein" ja bereits ein Ziel und damit auch Endpunkt der Bewegung angegeben sei. Man darf aber nicht vergessen, daß inngaggan nicht isoliert dasteht, sondern in eine Reihe gehört mit inngaleipan (Beginn und Verlauf der Bewegung) - innatgaggan (Verlauf und Abschluß) - qiman in (Abschluß) und im Rahmen dieser Nachbarn mit ähnlicher Bedeutung sehr wohl relativ neutral „hineingehen" ausdrücken kann.
2.11.3. inngaggan für andere gr. Verben Auch jene Stellen, an denen inngaggan nicht für είσέρχεσθαι, sondern für andere gr. Verben verwendet wird, fallen zunächst nicht aus dem bereits abgesteckten Rahmen. So finden wir das Wort als Ubersetzung für είσπορεύεσθαι in iterativem Sinne verwendet, wo Jesus seinen Zuhörern die bekannte Tatsache in Erinnerung ruft, daß man ein Licht nicht entzündet, um es zu verstecken, sondern um es auf einen Leuchter zu setzen, damit, wer immer ins Haus hineingeht, es sehen kann: L. 8,16 ei |>ai inngaggandans saihjaina liuhad Ebenfalls für είσπορεύεσθαι, aber diesmal durativ, steht das Verb an einer anderen Stelle: L. 19,30 in (haim) inngaggandans bigitats fulan asilaus (vgl. a. die Parallelstelle Mc. 11,2) Wir werden erinnert an die oben zitierte Stelle, wo Christus auf dem Weg ins Dorf den Aussätzigen begegnet. Auch hier werden die Jünger unterwegs, während sie ins Dorf hineingehen, auf etwas Wichtiges stoßen. In denselben Zusammenhang gehört die Episode, wo Jesus, während er ins Schiff steigt (gr. έμβαίνειν), von einem Besessenen angesprochen wird: Mc. 5,18 inngaggandan ina skip baf> ina, saei was w o d s , . . . während jene zwei Belege, bei denen inngaggan im übertragenen Sinne
mipgaggan
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für είσπορεΰεσθαι auftritt, in den Bereich der Betonung der Bewegungsrichtung gehören dürften: Mc.
7,15
ni waihts ist uta]?ro mans inngaggando in ina f>atei magi ina gamainjan
Völlig überraschend allerdings stoßen wir auf die Ubersetzung inngaggart framis für προβαίνειν: Mc. 1,19 jah jainf>ro inngaggands framis leitilata gasah) Iakobu Das gr. Verb ist nur hier belegt, sodaß wir keine Vergleichsmöglichkeiten mit eventuellen anderen got. Übersetzungen haben. Es heißt aber soviel wie „vorschreiten", „vorwärtsgehen" (Luther: „furbas gehen"; NEB: „to go further"). Das got. Verb könnte dann etwa unserem nhd. „einhergehen" entsprechen. Ob das wirklich eine der Bedeutungen von inngaggan war, oder ob es sich hier um den eher mißglückten Versuch handelt, ein gr. Verb, für das eine got. Entsprechung fehlte, zu umschreiben, ist aufgrund dieser einen Stelle nicht endgültig zu entscheiden. Wir müssen jedoch mit der Möglichkeit rechnen, daß inngaggan auch mit der Bedeutung „einhergehen" gebraucht werden konnte, was zum allgemeinen Bedeutungsfeld durchaus paßt.
2.12.
mi|)gaggan
Das got. Verb mipgaggan ist 3 Mal belegt. Es übersetzt an zwei Stellen gr. συμπορεύεσθαι, das 1 Mal auch durch gaqiman wiedergegeben ist, und 1 Mal συναναβαίνειν. Konstruiert mit gehen" : L. 7,11 L. 14,25 Mc. 15,41
dem Dativ der Person, heißt es „mit jemandem mitjah mididdjedun imma siponjos mididdjedun J>an imma hiuhmans managai jah anjjaros managos Jjozei mifuddjedun imma in Iairusalem
2 . 1 3 . £>airhgaggan Got. pairhgaggan steht für eine ganze Reihe gr. Verben, die ihrerseits sehr verschieden ins Got. übersetzt werden. Am häufigsten, nämlich 7 Mal, treffen wir es für gr. διέρχεσθαι. Je 1 Mal vertritt es παρέρχεσθαι, παραπορεύεσθαι, παράγειν und περιέρχεσθαι.
34
Gaggan und Komposita
Wie wir schon aufgrund der Bildungsweise vermuten würden, bedeutet es „durchgehen", und zwar zunächst im Sinne von „durch etwas hindurch gehen": L. 2,35 Jjeina silbons saiwala f>airhgaggi{) hairus (διελεύσεται) Κ. 10,1 jah allai marein {jairhiddjedun (διήλθον) Κ. 16,5 Makidonja auk J>airhgagga (διέρχομαι) In diesen Zusammenhang gehört auch die nicht wörtlich genaue, aber sinngemäß richtige Ubersetzung von περιέρχεσθαι τάς οικίας, eigentlich „in den Häusern umhergehen", bei Wulfila „die Häuser durchgehen": T. 5,13 . . . laisjand sik Jiairhgaggan gardins Neben der transitiven Verwendung finden wir das Verb auch gefolgt von Präpositionen. Dabei kann die Bedeutung des Präfixes durch eine gleichlautende Präposition verstärkt werden: L. 17,11 is |>airhiddja f>airh midja Samarian (διήρχετο) Mc. 2,23 jah warf) Jjairhgaggan imma . . . fjairh atisk (παραπορεύεσθαι) während and haimos für gr. κατά τάς κώμας wohl eher ausdrücken soll, daß die von Christus ausgesandten Apostel „Dorf um Dorf" durchzogen: L. 9,6 usgaggandans J>an f>airhiddjedun and haimos (διήρχοντο) Daneben tritt das Verb zwar auch mit der Bedeutung „durchgehen", aber diesmal im Sinne von „vorbeigehen", auf. Auch da kann es von einer Präposition gefolgt sein, ζ. B. vom eben erwähnten and, das als and pata mit der Bedeutung „da entlang" gr. εκείνης übersetzt: L. 19,4 unte is and f>ata munaida Jjairhgaggan (διέρχεσθαι) oder es kann absolut stehen: J. 9,1 jah J>airhgaggands gaumida mann (παράγων) L. 18,37 gataihun J>an imma Jjatei Iesus Nazoraius JjairhgaggiJj (παρέρχεται) Eine dritte mögliche Bedeutung von „durchgehen", nämlich „gehen ohne anzuhalten", treffen wir in der Weihnachtsgeschichte an, wenn die Hirten auf dem Feld beschließen, sofort bis Bethlehem „durchzugehen": L. 2,15 |>airhgaggaima ju und Be|)lahaim (διέλθωμεν)
2.14. ufargaggan Unter den got. Ubersetzungen für gr. παρέρχεσθαι finden wir auch ufargaggan. Das Verb ist allerdings nicht eigentliches Bewegungsverb und gehört streng genommen nicht hierher, doch seien die beiden Belege trotzdem angeführt. Wir treffen es einmal im Sinne von „(ein Gebot) über-
usgaggan
35
treten" (man beachte, daß auch unser nhd. Wort ursprünglich aus dem Bereich der Bewegungsverben stammt!): L. 15,29 ni luanhun anabusn J>eina ufariddja (παρήλθον) Im zweiten Fall übersetzt es gr. ύπερβαίνειν mit der Bedeutung „übervorteilen", „übertölpeln": Th. 4,6 (|>ata auk ist wilja gudis . . . ) ei foas ni u f a r g a g g a i . . . brof>ar seinana
2.15. usgaggan 2.15.1. Einleitung Das got. Verb usgaggan ist 102 Mal belegt. Es übersetzt 77 Mal έξέρχεσθαι, für das im Got. auch 12 Mal urrinnan und 10 Mal galeipan steht. In 12 von 15 Fällen vertritt es gr. έκπορεύεσθαι, 10 Mal άναβαίνειν und je 1 Mal προσαναβαίνειν, ερχεσθαι und άνέρχεσθαι. Wie wir sehen werden, ist es in vielen Fällen nicht eigentliches Bewegungsverb, sondern wird im übertragenen Sinne verwendet. Wir werden uns im folgenden vor allem auf jene Fälle konzentrieren, in denen usgaggan als Bewegungsverb verwendet wird.
2.15.2. usgaggan f ü r έξερχεσ-θαι u n d έκπορεύεσθαι Wenn man die Belege von usgaggan für έξέρχεσθαι näher ansieht, so fällt einem auf, daß häufig neben dem Verb auch das Adverb ut zu finden ist. So heißt es von Petrus, der soeben durch das Krähen des Hahnes an Jesu Prophezeiung, daß er ihn drei Mal verleugnen werde, erinnert worden ist: M. 26,75 jah usgaggands ut gaigrot baitraba Als Pilatus den Juden den dornengekrönten Jesus vorführt, lesen wir bei Wulfila: J. 19,5 Jjaruh usiddja ut Iesus bairands £>ana Jjaurneinan waip Audi an anderer Stelle stoßen wir auf diese Wendung: J. 18,4 ψ Iesus witands alia £>oei qemun ana ina, usgaggands ut qaj> im: toana sokeij»? J. 18,16 ]par.uh usiddja ut sa siponeis an|)ar L. 15,28 atta is usgaggands ut bad ina In allen diesen Fällen heißt usgaggan ut offenbar soviel wie „hinausgehen". Die Funktion des Adverbs kann aber auch die Präposition us übernehmen. Wo diese steht, kann ut fehlen: J.
8,59
Iesus f>an gafalh sik jah usiddja us alh
36
Gaggan und Komposita L. 9,5 L. 17,29 Mc. 1,29 Mc. 5,2
usgaggandans us Jjizai baurg jainai Jjammei daga usiddja Lod us Saudaumim jah suns us Jjizai swnagogen usgaggandans jah usgaggandin imma us skipa (vgl. a. Mc. 6,54)
Einmal finden wir allerdings als Übersetzung für έκπορεύεσθαι us und ut nebeneinander: Mc. 11,19 usiddja ut us J)izai baurg Mit derselben Bedeutung „hinausgehen" treffen wir das Wort audi da, wo Christus seinen Häschern entkommt: J . 10,39 sokidedun ina aftra gafahan, jah usiddja us handum ize oder wo Paulus den Korinthern erklärt, seine Aufforderung, nichts mit Hurern, Trunkenbolden und Räubern zu schaffen zu haben, sei nicht so wörtlich zu verstehen, sonst: K.
5,10
. . . skuldedeij) Jjan us Jjamma fairlvau usgaggan
Er ermahnt sie aber, sich von den Ungläubigen abzusondern: k. 6,17 inuJ)-J)is usgaggif» us midumai ize Wir hätten damit als eine Bedeutung von usgaggan, und zwar in den Wendungen usgaggan ut bzw. usgaggan us + Subst., „hinausgehen" festgestellt. Was aber heißt dann bloßes usgaggan} Nehmen wir als Ausgangspunkt eine Stelle, wo usgaggan und usgaggan ut unmittelbar nebeneinander stehen. Jesus sind auf dem Heimweg zwei Blinde gefolgt, die nun in sein Haus kommen, um von ihm geheilt zu werden. Bevor Jesus sie entläßt, ermahnt er sie, niemandem etwas zu erzählen. Dann heißt es im got. Text: M. M.
9,31 9,32
φ eis usgaggandans usmeridedun ina in allai airjjai jainai Jjanuh bijie ut usiddjedun eis, sai, atberun imma mannan baudana daimonari Im zweiten Fall heißt unser Verb wieder „hinausgehen": „Als sie aber hinausgegangen waren, siehe, da brachte man einen stummen, von Dämonen besessenen Mann zu ihm." Beim ersten Beleg aber dürfen wir nicht lesen „sie gingen hinaus", sondern „sie machten sich auf und gingen aus und erzählten von ihm in allen jenen Ländern." Mit dieser Bedeutung „sich aufmachen und ausgehen" treffen wir nun usgaggan häufig: M. 11,7 h)a usiddjeduj) ana aujjida saihjan? L. L. L.
5,27 4,42 9,6
Mc.
6,12
(vgl. a. M. 11,8.9 L. 7,24.25.26) jah afar J>ata usiddja jah gasah) motari usgaggands galaij) ana aujjjana stad usgaggandans Jjan Jjairhiddjedun and haimos wailamerjandans jah leikinondans and all jah usgaggandans meridedun ei idreigodedeina
usgaggan
37
In allen diesen Fällen und anderen, die man hier anführen könnte, ist usgaggan von einem Verb gefolgt. Es kann aber auch das Ziel der Bewegung angegeben sein, wobei die verschiedensten Präpositionen auf usgaggan folgen können: Mc. 11,11 at andanahtja jujian wisandin hjeilai usiddja in Be|>anian mi|> Jjaim twalibim J. 18,1 Iesus usiddja mij» siponjam seinaim ufar rinnon Jjo Kaidron L. 8,27 usgaggandin f»an imma ana airf»a L. 14,23 usgagg and wigans jah faf>os Anstelle des Ziels kann auch der Ausgangspunkt der Bewegung erwähnt sein: L. 9,4 jah in Jjanei gard gaggaij), Jjar saljiji jah J>af)roh usgaggaif) Ohne daß wir nun alle Beispiele aufgeführt hätten - die zitierten Stellen sind meist typisch für eine ganze Anzahl ähnlicher — ist es uns gelungen, die Bedeutung von usgaggan zu bestimmen. Das Verb heißt zunächst „sich aufmachen und ausgehen", wobei sowohl Beginn als auch Verlauf der Bewegung berücksichtigt sind. Dieser Hinweis auf die Aktionsart erfolgt vor allem in Hinblick auf jene Fälle, in denen έξέρχεσθαι durch galeipan übersetzt wird und auf die wir weiter unten eingehen werden (vgl. 3.2.). In Verbindung mit dem Adverb ut oder der Präposition us heißt usgaggan auch „hinausgehen". Die deutliche Unterscheidung usgaggan „ausgehen" - usgaggan usJut „hinausgehen" muß nun allerdings sogleich relativiert werden, ohne daß ich indessen ganz auf sie verzichten möchte. Es gibt nämlich einige wenige Belege, wo bloßes usgaggan nicht anders denn als „hinausgehen" verstanden werden kann. Das ist ganz sicher da der Fall, wo die vor ihrem Vater tanzende Tochter des Herodes hinausgeht, um mit der Mutter zu beraten, was sie sich vom Vater als Geschenk erbitten soll: Mc. 6,24 ψ si usgaggandei qaj) du aijjein seinai: h;is bidjau? aber auch da, wo Zacharias, der im Tempel den Engel des Herrn gesehen hat, herauskommt und noch nicht fähig ist, zu sprechen: L.
1,22
usgaggands J)an ni mahta du im rodjan
Auch wo von einem, der im Schuldgefängnis steckt, die Rede ist, müssen wir usgaggan wohl als „hinausgehen" verstehen: M.
5,26
amen qi|>a |>us: ni usgaggis jainJ>ro, unte usgibis fjana minnistan kintu
An anderer Stelle müssen wir zugeben, daß usgaggan zumindest beide oben erwähnten Bedeutungen haben könnte:
Gaggan und Komposita
38 J . 11,31 Mc. 2,12 Mc. 16,8
gasaitoandans Marjan J>atei sprauto usstojj jah usiddja usiddja faura andwair|)ja allaize jah usgaggandeins af fjamma hlaiwa gaftlauhun
Trotz all dem möchte idi, wie bereits gesagt, auf die Unterscheidung von usgaggan usjut und bloßem usgaggan, die doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit durchgeführt ist, nicht verzichten. Im übrigen werden wir bei der Behandlung von utgaggan auf den Fall zurückkommen und dort auch eine Erklärung dafür zu geben versuchen (vgl. u. 2.16.). Zum Schluß sei noch erwähnt, daß usgaggan mit der Bedeutung „ausgehen" auch im übertragenen Sinne gebraucht wird. Sehr häufig ist das der Fall, wenn Dämonen ausgetriebeii werden: L. 8,29 unte anabaud ahmin J>amma unhrainjin usgaggan af J>amma mann Auch in jenen Fällen, in denen eine Kraft von Jesus ausgeht: L. 6,19 mahts af imma usiddja oder sidi die Kunde von seinen Wundern verbreitet: Mc. 1,28 usiddja Jian merifta is suns and allans bisitands Galeilaias treffen wir das Verb an. Für έκπορεύεσθαι steht es bei den Worten, die den Mund verlassen: L. 4,22 J>o waurda anstais ]po usgaggandona us mun|>a is 2.15.3. usgaggan für άναβαίνειν Daß als Übersetzung für άναβαίνειν auch usgaggan vorkommt, haben wir schon bei der Behandlung von atgaggan (vgl. o. 2.5.) erwähnt. Wir haben aber auch schon damals darauf hingewiesen, daß es gefährlich wäre, dem gr. Paar άναβαίνειν - καταβαίνειν ein got. Paar usgaggan - atgaggan mit der Bedeutung „hinaufgehen" - „hinuntergehen" gegenüberzustellen. Tatsächlich haben wir bisher nichts feststellen können, was dem got. usdie Bedeutung „hinauf" zuweisen würde. In welchen Fällen steht nun aber für άναβαίνειν usgaggan? Mit der Bedeutung „hinausgehen" da, wo Christus nach seiner Taufe das Wasser verläßt: Mc. 1,10 jah suns usgaggands us Jjamma watin Mit der Bedeutung „sich aufmachen und ausgehen" häufig dann, wenn das Ziel der Bewegung die auf einem Hochplateau gelegene Stadt Jerusalem ist (daher gr. „nach Jerusalem hinaufgehen"): L. 2,42 usgaggandam Jjan im in Iariusaulwma bi biuhtja dul|)ais L. 18,31 sai, usgaggam in Iairusalem
usgaggan
39
L. 19,28
jah qifiands f>ata iddja fram, usgaggands in Iairusaulwma G. 2,1 usiddja aftra in Iairusaulwma G. 2,2 usuJj-Jjan-iddja bi andhuleinai Der Gote hielt es offenbar in diesen Fällen nicht für nötig, das „hinauf" zusätzlich auszudrücken. So finden wir denn in diesem Zusamenhang audi andere got. Verben für άναβαίνειν: Mc. 10,32 ana wiga gaggandans du Iairusaulwmai J. 7,8 jus galei{)ij) in dul£> {>o, if> ik ni noh galeifia in f>o dul|> (vgl. a. J. 7,10) In zwei Fällen steht usgaggan in Konkurrenz mit ussteigan: L. 18,10 mans twai usiddjedun in alh J. 7,14 usstaig Iesus in alh L. 9,28 usiddja in fairguni bidjan Mc. 3,13 jah usstaig in fairguni Wir erinnern uns, daß wir für die Bewegung in umgekehrter Richtung, also von oben nach unten, im Zusammenhang mit Berg und Tempel nur atgaggan, nicht aber atsteigan angetroffen haben. Wir werden auf die Paare atgaggan/usgaggan — atsteigan/ussteigan bei der Behandlung der Komposita von steigan noch einmal zurückkommen (vgl. u. 6.2. atsteigan und 6.5. ussteigan). Erwähnt sei schließlich noch eine letzte Stelle, wo von den Juden die Rede ist, die sich vor dem Hause des Pontius Pilatus versammeln: Mc. 15,8 jah usgaggandei alia managei In Streitbergs gr. Vorlage lesen wir überraschend άναβοήσας ό δχλος. Es steht aber außer Zweifel, daß Wulfila hier ein in anderen Hss. belegtes άναβάς übersetzt, eine Lesart, die auch von den meisten modernen Herausgebern und Ubersetzern bevorzugt wird. 14 Wir können abschließend feststellen, daß auch für die Entsprechung usgaggan für άναβαίνειν das gilt, was wir schon bei der Behandlung von atgaggan für καταβαίνειν festgestellt haben: es fehlt dem Got. ein eigenes Verbalkompositum mit der Bedeutung „hinaufgehen". Als bestmögliche Übersetzung bot sich daher in vielen Fällen usgaggan an.
2.15.4. usgaggan für andere gr. Verben Zum Schluß wäre noch auf drei Fälle einzugehen, in denen usgaggan für andere gr. Verben steht. Die beiden ersten Belege stammen aus dem Bereich "
Streitberg I, p. 218 Anm.; Nestle, p. 132; NEB, p. 88; Luther, p. 2065.
40
Gaggan und Komposita
der eben behandelten Verwendung von usgaggan für ein fehlendes got. „hinaufgehen": J. 6,3 usiddja £>an ana fairguni (άνήλθεν) L. 14,10 frijond, usgagg hauhis (προσανάβηθι) und sind nicht überraschend. Bemerkenswert ist aber die Übersetzung von ερχεσθαι durch usgaggan: J. 6,15 if) Iesus kunnands Jjatei munaidedun usgaggan (oti μέλλουσιν ερχεσθαι) jah wilwan ina ei tawidedeina ina du fjiudana Wulfila wählt seinen Standort nicht bei Jesus, schreibt also nicht „das sie komen würden und jn haschen" (Luther), sondern bei denen, die sich aufmachen, um seiner habhaft zu werden: „Da Jesus nun erkannte, daß sie ausgehen würden und ihn p a c k e n . . . " Wir sehen einmal mehr, wie wichtig der Standort des Erzählers für die Wahl eines bestimmten Bewegungsverbs ist. Denn nur dadurch lassen sich auch jene drei Fälle erklären, wo für έκπορεΰεσθαι und έξέρχεσθαι atgaggan steht, also nicht Beginn und Verlauf, sondern Verlauf und Abschluß der Bewegung betont werden. Dabei handelt es sich beim ersten Fall um eine Parallele zum eben behandelten, nur jetzt eben mit umgekehrten Vorzeichen: L. 3,7 qa|) f»an du f>aim atgaggandeim (έκπορευομένοις) manageim daupjan fram s i s : . . . Hier haben wir in der gr. Vorlage „die hinaus gingen, sidi taufen zu lassen" und bei Wulfila „die auf ihn zukamen, sich taufen zu lassen." Auch in jenen beiden Fällen, in denen atgaggan ut für έξέρχεσθαι steht, wählt der Erzähler seinen Standort am Endpunkt der Bewegung, schreibt also „kam heraus": J. 18,29 atiddja ut Peilatus du im J. 19,4 atiddja aftra ut Peilatus
2.16. utgaggan Von 105 έξέρχεσθαι werden 77 mit usgaggan und nur ein einziges mit utgaggan übersetzt, und auch als Vertretung der 15 im gr. Text vorkommenden έκπορεύεσθαι finden wir nur ein utgaggan neben 12 usgaggan. Was ist dieses utgaggan, das im ganzen Wulfilatext nur zwei Mal belegt ist, archaisches Überbleibsel eines Wortes, das im Aussterben begriffen ist, oder Neologismus, von Wulfila im Laufe seiner Bibelübersetzung geschaffen, aber nur zögernd verwendet? Wir haben bei der Behandlung von usgaggan festgestellt, daß dieses got. Verb einerseits als Gegenteil von inngaggan, meist in der Verbindung
utgaggan
41
usgaggan ut oder usgaggan us + Subst., mit der Bedeutung „hinausgehen" oder „aus etwas gehen", und andrerseits absolut oder als Gegenteil von atgaggan mit der Bedeutung „sich aufmachen und ausgehen" verwendet wird. Utgaggan finden wir ebenfalls einmal in der Wendung utgaggan us und einmal absolut, in beiden Fällen aber in unmittelbarer Nachbarschaft zu inngaggan: Mc.
7,15
ni waihts ist utajjro mans inngaggando in ina J>atei magi ina gamainjan; ak f>ata utgaggando us mann fiata ist }>ata gamainjando mannan J. 10,9 ik im f>ata daur. fjairh mik jabai foas inngaggif), ganisif), jah inngaggij) jah utgaggif» jah winja bigitij» Wir haben nun also eine ganze Reihe von Wendungen für „hinausgehen", ohne daß sie sich ihrem genaueren Sinn nach ganz klar scheiden lassen würden: bloßes usgaggan, bloßes utgaggan, usgaggan ut, usgaggan us + Subst. und utgaggan us + Subst. Ein Problem entsteht vor allem dadurch, daß usgaggan auch άναβαίνειν, für das dem Got. ein genau entsprechendes Wort fehlt, übersetzen muß. Solange nun nodi eine weitere Ergänzung neben dem Verb steht, leidet die Deutlichkeit des Ausdrucks nicht: Mc. 5,2 jah usgaggandin (έξελθόντι) imma us skipa L. 18,10 mans twai usiddjedun (άνέβησαν) in alh Die Bewegungsrichtung wird durdi die Präposition ausgedrückt, während das Präfix als Indikator der Aktionsart dient und als solcher auch fehlen könnte, ohne daß die Deutlichkeit des Satzes leiden würde. Schwieriger wird die Lage, wenn das Verb allein steht, und wenn trotzdem die im gr. Präfix enthaltene Bewegungsrichtung ausgedrückt werden sollte. Eine Ubersetzung durch bloßes usgaggan, wie sie allerdings bei Wulfila vorkommt, ist ungenügend: L. 1,22 usgaggands (έξελθών) |>an ni mahta du im rodjan Mc. 15,8 jah usgaggandei (άναβάς) alia managei dugunnun bidjan Hier geht der Unterschied zwischen den beiden Stellen - Luther: „Und da er eraus gieng . . . " bzw. „und das Voids gieng hin auff . . . " - in der got. Ubersetzung vollständig verloren. Wulfila hat wohl dieses Ungenügen gespürt und deshalb an manchen Stellen ein verdeutlichendes ut hinzugefügt: M. 26,75 jah usgaggands ut gaigrot baitraba Bei der Übersetzung von άναβαίειν fehlen allerdings soldie Ergänzungen, im Gegensatz zur Wiedergabe von καταβαίνειν, das wenn nötig durch atgaggan dalap oder atsteigan dalap übersetzt wird. Ich meine, daß utgaggan ein Versuch ist, die Bewegungsrichtung im Präfix deutlich auszudrükken, wie das etwa bei inngaggan der Fall ist. Es ist denkbar, daß wir hier den Beginn einer Entwicklung fassen können, an deren Endpunkt eine deutliche Scheidung der beiden Verben usgaggan und utgaggan steht. Für „er
42
Gaggan und Komposita
ging aus dem Schiff und s a g t e . . w ü r d e dann usiddja us skip qipands stehen, während utiddja qipands „er ging hinaus und s a g t e . . ü b e r s e t z e n würde. Noch sind wir aber weit von einer solchen Systematisierung entfernt.
2.17.
wif>ragaggan
Wipragaggan ist nur ein einziges Mal belegt und übersetzt ύπαντάν mit der Bedeutung „entgegengehen": J. 11,20 φ MarJja . . . wijjraiddja ina An anderer Stelle wird das gr. Verb einmal durch gaggan gamotjan übersetzt (vgl. o. 2.1.4.).15
15
Drei Mal steht für ύπανταν auch blosses gamotjan. Vgl. dazu Steitberg II, p. 97
3. Die Komposita von - leif>an 3.1. aflei|)an Wir haben bei der Behandlung von afgaggan (vgl. o. 2.2.), dessen Bedeutung wir mit „weggehen" oder „verlassen" entsprechend dem ne. to leave umschrieben haben, darauf hingewiesen, d a ß a u d i afleipan in ähnlichen Z u sammenhängen a u f t r i t t . Das Verb ist 12 Mal belegt u n d übersetzt 3 M a l άποδημεΐν, 3 Mal άναχωρεΐν, 2 Mal άποχωρεΐν, 2 Mal άπέρχεσθαι und je 1 M a l πορεύεσθαι u n d ύποχωρεΐν. Seine Bedeutung scheint auf den ersten Blick klar zu sein: die Bildungsweise ist durchsichtig, das Verb m u ß im weitesten Sinne „weggehen" bedeuten. Wir treffen das got. W o r t zunächst da an, w o jemand sich zurückzieht, vor jemandem zurückweicht oder g a r flieht. Dieser Rüdezug k a n n freiwillig sein, wie bei Jesus, wenn er in der Wüste beten will: L. 5,16 (Iesus) was afleijjands (ύποχωρών) ana aujjidos jah bidjands oder beim vom Gewissen geplagten J u d a s : M. 27,5 a t w a i r p a n d s J)aim silubreinam in alh aflaip (άνεχώρησεν), jah galeijjands ushaihah sik Wir erinnern uns, d a ß wir f ü r diese beiden gr. Verben auch afgaggan angetroffen haben: J. 6,15 a f i d d j a a f t r a in fairguni (άνεχώρησεν) L. 9,10 jah andnimands ins a f i d d j a (ύπεχώρησεν) sundro a n a s t a f j auf)jana Es kann aber auch ein nur scheinbares Sich zurückziehen sein, wie bei den Hohepriestern, die Jesus aus der Ferne überwachen: L. 20,20 jah afleipan dans (αποχωρήσαντες) 1 ® insandidedun ferjans Es kann unfreiwillig sein, sei es, d a ß man fortgeschickt wird, wie die Trauernden im H a u s e des toten Mädchens oder die fälschlicherweise im N a m e n Christi A u f t r e t e n d e n : M. 9,24 afleij>i{> (αναχωρείτε), unte ni gaswalt so mawi 18
Zu άποχωρήσαντες vgl. Streitberg I, p. 161 Anm.
44
Die Komposita von -leij>an M.
7,23
afleif»eij) (αποχωρείτε) fairra mis, jus w a u r k j a n d a n s unsibjona oder d a ß man, wie Jesus, v o r den Häschern fliehen m u ß : L. 4,42 qemun und ina jah gahabaidedun ina, ei ni aflij>i (πορεύεσθαι) fairra im Mc. 3,7 jah Iesus aflaij) (άνεχώρησεν) mif» siponjam seinaim du marein D a ß audi gr. πορεύεσθαι, wenn es die Situation erfordert, mit afleipan übersetzt werden kann, kommt f ü r uns nicht allzu überraschend, haben wir doch schon bei afgaggan etwas Ähnliches angetroffen: M. 11,7 at Jjaim £>an afgaggandam (τούτων δέ πορευομένων) Wir finden afleipan nun aber auch - und damit sprengen wir den R a h men der Bedeutung von afgaggan - w o jemand seine gewohnte Umgebung verläßt, u m sich f ü r längere Zeit in die Fremde zu begeben, sei es der verlorene Sohn, oder der Bauer, der seinen Weinberg einem Arbeiter überläßt: L. 15,13 b r a h t a samana allata sa juhiza sunus jah aflai|) in land fairra wisando L. 20,9
manna ussatida weinagard, jah a n a f a l h ina w a u r s t w j a m jah aflaij) jera ganoha Mc. 12,1 weinagard ussatida m a n n a . . . j a h a n a f a l h ina waurstwjam jah aflaij) aljaj) In allen diesen Fällen finden w i r im G r . άποδημεΐν. Schließlich steht afleipan an zwei Stellen f ü r gr. άπέρχεσθαι. Allerdings ist in diesen Fällen afleipan jeweils nicht als eigentliches Bewegungsverb verwendet, und Subjekt ist nicht eine Person, sondern der Aussatz, von dem Jesus geplagte Menschen heilt: L.
5,13
attaitok imma q i ^ a n d s : wiljau, wairj) hrains. J a h suns £ a t a Jjrutsfill aflaij) af imma Wenn w i r also bei afgaggan die Bedeutung „weggehen", „verlassen" festgestellt haben, so enthält afleipan z w a r die Bedeutung „weggehen" auch, erweitert sich dann aber zu „fortgehen", „verreisen". Afgaggan und afleipan sind Pseudosynonyme; sie sind in manchen Kontexten gegeneinander austauschbar, in anderen dagegen nicht.
3.2. galeif>an 3.2.1. Einleitung Das got. Verb galeipan scheint sich auf den ersten Blick einer genaueren Bestimmung völlig zu entziehen, übersetzt es doch nicht weniger als 15 verschiedene gr. Bewegungsverben. Bei total 132 Belegen steht es 48 Mal f ü r
galeipan
45
άπέρχεσθαι. Diese Entsprechung darf ihrer Häufigkeit und ihrer Einförmigkeit wegen als der Normalfall betrachtet werden, finden wir doch für dieses gr. Verb nur in 7 Fällen - wie wir sehen werden, mit Grund - eine andere Ubersetzung. Fast ebenso häufig, nämlich 38 Mal, finden wir galeipan für είσέρχεσθαι. Auch hier vertritt es das gr. Verb in beinahe der Hälfte aller Fälle, und dieses Gewicht verschiebt sich noch mehr, wenn wir berücksichtigen, daß είσέρχεσθαι auch 7 Mal durch inngaleipan übersetzt wird. Wir werden auf diese 45 Belege im Zusammenhang mit inngaleipan (vgl. u. 3.3.) eingehen. Auch für das Gegenteil von είσέρχεσθαι finden wir im Got. 10 Mal galeipan, hier allerdings als Ausnahme: bei total 105 Belegen für έξέρχεσθαι ist usgaggan, das das gr. Verb 77 Mal vertritt, als der Normalfall anzusehen. In den restlichen Fällen übersetzt galeipan 6 Mal υπάγει/ν, 6 Mal έμβαίνειν, 5 Mal πορεύεοθαι, 4 Mal άναβαίνειν, 3 Mal ερχεσθαι, 3 Mal διέρχεσθαι, 3 Mal είσπορεύεσθαι (auch auf diese Belege kommen wir bei der Behandlung von inngaleipan zurück), 2 Mal καταβαίνειν und je 1 Mal άνάγεσθαι, προέρχεσθαι, κατέρχεσθαι und προκόπτειν. Ein Allerweltsverb also, das für so unterschiedliche gr. Bewegungsverben wie „weggehen", „hineingehen", „hinausgehen", „gehen", „kommen", „hinaufgehen", „hinuntergehen" etc. als offenbar zutreffende Ubersetzung Verwendung findet. Schon jetzt zeichnet sich ab, daß wir die spezifische Bedeutung von galeipan kaum im Ausdruck einer bestimmten Bewegungsrichtung — der Bewegungsrichtung gegenüber ist das Verb offenbar eher indifferent sondern im Ausdruck einer bestimmten Bewegungsart suchen müssen.
3.2.2. galeipan für άπέρχεσθαι Als Ausgangspunkt für eine nähere Bestimmung der Bedeutung von galeipan drängt sich die anscheinend problemlose und „normale" Übersetzung von άπέρχεσθαι auf: M. 8,18 haihait galeipan siponjans hindar marein M. 9,7 urreisands galaif» in gard seinana J. 6,1 afar Jjata galai|) Iesus ufar marein J. 11,28 jah J>ata qijjandei galaif) Mc. 12,12 jah afletandans ina gali|>un Wenn wir das gr. Verb im Wörterbuch nachschlagen, so finden wir dafür Bedeutungen wie „weggehen", „scheiden", „sich entfernen" u. ä. Ziehen wir Ubersetzungen der Bibel in moderne Sprachen zum Vergleich heran, so stellen wir fest, daß das Wort je nach Kontext ganz verschieden wiedergegeben ist. So stoßen wir in der Lutherbibel für die oben zitierten Stellen auf die Verben „hinüberfahren", „heimgehen", „wegfahren", „hingehen" und „davon gehen", in der NEB auf „to cross", „to go off home", „to withdraw", „to go" und „to go away". Das gr. Verb, das durch sein Präfix
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Die Komposita von -leif>an
άπο- („weg", „davon") eine Bewegung in einer bestimmten, stets gleichbleibenden Richtung ausdrückt, wird also im Nhd. und Ne. aufgrund der Bewegungsart differenziert übersetzt. Gleichzeitig kann, wenn sich dies als nötig erweist, die Riditung durch ein Präfix, ein Präpositionalobjekt oder ein Adverb ausgedrückt werden. Im Got. haben wir zwar eine einheitliche Ubersetzung — in den fünf zitierten und den meisten anderen Fällen finden wir für άπέρχεσθαι stets galeipan - doch muß sich das Gewicht verschoben haben. Wir haben ja schon in der Einleitung festgestellt, daß galeipan sehr verschiedene gr. Verben übersetzt und deshalb kaum eine Bewegung in einer bestimmten Richtung, also etwa „weggehen", bezeichnet. Vielmehr vermuten wir, daß galeipan zur Betonung einer bestimmten Aktionsart verwendet wird, die sich besonders ausgeprägt bei άπέρχεσθαι findet deshalb die häufige Übereinstimmung mit diesem Verb - die aber audi bei der Übersetzung anderer gr. Bewegungsverben von Bedeutung sein kann. Bevor wir uns dieser spezifischen Bedeutung von galeipan zuwenden, wollen wir an anderer Stelle nachweisen, daß tatsächlich die Aktionsart bei der Ubersetzung von άπερχεσθαι eine Rolle spielt. Wir haben oben bei der Behandlung von gaggan (vgl. 2.1.1.) erwähnt, daß dieses got. Verb auch 4 Mal άπέρχεσθαι übersetzt, sind dann aber nicht näher auf diese Stellen eingegangen. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, das damals versäumte nachzuholen. Wir finden gaggan für άπέρχεσθαι zunächst da, wo ein Schriftgelehrter verspricht, er wolle Christus nachfolgen, wohin dieser audi gehe: M. 8,19 laisari, laistja Jjuk, fnshjaduh £>adei gaggis (άπέρχη) L. 9,57 laistja J>uk Jaistoaduh £>adei gaggis (άπέρχχ]), frauja Wir wundern uns nicht, daß wir in der NEB als Übersetzung lesen „wherever you go". Das gr. Verb, nicht zufällig im Präsens, ist hier iterativ gebraucht: „Ich will dir folgen (von Ort zu Ort) wohin du audi immer (wieder) gehst." Dafür aber ist im Got. gaggan die angemessene Ubersetzung. Ganz ähnlich liegt der Fall beim zweiten Beispiel: L. 9,60 ij) f)u gagg jah gaspillo (άπελθών διάγγελλε) Jjiudangardja gudis Auch hier vermeidet Wulfila jene Ubersetzung, die sidi bei einer weitgehend mechanischen Wiedergabe der gr. Bewegungsverben vom gr. Text her aufdrängen würde, nämlich galeipands gaspillo, und zieht eine Wendung mit gaggan vor, weil das Verb seiner Meinung nach - und dabei nimmt er auf den gr. Aorist keine Rücksicht - iterativ gebraucht ist: „Du aber gehe (immer wieder von Ort zu Ort) und v e r k ü n d e . . . " Der vierte Fall von gaggan für άπέρχεσθαι liegt nicht so eindeutig, und wir müssen seine Behandlung nodi einmal aufschieben (vgl. u. 3.2.3.). Die Tatsache, daß άπέρχεσθαι bis auf die oben erwähnten und begründeten Ausnahmen fast ausschließlich durch galeipan übersetzt wird, legt die Vermutung nahe, das Verb werde dort verwendet, wo eine Bewegung
galeipan
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erst beginnt, habe also etwa die Bedeutung „aufbrechen", „sich aufmachen". Diese Vermutung zu überprüfen, wollen wir uns nun jenen Fällen zuwenden, in denen galeipan andere gr. Verben übersetzt. 3.2.3. galeipan für ύπάγειν und πορεύεσθαι Das gr. Verb ύπάγειν wird bekanntlich meistens mit gaggan übersetzt (vgl. ο. 2.1.2.). Die 6 Fälle, in denen dafür im Got. galeipan steht, sind also ungewöhnlich genug, um uns über die spezifische Bedeutung dieses Verbs zusätzliche Aufschlüsse zu geben. Es fällt auf, daß galeipan dabei drei Mal im Gegensatz zu qiman steht: J. 8,14 wait toafjro qam jah h>a{) galei^a, ij> jus ni witu|) toafjro qima, aif>f>au foajj galeifja J. 14,28 galeijia jah qima at izwis Dabei bleiben in allen drei Fällen Ziel und Verlauf der Bewegung ausdrücklich im Dunkeln. Christus sagt nur: „Ich mache midi auf und komme (wieder) bei euch an." Wohin er geht, wissen die Jünger nicht; allein der Moment des Aufbruchs und derjenige der Ankunft sind betont. In denselben Zusammenhang gehört die folgende Stelle: J. 8,21 ik galeijja, jah sokeif) mik Wieder ist über das Ziel der Bewegung nichts ausgesagt; der sich da aufmacht, muß gesucht werden. Nun steht zwar an anderer Stelle neben qiman auch gaggan, doch erkennen wir hier einen deutlichen Unterschied zur vorherigen Situation: J. 8,21 £>adei ik gagga, jus ni maguf) qiman „Gehen" und „kommen" führen hier in derselben Richtung, Verlauf und Ziel der Bewegung werden also zumindest mitgedacht, wenn Christus auch sogleich betont: diesen Weg könnt ihr nicht gehen, hier könnt ihr mir nicht folgen, es sei denn „ich gehe zuerst, bereite euch die Stätte und nehme euch zu mir": J. 14,3 jabai gagga, manwja izwis stad, aftra qima jah franima izwis du mis silbin An einer anderen Stelle mag der Entscheid für galeipan als Ubersetzung für ύπάγειν durch die unmittelbar folgende Antwort beeinflußt sein: J. 6,67 ibai jah jus wileifj galeifjan (ύπάγειν) J. 6,68 frauja, du toamma galeij>aima (άπελεύσόμεθα) Doch ist das erste galeipan auch sonst, ohne daß wir einen Einfluß des zweiten, άπέρχεσθαι übersetzenden und daher erwarteten, anzunehmen brauchen, nicht allzu überraschend. Christus meint doch: „Wollt ihr euch auch aufmachen, mich auch im Stich lassen?" Im letzten Fall ist Wulfilas Ubersetzung mit einer eigentlichen Interpretation der Stelle verbunden. Jesus sagt zu den Aussätzigen:
Die Komposita von -leij)an
48 L. 17,14
jah gaumjands qaj> du im: gaggandans ataugeij) (πορευθέντες έπιδείξατε) izwis gudjam. jah warf), mi|>i)anei galifmn (έν τφ ύπάγειν), gahrainidai waurjjun
Der Gote schreibt also: „Geht hin und zeigt euch den Priestern. Und wie sie aufbrachen, wurden sie rein." Während auch er für den Gang zu den Priestern ein duratives Verb, nämlich gaggan, wählt, vollzieht sich bei ihm die Reinigung der Aussätzigen nicht erst unterwegs und allmählich — das wäre mippanei iddjedun - sondern sofort, im Moment des Aufbruchs. In Ubereinstimmung mit der eben zitierten Stelle weicht er auch anderswo, diesmal allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, von seiner gr. Vorlage ab und hier kommen wir nun auf jenen vierten Fall von gaggan für άπέρχεσβαι zurück - indem er für den Gang zum Priester wiederum das durative Verb wählt, also den Verlauf der Bewegung berücksichtigt: L.
5,14
ak gagg jah ataugei (άπελθών δεϊξον) |>uk silban gudjin
Vergleichen wir allerdings diese Stelle mit: Mc. 7,30 jah galeifiandei du garda seinamma bigat unhuljjon usgaggana (απελθούσα... εΰρεν) so sehen wir, daß die Ubersetzung in L. 5,14 nicht die einzig mögliche ist, sondern daß auch galeipands ataugei durchaus korrekt, wenn auch dem Sinn nach verschieden, wäre. Hier wie auch an anderen Stellen müssen wir dem Ubersetzer einen gewissen Spielraum zubilligen und es ihm überlassen, welcher Lösung er wo den Vorzug geben will. Auch πορεύεσθαι wird fast ausschließlich durch gaggan übersetzt, (vgl. o. 2.1.), aber auch hier finden wir 4 Mal galeipan. Wieder stoßen wir auf das Paar galeipan - sokjan, ohne Angabe des Ziels aufbrechen, sodaß man gesucht werden muß, und wieder vermeidet Wulfila das durative gaggan: L. 4,42 usgaggands galai£> ana auj>jana stad, jah manageins sokidedun ina Zwei Stellen aus den Briefen an Timotheus bestätigen unsere These, daß galeipan den Beginn der Bewegung, den Moment des Aufbrudis betont, aufs schönste. Paulus erinnert den Briefempfänger daran, daß er ihn gebeten habe, in Ephesus zu bleiben, „damals, als ich nach Makedonien aufbrach" : T. 1,3 swaswe ba£> j>uk saljan in Aifaison galeijjands Makedonais Im zweiten Brief beklagt er sich, daß Demas ihn verlassen habe und nach Thessaloniki abgereist sei: t. 4,10 unte Demas mis bilai|), frijonds |)θ nu aid, jag-galaifj du an J>airhiddjedun and haimos wailamerjandans jah leikinondans and all Es stellt sich nun natürlich die Frage, wo sich denn eine Notwendigkeit ergeben haben könnte, έξέρχεσθαι durch galeipan zu übersetzen, wenn doch schon bei usgaggan „sich aufmachen" in einem gewissen Sinne enthalten ist. Offenbar dann, wenn der Verlauf der Bewegung, der ja bei usgaggan
60
Die Komposita von -leiftan
immer auch mit berücksichtigt ist, völlig nebensächlich ist und nur der Moment, oder besser das Faktum des Aufbruchs hervorgehoben werden soll. Das dürfte da der Fall sein, wo der von Jesus als Verräter bezeichnete Judas den Abendmahlstisch verläßt: J. 13,30 bijie andnam f>ana hlaib jains, suns galaif) ut. wasuh {>an nahts, f>an galaif» ut. Während hier die im gr. Präfix enthaltene Bewegungsrichtung durch das Adverb ut angegeben ist, fehlt sie an einer anderen Stelle ganz: Mc. 14,68 (Paitrus) afaiaik qij>ands: ni wait, ni kann Iva j>u qif>is. jah galaif) faur gard, jah hana wopida. In beiden Fällen dürfen wir annehmen, daß für Wulfila nicht die Tatsache entscheidend war, daß der des zukünftigen Verrats beziditigte Judas und der der Zugehörigkeit zu den Jüngern Jesu verdächtigte Petrus hinaus gingen, sondern daß er das Schwergewicht vor allem darauf legen wollte, daß die beiden aufbrachen, sich aufmachten, weil sie es nämlich am alten Ort nicht mehr aushielten. Im selben Sinne übersetzt er, wenn einer der zu Tisch gebetenen sich entschuldigt: L. 14,18 land bauhta, jah J>arf galei{jan jah sailvan Jjata oder wenn jemand aufbricht, um sich an einen anderen Ort zu begeben: Mc. 2,13 jah galaif) aftra faur marein Mc. 7,31 jah aftra galeijjands af Markom Twre jah Seidone k. 2,13 ak twisstandands im galaif) in Makaidonja k. 8,17 silba wiljands galaif) du izwis Wir wollen es noch einmal betonen: in allen diesen Fällen muß Wulfila nicht unbedingt so übersetzen, aber seine Wortwahl scheint auch uns angemessen und glücklich zu sein. Ein letztes Beispiel zeigt besonders eindrücklich, wie verschieden eine im Gr. gleich lautende Stelle übersetzt werden kann, je nachdem, ob Beginn und Verlauf oder Verlauf und Abschluß der Bewegung betont werden sollen: J. 18,29 fraruh atiddja ut Peilatus du im jah qa|> (έξήλθεν οδν δ Πειλατος προς αυτούς και είπεν...) J. 18,38 jah f>ata qifjands galaif) ut du Iudaium jah qa|> (και τοΰτο είπών πάλιν έξήλθεν προς τους Ιουδαίους και λέγει...) Im Gr. finden wir beide Male eine Aoristform von έξέρχεσθαι, die im ersten Fall übersetzt wird mit der Wendung „dann ging Petrus hinaus und sagte (nach seiner A n k u n f t ) . . w ä h r e n d wir nur wenige Verse später lesen: „Und als er das gesagt hatte, brach er nach draußen zu den Juden auf und sagte..." Vor einige Probleme wurde unser Obersetzer offenbar durch das gr. έμβαίνειν gestellt, das im gr. Text 10 Mal belegt ist und als terminus technicus aus dem Bereich der Seefahrt mit der Bedeutung „an Bord gehen" im Got. keine genaue Entsprechung besitzt. Auf zwei mögliche
galeipan
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Übersetzungen sind wir oben schon gestoßen, wo wir gesehen haben, daß Wulfila einmal das durative inngaggan: Mc. 5,18 jah inngaggandan ina in skip baf) ina, saei was w o d s , . . . „als er daran war, in das Schiff hineinzugehen . . . " und einmal das effektive innatgaggan verwendet: M.
8,23
jah innatgaggandin imma in skip, afariddjedun imma siponjos is „nachdem er ins Schiff hineingegangen und dort angekommen war
Unten werden wir sehen, daß Wulfila auch Komposita von steigern zur Ubersetzung von έμβαίνειν herangezogen hat. Neben diesen vereinzelten Versuchen nimmt aber galeipan, das 6 Mal für έμβαίνειν steht, die beherrschende Stellung ein: L. 5,3 galai]) {»an in ain f)ize skipe L. 8,22 jah is galai£> in skip L. 8,37 ψ is galeijjands in skip Mc. 4,1 swaswe ina galeijiandan in skip Mc. 8,10 jah galaij) sunsaiw in skip Mc. 8,13 galeijjands aftra in skip Während wir in jenen Fällen, in denen Jesus an Bord geht, um abzureisen, eine gewisse Verwandtschaft zu den bisher festgestellten Bedeutungen von galeipan finden können, haben wir da, wo er das Schiff nur betritt, um vom Wasser aus predigend zu einer größeren Menschenmenge sprechen zu können, etwelche Mühe, die Wortwahl Wulfilas zu erklären. Madien wir uns jedoch klar, daß dem Got. eine genaue Entsprechung zum gr. Verb fehlt, und machen wir uns weiter klar, daß andere mögliche Lösungen durch ihre Aktionsart (vgl. o. 2.7. innatgaggan und 2.11. inngaggan) oder der spezifischen Bewegungsart wegen (vgl. u. 6. steigan und Komposita) nur beschränkt verwendbar waren, dann wird uns verständlich, daß gerade das relativ neutrale galeipan mit seiner ingressiven Aktionsart am besten geeignet schien, als galeipan in skip mit der Bedeutung „das Schiff betreten" gr. έμβαίνειν zu übersetzen. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei den gr. Verben άναβαίνειν, καταβαίνειν und κατέρχεσθαι. Auch hier fehlen dem Got., wie wir schon mehrfach festgestellt haben, genaue Entsprechungen mit der Bedeutung „hinaufgehen" bzw. „hinuntergehen". Hier stehen allerdings als Ersatzlösung nicht galeipan, sondern andere got. Verben im Vordergrund. Galeipan kommt nur dann zum Zug, wenn Wulfila den Moment des Aufbruchs betonen will: J. 7,8 jus galeif)if> (άνάβητε) in d u l j ) . . . ik ni nauh galeif>a (αναβαίνω) in £>o dulj)
Die Komposita von -leipan
52 J.
7,10
ij) bi|>e galijjun (άνέβησαν) f»ai brojjrjus is, Jjanuh jah is galaij) (άνέβη) L. 4,31 jah galaif) in Kafarnaum (κατήλθεν) Μ. 11,23 jah |>u Kafarnaum, J>u und himin ushauhida, dalaj) und halja galeij)is (καταβήση) L. 10,30 manna galaijj af Iairusalem in Iaireikon (κατέβαινεν) Vergleichen wir das letzte Beispiel mit einer verwandten Stelle, an der wir im gr. Text dasselbe Verb finden: Mc. 3,22 jah bokarjos £ai af Iairusaulwmai qimandans (καταβάντες) Einmal mehr sehen wir, welcher Spielraum dem got. Übersetzer bleibt, wenn er καταβαίνειν wiedergeben will, und wie er diesen Spielraum auch ausnützt und bald „brachen auf von Jerusalem", bald „kamen an von Jerusalem" schreibt. Hier wie in den beiden folgenden Fällen spielt der Standort des Erzählers bzw. des Ubersetzers die entscheidende Rolle. So betrachtet Wulfila die Bewegung der Diener aus dem Blickwinkel der Leute um Christus: J. 7,44 sumaih Jjan ize wildedun fahan ina; akei ni ainshun uslagida ana ina handuns. galijjun (ήλθον) f>an fjai andbahtos du Jiaim auhumistam gudjam jah Fareisaium; und diejenige Christi mit den Augen der Zurückgebliebenen: Mc. 5,38 jah galaij) in gard J>is swnagogafadis (ερχεται) und übersetzt deshalb an beiden Orten ερχεσθαι mit galeipan. Man kann hier auch auf jene bereits behandelten Fälle verweisen, wo wir für ερχεσθαι im Got. gaggan angetroffen haben. Audi damals mußten wir einige dieser gaggan mit dem vom Ubersetzer gewählten Standort erklären (vgl. ο. 2.1.3.). Erstaunlich ist allerdings, daß an einer anderen Stelle nicht die Gewißheit der Ankunft, sondern nur das Faktum des Aufbruchs betont wird: J. 14,23 andhof Jesus jah qaf> du imma: jabai toas mik frijoj», waurd mein fastaij), jah atta meins frijoJ> ina, jah du imma galeiJ>os . . . Auch διέρχεσθαι, für das als Ubersetzung pairhgaggan (vgl. o. 2.13.) und pairhleipan (vgl. u. 3.5.) zur Verfügung stehen, wird 3 Mal mit galeipan übersetzt. Dabei handelt es sich auch hier zwei Mal um den Aufbrach, die Abreise: L. 8,22 galeijjam hindar Jjana marisaiw (διέλθομεν) k. 1,16 jaJ)-J>airh izwis galeijjan (διελθεΐν) in Makaidonja Auf den umstrittenen dritten Fall von galeipan für διέρχεσθαι wollen wir weiter unten bei der Behandlung von pairhleipan eingehen. Nicht überraschend wird auch άνάγεσθαι mit der Bedeutung „in See stechen", für das dem Got. erwartungsgemäß ein eigenes Verb fehlt, mit galeipan übersetzt:
inngaleißan
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L. 8,22 jah galifjun (άνήχθησαν) Dem aufmerksamen Leser wird nidit entgangen sein, daß dieser Vers aus dem Lukasevangelium nun schon zum dritten Mal im Verlauf dieses Kapitels erwähnt wird. Tatsächlich handelt es sich hier um eine außerordentlich wichtige und interessante Stelle, werden doch drei verschiedene gr. Bewegungsverben unmittelbar hintereinander alle mit galeipan übersetzt:17 L. 8,22 warf) pan in ainamma füze dage, jah is galaif) (ένέβη) in skip jah siponjos is, jah qa{> du im: galeijjam (διέλθωμεν) hindar Jjana marisaiw! jah galijiun (άνήχθησαν). Im 2. Korintherbrief finden wir galeipan für προέρχεσθαι „vorangehen", auch hier im Sinne von „abreisen", „aufbrechen": k. 9,5 naudij>aurft nu man bidjan brojjruns, ei galeijjaina du izwis und im Brief an die Römer stoßen wir auf framis galeipan für προκόπτειν: R. 13,12 nahts framis galaif)
3.3. inngaleij>an 3.3.1. Einleitung Wir haben schon bei der Besprechung von innatgaggan (vgl. o. 2.7.) und inngaggan (vgl. o. 2.11.) etwas überraschend festgestellt, daß keines dieser beiden Verben die übliche got. Ubersetzung für είσέρχεσθαι ist, sondern daß bei Wulfila mehr als die Hälfte aller Fälle durch galeipan inn, galeipan in oder inngaleipan übersetzt werden. Bevor wir uns diesen Belegen zuwenden, wollen wir kurz wiederholen, daß wir oben als Bedeutung von inngaggan „hineingehen" (durativ oder iterativ) und von innatgaggan „hineingehen und drinnen ankommen" (durativ-effektiv) festgestellt haben. Für inngaleipan haben wir damals eher ingressive Aktionsart vermutet, die nun im folgenden an Beispielen nachzuweisen wäre. 3.3.2. inngaleipan für εισέρχεσθαι Etwas überraschend sei, so meinten wir oben, die Tatsache, daß für εισέρχεσθαι meistens galeipan stehe. Das stimmt allerdings nur auf den 17
Friedridisens Erklärung dieses Phänomens ( „ . . . the repetition of galatp, t c c i n L. viii, 22 perfectly well renders the ενεβη διελΰομεν . . . ανηχθησαν of the original, without necessitating any conscious application of a ,wiederholungsgesetz'", Friedrichsen, Gospels, p. 71) überzeugt nidit, weil er hier eine Übersetzung von διέρχεσθαι als durchaus normal hinstellt, die seinem Gesetz der „uniformity of rendering" widerspricht (von 16 διέρχεσθαι werden nur 3 durch galeipan übersetzt).
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Die Komposita von -leifjan
ersten Blick. Überlegen wir uns nämlich, daß galeipan soviel wie „aufbrechen", „sich aufmachen" heißt und bedenken wir nun, daß beim gr. Verb, das sehr häufig in Wendungen wie „er ging ins Haus", „er ging hinein", „er ging nach Jerusalem hinein" etc. vorkommt, je nach Auffassung des Übersetzers gerade dieses Sidi aufmachen, dieser Aufbruch im Vordergrund stehen und das im Präfix enthaltene „hinein" als weniger wichtig erscheinen kann, so wird uns die häufige Entsprechung plötzlich durchaus verständlich. Tatsächlich sind es denn auch Wendungen wie die oben zitierten, in denen fast ausschließlich galeipan steht: J. 19,9 L. 1,40 L. 17,27 Mc. 3,1 L. 4,16 L. 6,4 L. 7,1 Mc. 1,45 Mc. 11,11
jah galai{) in praitauria aftra jah galaijb in gard Zakariins Jjanei dag galaif) Nauel in arka jah galaij) aftra in swnagogen jah galaij) inn . . . in swnagogein hjaiwa inngalai|) in gard gudis galaij) in Kafarnaum ni mahta andaugjo in baurg galeipan jah galaif» in Iairusaulwma
Die Beispiele ließen sich hier beinahe beliebig vermehren. Angesichts des Materials müssen wir sagen, daß galeipan die übliche Ubersetzung des gr. είσέρχεσθαι ist und daß inngaggan und innatgaggan nur unter ganz bestimmten, oben bei der Behandlung dieser beiden Verben näher bezeichneten Bedingungen verwendet werden. In diesem Zusammenhang ist auf ein theologisch interessantes Problem hinzuweisen. Wenn das Ziel der Bewegung das Himmelreich, das Reich Gottes ist, also etwa in Wendungen wie „in den Himmel kommen" (man beachte das Bewegungsverb im Nhd.), so finden wir im Got. weder qiman noch das am ehesten erwartete innatgaggan, sondern gerade da steht ausschließlich unser inngaleipan. Wichtig als Quelle ist hier vor allem die Äußerung Christi, daß eher ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher in den Himmel komme, die wir bei Wulfila im Lukas und im Markus Evangelium überliefert haben (die entsprechende Stelle bei Matthäus [M. 19,24] ist leider verloren): L. 18,24
Mc. 10,23
hjaiwa agluba |>ai faihu habandans inngaleijjand (είσελεύσονται) in fjiudangardja gudis! rafjizo allis ist ulbandau Jjairh Jjairko ne|)los JjairhleiJjan f>au gabigamma in f>iudangardja gudis galeijjan (είσελθεΐν) sai, h)aiwa agluba J>ai faiho gahabandans in |>iudangardja gudis galeijjand (είσελεύσονται)... hjaiwa aglu ist Jjaim hugjandam afar faihau in Jnudangardja gudis galeipan (είσελθεϊν). azitizo ist ulbandau fiairh {jairko
inngalei£>an
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nejjlos galeifjan (διελθεΐν), £>au gabigamma in Jjiudangardja gudis galeifjan (είσελθεΐν) Daneben ist galeipan in diesem Zusammenhang an zwei weiteren Stellen belegt: M. 7,21 ni toazuh saei qij)i{> mis: frauja, frauja! inngalei|>ij) in fjiudangardja himine Mc. 9,47 gof> f),us ist haihamma galeijjan in |)iudangardja gudis Nach allem, was wir bisher über die Bedeutung von galeipan wissen, können wir diese Stellen nur so verstehen, daß Wulfila nicht „in den Himmel kommen" schreibt, sondern „sich auf den Weg machen in den Himmel". Diese zweifellos interpretierende Übersetzung erinnert uns an Beispiele, auf die wir bei der Behandlung von gaggan für ερχεσθαι gestoßen sind (vgl. ο. 2.1.3.): J. 6,35 |>ana gaggandan du mis ni huggreij) Auch damals fanden wir nicht qimatt, sondern ein anderes Verb im Got., und auch damals mußten wir Wulfilas Übersetzung als Interpretation ansehen: nicht der bei Christus ankommende, sondern sdion der sich auf dem Weg befindende wird belohnt. Wir haben damals eine Erklärung für diese Übersetzung in einer anderen Stelle gefunden: J. 6,44 ni manna mag qiman at mis, nibai atta saei sandida mis atf>insif) ina Diese Stelle muß uns audi hier als Erklärung dienen: es steht zwar in der Macht des Menschen, sich auf den richtigen Weg, d. h. auf den Weg ins Himmelreidi zu machen. Über seine Ankunft dort entscheidet aber allein die Gnade Gottes. Und wenn wir vorher gesagt haben, wir fänden als Übersetzung des gr. είσέρχεσθαι in diesem Zusammenhang das got. Verb qiman nicht, so muß diese Aussage jetzt auch korrigiert werden, denn wir finden qiman zwar, aber nur verneint: M. 5,20 ni |>au qimif) in ]?iudangardjai himine Mc. 10,15 saei ni andnimif) Jjiudangardja gudis swe barn, ni |>auh qimif) in izai Das heißt aber, daß Jesus Aussagen madien kann darüber, daß jemand, der bestimmte Dinge tut oder unterläßt, gewiß nicht in den Himmel kommt (ni qimip), aber nicht darüber, ob jemand, der durch eigene Entscheidung sich auf dem rechten Weg befindet, auch tatsächlich ankommt. Diese Einschränkung gilt sogar dann, wenn Jesus selber dabei ist, wie wir aus einer im letzten Kapitel schon zitierten Stelle ersehen können: J. 14,23 andhof Iesus jah qaf) du imma: jabai hias mik frijoj), waurd mein fastaij), jah atta meins frijof) ina, jah du imma galeifjos... Zeigt sich aus der Tatsache, daß Christus über bestimmte Dinge, die der Gnade und der Entscheidungsgewalt seines Vaters vorbehalten sind, keine
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Die Komposita von -leif>an
definitiven Aussagen machen kann, die besondere Stellung, die Christus in der arianisdien Lehre als Sohn Gottes und mit Gott nidit identische Person hatte? Der philologische Befund würde eine solche Interpretation der Sachlage begünstigen, doch muß die endgültige Beantwortung dieser Frage wohl den Theologen überlassen bleiben. 3.3.3. inngalei]Dan für είσπορεύεσθαι Audi wenn inngaleipan für das gr. Verb είσπορεύεσθαι steht, so ändert sich zunächst nichts am bereits bekannten Bild. Daß inngaggan häufiger vorkommt als Übersetzung, dürfte eher ein Zufall und dem Umstand zu verdanken sein, daß είσπορεύεσθαι auch im gr. Text nur selten belegt ist (10 Mal) und daher die statistische Verteilung der es übersetzenden got. Verben kaum signifikant ist. Uns beschäftigen hier drei Belege, von denen die ersten zwei tatsächlich durchaus in den bisher abgesteckten Rahmen passen: Mc. 1,21 jah galif>un in Kafarnaum Mc. 5,40 ij) is uswairpands a l l a i m . . . galaij) inn Jjarei was {>ata barn ligando Dagegen bereitet uns der dritte Beleg etwelches Kopfzerbrechen, weil zwei unmittelbar vorhergehende είσπορεύεσθαι anders übersetzt werden: Mc. 7,15 ni waihts in utajjro mans inngaggando in ina . . . Mc. 7,18 all fjata utafjro inngaggando in mannan ni mag ina gamainjan Mc. 7,19 unte ni galeijnf) imma in hairto Auf inngaggan in diesem Zusammenhang sind wir oben eingegangen (vgl. 2.11.3.), und es schien uns vernünftig. Weshalb nun aber plötzlich beim dritten Mal galeipan, ohne daß sich die Situation erkennbar verändert hätte? Es bieten sich zwei Erklärungen an, die allerdings beide nicht restlos überzeugen. Es ist denkbar, daß Wulfila den Worten Christi mehr Unmittelbarkeit geben wollte („Nichts was hineingeht, kann den Menschen verderben. Denn es macht sich nichts auf in das Herz der Menschen . . . " ) , oder seine Absicht war es, die Wortwiederholung des gr. Textes zu vermeiden. Zur ersten Erklärung ist zu sagen, daß es schwer sein dürfte, zu beweisen, daß die Formulierung mit galeipan tatsächlich unmittelbarer wirkt, und was die zweite Möglichkeit betrifft, so haben wir schon oft feststellen können, daß sich Wulfila an einer Wortwiederholung keineswegs stört, ja, daß wir sie bei ihm sogar abweichend vom gr. Text finden können (vgl. dazu die oben 3.2.4. erwähnte Stelle L. 8,22).18 18
L. 8,22 kann tatsächlich geradezu das von Kauffmann (ZfdPh 48) aufgestellte „Gesetz der Wiederholung" bestätigen. Vgl. dazu audi Anm. 17.
mif>inngaleif>an
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3.4. mif)inngaleij)an Das got. Verb mipinngaleipan ist nur 1 Mal belegt als Übersetzung für συνεισέρχεσθαι: J. 18,15 sah £>an siponeis was kunfis Jjamma gudjin jah mi|)inngalaif) mif» Iesua in rohsn J>is gudjins An einer anderen Stelle wird das gr. Verb mit mipqiman übersetzt (vgl. u. 4.4.).
3.5. hindarleipan Auch hindarleipan ist als Bewegungsverb nur 1 Mal belegt, und zwar als Vertretung eines gr. παρέρχεσθαι: L. 17,7 foas |>an izwara skalk aigands arjandan aijiau haldandan, saei atgaggandin af haijjjai qifjai: suns hindarleij) anuhkumbei? Wir treffen das got. Verb zwar nodi einmal an als Ubersetzung desselben gr. Verbs, aber dort nicht als Bewegungsverb, sondern mit der übertragenen Bedeutung „vergehen": L. 16,17 if) azetizo ist himin jah airfia hindarleipan J>au witodis ainana writ gadriusan Im selben Zusammenhang und mit derselben übertragenen Bedeutung „vergehen" werden wir übrigens später usleipan für παρέρχεσθαι antreffen, das daneben ebenfalls als Bewegungsverb verwendet wird (vgl. u. 3.8.). Was unser hindarleipan betrifft, so ist es aufgrund des einen Belegs schlechthin unmöglich, seine Bedeutung zu erkennen. Selbst eine Ubersetzung des gr. Verbs fällt hier schwer, und es scheint wenig sinnvoll zu sein, dem „hinzukommen" bei Streitberg, dem „hingehen" bei Luther und dem „to come along" in der NEB noch eine weitere mögliche Definition hinzuzufügen.
3.6. f)airhleif>an Got. pairhleipan ist 3 Mal als Ubersetzung von διέρχεσθαι und 1 Mal für παράγειν belegt, während es ebenfalls 1 Mal die gr. Wendung έν παρόδφ wiedergibt. Wir erinnern uns, daß wir für dieselben gr. Verben im Got. auch sdion pairhgaggan angetroffen haben (vgl. o. 2.13.).
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Die Komposita von -leiJ) an
Auch pairhleipan heißt zunächst „durch etwas hindurchgehen" und wird verwendet, wenn das berühmte Kamel durch ein Nadelöhr gehen soll: L. 18,25 raf)izo allis ist ulbandau Jjairh Jjairko nejjlos Jjairhlei|)an (διελθείν) In der Parallelstelle im Markusevangelium finden wir allerdings nicht pairhleipan, sondern galeipan: Mc. 10,25 azetizo ist ulbandau |>airh jjairko nejjlos galeipan (διελθεΐν) Wir haben diese Stelle oben h n der Behandlung von galeipan nur kurz erwähnt (vgl. o. 3.2.4.) und sie umstritten genannt: umstritten deshalb, weil Streitberg in seiner gr. Vorlage hie: δια της τρυμαλιδς της ραφίδος είσελθεΐν schreibt, während wir im gr. Text λ on Nestle wie in L. 18,25 nicht είσελθεΐν, sondern διελθεϊν lesen. Erstaunlid ist, daß weder Streitberg noch Nestle in ihrem Apparat eine andere Lesar* erwähnen. Ich vermute, daß Streitberg hier wegen der in unmittelbarer Nachbarschaft stehenden drei galeipan, die alle είσέρχεσθαι übersetzen, auch füv das vierte galeipan als Vorlage dasselbe gr. Verb annehmen zu müssen g'aubte. Umso berechtigter erschien ihm diese kleine Änderung, als ja διέρχεσά>αι in der Parallelstelle nicht mit galeipan, sondern mit pairhleipan übersetzt wurde. Ich meine trotz allem, daß eine Änderung des gr. Textes hier unriötig ist und daß Wulfila sehr wohl διέρχεσθαι in seiner Vorlage gefunden haben kann, hat er doch auch an anderer Stelle dieses gr. Verb mit galeipan übersetzt. Zudem dürfte kein großer Unterschied bestanden haben zwischen galeipan pairh und pairhleipan pairh. Doch kehren wir zurück zu unserem pairhleipan. Wir finden es weiter, wenn Jesus durch Jericho geht: L. 19,1 inngaleif>ands f>airhlai{j Iaireikon oder wenn er mitten durch die Menge schreitet, die ihn eben von einem Felsen stürzen wollte: L. 4,30 ψ is JjairhleiJjands fjairh midjands ins iddja In ganz ähnlicher Umgebung haben wir auch pairhgaggan angetroffen: K. 16,5 Makidonja auk Jjairhgagga L. 17,11 is Jjairhiddja J)airh midja Samarian Schließlich stoßen wir auch bei pairhleipan auf die bei pairhgaggan schon belegte Bedeutung „durchgehen" im Sinne ^oa „vorbeigehen": M. 9,9 jah f»airhleif)ands Iesus jainJj.O gasah) mannan sitandan at motai So kann Wulfila denn im Brief an die Korinthrr auch ein gr. έν παρόδφ, „im Vorbeigehen", mit pairhleipan übersetzen: K. 16,7 ni wiljau auk izwis nu JjairhleiJ); \nds sailuan Die verhältnismäßig wenigen Belege, die wir für pairhleipan haben, erlauben es uns nicht, das Wort seiner Bedeutung nach von pairhgaggan abzugrenzen. Im Gegenteil scheint die Tatsache, daß wir die beiden Verben
ufarleipan
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in sehr ähnlichen Kontexten finden, darauf hinzuweisen, daß sie einen hohen Grad von Synonymität aufwiesen.
3.7. ufarleipan Auch got. ufarleipan ist nur einmal belegt: M. 9,1 jah atsteigands in skip ufarlaij) jah qam in seinai baurg Es übersetzt διαπερδν und heißt im Got. offenbar wie das gr. Verb „übersetzen", „über den See fahren". Διαπερδν ist ein zweites Mal belegt, wird aber dort nicht mit ufarleipan, sondern mit usleipan übersetzt. Wir werden auf diese Stelle weiter unten zurückkommen (vgl. 3.8.).
3.8. usleipan Das got. Verb usleipan ist 12 Mal belegt, dabei allerdings 3 Mal nicht als Bewegungsverb, sondern im übertragenen Sinn mit der Bedeutung „vergehen" : M. 5,18 und {jatei uslei|>ij> himins jah airf>a, jota ains aif>f>au ains striks ni usleij>ij> af witoda k. 5,17 J)o aljjjona uslijjun; sai, waurjjun niuja alia Wir erinnern uns, daß wir als Obersetzung für παρέρχεσθαι, das wir an den eben zitierten Stellen in der Vorlage finden, auch auf hindarleipan gestoßen sind. Doch sollen uns ja vor allem jene Belege beschäftigen, in denen usleipan als Bewegungsverb verwendet wird. Dabei fällt auf, daß es in Verbindung mit der Uberfahrt über den See drei verschiedene gr. Verben übersetzt: Mc. 4,35 usleijjam jainis stajjis (διέλθωμεν) Mc. 8,13 galeijpands aftra in skip uslaif) hindar marein (απήλΰεν) Mc. 5,21 usleijiandin Iesua in skipa aftra hindar marein (διαπεράσαντος) Nun haben wir allerdings oben als eigentlichen terminus technicus für die Überfahrt über einen See ufarleipan angetroffen, das dort ein absolut stehendes διαπερδν übersetzt hat (vgl. 3.7.). Ich meine, daß in den drei zuletzt zitierten Fällen usleipan genügt, weil stets noch das Ziel der Bewegung expressis verbis angegeben ist, sodaß ufarleipan, das ja allein schon „übersetzen", „über den Seefahren" u. ä. heißt, in der Verbindung ufarleipan hindar marein zu einem unnötigen Pleonasmus führen müßte.
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Die Komposita von -leifian
Aber auch in usleipan muß etwas stecken, das es besonders geeignet macht, die Bewegung „mit dem Schiff über den See" auszudrücken, sonst würde es kaum in diesem Zusammenhang als Übersetzung für 3 verschiedene gr. Verben gewählt. Aber sehen wir uns zunächst zwei andere Stellen an, an denen usleipan für μεταβαίνειν steht: M. 8,34 alla sa baurgs usiddja wijjra Iesu, jah gasaifoandans ina bedun ei uslijji hindar markos ize J . 7,3 qejiun du imma brojjrjus is: usleij» JjaJjro jah gagg in Iudaian Beide Male wird hier Christus aufgefordert, ein bestimmtes Gebiet zu verlassen, wegzugehen, sich an einen anderen Ort zu begeben. Wenn wir nun zurückkehren zu unseren ersten Beispielen, so sehen wir, daß das Verb auch dort eine ähnliche Bedeutung haben muß: „weggehen" einerseits, aber nicht bloß afleipan oder afgaggan, sondern weggehen, um an einen andern Ort zu gelangen, „anderswohin gehen" u. ä. Wenden wir uns nun drei Stellen zu, die einmal mehr zeigen, wie sorgfältig und mit welchem Textverständnis sich der Gote bemüht hat, eine dem ursprünglichen Sinn möglichst angemessene Ubersetzung zu finden. Betrachten wir zunächst eine Stelle, wo Jesus mit Steinen beworfen und bedroht wird: J . 8,59 ij) Iesus J)an gafalh sik jah usiddja us alh usleijjands Jjairh midjans ins Im gr. Text steht διέρχεσθαι, das in 10 von 16 Fällen mit pairhgaggan oder pairhleipan übersetzt wird. Auch hier wäre nichts gegen eine soldie Ubersetzung einzuwenden. Aber Wulfila vermeidet, vielleicht aus Gründen des sprachlichen Wohlklangs, das pairh-Kompositum, da er ja schon eine diesem Präfix entsprechende Präposition hat, übersetzt mit „ging mitten durch sie weg an einen andern Ort" und erhält dabei die stabende Wortfolge „usiddja us alh usleipands".19 Die nächste Stelle steht im 2. Korintherbrief: k. 5,6-9 gatrauandans nu sinteino jah witandans Jjatei wisandans in J>amma leika afhaimjai sijum (έκδημοΰμεν) fram fraujin; unte Jjairh galaubein gaggam, ni Jjairh siun. a£>£>an gatrauam jah waljam mais usleipan (έκδημήσαι) us Jjamma leika jah anahaimjaim wisan at fraujin. inuJ)-J)is usdaudjam, jaJ)J>e anahaimjai jafijje afhaimjai (έκδημοϋντες), waila galeikan imma. Dreimal kommt in diesem Text έκδημεΐν vor, zwei Mal als Zustandsverb mit der Bedeutung „zu Hause sein" und einmal als Bewegungsverb „weg19
J. 8,59 könnte als Beleg für einen Einfluß altgermanischer Dichtungsformen herangezogen werden.
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usleij>an
gehen". Wulfila erkennt das und übersetzt völlig richtig: „Deshalb vertrauen wir und halten es für besser, den Leib zu verlassen und bei Gott zu Hause zu sein", während er an den beiden anderen Stellen das Adjektiv afhaims + wisan als angemessene Übersetzung des Zustandsverbs wählt. 2 0 Bemerkenswert ist schließlich das dritte Beispiel, weil es einmal mehr belegt, daß Wulfila nicht stur ein bestimmtes gr. Verb durch ein bestimmtes got. ersetzt, sondern daß er je nach Kontext variiert: K . 16,5
a|)f)an qima at izwis £ a n Makidonja usleij>a (οταν διέλθω); Makidonja auk Jjairhgagga (διέρχομαι) Im Gr. finden wir hier beide Male διέρχεσθαι, das erste Mal im Aorist, der hier die abgeschlossene Handlung bezeichnet („wenn ich durchzogen habe"), das zweite Mal als Präsens mit durativer Bedeutung („denn ich durchziehe Makedonien"). Dieser Unterschied zwischen perfektiver und durativer Aktionsart, den der Gote wohl erkannt hat, läßt sich im Got. aber nicht durch ein einziges Verb in jeweils einem anderen Tempus, sondern nur durch zwei verschiedene Verben ausdrücken. Deshalb zieht Wulfila für „wenn ich durchzogen habe" das sinngemäß richtige „wenn ich verlassen habe" der wörtlichen, aber den Verlust der zeitlichen Abfolge einschließenden Ubersetzung vor. Als letzte wäre noch die Stelle M. 8,28 zu betrachten, die zunächst einige Schwierigkeiten bietet: M.
8,28
qimandin imma hindar marein . . . gamotidedun imma twai daimonarjos us hlaiwasnom rinnandans, filu,
swaswe
ni
mahta
manna
usleijian
sleidjai
(παρελθεΐν)
frairh J>ana wig jainana In der Lutherbibel finden wir die wohl richtige Übersetzung:
„Also
das niemand dieselbigen strasse wandeln kund." Das got. usleipan
kann
man damit erklären, daß Wulfila der Ansicht war, die Ereignisse spielten sich an der Ausfallstraße einer benachbarten Ortschaft ab. D a ß sich das ganze tatsächlich in der Nähe eines Ortes ereignet hat, bestätigt sich wenige Verse später: M.
8,34
alla sa baurgs usiddja wi])ra Iesu
An einer solchen Ausfallstraße dürften sich ja auch die Gräber befunden haben, sodaß Wulfilas Ansicht audi von dieser Seite gestützt würde. S o wäre denn seine Ubersetzung „niemand konnte durch diesen Weg hinausziehen" nicht unbedingt die philologisch, wohl aber die sinngemäß richtige.
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Vgl. dagegen die (falsdie) Übersetzung bei Luther: „Wir sind aber getrost und haben viel mehr lust außer dem Leibe zu -wallen . . . " Richtig dagegen audi NEB: „We are confident, I repeat, and would rather leave our home in the body..
4. Qiman und Komposita 4.1.
qiman
4.1.1. Einleitung Das got. Verb qiman ist 268 Mal belegt und ist die häufigste Ubersetzung des gr. ερχεσθαι, das es 239 Mal vertritt bei total 287 Belegen. In 6 Fällen treffen wir es für ηκειν an, und ebenfalls je 6 Mal steht es für γίγνεσθαι und παραγίγνεσθαι. Daneben übersetzt es vereinzelte andere gr. Verben, die im Got. üblicherweise anders wiedergegeben werden, nämlich 4 Mal είσέρχεσθαι, 2 Mal καταβαίνειν, 2 Mal παρεΐναι, je 1 Mal συνέρχεσθαι und έξέρχεσθαι und als nefva qiman 1 Mal προσεγγίζειν. Als besonderes Kuriosum sei erwähnt, daß wir an einer Stelle im got. Text qiman finden, wo in der gr. Vorlage überhaupt kein Verb steht. Wir hatten im Laufe des bisher Behandelten schon mehrfach Gelegenheit, auf die Bedeutung von qiman einzugehen, und wir haben dabei festgehalten, daß es ausschließlich den Moment der Ankunft betone, also etwa einem nhd. „ankommen" entspreche. Was aber oben kaum mehr als Behauptung war, soll nun im einzelnen nachgewiesen werden. Dabei wollen wir von der häufigsten Entsprechung qiman für ερχεσθαι ausgehen und uns zuletzt jener Fälle annehmen, in denen qiman ein im Got. üblicherweise anders übersetztes Verb wiederholt. Sie werden zusammen mit den oben zum Teil ausführlich behandelten Stellen, an denen für ερχεσθαι nicht qiman, sondern ein anderes got. Verb steht, vor allem dazu beitragen, die Bedeutung von qiman zweifelsfrei festzulegen. 4.1.2. qiman für ερχεσ·θαι Wir haben oben bei der Behandlung der Fälle gaggan für ερχεσθαι (vgl. 2.1.3.) den Schlüssel zur Bedeutung von qiman bereits erwähnt: die bei qiman stehenden Präpositionen und die Kasus, die diese regieren. Vergleichen wir in diesem Zusammenhang noch einmal verschiedene got. Bewegungsverben, wobei das Ziel der Bewegung jedesmal ein Haus sein soll: L. 8,41 bad ina gaggan in gard seinana (είσελθεΐν εις τον οίκον)
qiman L.
63
7,44
atgaggandin in gard peinana (είσήλθόν σου εϊσ τήν οίκίαν) L. 1,40 jah galai|> in gard Zakariins (είσήλθεν είς τον οίκον) L. 15,6 jah qimands in garda (έλθών εισ τον οίκον) In den ersten drei Fällen entspricht dem gr. είς mit Akkusativ auch im Got. in mit dem folgenden Akkusativ gard, nach qiman aber finden wir für dasselbe gr. είς τον οίκον nun in mit Dativ, also nicht „ins Haus kommen", sondern „im Haus ankommen". Eine ähnliche Beobachtung machten wir, wenn eine Person Ziel der Bewegung ist: J. 11,15 gaggam du imma (αγομεν προς αύτόν) J. 18,29 atiddja ut Peilatus du im (έξήλθεν . . . προς αυτούς) Mc. 14,10 galaif) du J>aim gudjam (άπήλθεν προς τους αρχιερείς) Mc. 1,40 jah qam at imma (ερχεται προς αύτόν) Hier ändert sich nun aber nicht der Kasus, sondern wir finden nach qiman eine andere Präposition: an die Stelle des dem gr. πρός entsprechenden du tritt at, wir finden also nicht mehr das eine Richtung bezeichnende „zu", sondern das einen Standort angebende „bei", statt „zu ihm kommen" sagt der Gote „bei ihm ankommen". Dieselbe Erscheinung läßt sich auch bei anderen Präpositionen nachweisen: L. 19,5 bif>e qam ana f>amma Stada M. 8,28 qimandin imma hindar marein in gauja Gairgaisaine doch finden wir nun hier verschiedene Ausnahmen, bei denen nicht das übliche Ruheverhältnis, sondern eben doch ein Richtungsverhältnis herrscht: J. 18,4 alia f)oei qemun ana ina Mc. 8,10 qam ana fera Magdalan G. 1,21 fja^ro qam ana fera Saurais L. 3,3 qam and allans gaujans Iaurdanaus merjands L. 4,42 qemun und ina L. 18,5 ibai und andi qimandei Lassen wir die Fälle mit den Präpositionen and und und, die im Got. nur mit dem Akkusativ verbunden vorkommen, weg, weil hier eine andere Lösung offenbar gar nicht möglich war, und fügen wir stattdessen noch die zwei Belege für qiman in mit Akkusativ hinzu: J. 6,14 qejjun Jjatei sa ist bi sunjai praufetus sa qimanda in J)o manasejj
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Qiman und Komposita
J. 11,27
ik galaubida J>atei |>u is X r i s t u s . . . sa in J>ana fairtou qimanda so bleiben uns fünf echte Ausnahmen. Das ist eine sehr geringe Zahl. Die Tatsache bleibt bestehen und wiegt sdiwer, daß wir bei total 70 Fällen von qiman + Präposition 65 Mal ein Ruheverhältnis haben, daß also für ερχεσθαι πρός regelmäßig qiman at — es sei denn, ερχεσθαι werde nicht mit qiman übersetzt - und niemals qiman du und für ερχεσθαι εις + Akkusativ bis auf die zwei oben erwähnten Beispiele qiman in + Dativ steht. Die Ausnahmen können also die aufgestellte Regel nur bestätigen, nicht etwa in Frage stellen. Dennoch wollen wir versuchen, die unregelmäßigen Akkusative zu erklären. Wenden wir uns zunächst den Fällen mit ana zu. Wenn es von Jesus heißt, er habe wohl gewußt, was auf ihn zukomme: J. 18,4 alia |)oei qemun ana ina so mag ana hier mit dem Akkusativ verbunden sein, um auszudrücken, daß alle diese kommenden Ereignisse nodi nidit eingetreten sind. Nun wird man mit Recht einwenden, daß dann eben im Got. gerade nicht qiman, sondern etwa atgaggan stehen müßte (vgl. o. 2.5.). Qiman betont aber nicht nur den Moment der Ankunft, sondern auch - und gerade das ist hier von Bedeutung - die Gewißheit, sodaß die Stelle zu verstehen wäre als: „Er wußte, was auf ihn zukam und gewiß bei ihm ankommen würde." In den beiden anderen Fällen dürfte es von Bedeutung sein, daß der Ort der Ankunft nicht genau bezeichnet ist: Mc. 8,10 qam ana fera Magdalan G. 1,21 J)a{>ro qam ana fera Saurais es also nicht wie an einer anderen Stelle heißt: L. 19,5 bijje qam ana |>amma Stada Was die Akkusative bei qiman in betrifft, so dürfen wir annehmen, daß in diesen beiden Fällen: J. 6,14 qef>un Jiatei sa ist bi sunjai praufetus sa qimanda in J>o manasej) J. 11,27 ik galaubida Jjata £>u is X r i s t u s . . . sa in Jjana fairhju qimanda das Partizip Präsens als einzige Form von qiman eine durative Komponente enthält. Die Handlung liegt ja in der Zukunft und ist nodi nicht abgeschlossen, die Bewegung wird also bis zu einem gewissen Grad mit einbezogen. Trotzdem will Wulfila nicht auf qiman verzichten, weil er durch dieses Verb die Gewißheit der Ankunft, die hier keine geringe Rolle spielt, deutlich hervorheben will. Bei abgeschlossener Handlung finden wir auch in diesem Zusammenhang den Dativ: J. 9,39 ik in Jjamma fairfoau qam J. 12,46 ik liuhad in Jjamma fairfoau qam
qiman
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Die Vermutung, daß die Form des Partizip Präsens selbst einem Verb wie qiman eine durative Bedeutungskomponente geben kann, scheint sich auch an einem anderen Beispiel zu bestätigen: J. 10,12 gasaihnj) wulf qimandan Eigentlich würde man auch hier, wenn vom Hirten die Rede ist, der den sich nähernden Wolf bemerkt, eher atgaggan erwarten, das Verlauf und Abschluß der Handlung betont. Man wird im übrigen natürlich immer wieder auf Stellen stoßen, wo einem die Wortwahl Wulfilas vom übersetzungstechnischen Standpunkt aus im Gesamtrahmen nicht ohne weiteres einleuchtet und an denen man vielleicht anders entschieden hätte. Audi wenn Martha dem eintreffenden Jesus entgegengeht: J. 11,20 sunsei hausida f>atei Iesus qimi£>, wi|>raiddja ina kann man sich auf den Standpunkt stellen, atgaggan hätte besser in den Kontext gepaßt, da Jesus ja offenbar noch unterwegs sei. Man kann aber auch das qiman nicht auf den genauen Standort der Martha, sondern zum Beispiel auf das Dorf beziehen und dann Wulfilas „als Martha hörte, daß er ankomme, ging sie ihm entgegen" für durchaus zutreffend halten. Entscheidend für uns ist, daß qiman fast ausschließlich den Moment der Ankunft betont und nur in wenigen Fällen vielleicht eher die Gewißheit der Ankunft im Vordergrund steht, so ausschließlich, daß man sich manchmal, wie wir unten sehen werden, fragen muß, ob es sich bei qiman überhaupt noch um ein Bewegungsverb handelt. Als nhd. Entsprechung wäre auf alle Fälle nicht „kommen", sondern „ankommen" anzusetzen. 4.1.3. qiman für ήκειν Das gr. ήκειν wird im Got. bis auf eine Ausnahme (vgl. u. 5.9.) stets mit qiman übersetzt. Wir haben oben gesagt, daß man sich manchmal fragen müsse, ob qiman überhaupt noch ein Bewegungsverb sei, da es so ausschließlich den Moment der Ankunft betone. Das gilt natürlich in besonderem Maße für das Präteritum „angekommen sein", das oft geradezu gleichbedeutend sein kann mit „da sein". In diesem Punkt trifft sich qiman mit ήκειν, das ja auch, wenn das Subjekt ein Mensch ist, nicht das Kommen an sich, sondern den nach der Ankunft erreichten Zustand bezeichnet, also „ich (bin gekommen und) bin da". Das wird besonders deutlich, wenn von der Rückkehr des verlorenen Sohns die Rede ist: L. 15,27 brojjar Jjeins qam („dein Bruder ist da") aber auch, wenn Christus von seiner Herkunft spricht: J. 8,42 ik fr am guda urrann jah qam („ich bin von Gott ausgegangen und bin nun da")
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Qiman und Komposita
Ein drittes Mal stoßen wir auf qiman für ήκειν im Sinne von „da sein" bei der Speisung der Viertausend: Mc. 8,3 sumai raihtis ize fairraJ>ro qemun („manche sind als von weither gekommene da") In den übrigen Fällen steht ήκειν im Futur, einmal noch mit menschlichem Subjekt, wenn Jesus vom Himmelreich spricht: M. 8,11 managai fram urrunsa jah saggqa qimand Man wird bemerkt haben, daß das gr. „viele werden da sein" durch das got. Präsens mit der Bedeutung „viele kommen an" nicht genau wiedergegeben wird. Ein weiteres Mal finden wir das gr. Verb, wenn Jesus betont, was sein Vater gebe, komme alles ihm zu: J. 6,37 all f>atei gaf mis atta, du mis qimi|) und schließlich, wenn von kommenden Zeiten die Rede ist: L. 19,43 {jatei qimand dagos (vgl. a. L. 5,35 17,22. Aber M. 9,15 Mc. 2,20: atgaggand dagos) In den drei zuletzt erwähnten Fällen ist qiman das passende Wort, weil es wieder die Gewißheit der Ankunft betont. 4.1.4. qiman für γίγνεσθαι und παραγίγνεσθαι Daß auch γίγνεσθαι bzw. παραγίγνεσθαι, im Got. üblicherweise mit wairpan übersetzt, an mandien Stellen durch qiman vertreten sind, erstaunt uns nach dem bisher ausgeführten nicht mehr. Vom „geworden sein" zum „da sein" ist ein ebenso kleiner Schritt wie vom „angekommen sein" zum „da sein", und παραγίγνεσθαι, „dazu werden", hat schon im Gr. die Nebenbedeutung „sich nähern", „ankommen". Wir können uns im folgenden darauf beschränken, zwei besonders typische Belege anzuführen. Ein sehr schönes Beispiel finden wir im Markusevangelium. Für έν τη οίκίςι γενόμενος lesen wir in der Lutherbibel „da er daheim war", in der NEB „when he was indoors", bei Wulfila aber: Mc. 9,33 jah in garda qumans Einmal mehr wird deutlich, wie das Partizip Perfekt von qiman, „im Hause angekommen", den nun erreichten Zustand ausdrückt: „Als er im Hause war." Aber audi im Präsens liegt die Betonung nicht auf dem Kommen, auf der Bewegung also, sondern auf der Ankunft, dem Ende der Bewegung: t. 1,17 ak qimands in Rumai (γενόμενος) In der Lutherbibel lesen wir „da er zu Rom war", Wulfila übersetzt das gr. „einer in Rom geworden" mit „in Rom ankommend", „bei seiner Ankunft in Rom".
qiman
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4.1.5. qiman für andere gr. Verben Wir wollen unsere bisherige Feststellung, daß qiman ausschließlich den Moment der Ankunft und nicht den Verlauf der Bewegung betont (außer vielleicht in der Form des Partizip Präsens), sodaß es im Präteritum manchmal gar nicht mehr Bewegungsverb, sondern Zustandsverb ist, nun durch einige Beispiele erhärten, in denen qiman als Ausnahme gr. Verben übersetzt, die normalerweise durch andere got. Verben vertreten sind. Dabei werden wir auch erneut auf einen schon mehrfach erwähnten Teilaspekt der Bedeutung von qiman stoßen, daß dieses Verb nämlich durch das Gewicht, das es auf den AbschLuß der Bewegung legt, besonders geeignet ist, in jenen Fällen gr. Bewegungsverben zu übersetzen, in denen die Gewißheit der Ankunft eine Rolle spielt. Das ist da der Fall - wir haben die Stellen im Zusammenhang mit inngaleipan bereits einmal erwähnt (vgl. o. 3.3.2.) - wo είσέρχεσθαι mit qiman übersetzt wird, um auszudrücken, daß manche Leute ganz gewiß nicht ins Himmelreich kommen werden: M. 5,20 ni f>au qimif) in fnudangardjai himine L. 18,17 ni qimij) in izai Mc. 10,15 ni £>auh qimif) in izai Auch als die drei jünger, die Jesus zu einem einsamen Gebet auf einen Berg begleiten, plötzlich von einer Wolke überschattet werden, übersetzt Wulfila είσέρχεσθαι mit qiman: L. 9,34 faurhtidedun I>an in f>ammei jainai qemun in Jjamma milhmin Es soll wohl damit das zeitliche Moment, das im gr. έν τφ είσελθεΐν εκείνους („im Moment, als sie in die Wolke kamen") enthalten ist, durch die Ubersetzung „als sie in der Wolke ankamen" ausgedrückt werden. Auch eine der Stellen von qiman für καταβαίνειν haben wir oben schon erwähnt (vgl. 3.2.4.): Mc. 3,22 bokarjos ]>ai af Iairusaulwmai qimandans Wir haben damals den vom Ubersetzer gewählten Standort für die Wortwahl verantwortlich gemacht. Aber auch wenn Christus von sich sagt, er sei das vom Himmel herabgekommene, lebendige Brot, legt Wulfila das Gewicht nicht auf das „herab", sondern auf die tatsächliche Ankunft, auf das nun „Da sein", und übersetzt mit qiman: J. 6,51 ik im hlaifs sa libanda, sa us himina qumana Falls es noch eines Beweises bedürfte, daß qiman tatsächlich „ankommen" heißt und sein Präteritum in manchen Fällen gleichbedeutend ist mit „da sein", so finden wir ihn in jenen beiden Stellen, wo qiman für παρεΐναι steht. Wenn Paulus den Galatern schreibt: „Ich möchte jetzt bei euch sein" (ήθελον δέ παρεΐναι προς ΰμας), so übersetzt Wulfila: „Ich möchte jetzt bei euch ankommen":
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Qiman und Komposita
G. 4,20 ajjJjan wilda qiman at izwis Und wenn Martha der Maria sagt: „Der Meister ist da" (ό διδάσκαλος παρέστιν), so finden wir dafür im got. Text: J. 11,28 laisareis qam Auch die Übersetzung eines gr. έξέρχεσθαι: Mc. 1,38 gaggam du Jjaim bisunjane haimom jah baurgim, ei jah jainar merjau, unte dujje qam wird wohl im Got. verstanden als „denn dazu bin ich da". Hingewiesen sei schließlich noch auf die Übersetzung eines gr. προσεγγίζειν: Mc. 2,4 ni magandans nehm qiman imma Auch hier ist die Tatsache betont, daß das Ziel der Bewegung nicht erreicht werden konnte, daher ein negiertes qiman. Damit wären die Belege für qiman erschöpft bis auf jenen Fall, auf den wir schon in der Einleitung hingewiesen haben. Einmal finden wir das got. Verb nämlidi an einer Stelle, wo in der gr. Vorlage überhaupt kein Verb steht. Es heißt da von Petrus, er sei Jesus nach dessen Verhaftung von ferne bis in den Palast des Hohepriesters hinein gefolgt: και ό Πέτρος άπό μακρόθεν ήκολούθησεν αύτφ, έως εσω εις την αΰλήν τοΰ άρχιερέως. Dafür finden wir im got. Text: Mc. 14,54 jah Paitrus fairraJ>ro laistida afar imma, unte qam in garda Jus auhumistins gudjins Es fehlt also das gr. έσω „hinein" völlig, dafür steht bei Wulfila dem Sinn nach „bis er im Haus des Hohepriesters angekommen war". In diesem Zusammenhang wäre auch noch auf drei andere Fälle hinzuweisen, in denen ερχεσθαι weder durch qiman noch durch ein anderes Verb ins Got. übersetzt wird. Im einen Beispiel finden wir für einen gr. Imperativ „komm" im Got. die sonst zur Übersetzung von δεϋρο verwendete Form hiri: J. 11,34 qe|)un du imma: frauja, hiri (ερχου) jah saifu An zwei Stellen schließlich finden wir für ερχεσθαι das sonst μέλλων übersetzende Adjektiv anawairps: J. 16,13 Jjata anawairjjo gateihijj izwis Mc. 10,30 in aiwa Jjamma anawairfiin libain aiweinon
4.2. gaqiman 4.2.1. Einleitung Gaqiman, neben dem wir im Got. mit ähnlicher Bedeutung nodi gagaggan (vgl. o. 2.10.) und garinnan (vgl. u. 5.5.) antreffen, übersetzt 5 Mal
gaqiman
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συνάγεσθαι, 4 Mal συνέρχεσθαι und je 1 Mal συμπορεύεσθαι und bloßes ερχεσθαι. Während wir es in allen diesen Fällen mit der Bedeutung „zusammenkommen" im weitesten Sinn zu tun haben, das Präfix ga- also mit seiner ursprünglichen Bedeutung verwendet wird, müssen wir uns mit zwei anderen Stellen, wo gaqiman für καταντεΐν und das unpersönliche ανήκει steht, gesondert befassen. 4.2.2. gaqiman f ü r συνάγεσθαι, συνέρχεσθαι u. ä. Auch bei der Behandlung von gaqiman können wir an bereits Bekanntes anknüpfen, haben wir doch oben, als wir uns mit gagaggan befaßten, auf dieses Verb hingewiesen und die beiden Wörter miteinander verglichen. Wir glaubten damals, aufgrund einer Stelle im Lukasevangelium: L. 8,4 gaqumanaim J>an hiumam managaim jah {>aim |>aiei us baurgim gaiddjedun du imma, qa|) |jairh gajukon . . . feststellen zu können, daß gagaggan mehr die Bewegung der zusammenlaufenden Menge betont, während gaqiman das Gewicht vor allem auf das Ergebnis dieses Zusammenlaufens, die entstandene Versammlung, lege. Audi jetzt wird es sich darum handeln, das damals angenommene durch weitere Belege zur Gewißheit werden zu lassen. Wir finden gaqiman immer dann, wenn sidi eine Gruppe von Leuten oder eine Menschenmenge zu einem bestimmten Zweck versammelt, sei es, daß die Hohenpriester und Pharisäer zu Pilatus gehen und von ihm die Verwahrung der Leiche Christi verlangen, weil sie glauben, auf diese Weise die Auferstehung verhindern zu können: M. 27,62 gaqemun (συνήχθησαν) auhumistans gudjans jah Fareisaieis du Peilatau sei es, daß man sich um Christus versammelt, um ihn predigen zu hören: Mc. 2,2 jah suns gaqemun managai (συνήχθησαν) Mc. 5,21 gaqemun sik manageins filu du imma (συνήχθη) Mc. 7,1 gaqemun sik du imma Farisaieis (συνάγονται) Mc. 10,1 gaqemun sik aftra manageins du imma (συμπορεύονται) L. 5,17 jah wesun sitandans Farisaieis . . . j>aiei wesun gaqumanai us allama haimo (συνεληλυθότες) sei es, daß man Martha und Maria über den Tod Jesu hinwegtrösten will: J. 11,19 managai Iudaie gaqemun bi M a r f a n jah Marjan (έληλύθεισαν) oder daß sich eine christliche Gemeinde zu einer Versammlung trifft: K. 14,23 jabai gaqimij) alla aiklesjo (συνέλθη) Die Tatsache, daß auf gaqiman nicht die Präposition at folgt, die wir bei qiman regelmäßig angetroffen haben, sondern eigentlich eher überraschend gaqiman du steht, könnte zum falschen Sdiluß verleiten, daß
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dieses Verb in erster Linie die Bewegung in einer bestimmten Richtung zum Ausdruck bringen wolle. Mit du wird aber nidit der Ort der Versammlung, sondern ihr Mittelpunkt, die Person, um die man sich versammelt, eingeführt. Ist der Ort gemeint, so fragen wir wie im Nhd. audi im Got. „wo" (relativer Anschluß mit parei) und nicht wie beim lat. convenire „wohin" (relativer Ansdiluß padei): J. 18,20 ik sinteino laisida in gaqum]jai jah in gudhusa, Jjarei sinteino Iudaieis gaqiman („wo sich die Juden täglich versammeln") L. 10,1 in all baurge jah Stade, J)adei munaida is gaggan („wohin er gehen wollte") Ein letztes Beispiel macht noch einmal deutlich, daß gaqiman und gaqiman sik, zwischen denen kein Unterschied feststellbar ist, tatsächlich „sich versammeln" heißt, also nicht wie gagaggan die konzentrische Bewegung, sondern das Ergebnis dieser Bewegung ausdrückt: M. 27,17 gaqumanaim {>an im, qa|> im Peilatus . . . 4.2.3. gaqiman für andere gr. Verben In zwei Fällen allerdings stoßen wir mit der eben erarbeiteten Bedeutung von gaqiman auf Schwierigkeiten. Die eine Stelle im Brief an die Kolosser wollen wir zur Kenntnis nehmen, ohne näher darauf einzugehen, da unser Verb hier in einem übertragenen Sinn als Übersetzung eines gr. ανήκει mit der Bedeutung „es ziemt sich" verwendet wird: C.
3,18
jus qinons, ufhausjaij) wairam izwaraim, swe gaqimif) in fraujin Einige Rätsel gibt uns dagegen ein Vers aus dem Brief des Paulus an die Philipper auf. Der Apostel berichtet, er habe seinen jüdischen Glauben gerne abgelegt, damit er die Gerechtigkeit Gottes erkenne, damit er in der Nachfolge Christi dessen Tod ähnlich werde und „damit ich entgegen kome zur aufferstehung der Todten" (Lutherbibel). Etwas ausführlicher wird die Stelle in der NEB übersetzt, wo wir lesen: „If only I may finally arrive at the resurrection from the dead." Bei Wulfila finden wir an dieser Stelle: Ph. 3,11 ei hsaiwa gaqimau in usstassai us daujjaim (καταντήσω) Sowohl Schulze als auch Streitberg führen in ihren Wörterbüchern unter Zitierung dieser Stelle eine dritte Bedeutung für gaqiman an: „hinkommen", „zu etwas gelangen". Damit nehmen offenbar beide an, das got. Präfix habe hier nicht die Bedeutung „zusammen", sondern sei zum Kennzeichen der Aktionsart mit dem Wert „Handlung abgeschlossen", „Bewegung zu Ende geführt", geworden. Nun ist diese Erscheinung zwar für gagaggan
fauraqiman
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belegt (vgl. ο. 2.10.3.), und audi bei garinnan werden wir darauf stoßen (vgl. u. 5.5.), doch gilt es zu beachten, daß diese beiden Verben auch eine durative Komponente enthalten und daher sehr wohl durch ein ga- Präfix eine in Bezug auf den Verlauf der Handlung veränderte Bedeutung annehmen können. Für qiman aber haben wir schon beim Simplex unzweifelhaft die Bedeutung „ankommen" festgestellt, sodaß nicht einzusehen ist, was ga-, falls es nicht „zusammen" bedeutet, hier soll. Tatsächlich wäre für unser Gefühl die obige Stelle mit ei faaiwa qiman in usstassau us daupaim durchaus angemessen übersetzt. Bleibt die Möglichkeit, daß gaqtman auch hier „sich versammeln" heißt. Die Lösung ist vom Kontext her nicht unvernünftig, kann doch die Auferstehung der Toten als eine Art Versammlung, zu der man gerufen wird, verstanden werden. Allerdings bleibt auch dann noch eine Schwierigkeit, bestehen doch sowohl von den bisher behandelten got. Belegen als auch vom deutschen Sprachgefühl her Hemmungen, „sich versammeln" für vereinbar zu halten mit einem Subjekt im Singular. Wir müßten also gaqimart neu definieren als „sidi versammeln" (Sbj PI) und „sich zur Versammlung einfinden" (Sbj Sg). Diese Lösung scheint mir zur Erklärung der Stelle im Philipperbrief die beste zu sein. Zwar ist nicht zum vornherein auszuschließen, daß im Got. ein Verb gaqiman mit der Bedeutung „hinkommen" existieren kann. Wir haben ja oben selber darauf hingewiesen, daß ga- mit der Bedeutung zusammen möglicherweise schon in Wulfilas Got. ein Archaismus gewesen sei, und diejenigen gd-Präfixe, die bloße Indikatoren der Aktionsart sind, finden wir in der got. Bibel in unvergleichlich größerer Zahl. Ein solches gaqiman „hinkommen" könnte aber innerhalb des Systems der got. Bewegungsverben nur Platz finden neben einem qiman mit veränderter, etwa der des nhd. „kommen" angepaßter Bedeutung. Wenn auch dieser Bedeutungswechsel für eine spätere Stufe des Got. nicht ausgeschlossen werden kann, ja, sogar wahrscheinlich ist, scheint es mir doch sicherer zu sein, auch hier mit der Bedeutung „sich versammeln" zu operieren, solange ein solches neues qiman nicht belegt ist und nicht andere Anzeichen dafür bestehen, daß gaqiman im Brief an die Philipper tatsächlich eine spätere, beim Abschreiben in den Text gelangte Form ist.
4.3. fauraqiman Fauraqiman ist nur einmal belegt im Got., und zwar als Übersetzung für gr. προέρχεσθαι, das an anderer Stelle durch galeipan vertreten ist (vgl. o. 3.2.4.). Verwendet wird es vom Engel des Herrn, der Zacharias weissagt, daß sein Sohn Johannes vor dem Herrn hergehen werde, um das Volk auf seine Ankunft vorzubereiten:
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72 L.
1,17
jah silba fauraqimid in andwairjjja is in ahmin jah mahtai Haileiins Man beadite, daß auch hier die Wortwahl vom Standort des Ubersetzers abhängt, heißt doch fauraqiman nicht „vorangehen", sondern „vorher ankommen", „als Vorläufer ankommen", weil ja Johannes noch nicht da ist. Nur wenig später finden wir die Bewegung vom Erzähler weg, wenn Zacharias selber die Prophezeiung an seinen Sohn weitergibt: L. 1,76 fauragaggis auk faura andwairpja fraujins (προπορεύση)
4.4. mipqiman Audi mipqiman ist nur einmal belegt. Es übersetzt συνεισέρχεσθαι: J. 6,22 managei... sehwn . . . J>atei mi{)-ni-qam siponjam seinaim Iesus in £>ata skip Wulfilas Wortwahl ist nur schwer verständlich. Wäre der Sinn der Stelle „daß er nicht mit seinen Jüngern im Schiff gekommen war", so könnten wir uns dieses mipqiman erklären. Hier geht es aber darum, daß Jesus nicht mit den Jüngern ins Schiff gestiegen ist, sondern den See auf dem Wasser gehend überquert hat. Daß an anderer Stelle für dasselbe gr. Verb belegte mipinngaleipan (vgl. o. 2.4.) wäre wohl auch hier die angemessenere Ubersetzung. Denn sowohl gerade dieser einzige Beleg dagegen spricht, ist es undenkbar, daß mipqiman etwas anderes heißt als „ankommen zusammen mit". In diesem Sinne finden wir denn auch einmal qiman mip für gr. συνέρχεσθαι verwendet: J. 11,33 Iesus, sunsei gasah) ija greitandein jah Iudaiuns J>aiei qemun mif) izai gretandans, inrauhtida . . .
5. Rinnan und Komposita 5.1. rinnan 5.1.1. Einleitung Das got. rinnan ist als Bewegungsverb 13 Mal belegt. Es übersetzt 9 Mal τρέχειν, das seinerseits auch durch pragjan vertreten ist, 2 Mal όρμδν und je 1 Mal έξέρχεσθαι und έπισυντρέχειν. Zudem steht es 1 Mal für ρεΐν. Diese letzte Entsprechung wollen wir als Ausgangspunkt für die Definition unseres Verbs wählen. 5.1.2. rinnan für ρεΐν und όρμδν Für einmal wollen wir bei einem got. Bewegungsverb nicht seine übliche Bedeutung an den Anfang stellen, sondern die zwar nur einmal belegte, aber wohl dem ursprünglichen Sinn von rinnan am besten entsprechende Ubersetzung von gr. ρεΐν: J. 7,38 saei galaubeif» du mis . . . afoos us wambai is rinnand watins libandins Unser Verb wird hier verwendet für die Bewegung des Wassers. Es ist aber nicht, wie das nhd. „rinnen", beschränkt auf kleine Wassermengen (vgl. a. nhd. „Rinnsal"), sondern drückt, wie auch die auf die gleiche Wurzel zurückgehenden Substantive runno „Giessbach" und garunnjo „Flut", „Uberschwemmung" bezeugen, die urtümliche Kraft und Wucht des Elements aus. Von da her wird verständlich, daß rinnan in zwei Fällen auch όρμδν, „sich stürzen", übersetzen kann. Beide Male ist von einer Herde Schweine die Rede, die sich, nachdem die von Jesus ausgetriebenen Teufel in sie gefahren sind, über einen Abgrund ins Meer stürzen: L. 8,33 jah rann sa wrijjus and driuson in J>ana marisaiw Mc. 5,13 jah rann so hairda and driuson in marein In einem dritten Fall wählt Wulfila eine Umschreibung mit Hilfe des Substantivs runs (gr. δρόμος, aber auch ρΰσις): Μ. 8,32 run gawaurhtedun sis alia so hairda and driuson in marein
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Rinnan und Komposita
Unwillkürlich drängt sich einem das Bild des sich mit elementarer Kraft in die Tiefe stürzenden Wasserfalls auf. Gleichzeitig ist hier aber auch der Ubergang zum mit menschlichem oder tierischem Subjekt verwendeten Bewegungsverb vollzogen. Rinnan muß „sich nach der Art des Wassers bewegen" heißen, also eine schnelle und kraftvolle Art der Fortbewegung ausdrücken. 5.1.3. rinnan f ü r τρέχειν u. ä. Bei rinnan als eigentlichem Bewegungsverb wollen wir als Ausgangspunkt eine Stelle aus dem Brief an die Korinther auswählen: K. 9,24 niu wituj> Jjatei f>ai in spaurd rinnandans allai rinnand, if) ains nimif) sigislaun? K. 9,26 ik nu swa rinna . . . Hier wird die Bewegung des Läufers im Stadion mit unserem Verb wiedergegeben, eine Bewegung also, auf die zweifellos die oben als für rinnan charakteristisch bezeichneten Adjektive „kraftvoll" und „schnell" zutreffen. Auch an anderer Stelle braucht Paulus das Bild vom Wettlauf, wenn er den Galatern schreibt, er sei nadi Jerusalem gereist und habe sich mit den Aposteln besprochen, „to make sure that the race I had run, and was running, should not be run in vain (NEB): G. 2,2 ibai sware rinnau aiJ}]jau runnjau oder wenn er denselben Galatern versichert, sie seien auf dem richtigen Weg (beinahe ist man versucht zu sagen: „Ihr liegt gut im Rennen"): G. 5,7 runnuf> waila Den Römern gibt er zu bedenken, daß alles von der Gnade Gottes abhange und nicht „vom Wollen und Laufen" (Luther) des Menschen: R. 9,16 frannu nu ni wiljandins ni rinnandins, ak armandins gudis Auch wenn ein Besessener auf Jesu zuläuft, finden wir rinnan zweimal: Mc. 5,6 gasaihjands J>an Iesu fairräjjro rann (εδραμεν) Μ. 8,28 gamotidedun imma twai daimonarjos us hlaiwasnom rinnandans (εξερχόμενοι) Während wir hier im ersten Fall die normale Entsprechung rinnan für τρέχειν haben, ist die freie Ubersetzung des έξέρχεσθαι doch bemerkenswert. Als samap rinnan finden wir unser Verb schließlich für έπισυντρέχειν: Mc. 9,25 gasaihjands £>an Iesus f>atei samaf> rann managei Wir haben gesehen, daß rinnan wohl ursprünglich die Bewegung des Wassers bezeichnet hat. Entsprechend unserem nhd. „rinnen", allerdings eher mit der Bedeutung von „fließen", kann es dafür immer noch verwendet werden. Normalerweise aber treffen wir es mit der Bedeutung „rennen", „laufen" an.
airinnan
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5.2. atrinnan Wenn wir oben die Ubersetzung von έξέρχεσθαι durch rinnan als außergewöhnlich bezeichnet haben, so gilt das in vielleicht noch größerem Maße von der Wiedergabe eines gr. ερχεσθαι durch das nur einmal belegte atrinnan. Es ist hier von den Hunden die Rede, die kommen, um des Lazarus Wunden zu belecken: L. 16,21 akei jah hundos atrinnandans (κύνες έρχόμενοι) bilaigodedun banjos is Mit seltener Deutlichkeit zeigt sidi hier, wie weit Wulfila von einer mechanischen Übersetzung gr. Verben - die hier hundos qimandans ergeben hätte - entfernt ist. Ihm ist an dieser Stelle nicht die Vollendung der Bewegung wichtig, sondern die charakteristische Bewegungsart der Vierbeiner. Deshalb übersetzt er nicht „ankommende Hunde", sondern „herbeilaufende Hunde".
5.3. duatrinnan Audi duatrinnan ist nur einmal belegt, und zwar für gr. προστρέχειν: Mc. 10,17 duatrinnands ains jah knussjands baf) ina Ein Bedeutungsunterschied zu atrinnan (vgl. o. 5.2.) und dttrinnan (vgl. u. 5.5.) läßt sich nicht feststellen. Wie diese heißt es „auf jemanden zulaufen".
5.4. birinnan Im Johannesevangelium wird uns berichtet, der im Tempel wandelnde Jesus sei von Juden umringt worden: J. 10,24 birunnun (έκύκλωσαν) ina Iudaieis Mit einer scheinbar ganz anderen Bedeutung desselben birinnan heißt es bei Markus, die Leute hätten Jesus plötzlich erkannt und das umliegende Land durchstreift, um Kranke herbeizuschaffen: Mc. 6,55 birinnandans (περιδραμόντες) all |>ata gawi dugunnun ana badjam Jjans ubil habandans bairan Weitere Belege fehlen, sodaß wir zunächst keinen Ausweg aus diesem Dilemma sehen. Die in Streitbergs Wörterbuch angegebenen Bedeutungen für birinnan, „jemanden umringen" und „herumlaufen in", helfen uns auch nicht weiter. Sie übersetzen zwar zutreffend die in der gr. Vorlage
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stehenden Verben κύκλων und περιτρέχειν, erwecken aber gleichzeitig den Eindruck, als hätte das got. Verb zwei stark voneinander verschiedene Bedeutungen. Setzen wir versuchsweise auch im Nhd. „berennen" ein, so erhalten wir: J. 10,24 Die Juden berannten ihn Mc. 6,55 "'Sie berannten das umliegende Land Während der erste Satz auch im Nhd. zulässig ist, kennen wir „berennen" in Verbindung wie „*das Land berennen" oder „"'einen Weg berennen" nicht. Die Ausdrücke sind uns aber trotzdem unmittelbar verständlich, weil wir sogleich an Wendungen wie „einen See befahren" oder „einen Weg begehen" denken. Dieses fiktive „^berennen" kann uns dazu dienen, die Bedeutung des got. birinnan zu erkennen, ohne daß wir lediglich die gr. Verben übersetzen, die es im got. Text vertritt.
5.5. durinnan Das got. Verb durinnan ist 2 Mal belegt. In beiden Fällen ist Jesus das Ziel der Bewegung, während das Subjekt einmal ein Aussätziger: M. 8,2 manna Jjrutsfill habands durinnands (προσελθών) inwait ina und einmal eine Menschenmenge ist: Mc. 9,15 alia managei . . . durinnandans (προστρέχοντες) inwitun ina Friedrichsen nimmt an, daß sich die beiden Stellen gegenseitig beeinflußt haben. 21 In M. 8,2 wäre durinnan, das nur hier προσέρχεσθαι übersetzt (sonst 21 Mal duatgaggan/atgaggan du/atgaggan; vgl. o. 2.6.), aus Mc. 9,15 übernommen, während inweitan in Mc. 9,15, nur hier für άσπάζεσθαι (sonst goljan), aus M. 8,2 stammen würde. Als weiteren Beleg für seine These erwähnt er die von uns schon zitierte Stelle Mc. 5,6: rann jah inwait ina (vgl. ο. 5.1.). Ich meine, daß sich gerade an diesem Beispiel sehr gut die Grenzen einer vorwiegend statistischen Methode erkennen lassen. Wer sich nur auf Zahlen verläßt, läuft Gefahr, die bloßen Phänomene aufzuzeigen und deren Ursachen zu verkennen. Wohl ist es richtig, daß άσπάζεσθαι nur in Mc. 9,15 durch inweitan übersetzt wird. Vergleicht man aber diese Stelle mit den anderen, an denen άσπάζεσθαι belegt ist, so stellt man fest, daß nur hier Jesus Objekt dieses άσπάζεσθαι ist. Es ist nun sehr wohl denkbar, daß Wulfila der Ansicht war, für den Sohn Gottes sei die Proskynesis die an21
Friedrichsen, Gospels, pp. 229 und 239.
faurrinnan
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gemessene Art der Begrüßung (inweitan übersetzt normalerweise προσκυνείv). Dann wäre aber weiter zu fragen, ob zur unterwürfigen, anbetenden Begrüßung nicht auch die eilfertige Bewegung auf den Begrüßten zu gehört, also durinnan das angemessene Wort ist und nicht duatgaggan? Jedenfalls finden wir etwas Ähnliches noch heute in den militärischen Umgangsformen, wo der Untergebene, wenn er gerufen wird, sich dem Vorgesetzten im Laufsdiritt nähert. Die Stelle M. 9,18: reiks ains qimands inwait ina braudit meine These nicht zu widerlegen, da hier offenbar weniger auf die Bewegung als auf den Moment der Ankunft Wert gelegt wird. Mir scheint eine gegenseitige Beeinflussung bei zwei Stellen, die so weit auseinanderliegen, sehr unwahrscheinlich, und ich meine, ihre Parallelität habe einen inneren Grund in ihrem sehr ähnlichen Kontext: in beiden Fällen eilt jemand auf Jesus zu, um ihn unterwürfig zu grüßen. Natürlich entfernt sich Wulfila mit seiner Ubersetzung vom Wortlaut der Vorlage. Daß er sich aber gerade bei der Wiedergabe gr. Bewegungsverben gelegentlich solche Freiheiten nimmt, haben wir auch an anderer Stelle mehrfach gesehen.
5.6. faurrinnan In der Skeireins finden wir einmal das got. Verb faurrinnan belegt, und zwar im Zusammenhang, in dem wir schon fauragaggan (vgl. o. 2.9.) und fauraqiman (vgl. o. 4.3.) angetroffen haben, wenn nämlich von Johannes dem Täufer als dem Vorläufer Christi die Rede ist: Sk. 3,11 . . . ak Iohanne hausjandans ]pamma faurrinnandin aiwaggeljon Es muß soviel wie „voranlaufen", „Vorläufer sein" heißen.
5.7. frarinnan Das ebenfalls nur einmal belegte frarinnan weist die Besonderheit auf, daß es ein gr. περιπίπτειν, also kein Bewegungsverb, übersetzt. Wir finden es da, wo vom Mann die Rede ist, der unter die Räuber gefallen ist: L. 10,30 manna galaij) af Iairusalem in Iaireikon jah in waidedjans frarann Wulfila übersetzt hier „unter die Räuber fallen" sehr frei mit „sich unter die Räuber verlaufen".
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5.8. garinnan 5.8.1. Einleitung Nadidem wir die nahe verwandten got. Verben gagaggan (vgl. ο. 2.10.) und gaqiman (vgl. ο. 4.2.) bereits behandelt haben, erhalten wir nun Gelegenheit, auf das audi schon erwähnte garinnan einzugehen. Es ist 7 Mal belegt und übersetzt 3 Mal συνέρχεσθαι und je 1 Mal ύπάγειν und έπισυνάγεσθαι. Während in diesen Fällen garinnan die auch bei gagaggan und gaqiman festgestellte Bedeutung „zusammenkommen" im weitesten Sinn hat, kommen wir damit an zwei anderen Stellen, wo unser Verb für καταντεΐν bzw. καταλαμβάνειν steht, nur noch bedingt oder gar nicht mehr durch. Auch hier werden wir bestätigt finden, was wir schon bei gagaggan festgestellt und bei gaqiman zumindest als Möglichkeit zugestanden haben: daß das Präfix ga- bei ein und demselben Verb seine alte Bedeutung „zusammen" bewahrt haben und daneben bereits als bloßes Kennzeichen der Aktionsart verwendet werden kann. 5.8.2. gaqiman f ü r συνέρχεσθαι u. ä. Wir haben oben gagaggan und gaqiman nach ihrem Verhältnis zu Verlauf oder Abschluß der Handlung voneinander geschieden. Gaqiman, so sagten wir, betone das Ergebnis des Zusammenkommens, heiße soviel wie „sich versammeln", während gagaggan audi den Verlauf der Bewegung berücksichtige, also etwa „zusammenkommen" heiße. Es stellt sich nun natürlich die Frage, wie es sich mit dem dritten Synonym, mit garinnan, verhält. Von der Bedeutung des durativen Simplex rinnan ausgehend, würden wir vermuten, daß es wie gagaggan eher den Verlauf der Handlung in den Vordergrund stellen werde. Das läßt sich tatsächlich durch Beispiele belegen, so wenn Jesus zum Hohenpriester geführt wird und alle anderen Hohenpriester mit ihm gehen: Mc. 14,53
jah gatauhun Iesu du auhumistin gudjin; jah garunnun mi{) imma auhumistans gudjans a l l a i . . . oder wenn die Leute von weither kommen, um Jesus zu hören oder von ihm geheilt zu werden: L. 5,15 jah garunnun hiuhmans managai hausjon jah leikinon fram imma sauhte seinaizo In einem Fall wird dabei sogar gr. ύπάγειν mit garinnan übersetzt. Die Auferweckung des Lazarus, so heißt es bei Johannes, sei der Grund dafür gewesen, daß viele Juden hingegangen seien zu Jesu und an ihm geglaubt hätten. Wulfila schildert das sehr viel anschaulicher, wenn er das Bild des predigenden Jesus evoziert und übersetzt:
garinnan
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J. 12,11
unte managai in {lis garunnun Iudaiei jah galaubidedun Iesua Idi meine, man dürfe Wulfila hier diese freie Ubersetzung zutrauen und müsse nicht, wie Friedridisen das in Bezug auf diese Stelle tut, zu der im übrigen jeder Grundlage entbehrenden Annahme Zuflucht nehmen, garunnun könne „idiomatically, have meant ,ran away, deserted'".44 Es finden sich nun aber auch Stellen, die garinnan eher in die Nähe von gaqiman rücken: Mc. 1,33 so baurgs alia garunnana was at daura K. 14,26 hja nu ist, brojjrjus? Jjan samaf) garinnai|j, tuarjizuh izwara psalmon habaifj Es darf angenommen werden, daß garinnan aufgrund seiner Bildungsweise (Kompositum des durativen rinnari) eher den Verlauf der Handlung berücksichtigt. Daneben muß es aber eine Bedeutungskomponente enthalten, die es auch dort zur bevorzugten Übersetzung werden läßt, wo wir eigentlich gaqiman erwarten würden. Diese Bedeutungskomponente, so meine ich, finden wir ebenfalls im Simplex, das zuerst die Bewegung des Wassers, dann überhaupt eine kraftvolle und schnelle Art der Fortbewegung bezeichnet. Garinnan würde dann „zusammenlaufen", „zusammenströmen" heißen, also wie gagaggan eine konzentrisch auf einen Punkt hin verlaufende Bewegung vor allem im Hinblick auf ihren Verlauf bezeichnen, die aber schneller, kraftvoller und eindrücklicher als die durch gagaggan ausgedrückte wäre. 5.8.3. garinnan für κατανταν und καταλαμβάνειν Wie wir in der Einleitung bereits erwähnt haben, kommen wir nun mit der Bedeutung „zusammenströmen" nicht überall durch. Zur Not mag das zwar noch gehen, wenn Paulus den Ephesern schreibt, Christus habe Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer eingesetzt „das die Heiligen zugerichtet werden zum werck des Ampts, da durch der leib Christi erbawet werde, bis das wir alle hinan komen zu einerley glauben" (Luther). Dieses „hinankommen zu einerlei Glauben" (gr. κατανταν εις τήν ένότητα της πίστεως) übersetzt Wulfila mit: Ε. 4,13 unte garinnaima allai in ainamundijja galaubeinais Wir erinnern uns, daß wir schon einmal κατανταν im Sinne von „hinkommen", „gelangen zu" angetroffen haben: Ph. 3,11 ei foaiwa gaqimau in usstassai us dauf)aim Wir haben es damals vor allem im Hinblick auf die Bedeutung des Simplex qiman als unwahrscheinlich bezeichnet, daß gaqiman hier etwas anderes Friedridisen, Gospels, pp. 127 und 195.
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als „sich versammeln" - allerdings mit einem Subjekt im Singular „sich zur Versammlung einfinden" - heißen könne, das Präfix ga- also hier nur der Bezeichnung der Aktionsart dienen sollte. Um auf die Stelle aus dem Epheserbrief zurückzukommen, so ist es auch hier möglich, mit der Bedeutung „zusammenlaufen" zu operieren, das Got. also „bis wir alle in eine Einheit des Glaubens zusammenlaufen" zu deuten. Aber auch „gelangen zu" (wörtlich: „erlaufen") kann garinnan hier heißen, ja, diese Bedeutung ist sogar wahrscheinlich, wenn wir in Betracht ziehen, daß sie für garinnan an einer anderen Stelle zweifelsfrei belegt ist: K. 9,24 niu wituj) Jjatei |>ai in spaurd rinnandans allai rinnand, ψ ains nimij) sigislaun? swa rinnaij), ei garinnaij). Des Paulus Empfehlung kann nur verstanden werden als „lauft, damit ihr (den Preis) erlauft". Wie schon bei gagaggan stellen wir also audi bei garinnan zwei Bedeutungen fest, wobei im zweiten Fall das Präfix ga- nicht mehr die Bedeutung „zusammen" hat, sondern den Wert „bis zu Ende" erhält, aus dem Simplex rinnan „laufen" also ein Kompositum „erlaufen" macht.
5.9. urrinnan Bei der Behandlung des got. urrinnan können wir uns kurz fassen, übersetzt es doch nicht nur die gleichen gr. Verben wie usgaggan, nämlich 12 Mal έξέρχεσθαι, 4 Mal άναβαίνει/ν, 2 Mal ερχεσθαι und 1 Mal έκπορεύεσθαι, dazu abweichend von usgaggan auch 1 Mal ηκειν, sondern vertritt diese Verben auch in denselben oder zumindest in ähnlichen Kontexten: J. 8,42 ik fram guda urrann (έξήλθον) J. 16,28 uzuhiddja fram attin (έξήλθον) J. 12,13 jah urrunnun wijjragamotjan imma (έξήλθον) Μ. 8,34 alia so baurgs usiddja wijjra Iesu (έξήλθεν) Mc. 14,48 urrunnu|) . . . greipan mik (έξήλθετε) Mc. 3,21 usiddjedun gahaban ina (έξήλθον) L. 2,4 urrann |>an jah Iosef . . . in Iudaian (άνέβη) G. 2,1 usiddja aftra in Iairusaulwma (άνέβην) Auch wenn urrinnan nicht als eigentliches Bewegungsverb verwendet wird, treffen wir es in denselben Kontexten an wie usgaggan: L. 4,14 jah meri|)a urrann (έξήλθεν) Μ. 9,26 jah usiddja merijja (έξήλθεν) L. 4,35 sa unhulj>a . . . urrann af imma (έξήλθεν) Mc. 7,29 usiddja unhuljpo us dauhtr |)einai (έξελήλυθεν) Auch hier stoßen wir übrigens wieder auf das schon mehrfach beobachtete Phänomen, daß Wulfila als Ubersetzer einen anderen Standpunkt ein-
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nimmt als der Evangelist in der Vorlage, daß er also ζ. B. für gr. ερχεσθαι nicht schreibt qam sunus mans, sondern den Beginn der Bewegung betont: L. 7,33 urrann raihtis Iohannes (έλήλυθεν) L. 7,34 urrann sunus mans (έλήλυθεν) R. 11,26 urrinnij) us Sion (ηξει) Der Vollständigkeit halber sei angeführt, daß wir urrinnan auch zwei Mal in übertragenem Sinn für άναβαίνειν verwendet sehen, wenn von der Frucht, die aufgeht und wächst, die Rede ist: Mc. 4,8 jah gaf akran urrinnando (άναβαίνοντα) Mc. 4,32 jah f>an saiada, urrinnij) (αναβαίνει) Wir stellen aufgrund des vorliegenden Materials fest, daß urrinnan für jenen Teil der Bedeutung von usgaggan, den wir oben mit „sich aufmachen und ausgehen" umschrieben haben, weitgehend mit diesem Verb synonym ist (vgl. 2.15.). Überall wo urrinnan steht, könnten wir also auch usgaggan einsetzen, nicht aber umgekehrt, haben wir doch weder für bloßes urrinnan noch für ein gar nicht vorkommendes urrinnan ut einen Beleg für die in usgaggan ebenfalls enthaltene Bedeutung „hinausgehen".
6. Steigan und Komposita 6.1. steigan Das got. Simplex steigan ist nur einmal belegt für gr. άναβαίνειν, das seinerseits üblicherweise durch usgaggan (vgl. o. 2.15.) oder ussteigan (vgl. u. 6.5.) übersetzt wird. Wir finden es da, wo derjenige, der nicht durch die Tür, sondern anderswo in den Schafstall gelangt, ein Dieb genannt wird: J. 10,1 saei inn ni atgaggij) Jjairh daur in gardan lambe, ak steigi]) aljaf>ro (άναβαίνων άλλαχόθεν), sah hliftus ist jah waidedja Anderswo, das heißt doch hier wohl, über das Dadi oder durch ein Fenster in den Stall einsteigen. Das Wort hätte also schon got. dieselbe Bedeutung wie unser „steigen".
6.2. atsteigan 6.2.1. Einleitung Atsteigan ist im Got. 16 Mal belegt. Es übersetzt 15 Mal καταβαίνειν und 1 Mal έμβαίνειν. Für die Wiedergabe von καταβαίνειν steht es in Konkurrenz zum got. Verb atgaggan (vgl. o. 2.5.3.), und das Paar atgaggan/ atsteigan korrespondiert seinerseits mit usgaggan/ussteigan, die zusammen mehr als die Hälfte aller άναβαίνειν übersetzen. Für das gr. έμβαίνειν finden wir im Got. verschiedene Ubersetzungen, deren häufigste galeipan ist. Auf den Fall atsteigan für έμβαίνειν wollen wir nicht hier, sondern erst im Kapitel gasteigan (vgl. u. 6.3.) eingehen.
6.2.2. atsteigan f ü r καταβαίνειν Wir sind bei der Behandlung von atgaggan schon einmal kurz auf atsteigan zu sprechen gekommen und haben damals zur Unterscheidung von atgaggan und atsteigan festgehalten, das letztere übersetze καταβαίνειν nur
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da, wo es sich um ein eigentliches Klettern handle. Das damals behauptete wäre nun zunächst durch Beispiele zu belegen. Wir finden atsteigan da, wo Jesus Zachäus auffordert, vom Baum herabzusteigen: L. 19,5 Iesus . . . qaf) du imma: Zakkaiu, sniumjands dalaf) atsteig oder wenn Jesus verspottet wird, wenn er der König der Juden sei, so solle er vom Kreuz herabsteigen: M. 27,42 atsteigadau nu af f>amma galgin Mc. 15,30 nasei Jmk silban jah atsteig af fiamma galgin Mc. 15,32 atstaigadau nu af fiamma galgin und wenn Jesus warnt, wer am Jüngsten Tag auf dem Dach seines Hauses sei, der solle nicht heruntersteigen, um seinen Hausrat zu holen: L. 17,31 . . . saei sijai ana hrota . . . ni atsteigai dalaf) Als beschwerlich gilt auch der Weg vom Himmel zur Erde. So läßt Wulfila Jesus nicht sagen: „Ich bin vom Himmel gekommen", sondern „ich bin vom Himmel herabgestiegen": J. 6,33 sa auk hlaifs gudis ist, saei atstaig us himina (ebenso J. 6,38.41.42.50.58 Th. 4,16; nur J. 6,51: hlaifs . . . sa us himina qumana) Hier wird also bis auf die erwähnte Ausnahme J. 6,51 durch die Wortwahl nicht das Ergebnis der Bewegung, die Anwesenheit Gottes auf Erden, betont, sondern der beschwerliche Weg als etwas durchaus Reales aufgefaßt und entsprechend herausgestrichen. Vom Himmel atsteigan kann aber nur eine Person. Wenn bei der Taufe der Heilige Geist als Taube herunterfährt, so finden wir bei Wulfila dafür: L. 3,22 jah atiddja ahma sa weiha Dasselbe gilt von den folgenden Stellen: L. 9,54 fon atgaggai us himina Mc. 1,10 gasah). . . ahman swe ahak atgaggandan ana ina Daß für καταβαίνειν auch dann atgaggan und nicht atsteigan steht, wenn die Bewegung zwar hinunterführt, ihr aber das Beschwerliche fehlt, das sich aus der annähernd senkrechten Uberwindung der Höhendifferenz ergibt, haben wir oben bei der Behandlung von atgaggan ausführlich belegt. Es ist bemerkenswert, daß wir in der gr. Vorlage für die Bewegung des Zöllners, der vom Tempel in sein Haus zurückkehrt, und für diejenige des Zachäus, der vom Baum herabsteigt, dasselbe Verb καταβαίνειν haben. Entscheidend ist in der gr. Vorlage offenbar allein die Riditung der Bewegung, das „hinunter", jedenfalls wichtiger als eine Differenzierung der doch recht verschiedenen Bewegungsarten. Ganz anders das Gotische: es unterscheidet zunächst zwischen gaggan und steigan - vom Tempel in die
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Steigan und Komposita
Stadt „geht" man, vom Baum dagegen „steigt" man - und drückt dann erst die Bewegungsrichtung aus. Sie ist aber nicht etwa im Präfix at- enthalten, sondern wird, wenn sich das als nötig erweist, was meistens dann der Fall ist, wenn bei at gagganf atsteigan der Ausgangspunkt der Bewegung (ζ. B. af pamma galgin, us himina) nicht ausdrücklich erwähnt ist, zusätzlich durch das Adverb dalap ausgedrückt. Auch hier gilt also, was wir schon bei atgaggan gesagt haben: dem Got. fehlen die Bewegungsverben mit der Bedeutung „hinaufgehen" und „hinuntergehen". Als beste Ersatzlösung erweisen sich usgaggan/ussteigan, die Beginn und Verlauf, und atgaggan/ atsteigan, die Verlauf und Abschluß der Bewegung bezeichnen.
6.3. gasteigan Das got. gasteigan ist nur zwei Mal belegt. Es übersetzt nicht nur dieselben gr. Verben wie atsteigan, nämlich 1 Mal καταβαίνει,ν und 1 Mal έμβαίνειν, sondern es vertritt diese Verben auch im selben Kontext. So finden wir im Brief an die Römer für „in den Abgrund steigen": R. 10,7 fvas gasteigij) in afgrundijja? Im selben Zusammenhang stoßen wir aber im Epheserbrief auf: E. 4,9 atstaig faurfjis in undaristo airjios Daneben finden sich beide Verben als Ubersetzung des terminus technicus έμβαίνειν, „an Bord gehen": J. 6,24 gastigun in skipa M. 9,1 atsteigands in skip Atsteigan und gasteigan sind also zweifellos in hohem Grade synonym. Nicht nur übersetzen sie im gleichen Kontext dieselben gr. Verben, auch ihre Bildungsweise - Simplex steigan mit einem Präfix, das den Abschluß der Bewegung bezeichnet - ist analog. Wenn wir versuchen wollen, den feinen Unterschied in ihrer Bedeutung herauszuarbeiten, so mag uns dabei die Beobachtung, daß auf atsteigan die Präposition in mit Akkusativ, auf gasteigan aber in mit Dativ folgt, als Ausgangspunkt dienen. Wir erinnern uns, daß wir auch nach qiman ein Ruhe- und nicht ein Richtungsverhältnis festgestellt haben, weil dieses Verb, wie wir zu erkennen glaubten, ausschließlidi den Moment der Ankunft betont. Bezogen auf unsere Verben würde das die Vermutung nahelegen, daß zwar beide Verlauf und Abschluß der Bewegung berücksichtigen, atsteigan aber das Schwergewicht eher auf den Verlauf, gasteigan eher auf den Abschluß legt. Wir können den sicher sehr geringen Unterschied vielleicht an zwei nhd. Verben, die allerdings den got. nicht genau entsprechen, weil sie nur für die Bewegung von unten nadi oben verwendet werden, sichtbar madien:
ufarsteigan
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J. 6,62 „er bestieg den Gipfel" gegenüber: J. 6,41 „er erstieg den Gipfel" Auch hier berücksichtigen beide Verben Verlauf und Abschluß der Bewegung; beide berücksichtigen die mühsame Art der Fortbewegung, die zum Ziel führt („steigen") ebenso wie die Tatsache, daß das Ziel erreicht wird (Präfix „be-", „er-"). Aber bei „ersteigen" hat sich das Schwergewicht deutlich in Richtung des Abschlusses der Bewegung verlagert. Ein ähnlicher Unterschied dürfte zwischen atsteigan und gasteigan bestanden haben; leider fehlen uns im Nhd. analoge Verben, um ihn genau auszudrücken.
6.4. ufarsteigan Auch das got. Verb ufarsteigan finden wir einmal als Übersetzung eines gr. άναβαίνειν, allerdings nicht als eigentliches Bewegungsverb, sondern im übertragenen Sinn mit der Bedeutung „darüber emporsteigen", wenn von den Dornen die Rede ist, die das wachsende Korn überwuchern: Mc.
4,7
jah sum gadraus in fjaurnuns; jah ufarstigun Jjai £>aurnjus jah afhsapidedun |>ata
6.5. ussteigan Ussteigan, das nur als Übersetzung des gr. άναβαίνειν vorkommt, finden wir in ähnlichen Kontexten wie atsteigan, ja, oft sind sich die beiden Verben als eigentliche Antonyme gegenübergestellt. So verwendet Wulfila das Wort, wenn Christus von seiner bevorstehenden Himmelfahrt spricht: J.
6,62
jabai nu gasaihjiJ) sunu mans ussteigan, ]>adei was faurJ>is
Wir bemerken den deutlichen Gegensatz zum im gleichen Kapitel mehrfach belegten atsteigan für die Bewegung in umgekehrter Richtung: J. 6,41 ik im hlaifs sa atsteigands us himina Im selben Zusammenhang finden wir ussteigan auch in den Paulinisdien Briefen: R. 10,6 hjas ussteigi|) in himin? E. 4,10 saei atstaig, sa ist jah saei usstaig ufar allans himinans . . . Nicht unerwartet taucht das Wort audi da auf, wo einige Leute mit einem Gichtbrüchigen aufs Dach steigen: L. 5,19 ussteigandans ana hrot
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Steigan und Komposita
Von Zachäus, der einen Baum erklettert, um Jesus besser sehen zu können, heißt es: L. 19,4 usstaig ana smakkabagm Audi in diesen beiden Fällen haben wir für die gegenteilige Bewegung atsteigan gefunden. Allerdings haben wir bei der Behandlung von atsteigan audi festgestellt, daß das Verb nidit für jede beliebige, von oben nach unten führende Bewegung verwendet werden kann, sondern daß mehr noch als die Richtung der Bewegung die Art entscheidend ist. Einigermaßen überraschend sind für uns daher die folgenden Fälle, auf die wir schon bei der Behandlung von usgaggan hingewiesen haben: Mc. 3,13 usstaig in fairguni J. 7,14 usstaig Iesus in alh Gerade hier haben wir bei der Bewegung in umgekehrter Richtung nicht atsteigan, sondern atgaggan angetroffen, und entsprechend würden wir auch hier nicht ussteigan, sondern usgaggan erwarten. Tatsächlich ist, wie wir uns erinnern, usgaggan in diesem Zusammenhang für άναβαίνειν belegt: L. 9,28 usiddja in fairguni bidjan L. 18,10 mans twai usiddjedun in alh Im Prinzip gilt für ussteigan dasselbe wie für atsteigan: es steht dann, und nur dann, für άναβαίνειν, wenn es sich um eine Bewegung handelt, mit deren Hilfe die Höhendifferenz mühsam, langsam, manchmal auf allen Vieren überwunden wird. Offenbar stellen nun aber Beispiele wie „auf den Berg" oder „zum Tempel hinauf" Grenzfälle dar. Für die Bewegung von unten nach oben, die ja in jedem Fall mühsamer ist, können sowohl ussteigan wie usgaggan verwendet werden, während für καταβαίνειν im selben Zusammenhang nur atgaggan stehen darf. Daneben gibt es aber eine ganze Reihe von Fällen - wir haben sie in anderem Zusammenhang bereits erwähnt - wo unserer Regel gemäß für άναβαίνειν auch andere got. Verben stehen können: L. 2,42 usgaggandam |>an im in Iairusaulwma L. 2,4 urrann Jjan jah Iosef Mc. 10,32 ana wiga gaggandans du Iairusaulwmai J. 7,8 jus galei[)ij> in dulj) Für „das Schiff besteigen" kann dagegen durchaus wieder ein ussteigan, das sich neben die im selben Zusammenhang belegten atsteigan und gasteigan stellt, verwendet werden: J. 6,17 jah usstigun in skip Was die Bedeuttung des Präfixes us- in ussteigan betrifft, so gilt sinngemäß das bei atgaggan (vgl. o. 2.5.3.), usgaggan (vgl. o. 2.15.3.) und atsteigan (vgl. o. 6.2.) ausgeführte.
7. Diverse Bewegungsverben 7.1. faran Das got. faran ist nur einmal belegt. Es übersetzt gr. μεταβαίνειν, für das wir im Got. audi 2 Mal usleipan (vgl. o. 3.8.) und 1 Mal ushafjan (vgl. u. 7.4.) antreffen. Verwendet wird es von Christus da, wo er seine Jünger paarweise ausschickt und ihnen einschärft, wie sie sich verhalten sollen. Es heißt da unter anderem: L. 10,7 inuh J>an fiamma garda wisaif» matjandans jah driggkandans J)o at im; wairfts auk ist waurstwja mizdons seinaizos. ni faraif) us garda in gard. Aus der zitierten Stelle ergibt sich für faran die Bedeutung „wandern", „ziehen". Es stellt sich damit neben das weiter unten zu behandelnde wraton (vgl. 7.12.).
7.2. farjan - atfarjan An zwei Stellen stoßen wir im got. Text auf farjan, einmal als Übersetzung von έλαύνειν, einmal für πλείν, in beiden Fällen aber als Bezeichnung einer mit Hilfe eines Schiifes ausgeführten Bewegung: J. 6,19 J)aruh farjandans (έληακότες) swe spaurde -k· jah ·ε· aif>f>au Ί* gasaifoand Iesu gaggandan ana marein jah nefoa skipa qimandan L. 8,23 Jtaruh Jjan swe faridedun (πλεόντων δέ αυτών), anasaislef) Auch das Kompositum atfarjan, das wir einmal für καταπλεΐν finden, wird im Zusammenhang mit der SchifFahrt verwendet und heißt soviel wie „heranfahren", „landen", „in einen Hafen einlaufen": L. 8,26 jah atfaridedun in gawi Gaddarene Es läßt sich aufgrund der wenigen Belege nicht eindeutig feststellen, ob farjan ganz allgemein „fahren", also „sich mit Hilfe eines Fahrzeugs fortbewegen", heißt, oder ob es in seiner Bedeutung auf „mit dem Sdiiff fahren" (entsprechend dem gr. πλεΐν) eingeschränkt ist. Belegen jedenfalls können
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Diverse Bewegungsverben
wir nur die letztere Bedeutung, wenn wir auch vom Nhd. her dazu neigen, für farjan die zuerst erwähnte, umfassendere anzunehmen. Die analogen Überlegungen gelten für atfarjan.
7.3. athaban Im Markusevangelium finden wir für das nur hier belegte προσπορεύεσθαι das got. Verb athaban sik: Mc. 10,35 jah athabaidedun sik du imma Iakobus jah Iohannes . . . qi|>andans Es muß in seiner Bedeutung etwa dem got. duatgaggan (vgl. o. 2.6.) entsprochen haben, das fast ausschließlich für gr. προσέρχεσθαι steht, also „auf jemanden zugehen", „zu jemandem hintreten " geheißen haben.
7.4. ushafjan Das got. ushafjan, das üblicherweise αίρεΐν und έπαιρεΐν übersetzt und dann „erheben" oder „wegnehmen" heißt, finden wir als ushafjan sik auch einmal als Bewegungsverb. Bei Matthäus lesen wir: M. 11,1 jah warf), bijje usfullida Iesus anabiudands Jjaim twalif siponjam seinaim, ushof sik (μετέβη) jainfiro du laisjan jah merjan and baurgs ize Das got. Verb muß eine ähnliche Bedeutung haben wie usleipan, das wir ja auch zwei Mal als Übersetzung für μεταβαίνειν angetroffen haben (vgl. o. 3.8.), also „weggehen, um an einen andern Ort zu gelangen". Damit wären wir auch nahe bei der Grundbedeutung „sich erheben".
7.5. hiairban Das got. hairban kann nur noch bedingt als Bewegungsverb gelten. Es übersetzt im 2. Thessalonicherbrief an zwei Stellen περιπατεΐν mit der Bedeutung „wandeln", d. h. „einen bestimmten Lebenswandel führen": th. 3,6 a|>J)an anabiudam izwis . . .ei gaskaidaij) izwis af allama brofjre hiairbandane ungatassaba... th. 3,11 hausjam auk sumans toairbandans in izwis ungatassaba Wenn wir das Wort hier trotzdem angeführt haben, so deshalb, weil es
hjarbon
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sich als Synonym neben das in den Briefen ja ebenfalls oft in diesem Sinne verwendete gaggan stellt (vgl. ο. 2.1.2.).
7.6. hjarbon Im Gegensatz zum eben erwähnten hairban wird das von derselben Wurzel abgeleitete harbon bei Wulfila als echtes Bewegungsverb verwendet. Es übersetzt 4 Mal παράγειν und 3 Mal περιπατεΐν und muß soviel wie „ohne bestimmtes Ziel umhergehen" heißen: J. 10,23 jah toarboda Iesus in alh (περιεπάτει) Mc. 11,27 jah in alh toarbondin imma (περιπατοΰντος) Μ. 9,27 jah toarbondin Iesua jainfjro (παράγοντι) Mc. 1,16 jah toarbonds faur marein Galeilaias (παράγων) Damit stellt sich auch dieses Verb neben gaggan, das wir ja ebenfalls mit der Bedeutung „umhergehen" als Ubersetzung von περιπατεΐν angetroffen haben. Besonders schön sehen wir das in einem Vers aus dem Johannesevangelium, wo wir die beiden Verben in unmittelbarer Nachbarschaft haben: J. 7,1 jah hjarboda (περιεπάτει) Iesus afar J>ata in Galeilaia; ni auk wilda in Iudaia gaggan (περιπατεΐν) Hier hat Wulfila durch seine Übersetzung offenbar eine Wortwiederholung vermeiden wollen. Der obige Vers liefert aber gleichzeitig den einzigen Kontext, in dem gaggan und harbon echte Synonyme sind, d. h. gegeneinander austauschbar. Zwei Bedingungen müssen erfüllt sein: zunächst muß gaggan im Sinne von „umhergehen" verwendet werden, was ja nur ein Teilaspekt seiner Bedeutung ist, und zudem muß Jesus das Subjekt des Satzes sein. Während die erste Bedingung unmittelbar einleuchtet, mag die zweite zunächst erstaunen. Sie ergibt sich aber zwingend aus der Beobachtung, daß harbon im got. Text nur mit Jesus als Subjekt belegt ist, also offenbar eine besonders würdevolle Art des Umhergehens bezeichnet. Es entspricht etwa unserem nhd. „wandeln".
7.7. laistjan - afarlaistjan 7.7.1. Einleitung Die got. Verben laistjan/laistjan afar/afarlaistjan finden wir im Wulfilatext als Übersetzung der gr. Verben άκολουθεΐν, παρακολουθεΐν und διώκειν. Sie vertreten also dieselben Verben wie die oben behandelten
90
Diverse Bewegungsverben
afa rgagganI gaggan afar (vgl. 2.3.)> sind aber zahlreicher belegt als diese. So finden wir für άκολουθεΐν 43 Mal laistjan/afarlaistjan und nur 10 Mal afargagganjgaggan afar. Etwas Ähnlidies stellen wir bei der Übersetzung des gr. διώκειν fest, wo 7 laistjan neben 2 afargaggan stehen. Zudem finden wir afarlaistjan 1 Mal f ü r παρακολουθεΐν, wie wir oben f ü r έπακολουθεΐν und συνακολουθεΐν auf afargaggan gestoßen sind.
7.7.2. l a i s t j a n / a f a r l a i s t j a n f ü r άκολουθεΐν u n d K o m p o s i t a Als Übersetzung des gr. άκολουθεΐν heißt laistjan/afarlaistjan zunächst ganz konkret „jemandem folgen" im Sinne von „hinter jemandem hergehen". Hier trifft es sich auch mit dem oben behandelten afargaggan: L. 5,11 laistidedun afar imma Mc. 2,15 iddjedun afar imma M. 8,10 qaf) du {>aim afarlaistjandam M. 8,22 laistei afar mis Mc. 2,14 gagg afar mis Während aber afargaggan und afarlaistjan nur in diesem Sinne gebraucht werden, finden wir laistjan audi f ü r „jemandem nachfolgen" im Sinne von „sich jemanden zum Vorbild nehmen". N u n ist es natürlich im einzelnen Fall nicht leicht, zu entscheiden, ob Christi Aufforderung „folge mir nach" konkret als „gehe hinter mir her" oder eher übertragen als „folge meinem Beispiel" zu verstehen ist. Wir glauben aber doch feststellen zu können, daß f ü r άκολουθεϊν dort, wo es „hinter jemandem hergehen" heißt oder doch so verstanden werden kann, neben laistjan auch afarlaistjan und afargaggan stehen, während wir mit der übertragenen Bedeutung nur laistjan finden. Die folgenden Beispiele mögen das verdeutlichen: Mc.
8,34
saei wili afar mis laistjan . . . nimai galgan seinana jah laistjai mik J. 8,12 saei laistei{) mik ni gaggijj in riqiza, ak habaij) liuhaj) libainais Eine Stelle allerdings scheint der eben vollzogenen Unterscheidung von afargaggan und laistjan zu widersprechen: L. 9,23 jabai h>as wili afar mis gaggan (οπίσω μου έλθεϊν), . . . nimai galgan seinana dag toanoh jah laistjai mik (άκολουθείτω) Man beachte aber, daß hier auch im gr. Text zunädist nicht άκολουθεϊν, sondern ερχεσθαι steht, das „hinter Christus hergehen" also offenbar konkret verstanden sein will. Erst im zweiten Teil des Verses heißt es: „Der nehme sein Kreuz auf sich Tag für Tag und folge meinem Beispiel." Ein Unterschied zwischen laistjan und laistjan afar läßt sich nidit erkennen:
neh)jan - atnehjjan
L. 5,27 L. 9,59 M. 9,27 Mc. 15,41
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laistei afar mis laistei mik laistidedun afar imma laistidedun ina
Laistjan heißt also zunächst „jemandem folgen" im Sinne von „hinter jemandem hergehen". Mit derselben Bedeutung finden wir in den Evangelien auch afarlaistjan und afargaggan. Daneben kann laistjan mit der übertragenen Bedeutung „jemandes Beispiel befolgen", „in jemandes Nachfolge treten" verwendet werden.
7.7.3. laistjan für διώκειν Für gr. διώκειν steht laistjan nur einmal mit der konkreten Bedeutung „jemandem folgen", wenn Jesus den Jüngern vorhersagt, es würden Zeiten kommen, wo sie gerne audi nur einen dieser Tage des Menschensohns sehen möchten, und sie warnt, falschen Propheten zu folgen: L. 17,23 jah qijjand izwis: sai her, aij)£>au sai jainar; ni galei£>aif> nih laistjaif). Im übrigen finden wir es in den Briefen wie afargaggan nicht mehr als eigentliches Bewegungsverb, sondern im übertragenen Sinn als „nachjagen", „zu erlangen suchen" etc. Einige Beispiele mögen genügen: R. 9,30 J>iudos f>os ni laistjandeins garaihtein Th. 5,15 ak sinteino J>iu{> laistjaij) mij) izwis misso T. 6,11 if> laistjais garaihtein
7.8. neh)jan - atnefojan Für gr. έγγίζειν finden wir einmal das got. Verb ne/vjan: L. 15,1 wesunuJj-Jjan imma nefojandans sik allai motarjos jah frawaurhtai hausjan imma Es hat offenbar dieselbe Bedeutung wie das gr. Verb in der Vorlage, ist also durativ und heißt „sich nähern". Im Gegensatz dazu legt atnefvjan, das 6 Mal für dasselbe έγγίζειν steht, das Gewicht auf den Abschluß der Bewegung. Belegt ist es nur im Präteritum, wo es als „nahegekommen sein" soviel wie „nahe sein" bedeutet, also eher Zustands als Bewegungsverb ist (man beachte auch das gr. Perfekt in der Vorlage!): L. 10,9 Mc. 14,42
atnetoida ana izwis f)iudangardi gudis sa lewjands mik atnehuda (vgl. a. L. 10,11 und Mc. 1,15)
92
Diverse Bewegungsverben
Es sei noch einmal daran erinnert, daß wir für έγγίζειν einmal atgaggan (vgl. o. 2.5.4.) -und für προσεγγίζειν einmal qiman neha (vgl. o. 4.1.5,) angetroffen haben.
7.9. sniumjan - gasniumjan Wir finden sniumjan 5 Mal für gr. σπεΰϋειν, wobei 3 Mal sein Partizip Präsens neben einem anderen Bewegungsverb steht: L. 2,16 jah qemun sniumjandans jah bigetun Marian jah I o s e f . . . L. 19,5 Zakkaiu, sniumjands dalaf) atsteig L. 19,6 jah sniumjands atstaig Während es sich hier eher um ein Adverb mit der Bedeutung „schnell" zu handeln scheint, kann es aufgrund der beiden Belege in den Briefen keinen Zweifel geben, daß dieses adverbial gebrauchte Partizip Präsens zu einem noch vorhandenen Verb mit der Bedeutung „sich schnell bewegen", „eilen" gehört. So schreibt Paulus den Thessalonichern, er habe sich beeilt, um sie wieder von Angesicht zu Angesicht zu sehen: Th. 2,17 . . . ufarassau sniumidedum andaugi izwara gasaifoan und Timotheus fordert er auf, sich zu beeilen, um schnell bei ihm anzukommen : t. 4,9 sniumei qiman at mis sprauto Das Kompositum gasniumjan finden wir im 2. Brief an die Korinther mit der Bedeutung „gelangen zu" als Übersetzung von gr. φθάνειν: k. 10,14 . . . unte jah und izwis gasniumidedum in aiwaggeljon Xristaus Es stellt sich also neben die ebenfalls mit dieser Bedeutung belegten garinnan (vgl. o. 5.8.) und gasniwan (vgl. u. 7.10.5.).
7.10. sniwan und Komposita 7.10.1. Einleitung Das got. Simplex sniwan und seine Komposita sind im Wulfilatext nur sehr selten belegt. Wenn wir bei Schulze und Streitberg als Bedeutung „eilen" und ähnliches finden, so wohl im Hinblick auf das eben behandelte sniumjan. Wir werden aber sehen, daß sich sniwan eher als Synonym neben gaggan stellen läßt. Natürlich erhebt sich die Frage, warum denn dieses Verb nicht häufiger belegt sei. An Gelegenheit, es zu verwenden, etwa als Übersetzung des gr. υπάγε iv, hätte es ja nicht gefehlt. Die Frage läßt sich
sniwan und Komposita
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nicht beantworten. Es mag sein, daß sniwan im Text der got. Bibel ein Archaismus ist, es ist denkbar, daß es einer anderen Stilebene angehört hat, eine Entscheidung läßt sich wegen der doch allzu seltenen Belege nicht treffen. 7.10.2. sniwan Das got. sniwan ist nur 3 Mal belegt, seine Bedeutung also nur schwer unzweifelhaft festzustellen. Ein erstes Mal finden wir es im Johannesevangelium für gr. ΰπάγειν, wenn Jesus seinen Jüngern sagt: „Ich habe euch erwelet, das jr hin gehet und Frucht b r i n g e t . . . " (Luther): J. 15,16 ik gawalida izwis ei jus sniwaif» jah akran bairaijj Im Brief an die Korinther steht es als haifstjan sniwan für gr. άγωνίζεσθαι Κ. 9,25 ψ hjazuh saei haifstjan sniwij), allis sik gaj>arbaij) Audi hier müssen wir wohl das Got. als „zu kämpfen gehen" verstehen. Ein drittes Mal finden wir unser Verb im 1. Thessalonicherbrief für gr. φθάνε iv : Th. 2,16 af)|)an snauh ana ins hatis gudis und andi Hier ist von den Heiden die Rede, über die der Zorn Gottes gekommen ist. 7.10.3. duatsniwan Als Kompositum ist einmal duatsniwan belegt in einem Vers, von dem nur die beiden letzten Wörter überliefert sind: Mc. 6,53 . . . jah duatsniwun (προσορμίσθησαν) Das gr. προσορμίζειν heißt soviel wie „anlegen", „landen", und etwas Ähnliches könnte aufgrund der Bildungsweise auch duatsniwan bedeuten. Ob es aber ebenfalls als terminus tedinicus auf die Seefahrt eingeschränkt war, wie es sich aus dem überlieferten Beleg ergäbe, oder ob es ganz allgemein „hinzugehen" u. ä. (entsprechend dem got. duatgaggari) geheißen hat, läßt sich nicht entscheiden. 7.10.4. faursniwan - faurbisniwan Bei der Behandlung von fauragaggan/faurbigaggan (vgl. o. 2.9.) haben wir schon darauf hingewiesen, daß προάγειν auch 1 Mal durch faursniwan und 1 Mal durch faurbisniwan übersetzt wird. Allerdings sind die beiden Wörter nicht als eigentliche Bewegungsverben gebraucht, sondern in einem übertragenen Sinn, so wenn von den Sünden die Rede ist, die vor manchen Leuten hergehen (hier übrigens deutlich als Antonym zu afargaggan): T. 5,24 sumaize manne frawaurhteis swikunJ»os sind faurbisniwandeins du stauai; sumaizeh J>an jah afargaggand.
94
Diverse Bewegungsverben
und ein zweites Mal, wenn auf die vorhergehenden Propheten hingewiesen wird: T. 1,18 bi Jjaim faura faursniwandam ana {>uk praufetjam Hierher gehört wohl auch bisniwan faur für φθάνεiv, „vorher hingehen", wenn Paulus den Thessalonichern versichert, die Lebendigen würden nicht vor den Toten zu Jesus eingehen: Th. 4,15 . . . |)atei weis |)ai libandans... ni bisniwan faur {»ans anaslepandans 7.10.5. gasniwan Das Kompositum gasniwan finden wir 2 Mal für gr. φθάνειν mit der Bedeutung „etwas erlangen", „etwas erreichen": R. 9,31 ij> Israel laistjands witoja garaihteins bi witof) garaihteins ni gasnau Ph. 3,16 aj)|)an swejjauh du Jjammei gasnewum Es stellt sich damit neben die ebenfalls in diesem Sinne belegten gagaggan (vgl. o. 2.10.), garinnan (vgl. o. 5.8.) und gasniumjan (vgl. o. 7.9.).
7.11. J>ragjan - bif>ragjan Das got. Verb pragjan finden wir 4 Mal für gr. τρέχειν, das auch 9 Mal durch rinnan übersetzt ist. Daß es auch eine schnelle Bewegung bezeichnen, also soviel wie „eilen", „laufen" heißen muß, ersehen wir am besten aus der Stelle, wo von der Heimkehr des verlorenen Sohnes die Rede ist. Es heißt da vom Vater, er habe, als er seinen Sohn von weitem sah, Mitleid mit ihm gehabt und sei ihm entgegengelaufen: L. 15,20 nauhfjanuh f>an fairra wisandan gasah) ina atta is jah infeinoda jah f)ragjands draus ana hals i s . . . Wir finden unser Verb auch da, wo einer der Kriegsknedite nach einem Sdiwamm läuft, um ihn mit Essig gefüllt dem dürstenden Christus zu reidien: M. 27,48 suns firagida ains us im jah nam swamm fulljands aketis... Einmal stoßen wir auf pragjan in einem übertragenen Sinn, wenn Paulus vom eilenden Wort Gottes schreibt: th. 3,1 . . . ei waurd fraujins ftragjai jah mikiljaidau . . . Das Kompositum bipragjan faur steht 1 Mal für προστρέχειν, das auch je 1 Mal durch duatrinnan und durinnan übersetzt ist:
wraton
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L. 19,4 jah bi£>ragjands faur usstaig ana smakkabagm Es ist hier die Rede von Zachäus, der befürchtet, wegen der Menge Jesus nicht zu sehen und deshalb vor ihr herläuft, um einen Baum zu erklettern und sich so freie Sicht zu verschaffen.
7.12. wraton Wraton finden wir bei Wulfila 3 Mal, und zwar in 2 Fällen als Übersetzung von πορεύεσθαι: L. 8,1 jah is wratoda and baurgs jah haimos L. 2,41 jah wratodedun f>ai birusjos is jera foammeh in Iairusalem at dulf) paska und 1 Mal für διοδεύειν: Κ. 16,6 ij> at izwis waitei salja aifjf>au jah wintru wisa, ei jus mik gasandjaif) J)ish>aduh J>ei ik wrato Aus den angeführten Belegen ergibt sich für wraton die Bedeutung „reisen", „ziehen".
8. Die am Text erarbeitete Bedeutung der got. Bewegungsverben 8.1. Einleitung D a s folgende Kapitel soll in einer Zusammenfassung einen abschließenden Überblick über die got. Bewegungsverben und ihre Bedeutung geben, soweit sich diese aus der Verwendung der Verben im Wulfilanischen K o n text erschließen läßt. Wenn ich manchmal über das Beweis- u n d Belegbare hinaus gewisse spekulative Vermutungen angestellt habe, so geschah das bewußt und in der Überzeugung, d a ß dem Erforscher des got. Wortschatzes a u f g r u n d der Quellenlage stets ein mehr oder weniger großer R a u m f ü r Spekulation offen bleibt. Das M a ß des V e r a n t w o r t b a r e n glaube ich dabei nicht überschritten zu haben.
8.2. Definitionen der got. Bewegungsverben afargaggan (2.3.) E r f a ß t die Bewegung in ihrem Verlauf. H e i ß t „hinter jemandem hergehen", „jemandem folgen". W i r d auch in übertragenem Sinne verwendet mit der Bedeutung „etwas nachjagen", „etwas erstreben". Synonyme: laistjan, afarlaistjan. A n t o n y m e : fauragaggan, faurbigaggan, faursniwan, faurbisniwan. afarlaistjan (7.7.) E r f a ß t die Bewegung in ihrem Verlauf. H e i ß t „hinter jemandem hergehen", „jemandem folgen". Ist im Gegensatz zu afargaggan und laistjan nicht in übertragenem Sinn belegt, doch k a n n das ein Zufall sein. Synonyme: afargaggan, laistjan. A n t o n y m e : fauragaggan, faurbigaggan, faursniwan, faurbisniwan. afgaggan (2.2.) E r f a ß t die Bewegung in ihrem Beginn u n d Verlauf. H e i ß t „weggehen" und „verlassen". Scheint dem ne. Verb „to leave" zu entsprechen. Synonym: afleipan. A n t o n y m e : atgaggan, duatgaggan, athaban.
Definitionen der got. Bewegungsverben
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afleipan (3.1.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Beginn und Verlauf. Heißt „weggehen", „fortgehen", „verreisen". Wird auch in übertragenem Sinn verwendet beim Aussatz, der einen Menschen verläßt. Synonym: afgaggan. Antonyme: atgaggan, duatgaggan, athaban. anagaggan (2.4.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Absdiluß. Ist nur in übertragenem Sinn in Verbindung mit der Zeit und mit der Bedeutung „kommend", „zukünftig" belegt. Synonyme: atgaggan, qiman in den Wendungen atgaggand dagos, qimand dagos. atgaggan (2.5.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt ursprünglich „zu etwas oder jemandem hingehen und dort ankommen", wird aber meistens einfach mit der Bedeutung „gehen bis man da ist" verwendet. Steht damit zwischen gaggan, das nur den Verlauf, und qiman, das nur den Abschluß der Bewegung betont. Wird auch im Zusammenhang mit der Zeit verwendet. Synonyme: duatgaggan, athaban, anagaggan (Zeit). Antonyme: afleipan, afgaggan, usleipan, urrinnan. atfarjan (7.2.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt „mit einem Schiff landen", „in einen Hafen einlaufen" u. ä. Ob das Verb audi eine mit einem anderen Fahrzeug ausgeführte Bewegung bezeichnen konnte, also einfach „herbeifahren" hieß, muß aufgrund der Quellenlage offen bleiben, doch halte ich diese weitere Bedeutung für wahrscheinlich. Synonym: duatsniwan. Antonym: usleipan. athaban (7.3.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Absdiluß. Heißt „zu jemandem hingehen und bei ihm ankommen", „zu jemandem hintreten". Synonyme: atgaggan, duatgaggan. Antonyme: afgaggan, afleipan. atnefvjan (7.8.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt „sich jemandem nähern und in seiner Nähe ankommen". Ist nur im Präteritum belegt als „nahe gekommen sein" = „da sein". Synonym: atgaggan nefo. atrinnan (5.2.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt soviel wie „zu jemandem oder etwas hinlaufen und dort ankommen". Synonyme: duatrinnan, durinnan. atsteigan (6.2.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt „auf etwas oder jemanden zusteigen und dort ankommen". Synonym: gasteigan. Antonym: ussteigan.
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Die am Text erarbeitete Bedeutung der got. Bewegungsverben
birinnan (5.4.) Erfaßt entweder die Bewegung in ihrem Verlauf und heißt dann „hin und her laufen", „*berennen" oder in ihrem Verlauf und Absdiluß mit der Bedeutung „auf jemanden zulaufen und ihn bedrängen", „jemanden berennen". Entspricht also einem fiktiven nhd. „*berennen", das diese zwei Bedeutungen in sich schließen würde. bisniwan (7.10.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Ist nur belegt als bisniwan faur und heißt „vor jemandem hergehen". Synonyme: fauragaggan, faurbigaggan, faursniwan, faurbisniwan. Antonyme: afargaggan, laistjan, afarlaistjan. bipragjan (7.11.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Ist nur belegt als bipragjan faur und heißt „vor jemandem herlaufen", „vorauslaufen". Synonym: faurrinnan. duatgaggan (2.6.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Absdiluß. Heißt „auf jemanden oder etwas zugehen und dort ankommen". Synonyme: atgaggan, athaban. Antonyme: afgaggan, afleipan. duatrinnan (5.3.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt „auf jemanden oder etwas zulaufen und dort ankommen". Synonyme: atrinnan, durinnan. duatsniwan (7.10.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Ist nur im Zusammenhang mit der Sdiiffahrt und mit der Bedeutung „landen", „anlegen" belegt. Könnte aber wie duatgaggan audi ganz allgemein „auf jemanden oder etwas zugehen und dort ankommen" heißen. Synonym: atfarjan. Antonym: usleipan. durinnan (5.5.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt „auf jemanden oder etwas zulaufen und dort ankommen". Synonyme: atrinnan, duatrinnan. far an (7.1.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „von Ort zu Ort ziehen", „wandern" u. ä. Synonym: wraton. farjan (7.2.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt aufgrund der Belege „mit einem Schiff fahren", wahrscheinlich aber ganz allgemein „sidi mit Hilfe eines Fahrzeugs fortbewegen", d. h. „fahren". fauragaggan (2.9.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „vor jemandem hergehen".
Definitionen der got. Bewegungsverben
99
Ist auch in übertragenem Sinn belegt als „einem Hause vorstehen". Synonyme: faurbigaggan, faursniwan, faurbisniwan. Antonyme: afargaggan, laistjan, afarlaistjan. fauraqiman (4.3.) Erfaßt den Abschluß der Bewegung. Heißt „vor jemandem ankommen". faurbigaggan (2.9.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „vor jemandem hergehen". Synonyme: fauragaggan, faursniwan, faurbisniwan. Antonyme: afargaggan, laistjan, afarlaistjan. faurbisniwan (7.10.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „vor jemandem hergehen". Ist nicht mit menschlidiem Subjekt belegt. Synonyme: fauragaggan, faurbigaggan, faursniwan. Antonyme: afargaggan, laistjan. faurgaggan
(2.8.)
Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „an etwas oder jemandem vorbeigehen". Synonym: pairhgaggan. faurrinnan (5.6.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. N u r in der Skeireins belegt. Heißt dort „vor jemandem herlaufen". Synonym: bipragjan faur. faursniwan (7.10.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „vor jemandem hergehen". Ist nidit mit menschlichem Subjekt belegt. Synonyme: fauragaggan, faurbigaggan, faurbisniwan. Antonyme: afargaggan, laistjan. frarinnan (5.7.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt „sich verlaufen". gagaggan (2.10.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt „zusammenkommen", „zusammenströmen". Ist auch in übertragenem Sinn belegt als „sich ereignen" und „ausschlagen zu". Synonyme: gaqiman, garinnan. gaggan (2.1.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt zunächst „die Fähigkeit des Gehens haben", dann „umhergehen" oder ganz allgemein „gehen". Ist auch in übertragenem Sinn belegt als „wandeln", d. h. „einen bestimmten Lebenswandel führen". Synonyme: sniwan, fvarbon, tvairban. galeipan (3.2.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Beginn. Heißt „sich aufmachen", „aufbrechen". gaqiman (4.2.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Absdiluß. Heißt „sich versammeln". Ist eventuell auch einmal belegt als „hinkommen", „gelangen zu". Synonym: gagaggan, garinnan.
100
Die am Text erarbeitete Bedeutung der got. Bewegungsverben
garinnan (5.8.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt „zusammenlaufen", „zusammenkommen". Ist auch mit der Bedeutung „etwas erlaufen", eventuell „etwas erlangen" belegt. Synonyme: gagaggan, gaqiman. gasniumjan (7.9.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Abschluß. Heißt „zu etwas gelangen", „etwas erlangen". Synonyme: garinnan, gasniwan. gasniwan (7.10.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Abschluß. Heißt „etwas erlangen", „etwas erreichen". Synonyme: garinnan, gasniumjan. gasteigan (6.3.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Abschluß. Heißt „etwas durch steigen erreichen", „etwas ersteigen". Synonym: atsteigan. hindarleipan (3.5.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Seine Bedeutung als Bewegungsverb ist aufgrund des einen Belegs nicht klar auszumachen. In übertragenem Sinn heißt es „vergehen". Synonym: usleipan. hairban (7.5.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Ist nur in übertragenem Sinn für „wandeln", d. h. „einen bestimmten Lebenswandel führen" belegt. Synonym: gaggan. Jvarbon (7.6.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „würdevoll umhergehen", „wandeln". Ist nur mit Jesus als Subjekt belegt. Synonym: gaggan. innatgaggan (2.7.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Heißt „in etwas hineingehen und dort ankommen", „hereinkommen". inngaggan (2.11.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und betont die Bewegungsrichtung. Heißt „in etwas hineingehen", eventuell auch „einhergehen". inngaleipan (3.3.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Beginn und Verlauf. Heißt „sich aufmachen und in etwas hineingehen". laistjan (7.7.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „hinter jemandem hergehen", „jemandem folgen". Wird im Gegensatz zu afargaggan und afarlaistjan audi in einem übertragenen Sinn für „jemandes Beispiel folgen", „in jemandes Nachfolge treten" verwendet. Synonyme: afargaggan, ajarlaistjan. Antonyme: fauragaggan, faurbigaggan, faursniwan, faurbisniwan. mipgaggan (2.12.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „mit jemandem mitgehen".
Definitionen der got. Bewegungsverben
101
mipinngaleipan (3.4.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Beginn und Verlauf. Heißt „sich zusammen mit jemandem aufmachen und in etwas hineingehen". mipqiman (4.4.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Abschluß. Muß, obwohl der einzige Beleg dagegen spricht, soviel wie „zusammen mit jemandem ankommen" heißen. nefvjan (7.8.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „sich jemandem oder etwas nähern". qiman (4.1.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Abschluß. Heißt „an einem Ort ankommen". Entspricht also nicht dem nhd. „kommen", da es die Betonung ausschließlich auf den Moment der Ankunft legt. rinnan (5.1.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „kraftvoll laufen". Audi belegt für fließen, was wohl die ursprüngliche Bedeutung war. Synonyme: pragjan, sniumjan. sniumjan (7.9.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „laufen", „eilen", doch fehlt im Gegensatz zu rinnan das Kraftvolle der Bewegung. Synonyme: pragjan, rinnan. sniwan (7.10.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt soviel wie „gehen". Dafür, daß sniwan wie das mit ihm verwandte sniumjan eine schnelle Art der Fortbewegung bezeichnet, finden sich aus seiner Verwendung im Text keine Hinweise. Synonym: gaggan. steigan (6.1.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „steigen" oder „klettern". pairhgaggan (2.13.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. H a t ähnlich wie das nhd. „durchgehen" drei deutlich unterscheidbare Bedeutungen, nämlich „an etwas vorbeigehen", „durch etwas hindurch gehen" und „gehen ohne anzuhalten". Synonyme: pairhleipan, faurgaggan. pragjan (7.11.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „laufen", „eilen", doch scheint es nicht wie rinnan eine besonders kraftvolle Art der Fortbewegung zu bezeichnen. Synonyme: sniumjan, rinnan. ufargaggan (2.14.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Ist nicht als eigentliches Bewegungsverb, sondern nur in übertragenem Sinn belegt, einmal als „ein Gebot übertreten", einmal als „übervorteilen", „übertölpeln".
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Die am Text erarbeitete Bedeutung der got. Bewegungsverben
ufarleipan (3.7.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Ist nur im Zusammenhang mit der Schiffahrt belegt und dürfte mit seiner Bedeutung „übersetzen" auch in diesen Bereich gehören. ufarsteigan (6.4.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf und Abschluß. Ist nicht als eigentliches Bewegungsverb, sondern nur im Zusammenhang mit Pflanzen und in der Bedeutung „darüber emporsteigen" belegt. urinnan (5.9.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Beginn und Verlauf. Heißt „sich aufmachen und ausgehen". Synonym: usgaggan. Antonym: atgaggan. usgaggan (2.15.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Beginn und Verlauf und heißt dann „sich aufmachen und ausgehen" oder in ihrem Verlauf mit der Bedeutung „aus etwas hinausgehen". Synonyme: utgaggan, urrinnan. Antonyme: atgaggan, inngaggan: ushafjan (7.4.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Beginn und Verlauf. Nur einmal als Bewegungsverb belegt mit der Bedeutung „weggehen, um an einen andern Ort zu gelangen". Normale Bedeutung „wegnehmen", „aufheben". Synonym: usleipan. usleipan (3.8.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Beginn und Verlauf. Ist im Zusammenhang mit der Sdiiffahrt mit der Bedeutung „auslaufen" belegt. Heißt im übrigen „weggehen, um an einen andern Ort zu gelangen". Auch in übertragenem Sinn als „vergehen" belegt. Synonym: ushafjan. ussteigan (6.5.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Beginn und Verlauf. Heißt „sicii aufmachen und von etwas weg steigen". Antonyme: atsteigan, gasteigan. utgaggan (2.16.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „aus etwas hinausgehen". Könnte dazu bestimmt gewesen sein, einen Teil der Bedeutung von usgaggan zu übernehmen. Synonym: usgaggan. Antonym: inngaggan. wipragaggan (2.17.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „jemandem entgegengehen". wraton (7.11.) Erfaßt die Bewegung in ihrem Verlauf. Heißt „von Ort zu Ort ziehen", „wandern" u. ä. Synonym: faran.
9. Die Struktur des Wortfeldes Bewegungsverben 9.1. Einleitung Obwohl die Methode der Komponentenanalyse in der modernen Semantik nicht unumstritten ist,83 scheint sie mir geeignet zu sein, die Struktur des got. Wortfeldes Bewegungsverben sichtbar zu machen. Wir gehen dabei von einer genauen Definition der Wörter aus, wie wir sie etwa in einem einsprachigen Wörterbuch finden könnten. Für das nhd. Verb „rennen" würde eine solche Definition ζ. B. etwa wie folgt lauten: rennen
schnelle, kraftvolle Art der Fortbewegung; auf dem Lande, aufrecht und ohne ein Fahrzeug ausgeführt; führt nicht zum vornherein in eine bestimmte Richtung.
Die einzelnen Elemente dieser Definition, „aufrecht", „schnell", „ohne ein Fahrzeug" etc. liefern uns sogenannte semantische Markierungen. Die Anzahl und die Art dieser Markierungen ergeben sich in unserem Fall für ein bestimmtes Verb aus der notwendigen Abgrenzung gegenüber anderen, sinnverwandten Verben. So scheidet die Markierung „schnell" im obigen Beispiel „rennen" von „gehen", die Markierungen „aufrecht" und „auf dem Lande" grenzen „rennen" gegen ein schnelles Schwimmen, etwa „crawlen" ab, „ohne bestimmte Richtung" trennt „rennen" von „herbeirennen" etc. Bevor wir uns der eigentlichen Analyse zuwenden, die wir im folgenden auf 11 graphischen Darstellungen festgehalten haben, sei an eine Besonderheit der got. Bewegungsverben erinnert. Wir haben im Verlaufe der Untersuchung immer wieder festgestellt, daß diese Verben immer audi eine bestimmte Aktionsart ausdrücken, also angeben, ob die Bewegung in ihrem Verlauf, ihrem Beginn oder ihrem Abschluß erfaßt wird. Auch beim Überblick über die Bedeutung der got. Bewegungsverben war diese Aktionsart jeweils erwähnt. Entsprechend habe idi auch für die Komponentenanalyse der got. Bewegungsverben die fünf Markierungen „Beginn", „Beginn und ** Vgl. dazu John Lyons, Introduction to Theoretical Linguistics, pp. 470 ff. Dort audi weitere Literatur.
104
Die Struktur des Wortfeldes Bewegungsverben
Verlauf", „Verlauf", „Verlauf und Abschluß" und „Abschluß" eingeführt. Sie beziehen sich also auf die jeweilige Aktionsart der Verben.
9.2. Erläuterungen zu den Fig. 1-11
Fig. 1 (Fortbewegung)
(mit Hilfe eines Fahrzeugs)
(ohne Fahrzeug)
(auf dem Wasser)
(auf dem Land)
Vgl. Fig. 2
Vgl. Fig. 3 - 1 1 9 . 2 . 1 . Z u Fig. 1
Eine erste, grobe Unterscheidung der got. Bewegungsverben in zwei Gruppen ergibt sich aus der Tatsache, daß einige wenige eine mit Hilfe eines Fahrzeugs ausgeführte Bewegung bezeichnen. Dieses Fahrzeug ist zudem in unseren Belegen immer ein Wasserfahrzeug, doch haben wir oben schon mehrfach darauf hingewiesen, daß das überlieferungsgeschichtliche Gründe haben kann und diese Verben möglicherweise auch ein Fahren auf dem Land bezeichnen konnten.
105
Erläuterungen zu den Fig. 1-11
Fig. 2 (Fortbewegung)
(mit Hilfe eines Fahrzeugs)
(auf dem Wasser)
(Beginn und Verlauf)
(Verlauf)
(zum Land hin)
(vom Land weg)
usleipan
(Verlauf und Abschluß)
farjan
atfarjan duatsniwan
(um das andere Ufer zu erreichen)
ufarleipan
9.2.2. Zu Fig. 2 Fig. 2 gibt uns einen Uberblick über die bei Wulfila im Zusammenhang mit der Schiffahrt belegten Bewegungsverben. Dabei muß die Frage, ob sie wirklich nur eine mit Hilfe eines Schiffes ausgeführte Bewegung bezeichnen konnten, offen bleiben. Am ehesten möchte ich das für ufarleipan, das dem nhd. „übersetzen" zu entsprechen scheint, annehmen. Farjan und atfarjan dagegen dürften ganz allgemein „fahren" und „herbeifahren" bedeutet haben. Schwer fällt eine Entscheidung vor allem beim nur ein einziges Mal belegten duatsniwan. Vom Simplex und anderen jm^dn-Komposita her sind wir geneigt, duatsniwan eher neben duatgaggan zu stellen, doch kann dieser Schluß trügerisdi sein, haben wir doch nhd. neben dem Simplex „laufen" auch das eindeutig auf die Schiffahrt eingeschränkte Kompositum „auslauf en". Im Got. würde diesem „auslaufen" usleipan entsprechen, ein Verb, von dem wir wissen, daß es audi einfach „weggehen" heißen kann (vgl. u. Fig. 7).
106
Die Struktur des Wortfeldes Bewegungsverben
Fig. 3 (Fortbewegung)
(ohne Fahrzeug)
(auf dem Land)
Vgl. Fig. 4
Vgl. Fig. 5 - 1 1 9 . 2 . 3 . Z u Fig. 3
Diejenigen Verben, welche eine Bewegung ohne Fahrzeug und auf dem Lande bezeichnen, lassen sich wieder in zwei Gruppen unterteilen, die ich mit den Markierungen „auf allen Vieren" bzw. „aufrecht" versehen habe. Ich bin mir dabei allerdings bewußt, daß die Bezeichnung „auf allen Vieren" den tatsächlichen Verhältnissen nicht ganz gerecht wird, eigentlich „aufrecht oder auf allen Vieren" lauten müßte und zudem stets im Zusammenhang mit der unmittelbar folgenden Markierung „zur mühsamen Überwindung eines Hindernisses bzw. einer Höhendifferenz" gesehen werden muß. 9 . 2 . 4 . Z u Fig. 4 In Fig. 4 finden wir jene got. Bewegungsverben, die eine mühsame, teils aufrecht, teils auf allen Vieren ausgeführte, der Uberwindung einer Höhendifferenz oder eines Hindernisses dienende Art der Fortbewegung bezeichnen. Bei den neben dem durativen, unserem nhd. „steigen" entsprechenden Simplex vorkommenden Komposita habe ich bewußt und aus im Text ausführlich begründeten Überlegungen auf die Markierungen „hinauf" bzw. „hinunter" verzichtet und mich auf die Angabe der Aktionsart beschränkt.
Erläuterungen zu den Fig. 1-11
108
Die Struktur des Wortfeldes Bewegungsverben
Fig. 5 (auf dem Land)
(aufrecht)
(in bestimmter Richtung)
(ohne bestimmte Richtung)
Vgl. Fig. 6 - 9
Vgl. Fig. 1 0 - 1 1 9 . 2 . 5 . Zu Fig. 5
Die aufrecht und auf dem Land ausgeführten Bewegungen zerfallen wieder in zwei Gruppen, indem manche von ihnen in eine bestimmte Richtung führen, während bei anderen die Bewegungsrichtung unbestimmt oder unwichtig ist.
Erläuterungen zu den Fig. 1-11
109
9.2.6. Zu Fig. 6-9 Die Fig. 6 - 9 enthalten alle got. Bewegungsverben, die eine ohne Fahrzeug, auf dem Land und in aufrechter Haltung ausgeführte Bewegung bezeichnen, die zudem in einer bestimmten Richtung verläuft. Diese Bewegungsrichtung liefert uns die erste Markierung zur Unterscheidung dieser Verben; auf sie folgt als weitere Markierung die Aktionsart. Die meisten Verben sind dadurch bereits genügend bestimmt, so wipragaggan „jemandem entgegengehen", afargaggan/laistjan/afarlaistjan „hinter jemandem hergehen", inrtgaleipan „sich in etwas hinein aufmachen", inngaggan „in etwas hineingehen", innatgaggan „in etwas hineingehen und dort ankommen", usgagganjutgaggan „aus etwas hinausgehen", afgaggan/afleipan „von etwas weggehen", fauragaggan/faurbigaggan/faursniwan/faurbisniwan „vor jemandem hergehen", fauraqiman „vor jemandem her ankommen", qiman „an einem Ort ankommen", pairhgaggan/pairhleipan „durch etwas hindurchgehen", faurgagganjpairhgaggan „an etwas vorbeigehen", gagaggan „zusammenkommen" und gaqiman „sich versammeln". Andere benötigen eine oder mehrere zusätzliche Markierungen zur genaueren Bestimmung des Inhalts. So heißt mipinngaleipan zwar auch „sich in etwas hinein aufmachen", doch kommt zur Unterscheidung von inngaleipan nun noch „zusammen mit jemandem" dazu, während ushafjan/usleipan im Gegensatz zu afgaggan/afleipan spezifischer „von etwas weggehen, um an einen andern Ort zu gelangen" heißt. Faurrinnan/bipragjan faur stehen für „vor jemandem herlaufen", und garinnan hat zwar dieselbe Aktionsart wie gagaggan, heißt aber im Gegensatz zu diesem „zusammenlaufen", bezeichnet also eine schnelle Bewegung. Eine ganze Reihe von Verben schließlich steht für Bewegungen, die auf jemanden oder etwas zu führen. Hier sind wir nur bei qiman, das „an einem Ort ankommen" heißt, ohne zusätzliche Markierungen ausgekommen. Ihm zur Seite stehen mipqiman „zusammen mit jemandem ankommen", garinnan fgasniumjan „etwas durch laufen erreichen" und gagaggan/gasniwan „etwas erlangen". Daneben müssen wir zwischen ne/vjan „in die Nähe von jemandem gehen", atnefvjan „in die Nähe von jemandem kommen", atgaggan „zu jemandem oder etwas hingehen und dort ankommen", atrinnan „zu jemandem oder etwas hinlaufen und dort ankommen" und birinnan „drohend auf jemanden zulaufen" unterscheiden.
Die Struktur des Wortfeldes Bewegungsverben
Erläuterungen zu den Fig. 1-11
111
to to 3to
to to 3 to
112
Die Struktur des Wortfeldes Bewegungsverben
-θ ο•η IM Ρ ΓΙ
bt> a 3
ε ε -Q G
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Ό G et Β
ω I-t υ
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§
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*χ> S. ΰ an in/ inngalei£>an 18 gagganin/ inngaggan 17 atgagganin/ innatgaggan 4 qiman in
36 gehen in/ hineingehen 26 kommen in/ hineinkommen 9 eingehen 7 fahren in 1 einkehren 1 fallen in 1 hineintreten 1 überziehen 1 wandeln 1 ziehen
Die 83 gr. είσέρχεσθαι sind im Got. durch 4, im N h d . durch 10 Verben übersetzt. Die Lutherbibel differenziert nach spezifischen Bewegungsarten („gehen", „fahren", „ziehen", „wandern" etc.) und ist hierin abwechslungsreicher als der Gote. Wulfila seinerseits beschränkt sich mit den 4 Ubersetzungen »sich aufmachen in", „hineingehen", „hineinkommen" und „ankommen in" auf eine Charakterisierung der Bewegung in bezug auf Beginn, Verlauf und Absdiluß, ist aber dafür hier dem Nhd., das nur „hineingehen" und „hineinkommen" unterscheidet, überlegen.
11.2.4. πορεύεσθαι 59 πορεύεσθαι
49 gaggan 5 galeij>an
43 gehen/hingehen 7 ziehen
130
Wulfilas Bibelübersetzung im Vergleidi mit der Lutherbibel 2 1 1 1
wraton afgaggan afleij>an atgaggan
3 wandeln 2 reisen 1 auf dem Weg sein 1 hinausgehen 1 hinweggehen 1 sich begeben Bei der Ubersetzung des gr. πορεύεσθαι ist das N h d . nur wenig differenzierter als das Got. Den 6 Verben bei Wulfila stehen 8 in der Lutherbibel gegenüber, und auch mit ~ 82 °/o gaggan im Vergleich zu ~ 73 °/o „gehen/ hingehen" übersetzt das Got. etwas einförmiger.
11.2.5. περιπατεΐν 49 περιπατεΐν
44 gaggan 3 hjarbon 2 foairban
40 wandeln 3 gehen 2 umherziehen 1 dahergehen 1 einhertreten 1 umgehen mit Auch bei der Ubersetzung von περιπατεΐν bietet sich ein ähnlidies Bild wie schon bei πορεύεσθαι. Wiederum kennt das N h d . mehr Varianten, nämlich 6 im Vergleich zu den 3 got., und erneut ist im N h d . der Anteil an einförmigen Ubersetzungen mit ~ 8 3 % etwas niedriger als im Got., wo er ~ 90 °/o beträgt. 11.2.6. άπέρχεσθαι 37 gehen/hingehen 4 fahren 3 davongehen 2 hinüberfahren 2 ziehen/hinziehen 1 nachfolgen 1 nachlaufen 1 scheiden 1 wegfahren 1 weggehen 1 von dannen gehen 1 zurückweichen Bei der Übersetzung des gr. άπέρχεσθαι ist das N h d . der Lutherbibel deutlich differenzierter als Wulfila. Während letzterer 46 Mal 87 % ) mit galeipan übersetzt und im ganzen nur 4 Verben verwendet, finden 55 άπέρχεσθαι
48 4 2 1
galei|>an gaggan aflei£>an usleijian
Sdilußfolgerungen
131
wir im nhd. T e x t 12 Verben, die auch hier wieder vor allem dazu dienen, die Art der Bewegung zu differenzieren. Allerdings wird audi hier das am häufigsten belegte Verb in ~ 6 6 °/o aller Fälle zur Wiedergabe des got. Verbs verwendet.
11.3. Schlußfolgerungen Wir haben nun auf den vorhergehenden Seiten die Ubersetzung einiger der häufigsten Bewegungsverben ins Nhd. der Lutherbibel bzw. ins Got. Wulfilas miteinander verglichen. Welche Sdilußfolgerungen lassen sich daraus ziehen? Ich meine, folgende Punkte verdienen es, festgehalten zu werden: - Die Lutherbibel variiert im allgemeinen stärker bei der Obersetzung eines gr. Bewegungsverbs als Wulfila, d. h. es werden im N h d . mehr verschiedene Verben zur Wiedergabe eines gr. Verbs verwendet als im G o t . Diese Variation dient einerseits der genaueren Charakterisierung der Bewegungsart, andrerseits einer deutlicheren Differenzierung der Bewegungsrichtung. - Das Got. ist genauer bei der Unterscheidung der Aktionsart, d. h. in der Charakterisierung der Bewegung in Bezug auf ihren Beginn, Verlauf oder Abschluß. - Was die Übersetzung eines bestimmten gr. Bewegungsverbs durdi ein bestimmtes nhd. bzw. got. betrifft, so ist die Lutherbibel oft nur geringfügig weniger einförmig als Wulfila, in einem Fall sogar deutlich einförmiger. Auch in der Lutherbibel wird dasselbe gr. Verb meist in 7 s bis 4/s aller Fälle durch dasselbe nhd. Verb übersetzt. Auch durch den Vergleich mit der Lutherbibel ist also der Begriff der „uniformity of rendering" als eines der beiden Hauptmerkmale der Wulfilanischen Bibelübersetzung fragwürdig geworden. Das G o t . übersetzt zwar in der Regel einförmiger als das Nhd., aber nicht in einem solchen Maß, daß man die Einförmigkeit zur Grundlage einer Theorie über Wulfilas Ubersetzungstechnik machen dürfte. Zudem muß hier einmal die Frage aufgeworfen werden, ob die in Prozenten ausgedrückte einförmige E n t sprechung eines gr. und eines nhd. bzw. got. Wortes überhaupt einen Schluß auf die Technik des jeweiligen Übersetzers zuläßt. So ist ζ . B . das Nhd. bei der Übersetzung von εξέρχεσθαι differenzierter als das Got., weil es zwischen „hinausgehen", „ausgehen" und „ausfahren" unterscheidet, diese drei Bedeutungen aber alle im got. usgaggan enthalten sind. G r . ερχεσθαι dagegen wird im Nhd. einförmiger übersetzt als im Got., weil „kommen" dem gr. Verb seiner Bedeutung nach eher entspricht als das auf den Moment
132
Wulfilas Bibelübersetzung im Vergleidi mit der Lutherbibel
der Ankunft bezogene, enger gefaßte, eigentlich „ankommen" heißende qiman. Zudem wäre zu berücksichtigen, daß das Gr. offenbar seine Bewegungsverben vor allem aufgrund der Bewegungsrichtung, das Nhd. aufgrund der Bewegungsart und der Bewegungsrichtung, das Got. aufgrund der Bewegungsart und der Aktionsart unterscheidet, welch letztere wiederum im Gr. durch das gewählte Tempus ausgedrückt wird. Solange man nicht die Bedeutung der got. Wörter auf andere Art als durch den Vergleich mit den in der gr. Vorlage stehendien erschlossen hat, also etwa aufgrund ihrer Verwendung im Kontext, sind alle Aussagen über Wulfilas Ubersetzungstedinik fragwürdig. Die „uniformity of rendering" kann sich nämlich auch daraus ergeben, daß der gr. und der got. Wortschatz weitergehend zur Deckung gebracht werden konnten als der gr. und der nhd., daß also das Got. und das Gr. zur Einteilung der Welt und des menschlichen Wirkens in dieser Welt mehr übereinstimmende sprachliche Kategorien aufwiesen, als es das Gr. und das Nhd. oder irgend eine andere moderne Sprache tun. Wenn aber das der Grund für die große Anzahl der einförmigen Ubersetzungen ist - und ich neige zu dieser Ansicht - dann wird auch Friedrichsens Wulfilanische „Norm", dann werden alle Schlüsse, die er bei einem Abweichen von dieser Norm zieht, fragwürdig, denn Ausnahmen können nur sinnvoll gedeutet werden, wenn man die Ursachen der Gesetzmäßigkeit, mit der sie im Widerspruch stehen, richtig erkannt hat. Auch Wulfila kann sehr wohl variieren und unterscheiden bei der Ubersetzung gr. Wörter. Wenn er es weniger tut, als wir das von unseren modernen Ubersetzungen her gewöhnt sind, so vielleicht deshalb, weil es in seiner Sprache, dem Gotischen, weniger oft nötig war.
12. Wulfilas Übersetzungstechnik 12.1. Einleitung Wir haben uns bisher vor allem mit Friedrichsens These von der „uniformity of rendering" auseinandergesetzt. Sie schien uns aus drei Gründen nicht geeignet zu sein, Wulfilas Ubersetzungstechnik zu charakterisieren: - Die einförmige Ubersetzung eines gr. Bewegungsverbs ins Got. ist sehr selten und muß als eine Ausnahme angesehen werden. - Auch wenn man als Maßstab für die Einförmigkeit nidit die ausschließliche, sondern die sehr häufige Übersetzung eines gr. Bewegungsverbs durch ein und dasselbe got. Bewegungsverb annimmt, so zeigt ein Vergleich mit der Lutherbibel, daß diese zwar weniger einförmig übersetzt als die got. Bibel, daß die Unterschiede aber nicht sehr groß sind. - Die häufige Entsprechung eines gr. und eines got. Verbs muß zudem ihren Grund gar nidit in der Übersetzungstechnik Wulfilas haben. Näherliegend sdieint der Schluß auf eine ähnliche Struktur des gr. und des got. Wortschatzes zu sein. Damit ist aber gleichzeitig die Aufgabe gestellt, Wulfilas Ubersetzungstechnik aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeit neu zu beurteilen und anzuführen, von welchen Gesichtspunkten sich der Gote bei der Ubersetzung der gr. Bewegungsverben leiten ließ. Obwohl wir auf die meisten dieser Gesichtspunkte schon im Laufe der Untersuchung gestoßen sind, soll der Beantwortung dieser Frage im Sinne einer Zusammenfassung der letzte Abschnitt meiner Arbeit gewidmet sein.
12.2. Fünf Gesichtspunkte Wulfilas bei der Übersetzung der gr. Bewegungsverben 12.2.1. Aktionsart Von großer Bedeutung bei der Übersetzung gr. Verben ist die Wiedergabe ihrer Aktionsart. Das Gr. des Neuen Testaments kennt grundsätzlich
134
Wulfilas Übersetzungstechnik
zwei Möglichkeiten, die Aktionsart auszudrücken. Das kann einerseits geschehen durch den Tempus Stamm (Präsens, Aorist, Perfekt etc.), andrerseits durch Präfigierung:*8 βασιλεύω „ich bin König" έβασιλεύσα „ich wurde König" έβασιλεύον „ich war König, herrschte" οίδα „ich habe gesehen und weiß nun" καταφαγεΐν „aufessen" διαφύγειν „entweichen" καταδιώκειν „erjagen" Das Got. dagegen hat nur das Mittel der Präfigierung: gaggan atgaggan steigan ussteigan Wenn wir diese allgemeinen Überlegungen auf das Problem der Übersetzung der gr. Bewegungsverben anwenden, so ergeben sich folgende Punkte: — Bei den gr. Bewegungsverben wird die Aktionsart vorwiegend durch den Tempusstamm ausgedrückt. Das Präfix gibt die Bewegungsrichtung an. - Bei den got. Bewegungsverben drückt das Präfix in der Regel entweder Bewegungsrichtung oder Aktionsart aus, in einigen Fällen sogar beides gleichzeitig. Dabei betont meistens das Simplex den Verlauf der Bewegung (Ausnahme: qiman), während die Komposita ihren Beginn oder Abschluß hervorheben. Für Wulfila ergibt sich also die Notwendigkeit, daß er die im Gr. durch zwei verschiedene sprachliche Mittel ausgedrückte Bedeutungskomponenten Bewegungsrichtung und Aktionsart durch ein einziges ausdrücken muß. Es ist daher bei den got. Bewegungsverben oft nicht leicht, zu entscheiden, ob ein Präfix nun eher die Aktionsart oder die Bewegungsrichtung ausdrückt. So heißt atgaggan zwar wohl ursprünglich „zu jemandem oder etwas hingehen" (Richtung), wird dann aber tatsächlich oft einfach im Sinn von „gehen bis man da ist" (Aktionsart) gebraucht. Viele Varianten bei der Übersetzung gr. Bewegungsverben lassen sich auf diese Weise erklären. So stehen für ερχεσθαι je nach Aktionsart gaggan, atgaggan oder qiman. So unterscheidet der Gote bei είσέρχεσθαι zwischen inngaleipan, inngaggan, innatgaggan und qiman in. Bei inngaggan drückt das Präfix also die Bewegungsrichtung aus, bei den mit doppeltem Präfix versehenen inngaleipan und innatgaggan das erste die Richtung, das zweite die Aktionsart, und bei qiman in fehlt das Präfix überhaupt, weil die Aktionsart schon im Simplex ausgedrückt ist und die Bewegungsrichtung M
Zum Folgenden vgl. Moulton I, pp. 108 ff.
Fünf Gesichtspunkte Wulfitas bei der Übersetzung der gr. Bewegungsverben 1 3 5
durch die folgende Präposition bezeichnet wird. Bei Verben mit zwei Präfixen kann dasjenige, das die Bewegungsrichtung bezeichnet, vom Verb gelöst und wie ein Adverb nachgestellt werden (atgaggan inn, atgaggan du), oder es kann überhaupt fehlen, und seine Funktion wird wiederum durch eine Präposition übernommen. Auf diese Weise wird audi klar, weshalb das fast ausschließlich der Bezeichnung der Aktionsart dienende Präfix atin einem Verb wie atgaggan so verschiedenen gr. Präfixen wie είσ-, κατα-, προα-, έξ-, έν-, έπι- und παρα- entsprechen kann, während das eine Richtung bezeichnende inn- von inngaggan bis auf eine Ausnahme gr. είσwiedergibt.
12.2.2. Art der Bewegung In manchen Fällen faßt das Gr. Bewegungen aufgrund der Bewegungsrichtung in einem Verb zusammen, die das Got. aufgrund der Bewegungsart unterscheidet. Das schlagendste Beispiel ist die Übersetzung von gr. άναβαίνειν und καταβαίνειν, wo das Got. zwar die Präfixe at- und ussetzt - die übrigens hier nicht die Bewegungsrichtung bezeichnen, sondern der Angabe der Aktionsart dienen - die Bewegung selber dagegen aufteilt in -gaggan und -steigan. Auch andere kleine Unregelmäßigkeiten lassen sich aus dieser Tendenz zur Unterscheidung der Art der Bewegung erklären. Es sei hier nur an atrinnan für ερχεσθαι in hundos atrinnandans und an rinnan für έξέρχεσθαι in twai daimonarjos us hlaiwasnom rinnandans erinnert.
12.2.3. Standort des Übersetzers Bei der Wahl eines bestimmten Bewegungsverbs spielt oft der Standort des Schreibenden und der sich daraus ergebende Blickpunkt eine Rolle, weil davon abhängt, ob er die Bewegung als auf sich zu („kommen") oder als von sich weg („gehen") führend betrachtet. Wir haben im Laufe der Arbeit wiederholt festgestellt, daß Wulfila nicht immer den Standort der Vorlage einnimmt und sich daraus manche scheinbar außergewöhnliche Ubersetzungen erklären lassen, so ζ. B. einige gaggan für ερχεσθαι und galeipan für είσέρχεσθαι.
12.2.4. Verdeutlichung der Situation Einige Male verzichtet Wulfila auf die übliche Ubersetzung eines gr. Bewegungsverbs und übersetzt freier und verdeutlichend. In diesen Zusammenhang gehören afgaggan bzw. afleipan für πορεύεσθαι und garinnan für ύπάγειν.
136
Wulfilas Übersetzungstedinik
12.2.5. Theologische Gründe Es finden sich in Wulfilas Text auch Übersetzungen, die sich nur aus theologischer Sicht rechtfertigen lassen und dann eigentlich exegetischen Charakter haben. Es sei hier erinnert an die Verwendung von gaggan in Fällen wie pana gaggandan du mis ni huggreip und die Vermeidung von qiman, also die Vermeidung einer definitiven Aussage über das Erreichen des Ziels in der Wendung „in den Himmel kommen".
12.3. Abschließende Beurteilung Je länger und je intensiver man sidi mit der Wulfila-Bibel auseinandersetzt, desto mehr staunt man über die Leistung des Goten. Auch wenn man zugeben muß, daß Wulfila den Vorteil besaß, daß er aus einer bekannten und vertrauten in eine bekannte und vertraute Sprache übersetzen konnte und daß beide Sprachen noch näher beim Idg. standen und daher wohl viele Gemeinsamkeiten in Syntax und Wortschatz hatten, muß uns insbesondere die differenzierte Wiedergabe der gr. Bewegungsverben stets aufs neue Bewunderung abnötigen. Auf diesem Gebiet braucht Wulfila einen Vergleich mit der mehr als tausend Jahre später entstandenen Lutherbibel nidit zu scheuen. Auch wer nicht an die dichterischen Elemente, die die ältere Forschung in der got. Bibel immer wieder finden und nachweisen wollte, glauben kann 29 , muß Wulfilas Werk würdigen als das, was es ist: eine saubere, philologisch genaue, in ihrer Perfektion stets aufs neue erstaunliche Ubersetzungsleistung am Anfang der Begegnung der germ. Sprachen mit dem Christentum.
20
Obwohl, wie wir gesehen haben, einige der von KauiFmann und Stolzenburg zitierten Stellen auch genauer Kritik standhalten und Friedridisen mit der pauschalen Verurteilung der Ergebnisse der älteren Forschung vielleicht etwas voreilig gewesen ist. Vgl. o. Anm. 17—19.
13. Anhang 13.1. Übersicht über die Entsprechungen der got. und gr. Bewegungsverben 5 afargaggan
2 διώκειν 1 άκολουθεΐν
7 laistjan 40 laistjan 9 gaggan 3 afarlaistjan
1 έπακολουθεϊν 1 συνακολουϋεϊν 4 afarlaistjan
3 άκολουθεΐν
40 laistjan 9 gaggan 1 afargaggan
1 παρακολουΦεΐν 5 afgaggan
1 πορεύεσϋαι
49 5 2 1 1
gaggan galeif>an wraton afleipan atgaggan
1 άναχωρειν
3 afleipan
1 άποβαίνειν
1 gagaggan
1 ύποχωρεΐν
1 afleif>an
1 άφίστασθαι 12 afleifan
3 άναχωρειν
1 afgaggan
3 άποδημεΐν 2 άπέρχεσθαι
48 galeiftan 4 gaggan 1 usleif>an
2 άποχωρεΐν 1 πορεύεσθαι
1 ύποχωρεΐν
49 5 2 1 1
gaggan galeipan wraton afgaggan atgaggan
1 afgaggan
138
Anhang
1 anagaggan
1 έπέρχεαθαι
1 atfarjan
1 κατταπλεΐν
59 atgaggan
20 ερχεσθαι
1 atgaggan
239 27 3 2 1 1 1
qiman gaggan galeipan urrinnan atrinnan gaqiman usgaggan
11 είσέρχεσθαι
38 11 7 7 6 4
galeif)an inngaggan gaggan inngaleif>an innatgaggan qiman
11 καταβαίνει/ν
15 2 2 1 1
atsteigan galeipan qiman gaggan gasteigan
8 προσέρχεσθαι
13 duatgaggan 1 durinnan
2 έξέρχεσθαι
77 12 10 1 1 1 1
usgaggan urrinnan galei£>an gaggan qiman rinnan utgaggan
1 πορεύεσθαι
49 5 2 1 1
gaggan galeifian wraton afgaggan afleifun
1 έκπορεύεσθαι
12 usgaggan 1 urrinnan 1 utgaggan
1 έγγίζειν
6 atnehjjan 1 nehijan
1 έπέρχεσθαι
1 anagaggan
1 κατέρχεσθαι
1 galeif>an
Übersicht über die Entsprechungen der got. und gr. Bewegungsverben 1 παραγίγνεσθαι
6 qiman
1 ένίστασθαι 1 athaban
1 προσπορεύεσΦαι
6 atnefojan
6 έγγίζειν
1 atrinnan
1 £ρχεσθαι
16 atsteigan
15 καταβαίνειν
1 έμβαίνειν
2 birinnan
1 atgaggan 1 nehsjan 239 27 20 3 2 1 1
qiman gaggan atgaggan galeif>an urrinnan gaqiman usgaggan
11 2 2 1 1
atgaggan galeij)an qiman gaggan gasteigan
6 1 1 1
galeifian gasteigan innatgaggan inngaggan
1 κύκλων 1 περιτρέχειν
1 bisniwan
1 φθάνειν
2 gasniwan 1 gasniumjan 1 sniwan
1 bipragjan
1 προστρέχειν
1 duatrinnan 1 durinnan
13 duatgaggan
13 προσέρχεσθαι
8 atgaggan 1 durinnan
1 duatrinnan
1 προστρέχειν
1 bijjragjan 1 durinnan
1 duatsniwan
1 προσορμίζειν
2 durinnan
1 προσέρχεσθαι
1 προστρέχειν
13 duatgaggan 8 atgaggan 1 bißragjan 1 duatrinnan
139
Anhang
140 1 faran
1 μεταβαίνειν
2 farjan
1 έλαύνειν
2 usleipan 1 ushafjan
1 πλεϊν 2 fauragaggan
1 προάγει/ν
2 faurbigaggan 1 faurbisniwan 1 faursniwan
1 προπορεΰεσθαι 1 fauraqiman
1 προέρχεσθαι
1 galeifian
2 faurbigaggan
2 προάγειν
1 fauragaggan 1 faurbisniwan 1 faursniwan
1 faurbisniwan
1 προάγειν
2 faurbigaggan 1 fauragaggan 1 faursniwan
4 faurgaggan
2 παραπορεύεσθαι
1 pairhgaggan
1 παράγειν
4 toarbon 1 pairhgaggan 1 f>airhlei]>an
1 διαπορεύεσθαι
1 gaggan
1 faursniwan
1 προάγειν
2 faurbigaggan 1 fauragaggan 1 faurbisniwan
7
3 συνάγεσθαι
5 gaqiman
1 συνέρχεσϋαι
4 gaqiman 3 garinnan 1 qiman
1 άποβαίνειν
1 afgaggan
1 γίγνεσθαι
6 qiman
gagaggan
1 έπιπορεύεσθαι 199 gaggan
49 πορεύεσθαι
5 2 1 1 1
galeipan wraton afgaggan afleij>an atgaggan
44 περιπατεϊν
3 hiarbon 2 toairban
Ubersicht über die Entsprechungen der got. und gr. Bewegungsverben 42 ύπάγειν
27 ερχεσθαι
6 galeipan 1 garinnan 1 sniwan 239 20 3 2 1 1 1
qiman atgaggan galeipan urrinnan atrinnan gaqiman usgaggan
9 άκολουθεϊν
40 laistjan 3 afarlaistjan 1 afargaggan
7 είσέρχεσθαι
38 11 11 7 6 4
galeipan atgaggan inngaggan inngaleipan innatgaggan qiman
6 &γειν 4 άπέρχεσθαι
48 galeipan 2 afleipan 1 usleipan
2 στοιχεϊν 1 έξέρχεσϋαι
77 12 10 2 1 1 1
usgaggan urrinnan galeipan atgaggan qiman rinnan utgaggan
1 άναβαίνειν
10 ussteigan 10 usgaggan 4 galeipan 4 urrinnan 1 steigan 1 ufarsteigan
1 καταβαίνειν
15 11 2 2 1
atsteigan atgaggan galeipan qiman gasteigan
141
142
Anhang 1 εισπορεύεσθαι
5 inngaggan 3 galeiftan 1 innatgaggan
1 διαπορεύεσθαι
1 faurgaggan
1 προκόπτειν
1 galeifian
1 ύπανταν
1 wipragaggan
1 έμπεριπατεϊν 1 όρθοποδεΐν 132 galeipan
48 άπέρχεσΦαι
4 gaggan 2 aflei£>an 1 usleif)an
38 είσέρχεσθαι
11 11 7 7 6 4
atgaggan inngaggan gaggan inngaleipan innatgaggan qiman
10 έξέρχεσθαι
77 12 2 1 1 1 1
usgaggan urrinnan atgaggan gaggan qiman rinnan utgaggan
6 έμβαίνειν
1 1 1 1
inngaggan innatgaggan atsteigan gasteigan
6 ύπάγειν
42 gaggan 1 garinnan 1 sniwan
5 πορεύεσθαι
49 1 1 1 2
gaggan afgaggan afleipan atgaggan wraton
4 αναβαίνειν
10 10 4 1 1 1
ussteigan usgaggan urrinnan gaggan steigan ufarsteigan
Übersicht über die Entsprechungen der got. und gr. Bewegungsverben 3 Ερχεσθαι
239 27 20 2 1 1 1
qiman gaggan atgaggan urrinnan atrinnan gaqiman usgaggan
3 διέρχεσθαι
7 pairhgaggan 3 f>airhlei£>an 3 usleifjan
3 είσπορεύεσθαι
5 inngaggan 1 innatgaggan 1 gaggan
2 παταβαίνειν
15 11 2 1 1
atsteigan atgaggan qiman gaggan gasteigan
1 κατέρχεσΦαι
1 atgaggan
1 προέρχεσθαι
1 fauraqiman
1 προκόπτειν
1 gaggan
1 άνάγεσθαι 13 gaqiman
5 συνάγεσθαι
3 gagaggan
4 συνέρχεσθαι
3 garinnan 1 gagaggan 1 qiman
1 Ιρχεσ&αι
239 27 20 3 2 1 1
qiman gaggan atgaggan galei£>an urrinnan atrinnan usgaggan
1 κατανταν
1 garinnan
1 συμπορεύεσθαι
2 mijjgaggan
1 άνήκειν 7 garinnan
3 συνέρχεσθαι
4 gaqiman 1 gagaggan 1 qiman
143
144
Anhang 1 ύπάγειν
1 κατανταν
42 gaggan 6 galeiftan 1 sniwan 1 gaqiman
1 έπισυνάγεσθαι 1 καταλαμβάνειν 1 gasniumjan
1 φθάνειν
2 gasniwan 1 bisniwan 1 sniwan
2 gasniwan
2 φθάνειν
1 bisniwan 1 gasniumjan 1 sniwan
2 gasteigan
1 καταβα'ινειν
15 11 2 2 1
atsteigan atgaggan galeif>an qiman gaggan
1 έμβαίνειν
6 1 1 1
2 hindarleipan
2 παρέρχεσθαι
4 usleiftan 1 pairhgaggan 1 ufargaggan
2 hiairban
2 περιπατεΐν
7 hjarbon
4 παράγειν
8 innatgaggan
galeifian atsteigan innatgaggan inngaggan
44 gaggan 3 Kiarbon 1 faurgaggan 1 pairhgaggan 1 f>airhleif>an
3 περιπατεΐν
44 gaggan 2 hiairban
6 ε'ισέρχεσθαι
38 11 11 7 7 4
1 έμβαίνειν
6 1 1 1
galeifian atgaggan inngaggan gaggan inngaleipan qiman galeifian atsteigan gasteigan inngaggan
Übersicht über die Entsprechungen der got. und gr. Bewegungsverben 1 είσπορεύεσΰαι
18 inngaggan
-
11 είσέρχεσθαι
145
5 inngaggan 3 galeif>an 1 gaggan 38 11 7 7 6 4
galeif>an atgaggan gaggan inngaleiftan innatgaggan qiman
5 είσπορεύεσθαι
3 galeif»an 1 gaggan 1 innatgaggan
1 έμβαίνειν
6 1 1 1
galeif)an atsteigan gasteigan innatgaggan
38 11 11 7 6 4
galeipan atgaggan inngaggan gaggan innatgaggan qiman
1 προβαίνειν 7 inngaleipan
47 laistjan
3 mipgaggan
7 είσέρχεσθαι
40 άκολουθεϊν
9 gaggan 3 afarlaistjan 1 afargaggan
7 διώκειν
2 afargaggan
2 συμπορεύεσθαι
1 gaqiman
1 συναναβαίνειν 1 mipinngaleißan
1 συνεισέρχεσθαι
1 mij)qiman
1 mipqiman
1 συνεισέρχεσθαι
1 mif)inngaleif»an
1 neh)jan
1 έγγίζειν
4 atnefojan 1 atgaggan
268 qiman
239 Ιρχεσθαι
27 20 3 2 1 1 1
gaggan atgaggan galeipan urrinnan atrinnan gaqiman usgaggan
146
Anhang 6 fyceiv
1 urrinnan
6 γίγνεσθαι
1 gagaggan
6 καςαγίγνεσθαι
1 atgaggan
4 ε'ισέρχεσθαι
38 11 11 7 7 6
galeif>an atgaggan inngaggan gaggan inngaleif>an innatgaggan
2 καταβαίνειν
11 15 2 1 1
atgaggan atsteigan galeipan gaggan gasteigan
77 12 10 2 1 1 1
usgaggan urrinnan galei|)an atgaggan gaggan rinnan utgaggan
2 παρεΐναι 1 έξέρχκτΦαι
1 οννέρχιυ Θ(ΧΙ
4 gaqiman 3 garinnaa 1 gagaggan
1' ΛβΟΜγγΙζϊΐ^ 13 rinnan
9 τρέχβ«
4 {Jragjan
2 όρματ*
1 run gawaurhtjan
1 έξέρχ€θθ«ι
77 12 10 2 1 1 1
usgaggan errinoan galeipan atgaggan gaggan qiman utgaggan
1 έπισυντρέχειν 5 sniumjan
5 σπεΰδειν
3 snrwaa
1 ύπάγειν
42 gaggan 6 galeipan 1 garinnan
Übersicht über die Entsprechungen der got. und gr. Bewegungsverben 1 φθάνειν
2 gasniwan 1 bisniwan 1 gasniumjan
1 άγωνίζεσθαι 1 steigan
11 J>airhgaggan
1 άναβαίνειν
10 ussteigan 10 usgaggan 4 galeif>an 4 urrinnan 1 ufarsteigan 1 gaggan
7 διέρχεσΰαι
3 galeipan 3 f>airhleif>an 3 usleipan
1 παρέρχεσΦαι
4 usleijjan 2 hindarleif>an 1 ufargaggan
1 παράγειν
4 hjarbon 1 J>airhleif>an 1 faurgaggan
1 παραποπεύεσθαι
2 faurgaggan
1 περιέρχεσθαι 5 J>airhleipan
3 διέρχεσθαι
7 pairhgaggan 3 galeiftan 3 usleif>an
1 παράγειν
4 tuarbon 1 faurgaggan 1 f>airhgaggan
1 έν παρόδφ 4 pragjan
4 τρέχειν
9 rinnan
2 ufargaggan
1 παρέρχεσθαι
4 usleifian 2 hindarleipan 1 Jiairhgaggan
1 ύπερβαίνειν 1 ufarleipan
1 διαπεράν
1 ufarsteigan
1 άναβαίνειν
1 usleipan 10 ussteigan 10 usgaggan 4 galeipan 4 urrinnan 1 steigan 1 gaggan
147
148 20 urrinnan
Anhang 12 έξέρχεσθαι
77 10 2 1 1 1 1
usgaggan galeipan atgaggan gaggan qiman rinnan utgaggan
4 άναβαίνειν
10 10 4 1 1 1
ussteigan usgaggan galeipan steigan gaggan ufarsteigan
2 ερχεσθαι
1 έκπορεΰεσθαι
1 ηκειν 102 usgaggan
77 έξέρχεσθαι
12 έκπορεύεσθαι
10 άναβαίνειν
1 ερχεσθαι
239 27 20 3 1 1 1
qiman gaggan atgaggan galeipan atrinnan gaqiman usgaggan
15 usgaggan 1 atgaggan 1 utgaggan 6 qiman 12 10 2 1 1 1 1
urrinnan galeipan atgaggan gaggan qiman rinnan utgaggan
1 atgaggan 1 urrinnan 1 utgaggan 10 4 4 1 1 1 239 27 20 3
ussteigan galeipan urrinnan steigan gaggan ufarsteigan qiman gaggan atgaggan galeipan
Übersicht über die Entsprechungen der got. und gr. Bewegungsverben 2 urrinnan 1 atrinnan 1 gaqiman 1 άνέρχεσθαι 1 προσαναβαίνειν 1 ushafjan
1 μεταβαίνειν
2 usleipan 1 faran
12 usleipan
4 παρέρχεσθαι
2 hindarleipan 1 pairhgaggan 1 ufargaggan
3 διέρχεσθαι
7 pairhgaggan 3 J>airhleif>an 3 galeipan
2 μεταβαίνειν
1 faran 1 ushafjan
1 άπέρχεσθαι
48 galeipan 4 gaggan 2 afleipan
1 διαπεράν
1 ufarleipan
1 έκδημεΐν 10 ussteigan
2 utgaggan
1 wipragaggan
10 άναβαίνειν
10 4 4 1 1 1
usgaggan galeipan urrinnan gaggan steigan ufarsteigan
1 έξέρχεσθαι
77 12 10 2 1 1 1
usgaggan urrinnan galeipan atgaggan gaggan qiman rinnan
1 έκπορεύεσΰαι
12 usgaggan 1 atgaggan 1 urrinnan
1 ύπανταν
1 gaggan
149
150 3 wraton
Anhang 2 πορεύεσθαι
49 5 1 1 1
gaggan galeipan afgaggan afleipan atgaggan
1 διοδεύειν
13.2. Got. - gr. Wörterverzeichnis afargaggan διώκειν Ph. 3,12. 14 άκολσυθεΐν Μ. 8,23 έπακολουθεΐν Τ. 5.24 συνακολουθεϊν Mc. 5,37. afarlaistjan άκολουθεΐν Μ. 8,10 L. 7,9 Mc. 10,32 έπακολουθεϊν Τ. 1,10 παρακολουθεϊν L. 1,3. afgaggan άναχωρεϊν J. 6,15 άποβαίνειν L. 5,2 άφίστασθαι L. 2,37 πορεύεσθαι Μ. 11,7 ύποχωρεϊν L. 9,10. aflei|ian άναχωρεϊν Μ. 9,24 27,5 Mc. 3,7 άποδημεΐν L. 15,13 20,9 Mc. 12,1 άπέρχεσθαι L. 5,13 Mc. 1,42 άποχωρεΐν Μ. 7,23 L. 20,20 πορεύεσΟαι L. 4,42 ύποχωρεΐν L. 5,16. anagaggan έπέρχεσθαι Ε. 2,7. atfarjan καταπλεϊν L. 8,26. atgaggan ερχεσθαι Μ. 5,24 9,15 25,39 J. 6,17 7,30.50 16,28 L. 5,7 18,3 Mc. 2,18.20 3,20 5,15.27 11,13.27 12,18 14,66 16,1.2 έισέρχεσθαι Μ. 9.25 J. 10,1 L. 1,9 7,36.44 17,7 Mc. 6,22.25 11,15 16,5 Κ. 14,23 καταβαίνειν Μ. 7,25.27 8,1 J. 6,16 L. 3,22 6,17 8,23 9,54 18,14 Mc. 1,10 9,9 προσέρχεσθαι Μ. 9,14 26,73 27,58 J. 12,21 L. 8,44 9,12 Mc. 14,45 Τ. 6,3 έξέρχεσθαι J. 18,29 19,4 έγγίζειν L. 15,25 έκπορεύεσθαι L. 3,7 ένίστασθαι t. 3,1 έπέρχεσθαι L. 1,35 κατέρχεσθαι L. 9,37 παραγίγνεσθαι L. 8,19 πορεύεσθαι L. 14,10. athaban sik προσπορεύεσθαι Mc. 10,35. atnefojan έγγίζειν L. 10,9.11 Mc. 1,15 14,42 R. 13,12 Ph. 2,30. atrinnan ερχεσθαι L. 16,21.
atsteigan καταβαίνειν Μ. 27,42 J. 6,33.38.41.42.50.58 L. 17,31 19,5.6 Mc. 15,30.32 E. 4,9.10 Th. 4,16 έμβαίνειν Μ. 9,1. birinnan κύκλων J. 10,24 περιτρέχειν Mc. 6,55. bisniwan φθάνειν Th. 4,15. bijjragjan προστρέχειν L. 19,4. duatgaggan προσέρχεσθαι Μ. 8,5.19.25 9,20.28 26,69 L. 7,14 8,24 9,42 20,27 Mc. 1,31 10,2 12,28. duatrinnan προστρέχειν Mc. 10,17. duatsniwan προσορμίζειν Mc. 6,53. durinnan προσέρχεσθαι Μ. 8,2 προστρέχειν Mc. 9,15. faran μεταβαίνειν L. 10,7. farjan έλαύνειν J. 6,19 πλεΐν L. 8,23. fauragaggan προάγειν Mc. 11,9 προπορεύεσθαι L. 1,76. fauraqiman προέρχεσθαι L. 1,17. faurbigaggan προάγειν Mc. 10,32 16,7. faurbisniwan προάγειν Τ. 5,24. faurgaggan παραπορεύεσϋαι Mc. 11,20 15,29 διαπορεύεσθαι L. 18,36 παράγειν L. 18,39. faursniwan προάγειν Τ. 1,18. gagaggan συνάγεσθαι J. 18,2 Mc. 6,30 Κ. 5,4 άποβαίνειν Ph. 1,19 γίγνεσθαι Mc. 11,23 έπιπορεύεσθαι L. 8,4 συνέρχεσθαι Mc. 3,20. gaggan πορεύεσθαι Μ. 8,9 9,13 11,4 25,41 27,66 J. 7,35 10,4 11,11 14,2.3.12.28 16,7.28 L. 1,6.39 2,3 4,30 5,24 7,6.8.11.22.50 8,14.48 9,13.51.52.53.56.57 14,19.31 15,4.15. 18 17,11.14.19 19,12.28.36 Mc. 9,30 16,10 K. 10,27 περιπατεϊν
Got.-gr. Wörterverzeichnis Μ. 9,5 11,5 J. 6,19.66 7,1 8,12 11,9.10 12,35 L. 5,23 7,22 20,46 Mc. 2,9 5,42 7,5 8,24 R. 8,1.4 13,13 14,15 K. 7,17 k. 4,2 5,7 10,2.3 12,18 E. 2,2.10 4,1.17 5,2.8 G. 5,16 Ph. 3,17.18 C. 1,10 3,7 4,5 Th. 2,12 4,1.12 ύπάγειν Μ. 5,24.41 8,4.13.32 9,6 27,65 J. 6,21 7,3.33 8,21.22 9,7.11 11,8.31.44 12,35 13,33.36 14,4.5 16,5.10.16.17 18,8 L. 8,42 10,3 19,30 Mc. 1,44 5.19.34 7,29 8,33 10,21.52 11,2 14.13 16,7 Ιρχεσθαι J. 6,5.17.35.37. 45 7,37 11,29.38 12,22 17,11.13 18,3 L. 3,16 6,47 8,49 9,23 10,1 14,17.26.27.31 18,16 Mc. 1,45 2,13 10.14 11,15.27 άκολουθεΐν Μ. 9,9. 19 J. 11,31 L. 5,28 Mc. 2,14.15 5,24 14,13 είσέρχεσθαι Μ. 6,6 J. 18,28 L. 8,41 9,4 10,8 Mc. 6,10 8,26 δγειν J. 11,7.15.16 14,31 Mc. 1,38 14,42 άπέρχεσθαι Μ. 8,19 L. 5,14 9,57.60 στοϊχειν G. 5,25 Ph. 3,16 άναβαίνειν Mc. 10,32 διαπορεύεσθαι L. 6,1 είσπορεύεσθαι Mc. 6,56 έμπεριπατεΐν k. 6,16 έξερχεσθαι Mc. 3,6 καταβαίνειν L. 2,51 όρθοποδεϊν G. 2,14 προκόπτειν t. 2,16 ύπαντδν J. 12,18. galeifian άπέρχεσθαι Μ. 8,18.21.31.32. 33 9,7 25,46 27,5.60 J. 6,1.22.66.68 9,7.11 10,40 11,28.46 12,19.36 16,7 18,6 L. 1,23.38 2,15 5,25 7,24 8,31.37.39 9,12.59 17,23 19,32 Mc. 1.20.35 3,13 5,17.20.24 7,24.30 10,22 11,4 12,12 14,10.12 είσέρχεσθαι J. 13,27 18,1.33 19,9 L. 1,28.40 4,16.38 6,6 7,1 8,30.32. 33 9,46.52 17,27 18,25 19,7.45 Mc. 1,21.45 2,1.26 3,1.27 5,12.13 7,17 9,25.28.43.47 10,23.24.25 11, 11 15,43 έξέρχεσθαι J. 13,30 18, 38 L. 14,18 Mc. 2,13 7,31 14,68 k. 2,13 8,17 R. 10,18 έμβαίνειν L. 5,3 8,22.37 Mc. 4,1 8,10.13 ύπάγειν J. 6,67 8,14.21 14,28 L. 17,14 πορεύεσθαι L. 4,42 K. 16,4 T. 1,3 t. 4,10 άναβαίνειν J. 7,8.10 διέρχεσθαι L. 8,22 Mc. 10,25 k. 1,16 είσπορεύεσθαι Mc. 1,21 5,40 7,19 Ιρχεσθαι J. 7,45 14,23 Mc.
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5,38 καταβαίνειν Μ. 11,23 L. 10,30 άνάγεσθαι L. 8,22 κατέρχεσθαι L. 4,31 προέρχεσθαι k. 9,5 προκόπτειν R. 13,12. qaqiman συνάγεσθαι Μ. 27,17.62 Mc. 2,2 5,21 7,1 συνέρχεσθαι J. 18,20 L. 5,17 8,4 K. 14,23 άνήκειν C. 3,18 2ρχεσθαι J. 11,19 καταντάν Ph. 3,11 συμπορεύεσθαι Mc. 10,1. garinnan συνέρχεσθαι L. 5,15 Mc. 14,53 K. 14,26 έπισυνάγεσθαι Mc. I,33 καταλαμβάνειν Κ. 9,24 καταντάν Ε. 4,13 ύπάγειν J. 12,11. gasniumjan φθάνειν k. 10,14. gasniwan φθάνειν R. 9,31 Ph. 3,16. gasteigan έμβαίνειν J. 6,24 καταβαίνειν R. 10,7. hindarleif)an παρέρχεσθαι L. 6,17 17,7. tuairban περιπατεΐν th. 3,6.11. h>arbon παράγειν Μ. 9,27 J. 8,59 Mc. 1,16 2,14 περιπατεΐν J. 7,1 10,23 Mc. 11,27. innatgaggan είσέρχεσθαι Μ. 8,5 27,53 L. 7,45 14,23 Mc. 5,39 K. 14,24 είσπορεύεσθαι Mc. 4,19 έμβαίνειν Μ. 8,23. inngaggan είσέρχεσθαι Μ. 7,13 8,8 J. 10,2.9 L. 7,6 8,51 10,5.10 15,28 17,12 είσπορεύεσθαι L. 8,16 19,30 Mc. 7,15.18 11,2 έμβαίνειν Mc. 5,18 προβαίνειν Mc. 1,19. inngaleij)an είσέρχεσθαι Μ. 7,13.21 L. 6,4 18,24 19,1 Mc. 14,14 R. II,25. laistjan άκολουθεΐν Μ. 8,1.19.22 9,9.27 10,38 27,55 J. 6,2 8,12 10,4.5.27 12,26 13,36.37 18,15 L. 5,11.27 9,11.23. 49.57.59.61 18,22.28 Mc. 1,18 3,7 6,1 8,34 9,38 10,21.28.52 14,51.54 15,41 διώκειν L. 17,23 R. 9,30.31 14,19 Th. 5,15 T. 6,11 t. 2,22. mfygaggan συμπορεύεσθαι L. 7,11 14,25 συναναβαίνειν Mc. 15,41. mfymngaleifjan συνεισέρχεσθαι J. 18, 15. mi{>qiman συνεισέρχεσθαι J. 6,22. nefüjan έγγίζειν L. 15,1. qiman ϊρχεσθαι Μ. 5,17 6,10 7,15. 25.27 8,7.9.14.28.29 9,1.10.13.18.23.28 10,23.34.35 11,3.14.18.19 27,49.57.
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Anhang
64 J. 6,14.23.24.44.65 7,27.28.31. 34.36.41.42 8,14.20.21.22.42 9,4.7. 39 10,8.10.12.41 11,17.20.27.30.32. 45 12,9.12.13.15.23.27.28.46.47 13,33 14,3.6.18.28.30 15,22.26 16,2.4.7.8. 13.21.25.32 17,1 18,4 L. 1,43.59 2,16.27.44.51 3,3.12 4,16.34.42 5,7. 32.35 6,18 7,3.7.8.19.20 8,12.17.35. 41.51 9,26.56 14,10.20 15,6.17.20. 25.30 17,20.22.27 18,5.8.30 19,5.10.13. 18.20.23.38 20,16 Mc. 1,7.9.14.24.29. 40 2,3.17 3,8.31 4,4.15.21 5,1.14. 22.23.33.35 6,1.29 7,1.25.31 8,10.22. 38 9,1.7.11.12.13.14.33 10,1.45.50 11,9.10.13 12,9.14 13,26 14,45.62 15.21.36.43 R. 7,9 9,9 K. 4,5 11,26 13,10 16,2.5.10.11.12 k. 1,15. 16.23 2,1.3.12 7,5 9,4 11,4.9 12,1. 14.20.21 13,1.2 E. 2,17 5,6 G. 1,21 2,11.12 4,4 Ph. 1,27 2,24 C. 3,6 4,10 Th. 2,18 3,6 5,2 th. 1,10 2,3 T. 1,15 2,4 3,14 4,13 t. 3,7 4,9 ηκεινΜ. 8,11 J. 6,37 8,42 L. 15,27 19,43 Mc. 8,3 γίγνεσθαι J. 6,19.25 Mc. 1,11 4,17 9,33 t. 1,17 παραγίγνεσθαι L. 7,4.20 14,21 19,16 Mc. 14,43 K. 16,3 είσέρχεσθαι Μ. 5,20 L. 9,34 18,17 Mc. 10,15 καταβαίνειν J. 6,51 Mc. 3,22 παρεϊναι J. 11,28 G. 4,20 έξέρχεσθαι Mc. 1,38 προσεγγίζειν Mc. 2,4 συνέρχεσθαι J. 11,33. rinnan τρέχειν Mc. 5,6 R. 9,16 Κ. 9,24.26 G. 2,2 5,7 όρμαν L. 8,33 Mc. 5,13 έξέρχεσθαι Μ. 8,28 έπισυντρέχειν Mc. 9,25. run gawaurkjan όρμαν Μ. 8,32. sniumjan σπεύδειν L. 2,16 19,5.6 Th. 2,17 t. 4,9. sniwan άγωνίζεσθαι Κ. 9,25 υπάγειν J. 15,16 φθάνει/ν Th. 2,16. steigan άναβαίνειν J. 10,1. J>airhgaggan διέρχεσθαι L. 2,15.35 9,6 17,1.1 19,4 K. 10,1 16,5 παράγειν J. 9,1 παραπορεύεσθαι Mc. 2,23 παρέρχεσθαι L. 18,37 περιέρχεσθαι Τ. 5,13.
JjairhleiJjan διέρχεσθαι L. 4,30 18,25 19,1 παράγειν Μ. 9,9 έν παρόδφ Κ. 16,7. j)ragjan τρέχειν Μ. 27,48 L. 15,20 Mc. 15,36 th. 3,1. ufargaggan παρέρχεσθαι L. 15,29 ύπερβαίνειν Th. 4,6. ufarlei[>an διαπερδν Μ. 9,1. ufarsteigan άναβαίνειν Mc. 4,7. urrinnan έξέρχεσθαι J. 8,42 11,44 12, 13 16,27.30 17,8 L. 2,1 4,14.35 8,5 Mc. 4,3 8,11 14,48 άναβαίνειν J. 12,20 L. 2,4 Mc. 4,8.32 ερχεσθαι L. 7,33.34 έκπορεύεσθαι J. 15,26 ηκειν R. 11,26. usgaggan έξέρχεσθαι Μ. 5,26 8,24.32 9,26.31.32 11,7.8.9. 26,71.75 27,53 J. 8,59 10,39 11,31 16,28 18,1.4. 16 19,5 L. 1,22 4,35.36.41.42 5,8. 27 6,12.19 7,17.24.25.26 8,2.27. 29.33.35.38.46 9,4.5.6 10,10 14,21. 23 15,28 17,29 Mc. 1,25.26.28.29.35 45 2,12 3,21 5,2.8.13.30 6,10.12. 24.54 7,29.30 8,27 9,25.26.29.30 11,11 14,16 16,8 K. 5,10 k. 6,17 Ph. 4,15 έκπορεύεσθαι L. 4,22.37 Mc. 1,5 6,11 7,19.20.21.23 10,17. 46 11,19 E. 4,29 άναβαίνειν L, 2,42 9,28 18,10.31 19,28 Mc. 1,10 10,33 15,8 G. 2,1.2 άνέρχεσθαι J. 6,3 ερχεσθαι J. 6,5 προσαναβαίνειν L. 14,10. ushafjan μεταβαίνειν Μ. 11,1. usleijjan παρέρχεσθαι Μ. 5,18 8,28 k. 5,17 διέρχεσθαι J. 8,59 Mc. 4,35 Κ. 16,5 μεταβαίνειν Μ. 8,34 J. 7,3 άπέρχεσθαι Mc. 8,13 διαπερδν Mc. 5,21 έκδημεΐν k. 5,8. ussteigan άναβαίνειν J. 6,17.62 7,14 L. 5,19 19,4 Mc. 3,13 R. 10,6 E. 4,8.9.10. utaggan έκπορεύεσθαι Mc. 7,15 έξέρχεσθαι J. 10,9. wifrragaggan ύπαντδν J. 11,20. wraton πορεύεσθαι L. 2,41 K. 16,6 διοδεύειν L. 8,1.
Gr.-got. Wörterverzeichnis
153
13.3. Gr.-got. Wörterverzeichnis άγειν gaggan J. 11,7.15.16 14,31 Mc. I,38 14,42. άγωνίξεσθαι sniwan Κ. 9,25. άχολουθεϊν laistjan Μ. 8,1.19.22 9,9. 27 10,38 27,55 J. 6,2 8,12 10,4.5.27 12,26 13,36.37 18,15 L. 5,11.27 9, II.23.49.57.59.61 18,22.28 Mc. 1, 18 3,7 6,1 8,34 9,38 10,21.28.52 14,51.54 15,41 gaggan M. 9,9.19 J. 11,31 L. 5,28 Mc. 2,14.15 5,24 14,13 afarlaistjan M. 8,10 L. 7,9 Mc. 10,32 afargaggan M. 8,23. όναβαίνειν ussteigan J. 6,17.62 7,14 L. 5,19 19,4 Mc. 3,13 R. 10,6 E. 4,8.9.10 usgaggan L. 2,42 9,28 18, 10.31 19,28 Mc. 1,10 10,33 15,8 G. 2, 1.2 galeipart J. 7,8.10 urrinnan J. 12,20 L. 2,4 Mc. 4,8.32 gaggan Mc. 10,32 steigan J. 10,1 ufarsteigan Mc. 4,7. άνάγεσθαι galeipan L. 8,22. άναχωρείν afleipan M. 9,24 27,5 Mc. 3,7 afgaggan J. 6,15. ήνέρχεοθαι usgaggan J. 6,3. άνηκειν gaqiman C. 3,18. άλέρχεβθαι galeipan M. 8,18.21.31.32. 33 9,7 25,46 27,5.60 J. 6,1.22.66.68 9,7.11 10,40 11,28.46 12,19.36 16, 7 18,6 L. 1,23.38 2,15 5,25 7,24 8,31.37.39 9,12.59 17,23 19,32 Mc. I,20.35 3,13 5,17.20.24 7,24.30 10,22 11,4 12,12 14,10.12 gaggan M. 8,19 L. 5,14 9,57.60 afleipan L. 5,13 Mc. 1,42 usleipan Mc. 8,13. Αχοβαίνειν afgaggan L. 5,2 gagaggan Ph. 1,19. άΛοδημεϊν afleipan L. 15,13 20,9 Mc. 12,1.
ά«οχωρεϊν afleipan M. 7,23 L. 20,20. άφίοτασθαι afgaggan L. 2,37. γίγνεοθα» qiman J. 6,19.25 Mc. 1,11 4,17 9,33 t. 1,17 gagaggan Mc. II,23. δια*εράν ufarleipan M. 9,1 usleipan Mc. 5,21. διαπορεΰεσθαι gaggan L. 6,1 faurgaggan L. 18,36. διέρχεσΟαι pairhgaggan L. 2,15.35 9,6 17,11 19,4 K. 10,1 16,5 pairhlei-
pan L. 4,30 18,25 19,1 galeipan L. 8,22 Mc. 10,25 k. 1,16 usleipan J. 8,59 Mc. 4,35 K. 16,5. διοδεϋειν wraton L. 8,1. διώκειν laistjan L. 17,23 R. 9,30.31 14,19 Th. 5,15 T. 6,11 t. 2,22 afargaggan Ph. 3,12.14. έγγίξειν atnefvjan L. 10,9.11 Mc. 1,15 14,42 R. 13,12 Ph. 2,30 atgaggan L. 15,25 nehijan L. 15,1. είσέρχεσθαι galeipan J. 13,27 18,1.33 19,9 L. 1,28.40 4,16.38 6,6 7,1 8,30.32.33 9,46.52 17,27 18,25 19, 7.45 Mc. 1,21.45 2,1.26 3,1.27 5, 12.13 7,17 9,25.28.43.47 10,23.24. 25 11,11 15,43 atgaggan M. 9,25 J. 10,1 L. 1,9 7,36.44 17,7 Mc. 6,22.25 11,15 16,5 K. 14,23 inngaggan M. 7,13 8,8 J. 10,2.9 L. 7,6 8,51 10,5.10 15,28 17,12 gaggan M. 6,6 J. 18,28 L. 8,41 9,4 10,8 Mc. 6,10 8,26 inngaleipan M. 7,13. 21 L. 6,4 18,24 19,1 Mc. 14,14 R. 11,25 innatgaggan M. 8,5 27,53 L. 7,45 14,23 Mc. 5,39 K. 14,24 qiman M. 5,20 L. 9,34 18,17 Mc. 10,15. είολορετιεσθαι inngaggan L. 8,16 19,30 Mc. 7,15.18 11,2 galeipan Mc. 1,21 5,40 7,19 gaggan Mc. 6,56 innatgaggan Mc. 4,19. έκδημεϊν usleipan k. 5,8. έχχορεύεσθαι usgaggan L. 4,22.37 Mc. I,5 6,11 7,19.20.21.23 10,17.46 II,19 E. 4,29 atgaggan L. 3,7 urrinnan J. 15,26 utgaggan Mc. 7,15. έλαύνειν farjan J. 6,19. έμβαίνειν galeipan L. 5,3 8,22.37 Mc. 4,1 8,10.13 atsteigan M. 9,1 gasteigan J. 6,24 inngaggan Mc. 5,18 innatgaggan M. 8,23. έμΛεριχατεΐν gaggan k. 6,16. ένίστασθαι atgaggan t. 3,1. έξέρχεσθαι usgaggan M. 5,26 8,32.34 9,26.31.32 11,7.8.9 26,71.75 27,53 J. 8,59 10,39 11,31 16,28 18,1.4. 16 19,5 L. 1,22 4,35.36.41.42 5,8. 27 6,12.19 7,17.24.25.26 8,2.27.29.
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Anhang
33.35.38.46 9,4.5.6 10,10 14,21.23 15,28 17,29 Mc. 1,25.26.28.29.35.45 2,12 3,21 5,2.8.13.30 6,10.12.24.54 7,29.30 8,27 9,25.26.29.30 11,11 14,16 16,8 Κ. 5,10 k. 6,17 Ph. 4, 15 urrinnan J. 8,42 11,44 12,13 16,27.30 17,8 L. 2,1 4,14.35 8,5 Mc. 4,3 8,11 14,48 galeipan J. 13,30 18,38 L. 14,18 Mc. 2,13 7,31 14, 68, k. 2,13 8,17 R. 10,18 atgaggan J. 18,29 19,4 gaggan Mc. 3,6 qiman Mc. 1,38 rinnan M. 8,28 utgaggart J. 10,9. έ«α* ολουθεϊν a far gaggan Τ. 5,24 afarlaistjan Τ. 5,10. έΛέρχεαθαι anagaggan Ε. 2,7 atgaggan L. 1,35. έΛΙΛορεΰεσθαι gagaggan L. 8,4. έΛισυνάγεσθοι garinnan Mc. 1,33. έΛισυντρέχειν rinnan Mc. 9,25. έρχεσθαι qiman M. 5,17 6,10 7,15.25. 27 8,7.9.14.28.29 9,1.10.13.18.23.28 10,23.34.35 11,3.14.18.19 27,49.57. 64 J. 6,14.23.24.44.65 7,27.28.31.34. 36.41.42 8,14.20.21.22.42 9,4.7.39 10,8.10.12.41 11,17.20.27.30.32.45 12,9.12.13.15.23.27.28.46.47 13,33 14, 3.6.18.28.30 15,22.26 16,2.4.7.8.13. 21.25.32 17,1 18,4 L. 1,43.59 2, 16.27.44.51 3,3.12 4,16.34.42 5,7. 32.35 6,18 7,3.7.8.19.20 8,12.17.35. 41.51 9,26.56 14,10.20 15,6.17.20.25. 30 17,20.22.27 18,5.8.30 19,5.10.13. 18.20.23.38 20,16 Mc. 1,7.9.14.24.29 40 2,3.17 3,8.31 4,4.15.21 5,1.14. 22.23.33.35 6,1.29 7,1.25.31 8,10.22. 38 9,1.7.11.12.13.14.33 10,1.45.46.50 11,9.10.13 12,9.14 13,26 14,45.62 15, 21.36.43 R. 7,9 9,9 K. 4,5 11,26 13,10 16,2.5.10.11.12 k. 1,15.16.23 2.1.3.12 7,5 9,4 11,4.9 12,1.14.20. 21 13,1.2 E. 2,17 5,6 G. 1,21 2, 11.12 4,4 Ph. 1,27 2,24 C. 3,6 4,10 Th. 2,18 3,6 5,2 th. 1,10 2,3 T. 1,15 2,4 3,14 4,13 t. 3,7 4,9 gaggan J. 6,5.17.35.37.45 7,37 11,29.38 12,22 17.11.13 18,3 L. 3,16 6,47 8,49 9,23 10,1 14,17.26.27.31 18,16 Mc. 1,45 2,13 10,14 11,15.27 atgaggan M. 5,24 9,15 25,39 J. 6,17 7,30.50 16,28 L. 5,7 18,3 Mc. 2,
18.20 3,20 5,15.27 11,13.27 12,18 14,66 16,1.2 galeipan J. 7,45 14,23 Mc. 5,38 urrinnan L. 7,33.34 anawairps J. 16,13 Mc. 10,30 atrinnan L. 16,21 gaqiman J. 11,19 usgaggan J. 6,5 hiri J. 11,34. ήχειν qiman M. 8,11 J. 6,37 8,42 L. 15,27 19,43 Mc. 8,3 urrinnan R. 11,26. καταβαίνειν atsteigan M. 27,42 J . 6,33. 38.41.42.50.58 L. 17,31 19,5.6 Mc. 15,30.32 E. 4,9.10 Th. 4,16 atgaggan M. 7,25.27 8,1 J. 6,16 L. 3,22 6,17 8,23 9,54 18,14 Mc. 1,10 9, 9 galeipan M. 11,23 L. 10,30 qiman J. 6,51 Mc. 3,22 gaggan L. 2,51 gasteigan R. 10,7. καταλαμβάνειν garinnan K. 9,24. χατανιάν gaqiman Ph. 3,11 garinnan E. 4,13. κατακλεΐν atfarjan L. 8,26. χατέρχεσθαι atgaggan L. 9,37 galeipan L. 4,31. κυκλών birinnan J. 10,24. μεταβαίνειν usleipan M. 8,34 J. 7,3 far an L. 10,7 ushafjan M. 11,1. όρθοηοδεϊν gaggan G. 2,14. όρμάν rinnan L. 8,33 Mc. 5,13 run gawaurkjan M. 8,32. Ααράγειν harbon M. 9,27 J. 8,59 Mc. 1.16 2,14 faurgaggan L. 18,39 pairhgaggan J. 9,1 pairhleipan M. 9,9. «αραγίγνεσθαι qiman L. 7,4.20 14,21 19,16 Mc. 14,43 K. 16,3 atgaggan L. 8,19. Λαρακολουθεϊν afarlaistjan L. 1,3. ΛοραΛορεΐεσβαι faurgaggan Mc. 11,20 15,29 pairhgaggan Mc. 2,23. Λαρεϊναι qiman J. 11,28 G. 4,20. Λαρέρχεσθαι usleipan M. 5,18 8,28 k. 5.17 hindarleipan L. 16,17 17,7 pairhgaggan L. 18,37 ufargaggan L. 15,29. «εριέςχεοθαι pairhgaggan T. 5,13. «ερίΛατεϊν gaggan M. 9,5 11,5 J. 6, 19.66 7,1 8,12 11,9.10 12,35 L. 5.23 7,22 20,46 Mc. 2,9 5,42 7,5 8.24 R. 8,1.4 13,13 14,15 K. 7,17 k. 4,2 5,7 10,2.3 12,18 E. 2,2.10 4,1.17 5,2.8 G. 5,16 Ph. 3,17.18
Gr .-got. νδΓΐβΓνβΓζβίΑηίβ C. 1,10 3,7 4,5 Th. 2,12 4,1.12 harbon J. 7,1 10,23 Mc. 11,27 hairban th. 3,6.11. «εριτρέχειν birinnan Mc. 6,55. χλεϊν farjan L. 8,23. χορεύεσβαι gaggan M. 8,9 9,13 11,4 25,41 27,66 J. 7,35 10,4 11,11 14,2.3.12.28 16,7.28 L. 1,6.39 2,3 4,30 5,24 7,6.8.11.22.50 8,14.48 9,13.51.52.53.56.57 14,19.31 15,4. 15.18 17,11.14.19 19,12.28.36 Mc. 9,30 16,10 K. 10,27 galeipan L. 4,42 K. 16,4 T. 1,3 t. 4,10 xvraton L. 2,41 K. 16,6 afgaggan M. 11,7 afleipan L. 4,42 atgaggan L. 14,10. Λροάγειν faurbigaggan Mc. 10,32 16,7 fattragaggan Mc. 11,9 faurbisniwan T. 5,24 faursniwan T. 1.18. «Qoßaivciv inngaggan Mc. 1,19. χροέρχεοθαι fauraqiman L. 1,17 galeipan k. 9,5. χροκόητειν gaggan t. 2,16 galeipan R. 13,12. χροχορεύεσΦαι fattragaggan L. 1,76. χροσαναβαίνειν usgaggan L. 14,10. χροσεγγίξειν qiman Mc. 2,4. χροσέρχεσΟαι duatgaggan M. 8,5.19.25 9,20.28 26,69 L. 7,14 8,24 9,42 20,27 Mc. 1,31 10,2 12,28 atgaggan M. 9,14 26,73 27,58 J. 12,21 L. 8,44 9,12 Mc. 14,45 T. 6,3 durinnan M. 8,2. χροσορμ(ξαν duatsniwan Mc. 6,53. «ροσχορεύεσθαι athaban Mc. 10,35. χροοτρέχειν bipragjan L. 19,4 duatrinnan Mc. 10,17 durinnan Mc. 9, 15.
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οχεύδειν sniumjan L. 2,16 19,5.6 Th. 2,17 t. 4,9. ατοιχεϊν gaggan G. 5,25 Ph. 3,16. σνμχορεύεοθαι mipgaggan L. 7,11 14, 25 gaqiman Mc. 10,1. συνάγεσϋαι gaqiman M. 27,17.62 Mc. 2,2 5,21 7,1 gagaggan J. 18,2 Mc. 6,30 K. 5,4. ουναχολουθεϊν afargaggan Mc. 5,37. owaßaivav mipgaggan Mc. 15,41. ουνεισέρχεσΦαι mipinngaleipan J. 18,15 mipqiman J. 6,22. συνέρχεσβαι gaqiman J. 18,20 L. 5,17 8.4 K. 14,23 garinnan L. 5,15 Mc. 14,53 K. 14,26 gagaggan Mc. 3,20 qiman J. 11,33. τρέχειν rinnan Mc. 5,6 R. 9,16 K. 9, 24.26 G. 2,2 5,7 pragjan M. 27,48 L. 15,20 Mc. 15,36 th. 3,1. ύχάγειν gaggan M. 5,24.41 8,4.13.32 9,6 27,65 J. 6,21 7,3.33 8,21.22 9,7.11 11,8.31.44 12,35 13,33.36 14, 4.5 16,5.10.16.17 18,8 L. 8,42 10, 3 19,30 Mc. 1,44 5,19.34 7,29 8,33 10,21.52 11,2 14,13 16,7 galeipan J. 6,67 8,14.21 14,28 L. 17,14 garinnan J. 12,11 sniwan J. 15,16. ixavxäv wipragaggan J. 11,20 gaggan J. 12,18. ύχερβαΐνειν ufargaggan Th. 4,6. ύχοχωρεϊν afgaggan L. 9,10 afleipan L. 5,16. φθάνειν gasniwan R. 9,31 Ph. 3,16 bisniwan Th. 4,15 gasniumjan k. 10, 14 sniwan Th. 2,16.
Durch die Neuentdeckung des Speyerer Fragmentes des Codex Argenteus (Text bei Piergiuseppe Scardigli, Die Goten, Sprache und Kultur, München 1973, 355 ff.) ergeben sich die folgenden zusätzlichen Belege, die in unserer Untersuchung nicht berücksichtigt sind: ήχέρχεσθαι galeipan Mc. 16,13. έξέρχεσθαι usgaggan Mc. 16,20. έχακολουΦεΐν afargaggan Mc. 16,20. χαραχολουθεϊν afargaggan Mc. 16,17. χορεύεοθαι gaggan Mc. 16,12.15.