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German Pages 262 Year 2017
Schriften zum Steuerrecht Band 124
Die „gewerbliche Prägung“ im Internationalen Steuerrecht
Von
Sebastian Leidel
Duncker & Humblot · Berlin
SEBASTIAN LEIDEL
Die „gewerbliche Prägung“ im Internationalen Steuerrecht
S c h r i f t e n z u m St e u e r r e c ht Band 124
Die „gewerbliche Prägung“ im Internationalen Steuerrecht
Von Sebastian Leidel
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Sommersemester 2016 als Dissertation angenommen.
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ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-15045-8 (Print) ISBN 978-3-428-55045-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-85045-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2016 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen. Allen voran danke ich ganz herzlich meinem Doktorvater Professor Dr. Georg Crezelius. Er hat nicht nur Anstoß zu dem Thema gegeben, sondern die Arbeit daran stets zielgerichtet gefördert. Eine bessere Betreuung hätte ich mir nicht wünschen können. Professor Dr. Michael Fischer danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Danken möchte ich auch Dr. Felix Wobst und Alexander Seitz, die sich als außerordentlich kritische und konstruktive Diskussionspartner erwiesen haben. Besonderer Dank gebührt meinen Eltern für die Unterstützung nicht nur während des Studiums, sondern auch bei dem Promotionsvorhaben. Insbesondere meinem Vater, Dr. Peter Leidel, danke ich sowohl für das kritische Hinterfragen meiner Thesen als auch die zeitraubende Durchsicht des Manuskripts. Nicht zuletzt danke ich von ganzem Herzen Saskia Kulas, die mich während der gesamten Zeit der Anfertigung in jeder erdenklichen Weise liebevoll unterstützt hat. Für die Veröffentlichung wurden Literatur und Rechtsprechung bis einschließlich Juni 2016 berücksichtigt. München, im Oktober 2016
Sebastian Leidel
Inhaltsübersicht § 1 Rechtfertigung und Eingrenzung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 A. Einkünftequalifikation und Geprägeregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Gewerbliche Prägung im Internationalen Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 C. Neuregelung des § 50i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 D. Thematische Ausgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 § 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand und Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 23 A. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Tatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 C. Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 § 3 Systematik des Internationalen Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 A. Begriff des Internationalen Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 B. Besteuerung nach dem Welteinkommens- und Ursprungsprinzip . . . . . . . . . . . . . 39 C. Doppelbesteuerung und deren Vermeidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 D. Individualbesteuerung und zwischenstaatliche Steuerverteilung . . . . . . . . . . . . . . 41 § 4 Gewerbliche Prägung im deutschen Internationalen Steuerrecht . . . . . . . . . . . . 44 A. Beschränkte Steuerpflicht des Steuerausländers im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 B. Unbeschränkte Steuerpflicht des Steuerinländers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 C. Innerstaatliche Methoden zur Vermeidung von Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . 69
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Inhaltsübersicht
§ 5 Gewerbliche Prägung im Anwendungsbereich von DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 A. Grundlegende Ausführungen zu DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 B. Problemdarstellung und Zusammenfassung des bisherigen Meinungsstands . . . . . 105 C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus gewerblich geprägten Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 § 6 Neuregelung des § 50i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 A. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 B. Systematische Einordnung des § 50i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 § 7 Ergebnisse und Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 A. Thesenhafte Darstellung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 B. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Inhaltsverzeichnis § 1 Rechtfertigung und Eingrenzung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 A. Einkünftequalifikation und Geprägeregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Gewerbliche Prägung im Internationalen Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 C. Neuregelung des § 50i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 D. Thematische Ausgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 § 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand und Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 23 A. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Entwicklung und Aufgabe der Geprägetheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Kodifizierung der Geprägetheorie in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . 25 III. Zwischenergebnis und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Tatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I. Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Keine Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 III. Ausschließlich Kapitalgesellschaft(en) als persönlich haftende(r) Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Persönlich haftender Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 IV. Nur persönlich haftende Kapitalgesellschaft(en) oder Dritte(r) als Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 V. Einkünfteerzielungsabsicht der Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 C. Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Beginn und Ende der Umqualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Mitunternehmerschaft und Sonderbetriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 III. Gewerbesteuerpflichtige Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 § 3 Systematik des Internationalen Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 A. Begriff des Internationalen Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
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Inhaltsverzeichnis B. Besteuerung nach dem Welteinkommens- und Ursprungsprinzip . . . . . . . . . . . . . 39 C. Doppelbesteuerung und deren Vermeidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 D. Individualbesteuerung und zwischenstaatliche Steuerverteilung . . . . . . . . . . . . . . 41
§ 4 Gewerbliche Prägung im deutschen Internationalen Steuerrecht . . . . . . . . . . . . 44 A. Beschränkte Steuerpflicht des Steuerausländers im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte nach § 49 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei inländischer Betriebsstätte oder ständigem Vertreter, § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 a) Inländische Betriebsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 aa) Geschäftseinrichtung oder Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 bb) Zeitliche und örtliche Festigkeit sowie Verfügungsmacht . . . . . . . . 46 cc) Unternehmensdienende Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (1) Unternehmensbegriff i.S.d. § 12 S. 1 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (a) Historische Ausgangsbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (b) In grammatikalischer Hinsicht auch vermögensverwaltende Tätigkeiten erfasst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 (c) Kein Rückgriff auf die Unternehmensdefinition in § 2 Abs. 1 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (2) Dienende Funktion der Betriebsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 dd) Betriebsstätte i.S.d. § 12 S. 1 AO einer gewerblichen geprägten Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (1) Betriebsstätteneigenschaft einer Immobilie . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (2) Betriebsstätteneigenschaft von Anteilen an Kapital- sowie Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 ee) Geschäftsleitung, Zweigniederlassung und Geschäftsstelle im Inland, § 12 S. 2 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Ständiger Vertreter im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Subsidiäres Anknüpfungsmerkmal zur Betriebsstätte . . . . . . . . . . . 56 bb) Organ als ständiger Vertreter i.S.d. § 13 S. 1 AO? . . . . . . . . . . . . . 57 (1) Persönliches Abhängigkeitsverhältnis irrelevant . . . . . . . . . . . . 57 (2) Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Stellung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 (3) Geschäftsführer einer Personengesellschaft kein ständiger Vertreter i.S.d. § 13 S. 1 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
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2. Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte bei Fehlen einer Betriebsstätte oder eines ständigen Vertreters im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Einkünfte i.S.d. § 17 EStG, § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG . . . . . . . . . . . 60 aa) Grundsätzlich keine Anwendung auf gewerblich geprägte Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Abweichende Beurteilung aufgrund der isolierenden Betrachtungsweise? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (1) Ausschließliche Relevanz der tatbestandlichen Verwirklichung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG für Zwecke der isolierenden Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (2) Allein die Rechtsform als möglicherweise im Ausland gegebenes Besteuerungsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (3) Keine Außerachtlassung der Rechtsform der ausländischen Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Veräußerung von unbeweglichem Vermögen, § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) S. 1 EStG . . . . . . . 65 c) Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 EStG, § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG . . . . . . . . . . 66 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 B. Unbeschränkte Steuerpflicht des Steuerinländers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 C. Innerstaatliche Methoden zur Vermeidung von Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . 69 § 5 Gewerbliche Prägung im Anwendungsbereich von DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 A. Grundlegende Ausführungen zu DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 I. Rechtsnatur und Abschluss von DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 II. Deutsche Abkommenspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 III. Wirkungsweise und Systematik von DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 IV. Abkommensziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Vermeidung von (juristischer) Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2. Sachgerechte Aufteilung des Besteuerungssubstrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 3. Vermeidung von Steuerverkürzung und doppelter Nichtbesteuerung . . . . . 78 V. Auslegung von DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1. Grundsätzliche Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. Auslegung nach den Art. 31 ff. WÜRV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Text der Art. 31 bis 33 WÜRV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 b) Vorrangige objektivierte Auslegung nach dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . 83
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Inhaltsverzeichnis c) Neben dem Vertragstext heranzuziehende Auslegungsmaterialien . . . . 85 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 bb) Berücksichtigung des OECD-MA bzw. des OECD-MK . . . . . . . . . 87 cc) Berücksichtigung von Parallelabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 d) Subsidiäre Auslegung nach dem Willen der Vertragsstaaten . . . . . . . . . 89 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) Für die Auslegung maßgebliche Abkommensziele . . . . . . . . . . . . . 90 e) Gebot der Entscheidungsharmonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. Auslegung nach dem innerstaatlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Art. 3 Abs. 2 OECD-MA als auslegungsbedürftige Auslegungsregel 93 b) Voraussetzungen und Reichweite von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA . . . . . . 93 aa) Anwendung des Abkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 bb) Keine Abkommensdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 cc) Abkommenszusammenhang erfordert nichts anderes . . . . . . . . . . . 95 (1) Abkommenszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (2) Nichts anderes erfordern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 c) Zugrundelegung des nationalen Begriffsverständnisses . . . . . . . . . . . . . 98 4. Zwischenergebnis: Festlegung des Auslegungsmaßstabes unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 5. Konflikte bei der Auslegung und Anwendung von DBA . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Zum missverständlichen Begriff des Qualifikationskonflikts . . . . . . . . 101 b) Beseitigung von Auslegungskonflikten und deren Folgen . . . . . . . . . . . 103 c) Exkurs zu Zurechnungskonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 B. Problemdarstellung und Zusammenfassung des bisherigen Meinungsstands . . . . . 105 I. Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 II. Zusammenfassung des bisherigen Meinungsstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Abkommensautonome Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Auslegung nach nationalem Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Uneingeschränkt nationale Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Eingeschränkt nationale Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 III. Einleitende kritische Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus gewerblich geprägten Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 I. Einleitende Ausführungen zu Art. 7 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. OECD-MA als Mustervertrag und entsprechende Umsetzungen des Art. 7 OECD-MA in deutschen DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Abweichende Formulierungen in deutschen DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3. Spezifizierung des Unternehmensbegriffs i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA 119
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II. Definitorische Aussage zum Begriff „Unternehmen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Begriffsbestimmung in deutschen DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 c) Bedeutung und Inhalt der Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 aa) Definitionscharakter von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA . . . . . . . . 122 (1) Einleitende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (2) Formulierungsgleichlauf mit anderen Bestimmungen im OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (3) Unzureichende inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (4) Verhältnis zu Art. 3 Abs. 2 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Auslegung der „Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ . . . . . . . . . . . 127 (1) Teilbestimmung des Tätigkeitsbereichs eines Unternehmens 127 (2) Begriff der „Geschäftstätigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (3) „Ausübung“ der Geschäftstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (4) Erweiterung auf freiberufliche und sonstige selbstständige Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA . . . . . . . . . . . . . 131 (a) Keine Maßgeblichkeit des innerstaatlichen Steuerrechts . . . 131 (b) Freiberufliche und sonstige selbstständige Tätigkeit nach Art. 14 OECD-MA a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (c) Dauerhaftigkeitserfordernis der „Ausübung“ . . . . . . . . . . . . 133 (d) Dienstleistungscharakter der von Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA erfassten Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Abkommenseigene Definition außerhalb von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECDMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Definition in Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 b) Definition in Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 c) Definition in Art. 7 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 d) Definition in einzelnen DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 III. Wortlaut relevanter DBA-Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 a) „Gewinne eines Unternehmens“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 aa) Keine diesbezügliche Aussagekraft des Gewinnbegriffs . . . . . . . . . 138 bb) Generelle und wirtschaftsspezifische Bedeutung von „Unternehmen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 b) „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Verwendung in anderem Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
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Inhaltsverzeichnis bb) Keine über Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA hinausgehende Aussagekraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 c) „Gewerbliche“ Gewinne eines Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 d) Beiderseitige gewerbliche Prägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) „Gewerbliche Prägung“ im luxemburgischen Steuerrecht . . . . . . . . 144 bb) Keine abkommensrechtliche Maßgeblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 IV. Abkommensrechtliche Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Allgemeines zum Verhältnis zur innerstaatlichen Gesetzessystematik . . . . 149 2. Ausgangsbetrachtung des Verhältnisses der relevanten Verteilungsnormen zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 a) Relevante Verteilungsnormen betreffend laufende Einkünfte . . . . . . . . 151 aa) Vorrangige Besteuerung nach den anderen Verteilungsnormen aufgrund der Subsidiaritätsklausel des Art. 7 Abs. 4 OECD-MA . . . . 151 bb) Durchbrechung dieser Subsidiarität aufgrund der Betriebsstättenvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 cc) Tatbestandliche Parallelität und lediglich rechtsfolgenseitige Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 dd) Keine Probleme bei der Anwendung der Methodenartikel oder der Aktivitätsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Relevante Verteilungsnormen betreffend Veräußerungsgewinne . . . . . . 156 c) Folgerungen für den Unternehmensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Herausbildung einer abkommensimmanenten Zuteilungssystematik . . . . . 158 a) Ausgangsbetrachtung anhand des Betriebsstätten- und Belegenheitsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Systematische Einordnung der Zuteilungsentscheidungen in den Verteilungsnormen des OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 aa) Verteilungsnormen mit Regel-Ausnahme-Verhältnis . . . . . . . . . . . . 160 bb) Verteilungsnorm mit ausschließlicher Besteuerung im Ansässigkeitsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 cc) Verteilungsnormen, die bereits im Grundsatz keine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 c) Bewertung der dargelegten Zuteilungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . 163 aa) Nutzentheoretische Zuordnung innerhalb der Verteilungsnormen mit Regel-Ausnahme-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (1) Ordnungscharakter der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat . . . 164 (2) Bestätigung durch das Betriebsstättenprinzip des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA sowie die Betriebsstättenvorbehalte . . . . . . . . . . . . 164 (3) Keine abweichende Beurteilung bei Besteuerung im Ansässigkeitsstaat mangels Betriebsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (a) Dividenden und Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
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(b) Lizenzgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (4) Nutzentheoretische Rechtfertigung der Zuteilungsentscheidungen des Art. 15 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Ausschließliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat als teleologisch begründete Durchbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 cc) Bestätigung des immanenten Zuteilungssystems durch die „Sonderfälle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (1) Belegenheit einer Immobilie als stärkste physische Verknüpfung zum Belegenheitsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (2) Besteuerungsbefugnis des Geschäftsleitungsstaats nach Art. 8 OECD-MA als systemkonforme Praktikabilitätsentscheidung 171 (3) Quellenstaatsbezogene Verteilungsentscheidung in Art. 16 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (4) Besteuerungsbefugnis des Tätigkeitsstaats nach Art. 17 OECDMA als systemkonforme Verteilungsentscheidung . . . . . . . . . . 173 (5) Teleologische Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (a) Kassenstaatsprinzip nach Art. 19 OECD-MA . . . . . . . . . . . 174 (b) Förderung des grenzüberschreitenden Ausbildungsaustausches nach Art. 20 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 e) Maßgeblichkeit der territorialen Verknüpfung zum Betriebsstättenstaat unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 aa) Authorized OECD Approach und dessen Umsetzung in nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (1) Wandel von der relativen zur uneingeschränkten fiktiven Selbstständigkeit der Betriebsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (2) Umsetzung des AOA in § 1 AStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (3) Keine Maßgeblichkeit des AOA sowie dessen Umsetzung in deutsches Recht für die abkommensrechtliche Zuteilungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 bb) Entmaterialisierung des Betriebsstättenbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (1) Wesentliche Übereinstimmung zwischen nationalem und abkommensrechtlichem Betriebsstättenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . 180 (2) Entwicklungstendenden hin zu einer Aufweichung des Betriebsstättenbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (3) Kein Widerspruch zur oben dargelegten Zuteilungssystematik 183 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 4. Systematische Folgerungen für den Unternehmensbegriff . . . . . . . . . . . . . 186 a) Entscheidendes Erfordernis der Unternehmenstätigkeit bei Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
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Inhaltsverzeichnis b) Aktivität unternehmerischer Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 aa) Passivität zur Zeit der Einkünfteerzielung bei Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 bb) BFH-Rechtsprechung zur Anwendbarkeit der Betriebsstättenvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (1) Zur Entwicklung der funktionalen Betrachtungsweise . . . . . . . 190 (2) Argumentative Anlehnung an § 8 AStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 cc) Konkretisierung des Erfordernisses „aktiver Tätigkeit“ . . . . . . . . . 193 (1) Kein Heranziehen der Regelungen über die Hinzurechnungsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (2) Keine Maßgeblichkeit der Aktivitätsvorbehalte und der Methodenartikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (3) Kriterium der „aktiven gewerblichen Tätigkeit“ nach den LOBKlauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 5. Bestimmung des Unternehmensbegriffs durch systematische und inhaltliche Abgrenzung von anderen Verteilungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Verhältnis zu Art. 14 OECD-MA a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 aa) Systematische Abgrenzung trotz Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 bb) Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Art. 7 und 14 OECDMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 b) Verhältnis zu Verteilungsnormen mit systematischer Spezialität oder Exklusivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 aa) Seeschifffahrt, Binnenschifffahrt und Luftfahrt (Art. 8 OECD-MA) 201 bb) Gruppe der Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit (Art. 15 bis 16 und Art. 19 bis 20 OECD-MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 cc) Künstler und Sportler (Art. 17 OECD-MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 dd) Studenten (Art. 20 OECD-MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 6. Zusammenfassung zur Abkommenssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 V. Auslegung des Unternehmensbegriffs unter Berücksichtigung von DBAZielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Vermeidung von Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Vermeidung von doppelter Nicht- oder Minderbesteuerung . . . . . . . . . . . . 206 VI. Auslegung des Unternehmensbegriffs unter Rückgriff auf Parallelabkommen 207 VII. Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Abkommensautonome Auslegung des Unternehmensbegriffs . . . . . . . . . . 208 2. Gewerbliche geprägte Personengesellschaften erzielen keine Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
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§ 6 Neuregelung des § 50i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 A. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 I. Einführung des § 50i EStG mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz 211 1. Gesetzgeberischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Überblick über § 50i EStG a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 II. Ergänzung durch das Kroatien-Steueranpassungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Gesetzgeberischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 2. Überblick über § 50i EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 B. Systematische Einordnung des § 50i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Einleitendes zur Funktionsweise des § 50i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Treaty Override in § 50i Abs. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Partieller lex specialis-Regelungscharakter des § 50i Abs. 2 EStG . . . . . . 217 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 II. Verhältnis zur Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 1. Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Entstrickungsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 3. Zwischenergebnis und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 III. Verhältnis zu den gesetzlichen Buchwertprivilegien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Rechtfertigung der aufgeschobenen Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 2. Systemwidrige Rückausnahme in § 50i Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 3. Zwischenergebnis und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 § 7 Ergebnisse und Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 A. Thesenhafte Darstellung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 B. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
§ 1 Rechtfertigung und Eingrenzung des Themas A. Einkünftequalifikation und Geprägeregelung Der innerstaatlichen Ertragsbesteuerung von Personengesellschaften liegt das sog. Transparenzprinzip zugrunde.1 Während natürliche Personen sowie Körperschaften selbst Subjekt der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer sind, gilt dies für die Personengesellschaft grundsätzlich nicht.2 Diese ist zwar Subjekt der Gewinnerzielung sowie Gewinnermittlung3 (sog. begrenzte oder partielle Steuerrechtsfähigkeit4), die Einkünfte werden jedoch ihren Gesellschaftern zugerechnet und diese sind damit steuerpflichtig. Die Frage, ob die Personengesellschaft Gewinn- oder Überschusseinkünfte erzielt, bestimmt sich dabei grundsätzlich nach der Tätigkeit der Gesellschaft und nicht – wie beispielsweise bei Körperschaftsteuersubjekten – nach der Rechtsform (vgl. § 8 Abs. 2 KStG). Eine Ausnahme hiervon existiert jedoch in Gestalt der sog. Geprägeregelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG: Danach gilt die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer nicht bereits gewerblich tätigen Personengesellschaft als Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG, wenn ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Nicht-Gesellschafter Geschäftsführer sind. Das Gesetz legaldefiniert eine solche Gesellschaft als „gewerblich geprägte Personengesellschaft“. In der Praxis ist davon typischerweise die GmbH & Co. KG5 betroffen, bei der die GmbH und/oder ein Dritter Geschäftsführer ist. Ist diese an sich vermögensverwaltend tätig, d. h. besteht ihre Tätigkeit ausschließlich oder vorwiegend6 in der „Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten“7, sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG nicht erfüllt. Die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG führt jedoch zu einer Umqualifizierung der gesamten Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb. 1
Dazu Hennrichs, in: Tipke/Lang, 22. Aufl., § 10 Rn. 10 ff. Anders für Zwecke der Gewerbesteuer (§ 5 Abs. 1 S. 3 GewStG) sowie der Umsatzsteuer (§ 2 Abs. 1 UStG). 3 Grundlegend BFH, Beschluss v. 25. 6. 1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751. 4 So z. B. Knobbe-Keuk, BB 1985, 473 (473). 5 Diese wird für steuerrechtliche Zwecke nicht als Kapital-, sondern als Personengesellschaft behandelt; so bereits BFH, Urteil v. 18. 9. 1958, I 351/56 U; BFH, Beschluss v. 25. 6. 1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751. 6 Insofern ist jedoch die Abfärbewirkung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu beachten. 7 BFH, Urteil v. 20. 12. 2000, X R 1/97, BStBl. II 2001, 706. 2
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§ 1 Rechtfertigung und Eingrenzung des Themas
Grundgedanke dieser Regelung war es, dass die GmbH unter den oben genannten Voraussetzungen der KG das „Gepräge“ gebe.8
B. Gewerbliche Prägung im Internationalen Steuerrecht Vor diesem Hintergrund stellt sich zwangsläufig die Frage, welche Bedeutung dieser Gewerblichkeitsfiktion als im weiteren Sinne rechtsformabhängige Einkünfteumqualifikation im Internationalen Steuerrecht, insbesondere im Anwendungsbereich von Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“) zukommt. Diese Frage versucht die vorliegende Untersuchung zu beantworten. Hierfür muss zunächst herausgearbeitet werden, inwieweit sich § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht (§ 49 EStG) auswirkt.9 Denn nur wenn überhaupt steuerpflichtige Einkünfte vorliegen, können die jeweiligen DBA die sich hieraus ergebenden innerstaatlichen Besteuerungsansprüche modifizieren.10 Im Anschluss hieran soll Gegenstand dieser Arbeit sein, welche abkommensrechtlichen Einkünfte gewerblich geprägte Personengesellschaften erzielen. Die Finanzverwaltung vertrat hierzu lange Zeit die Auffassung, dass die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auf das Abkommensrecht „durchschlägt“ und die Gesellschafter der jeweiligen gewerblich geprägten Personengesellschaft damit abkommensrechtlich Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung („OECD-MA“) erzielen.11 Demgegenüber hat der BFH erstmals mit Urteil v. 28. 4. 2010 entschieden, dass die Annahme von Unternehmensgewinnen eine „ihrer Art nach unternehmerische Tätigkeit“ voraussetze; eine solche fehle jedoch bei gewerblich geprägten Personengesellschaften, da diese originär vermögensverwaltend tätig sind und damit die übrigen, vorrangigen (vgl. Art. 7 Abs. 4 OECD-MA) Verteilungsnormen Anwendung fänden.12 Diesem Verständnis hat sich im September 2014 auch die Finanzverwaltung angeschlossen.13 Weder die eine noch die andere Auffassung wurde jedoch umfassend und lückenlos begründet. Dies gilt auch für die mittlerweile ständige Rechtsprechung des BFH. Dieser führt zwar an, dass die Annahme von Unternehmensgewinnen i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA aufgrund der Subsidiaritätsklausel (Art. 7 Abs. 4 OECDMA) subsidiär sei. Die Bedeutung der Betriebsstättenvorbehalte lässt er dabei jedoch weitgehend unberücksichtigt, obgleich diesen – wie noch zu zeigen sein wird – eine 8
Zur Historie unter § 2, A. (S. 23 ff.). Dazu unter § 4, A. (S. 44 ff.). 10 Zur Wirkungsweise von DBA unter § 5, A. III. 1. (S. 73 f.). 11 Dazu unter § 5, B. II. 2. a) (S. 111 ff.). 12 Zur BFH-Auffassung unter § 5, B. II. 1. (S. 107 ff.). 13 Dazu unter § 5, B. II. 2. a) (S. 111 ff.). 9
C. Neuregelung des § 50i EStG
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entscheidende Bedeutung innerhalb der abkommensrechtlichen Systematik zukommt.14 Der BFH belässt es hier bei dem apodiktischen Hinweis, dass deren Anwendung bei gewerblichen Einkünften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG „nicht der Fall [sei]“.15 Warum dies so sein soll, wird nicht näher begründet. Im Ergebnis kommt dies aber einem Zirkelschluss gleich: Denn das Vorliegen einer Betriebsstätte i.S.d. Art. 5 OECD-MA setzt per definitionem ein Unternehmen voraus.16 Ob die Betriebsstättenvorbehalte Anwendung finden, kann damit nur beantwortet werden, wenn zunächst feststeht, was eine Unternehmenstätigkeit auszeichnet. Und folglich kann Ausgangspunkt hierfür nicht die Feststellung sein, dass Art. 7 Abs. 1 OECD-MA subsidiär sei. Auch in der Literatur wird die Frage, wann Unternehmensgewinne vorliegen und ob gewerblich geprägte Personengesellschaften solche erzielen können, nach wie vor unterschiedlich beantwortet. Die hierzu vertretenen Auffassungen reichen von einer ausschließlich abkommensautonomen Auslegung des Unternehmensbegriffs (in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung) über einen nur partiellen Rückgriff auf § 15 Abs. 2 EStG hin zu der Meinung, dass auch fiktiv gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Unternehmensgewinne darstellen.17 Eine umfassende Untersuchung dieser Fragestellung fehlt bislang und soll deshalb in dieser Arbeit erfolgen. Dabei soll auch untersucht werden, inwiefern sich in ihrer Formulierung von Art. 7 OECD-MA abweichende DBA-Bestimmungen einordnen lassen.
C. Neuregelung des § 50i EStG Schließlich geben auch die jüngsten gesetzgeberischen Maßnahmen Anlass zu einer kritischen Betrachtung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. So wurde mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz § 50i EStG geschaffen, der in seinem ursprünglichen Anwendungsbereich als Treaty Override ausgestaltet ist und das deutsche Besteuerungsrecht in sog. Wegzugsfällen sichern soll.18 Der Gesetzgeber wollte damit rückwirkend sog. Altfälle erfassen, bei denen aufgrund der von der damaligen Verwaltungsauffassung abweichenden BFH-Rechtsprechung die Gefahr drohte, dass stille Reserven endgültig der deutschen Besteuerung entgehen. Über diese Gestaltungsfälle hinaus hat der Gesetzgeber mit dem Kroatien-Steueranpassungsgesetz den Anwendungsbereich von § 50i EStG erheblich ausgeweitet, so dass nun insbesondere bestimmte Umstrukturierungsfälle zwingend zum gemeinen Wert und damit nicht mehr steuerneutral durchzuführen sind. In Anbetracht der damit 14 15 16 17 18
Näher dazu unter § 5, C. IV. 2. a) bb) – cc) (S. 151 ff.). BFH, Urteil v. 28. 4. 2010, I R 81/09, BStBl. II 2014, 754. Dazu unter § 5, C. IV. 3. a) (S. 158 f.). Zu den einzelnen Auffassungen unter § 5, B. II. (S. 107 ff.). Ausführlich zu § 50i EStG unter § 6 (S. 210 ff.).
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§ 1 Rechtfertigung und Eingrenzung des Themas
verbundenen methodischen Besonderheiten soll das systematische Verhältnis zu den im Ausgangspunkt betroffenen gesetzlichen Regelungen untersucht werden.
D. Thematische Ausgrenzungen Nicht näher untersucht werden soll in dieser Arbeit hingegen das grundlegende Problem einer divergierenden Behandlung von Personengesellschaften durch die Vertragsstaaten als steuerrechtlich transparent oder intransparent (sog. Zurechnungskonflikt oder subjektiver Qualifikationskonflikt).19 Der nachfolgenden Untersuchung liegt deshalb die Annahme zugrunde, dass die Personengesellschaft in beiden Vertragsstaaten steuerrechtlich transparent behandelt wird und damit – wie im deutschen Einkommensteuerrecht – nicht selbst steuerpflichtig ist. Dies hat nach nahezu allgemeiner Ansicht zum einen zur Folge, dass nicht die Gesellschaft selbst, sondern deren Gesellschafter abkommensberechtigt sind.20 Hieraus folgt zum anderen, dass nicht die transparente Personengesellschaft selbst die das Unternehmen betreibende Person ist, sondern vielmehr deren Gesellschafter (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA);21 die Betriebsstätten der Personengesellschaft stellen abkommensrechtlich damit solche der einzelnen Gesellschafter dar, so dass insoweit auch die Betriebsstättenvorbehalte eine Besteuerung im Quellenstaat zur Folge haben können.22 Die Beteiligung an der Personengesellschaft selbst begründet hingegen keine solche Betriebsstätte.23 Ebenfalls unberücksichtigt bleiben sollen europarechtliche Aspekte. Dies würde den Umfang der Arbeit sprengen und den Blick auf das Wesentliche erschweren.
19
Überblicksartig dazu unter § 5, A. V. 5. c) (S. 104 f.). Ausführlich und fallgruppenartig dazu Lüdicke, StBJB 1997/98, 449 (454 ff.); Prokisch, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 1 Rn. 25 ff. 21 Statt vieler Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 112. EL, Art. 3 Rn. 29 m.w.N. 22 So bereits BFH, Urteil v. 29. 1. 1964, I 153/61 S, BStBl. III 1964, 165; so auch Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 582; Görl, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 5 Rn. 18; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.243; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 112. EL, Art. 7 Rn. 63 m.w.N. 23 Dazu unter § 4, A. II. 1. a) dd) (2) (S. 54 f.). 20
§ 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand und Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Bevor die gewerbliche Prägung im grenzüberschreitenden Kontext untersucht wird, sollen zunächst die Entstehungsgeschichte [hierzu unter A.] sowie die Tatbestandsvoraussetzungen [hierzu unter B.] und Rechtsfolgen von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG [hierzu unter C.] dargestellt werden.
A. Historische Entwicklung I. Entwicklung und Aufgabe der Geprägetheorie Die Anfänge der gewerblichen Prägung liegen bei einer Entscheidung des IV. Senats des BFH aus dem Jahr 1966.24 Dabei ging es um die Frage, ob die Verluste einer typischen25 GmbH & Co. KG aus der Errichtung und Verwaltung von Wohngebäuden solche aus Vermietung und Verpachtung oder solche aus Gewerbebetrieb darstellen. Der BFH führte hierzu aus, dass die GmbH & Co. KG zwar steuerrechtlich als Personengesellschaft behandelt werde. Jedoch ergebe sich gegenüber den übrigen Personengesellschaften insofern eine Abweichung, als bei der GmbH & Co. KG die persönliche Haftung auch des Komplementärs wirtschaftlich beschränkt sei und zudem die GmbH die Geschäfte der KG besorge. Dies sei von „erheblicher wirtschaftlicher und auch steuerlicher Bedeutung“, denn Kapitalgesellschaften haben „in der Regel nur gewerbliches Einkommen“.26 Bei der GmbH & Co. KG sei „das Unternehmen als solches auf den Betrieb durch die GmbH angelegt“, die GmbH gebe also dem Gesamtbild wirtschaftlich das Gepräge, sie entfalte „die eigentliche Unternehmertätigkeit“.27 Deshalb sei jedenfalls in den Fällen, in denen die Komplementär-GmbH zugleich Geschäftsführerin der KG sei, eine gewerbliche Tätigkeit auch dann anzunehmen, wenn sie eigentlich nicht gewerblich, sprich: vermögensverwaltend tätig ist. Diese sog. Gepräge-Rechtsprechung hat sich in der Folgezeit dahin entwickelt, dass gewerbliche Einkünfte immer dann vorliegen, wenn an der Personengesellschaft
24 25 26 27
BFH, Urteil v. 17. 3. 1966, IV 233 – 234/65, BStBl. III 1966, 171. Die GmbH war alleinige Komplementärin und Geschäftsführerin der KG. BFH, Urteil v. 17. 3. 1966, IV 233 – 234/65, BStBl. III 1966, 171. BFH, Urteil v. 17. 3. 1966, IV 233 – 234/65, BStBl. III 1966, 171.
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§ 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand, Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
entweder nur Kapitalgesellschaften beteiligt sind28 oder eine Kapitalgesellschaft die einzig persönlich haftende Gesellschafterin sowie Geschäftsführerin ist29. Die Gründe für die in diesen Fällen angenommene gewerbliche Prägung formuliert der BFH in einer die obigen Grundsätze bestätigenden Entscheidung aus dem Jahr 1972 ganz deutlich: „Die Gesellschaft [Anm.: Die GmbH & Co. KG] ist nur bereit, ein begrenztes Kapital (bei Komplementären und Kommanditisten) zur Haftung für das Auftreten im geschäftlichen Verkehr zur Verfügung zu stellen. Sie hat sich damit in einem solchen Maße der Kapitalgesellschaft angenähert, daß eher Zweifel daran bestehen könnten, ob man sie einkommensteuerrechtlich als Personengesellschaft ansehen darf, als daran, dass sie gewerbesteuerrechtlich für die Bestimmung des Charakters ihrer Einkünfte wie eine Kapitalgesellschaft zu behandeln ist.“
Diese Aussage belegt eindrücklich die damalige ambivalente Haltung zur steuerrechtlichen Behandlung der GmbH & Co. KG: Einerseits soll sie für steuerrechtliche Zwecke eine Personengesellschaft darstellen, andererseits jedoch aufgrund der mit ihrer gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung verbundenen wirtschaftlichen Stellung einer Kapitalgesellschaft angenähert sein, die kraft Rechtsform einen Gewerbebetrieb unterhält (vgl. § 8 Abs. 2 KStG). Gut 16 Jahre nach der Grundsatzentscheidung des IV. Senats und der in der Folge ständigen Rechtsprechung des BFH zur gewerblichen Prägung30 läutete (wiederum) der IV. Senat eine Paradigmenwechsel ein, indem er in einem Vorlagebeschluss31 an den Großen Senat des BFH ausführte, dass es zwar zutreffen möge, „daß eine GmbH, die alleinige Komplementärin einer KG ist und deren Geschäfte führt, dem Gesamtgebilde KG das Gepräge gibt und diesem Gesamtgebilde ,Wesenszüge einer Kapitalgesellschaft‘ verleiht. Die GmbH & Co. KG ist aber keine Kapitalgesellschaft; und nur bei dieser prägt die Rechtsform die Einkunftsart.“ Es fehle schlicht an einer „Rechtsgrundlage dafür, eine Personengesellschaft ganz oder auch nur teilweise wie eine Kapitalgesellschaft zu behandeln“.32 Diese Ansicht hat der Große Senat33 sodann bestätigt. Zu der ersten Vorlagefrage, nämlich ob eine GmbH & Co. KG als Kapitalgesellschaft körperschaftsteuerpflichtig 28
BFH, Urteil v. 22. 11. 1972, I R 252/70, BStBl. II 1973, 405. So bereits BFH, Urteil v. 17. 3. 1966, IV 233 – 234/65, BStBl. III 1966, 171; BFH, Urteil v. 3.8.1972, IV R 235/67, BStBl. II 1972, 799. 30 Vgl. BFH, Urteil v. 3. 8. 1972, IV R 235/67, BStBl. II 1972, 799; BFH, Urteil v. 18. 2. 1976, I R 116/75, BStBl. II 1976, 480; bejahend für den Fall einer OHG ausschließlich mit Kapitalgesellschaften als Gesellschafter BFH, Urteil v. 22. 11. 1972, I R 252/70, BStBl. II 1973, 405. 31 BFH, Vorschlagebeschluss v. 26. 8. 1982, IV R 207/79, BStBl. II 1982, 771. 32 BFH, Vorschlagebeschluss v. 26. 8. 1982, IV R 207/79, BStBl. II 1982, 771. 33 BFH, Beschluss v. 25. 6. 1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751; bereits im Vorfeld kritisch zur umfassenden Aufgabe der Gepräge-Rechtsprechung Schulze-Osterloh, NJW 1983, 1281 (1285), der die gewerbliche Prägung in den Fällen für richtig erachtet, in denen gesell29
A. Historische Entwicklung
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sei, führt er aus, dass sich der Begriff der Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG nach der zivilrechtlichen Rechtsform bestimme. Eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Komplementär eine GmbH ist, sei jedoch zivilrechtlich keine solche Kapitalgesellschaft; dies gelte gleichermaßen für eine doppelstöckige GmbH & Co. KG sowie eine Schein-GmbH & Co. KG34. Konsequenterweise führt er sodann zur dritten35 Vorlagefrage, ob an der gewerblichen Prägung festzuhalten sei, aus, dass sich „Art der Einkünfte der Gesellschafter einer Personengesellschaft […] in erster Linie durch die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, mithin durch die Tätigkeit der Gesellschaft“, bestimme.36 Die Annahme von gewerblichen Einkünften auf Ebene der Gesellschaft setze danach auch eine tatsächliche gewerbliche Tätigkeit voraus. Dies erfordere nach § 15 EStG zum einen das Betreiben eines gewerblichen Unternehmens durch die Gesellschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sowie zum anderen eine Mitunternehmerstellung der Gesellschafter (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Wann ein gewerbliches Unternehmen vorliegt, bestimme sich „bei Personengesellschaften [aber] unabhängig davon, welche Rechtsform ein Gesellschafter hat. Eine Personengesellschaft betreibt nicht schon deshalb ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 Nr. 1 Satz 1 EStG, weil ein Gesellschafter oder mehrere oder alle Gesellschafter die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft haben.“ Dass „die geschäftsleitende Kapitalgesellschaft mit dieser Funktion in ihrem Bereich unternehmerisch (gewerblich) tätig wird“, führe auf Ebene der KG mithin nicht allein deshalb zu einem gewerblichen Unternehmen. Anders als noch im Jahre 1966 und in den Folgejahren sollte es danach bei einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung bleiben. Eine rechtsformabhängige Einkünftequalifizierung soll im Einkommensteuerrecht daher – anders als im Körperschaftsteuerrecht (§ 8 Abs. 2 KStG) – nicht stattfinden.
II. Kodifizierung der Geprägetheorie in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Der Gesetzgeber hat auf diese geänderte Rechtsprechung reagiert und mit dem Steuerbereinigungsgesetz 198637 die Gepräge-Rechtsprechung in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG normiert.38 Hintergrund dieser Neuregelung war zum einen, dass die GmbH & schaftsrechtlich beteiligte natürliche Personen mit den Gesellschaftern der (Komplementär-) Kapitalgesellschaft identisch sind. 34 Hierbei handelt es sich um eine GmbH & Co. KG, die zwar im Handelsregister eingetragen ist, faktisch jedoch als GbR qualifiziert, weil es an einer vollkaufmännischen Betätigung mangelt. 35 Die zweite Vorlagefrage, ob eine Publikums-GmbH & Co. KG als nichtrechtsfähiger Verein i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG zu beurteilen ist, hat der Große Senat des BFH verneint. 36 BFH, Beschluss v. 25. 6. 1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751. 37 Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19. 12. 1985, BGBl. I 1985, 2436. 38 Die damalige Fassung entspricht – von einer redaktionellen Änderung abgesehen – der aktuellen Fassung.
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§ 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand, Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
Co. KG, welche unter Geltung der Gepräge-Rechtsprechung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte, auch weiterhin „alle Steuervergünstigungen, insbesondere erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen und Investitionszulagen“ in Anspruch nehmen können sollte.39 Durch die Einführung von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG würde auch eine doppelte Ergebnisermittlung (auf Ebene der vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG und gegebenenfalls auf Ebene des Gesellschafters) vermieden.40 Zum anderen aber, und dies ist wohl entscheidend, fürchtete der Fiskus steuerliche Mindereinnahmen:41 Denn unter Geltung der durch den BFH aufgegebenen Rechtsprechung wurde die GmbH & Co. KG häufig als sog. Verlustzuweisungsgesellschaft genutzt. Den Kommandisten wurden mithin Verluste zugerechnet, die deren geleistete Einlagen betragsmäßig überstiegen (sog. negative Kapitalkonten) und die mit anderen Einkünften verrechnet und damit steuermindernd genutzt werden konnten.42 Dem entspricht es, dass zugleich eine – verfassungsgemäße43 – rückwirkende Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG für alle nicht bestandskräftigen Fälle angeordnet wurde (§ 52 Abs. 20b EStG 1986).44
III. Zwischenergebnis und Bewertung Die Kodifizierung der Gepräge-Rechtsprechung ist in der Literatur bereits im Vorfeld überwiegend auf – teils leidenschaftliche45 – Kritik gestoßen.46 Umso be39
BT-Drs. 10/3663, 6. BT-Drs. 10/3663, 6 f. 41 Dies betonend Flume, DB 1985, 1152 (1152); Knobbe-Keuk, BB 1985, 820 (820); Schulze-Osterloh, DStZ 1985, 315 (317); Uelner, FS Döllerer, 661 (666). 42 Das negative Kapitalkonto wurde vom BFH steuerrechtlich anerkannt; grundlegend BFH, Urteil v. 13. 3. 1964, VI 343/61 S, BStBl. III 1964, 359; BFH, Urteil v. 25. 8. 1966, IV 307/ 65, BStBl. III 1967, 69; BFH, Beschluss v. 10. 11. 1980, GrS 1/79, BStBl. II 1981, 164. Als Reaktion auf die entsprechend verfahrende Praxis führte der Gesetzgeber § 15a EStG durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetzes v. 20. 8. 1980, BGBl. I 1980, 1545 ein; zur Kritik an dieser Regelung KnobbeKeuk, NJW 1980, 2557; kritisch zu der vom BFH angenommenen Gewinnrealisierung bei Ausscheiden des Gesellschafters ohne Ausgleichsverpflichtung Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, 163 ff. sowie Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 908 f.; ausführlich zur Historie Lüdemann, in: H/H/R, EStG, 249. EL, § 15a Rn. 4 ff. 43 BFH, Urteil v. 4. 9. 1997, IV R 27/96, BStBl. II 1998, 286; BFH, Urteil v. 8. 6. 2000, IV R 37/99, BStBl. II 2001, 162; BFH, Beschluss v. 8. 10. 2001, VIII B 22/01, BFH/NV 2002, 333. 44 Vgl. BT-Drs. 10/3663, 6; BMF, Schreiben v. 17. 3. 1986, BStBl. I 1986, 129. 45 Vgl. nur Knobbe-Keuk, BB 1985, 820: „Die ministeriell verordnete Fettsucht alter Vorschriften droht sich auszuzweiten […]“ (ebd., 820), und weiter: „[…] Desavouierung der rechtsprechenden Gewalt […]“ (ebd., 821). 46 Bereits zur Gepräge-Rechtsprechung Crezelius, StuW 1981, 117 (123); Knobbe-Keuk, StuW 1977, 66 (71 f.); zur (geplanten) Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Flume, DB 1985, 40
A. Historische Entwicklung
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achtlicher ist, dass der Gesetzgeber zu den Beweggründen des BFH, nämlich der Versagung der „Ausstrahlwirkung“ der kraft Rechtsform gewerblichen GmbH auf eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, nicht Stellung nahm.47 Vielmehr sollte mit § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vor allem eine gleichmäßige Besteuerung und die Vermeidung von Steuerausfällen – insbesondere vor dem Hintergrund der Nachversteuerung von negativen Kapitalkonten und der andernfalls regelmäßigen Nichtsteuerbarkeit der Veräußerung von Wirtschaftsgütern – gewährleistet werden und Gestaltungsmöglichkeiten erhalten bleiben.48 Damit stellt sich aber zugleich die Frage, welche Aussagekraft der Geprägeregelung in materiell-rechtlicher Hinsicht überhaupt entnommen werden kann. Geht man mit der zutreffenden Feststellung des Großen Senats des BFH49 davon aus, dass eine GmbH & Co. KG nicht körperschaftsteuerpflichtig ist, muss es bei der im Einkommensteuerrecht geltenden Transparenz der Personengesellschaft bleiben. Offen bleibt damit aber nach wie vor, auf welche dogmatische Grundlage die gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft gestützt werden kann. Wirft man hierfür einen Blick zurück auf die Gepräge-Rechtsprechung, so fällt folgende Aussage auf, die der I. Senat des BFH im Jahr 1976 getroffen hat: „Als Unternehmer (Mitunternehmer) ist ein Gesellschafter anzusehen, wenn die Gesellschaft eine Tätigkeit entfaltet, die die Merkmale eines Gewerbetriebs erfüllt. Diese Merkmale kann die Gesellschaft allerdings auch von der Tätigkeit oder der rechtlichen Einordnung der Gesellschafter empfangen.“50
1152; Knobbe-Keuk, BB 1985, 941; dies., BB 1985, 1903; Schulze-Osterloh, DStZ 1985, 315, der sich auch kritisch mit der Gepräge-Rechtsprechung auseinandersetzt; a.A. hingegen Bordewin, BB 1985, 1548; Kreile, DStZ 1986, 4; Hennerkes/Binz, BB 1985, 2161 (2164 f.), weisen insbesondere auf die mit der gewerblichen Prägung verbundenen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten hin; vgl. auch Felix, DStZ 1984, 575, der – noch vor Bekanntwerden der Kodifizierung der aufgegebenen Gepräge-Rechtsprechung – das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung hinterfragte. 47 Zutreffend die Kritik bei Knobbe-Keuk, BB 1985, 941 (942), nach der sich der Gesetzgeber nicht einmal des Versuchs bemüht hätte, eine systematische Erklärung für die unterschiedliche Behandlung der GmbH & Co. KG im Gegensatz zu anderen Personengesellschaften abzuliefern; vgl. auch Micker, in: Söffing, Die GmbH & Co. KG, Rn. 819. 48 Knobbe-Keuk, BB 1985, 820 (820); vgl. auch Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 Rn. 274; Schnittker, in: Baumhoff/Schönfeld (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen – Nationale und internationale Entwicklungen, 43 (46). Ein solches fiskalisches „Ausfallrisiko“ bestand nach Auffassung von Knobbe-Keuk, BB 1985, 473 (476) hingegen nicht, da sich „zu besteuernde stille Reserven […] nie bilden konnten“, da aufgrund der Aufgabe der GeprägeRechtsprechung feststehe, „daß es in Wirklichkeit nie einen steuerlichen Gewerbebetrieb gegeben hat […] [und] daß es in Wirklichkeit steuerliche negative Kapitalkonten nicht gegeben hat, so daß es auch nicht zu einem ,Wegfall‘ eines steuerlichen negativen Kapitalkontos kommen kann“. 49 BFH, Beschluss v. 25. 6. 1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 m.w.N. 50 BFH, Urteil v. 18. 2. 1976, I R 116/75, BStBl. II 1976, 480.
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§ 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand, Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
Dies verdeutlicht in aller Klarheit, welche Überlegungen der gewerblichen Prägung zugrunde gelegen haben – nämlich die wechselseitige Zurechnung von rechtlichen wie tatsächlichen Umständen. Diese vollständige Transparenz, deren Grundlage in der Bilanzbündeltheorie gesehen werden kann, steht jedoch im Gegensatz zur zivilrechtlichen Lage, wonach sowohl die Personenhandelsgesellschaften (vgl. § 124 HGB) als auch die Außen-GbR51 rechtsfähig sind.52 Hiermit hat denn auch der Große Senat des BFH begründet, warum von der ständigen GeprägeRechtsprechung abgewichen werden soll: Denn das der Bilanzbündeltheorie zugrunde liegende Prinzip der Vielheit der Gesellschafter wurde in der Rechtsprechung mittlerweile zugunsten der „Einheit der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit“ und damit der beschränkten Steuerrechtssubjektivität der Personengesellschaft aufgegebenen.53 Vor diesem Hintergrund kann die Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG aber als nicht vereinbar mit dem geltenden Verständnis der Besteuerung der Personengesellschaft und deren Gesellschafter erklärt werden, denn im Ergebnis führt die dort angeordnete Fiktion zu einer Besteuerung der Gesellschafter nach der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung der Personengesellschaft.54 Dies ist zwar dem Körperschaftsteuerrecht bekannt (vgl. § 8 Abs. 2 KStG), nicht jedoch dem Ein51
Grundlegend BGH, Urteil v. 29. 1. 2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341; nachfolgend BGH, Urteil v. 24. 2. 2003, II ZR 385/99, BGHZ 154, 88; BGH, Urteil v. 3. 5. 2007, IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169; BGH, Beschluss v. 4. 12. 2008, V ZB 74/08, BGHZ 179, 102. 52 Instruktiv zu dieser Gegensätzlichkeit Hennrichs, in: Tipke/Lang, 22. Aufl., § 10 Rn. 11. 53 BFH, Beschluss v. 25. 6. 1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751; erstmals an der Bilanzbündeltheorie zweifelnd BFH, Urteil v. 29. 9. 1971, I R 161/68, BStBl. II 1972, 118; zur weiteren Entwicklung Rätke, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 85 ff; vgl. auch Crezelius, FS Felix, 37 (40), der die Entscheidung des Großen Senats auf die methodische Überlegung zurückführt, „daß die in jedem Fall vermutete gewerbliche Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft (§ 2 Abs. 2 GewStG) mit der lex lata des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht unvermittelt kurzgeschlossen werden kann“; kritisch zu Begründung des Großen Senats Paus, DStZ 1985, 450 (451), der anführt, dass aus dem Gedanken der „Einheit der Gesellschaft“ auch hätte gefolgert werden können, dass nunmehr die „Einkünfte einer Personengesellschaft bei allen Gesellschaftern derselben Einkunftsart zuzurechnen seien“; ebenfalls kritisch Bordewin, BB 1985, 1548 (1551), nach dessen Auffassung es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise „für die Qualifizierung von Einkünften einer Kapitalgesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb keinen Unterschied machen [darf], ob die Kapitalgesellschaft Alleineigentümerin oder zusammen mit einer oder mehreren anderen Kapitalgesellschaften Miteigentümerin des zur Fruchtziehung genutzten Grund- oder Kapitalvermögens ist“; dem folgend Uelner, FS Döllerer, 661 (669). 54 Zutreffend Crezelius, FR 2013, 1065 (1069); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 380 bezeichnet § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG insoweit zutreffend als „systemwidrige Regelung“ ohne „eigenständige[n] Normzweck“; a.A. aber Uelner, FS Döllerer, 661 (668), der § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht für unvereinbar mit der Gesetzessystematik hält; vgl. auch Groh, DB 1984, 2373 (2373), wonach die Besonderheit der Geprägetheorie darin gelegen habe, „daß ein bildhafter Ausdruck für eine angenommene soziale Wirklichkeit, eben die Prägung einer Gesellschaft durch einen Mitgesellschafter, Rechtswirkungen begründen sollte, ein im Grunde unjuristisches Verfahren. Eine echte Theorie, d. h. eine Verbindung von Rechtsregeln unter einem juristischen Prinzip, ist daraus nie geworden“.
B. Tatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
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kommensteuerrecht, wonach in Übereinstimmung mit der oben dargelegten ständigen Rechtsprechung des BFH allein die Tätigkeit der Gesellschaft entscheidend für die Qualifikation der erzielten Einkünfte ist.55 Ganz deutlich zeigt dies gerade auch die sog. gewerbliche Infektion gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.56 Die Gepräge-Regelung entbehrt darüber hinaus eines originären Normzwecks, da die GeprägeRechtsprechung in erster Linie kodifiziert wurde, um Steuermindereinnahmen zu vermeiden und Steuergestaltungen zu ermöglichen.57 Im Ergebnis kann damit § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG keine eigene wertende Aussage zu den materiellen Voraussetzungen an das Erzielen von Einkünften aus Gewerbebetrieb entnommen werden, sondern diese Norm muss vielmehr als systemfremde Ausnahmeregelung verstanden werden.58
B. Tatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Wie schon eingangs erläutert, gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer nicht gewerblich tätigen Personengesellschaft als Gewerbebetrieb, wenn an dieser Gesellschaft ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG). Die danach erforderlichen einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.
I. Personengesellschaft „Geprägefähig“59 sind nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nur Personengesellschaften. Umfasst sind danach sowohl Außen- wie auch Innengesellschaften, d. h. neben der
55
Kritisch auch Crezelius, FR 2013, 1065 (1065 f.); Niehus, StuW 2008, 359 (373). So auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 380. 57 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 380; so auch Niehus, StuW 2008, 359 (373), der zutreffend darauf hinweist, dass „das Einräumen ,sinnvoller‘ Gestaltungsmöglichkeiten“ nicht „als tragfähige Gesetzesbegründung genügt“ und im Übrigen aufzeigt, dass der Gesetzgeber selbst an anderer Stelle diese Gestaltungsmöglichkeiten einschränken möchte; kritisch zum Normzweck auch Groh, DB 1987, 1006 (1007). 58 Dieses allein formalrechtliche Verständnis wird bestätigt durch die Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 25. 5. 2011, I R 60/10, BStBl. II 2011, 858), wonach die Voraussetzung des § 14 S. 1 AO, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine über die bloße Vermögensverwaltung hinausgehende Tätigkeit verlangt, bei Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft gerade nicht erfüllt ist. 59 Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.19. 56
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§ 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand, Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
OHG, KG und GbR insbesondere auch die atypisch stille Gesellschaft.60 Voraussetzung ist jedoch, dass Kapitalgesellschaften Gesellschafter der Personengesellschaft sein können. Eine Partnerschaft scheidet aus diesem Grund als taugliche geprägefähige Personengesellschaft aus (vgl. § 1 Abs. 1 S. 3 PartGG).61 Vor diesem Hintergrund spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob die Gesellschaft nach ausländischem Recht errichtet wurde oder ob sie im Ausland tätig ist.62 Alleinige Voraussetzung für die Anerkennung einer ausländischen Personengesellschaft ist, dass diese „nach ihrem rechtlichen Aufbau und ihrer wirtschaftlichen Gestaltung einer inländischen Personengesellschaft entspricht“.63 Dieser sog. Rechtstypenvergleich wurde vom Reichsfinanzhof („RFH“) in der sog. VenezuelaEntscheidung64 entwickelt, ist seither ständige Rechtsprechung65 und wurde auch von der Finanzverwaltung66 anerkannt. Die Prüfung erfolgt danach zweistufig: in einem ersten Schritt muss das ausländische Rechtsgebilde in seiner Gesamtheit nach dem ausländischen Recht gewürdigt werden, dieses Ergebnis in einem zweiten Schritt sodann mit den Gesellschaftsformen nach deutschem Recht verglichen werden.67
II. Keine Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen Die Personengesellschaft darf darüber hinaus keine Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen erzielen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, d. h. sie muss vermögensverwaltend und darf nicht nicht gewerblich tätig sein i.S.d. § 15 Abs. 2
60 Reiß, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 15 Rn. 138; Wacker, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 15 Rn. 215; ausführlich dazu Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1422; für eine atypisch stille Gesellschaft BFH, Urteil v. 26. 11. 1996, VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328. 61 So auch Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.19. 62 Vgl. nur BFH, Urteil v. 17. 12. 1997, BStBl. II 1998, 296. 63 BFH, Urteil v. 14. 3. 2007, XI R 15/05, BStBl. II 2007, 924. 64 RFH, Urteil v. 12. 2. 1930, VI A 899/27, RStBl. 1930, 444. 65 BFH, Urteil v. 17. 7. 1968, I 121/64, BStBl. II 1968, 695; BFH, Urteil v. 6. 11. 1980, IV R 182/77, BStBl. II 1981, 220; BFH, Urteil v. 3. 2. 1988, I R 134/84, BStBl. II 1988, 588; BFH, Urteil v. 23. 6. 1992, IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972; BFH v. 20. 8. 2008, I R 34/08, BStBl. II 2009, 263. 66 BMF, Schreiben v. 26. 9. 2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 1.2. Eine ausführliche Darstellung ausländischer Gesellschaftsformen und deren Vergleichbarkeit mit deutschen Gesellschaften findet sich in den Tabellen 1 und 2 zu BMF, Schreiben v. 24. 12. 1999, BStBl. I 1999, 1076; zur steuerlichen Einordnung einer US-LLC BMF, Schreiben v. 19. 3. 2004, BStBl. I 2004, 411. 67 Ausführlich dazu Schnittker, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 3.12 ff.; eine tabellarische Auflistung zur steuerlichen Einordnung ausländischer Rechtsgebilde findet sich dort unter Rn. 4.52; zur steuerlichen Qualifikation der US-LLP Schnittker/Lemaitre, FR 2003, 485.
B. Tatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
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EStG.68 Aus diesem Grund scheidet eine gewerbliche Prägung auch aus, wenn die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung69 vorliegen oder die „Drei-ObjektGrenze“70 beim gewerblichen Grundstückshandel überschritten wurde.71 Übt eine Personengesellschaft, die Beteiligungen an anderen Gesellschaften hält, bei diesen geschäftsleitende Aufgaben im Sinne einer nach außen erkennbaren einheitlichen Leitung aus (sog. geschäftsleitende Holding), stellt dies eine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG dar,72 mit der Folge, dass § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht anwendbar ist.
III. Ausschließlich Kapitalgesellschaft(en) als persönlich haftende(r) Gesellschafter Desweiteren dürfen nur Kapitalgesellschaften [hierzu unter 1.] persönlich haftende Gesellschafter der Personengesellschaft sein [hierzu unter 2.]. 1. Kapitalgesellschaft Unter den Begriff der Kapitalgesellschaft fallen an sich nur solche i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG.73 Darüber hinaus erfasst § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 EStG auch die sog. doppelstöckige gewerblich geprägte Personengesellschaft, wonach einer Kapitalgesellschaft auch eine (andere) gewerblich geprägte Personengesellschaft gleich steht. Dieser Gleichstellung liegt offenbar die Absicht zugrunde, die ursprüngliche Gepräge-Rechtsprechung umfassend gesetzlich zu kodifizieren. Der damalige Erwägungsgrund, dass eine Kapitalgesellschaft „in der Regel nur gewerbliches Einkommen“ erzielt, greift bei einer Personengesellschaft auch im Fall der Fiktion in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Für gewerblich tätige Personengesellschaften kann dann aber nichts anderes gelten, da diese ja bereits über die Regelung in § 15 Abs. 2 EStG gewerbliche Einkünfte erzielen. Richtigerweise hat denn auch der BFH entschieden, dass eine gewerblich tätige GmbH & Co. KG, bei der die sonstigen Voraussetzungen 68 Hieraus folgt zugleich, dass bei geringfügiger gewerblicher Tätigkeit die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vorrangig zu prüfen ist, Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 Rn. 276; die Untergrenze für die danach stattfindende gewerbliche Infizierung hat der BFH mit Urteil v. 27. 8. 2014, VIII R 6/12, BStBl. II 2015, 1002 auf 3 % der originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse festgelegt. 69 Zu den Voraussetzungen nur BFH, Urteil v. 26. 1. 1989, IV R 151/86, BStBl. II 1989, 455. 70 Zu den Voraussetzungen nur BFH, Urteil v. 24. 6. 2009, X R 36/06, BStBl. II 2010, 171. 71 Zutreffend Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.31; so auch zur Betriebsaufspaltung Reiß, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 15 Rn. 137; Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1435. 72 BFH, Urteil v. 17. 12. 1969, I 252/64, BStBl. II 1970, 257; BFH, Urteil v. 31. 1. 1973, I R 166/71, BStBl. II 1973, 420; BFH, Urteil v. 28. 10. 2008, BStBl. II 2009, 647. 73 Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 Rn. 277; Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1422; Wacker, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 15 Rn. 216.
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§ 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand, Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt sind, als persönlich haftende Gesellschafterin in Betracht kommt.74 Methodisch hat dies richtigerweise über einen Erst-Recht-Schluss zu § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 EStG zu erfolgen.75 Wie schon bei den geprägefähigen Personengesellschaften findet auch im Hinblick auf die persönlich haftenden Kapitalgesellschaften der Rechtstypenvergleich Anwendung, d. h. auch eine ausländische Kapitalgesellschaft kann – sofern sie mit einer inländischen vergleichbar ist – die Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG herbeiführen.76 Dies gilt auch für hybride Gesellschaften, die nach dem jeweiligen ausländischen Recht sowohl Merkmale einer Personengesellschaft als auch einer Körperschaft aufweisen, vorausgesetzt, nach dem Rechtstypenvergleich sind diese als Kapitalgesellschaften zu qualifizieren.77 Gegen die gewerbliche Prägung durch ausländische Kapitalgesellschaften spricht auch nicht der Umstand, dass § 8 Abs. 2 KStG auf diese – mangels unbeschränkter Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 KStG) – nicht anwendbar ist.78 Denn zum einen lässt der Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG diese Einordnung zu;79 zum anderen wurde auch bereits weiter oben festgestellt, dass die im Rahmen der Gepräge-Rechtsprechung vertretene Auffassung, die Rechtsform eines Gesellschafters qualifiziere die Einkünfte der Gesellschaft, mit dem geltenden Verständnis der Besteuerung der Personengesellschaften nicht vereinbar ist.80 Damit ist aber auch kein Grund ersichtlich, ausländische Kapitalgesellschaften nicht als solche i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu verstehen.
74
BFH, Urteil v. 8. 6. 2000, IV R 37/99, BStBl. II 2001, 162 m.w.N. Kritisch dazu Söffing, DB 2003, 905 (906 f.), der anführt, dass diese Sachverhaltskonstellation nicht von § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 EStG erfasst sei und es sich darüber hinaus nicht um einen Erst-Recht-Schluss handele, da „vom ,Weniger‘, nämlich einer Regelung über die gewerblich geprägte Tätigkeit auf das ,Mehr‘, nämlich die originär gewerbliche Tätigkeit“ geschlossen würde. Dem muss jedoch entgegen gehalten werden, dass es sich im streitentscheidenden Fall nicht allein um eine gewerblich tätige Personengesellschaft handelte, sondern diese – von der originär gewerblichen Tätigkeit abgesehen – alle übrigen Merkmale des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllte. Aus diesem Grund ist – aufgrund der begrenzten Außenhaftung und der damit einhergehenden Annäherung an eine Kapitalgesellschaft – durchaus eine Vergleichbarkeit mit den vom Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfassten Sachverhalten erfüllt, weshalb auch nicht die von Söffing, ebd. angeführten extensiven Auslegungsbeispiele zu befürchten sind. 76 So z. B. eine US-Inc., vgl. BFH, Urteil v. 17. 12. 1997, I R 34/97, BStBl. II 1998, 296; statt vieler Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1437 m.w.N. 77 Zutreffend Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.30. 78 Statt vieler und m.w.N. Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 Rn. 277; zu § 8 Abs. 2 KStG etwa Schallmoser, in: H/H/R, KStG, 254. EL, § 8 Rn. 34. 79 Zutreffend BFH, Urteil v. 14. 3. 2007, XI R 15/05, BStBl. II 2007, 924. 80 Dazu oben unter § 2, A. III. (S. 26 ff.); vgl. auch den entsprechenden Hinweis von Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 377 mit Fn. 77 zu dem insoweit über die Gepräge-Rechtsprechung hinausgehenden Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. 75
B. Tatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
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2. Persönlich haftender Gesellschafter Schließen dürfen nur solche Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter der Personengesellschaft sein. Dies ist der Fall, wenn die Kapitalgesellschaft unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Personengesellschaft haftet.81 Denklogisch setzt dies voraus, dass die Personengesellschaft über mindestens einen unbeschränkt haftenden Gesellschafter verfügen kann und muss. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.82 Konsequenterweise findet § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG daher keine Anwendung auf Personengesellschaften, die über keinen persönlich haftenden Gesellschafter verfügen.83 Ein lediglich individualvertraglich vereinbarter Haftungsausschluss lässt die gesellschaftsrechtliche Regelung demgegenüber unberührt, mit der Folge, dass eine gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht durch solche Gestaltungen begründet werden kann.84
IV. Nur persönlich haftende Kapitalgesellschaft(en) oder Dritte(r) als Geschäftsführer Nur die beteiligten (unbeschränkt haftenden) Kapitalgesellschaften sowie Dritte, d. h. Nicht-Gesellschafter dürfen Geschäftsführer der Personengesellschaft sein. Begrifflich bezieht sich § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG dabei auf die jeweilige gesellschaftsrechtliche Regelung,85 meint dabei aber freilich nicht die organschaftliche Vertretungsbefugnis – dies wäre im Hinblick auf tatbestandlich auch erfasste „Dritte“ mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft (vgl. § 709 BGB, §§ 114 Abs. 1, 161 Abs. 2, 164 HGB) nicht zu vereinbaren.86 81
Statt vieler Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 Rn. 277. So auch Lemaitre et al., GmbHR 2004, 618 (629); Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.22; a.A. Weßling/Romswinkel, Stbg 2004, 501 (504). 83 Dem deutschen Gesellschaftsrecht ist dies – mit Ausnahme der Partenreederei (vgl. § 507 HGB a.F.) sowie der PartGmbB (§ 8 Abs. 4 PartGG) – freilich fremd; wie hier auch zu entsprechenden ausländischen Gesellschaftsformen Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.21 ff.; so auch speziell zur US-LLC Lemaitre et al., GmbHR 2004, 618 (629). 84 Zur GmbH & Co. GbR FG München, Urteil v. 17. 10. 2008, 11 K 1401/06, EFG 2009, 253; FG Hamburg, Urteil v. 29. 10. 2008, 1 K 56/07, EFG 2009, 589; Hessisches FG, Urteil v. 3. 7. 2013, 8 K 2647/06, EFG 2013, 1912 (Revision anhängig unter Az. IV R 35/13); BMF, Schreiben v. 17. 3. 2014, BStBl. I 2014, 555. 85 Statt vieler Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 Rn. 278; vgl. auch BFH, Urteil v. 23. 5. 1996, IV R 87/93, BStBl. II 1996, 523. 86 Statt vieler Reiß, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 15 Rn. 141; vgl. auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 378, die diese Auslegung darauf stützt, dass der Gesetzgeber durch die entsprechenden Literaturbeiträge im Vorfeld „hinreichend gewarnt“ wurde. – Grundlegend zur gesellschaftsvertraglichen Betrauung eines Dritten mit Geschäfts82
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§ 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand, Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
In der Konsequenz führt die Geschäftsführungsbefugnis (auch) eines beschränkt haftenden Gesellschafters zur „Entprägung“87 der Personengesellschaft, gleich ob es sich dabei um eine natürliche Person88 oder eine Kapitalgesellschaft89 handelt, da der Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG insoweit eindeutig ist.90
V. Einkünfteerzielungsabsicht der Personengesellschaft Schließlich erfordert § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auch, dass die Personengesellschaft mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig wird, d. h. dass sie unter Berücksichtigung der gesamten Dauer der Tätigkeit ein positives Gesamtergebnis anstrebt.91 In diesem Zusammenhang wurde in der Literatur die Auffassung vertreten, dass in diese Prognose keine Wertveränderungen des (hierzu umqualifizierten) Betriebsvermögens einzubeziehen sind; die Personengesellschaft sollte mit anderen Worten bereits unter Betrachtung der rein vermögensverwaltenden Tätigkeit mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig werden.92 Bei reiner Wortlautbetrachtung scheint dies vertretbar, denn § 15 Abs. 3 EStG spricht von „Einkünfteerzielungsabsicht“, wohingegen § 15 Abs. 2 EStG eine Gewinnerzielungsabsicht erfordert. Richtigerweise ist dieser begriffliche Unterschied aber darauf zurückzuführen, dass § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG eben naturgemäß (nur) vermögensverwaltende Tätigkeiten erfasst, und bei § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG jedenfalls auch solche Einkünfte vorliegen.93 Damit ist aber kein Grund ersichtlich, abweichend von der Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 EStG zwar einerseits eine umfassende Steuerverstrickung anzunehmen, andererseits aber für Zwecke der Einkünfteerzielungsabsicht einen „nicht-gewerblichen“ Maßstab zugrunde zu legen. Richtigerweise hat der BFH denn auch entschieden, dass Einkünfteerzielungsabsicht als „Gewinnerzielungsabsicht“ i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG zu verstehen ist, mit der Folge, dass in die Totalgewinnprognose auch Betriebsvermögensveränderungen sowie Veräußerungs- und Aufgabegewinne miteinbezogen werden.94 führungsaufgaben BGH, Urteil v. 22. 1. 1962, II ZR 11/61, BGHZ 36, 293; BGH, Urteil v. 5.10.1981, II ZR 203/80, NJW 1982, 1817. 87 Zur Entprägung bei ausländischen Personengesellschaften Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.24. 88 Z.B. BFH, Urteil v. 23. 5. 1996, IV R 87/93, BStBl. II 1996, 523. 89 Zutreffend und statt vieler Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 378; so wohl auch BFH, Urteil v. 11. 10. 2012, IV R 32/10, BStBl. II 2013, 538; a.A. und „entgegen dem missverständl Gesetzestext“ Wacker in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 15 Rn. 222. 90 So auch Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1444 m.w.N. 91 Statt aller Ratschow, in: Blümich, EStG, 126. EL, § 2 Rn. 110. 92 So z. B. Eisgruber, DStR 1995, 1569 (1569 ff.); Lüdemann, BB 1996, 2650 (2653 ff.). 93 Zutreffend Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1420. 94 BFH, Urteil v. 25. 6. 1996, VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202; BFH, Urteil v. 25. 9. 2008, IV R 80/05, BStBl. II 2009, 266; so auch Henkel/Jakobs, FR 1995, 145 (148 ff.), sowie Stapperfend, in: H/H/R, 257. EL, § 15 Rn. 1420; fehlt es auch an dieser, wird die gewerblich
C. Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
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C. Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Sind die oben genannten Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt, werden die von der Gesellschaft erzielten Einkünfte „in vollem Umfang“, d. h. umfassend in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert.
I. Beginn und Ende der Umqualifikation Diese Umqualifizierung der Einkünfte tritt mit erstmaliger Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ein.95 Da die Personengesellschaft zuvor typischerweise keine (originär) gewerblichen Einkünfte erzielt hat, führt die gewerbliche Prägung zu einer Betriebseröffnung, mit der Folge, dass die Wirtschaftsgüter im Gesamthandsvermögen in die Betriebsvermögenssphäre überführt werden.96 Die Wirtschaftsgüter sind dabei grundsätzlich mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Nr. 5 EStG), und die Einkünfteermittlung erfolgt grundsätzlich nach dem Betriebsvermögensvergleich.97 Fällt eines der Tatbestandsmerkmale und damit zugleich die Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG weg, stellt dies grundsätzlich eine Betriebsaufgabe gem. § 16 Abs. 3 EStG dar; Konsequenz dessen ist, dass die in den Wirtschaftsgütern verhafteten stillen Reserven besteuert werden.98 Etwas anderes gilt nur dann, wenn es eben nicht zur „Aufgabe des Gewerbebetriebs“ kommt, weil die Personengesellschaft im (unmittelbaren) Anschluss gewerblich tätig wird oder die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung vorliegen.99 Nach alledem hat der Steuerpflichtige die Wahl, zu welchem Zeitpunkt er die gewerbliche Prägung herbeiführen oder beenden möchte, indem z. B. die Eintragung der KG in das Handelsregister hinauszögert wird100 oder einem beschränkt haftenden geprägte Personengesellschaft in „steuerrechtlich irrelevanter Weise“ tätig und betreibt Liebhaberei, Crezelius, in: Handbuch Personengesellschaften, 56. EL, I. Rn. 44. 95 Statt vieler Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1455. 96 Reiß, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 15 Rn. 142; Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1455; Wacker, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 15 Rn. 231, 233. 97 Statt vieler Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 Rn. 278. 98 Statt aller Reiß, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 15 Rn. 142; vgl. auch BFH, Urteil v. 14. 3. 2007, XI R 15/05, BStBl. II 2007, 924. 99 Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 EStG Rn. 288a; Reiß, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 15 Rn. 142; Wacker, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 15 Rn. 233; insofern genügt auch eine nur geringfügige originär gewerbliche Tätigkeit, da § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in diesem Fall zu einer Infizierung der gesamten Einkünfte führt, zutreffend Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 Rn. 282. 100 Vor Eintragung der KG in das Handelsregister ist die Haftung des Kommanditisten nicht beschränkt, mit der Folge, dass ggf. noch andere als Kapitalgesellschaften persönlich haften, vgl. BFH, Urteil v. 23. 2. 2011, I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354; kritisch Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.38.
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§ 2 Entstehungsgeschichte, Tatbestand, Rechtsfolgen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis (vorübergehend) erteilt wird101. Hierbei ist es auch unbeachtlich, ob die Voraussetzungen unterjährig eintreten bzw. wegfallen, denn maßgeblich ist ausschließlich der konkrete Zeitpunkt; eine Rückwirkung auf den Beginn des (Kalender-)Jahres findet nicht statt.102
II. Mitunternehmerschaft und Sonderbetriebsvermögen Die Gesellschafter der gewerblich geprägten Personengesellschaft sind infolge der Umqualifizierung regelmäßig als Mitunternehmer anzusehen.103 Dies ist der Fall, wenn und weil diese Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten.104 Dies führt zum einen dazu, dass diese über Sonderbetriebsvermögen verfügen (können).105 Dabei stellen Anteile an der persönlich haftenden Kapitalgesellschaft grundsätzlich ebensolches Sonderbetriebsvermögen dar.106 Zum anderen erzielen die Gesellschafter ihrerseits gewerbliche Einkünfte, zu denen konsequenterweise auch Sondervergütungen zählen.107
III. Gewerbesteuerpflichtige Einkünfte Die gewerblich geprägte Personengesellschaft (als solche) ist zudem mit den erzielten Einkünften gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 1, § 7 S. 1 GewStG). Hinsichtlich des Zeitpunkts besteht hingegen kein Gleichlauf mit den soeben dargelegten Grundsätzen: Die Gewerbesteuerpflicht setzt die Aufnahme108 der werbenden Tä-
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Vgl. oben unter § 2, B. IV. (S. 33 f.), wonach die gewerbliche Prägung unter anderem voraussetzt, dass nur Kapitalgesellschaften als persönlich haftende Gesellschafter und NichtGesellschafter zur Geschäftsführung befugt sind; so auch Bode, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 15 Rn. 282. 102 Statt vieler Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1455. 103 Statt aller Wacker, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 15 Rn. 231. 104 Grundlegend zu den Voraussetzungen der Mitunternehmerschaft BFH, Beschluss v. 25. 6. 1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751. 105 Vgl. BFH, Urteil v. 15. 10. 1998, IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286. 106 BFH, Urteil v. 30. 3. 1993, VIII R 63/91, BStBl. II 1993, 706; BFH, Urteil v. 15. 10. 1998, IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286; im Einzelnen dazu Montag, in: Tipke/Lang, 22. Aufl., § 13 Rn. 75. 107 Statt aller Stapperfend, in: H/H/R, EStG, 257. EL, § 15 Rn. 1455. 108 Da die gewerblich geprägte Personengesellschaft materiell vermögensverwaltend tätig wird, beginnt diese mit der werbenden Tätigkeit, „wenn der erste Akt der Vermögensverwaltung in Gang gesetzt wird“, Crezelius, in: Handbuch Personengesellschaften, 56. EL, I. Rn. 48.
D. Zwischenergebnis
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tigkeit voraus, und umgekehrt führt auch erst die Einstellung109 ebendieser Tätigkeit zur Beendigung der Gewerbesteuerpflicht.110
D. Zwischenergebnis Mit der umfassenden Umqualifizierung der Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb sind weitreichende steuerliche Konsequenzen sowohl für die Personengesellschaft als auch deren Gesellschafter verbunden. Dies gilt vor allem für die Tatsache, dass die Wirtschaftsgüter infolge der gewerblichen Prägung steuerlich verstrickt und deren Wertveränderungen damit generell steuerbar sind. Dies kann freilich nicht nur zur steuerwirksamen Entstrickung führen, sondern wirkt auch zugunsten der Steuerpflichtigen (vgl. z. B. §§ 7 ff. EStG). Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass sich insbesondere die GmbH & Co. KG als Grundfall der gewerblich geprägten Personengesellschaft in der Beratungspraxis großer Beliebtheit erfreut.111 Begründung sowie Wegfall der Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG können, wie soeben aufgezeigt wurde, vielfach relativ einfach bewerkstelligt werden; dies entspricht dem mit der Einführung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG verfolgten Nebenziel, ein steuerlich sinnvolles Gestaltungsmittel zu erhalten.112 Allein bezogen auf den Inlandssachverhalt ist dies freilich nachvollziehbar. Im grenzüberschreitenden Kontext wirft die gewerbliche Prägung hingegen eine Vielzahl von – teils grundlegenden – Fragen auf, die Zweifel an der Sachgerechtigkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG aufkommen lassen. Hierauf wird zum einen bezogen auf § 49 EStG,113 zum anderen aber insbesondere vor dem Hintergrund von DBA noch eingegangen.114 Zunächst soll jedoch die Systematik des Internationalen Steuerrechts kurz erläutert werden.
109
Die werbende Tätigkeit wird eingestellt, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert oder entnommen werden, d. h. der Betrieb tatsächlich eingestellt wird; BFH, Urteil v. 17. 3. 2010, IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977; Montag, in: Tipke/Lang, 22. Aufl., § 13 Rn. 78. 110 Montag, in: Tipke/Lang, 22. Aufl., § 13 Rn. 78; Reiß, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 15 Rn. 142. 111 Vgl. Wachter, GmbHR 2015, 177 (177); zu einzelnen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.R.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.4 ff., sowie Spiegelberger, ZEV 2003, 391. 112 Dazu oben unter § 2, A. II. (S. 25 ff.). 113 Dazu unter § 4, A. II. (S. 45 ff.). 114 Dazu unter § 5, C. (S. 117 ff.).
§ 3 Systematik des Internationalen Steuerrechts Bevor im Folgenden auf die gewerbliche Prägung im deutschen Internationalen Steuerrecht [hierzu unter § 4] sowie im Anwendungsbereich von DBA [hierzu unter § 5] eingegangen wird, soll zunächst die allgemeine Systematik des Internationalen Steuerrechts dargestellt werden. Hierfür wird zunächst der Begriff des Internationalen Steuerrechts erläutert [hierzu unter A.]. Im Anschluss wird auf die Systeme der Besteuerung nach dem Welteinkommens- und Ursprungsprinzip eingegangen [hierzu unter B.]. Dem schließen sich Ausführungen zu Doppelbesteuerung und deren Vermeidung [hierzu unter C.] sowie zur Individualbesteuerung und zwischenstaatlichen Steuerverteilung an [hierzu unter D.].
A. Begriff des Internationalen Steuerrechts Der Begriff Internationales Steuerrecht „umfasst die Gesamtheit der Rechtsvorschriften, die sich auf die Besteuerung von grenzüberschreitenden Sachverhalten beziehen.“115 Dies verdeutlicht zweierlei: Zum einen ist das Internationale Steuerrecht nicht einheitlich kodifiziert,116 sondern setzt sich zusammen aus allgemeinem und vertraglichem Völkerrecht, Staatengemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht117. Zum anderen bedarf es eines Bezugs zu einem ausländischen Staat, so dass rein innerstaatliche Sachverhalte begrifflich nicht erfasst sind.118 In der vorliegenden Untersuchung wird dieser Begriff eingeschränkt auf Normen des innerstaatlichen Rechts sowie die sich diesbezüglich ergebenden Modifikationen durch DBA als vertragliches Völkerrecht.
115
Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. A 3; Vogel, DStZ 1997, 269 (269); vgl. auch Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 103. EL, Vor Art. 1 Rn. 6. 116 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 2.1. 117 Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. A 3; Lehner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdS, § 251 Rn. 5; Vogel, DStZ 1997, 269 (269). 118 Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 27.
B. Besteuerung nach dem Welteinkommens- und Ursprungsprinzip
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B. Besteuerung nach dem Welteinkommensund Ursprungsprinzip Das Internationale Steuerrecht zeichnet sich aufgrund des grenzüberschreitenden Bezugs dadurch aus, dass sich der Steuerpflichtige regelmäßig mehr als einem Steuergläubiger gegenüber sieht.119 Dieser Umstand rührt daher, dass die Rechtsnormen eines Staates, aus denen sich der Steueranspruch herleitet, zwar in räumlicher Hinsicht auf das Hoheitsgebiet dieses Staates begrenzt sind (sog. Territorialitätsprinzip), der sachliche Geltungsbereich ebendieser Normen jedoch auch an Sachverhalte anknüpfen kann, die außerhalb dieses Territoriums verwirklicht werden.120 Letzteres gilt jedoch nicht uneingeschränkt, da dieser (inländische) Besteuerungszugriff einer völkerrechtlichen (vgl. Art. 25 GG) Rechtfertigung bedarf.121 Aus diesem Grund bedarf es eines territorialen Sachbezugs im Inland (sog. genuine link).122 Dieser Inlandsbezug schränkt die (grundsätzlich unbeschränkte) Fiskalhoheit als „Kernbestandteil staatlicher Souveränität“ ein.123 Die meisten Staaten – einschließlich Deutschland – besteuern nach dem Welteinkommens- und Ursprungsprinzip.124 Dies bedeutet zum einen, dass alle (weltweit) erzielten Einkünfte von Steuerinländern vom Ansässigkeitsstaat besteuert werden (Welteinkommensprinzip), und zum anderen, dass auch Steuerausländer dem Be119
Vgl. Vogel, DStZ 1997, 269 (269). Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 42; dazu auch Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. B 11; prägnant etwa Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 13: „Es gibt kein völkerrechtliches ,Quellenprinzip‘ oder ,Territorialprinzip‘, das es verbieten würde, Rechtfolgen des innerstaatlichen Rechts auch an ausländische Sachverhalte […] anzuknüpfen“. 121 Loschelder, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 49 Rn. 12; Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 43; zum Territorialitätsprinzip als theoretische Grundlage der beschränkten Steuerpflicht Hey, IWB 2004, 9. 122 Statt vieler Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 43. 123 Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 4; wiederum prägnant Lehner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdS, § 251 Rn. 2: „Territoriale Abgrenzung bestimmt die Reichweite des steuerlichen Zugriffs im Verhältnis der Staaten zueinander“. 124 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 7. – Als Ursprungsprinzip wird dabei die „äquivalenztheoretisch gerechtfertigte Grundentscheidung verstanden, Einkünfte demjenigen Staat zur vorrangigen oder sogar ausschließlichen Besteuerung zu überlassen, aus dessen Territorium die Einkünfte stammen“, Lehner/Reimer, IStR 2005, 542 (542); so auch Vogel, DStZ 1997, 269 (273 mit Fn. 11). Dem Ursprungsprinzip gegenüber steht das Wohnsitzoder auch Welteinkommensprinzip, wonach der Staat seine Besteuerungsbefugnis (allein) an die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen knüpft, Reimer, Der Ort des Unterlassens, 319. Synonym zum Ursprungsprinzip wird im Steuerrecht mitunter auch der Begriff Territorialitätsprinzip verwandt, wenn auch die zugrunde liegende Bedeutung variiert; üblicherweise wird er als Sonderfall des Ursprungsprinzips verstanden, wonach ein Staat auch Ansässige nach dem Ursprungsprinzip (oder auch Quellenprinzip) besteuert, d. h. nicht nach seinem Welteinkommen, sondern nur nach den Einkünften, die im Territorium des Staates erzielt werden, vgl. Lehner/Reimer, IStR 2005, 542 (542). 120
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§ 3 Systematik des Internationalen Steuerrechts
steuerungszugriff durch den Quellenstaat unterliegen mit Einkünften, die auf dessen Hoheitsgebiet erzielt werden (Ursprungsprinzip).125
C. Doppelbesteuerung und deren Vermeidung Für grenzüberschreitende Sachverhalte kann es sich deshalb ergeben, dass die betreffenden Einkünfte auch doppelt oder mehrfach besteuert werden. Der diesen Umstand übergreifend bezeichnende Begriff „Doppelbesteuerung“ erfasst zum einen die juristische und zum anderen die wirtschaftliche Doppelbesteuerung.126 Von juristischer Doppelbesteuerung spricht man herkömmlicherweise, wenn zwei oder mehr Staaten denselben Steuerpflichtigen für denselben Steuergegenstand mit vergleichbaren Steuern im selben Zeitraum belasten.127 Demgegenüber bezeichnet wirtschaftliche Doppelbesteuerung einen Sachverhalt, bei dem zwar Einkünfte doppelt besteuert werden, dies jedoch bei unterschiedlichen Steuersubjekten.128 Entscheidendes begriffliches Abgrenzungskriterium ist danach insbesondere die (fehlende) Steuersubjektidentität.129 Eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung tritt im Kontext von (gewerblich geprägten) Personengesellschaften insbesondere dann auf, wenn die Einkünfte unterschiedlichen Steuerpflichtigen zugerechnet werden (sog. Zurechnungskon-
125 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 7, 11. Als Steuerausländer wird im Folgenden – im Gegensatz zum Steuerinländer – ein Steuersubjekt verstanden, das nicht in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist, d. h. im Fall einer natürlichen Person weder Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (§ 1 Abs. 1 EStG) noch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 und 3 EStG erfüllt, im Fall einer juristischen Person diese weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 KStG). – Die Begriffe Ansässigkeits- und Quellenstaat sind nicht unumstritten, vgl. etwa zur Kritik an der begrifflichen Mehrdeutigkeit Vogel, FS Loukota, 621. In der vorliegenden Untersuchung soll mit Ansässigkeitsstaat der Staat gemeint sein, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat bzw. ansässig ist, oder – im Fall einer juristischen Person – Geschäftsleitung oder Sitz hat, und mit Quellenstaat derjenige Staat, in dem die Einkunftsquelle belegen ist oder wo die jeweilige Tätigkeit ausgeübt wird; ähnlich auch mit Blick auf Art. 4 Abs. 1 OECD-MA Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 325. 126 Zu den einzelnen begrifflichen Unterscheidungen Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 103. EL, Vor Art. 1 Rn. 1 m.w.N. 127 Ziff. 1 zu Einleitung OECD-MK; Mössner, DStJG 8 (1985), 135 (139 f.); Vogel, DStZ 1997, 269 (276); Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 7 spricht insoweit von „rechtlicher Doppelbesteuerung“, Bühler, Prinzipien des Internationalen Steuerrechts, 32, von Internationaler Doppelbesteuerung „in einem engeren Sinn“. 128 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 9; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 103. EL, Vor Art. 1 Rn. 3. 129 Vgl. Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 7; Vogel, DStZ 1997, 269 (276).
D. Individualbesteuerung und zwischenstaatliche Steuerverteilung
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flikt).130 Für die vorliegende Untersuchung wird diese Problematik jedoch ausgegrenzt, so dass im Wesentlichen nur die juristische Doppelbesteuerung eine Rolle spielen wird.131 Eine solche juristische Doppelbesteuerung kann auf mehreren Wegen vermieden bzw. beseitigt werden. Zu nennen sind insoweit insbesondere die folgenden Instrumente: Zwischenstaatlich durch die zwischen den einzelnen Staaten vereinbarten DBA132 sowie andere multilaterale Abkommen133. Auf europäischer Ebene sind – neben den primärrechtlichen Regelungen134 – im Bereich des Sekundärrechts insbesondere Richtlinien135 zu nennen. Darüber hinaus – relevant vor allem in den Fällen, in denen ein DBA fehlt – bleibt im Wesentlichen nur die unilaterale Beseitigung der Doppelbesteuerung.136
D. Individualbesteuerung und zwischenstaatliche Steuerverteilung Die als notwendig erachtete Vermeidung juristischer Doppelbesteuerung durch Anwendung innerstaatlichen Rechts oder des Methodenartikels des jeweiligen DBA zeigt, dass Einkünfte prinzipiell nur einmal besteuert werden sollen. Dass Einkünfte derselben Person gleichwohl doppelt oder sogar mehrfach besteuert werden, gründet in der Tatsache, dass viele Staaten nach dem Welteinkommensprinzip auch solche Einkünfte steuerlich erfassen, die außerhalb des eigenen Hoheitsgebiets erzielt werden.
130 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 9, sowie ausführlich zu den Zurechnungskonflikten ebd., Rn. 181 ff. 131 Überblicksartig zum Zurechnungskonflikt unter § 5, A. V. 5. c) (S. 104 f.). 132 Zu den Methodenartikeln des OECD-MA unter § 5, A. III. 2. (S. 74 f.). 133 Zu nennen ist hier beispielsweise das Wiener Übereinkommen vom 18. 4. 1961 über diplomatische Beziehungen (BGBl. II 1964, 957) sowie das Wiener Übereinkommen vom 24. 4. 1963 über konsularische Beziehungen (BGBl. II 1969, 1585). 134 Maßgeblich sind hier in erster Linie die Grundfreiheiten bzw. die daraus abzuleitenden Beschränkungs- und Diskriminierungsverbote; der EuGH hat sie zu diesem Zweck, insbesondere im Bereich der Grenzgängerbesteuerung, bereits herangezogen, vgl. nur EuGH, Urteil v. 14. 2. 1995, C-279/93 („Schumacker“), DStR 1995, 326; dazu Schön, IStR 1995, 119, sowie ausführlich Lehner, in: Konzernsteuerrecht, 2. Aufl., § 6 Rn. 45 ff. Hinzuweisen ist zudem auf die Streichung von Art. 293 EGV, der eine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorsah; dazu Lehner, IStR 2005, 397; Dürrschmidt, NJW 2010, 2086 (2089). 135 Dazu etwa Lehner, in: Konzernsteuerrecht, 2. Aufl., § 6 Rn. 65 ff, sowie ders., in: Vogel/ Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 254. 136 Dazu unter § 4, C. (S. 69 f.).
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§ 3 Systematik des Internationalen Steuerrechts
Das Welteinkommensprinzip wird mit Blick auf das Leistungsfähigkeitsprinzip vielfach als notwendig erachtet, um eine gerechte Besteuerung zu verwirklichen.137 Dass demgegenüber auch eine Vereinbarkeit mit einer Besteuerung nach dem Territorialitätsprinzip hergestellt werden kann, wurde in der Literatur bereits aufgezeigt.138 Diese Frage der individuellen Gerechtigkeit soll hier nicht weiter vertieft werden. Der Umfang staatlichen Steuerzugriffs betrifft jedoch zugleich die zwischenstaatliche Gerechtigkeit als auf der Ebene belegen, die der interstaatlichen Aufteilung des Steueraufkommens dient. Wirft man einen Blick zurück, lassen sich zu der Frage der Steuerrechtfertigung und Aufteilungsgerechtigkeit im Wesentlichen (grob und ohne Rücksicht auf argumentative Besonderheiten) die Gruppen der Opfertheorien und Äquivalenztheorien unterscheiden:139 Während die Vertreter der ersteren die Steuer als selbstverständliches „Opfer“ an den Staat verstanden, sieht die zweite Gruppe den Steuerzugriff gerechtfertigt aufgrund der allgemeinen staatlichen Leistungen, die dem Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellt werden. Die Steuer stellt danach die Gegenleistung für die generelle Bereitstellung von Infrastruktur durch den Staat dar.140 Das aus der Zeit der romantischen Staatstheorie des 19. Jahrhunderts fließende Verständnis der Steuer als Opfererbringung kann mittlerweile aufgrund des gewandelten Verhältnisses der Bürger zum Staat als überkommen bezeichnet werden, so dass sich letztlich der äquivalenztheoretische Ansatz durchgesetzt hat.141 Die Besteuerung des Welteinkommens von Inländern nach deutschem Steuerrecht wird konsequenterweise aus dem Umstand gefolgert und gerechtfertigt, dass dieser im Inland lebt und deshalb vermutet wird, staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen.142 Gleichwohl stellt sich die Frage, ob diese Verknüpfung zum Ansässigkeitsstaat im jeweiligen Einzelfall tatsächlich enger ist als diejenige zum Quellenstaat, in dem der Steuerpflichtige den überwiegenden Teil des Jahres tätig ist, dort eine Betriebsstätte seines Unternehmens betreibt oder eine dort belegene Immobilie unterhält. Zugunsten der Verwirklichung zwischenstaatlicher Gerechtigkeit – und mitunter auch individueller Gerechtigkeit – wird deshalb seit längerem gefordert, von einer Besteuerung des Welteinkommens zugunsten einer Besteuerung nach Maßgabe des Territorialitäts- bzw. Ursprungsprinzips abzurücken.143 Bereits von Schanz hat dies 137 So insbesondere Debatin, FR 1969, 277 (278); ausführlich dazu Schaumburg, FS Tipke, 125 (127 ff.), der jedoch im Ergebnis dem Quellenprinzip den Vorrang einräumt (ebd., 131 ff.). 138 Vogel, DStJG 8 (1985), 3 (21 ff.). 139 Ausführlich dazu Reimer, Der Ort des Unterlassens, 328 ff.; zur Entwicklungsgeschichte auch Vogel, in: Vogel (Hrsg.), Steueroasen und Außensteuergesetze, 125 (128 ff.). 140 Statt vieler Lehner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdS, § 251 Rn. 11. 141 Dazu etwa Lehner/Waldhoff, in: K/S/M, EStG, 100. EL, § 1 Rn. A. 164 f.; Vogel, FS Klein, 361 (366 f.). 142 BFH, Vorlagebeschluss zum EuGH v. 14. 4. 1993, I R 29/92, BStBl. II 1994, 27. 143 Vgl. die einzelnen Nachweise bei Vogel, DStJG 8 (1985), 3 (19 ff.); so etwa auch Bühler, Prinzipien des Internationalen Steuerrechts, 186: „Die Zukunft gehört mehr dem Ursprungs-
D. Individualbesteuerung und zwischenstaatliche Steuerverteilung
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gefordert und sich für eine Aufteilung der Besteuerung zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat ausgesprochen, wobei letzterem dabei der überwiegende Anteil, drei Viertel, zustehen sollte.144 Die Rechtfertigung dieser Aufteilung sah von Schanz in der Wirtschaftszugehörigkeit zum Quellenstaat.145 Neben diesen Bemühungen, eine äquivalenztheoretisch begründete Antwort auf die Frage der sachgerechten Aufteilung des Steueraufkommens zu finden, werden auch Versuche unternommen, ökonomische Prinzipien fruchtbar zu machen. Dies sind insbesondere die Forderungen nach Kapitalimportneutralität und Kapitalexportneutralität, mit dem Ziel, aus Sicht des Ansässigkeits- bzw. Quellenstaates gleiche steuerliche Rahmenbedingungen zu schaffen.146 Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, dass die konzeptionelle Erfassung aller weltweit von Steuerinländern erzielten Einkünfte zu (jedenfalls fiktiver) Doppelbesteuerung führt, welche wiederum nur durch Anrechnung oder Freistellung beseitigt werden kann. Die Besteuerung nach dem Welteinkommensprinzip ist deshalb nicht ohne Widerspruch. Während dieses Prinzip auf Ebene individueller Gerechtigkeit aufgrund des Leistungsfähigkeitsprinzips wohl mehrheitlich befürwortet wird, bestehen insbesondere mit Blick auf die zwischenstaatliche Gerechtigkeit Bedenken an der Sachgerechtigkeit dieser umfassenden steuerlichen Erfassung.
staatsprinzip“, der hierunter eine Besteuerung in dem Staat versteht, in dem die Vermögenserträge erarbeitet werden; in diese Richtung auch Flick, FS Spitaler, 151 (156): „Nach meiner Ansicht hat sich das Primat der Ursprungsbesteuerung, welches seine theoretische Grundlage […] in der Lehre von der staatswissenschaftlichen Zugehörigkeit des Steuergutes findet, heute durchgesetzt“; instruktiv zu den jeweiligen Vorzügen und Nachteilen bereits Spitaler, Das Doppelbesteuerungsproblem bei den direkten Steuern, 613 ff. 144 von Schanz, FinArch 9 (1892), 365 (375). 145 von Schanz, FinArch 9 (1892), 365 (372). 146 Dazu etwa Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 7. Aufl., 18 ff.; Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 24; Schön, in: Lüdicke (Hrsg.), Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 1 (7 ff.).
§ 4 Gewerbliche Prägung im deutschen Internationalen Steuerrecht Fehlt es an einem DBA, das etwaige nationale Steueransprüche modifizieren kann, so bleibt es bei der steuerlichen Einordnung durch den jeweiligen Staat. In einem solchen Nicht-DBA-Sachverhalt kommt es entscheidend darauf an, ob die Einkünfte von einem Steuerausländer [hierzu unter A.] oder von einem Steuerinländer [hierzu unter B.] erzielt werden.
A. Beschränkte Steuerpflicht des Steuerausländers im Inland I. Allgemeines Beteiligt sich ein Steuerausländer an einer inländischen oder ausländischen gewerblich geprägten Personengesellschaft, fehlt es an dem für Zwecke der unbeschränkten Steuerpflicht erforderlichen inländischen Anknüpfungspunkt. Um die im Inland verwirklichten Steuersachverhalte gleichwohl erfassen zu können, normiert § 49 EStG einen abschließenden147 Katalog inländischer Einkunftstatbestände, deren Verwirklichung jeweils zur beschränkten Steuerpflicht des Steuerausländers nach § 1 Abs. 4 EStG bzw. § 2 Nr. 1 KStG führt. Dabei ist es die Aufgabe des § 49 EStG, „die territorialen Anknüpfungspunkte zu umschreiben, nach denen die inländischen Einkünfte von den nicht-inländischen abzugrenzen sind.“148 Die in dieser Regelung genannten Sachverhalte verkörpern dabei – im Gegensatz zur unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 EStG, § 1 KStG), welche eine „personenbezogen-territoriale[…] Anknüpfung“ normiert – eine „sachbezogen-territoriale Anknüpfung“ an das Steuerobjekt.149 Konsequenterweise regelt § 49 Abs. 2 EStG die sog. isolierende Betrachtungsweise:150 Danach bleiben ausländische Besteuerungsmerkmale außer Betracht, so147
Rn. 5. 148
Wied, in: Blümich, EStG, 128. EL, § 49 Rn. 2; Roth, in: H/H/R, EStG, 264. EL, § 49
BFH, Urteil v. 13. 12. 1989, I R 25/86, BStBl. II 1990, 1056. Lehner, StW 1993, 702 (702); zum Territorialitätsprinzip unter § 3, B. (S. 39 f.). 150 Vgl. Wied, in: Blümich, EStG, 128. EL, § 49 Rn. 35, wonach die „isolierende Betrachtungsweise […] von dem RFH in Anknüpfung an den objektsteuerartigen Charakter der beschr. Stpfl entwickelt und von dem BFH weiterentwickelt worden [ist]“; die Annäherung an den Objektsteuercharakter bejahend auch Roth, in: H/H/R, EStG, 264. EL, § 49 Rn. 5 m.w.N. 149
A. Beschränkte Steuerpflicht des Steuerausländers im Inland
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weit andernfalls keine inländischen Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 EStG angenommen werden könnten. Im Ergebnis erfolgt danach eine Prüfung, ob der im Inland verwirklichte Sachverhalt – unter Ausblendung ausländischer Besteuerungsmerkmale, d. h. „isoliert betrachtet“ – eine der Katalognummern des § 49 Abs. 1 EStG erfüllt und ob dies zu verneinen wäre, wenn die ausländischen Merkmale berücksichtigt würden.151 Korrespondierend zur beschränkten Steuerpflicht des Steuerausländers mit den inländischen Einkünften können mit diesen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 50 Abs. 1 S. 1 EStG). Die sich hiernach ergebenden inländischen152 Einkünfte sind nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln,153 die Gewinne der inländischen Personengesellschaft werden – auch im Hinblick auf die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte des Steuerausländers – gesondert und einheitlich festgestellt154. Die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen bleiben hingegen aufgrund des objektsteuerähnlichen Charakters der beschränkten Steuerpflicht weitgehend unberücksichtigt.155
II. Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte nach § 49 EStG Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden untersucht werden, mit welchen Einkünften ein Steuerausländer im Fall der Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft im Inland beschränkt steuerpflichtig ist bzw. sein kann. Da die gewerbliche Prägung dazu führt, dass alle Einkünfte der Personengesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden, kommen aus dem Katalog des § 49 Abs. 1 EStG grundsätzlich nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Betracht, welche im Folgenden – beschränkt auf die praktisch relevanten Tatbestände – dargestellt werden. 1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei inländischer Betriebsstätte oder ständigem Vertreter, § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG Als ersten – und praktisch wohl bedeutendsten – Anknüpfungspunkt normiert § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG die Betriebsstätte sowie den ständigen Vertreter im Inland. Einkünfte, die diesen nach dem Veranlassungsprinzip zuzuordnen sind, 151
Statt aller Loschelder, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 49 Rn. 133. Vgl. BFH, Urteil v. 17. 12. 1997, I R 95/96, BStBl. II 1998, 260. 153 Statt vieler Wied, in: Blümich, EStG, 128. EL, § 49 Rn. 43. 154 Mick/Dyckmans, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl., Rn. 8.203 ff. 155 Dazu m.w.N. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 5.106. 152
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§ 4 Gewerbliche Prägung im deutschen Internationalen Steuerrecht
unterliegen folglich der Besteuerung im Inland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht.156 a) Inländische Betriebsstätte Die Existenz einer Betriebsstätte stellt – und das zeigt bereits die systematische Stellung dieser Regelung – den primären Anknüpfungspunkt für die beschränkte Steuerpflicht im Rahmen gewerblicher Einkünfte dar.157 Der Begriff der Betriebsstätte bestimmt sich innerstaatlich nach § 12 AO und umfasst jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient (§ 12 S. 1 AO).158 aa) Geschäftseinrichtung oder Anlage Wann eine solche feste Geschäftseinrichtung vorliegt, ist im Gesetz nicht näher definiert. Nach ganz herrschender Meinung handelt es sich hierbei um jeden körperlichen Gegenstand sowie jede Sachgesamtheit körperlicher Gegenstände, der bzw. die geeignet ist, Grundlage einer Unternehmenstätigkeit zu sein.159 Da es sich bei der Anlage um einen Unterfall der Geschäftseinrichtung handelt, ist eine inhaltliche Abgrenzung insoweit entbehrlich.160 bb) Zeitliche und örtliche Festigkeit sowie Verfügungsmacht Aus dem Wortlaut des § 12 S. 1 AO, der von einer festen Geschäftseinrichtung oder Anlage spricht, wird darüber hinaus gefolgert, dass sowohl eine räumliche als auch zeitliche Festigkeit erforderlich ist, d. h. die feste Geschäftseinrichtung muss zum einen „einen Bezug zu einem bestimmen Teil der Erdoberfläche aufweisen und dieser [muss zum anderen] von einer gewissen Dauer (= Beständigkeit), also nicht nur vorübergehend […] [sein].“161 Über diese begrifflich naheliegenden Erwägungen hinaus soll die „Festigkeit“ zuletzt auch zum Ausdruck bringen, dass die Ge156
Weiterführend zur Zuordnung Wied, in: Blümich, EStG, 128. EL, § 49 Rn. 74 ff. Statt vieler Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 5.141. 158 Der innerstaatliche Betriebsstättenbegriff ist aufgrund der in Art. 5 OECD-MA enthaltenen Ausnahmen regelmäßig weiter als der abkommensrechtliche (statt vieler Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 412), so dass die beschränkte Steuerpflicht im DBASachverhalt ihre Grenzen im jeweiligen DBA findet, vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 5.141; näher dazu unter § 5, C. IV. 3. e) bb) (1) (S. 180). 159 Z.B. BFH, Urteil v. 3. 2. 1993, I R 80 – 81/91, BStBl. II 1993, 462; Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 4; Koenig, in: Koenig, AO, 3. Aufl., § 12 Rn. 6; Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 8. 160 Statt vieler Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 4 m.w.N. 161 BFH, Urteil v. 17. 9. 2003, I R 12/02, BStBl. II 2004, 396 m.w.N.; ausführlich dazu Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 10 ff. 157
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schäftseinrichtung bzw. Anlage in der nicht nur vorübergehenden Verfügungsmacht des jeweiligen Unternehmers steht.162 cc) Unternehmensdienende Funktion Abschließend setzt § 12 S. 1 AO voraus, dass die feste Geschäftseinrichtung oder Anlage der Tätigkeit des Unternehmens dient. (1) Unternehmensbegriff i.S.d. § 12 S. 1 AO Damit ist im Ausgangspunkt die Frage aufgeworfen, wann ein Unternehmen i.S.d. § 12 S. 1 AO vorliegt. (a) Historische Ausgangsbetrachtung Wirft man hierfür einen Blick auf § 16 StAnpG163, die Vorgängerregelung zu § 12 AO, so fällt auf, dass ersterer noch von einer „feste[n] örtliche[n] Anlage oder Einrichtung“ sprach, „die der Ausübung des Betriebs eines stehenden Gewerbes dient“. Diese Funktionsbegrenzung auf Gewerbebetriebe hat der Gesetzgeber bei Schaffung von § 12 AO bewusst nicht übernommen, sondern stattdessen den Begriff „Unternehmen“ gewählt. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich jedoch nicht eindeutig, wie dieser Unternehmensbegriff zu verstehen ist. Dort heißt es lediglich, dass der Betriebsstättenbegriff so definiert sei, „daß er den Bedürfnissen aller in Betracht kommenden Steuern Rechnung trägt.“164 Darüber hinaus stelle die Regelung „in Anlehnung an die neuere Abkommenspraxis zur Vermeidung von Doppelbesteuerung nicht mehr auf einen Gewerbebetrieb ab, sondern auf das Unternehmen.“165 Im Übrigen fehlt es jedoch an klarstellenden Ausführungen. Nun werden unter den Unternehmensbegriff ganz überwiegend neben gewerblichen Unternehmen auch solche der Land- und Forstwirtschaft sowie selbstständig Arbeitende erfasst.166 Die bloße Vermögensverwaltung soll hingegen kein solches Unternehmen darstellen.167 Diese begriffliche Eingrenzung überrascht: Denn dieser 162 Z.B. BFH, Urteil v. 23. 5. 2002, III R 8/00, BStBl. II 2002, 512; ausführlich dazu Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 11 ff. 163 Steueranpassungsgesetz 1934, RGBl. I 1934, 925. 164 Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Abgabenordnung (AO 1974) v. 19. 3. 1971, BTDrs. VI/1982, 103. 165 Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Abgabenordnung (AO 1974) v. 19. 3. 1971, BTDrs. VI/1982, 103. 166 BFH, Urteil v. 5. 6. 1986, IV R 338/84, BStBl. II 1986, 661; BFH, Urteil v. 2. 4. 2014, I R 68/12, BStBl. II 2014, 875; Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 17; Hidien, in: K/S/M, EStG, 173. EL, § 49 Rn. D 630; Koenig, in: Koenig, AO, 3. Aufl., § 12 Rn. 17; Musil, in: H/H/ Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 3. 167 Gersch, in: Klein, AO, 13. Aufl., § 12 Rn. 1; Koenig, in: Koenig, AO, 3. Aufl., § 12 Rn. 17; Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 20; Wassermeyer, FS Kruse, 589 (596); implizit auch Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 7. Aufl., 289, wonach eine
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Feststellung liegt die Annahme zugrunde, dass ein feststehender Unternehmensbegriff existiert, der die bloße Vermögensverwaltung tatbestandlich ausschließt.168 (b) In grammatikalischer Hinsicht auch vermögensverwaltende Tätigkeiten erfasst Stellt man jedoch auf das allgemeine Begriffsverständnis ab, so ist dies keinesfalls zwingend. Danach handelt es sich bei einem Unternehmen um ein Vorhaben bzw. etwas, das unternommen wird.169 Weder ein Vorhaben noch eine Unternehmung schließen dabei aber die Subsumtion einer vermögensverwaltenden Tätigkeit unter den Unternehmensbegriff aus. Parallel hierzu wird als Unternehmen aber auch ein Betrieb im Hinblick auf seine betriebliche Einheit verstanden.170 Hier liegt eine begriffliche Nähe zu den Gewinneinkunftsarten vor, wie insbesondere die synonym zu „Unternehmen“ geläufigen Begriffe „Firma“, „Geschäft“, „Konzern“, vor allem aber „Werk“ sowie früher „Manufaktur“ zeigen.171 So verfügt nur ein Kaufmann über eine Firma (§ 17 HGB), was grundsätzlich wiederum einen Gewerbebetrieb voraussetzt (vgl. § 1 Abs. 2 HGB). Dass letztere Auslegung jedoch keinesfalls zwingend ist, zeigt ein Vergleich zu deutschen steuer- und zivilrechtlichen Regelungen. So enthalten diejenigen Bestimmungen, die einen gewerbesteuerrechtlichen Bezug haben, die Formulierung „gewerbliches Unternehmen“.172 Dies verdeutlicht, dass ein Unternehmen begrifflich gerade keinen Gewerbebetrieb voraussetzt. Auch gesellschaftsrechtliche Bestimmungen bestätigen dies. So muss der GmbH-Gesellschaftsvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG den „Gegenstand des Unternehmens“ bezeichnen. Dieser muss aber nicht wirtschaftlicher Natur sein, sondern die GmbH kann auch ideelle Zwecke feste Geschäftseinrichtung „nur dann eine Betriebsstätte begründen [kann], wenn in ihr betriebliche Tätigkeiten i.S.d. §§ 13, 15 und 18 EStG ausgeübt werden“; so wohl auch Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 17; auch der BFH scheint mit Urteil v. 4. 7. 2012, II R 38/10, BStBl. II 2012, 782 hiervon auszugehen, wenn er die Betriebsstätteneigenschaft einer vermieteten oder verpachteten Immobilie abgelehnt hat, weil dort keine „eigene gewerbliche Tätigkeit ausgeübt“ wurde; noch restriktiver BFH, Urteil v. 5.12.1990, I R 94/88, BStBl. II 1991, 287, wonach als Unternehmen wohl nur gewerbliche Tätigkeiten zu qualifizieren sind; a.A. aber Buciek, in: Beermann/Gosch, AO, 88. EL, § 12 Rn. 3, der „selbständig Tätige, Land- und Forstwirte sowie Personen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung“ erfasst sieht; noch weitergehend Maier, in: Looks/Löwenstein, Betriebsstättenbesteuerung, 2. Aufl., 53, der jede Vermögensverwaltung vom Unternehmensbegriff des § 12 AO erfasst sieht. 168 Vgl. Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 20 sowie Wassermeyer, FS Kruse, 589 (596), die beide argumentieren, dass die Vermietung und Verpachtung „keine unternehmerische Tätigkeit im ertragsteuerlichen Sinne“ darstelle. 169 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 4136, Stichwort „Unternehmen“. 170 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 4136, Stichwort „Unternehmen“; ähnlich auch Albers et al., Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, 65, Stichwort „Unternehmen“, wonach der Unternehmensbegriff im wissenschaftlichen Sprachgebrauch „bestimmte wirtschaftliche Gebilde oder Funktionszusammenhänge“ bezeichnet. 171 Duden, Das Wörterbuch der Synonyme, 275, Stichwort „Unternehmen“. 172 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG; § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG.
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verfolgen.173 Dass die GmbH zivilrechtlich als Handelsgesellschaft und mithin Formkaufmann gilt (§ 13 Abs. 3 GmbHG, § 6 HGB) und steuerrechtlich zwingend von Einkünften aus Gewerbebetrieb auszugehen ist (§ 8 Abs. 2 KStG), ändert an dieser begrifflichen Einordnung nichts. Das Gleiche gilt im Ergebnis auch für die AG, zu der es noch klarer heißt, dass der Unternehmensgegenstand nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes bestehen muss (§ 3 Abs. 1 AktG). Nach alledem kann der Begriff „Unternehmen“ sowohl in wirtschaftsspezifischer als auch allgemeinsprachlicher Hinsicht verstanden werden. Eine eindeutige Zuordnung ist jedoch, wie auch ein Blick in das deutsche Steuer- und Gesellschaftsrecht zeigt, nicht möglich. (c) Kein Rückgriff auf die Unternehmensdefinition in § 2 Abs. 1 UStG Schließlich überzeugt es auch nicht, den Unternehmensbegriff unter Heranziehung von § 2 Abs. 1 UStG auszulegen.174 Diese Regelung enthält zwar eine Definition des Unternehmens. Diese gilt jedoch nur für Zwecke des UStG; denn es widerspräche der Zwecksetzung des § 12 AO, eine allgemeingültige Definition der Betriebsstätte zu liefern, würde man diese Bestimmung im Einzelnen wiederum im Sinne einer spezialgesetzlichen Regelung auslegen. In aller Deutlichkeit belegt dies auch der Umstand, dass § 3a Abs. 1 S. 2 UStG zwar von einer Betriebsstätte eines Unternehmens spricht;175 zur Auslegung dieses Betriebsstättenbegriffs wird jedoch gerade nicht auf § 12 AO zurückgegriffen, sondern auf die spezifischen umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen (insb. Art. 11 Abs. 2 MwStVO).176 Dies schließt es im Ergebnis freilich nicht aus, dass insoweit ein inhaltlicher Gleichlauf besteht. Diesen erkennt die herrschende Literaturmeinung auch, weist aber – insoweit konsequent – darauf hin, dass diese Übereinstimmung bei der Vermietung und Verpachtung ende.177 Dies zeigt, dass eine solche Herangehensweise nicht unproblematisch ist. Insoweit sollte es also bei einer vergleichenden Ergebnisbetrachtung bleiben, ohne hieraus Rückschlüsse auf den Unternehmensbegriff i.S.d. § 12 S. 1 AO zu ziehen. 173
Statt vieler Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 1 Rn. 6 ff. So aber Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 20; Buciek, in: Beermann/Gosch, AO, 88. EL, § 12 Rn. 18; i.E. wie hier Hidien, in: K/S/M, EStG, 173. EL, § 49 Rn. D 631, der dies unter anderem damit begründet, dass § 2 Abs. 1 UStG auch die Vermietung und Verpachtung als Vermögensverwaltung erfasst und diese „grundsätzlich keine Betriebsstätte begründet“; dies muss wohl so verstanden werden, dass Hidien die Vermögensverwaltung nicht als taugliche Unternehmenstätigkeit ansieht und steht damit entgegen der hier vertretenen Auffassung; ohne Begründung wie hier auch Maier, in: Looks/Löwenstein, Betriebsstättenbesteuerung, 2. Aufl., 53. 175 § 3a Abs. 1 S. 2 UStG: „Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.“ 176 Statt vieler Wäger, in: Sölch/Ringleb, UStG, 73. EL, § 3a Rn. 60. 177 So jeweils m.w.N. Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 17; Koenig, in: Koenig, AO, 3. Aufl., § 12 Rn. 17; Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 20; wohl auch Wassermeyer, FS Kruse, 589 (596). 174
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(d) Zwischenergebnis Damit bleibt festzuhalten, dass ein Unternehmen i.S.d. § 12 S. 1 AO nicht nur – wie von der herrschenden Auffassung postuliert – Gewinneinkünfte erzielen kann, sondern darüber hinaus auch bzw. nur Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit.178 Dies ist für Zwecke des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG freilich einerlei, da sich diese Bestimmung ohnehin nur auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht. Ganz generell ist diese Folgerung jedoch durchaus beachtlich: Denn gewerbliche geprägte Personengesellschaften erzielen lediglich kraft Fiktion gewerbliche Einkünfte; ihrer Natur nach sind diese jedoch vermögensverwaltend tätig. Würde § 12 S. 1 AO nur feste Geschäftseinrichtungen erfassen, die der Tätigkeit von Unternehmen i.S.d. §§ 13, 15 und 18 EStG dienen, würde dies die Frage aufwerfen, ob die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auch für Zwecke des § 12 S. 1 AO Wirkung entfaltet. Im Bereich der Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sollte dies wohl zu bejahen sein, da der Betriebsstättenbegriff insoweit einer einheitlichen Auslegung zugänglich gemacht würde.179 Dies gilt für Zwecke beschränkt steuerpflichtiger Einkünfte noch viel mehr, da in der einleitenden Formulierung in § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG („Einkünfte aus Gewerbebetrieb“) ein systematischer Konnex gesehen werden kann. Darüber hinaus könnte dieses Ergebnis eine entscheidende Rolle bei der Frage spielen, ob eine ausländische gewerblich geprägte Personengesellschaft, die an einer inländischen vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt ist, hierüber Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG erzielt.180 (2) Dienende Funktion der Betriebsstätte Zuletzt muss die feste Geschäftseinrichtung bzw. Anlage auch der Tätigkeit eines solchen Unternehmens dienen. Dies ist ganz allgemein der Fall, wenn die Geschäftseinrichtung oder Anlage zur Förderung des Unternehmenszwecks bestimmt ist.181 Darüber hinaus ist insoweit ein Unmittelbarkeitserfordernis anerkannt, d. h. die feste Geschäftseinrichtung muss dem Unternehmen unmittelbar dienen.182 Schließlich deutet das Verb „dienen“ auch
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So i.E. auch Haase, in: Haase/Dorn (Hrsg.), Vermögensverwaltende Personengesellschaften, Teil 4 Rn. 103 ff.; ders., IStR 2014, 170 (172 f.). 179 A.A. hingegen Maier, in: Looks/Löwenstein, Betriebsstättenbesteuerung, 2. Aufl., 53, der für Zwecke des § 12 AO lediglich auf die Tätigkeit als solche und nicht die Fiktion des § 15 Abs. 3 EStG abstellen möchte. 180 Dazu unter § 4, A. II. 1. a) dd) (2) (S. 54 f.). 181 Statt vieler und m.w.N. Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 19. 182 Ständige Rspr., z. B. BFH, Urteil v. 10. 2. 1988, VIII R 159/84, BStBl. II 1988, 663; so etwa auch Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 19; instruktiv dazu Buciek, in: Beermann/ Gosch, AO, 88. EL, § 12 Rn. 20 ff.
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darauf hin, dass diese Funktion für eine gewisse Zeit bestehen muss.183 Im Übrigen spricht der Wortlaut aber für ein gelockertes Verhältnis der Geschäftseinrichtung zum Unternehmen. Daher genügt es, dass dort auch bloße Hilfstätigkeiten sowie unwesentliche Tätigkeiten ausgeübt werden.184 dd) Betriebsstätte i.S.d. § 12 S. 1 AO einer gewerblichen geprägten Personengesellschaft Berücksichtigt man die vorgenannten Grundsätze, so stellt sich insbesondere die Frage, ob der Vermögensgegenstand als solcher, beispielsweise also eine Immobilie oder eine Beteiligung, eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 S. 1 AO begründen kann. (1) Betriebsstätteneigenschaft einer Immobilie Unter Geltung der alten Betriebsstättendefinition des § 16 StAnpG wurde die Betriebsstätteneigenschaft einer Immobilie vom BFH185 verneint, und zwar im Streitfall deswegen, weil auf diesem Grundstück keine „eigene gewerbliche Tätigkeit ausgeübt“ wurde. Der bloße Besitz sowie die bloße Vermietung und Verpachtung von Grundstücken solle danach keine Betriebsstätte des Vermieters/Verpächters darstellen. Lediglich dann, wenn sich auf diesem Grundstück eine Betriebsanlage befindet und „der Verpächter zur Pflege und Instandhaltung der verpachteten Betriebsanlage dauernd eigenes oder beauftragtes Personal“ beschäftigt, könne hierin eine Betriebsstätte des Verpächters liegen.186 Diese Argumentation überzeugt, denn § 16 StAnpG setzte für das Vorliegen einer Betriebsstätte auch gerade einen Gewerbebetrieb voraus. Vor diesem Hintergrund ist es aber nicht überzeugend, dass diese Begründung auch in der Folgezeit – und dann unter Geltung des § 12 AO – fortgesetzt wurde. Denn die vom BFH187 insoweit vorgebrachte Annahme, dass eine „eigene gewerbliche Tätigkeit“ vorliegen müsse, ergibt sich aus § 12 S. 1 AO gerade nicht.188 Legt man vielmehr den reinen Wortlaut des § 12 S. 1 AO zugrunde, so sollten an der Betriebsstätteneigenschaft einer vermieteten oder verpachteten Immobilie regelmäßig keine Zweifel bestehen. Es handelt sich bei den Grundstücken und den ggf. darauf befindlichen Immobilien ohne Weiteres um feste Geschäftseinrichtungen, und diese dienen gerade auch dem Unternehmen des Vermieters bzw. Verpächters: Entweder weil sich dieser ohnehin nur auf die Verwaltung eigenen Vermögens be183 BFH, Urteil v. 30. 10. 1996, II R 12/92, BStBl. II 1997, 12; statt vieler Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 21. 184 Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 19; Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 22. 185 BFH, Urteil v. 6. 7. 1978, IV R 24/73, BStBl. II 1979, 18. 186 So bereits BFH, Beschluss v. 30. 8. 1960, I B 148/59 U, BStBl. III 1960, 468; BFH, Urteil v. 18. 3. 1965, IV B 411/62 U, BStBl III 1965, 324. 187 BFH, Urteil v. 10. 2. 1988, VIII R 159/84, BStBl. II 1988, 653. 188 Oben unter § 4, A. II. 1. a) cc) (1) (S. 47 ff.).
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schränkt, oder weil dieser mit der Nutzungsüberlassung beabsichtigt, den eigenen, „originären“ Unternehmenszweck zu fördern (z. B. die Verpachtung einer Gaststätte durch eine Brauerei). Der BFH versagt in diesen Fällen gleichwohl regelmäßig die Betriebsstätteneigenschaft. Dies folgt daraus, dass er im Kern darauf abstellt, ob der Unternehmer in der (möglichen) Betriebsstätte (hier also dem zur Miete oder Pacht überlassenen Objekt) tätig wird. Dies sei in Verpachtungsfällen insbesondere lediglich dann der Fall, wenn Personal des Verpächters die verpachtete Betriebsanlage dauernd pflegt und instandhält.189 Im Übrigen jedoch sei die bloße Verwaltungstätigkeit der Betriebsstätte des Verwaltungssitzes des Verpächters zuzuordnen.190 Dem widerspricht es aber, dass der BFH mittlerweile klargestellt hat, dass es eines Personaleinsatzes gerade nicht mehr bedarf, um eine Betriebsstätte zu begründen. Auch die bloße Existenz einer Pipeline, durch die Öl geleitet wird, soll danach eine Betriebsstätte darstellen.191 Auf den Personaleinsatz kann es damit nicht entscheidend ankommen. Damit bleibt aber nur, in diesem von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterium ein wertendes Element zu sehen: Entscheidend soll es darauf ankommen, dass der Schwerpunkt der (regelmäßig gewerblichen) Tätigkeit am Geschäftsleitungsort bzw. dort liegt, wo tatsächlich und aktiv der Unternehmenszweck gefördert wird (z. B. in Produktions-Betriebsstätten).192 Dem entspricht auch die Annahme, dass in dem sog. Pipeline-Urteil eine Betriebsstätte bejaht wurde, denn das Durchleiten von Öl kann insoweit als aktive Unternehmenstätigkeit verstanden werden.193 Vor diesem Hintergrund muss aber für die Existenz einer Betriebsstätte in einer vermieteten oder verpachteten Immobilie nach der Unternehmenstätigkeit unterschieden werden: Erzielt das Unternehmen Gewinneinkünfte, dann muss eine Betriebsstätte bereits dann vorliegen, wenn in der Immobilie eine aktive Tätigkeit ausgeübt wird, die den eigenen Unternehmenszweck unmittelbar fördert. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn in der Immobilie als fester Geschäftseinrichtung die Produkte des verpachtenden Unternehmens vertrieben werden.194 In einem sol189 BFH, Beschluss v. 30. 8. 1960, I B 148/59 U, BStBl. III 1960, 468; BFH, Urteil v. 18. 3. 1965, IV B 411/62 U, BStBl III 1965, 324; BFH, Urteil v. 30. 6. 2005, III R 76/03, BStBl. II 2006, 84. 190 BFH, Urteil v. 10. 2. 1988, VIII R 159/84, BStBl. II 1988, 653; BFH, Urteil v. 30. 6. 2005, III R 76/03, BStBl. II 2006, 84; vgl. auch BFH, Urteil v. 10. 12. 1998, III R 50/95, BStBl. II 1999, 607, sowie BFH, Urteil v. 4. 7. 2012, II R 38/10, BStBl. II 2012, 782, wonach die bloße Verwaltungstätigkeit nicht für die Annahme einer Betriebsstätte am Pachtobjekt führe. 191 BFH, Urteil v. 30. 10. 1996, II R 12/92, BStBl. II 1997, 12; weiterführend dazu unter § 5, C. IV. 3. e) bb) (2) (S. 181 ff.). 192 So auch Töben/Lohbeck, FS P+P, 211 (218 ff.). 193 Töben/Lohbeck, FS P+P, 211 (218 ff.). 194 A.A. für die Verpachtung einer Gaststätte durch eine Brauerei BFH, Urteil v. 10. 2. 1988, VIII R 159/85, BStBl. II 1988, 653, sowie für die Verpachtung einer Tankstelle durch ein Mineralölunternehmen BFH, Urteil v. 30. 6. 2005, III R 47/03, BStBl. II 2006, 78; a.A. wohl auch Wassermeyer, FS Kruse, 589 (593), der fordert, dass „in der Betriebsstätte eine unter-
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chen Fall die Betriebsstätteneigenschaft aufgrund fehlender Verfügungsmacht abzulehnen, überzeugt nicht: Denn dieses bereits oben dargelegte Kriterium fällt in der Praxis regelmäßig mit dem Personaleinsatz vor Ort zusammen.195 Wenn eine Betriebsstätte aber keinen Personaleinsatz mehr voraussetzt, so muss es richtigerweise bei dem Grundsatz bleiben, dass eine Verfügungsmacht nach ständiger Rechtsprechung dann vorliegt, wenn der Unternehmer eine Rechtsposition innehat, die ihm ohne seine Mitwirkung nicht ohne Weiteres entzogen oder die ohne seine Mitwirkung nicht ohne Weiteres geändert werden kann.196 Dies kann weder bei dem verpachtenden Eigentümer noch bei einem Oberpächter ernstlich bezweifelt werden. Möchte man daher an dem Kriterium der Verfügungsmacht festhalten,197 so muss dies richtigerweise in diesen Fällen auch für den Verpächter bzw. Vermieter bejaht werden. Für originär vermögensverwaltend tätige Unternehmen muss im Ergebnis jedoch anderes gelten: Zwar stellt die Überlassung der Immobilie die Haupttätigkeit des Unternehmens dar, und diese findet auch an deren Belegenheitsort statt.198 Es fehlt jedoch schlicht an einem hinreichenen Konnex im Sinne einer aktiven Tätigkeit, denn die vom Mieter bzw. Pächter ausgeübte Tätigkeit fördert nur mittelbar die eigene vermögensverwaltende Tätigkeit.199 Für gewerblich geprägte Personengesellschaften, die ihrer Natur nach vermögensverwaltend tätig sind, kann danach eine vermietete bzw. verpachtete Immobilie keine Betriebsstätte i.S.d. § 12 S. 1 AO begründen.
nehmerische Tätigkeit für Rechnung des Betriebsstätteninhabers ausgeübt“ werden müsse. (Hervorhebung nur hier.) 195 Vgl. nur die Argumentation bei Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 18, wonach der nur fallweise Einsatz von Personal zur Durchführung von Veranstaltungen „mangels dauerhafter Verfügungsmacht noch keine Betriebsstätte“ begründe; die in Bezug genommene Entscheidung des BFH (Urteil v. 10. 2. 1988, VIII R 159/85, BStBl. II 1988, 653) argumentiert hier differenzierter: „Selbst der Einsatz eigener Mitarbeiter des Verpächters im Pachtobjekt – etwa im Rahmen der […] Mitwirkung der Klägerin bei der Organisation von Veranstaltungen in ihren verpachteten Gaststätten – begründet dort mangels Dauerhaftigkeit des Personaleinsatzes und mangels rechtlich gesicherter räumlicher Verfügungsgewalt keine eigene Betriebsstätte.“ (Hervorhebung nur hier.) 196 Grundlegend BFH, Urteil v. 17. 3. 1982, I R 189/79, BStBl. II 1982, 624; BFH, Urteil v. 4.6.2008, I R 30/07, BStBl. II 2008, 922. 197 Kritisch aber z. B. Wassermeyer, FS Kruse, 589 (594 ff.); dazu auch unter § 5, C. IV. 3. e) bb) (2) (S. 181 ff.). 198 Insoweit zutreffend Wassermeyer, FS Kruse, 589 (593), der jedoch generell Personaleinsatz für die Existenz einer Betriebsstätte voraussetzt. 199 So i.E. auch für eine Betriebsanlagen verpachtende vermögensverwaltende GmbH BFH, Urteil v. 30. 8. 1960, I B 148/59 U, BStBl. III 1960, 468 der im Wesentlichen darauf abstellt, dass (1) die vermögensverwaltende Tätigkeit in der Betriebsstätte des Verwaltungssitzes ausgeübt wird und (2) es zur Betriebsstättenbegründung einer „besondere[n] Tätigkeit“ bedürfe, so dass „die Durchführung der Verpachtung als eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ erscheine.
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(2) Betriebsstätteneigenschaft von Anteilen an Kapital- sowie Personengesellschaften Damit eng verbunden ist schließlich die Frage, ob auch Beteiligungen an Kapitaloder Personengesellschaften selbst Betriebsstätten des jeweiligen Unternehmens als Inhaber dieser Beteiligung darstellen können. Für die Anteile selbst muss dies in einem ersten Schritt verneint werden, denn diese stellen immaterielle Wirtschaftsgüter dar und qualifizieren damit nicht als feste Geschäftseinrichtungen, welche einen verkörperten Gegenstand bzw. eine entsprechende Sachgesamtheit voraussetzen.200 Etwas anderes könnte jedoch unter dem Aspekt der „Transparenz der Beteiligung“ gelten, wenn also durch die gesellschaftsrechtliche Beteiligung auf die von der jeweiligen Gesellschaft gehaltenen relevanten Vermögensgegenstände bzw. von dieser unterhaltenen Betriebsstätte „durchgegriffen“ werden könnte. Im Fall der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist dies freilich bereits im Ausgangspunkt abzulehnen, denn diese wird nicht nur zivilrechtlich, sondern auch steuerrechtlich als selbstständiges Steuersubjekt behandelt, weshalb insoweit eine transparente Betrachtung auch für Zwecke des § 12 S. 1 AO abgelehnt werden muss. Etwas anderes könnte vor diesem Hintergrund jedoch für Anteile an Personengesellschaften gelten. Denn diese sind gerade nicht selbst einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig, sondern vielmehr erst deren Gesellschafter. Konsequenterweise ist denn auch allgemein anerkannt, dass die Betriebsstätten einer Personengesellschaft zugleich anteilig solche der Gesellschafter sind.201 Nach dem oben Gesagten muss dies aber nicht nur im Fall einer gewerblichen inländischen Personengesellschaft gelten, sondern auch, wenn diese Personengesellschaft im Inland lediglich vermögensverwaltend tätig ist; denn auch diese können Betriebsstätten i.S.d. § 12 S. 1 AO unterhalten.202 Für Zwecke des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG kann hieraus richtigerweise jedoch nicht gefolgert werden, dass im Fall einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die Anteile an einer lediglich vermögensverwaltenden Personengesellschaft hält, die Betriebsstätte (in der Regel die Geschäftsleitungsbetriebsstätte, vgl. § 12 S. 2 Nr. 1 AO – hierzu sogleich) letzterer Personengesellschaft (anteilig) zuzurechnen ist. Denn § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG setzt voraus, dass für „Einkünfte aus Gewerbebetrieb […] im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird“. Die vermö200
Buciek, in: Beermann/Gosch, AO, 88. EL, § 12 Rn. 7; so auch für Anteile an einer ausländischen Kapitalgesellschaft Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 4; Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 9; ablehnend auch für eine Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft BFH, Urteil v. 7. 12. 1997, I K 1/93, BStBl. II 1995, 175; dem folgend und dies generell auf (inwie ausländische) Kapitalgesellschaften erweiternd Koenig, in: Koenig, AO, 3. Aufl., § 12 Rn. 6. 201 So bereits BFH, Urteil v. 29. 1. 1964, I 153/61 S, BStBl. III 1964, 165; Buciek, in: Beermann/Gosch, AO, 88. EL, § 12 Rn. 14 m.w.N.; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 5.151; dazu auch unter § 1, D. (S. 22). 202 Zusammenfassend dazu unter § 4, A. II. 1. a) cc) (1) (d) (S. 50).
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gensverwaltende Personengesellschaft erzielt jedoch keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, und auf die Einkünftequalifikation auf Ebene der gewerblich geprägten (Ober-)Personengesellschaft kann hierfür aufgrund der partiellen Steuerrechtsfähigkeit gerade nicht abgestellt werden.203 ee) Geschäftsleitung, Zweigniederlassung und Geschäftsstelle im Inland, § 12 S. 2 AO Schließlich sind auch die in § 12 S. 2 AO nicht abschließend204 genannten Einzelfälle einer Betriebsstätte zu beachten. Für gewerblich geprägte Personengesellschaften, die an sich nicht originär gewerblich, sondern vermögensverwaltend tätig sind, kommt in diesem Zusammenhang insbesondere eine Betriebsstätte in Gestalt der Geschäftsleitung im Inland (§ 12 S. 2 Nr. 1 AO) sowie einer inländischen Zweigniederlassung und Geschäftsstelle (§ 12 S. 2 Nr. 2 und 3 AO) in Betracht. Für die Frage, wann eine Geschäftsleitung im Inland vorliegt, ist im Ausgangspunkt § 10 AO maßgeblich, der bestimmt, dass sich die Stätte der Geschäftsleitung am Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet. Entscheidend ist damit, dass der für die Geschäftsführung maßgebliche Wille im Inland gebildet wird.205 Zutreffend wird insoweit darauf abgestellt, dass „alle für die Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit mit einer gewissen Regelmäßigkeit“ in Deutschland angeordnet werden.206 Maßgeblich ist danach gerade nicht, was vertraglich vereinbart wurde, sondern wo der Ort der faktischen, tatsächlich ausgeübten Geschäftsführung liegt.207 Berücksichtigt man diese Grundsätze, so bedeutet dies für gewerblich geprägte Personengesellschaften, dass es maßgeblich darauf ankommt, ob im Inland die wesentlichen (Vermögens-)Anlageentscheidungen getroffen werden.208 Regelmäßig wird sich dies in den Büroräumen des Geschäftsführers abspielen.209 Dies bedeutet aber auch, dass allein der Sitz einer geschäftsführungsbe203
Zur partiellen Steuerrechtsfähigkeit oben unter § 1, A. (S. 19). Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung „[a]ls Betriebsstätten sind insbesondere anzusehen: […]“; so auch BFH, Urteil v. 17. 9. 2003, I R 12/02, BStBl. II 2004, 396; i.E. auch Loschelder, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 49 Rn. 22. 205 Z.B. BFH, Urteil v. 23. 1. 1991, I R 22/90, BStBl. II 1991, 554. 206 Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 10 Rn. 1 m.w.N. 207 Musil, in: H/H/Sp, AO, 236. EL, § 10 Rn. 14; Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 10 Rn. 1 m.w.N. 208 Für den Fall einer vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft ist der BFH beispielsweise der Ansicht, dass der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung dort liegen kann, wo diese Gesellschaft die laufende Vermögenskontrolle vornimmt, ihre Wertpapiere verwahrt oder die entsprechenden Steuererklärungen erstellt bzw. unterschreibt, BFH, Urteil v. 7.12.1994, I K 1/93, BStBl. II 1995, 175; so auch Buciek, in: Beermann/Gosch, AO, 88. EL, § 10 Rn. 35, Stichwort „Vermögensverwaltung“; wie hier auch Haase, IStR 2014, 170 (171 mit Fn. 5). 209 Weiterführend Musil, in: H/H/Sp, AO, 236. EL, § 10 Rn. 33. 204
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fugten Komplementär-Kapitalgesellschaft im Inland nicht zwingend entscheidend ist; maßgeblich ist vielmehr, ob das geschäftsführende Organ dieser Kapitalgesellschaft die wesentlichen Anlageentscheidungen tatsächlich im Inland vornimmt oder nicht.210 Neben einer Geschäftsleitung im Inland kommen schließlich auch inländische Zweigniederlassungen sowie inländische Geschäftsstellen in Betracht, um eine Betriebsstätte zu begründen. Gemein ist beiden zunächst, dass es an einer rechtlichen Selbstständigkeit derselben fehlt; im Übrigen jedoch handelt es sich um verschiedenartige Anknüpfungspunkte: Während Zweigniederlassungen organisatorisch und wirtschaftlich selbstständige Unternehmensteile darstellen und die dort vorgenommenen Geschäfte denjenigen in der Hauptniederlassung gleichen, zeichnen sich Geschäftsstellen dadurch aus, dass dort nur Geschäfte getätigt werden, die einen Teilbereich des eigentlichen Unternehmens widerspiegeln.211 Gerade für ausländische gewerblich geprägte Personengesellschaften, die im Inland eine solche Zweigniederlassung oder eine Geschäftsstelle in Gestalt eines Kontaktbüros212 unterhalten, stellt dies folglich einen hinreichenden Anknüpfungspunkt dar, um mit den insoweit erzielten Einkünften im Inland der beschränkten Steuerpflicht zu unterliegen. b) Ständiger Vertreter im Inland Neben einer inländischen Betriebsstätte ist es schließlich auch möglich, dass die Einkünfte der gewerblich geprägten Personengesellschaft aufgrund eines ständigen Vertreters im Inland der beschränkten Steuerpflicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG unterliegen. aa) Subsidiäres Anknüpfungsmerkmal zur Betriebsstätte Dieses Anknüpfungsmerkmal ist nach allgemeiner Ansicht subsidiär zur Betriebsstätte; die praktische Bedeutung des § 13 AO liegt folglich in denjenigen Fällen, in denen es an einer festen Geschäftseinrichtung im Inland fehlt, beispielsweise weil der Vertreter keinen festen und in der Verfügungsmacht des Unternehmens stehenden Arbeitsplatz hat.213 Bei einem ständigen Vertreter handelt es sich um 210 So allgemein zur GmbH/AG & Co. KG BFH, Urteil v. 3. 7. 1997, IV R 58/95, BStBl. II 1998, 86; BFH, Urteil v. 12. 2. 2004, IV R 29/02, BStBl. II 2004, 602; Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 10 Rn. 5. 211 Statt vieler Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 12 Rn. 27 f. – Als Zweigniederlassungen sind dabei solche i.S.d. § 13 HGB zu verstehen. Sind diese pflichtgemäß im Handelsregister eingetragen, spricht eine widerlegliche Vermutung dafür, dass zugleich eine Betriebsstätte vorliegt, BFH, Urteil v. 30. 1. 1981, III R 116/79, BStBl. II 1981, 560; Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 25 m.w.N. 212 Vgl. BFH, Urteil v. 17. 12. 1998, I B 101/98, BFH/NV 1999, 753. 213 Statt vieler Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 13 Rn. 4.
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eine „Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt“ (§ 13 S. 1 AO). bb) Organ als ständiger Vertreter i.S.d. § 13 S. 1 AO? Damit ist zugleich die praktisch relevante Frage aufgeworfen, ob der Geschäftsführer einer gewerblich geprägten Personengesellschaft als deren Organ einen solchen ständigen Vertreter darstellen kann. (1) Persönliches Abhängigkeitsverhältnis irrelevant Stellt man hierfür auf den Wortlaut des § 13 S. 1 AO ab, so fällt auf, dass der ständige Vertreter von dem Unternehmen personenverschieden sein muss; das Unternehmen als solches kann folglich keinen ständigen Vertreter begründen.214 Dies bestätigt auch ein Blick in § 16 StAnpG, wonach als Betriebsstätten auch „Geschäftseinrichtungen [gelten], die dem Unternehmer […] oder seinem ständigen Vertreter (zum Beispiel einem Prokuristen) zur Ausübung des Gewerbes dienen.“ Diese Regelung enthielt freilich keine Definition des ständigen Vertreters, sondern sollte klarstellen, dass Betriebsstätten eines Unternehmens nicht zwingend durch dieses persönlich betrieben werden mussten.215 Sie offenbart aber zugleich, dass als ständiger Vertreter wohl in erster Linie Personen gelten sollen, denen gegenüber das Unternehmen weisungsbefugt ist; dies setzt § 13 S. 1 AO auch explizit voraus. Konsequenterweise hat der BFH neben Angestellten denn auch selbstständige Gewerbebetreibende als ständige Vertreter anerkannt, sofern diese den Sachweisungen des Unternehmens unterliegen; auf ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis kann es aber folglich nicht ankommen.216 (2) Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Stellung des Geschäftsführers Überträgt man diese Grundsätze auf den in der Literatur und Rechtsprechung insoweit kontrovers diskutierten Fall des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft, so muss differenziert werden zwischen der Organstellung des Geschäftsführers einerseits und der zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarung mit der Gesellschaft andererseits: Regelmäßig wird der Geschäftsführer nicht auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages, sondern eines (freien) Dienstvertrages tätig werden.217 214
BFH, Urteil v. 18. 12. 1990, X R 82/89, BStBl. II 1991, 395. Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 13 Rn. 1. 216 Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 13 Rn. 5; Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 13 Rn. 11. Der BFH setzte ursprünglich noch voraus, dass dieser außerhalb seines eigenen Gewerbebetriebs handeln müsse, vgl. etwa BFH, Urteil v. 10. 5. 1961, IV 155/60 U, BStBl. III 1961, 317; BFH, Urteil v. 27. 11. 1963, I 335/60 U, BStBl. III 1964, 76. Dieses Erfordernis wurde mit BFH, Urteil v. 28. 6. 1972, I R 35/70, BStBl. II 1972, 785, aufgegeben. 217 BGH, Urteil v. 11. 7. 1953, II ZR 126/52, BGHZ 10, 187; BGH, Urteil v. 10. 5. 2010, II ZR 70/09, NJW 2010, 2343; BAG, Urteil v. 24. 11. 2005, 2 AZR 614/04, BAGE 116, 254; 215
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Die dem Arbeitsverhältnis innewohnende Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers und die einhergehende soziale Abhängigkeit desselbigen besteht folglich in der Regel nicht. Betrachtet man jedoch die Organstellung als solche, so ergibt sich jedenfalls für den GmbH-Geschäftsführer aus § 37 Abs. 1 GmbHG der Grundsatz der Weisungsabhängigkeit, der sich gerade auch auf konkrete Maßnahmen des Tagesgeschäfts erstrecken kann.218 Dann ist aber auf den ersten Blick auch kein Grund ersichtlich, dies für Zwecke des § 13 S. 1 AO nicht als die erforderliche Sachweisungsgebundenheit zu verstehen. In eine andere Richtung führt gleichwohl die Überlegung, dass die Kapitalgesellschaft als solche nicht handlungsfähig ist und folglich das organschaftliche Handeln des Geschäftsführers der Kapitalgesellschaft als eigenes zugerechnet wird.219 Diese zivilrechtliche Betrachtung muss richtigerweise auch für Zwecke des § 13 S. 1 AO maßgeblich sein:220 Es fehlt mithin an der für die Existenz eines ständigen Vertreters erforderlichen Personenverschiedenheit zwischen Unternehmen einerseits und ständigem Vertreter andererseits. Auch ist kein Grund ersichtlich, insoweit eine vom Zivilrecht abweichende, rein steuerrechtliche Betrachtung an den Tag zu legen.221 Denn der AO ist eine solche Verknüpfung nicht fremd, wie insbesondere § 12 S. 2 Nr. 2 AO, der die Betriebsstätteneigenschaft einer Zweigniederlassung bestimmt und dabei im Ausgangspunkt auf § 13 HGB Bezug nimmt, verdeutlicht.222 Die vorstehenden Ausführungen bezogen sich freilich allein auf das deutsche Gesellschaftsrecht. Bei einer ausländischen Gesellschaft muss deshalb – unabhängig von deren steuerrechtlicher Einordnung nach dem Rechtstypenvergleich – auch das ausländische Zivilrecht herangezogen und hierdurch bestimmt werden, ob die obigen BAG, Urteil v. 5. 6. 2008, 2 AZR 754/06, NJW 2008, 3514; vgl. hierzu Buciek, FS Wassermeyer, 289 (295 f.), der in denjenigen Fällen, in denen das Organ zugleich Arbeitnehmer des Unternehmens ist, eine noch stärkere Vertretung des Unternehmens als bei einem „normalen“ Arbeitnehmer sieht und es deshalb wertungswidersprüchlich wäre, erstere nicht als ständigen Vertreter anzuerkennen. 218 Statt vieler U. Schneider/S. Schneider, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 37 Rn. 37; anders aber bei der Aktiengesellschaft, da der Vorstand aus § 76 Abs. 1 AktG ersichtlich („unter eigener Verantwortung“) weisungsfrei ist; dazu statt aller Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 76 Rn. 10 f.; a.A. aber wohl Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 13 Rn. 3: „Ein Organ bestimmt selbst und ist nicht ,abhängig‘“. 219 Dazu nur Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 35 Rn. 1 ff. 220 So z. B. auch FG Düsseldorf, Urteil v. 16. 1. 2003, 15 K 8624/99 K, EFG 2003, 1125; Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 13 Rn. 3 m.w.N.; Mössner, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl., Rn. 2.166; so auch Gersch, in: Klein, AO, 13. Aufl., § 13 Rn. 2; a.A. FG München, Beschluss v. 28. 5. 1998, 7 V 1/98, EFG 1998, 1491; Buciek, in: Beermann/Gosch, AO, 88. EL, § 13 Rn. 7.1; wie hier für Art. 5 Abs. 5 OECD-MA i.E. auch Görl, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 5 Rn. 115; für Zwecke des Art. 5 OECD-MA offen gelassen von BFH, Urteil v. 3. 8. 2005, I R 87/04, BStBl. II 2006, 220. 221 So aber z. B. Buciek, FS Wassermeyer, 289 (294); Musil, in: H/H/Sp, AO, 221. EL, § 13 Rn. 5a m.w.N. 222 Dazu oben unter § 4, A. II. 1. a) ee) (S. 55 f.).
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Ausführungen auf eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Grundlage gestellt werden können. Dass dies im Einzelfall weniger praktikabel als die Annahme ist, ein Organ könne generell oder grundsätzlich einen ständigen Vertreter darstellen, liegt auf der Hand.223 Allein solche Praktikabilitätserwägungen können jedoch nicht entscheidend sein, um ein in der Sache methodisch begründetes Ergebnis umzukehren. (3) Geschäftsführer einer Personengesellschaft kein ständiger Vertreter i.S.d. § 13 S. 1 AO Kann demnach ein geschäftsführendes Organ einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich keinen ständigen Vertreter i.S.d. § 13 S. 1 AO darstellen, dann muss dies aber erst Recht für den Geschäftsführer einer Personengesellschaft und damit auch einer i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten Personengesellschaft gelten.224 Denn während bei Kapitalgesellschaften nach deutschem Recht eine Fremd- bzw. Drittorganschaft möglich ist,225 gilt im Bereich der Personengesellschaften der Grundsatz der Selbstorganschaft, wonach grundsätzlich nur die jeweiligen Gesellschafter geschäftsführungsbefugt sind (§ 709 Abs. 1 BGB, §§ 114 Abs. 1, 161 Abs. 2, 164 HGB).226 Das geltende Verständnis der Personengesellschaft als Subjekt der Gewinnerzielung und -ermittlung, das im Wesentlichen Ausfluss der zivilrechtlich kodifizierten bzw. anerkannten Rechtsfähigkeit derselben ist, lässt keinen anderen Schluss zu, als diese Betrachtung auch auf § 13 S. 1 AO zu übertragen. Damit kann festgehalten werden, dass der Geschäftsführer einer gewerblich geprägten Personengesellschaft grundsätzlich227 keinen ständigen Vertreter i.S.d. § 13 S. 1 AO darstellen kann. 2. Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte bei Fehlen einer Betriebsstätte oder eines ständigen Vertreters im Inland Sind im Einzelfall die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG mangels Betriebsstätte oder ständigem Vertreter im Inland nicht erfüllt, so schließt sich die 223
So Buciek, FS Wassermeyer, 289 (299 f.). So i.E. auch für Art. 5 OECD-MAWassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 108. EL, Art. 5 Rn. 197, da zwischen einer Personengesellschaft und deren Gesellschaftern kein Vertretungsverhältnis bestehe; so auch Görl, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 5 Rn. 114; a.A. für § 13 AO Buciek, in: Beermann/Gosch, AO, 88. EL, § 13 Rn. 7.1, der jedoch in FS Wassermeyer, 289 (300) in eine andere Richtung. 225 Statt vieler H. P. Westermann, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl., Einleitung Rn. 13. 226 So bereits BGH, Urteil v. 11. 7. 1960, II ZR 260/59, BGHZ 33, 105; ausführlich Wertenbruch, in: Westermann, Handbuch Personengesellschaften, 60 EL, § 13 Rn. 234 ff. 227 Freilich gilt auch hier entsprechend das oben Gesagte zu ausländischen Kapitalgesellschaften. 224
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Frage an, ob die Gesellschafter gleichwohl im Inland beschränkt steuerpflichtig sein können. Hierfür enthält § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG insbesondere in den lit. e) und f) alternative Anknüpfungsmerkmale, nämlich wenn Einkünfte i.S.d. § 17 EStG [hierzu unter a)] sowie solche aus Vermietung und Verpachtung sowie Veräußerung von inländischem unbeweglichen Vermögen [hierzu unter b)] erzielt werden. Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, ob im Einzelfall nicht Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 EStG [hierzu unter c)] im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht erfasst werden. a) Einkünfte i.S.d. § 17 EStG, § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG Werden Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften veräußert und handelt es sich hierbei um eine wesentliche Beteiligung i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG, dann stellen diese Einkünfte für den Steuerpflichtigen fiktiv solche aus Gewerbebetrieb dar. § 17 EStG richtet sich dabei nur an solche Steuerpflichtige, die ihre Anteile im Privatvermögen halten; gehören diese zum Betriebsvermögen, bedarf es der Gewerblichkeitsfiktion hingegen nicht mehr, da die Anteile vorrangig von den §§ 4, 5 EStG erfasst sind und insoweit bereits § 15 EStG Anwendung findet.228 aa) Grundsätzlich keine Anwendung auf gewerblich geprägte Personengesellschaften Für gewerblich geprägte Personengesellschaft führt dies folglich dazu, dass zwei Fiktionen aufeinander treffen, diejenige des § 17 EStG und die des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Hier erscheint es zutreffend, letzterer den Vorrang einzuräumen, so dass bei gewerblicher Prägung an sich keine Einkünfte i.S.d. § 17 EStG erzielt werden können. Die vorrangige Anwendung von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kann nicht nur aus dessen systematischer Stellung (vor § 17 EStG) gefolgert werden, sondern dies wird auch durch den Umstand bestätigt, dass § 17 EStG in seinen Rechtsfolgen Einkünfte nur selektiv der Gewerblichkeitsfiktion zuführt, wohingegen § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sämtliche Einkünfte erfasst. Bei reiner Wortlautbetrachtung müsste dies auch für § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG maßgeblich sein, mit der Folge, dass – sofern es im Inland an einer Betriebsstätte fehlt und folglich § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG nicht anwendbar ist229 – die Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen i.S.d. § 17 EStG in Deutschland nicht steuerlich erfasst werden. Denn § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG setzt voraus, dass Einkünfte „unter den Voraussetzungen des § 17 erzielt werden“. § 17 EStG setzt tatbestandlich – wie soeben gezeigt – jedoch voraus, dass sich die Anteile im Privatvermögen 228
Zutreffend etwa Eilers/R. Schmidt, in: H/H/R, EStG, 243. EL, § 17 Rn. 20. Existiert hingegen eine inländische Betriebsstätte, ist § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG vorrangig, sofern die Anteile dieser Betriebsstätte zuzuordnen ist (statt vieler Wied, in: Blümich, EStG, 128. EL, § 49 Rn. 123); das bloße Halten der Anteile begründet demgegenüber keine Betriebsstätte; dazu oben unter § 4, A. II. 1. a) dd) (2) (S. 54 f.). 229
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befinden, was bei gewerblich geprägten Personengesellschaften gerade nicht der Fall ist.230 Etwas anderes folgt schließlich auch nicht daraus, dass § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG einleitend von „Einkünfte[n] aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17)“ spricht. Dies stellt lediglich eine Aufzählung der gesetzlich geregelten originär oder fiktiv gewerblichen Einkunftsarten dar. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass über die Erwähnung von § 15 EStG zugleich der Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG bzw. des § 17 EStG modifiziert wird.231 bb) Abweichende Beurteilung aufgrund der isolierenden Betrachtungsweise? Etwas anderes könnte sich jedoch aus § 49 Abs. 2 EStG, der sog. isolierenden Betrachtungsweise, ergeben. Danach bleiben im Ausland gegebene Besteuerungsmermale außer Acht, soweit sich andernfalls keine inländischen Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 EStG annehmen ließen. Die Frage, um die es hier also geht, ist, ob die gewerbliche Prägung ein im Ausland gegebenes Besteuerungsmerkmal sein kann. (1) Ausschließliche Relevanz der tatbestandlichen Verwirklichung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG für Zwecke der isolierenden Betrachtungsweise Hierfür muss zunächst differenziert werden: Der Tatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kann – wie oben gezeigt wurde – sowohl im Inland als auch im Ausland verwirklicht werden. Mithin ist eine rein inländische gewerblich geprägte Personengesellschaft genauso möglich wie eine grenzüberschreitende sowie eine rein ausländische gewerblich geprägte Personengesellschaft. Die unmittelbare Rechtsfolge der Geprägeregelung hingegen, die umfassende Gewerblichkeitsfiktion, greift freilich nur im Inland Platz.232 Damit kann für die Frage, ob im Fall einer grenzüberschreitenden sowie einer rein ausländischen gewerblichen Prägung dieser Umstand ein „im Ausland gegebenes Besteuerungsmerkmal“ darstellt, nur auf die tatbestandsmäßige Verwirklichung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG abgestellt werden. Die Fiktion als solche stellt hingegen kein ausländisches Besteuerungsmerkmal dar.233 230 Zu den Rechtsfolgen der gewerblichen Prägung, insbesondere der Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen, oben unter § 2, C. I. (S. 35 f.). 231 So auch BFH, Urteil v. 28. 1. 2004, I R 73/02, BStBl. II 2005, 550, wonach sich die Funktion des § 49 Abs. 1 EStG in der Bestimmung der maßgeblichen inländischen Anknüpfungsmerkmale beschränkt, eine zusätzliche Umqualifizierung der Einkunftsart hierdurch jedoch nicht bewirkt wird. 232 Zur luxemburgischen Geprägeregelung, deren Rechtsfolge korrespondierend in Luxemburg greift, unter § 5, C. III. 1. d) aa) (S. 144 ff.). 233 A.A. wohl Töben, ISR 2013, 350 (356), der als im Ausland gegebenes Besteuerungsmerkmal die „gewerbliche Prägung einer dortigen Tochter-Personengesellschaft“ sieht; wie
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(2) Allein die Rechtsform als möglicherweise im Ausland gegebenes Besteuerungsmerkmal Die grenzüberschreitende sowie der rein ausländische gewerblich geprägte Personengesellschaft betreffen typischerweise den Fall, dass eine (inländische oder ausländische) Personengesellschaft durch eine ausländische Kapitalgesellschaft gewerblich geprägt wird. Während die Personengesellschaft an sich vermögensverwaltend tätig ist, führt die Beteiligung der Kapitalgesellschaft zu fiktiver Gewerblichkeit. Unabhängig von dem überwiegend fiskalischen Motiv, das zur Schaffung von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG führte, zeigt doch die ursprüngliche Gepräge-Rechtsprechung, dass es im Wesentlichen zwei kumulative Aspekte waren, die die Annahme fiktiv gewerblicher Einkünfte rechtfertigen sollten: Zum einen die Rechtsform der Kapitalgesellschaft, kraft derer gewerbliche Einkünfte erzielt werden (vgl. § 8 Abs. 2 KStG), und zum anderen die rechtliche Ausgestaltung der gewerblich geprägten Personengesellschaft – typischerweise eine GmbH & Co. KG –, die aufgrund der nur beschränkten Außenhaftung einer Kapitalgesellschaft wirtschaftlich angenähert ist.234 Auf diese Gewerblichkeit kraft Rechtsform kann jedoch bei ausländischen Kapitalgesellschaften nicht abgestellt werden, denn § 8 Abs. 2 KStG bezieht sich bereits seinem Wortlaut nach nur auf unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 KStG.235 Vor diesem Hintergrund muss sich dann aber das Rechtfertigungselement für die gewerbliche Prägung auf die wirtschaftliche Annäherung der Personengesellschaft zu einer Kapitalgesellschaft, mithin also insbesondere die haftungsrechtliche Beschränkung im Außenverhältnis, beschränken. Hieraus folgt zugleich, dass als im Ausland gegebenes Besteuerungsmerkmal i.S.d. § 49 Abs. 2 EStG nur die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung der betreffenden Kapitalgesellschaft und damit deren Rechtsform – nicht aber die Gewerblichkeit gem. § 8 Abs. 2 KStG – in Betracht kommt. (3) Keine Außerachtlassung der Rechtsform der ausländischen Kapitalgesellschaft Den Grundfall der isolierenden Betrachtungsweise stellt derjenige dar, bei dem unter Berücksichtigung aller – und damit auch der ausländischen – Besteuerungsmerkmale eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen wäre, es im Inland aber an einem hier wohl auch Kraft/Hohage, IStR 2014, 605 (608); Lemaitre/Lüdemann, W/R/S, 2. Aufl., Rn. 5.9. 234 Dazu oben unter § 2, A. I. (S. 23 ff.). 235 Statt vieler Schallmoser, in: H/H/R, KStG, 254. EL, § 8 Rn. 34; in der Konsequenz können diese Kapitalgesellschaften daher auch Einkünfte erzielen, die vermögensverwaltender Natur sind und als solche z. B. von § 20 und 21 EStG erfasst werden. – Dies ändert freilich nichts daran, dass auch diese dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG unterfallen, vgl. oben unter § 2, B. III. 1. (S. 31 f.).
A. Beschränkte Steuerpflicht des Steuerausländers im Inland
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Anknüpfungspunkt i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG fehlt, insbesondere also keine inländische Betriebsstätte existiert.236 Damit wäre folglich auch die beschränkte Steuerpflicht im Inland zu verneinen. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, oder besser: zu korrigieren, geht denn auch der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es „nur auf das objektive Erscheinungsbild der jeweiligen im Inland verwirklichten Einkünfteerzielung an[kommt].“237 Methodisch überzeugend hat allen voran Mössner238 aufgezeigt, dass sich der Anwendungsbereich des § 49 Abs. 2 EStG im Kern darauf beschränkt, die gesetzlich angeordneten Vorrang- bzw. Subsidiaritätsverhältnisse (z. B. § 20 Abs. 8 EStG) immer dann aufzulösen, wenn zwar mehrere Steuertatbestände der §§ 13 ff. EStG verwirklicht sind, im Ergebnis aber mangels Anknüpfungsmerkmals i.S.d. § 49 Abs. 1 EStG die Anwendbarkeit dieser Tatbestände ausgeschlossen ist. Dann, und nur dann, gebietet § 49 Abs. 2 EStG die Außerachtlassung im Ausland gegebener Besteuerungsmerkmale. Vor diesem Hintergrund erscheint es aber bereits wertungsmäßig zweifelhaft, ob die Rechtsform der ausländischen Kapitalgesellschaft über § 49 Abs. 2 EStG hinweggedacht werden kann. Denn das Wesen der gewerblichen Prägung besteht darin, originär den §§ 20 ff. EStG unterfallende Sachverhalte fiktiv als verwirklichte Tatbestände des § 15 EStG zu behandeln. Dies entspricht im Ergebnis den soeben genannten Sachverhalten. Zu beachten ist aber, dass die Verwirklichung des Tatbestands des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nur rechtsfolgenseitig zu gewerblichen Einkünften führt, welche wiederum die Subsidiaritätsregeln auslösen. An einer originären, im weiteren Sinne tätigkeitsbezogenen Verwirklichung von Steuertatbeständen fehlt es hingegen. Neben diesen wertungsmäßigen Gesichtspunkten ist darüber hinaus aber entscheidend, dass § 49 Abs. 2 EStG als Rechtsfolge die „Außerbetrachtlassung“ ausländischer Besteuerungsmerkmale anordnet, dies aber nur insoweit, als andernfalls § 49 Abs. 1 EStG keine Anwendung fände. Im Wesentlichen folgt hieraus zweierlei: Zum einen wird das Besteuerungsmerkmal „als nicht vorhanden behandelt“239, also ausgeblendet, zum anderen aber nicht in Gänze, sondern nur soweit nötig. Dies ist aber bei der Rechtsform einer ausländischen Kapitalgesellschaft bereits im Ausgangspunkt nicht möglich. Denn während im Ausland verwirklichte Tätigkeiten, die als gewerblich einzuordnen sind, ohne Weiteres ausgeblendet 236
Vgl. nur die grundlegende Entscheidung des RFH zur steuerrechtlichen Behandlung von Hypothekeneinkünften einer im Ausland gewerblich tätigen Kapitalgesellschaft, die weder über Betriebsstätte noch ständigen Vertreter im Inland verfügte, RFH, Urteil v. 7. 2. 1929, I A 377/28, RStBl. 1929, 193. Die hierdurch begründete und fortentwickelte isolierende Betrachtungsweise wurde mit dem Steueränderungsgesetz 1973 vom 18. Juli 1974 (BGBl. I 1974, 1489) in § 49 Abs. 2 EStG kodifiziert. 237 Statt vieler BFH, Urteil v. 28. 1. 2004, I R 73/02, BStBl. II 2005, 550. 238 Mössner, FS Flick, 939 (944, 948 ff.); so z. B. auch Gosch, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 49 Rn. 103 („praktisch bedeutsam“); Hidien, in: K/S/M, EStG, 197. EL, § 49 Rn. K 121; vgl. auch BFH, Urteil v. 28. 3. 1984, I R 129/79, BStBl. II 1984, 620. 239 Lüdicke, in: Lademann, EStG, 93. EL, § 49 Rn. 853.
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werden können – es handelt sich insoweit ja „nur“ um objektive Sachverhaltselemente – kann die Rechtsform, und damit verbunden die Frage, wer oder was Steuersubjekt ist, nicht teilweise als nicht vorhanden behandelt werden.240 Bei Sachverhalten, die lediglich Kapitalgesellschaften als Steuerpflichtige betreffen, ist das unmittelbar einleuchtend.241 Dies entspricht ja auch gerade dem Wesen des § 49 Abs. 1 EStG, alternative inländische Anknüpfungspunkte zu bestimmen, um hierüber die verwirklichten Steuertatbestände erfassen zu können. Letzteres setzt aber gerade auch voraus, dass ein Steuersubjekt existiert (vgl. § 1 Abs. 4 EStG, § 2 KStG). Nichts anderes muss dann aber in denjenigen Fällen gelten, in denen die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft eine Personengesellschaft gewerblich prägt.242 Auch insoweit führt die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung nicht dazu, dass – wenigstens partiell243 – gewerbliche Tätigkeiten verwirklicht werden, sondern es handelt es sich im Ergebnis bei wirtschaftlicher Betrachtung um die Annäherung einer Personengesellschaft hin zu einer kapitalistischen Struktur. Das gegenteilige Verständnis wäre im Übrigen auch insoweit problematisch, als damit ein Steuerpflichtiger für Zwecke der Einkünftequalifikation (§ 49 Abs. 2 EStG) hinweggedacht würde, um ihm sodann die betreffenden Einkünfte zuzurechnen.
240 So i.E. auch Clausen, in: H/H/R, EStG, 264. EL, § 49 Rn. 1220, da über § 49 Abs. 2 EStG kein anderer Steuerpflichtiger fingiert werden könne „als der Steuerausländer, der tatsächlich existiert und damit auch im Inland handelt“; eine ausländische Kapitalgesellschaft bleibe demnach auch im Inland eine solche. 241 So müssen dann auch die folgenden Ausführungen des BFH in seinem Urteil v. 30. 11. 1966 (I 215/64, BStBl. III 1967, 400) verstanden werden: „Die persönlichen Eigenschaften des Steuerpflichtigen und damit die Eigenschaft einer ausländischen Kapitalgesellschaft und die Art ihres ausländischen Betriebs beeinflussen die beschränkte Steuerpflicht grundsätzlich nicht. […]. Die beschränkte Steuerpflicht knüpft an die Quelle an, aus der die inländischen Einkünfte fließen. Es kommt auf das Wesen der inländischen Einkünfte an, wie sie sich vom Inland aus darstellen“; in eine andere Richtung geht demgegenüber die frühere Rechtsprechung, so z. B. RFH, Urteil v. 22. 5. 1944, I 72/43, RFHE 54, 107, wonach „bei den ausländischen Körperschaften […] die Rechtsform die Besteuerung nicht hindern darf, daß also erforderlichenfalls die Zuweisung zu der einzelnen Einkunftsart ohne Rücksicht auf die Rechtsform des Einkommensbeziehers erfolgt“; so etwa auch BFH, Urteil v. 20. 1. 1959, I 112/57 S, BStBl. III 1959, 133. 242 So i.E. auch Clausen, in: H/H/R, EStG, 264. EL, § 49 Rn. 1246, wenn er auch an anderer Stelle (ebd., Rn. 1220) davon ausgeht, dass gem. § 49 Abs. 2 EStG sehr wohl außer Acht gelassen werden kann, dass „die im Ausland ausgeübte Tätigkeit qua Rechtsform (vgl. § 8 Abs. 2 KStG) oder ihrer Art nach einen Gewerbebetrieb begründet“; ähnlich, wenn auch mit anderer „Stoßrichtung“ Hidien, in: K/S/M, EStG, 197. EL, § 49 Rn. K 404, der der Auffassung ist, dass die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht „suspendiert“ oder „isoliert“ werden kann, „um eine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht einer ausländischen Kapitalgesellschaft zu begründen“. 243 Zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG Clausen, in: H/H/R, EStG, 264. EL, § 49 Rn. 1246; Lüdicke, in: Lademann, EStG, 93. EL, § 49 Rn. 271; zur verwandten Problematik der grenzüberschreitenden Betriebspaltung etwa Crezelius, in: Haarmann (Hrsg.), Die beschränkte Steuerpflicht, 75.
A. Beschränkte Steuerpflicht des Steuerausländers im Inland
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cc) Zwischenergebnis Damit wurde festgestellt, dass die gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft durch eine ausländische Kapitalgesellschaft nicht über § 49 Abs. 2 EStG ausgeblendet werden kann. Dies hat zur Folge, dass die entsprechenden Gesellschafter nicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG in Deutschland beschränkt steuerpflichtig sein können. Sind damit die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG mangels Betriebsstätte oder ständigem Vertreter nicht erfüllt, können Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen, die solche i.S.d. § 17 EStG darstellen, nicht in Deutschland über die subsidiäre Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG besteuert werden. Wenn demgegenüber nach ganz herrschender Auffassung244 für Zwecke dieser Regelung die Zuordnung von Anteilen i.S.d. § 17 EStG zum ausländischen Betriebsvermögen unschädlich sein soll, es folglich auch in diesen Fällen zu beschränkt steuerpflichtigen Einkünften kommen soll, so kann dem vor dem Hintergrund dieses Zwischenergebnis jedenfalls insoweit nicht zugestimmt werden, als dieses Betriebsvermögen aus deutscher steuerrechtlicher Sicht über die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG begründet wird. Es muss folglich dabei bleiben, dass § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG in diesen Fällen keine Anwendung findet. b) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Veräußerung von unbeweglichem Vermögen, § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) S. 1 EStG Im Rahmen der gewerblichen Einkünfte ist schließlich noch auf § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) S. 1 EStG hinzuweisen, wonach ein Steuerausländer als Gesellschafter einer gewerblich geprägten Personengesellschaft auch mit solchen Einkünften der beschränkten Steuerpflicht unterliegt, die (insbesondere) durch die Vermietung und Verpachtung oder Veräußerung von inländischen Immobilien, Sachinbegriffen oder im Inland belegenen Rechten erzielt werden.245 244 BFH, Urteil v. 6. 10. 1966, I 35/64, BStBl. III 1967, 45; Clausen, in: H/H/R, EStG, 264. EL, § 49 Rn. 1246; Frotscher, in: Frotscher, EStG, 186. EL, § 49 Rn. 161; Gosch, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 49 Rn. 35; Hidien, in: K/S/M, EStG, 144. EL, § 49 Rn. E 529 ff.; Loschelder, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 49 Rn. 48; Mick/Dyckmans, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl., Rn. 8.34; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 5.185; Strunk, in: Korn, EStG, 61. EL, § 49 Rn. 154; Wied, in: Blümich, EStG, 128. EL, § 49 Rn. 124; so wohl auch Wassermeyer, IStR 2009, 238 (239); so i.E. auch Lüdicke, in: Lademann, EStG, 93. EL, § 49 Rn. 856, der insoweit allerdings nicht auf § 49 Abs. 2 EStG zurückgreift, da § 17 EStG keine Subsidiaritätsklausel vorsehe und diese Vorschrift systematisch nur ausgeschlossen sei, wenn die Beteiligung zu einem inländischen Betriebsvermögen gehört. 245 Bis zum JStG 2009 v. 19. 12. 2008 (BGBl. I 2008, 2794) erfasste § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) EStG nicht die Tatbestandsalternative der Vermietung und Verpachtung. Ungeklärt war bis dahin, ob eine durch eine ausländische Kapitalgesellschaft gewerblich geprägte Personengesellschaft, die im Inland VuV-Einkünfte erzielt und über keine Betriebsstätte verfügt, beschränkt steuerpflichtig ist (überblicksartig hierzu Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.17). Die Finanzverwaltung vertrat hierzu ohne nähere Begründung die Auffassung, dass im Ergebnis
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Anders als § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG beschränkt sich diese Regelung bereits im Grundsatz nicht auf eine vermögensverwaltende Tätigkeit, sondern setzt einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG bzw. eine Gewerblichkeitsfiktion voraus.246 Anderes gilt allein für § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) S. 2 EStG, der insoweit eine Gewerblichkeitsfiktion für ausländische Körperschaften enthält und demzufolge danach auch eine an sich vermögensverwaltende Tätigkeit zu gewerblichen Einkünften i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) S. 1 EStG führt.247 Ferner folgt aus dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) EStG („soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des Buchstaben a gehören“), dass dessen Anwendung immer dann ausscheidet, wenn im Inland allen voran eine Betriebsstätte existiert und der betreffende Vermögensgegenstand dieser zuzuordnen ist.248 Für die Frage, ob eine Immobilie eine solche Betriebsstätte begründen kann, sind die oben dargelegten Grundsätze maßgeblich: Während dies also bei einem originär gewerblichen Unternehmen unter Umständen durchaus möglich ist, scheidet dies bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft in jedem Fall aus.249 c) Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 EStG, § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG Vor dem Hintergrund der vorgenannten Ergebnisse soll abschließend noch auf die Frage eingegangen werden, ob Steuerausländer über gewerblich geprägte Personengesellschaften auch mit Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG in Deutschland beschränkt steuerpflichtig sein können.250 Die herrschende Meinung ist auch hier der Auffassung, dass aufgrund der isolierenden Betrachtungsweise von § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG auch solche Einkünfte Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG anzunehmen sind bzw. waren (BMF, Schreiben v. 2. 8. 2005, BStBl. I 2005, 844). In diese Richtung argumentierte auch Wassermeyer, IStR 2009, 238 (239), wonach Steuerausländer, die generell an einer inländischen gewerblich geprägten KG beteiligt sind, aufgrund der isolierenden Betrachtungsweise Einkünfte i.S.d. § 15 EStG erzielen, ohne dass es auf die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG ankommen sollte; in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung sprachen insbesondere Töben/Lohbeck, FS P+P, 211 (212) von einer „erweiterten“ isolierenden Betrachtungsweise: Es sollte lediglich auf das objektive Erscheinungsbild der im Inland verwirklichten Tätigkeit ankommen, so dass in den soeben genannten Fällen Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG vorgelegen hätten, bei Veräußerung freilich dann solche i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) EStG. Nach dem zu § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG Gesagten kann dem jedoch nicht gefolgt werden; so auch Meining/Kruschke, GmbHR 2008, 91 (94); Mensching, DStR 2009, 96 (99); zur Neufassung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) EStG statt vieler Huschke/Hartwig, IStR 2008, 745. 246 Statt vieler Peffermann, in: H/H/R, EStG, 264. EL, § 49 Rn. 615; Wied, in: Blümich, EStG, 128. EL, § 49 Rn. 132. 247 So auch Wassermeyer, IStR 2009, 238 (239). 248 Statt vieler Peffermann, in: H/H/R, EStG, 264. EL, § 49 Rn. 616. 249 Dazu oben unter § 4, A. II. 1. a) dd) (1) (S. 51 ff.). 250 Zu der bis einschließlich VZ 2009 streitigen Frage, ob auf gewerblich geprägte Personengesellschaften mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG Anwendung findet, siehe Fn. 245.
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erfasst sind, die im Ausgangspunkt gewerbliche Einkünfte darstellen, aber mangels Betriebsstätte oder ständigem Vertreter nicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG der beschränkten Steuerpflicht unterliegen.251 Jedenfalls für Zwecke der gewerblichen Prägung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG muss dies jedoch nach hier vertretener Auffassung verneint werden, und dies gilt gleichermaßen für inländische wie ausländische gewerblich geprägte Personengesellschaften: Bei einer rein inländischen gewerblich geprägten Personengesellschaft fehlt es – sofern der Gesellschafter nicht selbst gewerblich tätig ist – bereits an einem im Ausland gegebenen Besteuerungsmerkmal, das suspendiert werden könnte. Bei grenzüberschreitenden sowie ausländischen gewerblich geprägten Personengesellschaften gilt jedoch wiederum das Vorgesagte, wonach die Rechtsform der Kapitalgesellschaft – auch für Zwecke des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG – nicht ausgeblendet werden kann. Folglich sind Einkünfte, die Steuerausländer über gewerblich geprägte Personengesellschaften erzielen und die ihrer Natur nach solche i.S.d. § 20 Abs. 1 EStG sind, nicht über § 49 Abs. 2 EStG dem § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu unterwerfen, auch wenn die Voraussetzungen des letzteren erfüllt wären.
III. Zwischenergebnis Die vorstehenden Ausführungen bezogen sich auf die beschränkte Steuerpflicht mit Einkünften aus gewerblich geprägten Personengesellschaften. Bereits weiter oben wurde dargelegt, dass dem Tatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auch ausländische Personengesellschaften unterfallen; auch müssen die jeweiligen persönlich haftenden sowie gegebenenfalls geschäftsführenden Kapitalgesellschaften nicht zwingend inländische sein.252 Damit geht jedoch nicht notwendigerweise ein erweiterter Anwendungsbereich des § 49 EStG einher. Zum einen wurde gezeigt, dass eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO nicht bereits in einer inländischen Immobilie oder einer Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft gesehen werden kann.253 Unabhängig davon wurde auch festgestellt, dass der Geschäftsführer einer Personengesellschaft keinen ständigen Vertreter i.S.d. § 13 AO begründen kann.254 251
RFH, Urteil v. 7. 2. 1929, I A 377/72, RStBl. 1929, 193; RFH, Urteil v. 12. 5. 1936, I A 55/36, RStBl. 1936, 968; BFH, Urteil v. 4. 3. 1970, I R 140/66, BStBl. II 1970, 428; BFH, Urteil v. 28. 3. 1984, I R 129/79, BStBl. II 1984, 620; BFH, Urteil v. 6. 2. 1985, I R 87/84, BFH/NV 1985, 104; Clausen, in: H/H/R, EStG, 264. EL, § 49 Rn. 1246, 1253; Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 192; Lüdicke, in: Lademann, EStG, 93. EL, § 49 Rn. 652; Wied, in: Blümich, EStG, 128. EL, § 49 Rn. 181. 252 Dazu oben unter § 2, B. I. (S. 29 f.) sowie § 2, B. III. 1. (31 f.). 253 Dazu oben unter § 4, A. II. 1. a) dd) (S. 51 ff.). 254 Dazu oben unter § 4, A. II. 1. b) bb) (57 ff.).
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§ 4 Gewerbliche Prägung im deutschen Internationalen Steuerrecht
Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG, wenn es also an einer Betriebsstätte oder einem ständigen Vertreter im Inland fehlt, wurde zum anderen gezeigt, dass die Tatbestände des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e), Nr. 5 EStG im Fall gewerblich geprägter Personengesellschaften nicht eröffnet sind. Dies folgt daraus, dass die gewerbliche Prägung durch eine ausländische Kapitalgesellschaft nicht aufgrund der isolierenden Betrachtungsweise gem. § 49 Abs. 2 EStG hinweggedacht werden kann. Folglich findet insoweit die isolierende Betrachtungsweise keine Anwendung, mit der Konsequenz, dass die über solche Personengesellschaften erzielten Einkünfte in Deutschland insoweit nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, als die Anknüpfungsmerkmale des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG nicht erfüllt sind. Dieses Ergebnis ist auch für die abkommensrechtliche Betrachtung maßgeblich. Denn im Vorgriff auf die nachfolgenden Ausführungen kann bereits jetzt festgehalten werden, dass DBA nicht Besteuerungstatbestände generieren, sondern voraussetzen.255 Fehlt es demnach an einem innerstaatlichen Besteuerungstatbestand, der verwirklicht wurde, dann läuft die abkommensrechtliche Zuweisung eines Besteuerungsrechts ins Leere.
B. Unbeschränkte Steuerpflicht des Steuerinländers Beteiligt sich ein Steuerinländer an einer (ausländischen) gewerblich geprägten Personengesellschaft256, geht es – anders als in den gerade dargestellten Sachverhalten – nicht um die (vorgelagerte) Frage, ob Deutschland die entsprechenden Einkünfte überhaupt besteuern darf. Denn der Steuerinländer ist in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und seine gesamten Einkünfte unterliegen damit nach dem Welteinkommensprinzip dem deutschen Besteuerungszugriff. Vielmehr geht es um die Frage, ob das Besteuerungsrecht Deutschlands als Ansässigkeitsstaat begrenzt ist.257 Dies ist praktisch insbesondere dann der Fall, wenn das jeweils anwendbare DBA eine entsprechende Bestimmung vorsieht, wonach die Einkünfte von der deutschen Bemessungsgrundlage auszunehmen sind (sog. Freistellungsmethode) oder die ausländische Steuer im Inland angerechnet wird (sog. Anrechnungsmethode).258
255
Dazu unter § 5, A. III. 1. (S. 73 f.). Als eine ausländische gewerblich geprägte Personengesellschaft kommt beispielsweise eine ungarische betéti társaság (BT) in Betracht, vgl. BFH, Urteil v. 25. 5. 2011, I R 95/10, BStBl. II 2014, 760; zum Rechtstypenvergleich sowie zur Qualifizierung ausländischer Rechtsgebilde unter § 2, B. I. (S. 29 f.). 257 Statt vieler Schönfeld, DStJG 36 (2013), 233 (235). 258 Dazu noch unter § 5, A. III. 1. (S. 73 f.). 256
C. Innerstaatliche Methoden zur Vermeidung von Doppelbesteuerung
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Im Nicht-DBA-Sachverhalt bleibt insoweit hingegen lediglich eine rechtsfolgenseitige Begrenzung des staatlichen Steueranspruchs durch die innerstaatlichen Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.
C. Innerstaatliche Methoden zur Vermeidung von Doppelbesteuerung Das deutsche Steuerrecht sieht eine Vermeidung der Doppelbesteuerung insbesondere in § 34c EStG in Gestalt einer Anrechnungsmethode sowie durch Abzug der ausländischen Steuer von der deutschen Bemessungsgrundlage vor.259 Hervorzuheben ist zunächst, dass die rein innerstaatlichen Regelungen nur Anwendung finden auf unbeschränkt Steuerpflichtige, mithin Steuerinländer.260 Unmittelbare Anwendung findet § 34c EStG darüber hinaus nur, wenn mit dem ausländischen Staat, aus dem die Einkünfte stammen, kein DBA besteht (vgl. § 34c Abs. 6 S. 1 EStG).261 Besteht hingegen – wie im Regelfall – ein DBA, ist zu unterscheiden: Im Fall der abkommensrechtlichen Freistellung findet § 34c EStG keine Anwendung; greift nach dem DBA hingegen die Anrechnungsmethode, finden § 34c Abs. 1 und 2 EStG über den Methodenartikel grundsätzlich Anwendung.262 Nach § 34c Abs. 1 EStG hat der Steuerinländer danach die Möglichkeit, die im Ausland auf ausländische Einkünfte i.S.d. § 34d EStG erhobene Steuer auf die inländische Steuer, die auf die betreffenden Einkünfte anfällt, anzurechnen. Diese sog. Anrechnungsmethode hat zur Folge, dass der Steuerpflichtige im Ergebnis das jeweils höhere Steuerniveau trägt: Da die Bundesrepublik Deutschland die ausländische Steuer nur insoweit anrechnet, als sie selbst Steuern erhebt,263 bleibt es damit entweder bei einem Steuerüberhang im Ausland oder bei einem „Hinaufschleusen“ auf das Steuerniveau im Inland.264 Zudem werden, wenn die jeweiligen Einkünfte aus mehreren ausländischen Staaten stammen, die Höchstbeträge der anzurechnenden
259 Für Kapitalgesellschaften gilt insofern § 26 KStG, im Bereich der Erbschaftsteuer § 21 ErbStG. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf eine Darstellung von § 34c EStG. 260 Dies entspricht auch dem weltweit geltenden Grundsatz, dass der Ansässigkeitsstaat, nicht jedoch der Quellenstaat die Doppelbesteuerung – vorbehaltlich abkommensrechtlicher Regelungen – vermeidet; Grund hierfür ist zum einen, dass eine Berücksichtigung durch den jeweiligen (!) Quellenstaat schlicht unpraktikabel ist, zum anderen, dass der Quellenstaat sein äquivalenztheoretisch begründetes Besteuerungsrecht nicht zugunsten des Ansässigkeitsstaates wieder zurücknehmen soll; zu beidem Lehner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdS, § 251 Rn. 41. 261 Heinicke, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 34c Rn. 25. 262 § 34c Abs. 3 EStG findet unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 34c Abs. 6 S. 6 EStG Anwendung. 263 Dies zeigt bereits § 68a S. 1 EStDV. 264 Statt vieler Lehner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdS, § 251 Rn. 39.
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§ 4 Gewerbliche Prägung im deutschen Internationalen Steuerrecht
ausländischen Steuern für jeden einzelnen ausländischen Staat gesondert berechnet (sog. per country limitation).265 Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist nach § 34c Abs. 2 EStG die ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, soweit sie auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei sind. Diese Methode ist im Regelfall insbesondere dann günstiger als die Anrechnung nach Abs. 1, wenn das ausländische Steuerniveau höher ist als das inländische, oder die im Inland erhobene Steuer beispielsweise infolge von Verlustberücksichtigung niedriger ist als die ausländische.266 Ist eine Anrechnung der ausländischen Steuer nach § 34c Abs. 1 EStG nicht möglich und damit auch das Wahlrecht nach Abs. 2 ausgeschlossen, erfolgt nach § 34c Abs. 3 EStG von Amts wegen ein Abzug bei der Einkünfteermittlung.267 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn keine ausländischen Einkünfte i.S.d. § 34d EStG vorliegen.268
265
§ 68a S. 2 EStDV. Statt vieler Wagner, in: Blümich, EStG, 123. EL, § 34c Rn. 74, 76. 267 Heinicke, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 34c Rn. 15. 268 Z.B. bei Ausübung einer nichtselbstständigen Tätigkeit im Inland; wird auf diese Tätigkeit im Ausland eine Steuer erhoben, kommt eine Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG nicht in Betracht, da § 34d Nr. 5 EStG nicht erfüllt ist, Wagner, in: Blümich, EStG, 123. EL, § 34c Rn. 91. 266
§ 5 Gewerbliche Prägung im Anwendungsbereich von DBA Während sich die Besteuerung der Gesellschafter gewerblich geprägter Personengesellschaften im Nicht-DBA-Sachverhalt grundsätzlich allein nach dem innerstaatlichen Recht bestimmt, wirken sich im Anwendungsbereich von DBA regelmäßig die jeweiligen abkommensrechtlichen Bestimmungen auf die Besteuerungsbefugnis der Vertragsstaaten aus. Da die Anwendung der Verteilungsnormen sowie des einschlägigen Methodenartikels eine abkommensrechtliche Einordnung der betreffenden Einkünfte voraussetzt, stellt sich die Frage nach der Reichweite des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Dieser soll im Folgenden nachgegangen werden. Hierfür wird zunächst auf Grundlagen von DBA eingegangen [hierzu unter A.], bevor in einem zweiten Schritt das der Untersuchung zugrunde liegende Problem sowie die hierzu vertretenen Meinungen dargestellt werden [hierzu unter B.]. Im Anschluss wird sodann die abkommensrechtliche Einordnung der Einkünfte gewerblich geprägter Personengesellschaften untersucht [hierzu unter C.].
A. Grundlegende Ausführungen zu DBA Um eine Antwort auf das eingangs skizzierte Problem der abkommensrechtlichen Behandlung der Einkünfte gewerblich geprägter Personengesellschaften zu finden, bedarf es zunächst einiger grundlegender Ausführungen zu DBA.
I. Rechtsnatur und Abschluss von DBA DBA sind völkerrechtliche Verträge, die zwischen zwei (bilateral) oder mehreren Staaten (multilateral) geschlossen werden.269 Das Zustandekommen richtet sich nach dem jeweiligen innerstaatlichen Verfassungsrecht sowie den völkerrechtlichen Regeln, die im Wiener Übereinkommen vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge 269 Ein multilaterales Abkommen besteht z. B. in Gestalt des „Nordischen Übereinkommens“ v. 16. 1. 1984; dazu sowie generell zu multilateralen DBA Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 40 ff; ders., in: Konzernsteuerrecht, 2. Aufl., § 6 Rn. 3. – Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang das im Rahmen der BEPS-Projekts (vgl. Fn. 484) vorgeschlagene multilaterale Abkommen zur flexiblen Anpassung bestehender DBA; ausführlich dazu Reimer, IStR 2015, 1, der zutreffend darauf hinweist, dass es sich hierbei aber um kein DBA handelt, ebd., 1.
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§ 5 Gewerbliche Prägung im Anwendungsbereich von DBA
(WÜRV)270 kodifiziert wurden.271 Es handelt sich dabei um verbindliche Absprachen zwischen den Vertragsstaaten.272 Damit diese Verbindlichkeit auch praktisch umgesetzt wird, bedarf es eines Zustimmungsgesetzes nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG als innerstaatlichem Rechtsanwendungsbefehl, wodurch das jeweilige DBA im Rang von Bundesgesetzen steht und innerstaatlich angewendet werden kann.273 Das DBA wird dabei „als völkerrechtlicher Vertrag und nicht als ein neben diesem Vertrag stehendes Gesetz innerstaatlich angewandt“.274 Die DBA-Regelungen gehen innerstaatlichem Gesetzesrecht als leges speciales vor (§ 2 AO).275
II. Deutsche Abkommenspolitik Die einzelnen, seitens Deutschlands abgeschlossenen DBA folgen weitgehend dem OECD-MA.276 Gleichwohl war die Verhandlungsposition der Bundesregierung lange Zeit wenig transparent. Hierauf hat die deutsche Finanzverwaltung reagiert und erstmals im Frühjahr 2013 auf einem BMF-Symposium die deutsche Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen („DBA-VG“) veröffentlicht,277 die in ihrem Aufbau und ihrer Formulierung an das OECD-MA angelehnt
270 BGBl. II 1985, 926; das WÜRV ist am 20. 8. 1987 in Deutschland in Kraft getreten, BGBl. II 1987, 757. 271 Ausführlich dazu Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 105 ff. 272 Statt vieler Birk, FS Lang, 1131 (1132). 273 So die sog. Vollzugstheorie, vgl. BVerfG, Beschluss v. 3. 7. 2007, 2 BvE 2/07, BVerfGE 118, 244; Drüen, in T/K, AO, 126. EL, § 2 Rn. 28; Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 67; Vogel, IStR 2003, 523 (525); so wohl auch Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 296 ff.; so wohl auch Debatin, DB 1985, Beilage Nr. 23, 1 (1 f.), sowie RIW 1988, 727 (727), auch wenn dieser von „Transformation“ spricht. Die sog. Transformationstheorie geht hingegen davon aus, dass das DBA in der Form eines Bundesgesetzes zu innerstaatlichem Recht wird, dazu Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 103. EL, Vor Art. 1 Rn. 11. 274 Prägnant Vogel, IStR 2003, 523 (525). 275 Debatin, DB 1985, Beilage Nr. 23, 1 (2); Lehner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdS, § 251 Rn. 43; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.37; Birk, FS Lang, 1131 (1133), versteht § 2 AO dagegen lediglich als Auslegungsregel. 276 Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 50, 52; Lehner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdS, § 251 Rn. 46; zur geschichtlichen Entwicklung von Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, insbesondere des OECD-MA Vogel, DStZ 1997, 269 (278 f.); eine aktuelle Übersicht der einzelnen DBA zum 1. 1. 2016 findet sich bei BMF, Schreiben v. 19. 1. 2016, BStBl. I 2016, 76. 277 Abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/ Themen/Steuern/Internationales_Steuerrecht/Allgemeine_Informationen/2013 - 08 - 22-Verhand lungsgrundlage-DBA-deutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=10 (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2016); ausführlich dazu Lüdicke, IStR-Beihefter 2013, 26; Ditz/Schönfeld, DB 2013, 1437.
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ist.278 Die DBA-VG verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele: Zum einen soll vermieden werden, dass – wie in der Vergangenheit geschehen – DBA geschlossen werden, die sich inhaltlich stark unterscheiden.279 Zum anderen soll aber auch die deutsche Abkommenspolitik nach außen hin kommuniziert werden, freilich auch mit dem Ziel, einen fachlichen Diskurs anzuregen.280
III. Wirkungsweise und Systematik von DBA 1. Wirkungsweise Die DBA sollen in ihrem ursprünglichsten Sinne dazu dienen, eine Doppelbesteuerung von Einkünften in ihrem Anwendungsbereich zu vermeiden.281 Grund hierfür ist, dass typischerweise sowohl der Ansässigkeitsstaat als auch der Quellenstaat die betreffenden Einkünfte der inländischen Besteuerung unterwerfen. Die DBA begründen zu diesem Zweck ein „eigenständiges Regelsystem“, wonach in diesen Fällen innerstaatliche Steuertatbestände „modifiziert“ werden.282 Entscheidend dabei ist, dass das innerstaatliche Steuerrecht selbst durch die DBA unangetastet bleibt, mithin also keine Steueransprüche begründet, sondern deren Durchsetzbarkeit nur abkommensrechtlich beschränkt wird.283 Anschaulich spricht der BFH in diesem Zusammenhang von DBA als dem „Ergebnis eines Verzichts auf innerstaatliche Steueransprüche im Wege gegenseitigen Nachgebens der vertragschließenden Staaten“.284 Diese Formulierung verdeutlicht zugleich treffend die nur beschränkte Wirkungsreichweite von DBA: Dort, wo die DBA keine Schranken begründen, es also nicht zu einem „Verzicht“ kam, bleibt es bei dem Ergebnis, das sich nach dem jeweiligen innerstaatlichen (Steuer-)Recht ergibt.285 Da das jeweilige DBA lex specialis zum nationalen Steuerrecht ist, ergibt sich hieraus die vorrangige Prüfung der DBA-Vorschriften.286 Erst wenn hieraus folgt, dass das Besteuerungs278
Lüdicke, IStR-Beihefter 2013, 26 (26). Kaminski, Stbg 2013, 261 (261). 280 Vgl. Ditz/Schönfeld, DB 2013, 1437 (1437). 281 Zur Entwicklung von DBA Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 32; M. Lang, DStJG 36 (2013), 1 (22); Vogel, DStZ 1997, 269 (278); Widmann, DStJG 8 (1985), 235 (236); zum Begriff der Doppelbesteuerung oben unter § 3, C. (S. 40 f.); eine Doppelbesteuerung außerhalb des (persönlichen oder sachlichen) Anwendungsbereichs eines DBA kann hingegen durch das DBA bereits nicht vermieden werden, etwa im Fall der „doppelten beschränkten Steuerpflicht“, dazu M. Lang, DStJG 36 (2013), 1 (22). 282 Lehner, in: Konzernsteuerrecht, 2. Aufl., § 6 Rn. 4. 283 Ähnlich Debatin, Beihefter zu DStR 23/1992, 1 (2). 284 BFH, Urteil v. 28. 6. 1972, I R 35/70, BStBl. II 1972, 785; ähnlich auch Drüen, in: T/K, AO, 126. EL, § 2 Rn. 27: „Ein DBA ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der den Abkommensstaaten Verzichte in der Ausschöpfung ihrer Besteuerungskompetenz auferlegt.“ 285 Debatin, Beihefter zu DStR 23/1992, 1 (2). 286 Weber-Fas, Staatsverträge im Internationalen Steuerrecht, 24. 279
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recht eines Vertragsstaates nicht eingeschränkt wird, kann das nationale Steuerrecht greifen.287 2. Systematik Diese „Verzichtswirkung“ setzt – neben der persönlichen und sachlichen Anwendbarkeit des jeweiligen DBA – insbesondere voraus, dass der Tatbestand einer Verteilungsnorm verwirklicht ist.288 Ist dies der Fall, so muss differenziert werden zwischen Verteilungsnormen mit offener und solchen mit abschließender Rechtsfolge: Während erstere das Besteuerungsrecht dem Quellenstaat zuteilen und der Ansässigkeitsstaat eine Doppelbesteuerung durch Anwendung des Methodenartikels, d. h. der Freistellungs- oder Anrechnungsmethode vermeidet,289 weisen zweitere ausschließlich einem der Vertragsstaaten die abkommensrechtliche Besteuerungsbefugnis zu; der andere Vertragsstaat hat insoweit die Einkünfte – ohne Rückgriff auf den Methodenartikel – freizustellen.290 Die entsprechende Einordnung einer Verteilungsnorm ergibt sich aus dem jeweiligen Wortlaut:291 Können bestimmte Einkünfte „nur“ in einem Staat besteuert werden, so ist die Rechtsfolge abschließend;292 im Übrigen ist die Rechtsfolge offen und der Methodenartikel findet Anwendung.293 Auf welche Weise die Doppelbesteuerung in diesen Fällen vermieden wird, richtet sich nach dem jeweiligen DBA in Bezug auf die jeweilige Verteilungsnorm (mit offener Rechtsfolge). Im Fall der Freistellungsmethode (Art. 23A OECD-MA) hat der andere Vertragsstaat die Einkünfte grundsätzlich von seiner Besteuerung auszunehmen.294 Er kann sie jedoch nach dem OECD-MA im Rahmen des Pro-
287 Debatin, DB 1985, Beilage Nr. 23, 1 (2); nach Ansicht von Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Einleitung Rn. 90 m.w.N. ist die vorrangige Prüfung des nationalen Steuerrechts vor den Vorschriften des DBA „logisch […] gleichwertig“ zu der umgekehrten Prüfreihenfolge, da das DBA als „Lochschablone [wirke], die über das Muster des innerstaatlichen Rechts gelegt wird und bestimmte Partien abdeckt“; zum Meinungsstand Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 87. 288 Zum Begriff der Verteilungsnorm Vogel, IStR 2003, 523 (524); insoweit kritisch Debatin, Beihefter zu DStR 23/1992, 1 (2), der die Verwendung des Begriffs „Schrankennorm“ bevorzugt. Inhaltlich tut dies nichts zur Sache, so dass in dieser Arbeit der geläufigere Begriff „Verteilungsnorm“ verwendet wird. 289 Vogel, DStZ 1997, 269 (280). 290 Statt vieler Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 38; Vogel, BIFD 2003, 41 (43). 291 Statt vieler Vogel, DStZ 1997, 269 (280). 292 In der englischen Fassung: „shall be taxable only in“. 293 So z. B. bei Zinsen nach Art. 11 Abs. 1 OECD-MA. 294 Art. 23A Abs. 1 OECD-MA: „[…] so nimmt der erstgenannte Staat […] diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus“; Ausnahmen hiervon regelt Art. 23A Abs. 2 und 4 OECD-MA.
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gressionsvorbehalts (§ 32b EStG) berücksichtigen.295 Findet hingegen die Anrechnungsmethode nach Art. 23B OECD-MA Anwendung, können beide Vertragsstaaten die betreffenden Einkünfte besteuern; der Ansässigkeitsstaat hat die im Ausland gezahlte Steuer jedoch auf die im Inland anfallende Steuer anzurechnen. Da Art. 23B OECD-MA keine Einzelheiten zur Anrechnungstechnik regelt, bestimmt sich diese nach dem innerstaatlichen Steuerrecht296, für Deutschland also nach § 34c EStG. Einige DBA enthalten zudem sog. Switch-over-Klauseln297, Subject-to-tax-Klauseln298 oder Aktivitätsvorbehalte299, die einen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode vorsehen.300 Kommt es im jeweiligen Einzelfall gleichwohl zu einer Doppelbesteuerung, so ist schließlich noch das Verständigungs- und Konsultationsverfahren nach Art. 25 OECD-MA zu nennen.301 Das Verständigungsverfahren nach Art. 25 Abs. 1 und 2 OECD-MA stellt ein Verfahren zwischen den Behörden der Vertragsstaaten dar, das auf Antrag des abkommensberechtigten Steuerpflichtigen eingeleitet wird und welches den Zweck verfolgt, eine Besteuerung zu vermeiden bzw. zu beseitigen, die nach dem jeweiligen DBA nicht vorgesehen ist, typischerweise also eine Doppelbesteuerung.302 Im Gegensatz zu diesem Verständigungsverfahren im Einzelfall verfolgt das Konsultationsverfahren nach Art. 25 Abs. 3 OECD-MA den Zweck, Anwendungsprobleme oder Regelungslücken „allgemeiner Art“ zu klären bzw. zu beseitigen.303
295
Vgl. Art. 22 Abs. 1 Nr. 2 DBA-VG sowie Art. 23A Abs. 3 OECD-MA; zu letzterem ausführlich Mössner, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl., Rn. 2.493 ff. 296 Statt aller Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 52. 297 So z. B. Art. 23 Abs. 1 lit. e) DBA-Großbritannien. 298 So z. B. Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA-Großbritannien. 299 So z. B. Art. 23 Abs. 1 lit. c) DBA-Großbritannien. 300 Während Switch-over-Klauseln speziell das Ziel verfolgen, einen Auslegungskonflikt (dazu unter § 5, A. V. 5. (S. 101 ff.)) zu beseitigen, dienen die Subject-to-tax-Klauseln der Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung, die sich andernfalls daraus ergäbe, dass der abkommensrechtlich zur Besteuerung befugte Staat auf die Steuererhebung verzichtet, Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 368 f., 372; hierzu auch Schaumburg, FS Frotscher, 503 (508 ff.). Aktivitätsvorbehalte setzen die Freistellung unter den Vorbehalt, dass „aktive“ oder „produktive“ Einkünfte erzielt werden werden, statt vieler etwa Ismer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 23 Rn. 67 ff. Manche Aktivitätsvorbehalte normieren hierfür einen eigenständigen Katalog aktiver Tätigkeiten, während andere auf § 8 Abs. 1 AStG verweisen; dazu noch unter § 5, C. IV. 2. a) dd) (S. 154 ff.) sowie § 5, C. IV. 4. b) cc) (2) (S. 193 ff.). 301 Ausführlich dazu sowie zum Schiedsverfahren nach Art. 25 Abs. 5 OECD-MA Becker, DStJG 36 (2013), 167; zu den Rahmenbedingungen des Verständigungsverfahrens auch Göritzer, SWI 2014, 525. 302 Flüchter, IStR 2012, 694 (694). 303 Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 52.
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IV. Abkommensziele Die Gründe, aus denen Staaten DBA abschließen, können vielschichtig sein. Ob sich die Ziele, die dabei verfolgt werden, auch im jeweiligen Abkommen umsetzen lassen, hängt dabei maßgeblich von der Verhandlungssituation der vertragsschließenden Staaten ab. Im Folgenden sollen deshalb die wesentlichen und für die vorliegende Arbeit maßgeblichen Ziele herausgearbeitet werden, die Staaten bei einem solchen Abschluss verfolgen und die sich auch aus dem DBA ergeben können. 1. Vermeidung von (juristischer) Doppelbesteuerung Ohne Zweifel ist der Zweck eines DBA die Vermeidung von Doppelbesteuerung.304 Dies ergibt sich bereits aus dem Titel des jeweiligen DBA (sowie des OECDMA). Dort heißt es in den meisten Fällen „Abkommen […] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung“ oder schlicht „Abkommen […] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung“.305 Insbesondere die oben dargestellte abkommensrechtliche Systematik lässt diesen Schluss zu. Danach sind die Verteilungsnormen im Zusammenspiel mit den Methodenartikeln so ausgestaltet, dass – idealerweise – übereinstimmend nur ein Vertragsstaat die betreffenden Einkünfte besteuern darf, jedenfalls aber die Besteuerungsansprüche sachgerecht aufgeteilt sind.306 Hieraus folgt jedoch nicht, dass dem OECD-MA entsprechende DBA Doppelbesteuerungen generell und uneingeschränkt vermeiden können oder sollen.307 Denn eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung kann auch bei sachgerechter Anwendung der Abkommensvorschriften nicht zwingend vermieden werden, wenn z. B. die Gewinne einer Körperschaft in deren Ansässigkeitsstaat (Art. 7 Abs. 1 OECD-MA) und die Dividenden bei dem empfangenden Gesellschafter in dessen Ansässigkeitsstaat (Art. 10 Abs. 1 OECD-MA) besteuert werden (dürfen).308 Greift hier eine § 8b KStG vergleichbare Regelung nicht, kommt es zu einer doppelten Besteuerung der Einkünfte, aber bei unterschiedlichen Steuersubjekten.
304 Lüdicke, FR 2011, 1077 (1077); Müller-Gatermann, FR 2012, 1032 (1033); Wichmann, FR 2011, 1082 (1082); Wolff, IStR 2004, 542 (545). 305 Letzteres z. B. im DBA-Argentinien; einige DBA haben auch abweichende Titel, so z. B. das DBA-Frankreich: „Abkommen […] zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe […].“ 306 Menck, in: G/K/G, 15. EL, Grundlagen Teil 1 Abschn. 2 Rn. 29; Drüen, in: T/K, AO, 126. EL, § 2 Rn. 33 spricht zutreffend von einem im „DBA geregelten Interessenausgleich“; vgl. auch Mössner, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl., Rn. 2.418. 307 Zutreffend M. Lang, IStR 2002, 609 (610 ff.). 308 M. Lang, IStR 2002, 609 (611).
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Damit ist festzuhalten, dass DBA zwar den Zweck verfolgen, Doppelbesteuerung zu vermeiden, jedoch nur juristische und eben nicht generell auch wirtschaftliche.309 2. Sachgerechte Aufteilung des Besteuerungssubstrats Das Ziel der Vermeidung juristischer Doppelbesteuerung wird auf Ebene der DBA verwirklicht, indem die Besteuerung im Ansässigkeits- und im Quellenstaat überschneidungsfrei aufeinander abgestimmt wird.310 Es könnte indes auch einfacher erreicht werden, wenn ein Vertragsstaat (sei es der Ansässigkeitsstaat, sei es der Quellenstaat) vollständig auf seinen (innerstaatlichen) Besteuerungszugriff verzichtet.311 Wirkungsweise und Systematik der DBA verdeutlichen aber, dass es dabei gerade auch zu einer sachgerechten Aufteilung des Besteuerungssubstrats kommen soll. Diese Sachgerechtigkeit soll dadurch verwirklicht werden, dass sich (1) die Zuteilung nach der jeweiligen (abkommensrechtlichen) Einkunftsart bestimmt und (2) die Zuteilung uneingeschränkt312 oder eingeschränkt313 erfolgt. Die sachgerechte Aufteilung des Steueraufkommens kann letztlich als Zielvorgabe des Äquivalenzprinzips verstanden werden.314 Ob sich den Verteilungsnormen für Zwecke der Auslegung des Unternehmensbegriffs tatsächlich eine solche äquivalenztheoretisch begründete Systematik entnehmen lässt, wird noch an anderer Stelle untersucht.315 Dies ändert freilich nichts daran, dass regelmäßig wenigstens einer der Vertragsstaaten – grundsätzlich der Ansässigkeitsstaat – innerstaatlich nach dem Welteinkommensprinzip besteuert.316 Das DBA weist zwar einem der Vertragsstaaten das Besteuerungsrecht zu. Dem anderen Staat, der grundsätzlich auch die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt,317 bleibt es gleichwohl im Regelfall nach der Konzeption der Methodenartikel unbenommen, die
309
So i.E. auch Menck, in: G/K/G, 15. EL, Grundlagen Teil 1 Abschn. 2 Rn. 30; Schönfeld/ Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 1, wonach punktuell sowie bei entsprechender Abkommensvereinbarung indes auch die Vermeidung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung geregelt sein kann. 310 Lehner/Reimer, IStR 2005, 542 (547). 311 Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 11. 312 So im Fall von Verteilungsnormen mit abschließender Rechtsfolge. 313 So im Fall von Verteilungsnormen mit offener Rechtsfolge. 314 Zum Äquivalenzprizip oben unter § 3, D. (S. 41 ff.); so auch Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 11; vgl. auch Lehner/Waldhoff, in: K/S/M, EStG, 100. EL, § 1 Rn. A 223: „[…] die Abgrenzung der Besteuerungszuständigkeit in den Verteilungsnormen der Doppelbesteuerungsabkommen beruhen auf einer territorialbezogenen Konzeption.“ 315 Dazu unter § 5, C. IV. 3. (S. 158 ff.). 316 Statt vieler Vogel, DStZ 1997, 269 (272 f.). 317 Nach Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 34, folgt hieraus aufgrund des Leistungsfähigkeitsprinzips auch die Pflicht des Ansässigkeitsstaates, die Doppelbesteuerung zu vermeiden.
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ausländische Steuer im Inland („nur“) anzurechnen oder (ggf. unter Progressionsvorbehalt) freizustellen. 3. Vermeidung von Steuerverkürzung und doppelter Nichtbesteuerung Vor dem Hintergrund der Vermeidung juristischer Doppelbesteuerung ließe sich freilich auf den ersten Blick folgern, dass umgekehrt auch eine doppelte Nicht- oder Minderbesteuerung vermieden werden soll, und damit erst Recht die Vermeidung von Steuerverkürzung. Zwischen beidem muss jedoch klar unterschieden werden. Viele deutsche DBA sehen bereits nach ihrem Titel die Vermeidung von Steuerverkürzung vor.318 Eine abkommensrechtliche Definition dieses Begriffs fehlt indes.319 In der englischen Fassung deutscher DBA wird hierfür „Fiscal Evasion“320, in der spanischen Fassung „evasión fiscal“321, in der italienischen Fassung „evasioni fiscali“322 verwandt. In der französischen Fassung des OECD-MA heißt es „la fraude fiscale“. Diese Begriffe entsprechen in ihrer Übersetzung dem deutschen Begriff „Steuerhinterziehung“. Dies verdeutlicht sich auch am Titel des DBA-Luxemburg 2012 („Zur Vermeidung von Doppelbesteuerung und Verhinderung der Steuerhinterziehung“).323 Deshalb ist es angebracht, für die Auslegung der „Steuerverkürzung“ das auch nach innerstaatlichem Recht geltende Verständnis324 heranzuziehen, wonach hierunter der Erfolg einer strafbewehrten Handlung zu sehen ist.325 In den DBA wird dieses Ziel praktisch umgesetzt durch die Vorschriften über den Informationsaustausch (Art. 26 OECD-MA) sowie die Amtshilfe (Art. 27 OECD-MA), so dass es auch als Ziel der Vertragsstaaten anerkannt werden kann, Steuerverkürzung zu vermeiden.326
318
Die „Vermeidung von Steuerverkürzung“ wurde 1992 in das OECD-MA übernommen, Rust, in: Lüdicke (Hrsg.), Vermeidung der Doppelbesteuerung und ihre Grenzen, 37 (50). 319 Lüdicke, IStR-Beihefter 2013, 26 (27). 320 So z. B. im DBA-USA sowie im DBA-Großbritannien. 321 So z. B. im DBA-Spanien. 322 So z. B. im DBA-Italien. 323 Hervorhebung nur hier. 324 Vgl. § 370 Abs. 1 AO: […] und dadurch Steuern verkürzt […].“; § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO: „[…] wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt […]“; Steuerverkürzung wird in § 370 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 AO definiert: „Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden.“ 325 So auch Lüdicke, IStR-Beihefter 2013, 26 (27) zur DBA-VG; gl.A. in diesem Zusammenhang auch Ditz/Schönfeld, DB 2013, 1437 (1437); so wohl auch Grotherr, in: G/K/G, Grundlagen Teil 1 Abschn. 1 Rn. 50, der hierunter die Verschaffung „ungerechtfertigte[r] Steuervorteile“ versteht, was tatbestandsmäßiger Erfolg des § 370 Abs. 1 AO ist. 326 Lüdicke, IStR-Beihefter 2013, 26 (27); ausführlich zum Informationsaustausch BozzaBodden, DStJG 36 (2013), 133.
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Die Besteuerung von Einkünften kann auch zu der Situation führen, dass diese im Ergebnis von keinem der Vertragsstaaten besteuert werden (sog. „weiße Einkünfte“)327. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Vertragsstaaten (z. B. aufgrund divergierender Einordnung der Einkünfte) unterschiedliche Verteilungsnormen anwenden und deshalb davon ausgehen, dass der jeweils andere Vertragsstaat die Einkünfte besteuert.328 Eine doppelte Nichtbesteuerung kann aber auch das Ergebnis des schlichten Verzichts eines Vertragsstaats auf seinen nationalen Steueranspruch sein.329 Fraglich ist, ob die DBA deshalb auch den Zweck verfolgen, doppelte Nicht- oder Minderbesteuerung zu vermeiden. Allein aus der gewonnenen Erkenntnis, dass DBA der Vermeidung von Steuerverkürzung dienen (können), kann dies nicht gefolgert werden. Denn bereits begrifflich unterscheiden sich Steuerverkürzung und doppelte Nichtbesteuerung insoweit, als nur erstere als Erfolg einer strafbewehrten Handlung qualifiziert.330 In den DBA ist es systematisch gerade nicht angelegt, seinen Steuerdeklarationspflichten nicht nachzukommen bzw. nachkommen zu müssen. Im Gegensatz hierzu kann die doppelte Nichtbesteuerung von Steuerpflichtigen forciert werden, muss sie aber nicht. Sie kann auch – mangels Harmonisierung der Steuersysteme331 – bloße Folge des „unkoordinierten Zusammentreffen[s] zweier Steuerrechtsordnungen“ sein.332 Denn die Besteuerung richtet sich – auch im Geltungsbereich eines DBA – in erster Linie nach dem nationalen Steuerrecht der Vertragsstaaten. Die DBA modifizieren bzw. beschränken das nationale Besteuerungsrecht lediglich.333 Es ist den DBA insoweit immanent, dass z. B. derjenige Staat, dem das Besteuerungsrecht zugeteilt wird, hiervon nicht Gebrauch macht. Hieraus folgt auch das Verbot der virtuellen Doppelbesteuerung.334 Die Finanzverwaltung hat nun in der Präambel zur DBA-VG335 formuliert, dass das jeweilige DBA „in der Absicht [geschlossen wird], die jeweiligen Besteuerungsrechte gegenseitig so abzugrenzen, dass sowohl Doppelbesteuerungen wie
327 So z. B. verwendet bei M. Lang, DStJG 36 (2013), 1 (23); kritisch zu diesem Begriff Vogel, IStR 2003, 523 (526): „Und was ist schließlich mit doppelt besteuerten Einkünften? Die müssten wir dann wohl ,bunte Einkünfte‘ nennen.“ 328 Zu weiteren Beispielen Rust, in: Lüdicke (Hrsg.), Vermeidung der Doppelbesteuerung und ihre Grenzen, 37 (38 ff.). 329 M. Lang, DStJG 36 (2013), 1 (22). 330 Vgl. Ditz/Schönfeld, DB 2013, 1437 (1437). 331 M. Lang, DStJG 36 (2013), 1 (23). 332 Lüdicke, FR 2011, 1077 (1078); statt vieler so auch Burmester, FS Debatin, 55 (55). 333 Dazu oben unter § 5, A. III. 1. (S. 73 f.). 334 Dazu Drüen, in: T/K, AO, 126. EL, § 2 Rn. 33; Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 69 ff.; Lüdicke, FS Frotscher, 403 (414); BFH, Urteil v. 14. 12. 1988, I R 148/ 87, BStBl. II 1989, 319; siehe auch Rust, in: Lüdicke (Hrsg.), Vermeidung der Doppelbesteuerung und ihre Grenzen, 37 (44), mit weiteren Rspr.-Nachweisen. 335 Dazu oben unter § 5, A. II. (S. 72 f.).
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auch Nichtbesteuerungen vermieden werden.“336 Kann hieraus nun ebendiese Zielsetzung gefolgert werden? Die Präambel drückt in der Tat explizit einen „Wunsch“ bzw. eine „Absicht“ der Vertragsstaaten aus. Insoweit kann von einem Ziel der Vertragsstaaten zur Vermeidung von doppelter Nichtbesteuerung ausgegangen werden. Indes hat diese Präambel bisher – soweit ersichtlich – noch keinen Eingang in geltende DBA gefunden. Dieses Ziel müsste sich in diesen Fällen daher – mangels expliziter Festlegung durch die Vertragsstaaten – aus den jeweiligen Abkommensvorschriften ergeben. Einzelne DBA sehen hierfür Subject-to-tax-Klauseln oder Switch-over-Klauseln vor. Diese Vorschriften sind jedoch punktueller Natur. Deshalb erscheint es nur dann, wenn zugleich das konkrete Ziel der Vermeidung von doppelter Nichtbesteuerung in der Präambel oder an anderer Stelle im DBA genannt ist, sachgerecht, dies auch als Abkommensziel anzuerkennen.337 Hiervon zu trennen ist jedoch die Frage, ob dieses Ziel auch bei der Auslegung von DBA zu berücksichtigen ist.338
V. Auslegung von DBA Ebenso wie innerstaatliches Recht bedürfen auch DBA der Auslegung, nicht zuletzt deshalb, weil die Auslegung maßgeblich (mit-)bestimmt, ob es unter Umständen zu Doppelbesteuerung oder doppelter Nichtbesteuerung von Einkünften kommt. Die Auslegung verfolgt dabei das Ziel, „den objektiven Willen einer Vorschrift zu erfassen“.339
336
Hervorhebung nur hier. – Auch die Präambel des OECD-MA soll im Zuge der Umsetzung des BEPS-Projekts (vgl. Fn. 484) entsprechend angepasst werden, vgl. OECD/G20, Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate Circumstances, Action 6 – 2015 Final Report v. 5. 10. 2015, abrufbar unter http://www.oecd-ilibrary.org/taxation/preventing-thegranting-of-treaty-benefits-in-inappropriate-circumstances-action-6 - 2015-final-report_97892 64241695-en (zuletzt abgerufen am 6. 4. 2016), 92: „[…] Intending to conclude a Convention for the elimination of double taxation with respect to taxes on income and on capital without creating opportunities for non-taxation or reduced taxation through tax evasion or avoidance […].“ 337 Generell ablehnend Lüdicke, FR 2011, 2077 (1078); ders., FS Frotscher, 403 (307); generell – auch im Hinblick auf die Auslegung von DBA – bejahend hingegen Wichmann, FR 2011, 1082 (1082), sowie Müller-Gatermann, FR 2012, 1032 (1033); auch Haase, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Einleitung II Rn. 14 anerkennt die Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung als Abkommensziel; so wohl auch Weber-Fas, Staatsverträge im Internationalen Steuerrecht, 29, der die Vermeidung von Minderbesteuerung als „nicht unwichtigen Nebenzweck“ von DBA sieht und unter einer solchen Minderbesteuerung nicht nur „strafbare Steuerverkürzungen, sondern auch nichtdeliktische Steuerumgehungen, ferner alle Fälle objektiv unrichtiger Steuerrechtsanwendung“ versteht. 338 Dazu unter § 5, A. V. 2. d) (S. 89 ff.). 339 BFH, Urteil v. 15. 6. 1973, III R 118/70, BStBl. II 1973, 810; so auch Weber-Fas, RIW 1982, 803 (804): „Ziel der Auslegung ist es, den Sinn des Gesetzes festzustellen.“
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1. Grundsätzliche Differenzierung DBA können jedoch grundsätzlich nicht „im Lichte des innerstaatlichen Steuerrechts“ ausgelegt werden.340 Denn bei ihnen handelt es sich um völkerrechtliche Verträge, die ein eigenständiges Regelsystem aufstellen und kraft des innerstaatlichen Anwendungsbefehls als nationales Recht anzuwenden sind.341 Als in sich geschlossener Regelungskreis sind sie dabei unabhängig vom jeweiligen nationalen Recht der Vertragsstaaten.342 Dies gilt freilich nicht uneingeschränkt: Denn eine solche abkommensautonome Auslegung ist nur insoweit möglich, als das jeweilige DBA „eine eigene Normaussage trifft“343. Hierfür müssen im Kern drei Konstellationen unterschieden werden: Zum einen können DBA eigene Definitionen von im Abkommen verwandten Begriffen enthalten.344 Inwiefern diese Definitionen jedoch abschließend, vollständig oder hinreichend sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Zum anderen verweisen345 DBA mitunter ausdrücklich auf das Recht eines der Vertragsstaaten.346 Dieses Verständnis ist dann auch für den anderen Vertragsstaat bindend.347 Schließlich gibt es noch die Fälle, in denen das DBA weder einen Verweis auf das innerstaatliche Recht noch eine eigene Definition enthält.348 In allen drei Fällen stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen abkommensautonomer Auslegung einerseits [hierzu unter 2.] und Auslegung nach dem innerstaatlichen Recht der Anwenderstaaten andererseits [hierzu unter 3.]. Dies soll im Folgenden dargestellt werden.
340
Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.49. Dazu oben unter § 5, A. I. (S. 71 f.) sowie § 5, A. III. 1. (S. 73 f.). 342 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.49; Wassermeyer, StuW 1990, 404 (405); vgl. auch Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. R 30: „Als eigener Regelungskreis führen die Abkommen auch ihre eigene Begriffssprache – auch dann, wenn sie Begriffe des innerstaatlichen Rechts verwenden. Dann besteht keine Begriffsidentität, sondern allenfalls Begriffsparallelität.“ 343 Debatin, Beihefter zu DStR 23/1992, 1 (6); zutreffend auch Wassermeyer, StuW 1990, 404 (405): „Mit der Anerkennung des Grundsatzes [der abkommensautonomen Auslegung] ist aber noch nichts darüber gesagt, wo der eigenständige Regelungsbereich eines DBA beginnt und wo er aufhört.“ 344 So z. B. Art. 5 Abs. 1 DBA-USA: „Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck ,Betriebsstätte‘ eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.“ 345 Kritisch zum Begriff der Veweisung Mössner, FS Seidl-Hohenveldern, 403 (422); unabhängig davon soll im Folgenden gleichwohl von einer „Verweisung“ gesprochen werden, wenn ein DBA bzw. das OECD-MA auf eine Begriffsbedeutung nach nationalem Recht Bezug nimmt. 346 So z. B. Art. 6 Abs. 2 DBA-USA: „Der Ausdruck ,unbewegliches Vermögen‘ hat die Bedeutung, die ihm nach dem Recht des Vertragsstaats zukommt, in dem das Vermögen liegt.“ 347 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.59. 348 Vgl. z. B. Art. 17 DBA-USA für Künstler und Sportler. 341
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2. Auslegung nach den Art. 31 ff. WÜRV Die Auslegung von DBA als völkerrechtliche Verträge erfolgt nach Maßgabe der völkerrechtlichen Auslegungsregeln, die sich insbesondere in den Art. 31 ff. WÜRV finden.349 Diese sind direkt nur anwendbar auf diejenigen DBA, die nach Inkrafttreten des WÜRV verbindlich wurden.350 Da die Art. 31 ff. WÜRV jedoch bereits zuvor gewohnheitsrechtlich anerkannte Auslegungsgrundsätze kodifizieren,351 sind diese – methodisch freilich ohne Rückgriff auf die geschriebenen Vorschriften – auch für zuvor abgeschlossene DBA maßgeblich.352 Der gewohnheitsrechtliche Charakter dieser Auslegungsregeln begründet darüber hinaus auch die Annahme, dass diese auch im Verhältnis zu Staaten anzuwenden sind, die das WÜRV nicht ratifiziert haben.353 a) Text der Art. 31 bis 33 WÜRV Die für die Auslegung maßgeblichen Vorschriften der Art. 31 bis 33 WÜRV lauten wie folgt:354 Art. 31 Allgemeine Auslegungsregel (1) Ein Vertrag ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. (2) Für die Auslegung eines Vertrags bedeutet der Zusammenhang außer dem Vertragswortlaut samt Präambel und Anlagen a) jede sich auf den Vertrag beziehende Übereinkunft, die zwischen allen Vertragsparteien anlässlich des Vertragsabschlusses getroffen wurde; b) jede Urkunde, die von einer oder mehreren Vertragsparteien anlässlich des Vertragsabschlusses abgefasst und von den anderen Vertragsparteien als eine sich auf den Vertrag beziehende Urkunde angenommen wurde.
349 Debatin, Beihefter zu DStR 23/1992, 1 (5); Gosch, ISR 2013, 87 (87); Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 86; Vogel, IStR 2003, 523 (525). 350 BFH, Urteil v. 2. 9. 2009, I R 111/08, BStBl. II 2010, 387. 351 Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 340; M. Lang, IWB 2011, 281 (281); Leisner-Egensperger, IStR 2014, 10 (11). 352 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 105 m.w.N.; Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 86: „entsprechende Anwendung“; so auch Anger/Wagemann, IStR 2014, 611 (612). 353 Statt vieler Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 340. 354 Die nachfolgende Darstellung entspricht inhaltlich dem Originaltext der deutschen Übersetzung der offiziellen englischen und französischen Fassung, wie er im Zustimmungsgesetz v. 3. 8. 1985, BGBl. II 1985, 926 abgedruckt ist; völkerrechtlich maßgeblich ist hingegen die englische und französische Fassung, Vogel, IStR 2003, 523 (525); auf Abweichungen in der Bedeutung der verschiedensprachigen Fassungen wird hingewiesen.
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(3) Außer dem Zusammenhang sind in gleicher Weise zu berücksichtigen a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner Bestimmungen; b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht; c) jeder in den Beziehungen zwischen den Vertragsparteien anwendbare einschlägige Völkerrechtssatz. (4) Eine besondere Bedeutung ist einem Ausdruck beizulegen, wenn feststeht, dass die Vertragsparteien dies beabsichtigt haben. Art. 32 Ergänzende Auslegungsmittel Ergänzende Auslegungsmittel, insbesondere die vorbereitenden Arbeiten und die Umstände des Vertragsabschlusses, können herangezogen werden, um die sich unter Anwendung des Artikels 31 ergebende Bedeutung zu bestätigen oder die Bedeutung zu bestimmen, wenn die Auslegung nach Artikel 31 a) die Bedeutung mehrdeutig oder dunkel lässt oder b) zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis führt. Art. 33 Auslegung von Verträgen mit zwei oder mehr authentischen Sprachen (1) Ist ein Vertrag in zwei oder mehr Sprachen als authentisch festgelegt worden, so ist der Text in jeder Sprache in gleicher Weise maßgebend, sofern nicht der Vertrag vorsieht oder die Vertragsparteien vereinbaren, dass bei Abweichungen ein bestimmter Text vorgehen soll. (2) Eine Vertragsfassung in einer anderen Sprache als einer der Sprachen, deren Text als authentisch festgelegt wurde, gilt nur dann als authentischer Wortlaut, wenn der Vertrag dies vorsieht oder die Vertragsparteien dies vereinbaren. (3) Es wird vermutet, dass die Ausdrücke des Vertrags in jedem authentischen Text dieselbe Bedeutung haben. (4) Außer in Fällen, in denen ein bestimmter Text nach Absatz 1 vorgeht, wird, wenn ein Vergleich der authentischen Texte einen Bedeutungsunterschied aufdeckt, der durch die Anwendung der Artikel 31 und 32 nicht ausgeräumt werden kann, diejenige Bedeutung zugrunde gelegt, die unter Berücksichtigung von Ziel und Zweck des Vertrags die Wortlaute am besten miteinander in Einklang bringt.
b) Vorrangige objektivierte Auslegung nach dem Wortlaut „Grundregel“ der Auslegung von DBA nach den völkerrechtlichen Auslegungsregeln ist Art. 31 Abs. 1 WÜRV.355 Danach ist ein Vertrag, – hier: das jeweilige DBA – nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen.
355 Zutreffend Castro, Intertax 2015, 709 (712): „starting point“; Gosch, ISR 2013, 87 (88); nach Vogel, IStR 2003, 523 (525) der „wichtigste“ Absatz.
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Art. 31 Abs. 1 WÜRV legt den auslegenden Staaten mehrere Auslegungsmethoden an die Hand, ohne explizit ein inneres Rangverhältnis festzulegen. Der Formulierung nach ist dies insbesondere die grammatikalische (die gewöhnliche Bedeutung) und systematische Auslegung (in ihrem Zusammenhang), aber auch teleologische und historische Erwägungen (im Lichte seines Zieles und Zweckes) sind zu berücksichtigen. Geht man von der funktionsbezogenen Wirkungsweise der Art. 31 ff. WÜRVaus, wonach eine übereinstimmende Auslegung durch die jeweiligen, den Vertrag abschließenden Staaten ermöglicht werden soll, so kommt der teleologischen Auslegungsmethode durchaus Stellenwert zu. Der praktischen Handhabbarkeit darf dies jedoch nicht entgegenstehen. Denn der jeweilige Zweck lässt sich im Einzelfall unter Umständen nur schwer ergründen. Gerade deshalb stellt Art. 31 Abs. 1 WÜRV auch die „gewöhnliche Bedeutung“ voran. Diese lässt sich praktisch nur dann klar bestimmen, wenn man den jeweiligen Wortlaut der Vorschrift heranzieht. Systematische Friktionen werden darüber hinaus dadurch vermieden, dass die auszulegenden Begriffe nicht allein und für sich zu bestimmen sind, sondern deren gewöhnliche Bedeutung aus dem Vertragszusammenhang zu ergründen ist. Art. 31 Abs. 1 WÜRV lässt sich deshalb implizit durchaus ein Rangverhältnis entnehmen. Primärer Auslegungsmaßstab ist der Wortlaut der Begriffe356 in ihrem Zusammenhang.357 Dies bestätigt auch Art. 31 Abs. 2 WÜRV, wonach unter „Zusammenhang“ an erster Stelle der „Vertragswortlaut samt Präambel und Anlagen“ zu verstehen ist. Nicht beantwortet ist damit aber der Stellenwert des subjektiven Parteiwillens. Art. 31 Abs. 1 WÜRV spricht insoweit davon, dass der Vertrag „im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen“ ist. Ein Ziel ist nach allgemeinem Sprachverständnis stets durch ein subjektives Element geprägt. In den verbindlichen und daher maßgeblichen Fassungen des WÜRV in englischer und französischer Sprache heißt es statt „Ziel und Zweck“ hingegen „object and purpose“ bzw. „objet et but“, bei wortlautgetreuer Übersetzung also „Gegenstand und Zweck“.358 Dies zeigt, dass die deutsche Fassung zu subjektiv gefasst ist und nicht allein subjektive Vorstellungen der Vertragsparteien maßgeblich sein sollen, sondern damit vielmehr „der im Ganzen des Vertrags objektivierte Vertragszweck gemeint ist“.359 Darüber hinaus sollen 356 Der in Art. 31 Abs. 1 WÜRV verwendete Begriff „Bestimmungen“ ist dabei nicht im Sinne von „Normen“, sondern „Ausdrücken“ zu verstehen, wie sich auch im Vergleich zur englischen und französischen Fassung des WÜRV (engl. terms, frz. termes) ergibt; zutreffend Lehner, in: Konzernsteuerrecht, 2. Aufl., § 6 Rn. 21. 357 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 106 m.w.N.; so auch J. Lang, StuW 1975, 285 (289 f.); nach Klebau, RIW 1985, 125 (127) spricht eine Vermutung für den Vorrang des Wortlauts bei der Auslegung; vgl. auch Weber-Fas, RIW 1982, 803 (805): „[…] ist der Wortlaut des Vertrages Grundlage und Ausgangspunkt der Interpretation.“; a.A. Gloria, RIW 1986, 970 (974). 358 Vogel, IStR 2003, 523 (525); ders., StuW 1982, 111 (121). 359 Vogel, StuW 1982, 111 (121); dem folgend Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 106. (Hervorhebung nur hier.)
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Gegenstand und Zweck die Vertragsauslegung nach der ausdrücklichen Formulierung nur „beleuchten“.360 Dies bestätigt, dass Gegenstand und Zweck nicht selbstständig heranzuziehen sind.361 Die Funktion der Art. 31 ff. WÜRV, eine einheitliche Auslegung praktisch handhabbar zu erzielen, würde konterkariert, würde man der subjektiven Vorstellung der Vertragsstaaten den gleichen Stellenwert wie der gewöhnlichen Bedeutung der Begriffe einräumen. Abzustellen ist daher vielmehr vorrangig auf den „im Vertragstext objektivierte[n] Parteiwille[n]“.362 Im Kern handelt es sich also um eine grammatikalische Auslegung im systematischen Kontext.363 Die Auslegung nach Gegenstand und Zweck der DBA muss sich deshalb im Rahmen des objektiv feststellbaren, also des Wortlauts halten.364 Wird ein DBA – wie regelmäßig – in zwei verschiedenen Sprachen verbindlich abgeschlossen, bestimmt Art. 33 WÜRV, dass jede Fassung grundsätzlich in gleicher Weise verbindlich ist. Kommt es dabei zu Unterschieden im jeweiligen Verständnis der Vertragstexte, die auch nicht im Wege der Auslegung beseitigt werden können, ist diejenige Bedeutung maßgeblich, die unter Berücksichtigung von Ziel und Zweck des Vertrags die Wortlaute am besten miteinander in Einklang bringt (Art. 33 Abs. 4 WÜRV).365 c) Neben dem Vertragstext heranzuziehende Auslegungsmaterialien aa) Allgemeines Was für Zwecke der Auslegung neben dem Wortlaut des DBA samt Präambel und Anlagen unter „Zusammenhang“ zu verstehen ist, regelt Art. 31 Abs. 2 WÜRV.
360 In der englischen Fassung: „in the light of its objective and purpose“; in der französischen Fassung: „à la lumière de son objet et son but“. 361 So wohl auch Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 106, wonach der Zweck „für sich allein kein selbstständiges Auslegungsmittel dar[stellt]“. 362 Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 89; so auch Blumenwitz, in: Vogel (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen und nationales Recht, 5 (12); Gosch, ISR 2013, 86 (88); nach Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 345, enthält Art. 31 Abs. 1 WÜRV „keine Rangfolge der einzelnen Auslegungsmethoden“, so dass diese folglich grundsätzlich gleichwertig seien; so auch Klebau, RIW 1985, 125 (127). 363 Ähnlich auch Klebau, RIW 1985, 125 (127), welcher der teleologischen Auslegung den gleichen Stellenwert einräumen will: „Die systematisch-teleologische Interpretation steht gleichrangig neben der Interpretation aus dem Wortlaut.“ 364 So auch Castro, Intertax 2015, 709 (712); a.A. wohl Klebau, RIW 1985, 125 (127), wonach es „durchaus vorstellbar [sei], daß die Auslegung aus Ziel und Zweck einen eindeutigen Wortlaut […] verdrängt“; in letztere Richtung auch Gloria, RIW 1986, 970 (974): „Dies [Anm.: die teleologische und systematische Auslegung] gilt auch dann, wenn der Wortlaut so klar gefaßt scheint, daß es einer weiteren Auslegung nicht bedarf.“ 365 Ausführlich zur Auslegung von DBA und authentischen Vertragssprachen M. Lang, IStR 2011, 403.
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Danach sind zusätzlich ergänzende Dokumente wie z. B. Noten oder Briefwechsel zu berücksichtigen.366 Nicht Teil des „Zusammenhangs“, gleichwohl aber zu berücksichtigen sind nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV insbesondere spätere Vereinbarungen über die Auslegung sowie die Staatenpraxis.367 Zu ersteren gehören insbesondere Konsultationsvereinbarungen.368 Eine Staatenpraxis (in den Worten von Art. 31 Abs. 3 lit. b) WÜRV: „jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags“) zeichnet sich dadurch aus, dass – ohne gemeinsame Vereinbarung – eine übereinstimmende Auslegung durch die beiden Vertragsstaaten erfolgt, gleich durch welche der drei Gewalten.369 Diese sog. „authentische Auslegung“370 findet jedoch ihre Grenze im Wortlaut des jeweiligen DBA.371 Denn eine solche, dem Wortlaut widersprechende Auslegung mag zwar die Vertragsstaaten untereinander binden, kann jedoch gegenüber dem Steuerpflichtigen aufgrund des Gesetzesvorbehalts keine Bindungswirkung entfalten.372 Andere Auslegungsmittel sind dagegen grundsätzlich unbeachtlich. Art. 32 WÜRV bestimmt hierzu, dass „ergänzende Auslegungsmittel, insbesondere die vorbereitenden Arbeiten und die Umstände des Vertragsschlusses“ nur in zwei Fällen herangezogen werden können: Zum einen, um die sich nach Art. 31 WÜRV ergebende Auslegung zu bestätigen, zum anderen, wenn ebendiese Auslegung zu keinem klaren oder sinnvollen Ergebnis führt. Eine historische Auslegung, beispielsweise unter Heranziehung von Unterlagen oder Positionspapieren, die im Rahmen der DBA-Verhandlungen hergestellt oder vorgelegt wurden,373 ist folglich nachrangig bzw. subsidiär.374 Im Speziellen stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, inwiefern das OECDMA oder der OECD-Musterkommentar („OECD-MK“) [hierzu unter bb)] sowie Parallelabkommen [hierzu unter cc)] für Zwecke der Auslegung herangezogen werden können.
366
Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 109b. Dazu nur Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 109c. 368 Zu Konsultationsvereinbarungen oben unter § 5, A. III. 2. (S. 74 f.). 369 Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 93. 370 So etwa Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 93. 371 BFH, Urteil v. 2. 9. 2009, I R 111/08, BStBl. II 2010, 387; BFH, Urteil v. 12. 10. 2011, I R 15/11, BStBl. II 2012, 548; BFH, Urteil v. 13. 6. 2012, I R 41/11, BStBl. II 2012, 880. 372 Zutreffend Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 338; Gosch, ISR 2013, 87 (92). 373 Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Einleitung Rn. 110. 374 So auch statt vieler Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 345. 367
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bb) Berücksichtigung des OECD-MA bzw. des OECD-MK Das OECD-MA sowie der OECD-MK haben reinen Empfehlungscharakter.375 Letzterer stellt dabei eine Auslegungsempfehlung der OECD an die OECD-Mitgliedsstaaten dar.376 Aus diesem Grund kann jedoch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass das OECD-MA sowie der OECD-MK bei der Auslegung von DBA herangezogen werden können. Zwar gibt es seltene Fälle, in denen DBA ausdrücklich die Auslegung nach dem OECD-MK für verbindlich erklären.377 Außerhalb dieses Ausnahmebereichs werden das OECD-MA und der OECD-MK hingegen regelmäßig nur in den Fällen maßgeblich sein, in denen das DBA in seinem Aufbau dem OECD-MA entspricht und die Vertragsstaaten dies auch wollten.378 In diesem Fall kann auch (grundsätzlich) davon ausgegangen werden, dass die Vertragsstaaten den Begriffen des DBA die Bedeutung beilegen möchten, die sich aus dem OECD-MA und dem OECD-MK ergibt.379 Überwiegend wird dies damit begründet, dass den Ausdrücken insoweit eine „gewöhnliche Bedeutung“ nach Art. 31 Abs. 1 WÜRV zukommt.380 Zwingend ist dies jedoch nicht, und dies gilt insbesondere mit Blick auf eine Änderung des OECDMA oder OECD-MK: Würde damit eine bereits bestehende gewöhnliche Bedeutung kodifiziert oder eine neue zu begründen versucht?381 Man wird den OECD-MK und das OECD-MA aber auch nicht als „Übung“ i.S.d. Art. 31 Abs. 3 lit. b) WÜRV einordnen können, denn eine solche wird in erster Linie nicht von den an der Er375
Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 97; vgl. auch Vogel, IStR 2003, 523 (527): „Der OECD-Kommentar bindet deswegen nur die Steuerverwaltungen […], dagegen nicht die Steuerpflichtigen und Gerichte […].“ 376 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.75 mit Fn. 2; so auch Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 124b, der hieraus eine abgeschwächte Verpflichtung der Mitgliedsstaaten folgert, diesen Empfehlungen zu folgen; für die Auslegung von DBA mit oder unter Nicht-OECD-Staaten könne deshalb das OECD-MA bzw. der OECD-MK nur herangezogen werden, wenn die DBA-Bestimmung dem OECD-MA entspreche und sich aus dem Zusammenhang nichts anderes ergebe, ebd., Rn. 134. 377 Dazu M. Lang, SWI 1995, 412. 378 Dazu Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 124a; vgl. auch Prokisch, SWI 1994, 52 (59); Wassermeyer, in: Vogel (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen und nationales Recht, 19 (22). 379 Avery Jones, BIT 2002, 102 (103); M. Lang, IWB 2011, 281 (285); Lehner, in: Vogel/ Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 126; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.75; anderes kann freilich gelten, wenn ein abweichender Vorbehalt oder eine abweichende Bemerkung zum OECD-MK protokolliert wurde, Vogel, SWI 2000, 103 (108 f.). 380 So Henkel, in: G/K/G, 17. EL, Grundlagen Teil 1 Abschn. 4 Rn. 42; Reimer, IStR 2008, 551 (552); Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Einleitung Rn. 126; so wohl auch Prokisch, SWI 1994, 52 (58); als Auslegungsmittel i.S.d. Art. 31 Abs. 4 WÜRV einordnend hingegen Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.76. 381 Anschaulich Vogel, BIFD 2000, 612 (615): „[…] this reference can only rely on that version of the Commentaries which was current at the time the treaty was negotiated and concluded. An amendment to the Commentaries at a later time cannot reactively establish the ,ordinary meaning‘ of the treaty terms at the time they were drawn up.“
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stellung beteiligten Staaten, sondern von den Gerichten und Finanzbehörden begründet.382 Daher sollte richtigerweise immer dann, wenn bereits Zweifel an der gewöhnlichen Bedeutung einzelner Ausdrücke bestehen, nur zurückhaltender Gebrauch von einer Auslegung anhand des OECD-MK sowie OECD-MA gemacht werden, und sollten diese in solchen Fällen daher auch (bloß) als ergänzende Auslegungsmittel i.S.d. Art. 32 WÜRV einzuordnen sein.383 Letzteres hat dann auch zur Konsequenz, dass der OECD-MK sowie das OECD-MA in erster Linie die bereits gewonnene Auslegung nur bestätigen, bekräftigen oder Begriffe erläutern können.384 Wurde das jeweilige DBA in den Originalsprachen des OECD-MA – also auf Englisch oder Französisch – abgeschlossen, spielt das OECD-MA als Auslegungsmittel in der Regel nur eine geringe Rolle. Denn in diesen Fällen wurde die Mustervorlage ja gerade übernommen, wenn freilich auch mit bestimmten Abweichungen. Relevanz gewinnt das OECD-MA konsequenterweise vor allem dann, wenn das jeweilige DBA nicht in den „Mustersprachen“ abgeschlossen wurde. Dann kann für die Frage, welche Bedeutung ein bestimmter und eben auch unklarer Ausdruck hat, auf die Originalfassungen des OECD-MA zurückgegriffen werden.385 Bereits angedeutet wurde soeben die Frage, ob der OECD-MK „dynamisch“ berücksichtigt werden muss, ob also auch spätere Änderungen oder Ergänzungen auf zuvor abgeschlossene DBA Einfluss haben. Die dortigen Auslegungsempfehlungen verdeutlichen unter Umständen die gewöhnliche Bedeutung der Begriffe, im Zweifel jedoch dienen sie in erster Linie der Klarstellung. Kommt es nun also zu Änderungen dieser Empfehlungen, ist zu differenzieren: Stellen diese Änderungen lediglich klar, was zuvor bereits – wenn auch nicht oder anders im OECD-MK gefasst – Auffassung der Vertragsstaaten war, sind sie für die Auslegung irrelevant, denn sie waren bereits zuvor maßgeblich.386 Kommt es hingegen zu inhaltlichen Änderungen, und ist das DBA nicht erkennbar oder offensichtlich von der früheren Empfehlung im OECDMK abgewichen, so ist davon auszugehen, dass die Vertragsstaaten den Begriffen nur die Bedeutung beimessen wollten, die in der zum Abschluss des DBA gültigen Fassung des OECD-MK verdeutlicht wurde.387 Denn nur diese Fassung konnte die Wortwahl der Vertragsstaaten zu diesem Zeitpunkt beeinflussen.388 382
Gosch, ISR 2013, 87 (92); M. Lang, IWB 2011, 281 (284 f.). So i.E. auch Gosch, ISR 2013, 87 (91), sowie Vogel, BIFD 2000, 612 (616): „If the amendment is too recent for such seeping through, the Commenatries may still serve as a ,supplementary means of interpretation‘ […]“; a.A. hingegen in späteren Jahren ders., in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Einleitung Rn. 125, da der OECD-MK keine vorbereitende Arbeit i.S.d. Art. 32 WÜRV sei; generell ablehnend auch Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 126b. 384 So auch Gosch, ISR 2013, 87 (91) 385 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 124a. 386 Zutreffend Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 98; Vogel, BIFD 2000, 612 (612). 387 BFH, Urteil v. 25. 5. 2011, I R 95/10, BStBl. II 2014, 760; Brunsbach et al., IFSt-Schrift Nr. 480, 51 f.; Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 127; Schaumburg, Inter383
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cc) Berücksichtigung von Parallelabkommen Abschließend stellt sich schließlich die Frage, inwiefern Parallelabkommen für die Auslegung eines DBA herangezogen werden können. Konkret gemeint ist damit, dass man für Zwecke der Auslegung die von einem (oder beiden) der Vertragsstaaten abgeschlossenen DBA mit anderen Staaten heranzieht. Der Heranziehung von Parallelabkommen als Auslegungsmaterial stehen bereits im Ausgangspunkt Bedenken gegenüber. So ist zunächst zu beachten, dass jedes einzelne DBA auf separaten Verhandlungen zwischen den jeweiligen Vertragsstaaten beruht.389 Insofern mögen sich zwar bei einem Staat gewisse Formulierungen „eingeschliffen“, also standardisiert haben. Dies kann, wie Vogel390 zutreffend ausführt, auch eine „gewöhnliche Bedeutung“ i.S.d. Art. 31 Abs. 1 WÜRV begründen. Dies ändert jedoch nichts an der unter Umständen mangelnden Vergleichbarkeit der jeweiligen Verhandlungssituationen und -positionen. Auch unterliegen die jeweilige Abkommenspolitik und damit einhergehend auch die Bedeutung der Abkommensbegriffe einer steten Veränderung.391 Zu beachten ist schließlich, dass bereits eine Heranziehung des OECD-MK zum Zwecke der Auslegung392 dem Umstand Rechnung trägt, dass auch im multilateralen Verhältnis eine einheitliche Auslegung gewollt ist.393 Eine Auslegung unter Heranziehung von Parallelabkommen ist daher abzulehnen.394 d) Subsidiäre Auslegung nach dem Willen der Vertragsstaaten aa) Allgemeines Subsidiär zu beachten ist nach alledem der Wille der Vertragsstaaten, nämlich nur insoweit, als er objektiviert im Wortlaut der Bestimmungen Entsprechung findet.395 nationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.77; Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 98; ausführlich auch Waldhoff, StBJB 2005/06, 161 (173 ff.); a.A. Czakert, IStR 2012, 703 (705); Haase, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Einleitung II Rn. 71. 388 Kritisch zur dynamischen Verweisung im Protokoll zum DBA-Ungarn Brunsbach et al., IFSt-Schrift Nr. 480, 52 f. 389 Statt vieler nur Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 142. 390 Vogel, StBJB 1983/84, 373 (379). 391 So wiederum zutreffend Vogel, StBJB 1983/84, 373 (380). 392 Dazu oben unter § 5, A. V. 2. c) bb) (S. 87 f.). 393 Etwa Loukota, SWI 2000, 299 (306). 394 So auch Loukota, SWI 2000, 299 (305 f.); a.A. wohl Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 143, der eine solche Heranziehung „mit großer Vorsicht“ bejaht. 395 Dazu bereits oben unter § 5, A. V. 2. b) (S. 83 ff.); so auch Gosch, ISR 2013, 87 (88); Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 106a f.; a.A. Haase, in Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Einleitung II Rn. 70, nach dem „der Schwerpunkt der Auslegung auf der Auslegung nach dem Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des allg Grundsatzes von Treu und Glauben“ liege; unklar Leisner-Egensperger, IStR 2014, 10 (12), die einerseits der „subjektive[n] Aus-
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Dies folgt auch aus Art. 31 Abs. 4 WÜRV, wonach einem Ausdruck eine besondere Bedeutung [nur] beizulegen ist, wenn feststeht, dass die Vertragsparteien dies beabsichtigt haben. Dies entspricht schließlich dem Zweck des Art. 31 WÜRV, einen möglichst weitgehenden Konsens zwischen den Vertragsstaaten zu erzeugen.396 Auch in diesem Fall gilt jedoch, dass diese Auslegung vom Wortlaut des DBA gedeckt sein muss; er darf nicht widersprechen.397 bb) Für die Auslegung maßgebliche Abkommensziele Fraglich ist also, welche der Ziele, die die Vertragsstaaten beim Abschluss eines DBA verfolgen (können), auch für die Auslegung beachtlich sind.398 Die Vermeidung (juristischer) Doppelbesteuerung wird von den Vertragsstaaten regelmäßig beim Abschluss eines DBA verfolgt.399 Davon zu unterscheiden ist, ob und ggf. wie dieses Ziel darüber hinaus auch im Rahmen der Auslegung Bedeutung hat. Bereits weiter oben wurde gezeigt, dass subjektive Zielsetzungen bei der Auslegung nur flankierend, keinesfalls aber wortlautüberschreibend zum Tragen kommen. Folglich kann auch der Zweck der Vermeidung (juristischer) Doppelbesteuerung nicht als selbstständige Auslegungsmaxime dienen.400 Gleichwohl wird er mittelbar insoweit herangezogen, als die abkommensrechtliche Systematik – zumindest in ihrer Grundstruktur – auf ebendieses Ziel ausgerichtet ist.401 Im Ergebnis muss daher im Rahmen der gesamtkontextuellen Auslegung abkommensrechtlicher Begriffe die Vermeidung (juristischer) Doppelbesteuerung berücksichtigt werden. Das Ziel der sachgerechten Aufteilung des Steuersubstrats zwischen den Vertragsstaaten folgt direkt aus den Verteilungsnormen im Zusammenspiel mit den Methodenartikeln.402 Insofern kann dieses Ziel daher im Rahmen der Auslegung eines Begriffs unmittelbar herangezogen werden, sofern es dem Wortlaut nicht widerspricht.403 legung […] absoluten Vorrang auch im DBA-Recht“ einräumen möchte, unter objektiver Auslegung jedoch eine Auslegung „nach dem Willen des jeweiligen Gesetzgebers“ versteht. 396 Vgl. Gosch, ISR 2013, 86 (88). 397 Henkel, in: G/K/G, 17. EL, Grundlagen Teil 1 Abschn. 4 Rn. 35; nach Lehner, in: Vogel/ Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 107c, sei diese Auslegung dann ausgeschlossen, wenn sie „mit dem Abkommenswortlaut in keiner Weise mehr zu vereinbaren ist“. 398 Zu den einzelnen Zielen oben unter § 5, A. IV. (S. 76 ff.). 399 Dazu oben unter § 5, A. IV. 1. (S. 76 f.). 400 So auch Henkel, in: G/K/G, 17. EL, Grundlagen Teil 1 Abschn. 4 Rn. 33; Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. R 37; in diese Richtung auch M. Lang, IStR 2002, 609 (611), der das „Ziel der Vermeidung der Doppelbesteuerung […] als Auslegungsmaxime – wenn überhaupt – nur in seltenen Fällen“ heranziehen möchte. 401 Dazu oben unter § 5, A. III. 2. (S. 74 ff.); insoweit hingegen a.A. Henkel, in: G/K/G, 17. EL, Grundlagen Teil 1 Abschn. 4 Rn. 33. 402 Dazu oben unter § 5, A. IV. 2. (S. 77 f.). 403 Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 92.
A. Grundlegende Ausführungen zu DBA
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Das Abkommensziel der Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung kann – wie oben dargestellt404 – nur in Ausnahmefällen anerkannt werden. Selbst dann spielt es jedoch für die Auslegung nur eine geringe Rolle. Insofern ließe sich zwar argumentieren, dass auch die Präambel – in der freilich das Abkommensziel der Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung festgehalten sein muss – Teil des (auszulegenden) Zusammenhangs i.S.d. Art. 31 Abs. 1 WÜRV ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass zwar der (Haupt-)Vertragstext, nicht jedoch die Präambel subsumtionsfähig ist.405 Eine Qualifikation als Auslegungsziel könnte sich jedoch im Wege einer „Gesamtauslegung“ – wie sie ja nach Art. 31 Abs. 1 WÜRV gerade maßgeblich ist – ergeben, nämlich wenn in einem DBA Switch-over-Klauseln oder Subject-totax-Klauseln enthalten sind. Da es sich hierbei jedoch um bloß punktuelle Mechanismen handelt, lässt sich hieraus richtigerweise keine allgemeine Regel ableiten, die als Auslegungsmaxime dienen kann.406 Eine Auslegung nach dem Ziel der Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung ist deshalb nur im Anwendungsbereich ebendieser Klauseln möglich.407 Insoweit besteht auch kein Widerspruch zu dem oben gefundenen Ergebnis, dass das Ziel der Vermeidung von Doppelbesteuerung für Zwecke der Auslegung mittelbar herangezogen werden kann. Denn die Verteilungsnormen teilen einem Staat die zwischenstaatliche Besteuerungsbefugnis zu; ob dieser hiervon Gebrauch macht oder auf eine Besteuerung verzichtet, ist dafür aber – freilich vorbehaltlich der vorgenannten Switch-over- oder Subject-to-tax-Klauseln – ohne Bedeutung. e) Gebot der Entscheidungsharmonie Die beiden Ziele, namentlich die Vermeidung von Doppelbesteuerung und die sachgerechte Aufteilung des Steuersubstrats, lassen sich in der Praxis regelmäßig nur dadurch verwirklichen, dass beide Vertragsstaaten die abkommensrechtlichen Begriffe und Vorschriften einheitlich auslegen und anwenden.408 Vor diesem Hintergrund erscheint es einleuchtend und wird vielfach auch gefordert, dass die Ver404
Dazu oben unter § 5, A. IV. 3. (S. 78 ff.). Lüdicke, IStR-Beihefter 2013, 26 (28); auch Ditz/Schönfeld, DB 2013, 1437 (1437) gehen davon aus, dass es einer „Unterfütterung“ durch einzelne DBA-Vorschriften bedarf; Rust, in: Lüdicke (Hrsg.), Vermeidung der Doppelbesteuerung und ihre Grenzen, 37 (48), will jedoch für DBA, die die Präambel der DBA-VG übernehmen, das Auslegungsziel der Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung „im Zweifel“ gelten lassen. 406 Lüdicke, IStR-Beihefter 2013, 26 (27 mit Fn. 20); generell ablehnend Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 14; a.A. hingegen Wichmann, FR 2011, 1082 (1082); auch eher befürwortend Roderburg/Rode, ISR 2013, 149 (150 f.). 407 So wohl auch M. Lang, IStR 2002, 609 (612); ähnlich Lehner, IStR 2011, 733 (735 f.): „Soweit das Abkommen keine speziellen Vorkehrungen gegen Doppelnichtbesteuerung enthält, ist deren Vermeidung somit keine Zielsetzung, die bei der Auslegung und Anwendung des Abkommens als eigenständig verbindliche Vorgabe zu beachten ist.“ 408 So zur gleichmäßigen Verteilung der Besteuerungsbefugnisse Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Einleitung Rn. 114, sowie ders., StuW 1982, 111 (122). 405
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tragsstaaten diejenige Auslegung wählen, „die am ehesten Aussicht hat, in beiden Vertragsstaaten akzeptiert zu werden“ (sog. Gebot bzw. Grundsatz der Entscheidungsharmonie).409 Dies setzt insbesondere voraus, dass im Rahmen der Auslegung die im anderen Vertragsstaat ergangene Rechtsprechung beachtet wird.410 Ein eigener, über die beiden vorgenannten Ziele hinausgehender und damit im Rahmen der Abkommensauslegung besonders zu beachtender Stellenwert kommt der Entscheidungsharmonie – mangels Rechtsgrundlage411 – jedoch nicht zu.412 Sind danach – unter Heranziehung der oben dargestellten Auslegungsmittel – unterschiedliche Auslegungen möglich, ist derjenigen der Vorzug zu geben, die zu ebendieser Entscheidungsharmonie führt.413 Das Gebot der Entscheidungsharmonie kann jedoch nicht „zu einer Auslegung eines Gesetzes zu Lasten eines Steuerpflichtigen führen, die von der abweicht, wie sie sich nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen ergibt“.414 3. Auslegung nach dem innerstaatlichen Recht Die Auslegung von DBA hat nach alledem grundsätzlich unabhängig vom innerstaatlichen Recht zu erfolgen. Dieser Grundsatz wird jedoch in zweierlei Hinsicht durchbrochen: Zum einen enthält das OECD-MA – und hierauf aufbauend auch die seitens Deutschlands abgeschlossenen DBA – explizite Verweise auf das innerstaatliche Recht.415 Zum anderen existiert mit Art. 3 Abs. 2 OECD-MA auch eine allgemeine Auslegungsregel, die für bestimmte Fälle einen Rückgriff auf das innerstaatliche Begriffsverständnis anordnet. Bedeutung und Reichweite dieser Bestimmung sollen im Folgenden erläutert werden.
409
Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 115; Vogel, StuW 1982, 111 (122); vgl. auch Reimer, IStR 2008, 551 (551); Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 92; nach Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. R 45 stellt sich nur die Frage, „ob Entscheidungsharmonie als Gebot zu verstehen ist. […] [Dass] ihr als Gesichtspunkt unter anderen methodische Bedeutung zukommen kann, steht außer Frage […]“; der Begriff „Entscheidungsharmonie“ wird in der Praxis verschiedentlich besetzt, dazu ausführlich Hahn, IStR 2012, 941. 410 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 116; ders., FS Frotscher, 383 (388). 411 Gosch, ISR 2013, 87 (91); Henkel, in: G/K/G, 17. EL, Grundlagen Teil 1 Abschn. 4 Rn. 44; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 109. EL, Art. 3 Rn. 78. 412 Ähnlich Gosch, ISR 2013, 87 (91): „Die Entscheidungsharmonie flankiert nur, sie trägt nicht“; generell kritisch Wijnen, BIT 2013, 575 (577). 413 Henkel, in: G/K/G, 17. EL, Grundlagen Teil 1 Abschn. 4 Rn. 44. 414 BFH, Urteil v. 9. 10. 1985, I R 128/80, BStBl. II 1988, 810. 415 Dazu oben unter § 5, A. V. 1. (S. 81).
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a) Art. 3 Abs. 2 OECD-MA als auslegungsbedürftige Auslegungsregel Die allgemeine Auslegungsregel des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA lautet: „Bei der Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm im Anwendungszeitraum nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, für die das Abkommen gilt, wobei die Bedeutung nach dem in diesem Staat anzuwendenden Steuerrecht den Vorrang vor einer Bedeutung hat, die der Ausdruck nach anderem Recht dieses Staates hat.“
Vereinfacht ausgedrückt hat danach also jeder im DBA nicht definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach nationalem (Steuer-)Recht des Anwenderstaates zukommt, sofern der Zusammenhang nichts anderes erfordert. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA hat seinen Ursprung im angloamerikanischen Raum und wurde erstmals im DBA Großbritannien/USA vom 16. 4. 1945 (sinngemäß) verwandt, bevor er – nach steter Vertragspraxis insbesondere seitens Großbritanniens – in das OECD-MA übernommen wurde.416 Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass abkommensrechtliche Begriffe – welche weder im DBA definiert sind noch sich explizit kraft ausdrücklicher Verweisung nach innerstaatlichem Recht bestimmen – stillschweigend die Bedeutung erlangen, die sie nach dem Recht des anwendenden Vertragsstaats haben.417 Über Voraussetzungen und Reichweite des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA hat sich bislang noch keine einheitliche Auffassung herausgebildet, so dass es einer Klärung für die vorliegende Untersuchung bedarf. Da es sich bei Art. 3 Abs. 2 OECD-MA bzw. den nachgebildeten Regelungen um abkommensrechtliche Bestimmungen handelt, ist bzw. sind diese ihrerseits nach den oben dargelegten völkerrechtlichen Auslegungsgrundsätzen auszulegen.418 b) Voraussetzungen und Reichweite von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA Sofern die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA erfüllt sind, gebietet dieser, DBA-Begriffen die Bedeutung beizulegen, die diese nach nationalem Recht haben.419 Diese Rechtsfolge ist im Ergebnis unstreitig, auch wenn bestimmte Ein416
Rn. 2.
Avery Jones et al., BTR 1984, 14 (18 f.); Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3
417 Vgl. Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 109. EL, Art. 3 Rn. 4; so zum Verhältnis von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA zu Abkommensdefinitionen und Verweisen auf nationales Recht auch Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 101; wohl auch Vogel, StuW 1982, 286 (295). 418 Lang, IWB 2011, 281 (281); Mössner, FS Seidl-Hohenveldern, 403 (423); Gloria, RIW 1986, 970 (975). 419 Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 109. EL, Art. 3 Rn. 4 bezeichnet dies anschaulich als „Transport“ des Inhalts eines innerstaatlich verwendeten Begriffs in das Abkommensrecht.
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zelheiten freilich noch unterschiedlich beurteilt werden.420 Von besonderer Bedeutung ist aber im Ausgangspunkt, welches Verhältnis hieraus zwischen der abkommensautonomen Auslegung einerseits und der Auslegung nach nationalem Recht andererseits folgt. Seinem Wortlaut nach lassen sich Art. 3 Abs. 2 OECD-MA drei Voraussetzungen entnehmen: Bei der Anwendung des Abkommens [hierzu unter aa)], jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck [hierzu unter bb)] und wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert [hierzu unter cc)]. aa) Anwendung des Abkommens Die dem Art. 3 Abs. 2 OECD-MA entsprechende Auslegungsregel kann tatbestandlich nur greifen, wenn und soweit das jeweilige DBA „angewendet“ wird. Eine Anwendung des DBA liegt immer dann vor, wenn zum Zweck der Behandlung einer Steuerfrage das DBA herangezogen wird oder werden müsste.421 bb) Keine Abkommensdefinition Ein Rückgriff auf das nationale Begriffsverständnis kommt darüber hinaus nur in Betracht, wenn ein Ausdruck im DBA nicht definiert ist. Ausgeschlossen sind damit zum einen die Fälle, in denen ein DBA eine definitorische Aussage über einen Begriff trifft.422 Zum anderen aber auch die Fälle, in denen das DBA auf nationales Recht 420
Dazu sogleich unter § 5, A. V. 3. c) (S. 98 ff.). Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 109. EL, Art. 3 Rn. 72. Nach Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 111 sowie Vogel, StuW 1982, 286 (296) soll hierunter nur die Anwendung durch Finanzbehörden und Gerichte fassen. Warum dies indes der Fall sein soll, erscheint fraglich, da insbesondere der Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA keine solche einschränkende Auslegung gebietet. In der Literatur wird ferner vorgebracht, den Begriff einzuschränken auf diejenigen Fälle, in denen eine „Anwendung“ seitens des Quellenstaats vorliegt, vgl. Avery Jones et al., BTR 1984, 14 (50); Avery Jones, FS Beusch, 43 (47); ders., ET 1993, 252 (254 ff.). Dieses Verständnis begegnet jedoch zweierlei Bedenken: Zum einen muss auch der Ansässigkeitsstaat, wenn er den Methodenartikel anwendet, auf die Verteilungsnormen zurückgreifen und diese damit anwenden (vgl. M. Lang, IWB 2011, 281 (288) m.w.N.). Zum anderen begründet insbesondere Avery Jones seine Auslegung damit, dass der Ansässigkeitsstaat an die Auslegung des Quellenstaates gebunden sei. Unabhängig davon, ob man eine solche „Qualifikationsverkettung“ für zutreffend erachtet, würde hierdurch doch das Ergebnis der Auslegung vorgezogen und Art. 3 Abs. 2 OECD-MA damit seiner Funktion, einen Begriff zu bestimmen, weitgehend beraubt (so auch Gündisch, Personengesellschaften im DBA-Recht, 22 m.w.N.). 422 Debatin, AWD 1969, 477 (479, 480); Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 107; Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 68; dies ändert indes nichts daran, dass die einzelne Definition ihrerseits gegebenenfalls wieder auslegungsbedürftig ist, weshalb insoweit ein Rückgriff auf die Art. 3 Abs. 2 OECD-MA entsprechende Auslegungsnorm in Betracht kommt; gleiches gilt bei Teildefinitionen, Avery Jones et al., BTR 1984, 14 (21); Pohl, in: Schönfeld/ Ditz, Art. 3 Rn. 68, 69. 421
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verweist bzw. das nationale Begriffsverständnis zugrunde legt.423 Denn auch in diesem Fall setzt das DBA einen bestimmten Begriffsinhalt fest.424 cc) Abkommenszusammenhang erfordert nichts anderes Zuletzt darf der Zusammenhang [hierzu unter (1)] nichts anderes erfordern [hierzu unter (2)]. (1) Abkommenszusammenhang Der Begriff „Zusammenhang“ wird auch in Art. 31 Abs. 1 WÜRV verwandt. Nach der Definition des Abs. 2 fällt hierunter insbesondere der gesamte Vertragswortlaut. Diese Definition kann jedoch nicht ohne Weiteres auf Art. 3 Abs. 2 OECDMA übertragen werden, denn Art. 3 Abs. 2 OECD-MA als allgemeine Auslegungsregel ist ihrerseits auslegungsbedürftig nach Art. 31 Abs. 1 WÜRV.425 Soweit es demnach um die Klärung des Verhältnisses von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA zu den Art. 31 ff. WÜRV geht, kann für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der ersteren Bestimmung nicht allein auf die – normverschiedende – Definition in Art. 31 Abs. 2 WÜRV rekurriert werden. Vielmehr ist das DBA zunächst insgesamt nach den völkerrechtlichen Auslegungsregeln auszulegen. Speziell für Art. 3 Abs. 2 OECD-MA ist daher vorrangig auf den Wortlaut in seinem Zusammenhang und bei gewöhnlicher Bedeutung abzustellen, darüber hinaus ist – wenn auch sekundär – der Wille der Vertragsstaaten und die Historie maßgeblich. Vor diesem Hintergrund ist der Wortlaut der allgemeinen Auslegungsregel wenig ergiebig. Auch ein Vergleich mit den anderssprachigen Fassungen (engl. context, frz. contexte) lässt nur die Schlussfolgerung zu, dass eine Auslegung dieses Begriffs nicht zwingend dahingehend erfolgen muss, dass unter „Zusammenhang“ in erster Linie nur der Wortlaut des Abkommens zu verstehen ist, wie dies Art. 31 Abs. 2 WÜRV bestimmt.426 Zieht man jedoch Gegenstand und Zweck der DBA heran, insbesondere also die Vermeidung von Doppelbesteuerung und die sachgerechte Aufteilung des Besteuerungssubstrats, ergibt sich ein klareres Bild: Würde man „Zusammenhang“ generell eng auslegen, führte dies dazu, dass diese Ziele wegen des dann gebotenen Rückgriffs auf das nationale Begriffsverständnis unter Umständen nicht erreicht
423
So auch Avery Jones, FS Beusch, 43 (43); Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 71. So bereits Debatin, AWD 1969, 477 (481). 425 Dazu oben unter § 5, A. V. 3. a) (S. 93). 426 Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 121 folgert aus der Herkunft der allgemeinen Auslegungsregel aus dem britischen Recht, dass nach dem dortigen Verständnis unter „context“ auch die Entstehungs- und Vorgeschichte zu fassen ist, was dann auch für die Auslegung des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA beachtlich sein soll. 424
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würden.427 Wenn ein DBA darüber hinaus aufgrund der eigenen Begriffswelt in erster Linie nicht unter Rückgriff auf innerstaatliches Recht auszulegen ist, dann kann „Zusammenhang“ i.S.d. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA nur so verstanden werden, dass hierunter eben die Auslegung des jeweiligen DBA nach den Art. 31 ff. WÜRV fällt.428 Er ist danach folglich nicht gleichbedeutend mit dem Zusammenhang i.S.d. Art. 31 Abs. 1, 2 WÜRV.429 Dies kann im Übrigen auch aus der Tatsache geschlossen werden, dass die allgemeine Auslegungsregel in ihren Ursprüngen deutlich älter ist als Art. 31 WÜRV.430 Als Zwischenergebnis ist danach festzuhalten, dass Art. 3 Abs. 2 OECD-MA so gelesen werden muss, dass anstelle von „der Zusammenhang“ die Formulierung „eine Auslegung nach den völkerrechtlichen Auslegungsgrundsätzen“ tritt. (2) Nichts anderes erfordern Zuletzt darf dieser Zusammenhang nichts anderes „erfordern“ (engl. requires, frz. exige), so dass sich die Frage anschließt, welche Anforderungen man an diesen Begriff stellen möchte, ob etwa eine abkommensautonome Auslegung nur aus besonderen Gründen den Rückgriff auf nationales Recht sperrt,431 oder ob diesem Begriff keine besondere Bedeutung beizumessen ist432. Letzteres hätte zur Folge, dass vorrangig eine Auslegung des DBA aus sich selbst heraus maßgeblich ist. Würde man „erfordern“ so verstehen, dass nur „Gründe besonderen Gewichts“ eine Auslegung nach den Art. 31 ff. WÜRV gebieten,433 hätte dies zur Folge, dass die allgemeine Auslegungsregel des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA den zuvor festgelegten Grundsatz der abkommensautonomen Auslegung in das Gegenteil verkehrt. Dies lässt sich zwar grammatikalisch begründen, wonach eine Auslegung nach dem na427
So auch Gloria, RIW 1986, 970 (976); Klebau, RIW 1985, 125 (127); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.57; so generell zum Rückgriff auf innerstaatliches Recht nach Art. 3 Abs. 2 OECD-MA Knobbe-Keuk, RIW 1991, 306 (309). 428 So auch Avery Jones et al., BTR 1984, 90 (104); M. Lang, FS Debatin, 283 (288); Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 84; noch weitergehend Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 121a, der unter Zusammenhang darüber hinaus „auch die einschlägigen Vorschriften beider nationaler Rechtsordnungen“ fassen möchte; Gloria, RIW 1986, 970 (975, 978) erachtet den Begriff „Zusammenhang“ dagegen als funktionslos, liest den Vorbehalt in Art. 3 Abs. 2 OECD-MA im Sinne von „etwas anderes erforderlich“ und nimmt dies an, „wenn sich dem Abkommen überhaupt eine Rechtsaussage entnehmen läßt“. 429 So auch Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 121; Pohl, in: Schönfeld/ Ditz, Art. 3 Rn. 75. 430 Zutreffend Mössner, FS Seidl-Hohenveldern, 403 (425). 431 So z. B. Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 120a: „Gründe besonderen Gewichts“. 432 In diese Richtung z. B. M. Lang, FS Debatin, 283 (289): „[…] darf der Ausdruck ,erfordert‘ nicht überbetont werden.“ 433 So Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 120a; insoweit gl.A. Wassermeyer, StuW 1990, 404 (410); ähnlich auch Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. R 56 ff.: „gewichtige Gründe“.
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tionalen (Steuer-)Recht maßgeblich ist, „wenn der Zusammenhang“ nichts anderes erfordert, und eben nicht: „nur wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert“.434 Dies ist jedoch nicht zwingend, und berücksichtigt man die Entstehungsgeschichte des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA, dann bestärkt auch diese Zweifel an dieser Auslegung: Art. 3 Abs. 2 OECD-MA wurde – ohne jede Begründung oder Stellungnahme – in das OECD-MA übernommen.435 Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verfasser der Mustervorlage Art. 3 Abs. 2 OECD-MA diesen Stellenwert einräumen wollten.436 Für dieses Ergebnis spricht darüber hinaus auch ein Vergleich mit Art. 3 Abs. 1 OECD-MA. Dort werden bestimmte, im OECD-MA verwandte Begriffe definiert, deren Bedeutung maßgeblich sein soll, „wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert“. Zwar ist zuzugeben, dass in diesen Fällen die Vertragsstaaten Definitionen übereinstimmend vereinbart haben, während Art. 3 Abs. 2 OECD-MA gerade Fälle des „definitionsfreien Raums“ betrifft.437 Würde man im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 OECD-MA den Begriff „Zusammenhang“ jedoch nicht im Sinne einer umfassenden Auslegung nach Maßgabe der Art. 31 ff. WÜRV, sondern nur bezogen auf Wortlaut und Systematik verstehen, wäre die Formulierung „wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert“ weitgehend sinnlos, da in den Fällen, in denen die Definitionen in Art. 3 Abs. 1 OECD-MA abschließend sind bzw. sein sollen, der Wortlaut ja gerade festgelegt ist.438 Es bedarf in diesen Fällen daher insbesondere auch einer Heranziehung von subjektiven Vorstellungen der Vertragsstaaten, um zu einem anderen, (gleichwohl) vom Wortlaut gedeckten Auslegungsergebnis zu gelangen. Diese Auffassung wird zuletzt auch systematisch dadurch unterstrichen, dass das OECD-MA an einigen Stellen explizit auf das nationale Recht verweist. Gerade für diese bestimmten Fälle sollte danach das innerstaatliche Begriffsverständnis maßgeblich sein. Darüber hinaus jedoch, wenn also ein solcher Verweis fehlt, sollte es bei 434 Ähnlich Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 120: „Dies aber widerspäche dem eindeutigen Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 MA, wonach die innerstaatliche Begriffsbestimmung maßgeblich ist, wenn […], nicht ,wenn der Zusammenhang keine andere oder überhaupt keine Auslegung ergibt/ermöglicht‘.“ 435 M. Lang, FS Debatin, 283 (289). 436 So auch M. Lang, FS Debatin, 283 (289); ders., IWB 2011, 281 (289). – Das DBASchweden hat Art. 3 Abs. 2 OECD-MA insoweit auch dergestalt umgesetzt, dass das DBA „bei seiner Anwendung durch beide Vertragsstaaten übereinstimmend aus sich selbst heraus auszulegen [ist]. Ein in diesem Abkommen nicht definierter Ausdruck hat jedoch dann die Bedeutung, die ihm nach dem Recht des anwendenden Staates zukommt, wenn der Zusammenhang dies erfordert und die zuständigen Behörden sich nicht auf eine gemeinsame Auslegung geeinigt haben […]“; eine solche gemeinsame Einigung im Rahmen eines Verständigungsverfahrens setzt z. B. auch Art. 3 Abs. 2 DBA-USA voraus. 437 Vgl. Avery Jones et al., BTR 1984, 90 (93): „It is suggested that the words have the same meaning here but that their application is slightly different“; so auch Klebau, RIW 1985, 125 (132). 438 Vgl. auch M. Lang, FS Debatin, 283 (289 f.).
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dem Grundsatz – nämlich der abkommensautonomen Auslegung – bleiben.439 Der Gegenansicht, wonach aus Art. 3 Abs. 2 OECD-MA ein grundsätzlicher Vorrang der Bedeutung nach nationalem Recht bei Fehlen einer abkommenseigenen Definition folgt,440 kann deshalb nicht gefolgt werden. c) Zugrundelegung des nationalen Begriffsverständnisses Ist nach alledem die Auslegung nach den völkerrechtlichen Auslegungsmethoden nicht möglich bzw. führt sie zu keinem Ergebnis, ist über die jeweilige, Art. 3 Abs. 2 OECD-MA entsprechende DBA-Bestimmung auf das nationale Begriffsverständnis zurückzugreifen.441 Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Ansicht setzt ein solcher Rückgriff keine Identität von abkommensrechtlichem und innerstaatlichem Begriff voraus.442 Denn bereits ihrem Wesen nach sind abkommensrechtliche Begriffe unabhängig von solchen des nationalen Rechts, weshalb es häufig eine Frage des Zufalls ist, ob ein solcher Begriff seine identische Verwendung im nationalen Recht findet.443 Auch lässt sich aus dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA nicht folgern, dass eine solche Begriffsidentität erforderlich ist, denn dort heißt es nur, dass „jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung [hat], die ihm […] nach dem Recht dieses Staates […] zukommt“.444 Folglich genügt es, wenn sich die entsprechende Bedeutung durch Auslegung eines innerstaatlichen Begriffs ergibt.445 Darüber hinaus muss sich dieser nationale Begriff nicht allein aus dem jeweiligen innerstaatlichen Steuerrecht ergeben, sondern es kann auch auf „sonstiges“ innerstaatliches Recht zurückgegriffen werden.446 Der in Art. 3 Abs. 2 OECD-MA an439
So auch M. Lang, IWB 2011, 281 (289). So etwa Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. R 56 ff.; Wassermeyer, StuW 1990, 404 (410); Wolff, in: Wassermeyer, DBA-USA, 107. EL, Art. 3 Rn. 42. 441 Debatin, Beihefter zu DStR 23/1992, 1 (7); ders., DB 1985, Beilage Nr. 23, 1 (7); Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 84. 442 So aber Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Systematik Rn. 83; Wilke, in: G/K/G, OECD-MA, 9. EL, Art. 3 Rn. 88; BFH, Urteil v. 16. 12. 1998, I R 40/97, BStBl. II 1999, 207; wohl auch Mössner, FS Seidl-Hohenveldern, 403 (421). 443 Zutreffend Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 79. 444 Hervorhebung nur hier. 445 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 152c: „sachliche Übereinstimmung bzw. Entsprechung im Begriffskern, die den Wortlaut als Grenze der Auslegung nicht sprengt“; Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 79; in diese Richtung auch Wassermeyer, StuW 1990, 404 (410), der es als ausreichend erachtet, wenn das jeweilige DBA einen „Oberbegriff“ enthält, der „im nationalen Steuerrecht detailliert geregelt ist, ohne daß dort der Oberbegriff selbst erwähnt wird“; wohl restriktiver Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 111b, wonach neben identischen auch „gleichbedeutende Ausdrücke, Synonyme, etc. zu berücksichtigen“ sind. 446 Zweiteres wurde im Jahr 1995 in das OECD-MA eingefügt, Wilke, in: G/K/G, OECDMA, 9. EL, Art. 3 Rn. 89; Ziff. 13.1 zu Art. 3 OECD-MK. 440
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geordnete Vorrang der steuerrechtlichen Begrifflichkeit447 ist dabei richtigerweise so zu verstehen, dass der Begriff selbst bereits im innerstaatlichen Steuerrecht verwandt werden muss.448 Hierfür spricht gerade die Feststellung, dass die DBA dem nationalen Steuerrecht nur Schranken hinsichtlich solcher Steuern setzen, die auch vom Anwendungsbereich des Abkommens umfasst sind. Dass die Vertragsstaaten im Kontext der allgemeinen Auslegungsregel einem abkommensrechtlichen Begriff eine Bedeutung beilegen können, die im Rahmen des diesbezüglichen nationalen Besteuerungszugriffs nicht maßgeblich ist, erscheint jedoch wenig einleuchtend und nicht sachgerecht.449 Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass nach Art. 3 Abs. 2 OECD-MA dem jeweiligen Begriff die Bedeutung beizumessen ist, die ihm im Anwendungszeitraum des DBA zukommt.450 Aus dieser dynamischen Verweisung folgt, dass Änderungen im Begriffsverständnis des innerstaatlichen Rechts über die Anwendung der allgemeinen Auslegungsregel des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA auch abkommensrechtlich Bedeutung erlangen.451 Dies birgt freilich die Gefahr, dass die Vertragsstaaten mittelbar über Änderungen des innerstaatlichen Rechts ein ihnen günstiges Ergebnis der DBA-Anwendung erreichen können.452 In diesem Zusammenhang sollte auch die Aussage im OECD-MK, dass „kein Staat […] ein Abkommen in einer wesentlichen Frage dadurch aushöhlen können [soll], dass er den Inhalt von im Abkommen selbst verwendeten Ausdrücken in seinem nationalen Recht später ändert“,453 beachtet werden. Nach alledem ist der Verweis auf nationales Recht richtigerweise nicht uneingeschränkt dynamisch zu verstehen.454 Erfolgt daher nach Abschluss eines DBA eine wesentliche Änderung der Begriffsbedeutung oder hatten die Vertragsstaaten ein anderes Begriffsverständnis vor Augen, ist ein stati-
447 „[…] wobei die Bedeutung nach in diesem Staat anzuwendendem Steuerrecht den Vorrang vor einer Bedeutung hat, die der Ausdruck nach anderem Recht dieses Staates hat.“ 448 So auch Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 77; Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Art. 3 Rn. 103, 105; ders., StuW 1982, 286 (296); a.A. Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 111 f, sowie Wilke, in: G/K/G, OECD-MA, 9. EL, Art. 3 Rn. 88, wonach es genügen soll, dass der Begriff „überhaupt in einem Rechtsgebiet verwandt wird“; wie Wilke wohl auch Ziff. 13.1 zu Art. 3 OECD-MK. 449 Etwas anderes gilt freilich dann, wenn das jeweilige DBA dies bereits ausdrücklich vorsieht, so z. B. Art. 3 Abs. 2 DBA-Finnland: „Bei der Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem entsprechenden Recht dieses Staates zukommt.“ 450 Auch diese Ergänzung wurde im Jahr 1995 in das OECD-MA aufgenommen; dazu Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 124. 451 Haase, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Einleitung II Rn. 67. 452 Avery Jones et al., BTR 1984, 14 (40); Avery Jones, ET 1993, 252 (253); Klebau, RIW 1985, 125 (129); Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 186. 453 Ziff. 13 zu Art. 3 OECD-MK. 454 So auch M. Lang, FS Debatin, 283 (293).
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scher Verweis – auf den Zeitpunkt des DBA-Abschlusses – maßgeblich.455 Enthält ein DBA keinen entsprechenden dynamischen Verweis,456 ist richtigerweise aber auch hier im Grundsatz eine dynamische Betrachtung angebracht.457 Denn das nationale Steuerrecht bleibt durch die DBA unangetastet und dieses muss denklogisch auch in Zukunft fortgelten, wenn auch in anwendungsbezogener Hinsicht in modifizierter Gestalt.458 Zudem würde eine statische Betrachtung zu dem praktischen Problem führen, dass gerade bei älteren DBA ein Nachweis des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen innerstaatlichen Verständnisses nur unter Schwierigkeiten erbracht werden kann.459 Dessen Änderungen bleiben deshalb – wiederum unter dem Vorbehalt einer statischen Betrachtung – hiervon unberührt. 4. Zwischenergebnis: Festlegung des Auslegungsmaßstabes unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA Die Auslegung von DBA erfolgt nach alledem in erster Linie abkommensautonom nach den völkerrechtlichen Auslegungsregeln der Art. 31 ff. WÜRV. Dabei ist vorrangig auf den Wortlaut der jeweiligen Bestimmungen in ihrem Gesamtzusammenhang, mithin der Abkommenssystematik abzustellen. Die Abkommensziele sowie historische Erwägungen sind dabei gleichermaßen zu berücksichtigen, wobei der Wortlaut die Schranke für diese Auslegungsmethoden bildet. Ein Rückgriff auf das jeweilige nationale Steuerrecht ist nach Art. 3 Abs. 2 OECD-MA immer (und nur) dann geboten, wenn eine Auslegung des DBA aus sich selbst heraus zu keinem Ergebnis führt. Das nationale Begriffsverständnis ist dabei für Zwecke der DBA-Anwendung grundsätzlich insoweit maßgeblich, als im Anwendungszeitpunkt ein Begriff wenigstens in ähnlicher Weise im nationalen Steuerrecht für Steuern, die dem DBA unterfallen, geregelt ist. Im Hinblick auf die nachfolgende Untersuchung lässt sich zusammenfassend daher folgende Prüfungsreihenfolge460 festhalten: 455
Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 83. So z. B. Art. 3 Abs. 2 DBA-Ägypten; Art. 3 Abs. 2 DBA-Bolivien; Art. 3 Abs. 2 DBAItalien; Art. 3 Abs. 2 DBA-Norwegen. 457 Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 124 m.w.N.; Ziff. 11 zu Art. 3 OECD-MK; so wohl auch M. Lang, FS Debatin, 283 (291); so auch allgemein Lehner, in: Vogel/ Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 185 ff. 458 Prägnant formuliert etwa Klebau, RIW 1985, 125 (130): „DBA werden nicht geschlossen, um auf vergangene oder gegenwärtige Sachverhalte angewandt zu werden, sondern auf Sachverhalte, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch Zukunft sind.“ 459 Zutreffend Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 186. 460 Ähnlich auch BFH, Urteil v. 30. 5. 1990, I R 179/86, BStBl. II 1990, 906: „Als Richtschnur für die Auslegung eines DBA-Begriffs sind in nachfolgender Reihenfolge Wortlaut und Definition des Abkommens, Sinn- und Vorschriftenzusammenhang innerhalb des Abkommens und Begriffsbestimmungen des innerstaatlichen Rechts maßgebend“; vgl. auch Schaumburg, 456
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(1) Enthält das jeweilige DBA eigene Begriffsdefinitionen, sind diese maßgeblich. Gleiches gilt für ausdrückliche Verweise auf die Begriffsbedeutung nach nationalem Recht. (2) Ist dies nicht der Fall, bedarf es einer abkommensautonomen Auslegung nach Maßgabe der Art. 31 ff. WÜRV. Die abkommensrechtlichen Bestimmungen müssen daher ohne Rückgriff auf das nationale Begriffsverständnis einer Auslegung zugänglich gemacht werden. (3) Ausnahmsweise ist die Bedeutung des jeweiligen Begriffs nach nationalem (Steuer-)Recht des jeweiligen Anwenderstaates maßgeblich, wenn die abkommensautonome Auslegung versagt, weil sie kein Ergebnis trägt.
5. Konflikte bei der Auslegung und Anwendung von DBA Trotz dieser im Grundsatz gebotenen autonomen Auslegung von DBA kann es dazu kommen, dass die jeweiligen Vertragsstaaten unterschiedliche Verteilungsnormen anwenden, mit der Folge, dass es zu einer (juristischen oder wirtschaftlichen) Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung kommt. Die Ursachen hierfür können vielfältiger Natur sein.461 Ganz generell kann man diese Zustände als „Auslegungskonflikte“462 bezeichnen. a) Zum missverständlichen Begriff des Qualifikationskonflikts Daneben hat sich zur Kennzeichnung dieser Auslegungskonflikte in der Literatur – wenn auch mit unterschiedlicher Bedeutung – der Begriff „Qualifikationskonflikt“ als herrschend etabliert.463 Dieser hat seinen Ursprung im Internationalen Privatrecht464 und wird dort verwandt, um die Anwendung unterschiedlicher Kollisionsnormen zu bezeichnen, die durch die voneinander abweichende Zuordnung von Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.56, sowie Klebau, RIW 1985, 125 (126) m.w.N.; der Bedeutung nach nationalem Recht hingegen eine stärkere Bedeutung beimessend das Prüfschema bei Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Art. 3 Rn. 122, sowie bei Wilke, in: G/K/G, OECD-MA, 9. EL, Art. 3 Rn. 95. 461 Etwa weil wenigstens einer der Vertragsstaaten auf sein innerstaatliches Recht zurückgreift, unabhängig davon, ob dies im Einzelfall geboten ist, oder weil die Vertragsstaaten ein unterschiedliches Verständnis des zugrundeliegenden Sachverhalts oder der zu subsumierenden Vorschrift haben. 462 So z. B. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.79. 463 Einleitend zum Begriff und den zugrunde liegenden unterschiedlichen Auffassungen Wassermeyer, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 4.3 ff., sowie ausführlich Gündisch, Personengesellschaften im DBA-Recht, 45 ff. 464 Debatin, DB 1985, Beilage Nr. 23, 1 (7); Haase, IWB 2013, 162 (162); Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 96b f.; Mössner, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl., Rn. 1.184.
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Sachnormen zu einem Systembegriff durch die Rechtsordnungen der beteiligten Staaten entstehen.465 Allein dies zeigt jedoch, dass die Verwendung des Begriffs des Qualifikationskonflikts im Internationalen Steuerrecht unter Beachtung seiner ursprünglichen Bedeutung wenigstens missverständlich ist. Denn die DBA enthalten keine Kollisionsnormen, die die Anwendung des Rechts eines der Vertragsstaaten anordnen.466 In diese Richtung gehen allenfalls diejenigen Verteilungsnormen, die das innerstaatliche Begriffsverständnis eines der Vertragsstaaten für maßgeblich erachten. Doch auch in diesem Fall wendet jeder Vertragsstaat sein innerstaatliches Steuerrecht für die Frage des Besteuerungszugriffs an. Diese bereits im Ausgangspunkt konträre Zustandsbeschreibung spiegelt sich denn auch in den teils erheblich divergierenden Bedeutungen wider, die dem Begriff des Qualifikationskonflikts im Internationalen Steuerrecht beigemessen werden.467 Deshalb ist es im Ergebnis wenig sinnhaft, diesen Begriff im Internationalen Steuerrecht zu verwenden.468 Dies nicht nur deshalb, weil andernfalls die Ord465
Instruktiv dazu nur Mössner, FS Seidl-Hohenveldern, 403 (419). Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 96c. 467 Um nur einen Ausschnitt hieraus zu nennen: Piltz, in: Fischer (Hrsg.), Besteuerung internationaler Konzerne, 21 (22), möchte den Begriff Qualifikationskonflikt bereits dann verwenden, „wenn zwei Staaten ein und denselben Sachverhalt steuerlich unterschiedlich behandeln“; Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Einleitung Rn. 152 versteht hierunter nur diejenigen Konflikte, „die sich aus Unterschieden des innerstaatlichen Rechts ergeben“ und differenziert weiter zwischen Qualifikationskonflikten im engeren und weiteren Sinne; ähnlich auch Ziff. 32.3 zu Art. 23B OECD-MK sowie Widmann, DStJG 8 (1985), 237 (238); Gosch, in: Schaumburg/Piltz (Hrsg.), Veräußerungsgewinne im Internationalen Steuerrecht, 103 (104) versteht hierunter diejenigen Fälle, in denen „die jeweiligen Abkommensstaaten diese Auslegung in unterschiedlicher Weise ausüben, mit anderen Worten, wenn sie miteinander kollidieren“; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 103. EL, Art. 1 Rn. 48 bezeichnet als Qualifikationskonflikte nur die Fälle, in denen das DBA auf das innerstaatliche Steuerrecht beider Staaten verweist und dieses divergiert; Debatin, Beihefter zu DStR 23/1992, 1 (7 f.), sowie Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.80 ff. wollen hierunter nur Auslegungskonflikte ohne Abkommensverstoß verstehen; die Finanzverwaltung schließlich versteht unter einem Qualifikationskonflikt die „nicht übereinstimmende[…] Anwendung der Vorschriften eines DBA durch die Vertragsstaaten“ und differenziert weiter zwischen solchen aufgrund unterschiedlicher Sachverhaltsbeurteilung, unterschiedlicher Auslegung von DBABestimmungen und Auslegung nach nationalem Recht entsprechend Art. 3 Abs. 2 OECD-MA, vgl. BMF, Schreiben v. 26. 9. 2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 4.1.3.1. 468 Ebenfalls kritisch Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 96c; Mössner, FS Seidl-Hohenveldern, 403 (420) erscheint „seine Verwendung […] wenig zweckmäßig“; Weggenmann, Personengesellschaften im Lichte der Doppelbesteuerungsabkommen, 65 verwendet aus diesem Grund in seiner Arbeit stattdessen den Begriff „Einordnungs- bzw. Zuordnungskonflikt“; a.A. aber Debatin, AWD 1969, 477 (478 f.), wonach das Internationale Steuerrecht ebenfalls als Internationales Kollisionsrecht wirke, „indem hier wie dort Regeln für die Anwendung des nationalen Rechts gesetzt werden“, weshalb auch die Verwendung des Begriffs „Rechtsqualifikation“ sachgerecht sei; auch der BFH verwendet diesen Begriff nur sehr selten und meist im Zusammenhang mit den innerstaatlichen Switch-over-Klauseln, vgl. etwa BFH, Urteil v. 24. 8. 2011, I R 46/10, BStBl. II 2014, 764; im Übrigen spricht er zumeist 466
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nungsaufgabe, die Begriffen zukommt,469 verfehlt wird, sondern auch, weil hierdurch Missverständnisse hinsichtlich der abkommensrechtlichen Methodik und dem Verhältnis von DBA zum innerstaatlichen Recht begründet oder aufrecht erhalten werden. Der einleitend erwähnte Begriff „Auslegungskonflikt“ bezeichnet die eingangs geschilderte Problematik am treffendsten. Im Internationalen Steuerrecht geht es letztlich (nur) darum, einen bestimmten Sachverhalt unter die DBA-Bestimmungen zu subsumieren.470 Eine divergierende Auslegung nun Qualifikationskonflikt zu nennen, verdunkelt nur die eigentliche Problematik.471 Hieran zeigt sich im Übrigen auch die Schwäche des Begriffs „Subsumtionskonflikt“, der in der Literatur472 mitunter vom Qualifikationskonflikt unterschieden wird und den Fall bezeichnen soll, dass die Auslegung durch den einen Vertragsstaat zwingend falsch sei. Dies schließt es freilich nicht aus, nach den jeweiligen Ursachen zu differenzieren.473 Entscheidend ist jedoch, dass dann auch hinreichend deutlich gemacht wird, was Grund für die unterschiedliche Anwendung von Verteilungsnormen ist: Die Zugrundelegung unterschiedlicher Sachverhalte, ein unterschiedliches Verständnis von DBA-Begriffen bei abkommensautonomer Auslegung oder weil wenigstens einer der Vertragsstaaten auf sein innerstaatliches Recht zurückgreift. b) Beseitigung von Auslegungskonflikten und deren Folgen Auslegungskonflikte lassen sich im Ursprung nur vermeiden, wenn beide Vertragsstaaten die Abkommensbestimmung einheitlich auslegen. Hierfür bietet sich in Zweifelsfällen insbesondere das Konsultationsverfahren nach Art. 25 Abs. 3 OECDMA an.474 Die Folgen eines Auslegungskonfliktes, namentlich eine Doppelbesteuerung (sog. positiver Auslegungskonflikt) oder eine doppelte Nichtbesteuerung (sog. negativer Auslegungskonflikt), können auf verschiedene Weise vermieden werden:
von „Einordnung“ oder „Zuordnung“, statt vieler nur BFH, Urteil v. 25. 5. 2011, I R 95/10, BFH/N 2011, 1602. 469 Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Einleitung Rn. 152. 470 So auch Knobbe-Keuk, RIW 1991, 306 (306); Debatin, AWD 1969, 477 (479); vgl. auch Gosch, in: Schaumburg/Piltz (Hrsg.), Veräußerungsgewinne im Internationalen Steuerrecht, 103 (104). 471 Vgl. Mössner, FS Seidl-Hohenveldern, 403 (420): „Der Begriff der Qualifikation verdunkelt nur die Fragestellung“. 472 So z. B. bei Debatin, Beihefter zu DStR 23/1992, 1 (7); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.80; anders wiederum bei Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECDMA, 103. EL, Art. 1 Rn. 48, der unter Subsumtionskonflikt nur eine abweichende Sachverhaltssubsumtion verstehen will. 473 So z. B. BMF, Schreiben v. 26. 9. 2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 4.1.3.1. 474 Statt vieler Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.81.
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Neben einem Verständigungsverfahren nach Art. 25 Abs. 1, 2 OECD-MA475 sind insbesondere die abkommensrechtlichen476 sowie innerstaatlichen477 Switch-overKlauseln zu nennen, die einen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode vorsehen. c) Exkurs zu Zurechnungskonflikten Hingewiesen werden soll an dieser Stelle zuletzt noch auf den sog. Zurechnungskonflikt. Dabei geht es im Kern um die Frage, welcher Person die betreffenden Einkünfte oder das Vermögen zuzurechnen sind.478 Sein Hauptanwendungsfall liegt bei der steuerrechtlichen Einordnung einer Gesellschaft als transparent oder intransparent.479 Beurteilen die Vertragsstaaten dies unterschiedlich, ist regelmäßig eine (wirtschaftliche) Doppelbesteuerung oder doppelte Nichtbesteuerung der Einkünfte die Folge.480 Zur Lösung dieses Zurechnungskonfliktes werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert481: Neben einer sog. Qualifikationsverkettung, d. h. der Bindung des Ansässigkeitsstaats der Gesellschafter an die steuerliche Einordnung durch den Quellenstaat,482 insbesondere auch die „Hinnahme“ dieses Konfliktes und die Vermeidung der Doppelbesteuerung durch ein „Durchschlagen“ der Abkommensberechtigung auf die Gesellschafter483. Eine umfassende Diskussion mit verbundenem Lösungsvorschlag kann für dieses Problem hier nicht erfolgen. Insoweit wird auf entsprechende Ausführungen verwiesen.484 Wie bereits einleitend 475 Dazu sowie zu den Konsultationsverfahren zur „Prävention von Steuerdisputen“ Becker, DStJG 36 (2013), 167. 476 Für negative Auslegungskonflikte z. B. Art. 28 DBA-Österreich; für positive Auslegungskonflikte z. B. Art. 23 Abs. 4 DBA-USA; instruktiv zu Switch-over-Klauseln Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn 368 ff.; Petereit, IStR 2003, 577. 477 So z. B. § 50d Abs. 9 EStG; kritisch dazu Vogel, IStR 2007, 225; eine unilaterale Switchover-Klausel ist subsidiär zu einer abkommensrechtlich vereinbarten, Klein/Hagena, in: H/H/ R, EStG, 259. EL, § 50d Rn. 121. 478 Statt vieler Wassermeyer, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 4.5. 479 Zu den einzelnen Ursachen etwa Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 181a. 480 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 181. 481 Ausführliche Darstellung der Problematik bei Prokisch, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 1 Rn. 25 ff., sowie Schnittker, in: Baumhoff/Schönfeld (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen – Nationale und internationale Entwicklungen, 43 (64 ff.). 482 So z. B. Knobbe-Keuk, RIW 1991, 306 (314); kitisch dazu Richter, FR 2010, 544 (545); ablehnend BFH, Urteil v. 20. 8. 2008, I R 39/07, BStBl. II 2009, 234; BFH, Urteil v. 25. 5. 2011, I R 95/10, BStBl. II 2014, 760; a.A. auch BMF, Schreiben v. 26. 9. 2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 4.1.4. 483 So z. B. Lüdicke, StBJB 1997/98, 449 (454 f., 458). 484 Etwa Kofler et al., IStR 2014, 349; M. Lang, IStR 2000, 129; ders., IStR 2010, 114; ders., IStR 2011, 1; Lüdicke, IStR 2011, 91; Müller/Wangler, IStR 2003, 145; Prinz, FR 2012, 381; Wassermeyer, IStR 2011, 85; ausführlich zur Problematik auch Gündisch, Personengesellschaften im DBA-Recht, 72 ff., 109 ff. – Im Rahmen des OECD/G20-Projekts „Gewinnver-
B. Problemdarstellung und Zusammenfassung des bisherigen Meinungsstands
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angemerkt, wird deshalb für die nachfolgende Untersuchung davon ausgegangen, dass die gewerblich geprägte (inländische oder ausländische) Personengesellschaft aus Sicht beider Vertragsstaaten für steuerrechtliche Zwecke transparent behandelt wird.
B. Problemdarstellung und Zusammenfassung des bisherigen Meinungsstands I. Problemdarstellung Kennzeichen gewerblich geprägter Personengesellschaften ist insbesondere ihre vermögensverwaltende Tätigkeit. Deren Einkünfte lassen sich typologisch daher als solche aus der Überlassung von Vermögenswerten einordnen. In den Grenzen der Vermögensverwaltung sind dabei neben laufenden Einkünften auch Veräußerungsgewinne Gegenstand der Einkünfteerzielung. Erst aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG werden diese für Zwecke der deutschen Besteuerung umfassend in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert. Diese begriffliche und systematische Zuordnung ist dabei freilich für DBAZwecke nicht zwingend. Dies folgt bereits daraus, dass DBA und innerstaatliches Recht grundsätzlich nicht aufeinander abgestimmt sind.485 DBA sollen nur für einen bestimmten, durch die Vertragsstaaten festgelegten Anwendungsbereich das nationale Steuerrecht rechtsfolgenseitig ergänzen, um eine interstaatliche Aufteilung der Besteuerungsansprüche zu ermöglichen. Aus dieser unmittelbaren Funktionsbestimmung folgt jedoch nicht zwingend, dass nationales Recht und Abkommensrecht dieselben Begrifflichkeiten und dieselbe Systematik teilen. Vor diesem Hintergrund muss für die Frage, welche Einkünfte die Gesellschafter einer gewerblich geprägten Personengesellschaft im Anwendungsbereich von DBA erzielen, entsprechend der oben dargelegten Abkommenssystematik die jeweils anwendbare Verteilungsnorm identifiziert werden. Am Beispiel des OECD-MA kommen für die Einordnung laufender Einkünfte solche aus unbeweglichem Vermögen (Art. 6), Unternehmensgewinne (Art. 7), Dividenden (Art. 10), Zinsen (Art. 11), Lizenzgebühren (Art. 12) sowie zuletzt sonstige Einkünfte (Art. 21) in Betracht. Die Zuteilung der Besteuerungsbefugnis hinsichtlich Veräußerungsgewinne richtet sich allein nach Art. 13 OECD-MA, welcher umfassend für die abkürzung und Gewinnverlagerung“ (Base Erosion and Profit Shifting – „BEPS“) sieht der finale Bericht aus dem Jahr 2015 zu Aktionspunkt 2 „Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen“ (Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements; abrufbar unter http:// www.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralising-the-effects-of-hybrid-mismatch-arrangements-ac tion-2 - 2015-final-report_9789264241138-en, zuletzt abgerufen am 5. 4. 2016, 139 ff.) eine Ergänzung von Art. 1 OECD-MA vor, um entsprechende Zurechnungskonflikte zu vermeiden; zur Entwurfsfassung bereits Loukota, SWI 2015, 102. 485 Dazu oben unter § 5, A. V. 1. (S. 81).
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kommensrechtlichen Einkunftsarten Regelungen (Abs. 1 bis 5) enthält. Das Verhältnis dieser Verteilungsnormen zueinander wird noch an anderer Stelle dargestellt.486 Um zu bestimmen, welche dieser Verteilungsnormen auf Einkünfte gewerblicher geprägter Personengesellschaften Anwendung findet, bieten sich im Wesentlichen zwei Wege an: Zum einen kann die innerstaatliche Fiktionswirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auch abkommensrechtlich für maßgeblich erachtet werden; zum anderen kann die DBA-rechtliche Einkünfteeinordnung auch und allein unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände, die zur Einkünfteerzielung führen, vorgenommen worden. Die entscheidende Frage geht also dahin, welche Bedeutung dieser generellen Gegensätzlichkeit von faktischer Sachverhaltsverwirklichung und rechtsfolgenseitiger Fiktion im Anwendungsbereich von DBA zukommt. Zieht man hierfür die vorgenannten Verteilungsnormen in die Betrachtung mit ein, so verdichtet sich diese Frage im Kern darauf, ob gewerblich geprägte Personengesellschaften (auch) Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA erzielen. Dies kann sich aus zwei Gründen ergeben: Entweder, weil der Unternehmensbegriff auch vermögensverwaltende Tätigkeiten erfasst, oder, weil über Art. 3 Abs. 2 OECD-MA bzw. die entsprechende DBA-Bestimmung auf das innerstaatliche Begriffsverständnis („Gewerbebetrieb“) und damit zugleich auf § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Bezug genommen wird. Erkennt man, dass das Rechtsinstitut der gewerblichen Prägung – von Ausnahmen abgesehen487 – ein ausschließlich deutsches Phänomen ist und damit der betreffende ausländische Vertragsstaat die damit verbundene fiktive Einkünfteumqualifikation regelmäßig innerstaatlich nicht vornimmt, hätte das „Durchschlagen“ der Gewerblichkeitsfiktion auf Abkommensebene regelmäßig einen Auslegungskonflikt zur Folge, da die beteiligten Vertragsstaaten andere Verteilungsnormen für anwendbar halten würden. Am Beispiel von ausländischen Zinserträgen einer inländischen gewerblich geprägten GmbH & Co. KG mit inländischen Gesellschaftern hätte dies mithin zur Folge, dass – existiert im Ausland keine Betriebsstätte, der diese Zinsen zugeordnet werden können – aus deutscher Sicht allein Deutschland die Einkünfte nach dem anwendbaren DBA besteuern dürfte (vgl. Art. 7 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 OECDMA). Umgekehrt wird der ausländische Quellenstaat auf die Zinserträge Art. 11 OECD-MA anwenden, mit der Folge, dass dieser unter Umständen eine Quellensteuer einbehalten darf (vgl. Art. 11 Abs. 2 OECD-MA). Noch viel deutlicher tritt dieser Konflikt im Inbound-Sachverhalt hervor, wenn etwa ein Steuerausländer über eine gewerblich geprägte Personengesellschaft mit inländischer Betriebsstätte dieser zuzurechnende Zinsen oder Dividenden erzielt. Unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG müsste Deutschland als Betriebsstättenstaat insoweit die Besteuerungsbefugnis haben (Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECD-MA). Der Ansässigkeitsstaat wird diese Einkünfte jedoch auch (der Höhe nach unbeschränkt) besteuern wollen 486 487
Dazu unter § 5, C. IV. 2. (S. 150 ff.). Zur luxemburgischen Geprägeregelung unter § 5, C. III. 1. d) aa) (S. 144 ff.).
B. Problemdarstellung und Zusammenfassung des bisherigen Meinungsstands
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(Art. 10 Abs. 1 bzw. 11 Abs. 1 OECD-MA). Es käme mithin zu einer Doppelbesteuerung der Einkünfte. Die Maßgeblichkeit der gewerblichen Prägung im Anwendungsbereich von DBA hat damit entscheidende praktische Bedeutung, da bei Auslegungskonflikten der vorgezeichneten Art Einkünfte unter Umständen im Ergebnis höher besteuert würden als bei übereinstimmender Abkommensanwendung durch die Vertragsstaaten.488
II. Zusammenfassung des bisherigen Meinungsstands Das Meinungsspektrum zu dieser Problematik ist vielfältig und reicht bereits viele Jahre zurück. Im Kern geht es um die Frage, ob Art. 7 OECD-MA abkommensautonom oder unter Rückgriff auf das nationale Begriffsverständnis auszulegen sind. In einem ersten Schritt lassen sich die hierzu vertretenen Auffassungen unterteilen in solche, die eine abkommensautonome Auslegung vornehmen [hierzu unter 1.], und solche, die eine Auslegung nach nationalem (Steuer-)Recht bevorzugen [hierzu unter 2.]. Innerhalb der zweiten Gruppe kann wiederum danach differenziert werden, ob diese Auslegung uneingeschränkt an das nationale Recht anknüpft [hierzu unter 2.a)], oder ob ihr bestimmte inhaltliche Grenzen zu setzen sind [hierzu unter 2.b)]. 1. Abkommensautonome Auslegung Die überwiegende Auffassung in der Literatur sowie die Rechtsprechung legen den Begriff des „Unternehmens“ abkommensautonom, d. h. ohne Rückgriff auf das nationale Begriffsverständnis aus. Hieraus wird teilweise explizit gefolgert, dass gewerblich geprägte Personengesellschaften keine Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA erzielen. Hinsichtlich der jeweiligen Begründungsansätze bestehen jedoch Unterschiede. M. Lang489 geht davon aus, dass aufgrund der Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA für „jene DBA, die auf Grundlage der 2000 veröffentlichten Fassung des OECD-MA abgeschlossen wurden“, überhaupt kein Anhaltspunkt mehr bestehe, der eine Anwendung von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA und damit einen Rückgriff auf das innerstaatliche Recht rechtfertigen würde. Letzteres würde voraussetzen, dass der Ausdruck im jeweiligen DBA nicht definiert ist, was aber durch die Formulierung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA, wonach sich der Ausdruck „Unternehmen“ „auf die Ausübung einer Geschäftstätigkeit [bezieht]“, geschehen sei. Aber auch für diejenigen DBA, die nach Maßgabe älterer OECD-MA abge488 Dies hängt freilich auch davon ab, ob der Ansässigkeitsstaat die Freistellungs- oder Anrechnungsmethode anwendet; zu den Methodenartikeln unter § 5, A. III. 2. (S. 74 f.). 489 M. Lang, IStR 2007, 606 (609).
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schlossen wurden, fehle es an einer inhaltlichen Entsprechung der Begriffe „Unternehmen“ (Art. 7 Abs 1 OECD-MA) und „Gewerbebetrieb“ (§ 15 EStG). Dieses Verständnis teilt auch Vogel490, der zum einen aufgrund der Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA für entsprechend nachgebildete DBA eine Anwendung von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA hinsichtlich des Begriffs „Unternehmen“ verneint, zum anderen Gleiches aber auch für die Auslegung des Begriffs „Geschäftstätigkeit“ annimmt, da dieser keine begriffliche Entsprechung im deutschen Steuerrecht finde.491 Generell fordert Vogel492 die Herausbildung „einer den nationalen Sprachgebrauch übergreifenden ,internationalen Steuersprache‘“, da diese „am ehesten dem Charakter des Abkommens als einer eigenständigen, beide Staaten übergreifenden Regelung“ entspreche.493 Auch Hemmelrath494 hält eine abkommensautonome Auslegung des Unternehmensbegriffs „geboten, sofern nicht ausnahmsweise das Abkommen selbst eine ausdrückliche Definition enthält oder sich auf feststehende Begriffe des innerstaatlichen (Steuer-)Rechts […] der Vertragsstaaten bezieht.“ Der Abkommenszusammenhang erfordere hier unter Umständen eine vom nationalen Recht abweichende Auslegung. Es bestehe generell ein gemeineuropäischer Begriff des Unternehmens, in dessen Zentrum herkömmlicherweise „der Handel einschließlich des Geldwesens sowie Handwerk und Industrie [sowie] […] die Dienstleistungsgewerbe“ stünden.495 Über die Grenzen Europas hinaus sei dieser gemeineuropäische Begriff seit den Zeiten des Völkerbundes auch in die DBA außereuropäischer Staaten übernommen worden.496 Dieser Typusbegriff sei jedoch an seinen Rändern unscharf und bedürfe der Ausgestaltung und Konkretisierung. Der Abkommenszusammenhang ergebe ein autonomes System der Erwerbstätigkeiten, wonach drei Grundformen der Erwerbstätigkeit bestünden: Zwei Fälle selbstständiger Tätigkeit (Art. 6 OECD-MA, Art. 7 OECD-MA) sowie die unselbstständige Tätigkeit (Art. 15 OECD-MA, Art. 18 OECD-MA).497 Sonstige, für Tätigkeiten vorgesehene Verteilungsnormen seien Ausprägungen dieser Grundtypen und speziell anzuwenden. Ein Unternehmen läge nach alledem im Grundsatz vor bei einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, die nicht Nutzung unbeweglichen Vermögens i.S.d. Art. 6 Abs. 3 490
Vogel, FS Raupach, 627 (633 ff.); ders., in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Art. 3 Rn. 40 f. A.A. aber die Nachfolgekommentierung von Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 41, der den Begriff „Geschäftstätigkeit“ als Tätigkeit i.S.d. §§ 15, 18 EStG versteht. 492 Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Einleitung Rn. 163. 493 Zweifelnd aber Wijnen, BIT 2013, 573 (574 f.) mit Blick auf die allgemeine Akzeptanz einer solchen, durch Gerichte entwickelten internationalen Steuersprache, sofern dieses Vorhaben isoliert verfolgt wird; aus diesem Grund hält er eine internationale Organisation – beispielsweise die International Association of Tax Judges – für unerlässlich. 494 Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 29. 495 Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 30. 496 Vgl. etwa Peña/v. Staden, Intertax 2000, 372 (379 f.); a.A. wohl Wassermeyer, StuW 1990, 404 (406). 497 Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 32. 491
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(sowie nicht selbstständige Arbeit i.S.d. Art. 14 OECD-MA a.F.) sei.498 Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft erziele im Grundsatz daher keine Einkünfte i.S.d. Art. 7 OECD-MA, da die Vermögensverwaltung dem Typusbegriff Unternehmen nicht zugeordnet werden könne.499 Etwas anderes solle nur dann gelten, wenn das jeweilige DBA selbst auf die Geprägeregelung verweisen würde (Art. 3 Abs. 2 OECD-MA) oder „sich aus den Gesamtumständen ein entsprechender Bezug zum innerstaatlichen Recht ableiten ließe (etwa bei Regeln zur gewerblichen Prägung im innerstaatlichen Recht beider Vertragsstaaten)“.500 Anders als M. Lang und Vogel bezieht sich Hemmelrath danach nicht auf die Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA, sondern stellt vielmehr auf den Abkommenszusammenhang ab. Dieser gebiete das gefundene Ergebnis jedoch nur grundsätzlich; ausnahmsweise könne die Geprägeregelung auf das DBA „durchschlagen“. In die gleiche Richtung wie Hemmelrath argumentiert auch Knobbe-Keuk501, wonach – freilich noch vor Einfügen des Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA im Jahr 2000 – mangels Definition des Unternehmensbegriffs in Art. 7 OECD-MA sowie den jeweiligen DBA dieser sich unter Berücksichtigung des Abkommenszusammenhangs „nach dem gemeinsamen Grundverständnis der Vertragsstaaten“ bestimme. Wie Hemmelrath geht auch Knobbe-Keuk davon aus, dass die jeweiligen nationalen Formulierungen einen gemeineuropäischen Begriff formulieren, wonach es sich um „eine selbständige, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit [handelt], die sich gegen die landwirtschaftliche Urproduktion und gegen die ,freien‘ Berufe abgrenzt.“502 Für Einkünfte aus einer gewerblich geprägten Personengesellschaft komme danach nicht Art. 7 OECD-MA, sondern die für die jeweilige Tätigkeit einschlägige Abkommensvorschrift zur Anwendung.503 Kroppen504 stellt auf die abkommensrechtliche Systematik ab und will die Frage, ob eine „gewerbliche Tätigkeit“ (Art. 7 OECD-MA a.F.) vorliegt, nur prüfen, wenn die Annahme einer Nutzung unbeweglichen Vermögens i.S.d. Art. 6 OECD-MA sowie Art. 14 OECD-MA a.F. (selbstständige Tätigkeit) ausscheidet. Im Kern entspreche das abkommensrechtliche Verständnis der Unternehmensgewinne der Definition in § 15 Abs. 2 EStG. Besteht die Tätigkeit danach in der bloßen Verwaltung 498
Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 33; vgl. auch ders., IStR 1995, 570 (573), der an dieser Stelle die (ursprünglich von Vogel) stammende Definition ergänzt durch das Erfordernis, die Unternehmenstätigkeit müsse den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschreiten. 499 Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 57; ders., IStR 1995, 570 (573). 500 Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 57. 501 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 545. 502 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 545. 503 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 545 f., die den Fall einer ausländischen gewerblich geprägten Personengesellschaft mit in- und ausländischen Gesellschaftern als „,Zebragesellschaft‘ unter umgekehrten Vorzeichen“ bezeichnet. 504 Kroppen, in: G/K/G, OECD-MA, 25. EL, Art. 7 Rn. 46.
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beweglichen Vermögens, lägen auch keine Unternehmensgewinne vor, so dass die Einkünfte einer gewerblich geprägten Personengesellschaft nicht von Art. 7 OECDMA erfasst würden.505 Die Auffassungen von Kroppen und Hemmelrath ähneln sich in der Begründung insoweit, als beide die abkommensrechtliche Systematik für maßgeblich erachten. Gemein ist all diesen Auffassungen jedenfalls, dass ein Rückgriff auf das nationale Begriffsverständnis über Art. 3 Abs. 2 OECD-MA immer bereits dann ausscheiden soll, wenn eine abkommenseigene Definition existiert oder der Abkommenszusammenhang eine Auslegung aus dem DBA heraus gebietet.506 Nachdem sich der BFH in der Vergangenheit bereits mehrmals zur verwandten Problematik der grenzüberschreitenden Sondervergütungen geäußert hatte,507 hatte er am 28. 4. 2010 erstmals Gelegenheit, zur Einkünftequalifikation einer gewerblich geprägten Personengesellschaft im Anwendungsbereich eines DBA Stellung zu nehmen.508 Gegenstand der Entscheidung509 war die Frage, ob die Zinserträge einer US-amerikanischen gewerblich geprägten Personengesellschaft, die deutschen Gesellschaftern aufgrund deren Abkommensberechtigung zugerechnet wurden, in Deutschland besteuert werden konnten. Im Kern ging es in dieser Entscheidung darum, ob das Besteuerungsrecht Deutschland als Ansässigkeitsstaat (Art. 11 Abs. 1 DBA-USA 1989) oder den USA als Quellenstaat zusteht (Art. 11 Abs. 3 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989). Letzteres wäre der Fall gewesen, wenn die Zinserträge – wie Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989 voraussetzt – als „gewerbliche Gewinne eines Unternehmens“ bzw. als „gewerbliche Tätigkeit“ (Art. 11 Abs. 3 DBA-USA 1989) qualifizierten. Der BFH verneinte dies: Eine Definition dieser Begriffe fehle im DBA-USA 1989. Daher sei der Begriff der „gewerblichen Tätigkeit“ „für Zwecke der deutschen Besteuerung nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts auszulegen, sofern nicht der Abkommenszusammenhang eine andere Deutung erfordert oder die zuständigen Behörden sich nach Art. 25 DBA-USA 1989 a.F. auf eine gemeinsame
505
Kroppen, in: G/K/G, OECD-MA, 25. EL, Art. 7 Rn. 322. Dazu bereits oben unter § 5, A. V. 4. (S. 100 f.). 507 Überblicksartig dazu im Zusammenhang mit § 50d Abs. 10 EStG unter § 6, C. (S. 226 ff.). 508 Zu beachten ist hier freilich das BFH-Urteil v. 17. 12. 1997, I R 34/97, BStBl. II 1998, 296, in dem der BFH über die Einkünfte eines Steuerinländers aus einer gewerblich geprägten US-amerikanischen Personengesellschaft zu entscheiden hatte. Der BFH verneinte hier zwar einen Rückgriff auf § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG; ursächlich hierfür war jedoch die spezielle Formulierung der Bestimmungen des einschlägigen DBA-USA 1954/65. Denn abweichend vom OECD-MA regelte dessen Art. III Abs. 5 die Einkünfte aus der aktiven Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit, die tatbestandlich nicht die – im Streitfall maßgeblichen – Zinseinkünfte umfasste. Aus dieser – begrifflich freilich speziellen – Abkommensdefinition resultierte daher die Nichtanwendbarkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Eine darüber hinausgehende Aussage enthält diese Entscheidung hingegen nicht. 509 BFH, Urteil v. 28. 4. 2010, I R 81/09, BStBl. II 2014, 754. 506
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Auslegung geeinigt haben (Art. 3 Abs. 2 DBA-USA 1989 a.F.)“.510 Der BFH führt sodann aus, dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nach deutschem Steuerrecht Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele und durchaus eine begriffliche Parallelität bestehe. Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989 setze jedoch Einkünfte, die ihrer Art nach „unternehmerisch“ seien, voraus. Denn der abkommensspezifische Zusammenhang erfordere eine vom nationalen Recht losgelöste Einordnung. Hierfür spreche zum einen, „dass die abkommensrechtliche Aufteilung der Besteuerungshoheit sich in erster Linie an der Art der Einkünfteerzielung“ ausrichte, der Einkünftesystematik des deutschen Steuerrechts insoweit also nur eine Hilfsfunktion zukomme. Zum anderen folge dies auch aus der „prinzipiellen Subsidiarität“ von Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989 gegenüber den spezielleren Verteilungsnormen der Art. 10 bis 12 DBA-USA 1989. Zuletzt würde andernfalls der Grundsatz der Entscheidungsharmonie ohne hinreichenden Grund gefährdet. Als gewerbliche Gewinne eines Unternehmens bzw. als gewerbliche Tätigkeit sollen danach nicht solche Einkünfte gelten, die nach deutschem Steuerrecht gewerblich i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG sind. Der BFH hat sich damit der überwiegenden Auffassung in der Literatur511 angeschlossen und diese Rechtsprechung infolge auch mehrfach bestätigt512. 2. Auslegung nach nationalem Steuerrecht Im Gegensatz zu dieser abkommensautonomen Auslegung vertritt ein nicht unbeachtlicher Teil der Literatur sowie ursprünglich auch die Finanzverwaltung die Auffassung, dass Art. 7 OECD-MA bzw. die nachgebildeten DBA-Bestimmungen unter Rückgriff auf das nationale Begriffsverständnis auszulegen sind. Zu differenzieren ist hierbei zwischen der uneingeschränkt [hierzu unter a)] und der eingeschränkt nationalen Auslegung [hierzu unter b)].
510 Art. 3 Abs. 2 DBA-USA weicht daher insoweit von der Musterformulierung ab, als letztere kein Verständigungs- bzw. Konsultationsverfahren voraussetzt. 511 Neben den zuvor genannten insbesondere Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 51; Frotscher, in: Frotscher, EStG, 186. EL, § 49 Rn. 86; Lemaitre/Lüdemann, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 5.35; Oenings, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 10.66; Schnittker, in: Baumhoff/Schönfeld (Hrsg.), Doppelbesteueurungsabkommen – Nationale und internationale Entwicklungen, 43 (49); Strunk/Kaminski, IStR 2003, 181 (182); im Grundsatz auch Niehaves, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Art. 7 MA Rn. 32, der allerdings eine Auslegung nach nationalem Recht in den Fällen bejaht, in denen die DBA von „gewerblichen Gewinnen eines Unternehmens“ sprechen. 512 BFH, Beschluss v. 19. 5. 2010, I B 191/06, BStBl. II 2011, 156; BFH, Urteil v. 9. 12. 2010, I R 49/09, BStBl. II 2011, 482; BFH, Urteil v. 4. 5. 2011, II R 51/09, BStBl. II 2014, 751; BFH, Urteil v. 25. 5. 2011, I R 95/10, BStBl. II 2014, 760; BFH, Urteil v. 24. 8. 2011, I R 46/10, BStBl. II 2014, 764.
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a) Uneingeschränkt nationale Auslegung Einzelne Autoren sowie ursprünglich auch die Finanzverwaltung sind der Auffassung, dass der Begriff der Unternehmensgewinne – bzw. der gewerblichen Unternehmensgewinne – ausschließlich nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts auszulegen sei, wobei auch innerstaatliche Fiktionen (wie insbesondere die gewerbliche Prägung) Wirkung entfalten sollen. Wolff513 begründet dies zunächst damit, dass die Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA lediglich eine allgemeine Umschreibung sei und nur dazu diene, mit dem gleichzeitig eingefügten Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA klarzustellen, dass auch Einkünfte aus selbstständiger Arbeit – nach Streichung des Art. 14 OECD-MA – zu den Unternehmensgewinnen gehören. Darüber hinaus könne ihr keine Aussage entnommen werden. Für den Fall, dass ein DBA von „gewerblichen Gewinnen“ spricht, folge hieraus bereits unmittelbar ein Rückgriff auf § 15 EStG. Allein die Tatsache, dass für Zwecke der DBA-Systematik das Subsidiaritätsprinzip des deutschen Steuerrechts nicht maßgeblich sei, bedinge nicht die Irrelevanz der Gewerblichkeitsfiktion. Wie Wolff ist auch Krabbe514 der Auffassung, dass Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA lediglich der Umschreibung diene und keine taugliche Definition darstelle. Fehle es im jeweiligen DBA (wie in der Regel) an einer Definition der Unternehmensgewinne, ordne Art. 3 Abs. 2 OECD-MA den Rückgriff auf das nationale Recht – und damit auch umfassend auf § 15 EStG – an. Dies schließe es indes nicht aus, dass die anderen Verteilungsnormen vorrangig anzuwenden seien (Art. 7 Abs. 4 OECD-MA). Insoweit sei jedoch wiederum der jeweilige Betriebsstättenvorbehalt zu berücksichtigen. Buciek515 geht speziell für das DBA-Schweiz davon aus, dass der Begriff der Unternehmensgewinne in Übereinstimmung mit § 15 EStG auszulegen sei. Hieraus folge auch, dass gewerblich geprägte Personengesellschaften Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz erzielten. Gleichwohl sei in diesen Fällen die Subsidiaritätsregel (Art. 7 Abs. 8 DBA-Schweiz) zu beachten. Schmidt und Dendorfer516 stellen am Beispiel des DBA-USA fest, dass es an einer Definition der „gewerblichen Gewinne“ im DBA fehle und sich dieser auch nicht aus dem Zusammenhang heraus auslegen lasse, so dass die Einkünftequalifikation nach innerstaatlichem Steuerrecht maßgeblich sei und gewerblich geprägte Personengesellschaften folglich Einkünfte i.S.d. Art. 7 DBA-USA erzielten.
513 514 515 516
Wolff, FS Wassermeyer, 647 (653 ff.) Krabbe, IStR 2002, 145 (146 ff.). Buciek, in: F/W/K, DBA-Schweiz, 25. EL, Art. 7 Rn. 22, 33. Schmidt/Dendorfer, IStR 2000, 46 (48 f.).
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Die Finanzverwaltung hat sich erstmals zum DBA-Ungarn517 zu dieser Frage geäußert und festgelegt, dass – mangels näherer Definition – der Begriff des Unternehmensgewinns nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Ungarn unter Rückgriff auf das nationale Steuerrecht des Anwenderstaates ausgelegt werden müsse. Dies gelte auch für § 15 Abs. 3 EStG. Diese Auffassung hat das BMF dann „allgemeingültig“ mit Schreiben vom 16. 4. 2010 veröffentlicht.518 Sprechen die DBA danach von „Gewinnen eines Unternehmens“ oder „gewerblichen Gewinnen“, seien hiervon auch diejenigen gewerblich geprägter Personengesellschaften erfasst. Hieran ändere auch die Regelung in Art. 7 Abs. 7 OECD-MA (jetzt: Abs. 4) nichts. Sinn und Zweck dieser (Muster-)Regelung bestehe darin, für Unternehmenseinkünfte, die auch von anderen Verteilungsnormen erfasst werden, das Besteuerungsrecht des Quellenstaates auch für den Fall zu gewährleisten, dass dort keine Betriebsstätte existiert bzw. eine Zuordnung zu ebendieser ausscheidet. Während Krabbe und Buciek danach mangels abkommenseigener Definition zur Auslegung des Unternehmensbegriffs auf § 15 EStG zurückgreifen, dabei jedoch auch die Subsidiaritätsregelung des Art. 7 Abs. 4 OECD-MA beachten, wandte die Finanzverwaltung letztere nicht an, wenn Deutschland Ansässigkeitsstaat war. Mit Schreiben vom 26. September 2014 hat sich die Finanzverwaltung nunmehr teilweise der bereits oben dargelegten abkommensautonomen Auffassung angeschlossen.519 Die Annahme von Unternehmensgewinnen setze danach eine ihrer Art nach unternehmerische Tätigkeit voraus. Dies sei zwar bei einer gewerblichen Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG und einer freiberuflichen Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG regelmäßig der Fall; Art. 7 OECD-MA erfasse hingegen nicht Einkünfte aus der Vermögensverwaltung, so dass auch Einkünfte aus Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht unter Art. 7 OECD-MA fallen sollen, sondern von den übrigen Verteilungsnormen erfasst würden. Im Übrigen – d. h. ob im Einzelfall tatsächlich eine ihrer Art nach unternehmerische Tätigkeit vorliegt – solle sich die Beurteilung jedoch weiterhin nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten richten (vgl. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA). Der OECD-MK ist demgegenüber weiterhin generell anderer Auffassung: „Die Frage, ob eine Tätigkeit im Rahmen eines Unternehmens ausgeübt wird oder an sich schon ein Unternehmen darstellt, ist stets nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten beurteilt worden.“520 Deshalb sei mit der allgemeinen Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA auch nicht versucht worden, eine erschöpfende Definition des Unternehmensbegriffs zu liefern.521
517 518 519 520 521
BMF, Schreiben v. 24. 9. 1999, IStR 2000, 627. BMF, Schreiben v. 16. 4. 2010, BStBl. I 2010, 354, Tz. 2.2.1. BMF, Schreiben v. 26. 9. 2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.2.1. Art. 3 Ziff. 4 OECD-MK. Art. 3 Ziff. 4 OECD-MK.
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b) Eingeschränkt nationale Auslegung Im Gegensatz zur uneingeschränkt nationalen Auslegung wird in der Literatur auch die Auffassung vertreten, dass die Auslegung des Unternehmensbegriffs zwar nach nationalem Recht erfolgen müsse, dieser Auslegung jedoch bestimmte Grenzen zu setzen seien. Schaumburg522 geht mangels abkommensrechtlicher Definition des Begriffs der Unternehmensgewinne davon aus, dass eine Orientierung an § 15 Abs. 1 EStG erfolgen soll, begrifflich darüber hinaus aber auch Einkünfte aus nicht grundstücksbezogener Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) sowie selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) erfasst würden. Dem Rückgriff auf das nationale Recht nach Art. 3 Abs. 2 OECD-MA seien jedoch Schranken gesetzt durch die abkommensspezifische Subsidiaritätsregel (Art. 7 Abs. 4 OECD-MA) „sowie ganz allgemein durch die den Verteilungsnormen als Konzeption zugrunde liegende isolierende Betrachtungsweise“. Dies habe zur Folge, dass der Abkommenszusammenhang die Anwendung innerstaatlicher Subsidiaritätsregeln (§§ 20 Abs. 3, 21 Abs. 3, 22 Nr. 1 EStG) sowie von Einkünftequalifikationsregeln des nationalen Rechts verbiete. Insbesondere die Geprägeregelung finde daher im Geltungsbereich eines DBA grundsätzlich keine Anwendung, sofern nicht „die Erwerbstätigkeit einer eigengewerblichen Tätigkeit entspricht und nicht spezielle Verteilungsnormen eingreifen.“ Diese Auffassung teilt im Ergebnis auch Wassermeyer523. Es fehle eine (hinreichende) Definition des Unternehmensbegriffs, weshalb sich dieser nach dem Steuerrecht des jeweiligen Anwenderstaates bestimme. Aufgrund des Prinzips des Vorrangs der spezielleren Einkunftsart im Abkommensrecht dürften im Geltungsbereich eines DBA – anders als nach nationalem Steuerrecht – keine Einkünfte nur wegen des Subsidiaritätsprinzips als Unternehmensgewinne behandelt werden. Dies bestätige die Definition in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA, weshalb die Einkünfte gewerblich geprägter Personengesellschaften keine Unternehmensgewinne darstellten.524 Auch Strunk und Kaminski525 wollen zur Begriffsbestimmung auf das nationale Recht zurückgreifen. Indiziell seien die Voraussetzungen in § 15 Abs. 2 EStG heranzuziehen, wobei aber auch einmalige Geschäftstransaktionen eine Unternehmenstätigkeit begründen sollen. Generell sei zwar Hemmelrath insoweit zuzustimmen, als der Unternehmensbegriff weniger positiv als vielmehr negativ durch Abgrenzung von Art. 6 OECD-MA bestimmt werden müsse, was jedoch aufgrund der Allgemeinheit dieser Beschreibung nicht praxistauglich sei. Eine gewerblich ge522
Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.236. Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 15 ff; so noch ganz generell und der uneingeschränkt nationalen Auffassung angenähert Wassermeyer, StuW 1990, 404 (406). 524 Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 16a. 525 Strunk/Kaminski, in: S/K/K, OECD-MA, 31. EL, Art. 7 Rn. 23 ff. 523
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prägte Personengesellschaft erziele abkommensrechtlich mangels ihrer Art nach unternehmerischer Tätigkeit keine Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECDMA.526
III. Einleitende kritische Anmerkungen Keine der vorgenannten Auffassungen kann jedoch – wenigstens auf den ersten Blick – vollständig überzeugen. Dies gilt zunächst für die Vertreter der abkommensautonomen Auslegung von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. Zwar ist zuzugeben, dass Art. 3 Abs. 2 OECD-MA richtigerweise nur ein sehr eingeschränkter Anwendungsbereich zukommen sollte.527 Dem insbesondere auch vom BFH vorgebrachten systematischen Argument, dass Art. 7 Abs. 1 OECD-MA aufgrund der Subsidiaritätsklausel nur subsidiär anzuwenden und damit den übrigen Verteilungsnormen der Vorrang einzuräumen sei, steht jedoch bereits im Ausgangspunkt der Einwand entgegen, dass den Betriebsstättenvorbehalten offenbar keine wesentliche Bedeutung beigemessen wurde. Gerade diese sind jedoch entscheidend, denn hierdurch findet Art. 7 Abs. 1 OECD-MA rechtsfolgenseitig vorrangig Anwendung. Dies folgt daraus, dass – und insoweit sei ein Vorgriff auf die nachfolgenden Ausführungen erlaubt528 – die Anwendungsbereiche des Art. 7 OECD-MA einerseits und der Art. 10 bis 12 OECD-MA andererseits parallel eröffnet sein können. Es wäre zirkelschlüssig, würde man die Annahme von Unternehmensgewinnen ablehnen, weil die anderen Verteilungsnormen vorrangig seien, ohne zugleich die Tragweite der Betriebsstättenvorbehalte als Rückausnahme zu bestimmen. Unabhängig davon erscheint es aber bereits fraglich, ob tatsächlich ein solches, von manchen Autoren postuliertes gemeineuropäisches Verständnis des Unternehmensbegriffs besteht, das darüber hinaus auch im außereuropäischen Bereich Akzeptanz findet. Hinzu kommt, dass vielfach eine Anwendung des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA aufgrund der Existenz von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA verneint wird, gleichwohl aber allgemein davon ausgegangen wird, dass letzterer Begriffsbestimmung keine wesentliche inhaltliche Aussagekraft zukommt.529 Im Ergebnis führt dies dazu, dass sich die grammatikalische Auslegung vorrangig vom Begriff des „Unternehmens“ auf den der „Geschäftstätigkeit“ verlagert – insoweit stellt sich aber noch viel mehr die Frage, ob tatsächlich ein gemeineuropäischer Begriffskonsens existiert. Dies begegnet dem – zugegebenermaßen eher praktischen und behebbaren – Vorwurf, dass eine von den jeweiligen Vertragsstaaten akzeptierte und übereinstimmende Begriffsfindung in der Rechtspraxis langwierig und schwierig sein kann, 526 527 528 529
Strunk/Kaminski, in: S/K/K, OECD-MA, 31. EL, Art. 7 Rn. 29 ff. Zusammenfassend oben unter § 5, A. V. 4. (S. 100 f.). Dazu unter § 5, C. IV. 2. a) cc) (S. 152 ff.). Dazu noch ausführlich unter § 5, C. II. 1. c) (S. 122 ff.).
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gerade weil es den Vertragsstaaten nicht allein darum geht, Doppelbesteuerungen zu vermeiden, sondern auch ihre fiskalischen Interessen zu wahren. Ein uneingeschränkter Rückgriff auf § 15 EStG besticht hingegen auf den ersten Blick durch die einfache Handhabung seitens der Praxis. Dies führt jedoch bereits immer dann zu Auslegungskonflikten, wenn der andere Vertragsstaat – wie in der Regel530 – keine § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vergleichbare Regelung kennt und damit typischerweise auch eine andere Verteilungsnorm für anwendbar hält. Doppelbesteuerung oder doppelte Nichtbesteuerung wäre mitunter die Konsequenz. Darüber hinaus setzt ein Rückgriff auf das innerstaatliche Begriffsverständnis nach Art. 3 Abs. 2 OECD-MA voraus, dass der Unternehmensbegriff wenigstens in ähnlicher Weise im deutschen Steuerrecht existiert.531 Dass § 2 Abs. 1 UStG den umsatzsteuerrechtlichen Unternehmer definiert, ist hierfür freilich unbeachtlich; dies gilt nicht nur für Zwecke des § 12 S. 1 AO,532 sondern vor allem auch im Anwendungsbereich von DBA: Denn deren Anwendungsbereich erstreckt sich gerade nicht auf die Verbrauchsteuern (vgl. Art. 2 Abs. 1 OECD-MA).533 Dann stellt sich aber auch die Frage, ob der Gewerbebetrieb als entsprechendes Synonym oder wenigstens inhaltlich verwandtes Pendant zum Unternehmen i.S.d. Art. 7 OECD-MA verstanden werden kann. Dies mag für diejenigen DBA, die von „gewerblichen Unternehmen“ bzw. „gewerblichen Gewinnen“ sprechen, noch nahe liegen;534 in allen anderen Fällen erscheint es hingegen begrifflich eher fernliegend, hierunter auch Fiktionen wie § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu fassen. Vor diesem Hintergrund erscheint es an sich zutreffend, die Grenze des Rückgriffs in § 15 Abs. 2 EStG und damit dem originären Gewerbebetrieb zu sehen. Doch auch dies überzeugt nicht vollends: Denn insoweit wird allgemein davon ausgegangen, dass im Kern zwar § 15 Abs. 2 EStG maßgeblich sein soll, dieser jedoch inhaltlich zu modifizieren sei, indem entweder auch die Einkünfte i.S.d. §§ 13, 18 EStG in den Unternehmensbegriff einzubeziehen seien oder auch einmalige Geschäftstransaktionen ein abkommensrechtliches Unternehmen begründen sollen. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA ist eine solche selektive und in bestimmten Teilen auch modifizierte Heranziehung des innerstaatlichen Begriffsverständnis aber fremd. Begründet werden kann dieses Verständnis eines „Kernbestands“ unternehmerischer Tätigkeit damit nur als Folge zwischenstaatlicher Verständigung bzw. als schlichter Konsens, wobei sich dann die Frage stellt, inwiefern dies von einem eingeschränkten Rückgriff auf nationales Recht konturiert werden könnte. Schließlich überzeugen auch rechtspraktische Erwägungen nicht wirklich: Denn unabhängig von der dogmatischen Beurteilung dieses „eingeschränkten“ Rückgriffs lässt sich schwerlich von 530 Zur Luxemburger Geprägeregelung und deren abkommensrechtlicher Einordnung unter dem DBA-Luxemburg § 5, C. III. 1. d) (S. 144 ff.). 531 Oben unter § 5, A. V. 3. c) (S. 98 ff.). 532 Dazu oben unter § 4, A. II. 1. a) cc) (1) (c) (S. 49). 533 Statt vieler Dremel, in: Schönfeld/Ditz, Art. 2 Rn. 2. 534 Dazu noch unter § 5, C. III. 1. c) (S. 142 ff.).
C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus Personengesellschaften
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einer praktisch handhabbaren Definition sprechen, wenn § 15 Abs. 2 EStG als Grundgerüst herangezogen, aber inhaltlich wiederum modifiziert wird.
C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus gewerblich geprägten Personengesellschaften Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage zu finden, wie die Einkünfte aus gewerblich geprägten Personengesellschaften abkommensrechtlich einzuordnen sind. Aufgrund der Betriebsstättenvorbehalte und der Subsidiaritätsklausel (Art. 7 Abs. 4 OECD-MA) bestimmt sich dies maßgeblich nach dem Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. Im Kern geht es also darum, festzulegen, wann Unternehmensgewinne vorliegen. Einleitend wird deshalb zunächst Art. 7 OECD-MA dargestellt [hierzu unter I.]. Die anschließende Untersuchung bestimmt sich nach dem weiter oben festgelegten Prüfungsverlauf.535 Deshalb stellt sich zunächst die Frage, ob der Unternehmensbegriff im OECD-MA bzw. bestimmten DBA eine Definition erfahren hat bzw. ob dem Begriff in anderer Weise – insbesondere durch Verweis auf das nationale Recht – explizit eine bestimmte Bedeutung zugrunde gelegt wurde [hierzu unter II.]. Sollte dies nicht der Fall sein, verlagert sich die Untersuchung auf die Frage, welche Auslegung der abkommensrechtliche Zusammenhang gebietet. Dabei ist eine Auslegung des Unternehmensbegriffs nach Maßgabe der Art. 31 ff. WÜRV vorzunehmen, d. h. unter Zugrundelegung des Wortlauts einschlägiger DBA-Bestimmungen [hierzu unter III.], der Abkommenssystematik [hierzu unter IV.] und von Abkommenszielen [hierzu unter V.]. Schließlich soll noch kurz auf eine abkommensvergleichende Auslegung eingegangen werden [hierzu unter VI.]. Erst wenn diese Bemühungen zu keinem Ergebnis führen sollten, kommt ein Rückgriff auf das nationale Begriffsverständnis in Betracht (Art. 3 Abs. 2 OECD-MA).
I. Einleitende Ausführungen zu Art. 7 OECD-MA Das OECD-MA dient seiner Funktion nach als Mustervertrag für DBA, weshalb für die vorliegende Untersuchung in erster Linie auch das OECD-MA in seiner aktuellen Fassung maßgeblich sein soll [hierzu unter 1.]. Deutsche DBA sehen hiervon teilweise Abweichungen vor [hierzu unter 2.]. Für Zwecke der nachfolgenden Untersuchung muss der Unternehmensbegriff darüber hinaus näher spezifiziert werden [hierzu unter 3.].
535
Oben unter § 5, A. V. 4. (S. 100 f.).
118
§ 5 Gewerbliche Prägung im Anwendungsbereich von DBA
1. OECD-MA als Mustervertrag und entsprechende Umsetzungen des Art. 7 OECD-MA in deutschen DBA Das OECD-MA dient als Mustervorlage für bilaterale DBA.536 Dem folgend entsprechen auch alle seitens Deutschlands vereinbarten Abkommen – einschließlich der DBA-VG – der dort vorgeschlagenen Systematik. Abweichungen bestehen jedoch insofern, als das OECD-MA zum einen in der Vergangenheit mehrfach geändert wurde, zum anderen die jeweils unterschiedliche Verhandlungsposition zwischen den Vertragsstaaten unter Umständen auch Abweichungen von der Mustervorlage erzwingt. Für die hier interessierende Frage, wie der Begriff des „Unternehmens“ auszulegen ist, entsprechen die meisten deutschen DBA der aktuellen Formulierung des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. Dieser lautet: „Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates können nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit im anderen Staat durch eine dort belegene Betriebsstätte aus. Übt das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit auf diese Weise aus, so können die Gewinne, die der Betriebsstätte nach Absatz 2 zuzurechnen sind, im anderen Staat besteuert werden.“
2. Abweichende Formulierungen in deutschen DBA In einzelnen DBA findet sich jedoch eine hiervon abweichende Formulierung der Pendantregelung zu Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. Dies gilt insbesondere in denjenigen Fällen, in denen eine gewerbliche Tätigkeit oder ein gewerbliches Unternehmen angeordnet bzw. vorausgesetzt wird. So heißt es in Art. 4 Abs. 1 DBA-Frankreich, dass „Gewinne eines Unternehmens eines der Vertragstaaten […] nur in diesem Staate besteuert werden [können], es sei denn, daß das Unternehmen in dem anderen Staate durch eine dort belegene Betriebstätte gewerblich tätig ist.“ Die Besteuerungsbefugnis des Betriebsstättenstaates setzt danach also eine gewerbliche Tätigkeit voraus, während dies für eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat dem Wortlaut nach nicht erforderlich ist. Noch weitergehend spricht Art. III Abs. 1 DBA-Griechenland davon, dass „[g]ewerbliche Gewinne eines Unternehmens eines Vertragstaates […] nur in diesem Staate besteuert werden [können], es sei denn, daß das Unternehmen in dem anderen Vertragstaat eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebstätte ausübt.“ Schließlich sei noch Art. 7 Abs. 1 DBA-USA genannt, wonach „[g]ewerbliche Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats […] nur in diesem Staat besteuert werden [können], es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus.“ Wie schon Art. III Abs. 1 536
Vgl. oben unter § 5, A. II. (S. 72 f.).
C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus Personengesellschaften
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DBA-Griechenland setzt auch diese Regelung „gewerbliche Gewinne“ voraus, verlangt für die Besteuerungsbefugnis des Betriebsstättenstaats aber nicht ausdrücklich eine gewerbliche Tätigkeit. In diesen und anderen ähnlichen Fällen stellt sich zwangsläufig die Frage, wie sich die abweichende Formulierung auf die Auslegung des Unternehmensbegriffs auswirkt. Dies kann und wird eine Rolle spielen bei der Frage, ob hierin unter Umständen eine abkommenseigene Definition gesehen werden kann537 oder inwiefern hiervon die grammatikalische Auslegung beeinflusst wird538. An dieser Stelle kann es hierbei aber sein Bewenden haben. 3. Spezifizierung des Unternehmensbegriffs i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA Unabhängig von begrifflichen Unterschieden zwischen dem OECD-MA und einzelnen seitens Deutschlands abgeschlossenen DBA spricht Art. 7 Abs. 1 OECDMA bzw. die diesem entsprechende Vorschrift doch in jedem Fall von einem „Unternehmen“. Diesem Unternehmensbegriff liegt im OECD-MA nicht nur ein tätigkeitsbezogenes Verständnis zugrunde; vielmehr stellen die jeweiligen Bestimmungen mitunter auch auf ein personenbezogenes Begriffsverständnis ab. So spricht beispielsweise Art. 5 Abs. 5 OECD-MA von Verträgen, die „im Namen des Unternehmens“ abgeschlossen werden.539 Der Unternehmensbegriff bezieht sich dabei freilich nicht auf eine Tätigkeit, sondern auf die Person bzw. Betriebseinheit Unternehmen. Die begriffliche Ambivalenz verdeutlicht auch Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA, der zum Ausdruck bringt, dass sich die Abkommensberechtigung (nur) nach dem Ansässigkeitsstaat der das Unternehmen betreibenden Person(en) richtet.540 Im Gegensatz dazu ordnet die allgemeine Begriffsbestimmung des Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA – auf die sogleich noch näher eingegangen wird – an, dass sich ein Unternehmen „auf die Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ bezieht.541 Die Untersuchung der abkommensrechtlichen Einkünfteeinordnung gewerblich geprägter Personengesellschaften soll im Folgenden allein tätigkeitsbezogen erfolgen. Für Zwecke der personenbezogenen Einordnung wird die Annahme zugrunde gelegt, dass die jeweilige Personengesellschaft in beiden Vertragsstaaten steuerlich
537
Dazu unter § 5, C. II. 2. d) (S. 137). Dazu unter § 5, C. III. 1. c) (S. 142 ff.). 539 Zu weiteren Beispielen hinsichtlich der englischsprachigen Fassung des OECD-MA van Raad, Intertax 1994, 491 (492). 540 Zu Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA unter § 5, C. II. 2. a) (S. 135 f.) sowie § 5, C. III. 2. (S. 147). 541 Hervorhebung nur hier. 538
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§ 5 Gewerbliche Prägung im Anwendungsbereich von DBA
transparent behandelt wird.542 Ist im Folgenden daher von einem Unternehmen bzw. dem Unternehmensbegriff die Rede, bezieht sich dies ausschließlich auf die Art der durch das Unternehmen ausgeübten Tätigkeit.
II. Definitorische Aussage zum Begriff „Unternehmen“ An erster Stelle steht die Frage, ob das OECD-MA oder die einzelnen von Deutschland abgeschlossenen DBA eine definitorische Aussage zum Unternehmensbegriff beinhalten. Dies ist der Fall, wenn entweder eine abkommenseigene Definition oder ein Rückverweis auf die Bedeutung nach innerstaatlichem Recht existiert. Dies soll hier zunächst anhand der allgemeinen Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA erfolgen [hierzu unter 1.]. Anschließend wird untersucht, inwiefern neben oder unabhängig hiervon abkommenseigene Definitionen oder Verweise auf nationales Recht existieren [hierzu unter 2.]. 1. Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA Nach Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA „bezieht sich der Ausdruck Unternehmen auf die Ausübung einer Geschäftstätigkeit“. Hintergrund dieser Begriffsbestimmung ist der Wegfall von Art. 14 OECD-MA im Rahmen des Update des OECD-MA im Jahr 2000 [hierzu unter a)]. Die meisten deutschen DBA sehe noch keine solche Regelung vor [hierzu unter b)]. An dem überwiegend postulierten Definitionscharakter von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA bestehen erhebliche Bedenken [hierzu unter c)]. a) Historische Entwicklung Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA wurde mit dem OECD-MA 2000 in den Katalog der allgemeinen Begriffsbestimmungen aufgenommen.543 Der Zweck dieser Ergänzung liegt weniger darin, den Unternehmensbegriff treffsicher zu definieren; vielmehr sollte klargestellt werden, dass die Einkünfte aus freiberuflicher und sonstiger selbstständiger Tätigkeit auch von Art. 7 OECD-MA erfasst werden sollen.544 Zum einen bringt dies Ziff. 4 zu Art. 3 des OECD-MK zum Ausdruck, wonach Art. 3 Abs. 1 lit. c) nicht versuche, „eine erschöpfende Definition des Ausdrucks 542 Zurechnungskonflikte bleiben damit außer Betracht, dazu nur unter § 5, A. V. 5. c) (S. 104 f.). 543 Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 25, 50; Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 11; Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 3, 28; Vogel, FS Raupach, 627 (627); vgl. auch Ziff. 2.1 zu Art. 7 OECD-MK; ausführlich zur historischen Entwicklung auch Sasseville, in: Maisto (Hrsg.), The Meaning of „Enterprise“, „Business“ and „Business Profits“ under Tax Treaties and EU Tax Law, 41. 544 Statt vieler Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 40.
C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus Personengesellschaften
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,Unternehmen‘ zu geben“.545 Zum anderen muss die Einführung von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA im systematischen Kontext betrachtet werden. Zur gleichen Zeit fiel Art. 14 OECD-MA, die Verteilungsnorm hinsichtlich Einkünfte aus freiberuflicher und sonstiger selbstständiger Tätigkeit, weg. Mit Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECDMA, ebenfalls im Rahmen des OECD-Update 2000 eingeführt, wurde deshalb festgelegt, dass „der Ausdruck ,Geschäftstätigkeit‘ auch die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeit“ einschließt. Im Ergebnis kommt Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA – wenigstens historisch betrachtet – damit nur eine Annexfunktion zu: Im Zusammenspiel mit lit. h) soll der Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA um die zuvor von Art. 14 OECD-MA erfassten Tätigkeiten bzw. Einkünfte erweitert werden.546 Inwiefern Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECDMA eine darüber hinausgehende Bedeutung beigemessen werden kann, wird sogleich (unter c.) untersucht werden. b) Begriffsbestimmung in deutschen DBA Die deutschen DBA enthalten mehrheitlich noch keine Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECDMA entsprechende Bestimmung. Dies liegt hauptsächlich daran, dass viele DBA bereits vor dem Jahre 2000 abgeschlossen wurden bzw. die entsprechenden Verhandlungen vor der Einfügung des Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA begonnen haben; die Mehrzahl dieser DBA wurde nach dem Jahre 2000 auch nicht mehr „nachgebessert“.547 Aber auch in einzelnen nach dem Jahre 2000 abgeschlossenen DBA findet sich diese allgemeine Begriffsbestimmung nicht.548 Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn ein DBA – wie z. B. Art. 2 Abs. 1 Nr. 6 DBA-Frankreich – bestimmt, dass ein deutsches oder französisches Unternehmen ein „gewerbliches Unternehmen“ bedeutet, das von einer in Deutschland bzw. Frankreich ansässigen Person betrieben wird. Denn hierin wird nicht Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA, sondern vielmehr dessen lit. d) entsprechend nachgebildet. Für in den letzten Jahren abgeschlossene deutsche DBA hat sich insoweit jedoch eine Kehrtwende vollzogen; diese enthalten eine Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA entsprechende wortgleiche Bestimmung.549 Gleiches gilt auch für die DBA-VG, welche eine wortgleiche Regelung in Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 vorsieht. Dies verdeutlicht, 545 Halten es danach Staaten für unnötig, klarzustellen, dass freiberufliche und sonstige selbstständige Tätigkeiten von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA erfasst werden, stehe es diesen frei, „auf die Definition des Ausdrucks ,Unternehmen‘ in ihren zweiseitigen Abkommen zu verzichten“ (Ziff. 4 zu Art. 3 OECD-MK). 546 So auch Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 27 („Vorschaltnorm“). 547 Zum Stand der Doppelbesteuerungsabkommen zum 1. 1. 2016 BMF, Schreiben v. 19. 1. 2016, BStBl. I 2016, 76. 548 So z. B.: DBA-China; DBA-Georgien; DBA-Kroatien; DBA-Mexiko; DBA-Polen. 549 So z. B.: Art. 3 Abs. 1 lit. f) DBA-Großbritannien; Art. 3 Abs. 1 lit. f) DBA-Liechtenstein; Art. 3 Abs. 1 lit. f) DBA-Luxemburg; Art. 3 Abs. 1 lit. c) DBA-Tadschikistan; Art. 3 Abs. 1 lit. d) DBA-VAE.
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§ 5 Gewerbliche Prägung im Anwendungsbereich von DBA
dass Deutschland auch in den zukünftigen DBA-Verhandlungen eine positive Verhandlungsposition bezüglich der allgemeinen Begriffsbestimmung zum Unternehmensbegriff einnehmen wird. Vor diesem steuerpolitischen Hintergrund kommt den nachfolgenden Ausführungen damit umso mehr Relevanz zu. c) Bedeutung und Inhalt der Begriffsbestimmung Die Bedeutung von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA bzw. der entsprechenden DBA-Bestimmungen ist umstritten. Überwiegend wird die Begriffsbestimmung als nichtssagend550 oder unklar551 bezeichnet, gleichwohl in den meisten Fällen als für die Sperrung des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA ausreichende Definition erachtet552. Damit stellt sich zunächst die Frage, ob Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA tatsächlich eine Definition im Sinne des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA darstellt [hierzu unter aa)]. Im Anschluss soll der genaue Inhalt dieser Begriffsbestimmung geklärt werden [hierzu unter bb)]. aa) Definitionscharakter von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA Nach wohl überwiegender Auffassung in der Literatur553 handelt es sich bei Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA um eine Definition. Dies hätte zur Folge, dass eine Anwendung innerstaatlichen Rechts gem. der Art. 3 Abs. 2 OECD-MA entsprechenden
550
Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 40; M. Lang, IStR 2007, 606 (609); Niehaves, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Art. 7 MA Rn. 32; Wassermeyer, IStR 2010, 37 (38); in diese Richtung auch Kroppen, in: G/K/G, OECD-MA, 25. EL, Art. 7 Rn. 46/1 („rudimentäre […] Definition“). 551 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.234. 552 So bei Kroppen, in: G/K/G, OECD-MA, 25. EL, Art. 7 Rn. 46/1; M. Lang, IStR 2007, 606 (609); ders., SWI 2011, 9 (16); Niehaves, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Art. 7 MA Rn. 32; Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Art. 3 Rn. 40; ders., FS Raupach, 627 (633); differenzierend hingegen Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 41, wonach die Anwendung von Art. 3 Abs. 2 „(eigentlich) ausgeschlossen [sei]“, allerdings „ergänzend auf das innerstaatliche Recht zurückgegriffen werden [könne]“, da „der Begriff der Geschäftstätigkeit in Buchst. h nicht abschließend definiert [sei]“; der Begriff der Geschäftstätigkeit könne aus deutscher Sicht „als Tätigkeit i.S. des § 15, 18 EStG“ verstanden werden; unklar hingegen Wassermeyer, der einerseits einen Rückgriff auf Art. 3 Abs. 2 OECD-MA als gesperrt sieht (ders., IStR 2010, 37 (38)), andererseits aber weiterhin (zumindest teilweise) Art. 3 Abs. 2 OECD-MA anwenden möchte (ders., in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 14). 553 So insbesondere Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 40; Kroppen, in: G/K/G, OECD-MA, 25. EL, Art. 7 Rn. 46/1; M. Lang, IStR 2007, 606 (609); ders., SWI 2011, 9 (16); Vogel, FS Raupach, 627 (627); Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 14; ders., FR 2010, 537 (539); ders., IStR 2010, 37 (38); Ziff. 2.1 zu Art. 7 OECDMK; a.A. Krabbe, IStR 2002, 145 (147); Reimer, in: Reimer/Rust, Klaus Vogel on Double Taxation Conventions, 4. Aufl., Art. 3 Rn. 35; Wolff, FS Wassermeyer, 647 (648); so wohl auch Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 50; zweifelnd Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 27.
C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus Personengesellschaften
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Bestimmung ausgeschlossen ist. Die methodische Einordnung von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA ist damit von entscheidender Bedeutung. (1) Einleitende Überlegungen Bei reiner Wortlautbetrachtung liegt es auf den ersten Blick nahe, Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA als Definition im Sinne des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA zu verstehen. Denn Art. 3 OECD-MA ist mit der Überschrift „Allgemeine Begriffsbestimmungen“ versehen. Nach deutschem Sprachverständnis ist eine Begriffsbestimmung synonym zu einer Definition;554 es könnte danach gleichermaßen lauten: „Allgemeine Definitionen“. Dies gilt umso mehr, wenn man einen Blick auf die englische und französische Fassung des OECD-MA wirft: Dort heißt es in der Überschrift „General definitions“ bzw. „Définitions générales“. Ordnet nun Art. 3 Abs. 2 OECD-MA an, dass ein Rückgriff auf nationales Recht immer dann ausscheiden soll, wenn ein Begriff im DBA „definiert“ ist (engl. defined, frz. défini), dann spricht dies auch dafür, solche Definitionen ausweislich der Überschrift in Art. 3 Abs. 1 OECD-MA zu sehen. Dies entspricht prinzipiell auch dem Zweck des Art. 3 OECD-MA, allgemeine, für die Auslegung der im Abkommen verwandten Ausdrücke notwendige Bestimmungen zu liefern.555 (2) Formulierungsgleichlauf mit anderen Bestimmungen im OECD-MA Betrachtet man diese Vorschrift jedoch näher, so melden sich erste Zweifel an. Dies gilt zunächst aufgrund der Tatsache, dass Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA letztlich das Gleiche formuliert, was schon Art. 7 Abs. 1 OECD-MA anordnet, wenn dieser dem Betriebsstättenstaat die Besteuerungsbefugnis insoweit zuweist, als das Unternehmen „seine Geschäftstätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort belegene Betriebsstätte“ ausübt.556 Die Ausübung einer Geschäftstätigkeit durch ein Unternehmen wird daneben noch in weiteren Verteilungsnormen – insbesondere den Betriebsstättenvorbehalten – verwandt. Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA beschränkt sich daher auf die Wiederholung einer an anderer Stelle und auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt, d. h. vor Einfügung des Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA, bestehenden Aussage. Erst über die Regelung in Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA erfährt der Unternehmensbegriff eine inhaltliche Spezifizierung. Dabei sollte dieser aber nicht abschließend festgelegt, sondern vielmehr die Streichung des Art. 14 OECD-MA kompensiert werden, indem man die Einkünfte auf freiberuflicher und sonstiger 554
Vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 768, Stichwort „Definition“. Art. 3 Ziff. 1 OECD-MK; statt vieler auch Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 1a. 556 Von Vogel, in: Vogel/Lehner, 5. Aufl., Art. 3 Rn. 40 – und dies übernehmend Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 40 – daher zutreffend als „Pleonasmus“ bezeichnet; dem folgend Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 27. 555
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selbstständiger Tätigkeit von Art. 7 OECD-MA erfasst sehen wollte. Insoweit zutreffend spricht Pohl557 daher von einer „Vorschaltnorm“ für Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA. Vor diesem Hintergrund erscheint es dann aber bereits zweifelhaft, ob Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA tatsächlich eine Definition darstellt. Stellt man auf die Bedeutung einer Definition ab, nämlich einen Begriff genau zu bestimmen,558 so stellt sich doch die berechtigte Frage, ob eine Formulierung, die für sich alleine gesehen inhaltlich nichts Neues ausdrückt, tatsächlich als treffsichere Begriffsbestimmung taugt. (3) Unzureichende inhaltliche Ausgestaltung Aber auch das obige Wortlautargument überzeugt bei näherer Betrachtung im Ergebnis nicht. Vielmehr wird deutlich, dass Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA in seiner Funktion wenig mit einer Definition im Sinne einer genauen und abschließenden Bestimmung gemein hat. So ordnet Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA lediglich an, dass sich der Ausdruck Unternehmen auf die Ausübung einer Geschäftstätigkeit bezieht. Dies überrascht: Denn die übrigen allgemeinen Begriffsbestimmungen in Art. 3 Abs. 1 OECD-MA sprechen fast durchgehend davon, dass bestimmten Ausdrücken eine „Bedeutung“ (engl. means, frz. désigne) zukommt. In diesen Fällen ist der Begriffsinhalt klar festgelegt.559 Wenn hingegen bestimmte Tätigkeiten von einem Ausdruck „umfasst“ oder „eingeschlossen“ werden (engl. includes, frz. comprend), wie dies beispielsweise von Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA bestimmt wird, dann ist dies bereits begrifflich nicht abschließend zu verstehen.560 Dies gilt dann aber noch vielmehr, wenn
557
Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 27. Dies entspricht auch dem deutschen Begriffsverständnis, vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 768, Stichwort „Definition“; vgl. auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 2. Aufl., 104: „Von einem ,Begriff‘ im strengen Sinne lässt sich nur da sprechen, wo es möglich ist, ihn durch die vollständige Angabe der ihn kennzeichnenden Merkmale eindeutig zu definieren.“ 559 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 479, Stichwort „Bedeutung“; ebd., 478, Stichwort „bedeuten“; Hanks et al., The New Oxford Dictionary of English, 1147, Stichwort „mean“; Rey-Debove/Rey, Le nouveau Petit Robert, 704, Stichwort „désigner“. 560 So auch Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 6; ausdrücklich zu lit. h) auch Rust, in: Maisto (Hrsg.), The Meaning of „Enterprise“, „Business“ and „Business Profits“ under Tax Treaties and EU Tax Law, 85 (94); Art. 3 Ziff. 10.2 OECD-MK; kritisch auch M. Lang, SWI 2011, 9 (16), der aber gleichwohl die Anwendung des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA gesperrt sieht; zur deutschen Begriffsbestimmung Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 4057, Stichwort „umfassen“; zur englischen Fassung Hanks et al., The New Oxford Dictionary of English, 924, Stichwort „include“; zur französischen Fassung Rey-Debove/Rey, Le nouveau Petit Robert, 489, Stichwort „comprendre“. 558
C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus Personengesellschaften
125
sich ein Ausdruck – wie bei Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA – auf eine bestimmte Tätigkeit „bezieht“ (engl. applies to, frz. s‘applique).561 Damit muss Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA auch als nicht abschließend verstanden werden. Dies widerspricht im Ausgangspunkt zwar nicht der Annahme, dass es sich hierbei um eine Definition i.S.d. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA handelt – denn es sind durchaus auch Teildefinitionen denkbar. Dies bestätigt schließlich auch der OECD-MA, wonach Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA gerade nicht einer abschließenden („erschöpfenden“) Bestimmung des Unternehmensbegriffs dienen soll.562 (4) Verhältnis zu Art. 3 Abs. 2 OECD-MA Entscheidend sollte man dann aber auch die Konsequenz in die Betrachtung miteinbeziehen, welche sich ergibt, wenn Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA als Definition eingeordnet wird. Denn nach dem oben dargelegten Untersuchungsverlauf führte dies dazu, dass ein Rückgriff auf das innerstaatliche Begriffsverständnis gesperrt wäre (vgl. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA). Vergegenwärtigt man sich jedoch den Zweck einer Definition, so kann nicht bereits jede irgendwie geartete Begriffsbestimmung für sich alleine stehen und uneingeschränkte Geltung beanspruchen. Dies kann richtigerweise nur dann der Fall sein, wenn eine Definition abschließender Natur ist. Ist dies nicht der Fall, so mag zwar ein Teilbereich definitionsgemäß vorgegeben sein. Im Übrigen jedoch bedarf es einer weiterführenden Auslegung.563 Dies gilt umso mehr im Geltungsbereich von DBA. Definitionen sollen dort gerade eine divergierende Auslegung durch die Vertragsstaaten vermeiden. Die Anwender des jeweiligen DBA sollen die Begriffe nicht eigenständig auslegen, ihnen dadurch eine Bedeutung zugrunde legen müssen. Die Rangfolge, wonach ein Abkommensbegriff inhaltlich bestimmt wird, zeichnet sich durch das Primat der Definition aus.564 Existiert eine solche nicht, kommt erst die Auslegung aus dem DBA selbst und ganz am Schluss ein Rückgriff auf das innerstaatliche Recht in Betracht. Diese erste Stufe, das Zugrundelegen einer Definition, ist aber gerade bei Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA problematisch, denn weder soll nach dem speziellen Zweck dieser Bestimmung der Unternehmensbegriff – teilweise oder abschließend – be-
561 So ausdrücklich für lit. c) Art. 3 Ziff. 4 OECD-MK; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 586 f., Stichwort „beziehen“; ebenfalls kritisch und am Definitionscharakter zweifelnd Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 27; zur englischen Fassung Hanks et al., The New Oxford Dictionary of English, 80, Stichwort „apply“; zur französischen Fassung ReyDebove/Rey, Le nouveau Petit Robert, 120, Stichwort „s’appliquer“. 562 Art. 3 Ziff. 4 OECD-MK. 563 So im Ausgangspunkt auch Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 14, sowie Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 41, die hieraus jedoch einen Rückgriff auf innerstaatliches Recht folgern. 564 Zusammenfassend oben unter § 5, A. V. 4. (S. 100 f.).
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stimmt werden, noch trifft diese Bestimmung für sich gesehen tatsächlich eine Aussage mit eigenem Aussagegehalt.565 (5) Zwischenergebnis Die Ausführungen haben gezeigt, dass Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA für sich gesehen keine eigene inhaltliche Aussage trifft. Denn im Ergebnis stellt die Bestimmung, dass sich ein Unternehmen auf die Ausübung einer Geschäftstätigkeit bezieht, lediglich eine Wiederholung bereits im OECD-MA getroffener Aussagen dar. Schon dies lässt Zweifel am Definitionscharakter von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECDMA aufkommen. Diese Regelung sollte richtigerweise vielmehr im Lichte ihrer Entstehung gesehen werden. Sie diente allein dem Zweck, den Wegfall von Art. 14 OECD-MA zu kompensieren, weshalb auch mit Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA die entsprechende Parallelbestimmung geschaffen wurde, wonach der Ausdruck „Geschäftstätigkeit“ auch die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeit einschließt. Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA kann und soll damit gerade nicht als unumstößliche, abschließende und den Rückgriff auf innerstaatliches Recht ausschließende Definition dienen, sondern nur den Anwendungsbereich von Art. 7 OECD-MA auf selbstständige Tätigkeiten erweitern. Zuletzt zeigt dies im Übrigen auch die Tatsache, dass die Begriffsbestimmungen in Art. 3 Abs. 1 OECDMA explizit nur gelten sollen, „wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert“. Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA sowie die übrigen allgemeinen Begriffsbestimmungen sind danach gerade nicht allgemeingültig im Sinne eines Dogmas. Sie gelten allgemein, nicht mehr, aber auch nicht weniger.566 Damit kann allein die Existenz von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA nicht dazu führen, dass generell eine Anwendung von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA ausgeschlossen ist. Vielmehr muss insoweit, als sich Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA keine Aussage entnehmen lässt, eine Auslegung nach Maßgabe der völkerrechtlichen Auslegungsgrundsätze erfolgen. Diese definitorische Grenze ist hier bereits mit der Erkenntnis, dass sich ein Unternehmen auch auf die Ausübung einer freiberuflichen und sonstigen selbstständigen Tätigkeit bezieht, erreicht.567 Deshalb muss Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA selbst einer weiterführenden Auslegung zugänglich gemacht werden, d. h. die Formulierung „Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ ausgelegt werden. 565
Weitergehend Krabbe, IStR 2002, 145 (147), der in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA bereits keine Definition, sondern nur eine „allgemeine Umschreibung“ sieht; unklar hingegen Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 49 ff., der in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA keine Definition sieht (ebd., Rn. 50), an anderer Stelle (ebd., Rn. 51) jedoch den Definitionscharakter bejaht und – trotz mangelnder Konkretheit – eine Anwendung von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA grundsätzlich ablehnt. 566 Im Einzelnen und mit Beispielen dazu etwa Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 3 ff. 567 Weitergehend zu dieser tatbestandlichen Erweiterung unter § 5, C. II. 1. c) bb) (4) (S. 131 ff.).
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bb) Auslegung der „Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ Für die nachfolgende Untersuchung muss zunächst festgehalten werden, dass Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA als Teilbestimmung des Tätigkeitsbereichs eines Unternehmens verstanden werden muss [hierzu unter (1)]. Dem schließt sich die Frage an, wie die Begriffe „Geschäftstätigkeit“ [hierzu unter (2)] und „Ausübung“ [hierzu unter (3)] unter grammatikalischen Gesichtspunkten auszulegen sind. (1) Teilbestimmung des Tätigkeitsbereichs eines Unternehmens Bereits im Ausgangspunkt problematisch ist, dass Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA den Unternehmensbegriff wenigstens auf den ersten Blick mit einer Geschäftstätigkeit gleichsetzt. Abkommensrechtlich wird als Unternehmen begrifflich jedoch nicht nur die Unternehmenstätigkeit verstanden, sondern die Verteilungsnormen legen mitunter auch ein personenbezogenes Begriffsverständnis zugrunde.568 Der Unternehmensbegriff kann daher nicht durch die „Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ ersetzt werden, ohne an Sinnhaftigkeit einzubüßen.569 Dies ist aber auch nicht notwendig, denn richtigerweise kann Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA nicht so verstanden werden, dass hierdurch auch der Unternehmensbegriff in persönlicher Hinsicht bestimmt werden soll.570 Zwar erfasst die englische sowie französische Originalfassung von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA begrifflich nicht nur Tätigkeiten, sondern auch das Unternehmen in personenbezogener Hinsicht.571 Eine vergleichende Auslegung verbietet sich jedoch aufgrund des eindeutigen Wortlauts. Das zeigt aber auch, dass sich die Auslegung nicht generell vom Begriff des Unternehmens zum Begriff der Geschäftstätigkeit verlagert. Nur insoweit, als es um die Festlegung der von Art. 7 OECD-MA erfassten Tätigkeiten geht, trifft die Begriffsbestimmung eine eigene Aussage. Bestätigt wird dies durch die nicht abschließende Formulierung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA, wonach der Ausdruck „Unternehmen“ eben nicht die Ausübung einer Geschäftstätigkeit bedeutet, sondern sich hierauf nur bezieht.572
568
Dazu oben unter § 5, C. I. 3. (S. 119 f.). Dazu Vogel, FS Raupach, 627 (628 ff.). 570 Vgl. Vogel, FS Raupach, 726 (733): […] die deutsche Definition [beschränkt] sich auf Tätigkeiten […] und [ist] dadurch nicht für diejenigen Verteilungsnormen geeignet […], in denen das Wort ,Unternehmen‘ […] Personen, natürliche oder juristische, oder Betriebseinheiten bezeichnet.“ 571 In der englischen Fassung: „the carrying on of any business“; in der französischen Fassung: „l’exercise de toute activité ou affaire“. 572 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) aa) (3) (S. 124 f.). 569
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(2) Begriff der „Geschäftstätigkeit“ Möchte man sich dem Begriff „Geschäftstätigkeit“ (engl. business, frz. activité ou affaire) nähern, so wäre doch zunächst Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA zu beachten, wonach dieser Ausdruck auch die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeit einschließt.573 Der Wortlaut dieser Bestimmung zeigt jedoch, dass es sich hierbei keinesfalls um eine abschließende Definition der Geschäftstätigkeit handelt, da freiberufliche und sonstige selbstständige Tätigkeiten lediglich „eingeschlossen“ sind, und dies eben nur „auch“. Der Begriff der Geschäftstätigkeit ist danach nicht auf die allgemeine Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA beschränkt, sondern soll durch letztere vielmehr erweitert werden, weshalb im Folgenden der Ausdruck „Geschäftstätigkeit“ grundsätzlich für sich betrachtet ausgelegt werden soll. Hierfür kann er in seine Wortbestandteile „Geschäft“ einerseits und „Tätigkeit“ andererseits zerlegt werden. Nach deutschem Sprachverständnis handelt es sich bei einem Geschäft um eine auf Gewinn abzielende (kaufmännische) Unternehmung oder ein gewerbliches/kaufmännisches Unternehmen bzw. um die zu diesem Zweck unterhaltenen Räumlichkeiten.574 Eine darüber hinausgehende oder konkretisierende Bedeutung kann dem Begriff der „Tätigkeit“ hingegen nicht entnommen werden; er ist bereits einer Unternehmung immanent.575 Dieses Begriffsverständnis ist dabei nicht notwendigerweise im gewerblichen Kontext anzusiedeln. Denn nach der Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA, welche im Jahr 2000 in das OECD-MA aufgenommen wurde, schließt der Ausdruck der Geschäftstätigkeit auch die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeit ein. Diese Bestimmung zeigt damit, dass generell jede selbstständige Tätigkeit eine Geschäftstätigkeit darstellen kann. Umgekehrt setzt der Begriff der Geschäftstätigkeit aber auch begrifflich keine Selbstständigkeit voraus. Hieran ändert auch Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA nichts.576 Zwar kommt dieser Begriffsbestimmung aufgrund ihrer systematischen Stellung und (Abschnitts-)Überschrift die Funktion einer Definition zu. Die Formulierung „einschließen“ kann hingegen nur als nicht abschließend verstanden
573 In der englischen Fassung: „the term ,business‘ includes the perfomance of professional services and and of other activities of an independant character“; in der französischen Fassung: „les termes ,activité‘, par rapport à une entreprise, et ,affaires‘ comprennent l’exercise de professions libérales ou d’autres activités de caractère indépendant“. (Hervorhebungen nur hier.) 574 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1476, Stichwort „Geschäft“. 575 Vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3861, Stichwort „Tätigkeit“, die beschrieben wird als „das Tätigsein, das Sichbeschäftigen mit etw.“ sowie als „Gesamtheit derjenigen Verrichtungen, mit denen jmd. in Ausübung seines Berufs zu tun hat“. 576 A.A. Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 52, sowie Gschwandtner, Unternehmensgewinne von Personengesellschaften, 157, wonach das Merkmal der Selbstständigkeit (auch) aus Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA folge.
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werden.577 In der Konsequenz wird durch diese Bestimmung also lediglich der Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA erweitert. Auch die Entstehungsgeschichte zeigt, dass Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA ex ovo nur den Wegfall von Art. 14 OECD-MA kompensieren sollte.578 Inwiefern das generelle Erfordernis einer Selbstständigkeit gegebenenfalls aus dem Abkommenszusammenhang gefolgert werden kann, wird noch Gegenstand dieser Untersuchung sein.579 Dies gilt schließlich auch, wenn man die englische und französische Fassung des OECD-MA zugrunde legt. Der Begriff „business“ ist danach ebenfalls nicht zwingend im gewerblichen Kontext anzusiedeln. Denn hierunter wird neben „trade“ (dt. Handel) auch die bloße „occupation“ oder „profession“, also der Beruf bzw. die Erwerbstätigkeit, verstanden.580 Synonym zum Begriff „activité“ wird im Französischen ebenfalls „occupation“ oder „profession“ verwendet.581 Auch in diesen Fällen zwingt Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA mangels abschließender Bestimmungswirkung zu keinem anderen Ergebnis.582 Aus der Verwendung des Begriffs der „Geschäftstätigkeit“ kann daher nur geschlossen werden, dass eine Tätigkeit mit dem Ziel der Gewinnerzielung vorliegen muss.583 (3) „Ausübung“ der Geschäftstätigkeit Diese Geschäftstätigkeit muss auch durch das Unternehmen „ausgeübt“ werden (engl. carrying on, frz. l’exercise). Das Verb „ausüben“ bedeutet nach deutschem Sprachgebrauch die (berufsmäßige) Ausführung einer Tätigkeit; dies muss regelmäßig oder wenigstens für längere Zeit erfolgen.584 Synonym werden in diesem Kontext auch „betreiben“, „nachgehen“, „praktizieren“ oder „verrichten“ verwendet.585 Gleiches gilt im Ergebnis auch mit Blick auf die englische Formulierung
577
Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) aa) (3) (S. 124 f.). Dazu oben unter § 5, C. II. 1. a) (S. 120 f.). 579 Dazu unter § 5, C. IV. 5. b) bb) (S. 202). 580 Hanks et al., The New Oxford Dictionary of English, 249, Stichwort „business“; ebd., 1280, Stichwort „occupation“; ebd., 1480, Stichwort „profession“. 581 Rey-Debove/Rey, Le nouveau Petit Robert, 30, Stichwort „activité“; ebd., 1726, Stichwort „occupation“. 582 In der englischsprachigen Fassung: „the term ,business‘ includes […]“; in der französischsprachigen Fassung: „les termes ,acitivé‘, par rapport à une entreprise, et ,affaires‘ comprennent […]“. (Hervorhebungen nur hier.) 583 A.A. aber Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 41, der den Begriff der Geschäftstätigkeit unter Rückgriff auf das deutsche innerstaatliche Recht als freiberufliche und gewerbliche Tätigkeit (§§ 15, 18 EStG) versteht; einschränkend auch Frotscher, in: Frotscher, EStG, 186. EL, § 49 Rn. 86, der unter „Geschäftstätigkeit“ begrifflich keine Vermögensverwaltung versteht. 584 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 424, Stichwort „ausüben“. 585 Duden, Das Wörterbuch der Synonyme, 53, Stichwort „ausüben“. 578
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„carrying on“586 sowie das französische Pendant „l’exercise“587. Dem Verb „ausüben“ lässt sich damit – und dies gilt gleichermaßen für die englische und französische Fassung des OECD-MA – das Erfordernis einer gewissen Dauerhaftigkeit entnehmen.588 Zwar ist zuzugeben, dass das französische Pendant zur Geschäftstätigkeit „activité ou affaire“ begrifflich auch nur ein einzelnes Geschäft erfassen kann. Zwingend ist dies jedoch nicht, dann dieser Begriff kann auch als „Betrieb“ verstanden werden, was wenigstens auf einen regelmäßigen Tätigkeitshintergrund hindeutet. Dass vielmehr eine gewisse Dauerhaftigkeit vorausgesetzt ist, zeigt darüber hinaus ein Blick in Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA. Danach bedeutet der Ausdruck „Unternehmen eines Vertragsstaats“ ein Unternehmen, das von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person betrieben (engl. carried on, frz. exploitée) wird. Während die englischsprachige Formulierung „carry on“ derjenigen bei Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA entspricht und insoweit bereits im Ausgangspunkt keine abweichende Auslegung angebracht ist, zeigt das französische „exploiter“ deutlich, dass ein „Betreiben“ und mithin eine Dauerhaftigkeit erforderlich ist.589 Etwas anderes folgt zuletzt auch nicht aus dem OECD-MK, wenn es dort heißt, dass die „Frage, ob eine Tätigkeit im Rahmen eines Unternehmens ausgeübt wird oder an sich schon ein Unternehmen darstellt“, sich stets nach dem innerstaatlichem Recht der beteiligten Vertragsstaaten beurteile.590 Denn die Frage dieser Einordnung soll sich eben gerade und allein nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht richten. Für Zwecke einer abkommensautonomen Begriffsbestimmung kann dieser Aussage damit – ungeachtet der ohnehin nur begrenzten Maßgeblichkeit des OECD-MK591 – keine Bedeutung beigemessen werden.592 Aus der in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA verwandten Formulierung „Ausübung“ kann jedoch nicht gefolgert werden, dass eine aktive Tätigkeit – im Gegensatz zu einer passiven – erforderlich ist.593 Auch eine passive Tätigkeit im Sinne einer 586
Vgl. Hanks et al., The New Oxford Dictionary of English, 280, Stichwort „carry on“. Vgl. Rey-Debove/Rey, Le nouveau Petit Robert, 975, Stichwort „exercise“. 588 A.A. Rust, in: Maisto (Hrsg.), The Meaning of „Enterprise“, „Business“ and „Business Profits“ under Tax Treaties and EU Tax Law, 85 (102), der aufgrund der französischen Begrifflichkeit „affaire“ zu dem Ergebnis kommt, dass aus Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA keine Dauerhaftigkeit gefolgert werden kann. 589 So auch M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, 75 f. 590 Art. 3 Ziff. 4 OECD-MK. (Hervorhebung nur hier.) 591 Dazu oben unter § 5, A. V. 2. c) bb) (S. 87 f.). 592 So aber Rust, in: Maisto (Hrsg.), The Meaning of „Enterprise“, „Business“ and „Business Profits“ under Tax Treaties and EU Tax Law, 85 (103), der hierin seine Auslegung bestätigt sieht, dass auch einmalige Tätigkeiten eine Unternehmenstätigkeit darstellen können und mithin keine Dauerhaftigkeit vorausgesetzt ist. 593 So i.E. auch Reimer, in: Reimer/Rust, Klaus Vogel on Double Taxation Conventions, 4. Aufl., Art. 3 Rn. 47; a.A. Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 52; a.A. auch Frotscher, in: Frotscher, EStG, 186. EL, § 49 Rn. 86, der bereits aus dem Begriff der „Geschäftstätigkeit“ folgert, dass keine vermögensverwaltenden Tätigkeiten erfasst sein sollen. 587
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Vermögensverwaltung wird ausgeübt, wenn z. B. Kapital mit dem Ziel der Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten überlassen wird. Denn auch in diesem Fall sind Vorarbeiten wie beispielsweise die Auswahl der richtigen Risikoanlageklasse für Aktien erforderlich, die eine detaillierte Beschäftigung mit den Unternehmensdaten und -kennzahlen erforderlich macht. Ob sich ein solches Aktivitätserfordernis im Rahmen der Auslegung aus dem Abkommenszusammenhang ergibt, ist noch Gegenstand dieser Untersuchung. Aus dem Begriff der Ausübung kann daher nur gefolgert werden, dass nicht einmaliges oder unregelmäßiges Tätigwerden erfasst sein soll, sondern vielmehr der Geschäftstätigkeit für eine gewisse Dauer, sprich: nachhaltig nachgegangen werden muss.594 (4) Erweiterung auf freiberufliche und sonstige selbstständige Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA Zuletzt stellt sich nach alledem die Frage, welche Folgerungen im Einzelnen aus der Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA für den Ausdruck der Geschäftstätigkeit gezogen werden können. Danach schließt der Ausdruck „Geschäftstätigkeit“ auch die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeit ein. (a) Keine Maßgeblichkeit des innerstaatlichen Steuerrechts Die Begriffe „freiberuflich“ und „selbstständig“ sind dabei zwar auch dem deutschen Steuerrecht bekannt (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG). Ein Rekurs auf die jeweilige innerstaatliche Bedeutung kann jedoch nicht ohne weiteres vorgenommen werden, sondern steht unter dem Vorbehalt, dass eine abkommensautonome Auslegung dieser Begrifflichkeiten scheitert (vgl. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA). Dass ein Rückgriff auf innerstaatliches Steuerrecht gerade im vorliegenden Fall mehr als problematisch ist, folgt aus zweierlei Gründen: Zum einen zeigt die Regelung in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG deutlich, dass der Begriff der „sonstigen selbstständigen Arbeit“ im innerstaatlichen Steuerrecht keinesfalls feststehend ist.595 Zum anderen findet die englisch- und französischsprachige Formulierung keinen identischen Widerklang im jeweiligen innerstaatlichen Steuerrecht, und die ähnlich lautenden Begriffe sind dort auch nicht definiert, sondern allenfalls kasuistisch umschrieben.596 Gerade dies bestätigt den Vorrang der abkommensautonomen Auslegung im Allgemeinen und
594
So mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 lit. d) auch Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 52. Zutreffend Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 12; kritisch zu diesem Argument aber Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S 271, der in der begrifflichen Parallelität wohl einen Verweis sieht und hieraus folgert, dass ein „Verweis auf innerstaatliches Recht […] mit keinem Qualitätsanspruch verbunden“ sei und „auch eine unzureichende innerstaadliche Regelung“ zu beachten sei. 596 Im Einzelnen dazu Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 12. 595
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gilt im Speziellen daher auch für Art. 14 OECD-MA a.F. bzw. Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA.597 (b) Freiberufliche und sonstige selbstständige Tätigkeit nach Art. 14 OECD-MA a.F. Zunächst bietet es sich daher an, einen Blick auf Art. 14 OECD-MA a.F. zu werfen, der zwar im Jahr 2000 gestrichen wurde, aber doch im weiteren Sinne Vorgängerregelung zu Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA ist.598 Dieser regelte die Besteuerung von Einkünften „aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit“.599 Die Begriffe „freier Beruf“ (engl. professional services, frz. profession libérale) sowie „selbständige Tätigkeit“ (engl. activities of an independant character, frz. activités de caractère indépendant) wurden dabei jedoch selbst nicht definiert; allein ersterer fand eine nähere Umschreibung in Art. 14 Abs. 2 OECDMA a.F. durch eine beispielhafte Aufzählung möglicher freiberuflicher Tätigkeiten.600 Diese Aufzählung war dabei freilich nicht abschließender Natur,601 zeigt jedoch, dass in erster Linie die auch dem deutschen Steuerrecht bekannten tradierten Freiberufe (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG) umfasst sein sollen.602 Die Existenz des 597 A.A. aber Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S 271; Krabbe, FR 1995, 692 (692); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.410 (vorbehaltlich aus dem Zusammenhang ergibt sich anderes); Strunk-zur Heide, in: S/K/K, OECD-MA, 11. EL, Art. 14 Rn. 21; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 86. EL, Art. 14 Rn. 11, 13; Wilke, in: G/K/G, OECD-MA, Art. 14 Rn. 31, die eine Auslegung des Art. 14 OECD-MA unter Rückgriff auf das innerstaatliche Steuerrecht bevorzugen. 598 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. a) (S. 120). 599 Die in den deutschsprachigen Fassungen variierenden Formulierungen („freiberuflich“ einerseits, „aus einem freien Beruf“ andererseits) sind allein kosmetischer Natur und ziehen kein abweichendes Verständnis nach sich; dies zeigen bereits die englische sowie die französische Originalfassung, welche diese Abweichung zwischen Art. 14 OECD-MA a.F. und Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA nicht nachvollziehen; Art. 14 Abs. 1 OECD-MA a.F. in der englischen Originalfassung: „[…] derived […] in respect of professional services or other activities of an independant character“; in der französischen Originalfassung: „[…] tire d’une profession libérale ou d’autres activités de caractère indépendant.“ 600 Art. 14 Abs. 2 OECD-MA a.F.: „Der Ausdruck ,freier Beruf‘ umfasst insbesondere die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, literarische, künstlerische, erzieherische oder unterrichtende Tätigkeit sowie die selbständige Tätigkeit der Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten, Zahnärzte und Buchsachverständigen.“ 601 Dies folgt bereits aus der Formulierung „insbesondere“, statt vieler auch Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 59. 602 Allein daraus folgt jedoch noch nicht, dass eine Auslegung entsprechend dem innerstaatlichen Begriffsverständnis zu erfolgen hat. Dies ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls, wobei immer der Versuch unternommen werden muss, die Begriffe aus dem jeweiligen Abkommen heraus auszulegen; so auch Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 60; Tcherveniachki, in: Schönfeld/Ditz, Art. 14 Rn. 31; differenzierend hingegen Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 86. EL, Art. 14 Rn. 17, der den Begriff „freier Beruf“ primär unter Heranziehung von Art. 14 Abs. 2 OECD-MA a.F., ergänzend jedoch unter Anwendung von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG auslegen will, und den Ausdruck „sonstige selbstständige Tätigkeit“ (allein) unter Heranziehung von § 18 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EStG auslegen möchte. Zu beachten
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Katalogs in Art. 14 Abs. 2 OECD-MA a.F. führt dann auch dazu, dass für die Frage, ob ein freier Beruf ausgeübt wird, in erster Linie ein Vergleich mit den einzelnen dort genannten Tätigkeiten erfolgen sollte.603 Darüber hinaus sind als „freie Berufe“ i.S.d. Art. 14 Abs. 1 OECD-MA a.F. allein solche zu verstehen, die auch selbstständig wahrgenommen werden: Dies zeigt nicht nur Art. 14 Abs. 2 OECD-MA a.F, sondern vor allem die zweite Alternative des Art. 14 Abs. 1 OECD-MA a.F., wonach auch die Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Tätigkeit erfasst sind; die Selbstständigkeit ist danach auch gerade Charakteristikum der von Art. 14 OECD-MA a.F. erfassten freiberuflich erzielten Einkünfte. Wesentliche Eigenschaft scheint damit – und dies zeigt auch Art. 15 OECD-MA – die Abgrenzung von der unselbstständigen Tätigkeit zu sein.604 Orientiert man sich hierfür am allgemeinen Sprachgebrauch, so kann eine solche Selbstständigkeit regelmäßig angenommen werden, wenn es an einer Weisungsbefugnis Dritter fehlt und ein eigenverantwortlich zu tragendes Risiko der Tätigkeit besteht.605 (c) Dauerhaftigkeitserfordernis der „Ausübung“ Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA spricht ferner von der „Ausübung“ (engl. performance, frz. l’exercise) einer solchen freiberuflichen oder selbständigen Tätigkeit. Bereits weiter oben wurde dargelegt, dass diesem Ausdruck das Erfordernis einer Dauerhaftigkeit entnommen werden kann.606 (d) Dienstleistungscharakter der von Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA erfassten Tätigkeiten Fraglich ist jedoch, welche Bedeutung die Formulierung „Tätigkeit“ hat. Während sich diese in der deutschen Fassung von Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA sowohl auf die freiberufliche als auch sonstige selbstständige Tätigkeit bezieht, differenzieren die englische sowie französische Originalfassung zwischen services und activities bzw. professions und activités. Die jeweiligen letzteren Begriffe entsprechen dabei der deutschen „Tätigkeit“; der Begriff services spricht hingegen für einen Dienstleistungscharakter und professions schlicht für eine berufliche Tätigkeit. Diese begriffliche Ambivalenz ließe sich jedoch weitgehend ausräumen, wenn man die englischsprachige Überschrift zu Art. 14 OECD-MA a.F. heranzieht, wo von ist insoweit jedenfalls, dass auch die Abgrenzung zwischen § 15 EStG und § 18 EStG nach deutschem Steuerrecht keinesfalls „über Nacht“ trennscharf umgesetzt wurde, sondern vielmehr einer steten Entwicklung unterliegt, dazu etwa Scharl, StB 1989, 397. 603 Dem entspricht die Äußerung in Ziff. 2 zu Art. 14 OECD-MK, wonach die Aufzählung in Art. 14 Abs. 2 OECD-MA a.F. der Erläuterung des Ausdrucks „freier Beruf“ diene, nicht erschöpfend sei und im Fall von Auslegungsschwierigkeiten im Einzelfall ein Verständigungsverfahren Abhilfe schaffen könne. 604 So auch Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 7, 12. 605 Ähnlich i.E. auch Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 12; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 86. EL, Art. 14 Rn. 15. 606 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) bb) (3) (S. 129 ff.).
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„Independent personal services“ die Rede ist, mit anderen Worten: Von unabhängig erbrachten persönlichen Dienstleistungen. Diese Bedeutung lässt sich der französischsprachigen Überschrift („Professions indépendantes“) zwar nicht unmittelbar entnehmen, steht dem vorher Genannten aber auch nicht entgegen.607 Überträgt man diesen Gedanken nun auf Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA, so folgt hieraus, dass die hiervon erfassten freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeiten zum einen Dienstleistungen darstellen (müssen).608 Zum anderen müssen diese Dienstleistungen persönlich erbracht werden. In diesem Kontext („independent personal services“) spricht vieles dafür, hieraus das Erfordernis einer überwiegenden persönlichen Leistungserbringung im Sinne der persönlichen Arbeitsleistung abzuleiten.609 Umgekehrt kann daraus aber auch gefolgert werden, dass der Kapitaleinsatz an sich nicht im Vordergrund steht.610 (e) Zwischenergebnis Damit kann festgehalten werden, dass mit Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA der Ausdruck „Geschäftstätigkeit“ auch die Ausübung einer selbstständig erbrachten Dienstleistung mit überwiegender persönlicher Arbeitsleistung einschließt. Dies hat freilich unmittelbar keinen Einfluss auf die bereits oben erfolgte Auslegung des Begriffs der Geschäftstätigkeit, denn dieser soll lediglich durch Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA erweitert werden. Weitestgehend unberücksichtigt blieb dabei die abkommensrechtliche Systematik und damit verbunden insbesondere das Verhältnis von Art. 14 OECD-MA zu den übrigen Verteilungsnormen.611 Während diesbezüglich der Vorrang von Art. 16 und 17 OECD-MA vor Art. 14 OECD-MA a.F. anerkannt ist,612 stellt sich insbesondere die Frage nach dem Verhältnis von Art. 14 OECD-MA a.F. zu Art. 7 OECDMA und mithin der Abgrenzung der freiberuflichen und sonstigen selbstständigen Arbeit von der ursprünglichen Unternehmenstätigkeit. Auf diesen Aspekt wird im
607
Zutreffend Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 13. So auch für die „sonstige selbständige Arbeit“ Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 13. 609 Vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 812, Stichwort „Dienstleistung“, wonach eine solche nicht unmittelbar der Produktion von Gütern dient; i.E. ähnlich zu Art. 14 OECD-MA Strunk-zur Heide, in: S/K/K, OECD-MA, 11. EL, Art. 14 Rn. 34. 610 So i.E. auch Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S 271, der dies jedoch aus dem Begriff „Selbständigkeit“ folgert; dies ist allerdings begrifflich wenig nachvollziehbar, denn auch eine unselbstständige Tätigkeit i.S.d. Art. 15 OECD-MA kann durch eine überwiegende persönliche Arbeitsleistung geprägt sein, wie z. B. bei einem assoziierten Rechtsanwalt, vgl. Strunk-zur Heide, in: S/K/K, 11. EL, Art. 14 Rn. 7; wie Kluge wohl auch Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 13. 611 Dazu etwa Tcherveniachki, in: Schönfeld/Ditz, Art. 14 Rn. 11 ff. 612 So etwa Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 14 Rn. 8; Tcherveniachki, in: Schönfeld/Ditz, Art. 14 Rn. 18 f. 608
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Rahmen der Untersuchung der abkommensrechtlichen Systematik noch eingegangen.613 d) Zwischenergebnis Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA verfolgt das Ziel, über Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECDMA auch freiberufliche und sonstige selbstständige Tätigkeiten unter Art. 7 OECDMA fassen zu können. Die hierfür im Jahr 2000 eingeführte Bestimmung, ein Unternehmen bezieht sich auf die Ausübung einer Geschäftstätigkeit, ist deshalb auch nicht als abschließende Definition zu verstehen. Konsequenterweise kann Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA auch nur dahin verstanden werden, dass er den Tätigkeitsbereich eines Unternehmens näher bestimmen soll. Hierfür lässt sich der Formulierung „Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ entnehmen, dass ein Unternehmen in sachlicher Hinsicht eine mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit, die von gewisser Dauer ist, voraussetzt. Das Kriterium der Selbstständigkeit kann dieser Definition jedoch nicht unmittelbar (oder mittelbar über Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA) entnommen werden. Dies könnte lediglich in Abgrenzung zu Art. 15 OECD-MA sowie zu anderen Verteilungsnormen betreffend unselbstständige Tätigkeiten erfolgen, was noch an gegebener Stelle untersucht wird.614 Betrachtet man Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA für sich, lässt sich der Unternehmensbegriff in sachlicher Hinsicht kaum eingrenzen. Auch über die Bestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA wird der Unternehmensbegriff nicht (mittelbar) eingeschränkt, sondern im Gegensatz vielmehr erweitert. Eine treffsichere Definition war aber gerade auch nicht beabsichtigt. Die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung zeigt vielmehr, dass die Auslegung des Unternehmensbegriffs an dieser Stelle nicht enden soll. 2. Abkommenseigene Definition außerhalb von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA Damit stellt sich die Frage, inwiefern das OECD-MA bzw. die einzelnen DBA eine abkommenseigene Definition unabhängig von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA enthalten. Hierfür kommen zunächst Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA [hierzu unter a)], Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA [hierzu unter b)] sowie Art. 7 Abs. 1 OECD-MA in Betracht [hierzu unter c)]. Zudem ist fraglich, ob einzelne deutsche DBA eine solche Definition enthalten [hierzu unter c)].
613 614
Dazu unter § 5, C. IV. 5. a) (S. 198 ff.). Dazu unter § 5, C. IV. 5. b) bb) (S. 202).
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§ 5 Gewerbliche Prägung im Anwendungsbereich von DBA
a) Definition in Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA Neben der allgemeinen Begriffsbestimmung in lit. c) für den Unternehmensbegriff enthält Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA auch die Anordnung, dass die Ausdrücke „Unternehmen eines Vertragsstaats“ bzw. „Unternehmen des anderen Vertragsstaats“ Unternehmen bedeuten, die von einer im einen bzw. anderen Vertragsstaat ansässigen Person betrieben werden. Eine definitorische Aussage hinsichtlich des Unternehmensbegriffs kann dieser Bestimmung jedoch nicht entnommen werden. Lit. d) dient der Klarstellung, dass es für den Abkommensschutz bzw. die Feststellung der abkommensberechtigten Person nicht auf den Ort des Unternehmens als solchen, sondern auf die Ansässigkeit der das Unternehmen betreibenden Person ankommt.615 Dieser Begriffsbestimmung kommt daher durchaus die Funktion einer Definition zu, was auch schon darin zum Ausdruck kommt, dass lit. d) klar von „Bedeutung“ spricht.616 Den sachlichen Anwendungsbereich des Unternehmensbegriffs soll diese Bestimmung jedoch nicht definieren oder konkretisieren. b) Definition in Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA Damit eng verbunden ist auch die Frage, ob in Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA eine Definition des Unternehmensbegriffs gesehen werden kann. Bereits im Ausgangspunkt spricht hiergegen jedoch, dass sich diese Begriffsbestimmung nicht – anders als Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA – auf ein „Unternehmen“ bezieht, sondern den Ausdruck „Geschäftstätigkeit“ zum Anknüpfungspunkt nimmt. Die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung zeigt, dass alleiniger systematischer und begrifflicher Anknüpfungspunkt Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA sein soll, weshalb es auch nicht überzeugt, diesen in Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zu suchen.617 Dann kann Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA aber auch nicht als Definition des Unternehmensbegriffs i.S.d. Art. 3 Abs. 1 OECD-MA gesehen werden, sondern allenfalls im Rahmen der Auslegung von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA von Bedeutung sein.618 c) Definition in Art. 7 OECD-MA Eine ausdrückliche Definition enthält Art. 7 OECD-MA in seiner Musterformulierung nicht. Gleiches gilt auch für die vorangehenden Fassungen des OECD615
Statt vieler Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 42. Zur Reichweite dieser Formulierung oben unter § 5, C. II. 1. c) aa) (3) (S. 124 f.). 617 Unabhängig davon würde Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA aufgrund seiner nicht abschließenden Formulierung („schließt […] ein“) ohnehin nur zur tatbestandlichen Ausweitung führen, vgl. oben unter § 5, C. II. 1. c) aa) (3) (S. 124 f.). 618 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) bb) (4) (S. 131 ff.). 616
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MA. Ein Verweis auf nationales (Steuer-)Recht existiert(e) ebenfalls nicht. Auch die „Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ in Art. 7 Abs. 1 OECD-MA kann hierfür nicht herangezogen werden, denn unabhängig davon, inwiefern dieser Aussage tatsächlich Erklärungswert zukommt, handelt es sich hierbei nicht um eine Definition. d) Definition in einzelnen DBA Fraglich ist hingegen, ob nicht einzelne DBA Definitionen des Unternehmensbegriffs enthalten, die über die allgemeine Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA hinausgehen. Dies gilt allen voran in denjenigen Fällen, in denen ein DBA – abweichend von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA – ausdrücklich von gewerblichen Gewinnen oder einer gewerblichen Tätigkeit spricht.619 Zum Teil wird hieraus gefolgert, dass ein Rückgriff auf das innerstaatliche Steuerrecht vorzunehmen sei, mithin eine Auslegung anhand des § 15 EStG zu erfolgen habe.620 Dem kann in dieser Absolutheit nicht gefolgt werden. Denn eine Anwendung des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA setzt voraus, dass eine Auslegung aus dem Abkommenszusammenhang ausscheidet oder keinen Erfolg hat. Erst wenn dies der Fall ist, kann eine Auslegung anhand des nationalen Begriffsverständnisses erfolgen. Aber unabhängig davon kann allein die „Gewerblichkeit“ einer Tätigkeit nicht die Funktion einer Definition erfüllen, sondern ist dieser Begriff vielmehr seinerseits auslegungsbedürftig. e) Zwischenergebnis Damit kann festgehalten, dass – abgesehen von Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA sowie den gleichlautenden DBA-Bestimmungen – weder dem OECD-MA noch denjenigen DBA, die „gewerbliche Gewinne“ o. ä. voraussetzen, eine Definition des Unternehmensbegriffs entnommen werden kann. Für die Auslegung des Unternehmensbegriffs bleibt es damit bei dem zu Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA gefundenen Zwischenergebnis, dass ein Unternehmen in tätigkeitsbezogener Hinsicht eine mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte, nachhaltige Tätigkeit voraussetzt. 619
Dazu die Beispiele unter § 5, C. I. 2. (S. 118 f.). So z. B. Niehaves, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Art. 7 MA Rn. 34, der diese Fälle als „eigenständige Definition bzw. nähere Umschreibung des Unternehmensbegriffs“ erkennt; so i.E. auch Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 50; den Definitionscharakter hingegen eindeutig ablehnend und in der Regelung vielmehr einen Verweis auf das jeweilige innerstaatliche Recht ohne „,Umweg‘ über die Art. 3 Abs. 2 OECD-MA entsprechenden Regelungen“ erkennend Wolff, FS Wassermeyer, 647 (648); ders., in: Wassermeyer, DBA-USA, 107. EL, Art. 7 Rn. 8; so wohl auch Strunk, in: Grotherr, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., 573. 620
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Damit muss nach dem oben festgelegten Untersuchungsverlauf der abkommensrechtliche Zusammenhang um weitere Erkenntnisse für die Auslegung des Unternehmensbegriffs bemüht werden. Dies gilt umso mehr, wenn es – wie in den meisten seitens Deutschlands abgeschlossenen DBA – an einer dem Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA entsprechenden Begriffsbestimmung fehlt. Denn in diesen Fällen können die aus der Untersuchung dieser Bestimmung gewonnenen Erkenntnisse freilich nicht unmittelbar übernommen werden.
III. Wortlaut relevanter DBA-Bestimmungen Deshalb soll nachfolgend der Wortlaut von neben Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA stehenden Bestimmungen untersucht werden. Hierfür wird zunächst Artikel 7 Abs. 1 OECD-MA [hierzu unter 1.] und anschließend Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA [hierzu unter 2.] näher betrachtet. 1. Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA Für die Auslegung des Unternehmensbegriffs lassen sich Art. 7 Abs. 1 OECDMA im Kern zwei Formulierungen entnehmen: „Gewinne eines Unternehmens“ [hierzu unter a)] und „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ [hierzu unter b)]. a) „Gewinne eines Unternehmens“ Hinsichtlich der Formulierung „Gewinne eines Unternehmens“ kann unterschieden werden zwischen dem Gewinnbegriff einerseits [hierzu unter aa)] und dem Unternehmensbegriff andererseits [hierzu unter bb)]. aa) Keine diesbezügliche Aussagekraft des Gewinnbegriffs Zunächst stellt sich die Frage, ob dem Begriff „Gewinne“ eine Aussage zum „Unternehmen“ in tätigkeitsbezogener Hinsicht entnommen werden kann. Dem Wortlaut nach könnte dies etwa dergestalt erfolgen, dass man einen begrifflichen Gleichlauf mit dem Gewinnbegriff des deutschen Einkommensteuerrechts sieht. Da der Gewinnbegriff dort nur im Zusammenhang mit den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb sowie selbstständiger Arbeit verwandt wird (vgl. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG), könnte dies mithin über Art. 3 Abs. 2 OECD-MA dahingehend verstanden werden, dass der Unternehmensbegriff insoweit nach innerstaatlichem Recht auszulegen ist. Ein Blick auf Art. 7 Abs. 3 OECD-MA zeigt jedoch, dass mit der Formulierung „Gewinne“ im Kern nur die Höhe der zuzurechnenden Einkünfte zu verstehen ist.
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Eine Regelung hierzu sieht das OECD-MA nicht vor, so dass richtigerweise für die Frage der Gewinnermittlung auf das jeweilige innerstaatliche Recht zurückgegriffen werden muss.621 Der Unternehmensbegriff als solcher kann hierdurch jedoch nicht bestimmt werden. bb) Generelle und wirtschaftsspezifische Bedeutung von „Unternehmen“ Damit bleibt nur, den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 1 OECDMA über die Auslegung des Begriffs „Unternehmen“ näher zu bestimmen. Bereits die Ausführungen zu § 12 S. 1 AO haben gezeigt, dass dem Unternehmensbegriff zwar einerseits eine wirtschaftsspezifische Bedeutung zukommt, ein Unternehmen andererseits aber nach allgemeinem deutschen Sprachverständnis auch lediglich als Vorhaben – und damit ohne spezielle Beziehung zu einem Gewerbe oder Betrieb – verstanden werden kann.622 Diese begriffliche Ambivalenz ist darüber hinaus nicht allein der deutschen Sprache immanent, denn auch die entsprechende englische und französische Formulierung bestätigt dieses Ergebnis: Wenn es dort „enterprise“ oder „entreprise“ lautet, so kommt diesen Begriffen nach dem jeweiligen innerstaatlichen Sprachgebrauch auch die generelle Bedeutung des „Vorhabens“ sowie die wirtschaftsspezifische des „Betriebs“ bzw. der „Industrie“ zu.623 Nach alledem kann der Begriff „Unternehmen“ auch für Zwecke des Art. 7 OECD-MA sowohl in wirtschaftsspezifischer als auch allgemeinsprachlicher Hinsicht verstanden werden. Eine eindeutige Zuordnung ist jedoch, wie auch ein Blick auf die englische und französische Originalfassung des OECD-MA zeigt, nicht möglich. b) „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage, welche Aussage der „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ in Art. 7 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 OECD-MA entnommen werden kann. Diese Formulierung stimmt mit der (Teil-)Definition in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECDMA überein, welche bereits zuvor untersucht wurde.624
621 BFH, Urteil v. 22. 5. 1991, I R 32/90, BStBl. II 1992, 94; Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 21; Niehaves, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Art. 7 MA Rn. 37; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 151. 622 Dazu oben unter § 4, A. II. 1. a) cc) (1) (b) (S. 48 f.). 623 Hanks et al., The New Oxford Dictionary of English, 615, Stichwort „enterprise“; ReyDebove/Rey, Le nouveau Petit Robert, 983, Stichwort „entreprise“. 624 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. (S. 120 ff.).
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aa) Verwendung in anderem Kontext Anders als dort steht die Ausübung der Geschäftstätigkeit bei Art. 7 OECD-MA jedoch an sich in anderem Kontext. Denn in Art. 7 Abs. 1 S. 1 OECD-MA heißt es, dass Unternehmensgewinne nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden können, „es sei denn, das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit im anderen Staat durch eine dort belegene Betriebsstätte aus.“ Die Ausübung einer Geschäftstätigkeit durch eine Betriebsstätte teilt dem Quellen- bzw. Betriebsstättenstaat folglich das Besteuerungsrecht hinsichtlich der insoweit erzielten Einkünfte zu. Auf den ersten Blick dient diese Formulierung daher nicht dem Zweck, den Unternehmensbegriff zu verdeutlichen, sondern festzulegen, wann (und inwieweit) der Betriebsstättenstaat besteuern darf. Dies wirft die Frage auf, ob die „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ bloße zusätzliche Voraussetzung für die Besteuerung im Betriebsstättenstaat ist – mithin also für die Auslegung des Unternehmensbegriffs keine Rolle spielt –, oder ob es sich dabei um ein Wesensmerkmal der Unternehmenstätigkeit per se handelt, wenn und weil es auch allgemeine Voraussetzung für eine Besteuerung des Unternehmens im Ansässigkeitsstaat ist. Die abkommensrechtliche Besteuerungsbefugnis des Betriebsstättenstaats hat seinen Grund in der stärkeren Verknüpfung zwischen den Einkünften und dem Quellenstaat. Durch die Betriebsstätte nutzt das Unternehmen die vom Quellenstaat zur Verfügung gestellten infrastrukturellen Einrichtungen, was es rechtfertigt, die hieraus erzielten Einkünfte auch einer Besteuerung im Quellenstaat zu unterwerfen.625 Letzteres richtet sich dann wiederum nach Art. 5 Abs. 1 OECD-MA, wonach eine Betriebsstätte vorliegt bei einer „feste[n] Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.“ Ein Vergleich mit der Betriebsstättendefinition in Art. 5 Abs. 1 OECD-MA zeigt jedoch, dass die Formulierung „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ im Rahmen des Art. 7 Abs. 1 S. 1 OECD-MA keine zusätzlich Voraussetzung an die Besteuerungsbefugnis des Betriebsstättenstaates darstellt – denn sie ist bereits in der Betriebsstättendefinition enthalten. Verwendet man nämlich die Definition in Art. 5 Abs. 1 OECD-MA stellvertretend für den Begriff „Betriebsstätte“ in Art. 7 Abs. 1 OECD-MA, würde dessen zweiter Halbsatz lauten: „[…] es sei denn, das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit im anderen Staat durch eine dort belegene feste Geschäftseinrichtung aus, durch die die Geschäftstätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.“ Diese sprachliche Doppelung zeigt, dass das Erfordernis der „Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ für die Auslegung des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA generell gilt, und zwar auch insoweit, als die Besteuerungsbefugnis des Ansässigkeitsstaats betroffen ist. 625
Zum Betriebsstättenprinzip noch unter § 5, C. IV. 3. a) (S. 158 ff.).
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bb) Keine über Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA hinausgehende Aussagekraft Damit stellt sich die Frage, inwiefern die „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ – unabhängig von der Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA – für die Auslegung des Unternehmensbegriffs bedeutsam sein kann. Zunächst kann festgehalten werden, dass formulierungstechnisch kein Unterschied zu Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA existiert. Es besteht deshalb grundsätzlich kein Anhaltspunkt, aus Art. 7 Abs. 1 S. 1 OECD-MA andere Folgerungen als aus der allgemeinen Begriffsbestimmung zu ziehen. Etwas anders könnte nur dann gelten, wenn die „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ aufgrund ihrer Verwendung in Art. 7 Abs. 1 OECD-MA eine abschließende Bestimmung des Unternehmensbegriffs erfordert. Insoweit ließe dies einen über Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA hinausgehenden Schluss zu, nämlich dass sich der Begriff „Unternehmen“ allein als Ausübung einer Geschäftstätigkeit verstehen lässt. Dies ist indes nicht der Fall. Denn die Formulierung „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ hat keine spezielle, auf Unternehmen beschränkte Bedeutung. Zwar wird sie im OECD-MA prominent in Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 verwandt und steht dort im Kontext des Unternehmens bzw. der Betriebsstätte; darüber hinaus erscheint dieser Begriff auch mehrheitlich im Kontext der Betriebsstättenvorbehalte,626 daneben aber auch ohne hinreichenden Bezug zu einem Unternehmen. Dies zeigen insbesondere Art. 5 Abs. 7 OECD-MA und Art. 19 Abs. 3 OECD-MA, wo von der Geschäftstätigkeit einer Gesellschaft oder der Geschäftstätigkeit eines Vertragsstaats die Rede ist. Gerade Gesellschaften weisen aber per definitionem nicht zwingend Unternehmenscharakter auf.627 Zuletzt ist es ausweislich der Formulierung in Art. 5 Abs. 7 OECD-MA auch möglich, dass eine Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit durch eine Betriebsstätte oder auf andere Weise ausübt. Die Geschäftstätigkeit ist daher gerade nicht auf die Definition der Betriebsstätte nach Art. 5 Abs. 1 OECDMA beschränkt. Die Formulierung „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ hat damit keinen ausschließlichen Bezug zum Unternehmensbegriff. Aus ihr kann daher nicht gefolgert werden, dass der Auslegung des Unternehmensbegriffs begrifflich zwingende Schranken gesetzt werden. Folglich kommt der „Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ i.S.d. Art. 7 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 OECD-MA im Rahmen der Auslegung des Unternehmensbegriffs nur dann Bedeutung zu, wenn ein DBA keine Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA entsprechende Bestimmung vorsieht. Doch auch in diesen Fällen besteht kein Grund, eine von der allgemeinen Begriffsbestimmung abweichende Auslegung vorzunehmen, weshalb 626
Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4, Art. 12 Abs. 3, Art. 21 Abs. 2 OECD-MA. So spricht Art. 3 Abs. 1 lit. b) OECD-MA nur davon, dass der Ausdruck „Gesellschaft“ „juristische Personen oder Rechtsträger [bedeutet], die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden“. 627
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§ 5 Gewerbliche Prägung im Anwendungsbereich von DBA
insoweit die obigen Ausführungen zu Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA entsprechend gelten.628 c) „Gewerbliche“ Gewinne eines Unternehmens Doch ist fraglich, ob nicht dann etwas anderes zu gelten hat, wenn einzelne DBA von gewerblichen Gewinnen oder einer gewerblichen Tätigkeit sprechen.629 Bereits oben wurde festgestellt, dass herin keine Definition des Unternehmensbegriffs zu sehen ist.630 Auch ist es nicht zwingend angezeigt, hierin einen Rückgriff auf innerstaatliches Recht zu sehen.631 Entscheidend ist vielmehr, festzustellen, ob dem Erfordernis einer „Gewerblichkeit“ bei abkommensautonomer Auslegung eine besondere Bedeutung beigelegt werden muss. Begrifflich wird unter Gewerbe eine selbstständige, dem Erwerb dienende, berufliche Tätigkeit verstanden; darüber hinaus wird dies mitunter aber auch einschränkend auf produzierende Betriebe oder Handelsunternehmen verstanden.632 Zuletzt – und dies bestätigt auch ein Vergleich mit § 15 Abs. 2 EStG – werden begrifflich die freien Berufe sowie die Land- und Forstwirtschaft ausgeklammert.633 Damit ist aber noch nicht zwingend festgestellt, dass dieses Verständnis auch abkommensrechtlich maßgeblich sein muss. Dies ist allein dann zu bejahen, wenn die korrespondierende anderssprachige Fassung ebenfalls diesen Schluss zulässt. So spricht beispielsweise das DBA-Frankreich sowohl von „gewerblicher Tätigkeit“ als auch „opérations commerciales“ (Art. 4 Abs. 1 DBA-Frankreich).634 Letzteres wird gerade im Französischen auch als Gewerbe oder Handel verstanden.635 Ähnliches gilt auch mit Blick auf das DBA-Griechenland. Dort heißt es in der deutschen Fassung des Art. III Abs. 1 „Gewerbliche Gewinne eines Unternehmens“, und in der englischsprachigen Fassung „industrial or commercial profits of an enterprise“. Auch hier führt die Auslegung der letzteren Formulierung zu einem Ergebnis, das dem deutschen Sprachverständnis ähnelt. Dann ist es auch angebracht, innerhalb dieser Schnittmenge den Unternehmensbegriff enger zu ziehen und hierfür eine gewerb628
Zusammenfassend dazu unter § 5, C. II. 1. d) (S. 135). Dazu die Beispiele unter § 5, C. I. 2. (S. 118 f.). 630 Dazu oben unter § 5, C. II. 2. d) (S. 137). 631 Dies hat auch der BFH mit Urteil v. 28. 4. 2010, I R 81/09, BStBl. II 2014, 754 für das DBA-USA, welches von einer „Gewerblichkeit“ spricht, verneint; a.A. Hemmelrath, in: Vogel/ Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 50 f.; Niehaves, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Art. 7 MA Rn. 34; Piltz, Die Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, 150; Wolff, in: Wassermeyer, DBA-USA, 107. EL, Art. 7 Rn. 8. 632 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1507, Stichwort „Gewerbe“. 633 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1507, Stichwort „Gewerbe“. 634 Gleiches gilt auch nach Art. 4 Abs. 4 DBA-Frankreich, wo sich die Formulierung „gewerbliches Unternehmen“ bzw. „l’entreprise industrielle ou commerciale“ findet. 635 Rey-Debove/Rey, Le nouveau Petit Robert, 475 f., Stichwort „commercial, iale, iaux“. 629
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liche oder industrielle Tätigkeit bzw. eine Handelstätigkeit vorauszusetzen.636 Dafür spricht zuletzt auch, dass die soeben genannten DBA auch noch eine Art. 14 OECDMA a.F. entsprechende Regelung betreffend die Einkünfte aus freiberuflicher bzw. selbstständiger Tätigkeit enthalten.637 Anderes gilt hingegen beispielsweise für Art. 7 Abs. 1 DBA-USA. Dort heißt es zwar einerseits in der deutschen Fassung „gewerbliche Gewinne eines Unternehmens“, im Englischen jedoch andererseits „business profits of an enterprise“. Weder „business“ noch „enterprise“ lassen sich jedoch zwingend in einem Sinne verstehen, das dem deutschen „Gewerbe“ entspricht.638 Ein Vergleich mit Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA in seiner englischsprachigen Originalfassung zeigt dies deutlich. Dort heißt es: „[…] the term ,business‘ includes the performance of professional services and of other activities of an independent character“. „Business“ kann folglich keinesfalls so verstanden werden, als seien hiervon nur gewerbliche und gerade nicht freiberufliche Tätigkeiten erfasst. Dieses Verständnis wird noch bestärkt durch Art. 7 Abs. 7 DBA-USA, der mit dem Änderungsprotokoll vom 1. Juli 2006 erweitert wurde: Der Ausdruck „gewerbliche Gewinne“ umfasst danach auch die „Einkünfte aus der Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeit“.639 Eine einschränkende Auslegung des Unternehmensbegriffs in Übereinstimmung mit dem deutschen Verständnis von Gewerblichkeit würde dem deutlich widersprechen. Abzulehnen ist es deshalb auch, eine inhaltliche Verknüpfung zu suchen zwischen der DBA-Formulierung „business profits“ und der US-amerikanischen steuerrechtlichen Begrifflichkeit „trade or business“.640 Denn unabhängig davon, dass sich diese Formulierungen nicht gleichen, sondern allenfalls ähneln, ist der Begriff „trade or business“ deutlich weiter und erfasst nach US-amerikanischem Steuerrecht auch Einkünfte, die nicht dem Anwendungsbereich des § 15 EStG unterfielen.641 Auch praktische Erwägungen sprechen damit gegen einen jeweiligen Rückgriff auf innerstaatliches Recht. Sieht eine dem Art. 7 OECD-MA entsprechende DBA-Bestimmung daher das Adjektiv bzw. Adverb „gewerblich“ vor, führt dies nur dann zu einer inhaltlichen Einschränkung des Unternehmensbegriffs, wenn sich dies auch der anderssprachigen Fassung des DBA entnehmen lässt und der Wortlaut anderer DBA-Bestimmungen 636 Ähnlich i.E. auch zu Art. III Abs. 1 DBA-Griechenland Krabbe, in: Wassermeyer, DBAGriechenland, 82. EL, Art. III Rn. 4, der allerdings auf das innerstaatliche Recht zurückgreift; so auch für Art. 4 DBA-Frankreich Kramer, in: Wassermeyer, DBA-Frankreich, 126. EL, Art. 4 Rn. 5 f., der „zur Feindefinition“ das jeweilige innerstaatliche Recht anwenden möchte. 637 Art. XI Abs. 1 DBA-Griechenland; Art. 12 Abs. 1 DBA-Frankreich. 638 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) bb) (2) (S. 127 ff.) sowie § 5, C. III. 1. a) bb) (S. 139). 639 In der englischsprachigen Fassung: „[…] the term ,business profits‘ includes […] income from the performance of professional services and of other activities of an independent character.“ 640 So aber Wolff, in: Wassermeyer, DBA-USA, 107. EL, Art. 7 Rn. 9. 641 Im Einzelnen dazu Peter, SWI 2010, 597 (580); Wolff, in: Wassermeyer, DBA-USA, 107. EL, Art. 7 Rn. 9, 24 f.
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nicht entgegensteht. Nur dann entspricht es dem Grundsatz der abkommensautonomen Auslegung, die Unternehmenstätigkeit im Sinne einer produzierenden oder Handelstätigkeit zu verstehen und gegebenenfalls in Abgrenzung von den freien Berufen zu definieren. Hieraus würde sich dann auch – und insoweit abweichend von der „Normalfassung“ des Art. 7 OECD-MA – das Erfordernis einer Selbstständigkeit ergeben. Ist dies hingegen nicht der Fall, so bleibt es bei dem oben gefundenen Zwischenergebnis. In jedem Fall verbietet sich nach alledem die generelle Annahme, dass die Begriffe Unternehmensgewinne sowie gewerbliche Gewinne bzw. Tätigkeit inhaltlich das Gleiche meinen, sei es bei abkommensautonomer Auslegung oder unter Rückgriff auf innerstaatliches Recht.642 d) Beiderseitige gewerbliche Prägung In diesem Zusammenhang stellt sich schließlich die Frage, wie denn unter grammatikalischen Auslegungsgesichtspunkten der Umstand, dass beide Vertragsstaaten eine Geprägeregelung vorsehen, einzuordnen ist. Dies gilt – soweit ersichtlich – allein im Anwendungsbereich des DBA-Luxemburg. Denn auch das luxemburgische Steuerrecht sieht in Art. 14 Nr. 4 LIR eine solche Geprägungeregelung vor [hierzu unter aa)]. Doch auch in diesem Fall muss bei grammatikalischer Auslegung ein „Durchschlagen“ der gewerblichen Prägung auf die Abkommensebene abgelehnt werden [hierzu unter bb)]. aa) „Gewerbliche Prägung“ im luxemburgischen Steuerrecht Die luxemburgische Finanzverwaltung wandte bis zum Jahr 2001 bereits die Grundsätze der deutschen Gepräge-Rechtsprechung (empreinte commercial) an, ohne dass eine spezielle Rechtsgrundlage hierfür existierte.643 Letzteres wurde schließlich mit Gesetz vom 21. 12. 2001 nachgeholt und die gewerbliche Prägung damit in Art. 14 Nr. 4 LIR kodifiziert.644 Danach sind Kommanditgesellschaften (société en commandite simple, „SCS“) und Spezial-Kommanditgesellschaften (société en commandite speciale, „SCSp“) gewerblich geprägt und erzielen mithin gewerbliche Einkünfte (bénéfice commerical), wenn diese mit Gewinnerzielungsabsicht tätig werden, deren Tätigkeiten nicht bereits als solche gewerblich sind und wenigstens eine Kapitalgesellschaft (société 642 So aber Gschwandtner, Unternehmensgewinne von Personengesellschaften, 149, der die Begriffe „Unternehmensgewinne“ sowie „gewerbliche Gewinne“ synonym versteht; so auch Krabbe, StBJB 2000/2001, 183 (191): „Wenn die DBA von Unternehmensgewinnen sprechen (vgl. Art. 7 OECD-MA), sind damit gewerbliche Gewinne gemeint“; so wohl auch Piltz, Die Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, 150. 643 Vgl. Arret Grand-Ducal de Depot v. 15. 11. 2011, Doc Parl. Nr. 4855, 91; I.C.C. N8 37 du 12 september 2003, 2 f. 644 Dazu Breuer, IWB 2013, 761 (765); Höfer, IStR 2002, 368 (370); Neffati/Gutknecht, IWB 2002, 233 (239); Neugebauer/Fort, IStR 2014, 247 (250 f.).
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de capitaux) als Komplementärin (associé commandité) mindestens 5 % der Anteile an diesen SCS bzw. SCSp hält. Bei sonstigen Personengesellschaften645 liegt die Beteiligungsgrenze höher: Eine gewerbliche Prägung tritt in diesen Fällen erst ein, wenn eine oder mehrere Kapitalgesellschaften die Mehrheit der Anteile an diesen Personengesellschaften hält bzw. halten. Einer Kapitalgesellschaft steht für diese Zwecke eine gewerblich tätige oder ihrerseits gewerblich geprägte Personengesellschaft gleich. Bis zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie in Luxemburg durch das AIFM-Umsetzungsgesetz646 waren die Voraussetzungen an die gewerbliche Prägung einer SCS niedriger. Danach war es lediglich erforderlich, dass mindestens eine Kapitalgesellschaft die Stellung eines Komplementärs innehat. Mit der Neuregelung reagierte der Gesetzgeber auf die Gefahr einer gewerblichen Prägung, die insbesondere bei Immobilien- und Private Equity-Fonds zu einer signifikanten steuerlichen Mehrbelastung durch die luxemburgische Gewerbesteuer führen kann.647 Tatbestandlich weicht Art. 14 Nr. 4 LIR von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG in erheblichen Teilen ab: So setzt erstere Regelung generell – und nunmehr auch im Hinblick auf die Komplementär-Kapitalgesellschaft – eine Mindestbeteiligungsquote voraus; für Zwecke des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist dies hingegen unbeachtlich. Darüber hinaus ist nach der luxemburgischen Geprägeregelung nicht erforderlich, dass ausschließlich Kapitalgesellschaften die persönlich haftenden Gesellschafter sind. Die nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erforderliche Geschäftsführung durch die persönlich haftende Kapitalgesellschaft oder Dritte ist hingegen wiederum nicht Tatbestandsmerkmal von Art. 14 Nr. 4 LIR. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung des luxemburgischen Gesetzgebers eine gewerbliche Prägung über die Grenze wohl ausgeschlossen ist, da es zu einer gewerblichen Prägung insbesondere nur dann kommen soll, wenn die prägende Kapitalgesellschaft ihren Sitz in Luxemburg hat oder die Komlementärbeteiligung einer luxemburgischen Betriebsstätte zuzuordnen ist; ist Letzteres nicht der Fall, so kann diese Kapitalgesellschaft der Personengesellschaft nicht das Gepräge geben.648 Eine solche grenzüberschreitende gewerbliche Prägung ist im Hinblick auf deutsche Personengesellschaften hingegen durchaus möglich.649 Zusammenfassend lässt sich eine diesen beiden Regelungen entsprechende gewerbliche Prägung wohl nur dann annehmen, wenn über die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG hinaus auch die jeweilige(n) Kapitalgesellschaft(en) zu mindestens 5 % bzw. mehr als 50 % an der Personengesellschaft beteiligt ist/sind. Gerade in der Praxis wird die persönlich haftende Kapitalgesellschaft jedoch häufig 645 Die OHG (société en nom collectif), die wirtschaftliche Interessengemeinschaft im nationalen (groupement dìntérêt économique) wie europäischen Sinne (groupement européen dìntérêt économique) sowie die GbR (société civile). (Frei ins Deutsche übersetzt.) 646 Loi du 12. 7. 2013 relative aux gestionnaires de fonds d’investissement en capital à risque; dazu Elicker/Rech, RdF 2014, 106. 647 Neugebauer/Fort, IStR 2014, 247 (251). 648 Arret Grand-Ducal de Depot v. 15. 11. 2011, Doc Parl. Nr. 4855, 92. 649 Dazu oben unter § 2, B. I. (S. 29 f.) sowie § 2, B. III. 1. (S. 31 f.).
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gar nicht am Vermögen der Personengesellschaft beteiligt sein,650 so dass der praktische Überschneidungsbereich dieser beiden Regelungen sehr gering sein dürfte. bb) Keine abkommensrechtliche Maßgeblichkeit Vor diesem Hintergrund erscheint es daher aber bereits fraglich, ob im Fall einer solchen beiderseitigen gewerblichen Prägung eine vom grammatikalischen Auslegungsergebnis zu Art. 7 Abs. 1 OECD-MA abweichende Beurteilung für Zwecke des DBA-Luxemburg angebracht und zulässig ist. Der Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 DBA-Luxemburg bietet hierfür bereits keinen Anlass, denn dieser entspricht Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. In eine andere Richtung konnte auf den ersten Blick noch das DBA-Luxemburg 1958651 deuten, wo in Art. 5 Abs. 1 von „Einkünfte[n] aus einem gewerblichen Unternehmen“ die Rede war. Doch gerade in einem solchen Fall bezieht sich der Unternehmensbegriff – wie soeben gezeigt652 – noch viel mehr auf eine originär gewerbliche Tätigkeit; gewerblich geprägte Personengesellschaften sind demgegenüber allein vermögensverwaltend tätig. Wenn nun der Wortlaut keine Deutungsvariante offenbart, die eine Einbeziehung fiktiv gewerblicher Einkünfte nahe legt, dann sind freilich nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV insbesondere auch Konsultationsvereinbarungen zu berücksichtigen – bezogen auf Art. 7 Abs. 1 DBA-Luxemburg existieren solche jedoch soweit ersichtlich gerade nicht. Damit bleibt im Ergebnis nur, auf den subjektiven Parteiwillen abzustimmen, soweit er im Wortlaut Ausdruck gefunden hat. Hier ließe sich freilich im Ausgangspunkt sagen, dass der Begriff „Unternehmen“ als Obergriff oder Synonym zu § 15 EStG („Gewerbebetrieb“) und Art. 14 LIR („bénéfice commercial“) dient. Doch auch dies muss verneint werden: Denn ein irgendwie gearteter Wille Deutschlands und Luxemburgs, die Einkünfte gewerblich geprägter Personengesellschaften vom Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 1 DBA-Luxemburg erfasst zu sehen, kommt weder im Abkommenstext noch im dazugehörigen Protokoll zum Ausdruck. Eine darüber hinausgehende, den Wortlaut missachtende Auslegung ist jedoch aus den weiter oben genannten Gründen abzulehnen.653 Eine hiervon unter Umständen abweichende Verwaltungspraxis ist damit gleichermaßen unbeachtlich.
650 So insbesondere bei der beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG, dazu Wälzholz, in: Kallmeyer, GmbH-Handbuch, 148. EL, Teil I Rn. 49. 651 BGBl. II 1959, 1269. 652 Dazu oben unter § 5, C. III. 1. c) (S. 142 ff.). 653 Dazu oben unter § 5, A. V. 2. d) aa) (S. 89 f.).
C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus Personengesellschaften
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Damit muss es auch im Fall einer beiderseitigen gewerblichen Prägung am Beispiel des DBA-Luxemburg bei dem grammatikalischen Auslegungsergebnis bleiben, das zu Art. 7 Abs. 1 OECD-MA gefunden wurde.654 Ob gewerblich geprägte Personengesellschaften danach generell dem Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA unterfallen, kann an dieser Stelle noch dahinstehen, denn insoweit bedarf es insbesondere einer Betrachtung der abkommensrechtlichen Systematik.
2. Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA Zuletzt ist zu klären, ob Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA eine inhaltliche Aussage zum Unternehmensbegriff entnommen werden kann. Wie bereits dargelegt, stellt diese Bestimmung keine Definition des sachlichen Gehalts des Unternehmensbegriffs dar.655 Gleichwohl könnten sich aus ihr Schlüsse ergeben, die den Unternehmensbegriff näher konkretisieren. Dies gilt zunächst für die hieraus folgende Feststellung, dass begrifflich zwischen Unternehmen einerseits und abkommensberechtiger Person andererseits unterschieden werden muss.656 Im Übrigen ist die Aussagekraft dieser Bestimmung für den Unternehmensbegriff grundsätzlich nur gering. Einzig dem Verb „betreiben“ kommt insofern Aussagekraft zu. Hierbei handelt es sich nach deutschem Sprachverständnis letztlich um ein Synonym zu „ausüben“.657 Dies verdeutlicht auch die englische Fassung des OECDMA, die für beide Fälle das Verb „carry on“ verwendet. Allein das französische Pendant „exploiter“ zeigt deutlich, dass eine gewisse Nachhaltigkeit vorausgesetzt wird.658 Das Erfordernis einer Selbstständigkeit folgt hieraus begrifflich jedoch noch nicht.659 654 So im Ausgangspunkt auch Siegers, in: Wassermeyer, DBA-Luxemburg, 93. EL, Art. 5 Rn. 70, wonach der Inhalt der – in beiden Staaten kodifizierten – Geprägeregelung „nicht zu einem einheitlichen abkommensrechtlichen Gewerblichkeitsbegriff [gehört]“, weshalb „beide Staaten ihre jeweiligen, nicht voll übereinstimmenden […] innerstaatlichen Regelungen autonom an[wenden]“; in der 125. EL geht Siegers, ebd. hiervon wohl auch aus, auch wenn er zu dieser Besonderheit nicht mehr explizit Stellung nimmt; in eine andere Richtung aber grundsätzlich Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 57, wonach die „innerstaatliche Regelung über die gewerbliche Prägung […] dann abkommensrechtlich bedeutsam wäre, wenn […] sich aus den Gesamtumständen ein entsprechender Bezug zum innerstaatlichen Recht ableiten ließe (etwa bei Regeln zur gewerblichen Prägung im innerstaatlichen Recht beider Vertragsstaaten).“ 655 Oben unter § 5, C. II. 2. a) (S. 135 f.). 656 Gröhs, Die Gewinnbesteuerung der Personengesellschaften, 106 mit Fn. 93; M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, 75. 657 Duden, Das Wörterbuch der Synonyme, 53, Stichwort „ausüben“. 658 So explizit aus Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA folgernd Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 52; M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, 75.
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3. Zwischenergebnis Die Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA liefert erste Anhaltspunkte für die Festlegung des Unternehmensbegriffs. Wenn dieser sich auf die Ausübung einer Geschäftstätigkeit bezieht, kann hieraus gefolgert werden, dass eine nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene, nicht notwendig aktive Tätigkeit vorausgesetzt wird. Darüber hinaus ist der Unternehmensbegriff jedoch offen und weiter auslegungsfähig. Aus dem Begriff „Unternehmen“ kann bei wirtschaftsspezifischer Betrachtung eine gewerbliche Tätigkeit gefolgert werden. Zwingend ist dies jedoch in Anbetracht der allgemeinen Bedeutung von „Unternehmen“ nicht. Die in Art. 7 Abs. 1 OECD-MA verwandte Formulierung „Ausübung der Geschäftstätigkeit“ steht dort im Kontext des Besteuerungsrechts des Betriebsstättenstaats und entspricht einem Teil der Betriebsstättendefinition nach Art. 5 Abs. 1 OECD-MA. In diesem Kontext ist sie unnötig und sagt nichts über die Besteuerungsbefugnis des Betriebsstättenstaates aus. Aber ihr kann auch keine über Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA hinausgehende Bedeutung beigemessen werden. Da im OECD-MA auch unabhängig von „Unternehmen“ von einer Geschäftstätigkeit gesprochen wird, besteht keine zwingende Verknüpfung dieser beiden Begrifflichkeiten. Spricht ein DBA hingegen von „gewerblichen Unternehmen“ oder einer „gewerblichen Tätigkeit“, folgt hieraus dreierlei: Erstens ist diesen Begriffen das Erfordernis einer Selbstständigkeit immanent. Zweitens kann hieraus auf eine produzierende oder Handelstätigkeit geschlossen werden. Und zuletzt werden begrifflich unter Umständen auch freiberufliche Tätigkeiten nicht erfasst. Dies gilt aber nur, wenn sich auch in der anderssprachigen Fassung ein begriffliches Pendant finden lässt. Dies wurde am Beispiel des DBA-Griechenland und des DBA-Frankreich bejaht. Für das DBA-USA wurde jedoch festgestellt, dass mangels korrespondierender englischsprachiger Formulierung die allein in der deutschen Fassung vorausgesetzte „Gewerblichkeit“ zu keiner anderen Auslegung führen kann. In diesem Zusammenhang wurde auch die beiderseitige gewerbliche Prägung am Beispiel Luxemburgs untersucht und festgestellt, dass auch insoweit kein Grund besteht, eine vom allgemeinen Verständnis des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA abweichende Auslegung für Zwecke des DBA-Luxemburg vorzunehmen. Der Formulierung des Art. 3 Abs. 1 lit. d) OECD-MA kann im Übrigen keine über die bisherigen Ausführungen hinausgehende wesentliche Aussage zum sachlichen Gehalt des Unternehmensbegriffs entnommen werden. 659 A.A. M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, 75 f., der aus „betreiben“ die Elemente der Verantwortlichkeit und des Risikos folgert, welche – aufgrund der nach dem OECD-MK zu Art. 14 bestehenden Ähnlichkeit zwischen Art. 7 und Art. 14 – wohl als „Selbstständigkeit“ i.S.d. Art. 14 OECD-MA verstanden werden müssen.
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IV. Abkommensrechtliche Systematik Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass sowohl die allgemeinen Begriffsbestimmungen als auch einzelne Verteilungsnormen bei textueller Betrachtung und Auslegung nur zu einer groben Umschreibung des Unternehmensbegriffs führen. Insbesondere deshalb ist es unerlässlich, der abkommensrechtlichen Systematik besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Hierfür wird zunächst das Verhältnis der abkommensrechtlichen zur innerstaatlichen Gesetzessystematik dargestellt [hierzu unter 1.]. Im Anschluss wird das Verhältnis der relevanten Verteilungsnormen zueinander betrachtet [hierzu unter 2.]. An dritter Stelle wird sodann untersucht, ob sich ein abkommensimmanentes Zuteilungssystem herausbilden lässt [hierzu unter 3.], aus welchem der Unternehmensbegriff näher bestimmt werden kann [hierzu unter 4.]. Zuletzt wird der Versuch unternommen, den Unternehmensbegriff durch systematische Abgrenzung des Art. 7 OECD-MA von anderen Verteilungsnormen zu konkretisieren [hierzu unter 5.]. 1. Allgemeines zum Verhältnis zur innerstaatlichen Gesetzessystematik Im Ausgangspunkt muss zunächst festgehalten werden, dass das Abkommensrecht die nach deutschem Steuerrecht maßgebliche systematische Einordnung von Einkünften in Einkunftsarten nicht nachvollzieht.660 Ursächlich hierfür ist die abweichende Grundkonzeption. Während das deutsche Ertragsteuerrecht den gesamten am Markt erwirtschafteten Vermögenszuwachs erfassen soll und hierbei – abhängig von der Zuordnung zur jeweiligen Einkunftsart – verschiedene Vorschriften insbesondere hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage sowie des anzuwendenden Steuertarifs vorsieht, kommt dem Abkommensrecht als sedes materiae (lediglich) eine zwischenstaatliche Verteilungsfunktion hinsichtlich bestimmter Einkünfte zu. DBA sind damit keine Steuergesetze im eigentlichen Sinne, sondern sollen die Einkünfte, die aus bestimmten Vermögensgegenständen, Tätigkeiten im weiteren Sinne661 oder aus sonstigen Quellen resultieren, dem Besteuerungszugriff der Ver-
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So i.E. auch Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 81, aufgrund der in den verschiedenen Staaten abweichenden Bestimmung und Abgrenzung von Einkunftsarten: „Die in den DBA umschriebenen Einkunftsarten dürfen daher keinesfalls mit denen des innerstaatlichen Rechts gleichgesetzt werden; jede Ähnlichkeit ist nur oberflächlich und zufällig […].“ 661 Davon umfasst sind nach hier vertretener Auffassung auch Veräußerungsvorgänge, die von Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 84 – der darüber hinaus noch die Einkünfte von Studenten und sonstige Einkünfte als separate Gruppe aufführt – jedoch als eigenständige Gruppe von Verteilungsnormen (derer also vier) verstanden werden.
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tragsstaaten zuweisen.662 Die Verteilungsnormen stellen das Ergebnis zwischenstaatlicher Verhandlungen dar, wobei es den Vertragsstaaten freisteht, welche Einkünfte sie konzeptionell vom Anwendungsbereich der DBA erfasst sehen wollen und auf welche innerstaatlichen Besteuerungszugriffe dies folglich Einfluss haben soll. Während beispielsweise nach deutschem Steuerrecht – vorbehaltlich des § 20 Abs. 8 EStG – sowohl Zinsen als auch Dividenden von § 20 EStG erfasst sind, sieht das OECD-MA hierfür zwei separate Verteilungsnormen (Art. 10 und 11 OECD-MA) vor. Dieses Ergebnis wird darüber hinaus bestätigt durch den Umstand, dass die Steuersysteme der einzelnen Staaten, welche das OECD-MA ihren DBA-Verhandlungen zugrunde legen, voneinander abweichen.663 Mangels internationaler Harmonisierung – und dies gilt auf europäischer Ebene auch für den Bereich der direkten Steuern664 – fehlt es an einem einheitlichen Maßstab für die Einordnung von Einkünften. Aus diesem Grundverständnis folgt, dass das Verhältnis der Verteilungsnormen zueinander aus sich selbst heraus gewonnen werden muss. Dies gilt insbesondere für den nach deutschem Steuerrecht vorgesehenen Vorrang der Annahme von Einkünften aus Gewerbebetrieb (vgl. z. B. §§ 20 Abs. 8, 21 Abs. 3, 23 Abs. 2 EStG). Dies schließt eine Entsprechung mit der innerstaatlichen Systematik der Einkunftsarten nicht aus, sie wird hieraus umgekehrt aber nicht bedingt. 2. Ausgangsbetrachtung des Verhältnisses der relevanten Verteilungsnormen zueinander Im Folgenden soll deshalb zunächst das Verhältnis der relevanten Verteilungsnormen zueinander geklärt werden. Hierfür muss zwischen Verteilungsnormen betreffend laufende Einkünfte einerseits [hierzu unter a)] und betreffend Veräußerungsgewinne andererseits [hierzu unter b)] unterschieden werden. Abschließend stellt sich die Frage, welche Folgerungen hieraus für den Unternehmensbegriff gezogen werden können [hierzu unter c)].
662 Dem entspricht es, dass die DBA beispielsweise keine Vorschriften hinsichtlich der Gewinnermittlung vorsehen; in diesen Fällen ist daher auch ein Rückgriff auf nationales Recht geboten, oben unter § 5, C. III. 1. a) aa) (S. 138 f.). 663 Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 81; vgl. auch Wassermeyer, IStR 2010, 328, sowie M. Lang, DStJG 34 (2011), 353 zum (divergierenden) innerstaatlichen und abkommensrechtlichen Einkünftebegriff bzw. zur Einkünfteermittlung. 664 Grundlegend EuGH, Beschluss v. 28. 1. 1986, 270/83 („avoir fiscal“), Slg. 1986, 273, Tz. 24, wonach die fehlende Harmonisierung des Körperschaftsteuerrechts Irlands und Frankreichs keine Ungleichbehandlung vor dem Hintergrund der Grundfreiheiten rechtfertigt.
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a) Relevante Verteilungsnormen betreffend laufende Einkünfte aa) Vorrangige Besteuerung nach den anderen Verteilungsnormen aufgrund der Subsidiaritätsklausel des Art. 7 Abs. 4 OECD-MA Innerhalb der Gruppe der maßgeblichen Verteilungsnormen665 betreffend laufende Einkünfte ist im Ausgangspunkt die Regelung in Art. 7 Abs. 4 OECD-MA maßgeblich. Dort heißt es: „Gehören zu den Gewinnen Einkünfte, die in anderen Artikeln dieses Abkommens behandelt werden, so werden die Bestimmungen jener Artikel durch die Bestimmungen dieses Artikels nicht berührt.“
Die Annahme von Unternehmensgewinnen ist danach grundsätzlich subsidiär gegenüber den übrigen Verteilungsnormen.666 Für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen bestätigt dies – freilich lediglich deklaratorisch667 – Art. 6 Abs. 4 OECD-MA. Danach ist Art. 6 OECD-MA auch anzuwenden auf „[…] Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen eines Unternehmens“. Die Anwendung des Art. 6 OECD-MA hat daher uneingeschränkten Vorrang vor Art. 7 OECD-MA.668 Das Besteuerungsrecht hinsichtlich dieser Einkünfte steht danach dem Belegenheitsstaat der Immobilie zu (sog. Belegenheitsprinzip).669 Art. 6 OECD-MA enthält auch keinen Betriebsstättenvorbehalt (dazu sogleich), weshalb eine „Rückverweisung“ auf Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zwingend ausscheidet. bb) Durchbrechung dieser Subsidiarität aufgrund der Betriebsstättenvorbehalte Diese Subsidiarität wird jedoch durch die Betriebsstättenvorbehalte (Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4, Art. 12 Abs. 3, Art. 21 Abs. 2 OECD-MA) zugunsten eines Vorrangs von Art. 7 OECD-MA überlagert (sog. Betriebsstättenprinzip).670 Danach 665
Dazu oben unter § 5, B. I. (105 f.). Dazu statt vieler Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 167 ff. 667 Der prinzipielle Vorrang von Art. 6 OECD-MA folgt bereits aus Art. 7 Abs. 4 OECDMA, zutreffend Arnold, BIFD 2006, 5 (6 mit Fn. 7); Reimer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 6 Rn. 201; a.A. Papotti/Saccardo, BIFD 2002, 516 (517). 668 Ausführlich zum Verhältnis von Art. 6 OECD-MA zu Art. 7 OECD-MA Arnold, BIFD 2006, 5; Papotti/Saccardo, BIFD 2002, 516. 669 Dies schließt freilich eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Empfängers nicht zwingend aus, da Art. 6 Abs. 1 OECD-MA eine Verteilungsnorm mit offener Rechtsfolge darstellt („[…] können im anderen Staat besteuert werden“) und der Ansässigkeitsstaat daher nach Maßgabe des jeweiligen Methodenartikels die Einkünfte entweder freizustellen oder die ausländische Steuer anzurechnen hat; zur Abkommenssystematik oben unter § 5, A. III. 2. (S. 74 f.). 670 Zutreffend Strunk, in: Grotherr, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., 573. 666
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ist wiederum Art. 7 Abs. 1 OECD-MA einschlägig mit der Folge einer der Höhe nach unbeschränkten Besteuerung im Betriebsstättenstaat, sofern der Empfänger im Quellenstaat der Einkünfte eine Geschäftstätigkeit durch eine dort belegene Betriebsstätte ausübt und soweit das den Einkünften zugrundliegende Stammrecht (Beteiligung, Forderung, Recht oder Vermögenswert) dieser Betriebsstätte tatsächlich zuzuordnen ist.671 Aus dem Erfordernis einer tatsächlichen672 Zurechnung folgt, dass eine sog. Attraktivkraft der Betriebsstätte, wonach sämtliche Einkünfte im Quellenstaat der dort belegenen Betriebsstätte zuzuordnen sind, nicht besteht.673 Entscheidend ist vielmehr, dass das Stammrecht seiner „Substanz und nicht nur [seiner] […] Form nach zur Betriebsstätte gehört.“674 Ähnlich beschreibt dies der BFH in ständiger Rechtsprechung: Die Wirtschaftsgüter müssen „von der Betriebsstätte genutzt werden und zu ihrem Betriebsergebnis beitragen haben.“675 Die tatsächliche Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu Betriebsstätten soll sich daher nach funktionalen Gesichtspunkten richten.676 cc) Tatbestandliche Parallelität und lediglich rechtsfolgenseitige Konkurrenz Die Subsidiaritäts- bzw. Vorrangregel(n) (Art. 6 Abs. 4, Art. 7 Abs. 4 OECDMA) einerseits und die Betriebsstättenvorbehalte andererseits führen dazu, dass hinsichtlich der betreffenden Einkünfte nur eine bestimmte Verteilungsnorm Anwendung finden soll.677 Hieraus folgt jedoch nicht, dass bestimmte Einkünfte nur
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Weiterführend dazu unter § 5, C. IV. 4. b) bb) (S. 189 ff.). In einzelnen Fällen ist hingegen keine „tatsächliche“ Zugehörigkeit erforderlich, so z. B. auch bei Art. 13 Abs. 2 OECD-MA, wonach das bewegliche Vermögen (nur) „Betriebsvermögen einer Betriebsstätte“ sein muss; in diesen Fällen soll eine bloß wirschaftliche Zugehörigkeit ausreichen, so z. B. zu Art. 7 Abs. 1 S. 2 DBA-Thailand BFH, Urteil v. 12. 6. 2013, I R 47/12, BStBl. II 2014, 770; zu dieser Unterscheidung auch mit Blick auf Art. 13 Abs. 2 DBA-Schweiz BFH, Urteil v. 13. 2. 2008, I R 63/06, BStBl. II 2009, 414; für Zwecke der Betriebsstättenvorbehalte soll es jedoch wohl auch in diesen Fällen auf einen funktionalen Zusammenhang ankommen, vgl. BFH, Urteil v. 8. 9. 2010, I R 74/09, BStBl. II 2014, 788. 673 Statt vieler Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 119. EL, Art. 10 Rn. 162. 674 Görl, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Vor Art. 10 – 12 Rn. 40. 675 So erstmals BFH, Urteil v. 27. 2. 1991, I R 15/89, BStBl. II 1991, 444; BFH, Urteil v. 31. 5. 1995, I R 74/93, BStBl. II 1995, 683; BFH, Urteil v. 17. 12. 2003, I R 47/02, BFH/NV 2004, 771 m.w.N. 676 Z.B. BFH, Urteil v. 28. 4. 2011, I R 46/10, BStBl. II 2014, 764; ausführlich und jeweils mit Rspr.-Nachweisen Kaeser/Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 119. EL, Art. 10 Rn. 163; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.264 ff., 16.328; so auch BMF, Schreiben v. 26. 9. 2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.2.4.1, wonach sich die abkommensrechtliche Zuordnung bei Personengesellschaften nach § 1 Abs. 5 AStG richte, wobei die „Grundsätze dieser Vorschrift […] in Grundzügen mit der Rechtsprechung zum funktionalen Zusammenhang überein[stimmen].“ 677 A.A. Wolff, in: Wassermeyer, DBA-USA, 107. EL, Art. 7 Rn. 5. 672
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dem Anwendungsbereich einer Verteilungsnorm unterfallen können.678 Gerade das Wechselspiel zwischen diesen Vorschriften zeigt, dass auf Tätigkeiten bzw. Einkünfte tatbestandlich auch mehrere Verteilungsnormen anwendbar sein können.679 Insbesondere die Betriebsstättenvorbehalte belegen dies eindeutig: Wenn z. B. Art. 12 Abs. 3 OECD-MA anordnet, dass Art. 7 OECD-MA anzuwenden ist auf Lizenzgebühren, die auf zu einer Betriebsstätte gehörende Rechte oder Vermögenswerte gezahlt werden, dann setzt dies aufgrund der Definition des Art. 5 Abs. 1 OECD-MA auch ein Unternehmen voraus. Dann kann aber nicht gesagt werden, dass das Erzielen von Lizenzgebühren i.S.d. Art. 12 Abs. 2 OECD-MA generell keine Unternehmenstätigkeit darstellt, sondern vielmehr, dass die Rechtsfolge des Art. 12 Abs. 1 OECD-MA bzw. – im Fall einer Betriebsstätte – die des Art. 7 Abs. 1 OECDMA Anwendung findet. Dabei kann es freilich auch zu Abgrenzungen der Anwendungsbereiche kommen, wenn bestimmte Einkünfte beispielsweise bereits tatbestandlich keine Lizenzgebühren darstellen.680 Dann ist aber bereits auch nur ein Tatbestand eröffnet. Innerhalb der Schnittmenge dieser Anwendungsbereiche kann und wird es daher zu übereinstimmenden Auslegungsergebnissen hinsichtlich bestimmter Begrifflichkeiten kommen. Dies liegt in der Natur der Sache und entspricht gerade der Konzeption der Verteilungsnormen, die Besteuerungsbefugnisse hinsichtlich bestimmter Einkünfte nach Maßgabe der verwirklichten Tätigkeit oder des zugrundeliegenden Vermögenswertes – unabhängig von der innerstaatlichen Gesetzessystematik – aufzuteilen. Können bestimmte Einkünfte danach zwar tatbestandlich mehreren Verteilungsnormen unterfallen, so begründen die Subsidiaritäts- bzw. Spezialitätsregeln doch eine Rechtsfolgenkonkurrenz.681 Rechtsfolgenseitig ist da678 So aber wohl Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 41a, der den Unternehmensbegriff negativ von Art. 6 OECD-MA (land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeit) abgrenzen möchte; unklar hingegen Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., der wohl einerseits davon ausgeht, dass Art. 7 Abs. 4 OECD-MA die betreffenden Einkünfte aus dem Anwendungsbereich des Art. 7 OECD-MA herausnimmt („Einkünfte, für die die Voraussetzungen anderer Verteilungsnormen erfüllt sind, […] sind nicht Unternehmensgewinne.“, ebd., Rn. 16.233), andererseits aber von einem rechtsfolgemäßigen Vorrang spricht (ebd., Rn. 16.214). 679 So auch Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 168; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 18; so speziell zu Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, die ihrer Natur nach auch zu den Unternehmensgewinnen gehören können M. Lang, SWI 2011, 9 (14); nicht zuletzt verdeutlicht dies auch der Wortlaut des Art. 7 Abs. 4 OECD-MA, wonach die Bestimmungen der übrigen Verteilungsnormen durch die Bestimmung in Art. 7 OECD-MA nicht berührt werden; a.A. aber mit Blick auf Art. 7 DBA-Schweiz BFH, Urteil v. 23. 10. 1996, I R 10/96, BStBl. II 1997, 313. 680 Vgl. Ziff. 8.2 zu Art. 12 OECD-MK, wonach Zahlungen für die Vollübertragung eines Rechts i.S.d. Art. 12 Abs. 2 OECD-MA nicht als Entgelt für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung dieses Rechts anzusehen sind und diese somit keine Lizenzgebühren darstellen sollen. 681 So auch Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 18; ders., in: Fischer (Hrsg.), Steuerplanung zwischen Abkommens- und nationalem Außensteuerrecht, 19 (29).
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nach nur eine Verteilungsnorm anwendbar, auch wenn der Anwendungsbereich der subsidiären Verteilungsnorm eröffnet bleibt. dd) Keine Probleme bei der Anwendung der Methodenartikel oder der Aktivitätsvorbehalte Diese parallele Eröffnung der Tatbestände der Verteilungsnormen führt nach hier vertretener Auffassung auch nicht dazu, dass es – wie in der Literatur682 mitunter vertreten – zu Problemen bei der Anwendung der Methodenartikel und im Speziellen der Aktivitätsvorbehalte kommt. Man muss hierfür im Ausgangspunkt festhalten, dass die Betriebsstättenvorbehalte nicht nur für den Quellenstaat, sondern auch für den Ansässigkeitsstaat maßgeblich sind.683 Dies folgt bereits daraus, dass sich die Abs. 1 der Art. 10 bis 12 OECD-MA allein an den Ansässigkeitsstaat richten.684 Deren Anwendung wird jedoch rechtsfolgenseitig zugunsten einer Besteuerung im Betriebsstättenstaat (Art. 7 Abs. 1 OECD-MA) durch die Betriebsstättenvorbehalte ausgeschlossen (vgl. z. B. Art. 10 Abs. 4 OECD-MA).685 Dies gilt im Ergebnis auch für die Subsidiaritätsregel des Art. 7 Abs. 4 OECD-MA.686 Würde man Art. 7 Abs. 4 OECD-MA hingegen dahin verstehen, dass er dem Quellenstaat sein Besteuerungsrecht sichern will (z. B. durch den Quellensteuereinbehalt nach Art. 10 Abs. 2 OECD-MA),687 der Ansässigkeitsstaat mithin weiterhin nach Art. 7 OECD-MA die betreffenden Einkünfte besteuern darf, führte dies zu einer uneinheitlichen Anwendung von Verteilungsnormen. Das Problem hieran liegt jedoch an der Zuteilungsfolge des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA: Unternehmensgewinne können danach grundsätzlich „nur“ im An682
Etwa Schmidt, IStR 2010, 413 (419 f.); Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 18. 683 Ebenso Görl, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Vor Art. 10 – 12 Rn. 32; M. Lang, FS Raupach, 601 (603 ff.); ders., SWI 2003, 319 (321 ff.); Strunk/Kaminski, IStR 2003, 181 (185 f.); nunmehr auch BFH, Urteil v. 24. 8. 2011, I R 46/10, BStBl. II 2014, 764 m.w.N.; a.A. Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 155 ff. 684 Weiterführend dazu M. Lang, FS Raupach, 601 (605 ff.). 685 Zwar ist zuzugeben, dass die Betriebsstättenvorbehalte dem Wortlaut nach die Anwendbarkeit der jeweiligen Definitionsregelung (Art. 10 Abs. 3, Art. 11 Abs. 3, Art. 12 Abs. 2 OECD-MA) ausschließen, mit der Folge, dass der Ansässigkeitsstaat hierdurch weiterhin „gebunden“ sein könnte. Wenn jedoch bereits die Anwendbarkeit der (nur) an den Ansässigkeitsstaat adressierten Abs. 1 der betreffenden Verteilungsnormen suspendiert wird, dann fehlt es an einer die Besteuerungsbefugnis dem Ansässigkeitsstaat zuteilenden Verteilungsnorm; ausführlich dazu auch mit Blick auf den Methodenartikel M. Lang, FS Raupach, 601 (605 ff.). 686 So auch Wassermeyer, IStR 2007, 413 (416). 687 Wolff, in: Wassermeyer, DBA-USA, 107. EL, Art. 7 Rn. 11; so auch noch die – mittlerweile aufgegebene – Auffassung der Finanzverwaltung, vgl. BMF, Schreiben v. 16. 4. 2010, BStBl. I 2010, 354, Tz. 2.2.1., die aber davon ausging, dass die im Quellenstaat einbehaltene Quellensteuer in Deutschland angerechnet werden kann bzw. muss, d. h. dass es sich bei den Einkünften gleichwohl um ausländische Einkünfte handelt und die Einordnung der Einkünfte als Unternehmensgewinne keinen Einfluss auf den Methodenartikel hat.
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sässigkeitsstaat besteuert werden. Es handelt sich also um eine Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge, welche dem Quellenstaat gerade keine Besteuerungsbefugnis einräumt. In der Konsequenz hat der Ansässigkeitsstaat auch den Methodenartikel nicht anzuwenden.688 Sieht man den Adressaten der Subsidiaritätsregel des Art. 7 Abs. 4 OECD-MA nur im Quellenstaat, durchbricht man diese Zuteilungsmethodik: Denn besteuert der Ansässigkeitsstaat weiterhin nach Maßgabe des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA, ist er auch nicht zur Beseitigung der Doppelbesteuerung verpflichtet, was methodisch ja bereits gar nicht vorgesehen ist. Doppelbesteuerung wäre die Konsequenz. Läge man dem Ansässigkeitsstaat darüber hinaus aber noch auf, den Methodenartikel anzuwenden, dann verkennt man wiederum zum einen den Charakter des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA als Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge, und zum anderen die Funktion der Verteilungsnormen, die eine einheitliche Anwendung voraussetzt. Dieser einheitlich anzuwendende rechtsfolgenseitige Vorrang einer Verteilungsnorm ist dabei auch gerade für den Methodenartikel in systematischer Hinsicht maßgeblich, mit der Folge, dass der Ansässigkeitsstaat diejenige Vermeidungsmethode anzuwenden hat, die durch die rechtsfolgenseitig anwendbare Verteilungsnorm bedingt ist.689 Denn die Frage, wie eine Doppelbesteuerung zu beseitigen ist, bestimmt sich nach der einschlägigen Verteilungsnorm. Erst wenn diese festgelegt wurde, kann die maßgebliche Methode zur Vermeidung von Doppelbesteuerung festgelegt werden.690 Konsequenterweise muss dies dann auch für die Anwendung der Aktivitätsvorbehalte gelten, die ja gerade einen Wechsel zwischen den Methoden zur Folge haben und deshalb an die ursprüngliche Methodenfestlegung anknüpfen. Die in der Literatur teilweise vorgebrachten Probleme bei der Anwendung des Methodenartikels, im Speziellen bei Aktivitätsvorbehalten, bestehen damit tatsächlich nicht. Unterfallen bestimmte Einkünfte tatbestandlich beispielsweise sowohl Art. 6 als auch Art. 7 OECD-MA, so bestimmt sich die Rechtsfolge zutreffenderweise nach Art. 6 Abs. 1 OECD-MA (vgl. Art. 6 Abs. 4, Art. 7 Abs. 4 OECDMA). Dies wird nicht berührt von der Tatsache, dass die Immobilie unter Umständen einer Betriebsstätte im Belegenheitsstaat zuzuordnen ist. Besteuern darf danach der Belegenheitsstaat, und der Ansässigkeitsstaat vermeidet eine Doppelbesteuerung annahmegemäß durch Freistellung. Besteht nun ein Aktivitätsvorbehalt, der bestimmte qualitative Anforderungen an die Tätigkeit der Betriebsstätte stellt, findet dieser aber gerade keine Anwendung.691 Zwar mag in diesem Fall auch der Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA eröffnet sein; die Rechtsfolge des 688 So auch Wassermeyer, IStR 2007, 413 (416), wonach es Sinn und Zweck des Art. 7 Abs. 7 (jetzt: Abs. 4) OECD-MA sei, „sicherzustellen, dass der Ansässigkeitsstaat die im Quellenstaat […] erhobene Steuer anrechnet“. 689 Zutreffend Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.531 m.w.N. 690 So in teleologischer Hinsicht auch Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.531. 691 So auch Schmidt/Blöchle, IStR 2003, 685 (690); a.A. Schmidt, IStR 2010, 413 (419 f.); Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 18.
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Art. 6 Abs. 1, 4 OECD-MA entfaltet aber gerade auch für den Methodenartikel Wirkung. Es bleibt damit bei einer Freistellung, vorausgesetzt, der Aktivitätsvorbehalt erfasst seinerseits nicht ausdrücklich auch Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen.692 Gleiches gilt, wenn Zinseinkünfte vorliegen, die tatbestandsseitig sowohl von Art. 7 als auch Art. 11 OECD-MA erfasst sind. Sind diese Einkünfte einer Betriebsstätte im Quellenstaat zuzurechnen, findet rechtsfolgenseitig allein Art. 7 OECD-MA Anwendung. Dies gilt auch für die Anwendung des Methodenartikels, denn die rechtsfolgenseitige Anwendbarkeit von Art. 11 OECD-MA wird durch den Betriebsstättenvorbehalt suspendiert. Zusammenfassend muss deshalb festgehalten werden: Einkünfte können den Tatbestand mehrerer Verteilungsnormen erfüllen, mit der Folge, dass grundsätzlich auch mehrere Anwendungsbereiche eröffnet sind. Aus den Spezialitätsregelungen bzw. den Betriebsstättenvorbehalten folgt, dass nur die Rechtsfolge einer Verteilungsnorm Anwendung findet. Diese Rechtsfolge gilt denn auch für die Frage der Anwendbarkeit des Methodenartikels und etwaiger Aktivitätsvorbehalte. b) Relevante Verteilungsnormen betreffend Veräußerungsgewinne Wie für laufende Einkünfte existiert auch ein Rangverhältnis innerhalb des Art. 13 OECD-MA bezüglich der Veräußerungstatbestände. Abweichend von der Regelung in Art. 6 Abs. 4 OECD-MA sieht Art. 13 OECD-MA hingegen keinen zwingenden Rechtsfolgenvorrang der Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen gegenüber Unternehmensgewinnen vor. Es erfolgt vielmehr eine inhaltliche Abgrenzung. Nach Art. 13 Abs. 1 OECD-MA steht das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen dem Belegenheitsstaat zu. Gleiches gilt bei der Veräußerung von Anteilen, deren Wert zu mehr als 50 % (un)mittelbar auf unbeweglichem Vermögen beruht (Art. 13 Abs. 4 OECD-MA); auch hier darf der Belegenheitsstaat besteuern. Für die Veräußerung von beweglichem Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte eines Unternehmens eines Vertragsstaates ist, sowie hinsichtlich der Veräußerung der Betriebsstätte steht das Besteuerungsrecht dem Quellen- bzw. Betriebsstättenstaat zu (Art. 13 Abs. 2 OECD-MA). Im Übrigen, d. h. bei Veräußerung von Vermögen, welches nicht von Abs. 1 – 4 erfasst wird, steht das Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 5 OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat zu. Eine Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse erfolgt daher anhand des Veräußerungsgegenstandes. Handelt es sich um Immobilien, findet Abs. 1 Anwendung, unabhängig davon, welcher Natur die zugrunde liegende Tätigkeit ist. Veräußert ein Unternehmen hingegen bewegliches Vermögen, so ist zu differenzieren: Ist dieses 692
So aber beispielsweise Art. 23 Abs. 2 lit. c) S. 2 DBA-Kanada.
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Betriebsvermögen einer Betriebsstätte, findet Abs. 2 Anwendung, im Übrigen hingegen Abs. 5. c) Folgerungen für den Unternehmensbegriff Damit stellt sich die Frage, inwieweit der Unternehmensbegriff durch das Verhältnis dieser Verteilungsnormen zueinander bestimmt werden kann. Betrachtet man hierfür zunächst den uneingeschränkten Vorrang von Art. 6 OECD-MA vor Art. 7 OECD-MA, könnte gefolgert werden, dass tatbestandlich keine Unternehmensgewinne vorliegen, soweit der Anwendungsbereich von Art. 6 OECD-MA eröffnet ist.693 Zutreffend ist dies indes nicht. Denn wie oben gezeigt wurde, schließen sich die Anwendungsbereiche dieser Verteilungsnormen nicht gegenseitig aus. Art. 6 Abs. 4 OECD-MA zeigt vielmehr, dass unter Umständen eine Besteuerung im Belegenheitsstaat stattfinden soll, wenn tatbestandlich (auch) Unternehmensgewinne vorliegen. Auf Tatbestandsseite kann deshalb nicht gefordert werden, dass der Unternehmensbegriff in negativer Abgrenzung zu Art. 6 OECDMA zu bestimmen ist.694 Gleiches gilt im Ergebnis auch hinsichtlich derjenigen Verteilungsnormen, die Betriebsstättenvorbehalte vorsehen. Deren Anwendbarkeit setzt wiederum voraus, dass in bestimmten Fällen tatbestandlich neben Art. 7 OECD-MA auch die Art. 10 bis 12 und 21 OECD-MA einschlägig sind. Erst rechtsfolgenseitig wird diese Pluralität gelöst. Danach können Unternehmensgewinne auch nicht negativ von Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren oder sonstigen Einkünften abgegrenzt werden.695 Wirft man abschließend einen Blick auf Art. 13 OECD-MA, so bestätigt auch dieser das gefundene Ergebnis. Art. 13 Abs. 1 OECD-MA teilt dem Belegenheits693
So offenbar Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 52; Dürrschmidt, in: Vogel/ Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 41a; Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 33; Kroppen, in: G/K/G, OECD-MA, 10 EL, Art. 7 Rn. 46; Niehaves, in: Haase, AStG/DBA, 2. Aufl., Art. 7 MA Rn. 33; Strunk/Kaminski, in: S/K/K, OECD-MA, 31. EL, Art. 7 Rn. 9, 23. 694 Ebenso Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 38; so wohl auch Reimer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 6 Rn. 201, der Art. 7 OECD-MA insoweit als ausgeschlossen betrachtet, „wie die Rechtsfolgen des Art. 6 reichen“; a.A. aber Riemenschneider, Abkommensberechtigung von Personengesellschaften, 101 ff., 104, der dies aus der Spezialität von Art. 6 OECD-MA folgert; so auch BFH, Urteil v. 27. 10. 2011, I R 26/11, BStBl. II 2011, 457 m.w.N., der die tatbestandliche Parallelität nicht in Einklang sieht mit dem abkommensrechtlichen Spezialitätsgrundsatz und sich dies auch dem Wortlaut nicht entnehmen lasse. Diese Zweifel scheinen jedoch unberechtigt, denn zum einen folgt aus dem abkommensrechtlichen Spezialitätsgrundsatz wie gezeigt gerade keine tatbestandliche Exklusivität [oben unter § 5, C. IV. 2. a) cc) (S. 152 ff.)], und zum anderen kann eine solche Stütze im Wortlaut etwa in Art. 6 Abs. 4 OECD-MA gesehen werden. 695 So auch M. Lang, SWI 2011, 9 (14), der zutreffend erkennt, dass auch Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren Unternehmensgewinne darstellen können, weshalb eben gerade keine tatbestands-, sondern vielmehr rechtsfolgenseitige Abgrenzung durch die Betriebsstättenvorbehalte vorzunehmen ist; so auch Rust, in: Maisto (Hrsg.), The Meaning of „Enterprise“, „Business“ and „Business Profits“ under Tax Treaties and EU Tax Law, 85 (98).
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staat die Besteuerungsbefugnis für Veräußerungsgewinne aus unbeweglichem Vermögen zu, ohne gerade nach der Unternehmens- bzw. Betriebsstättenzugehörigkeit zu differenzieren – folglich ist also generell jedes unbewegliche Vermögen erfasst. Für bewegliches Vermögen wird zwar differenziert zwischen solchem, das einer Betriebsstätte zuzuordnen ist (Abs. 2), und sonstigem beweglichem Vermögen (Abs. 5). Anders als bei den Verteilungsnormen betreffend laufende Einkünfte folgt die Zuweisungsentscheidung jedoch in ersterer Linie nicht aus der jeweiligen Tätigkeit, sondern orientiert sich am Veräußerungsgegenstand. Daher scheinen sich die Absätze 2 und 5 auf den ersten Blick tatbestandlich auszuschließen. Doch auf den zweiten Blick bestätigt auch dies das oben gefundene Ergebnis des tatbestandlich unter Umständen gegebenen Gleichlaufs. Denn bewegliches Vermögen kann sowohl einer Unternehmenstätigkeit dienen, als auch – am Beispiel eines Darlehens – zu Zinsen führen und von Art. 11 OECD-MA erfasst sein. Der Vorrang von Art. 13 Abs. 2 gegenüber Abs. 5 vollzieht damit die Betriebsstättenvorbehalte nach. Damit bleibt es dabei: Tatbestandlich können der Unternehmensbegriff bzw. die entsprechenden Gewinne weder von Einkünften aus unbeweglichem Vermögen noch von denjenigen Verteilungsnormen abgegrenzt werden, die Betriebsstättenvorbehalte enthalten. 3. Herausbildung einer abkommensimmanenten Zuteilungssystematik Muss nach alledem eine tatbestandsseitige Abgrenzung der Anwendungsbereiche der relevanten Verteilungsnormen ausscheiden, so stellt sich doch die Frage, wie die Unternehmenstätigkeit i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA abkommenssystematisch näher konkretisiert werden kann. Hierfür bietet sich es sich zunächst an, der Frage nachzugehen, ob ein den Verteilungsnormen immanentes Zuteilungssystem besteht. a) Ausgangsbetrachtung anhand des Betriebsstätten- und Belegenheitsprinzips Eine tatbestandsseitige Abgrenzung von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zu Art. 6 OECD-MA einerseits und Art. 10 – 12, 21 OECD-MA andererseits ist nicht möglich. Dies folgt daraus, dass das OECD-MA selbst von einer inhaltlichen Überschneidung ausgeht: Das zeigen sowohl die Subsidiaritätsklausel des Art. 7 Abs. 4 OECD-MA als auch die Betriebsstättenvorbehalte, und deklaratorisch auch Art. 6 Abs. 4 OECDMA. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob der Unternehmensbegriff in tätigkeitsbezogener Hinsicht über ein diesen sowie den übrigen Verteilungsnormen immanentes Zuteilungssystem näher bestimmt werden kann. Im Hinblick auf das tatbestandliche Vorliegen von Unternehmensgewinnen scheint sowohl die Existenz einer Betriebsstätte als auch die Belegenheit einer Immobilie die Annahme zu rechtfertigen, dass der jeweilige Staat, in dem die Be-
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triebsstätte bzw. die Immobilie belegen ist, ein „stärkeres“ Besteuerungsrecht als der bloße Ansässigkeitsstaat hat. Denn würde es an einer Betriebsstätte fehlen oder handelte es sich nicht um Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen (vgl. Art. 6 Abs. 4 OECD-MA), bliebe es bei einer Besteuerung im Ansässigkeitsstaat: Entweder weil tatbestandlich ohnehin nur Unternehmensgewinne gegeben sind (vgl. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA), oder weil Art. 7 Abs. 4 OECD-MA Anwendung findet, mit der Konsequenz, dass die Art. 10 bis 12 OECD-MA rechtsfolgenseitig Anwendung finden.696 Die Durchbrechung des sich insoweit ergebenden Grundsatzes der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat zugunsten einer Besteuerung im Betriebsstätten- bzw. Belegenheitsstaat ist dabei keinesfalls zufällig: So ist das Betriebsstättenprinzip des Art. 7 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, S. 2 OECD-MA, das auch innerstaatlich in § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG geregelt ist, international üblich und entspricht der ständigen Vertragspraxis insbesondere seitens Deutschlands.697 Es soll verhindern, dass Unternehmen des anderen Vertragsstaats im Quellenstaat schon deshalb besteuert werden, weil die den Einkünften zugrunde liegenden Verträge im Inland geschlossen wurden, der jeweilige Geschäftspartner dort ansässig ist, die Leistungen dort erbracht oder entsprechende Gegenstände zur Nutzung überlassen wurden.698 Die Betriebsstätte stellt folglich den Anknüpfungspunkt dar, der eine (abkommensrechtlich zugeordnete) Besteuerung rechtfertigen soll.699 Ähnlich stellt sich die Lage beim Belegenheitsprinzip dar. Auch dieses ist Gegenstand ständiger Vertragspraxis, seitens Deutschlands auch innerstaatlich kodifiziert (etwa § 49 Abs. 1 Nr. 1 u. 6 EStG) und normiert 696
Letzteres dann unter Umständen verbunden mit einer der Höhe nach begrenzten Besteuerung im Quellenstaat, vgl. Art. 10 Abs. 2, Art. 11 Abs. 2 OECD-MA. 697 Ausführlich dazu Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 3; dazu auch Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 5.141. 698 Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 3; Mössner, FS Vogel, 945 (947); ähnlich auch Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S. 43: „[…] löst auch nach der Praxis der Doppelbesteuerungsabkommen eine bloß sporadische und lockere gewerbliche Betätigung im Quellenstaat keine ertragsteuerlichen Folgen aus“; vgl. auch Ziff. 3 zu Art. 7 des OECD-MK: „Im zwischenstaatlichen Steuerrecht hat sich die Auffassung durchgesetzt […], dass ein Unternehmen eines Staates eigentlich erst dann so sehr am Wirtschaftsleben des anderen Staates teilnimmt, um dessen Steuerhoheit unterstellt zu werden, wenn es dort eine Betriebsstätte errichtet.“ 699 Vgl. Buciek, DStZ 2003, 139 (139): „Die Anknüpfung der Besteuerung […] beruht auf dem Gedanken, dass in der Existenz der Betriebsstätte eine gesteigerte Beziehung des Unternehmens zum Ort seiner Betätigung zum Ausdruck kommt“; Mössner, FS Vogel, 945 (947): „Nach dem Betriebsstättenprinzip […] muss das Unternehmen mit seiner Unternehmenstätigkeit in einem Staat verkörpert, d. h. gleichsam physisch greifbar und permanent vorhanden sein“; Kessler/Peter, BB 2000, 1545 (1545): „Mindestschwelle für die Präsenz in einem Staatsgebiet, die eine Besteuerung im Quellenstaat rechtfertigt“; so auch Hruschka, in: Schönfeld/Ditz, Art. 5 Rn. 6; anschaulich spricht der BFH in diesem Zusammenhang auch von einer „Verwurzelung“, vgl. BFH, Urteil v. 3.2.1993, I R 80 – 81/91, BStBl. II 1993, 462; Urteil v. 21. 4. 1999, I R 99/97, BStBl. II 1999, 694; Urteil v. 4. 6. 2008, I R 30/07, BStBl. II 2008, 922; Urteil v. 2. 4. 2014, I R 68/12, BStBl. II 2014, 875; zur historischen Entwicklung des Betriebsstättenprinzips Kroppen, IWB 2005, 727 (728); Mössner, FS Vogel, 945 (947 f.).
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gerade im Abkommensrecht die „finanzwissenschaftliche Erwägung […], dass zwischen dem unbeweglichen Vermögen und dem Staat, in dem es belegen ist, eine besonders enge wirtschaftliche Verbindung besteht […] und dass hier die staatswirtschaftliche Zugehörigkeit offenkundig ist“.700 Gemeinsamer Nenner dieser beiden Prinzipien scheint mithin das äquivalenzbzw. nutzentheoretische Grundverständnis zu sein, dass sowohl im Fall einer Betriebsstätte als auch einer Immobilie die allgemeine staatliche Infrastruktur des Quellenstaates in einer Weise in Anspruch genommen wird, die dessen Besteuerungsbefugnis auch aus steuerverteilungssystematischer Sicht rechtfertigt.701 b) Systematische Einordnung der Zuteilungsentscheidungen in den Verteilungsnormen des OECD-MA Zu untersuchen ist damit, ob sich diese normativen Grundwertungen auch in den übrigen Verteilungsnormen widerspiegeln. Erst dann kann auch eine Antwort auf die Frage gegeben werden, ob das Betriebsstättenprinzip und damit verbunden die Betriebsstättenvorbehalte die Schlussfolgerung zulassen, dass die Annahme von Unternehmensgewinnen gegenüber den Art. 10 bis 12 OECD-MA materiell vorrangig ist und deshalb auch die tatbestandsmäßige Anwendbarkeit von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA dahingehend eingeschränkt werden kann, dass in materieller und damit tätigkeitsbezogener Hinsicht über die bisherigen Ergebnisse hinausgehende Anforderungen an die Unternehmenstätigkeit gestellt werden können. Legt man das soeben festgestellte Regel-Ausnahme-Verhältnis zugrunde, können die Verteilungsnormen des OECD-MA wie folgt unterteilt werden: Verteilungsnormen, die im Grundsatz eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsehen, hiervon jedoch unter bestimmten Voraussetzungen zugunsten einer Besteuerung im Quellenstaat absehen [hierzu unter aa)]; Verteilungsnormen, die allein eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat zur Rechtsfolge haben [hierzu unter bb)]; und zuletzt solche, die bereits im Grundsatz keine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsehen [hierzu unter cc)]. aa) Verteilungsnormen mit Regel-Ausnahme-Verhältnis Innerhalb der Gruppe der Verteilungsnormen mit Regel-Ausnahme-Verhältnis ist an prominenter Stelle zunächst Art. 7 OECD-MA zu nennen, der im Grundsatz eine 700 Reimer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 6 Rn. 3; so auch Bühring, BB 1954, 482 (483); Ellsel, in: G/K/G, OECD-MA, 18. EL, Art. 6 Rn. 6; Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S. 40; Rust, BIFD 2002, 15 (15); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.6, 16.221; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 125. EL, Art. 6 Rn. 1; Art. 6 Ziff. 1 OECD-MK; prägnant auch Arnold, BIFD 2006, 5 (7): „If there is one type of income derived by non-residents that a country should be entitled to tax, surely it is income from the land […] that constitutes the country’s territory.“ 701 Zu den Äquivalenztheorien oben unter § 3, D. (S. 41 ff.).
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Besteuerung der Unternehmensgewinne im Ansässigkeitsstaat vorsieht, jedoch diejenigen Gewinne, die einer Betriebsstätte zuzurechnen sind, dem Betriebsstättenstaat zu Besteuerungszwecken zuteilt. Gleiches gilt für den „Auffangtatbestand“ des Art. 21 Abs. 1 OECD-MA, wonach für Einkünfte, die nicht in den anderen (vorrangigen) Verteilungsnormen geregelt werden, der Ansässigkeitsstaat der abkommensberechtigten Person das (ausschließliche) Besteuerungsrecht hat. Ausnahmsweise hat jedoch der Quellenstaat die Besteuerungsbefugnis, wenn der Empfänger seine Geschäftstätigkeit durch eine dort belegene Betriebsstätte ausübt und die zugrunde liegenden Rechte oder Vermögenswerte tatsächlich dieser Betriebsstätte zugeordnet werden (Art. 21 Abs. 2 OECD-MA). Auch die bereits oben mit Blick auf die Betriebsstättenvorbehalte vorgestellten Art. 10 und 11 OECD-MA weisen die Besteuerungsbefugnis hinsichtlich Zinsen und Dividenden im Grundsatz dem Ansässigkeitsstaat des Empfängers zu. Dem Quellenstaat steht dabei nur ein der Höhe nach prozentual begrenztes Besteuerungsrecht zu (jeweils Abs. 2). Im Übrigen jedoch kommt aufgrund der Betriebsstättenvorbehalte (jeweils Abs. 4) dem Betriebsstättenstaat eines Unternehmens die Besteuerungsbefugnis der insoweit erzielten Gewinne zu, sofern das betreffende Wirtschaftsgut (Forderung bzw. Beteiligung) dieser Betriebsstätte tatsächlich zugehörig ist. Ähnlich stellt sich auch die Lage hinsichtlich Lizenzgebühren dar. Danach obliegt auch dem Ansässigkeitsstaat des Empfängers die abkommensrechtliche Besteuerungsbefugnis (Art. 12 Abs. 1 OECD-MA), freilich wiederum unter dem Vorbehalt einer Betriebsstätte (Art. 12 Abs. 3 OECD-MA). Anders als Art. 10 und 11 OECDMA sieht Art. 12 OECD-MA für Lizenzgebühren jedoch keine abkommensrechtliche Befugnis zur Erhebung einer (der Höhe nach begrenzten) Quellensteuer vor.702 Auch Vergütungen für unselbstständige Arbeit können – vorbehaltlich der Art. 16, 18 und 19 – nur im Ansässigkeitsstaat des Vergütungsempfängers besteuert werden (Art. 15 Abs. 1 OECD-MA). Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Arbeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird, denn in diesem Fall können die hierfür bezogenen Vergütungen im Tätigkeitsstaat besteuert werden (sog. Arbeitsortprinzip, Art. 15 Abs. 1 S. 2 OECD-MA). Eine Rückausnahme hiervon besteht wiederum nach Art. 15 Abs. 2 OECD-MA, wonach dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht obliegt, wenn sich der Empfänger innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten nicht mehr als 183 Tage im Tätigkeitsstaat aufhält, der zahlungspflichtige Arbeitgeber dort nicht ansässig ist und die Vergütungen nicht von einer im Quellenstaat belegenen Betriebsstätte des Arbeitgebers getragen werden.
702
Zu diesem Unterschied noch unter § 5, C. IV. 3. c) aa) (3) (b) (S. 167 f.).
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bb) Verteilungsnorm mit ausschließlicher Besteuerung im Ansässigkeitsstaat Daneben gibt es mit Art. 18 OECD-MA aber auch eine Verteilungsnorm, die – vorbehaltlich Art. 19 Abs. 2 OECD-MA – für Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die für frühere unselbstständige Arbeit gezahlt werden, ausschließlich eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsieht (Art. 18 OECD-MA). Dem früheren Tätigkeits- bzw. Quellenstaat obliegt aufgrund der abschließenden Zuteilung danach kein Besteuerungsrecht. cc) Verteilungsnormen, die bereits im Grundsatz keine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsehen Schlussendlich enthält das OECD-MA aber auch Verteilungsnormen, die bereits im Grundsatz keine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsehen. Dies gilt paradigmatisch für die grenzüberschreitende Tätigkeit von Künstlern und Sportlern.703 Deren Einkünfte können in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die betreffende Tätigkeit persönlich ausgeübt wurde (Art. 17 Abs. 1 OECDMA). Diese Zuteilung gilt explizit ungeachtet der Art. 7 und 15 OECD-MA,704 und darüber hinaus nach Art. 17 Abs. 2 auch dann, wenn nicht der Künstler oder Sportler, sondern eine andere Person die Einkünfte bezieht. In diese Gruppe gehört auch der bereits oben dargestellte Art. 6 OECD-MA. Danach können Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unbeweglichem Vermögen bezieht, das im anderen Vertragsstaat liegt, im Belegenheitsstaat besteuert werden. Eine Sonderstellung scheint auf den ersten Blick auch Art. 8 OECD-MA einzunehmen, der die Besteuerungsbefugnis hinsichtlich der Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr sowie aus dem Betrieb von Schiffen, die der Binnenschifffahrt dienen, behandelt. Dieser weist die Besteuerungsbefugnis demjenigen Staat zu, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Gleiches gilt im Fall der Veräußerung entsprechenden Vermögens nach Art. 13 Abs. 3 OECD-MA sowie hinsichtlich der Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit auf ebendiesen Beförderungsmitteln nach 703 Die Begriffe „Künstler“ und „Sportler“ entsprechen dem OECD-MK 2010 (engl. artistes and sportsmen) und sollen auch im Folgenden – trotz der nunmehr im OECD-MA 2014 vorgesehenen Begriffe „entertainer“ und „sportsperson“ – weiter verwandt werden; zur Neufassung von Art. 17 OECD-MA insoweit etwa Pistone/Schaffer, in: Lang et al. (Hrsg.), The OECD-Model-Convention and its Update 2014, 51 (53 f.). 704 Im Rahmen des OECD-Update 2014 ist der ausdrückliche Vorrang von Art. 17 OECDMA vor Art. 7 OECD-MA weggefallen; aufgrund der Bestimmung in Art. 7 Abs. 4 OECD-MA ändert sich jedoch am lex specialis-Charakter des Art. 17 OECD-MA nichts, so dass es sich bei dieser Modifikation wohl nur um eine redaktionelle Änderung handelt; Pistone/Schaffer, in: Lang et al. (Hrsg.), The OECD-Model-Convention and its Update 2014, 51 (54 f.).
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Art. 15 Abs. 3 OECD-MA. Art. 8 OECD-MA weist die Besteuerungsbefugnis damit nicht dem Ansässigkeitsstaat des betreibenden Unternehmens, sondern vielmehr dem Geschäftsleitungsstaat des Unternehmens zu. Ferner sind Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen sowie ähnliche Zahlungen nach Art. 16 OECD-MA nicht im Ansässigkeitsstaat des Empfängers, sondern der zahlenden Gesellschaft zu besteuern. Auch können die Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen im Rahmen des öffentlichen Dienstes nach Art. 19 Abs. 1, 2 OECD-MA grundsätzlich (nur) in dem Staat besteuert werden, für den die betreffenden Dienste geleistet werden. Ist der Empfänger hingegen im anderen Vertragsstaat ansässig und erbringt er dort die Dienste, obliegt diesem Ansässigkeitsstaat die Besteuerungsbefugnis, sofern der Empfänger Staatsangehöriger dieses Staates ist oder die Ansässigkeit dort nicht allein deshalb begründet hat, um die betreffenden Dienste zu erbringen. Eine gewisse Sonderstellung nimmt schließlich Art. 20 OECD-MA ein. Danach dürfen Zahlungen für Unterhalt, Studium oder Ausbildung, die ein Student, Praktikant oder Lehrling, der sich in einem Vertragsstaat ausschließlich zu Studien- oder Ausbildungszwecken aufhält und im anderen Vertragsstaat ansässig ist oder dort umittelbar vor der Einreise in den Aufenthaltsstaat ansässig war, nicht im Aufenthaltsstaat besteuert werden, sofern die Zahlungen aus Quellen außerhalb dieses Staates stammen. Anders als die übrigen Verteilungsnormen des OECD-MA trifft Art. 20 OECD-MA danach keine unmittelbare Aussage über die Zuteilung der Besteuerungsbefugnis, sondern es werden vielmehr die Zahlungen im Aufenthaltsstaat freigestellt.705 Tatbestandlich erfasst Art. 20 OECD-MA nun auch Zahlungen an Personen, die im Aufenthaltsstaat nicht abkommensrechtlich ansässig sind. Die Ansässigkeit wird vielmehr regelmäßig in dem Staat liegen, aus dem auch die Zahlungen stammen (vgl. Art. 4 Abs. 2 OECD-MA), so dass Ansässigkeits- und Quellenstaat zusammenfallen.706 Vor diesem Hintergrund lässt sich Art. 20 OECDMA danach freilich nicht unmittelbar in diese dritte Kategorie einordnen. Bei vergleichender Betrachtung liegt hier aber eine Nähe zu den soeben dargelegten Fällen vor, so dass eine entsprechende systematische Einordnung gerechtfertigt erscheint. c) Bewertung der dargelegten Zuteilungsentscheidungen Die Verteilungsnormen mit Regel-Ausnahme-Verhältnis lassen eine nutzentheoretische Zuordnung der Besteuerungsbefugnisse erkennen [hierzu unter aa)]. Dem widerspricht auch nicht Art. 18 OECD-MA, der eine ausschließliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsieht [hierzu unter bb)]. Auch diejenigen Verteilungsnormen, die bereits im Grundsatz keine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat 705
Statt vieler Reichold, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 20 Rn. 3; instruktiv zur Entwicklung der Vorschrift vor diesem Hintergrund Staringer/Binder, in: Lang et al. (Hrsg.), The OECD-Model-Convention and its Update 2014, 99 (102 ff.). 706 Zu den einzelnen Fallgruppen Reichold, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 20 Rn. 13 ff.
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vorsehen, sind nicht systemwidrig, sondern bestätigen vielmehr die äquivalenztheoretische Grundentscheidung [hierzu unter cc)]. aa) Nutzentheoretische Zuordnung innerhalb der Verteilungsnormen mit Regel-Ausnahme-Verhältnis (1) Ordnungscharakter der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat Wirft man zunächst einen Blick auf die erste Fallgruppe, mithin also diejenigen Verteilungsnormen, die im Grundsatz eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsehen, so kann dieser Grundsatz auch dahin verstanden werden, dass der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat ein „Ordnungscharakter“ inne wohnt.707 Denn die Ansässigkeit in einem (Vertrags-)Staat begründet im ursprünglichsten Sinne dessen territoriale Verknüpfung zum Staatsgebiet, woraus konsequenterweise dann auch die unbeschränkte Steuerpflicht gefolgert werden kann.708 Dem entspricht es, dass Art. 21 OECD-MA eine vollständige Erfassung aller bilateralen Sachverhalte sicherstellen will und deshalb auch dem Ansässigkeitsstaat grundsätzlich die Besteuerung überlässt.709 Für Zwecke der Verteilungsgerechtigkeit erscheint es vor diesem Hintergrund aber auch naheliegend und im Sinne eines äquivalenztheoretischen Gedankens gerechtfertigt, diese Verknüpfung zwar freilich nicht aufzulösen, wohl aber abkommensrechtlich zu überlagern, wenn zu dem anderen Vertragsstaat eine stärkere Verknüpfung besteht. (2) Bestätigung durch das Betriebsstättenprinzip des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA sowie die Betriebsstättenvorbehalte Gerade diesem Gedanke entspricht, wie bereits weiter oben ausgeführt wurde, das Betriebsstättenprinzip.710 Die Anordnung einer vorrangigen rechtsfolgenseitigen Anwendung von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA im Fall einer Betriebsstätte ist dabei nicht nur Art. 7 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, S. 2 OECD-MA immanent; auch die Betriebsstättenvorbehalte weisen in diese Richtung. Maßgeblich ist dabei im Ergebnis, in welchem Staat das Unternehmen tätig wurde und hierdurch Einkünfte erzielt wurden.711 Fehlt es hieran, so muss es folglich bei dem Grundsatz der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat bleiben.
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Reimer, Der Ort des Unterlassens, 300 f. Dazu oben unter § 3, B. (S. 39 f.). 709 Reimer, Der Ort des Unterlassens, 306. 710 Dazu oben unter § 5, C. IV. 3. a) (S. 158 ff.). 711 So wohl auch Eigelshoven, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 9 Rn. 6: „Sowohl nach Art. 7 als auch nach Art. 9 soll der Unternehmensgewinn in dem Staat besteuert werden, in dem er wirtschaftlich entstanden ist.“ (Hervorhebung nur hier.) 708
C. DBA-rechtliche Einordnung der Einkünfte aus Personengesellschaften
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(3) Keine abweichende Beurteilung bei Besteuerung im Ansässigkeitsstaat mangels Betriebsstätte Betrachtet man jedoch die Art. 10 bis 12 OECD-MA näher, so stellt sich die Frage, ob denn die Zuweisung der Besteuerungsbefugnis an den Ansässigkeitsstaat bei Fehlen einer Betriebsstätte tatsächlich nutzentheoretisch überzeugend ist. Denn in diesen Fällen besteht durchaus auch ein Bezug zum Quellenstaat, in dem der Darlehensnehmer, die Dividenden zahlende Gesellschaft oder der Lizenznehmer ansässig ist. (a) Dividenden und Zinsen Dies gilt zunächst für Dividenden und Zinsen. Das jeweilige Besteuerungsrecht wird dem Ansässigkeitsstaat des Empfängers zugeteilt, obwohl die Einkünfte vordergründig auf einer Tätigkeit der zahlenden Gesellschaft bzw. Person beruhen. Man muss die Art. 10 und 11, aber auch Art. 12 OECD-MA vor dem Hintergrund sehen, dass gerade kapitalimportstarke Staaten ungern auf eine Besteuerung der abfließenden Einkünfte verzichten; dies gilt umso mehr für Entwicklungsländer, die einerseits auf Kapitalimport, andererseits aber auch auf Steuereinnahmen angewiesen sind.712 Dieser Forderung, die sich eben gerade auf die Nutzung staatlicher Infrastruktur, Arbeitskräfte etc. stützt, steht die Berufung des Exportstaates auf die Herkunft der Investitionsbeträge bzw. der „zur Nutzung eingeräumten Wirtschaftsgüter aus seinem Volksvermögen“ gegenüber.713 Aus äquivalenztheoretischer Sicht wird deshalb gefolgert, dass primär die Infrastruktur des Quellenstaates in Anspruch genommen werde.714 Allein nutzentheoretische Aspekte sollten danach gerade auch eine (unbegrenzte) Besteuerung im Quellenstaat rechtfertigen.715 Umgekehrt ließe sich freilich auch sagen, dass die mit dem zur Verfügung gestellten Kapital erzielten Gewinne bei der zahlenden Person bereits besteuert werden.716 Die Rechtfertigung durch die territoriale Verknüpfung könnte damit insoweit „aufgebraucht“ sein, weshalb es bei einer Besteuerung im Ansässigkeitsstaat bleiben müsste, von wo aus gerade die Geldmittel gereicht werden. Beide Begründungen wirken bei realitätsnaher Betrachtung jedoch wenig überzeugend. Sowohl Zinsen als 712 So zum Quellensteuerabzug auf Lizenzgebühren in Entwicklungsländern auch Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 902. Gerade mit diesen Staaten abgeschlossene DBA enthalten oft Quellensteuersätze, die deutlich über den im OECD-MA vorgesehenen liegen; dazu Pöllath/Lohbeck, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 11 Rn. 49. 713 Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S. 8; so auch Lohbeck/Tischbirek, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Vor Art. 10 – 12 Rn. 3. 714 Vgl. Lohbeck/Tischbirek, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Vor Art. 10 – 12 Rn. 3. 715 So Vogel, DStJG 8 (1985), 3 (27); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.324. 716 Dies bringt auch Art. 10 Abs. 2 OECD-MA a.E. zum Ausdruck: „Dieser Absatz berührt nicht die Besteuerung der Gesellschaft in Bezug auf die Gewinne, aus denen die Dividenden gezahlt werden“; freilich handelt es sich hierbei um eine Selbstverständlichkeit, die keiner Regelung bedürfte, Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S. 4; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 122. EL, Art. 10 Rn. 99.
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auch Dividenden beruhen auf Vermögenswerten, die weder zum Ansässigkeits- noch zum Quellenstaat eine solch enge Verknüpfung aufweisen, dass eine äquivalenztheoretische Zuordnung der hieraus resultierenden Einkünfte möglich ist. Zwar mögen diese Geldbeträge genutzt werden, um physisch greifbare (und territorial verhaftete) Wirtschaftsgüter anzuschaffen; an der regelmäßig bloß buchmäßigen Erfassung ändert dies jedoch nichts. Damit kann den Art. 10 und 11 OECD-MA keinerlei Aussage für eine nutzentheoretische Zuordnung der Besteuerungsbefugnisse entnommen werden. Die Tatsache, dass die Verteilungsnormen in diesen Fällen dem Ansässigkeitsstaat die Besteuerungsbefugnis einräumen, begründet sich daher auf zweierlei Weise: Zum einen kann auf die Grundregel der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat abgestellt werden, die ja gerade eine Ordnungsfunktion erfüllt.717 Zum anderen aber – und dies ist wohl entscheidend – greifen allen voran Praktikabilitätserwägungen. Was mit den an den Kapitalnehmer überlassenen (Geld-)Mitteln geschieht, lässt sich im jeweiligen Einzelfall oft nur schwer sagen. Dieser kann die Beträge zunächst (z. B. als Kapitalrücklage) auf seinem Konto einbuchen, Schulden tilgen, Wirtschaftsgüter anschaffen oder an Tochtergesellschaften weiterreichen. Eine sachgerechte Zuordnung zu einem Vertragsstaat ist in diesen Fällen schlichtweg nicht möglich. Von diesem Verständnis scheinen auch die Verfasser des OECD-MK auszugehen. Denn zu Dividenden heißt es dort ausdrücklich, dass es „am besten dem Wesen der Dividenden, die Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen“, entspräche, diese ausschließlich im Wohnsitzstaat des Empfängers zu besteuern.718 Dass die Art. 10 und 11 OECD-MA darüber hinaus dem Quellenstaat der Einkünfte ein Quellenbesteuerungsrecht in bestimmter prozentualer Höhe einräumen, ist im Ergebnis eine Kompromisslösung.719 Zum einen stellt dies ein Zugeständnis an die durchaus existente Einkünfteursache im Quellenstaat dar.720 Zum anderen obliegt dem Quellenstaat – wie regelmäßig – aber bereits die Besteuerung der Gewinne, die dort aufgrund des Darlehensbetrags oder der Investitionssumme erzielt werden.721 Eine darüber hinausgehende umfassende Besteuerung der Zinsen oder Dividenden im Quellenstaat ist auch gerade deswegen nicht mehr sachgerecht.722 Freilich ist auch
717
Dazu oben unter § 5, C. IV. 3. c) aa) (1) (S. 164). Ziff. 6 zu Art. 10 OECD-MK. 719 Ziff. 3 zu Art. 11 OECD-MK; Lohbeck/Tischbirek, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Vor Art. 10 – 12 Rn. 3. 720 So auch Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S. 8; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 99. EL, Vor Art. 6 – 22 Rn. 14. 721 Vgl. auch die instruktive Darstellung bei Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 816 ff. zur steuerlichen Dreifachbelastung desjenigen Steuersubstrats, das im Ergebnis als Dividende ausgeschüttet wird. 722 Dies entspricht auch dem im OECD-MK in Ziff. 7 zu Art. 11 geäußerten Verständnis, wonach der Höchstsatz der Quellensteuer „vertretbar [erscheint], wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Quellenstaat bereits Gewinne oder Einkünfte besteuern darf, die die in seinem 718
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dieses Verständnis (berechtigter) Kritik ausgesetzt: Denn das ausschließliche Abstellen auf den „Ort der Zurverfügungstellung“ birgt gerade bei Zinseinnahmen die Gefahr, die Darlehenssumme aus einem niedrig besteuerten Staat heraus auszugeben.723 Dies ändert aber nichts daran, dass das Wirtschaftsgut in diesem Fall eindeutig einer Person zugeordnet werden kann. (b) Lizenzgebühren Ähnlich stellt sich die Lage im Ausgangspunkt bei Lizenzgebühren dar. Auch die lizensierte Nutzung im Quellenstaat ermöglicht dort das Erzielen von Einkünften; auf der anderen Seite wurde das zugrunde liegende Lizenzobjekt seinerseits regelmäßig bei dem Empfänger der Lizenzgebühren erzeugt oder anderweitig hergestellt. Anders als bei der bloßen Kapitalüberlassung weist das Lizenzobjekt aber regelmäßig eine engere Verknüpfung zum Ansässigkeits- als zum Quellenstaat auf.724 Dies liegt in der Tatsache begründet, dass der Lizensierung eine entsprechende Entwicklungszeit vorausgeht, die im Grundsatz auch eine Nutzung von Infrastruktur im Ansässigkeitsstaat voraussetzt. Freilich besteht jedoch auch hier die Möglichkeit, dass Entwicklungsstaat und Ansässigkeitsstaat auseinanderfallen. Auch bei Lizenzgebühren lässt sich damit im Ergebnis nur schwer festlegen, welcher Staat aus nutzentheoretischer Sicht besteuern soll.725 Damit muss es aber bei dem Grundsatz der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat bleiben. Der Entwicklungsstaat wird hierdurch auch nicht zwingend schlechter gestellt. Denn bei einer Veräußerung des Lizenzobjekts in einen anderen (und zukünftigen Ansässigkeits-)Staat greift Art. 7 Abs. 1 OECD-MA bzw. Art. 13 Abs. 2 OECD-MA,726 wonach dieser Staat den Veräußerungsgewinn besteuern darf. Dass hingegen Art. 12 OECD-MA kein Quellenbesteuerungsrecht vorsieht, hat verschiedene Gründe:727 Während manche Staaten bereits nach ihrem innerstaatlichen Recht keine Quellensteuer erheben, ist bei anderen Vertragsstaaten – insbesondere Deutschland – die historische Entwicklung ursächlich. Eine Besteuerung der Lizenzgebühren, die in der Nachkriegszeit auf die für den Wiederaufbau erforderlichen ausländischen Lizenzen gezahlt wurden, sollte nicht dazu führen, dass diese Gebiet mit dem Darlehen finanzierten Investitionen abwerfen“; so wohl auch Schönfeld, in: Schönfeld/Ditz, Art. 10 Rn. 1. 723 Vgl. Engelschalk, in: Vogel (Hrsg.), Steuern auf ausländische Einkünfte, 74 (79), wonach dieser Ort „mehr zufälliger Natur […] und damit […] zumindest fragwürdiger [sei]“. 724 Kritisch dazu Schön, in: Lüdicke (Hrsg.), Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 1 (25 f.). 725 Generell kritisch auch Schön, StuW 2012, 213 (222), der darauf hinweist, dass vier verschiedene Staaten in Betracht kommen, in denen die Lizenzeinnahmen enstanden sind: Neben dem Ansässigkeitsstaat des Kapitalgebers sowie dem Ort der Forschung und Entwicklung auch der Belegenheitsstaat der Produktionsstätte sowie der Staat, in dem die hergestellten Produkte vertrieben werden. 726 Dazu nur Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 113. EL, Art. 12 Rn. 11. 727 Ausführlich etwa Pöllath/Lohbeck, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 12 Rn. 5 ff.
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Steuer im Ergebnis von den deutschen Lizenznehmern zu tragen ist. Dies gilt auch in neuerer Zeit im Hinblick auf eine „Wiederbelebung der Wirtschaft“. Im Übrigen wird der Quellensteuerverzicht jedoch äquivalenztheoretisch begründet: Der Ansässigkeitsstaat trage wirtschaftlich regelmäßig die Kosten für die Entwicklung der den Lizenzeinnahmen zugrundeliegenden Vermögenswerte. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die in Anspruch genommene Infrastruktur, sondern gerade auch mit Blick auf den regelmäßigen Abzug der im Rahmen von Forschung und Entwicklung anfallenden Kosten als Betriebsausgabe im Ansässigkeitsstaat.728 Im Vergleich zu Zinsen und Dividenden ist dies grundsätzlich sachgerecht. Lizenzeinnahmen beruhen typischerweise auf Wirtschaftsgütern, die hohen Qualitätsansprüchen genügen müssen und eine gewisse Entwicklungszeit benötigen. Kapital, das als Darlehen gereicht, verzinslich angelegt oder in Unternehmen investiert wird, kann jedoch aus ganz unterschiedlichen Quellen stammen. (c) Zwischenergebnis Im Ergebnis führen die Art. 10 bis 12 OECD-MA daher zu keiner der oben dargelegten Zuteilungssystematik widersprechenden Beurteilung. Gerade bei Zinsen und Dividenden ist die tatsächliche Wirtschaftszugehörigkeit oft nur schwer zu bestimmen, weshalb es bei einer Besteuerung im Ansässigkeitsstaat bleiben muss. Den Interessen des Quellenstaates wird dabei durch Art. 10 Abs. 2 bzw. Art. 11 Abs. 2 OECD-MA Rechnung getragen. Bei Lizenzgebühren mag zwar im Einzelfall eine Verknüpfung zum Ansässigkeitsstaat überwiegen; auch dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Auch in diesem Fall bleibt es daher bei einer Besteuerung im Ansässigkeitsstaat. Dass Art. 12 OECD-MA keinen Quellensteuereinbehalt vorsieht, ist zum einen (historisch) als wirtschaftsfördernde Maßnahme zu verstehen, zum anderen aber aus äquivalenztheoretischer Sicht durchaus sachgerecht. (4) Nutzentheoretische Rechtfertigung der Zuteilungsentscheidungen des Art. 15 OECD-MA In das oben aufgestellte Postulat einer vorrangigen Besteuerung in demjenigen Staat, zu dem die Einkünfte den größeren Bezug aufweisen, passt schließlich auch Art. 15 OECD-MA.729 Danach können die Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit, 728 Zu letzterem so auch Bozza-Bodden, in: Schönfeld/Ditz, Art. 12 Rn. 3; Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 901, der dies insbesondere auf die fehlende Berücksichtigung dieser Aufwendungen im Rahmen eines Quellensteuereinbehalts und die daraus resultierende mögliche Überbesteuerung stützt; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.369; kritisch Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S. 230; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 113. EL, Art. 12 Rn. 4. – Fallen bei Zinsen hingegen Refinanzierungskosten an, welche im Ansässigkeitsstaat steuerlich berücksichtigt werden, ist eine abweichende Behandlung von Lizenzgebühren an sich nicht gerechtfertigt (kritisch auch Pöllath/Lohbeck, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 12 Rn. 8); aus diesem Grund sehen zahlreiche DBA jedoch mittlerweile differenzierte Regelungen zum Quellensteuereinbehalt vor; ausführlich dazu Pöllath/Lohbeck, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 11 Rn. 50 f. 729 Zur Entwicklung instruktiv Reimer, Der Ort des Unterlassens, 314 ff.
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bei denen natur- und definitionsgemäß eine Betriebsstätte ausscheidet (vgl. Art. 5 Abs. 1 OECD-MA), vorbehaltlich der Rückausnahme des Art. 15 Abs. 2 OECD-MA im Tätigkeitsstaat besteuert werden (sog. Arbeitsortprinzip).730 Fallen Ansässigkeitsstaat und Tätigkeitsstaat zusammen, bleibt so gesehen auf abkommensrechtlicher Ebene keine äquivalenztheoretische Rechtfertigung für eine unter Umständen gegebene beschränkte Steuerpflicht im anderen Vertragsstaat.731 Allein bei Vorliegen der kumulativen Voraussetzungen in Art. 15 Abs. 2 OECD-MA fehlt es bei Auseinanderfallen von Ansässigkeits- und Tätigkeitsstaat an einer Besteuerungsbefugnis des letzteren. Aber auch dies stellt keinen Widerspruch zu der oben dargelegten Annahme dar, sondern vielmehr eine klare Positionierung des OECD-MA zur Aufteilung nach Maßgabe der stärkeren wirtschaftlichen Verknüpfung. Befindet sich nämlich der Bezieher der Einkünfte nur die Hälfte des Jahres im Quellenstaat, besteht bereits keine überwiegende Verknüpfung zum Quellenstaat, die dessen Besteuerungsbefugnis rechtfertigen könnte.732 In diesem Fall bleibt es damit bei dem Grundsatz der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat. (5) Zwischenergebnis Die vorgehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Anknüpfung des Abkommensberechtigten als Einkünfteerzieler an den Ansässigkeitsstaat immer dann überlagert wird, wenn eine hinreichend starke Verknüpfung zum Quellenstaat existiert. Dies ist allen voran immer dann der Fall, wenn dort eine Betriebsstätte belegen ist und die betreffenden Gewinne bzw. Wirtschaftsgüter dieser abkommensrechtlich zugerechnet werden können (sog. Betriebsstättenprinzip). Aber auch dann, wenn sich der Empfänger, der Einkünfte i.S.d. Art. 15 OECD-MA erzielt, mehr als die Hälfte eines Jahres im Quellenstaat als Tätigkeitsstaat aufhält, darf letzterer die Vergütungen unter Umständen besteuern. Zusammenfassend kann damit gesagt werden, dass sich aus diesen Verteilungsnormen der Grundsatz ergibt, dass derjenige Staat besteuern soll, zu dem die Einkünfte die stärkste wirtschaftliche Verknüpfung aufweisen.733
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Ausführlich dazu Prokisch, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 15 Rn. 4. Etwa weil die unselbstständige Arbeit im Herkunftsstaat verwertet wird, Prokisch, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 15 Rn. 3. 732 Dem entspricht es, dass Vergütungen, die für berufsbedingte Reisen in Drittstaaten gezahlt werden, im Ansässigkeitsstaat steuerlich erfasst werden, da es insoweit an einer physischen Anwesenheit im Tätigkeitsstaat fehlt; so zum DBA-Österreich BFH, Urteil v. 25. 11. 2014, I R 27/13, BStBl. II 2015, 448. 733 Ähnlich Lehner/Waldhoff, in: K/S/M, EStG, 100. EL, § 1 Rn. A 223: „[…] die Abgrenzung der Besteuerungszuständigkeit in den Verteilungsnormen der Doppelbesteuerungsabkommen beruhen auf einer territorialbezogenen Konzeption“, und weiter: „In den Verteilungsnormen […] wird […] dem Quellenstaat eine vorrangige Besteuerung eingeräumt“; vgl. auch Vogel, DStJG 8 (1985), 3 (5 f.). 731
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bb) Ausschließliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat als teleologisch begründete Durchbrechung Dem scheint es auf den ersten Blick zu widersprechen, dass die Einkünfte aus Ruhegehältern (Art. 18 OECD-MA) allein im Ansässigkeitsstaat des Empfängers zu besteuern sind. Doch bei näherer Betrachtung passt auch dies in das oben dargelegte Zuteilungssystem. Denn die den Ruhegehältern vorausgehenden Einkünfte i.S.d. Art. 15 OECD-MA wurden unter Umständen durchaus im Tätigkeitsstaat besteuert. Art. 18 OECD-MA als lex specialis734 erfasst hingegen Vergütungen, die zu einem Zeitpunkt bezogen werden, an dem gerade keine Tätigkeit i.S.d. Art. 15 OECD-MA mehr ausgeübt wird.735 Es fehlt in diesem Fall an einer hinreichenden Verknüpfung zum ursprünglichen Tätigkeitsstaat, die dessen Besteuerungsbefugnis begründen könnte.736 Etwas anderes hat deshalb auch gerade dann nicht zu gelten, wenn sich ein Pensionär zum oder nach Eintritt des gesetzlichen Rentenalters im Ausland niederlässt.737 Denn auch in diesem Fall rechtfertigt die bloße Ansässigkeit die Besteuerungsbefugnis des „neuen“ Ansässigkeitsstaates; umgekehrt ist aus nutzentheoretischer Sicht nicht ersichtlich, warum Deutschland als ursprünglicher Ansässigkeitsstaat diese Pensionszahlungen besteuern sollte.738 Damit bleibt es dabei, dass der Grundsatz der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat immer dann durchbrochen wird, wenn eine hinreichende Verknüpfung zum Quel734
Statt vieler Ismer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 18 Rn. 12. Jedenfalls keine Tätigkeit, auf der die Ruhegehälter kausal beruhen; zur Kausalität wiederum nur Ismer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 18 Rn. 26 ff. 736 Vgl. Reimer, Der Ort des Unterlassens, 305 f., der in einer Besteuerung durch den Quellenstaat die Gefahr einer Verletzung des subjektiven Nettoprinzips sieht. – Im Einzelnen umstritten ist, ob die abkommensrechltiche Besteuerungsbefugnis für Zahlungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die Einkünfte i.S.d. Art. 15 OECD-MA darstellen, dem Ansässigkeitsstaat oder dem ursprünglichen Tätigkeitsstaat obliegt; dazu Ziff. 2.3 ff. zu Art. 15 OECD-MK sowie wiederum dazu Anger/Wagemann, IWB 2014, 787 (792 ff.); Ditz/Bärsch, ISR 2014, 301 (304); Tumpel/Jahn, in: Lang et al. (Hrsg.), The OECD-Model-Convention and its Update 2014, 121 (124 ff.); allgemein und instruktiv zur zeitlichen Zurechnung bei der DBA-Anwendung M. Lang, SWI 1999, 282. Richtigerweise sollte danach differenziert werden, ob die jeweiligen Zahlungen aufgrund geleisteter Tätigkeit oder aus Anlass der Vertragsbeendigung erbracht werden, so dass etwa bei Gehaltsfortzahlungen die Besteuerungsbefugnis dem (neuen) Ansässigkeitsstaat zustehen sollte, zutreffend Wassermeyer, FS Haarmann, 971 (977); a.A. Haase, ISR 2014, 185 (187); Ludwig, SWI 2013, 200 (201); dies entspricht auch der ständigen BFH-Rechtsprechung zu Abfindungen, vgl. nur BFH, Urteil v. 10. 6. 2015, I R 79/13, BFH/NV 2015, 1630; so auch BMF, Schreiben v. 12. 11. 2014, BStBl. I 2014, 1467, Tz. 5.5.4.1. 737 Kritisch aber M. Lang, DStJG 36 (2013), 7 (25 f.). 738 Hick, in: Schönfeld/Ditz, Art. 18 Rn. 10 sieht wohl eher praktische Erwägungen als ausschlaggebend für die Zuteilungsentscheidung des Art. 18 OECD-MA; denn wäre der Empfänger in mehreren Staaten unselbstständig tätig geworden und hätte er dadurch auch jeweils entsprechende Ansprüche auf Ruhegehaltszahlungen, würde das Besteuerungsrecht andernfalls auch diesen mehreren Staaten zustehen. 735
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lenstaat besteht, sei es aufgrund einer dort belegenen Betriebsstätte oder einer dort überwiegend ausgeübten Tätigkeit. cc) Bestätigung des immanenten Zuteilungssystems durch die „Sonderfälle“ Während also Art. 18 OECD-MA, der generell eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsieht, in die oben dargelegte Systematik eingepasst ist oder dieser jedenfalls nicht widerspricht, bleibt abschließend zu klären, welche Bedeutung denjenigen Verteilungsnormen beizumessen ist, die bereits im Grundsatz keine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsehen und mithin „Sonderfälle“ darstellen. Wie verträgt sich deren jeweilige Regelung mit dem Gedanken einer nutzentheoretischen Zuteilung der Besteuerungsbefugnisse? (1) Belegenheit einer Immobilie als stärkste physische Verknüpfung zum Belegenheitsstaat Betrachtet man hierfür zunächst Art. 6 OECD-MA, so ist die Besteuerungsbefugnis des Belegenheitsstaates unmittelbar einleuchtend. Denn die Belegenheit einer Immobilie stellt für sich die stärkste Verknüpfung eines Vermögenswertes zu einem Staat dar. Konsequenterweise werden die hieraus erzielten Einkünfte auch dem Belegenheitsstaat, der die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellt, zugeteilt.739 Dem entspricht es schließlich, dass Art. 6 OECD-MA keinen Betriebsstättenvorbehalt enthält und damit in seinem Anwendungsbereich auch nicht beschränkt ist.740 (2) Besteuerungsbefugnis des Geschäftsleitungsstaats nach Art. 8 OECD-MA als systemkonforme Praktikabilitätsentscheidung Auch die Anordnung in Art. 8 OECD-MA, wonach die von dieser Bestimmung erfassten Einkünfte im Geschäftsleitungsstaat des Unternehmens besteuert werden, ist durchaus systementsprechend.741 Zwar könnte insoweit auch auf den Quellenbzw. Tätigkeitsstaat abgestellt werden, in dem sich die Beförderungsmittel befinden bzw. wo diese angelaufen sind. Aufgrund der Vielzahl möglicher Quellenstaaten ist dies jedoch praktisch kaum durchführbar.742 Dass Art. 8 OECD-MA hingegen auch nicht dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht einräumt, liegt in der Natur und dem Zweck dieser Verteilungsnorm: Durch die Zuteilung der Besteuerungsbefugnis an den Geschäftsleitungsstaat konkretisiert bzw. spezifiziert Art. 8 OECD-MA den 739
Zum Belegenheitsprinzip oben unter § 5, C. IV. 3. a) (S. 158 ff.). Statt vieler Reimer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 6 Rn. 6. 741 Ausführlich zur Entstehungsgeschichte dieser Regelung Maisto, FS Vogel, 1017. 742 Zutreffend Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 8 Rn. 4.; vgl. auch Vogel, DStZ 1997, 269 (280). 740
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Betriebsstättenvorbehalt.743 Der Geschäftsleitungsstaat ist damit im Ergebnis derjenige Staat, in dem sich die Geschäftsleitungsbetriebsstätte befindet. Diese Verknüpfung überlagert damit die bloße Ansässigkeit als den am wenigsten starken Anknüpfungspunkt. Zugleich soll hierdurch vermieden werden, dass allein der rechtliche Sitz des Unternehmens entscheidet, welcher Staat besteuern darf.744 Dass Art. 8 OECD-MA dem Geschäftsleitungsstaat die Besteuerungsbefugnis einräumt, verdeutlicht, dass die Geschäftsleitung bei praxisnaher Betrachtung die engere Verknüpfung als die bloße (rechtliche) Ansässigkeit darstellt. Auch bei Art. 8 OECD-MA wird damit nach Maßgabe der wirtschaftlichen Verknüpfung zugeteilt, allerdings aus praktischen Erwägungen an denjenigen Staat, in dem die wesentliche Einkünfteursache mittelbar gesetzt wird. (3) Quellenstaatsbezogene Verteilungsentscheidung in Art. 16 OECD-MA Gleiches gilt für Vergütungen für die Tätigkeit als Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat nach Art. 16 OECD-MA. Die Besonderheit dieser Zuteilung liegt in der Tätigkeit der Aufsichts- und Verwaltungsräte: Anders als etwa in der Regel bei nicht selbstständig Tätigen (Art. 15 OECD-MA) ist bei diesen der Tätigkeitsstaat nur schwer zu bestimmen.745 Vor diesem Hintergrund ist die Zuteilungsentscheidung des Art. 16 OECD-MA, wonach der Ansässigkeitsstaat der zahlenden Gesellschaft und damit der Quellenstaat abkommensrechtlich zur Besteuerung befugt ist, als Praktikabilitätsentscheidung zu sehen.746 Auf den Ort der tatsächlichen Ausübung kommt es danach nicht an.747 Wie schon bei Art. 8 OECD-MA ist es dann aber konsequent, demjenigen Staat das Besteuerungsrecht zuzuteilen, zu dem die nächstgrößere, praktisch bestimmbare Verknüpfung besteht – hier also dem Ansässigkeitsstaat der zahlenden Gesellschaft.748
743
Rauert, in: Schönfeld/Ditz, Art. 8 Rn. 2. Vgl. Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 8 Rn. 5; Rauert, in: Schönfeld/Ditz, Art. 8 Rn. 2. 745 Ziff. 1 zu Art. 16 OECD-MA; statt vieler auch Prokisch, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 16 Rn. 4. 746 Prokisch, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 16 Rn. 4; Tcherveniachki, in: Schönfeld/Ditz, Art. 16 Rn. 2; Wilk, in: G/K/G, OECD-MA, 24. EL, Art. 16 Rn. 3. 747 Zutreffend Lühn, IWB 2007, 1035 (1035 f.); Strunk-zur Heide, in: S/K/K, OECD-MA, 12. EL, Art. 16 Rn. 1; etwas anderes gilt freilich dann, wenn ein DBA voraussetzt, dass die Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat der zahlenden Gesellschaft auch geleistet wird (so z. B. Art. 16 DBA-USA). 748 Zur Bestimmung des Ansässigkeitsstaats bei divergierendem Sitz und Ort der Geschäftsleitung der zahlenden Gesellschaft Strunk-zur Heide, in: S/K/K, OECD-MA, 12. EL, Art. 16 Rn. 1. 744
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(4) Besteuerungsbefugnis des Tätigkeitsstaats nach Art. 17 OECD-MA als systemkonforme Verteilungsentscheidung Anderes gilt aber für Art. 17 OECD-MA unter Beachtung seiner ursprünglichen Zielsetzung. Grundgedanke der Zuteilung des Besteuerungsrechts an den Tätigkeitsstaats war zur Zeit seiner Einführung, eine praktisch handhabbare Besteuerung der betroffenen Steuerpflichtigen zu ermöglichen.749 Aufgrund des zur damaligen Zeit wenig fortgeschrittenen Informationsaustausches zwischen den jeweiligen Vertragsstaaten stand die Befürchtung im Raum, Künstler und Sportler könnten andernfalls nicht hinreichend in ihrem Ansässigkeitsstaat besteuert werden.750 In der jüngeren Vergangenheit wurden jedoch vermehrt Forderungen erhoben, aufgrund des zwischenzeitlich deutlich verbesserten Informationsaustausches die Besteuerungsbefugnis dem Ansässigkeitsstaat einzuräumen.751 Dem ist indes nicht zuzustimmen. Der Anwendungsbereich von Art. 17 OECD-MA bezieht sich nur auf solche Einkünfte, deren zugrunde liegende Tätigkeit öffentlich dargeboten wird.752 Gerade in diesen Fällen besteht aber ein spezieller Konnex der gewinnerzielenden Tätigkeit und mithin der Einkünfte zum Tätigkeitsstaat. Deshalb ist es auch sachgerecht, diese Einkünfte im jeweiligen Tätigkeitsstaat zu besteuern. Die vorbereitenden Arbeiten – wie z. B. das Training für einen Wettkampf – finden unter Umständen zwar im Ansässigkeitsstaat statt. Zwingend ist dies jedoch nicht.753 Darüber hinaus ist diese vorbereitende Tätigkeit zwar conditio sine qua non für später erlangte Preisgelder oder Eintrittserlöse, aber wesentlich hierfür ist die Ausübung vor Ort. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass die Einkünfte aus der Verwertung der künstlerischen oder sportlichen Tätigkeit grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat besteuert werden (Art. 12 OECD-MA).754 Dem steht es freilich nicht entgegen, dass Staaten – wenn auch nur rechtspraktisch – in bestimmten Fällen von einer Besteuerung im Tätigkeitsstaat absehen.755 Die abkommensrechtliche Systematik bleibt hiervon aber unberührt. 749 Stockmann, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 17 Rn. 3; zur Entwicklungsgeschichte auch Grams, IStR 1999, 297 (297 f.); Somare, in: Lang et al. (Hrsg.), The OECD-Model-Convention and its Update 2014, 77 (79 ff.). 750 Schlotter, in: Schönfeld/Ditz, Art. 17 Rn. 2; Stockmann, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 17 Rn. 3. 751 Kritisch etwa Graf/Bisle, IStR 2006, 44 (48); Schlotter, in: Schönfeld/Ditz, Art. 17 Rn. 3; die Verteilungsentscheidung in Art. 17 OECD-MA als „Relikt der steuerlichen Urzeit“ bezeichnend Grams, IStR 1999, 297 (300); dazu auch Stockmann, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 17 Rn. 3a; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 125. EL, Art. 17 Rn. 1. 752 Statt vieler Stockmann, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 17 Rn. 6, 22 f., 31. 753 Man denke beispielsweise an das gerade im professionellen Ausdauersport übliche Höhentraining zur Vorbereitung eines Wettkampfes im Flachland. 754 Dazu Stockmann, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 17 Rn. 13. 755 Vgl. BMF, Schreiben v. 20. 3. 2008, BStBl. I 2008, 538 zu Steuererlassen für beschränkt Steuerpflichtige im Zusammenhang mit inländischen Spielen der europäischen Vereinswettbewerbe von Mannschaftssportarten.
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(5) Teleologische Sonderfälle (a) Kassenstaatsprinzip nach Art. 19 OECD-MA Etwas schwieriger stellt sich die Lage bei Art. 19 OECD-MA dar. Dieser normiert das sog. Kassenstaatsprinzip,756 wonach grundsätzlich nicht dem Ansässigkeits-, sondern dem (zahlenden) Kassenstaat die Besteuerung der betreffenden Einkünfte obliegt. Zweck der Zuteilung an den Kassenstaat ist es, „den Regeln internationaler Courtoisie und gegenseitiger Achtung souveräner Staaten Rechnung zu tragen.“757 Die Sachgerechtigkeit dieser Zuteilungsentscheidung ist in der Literatur umstritten und soll hier nicht weiter vertieft werden.758 Entscheidend ist, dass Art. 19 Abs. 1 OECD-MA nicht nur keine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vorsieht, sondern zugleich die Besteuerungsbefugnis des Tätigkeitsstaates durch die des Kassenstaates substituiert. Nur wenn der Bedienstete abkommensrechtlich im Tätigkeitsstaat ansässig ist und die Staatsangehörigkeit dieses Staates hat oder dort aus Gründen ansässig ist, die nicht allein in seiner Tätigkeit liegen, steht dem Tätigkeitsstaat (als Ansässigkeitsstaat) (auch) die Besteuerungsbefugnis zu (Art. 19 Abs. 2 OECDMA). Vor dem Hintergrund der bisher dargelegten Zuteilungssystematik lässt sich dies nicht einordnen bzw. rechtfertigen. Art. 19 OECD-MA liegen aber (strittige) Erwägungen zugrunde, die keine äquivalenztheoretische Grundlage haben. Deshalb kann aus Art. 19 OECD-MA auch keine Erkenntnis gewonnen werden, die das aufgezeigte System bekräftigen oder widerlegen kann. (b) Förderung des grenzüberschreitenden Ausbildungsaustausches nach Art. 20 OECD-MA Gleiches gilt im Ergebnis im Hinblick auf Art. 20 OECD-MA. Danach darf der Aufenthaltsstaat – auch bei abkommensrechtlicher Ansässigkeit des Studenten oder Auszubildenden – die entsprechenden Zahlungen an diesen nicht besteuern, selbst wenn er wollte. Gleichwohl wird die dortige Infrastruktur genutzt (z. B. Universität, Berufsschule, aber auch anonyme Leistungen der Daseinsvorsorge). Art. 20 OECDMA stellt insoweit jedoch eine Ausnahmeregelung dar, als die Frage nach der systematisch richtigen Zuteilung überlagert wird durch den Zweck, den grenzüberschreitenden Ausbildungsaustausch zu fördern.759 Dieser Grundgedanke rechtfertigt es dann aber auch, Art. 20 OECD-MA für die vorliegende Betrachtung außer Acht zu lassen.
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Statt aller Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 19 Rn. 2. Art. 19 Ziff. 1 OECD-MK. 758 Im Einzelnen dazu Blank/Ismer, Intertax 2015, 245; Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 19 Rn. 7; Kavelaars, BIT 2007, 86 (97); Kluge, Das Internationale Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. S. 311; M. Lang, BIT 2007, 17 (20 ff.); Rodi, RIW 1992, 484 (487 ff.); Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 94. EL, Art. 19 Rn. 1. 759 Dazu Reichold, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 20 Rn. 4 ff. 757
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(c) Zwischenergebnis Damit bleibt es dabei: Der Grundsatz der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat wird immer dann durchbrochen zugunsten einer Besteuerung im Tätigkeits- oder Quellenstaat, wenn eine engere Verknüpfung des Steuerpflichtigen zum zweitgenannten Vertragsstaat besteht. Denjenigen Verteilungsnormen, die dies nicht vorsehen, liegen insoweit sachfremde Erwägungen zugrunde. d) Zwischenergebnis Die Ausführungen haben gezeigt, dass die Zuteilung der Besteuerungsbefugnisse innerhalb der Verteilungsnormen des OECD-MA grundsätzlich eine nutzentheoretische Zuordnung nachvollzieht. Dies gilt zunächst für diejenigen Verteilungsnormen, die von einer Besteuerung im Ansässigkeitsstaat zugunsten einer Besteuerung im Ursprungsstaat unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere einer dort belegenen Betriebsstätte oder einer dort verrichteten Tätigkeit, abweichen. Aber auch Art. 18 OECD-MA, der allein eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat zur Rechtsfolge hat, passt in diese Systematik. Zuletzt sind auch die Sonderfälle, wonach der Ansässigkeitsstaat in keinem Fall zur Besteuerung befugt ist, Ausprägungen einer äquivalenztheoretischen Grundentscheidung. Dies gilt für Art. 17 OECD-MA zwar nicht unter Beachtung seiner ursprünglichen Zielsetzung, ist im Ergebnis aber wertungsmäßig richtig. Das Kassenstaatsprinzip des Art. 19 OECD-MA sowie Art. 20 OECD-MA müssen insoweit hingegen ausgeblendet werden, da diesen Regelungen wiederum eine spezielle Teleologie zugrunde liegt. e) Maßgeblichkeit der territorialen Verknüpfung zum Betriebsstättenstaat unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen Die nutzentheoretische Zuteilungsentscheidung spiegelt sich nach alledem auch in dem Betriebsstättenprinzip sowie den Betriebsstättenvorbehalten wider, welche für die systematische Bestimmung des Unternehmensbegriffs nachfolgend noch entscheidend berücksichtigt werden [hierzu unter 4.]. Zunächst stellt sich aber die Frage, ob nicht die jüngeren Entwicklungen um den Begriff und die Funktion der Betriebsstätte eine von dem soeben gefundenen Zwischenergebnis abweichende Beurteilung erfordern. Dies gilt zum einen mit Blick auf den Authorized OECD Approach [hierzu unter aa)] und zum anderen hinsichtlich der „Entmaterialisierung“ des Betriebsstättenbegriffs [hierzu unter bb)]. aa) Authorized OECD Approach und dessen Umsetzung in nationales Recht Die relative Selbstständigkeit der Betriebsstätte wurde abkommensrechtlich durch den Authorized OECD Approach zugunsten einer uneingeschränkten
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Selbstständigkeitsfiktion abgelöst [hierzu unter (1)]. Diese fiktive funktionale Selbstständigkeit hat der Gesetzgeber innerstaatlich in § 1 AStG umgesetzt [hierzu unter (2)]. Während der AOA im Ausgangspunkt der nutzentheoretischen Zuteilungsentscheidung entspricht, ist dies bei näherer Betrachtung zweifelhaft [hierzu unter (3)]. (1) Wandel von der relativen zur uneingeschränkten fiktiven Selbstständigkeit der Betriebsstätte Die Gewinnverteilung bzw. -zuordnung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte wird maßgeblich von der rechtlichen Unselbstständigkeit letzterer bestimmt. Schuldrechtliche Beziehungen zwischen beiden werden damit im Grundsatz nicht anerkannt.760 Konsequenz dessen ist, dass Leistungsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebstätte als solche nicht für Zwecke der Zuordnung von Erträgen und Aufwand maßgeblich sind.761 Vielmehr erfolgt die Gewinnverteilung nach Maßgabe des Fremdvergleichsgrundsatzes. Nach dem bisherigen Verständnis der Finanzverwaltung „sind der Betriebsstätte die Wirtschaftsgüter nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zugehörigkeit und die mit den Wirtschaftsgütern im Zusammenhang stehenden Betriebseinnahmen und -ausgaben nach dem Veranlassungsprinzip zuzuordnen.“762 Bezeichnend für den Zustand der Betriebsstätte hat sich in diesem Zusammenhang die Auffassung einer relativen bzw. eingeschränkten Selbstständigkeit als wohl herrschend etabliert.763 Die Betriebstätte soll danach zwar im Verhältnis zu Dritten, nicht jedoch zu Stammhaus oder anderen Betriebsstätten die notwendige Selbstständigkeit aufweisen.764 Abkommensrechtlich hat dieser Fremdvergleichsgrundsatz seine Grundlage in Art. 7 Abs. 2 OECD-MA, der mit dem OECD-MA 2010 in Umsetzung des Authorized OECD Approach („AOA“) neu gefasst wurde. Damit ist nun im OECD-MA ein Wandel von der eingeschränkten Selbstständigkeit zur uneingeschränkten Selbstständigkeit (Functionally Separate Entity Approach) der Betriebsstätte vollzogen worden, mit der Folge, dass im Ergebnis der Gewinn einer Betriebsstätte selbstständig zu ermitteln ist und es zu keiner Aufteilung des Gesamtgewinns des Unternehmens bzw. des Stammhauses kommt.765 Damit ist eine Gewinnzuordnung
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Statt aller Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 452. Stadler et al., in: Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, Rn. 13.17. 762 BMF, Schreiben v. 24. 9. 1999, BStBl. I 1999, 1076, Tz 2.2. 763 Schön, in: Lüdicke (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmen im Wandel, 71 (78 f.) m.w.N.; zur eingeschränkten und uneingeschränkten Selbstständigkeit auch Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.267 m.w.N. 764 Schön, in: Lüdicke (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmen im Wandel, 71 (79). 765 Kahle, FS Frotscher, 287 (287 ff.); Roth, in: Baumhoff/Schönfeld (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen – Nationale und internationale Entwicklungen, 91 (92). 761
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auch unabhängig von der Frage, ob das Gesamtunternehmen Gewinne oder Verluste erzielt.766 (2) Umsetzung des AOA in § 1 AStG Um diese fiktive funktionale Selbstständigkeit auch innerstaatlich „umzusetzen“ und ihm damit eine Rechtsgrundlage zu geben, hat der Gesetzgeber mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. 6. 2013767 § 1 AStG entsprechend geändert. § 1 Abs. 5 S. 2 AStG bringt die insoweit erforderliche Selbstständigkeitsfunktion deutlich zum Ausdruck: „Zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist eine Betriebsstätte wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln, es sei denn, die Zugehörigkeit der Betriebsstätte zum Unternehmen erfordert eine andere Behandlung.“768 § 1 AStG sieht zu diesem Zweck ein zweistufiges Verfahren vor.769 In einem ersten Schritt sind der Betriebstätte Personalfunktionen, zur Ausübung der ihr zugeordneten Funktionen benötigte Vermögenswerte, hierdurch übernommene Chancen und Risiken und darüber hinaus Dotationskapital zuzuordnen (§ 1 Abs. 5 S. 3 AStG). In einem zweiten Schritt sind die Arten der Geschäftsbeziehungen zwischen dem Unternehmer und der Betriebsstätte und die Verrechnungspreise für diese Geschäftsbeziehungen zu bestimmen (§ 1 Abs. 5 S. 4 AStG). Aufgrund des Verweises auf § 1 Abs. 1 AStG ist § 1 Abs. 5 AStG als Einkünftekorrekturnorm ausgestaltet, welche im Rahmen der soeben dargestellten zweiten Stufe erfolgt.770 Im Ergebnis handelt es sich bei der Regelung in § 1 Abs. 5 AStG um eine Einkünftefiktion.771 Auf Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 1 Abs. 6 AStG hat das BMF nunmehr auch eine Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung772 erlassen. Die praktischen Besonderheiten und Schwierigkeiten, aber auch die rechtlichen Bedenken, die der AOA sowie dessen nationale Verankerung in § 1 AStG mit sich bringen, sollen hier nicht vertieft werden.773 766 Statt vieler Kofler, in: Lüdicke (Hrsg.), Neue Grenzen für die internationale Steuerplanung?, 113 (114). 767 Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften, BGBl. I 2013, 1809. 768 Hervorhebung nur hier. 769 Ausführlich dazu Ditz, ISR 2012, 48; im Anwendungsbereich des Art. 7 OECD-MA vgl. Kahle, FS Frotscher, 287 (290 ff.). 770 Schaumburg, ISR 2013, 197 (198); Schnitger, IStR 2012, 633 (638). 771 Hemmelrath/Kepper, IStR 2013, 37 (41); Schaumburg, ISR 2013, 197 (197 f.); Wassermeyer, IStR 2012, 277 (278 f.). 772 Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 des Außensteuergesetzes vom 13. 10. 2014 (BsGaV), BGBl. I 2014, 1603; überblicksartig zur Entwurfsfassung Kußmaul et al., IStR 2014, 466; zur „finalen“ Fassung Busch, DB 2014, 2490; Ditz/Luckhaupt, ISR 2015, 1; Höreth/Zimmermann, DStZ 2014, 743; Wassermeyer, IStR 2015, 37. 773 Dazu Barig, IWB 2013, 801; Ditz, ISR 2012, 48; ders., StBJB 2012/2013, 425; Hemmelrath/Kepper, IStR 2013, 37; Kofler, in: Lüdicke (Hrsg.), Neue Grenzen für die internationale
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(3) Keine Maßgeblichkeit des AOA sowie dessen Umsetzung in deutsches Recht für die abkommensrechtliche Zuteilungssystematik Maßgeblich ist vielmehr die mit der Einführung des AOA verbundene Grundsatzentscheidung, dass nunmehr zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nicht bloß eine Einkünftezuordnung erfolgen soll, sondern vielmehr eine separate Einkünfteermittlung auf Ebene der Betriebsstätte.774 Die Anordnung der fiktiven rechtlichen Selbstständigkeit scheint auf den ersten Blick die dem Betriebsstättenprinzip zugrunde liegende Überlegung zu bestätigen, wonach eine Betriebsstätte aufgrund ihrer territorialen Verhaftung eine besondere Beziehung zum Betriebsstättenstaat aufweist. Die Selbstständigkeitsfiktion könnte man in gewisser Weise als rechtliche Bestätigung der territorialen Verhaftung verstehen. Dies gilt zum einen für die nach Ansicht der OECD – und nunmehr auch des Gesetzgebers (vgl. § 1 Abs. 5 S. 3 AStG) – vorzunehmende Funktions- und Risikoanalyse. Kennzeichnend hierfür ist in erster Linie die Zuordnung von Funktionen, d. h. der Betriebsstätte müssen Funktionen des Unternehmens zugeordnet werden, die durch ihr Personal ausgeübt werden. Hieran anknüpfend bestimmt sich weiter die Zuordnung von Vermögenswerten, von Chancen und Risiken sowie von Dotationskapital. Diese im Kern geographische Zuordnung von Personen und Betriebsmitteln nach Funktionsgesichtspunkten entspricht an sich einer äquivalenztheoretischen Betrachtung.775 Nicht allein die bloße territoriale Zuordnung, sondern auch die insoweit erforderliche Zuordnung von Funktionen spricht für eine hinreichende Verknüpfung zum Betriebsstättenstaat.776 Problematisch daran ist jedoch, dass auf der ersten Stufe auch eine Zuordnung von (Ertrags-)Chancen und Risiken stattfinden soll. Diese personale Zurechnung von Einkommen auch bei Betriebsstätten nachzuvollziehen, ist vor dem Hintergrund der Zweckrichtung des AOA durchaus sachgerecht, wonach kein wesentlicher Unterschied zwischen der Gewinnaufteilung zwischen juristischen Personen einerseits und Stammhaus und Betriebsstätte andererseits mehr bestehen soll. Äquvialenztheoretisch lässt sich das mit der ÜberSteuerplanung?, 113 (114 ff.); Roth, in: Baumhoff/Schönfeld (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen – Nationale und internationale Entwicklungen, 91; Schaumburg, ISR 2013, 197; Schnitger, IStR 2012, 633; ders., BIT 2013, 211; Wassermeyer, IStR 2012, 277. 774 Schaumburg, ISR 2013, 197 (197 f.); vgl. auch BT-Drs. 17/10000, 77. 775 Kritisch dazu Schön, in: Lüdicke (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmen im Wandel, 71 (95). 776 Dies wird auch bestätigt durch § 4 Abs. 1 BsGaV, wonach eine Personalfunktion der Betriebsstätte zuzuordnen ist, in der die Personalfunktion ausgeübt wird. Eine solche Personalfunktion zeichnet sich insbesondere durch Nutzung, Anschaffung und Herstellung aus (§ 2 Abs. 2 BsGaV). Hieran wird deutlich, dass auch das BMF eine Zuordnung von (Personal-) Funktionen grundsätzlich nur dann vornehmen möchte, wenn eine tatsächliche Verknüpfung mit der Betriebsstätte und folglich auch mit dem Quellenstaat besteht, dazu Höreth/Zimmermann, DStZ 2014, 743 (745 f.).
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nahme von Chancen und Risiken verbundende Risiko der Verlusterzielung freilich nur schwer zuordnen, zumal es gewissermaßen als Resultat unzureichender staatlicher Infrastruktur gesehen werden kann.777 In eine andere Richtung könnte freilich wiederum der Umstand deuten, dass die Risikozuordnung auf den zuzuordnenden Vermögenswerten und den von der Betriebsstätte ausgeübten Funktionen beruht (vgl. § 1 Abs. 5 S. 3 Nr. 3 AStG).778 Dies bringt auch § 10 Abs. 1 und 2 BsGaV klar zum Ausdruck. Diese weisen jedoch durchaus eine territoriale Verknüpfung zum Betriebsstättenstaat auf, so dass sich hier ein direkter Widerspruch zum Betriebsstättenprinzip mit seinem nutzentheoretischen Hintergrund wohl nicht ausmachen lässt. Zum anderen ergeben sich aber insoweit Bedenken, als § 1 Abs. 5 AStG, der auf Abs. 1 verweist, nur zu Ungunsten des Steuerpflichtigen wirkt.779 Denn § 1 Abs. 1 AStG spricht nur davon, dass Einkünfte „gemindert“ werden. Die Einkünfteermittlung hat damit nur die Funktion einer einkünfteerhöhenden Berichtigung.780 Wenn nun beispielsweise im Fall eines ausländischen Stammhauses mit einer inländischen Betriebsstätte die nach dem ausländischen Steuerrecht vorgesehene AOA-Regelung dazu führt, dass der inländischen Betriebsstätte fiktive Dienstleistungsentgelte zugerechnet bzw. berechnet werden, berücksichtigt § 1 Abs. 5 AStG dies gerade nicht.781 Die innerstaatliche Umsetzung des AOA führt damit nicht dazu, eine in beide Richtungen wirkende Gewinnverteilung auf Basis einer Gewinnermittlung einzuführen; vielmehr geht es darum, fiskalische Interessen zu wahren. Während also der AOA im Ausgangspunkt aufgrund der Anordnung der fiktiven Selbstständigkeit einer Betriebsstätte das Betriebsstättenprinzip zu flankieren scheint, kann jedenfalls dessen Umsetzung in § 1 AStG aufgrund seiner nur profiskalischen Wirkung keine Aussagekraft für die hier zu untersuchende Frage beigemessen werden. bb) Entmaterialisierung des Betriebsstättenbegriffs In eine andere Richtung geht demgegenüber die Entwicklung des Betriebsstättenbegriffs auf nationaler und internationaler Ebene. Beide Begriffe entsprechen sich im Wesentlichen inhaltlich [hierzu unter (1)] und unterliegen auch gleichermaßen 777
Dazu Kane, Virginia Law Review 2006, 867 (902 ff.); so wohl auch Schön, in: Lüdicke (Hrsg.), Besteuerung von Unternehmen im Wandel, 71 (102 f.) m.w.N. 778 Dies entspricht auch der Auffassung der OECD zum AOA im OECD-Betriebsstättenbericht, vgl. OECD, 2010 Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments, Rn. 21, abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/45689524.pdf (zuletzt abgerufen am 6. 4. 2016). 779 Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 454; Kofler, in: Lüdicke (Hrsg.), Neue Grenzen für die internationale Steuerplanung?, 113 (116 f.); Schaumburg, ISR 2013, 197 (198); ders., Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 18.105; Schnitger, IStR 2012, 633 (634). 780 Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 454; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 18.105. 781 Zutreffend Schaumburg, ISR 2013, 197 (198).
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einer Entwicklung hin zur Aufweichung des Betriebsstättenprinzips [hierzu unter (2)]. Die abkommensrechtliche Zuteilungssystematik bleibt hiervon jedoch unberührt [hierzu unter (3)]. (1) Wesentliche Übereinstimmung zwischen nationalem und abkommensrechtlichem Betriebsstättenbegriff Der innerstaatliche sowie abkommensrechtliche Begriff der Betriebsstätte sind weitgehend identisch. Während ersterer eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage voraussetzt, die der Tätigkeit des Unternehmens dient (§ 12 S. 1 AO),782 liegt eine Betriebsstätte i.S.d. Art. 5 Abs. 1 OECD-MA vor bei einer „feste[n] Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.“ Dem Wortlaut nach sind die Voraussetzungen an das Vorliegen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte danach enger:783 Zum einen ist in Art. 5 Abs. 1 OECD-MA nur die Rede von einer festen Geschäftseinrichtung, nicht jedoch Anlage,784 zum anderen muss diese nicht nur der Unternehmenstätigkeit dienen (vgl. § 12 S. 1 AO), sondern selbige muss durch die feste Geschäftseinrichtung auch ausgeübt werden. Gerade das letztere Merkmal kann dabei als das Erfordernis eines Verrichtens der Unternehmenstätigkeit, typischerweise durch Personal, verstanden werden, wohingegen für § 12 AO („dienen“) nur eine Nützlichkeit vorausgesetzt wird.785 Im Übrigen haben sich aber im Kern weitgehend gleichlautende Kriterien zur Ausfüllung der jeweiligen Voraussetzungen herausgebildet:786 So muss es sich um (die Zusammenfassung bzw. eine Sachgesamtheit) körperliche(r) Gegenstände handeln, die als Grundlage unternehmerischer Tätigkeit geeignet sind („Geschäftseinrichtung“); diese müssen eine gewisse Ortsfestigkeit und Dauerhaftigkeit aufweisen; und das Unternehmen muss über die Geschäftseinrichtung eine gewisse Verfügungsmacht besitzen („feste Geschäftseinrichtung“).
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Dazu auch oben unter § 4, A. II. 1. a) (S. 46 ff.). Dies gilt auch aufgrund der in Art. 5 Abs. 3 und 4 OECD-MA enthaltenen Einschränkungen bzw. Ausnahmen; dazu auch Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 41; Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 412; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 108. EL, Art. 5 Rn. 9; speziell zu den tatbestandlichen Unterschieden an eine Betriebsstätte mit Blick auf den ständigen Vertreter als eigenständig normiertem Anknüpfungspunkt (vgl. § 13 AO) bzw. als Unterfall der Betriebsstätte (vgl. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA) Kumpf, in: Haarmann (Hrsg.), Die beschränkte Steuerpflicht, 27 (33). 784 Dem soll jedoch inhaltlich keine entscheidende Bedeutung zukommen, vgl. Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 413; Hrschuka, in: Schönfeld/Ditz, Art. 5 Rn. 38; auch bereits oben unter § 4, A. II. 1. a) aa) (S. 46). 785 Dazu mit Abgrenzung zu § 12 AO Hrschuka, in: Schönfeld/Ditz, Art. 5 Rn. 58 ff. 786 Im Einzelnen mit Nachweisen aus der Rechtsprechung Kumpf, in: Haarmann (Hrsg.), Die beschränkte Steuerpflicht, 27 (34 ff.); Buciek, DStZ 2003, 139; Wassermeyer, FS Kruse, 589; mit Beispielen auch Schönfeld, DStJG 36 (2013), 233 (242 ff.). 783
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(2) Entwicklungstendenden hin zu einer Aufweichung des Betriebsstättenbegriffs Insbesondere die Kriterien der zeitlichen und örtlichen Festigkeit sowie der Verfügungsmacht, aber auch des inneren Zusammenhangs („durch die […] ausgeübt wird“) unterliegen jedoch seit einiger Zeit einer schleichenden Aufweichung sowohl durch die innerstaatliche Rechtsprechung als auch die Bemühungen der OECD im Hinblick auf Art. 5 OECD-MA.787 Dies gilt exemplarisch für die Entscheidungen des BFH zur Betriebsstätteneingeschaft einer Pipeline (sog. Pipeline-Urteil788) sowie von Räumen eines inländischen Hotels, das von einer englischen Management-Gesellschaft789 betrieben wurde. Im Pipeline-Urteil ging es insbesondere um die Frage der örtlichen Festigkeit sowie des funktionalen Kriteriums, ob also die Pipeline dem Unternehmen diente und dieses mithin im Inland tätig wurde, sowie um die Frage, ob der Einsatz von Personal erforderlich ist.790 Im Hotel-Management-Fall ging es vor allem darum, welche Räume im Einzelnen in der Verfügungsmacht der Management-Gesellschaft standen. In beiden Fällen bejahte der BFH eine (innerstaatliche wie abkommensrechtliche) Betriebsstätte.791 Gerade das letztgenannte Kriterium der Verfügungsmacht wurde in der Folgezeit mitunter generell als entbehrlich betrachtet, da es an einer Rechtsgrundlage hierfür fehle,792 oder jedenfalls in seiner Anforderungen reduziert.793 Ähnlich stellt sich die Lage auf OECD-Ebene dar. So enthält der OECD-MK seit dem Update 2003 das sog. Anstreicher-Beispiel. Kommt ein Anstreicher seiner Tätigkeit zwei Jahre lang drei Tage die Woche in einem Bürokomplex seines Hauptkunden nach, soll diese Anwesenheit eine Betriebsstätte dieses Anstreichers begründen.794 Auch in diesem Fall ist das Vorliegen des Kriteriums der Verfü787 Ausführlich dazu etwa Bendlinger, IStR 2009, 521; Buciek, DStZ 2003, 139; Fischer, in: Fischer/Strunk (Hrsg.), Steuerliche Aspekte des Electronic Commerce, 1 (11 f.); Kessler/Peter, BB 2000, 1545; Kofler, in: Lüdicke (Hrsg.), Neue Grenzen für die internationale Steuerplanung?, 113 (120 ff.); Kroppen, IWB 2005, 727; Mössner, FS Vogel, 945; Wassermeyer, FS Kruse, 589. 788 BFH, Urteil v. 30. 10. 1996, II R 12/92, BStBl. II 1997, 12; bestätigt durch BFH, Beschluss v. 7. 7. 1997, I B 26/97, BFH/NV 1998, 19. 789 BFH, Urteil v. 3. 2. 1993, I R 80 – 81/91, BStBl. II 1993, 462. 790 Zum Pipeline-Urteil auch oben unter § 4, A. II. 1. a) dd) (1) (S. 51 ff.). 791 Ausführlich zu beiden Entscheidungen Mössner, FS Vogel, 945 (956 ff.). 792 In diese Richtung Wassermeyer, FS Kruse, 589 (594 ff.); kritisch dazu insbesondere Kroppen, FS Wassermeyer, 691 (694 ff.); ders., IWB 2005, 727 (730 ff.); zur veränderten Bedeutung des Kriteriums der Verfügungsmacht auch Reiser/Cortez, IStR 2013, 6. 793 So z. B. Buciek, DStZ 2003, 139 (139), wonach es keiner Fixierung auf einen bestimmten Arbeitsplatz bedürfe, sondern vielmehr entscheidend sei, dass über längere Zeit kontinuierlich ein bestimmtes Gelände aufgesucht werde; das Merkmal „Verfügungsmacht“ solle mithin „weniger restriktiv als bisher“ gehandhabt werden. 794 Ziff. 4.5 zu Art. 5 OECD-MK.
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gungsmacht mehr als fraglich.795 Insbesondere die damit verbundene Gleichsetzung von fester Geschäftseinrichtung einerseits und Tätigkeitsobjekt andererseits ist aufgrund des Wortlauts („durch die feste Geschäftseinrichtung“) kritisch zu hinterfragen („an der festen Geschäftseinrichtung“).796 Auch Deutschland hat eine Bemerkung in den OECD-MK aufgenommen bzw. aufnehmen lassen, wonach es im Anstreicher-Beispiel mangels Verfügungsmacht an einer Betriebsstätte fehle.797 Darüber hinaus wurde im Jahr 2008 die Dienstleistungsbetriebsstätte in den OECDMK als Regeloption aufgenommen.798 Zusammengefasst soll danach unter bestimmten (insbesondere zeitlichen) Voraussetzungen eine Besteuerungsbefugnis des „Betriebsstättenstaates“ auch ohne feste Geschäftseinrichtung existieren. Zuletzt sei hier nur die Problematik der Server-Betriebsstätte genannt, mithin also die für den Bereich des E-Commerce799 entscheidende Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Server eine Betriebsstätte begründen kann.800 Der OECD-MK nimmt hierzu ausführlich Stellung.801 Er geht davon aus, dass ein Server als „Ausrüstungsgegenstand, der sich an einem physischen Ort befindet“, eine Betriebsstätte begründen kann.802 Auch hier sei freilich erforderlich, dass der Server eine Betriebsstätte des Unternehmens darstellt, d. h. er muss in dessen Verfügungsmacht stehen.803 Im Übrigen müssten die sonstigen Voraussetzungen des Art. 5 OECD-MA erfüllt sein.804 Während danach zum einen weiterhin erforderlich sei, dass das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit durch den Server ausübt und es sich nicht bloß um vorbereitende oder Hilfstätigkeiten handelt,805 ist nach Auffassung des OECDMK nicht erforderlich, dass sich am Server-Standort Personal des Unternehmens befindet806. Hier zeigt sich eine deutliche Parallele zum Pipeline-Urteil des BFH. 795 Kritisch etwa Schönfeld, DStJG 36 (2013), 233 (243), der das Anstreicher-Beispiel auch nicht als notwendige Verwurzelung i.S.d. Äquivalenzprinzips sieht. 796 So mit Blick auf den Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 OECD-MA Kofler, in: Lüdicke (Hrsg.), Neue Grenzen für die internationale Steuerplanung?, 113 (122); Valta, ISR 2013, 24 (25); a.A. aber Reimer, IStR 2009, 378 (379 ff.), der die Auslegung durch den OECD-MK für mit dem Wortlaut vereinbar hält. 797 Ziff. 45.7 zu Art. 5 OECD-MK. 798 Ziff. 42.11 ff. zu Art. 5 OECD-MK. 799 Zur Entwicklung des E-Commerce Pinkernell, IFSt-Schrift Nr. 494, 18 ff.; zu den einzelnen in der Praxis anzutreffenden Varianten des E-Commerce Portner, IFSt-Schrift Nr. 390, 8. 800 Aus dem deutschen Schrifttum dazu beispielsweise Andresen, in: W/A/D, Betriebsstätten-Handbuch, Rn. 10.22 ff.; Fischer, in: Fischer/Strunk (Hrsg.), Steuerliche Aspekte des Electronic Commerce, 1 (5 f.); Gummert/Trapp, MMR 1998, 350; Pinkernell, IFSt-Schrift Nr. 494, 27 ff., 85 ff.; ders., StuW 1999, 281 (282 ff.); Pinkernell/Ditz, FR 2001, 1193; Portner, IFSt-Schrift Nr. 390, 29 ff.; Strunk, BB 1998, 1824. 801 Dazu Kessler/Peter, IStR 2001, 238. 802 Art. 5 Ziff. 42.2 OECD-MK. 803 Art. 5 Ziff. 42.3 OECD-MK. 804 Art. 5 Ziff. 42.3 OECD-MK. 805 Art. 5 Ziff. 42.5, 42.7 OECD-MK. 806 Art. 5 Ziff. 42.6 OECD-MK.
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(3) Kein Widerspruch zur oben dargelegten Zuteilungssystematik Allen diesen aufgezeigten Beispielen ist die Entwicklungstendenz hin zu einer Aufweichung der traditionellen Anforderungen an eine Betriebsstätte gemein. Damit ist zum einen die Befürchtung verbunden, dass sich auf längere Sicht der dem Betriebsstättenprinzip usprünglich immanente Gedanke einer physischen Verwurzelung hin zu einem Tätigkeitsprinzip entwickelt, wie es beispielsweise in Art. 17 OECD-MA geregelt ist.807 Dies insbesondere deshalb, weil es eben keines phyischen Ausgangspunktes mehr bedarf, der vom Tätigkeitsobjekt verschieden ist, und mithin auch keine Verfügungsmacht mehr erforderlich ist (Stichwort „Dienstleistungsbetriebsstätte“ und „Anstreicher-Beispiel“). Zum anderen stellt sich aber auch ganz generell die Frage, ob beispielsweise ein Server tatsächlich unter nutzentheoretischen Gesichtspunkten die allgemeinen staatlichen Leistungen wie Infrastruktur in dem Maße in Anspruch nimmt, dass hieraus eine abkommensrechtliche Besteuerungsbefugnis des Quellenstaates resultieren soll.808 Nicht umsonst wurde deshalb in der Literatur die Abschaffung des Betriebsstättenprinzips bei Servern vorgeschlagen809 oder Alternativlösungen zur Zu- bzw. Aufteilung des Besteuerungssubstrats diskutiert810. Die entscheidende, für die vorliegene Untersuchung relevante Frage ist jedoch: Widerspricht dies der oben aufgezeigten Zuteilungssystematik? Dies muss nach hier vertretener Auffassung verneint werden. Denn betrachtet man die vorgenannten Beispiele genauer, so existiert doch auch im Anstreicher-Beispiel eine geschäftliche Beziehung zum Quellenstaat und wird die Tätigkeit auch unter dessen Schutz, insbesondere durch Inanspruchnahme von infrastrukturellen Leistungen, vorgenommen.811 Eine solche nutzentheoretische Verbindung wäre freilich größer, wenn dort auch eine Betriebsstätte im herkömmlichen 807 Kritisch auch Kroppen, FS Wassermeyer, 691 (695); ders., NWB 2005, 727 (730 ff.); Mössner, FS Vogel, 945 (961); Leisner-Egensperger, StuW 2014, 298 (304). 808 Ebenfalls kritisch vor dem Hintergrund des Betriebsstättenprinzips Ditz, IStR 2002, 210 (216). 809 So z. B. Görl, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 5 Rn. 30, der hierfür den Ausnahmekatalog des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA erweitern möchte. 810 Dazu Portner, IFSt-Schrift Nr. 390, 56 ff., die allerdings selbst am Betriebsstättenprinzip festhalten möchte; eine ausschließliche Besteuerung sowohl im Ansässigkeitsstaat als auch im Quellenstaat im Hinblick auf E-Commerce untersucht auch Pinto, BIT 2007, 277. 811 Kritisch Leisner-Egensperger, StuW 2014, 298 (304), da nur die räumliche Belegenheit von Vermögen maßgeblich für das Verhältnis von Wohnsitz- zum Quellenstaat sei: Nur wenn eine Verfügungsmacht des Unternehmers über eine feste Geschäftseinrichtung besteht, nutze er „die Arbeitskräfte, die natürlichen Gegebenheiten, die Infrastrukturleistungen und die Rechtsordnung des Quellenstaates“; daher seien „sämtliche Bemühungen, die Betriebsstätte von der Stätte zur Tätigkeit zu verschieben, von vorne herein zum Scheitern verurteilt“. Dem kann jedoch nach hier vertretener Auffassung entgegen gehalten werden, dass auch denjenigen Verteilungsnormen, die dem Quellenstaat die Besteuerungsbefugnis zuteilen, ohne dies an eine feste Geschäftseinrichtung zu knüpfen, eine nutzentheoretische Zuteilungsentscheidung zugrunde liegt (oben unter § 5, C. IV. 3. c) cc) (S. 171 ff.).
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Sinne bestünde. Doch gilt auch hier, dass das OECD-MA an anderen Stellen durchaus der Tätigkeit alleine entscheidende Bedeutung beimisst,812 auch wenn hierfür ursprünglich Praktikabilitätsentscheidungen im Vordergrund standen (so z. B. bei Art. 17 OECD-MA). Gleiches gilt im Ergebnis im Fall einer Pipeline: Durch diese wird freilich „nur“ Öl geleitet und ist insoweit nach Auffassung des BFH für die Annahme der Betriebsstätteneigenschaft auch kein Personal erforderlich. Entscheidend ist jedoch auch hier, dass erstens im „Pipeline-Staat“ eine dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 OECD-MA entsprechende „feste Geschäftseinrichtung“ besteht und zweitens das Öl in der heutigen Zeit eben nicht zwingend durch personengesteuerte Fahrzeuge befördert wird, sondern die zunehmende Globalisierung auch solche Transportmittel wie Pipelines erfordert. Darauf, dass im Einzelfall auf deutschem Hoheitsgebiet noch ein Mitarbeiter steht, kann es nicht ankommen. Ähnlich stellt sich die Lage bei Server-Betriebsstätten dar. Dass es sich bei den Servern selbst und also der Hardware um eine feste Geschäftseinrichtung handeln kann, ist unzweifelhaft. Der entscheidende Punkt, der insoweit Sorge bereitet, ist aber, dass es sich hierbei um einen Gegenstand handelt, dessen physische Präsenz nicht sonderlich groß ist, seine wirtschaftliche, weil geschäftliche Bedeutung aber enorm sein kann. Dass ersteres Zweifel an der für Betriebsstätten charakterischen „intensive[n] geschäftliche[n] Bindung“813 zum Betriebsstättenstaat aufkommen lässt, ist nachvollziehbar. Ferner stellt sich in diesen Fällen auch gerade die Frage, ob die gänzlich fehlende physische Präsenz in Quellenstaaten – wenn sich dort also nicht einmal ein Server befindet, Einkünfte aber z. B. über eine in diesem Land angebotene Homepage erzielt werden – tatsächlich zu keiner abkommensrechtlichen Besteuerungsbefugnis dieses Quellenstaates führen können soll. Die Lösung dieses Problems kann dann aber nicht in der extensiven Auslegung des Betriebsstättenbegriffs gesucht werden, sondern die Sachgerechtigkeit der Zuteilung des Besteuerungssubstrats muss auf anderem Wege erreicht werden. Dem entspricht es, dass der finale BEPSBericht zu Aktionspunkt 1 „Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft“ (Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy) gerade auch einen neuen steuerlichen Anknüpfungspunkt (nexus) – die „wesentliche wirtschaftliche Präsenz“ (significant economic presence)814 – in Erwägung zieht, um eine fehlende physische Präsenz zu kompensieren und damit eine Besteuerung etwaiger 812 So z. B. Art. 16 OECD-MA sowie Art. 17 OECD-MA, aber auch Art. 15 Abs. 1, 2 OECD-MA; vgl. auch Reimer, IStR 2009, 378 (381), der auf die Vorteile einer entsprechenden Annäherung durch das Konzept der Dienstleistungsbetriebsstätte hinweist. 813 Görl, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 5 Rn. 2; vgl. auch BFH, Urteil v. 21. 9. 1999, I R 99/97, BStBl. II 1999, 694. 814 Im Laufe des BEPS-Projektes auch „wesentliche digitale Präsenz“ (significant digital presence) genannt, vgl. etwa OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy, Action 1: 2014 Deliverable, abrufbar unter http:// www.oecd-ilibrary.org/taxation/addressing-the-tax-challenges-of-the-digital-economy_97892 64218789-en;jsessionid=ocv5fo1cmc68.x-oecd-live-02 (zuletzt abgerufen am 6. 4. 2016), 143 ff.; im Einzelnen dazu bereits Fehling, IStR 2014, 638 (642); Valta, ISR 2014, 214 (218 ff.); ders., ISR 2014, 391 (391 ff.).
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Einkünfte im Quellenstaat zu gewährleisten.815 Als möglicher Faktor zur Bestimmung dieses neuen Anknüpfungspunktes kommt unter anderem das Überschreiten bestimmter Umsatzschwellen, welche sich beispielsweise nach der Zahl der über digitale Plattformen abgeschlossenen Verträge bestimmen können, in Betracht.816 Dies zeigt zweierlei: Zum einen, dass das „Server-Problem“ bereits in seinem Ausgangspunkt nur schwerlich über das Betriebsstättenprinzip gelöst werden kann, denn gerade der Abschluss von Verträgen sollte danach für sich gesehen noch nicht zu einer Besteuerungsbefugnis des Quellenstaates führen.817 Zum anderen, dass dann durchaus dem oben dargelegten Zuteilungssystem entsprochen würde, denn die für den E-Commerce charakteristische fehlende physische Präsenz kann nur über die Bemessung der digitalen bzw. wirtschaftlichen Präsenz gelöst werden. Dies entspricht gerade auch der Zielsetzung der entsprechenden OECD-Arbeitsgruppe, eine Globaläquivalenz und mithin die sachgerechte Aufteilung des Steuersubstrats zu erreichen.818 Damit kann festgehalten werden, dass es zwar auf nationaler und OECD-Ebene in den letzten Jahren Bemühungen gab, die Anforderungen an das Vorliegen einer Betriebsstätte zu senken; diese Entwicklungen stehen jedoch dem oben dargelegten Zuteilungssystem nicht entgegen. Denn auch in den soeben genannten Beispielsfällen besteht eine wirtschaftliche Verknüpfung zum Quellenstaat, die dessen Besteuerungsbefugnis – wenigstens in gewissem Umfang – nutzentheoretisch rechtfertigen kann. Dass dies dem Betriebsstättenprinzip an sich widerspricht, ändert hieran nichts. Insoweit bleibt freilich noch abzuwarten, wie sich insbesondere die Entwicklung hinsichtlich der Server-Betriebsstätte fortsetzen wird. Die Schaffung eines neuen Anknüpfungspunktes erscheint jedoch im Ausgangspunkt sachgerecht. cc) Zwischenergebnis Die soeben dargestellten Entwicklungen verlaufen grundsätzlich konträr: Während der Functionally Separate Entity Approach das Betriebsstättenprinzip als solches zu bestätigen scheint, unterwandert die Aufweichung der Voraussetzungen an eine Betriebsstätte auf den ersten Blick die nutzenthereoretische Rechtfertigung der Besteuerungsbefugnis des Betriebsstättenstaates aufgrund des Betriebsstättenprin815 OECD/G20, Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy, Action 1, 2015 Final Report v. 5. 10. 2015, abrufbar unter http://www.oecd-ilibrary.org/taxation/addressing-thetax-challenges-of-the-digital-economy-action-1 - 2015-final-report_9789264241046-en (zuletzt abgerufen am 6. 4. 2016), 107 ff.; überblicksartig dazu Fehling, IStR 2015, 797 (799 f.); kritisch bereits vor Veröffentlichung des finalen Berichts Fuest et al., StuW 2015, 90 (91); Kroppen, DStJG 37 (2014), 259 (271 f.); Valta, ISR 2014, 214 (219 f.). 816 OECD/G20, Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy, Action 1, 2015 Final Report v. 5. 10. 2015, abrufbar unter http://www.oecd-ilibrary.org/taxation/addressing-thetax-challenges-of-the-digital-economy-action-1 - 2015-final-report_9789264241046-en (zuletzt abgerufen am 6. 4. 2016), 107 f. 817 Dazu oben unter § 5, C. IV. 3. a) (S. 158 f.). 818 Dazu nur Valta, ISR 2014, 391 (391 f.).
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zips.819 Ganz deutlich zeigt dies die Problematik der Server-Betriebsstätte. Gerade in diesen Fällen tritt noch hinzu, dass einerseits eine abkommensrechtliche Betriebsstätte vorliegen kann, auch wenn kein Personaleinsatz erforderlich ist, andererseits aber nach Maßgabe des AOA dieser unter Umständen auch keine bzw. kaum Einkünfte zugeordnet werden können, weil dies – innerstaatlich gem. § 1 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 AStG – die Zuordnung von Personalfunktionen voraussetzt, um eine Fremdvergleichsprüfung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte durchzuführen.820 Für Zwecke der Gewinnermittlung bzw. -aufteilung kommt der Server-Betriebsstätte daher wohl keine wesentliche Bedeutung zu.821 Für die hier zu untersuchende Frage, wie der Unternehmensbegriff abkommenssystematisch bestimmt werden kann, kommt diesen Entwicklungen jedoch keine entscheidende Bedeutung zu. Es bleibt vielmehr dabei, dass nach der Systematik des OECD-MA derjenige Staat die Einkünfte besteuern soll, zu welchem die stärkere Verknüpfung besteht. 4. Systematische Folgerungen für den Unternehmensbegriff Nach alledem stellt sich die Frage, welche Schlüsse sich aus der soeben dargelegten Zuteilungssystematik für die Auslegung des Unternehmensbegriffs ergeben. a) Entscheidendes Erfordernis der Unternehmenstätigkeit bei Betriebsstätten Maßgeblich ist hierfür im Ausgangspunkt, dass die Annahme von Unternehmensgewinnen nicht, wie insbesondere vom BFH822 postuliert, subsidiär zu den Art. 10 bis 12 OECD-MA ist. Vielmehr führt der Rückverweis in den Betriebs819 Kritisch zu der gegenläufigen Entwicklung Drüen, in: T/K, AO, 143. EL, § 12 Rn. 46; Herzig, DB 2012, 1 (6): „merkwürdiger Kontrast“; Kahle, FS Frotscher, 287 (299 f.); Kofler, in: Lüdicke (Hrsg.), Neue Grenzen für die internationale Steuerplanung?, 113 (120 f.): „Auseinanderdriften von Art. 5 und Art. 7 OECD-MA“, und weiter: „Das ,Besenkammerl‘ des Reinigungsunternehmens ist als Kapitalgesellschaft zu fingieren.“ 820 Pinkernell, IFSt-Schrift Nr. 494, 97 f.; OECD, 2010 Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments, abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/4 5689524.pdf (zuletzt abgerufen am 1. 6. 2015), Rn. 66; zur Gewinnzurechnung bzw. -abgrenzung bei Server-Betriebsstätten auch Ditz, IStR 2002, 210; Strunk, BB 1998, 1824 (1826). 821 Vgl. Wichmann, in: Lüdicke (Hrsg.), Wo steht das deutsche Internationale Steuerrecht?, 103 (107); so auch ausdrücklich zum im Rahmen des BEPS-Projekts diskutierten neuen steuerlichen Anknüpfungspunktes der „wesentlichen wirtschaftlichen Präsenz“ OECD/G20, Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy, Action 1, 2015 Final Report v. 5. 10. 2015, abrufbar unter http://www.oecd-ilibrary.org/taxation/addressing-the-tax-challenges-ofthe-digital-economy-action-1 - 2015-final-report_9789264241046-en (zuletzt abgerufen am 6. 4. 2016), 111 f.; allgemein auch Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 466, wonach einer personallosen Betriebsstätte kein Gewinn zuzuordnen sei. 822 Dazu oben unter § 5, B. II. 1. (S. 107 ff.).
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stättenvorbehalten im Ergebnis zu einer vorrangigen rechtsfolgenseitigen Anwendung von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zugunsten des Betriebsstättenstaates. Diese systematische Entscheidung ist dabei nicht allein auf die in Rede stehenden Verteilungsnormen begrenzt; vielmehr ergibt sich aus den Verteilungsnormen des OECD-MA insgesamt die Erkenntnis, dass eine Besteuerung in demjenigen Staat stattfinden soll, zu dem die Einkünfte und damit die zugrunde liegende Tätigkeit bzw. das zugrunde liegenden Vermögen den größeren wirtschaftlichen Bezug haben bzw. hat. Der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat kommt damit eine Ordnungsfunktion zu.823 Wenn nun also die Existenz einer Betriebsstätte unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Besteuerung von Unternehmensgewinnen im Quellenstaat unter Vermeidung von Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat führt, und der Quellenstaat bei Fehlen einer solchen Betriebsstätte unter Umständen nur ein der Höhe nach begrenztes Besteuerungsrecht hat (sofern es sich tatbestandlich z. B. auch um Dividenden handelt, vgl. Art. 10 Abs. 2 OECD-MA), so lässt dies folgende zwei Annahmen zu: Erstens weist allein die Unternehmenstätigkeit eine stärkere Verknüpfung zum Ansässigkeitsstaat als zum Quellenstaat auf; und zweitens gilt dies nur dann im umgekehrten Sinne, wenn eine Betriebsstätte existiert, die per definitionem824 auch ein Unternehmen voraussetzt. Aus nutzentheoretischer Sicht kann folglich die Feststellung getroffen werden, dass die Unternehmenstätigkeit per se „schwerer“ wiegt als der Bezug von Zinsen, Dividenden oder Lizenzgebühren. Dem scheint es auf den ersten Blick zu widersprechen, dass die sich aus Art. 7 Abs. 4 OECD-MA ergebende Subsidiarität von Art. 7 OECD-MA im Fall von Einnahmen aus der Nutzung unbeweglichen Vermögens nach Art. 6 Abs. 1 OECDMA immer zu einer abkommensrechtlichen Besteuerung durch den Belegenheitsstaat führt, und zwar – wie oben gezeigt wurde – allein aufgrund der physischen Präsenz dieses Vermögens als denkbar stärkste wirtschaftliche Verknüpfung.825 Die bloße Belegenheit von Vermögen wöge damit schwerer als die konkrete Unternehmenstätigkeit.826 Beschränkt auf Art. 6 OECD-MA ist dies nach dem weiter oben Erläuterten durchaus sachgerecht. Für Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren kann dies jedoch nicht nachvollzogen werden: Bei diesen ist bereits eine nutzentheoretische Zuordnung kaum möglich, so dass es bei der grundsätzlichen Besteuerung im Ansässigkeitsstaat bleibt.827 Einem etwaigen Bezug zum Quellenstaat wird dabei durch die Quellensteuereinbehalte Rechnung getragen. Dass die Betriebsstättenvorbehalte diese Anordnung zugunsten einer (der Höhe nach unbeschränkten) Besteuerung im Betriebsstätten- und damit Quellenstaat überlagern, ist damit auf den ersten Blick nur konsequent: Denn in diesen Fällen ist eine eindeutige Zuordnung, 823 824 825 826 827
Dazu bereits oben unter § 5, C. IV. 3. c) aa) (1) (S. 164). Statt vieler Görl, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 5 Rn. 10. Dazu oben unter § 5, C. IV. 3. a) (S. 158 ff.) sowie § 5, C. IV. 3. c) cc) (1) (S. 171). Dies „regelmäßig“ bejahend Lehner, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Grundlagen Rn. 85. Dazu oben unter § 5, C. IV. 3. c) aa) (3) (S. 165 ff.).
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nämlich zur Betriebsstätte im Quellenstaat, möglich. Doch bei näherer Betrachtung scheint auch dies nutzentheoretisch wenig überzeugend. Dies gilt nicht nur mit Blick auf die Frage, ob sich der Betriebsstättenbegriff zunehmend zu einem Tätigkeitsprinzip hin entwickelt.828 Auch wenn die Darlehensforderung bilanziell bei der Betriebsstätte aktiviert wird, bleibt es dabei, dass sich diese Forderung ihrer Natur nach nicht greifen lässt und wirtschaftlich keinen wesentlichen Bezug zum Betriebsstättenstaat hat. Damit muss entscheidender Faktor für die Besteuerungsbefugnis des Betriebsstättenstaates in diesen Fällen der Umstand sein, dass auf abkommensrechtlicher Ebene durch die Betriebsstätte die Unternehmenstätigkeit ausgeübt wird. Hieraus folgt, dass allein das Vorliegen einer festen Geschäftseinrichtung nicht die grundsätzliche Subsidiarität der Annahme von Unternehmensgewinnen (vgl. Art. 7 Abs. 4 OECD-MA) überwinden kann. Erst wenn diese feste Geschäftseinrichtung durch ein Unternehmen unterhalten wird und dieses Tätigkeiten über bzw. durch diese ausübt, ist Art. 7 Abs. 1 OECD-MA auf Rechtsfolgenseite vorrangig vor den Art. 10 bis 12 OECD-MA anzuwenden. b) Aktivität unternehmerischer Tätigkeit Die oben dargelegte Stufenfolge bei der Zuteilungssystematik lässt daher einen klaren Schluss für die Auslegung des Unternehmensbegriffs zu: Während die Belegenheit einer Immobilie generell dazu führt, dass der Quellenstaat besteuern darf, ist dies bei einer Betriebsstätte nur dann der Fall, wenn ein Unternehmen hierdurch betrieben wird. Insoweit besteht eine Ähnlichkeit zu den Verteilungsnormen, die dem Tätigkeitsstaat die Besteuerungsbefugnis zuteilen. Auch in diesen Fällen bedarf es einer konkreten Tätigkeit und nicht bloß einer Ansässigkeit; denn die Zuteilung an den Ansässigkeitsstaat stellt als solche den Grundfall dar. Die unternehmerische Tätigkeit muss deshalb ein „Mehr“ gegenüber derjenigen Situation darstellen, aus der heraus Zinsen, Dividenden oder Lizenzgebühren erzielt werden. Die Existenz einer festen Geschäftseinrichtung mag dies für sich alleine nicht erfüllen. Damit muss beantwortet werden, wann dies der Fall ist. aa) Passivität zur Zeit der Einkünfteerzielung bei Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren zeichnen sich maßgeblich durch eine Passivität während der Zeit der Einkünfteerzielung aus.829 Im Vordergrund steht die 828
Dazu oben unter § 5, C. IV. 3. e) bb) (2) (S. 181 f.). A.A. wohl Pohl, in: Schönfeld/Ditz, Art. 3 Rn. 35, der die Vermögensverwaltung nicht mit passiver Tätigkeit gleichsetzen möchte, da sich z. B. bei der Vermietung ebenfalls aktive Haupt- oder Nebenleistungspflichten ergeben. Dies ist der Sache nach zutreffend, ändert aber nichts daran, dass konkreter Vertragsgegenstand in erster Linie die Überlassung der konkreten Mietsache ist. Andernfalls müsste hinsichtlich der Einnahmen aus jeder einzelnen Tätigkeit 829
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Überlassung von Geld- oder Sachkapital, das vom Empfänger dieser Leistung zu eigenwirtschaftlichen oder persönlichen Zwecken genutzt wird und das bei dem Gegenüber zu korrespondieren Einnahmen führt. Dem vorgelagert mag zwar eine aktive Tätigkeit sein, in deren Rahmen die überlassenen Vermögensobjekte erzeugt oder hergestellt werden. Gerade im grenzüberschreitenden Kontext ist es hingegen praktisch kaum möglich, die Ursache im Sinne einer conditio sine qua non festzulegen und anschließend als entscheidend zugrunde zu legen. Es kann damit nur auf den konkreten Zeitpunkt der Einkünfteerzielung abgestellt werden. Aufgrund der möglichen Überschneidung der Anwendungsbereiche können daher auch Unternehmensgewinne vorliegen bei einer ihrer Art nach passiven Einkünfteerzielung. Stellen die bezogenen Erträge Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren dar, sind diese aufgrund der Subsidiaritätsregelung in Art. 7 Abs. 4 OECD-MA vorrangig nach den entsprechenden Verteilungsnormen zu behandeln, sofern nicht die Betriebsstättenvorbehalte eingreifen. Für die Qualifizierung der Unternehmenstätigkeit bedarf es daher einer gewissen „Aktivität“, die über die bloße Nutzungsüberlassung hinausgeht.830 Aufgrund des Vorgesagten muss die Unternehmenstätigkeit aber nicht generell diese Grenze überschreiten und in diesem Sinne „aktiv“ sein;831 denn andernfalls bliebe unberücksichtigt, dass die Anwendungsbereiche der betreffenden Verteilungsnormen in systematischer Hinsicht Überschneidungen aufweisen. bb) BFH-Rechtsprechung zur Anwendbarkeit der Betriebsstättenvorbehalte Zur näheren Bestimmung dieses Aktivitätserfordernisses ließe sich auf den ersten Blick die BFH-Rechtsprechung zur Anwendbarkeit der Betriebsstättenvorbehalte heranziehen. differenziert werden, ob diese anteilig auf eine passive oder aktive Tätigkeit entfallen. Gerade die Mieteinnahmen resultieren aus der Gebrauchsüberlassung an der Wohnung; kommt der Mieter seinen vertraglichen Pflichten nicht nach, mag dies u. U. zur gesetzlichen Minderung des Mietzinses führen (§ 536 Abs. 1 BGB). Auf Einnahmeerzielung gerichtet ist aber nichts desto trotz die Überlassung des Vertragsobjektes. Immer nur dann, wenn z. B. Reparaturarbeiten aufgrund eines selbstständigen Vertrages oder Vertragsteils mit konkret hierfür vereinbarter Gegenleistungspflicht erbracht werden, kann eine Aufteilung erfolgen, z. B. in Einkünfte aus Art. 6 OECD-MA einerseits und Art. 7 OECD-MA andererseits. 830 In diese Richtung auch Reimer, in: Reimer/Rust, Klaus Vogel on Double Taxation Conventions, 4. Aufl., Art. 3 Rn. 48, wonach ein Unternehmen allein durch passive Tätigkeit nicht begründet werden kann, sondern vielmehr ein Minimum unabhängiger, gewinnerzielender Tätigkeit erfordert („every enterprise requires a minimum of indepedent income-generating activities, including commerce, trade and industry, agriculture, forestry and every other ,direct use‘ of immovable property […], transportation and all other independent services […]“). 831 A.A. aber wohl Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 52, wonach die Ausübung einer Unternehmenstätigkeit ein „aktives, d. h. positives Handeln“ voraussetze.
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Nach Auffassung des BFH führt die funktionale Betrachtungsweise dazu, dass die Anwendung der Betriebsstättenvorbehalte und mithin eine Besteuerung im Betriebsstättenstaat (Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECD-MA) nur dann erfolgen soll, wenn sich die jeweiligen Vergütungen als Einkünfte aus einer Neben- oder Hilfstätigkeit der schwerpunktmäßigen Tätigkeit der in der Betriebsstätte ausgeübten Unternehmenstätigkeit darstellen.832 Folglich soll es bei einer Anwendung der Art. 10 bis 12 OECD-MA bleiben, wenn es sich um „selbstständige“ Einkünfte handelt,833 diese Einkünfte also nicht aus einer solchen Nebentätigkeit resultieren, sondern die zugrunde liegende Tätigkeit vielmehr Haupttätigkeit ist. (1) Zur Entwicklung der funktionalen Betrachtungsweise Der Ursprung dieser funktionalen Betrachtungsweise ist dabei jedoch nicht klar auszumachen: Der BFH begründete dieses Kriterium erstmals in einer Entscheidung834 zur tatsächlichen Zuordnung der Beteiligung eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG und stellte dabei im Ausgangspunkt fest, dass eine rein rechtliche Zuordnung (im Streitfall: Sonderbetriebsvermögen, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) nicht ausreiche. Mit der Auffassung des OECD-MK835 ging er davon aus, dass eine tatsächliche Zugehörigkeit dann zu bejahen sei, wenn diese Beteiligung zum Vermögen der Betriebsstätte oder zu dieser auf andere Weise gehöre. Ersteres verneinte er stillschweigend, und verstand die tatsächliche Zugehörigkeit „auf andere Weise“ dahin, dass „die Beteiligung in einem funktionalen Zusammenhang zu einer in der Betriebsstätte ausgeübten aktiven Tätigkeit steht und sich deshalb die Beteiligungserträge bei funktionaler Betrachtungsweise als Nebenerträge der aktiven Betriebsstättentätigkeit darstellen“.836 Diese Auffassung bestätigte der BFH in der Folgezeit mehrfach und manifestierte damit das Erfordernis des funktionalen Zusammenhangs als generelles Zuordnungskriterium. Zugleich – wenn auch ursprünglich etwas versteckter und erst in den letzten Jahren präsenter – konkretisierte er diese funktionale Zuordnung dahingehend, dass eine tatsächliche Zugehörigkeit nur vorliegen könne, wenn der Vermögenswert „aus der Sicht der Betriebsstätte einen Aktivposten bildet“.837 Letzteres wurde dabei in der jüngeren 832 BFH, Urteil v. 26. 2. 1992, I R 85/91, BStBl. II 1992, 937; BFH, Urteil v. 30. 8. 1995, BStBl. II 1996, 563; BFH, Urteil v. 23. 10. 1996, I R 10/96, BStBl. II 1997, 313; BFH, Urteil v. 29. 11. 2000, I R 84/99, BFH/NV, HFR 2001, 1053; BFH, Beschluss v. 19. 12. 2007, I R 66/06, BStBl. II 2008, 510. 833 Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 491. 834 BFH, Urteil v. 26. 2. 1992, I R 85/91, BStBl. II 1992, 937. 835 Ziff. 31 zu Art. 10 OECD-MK. 836 Im Streitfall bejahte der BFH dies, da sich die Unternehmenstätigkeit „ausschließlich oder fast ausschließlich auf die Geschäftsleitung der Personengesellschaft“ beschränkte. 837 BFH, Urteil v. 17. 10. 2007, I R 5/06, BStBl. II 2009, 356; BFH, Urteil v. 8. 9. 2010, I R 74/09, BStBl. II 2014, 788; so auch BFH, Urteil v. 31. 5. 1995, I R 74/93, BStBl. II 1995, 683; BFH, Urteil v. 10. 8. 2006, II R 59/05, BStBl. II 2009, 758; indirekt auch BFH, Urteil v. 26. 2. 1992, I R 85/91, BStBl. II 1992, 937, wonach eine tatsächliche Zuordnung ausscheide, falls der Vermögenswert bei der Personengesellschaft (als Betriebsstätte) passiviert werden
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Rechtsprechung insbesondere damit begründet, dass die erforderliche Zugehörigkeit des Stammrechts zur Betriebsstätte Ausfluss des Fremdvergleichsgrundsatzes sei.838 Die Gewinnzurechnung nach Maßgabe des Vergleichs mit einem selbstständigen Unternehmen führe zu der Annahme, dass der Betriebsstättenstaat Einkünfte nur insoweit besteuern soll, als die Betriebsstätte diese Erträge erwirtschaftet habe und sich deshalb bei einem selbstständigen Unternehmen gewinnerhöhend ausgewirkt hätten.839 (2) Argumentative Anlehnung an § 8 AStG Unklar ist damit jedoch nach wie vor, wie der BFH aus der postulierten funktionalen Betrachtungsweise folgert, dass die Zinsen, Dividenden oder Lizenzgebühren Einkünfte aus einer Nebentätigkeit der Betriebsstätte darstellen sollen. Insoweit lohnt ein genauerer Blick: So führte der BFH in einigen Entscheidungen aus, dass die zu § 8 AStG „entwickelten Grundsätze der funktionalen Betrachtungsweise sinngemäß angewendet werden“ können.840 Diese besagen, dass eine einheitliche Subsumtion wirtschaftlich zusammengehöriger Tätigkeiten zu erfolgen hat, wobei maßgebend diejenige Tätigkeit sein soll, „auf der nach allgemeiner Verkehrsauffassung das wirtschaftliche Schwergewicht liegt.“841 Dem entspricht die vom BFH vorgenommene Prüfung, ob die Einkünfte aus einer Hilfs- oder Nebentätigkeit resultieren.842 Dass der BFH hierzu explizit auf die zu § 8 AStG entwickelten Grundsätze zurückgreift, beruht wohl darauf, dass das diesen Streitfällen jeweils zugrunde liegende DBA einen Aktivitätsvorbehalt enthielt und die Steuerfreistellung im Inland folglich eine aktive Tätigkeit in diesem Sinne voraussetzte.843
müsse; in der Entscheidung BFH, Urteil v. 21. 7. 1999, I R 110/98, BStBl. II 1999, 812 setzt der BFH für eine tatsächliche Zuordnung hingegen kumulativ voraus, dass der Vermögenswert bei der Betriebsstätte einen Aktivposten bildet und darüber hinaus funktional mit der Betriebsstättentätigkeit zusammengehört. 838 BFH, Urteil v. 17. 10. 2007, I R 5/06, BStBl. II 2009, 356; BFH, Urteil v. 8. 9. 2010, I R 74/09, BStBl. II 2014, 788. 839 BFH, Urteil v. 17. 10. 2007, I R 5/06, BStBl. II 2009, 356; die Zuordnung für Zwecke des Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECD-MA soll damit weitgehend derjenigen bei den Betriebsstättenvorbehalten entsprechen, BFH, Urteil v. 8. 9. 2010, I R 74/09, BStBl. II 2014, 788. 840 BFH, Urteil v. 38. 8. 1995, I R 112/94, BStBl. II 1996, 563; BFH, Urteil v. 29. 11. 2000, I R 84/99, HFR 2001, 1053. 841 Statt vieler nur BFH, Urteil v. 16. 5. 1990, I R 16/88, BStBl. II 1990, 1049. 842 Dies versteht so wohl auch allgemein Bozza-Bodden, in: Schönfeld/Ditz, Art. 12 Rn. 129. 843 Diesen Zusammenhang zeigt ausdrücklich BFH, Urteil v. 29. 11. 2000, I R 84/99, HFR 2001, 1053. Auch in der Entscheidung BFH, Urteil v. 23. 10. 1996, I R 10/96, BStBl. II 1997, 313 ging es im Kern um die Frage der Steuerfreistellung im Inland, und auch hier legte der BFH das Kriterium des funktionalen Zusammenhangs zugrunde, auch wenn er § 8 AStG nicht explizit erwähnte (wohl sprach er aber von einer „in der Betriebsstätte ausgeübten aktiven Tätigkeit“).
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Dies ist durchaus beachtlich: Denn die Frage, ob der Aktivitätsvorbehalt Anwendung findet, kann erst entschieden werden, wenn die Einkünfte unter die betreffende Verteilungsnorm subsumiert wurden. Die Frage der Vermeidung von Doppelbesteuerung ist damit der Einkünftequalifikation nachgelagert.844 Der BFH scheint jedoch davon auszugehen, dass Unternehmensgewinne nur dann vorliegen können, wenn eine aktive Tätigkeit i.S.d. des § 8 AStG bzw. dem jeweiligen Aktivitätsvorbehalt vorliegt. Diese Begründung ist damit aber abzulehnen.845 Aber auch unabhängig davon stellt sich die Frage, woraus der BFH die aus dem postulierten Funktionscharakter resultierende Eigenschaft der vom Anwendungsbereich der Art. 10 bis 12 OECD-MA erfassten Einkünfte als Neben- oder Hilfseinkünfte folgert. Dies kann nur so verstanden werden, dass der BFH derjenigen Tätigkeit, die ein Unternehmen über eine Betriebstätte ausübt, aktiven Charakter beimisst, und dies folglich auch über dasjenige hinausgeht, was für die Erzielung von Einkünften i.S.d. Art. 10 bis 12 OECD-MA erforderlich ist. Dies überrascht, denn aus dem Wortlaut der Betriebsstättenvorbehalte kann dies nicht gefolgert werden: Diese setzen nach dem OECD-MA eine tatsächliche Zugehörigkeit (engl. effectively connected with, frz. s’y rattache effectivement) voraus. Diese Formulierungen sind dabei im Sinne von „wirklich“, nicht zwingend aber als Gegenteil von „rechtlich“ zu sehen.846 Aus ihnen kann jedoch begrifflich keinesfalls gefolgert werden, dass die von Art. 10 bis 12 OECD-MA erfassten Einkünfte im Ergebnis Nebeneinkünfte zu den Unternehmensgewinnen darstellen. Noch viel mehr gilt dies unter Beachtung der oben gefundenen Ergebnisse: Eine Unternehmenstätigkeit muss dabei unter grammatikalischen Auslegungsgesichtspunkten nicht zwingend eine aktive Tätigkeit darstellen.847 Die Betriebsstättenvorbehalte lassen damit für sich gesehen auch nicht die Folgerung zu, dass es sich bei dem Erzielen von Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren um Nebentätigkeiten handeln muss. (3) Zwischenergebnis Der Auffassung des BFH kann damit zwar im Ergebnis insoweit zugestimmt werden, als die unternehmerische Tätigkeit eine bestimmte Aktivität aufweisen muss. Jedenfalls die Begründung kann nach hier vertretener Auffassung jedoch nicht geteilt werden.
844 In diese Richtung auch Strunk/Kaminski, IStR 2003, 181 (183), die zutreffend darauf hinweisen, dass der BFH damit „zwei Aspekte miteinander vermengt“, nämlich „die anzuwendende Methode zur Vermeidung oder Milderung der Doppelbesteuerung […] [einerseits sowie] die für die Einkunftsqualifikation und die damit einhergehende Zuweisung des Besteuerungsrechtes zwischen Quellen- und Ansässigkeitsstaat [andererseits]“. 845 Ebenfalls kritisch Blumers, DB 2008, 1765 (1769); Häck, in: F/W/K, DBA-Schweiz, 35. EL, Art. 11 Rn. 87; ders., ISR 2015, 113 (115); Strunk, in: Grotherr, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., 581; Strunk/Kaminski, IStR 2003, 181 (183). 846 Görl, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Vor Art. 10 – 12 Rn. 40. 847 Zusammenfassend dazu unter § 5, C. II. 1. d) (S. 135) sowie § 5, C. III. 3. (S. 148).
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cc) Konkretisierung des Erfordernisses „aktiver Tätigkeit“ Damit stellt sich die Frage, wie das Erfordernis aktiver Tätigkeit näher bestimmt werden kann. (1) Kein Heranziehen der Regelungen über die Hinzurechnungsbesteuerung Insofern wäre es denkbar, eine begriffliche Anlehnung an die Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung zu nehmen. Danach unterliegt der Hinzurechnungsbetrag (§ 10 Abs. 1 AStG) beim Gesellschafter einer Zwischengesellschaft unabhängig von einer konkreten Ausschüttung der Besteuerung (§ 7 Abs. 1 AStG). Eine Gesellschaft qualifiziert dann als Zwischengesellschaft, wenn sie im Ausland einer niedrigen Besteuerung unterliegt (§ 8 Abs. 2 AStG) und Einkünfte erzielt, die nicht in § 8 Abs. 1 AStG aufgezählt sind (sog. passive Einkünfte). Dies ist jedoch aus dreierlei Gründen abzulehnen: Erstens würde dies de facto einem Rückgriff auf innerstaatliches (Steuer-)Recht gleichkommen, obwohl hierfür keine abkommensrechtliche Legitimation besteht. Zweitens stellen das innerstaatliche Recht einerseits und das jeweilige DBA andererseits zwei geschlossene und voneinander getrennte Regelungskreise dar, die grundsätzlich auch für sich und unabhängig voneinander auszulegen sind. Drittens verfolgen die §§ 7 bis 14 AStG auch eine ganz spezielle Zielsetzung, die abkommensrechtlich so generell nicht nachvollzogen werden kann: Die Hinzurechnungsbesteuerung dient dem Zweck, eine Verlagerung von Gewinnen in niedrig besteuertes Ausland zu vermeiden.848 Diese Problematik stellt sich hier jedoch nicht. Es geht um die Auslegung des Unternehmensbegriffs, unabhängig von etwaigen Gestaltungen zur Gewinnverlagerung. (2) Keine Maßgeblichkeit der Aktivitätsvorbehalte und der Methodenartikel Etwas anderes könnte jedoch aufgrund der Tatsache gelten, dass mittlerweile zahlreiche seitens Deutschlands abgeschlossene DBA – und nunmehr auch die DBAVG849 – sog. Aktivitätsvorbehalte enthalten.850 Diese dienen dem Zweck, einen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode zu bewirken,851 sofern die der Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft zuzurechnenden Einkünfte nicht ausschließlich oder zu einem festen Teil aus sog. „aktiven“, d. h. „produktiven“ Tä848
Statt vieler Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 10.2. Dazu Ditz/Schönfeld, DB 2013, 1437 (1441 f.); Kaminski, Stbg 2013, 261 (267); Lay/ Stoecker, IWB 2013, 368 (374 f.); Lüdicke, IStR-Beihefter 2013, 26 (35 f.); Roderburg/Rode, ISR 2013, 149 (151); Schönfeld/Häck, ISR 2013, 168 (171 ff.). 850 Vgl. zum Überblick Ismer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 23 Rn. 16. 851 Damit handelt es sich ihrer Natur nach um Switch-over-Klauseln, vgl. Schönfeld/Häck, in: Schönfeld/Ditz, Art. 23A Rn. 82. 849
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tigkeiten stammen.852 Während manche DBA – sowie die DBA-VG – die einzelnen Tätigkeiten aufzählen,853 verweisen andere explizit auf die Regelungen des AStG854. Unabhängig davon, wie der jeweilige Katalog der aktiven Tätigkeiten auszulegen ist – abkommensautonom oder unter Rückgriff auf die nationalen (AStG-)Regelungen – kann aus diesen Aktivitätsvorbehalten doch eines gefolgert werden: Eine Freistellung soll immer dann ausscheiden, wenn die Einkünfte nicht primär auf aktive Tätigkeiten zurückzuführen sind. Dies kann auch zu einem klaren Bekenntnis abstrahiert werden. Eine Freistellung und damit ein vollständiger Verzicht auf die Besteuerung von Einkünften soll gerade nicht erfolgen, wenn es sich zu einem nicht unwesentlichen Teil um zugrunde liegende passive Tätigkeiten handelt. Kann dies nun maßgeblich für die Auslegung des Unternehmensbegriffs sein? Diese Frage kann richtigerweise nur beantwortet werden, wenn man die eigentliche Zweckrichtung der Methodenartikel näher betrachtet. Grundgedanke der Freistellungsmethode ist es, dass der Ansässigkeitsstaat deshalb zugunsten einer Besteuerung im Quellenstaat zurücktritt, weil letzterer ein „besseres Recht zur Besteuerung“ hat.855 Umgekehrt hat die Anrechnungsmethode im Ausgangspunkt (nur) zum Ziel, „eine als ungerecht oder wirtschaftlich schädlich empfundene überhöhte Belastung zu mildern.“856 Vor diesem Hintergrund lässt sich in Anbetracht der Aktivitätsvorbehalte folgern, dass der Quellenstaat nur insoweit ein „besseres Recht“ hat, als die Einkünfte auf aktiven, produktiven Tätigkeiten beruhen. Ist dies nicht der Fall, will auch der Ansässigkeitsstaat ein „Stück vom Kuchen“, wenigstens aber nicht auf Steuereinnahmen verzichten, wenn das ausländische Steuerniveau niedriger als das inländische ist. Dieses „bessere Recht“ könnte auch dahin verstanden werden, dass hier eine besonders enge Verknüpfung zum Betriebsstättenstaat besteht. Führte man diesen Gedanken weiter, ergäbe sich eine klare Erkenntnis für den Unternehmensbegriff: Nur wenn das Unternehmen (fast) ausschließlich solche Tätigkeiten ausübt, die nach dem jeweiligen Aktivitätsvorbehalt als aktiv eingestuft werden, soll es sich auch um ein Unternehmen im abkommensrechtlichen Sinne handeln. Gleichwohl ist hier gerade auch die spezielle Zielsetzung der Aktivitätsvorbehalte zu beachten. Die Freistellungsmethode soll danach bei aktiven Tätigkeiten eine Wettbewerbsgleichheit deutscher Unternehmen im Ausland herstellen (Kapitalimportneutralität).857 Umgekehrt soll dies gerade nicht der Fall sein, wenn es sich in 852 853 854
burg. 855
Weiterführend Ismer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 23 Rn. 67 ff. So z. B. Art. 24 Abs. 1 lit. d) DBA-Ägypten. So z. B. Art. 23 Abs. 1 lit. c) DBA-Liechtenstein; Art. 22 Abs. 1 lit. c) DBA-Luxem-
Ismer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 23 Rn. 6. Ismer, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 23 Rn. 7. 857 Roderburg/Rode, ISR 2013, 149 (151); Schönfeld/Häck, ISR 2013, 168 (171); Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 87. EL, Art. 23A Rn. 156. 856
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gewissem Umfang auch um passive Tätigkeiten handelt.858 Dann bewirkt die Anrechnungsmethode vielmehr eine Kapitalexportneutralität.859 Diese beiden ökonomischen Prinzipien sagen jedoch weder in ihrer Zweckrichtung noch im Ergebnis etwas über eine sachgerechte Aufteilung des Steuersubstrats bzw. eine nutzentheoretische Zuteilung der Besteuerungsbefugnisse aus.860 Es geht allein darum, festzulegen, wie der Ansässigkeitsstaat mit der zugeteilten Besteuerung im anderen Vertragsstaat verfährt. Dies gilt auch ganz generell für den Methodenartikel: Dessen Anwendung ist aus systematischen und methodischen Gründen zwingend der Zuteilung nachgelagert. Aus der Freistellungs- bzw. Anrechnungsmethode kann deshalb gerade keine Aussage betreffend den Unternehmensbegriff gewonnen werden; dieser muss zuvor schon festgelegt sein, um den richtigen Verteilungsartikel anzuwenden. Aus diesem Grund wurde schließlich auch die Auffassung des BFH zu den Betriebsstättenvorbehalten, wonach sich die funktionale Betrachtungsweise in Anlehnung an die zu § 8 AStG entwickelten Grundsätzen bestimme, abgelehnt.861 Darüber hinaus spricht gegen eine solche Auslegung des Unternehmensbegriffs, dass Einkünfte, die an sich dem Anwendungsbereich der Art. 10 bis 12 OECD-MA unterfallen, tatbestandlich auch Unternehmensgewinne darstellen können.862 Damit kann es aber nicht auf eine bestimmte prozentuale Höhe aktiver bzw. passiver Tätigkeiten ankommen. (3) Kriterium der „aktiven gewerblichen Tätigkeit“ nach den LOB-Klauseln Zuletzt wäre aber auch daran zu denken, das Erfordernis einer aktiven Tätigkeit aus den jeweiligen Limitations-on-Benefits-Klauseln („LOB“-Klauseln) näher zu bestimmen. Diese abkommensrechtlichen Ausschlussklauseln haben insbesondere zum Ziel, Treaty Shopping, d. h. die missbräuchliche Inanspruchnahme von Abkommensvergünstigungen, zu vermeiden.863 Zwar enthält das OECD-MA – bislang864 – selbst 858
Die Kapitalimportneutralität steht folglich unter einem Missbrauchsvorbehalt, Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 16.515. 859 Zur Kapitalimport- und -exportneutralität oben unter § 3, D. (S. 41 ff.). 860 So zu ersterem hinsichtlich der Kapitalexportneutralität auch Schön, in: Lüdicke (Hrsg.), Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 1 (7). 861 Dazu oben unter § 5, C. IV. 4. b) bb) (2) (S. 191 f.). 862 Dazu oben unter § 5, C. IV. 2. a) cc) (S. 152 ff.). 863 Statt vieler Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 406. 864 Der BEPS-Aktionspunkt 6 „Verhinderung von Abkommensmissbrauch“ (Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate Circumstances) sieht hingegen die Einführung einer solchen LoB-Klausel vor, vgl. OECD/G20, Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate Circumstances, Action 6 – 2015 Final Report v. 5. 10. 2015, abrufbar unter http:// www.oecd-ilibrary.org/taxation/preventing-the-granting-of-treaty-benefits-in-inappropriate-circ umstances-action-6 - 2015-final-report_9789264241695-en (zuletzt abgerufen am 6. 4. 2016), 20 ff.
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keine solche Missbrauchsvermeidungsklausel; der OECD-MK sieht eine solche jedoch – dem US-MA 1996 nachgebildet – vor.865 Neuere DBA Deutschlands enthalten nunmehr ebenfalls solche LOB-Klauseln.866 Dies gilt exemplarisch für das DBA-USA. Dort ist in Art. 28 geregelt, welche Personen „berechtigte Personen“ sind und folglich (erst dann) einen Anspruch auf Abkommensvergünstigungen im anderen Vertragsstaat haben sollen. Für die vorliegende Frage enthält Art. 28 Abs. 4 lit. a) DBA-USA eine praktisch relevante Bestimmung: Danach hat eine Person, die keine „berechtigte“ (nach den vorstehenden Bestimmungen) ist, auch dann einen Anspruch auf Abkommensvergünstigungen, wenn sie im Ansässigkeitsstaat „aktiv gewerblich tätig ist […], die aus dem anderen Vertragsstaat bezogenen Einkünfte im Zusammenhang mit dieser gewerblichen Tätigkeit bezogen werden oder aus Anlass dieser Tätigkeit anfallen und die ansässige Person alle anderen Voraussetzungen für den Erhalt dieser Vergünstigungen erfüllt.“ Hiervon ausgenommen sind in einem Klammerzusatz wiederum bestimmte vermögensverwaltende Tätigkeiten.867 Maßgeblich ist nach alledem insbesondere ein aktiv gewerbliches Tätigwerden. Es erscheint jedoch zweifelhaft, den Unternehmensbegriff hierüber definieren zu können. Man muss dieses Kriterium vor dem Hintergrund des Regelungsziels verstehen. Es soll verhindert werden, dass durch die bloße Ansässigkeit in einem Staat mit niedrigem Steuerniveau Einkünfte erzielt werden, die auch im Quellenstaat keiner bzw. nur einer niedrigen Steuer unterliegen (aufgrund einer nur beschränkten Quellensteuerbefugnis, z. B. aus Art. 10 Abs. 2 und 3 DBA-USA).868 Allein deshalb wird vorausgesetzt, dass im Ansässigkeitsstaat eine Tätigkeit bestimmter Qualität ausgeübt wird. Es geht damit bereits dem Zweck nach nicht darum, den Unternehmensbegriff zu bestimmen. Deshalb ist es auch gerade einleuchtend, dass keine formulierungstechnische Abstimmung mit Art. 7 Abs. 1 DBA-USA erfolgt, der von einem „gewerblichen Unternehmen“ spricht. Dies zeigt auch der oben genannte Klammerzusatz,869 wonach eine aktive Gewerblichkeit durchaus auch bei originär vermögensverwaltender Tätigkeit vorliegen kann. Dass dies nicht zu einer Gewährung von begünstigenden Abkommensbestimmungen führen soll, lässt dies unberührt.
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Dazu statt vieler Prokisch, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 1 Rn. 122. Überblicksartig dazu Prokisch, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 1 Rn. 144g ff. 867 „[…] außer wenn die Tätigkeit in der Platzierung oder Verwaltung von Kapitalanlagen für eigene Rechnung besteht, es sei denn, es handelt sich bei dieser Tätigkeit um Bank- oder Versicherungstätigkeiten oder Wertpapierhandel einer Bank oder Versicherungsgesellschaft oder eines zugelassenen Wertpapierhändlers […].“ 868 Zum Regelungszweck der Vermeidung von sog. „Treaty Shopping“ statt vieler Wolff, in: Wassermeyer, DBA-USA, 107. EL, Art. 28 Rn. 1. 869 Vgl. Fn. 867. 866
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Die nach Art. 28 Abs. 4 lit. a) DBA-USA für die Inanspruchnahme von Abkommensvergünstigungen vorausgesetzte „aktive gewerbliche Tätigkeit“ spielt damit für die Auslegung des Unternehmensbegriffs keine Rolle.870 dd) Zwischenergebnis Das Erfordernis einer aktiven Tätigkeit konnte nach alledem weder aus den (innerstaatlichen) Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung noch aus den LOBKlauseln oder den Aktivitätsvorbehalten heraus konkretisiert werden. Auch die Methodenartikel lassen die Auslegung des Unternehmensbegriffs im Übrigen unberührt. Damit stellt sich die Frage, inwieweit dieses Erfordernis aus dem Abkommen heraus, d. h. originär näher bestimmt werden kann. Im Verhältnis zu den Art. 10 bis 12 OECD-MA wurde bereits ausgeführt, dass sich die Erzielung von Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren primär durch ein Zurverfügungstellen von Geld- bzw. Sachkapital auszeichnet. Die gegebenenfalls vorgelagerte Schaffung dieses Objekts tritt dabei zum Zeitpunkt der Einkunftserzielung zurück. Umgekehrt muss daher die Tätigkeit eines Unternehmens gerade auch zu diesem Zeitpunkt eine bestimmte Qualität aufweisen. Eine weiterführende Bestimmung konnte insoweit jedoch nicht erfolgen. Entscheidend muss deshalb sein, welche Folgerungen aus dem Verhältnis von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zu den übrigen Verteilungsnormen gezogen werden können. 5. Bestimmung des Unternehmensbegriffs durch systematische und inhaltliche Abgrenzung von anderen Verteilungsnormen Abschließend stellt sich nach alledem im Rahmen der Abkommenssystematik die Frage, ob und inwieweit der Unternehmensbegriff von den übrigen Verteilungsnormen abgegrenzt werden kann. Dies wurde für Art. 6 OECD-MA sowie für diejenigen Verteilungsnormen, die einen Betriebsstättenvorbehalt vorsehen, schon beantwortet: In diesen Fällen scheidet eine negative Abgrenzung aus, da die jeweiligen Anwendungsbereiche Überschneidungen zu Art. 7 OECD-MA aufweisen können. Aus der abkommensrechtlich nachvollzogenen nutzentheoretischen Zuteilungsentscheidung konnte zwar das Kriterium einer Aktivität gefolgert werden – dieses konnte jedoch nicht näher bestimmt werden. Insbesondere mit Blick auf letzteres soll damit im Folgenden die Abgrenzung von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zu den übrigen Verteilungsnormen erfolgen.
870 Vgl. aber Wolff, in: Wassermeyer, DBA-USA, 107. EL, Art. 28 Rn. 135, der zur Auslegung des Begriffs der aktiven gewerblichen Tätigkeit auf § 15 Abs. 2 S. 1 EStG zurückgreifen möchte.
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a) Verhältnis zu Art. 14 OECD-MA a.F. Zunächst soll das Verhältnis von Art. 7 OECD-MA zu Art. 14 OECD-MA a.F. in den Blick genommen werden. aa) Systematische Abgrenzung trotz Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA möglich Zwar wurde bereits weiter oben dargelegt, dass das OECD-MA seit dem Jahr 2000 eine eigene Verteilungsnorm für Einkünfte aus freiberuflicher und sonstiger selbstständiger Tätigkeit nicht mehr enthält und an deren Stelle Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA getreten ist.871 Hieraus folgt aber nicht, dass eine systematische Abgrenzung nicht mehr möglich ist. Art. 7 und Art. 14 OECD-MA wiesen bis dahin – und dies gilt weiterhin für alle DBA, die letztere Bestimmung noch enthalten – Anwendungsbereiche auf, die systematisch nicht verbunden waren.872 Mit der Ergänzung des Art. 3 Abs. 1 OECDMA um lit. h) hat sich hieran aber nichts geändert: Zwar unterfällt dem Anwendungsbereich von Art. 7 OECD-MA nunmehr auch jede freiberufliche sowie sonstige selbstständige Tätigkeit. Der ursprüngliche Regelungsgehalt von Art. 7 OECDMA bleibt davon aber unberührt. Damit ist es auch (weiterhin) möglich und erforderlich, zu untersuchen, in welcher Weise der originäre Unternehmensbegriff durch einen Vergleich mit Art. 14 OECD-MA a.F. bestimmt werden kann. bb) Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Art. 7 und 14 OECD-MA Wie bereits weiter oben zu Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA ausgeführt, zeichnet sich eine freiberufliche und sonstige selbstständige Tätigkeit durch eine überwiegend persönliche Arbeitsleistung aus.873 Der Einsatz von Kapital ist dabei folglich nachrangig.874 Dies schließt es freilich nicht aus, dass auch ein freiberuflich Tätiger i.S.d. Art. 14 OECD-MA a.F. erhebliches Betriebsvermögen benötigen kann;875 der überwiegende Anteil der Tätigkeit besteht jedoch nicht im Einsatz dieser Vermö-
871
Zur Entwicklungsgeschichte oben unter § 5, C. II. 1. a) (S. 120 f.). Für ein Exklusivitätsverhältnis beider Vorschriften Wilke, in: G/K/G, OECD-MA, Art. 14 Rn. 7; a.A. Tcherveniachki, in: Schönfeld/Ditz, Art. 14 Rn. 14, der Art. 14 OECD-MA als lex specialis einordnet; so auch Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 86. EL, Art. 14 Rn. 29 m.w.N. 873 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) bb) (4) (S. 131 ff.). 874 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) bb) (4) (S. 131 ff.). 875 Strunk-zur Heide, in: S/K/K, OECD-MA, 11. EL, Art. 14 Rn. 7; Tcherveniachki, in: Schönfeld/Ditz, Art. 14 Rn. 14; so zum innerstaatlichen Steuerrecht auch BFH, Urteil v. 24. 2. 2000, IV R 6/99, BStBl. II 2000, 297; Bordewin, DStZ 1980, 459 (459). 872
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gensmittel, sondern in der Erbringung einer persönlichen, geistigen Tätigkeit.876 Die bereits oben vorgenommene begriffliche Spezifizierung der in Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA bzw. Art. 14 OECD-MA a.F. verwandten Formulierung „Tätigkeit“ in „Dienstleistung“ begründet ferner den Schluss, dass diese Tätigkeit nicht unmittelbar der Produktion von Gütern dient.877 Nimmt man diese beiden Aspekte zusammen, so folgt hieraus, dass Art. 14 OECD-MA a.F. zum einen eine überwiegende persönliche Leistungserbringung voraussetzt und zum anderen das unmittelbare Resultat nicht in der Güterproduktion bestehen kann. Damit stellt sich die Frage, wie der Anwendungsbereich des Art. 14 OECD-MA a.F. von dem des Art. 7 OECD-MA abgegrenzt werden kann. Eine grammatikalische Auslegung des Unternehmensbegriff i.S.d. Art. 7 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECDMA führte dazu, dass eine nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene Tätikeit erforderlich ist. Hieraus allein kann an dieser Stelle wenig gewonnen werden. Entscheidend ist vielmehr, was bislang aus dem Abkommenszusammenhang gefolgert werden konnte: Art. 7 OECD-MA einerseits und die Art. 10 bis 12 OECD-MA andererseits setzen naturgemäß den Einsatz von Kapital voraus. Für letztere Verteilungsnormen stellt dies den Schwerpunkt dar, da es an einer aktiven Tätigkeit zum Zeitpunkt der Einkünfteerzielung fehlt.878 Wenn nun aber Art. 7 Abs. 1 OECD-MA eine aktive Tätigkeit erfordert, dann kann diese nicht in der überwiegenden persönlichen Leistungserbringung bestehen, da andernfalls Art. 14 OECD-MA a.F. keinen eigenständigen Regelungsbereich mehr besäße bzw. besessen hätte. Damit bleibt aber nur, die originäre Unternehmenstätigkeit insoweit als eine das vorhandende Kapital aktiv nutzende Tätigkeit zu verstehen. Über die Voraussetzungen der Art. 10 bis 12 OECD-MA hinaus ist damit entscheidend, dass diese Tätigkeit jedenfalls gleichberechtigt neben den Kapitaleinsatz tritt. Da die Geschäftstätigkeit i.S.d. Art. 7 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA eine nachhaltige Betätigung erfordert,879 muss es sich folglich um eine nachhaltige aktive Nutzung des Vermögens handeln. Dieses Erfordernis geht damit über die bloße Vermögensverwaltung, bei der die Kapitalnutzung durch passive Überlassung im Vordergrund steht, hinaus. Dabei ist es freilich immer eine Frage des Einzelfalls, wann diese Grenze überschritten ist. Unstreitig der Fall ist dies, wenn das Vermögen zur Güterproduktion genutzt wird. Aber auch das aktive Management im Sinne einer Umschichtung des Vermögens reicht nach hier vertretener Auffassung aus, um eine aktive Tätigkeit und
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Kritisch zur dieser Unterscheidung mit Blick auf das deutsche Steuerrecht Bordewin, DStZ 1980, 459 (459): „Der Facharzt investiert durchweg erheblich mehr Kapital als der Handelsvertreter.“ 877 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) bb) (4) (S. 131 ff.). 878 Dazu oben unter § 5, C. IV. 4. b) aa) (S. 188 f.). 879 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) bb) (2) (S. 127 ff.).
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damit eine Unternehmenstätigkeit i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zu bejahen.880 Denn auch in diesen Fällen wird nicht bloß Kapital zur Nutzung überlassen, sondern das Kapital wird vielmehr selbst durch aktives Handeln genutzt. Der Überlassungsakt ist damit zwar conditio sine qua non für die Einkünfte, tritt aber in den Hintergrund und wird insoweit überlagert durch das aktive Handeln. Allein dieses Verständnis ist geeignet, die Unternehmenstätigkeit einerseits mit Blick auf Art. 10 bis 12 OECDMA und andererseits in Abgrenzung zu Art. 14 OECD-MA a.F. zu bestimmen. Dass über Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA nunmehr von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA auch die überwiegende persönliche Leistungserbringung i.S.d. Art. 14 OECD-MA a.F. erfasst ist, ändert an dieser grundlegenden Abgrenzung hingegen nichts, da dies lediglich eine Ergänzung von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA darstellt. cc) Zwischenergebnis Damit kann festgehalten werden, dass ein Unternehmen i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA eine nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene Tätigkeit voraussetzt, deren Schwerpunkt entweder auf der persönlichen Leistungserbringung oder auf der aktiven Nutzung von Kapital beruht. Gerade letzteres führt dann dazu, dass zwar tatbestandlich mitunter auch die Art. 10 bis 12 OECD-MA erfüllt sind; rechtsfolgenseitig genießt in diesen Fällen aber im Fall einer Betriebsstätte, der das jeweilige Stammrecht zuzuordnen ist, Art. 7 Abs. 1 OECD-MA Vorrang. Dieses Ergebnis entspricht im Kern auch der BFH-Rechtsprechung zur Anwendbarkeit der Betriebsstättenvorbehalte, wonach Einkünfte i.S.d. Art. 10 bis 12 OECD-MA nur dann einer Betriebsstätte zuzuordnen sind, wenn es sich hierbei um Einkünfte aus einer Hilfs- oder Nebentätigkeit handelt.881 Denn auch der BFH setzt eine aktive, über die bloße Nutzungsüberlassung hinausgehende Tätigkeit voraus. Und liegt eine solche Tätigkeit vor – z. B. in Gestalt eines Wertpapierhandels – dann beruhen die entsprechenden Dividenden in erster Linie auf einer passiven Haltetätigkeit, welche als solche hinter dem aktiven Vermögensmanagement zurücktritt.882
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Zum Handel mit Wertpapieren, Beteiligungen und Grundstücken so im Ausgangspunkt auch Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 58; zu Geschäftsleitungstätigkeiten Hruschka, DStR 2014, 2421 (2424). 881 Dazu oben unter § 5, C. IV. 4. b) bb) (S. 189 ff.). 882 Dies entspricht auch dem BFH-Urteil v. 24. 8. 2011, I R 46/10, BStBl. II 2014, 764 zur Gewerblichkeit eines Private Equity-Fonds, welcher nach Auffassung des BFH im Streitfall – unter anderem aufgrund der nur kurzen Haltedauer der Beteiligungen und des aktiven Managements in den Portfolio-Gesellschaften – gewerblich tätig war. Die Forderungsrechte hinsichtlich der Dividenden waren konsequenterweise auch der Betriebsstätte dieses Fonds in tatsächlich-funktionaler Hinsicht zuzuordnen.
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b) Verhältnis zu Verteilungsnormen mit systematischer Spezialität oder Exklusivität Schließlich bleibt zu untersuchen, wie sich Art. 7 OECD-MA zu denjenigen übrigen Verteilungsnormen verhält, die kein Rangverhältnis zu Art. 7 OECD-MA begründen, es folglich an einer systematischen Verknüpfung i.S.e. (Rück-)Verweisung fehlt. In diesen Fällen können diese Verteilungsnormen zu Art. 7 OECD-MA nur im Verhältnis der Spezialität oder Exklusivität stehen. Dies sagt jedoch noch nicht zwingend etwas über den Unternehmensbegriff aus. aa) Seeschifffahrt, Binnenschifffahrt und Luftfahrt (Art. 8 OECD-MA) Dies zeigt in erster Linie Art. 8 OECD-MA recht deutlich. Danach können die Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr sowie aus dem Betrieb von Schiffen, die der Binnenschifffahrt dienen, nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, indem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des (betreibenden) Unternehmens befindet. Wie Art. 7 OECD-MA setzt daher auch Art. 8 OECD-MA ein Unternehmen voraus. Insoweit besteht tatbestandlicher Gleichlauf zwischen beiden Verteilungsnormen. Indem Art. 8 OECD-MA jedoch über den Anwendungsbereich von Art. 7 OECD-MA durch das Erfordernis des Betriebs von See-, Binnen- oder Luftschiffen im internationalen Verkehr hinausgeht, ist Art. 8 OECD-MA die speziellere Verteilungsnorm.883 Hieraus folgt grundsätzlich zwar auch, dass Art. 7 OECD-MA in diesem Fall tatbestandlich eröffnet ist. Nur rechtsfolgenseitig soll wiederum Art. 8 OECD-MA Anwendung finden. Dies verdeutlicht gerade die Rechtsfolge des Art. 8 OECD-MA, wonach nur derjenige Staat besteuern darf, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet. Befindet sich die Geschäftsleitung daher in einem Drittstaat, findet Art. 8 OECD-MA im Verhältnis zwischen Ansässigkeitsund Quellenstaat keine Anwendung; es bleibt bei Art. 7 OECD-MA.884 Eine negative Abgrenzung des Unternehmensbegriffs zu Art. 8 OECD-MA ist tatbestandlich daher nicht möglich.
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Statt vieler Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 8 Rn. 8. Zutreffend und mit weiteren Anwendungsfällen Hemmelrath, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 8 Rn. 8. 884
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bb) Gruppe der Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit (Art. 15 bis 16 und Art. 19 bis 20 OECD-MA) Gänzlich anders ist dies bei der Gruppe derjenigen Verteilungsnormen, die Einkünfte aus unselbstständiger gegenwärtiger (Art. 15 und 16 OECD-MA)885 sowie vergangener (Art. 18 und 19 OECD-MA) Tätigkeit regeln. Hier besteht weder begrifflich noch systematisch ein Gleichlauf bzw. eine Abstimmung mit Art. 7 OECDMA. Folgerichtig kann der Unternehmensbegriff negativ von diesen Tätigkeiten abgegrenzt werden, weshalb ein Unternehmen stets eine selbstständige Tätigkeit voraussetzt.886 cc) Künstler und Sportler (Art. 17 OECD-MA) Differenziert betrachtet werden muss insoweit Art. 17 OECD-MA. Dieser regelt generell die Besteuerungsbefugnis für Einkünfte von Künstlern und Sportlern. Umfasst sind daher sowohl Einkünfte aus selbstständiger als auch unselbstständiger Tätigkeit.887 Eine Abgrenzung zu Art. 7 OECD-MA ist nach dem soeben Gesagten an dieser Stelle nur für die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erforderlich. Diese werden grundsätzlich eben auch von Art. 7 OECD-MA erfasst: Für das OECD-MA 2010 folgt dies bereits aus der Formulierung des Art. 17 Abs. 1 und 2 („ungeachtet der Artikel 7 und 15“),888 für das OECD-MA 2014 jedenfalls aus Art. 7 Abs. 4 OECDMA.889 Damit ist Art. 17 OECD-MA lex specialis zu Art. 7 OECD-MA für Einnahmen von Künstlern und Sportlern, soweit diese selbstständig tätig sind.890 Wie schon bei Art. 8 OECD-MA führt dies jedoch nicht dazu, dass der Anwendungsbereich von Art. 7 OECD-MA ausgeschlossen wäre. Nur rechtsfolgen885 Freilich gilt dies für dem Anwendungsbereich des Art. 16 OECD-MA unterliegende Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit nicht, so dass insoweit vielmehr eine Spezialität von Art. 16 OECD-MA gegenüber Art. 7 OECD-MA angenommen werden muss, dazu Prokisch, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 16 Rn. 4; Rust, in: Maisto (Hrsg.), The Meaning of „Enterprise“, „Business“ and „Business Profits“ under Tax Treaties and EU Tax Law, 85 (97). 886 So auch Dürrschmidt, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 3 Rn. 41a; Hemmelrath, in: Vogel/ Lehner, 6. Aufl., Art. 7 Rn. 32 f.; Rust, in: Maisto (Hrsg.), The Meaning of „Enterprise“, „Business“ and „Business Profits“ under Tax Treaties and EU Tax Law, 85 (95); Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 124. EL, Art. 7 Rn. 21; i.E. auch Ditz, in: Schönfeld/Ditz, Art. 7 (2008) Rn. 50, 52, der dies bereits aus Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA folgert (dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) bb) (2) (S. 127 ff.) sowie § 5, C. II. 1. c) bb) (4) (S. 131 ff.)); M. Lang, Hybride Finanzierungen im Internationalen Steuerrecht, 76, 80, folgert dies wohl (allein) aus dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. 887 Weiterführend dazu Stockmann, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 17 Rn. 7 ff. 888 Zutreffend M. Lang, SWI 2011, 9 (14 f.) m.w.N. 889 Dazu oben Fn. 704. 890 Statt vieler Schlotter, in: Schönfeld/Ditz, Art. 17 Rn. 7.
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seitig genießt Art. 17 OECD-MA Vorrang.891 Damit findet bei selbstständiger Tätigkeit Art. 7 Abs. 1 OECD-MA Anwendung, wenn der Anwendungsbereich des Art. 17 OECD-MA nicht eröffnet ist, weil die Einkünfte „nicht in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit einer konkreten öffentlichen Darbietung stehen“.892 Eine tatbestandsseitige Abgrenzung ist insoweit jedoch nicht möglich, da Art. 7 Abs. 1 OECD-MA ausweislich des Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA auch jede „sonstige selbstständige Tätigkeit“ erfasst. Dieser Formulierung liegt jedoch ein weites Verständnis zugrunde und erfasst jegliche selbstständige Tätigkeit, bei der die persönliche Leistungserbringung im Vordergrund steht.893 Gerade die Tätigkeit von Künstlern und Sportlern zeichnet sich dabei durch ein Höchstmaß individueller Leistungsentfaltung aus. Während bei Tätigkeiten, die von Art. 14 OECD-MA a.F. erfasst sind, noch eine mittelbare Leistungserbringung durch Delegation in Betracht kommt, ist dies bei Künstlern und Sportlern bereits kraft Natur der Sache nicht möglich. Dem entspricht es, dass bis zum OECD-Update 2000 Art. 17 Abs. 1 OECDMA auch den Vorrang gegenüber Art. 14 OECD-MA anordnete.894 Damit kann aber unter Geltung des Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA auch keine negative Abgrenzung der Unternehmensgewinne zu Einkünften von Künstlern und Sportlern erfolgen. dd) Studenten (Art. 20 OECD-MA) Für Zahlungen, die an eine sich vorübergehend zu Ausbildungszwecken im anderen Vertragsstaat befindliche Person erfolgen, ist eine inhaltliche Abgrenzung zu den Unternehmensgewinnen nicht ergebnisreich. Art. 20 OECD-MA erfasst nach seinem eindeutigen Wortlaut nur Zahlungen für Unterhalt, Studium oder Ausbildung. In Übereinstimmung mit der besonderen Teleologie dieser Regelung, nämlich der Förderung des grenzüberschreitenden Ausbildungsaustausches,895 sowie der besonderen Begrifflichkeit („Zahlungen“) sind hierunter nicht solche Einkünfte zu verstehen, die tatbestandlich von den Art. 6 bis 19 OECD-MA erfasst werden.896 In negativer Abgrenzung könnte damit nur gefolgert werden, dass entsprechend des jeweiligen Leistungszweckes danach differenziert werden müsste, ob es sich aus
891 So wohl auch Schlotter, in: Schönfeld/Ditz, Art. 17 Rn. 7: „Soweit der Anwendungsbereich […] greift, gilt daher […] Art. 17“. 892 Stockmann, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 17 Rn. 6. 893 Dazu oben unter § 5, C. II. 1. c) bb) (4) (S. 131 ff.). 894 Ausführlich und statt vieler zur Abgrenzung Stockmann, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 17 Rn. 7. 895 Oben unter § 5, C. IV. 3. c) cc) (5) (b) (S. 174). 896 So i.E. und generell zum Diskussionsstand auch Reichold, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 20 Rn. 4a m.w.N.; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA, 94. EL, Art. 20 Rn. 3; a.A. Prokisch, in: Vogel/Lehner, 4. Aufl., Art. 20 Rn. 5.
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Sicht des Zahlenden um Unterhaltsleistungen (im weiteren Sinne) handelt.897 Hieraus kann jedoch kein tauglicher Schluss für den Unternehmensbegriff gezogen werden. ee) Zwischenergebnis Der Begriff des Unternehmens kann in systematischer Hinsicht daher nur bedingt durch Abgrenzung von den übrigen Verteilungsnormen bestimmt werden. Wie bereits weiter oben ausgeführt, scheidet dies im Hinblick auf Art. 6 OECD-MA sowie die Art. 10 bis 12 und 21 OECD-MA aus. Darüber hinaus kann keine Abgrenzung zu den Art. 8 und 17 OECD-MA erfolgen, die Spezialfälle von Unternehmensgewinnen regeln. Einzig kann der Unternehmensbegriff systematisch von denjenigen Verteilungsnormen abgegrenzt werden, die Einkünfte aus gegenwärtiger und vergangener unselbstständiger Tätigkeit erfassen, so dass sich der Unternehmensbegriff systematisch durch das Erfordernis einer Selbstständigkeit auszeichnet. Damit setzt die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA eine selbstständige, nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene Tätigkeit voraussetzt, die eine persönliche Leistungserbringung oder den aktiven Kapitaleinsatz zum Hauptgegenstand hat. 6. Zusammenfassung zur Abkommenssystematik Unternehmensgewinne werden im Grundsatz von Art. 7 OECD-MA erfasst. Gleichwohl folgt aus den Betriebsstättenvorbehalten, dass Unternehmen auch Einkünfte erzielen können, die dem Anwendungsbereich anderer Verteilungsnormen – insbesondere Art. 6 sowie Art. 10 bis 12 OECD-MA – unterfallen. Eine negative Abgrenzung scheidet in diesen Fällen aus, da aus dieser systematischen Abstimmung lediglich eine Rechtsfolgenkonkurrenz folgt. Dennoch zeigt die Rückausnahme der Besteuerung im Betriebsstättenstaat nach Maßgabe des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA, dass erhöhte Anforderungen an das Vorliegen eines Unternehmens zu stellen sind. Dies wurde belegt anhand einer abkommensimmanenten Zuteilungssystematik, wonach der Grundsatz der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat immer dann zugunsten einer Besteuerung im Tätigkeits- bzw. Quellenstaat durchbrochen wird, wenn zu diesem eine hinreichend starke Verknüpfung besteht. Dabei spielen mitunter auch praktische Erwägungen eine Rolle. Nur in bestimmten Fällen, denen jedoch eine besondere Teleologie zugrunde liegt, wird diese Systematik nicht nachvollzogen. Hieran anschließend wurde festgestellt, dass eine Ausnahme vom Grundsatz der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat immer dann nicht gerechtfertigt ist, wenn strukturell nur Einkünfte aus passiver Tätigkeit erzielt werden. Die Existenz einer festen Geschäftseinrichtung reicht hierfür allein nicht aus – die Unternehmenstätigkeit muss sich vielmehr als aktive Tätigkeit darstellen. Erst dann liegt eine hin897
Vgl. Reichold, in: Vogel/Lehner, 6. Aufl., Art. 20 Rn. 4a.
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reichende Verknüpfung zum jeweiligen Betriebsstättenstaat vor, die dessen Besteuerungsbefugnis rechtfertigt. Das Erfordernis aktiver Tätigkeit lässt sich dabei weder durch einen Rückgriff auf die innerstaatlichen Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung noch über die Aktivitätsvorbehalte oder generell die Methodenartikel bestimmen; gleiches gilt für LOB-Klauseln. Eine systematische Bestimmung war jedoch über Art. 14 OECD-MA a.F. möglich, wonach sich eine originäre Unternehmenstätigkeit i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA durch die aktive Kapitalnutzung auszeichnet. Dies geht zugleich über die Anwendungsbereiche der Art. 10 bis 12 OECD-MA hinaus. Im Übrigen konnte der Unternehmensbegriff jedoch nur von denjenigen Verteilungsnormen abgegrenzt werden, die Einkünfte aus unselbstständiger Tätigkeit erfassen. Diese enthalten weder tatbestandliche noch systematische Verknüpfungen zu Art. 7 OECD-MA, weshalb insoweit geschlussfolgert werden kann, dass Unternehmensgewinne eine selbstständige Tätigkeit voraussetzen. Damit kann aus der Abkommenssystematik zweierlei gefolgert werden: Erstens zeichnet sich ein Unternehmen durch eine überwiegende persönliche Leistungserbringung (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. h) OECD-MA) bzw. durch die aktiven Nutzung von Kapital aus. Zweitens setzt ein Unternehmen stets eine selbstständige Tätigkeit voraus.
V. Auslegung des Unternehmensbegriffs unter Berücksichtigung von DBA-Zielen Die dem OECD-MA sowie insbesondere dem Abschluss der jeweiligen DBA zugrunde liegenden Ziele wurden bereits weiter oben allgemein dargestellt.898 Noch unbeantwortet blieb jedoch, welche Schlussfolgerungen hieraus für die Auslegung des Unternehmensbegriffs gezogen werden können. Dass eine originäre Bestimmung des Unternehmensbegriffs aus dem Abkommen heraus durch die Grundsätze der sachgerechten Aufteilung des Steuersubstrats sowie der Entscheidungsharmonie bestätigt wird, ist offenkundig und bedarf keiner näheren Erwähnung.899 In den Fokus soll hier allein das Wechselspiel zwischen Doppelbesteuerung und doppelter Nichtbesteuerung geraten. 1. Vermeidung von Doppelbesteuerung Das den DBA ureigene Ziel der Vermeidung von juristischer Doppelbesteuerung spricht zweifellos für eine übereinstimmende Auslegung durch die beteiligten Vertragsstaaten.900 Dies stellt bereits im Ausgangspunkt – unabhängig von der 898
Dazu unter § 5, A. IV. (S. 76 ff.). Zu diesen beiden Aspekten oben unter § 5, A. IV. 2. (S. 77 f.) sowie § 5, A. V. 2. e) (S. 91). 900 Zu diesem oben unter § 5, A. IV. 1. (S. 76 f.). 899
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Existenz gegebenenfalls auslegungsbedürftiger Definitionen – die wirksamste Methode dar, einer divergierenden Anwendung von Verteilungsnormen vorzubeugen. Wendet hingegen wenigstens einer der Vertragsstaaten sein innerstaatliches Recht zur Begriffsdeutung an, hängt es vom Zufall ab, ob beide Staaten zum selben Auslegungsergebnis kommen. Diese Betrachtung hat zunächst – wie weiter oben erläutert – den Schluss begründet, einer abkommensautonomen Auslegung Vorrang vor einem Rückgriff auf nationales Recht einzuräumen. Damit lässt sich aber auch das bisherige Ergebnis zum Unternehmensbegriff rechtfertigen: Dessen Auslegung aus dem OECD-MA sowie im Speziellen den einzelnen DBA heraus – unter Zuhilfenahme allgemeiner Begriffsbestimmungen, grammatikalischer und systematischer Auslegungsmethoden – hat dazu geführt, dass der sachliche Gehalt des Unternehmensbegriffs in gewissen Grenzen bestimmt werden konnte. 2. Vermeidung von doppelter Nicht- oder Minderbesteuerung Es ergibt sich auf den ersten Blick jedoch ein anderes, wenn man die Vermeidung doppelter Nicht- bzw. Minderbesteuerung als ausgleichendes Gegenstück betont.901 Zwar führt auch eine Auslegung unter Rückgriff auf das nationale Begriffsverständnis unter Umständen dazu, dass es zu keiner Besteuerung von Einkünften kommt. Gegenüber dieser wohl eher zufälligen Folge der fehlenden Harmonisierung nationaler Steuersysteme wiegt es gleichwohl schwerer, durch abkommensautonome Auslegung einen Zustand zu schaffen, wonach ertragsbringende Vorgänge im Ergebnis nicht besteuert werden. Denn aus diesem Mindestmaß praktischer Auslegungssicherheit ergibt sich erhöhtes Gestaltungspotential mit der Maßgabe, als Besteuerungsstaat denjenigen mit der geringsten effektiven Steuerquote zu wählen. Kann hieraus nun gefolgert werden, ein Vertragsstaat könne nach seinem nationalen Begriffsverständnis DBA-Bestimmungen auslegen, um eine Besteuerungsgleichheit mit nicht grenzüberschreitend tätigen Steuerinländern herzustellen? Die Vermeidung doppelter Nicht- oder Minderbesteuerung kann – wie weiter oben dargelegt wurde – nicht als generelle Auslegungsmaxime dienen.902 Sehen hingegen einzelne DBA Bestimmungen vor, denen sich gerade diese Zielsetzung entnehmen lässt – man denke an Subject-to-tax-Klauseln oder Aktivitätsvorbehalte – ist es durchaus denkbar, im Anwendungsbereich dieser Regelungen die Auslegung entsprechend dieser speziellen Maßgabe zu akzentuieren.903 Den Unternehmensbegriff als solchen muss dies jedoch richtigerweise unberührt lassen. Das Beispiel der Aktivitätsvorbehalte904 zeigt dies in zweifacher Weise recht deutlich: Die zugrunde liegende spezielle Teleologie rechtfertigt es zum einen, die 901 902 903 904
Zu diesem oben unter § 5, A. IV. 3. (S. 78 ff.). Oben unter § 5, A. V. 2. d) bb) (S. 90 f.). Oben unter § 5, A. V. 2. d) bb) (S. 90 f.). Oben unter § 5, C. IV. 4. b) cc) (2) (S. 193 ff.).
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Auswirkungen auf die jeweilige Bestimmung beschränkt zu sehen.905 Zum anderen spricht auch gerade die Methodik der DBA-Anwendung gegen eine solche generelle Auslegungsmaxime. Denn die Aktivitätsvorbehalte – eingebettet in den Methodenartikel – sind erst anwendbar, wenn auf der ersten Stufe der Unternehmensbegriff festgelegt und eine Qualifikation der Einkünfte stattgefunden hat. „Rückwirkend“ – also vom Ergebnis her gedacht – kann die Auslegung hingegen nicht vorgenommen werden. Damit bleibt es dabei: Die abkommensautonome Auslegung des Unternehmensbegriffs wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass es unter Umständen zu einer Nicht- oder Minderbesteuerung von Einkünften kommt. Die Vermeidung dieses (fiskalisch freilich unerwünschten) Ergebnisses bleibt damit auf der Ebene besonderer Bestimmungen angesiedelt.
VI. Auslegung des Unternehmensbegriffs unter Rückgriff auf Parallelabkommen Einzelne seitens Deutschlands abgeschlossene DBA weichen hinsichtlich des Unternehmensbegriffs vom OECD-MA sowie der Mehrzahl der sonstigen abgeschlossenen DBA insoweit ab, als Art. 7 Abs. 1 OECD-MA tatbestandlich eine gewerbliche Tätigkeit voraussetzt oder von „gewerblichen Gewinnen“ spricht. In diesen Fällen konnte der Unternehmensbegriff teilweise auch abweichend bestimmt werden, denn aus dem Begriff der Gewerblichkeit resultiert das Erfordernis einer produzierenden, wenigstens aber einer Handelstätigkeit; darüber hinaus stellt in diesen Fällen eine freiberufliche Tätigkeit begrifflich kein Unternehmen dar.906 In der Konsequenz könnte dies auch für diejenigen DBA gelten, die der Formulierung des OECD-MA entsprechen. Man könnte mithin eine vergleichende Auslegung vornehmen: Wenn das DBA-Frankreich dies voraussetzt, muss Gleiches nicht auch für das DBA-Italien gelten? Dies müsste noch viel mehr gelten, wenn man den Unternehmensbegriff einen „gemeineuropäischen“ nennt.907 Auf den ersten Blick erscheint dies durchaus praktikabel. So könnte man mit dem Grundsatz der Entscheidungsharmonie908 ausländische Gerichtsentscheidungen zu entsprechenden Parallelabkommen heranzuziehen, um hieraus die Sichtweise des ausländischen Staates auf den Unternehmensbegriff zu gewinnen.
905
Dies zeigt sich im Übrigen auch daran, dass das Ziel der Vermeidung von Nicht- oder Minderbesteuerung in die meisten DBA-Präambeln (bisher) keinen Einzug gefunden hat; oben unter § 5, A. IV. 3. (S. 78 ff.). 906 Dazu oben unter § 5, C. III. 1. c) (S. 142 ff.). 907 Dazu die Nachweise oben unter § 5, B. II. 1. (S. 107 ff.). 908 Dazu oben unter § 5, A. V. 2. e) (S. 91 f.).
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Begründet kann ein solcher Rückgriff auf den zweiten Blick aber nur schwerlich werden. Denn die im Einzelfall vereinbarten Bestimmungen und diesen immanente Formulierungen sind jeweils das Ergebnis von Verhandlungen zwischen unterschiedlichen Verhandlungspartnern mit abweichenden Verhandlungspositionen. Zwar kann ein Blick auf parallele DBA zeigen, ob eine Formulierung gleich oder abweichend zur „eigenen“ ist; hieraus kann gegebenenfalls auch geschlossen werden, dass ein Vertragsstaat bestimmte Formulierungen bevorzugt. Das konkrete Auslegungsergebnis ist jedoch immer beschränkt auf das jeweilige DBA und kann deshalb richtigerweise nicht maßgeblich für die Auslegung anderer DBA sein.909 Damit kann für den Unternehmensbegriff allein aus dem Vergleich zu anderen DBA nicht gefolgert werden, dass eine Auslegung zu dem gleichen oder gerade einem abweichenden Ergebnis kommen muss. Eine Auslegung ist vielmehr unabhängig hiervon nach den oben dargelegten Grundsätzen geboten.
VII. Zusammenfassung und Ergebnis 1. Abkommensautonome Auslegung des Unternehmensbegriffs Die Ausführungen dieses Abschnitts haben gezeigt, dass der Unternehmensbegriff abkommensautonom bestimmt werden kann und muss; ein Rückgriff auf innerstaatliches Recht und damit die Regelung des § 15 EStG ist weder angebracht noch zielführend. Im Rahmen einer grammatikalischen Analyse wurde gezeigt, dass der Unternehmensbegriff anhand der Art. 3 Abs. 1 lit. c) und Art. 7 OECD-MA eine nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene, nicht notwendigerweise aktive Tätigkeit voraussetzt. Sprechen einzelne DBA hingegen von einer gewerblichen Tätigkeit oder gewerblichen Gewinnen, ist der Unternehmensbegriff gegebenenfalls einschränkend dahingehend zu verstehen, dass eine produzierende oder Handelstätigkeit vorausgesetzt wird. Abkommenssystematisch wurde festgestellt, dass ein Unternehmen eine aktive Tätigkeit voraussetzt – in Gestalt einer überwiegenden persönlichen Leistungserbringung oder durch aktiven Kapitaleinsatz – welche über die bloße passive Nutzungsüberlassung hinausgeht. In negativer Abgrenzung zu den Verteilungsnormen, welche Einkünfte aus gegenwärtiger oder vergangener unselbstständiger Tätigkeit erfassen, konnte der Unternehmensbegriff darüber hinaus durch das Erfordernis einer Selbstständigkeit eingegrenzt werden. Dieses Ergebnis wurde abschließend auch vor dem Hintergrund der Abkommensziele bekräftigt. Ein Rückgriff auf Parallelabkommen scheidet insoweit hingegen aus. 909
Dazu oben unter § 5, A. V. 2. c) cc) (S. 89).
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2. Gewerbliche geprägte Personengesellschaften erzielen keine Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA Vor diesem Hintergrund steht aber auch zugleich fest, dass Einkünfte gewerblich geprägter Personengesellschaften keine Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA darstellen. Denn die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG setzt für die innerstaatliche Umqualifikation der Einkünfte gerade voraus, dass die betreffende Personengesellschaft originär vermögensverwaltend tätig ist. Abkommensrechtlich erzielen diese damit ihrer Natur nach typischerweise Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, aber auch Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen. In allen diesen Fällen beschränkt sich die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit daher auf die Überlassung von Vermögenswerten. Die Einkünfte werden damit nicht vordergründig aus einer Tätigkeit erzielt, sondern sind vielmehr passiver Natur. Die Annahme von Unternehmensgewinnen setzt demgegenüber gerade voraus, dass eine aktive Tätigkeit vorliegt. Zwar bedarf es auch insoweit des Einsatzes von Vermögenswerten. Entscheidend ist jedoch, dass diese zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht bloß passiv eingesetzt bzw. überlassen werden, sondern vielmehr Grundlage für eine überwiegende persönliche Leistungserbringung sind oder selbst aktiv genutzt werden. Dass die Gewerblichkeitsfiktion folglich nicht auf die Abkommensebene „durchschlägt“, ist auch aufgrund der systematischen Divergenz von nationalem Steuerrecht einerseits und Abkommensrecht andererseits folgerichtig: Während nämlich § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG generell dazu führt, dass sämtliche Einkünfte fiktiv solche aus Gewerbebetrieb darstellen, können abkommensrechtlich Einkünfte sowohl von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA als auch insbesondere von den Art. 10 bis 12 OECD-MA erfasst werden. Rechtsfolgenseitig genießen dabei gerade die letzteren Verteilungsnormen grundsätzlich Vorrang (Art. 7 Abs. 4 OECD-MA). Nur ausnahmsweise – nämlich wenn und soweit die Einkünfte über eine Betriebsstätte im Quellenstaat erzielt werden – findet Art. 7 Abs. 1 OECD-MA aufgrund der Betriebsstättenvorbehalte auf Rechtsfolgenseite Anwendung. Die Zuteilungsentscheidung innerhalb dieser Verteilungsnormen verläuft damit in Anbetracht der innerstaatlichen Subsidiaritätsregelungen (z. B. §§ 20 Abs. 8, 21 Abs. 3, 23 Abs. 2 EStG) sogar diametral entgegengesetzt zur nationalen Einkünftequalifikation. Dies belegt eindringlich, dass nicht nur innerstaatlich, sondern gerade auch im Abkommensrecht allein die faktische Sachverhaltsverwirklichung – im Gegensatz zur rechtsfolgenauslösenden Gesetzesfiktion – entscheidender Parameter für die Einkünftequalifikation sein sollte.
§ 6 Neuregelung des § 50i EStG Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass gewerblich geprägte Personengesellschaften abkommensrechtlich keine Unternehmensgewinne erzielen. Dieses Ergebnis teilt nicht nur der BFH, sondern mittlerweile auch die Finanzverwaltung – auf den ersten Blick hat sich diese Problematik damit in der Praxis entschärft. Für bestimmte Sachverhalte, die jedenfalls teilweise in der Zukunft verwirklicht werden, gilt hingegen anderes: Denn mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz hat der Gesetzgeber im Jahr 2013 mit § 50i EStG eine Regelung geschaffen, die für sog. Altfälle aufgrund der abweichenden BFH-Rechtsprechung zur abkommensrechtlichen Behandlung von gewerblich geprägten Personengesellschaften das deutsche Steuersubstrat sicherstellen soll [hierzu unter A.I.]. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift wurde mit dem Kroatien-Steueranpassungsgesetz noch erheblich erweitert [hierzu unter A.II.]. Wie schon die Einführung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG beruht auch § 50i EStG in erster Linie auf profiskalischen Erwägungen, die zur Kodifizierung einer höchstrichterlich abgelehnten und unzutreffenden Rechtsauffassung führten [hierzu unter A.III.]. Vor diesem Hintergrund soll der Frage nachgegangen werden, wie die Regelungen des § 50i Abs. 1 sowie Abs. 2 EStG methodisch einzuordnen sind [hierzu unter B.I.] und wie deren systematisches Verhältnis zu den Regelungen betreffend die Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung [hierzu unter B.II.] sowie den Buchwertprivilegien [hierzu unter B.III.] ist. Die Untersuchung schließt mit einem Fazit [hierzu unter C.].
A. Entstehungsgeschichte Im Rahmen des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes hat der Gesetzgeber mit § 50i EStG eine Regelung geschaffen, die insbesondere in Wegzugsfällen deutsches Steuersubstrat sicherstellen soll [hierzu unter I.]. Die Vorschrift wurde mit dem Kroatien-Steueranpassungsgesetz inhaltlich deutlich erweitert, so dass nach derzeitiger Rechtslage insbesondere auch Umwandlungs- und Einbringungsfälle erfasst sein sollen [hierzu unter II.]. § 50i EStG bietet in vielerlei Hinsicht Anlass zu Kritik [hierzu unter III.].
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I. Einführung des § 50i EStG mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz 1. Gesetzgeberischer Hintergrund Ihre ursprüngliche Auffassung, dass Einkünfte gewerblich geprägter Personengesellschaften abkommensrechtlich Unternehmensgewinne darstellen, hat die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 26. 9. 2014 aufgegeben und sich damit dem BFH angeschlossen.910 Bereits vor Veröffentlichung der finalen Fassung dieses BMFSchreibens hat der Gesetzgeber jedoch mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013911 die Regelung des § 50i EStG eingeführt, die für bestimmte Altfälle deutsches Steuersubstrat sicherstellen und damit ausweislich der Gesetzesbegründung der „Verhinderung erheblicher Steuerausfälle in Milliardenhöhe“ dienen soll.912 Grund hierfür war, dass sich unter Geltung der ursprünglichen Auffassung der Finanzverwaltung in der Praxis bestimmte Gestaltungsmodelle etabliert haben, um insbesondere in Wegzugsfällen eine Besteuerung stiller Reserven zu vermeiden:913 Plante ein in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger, seinen Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt in das DBA-Ausland zu verlegen, brachte dieser vor dem Wegzug seine im Privatvermögen gehaltenen Anteile i.S.d. § 17 EStG steuerneutral im Wege der verdeckten Einlage unter Anbuchung der gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklage in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ein (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 2 lit. b) EStG).914 Die Finanzverwaltung sah dabei weiterhin ihr Besteuerungsrecht (als vermeintlicher Betriebsstättenstaat) hinsichtlich dieser stillen Reserven gewahrt (vgl. § 4 Abs. 1 S. 3 EStG), da sie davon ausging, dass gewerblich geprägte Personengesellschaften auch abkommensrechtlich Un910
Dazu oben unter § 5, B. II. 2. a) (S. 111 ff.). Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften, BGBl. I 2013, 1809; § 50i EStG war bereits Gegenstand des Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 2013, welches jedoch letztlich nicht umgesetzt wurde; auf die hierzu vorhandenen Gesetzesmaterialien wird jedoch im Weiteren zurückgegriffen, da die Gesetzesmaterialien zum Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz keine wesentlichen Erläuterungen zu § 50i EStG enthalten, vgl. BT-Drs. 17/12532, 7: „Im Vermittlungsverfahren wurden […] folgende Maßnahmen [ergänzt]: […] Weitere Maßnahmen zur Sicherung des deutschen Besteuerungsrechts ([…] § 50i EStG). […] Der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften soll einen Teil des Jahressteuergesetzes 2013 umsetzen. […] Der vorliegende Antrag dient dazu, das gesamte Jahressteuergesetz 2013 umzusetzen, soweit darüber Einvernehmen im Vermittlungsausschuss erzielt wurde.“ 912 BT-Drs. 17/13033, 73. 913 Ausführlich dazu Bodden, in: Korn, EStG, 82. EL, § 50i Rn. 4 ff.; siehe auch Brandenberg, BB 2008, 864 (868); Ettinger/Beuchert, IWB 2014, 126 (127 ff.); Loose/Wittkowski, IStR 2011, 68 (68 f.); Nitzschke, IStR 2011, 838 (840); Prinz, DB 2013, 1378 (1378 ff.); auch die Gesetzesbegründung stellt sowohl auf den Wegzug als auch die Umstrukturierung nach § 20 UmwStG ab, vgl. BT-Drs. 17/13033, 73. 914 Vgl. BMF, Schreiben v. 11. 7. 2011, BStBl. I 2011, 713, Ziff. II.2.b. 911
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ternehmensgewinne erzielen. Diese Gestaltung wurde in der Praxis häufig, wenn auch wohl nur bis Ende 2007, durch verbindliche Auskünfte abgesichert.915 Auch die Fisci der jeweiligen anderen Vertragsstaaten akzeptierten diese Gestaltung regelmäßig.916 Da die Beteiligung zum Zeitpunkt des Wegzugs nicht mehr im Privatvermögen gehalten wurde, konnte damit zugleich eine Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG vermieden werden und es kam somit zu diesem Zeitpunkt nicht zu einer Realisierung der in diesen Beteiligungen liegenden stillen Reserven. Gleiches galt, wenn die Sachgesamtheit einer inländischen GmbH & Co. KG vor Wegzug durch einen Steuerinländer gegen Gewährung neuer Anteile in eine inländische Tochterkapitalgesellschaft im Wege einer Ausgliederung zur Neugründung nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG eingebracht wurde. Aufgrund der gewerblichen Prägung der einbringenden Gesellschaft war auch in diesem Fall eine Buchwertfortführung möglich, da die Wirtschaftsgüter aus Sicht der Finanzverwaltung weiterhin im Inland steuerverstrickt waren (vgl. § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 UmwStG). Die GmbH & Co. KG schirmte die gewährten Anteile zum Wegzugszeitpunkt wiederum vor dem deutschen Besteuerungszugriff ab. Aufgrund der seit 2010 abweichenden ständigen BFH-Rechtsprechung stand somit die Gefahr im Raum, dass die unterbliebene Besteuerung stiller Reserven nicht mehr nachgeholt werden konnte, da es regelmäßig schlicht an einer abkommensrechtlichen Besteuerungsbefugnis fehlte. 2. Überblick über § 50i EStG a.F. Zu diesem Zweck sah § 50i EStG in seiner ursprünglichen Fassung im Wesentlichen zwei Steuertatbestände vor: Nach § 50i S. 1 EStG a.F. sind spätere Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens oder Anteilen i.S.d. § 17 EStG, die vor dem 29. 6. 2013 steuerneutral auf eine gewerblich geprägte oder infizierte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG übertragen oder überführt wurden, ungeachtet entgegenstehender DBA-Bestimmungen in Deutschland zu versteuern. 915 Grund dieser zeitlich (nur) begrenzten Anerkennung war die Entscheidung des BFH v. 17. 10. 2007, I R 5/06, BStBl. II 2009, 356, wonach eine Darlehensforderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft im Anwendungsbereich des DBA-USA 1989 nicht der Betriebsstätte zuzuordnen war und deshalb eine Anwendung des Betriebsstättenvorbehalts und folglich ein deutsches Besteuerungsrecht aus Art. 7 DBA-USA („Gewerbliche Gewinne“) ausschied; der BFH hat dabei explizit offen gelassen, ob Sondervergütungen generell „gewerbliche Gewinne“ darstellen können, oder ob nicht vielmehr Art. 11 DBA-USA betreffend Zinsen vorrangig anzuwenden sei. Die Verwaltung ließ dies an der Anerkennung der aufgezeigten Gestaltung durch den BFH zweifeln, vgl. Brandenberg, BB 2008, 864 (869): „Die Verwaltung ist hier nicht sicher, ob die Einschaltung der gewerblich geprägten Personengesellschaft das deutsche Besteuerungsrecht sicherstellt.“ 916 BT-Drs. 17/13033, 73; Brandenberg, BB 2008, 864 (868 f.); Mitschke, FR 2013, 694 (698).
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Als aufnehmende Personengesellschaft in diesem Sinne galt auch eine Besitzpersonengesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung (§ 50i S. 3 EStG a.F.).917 Ferner sind gem. § 50i S. 2 EStG a.F. auch die laufenden Einkünfte aus der Beteiligung an Personengesellschaften, auf die die in Satz 1 genannten Wirtschaftsgüter oder Anteile übertragen oder überführt wurden, ungeachtet entgegenstehender DBA-Bestimmungen in Deutschland zu versteuern.
II. Ergänzung durch das Kroatien-Steueranpassungsgesetz 1. Gesetzgeberischer Hintergrund Bekanntermaßen hat es der Gesetzgeber dabei jedoch nicht belassen, sondern den Anwendungsbereich des § 50i EStG im Rahmen des Kroatien-Steueranpassungsgesetzes918 deutlich ausgeweitet [hierzu unter 2.]. Der Gesetzgeber hatte dabei im Wesentlichen zweierlei vor Augen: Zum einen wollte er tatbestandliche Lücken schließen, die der ursprüngliche Wortlaut der Regelung offenbarte; hierzu wurde mit § 50i Abs. 1 S. 2 EStG eine Übertragungs- und Überführungsfiktion eingeführt.919 Zum anderen – und dies betrifft den neu eingefügten § 50i Abs. 2 EStG – sollte eine Umgehung der Nachversteuerung i.R.d. § 50i EStG a.F. durch eine dem Wegzug nachfolgende Umwandlung oder Einbringung ausgeschlossen werden.920 Letzteres betrifft beispielsweise diejenigen Fälle, in denen die Beteiligung an der inländischen Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wurde (§ 20 Abs. 2 UmwStG); hierdurch wurde zwar eine Veräußerung ausgelöst – die § 50i S. 1 EStG a.F. als Tatbestandsvoraussetzung nannte –, jedoch entstand aufgrund der Buchwertfortführung kein Veräußerungsgewinn, der abkommensüberschreibend über § 50i EStG a.F. der deutschen Besteuerung hätte zugeführt werden können.921 2. Überblick über § 50i EStG n.F. An der ursprünglichen Konzeption des § 50i EStG wurde – abgesehen von der systematischen Verortung der jeweiligen Bestimmungen – mit dem Kroatien-Steu917
Dazu Schulze zur Wiesche, BB 2013, 2463 (2466 ff.). Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25. Juli 2014, BGBl. I 2014, 1266. 919 BT-Drs. 18/1995, 116: „Es bestehen aber Zweifel, ob der Wortlaut [des § 50i EStG a.F.] auch die Gewährung neuer Anteile an einer Kapitalgesellschaft als Gegenleistung für die Einbringung des Geschäftsbetriebs einer Personengesellschaft auf Grund einer Umstrukturierung nach § 20 UmwStG einschließt. Aus der Gesetzesbegründung [zum Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz] ergibt sich, dass diese Fälle eingeschlossen sein sollten […].“ 920 BT-Drs. 18/1995, 116. 921 Instruktiv Schnittker, FR 2015, 134 (135); vgl. auch BR-Drs. 184/14 (Beschluss), 16 f. 918
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eranpassungsgesetz grundsätzlich nichts geändert.922 Von entscheidender Bedeutung sind vielmehr die neu hinzugekommenen Bestimmungen: So gilt als Übertragung oder Überführung i.S.d. § 50i Abs. 1 S. 1 EStG auch die aufgrund einer Einbringung i.S.d. § 20 UmwStG mit einem Einbringungszeitpunkt vor dem 29. 6. 2013 erfolgende Gewährung neuer Anteile an eine Personengesellschaft, die ursprünglich gewerblich tätig (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) oder Mitunternehmerin (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) war, und die infolge dieser Einbringung als gewerblich infizierte oder geprägte Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 EStG) fortbesteht. Mit anderen Worten: Die im Rahmen einer Einbringung nach § 20 UmwStG erhaltenen neuen Anteile gelten als auf die einbringende Personengesellschaft übertragen bzw. überführt, sofern diese nach der Einbringung die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 EStG erfüllt. Noch viel grundlegender sind darüber hinaus die in § 50i Abs. 2 EStG enthaltenen Regelungen. Vereinfacht ausgedrückt haben danach alle Umwandlungen i.S.d. § 1 UmwG sowie bestimmte Übertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG und Überführungen nach § 6 Abs. 5 EStG zum gemeinen Wert zu erfolgen, sofern gegenständlich auch Wirtschaftsgüter und Anteile i.S.d. § 50i Abs. 1 EStG erfasst sind.923 Diese Zwangsaufdeckung stiller Reserven erfolgt dabei explizit in Abweichung von den steuergesetzlichen Regelungen, die eine Buchwertfortführung oder einen Teilwertansatz ermöglichen.924 Gleiches soll schließlich auch im Fall eines Strukturwandels gelten (§ 50i Abs. 2 S. 3 EStG).
III. Zwischenergebnis Während die Einführung des § 50i EStG in der Literatur bereits zu Recht in vielerlei Hinsicht auf Kritik stieß,925 potenzierte sich dieser Unmut durch die tat922 So findet sich § 50i S. 1 EStG a.F. unverändert in § 50i Abs. 1 S. 1 EStG. § 50i S. 2 EStG a.F., der die Besteuerung laufender Einkünfte regelt, wurde in § 50i Abs. 1 S. 3 EStG übernommen und bezieht sich nunmehr – aufgrund der Übertragungs- und Überführungsfiktion in § 50i Abs. 1 S. 2 EStG – auch auf laufende Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft, welcher i.S.d. § 50i Abs. 1 S. 2 EStG neue Anteile gewährt wurden. Zuletzt wurde die Regelung des § 50i S. 3 EStG a.F. in § 50i Abs. 1 S. 4 EStG verortet und erfasst nunmehr neben Besitzpersonengesellschaften auch Besitzeinzelunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. 923 Als einzelnes Wirtschaftsgut (vgl. § 6 Abs. 5 EStG), als Teil einer Sachgesamtheit (vgl. § 1 UmwG) oder auch verkörpert in einem Mitunternehmeranteil (vgl. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG). 924 § 50i Abs. 2 S. 1 EStG: „[…] abweichend von den Bestimmungen des Umwandlungssteuergesetzes […]“; § 50i Abs. 2 S. 2 EStG: „Ungeachtet des § 6 Absatz 3 und 5 […]“. 925 Dazu etwa Kudert et al., ISR 2013, 365; Liekenbrock, IStR 2013, 690; Lüdicke, FR 2015, 128; Pohl, IStR 2013, 699; Prinz, DB 2013, 1378; Salzmann, IWB 2013, 405; Töben, IStR 2013, 682; zu der teils unterschiedlichen Beurteilung durch Vertreter der Praxis bzw. Wissenschaft einerseits und Vertreter der Finanzverwaltung andererseits nur Hruschka/Lüdicke, StBJB 2013/ 2014, 237.
B. Systematische Einordnung des § 50i EStG
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bestandliche Ausdehnung im Rahmen des Kroatien-Steueranpassungsgesetzes, insbesondere bezogen auf den neuen § 50i Abs. 2 EStG.926 Auf die einzelnen streitigen Aspekte soll hier nicht vertieft eingegangen werden, sondern das Augenmerk vielmehr auf die systematischen Zusammenhänge des § 50i EStG mit den hiervon betroffenen Vorschriften des deutschen Steuerrechts gelegt werden [hierzu sogleich unter B.]. Vorab sei jedoch bereits die rechtspolitische Feststellung erlaubt, dass die Einführung sowohl des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als auch des § 50i EStG eine Reaktion auf ein (gewandeltes) Verständnis der Rechtsprechung darstellt. Der „rechtsprechungsüberholende“927 Charakter beider Vorschriften ruht dabei aber nicht in einer abweichenden Auffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich der zum Einführungszeitpunkt geltenden Rechtslage.928 In beiden Fällen ging es vielmehr in erster Linie darum, auf in der Vergangenheit verzichtete Steuereinnahmen nicht allein deshalb auch zukünftig verzichten zu wollen, weil sich die – innerstaatliche oder abkommensrechtliche – Auslegung gewandelt hat. Gemein ist beiden Regelungen mithin, dass ein – unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung – unzutreffendes Rechtsverständnis normiert wurde, um eine profiskalische Rechtslage wiederherzustellen. Bezogen auf § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG wurde bereits dargelegt, dass diese Vorschrift in der Konsequenz auch systemwidrig ist.929 Deshalb soll im Folgenden der Frage nachgegangen werden, wie sich § 50i EStG systematisch einordnen lässt.
B. Systematische Einordnung des § 50i EStG I. Einleitendes zur Funktionsweise des § 50i EStG Bevor auf die systematischen Zusammenhänge eingegangen wird, soll einleitend festgestellt werden, welche Regelungsmethodik § 50i EStG zugrunde liegt. Hierfür muss im Ausgangspunkt differenziert werden zwischen den beiden Absätzen dieser Vorschrift. 926 Dazu etwa Bodden, DStR 2015, 150; Bron, DStR 2014, 1849; Köhler, ISR 2014, 317; Kudert et al., ISR 2014, 257; Patt, EStB 2014, 377; Prinz, GmbHR 2014, R241; Rödder et al., Ubg 2014, 477; Salzmann, IWB 2014, 782; Schnittker, FR 2015, 134. 927 So zu § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Crezelius, FS Felix, 37 (40): „Ausweislich der Entstehungsgeschichte handelt es sich hier um einen geradezu klassischen Fall rechtsprechungsüberholender Gesetzgebung. Die durch den Großen Senat des BFH geleistete dogmatische Entwicklung soll auf den status quo ante zurückgeführt werden, obwohl die damit gemeinte Gepräge-Rechtsprechung durch den Beschluss des Großen Senats gerade obsolet geworden ist.“ 928 Dies gilt nicht nur für § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG – oben unter § 2, A. II. (S. 25 f.) –, sondern gerade auch in abkommensrechtlicher Hinsicht hat sich die Finanzverwaltung der BFHRechtsprechung angeschlossen, oben unter § 5, B. II. 2. a) (S. 111 ff.). 929 Dazu oben unter § 2, A. III. (S. 26 ff.).
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§ 6 Neuregelung des § 50i EStG
1. Treaty Override in § 50i Abs. 1 EStG Nach § 50i Abs. 1 EStG besteht ein deutsches Besteuerungsrecht „ungeachtet entgegenstehender Bestimmungen des Abkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung“, und zwar sowohl für Zwecke der Besteuerung von Veräußerungs- und Entnahmegewinnen als auch von laufenden Einkünften (§ 50i Abs. 1 S. 1, S. 3 EStG). Dies stellt zweifelsohne ein – dem EStG mittlerweile freilich nicht mehr fremdes, wenngleich verfassungsrechtlich nicht unbedenkliches – Treaty Override dar.930 In der Konsequenz beschränkt sich die Funktion des § 50i Abs. 1 EStG darauf, die abkommensrechtliche Einordnung der Einkünfte zu suspendieren.931 Methodisch ist diese Regelung damit als Transportnorm einzuordnen: Das deutsche Besteuerungsrecht ergibt sich nicht unmittelbar aus dieser Regelung, sondern aus dem jeweils einschlägigen Steuertatbestand.932 Dies setzt freilich voraus, dass der betreffende – zum Veräußerungs- oder Entnahmezeitpunkt im Ausland ansässige Steuerpflichtige – in Deutschland weiterhin steuerpflichtig ist.933 Regelmäßig wird er dies nur im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG, § 2 KStG) sein, weshalb die betreffenden Einkünfte von § 49 EStG erfasst sein müssen.934 Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen der Steuerpflichtige weiterhin im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist und sich die abkommensrechtliche Ansässigkeit im DBAAusland aus der Tie-breaker-Regelung (vgl. Art. 4 Abs. 2 OECD-MA) ergibt.935 Aus dieser erforderlichen DBA-Ansässigkeit folgt zuletzt auch, dass § 50i Abs. 1 EStG keine Anwendung findet im Nicht-DBA-Sachverhalt.936 Dies ist auch sachgerecht, da nur im Geltungsbereich eines DBA die oben skizzierte Problematik des Vorliegens von Unternehmensgewinnen auftritt. Besteht kein DBA, so kann das nationale Besteuerungsrecht auch nicht abkommensrechtlich beschränkt sein.937 930 Dazu Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 14 m.w.N. – Das BVerfG hat mit Beschluss v. 15. 12. 2015, 2 BvL 1/12, IStR 2016, 191 das Treaty Override des § 50d Abs. 8 S. 1 EStG – entgegen der Auffassung des BFH in seinem Vorlagebeschluss v. 10. 1. 2012, I R 66/09, BFH/NV 2012, 1056 – für verfassungsrechtlich zulässig erklärt; dazu Musil, FR 2016, 297; instruktiv zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Treaty Overrides auch Benz/Rosenberg, FS Haarmann, 299. 931 Ebenso Neumann-Tomm, in: Lademann, 213. EL, § 50i Rn. 90: „Als Rechtsfolge überschreibt § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG die Zuweisung des Besteuerungsrechtes an den ausländischen Staat und ermöglicht somit die Besteuerung des Veräußerungsgewinns in Deutschland“; Pohl, IStR 2013, 699 (701): „§ 50i Satz 1 EStG macht allein die Prüfung entbehrlich, ob die Versteuerung im Einklang mit abkommensrechtlichen Vorgaben steht.“ 932 Zutreffend Kudert et al., ISR 2013, 365 (371); vgl. auch Töben, IStR 2013, 682 (685): „[…] erfolgt die inländische Besteuerung nach Maßgabe der üblichen Regeln (Teileinkünfteverfahren, ggf. inkl. GewSt) und nicht nach § 6 AStG.“ 933 Statt vieler Gosch, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 50i Rn. 22. 934 Kudert et al., ISR 2013, 365 (371). 935 Statt vieler Pohl, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 50i Rn. 26. 936 Zutreffend etwa Liekenbrock, IStR 2013, 690 (691); Roderburg/Richter, IStR 2015, 227 (229); so auch BMF, Schreiben v. 26. 9. 2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.1. 937 Zur Wirkungsweise von DBA unter § 5, A. III. 1. (S. 73 f.).
B. Systematische Einordnung des § 50i EStG
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2. Partieller lex specialis-Regelungscharakter des § 50i Abs. 2 EStG Anders verhält es sich demgegenüber bei § 50i Abs. 2 EStG. Anknüpfungspunkt ist in den dort genannten Fällen nicht die abkommensrechtliche Einordnung, sondern die jeweilige innerstaatliche Regelung, die einen vom gemeinen Wert abweichenden Ansatz der Wirtschaftsgüter erlaubt. Damit ist § 50i Abs. 2 EStG auch kein Treaty Override, sondern vielmehr lex specialis zu den jeweiligen Bestimmungen.938 Aber auch insoweit enthält § 50i Abs. 2 EStG keine eigenen Steuertatbestände, sondern suspendiert wiederum die an anderer Stelle gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Steuerpflichtigen, eine Realisation stiller Reserven aufzuschieben. 3. Zwischenergebnis Gemein ist beiden Absätzen mithin der nur partielle und damit unselbstständige Regelungscharakter. Diese infolge der jeweiligen Normenmethodik bestehende systematische Verknüpfung soll als Ausgangspunkt für die nachfolgenden Untersuchungen dienen.
II. Verhältnis zur Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung Nach der ursprünglichen Zielsetzung des § 50i Abs. 1 EStG (bzw. § 50i EStG a.F.) soll eine zum Wegzugszeitpunkt unterbliebene Entstrickungsbesteuerung nachgeholt werden. Grund hierfür waren die bereits oben beschriebenen Gestaltungsmodelle, wonach einerseits eine Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG vermieden wurde, andererseits aber auch die jeweiligen Entstrickungsregelungen (z. B. § 4 Abs. 1 S. 3 EStG) keine Anwendung fanden, weil nach damaliger Auffassung der Finanzverwaltung das deutsche Besteuerungsrecht nicht gefährdet war. Im Folgenden soll daher zunächst das Verhältnis von § 50i EStG zu § 6 AStG sowie zur Entstrickungsbesteuerung untersucht werden. 1. Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG Die Regelung des § 6 AStG dient dazu, die im Privatvermögen innerhalb der Anteile des § 17 EStG aufbebauten Wertsteigerungen in Wegzugsfällen der deutschen Besteuerung zuzuführen.939 Zur Erreichung dieses Zwecks ordnet § 6 Abs. 1 S. 1 EStG an, dass § 17 EStG „auch ohne Veräußerung anzuwenden“ ist, mit anderen Worten wird also einer Veräußerung für Zwecke des § 17 EStG die Beendigung der
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So auch zu § 50i Abs. 2 S. 1 EStG Patt, EStB 2014, 377 (378). Sog. Schlussbesteuerung, statt vieler Elicker, in: Blümich, AStG, 130. EL, § 6 Rn. 1.
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unbeschränkten Steuerpflicht gleichgestellt. Methodisch handelt es sich bei § 6 Abs. 1 S. 1 AStG damit um eine tatbestandliche Erweiterung des § 17 EStG.940 Demgegenüber stellt § 50i Abs. 1 S. 1 EStG gerade nicht auf den Wegzug als tatbestandsauslösendes Ereignis ab, sondern setzt eine Veräußerung oder Entnahme voraus. Dieser Unterschied ist nur konsequent, denn er resultiert aus der methodischen Konzeption des § 50i Abs. 1 EStG als Transportnorm.941 Er ist insoweit systematisch auch nicht zu beanstanden, denn mit der in § 50i Abs. 1 S. 1 EStG vorausgesetzten Übertragung bzw. Überführung ist § 17 EStG tatbestandlich ohnehin nicht mehr anwendbar.942 Entscheidend ist jedoch, dass mit dieser unterschiedlichen Anknüpfung auch der Umfang der steuerlich zu erfassenden stillen Reserven divergiert. Während es bei § 6 AStG auf die Wertsteigerung zum Wegzugszeitpunkt ankommt, nur diese also in Deutschland schlussbesteuert wird,943 führt § 50i Abs. 1 S. 1 EStG nach seinem Wortlaut zu einer Erfassung auch der zwischenzeitlich, d. h. bis zur Veräußerung bzw. Entnahme gebildeten stillen Reserven.944 Sachgerecht scheint dies auf den ersten Blick nicht. Denn wäre es im maßgeblichen Zeitpunkt zu einer Entstrickungsbzw. Wegzugsbesteuerung gekommen, wären die Kapitalanteile steuerlich entstrickt, d. h. im Anschluss entstandene Wertsteigerungen unterlägen nicht mehr der inländischen Besteuerung.945 Wertungsmäßig ist dieses Ergebnis hingegen richtig. Denn wären die Anteile – entsprechend der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung – weiterhin im Inland steuerverstrickt, würden ebenfalls die im Ausland auflaufenden stillen Reserven im Fall einer späteren Veräußerung im Inland erfasst.946 Letzteres dann freilich aufgrund der Übertragung bzw. Überführung nicht mehr über § 17 EStG, sondern über § 15 EStG (ggf. i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG).947 940 Dies bestätigt auch § 17 Abs. 1 S. 1 EStG a.E., wonach § 17 EStG nur Anwendung finden soll, „wenn im Übrigen für die Anteile zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind“; so auch Elicker, in: Blümich, AStG, 130. EL, § 6 Rn. 1; Pohl, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 50i Rn. 17. 941 Oben unter § 6, B. I. 1. (S. 216). 942 Zutreffend zum Exklusivverhältnis beider Vorschriften Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 51; Pohl, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 50i Rn. 17; Rehfeld, in: H/H/R, EStG, 269. EL, § 50i Rn. 6. 943 Statt vieler Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl., Rn. 239. 944 Wie hier Gosch, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 50i Rn. 22; Liekenbrock, IStR 2013, 690 (697); ders., in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 102; Töben, IStR 2013, 682 (685). 945 So Liekenbrock, IStR 2013, 690 (697). 946 So auch Gosch, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 50i Rn. 22; diese umfassende Nachversteuerung war häufig auch Gegenstand verbindlicher Auskünfte, BR-Drs. 139/13, 141; oben unter § 6, A. I. 1. (S. 211). 947 Nicht zutreffend ist es hingegen, in jedem Fall den „Umweg“ über § 49 EStG zu gehen (so aber wohl Rehfeld, in: H/H/R, EStG, 269. EL, § 50i Rn. 17); denn § 50i Abs. 1 S. 1 EStG setzt allein eine abkommensrechtliche Ansässigkeit voraus, die sich jedoch auch aus der Tiebreaker-Regelung ergeben kann, weshalb insoweit auch eine doppelte unbeschränkte Steuer-
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Damit ist aber die Gefahr verbunden, dass es – aufgrund der abkommensrechtlich zugewiesenen Besteuerungsbefugnis des neuen Ansässigkeitsstaats – zu einer Doppelbesteuerung dieses Veräußerungs- oder Entnahmegewinns kommt.948 Im Anwendungsbereich des § 6 AStG gilt nicht zwingend anderes, denn auch hier hängt die Frage, ob (noch) im Inland gebildete stille Reserven im neuen Ansässigkeitsstaat zum Veräußerungszeitpunkt besteuert werden, von der abkommensrechtlichen Regelungslage ab.949 Entscheidender Unterschied ist jedoch zum einen, dass die (mögliche) Doppelbesteuerung offener zu Tage tritt, indem § 50i Abs. 1 S. 1 EStG – wie auch abkommensrechtlich – auf die tatsächliche Veräußerung oder Entnahme abstellt, während § 6 AStG den vorgelagerten Wegzugszeitpunkt zugrunde legt. Zum anderen handelt es sich bei § 50i Abs. 1 S. 1 EStG unzweifelhaft um ein Treaty Override,950 wohingegen dies nach Auffassung des BFH zu § 6 AStG wohl verneint werden muss, da diese „Regelung den entsprechenden Steuerzugriff in der letzten juristischen Sekunde der unbeschränkten Steuerpflicht des Wegziehenden [sichert]“.951 Neben der rechtsfolgenseitigen Erfassung aller stillen Reserven ist ebenfalls beachtlich, dass § 50i Abs. 1 S. 1 EStG mangels Wegzug als Tatbestandsvoraussetzung dem Wortlaut nach auch solche Fälle erfasst, in denen bereits die Gefahr des Verlustes des deutschen Steuersubstrats nicht bestand, weil einzelne Mitunternehmer nicht mehr oder gar noch nie in Deutschland ansässig waren.952 Unter Berücksichtigung der eigentlichen Zweckrichtung des § 50i Abs. 1 S. 1 EStG ist dies durchaus bemerkenswert: Denn die unbeschränkte Steuerpflicht im Inland setzt allen voran gerade § 6 AStG ausdrücklich voraus, und ferner besteht auch in dem oben geschilderten Umwandlungsfall die Möglichkeit, dass ein Mitunternehmer nicht in Deutschland ansässig ist bzw. war. Aufgrund seiner Regelungsmethodik kann § 50i Abs. 1 S. 1 EStG in diesen Fällen insoweit freilich keine Steuerpflicht begründen.953 Der überschießende Wortlaut der Regelung zeigt sich hier aber besonders deutlich.
pflicht (im DBA-Ansässigkeits- und -Quellenstaat) möglich ist; dazu oben unter § 6, B. I. 1. (S. 216). 948 Dazu nur Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 48; Pohl, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 50i Rn. 13. 949 Instruktiv dazu Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 5.361. Einige DBA sehen jedoch sog. Step up-Klauseln vor, wonach eine für Zwecke der Besteuerung im Zuzugs- und damit neuem Ansässigkeitsstaat steuerfreie Aufstockung möglich ist (z. B. Art. 13 Abs. 5 DBA-Schweiz; Art. 13 Abs. 6 DBA-USA); eine entsprechende Regelung findet sich auch in § 17 Abs. 2 S. 3 EStG. 950 Dazu oben unter § 6, B. I. 1. (S. 216). 951 BFH, Beschluss v. 23. 9. 2008, I B 92/08, BStBl. II 2009, 524; a.A. aber etwa Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rn. 5.361. 952 So statt vieler auch Gosch, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 50i Rn. 3; Lüdicke, FR 2015, 128 (131). 953 Zutreffend Bron, DStR 2014, 1849 (1851 f.); Pohl, IStR 2013, 699 (701 f.).
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2. Entstrickungsbesteuerung In eine ähnliche Richtung geht auch die Frage, wie sich die Regelung des § 50i Abs. 1 EStG zur Entstrickungsbesteuerung (§§ 4 Abs. 1 S. 3 f. EStG, 12 Abs. 1 KStG) verhält. Nach diesen Vorschriften führt der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich eines späteren Veräußerungsgewinns zu einer Aufdeckung der bis dahin erwirtschafteten stillen Reserven, weil dies einer Entnahme gleichgestellt (§§ 4 Abs. 1 S. 3, 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 Hs. 2 EStG) oder fiktiv als Veräußerung zum gemeinen Wert behandelt wird (§ 12 Abs. 1 S. 1 KStG). Nach dem überholten Verständnis der Finanzverwaltung war diese Voraussetzung in den oben dargelegten Wegzugsfällen nicht erfüllt, da abkommensrechtlich eine entsprechende Besteuerungsbefugnis gesehen wurde, so dass zum Wegzugszeitpunkt keine stillen Reserven besteuert wurden. Dieses aus fiskalischer Sicht missliche Ergebnis soll § 50i Abs. 1 EStG korrigieren, stellt dabei aber – wie bereits gezeigt – als auslösendes Ereignis nicht auf den Wegzug, sondern die spätere Veräußerung oder Entnahme ab. Dies stellt tatbestandlich eine Abweichung von den § 4 Abs. 1 S. 3 EStG, § 12 Abs. 1 KStG dar, bei denen der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich eines Wirtschaftsguts zu einer fiktiven Veräußerung bzw. Entnahme führt. Vor dem Hintergrund dieser methodischen Divergenz müssten § 50i EStG einerseits und die Entstrickungsregelungen andererseits an sich im Verhältnis der Parallelität stehen.954 Dies hätte mitunter freilich die für den Steuerpflichtigen ungünstige Folge, dass in noch offenen Veranlagungsfällen einerseits eine Entstrickungsbesteuerung nachträglich festgesetzt wird, andererseits bei späterer Veräußerung oder Entnahme über § 50i Abs. 1 S. 1 EStG erneut ein Besteuerungstatbestand Anwendung findet.955 Gleichwohl ergibt sich aus dem Wortlaut des § 50i EStG unmittelbar keine Einschränkung dieses Ergebnisses. Dennoch wird vielfach die Auffassung vertreten, dass § 50i EStG lex specialis zu den Entstrickungsvorschriften sei: Die Anwendbarkeit des § 50i EStG führe dazu, dass bereits die Voraussetzungen der Entstricklungsregeln nicht erfüllt seien, weil das deutsche Besteuerungsrecht aufgrund des Treaty Overrides nicht ausgeschlossen sei.956 Dem muss jedoch bereits im Ausgangspunkt entgegengehalten werden, dass mit Wegzug des Steuerpflichtigen die Entnahme- bzw. Veräußerungsfiktion tatbestandlich ausgelöst wurde; eine etwaig unterbliebene Steuerfestsetzung lässt dies freilich unberührt. Da der Tatbestand 954 So Bodden, in: Korn, EStG, 82. EL, § 50i Rn. 25; Loschelder, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 50i Rn. 6; so wohl auch Pohl, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 50i Rn. 15; ders., IStR 2013, 699 (701). 955 Zutreffend und statt vieler Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 49. 956 So Bron, DStR 2014, 1849 (1851); Gosch, in: Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 50i Rn. 23; Köhler, ISR 2014, 317 (319 f.); Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 49; Rehfeld, in: H/H/R, EStG, 269. EL, § 50i Rn. 6; Rödder et al., Ubg 2014, 477 (480).
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des § 50i Abs. 1 S. 1 EStG aber erst mit der tatsächlichen Veräußerung bzw. Entnahme erfüllt ist, kann dies an dem Umstand, dass zuvor bereits ein Entstrickungstatbestand verwirklicht wurde, nichts ändern.957 Damit muss es richtigerweise auch bei der eingangs getroffenen Feststellung bleiben, dass § 50i Abs. 1 EStG zu den Entstrickungsvorschriften im Verhältnis der Parallelität steht. Trotz dieses Parallelitätsverhältnisses leuchtet es aber nicht ein, dass § 50i Abs. 1 S. 1 EStG – anders als die Entstrickungsvorschriften – nicht tatsächlich darauf abstellt, ob das deutsche Besteuerungsrecht abkommensrechtlich ausgeschlossen ist.958 In der Praxis sind durchaus Fälle denkbar, in denen letzteres nicht der Fall ist. So räumen DBA typischerweise demjenigen Staat das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Veräußerung einer Immobilie ein, in dem diese belegen ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 OECD-MA). Hat beispielsweise der wegziehende Gesellschafter seine im Sonderbetriebsvermögen befindliche inländische Immobilie vor dem Wegzug steuerneutral (vgl. § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG) in das Gesamthandsvermögen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft übertragen, an der er als Kommanditist beteiligt ist, und veräußert die (nicht abkommensberechtigte) Gesellschaft im Anschluss die Immobilie, so berührt dies das deutsche Besteuerungsrecht mitnichten (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG). DBA-rechtlich hat vielmehr Deutschland als Quellenstaat das Besteuerungsrecht (vgl. Art. 13 Abs. 1 OECD-MA). Der Regelungszweck des § 50i Abs. 1 S. 1 EStG, an sich „verlorenes“ Besteuerungssubstrat in die deutsche Besteuerungshoheit zurückzuholen, greift hier gerade nicht. Diese Regelung macht in diesen Fällen also schlichtweg keinen Sinn und ist deshalb zu weit gefasst. § 50i Abs. 1 EStG sollte daher nur Anwendung finden, wenn das jeweilige DBA das Besteuerungsrecht hinsichtlich eines späteren Veräußerungsgewinns nicht Deutschland zuweist.959 3. Zwischenergebnis und Bewertung Die vorstehenden Ausführungen haben beispielhaft aufgezeigt, dass mit der international-steuerrechtlichen Perpetuierung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG in Gestalt des § 50i Abs. 1 EStG eine Vorschrift geschaffen wurde, die an zahlreichen Stellen über den eigentlichen Gesetzeszweck, eine unterbliebene Wegzugs- bzw. Entstrickungsbesteuerung nachzuholen, hinausgeht. Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass § 50i Abs. 1 EStG eine von der Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) sowie der Entstrickungsbesteuerung (§ 4 Abs. 1 S. 3 f. EStG, § 12 Abs. 1 KStG) 957
So auch Schnittker/Haselmann, in: W/R/S, 2. Aufl., Rn. 14.17. Dies wäre nur dann der Fall, wenn § 50i Abs. 1 S. 1 EStG folgende Formulierung enthielte: „[…] so ist der Gewinn […] ungeachtet entgegenstehender Bestimmungen des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu versteuern, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich eines Gewinns aus der späteren Veräußerung oder Entnahme ausgeschlossen oder beschränkt ist.“ Diese hervorgehobene Formulierung findet sich in ähnlicher Form in den § 4 Abs. 1 S. 3 EStG, § 12 Abs. 1 S. 1 KStG. 959 So auch Liekenbrock, IStR 2013, 690 (693). 958
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abweichende Grundkonzeption verfolgt. Während letztere auf die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht abstellen, und hieran die Rechtsfolgen der Aufdeckung stiller Reserven in Gestalt faktisch nicht realisierter Wertsteigerungen knüpfen, bedient sich § 50i Abs. 1 EStG des abkommensüberschreibenden Mittels des Treaty Overrides, um hierdurch die steuerrechtliche Erfassung der tatsächlich realisierten Gewinne zu ermöglichen. Aus dem Blickwinkel des Leistungsfähigkeitsprinzips ist es dabei grundsätzlich zu begrüßen, dass § 50i Abs. 1 EStG tatbestandsseitig einen tatsächlichen Realisationsakt in Gestalt einer Veräußerung oder Entnahme erfordert, und nicht – wie die Entstrickungsvorschriften – bloße Wertsteigerungen der Besteuerung zuführt.960 Etwas anderes gilt aber bereits, wenn man in diese Betrachtung die Gefahr einer steuerlichen Doppelbelastung miteinbezieht, die § 50i Abs. 1 EStG birgt. Dies gilt zum einen hinsichtlich der soeben aufgezeigten Problematik, dass in noch offenen Veranlagungsfällen theoretisch eine doppelte steuerliche Erfassung von Gewinnen droht. Zum anderen ruht diese Gefahr auch in dem abkommensüberschreibenden Charakter des § 50i Abs. 1 EStG: Denn der andere Vertragsstaat wird allein wegen dieser Regelung kaum davon Abstand nehmen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Gewinne ebenfalls zu besteuern. Da auf beschränkt Steuerpflichtige § 34c EStG keine Anwendung findet,961 bleibt insoweit im Ergebnis regelmäßig nur ein Verständigungsverfahren nach Art. 25 Abs. 1 OECD-MA.962 In Anbetracht dessen wäre § 50i EStG weitaus sachgerechter ausgestaltet, würde er tatsächlich entsprechend seines Normzwecks das an sich abkommensrechtlich verlorene Steuersubstrat über eine Nachholung der Entstrickungsbesteuerung zum Wegzugszeitpunkt erfassen. Hier würde sich freilich immer noch die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der angeordneten rückwirkenden Anwendung dieser Vorschrift stellen;963 die Problematik der doppelten steuerlichen Erfassung von Einkünften würde dadurch aber jedenfalls weitgehend entschärft. Dies gilt umso mehr, als § 50i Abs. 1 EStG aufgrund seiner weitreichenden Rechtsfolge auch im Ausland gebildete stille Reserven der deutschen Besteuerung zuführt und damit im Ergebnis eine faktische Ausweitung der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung begründet. Deren Rechtfertigung kann jedoch allenfalls darin liegen, nur die im Inland gebildeten stillen Reserven zu erfassen und damit eine Schlussbesteuerung
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Zum Realisationsprinzip statt vieler Musil, in: H/H/R, EStG, 270. EL, § 2 Rn. 12. Dazu oben unter § 4, C. (S. 69 f.). 962 Zutreffend Bäuml, in: Frotscher, EStG, 181. EL, § 50i Rn. 26; Kudert et al., ISR 2013, 365 (370); Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 48; kritisch auch Prinz, DB 2013, 2378 (2381); zu letzterem so auch Pohl, in: Blümich, EStG, 125. EL, § 50i Rn. 13; a.A. zu § 34c EStG Bodden, in: Korn, EStG, 82. EL, § 50i Rn. 27. 963 Dies ist insbesondere hinsichtlich der Erfassung laufender Einkünfte (§ 50i Abs. 1 S. 3 EStG) problematisch; zu § 50i EStG a.F. statt vieler Pohl, IStR 2013, 699 (703); zu § 50i EStG n.F. etwa Ettinger/Beuchert, IWB 2014, 680 (684), sowie umfassend Bodden, in: Korn, EStG, 82. EL, § 50i Rn. 29 ff.; Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 16 ff. 961
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auf das Ausscheiden aus der unbeschränkten Steuerpflicht zu ermöglichen.964 Vor diesem Hintergrund stellt sich § 50i Abs. 1 EStG als eine der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit widersprechende und darüber hinaus systemfremde Regelung dar.
III. Verhältnis zu den gesetzlichen Buchwertprivilegien Durch den neu eingefügten § 50i Abs. 2 EStG stellt sich ferner die Frage, wie die damit verbundene Suspendierung der gesetzlich vorgesehenen Buchwertprivilegien steuersystematisch einzuordnen ist. 1. Rechtfertigung der aufgeschobenen Besteuerung Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dem damit verbundenen Grundsatz der Individualbesteuerung führt grundsätzlich jeder Vermögensübergang auf einen anderen Rechtsträger zu einer Aufdeckung der in diesem Vermögen liegenden stillen Reserven.965 Wenn demgegenüber das Gesetz an bestimmten Stellen eine Ausnahme hiervon in Gestalt einer Buchwertfortführung oder eines Teilwertansatzes vorsieht, dann bedarf dies einer Rechtfertigung.966 Hier bieten sich mehrere Überlegungen an: Man kann auf das Markteinkommensprinzip rekurrieren, um eine „Substanzbesteuerung des ruhenden Vermögens“ zu vermeiden;967 in diesem Zusammenhang ist auch die Überlegung zu sehen, dass die übergehenden Wirtschaftsgüter bei dem neuen Rechtsträger (wiederum) zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken genutzt werden.968 Als Grund für den ausnahmsweisen Verzicht auf eine Realisation kann auch 964
So allgemein etwa Hennrichs, in: Tipke/Lang, 22. Aufl., § 9 Rn. 450; Schaumburg, in: Schaumburg/Piltz (Hrsg.), Steuerfolgen von Produktion und Vertrieb im Ausland, 1 (9), der aber für § 6 AStG einschränkend hinzufügt, dass eine Rechtfertigung in den Fällen ausscheide, in denen auch nach Wegzug in einen Nicht-DBA-Staat eine (beschränkte) Steuerpflicht im Inland besteht (ebd., 25); zum Verhältnis der Entstrickungsbesteuerung zu Art. 3 Abs. 1 GG, insbesondere dem Leistungsfähigkeitsprinzip Schnitger, IFSt-Schrift Nr. 487, 102 ff.; zur Rechtfertigung der Schlussbesteuerung am Beispiel von § 6 AStG Elicker, in: Blümich, AStG, 130. EL, § 6 Rn. 13; der BFH hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken an § 6 AStG, vgl. z. B. BFH, Beschluss v. 17. 12. 1997, I B 108/97, BStBl. II 1998, 558. 965 Statt aller Hennrichs, in: Tipke/Lang, 22. Aufl., § 9 Rn. 405, 430; kritisch zur Besteuerung stiller Reserven ohne Realisation Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 268 f. 966 Vgl. aber Reiß, BB 2001, 1225 (1226 f.), der für Umwandlungsfälle nach dem UmwStG hierin keinen Verstoß gegen das Subjektsteuerprinzip sieht, da die erwirtschafteten stillen Reserven in dem „eingetauschten“ Wirtschaftsgut fortbestehen. 967 Hennrichs, in: Tipke/Lang, 22. Aufl., § 9 Rn. 430, wonach die Buchwertverknüpfung damit „das Leistungsfähigkeitsprinzip unter Liquiditätsgesichtspunkten sachgerecht [modifiziert]“. 968 Rödder, in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., Einführung Rn. 3 m.w.N.
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die Überlegung dienen, dass die übergehenden Wirtschaftsgüter weiterhin steuerrechtlich verstrickt sind, so dass im Ergebnis eine „interpersonelle […] Verlagerung der stillen Reserven“ gerechtfertigt ist.969 Hier zeigt sich die prinzipielle Gegensätzlichkeit zu der Entstrickungsbesteuerung ganz deutlich. In diese Richtung geht schließlich auch die Erwägung, dass ökonomisch sinnvolle Gestaltungen nicht dadurch erschwert werden sollen, dass das Gesetz an diese Vorgänge steuerwirksame Rechtsfolgen knüpft.970 Vor diesem rechtfertigenden Hintergrund sind auch – freilich unter Außerachtlassung dogmatischer Feinheiten – die Regelungen der §§ 6 Abs. 3, 6 Abs. 5 EStG sowie die des UmwStG (z. B. § 11 Abs. 2, § 22 Abs. 2 S. 2, § 24 Abs. 2 S. 2 UmwStG) zu verstehen, die ausnahmsweise eine Fortführung der Buchwerte oder unter Umständen einen Teilwertansatz des übergehenden Betriebsvermögens ermöglichen. 2. Systemwidrige Rückausnahme in § 50i Abs. 2 EStG Ausgehend davon scheint es auf den ersten Blick nicht beanstandenswert, wenn eine gesetzliche Regelung diese Ausnahmen wieder auf ihre Grundsätze zurückführt, dass es also nicht zu einer interpersonellen Verlagerung stiller Reserven kommt, sondern diese vielmehr „aufgedeckt“ werden. Entscheidend muss in diesen Fällen aber der Zweck der konkreten, die Ausnahme beseitigenden Bestimmung sein. Nur wenn es tatsächlich um die Wiederherstellung der eigentlichen Regelungslage geht, sind solche Rückausnahmen auch in die jeweilige Gesetzessystematik eingepasst. Der zwangsweise Ansatz des gemeinen Wertes durch § 50i Abs. 2 S. 1 u. 2 EStG ist nach dem gesetzgeberischen Verständnis dadurch gerechtfertigt, dass andernfalls die Rechtsfolgen des § 50i Abs. 1 EStG (§ 50i S. 1 u. 2 EStG a.F.) durch eine der Einbringung nachfolgende Umstrukturierung umgangen werden könnten. Damit handelt es sich bei § 50i Abs. 2 EStG seinem Zweck nach unzweifelhaft und ausschließlich um eine Missbrauchsvermeidungsvorschrift, wohl aber, und dies ist entscheidend, allein bezogen auf § 50i Abs. 1 EStG. Die fehlende teleologische Verknüpfung zeigt sich besonders deutlich daran, dass die Grundgedanken der jeweiligen Buchwertprivilegien auch diejenigen Fälle tragen, die der Gesetzgeber vermeiden wollte. Kommt es in Konstellationen des § 50i Abs. 1 EStG beispiels969 So zu § 6 Abs. 3 EStG (bzw. § 7 Abs. 1 EStDV a.F.) BFH, Urteil v. 20. 7. 2005, X R 22/ 02, BStBl. II 2006, 457, wonach in diesen Fällen das Subjektsteuerprinzip hinter dem Realisationsprinzip zurücktritt; so auch allgemein Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494 (494); dies., Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 271 f.; zu Umwandlungsvorgängen auch Widmann, DStJG 4 (1981), 163 (164). 970 So speziell zum UmwStG BT-Drs. 12/6885, 14; vgl. auch Hennrichs, in: Tipke/Lang, 22. Aufl., § 9 Rn. 422, der in der Buchwertfortführung auch den Zweck sieht, „Umstrukturierungen des Anlagevermögens steuerlich nicht zu stören oder zu verhindern“ und in der damit verbundenen „Erhaltung der Erwerbsgrundlagen“ auch das Leistungsfähigkeitsprinzip verwirklicht sieht.
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weise zu einer Einbringung nach § 24 UmwStG in eine ausländische Personengesellschaft, und liegen die Voraussetzungen für eine Buchwertforführung nach § 24 Abs. 2 S. 2 UmwStG vor, dann ist auch kein Grund ersichtlich, dass diese Privilegierung über § 50i Abs. 2 S. 1 EStG ausgehebelt wird: Auch in diesen Fällen wird „ruhendes Vermögen“ besteuert, und die Wirtschaftsgüter sind weiterhin im Inland steuerverhaftet. Sollte letzteres nicht der Fall sein, dann würde an sich regelmäßig bereits gem. § 24 Abs. 2 S. 2 UmwStG der Buch- oder Zwischenwertansatz ausscheiden. Über das Treaty Override in § 50i Abs. 1 EStG ist das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich einer späteren Veräußerung oder Entnahme aber ohnehin nicht ausgeschlossen.971 Der Gesetzgeber entfernt sich daher in systemwidriger Weise von den Grundgedanken der Buchwertprivilegien, was die Gesetzesmaterialien auch eindeutig belegen: Denn dort heißt es zu § 50i Abs. 2 EStG, dass in den missliebigen Umwandlungsfällen „kein weitergehender Besteuerungsaufschub gewährt“ werden soll,972 und gerade nicht, dass der Zweck der jeweiligen Buchwertprivilegien nicht einschlägig sei. Die Systemwidrigkeit des § 50i Abs. 2 EStG speziell im Kontext des UmwStG zeigt sich aber auch gerade daran, dass der Gesetzgeber dort durchaus missbrauchsvermeidend tätig wurde. Beispielhaft ist hier nur die siebenjährige Sperrfrist gem. § 22 Abs. 1 u. 2 UmwStG zu erwähnen, die ja gerade vermeiden soll, dass die Buchwertprivilegien gezielt ausgenutzt werden.973 Vor diesem Hintergrund verwundert es auch dann auch nicht, dass die Regelung des § 50i Abs. 2 EStG nicht im Kontext der im Ergebnis betroffenen § 6 Abs. 3 u. 5 EStG sowie der jeweiligen Bestimmungen des UmwStG platziert wurde.974 Flankierend kommt noch hinzu, dass die aufgezeigte Systemwidrigkeit des § 50i Abs. 2 EStG bereits in sich zweckwidrig ist: Seinem Wortlaut nach hat § 50i Abs. 2 EStG zum einen den umfassenden Ansatz des übergehenden Betriebsvermögens zum gemeinen Wert zur Folge, beschränkt sich daher also nicht auf diejenigen Wirtschaftsgüter und Anteile i.S.d. § 17 EStG, die ursprünglich von § 50i Abs. 1 EStG erfasst sein sollten.975 Zum anderen erfolgt aber auch keine Einschränkung auf diejenigen Steuerpflichtigen, die tatsächlich weggezogen sind, bei denen also überhaupt nur das Bedürfnis einer Besteuerung stiller Reserven besteht.976 Die 971 Dazu oben unter § 6, B. II. 2. (S. 220 f.); zutreffend so auch Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 154. 972 BT-Drs. 18/1995, 106. 973 So auch Roderburg/Richter, IStR 2015, 227 (233); zum Missbrauchsvermeidungscharakter von § 22 UmwStG nur Stangl, in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 22 Rn. 6 ff. 974 Insoweit kritisch auch Prinz, GmbHR 2014, R241 (R242). 975 Bodden, DB 2014, 2371 (2374); Kudert et al., ISR 2014, 257 (262); Loschelder, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 50i Rn. 12; Prinz, GmbHR 2014, R241 (R242). 976 Der Gesetzgeber selbst wollte aber nur letztere Fälle erfassen, vgl. BT-Drs. 18/1995, 107; in der Konsequenz möchte die herrschende Meinung in der Literatur § 50i Abs. 2 EStG auch insoweit teleologisch reduzieren, so z. B. Bodden, DB 2014, 2371 (2374); Kudert et al., ISR 2014, 257 (262 f.); Patt, EStB 2014, 377 (379); in diese Richtung wohl auch Roderburg/
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Grundprinzipien der Buchwertfortführung werden damit im Ergebnis in doppelter Weise missachtet. 3. Zwischenergebnis und Bewertung Mit § 50i Abs. 2 EStG hat der Gesetzgeber eine Vorschrift geschaffen, die in vielen Umstrukturierungsfällen entgegen den jeweiligen Regelungen, die einen Ansatz des übergehenden Vermögens zu Buch- oder Zwischenwerten ermöglichen, einen zwangsweisen Ansatz zum gemeinen Wert anordnet. In der Konsequenz führt dies zu einer Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven. Wie schon § 50i Abs. 1 EStG stellt auch die Rückausnahme zu den Buchwertprivilegien gem. § 50i Abs. 2 EStG eine systemwidrige Regelung dar. Bereits nach ihrem Regelungszweck dient sie allein als Missbrauchsvermeidungsvorschrift bezogen auf § 50i Abs. 1 EStG, so dass die – auch in vielen Bereichen überschießende – Vorschrift des § 50i Abs. 2 EStG eine der geltenden Gesetzessystematik widersprechende Sondervorschrift darstellt.
C. Fazit Es wurde gezeigt, dass § 50i EStG eine Regelung darstellt, die nicht in die geltende Gesetzessystematik passt. Dies gilt zum einen im Hinblick auf deren ursprünglichen Anwendungsbereich, wonach eine zum Wegzugszeitpunkt unterbliebene Besteuerung stiller Reserven im Veräußerungs- oder Entnahmezeitpunkt abkommensüberschreibend nachgeholt werden soll. Hier begründet § 50i Abs. 1 EStG im Ergebnis eine faktische Ausdehnung der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung, für die keine Rechtfertigung ersichtlich ist. Dies hätte durch eine tatbestandsmäßige Eingrenzung auf tatsächliche Wegzugsfälle sowie eine rechtsfolgenseitige Begrenzung auf nur im Inland gebildete stille Reserven vermieden werden können. Zum anderen stellt auch der als Missbrauchsvermeidungsvorschrift ausgestaltete § 50i Abs. 2 EStG eine Sondervorschrift dar, die aufgrund der angeordneten Rückausnahme zu den gesetzlichen Buchwertprivilegien weder systematisch noch teleologisch gerechtfertigt werden kann. Flankierend kommt noch hinzu, dass der Anwendungsbereich deutlich über das eigentliche Regelungsziel hinaus geht. Dies zeigt, dass eine bereits für sich genommen systemwidrige Regelung wie § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht allein aus fiskalischen Erwägungen eine internationalsteuerrechtliche Dimension in Gestalt des § 50i EStG erfahren sollte. Umso überraschender ist, dass die insbesondere gegen § 50i Abs. 2 EStG vorgebrachte Kritik den Gesetzgeber nicht zu einer Gesetzesänderung veranlasst hat. Die bereits im Vorfeld angekündigte977 entsprechende Prüfung durch die Finanzverwaltung münRichter, IStR 2015, 227 (231); wie die h.M. i.E. auch Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 140, der dies bereits im Wortlaut angelegt sieht. 977 Vgl. BT-Drs. 18/3960, 18.
C. Fazit
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dete viemehr in einem BMF-Schreiben978, welches die Finanzbehörden anweist, im Festsetzungsverfahren § 50i Abs. 2 EStG unter anderem auf übereinstimmenden Antrag des Einbringenden und Übertragenden nicht anzuwenden, wenn bzw. soweit insbesondere das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich laufender Einkünfte sowie eines Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinns nicht ausgeschlossen ist.979 Der Gesetzgeber begnügt sich folglich – mit Blick auf Art. 20 Abs. 3 GG in bedenklicher Weise – damit, dass die Exekutive nach ihrem Ermessen (vgl. § 163 S. 1 AO: „können“) in Einzelfällen eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen vornimmt, anstatt bereits von vornherein den Tatbestand des § 50i Abs. 2 EStG entsprechend einzugrenzen.980 Die gleiche Motivation, die der Einführung des § 50i EStG zugrunde lag, hat den Gesetzgeber auch dazu bewogen, mit dem Jahressteuergesetz 2009 § 50d Abs. 10 EStG einzuführen, der ein deutsches Besteuerungsrecht an grenzüberschreitenden Sondervergütungen abkommensüberschreibend im Wege des Treaty Overrides sicherstellen sollte.981 Der BFH982 versagte dies mit der Begründung, dass § 50d Abs. 10 EStG a.F. zwar eine Fiktion von Unternehmensgewinnen i.S.d. Art. 7 OECD-MA enthalte, jedoch der Fiktion einer Betriebsstätte sowie einer entsprechenden Betriebsstättenzurechnung entbehre. In der Konsequenz hat der Gesetzgeber im Rahmen des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes983 die Regelung neu gefasst und eine solche abkommensüberschreibende Zuordnungsregelung eingeführt.984 Ob diese Neufassung das gewünschte Ergebnis herbeiführen wird, ist weiterhin fraglich und soll hier nicht weiter vertieft werden.985 Hier zeigt sich aber in aller Deutlichkeit die Problematik, die aus dem Vorhaben erwächst, bereits nach innerstaatlicher Rechtslage fragwürdigen Sonderregelungen auch für grenzüberschreitende Konstellationen Wirkung zu verleihen.986 Die mit § 50d Abs. 10 EStG auch im grenzüberschreitenden Kontext faktisch aufgegebene zivilrechtliche Selbstständigkeit der Personengesellschaft steht darüber hinaus in eindeutigem Gegensatz zum AOA, der in § 1 AStG kodifiziert wurde und wonach die Betriebsstätte – trotz rechtlicher Unselbstständigkeit – als selbstständiges Unternehmen behandelt wird.987 Diese Unstimmigkeit zeigt sich speziell an der in § 1 Abs. 5 S. 7 978
BMF, Schreiben v. 21. 12. 2015, BStBl. I 2016, 7. Ausführlich dazu Benz/Böhmer, DStR 2016, 145. 980 Vgl. Drüen, Beihefter zu DStR 2/2012, 22 (23) zur Billigkeitslösung im UmwStE. 981 Zur Entstehungsgeschichte nur Wagner, in: Blümich, EStG, 126. EL, § 50d Abs. 10 Rn. 125 ff. 982 BFH, Urteil v. 8. 9. 2010, I R 74/09, BStBl. II 2014, 788. 983 Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 26. Juni 2013, BGBl. I 2013, 1809. 984 Überblicksartig Mitschke, FR 2013, 694 (695 f.); Schmidt, DStR 2013, 1704. 985 Dazu etwa Dorn, BB 2013, 3038; instruktiv zur Entwicklung und mit Beispielsfällen zur Neufassung unter Berücksichtigung der Verwaltungsauffassung Brandenberg, DStZ 2015, 393. 986 Kritisch auch Crezelius, FR 2013, 1065 (1067). 987 Ebenfalls kritisch Hruschka, IStR 2013, 830 (833); Prinz, DB 2013, 1378 (1381). 979
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AStG angeordneten Behandlung von Sondervergütungen nach § 1 Abs. 1 AStG, also als Leistungsbeziehung zwischen voneinander unabhängigen Dritten; dies steht in eindeutigem Widerspruch zu § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Hs. 2 EStG, wonach eine solche Selbstständigkeit für steuerrechtliche Zwecke gerade unbeachtet bleiben soll.988 Aus dem Bereich der innerstaatlichen Sonderregelungen ist zuletzt auch das Konstrukt der Betriebsaufspaltung zu nennen, das zwar einer normativen Gesetzesgrundlage entbehrt,989 aber gleichwohl über § 50i Abs. 1 S. 4 EStG auch international-steuerrechtlich maßgeblich sein soll. Umso weniger verständlich ist, dass der Gesetzgeber im letztgenannten Fall die Betriebsaufspaltung bei dieser Gelegenheit nicht einmal als solche definiert, sondern allein umschrieben hat. In der Konsequenz bleibt es daher bei der Prüfung der richterrechtlich entwickelten Voraussetzungen,990 die dann auch noch abkommensüberschreibende Wirkung entfalten sollen. Abschließend bleibt daher festzuhalten, dass der Versuch, innerstaatliche Sonderregeln auch im abkommensrechtlichen Kontext festzuschreiben, systematische Verwerfungen verursacht, die nicht oder nur schwer beseitigt werden können.991
988 Ähnlich auch Schmidt, DStR 2013, 1704 (1710 f.) zur Widersprüchlichkeit von § 1 Abs. 5 S. 7 AStG einerseits und § 50d Abs. 10 EStG andererseits. 989 Grundlegend und statt vieler Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 864 ff.; dazu auch Flume, DB 1985, 1152 (1153 f.). 990 Bäuml, in: Frotscher, EStG, 181. EL, § 50i Rn. 71; Liekenbrock, in: F/W/B/S, 74. EL, § 50i EStG Rn. 129; Pohl, IStR 2013, 699 (700); in diese Richtung auch Bodden, in: Korn, EStG, 82. EL, § 50i Rn. 69; Prinz, DB 2013, 1378 (1381). 991 Anschaulich spricht Crezelius, FR 2013, 1065 (1070) speziell für die Betriebsaufspaltung von einem „Irrgarten“ und einem „nicht kodifizierten Subsystem“, in dem sich der Steuergesetzgeber verlaufen habe und bei dem die Gefahr bestehe, dass die Loslösung vom Wortlaut und der Systematik des Gesetzes „zu nicht mehr beherrschbaren Folgerungen“ führe; so bereits ders., FS Streck, 45 (56).
§ 7 Ergebnisse und Schluss A. Thesenhafte Darstellung der wesentlichen Ergebnisse Dogmatische Bewertung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1. Die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nähert die Einkünftequalifikation einer (fiktiven) rechtsformabhängigen Besteuerung an, wie sie für Kapitalgesellschaften gilt (§ 8 Abs. 2 KStG), und entfernt sich damit vom Leitbild einer tätigkeitsbezogenen Betrachtung auf Ebene der Personengesellschaft.992 2. Eine dogmatische Begründung hierfür blieb der Gesetzgeber schuldig. Die in erster Linie profiskalischen Erwägungen rechtfertigen diesen Systembruch nicht.993 Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte nach § 49 EStG 3. Der Unternehmensbegriff i.S.d. § 12 S. 1 AO ist weit auszulegen und erfasst nicht nur Tätigkeiten, die zu Gewinneinkünften (§§ 13 ff. EStG) führen, sondern auch die originäre Vermögensverwaltung.994 4. Erzielt ein Unternehmen Gewinneinkünfte, kann auch die bloße (vermiete oder verpachtete) Immobilie eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 S. 1 AO darstellen. Dies gilt hingegen nicht für gewerblich geprägte Personengesellschaften.995 5. Das bloße Halten einer Beteiligung führt weder unmittelbar noch mittelbar zur Begründung einer Betriebsstätte.996 6. Die Stätte der Geschäftsleitung (§ 12 S. 2 Nr. 1 AO) liegt bei gewerblich geprägten Personengesellschaften dort, wo die wesentlichen (Vermögens-)Anlageentscheidungen getroffen werden.997
992 993 994 995 996 997
Zur historischen Entwicklung unter § 2, A. (S. 23 ff.). Dazu unter § 2, A. III. (S. 26 ff.). Dazu unter § 4, A. II. 1. a) cc) (1) (S. 47 ff.). Zu beidem unter § 4, A. II. 1. a) dd) (1) (S. 51 ff.). Dazu unter § 4, A. II. 1. a) dd) (2) (S. 54 f.). Dazu unter § 4, A. II. 1. a) ee) (S. 55 f.).
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§ 7 Ergebnisse und Schluss
7. Der Geschäftsführer einer inländischen Personengesellschaft qualifiziert nicht als deren ständiger Vertreter (§ 13 AO).998 8. Die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG unterfällt nicht dem Anwendungsbereich der isolierenden Betrachtungsweise (§ 49 Abs. 2 EStG).999 Folglich erzielt ein Steuerausländer über eine gewerblich geprägte Personengesellschaft keine beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e), Abs. 1 Nr. 5 EStG.1000 Auslegung von DBA 9.
Aus den völkerrechtlichen Auslegungsgrundsätzen (Art. 31 ff. WÜRV) folgt, dass DBA-Bestimmungen vorrangig nach ihrem Wortlaut auszulegen sind.1001 Der Wille der Vertragsstaaten ist lediglich insoweit beachtlich, als er im Wortlaut Ausdruck gefunden hat.1002
10. Die Absicht, doppelte Nicht- oder Minderbesteuerung zu vermeiden, ist grundsätzlich für die DBA-Auslegung unbeachtlich. Hierbei kann es sich bereits nur dann um ein im Vertragstext objektiviertes Abkommensziel handeln, wenn die Präambel eine entsprechende Formulierung vorsieht.1003 Auch dann kann diese Zielsetzung jedoch nur punktuell im Rahmen einzelner DBA-Bestimmungen maßgeblich sein (insbesondere Switch-over- sowie Subject-to-taxKlauseln).1004 11. Eine Auslegung nach dem innerstaatlichen Steuerrecht ist nur möglich, wenn das DBA einen entsprechenden Verweis vorsieht oder eine Auslegung nach den völkerrechtlichen Auslegungsgrundsätzen zu keinem Ergebnis führt.1005 In letzterem Sinne ist die Formulierung „wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert“ in Art. 3 Abs. 2 OECD-MA zu verstehen.1006 Grammatikalische Auslegung des Unternehmensbegriffs i.S.d. Art. 7 OECD-MA 12. Die allgemeine Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA enthält keine eigene definitorische Aussage zum Unternehmensbegriff.1007 Ihr Zweck 998
Dazu unter § 4, A. II. 1. b) (S. 56 ff.). Dazu unter § 4, A. II. 2. a) bb) (S. 61 ff.). 1000 Zusammenfassend zu ersterem unter § 4, A. II. 2. a) cc) (S. 65), zu zweiterem unter § 4, A. II. 2. c) (S. 67). 1001 Dazu unter § 5, A. V. 2. b) (S. 83 ff.) 1002 Dazu unter § 5, A. V. 2. d) (S. 89 f.). 1003 Dazu unter § 5, A. IV. 3. (S. 78 ff.). 1004 Dazu unter § 5, A. V. 2. d) bb) (S. 90 f.). 1005 Zusammenfassend unter § 5, A. V. 4. (S. 100 f.). 1006 Dazu unter § 5, A. V. 3. b) cc) (S. 95 ff.). 1007 Dazu unter § 5, C. II. 1. c) aa) (S. 122 ff.). 999
A. Thesenhafte Darstellung der wesentlichen Ergebnisse
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besteht im Wesentlichen nur darin, den Wegfall von Art. 14 OECD-MA a.F. zu kompensieren.1008 13. Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA ist nicht abschließender Natur.1009 Aus der Formulierung „Ausübung einer Geschäftstätigkeit“ folgt, dass ein Unternehmen in sachlicher Hinsicht eine mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte, dauerhafte Tätigkeit voraussetzt. Ihr kann jedoch nicht das Erfordernis einer Selbstständigkeit entnommen werden.1010 14. Der Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA hat keine über Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD-MA hinausgehende Aussagekraft.1011 Insbesondere ist der Begriff „Unternehmen“ nicht zwingend wirtschaftsspezifisch zu verstehen.1012 15. Sprechen einzelne DBA abweichend von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA von „gewerblichen Gewinnen“ oder einer „gewerblichen Tätigkeit“, stellt dies keinen Verweis auf das innerstaatliche Steuerrecht dar.1013 Diese Formulierungen sind vielmehr ihrerseits auslegungsbedürftig und können im Einzelfall zu einer Eingrenzung des Unternehmensbegriffs auf gewerbliche oder Handelstätigkeiten führen.1014 Ein solches Auslegungsergebnis kann jedoch nicht unvermittelt aus einem Vergleich mit Parallelabkommen gezogen werden.1015 16. Sehen die Rechtsordnungen beider Vertragsstaaten eine Regelung zur gewerblichen Prägung vor – wie soweit ersichtlich allein im Verhältnis Deutschland/Luxemburg –, führt dies zu keinem von den Grundsätzen abweichenden Auslegungsergebnis.1016 Abkommensrechtliche Systematik 17. Aus den Betriebsstättenvorbehalten folgt, dass Art. 7 Abs. 1 OECD-MA – entgegen der Subsidiaritätsklausel (Art. 7 Abs. 4 OECD-MA) – systematisch vorrangig ist.1017 18. Das systematische Verhältnis von Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zu Art. 6 OECDMA sowie den Art. 10 bis 12 OECD-MA zeichnet sich durch eine Rechtsfolgenkonkurrenz aus.1018 Folglich kann der Unternehmensbegriff nicht negativ 1008
Zur Entstehungsgeschichte unter § 5, C. II. 1. a) (S. 120 f.) sowie zusammenfassend unter § 5, C. II. 1. c) aa) (5) (S. 126). 1009 Dazu unter § 5, C. II. 1. c) aa) (3) (S. 124 f.). 1010 Zu beidem unter § 5, C. II. 1. c) bb) (S. 127 ff.). 1011 Dazu unter § 5, C. III. 1. b) bb) (S. 141 f.). 1012 Dazu unter § 5, C. III. 1. a) bb) (S. 139). 1013 Dazu unter § 5, C. II. 2. d) (S. 137). 1014 Dazu unter § 5, C. III. 1. c) (S. 142 ff.). 1015 Dazu unter § 5, C. VI. (S. 207 f.). 1016 Dazu unter § 5, C. III. 1. d) (S. 144 ff.). 1017 Dazu unter § 5, C. IV. 2. a) bb) (S. 151 f.). 1018 Dazu unter § 5, C. IV. 2. a) cc) (S. 152 ff.).
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von den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen (Art. 6 OECD-MA) oder von Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren (Art. 10 bis 12 OECD-MA) abgegrenzt werden.1019 19. Den Verteilungsnormen des OECD-MA lässt sich eine Zuteilungssystematik entnehmen, die im Kern äquivalenztheoretisch ausgestaltet ist. Die Besteuerung soll danach demjenigen Staat obliegen, zu dem die Einkünfte den größeren wirtschaftlichen Bezug haben.1020 Dieses Zuteilungssystem bleibt von der Umsetzung des Authorized OECD Approach sowie der Entmaterialisierung des Betriebsstättenbegriffs unberührt.1021 Systematische Bestimmung des Unternehmensbegriffs 20. Diese generellen Überlegungen haben zu dem Ergebnis geführt, dass die Tätigkeit eines Unternehmens über diejenige hinausgehen muss, die zur Erzielung von Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren führt, es sich also um eine „aktive“ Tätigkeit handeln muss.1022 Dies entspricht im Ergebnis auch der BFH-Rechtsprechung zur Anwendbarkeit der Betriebsstättenvorbehalte.1023 21. Dieses Aktivitätserfordernis lässt sich nicht über einen Rückgriff auf die Regelungen über die Hinzurechnungsbesteuerung oder auf die Aktivitätsvorbehalte bzw. die Methodenartikel konkretisieren. Auch die LOB-Klauseln spielen hierfür keine Rolle.1024 22. Der originäre Unternehmensbegriff lässt sich jedoch in Abgrenzung von Art. 14 OECD-MA a.F., der eine überwiegende persönliche Leistungserbringung voraussetzt, sowie durch Vergleich mit den Art. 10 bis 12 OECD-MA dadurch bestimmen, dass es einer aktiven Kapitalnutzung bedarf, die folglich über die bloße Vermögensverwaltung als Kapitalnutzung durch passive Überlassung hinausgeht.1025 23. In Abgrenzung zu den Verteilungsnormen betreffend Einkünfte aus unselbstständiger gegenwärtiger oder vergangener Tätigkeit setzt der Unternehmensbegriff i.S.d. Art. 7 OECD-MA eine selbstständige Tätigkeit voraus.1026 Im Übrigen kann der Unternehmensbegriff jedoch nicht durch negative Abgrenzung von anderen Verteilungsnormen bestimmt werden.1027 1019
Zusammenfassend unter § 5, C. IV. 2. c) (S. 157 f.). Ausführlich dazu unter § 5, C. IV. 3. (S. 158 ff.), zusammenfassend unter § 5, C. IV. 3. d) (S. 175). 1021 Dazu unter § 5, C. IV. 3. e) (S. 175 ff.). 1022 Dazu unter § 5, C. IV. 4. b) (S. 188 ff.). 1023 Dazu unter § 5, C. IV. 4. b) bb) (S. 189 ff.). 1024 Zu beidem unter § 5, C. IV. 4. b) cc) (S. 193 ff.). 1025 Dazu unter § 5, C. IV. 5. a) (S. 198 ff.). 1026 Dazu unter § 5, C. IV. 5. b) bb) (S. 202). 1027 Zusammenfassend unter § 5, C. IV. 5. b) ee) (S. 204). 1020
B. Schlussbetrachtung
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24. Ein Unternehmen i.S.d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA zeichnet sich durch eine nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene selbstständige Tätigkeit aus, deren Schwerpunkt entweder auf der persönlichen Leistungserbringung oder auf der aktiven Nutzung von Kapital beruht.1028 Gewerblich geprägte Personengesellschaften und Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA 25. Gewerblich geprägte Personengesellschaften erzielen keine Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA.1029 Neuregelung des § 50i EStG 26. Die Regelung des § 50i Abs. 1 EStG stellt methodisch ein Treaty Override dar, während § 50i Abs. 2 EStG partiellen lex specialis-Charakter hat.1030 27. § 50i Abs. 1 EStG begründet faktisch eine Ausdehnung der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung und widerspricht damit der gesetzlich vorgesehenen Schlussbesteuerung.1031 28. § 50i Abs. 2 EStG stellt eine systemwidrige Rückausnahme zu den Buchwertprivilegien dar.1032
B. Schlussbetrachtung Die gesetzliche Fiktion löst im Ergebnis Rechtsfolgen für einen Tatbestand aus, der nicht verwirklicht wurde.1033 Das ist wertungsmäßig nicht notwendigerweise verwerflich, methodisch aber beachtlich: Denn sie setzt rechtsfolgenseitig gleich, was tatbestandsmäßig ungleich ist. So verhält es sich auch mit § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Die Gepräge-Rechtsprechung verfolgte dabei ein wertungsmäßig durchaus nachvollziehbares Ziel: Sie wollte tatbestandsmäßig für gleichartig Erachtetes auch rechtsfolgenseitig gleichsetzen – und begründete damit eine Ausweitung der bereits zur damaligen Zeit auf Kapitalgesellschaften anwendbaren Gewerblichkeitsfiktion. Aufgrund der zwischenzeitlich gewandelten Sichtweise auf die zivilrechtliche Behandlung von Personengesellschaften hat der BFH in konsequenter Rechtsanwendung die Gepräge-Rechtsprechung aufgegeben. Die sich unmittelbar anschließende
1028 1029 1030 1031 1032 1033
Zusammenfassend unter § 5, C. VII. 1. (S. 208). Dazu unter § 5, C. VII. 2. (S. 209). Zu beidem unter § 6, B. I. (S. 215 ff.). Zusammenfassend unter § 6, B. II. 3. (S. 221 ff.). Zusammenfassend unter § 6, B. III. 3. (S. 226 ff.). Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 2. Aufl., 150.
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§ 7 Ergebnisse und Schluss
Kodifikation derselben in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG begründet seither einen Systembruch. Diesem hat der Gesetzgeber mit § 50i EStG eine international-steuerrechtliche Dimension gegeben, dabei aber verfehlt, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift auf diejenigen Sachverhalte zu begrenzen, die es nachvollziehbarer Weise einzugrenzen galt. Anlass hierfür bot wiederum § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, der nach vereinzelter Auffassung im Schrifttum sowie nach damaliger Ansicht der Finanzverwaltung seine Rechtswirkungen auf Sachverhalte auch insoweit erstreckt, als deren abkommensrechtliche Behandlung im Raum steht. Das ist deshalb verfehlt, weil Abkommensrecht und innerstaatliches Recht nicht unvermittelt kurzgeschlossen werden können, sondern einer separaten rechtlichen Würdigung bedürfen. Dies wurde für Einkünfte gewerblich geprägter Personengesellschaften aufgezeigt – der Wirkungskreis der Gewerblichkeitsfiktion ist auf den Anwendungsbereich des innerstaatlichen Steuerrechts beschränkt. Mit der Abschaffung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG könnte der Gesetzgeber nicht nur einen Beitrag zur Systemgerechtigkeit leisten, sondern auch verhindern, dass sich grundlegende Probleme der vorgezeichneten Art zukünftig stellen. Bis dahin ist jedenfalls die Judikative gehalten, systemwidrige Regelungen wie § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG restriktiv zu handhaben. Dazu zählt etwa auch, dass die Gewerblichkeitsfiktion – wie dargelegt wurde – nicht dem Anwendungsbereich der isolierenden Betrachtungsweise gem. § 49 Abs. 2 EStG unterfällt. Denn auch und gerade die Anwendung von Fiktionen muss sich im Rahmen der allgemeinen Gesetzesmethodik halten, so dass bei wortlautorientierter und systematischer Gesetzesanwendung der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht mittels Ausblendung seines Wirkungsbereichs korrigiert werden darf. Dieser Zielkonflikt zwischen streng methodischer Gesetzesanwendung und konsequenter Systemeingrenzung soll als abschließender Beleg dafür gesehen werden, dass gesetzessytematische Schräglagen aufgrund einer Regelung wie § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nur durch deren Aufhebung als absolute Form der Eingrenzung beseitigt werden können.
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Literaturverzeichnis
Wolff, Ulrich: Auslegungsfragen zu DBA-Regelungen über Unternehmensgewinne, in: Gocke, Rudolf/Gosch, Dietmar/Lang, Michael (Hrsg.), Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht, Doppelbesteuerung, Festschrift für Franz Wassermeyer zum 65. Geburtstag, 2005, München, S 647 – 662 (zitiert: Wolff, FS Wassermeyer). – Generalthema I: Doppelte Nicht-Besteuerung, IStR 2004, S 542 – 549 (zitiert: Wolff, IStR 2004).
Sachverzeichnis Aktivitätsvorbehalte 75, 154 ff., 191, 193 ff., 206 f. Anrechnungsmethode 69 f., 74 f. Ansässigkeitsstaat 39 f., 43 Äquivalenzprinzip, -theorie 42, 43, 77, 160 ff. Arbeitsortprinzip 169 Aufsichtsrat, Verwaltungsrat 163, 172 Auslegung von DBA – abkommensautonome 82 ff. – maßgebliche Abkommensziele 90 ff. – nach innerstaatlichem Recht 92 ff. – unter Rückgriff auf OECD-MA/OECDMK 87 ff. – unter Rückgriff auf Parallelabkommen 89, 207 f. Auslegungskonflikt 101 ff. Authorized OECD Approach, AOA 175 ff.
– deutsche Verhandlungsgrundlage 72 f., 79 f. – Rechtsnatur 71 f. – Systematik 74 f. – Wirkungsweise 73 f. Dividenden, Verteilungsnorm betreffend 165 ff. Doppelbesteuerung – Begriff 40 – juristische 40, 76 f. – Vermeidung von 41, 69 f., 74 f., 76 f., 90, 205 f. – wirtschaftliche 40 f. Doppelte Nicht- oder Minderbesteuerung 78 ff., 91, 206 f. Drei-Objekt-Grenze siehe Gewerblicher Grundstückshandel
Base Erosion and Profit Shifting, BEPS 184 f. Belegenheitsprinzip 151, 158 ff. Betriebsaufgabe 35 Betriebsaufspaltung 31, 35 Betriebseröffnung 35 Betriebsstätte – abkommensrechtliche 180 – Dienstleistungsbetriebsstätte 183 – Entmaterialisierung des Begriffs der 179 ff. – inländische 46 ff. – Serverbetriebsstätte 182 ff. – Zurechnung 22 Betriebsstättenprinzip 151 f., 158 f., 164 f. Betriebsstättenvorbehalte 115, 141, 151 ff., 161, 164, 171, 189 ff. Bilanzbündeltheorie 28 Buchwertprivilegien 223 ff.
Einkünfteerzielungsabsicht 34 Entscheidungsharmonie 91 f., 207 Entstrickungsbesteuerung 220 f.
DBA – Abkommensziele 76 ff. – Abschluss 71 f. – Auslegung siehe Auslegung von DBA
Freiberufliche Tätigkeit 120 f., 123 f., 127 f., 131 ff., 143, 198 f. Freistellungsmethode 69, 74 f. Fremdorganschaft, Grundsatz der 59 Functionally Separate Entity Approach 176 Funktionale Betrachtungsweise 152, 190 ff. Gepräge-Rechtsprechung 23 ff. Geschäftsführer 33 f., 55 f., 57 ff. Geschäftsleitung 55 f. Geschäftsleitungsstaat 162 f., 171 f. Geschäftsstelle 56 Gewerblich geprägte Personengesellschaft – abkommensrechtliche Einkünftequalifikation 105 ff. – doppelstöckige 31 – Entstehungsgeschichte 23 ff. – im luxemburgischen Steuerrecht 144 ff.
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Sachverzeichnis
– Rechtsfolgen der gewerblichen Prägung 35 ff. – Voraussetzungen der gewerblichen Prägung 29 ff. Gewerbliche Infektion 19, 29, 35 Gewerblicher Grundstückshandel 31 Gewinnerzielungsabsicht 34, 129, 144 GmbH & Co. KG 19, 23 ff., 31, 37, 190 Hinzurechnungsbesteuerung 193 Holding, geschäftsleitende 31 Hybride Gesellschaften 32 Internationales Steuerrecht – Begriff 38 – Systematik 38 ff. Isolierende Betrachtungsweise 44 f., 61 ff. Kapitalexportneutralität 43 Kapitalimportneutralität 43 Kassenstaatsprinzip 174 Konsultationsverfahren 75, 86 Kontaktbüro 56 Künstler und Sportler 162, 173, 202 f. Leistungsfähigkeitsprinzip 42 f. Lizenzgebühren, Verteilungsnorm betreffend 167 f. LOB-Klausel 195 ff. Methodenartikel 69, 74 f., 154 ff. Mitunternehmer 25, 36, 219 Negatives Kapitalkonto 26 f. Nutzentheoretische Zuordnung siehe Äquivalenzprinzip OECD-MK 87 f., 113, 120, 130 Opfertheorie 42 Organ siehe Ständiger Vertreter Passive Einkünfte siehe Hinzurechnungsbesteuerung Progressionsvorbehalt 74 f.
Qualifikationskonflikt – objektiver 101 ff. – subjektiver siehe Zurechnungskonflikt Qualifikationsverkettung 94, 104 Quellenprinzip siehe Ursprungsprinzip Quellenstaat 39 f., 43 Quellensteuer 161, 166 ff. Rechtstypenvergleich 30, 32 Ruhegehälter, Verteilungsnorm betreffend 170 Selbstorganschaft, Grundsatz der 33, 59 Sonderbetriebsvermögen, Anteile an der persönlich haftenden Kapitalgesellschaft als 36 Sondervergütungen 36, 110, 227 f. Ständiger Vertreter 56 ff. Steuerausländer, -inländer, Begriff der 39 f. Steuerrechtfertigung 42 Steuerrechtsfähigkeit, begrenzte, partielle 19, 28 Steuerverkürzung 78 Subject-to-tax-Klauseln 75, 80, 91 Subsidiaritätsklausel, -prinzip 20, 112, 114 f., 151, 158 Switch-over-Klauseln 75, 80, 91, 104 Territorialitätsprinzip 39, 42 Tie-breaker-Regelung 216 Totalgewinnprognose 34 Transparenzprinzip 19, 27 f. Treaty Override 216 Treaty Shopping siehe LOB-Klausel Unternehmensbegriff – abkommensrechtlicher 117 ff. – allgemeine Begriffsbestimmung 120 ff. – im DBA-Frankreich 118, 142 – im DBA-Griechenland 118 f., 142 – im DBA-Luxemburg 144 ff. – im DBA-USA 118 f., 143 – innerstaatlicher 47 ff. Ursprungsprinzip 39 f., 42 Veranlassungsprinzip 45 f. Vermögensverwaltung, Begriff der 19
Sachverzeichnis Verständigungsverfahren 75 Verteilungsnormen – mit abschließender Rechtsfolge 74 – mit offener Rechtsfolge 74 – Verhältnis der ~ zueinander 150 ff. Völkerrechtliche Auslegungsregeln 182 ff.
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Wegzugsbesteuerung 217 ff. Welteinkommensprinzip 39 f., 41 ff., 68 Zinsen, Verteilungsnorm betreffend 165 ff. Zurechnungskonflikt 22, 104 f. Zweigniederlassung 56