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German Pages 1046 [1048] Year 1985
HELMUT JENKIS
Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft zwischen Markt und Sozialbindung
Schriften zum Genossenschaftswesen und zur Uffentlichen Wirtschaft Herausgegeben von Prof. Dr. W. W. Engelhardt. Köln und Prof. Dr. Tb. Thiemeyer. Bocbum
Band 14/1
Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft zwischen Markt und Sozialbindung Aufsätze und Abhandlungen
Von
Prof. Dr. Helmut Jenkis
DUNCKER
&
HUMBLOT / BERLIN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
.Jenkls, Helmut W.: Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft zwischen Markt und Sozialbindung: Aufsätze u. Abh. / von Helmut Jenkis. - Berlin: Duncker und Humblot (Schriften zum Genossenschaftswesen und zur öffentlichen Wirtschaft; Bd. 14) ISBN 3-428-05759-7 NE:GT Bd.1 (1985)
Alle Rechte vorbehalten & Humblot GmbH, Berlin 41 Gedruckt 1985 bei Berllner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany
© 1985 Duncker
ISBN 3-428-05759-7
Vorwort Die gegenwärtige wohnungswirtschaftliche Situation d:n der Brundesrepublik Deutsch1aIlJd hat uns ,als Herausgeber de'r "Schriftenreihe für genossenschaftliche und öffentliche Unternehmen" veranl'aßt, an Professor Helmut Jenkis mit der Anregung heranzutreten, den Teil seiner Veröffentliclmmgen, der über die ta;gespolitische Situation hinaus für die Geschichte, die EntwicklUIlJg und das theoretische und politische Verständms der 'aktuellen Probleme heutiger Wolurung.sw:irtschaft von Bedeutung ist, gesammelt der Öffentlichkeit vorzuLegen. Helmut J enkis ist einer der in der wohnung,swirtschaftlichen Diskussion Leider selten gew:ordenen Autoren, die Kermtn1sse der nel\.lleren wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion mit praktiischerErf,ahrmlig in der Wohnungswirtschaft verbinden können. Er ~ann darüber hmaus - und ,darum legten wir Wert dar,auf, Jenkis ,als AlUtor Igel'lade di'eser Sclll'liftenreihe gew:innen 2lU können - als Vertreter eilller Theorie der gemeinwirtschaftlichen (gemeinnützigen) Unternehmen gelten, ,der diese Theol11e n~cht nur ~aufgrund seiner Kenntnisse) sinnvoller Kritik zu unterziehen, SOIlidern für die Wohnungspolitik der Gegenwart sinnvoll fruchtbar zu machen weiß. Sicherlich wird nicht jeder den Auff.assungen über wohnUtIlJg8wirtschaftliche gemeinnützige Aufgaben, wie sile Jenkis fOI1Il1ul~ert, foLgen wollen. Auch wir Herausgeber vermögen nicht jeder wertenden FormulieruIlJg unseres Autors zu folgen. Wichtig ist, daß seine Thesen für die Theorie der gemeinnützigen Untel1llehmen, vor allem ,aber für die Praxis dieser Unternehmen selbst und für die wirtschaftspolitische Praxis, ,die sich dieser Unternehmen a,ls wohnungswirtschaftlicher Instrument'e bedient oder bedienen könnte, Denkanstöße bieten. Die vorlie.gende SammluIlJg von Veröffentlichungen steHt nicht nur auf Gegenwartsprobleme der WohnungsWlirtschaft ,ab, sondern sieht diese Probleme in historischer Pel'5pektive. Wenn man gegenwärtLg von einer "Krise der gemeinnützigen WohnUiligswirtschaft" ,als etwas Neuem spricht, so machen .die in den vorliegenden Bänden veröffentlichten geschichtlichen Rückblickle auf die Entwicklungsphasen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft deutlich, daß sich die Unternehmen eigentlich von Anfang an in permanenten "Krisen" befunden haben, wenn man darunter - wie eben ,auch in dieser Gegenwart - das ;geistige, wirtschaftstheoretische und (verbands-) politische Ringen um Sinn und
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Vorwort
Möglichkeiten, um das Selbstverständnis gemeinnützigen Wirtschaftens in der Gesellschaftswirtschaft versteht. Fast alle fundamentalen Auseinandersetzungen seit den frühen Anfängen im 19. Jahrhundert haben bis heute über das dogmengeschichtliche Interesse hinaus aktuelle Aspekte: Zunächst die Grundsatzfrage, ob der freie Markt ,an sich die "Arbeiterwohnungsfrage" lösen ~ann (wie ,das Manchestertum Mitte des 19. Jahrhunderts meinte) oder ob es der staatlichen oder freigemeinnützigen Aktivität bedürfe. Femer die Fl1l:~ge des Nebeneinander von gemeinnütziger Kapita1gesellschaft einerseits und Genossenschaft andererseits; innerhalb der Genossenschaftern der Richtungsstreit zwischen Mietgenossenschaften und Genossenschaften, die Einzeleigentum schaffen wollen. Die für das Genossenschaftswesen zentrale und auch heute umstrittene Frage, ob sie primär Sozialgebilde oder primär Wirtschaftsgebilde seien, wie TraditionsbeWl\lßtsein 'Wlid moderne betriebswirtschaftliche Leistungsprinzipien miteinander zu vereinbaren 'seien, hat - wie Jenkis zeigt - für die Wohnungswirtschaft ihre besonderen Aspekte. Den pr,eistheoretisch und preispolitisch Interessierten wird vor aUem die breite Debatte um die Prinzipien der Preis- bzw. Mietpreisbildung faszinieren: Die Argumente für und gegen ,die Kostenmiete, für und gegen Unternehmens- (Einheits-) und Objektmiete, Vertr,a,gsmiete und Kostenmiete, Wohnwertmrete, Staffelmiete werden sowohl sach!lrundig aLs auch engagiert vorgetragen: Gerade hier erw,eist es sich 'llils Vorrug, daß die Beiträge unverändert wiedergegeben werden, wodurch auch politische Rahmenbedingungen und verbandspolitische Stimmungen der jeweils hohen Zeit dieser Debatten festg,ehalten, die Darstellung durch später gewonnene Einsichten und Erfahrungen nicht relativiert wird. Enttäuscht werden allerdings solche Leser sein, die einfache preispolitische Rezepturen und kurzschlüsstge (wenn auch publi.lrumswirksame) übertragungen preis- und wettbewerbspolitischer Prcinzipien, die sich auf anderen Märkten ,als zielführend erwiesen haben, ,auf dde WohIlJUngswirtschaft erwarten. Simplifikateure, .die in Politik und Praxis zuweilen nicht ung,ern gehört werden, finden bei J enkis keine Stützen ihrer Position: Das breite Für und Wider der Al'Igumente und die abwägenden Vorbehalte werden ihnen zu läsUg sein. Das gilt unter anderem aruch für die Stellungnahme von Jenkis zu der modischen Debatte um Subjektförderung versus Obj.ektfölderung, die Diskussion um die tatsächlichen oder vermeintlichen Privilegien der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, die Wirkungen der Fördertechniken.
Vorwort
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J enkis wendet sich gegen die These, daß die Unterschiede zwischen Wohnungsunternehmen und priv,atwirtschaftlichen Er:werbsuntemehmen der Wohnungswirtschaft zunehmend eingeebnet wÜlden ("Einebnungsthese", "Konver:genzthese"), eine These, die zumal durch die T,atsache gestützt werden könnte, daß seit etwa 1973 zum ersten Mal - sieht man von der Weltwirtschaftskrise 1929 ab - die Kostenmiete über der Marktmiete Hegt. Er analysiert ~erner die Probleme, die sich ;aus dem Hineinwachsen des sozialen Wohnungsbaues in städtebauliche Groß aufgaben und ,aus der Gewichtsverlagel'!UJlg von der Neubau- zur Bestandserhaltung ergeben. Er behandelt schließlich die gegenwärtig tagespolitischen Probleme der Unter- bzw. Fehlbelegung und der Mietenverzerrung. gemeinnütz~gen
Die Hel'\ausg,eber sehen ,es als einen Erfo1g an, wenn die vorliegende Veröffentlichung der wohnungspolitischen Diskussion wteder mehr theoretische Substanz ,geben und zur Rückbesinnung auf die Unentbehrlichkeit gemeinnützigen Wirtschaftens gerade auch W Rahmen einer prinzipiell marktwirtschaftlichen Gesamtordnung beitragen würde. Die Herausgeber
Inhaltsverzeichnis Einleitung .................. , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erster Band I. Der Ursprung A. Die geistigen Grundlagen ........... " .... .. .. . . . . .. .. .. .. . ... .
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1. Victor Aime Huber als Wegbereiter ........................
17 17
B. Die Gründung der ersten gemeinnützigen Wohnungsunternehmen 2. Die Berliner Lösungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Hamburger Lösungsversuche .......................... 4. Einige Schlußfolgerungen ................................
62 62 78 87
C. Die Gründung der ersten Wohnungsbaugenossenschaften...... 5. Die erste Baugenossenschaft in Hamburg-Steinwärder (1862) 6. Die Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer-Genossenschaft in Hamburg (1875) ............................................ 7. Der Spar- und Bauverein Hannover (1885) ..................
89 89 94 99
D. Die Herausbildung des Wirtschaftszweiges "gemeinnützige Wohnungswirtschaft" .............................................. 108 8. Die unterschiedliche Entwicklung der Baugesellschaften und Baugenossenschaften ...................................... 108 9. Der "Prinzipienstreit" in der Baugenossenschaftsbewegung 115 10. Die soziologische Struktur der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen .............................................. 126
n. Die Charakteristika .............................................. 143 A. Die Kodifizierung der Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen ... 11. Der Beginn der steuerlichen Begünstigungen ........ , ... .. 12. Entwicklung und Kodifizierung der Wohnungsgemeinnützigkeit ....................................................... 13. Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen dem WGG und der allgemeinen Gemeinnützigkeit ............................ 14. "Gemeinnützigkeit" - was ist das? ........................ B. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen - privilegierte Unternehmen? ...................................................... 15. Die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen - privilegierte und subventionierte Unternehmen? ........................ 16. Die Abwägung zwischen den Steuerbegünstigungen und den Bindungen ................................................
143 144 148 155 164 198 198 214
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Inhaltsverzeichnis
DI. Die gemeinnützige Wohnunpwirischaft Im Spannungsfeld von Markt und Bindung .............................................. 229 A. Liegen in der Wohnungswirtschaft Branchen-Besonderheiten vor? 17. Der Staatseinfluß auf die Wohnungswirtschaft . ... . .. . . .. . .. 18. Die Sonderstellung des Gutes Wohnung ........... '" .. . ...
231 232 237
B. Die unterschiedliche Stellung der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften und Baugenossenschaften im Markt .................. 248 19. Die "Domestikation" der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften ....................................................... 248 20. Die konvergierenden ,und divergierenden Stilelemente ..... 254 C. Die 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28.
Miete als wohnungswirtschaftIiches Zentral problem ........ Die Mietenpolitik zwischen Ökonomie und Ideologie........ Die Miete - ein politischer Preis? ......................... Klärung des Begriffes "Unternehmensmiete" ............... "orschlag für eine ~omenklatur .......................... Die Mischmiete als Mietentzerrungsinstrument ............ Die Mischmiete als Finanzierungsinstrument ............... Die Wohnwertmiete ....................................... Ein Mietenvergleich zwischen Ost- und Westdeutschland ...
259 260 315 324 342 346 367 395 417
D. Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft als Teil der Gesamtwirtschaft ........................................................ 428 29. Die Wohnungswirtschaft vor einer Kurskorrektur? ........ 429 30. ~eue Lösungsansätze zur Wohnungspolitik? ................ 462 , 31. Eigentumsbildung - eine gemeinnützige Aufgabe? ........ 490 E. Über den künftigen Wohnungsbedarf .......................... 32. Der "objektive" und "subjektive" Wohnungsbedarf ........ 33. Über die Möglichkeit und Unmöglichkeit von Prognosen ....
522 522 552
F. Die 34. 35. 36.
577 577 609 639
Wohnungswirtschaft in beiden deutschen Staaten... .. .. . .. Der genossenschaftliche Wohnungsbau in der DDR......... Die Wohnraumversorgung in beiden deutschen Staaten.... Der DDR-Wohnungsbau im internationalen "ergleich ......
Zweiter Band IV. Die Strukturprobleme A. Das Betriebsgrößenproblem .......................... , . . . . . . . ..
37. Optimale oder minimale Betriebsgröße? ................... 38. Bauleistungsunterschiede in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
645 645 645 696
B. Die Aktivierung der Baugenossenschaften .,. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 729 39. Die Wohnungsbaugenossenschaften in der Konkurrenzsituation ...................................................... 730 40. Aktivierung der Wohnungsbaugenossenschaften............ 762
Inhaltsverzeichnis
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V. Kritik und Reformvorschlige ....................................
779
A. Die Kritik an der bestehenden Wohnungsgemeinnützigkeit .....
779
Die marxistische und neo-marxistische Kritik.... .......... Die Haltung der Sozialdemokratie ........... . . . . . . . . . . . . . . . Die Einebnungsthesen ..................................... Die Gemeinnützigkeit - ein überholtes und ungerechtes Gesetz? ...................................................
780 805 816
B. Die Reformvorschläge ......................................... 45. Die objektbezogene Gemeinnützigkeit - eine Fortentwicklung der Wohnungsgemeinnützigkeit? ...................... 46. Die funktionsgebundene Wohnungsgemeinnützigkeit - Kritische Prüfung eines Vorschlages.......................... 47. Die bisherige Kritik und die Reformvorschläge - mit Leerformeln behaftet ..........................................
884
C. Die Prüfungsverbände ........................................
966
41. 42. 43. 44.
864
884
917 960
48. Die ,Doppelnatur' der genossenschaftlichen und gemeinnüt-
zigkeitsrechtlichen Prüfungsverbände ......................
966
49. Die Pflichtprüfung der gemeinnützigen Wohnungsunterneh-
men -
keine Besonderheit? ...............................
988
VI. Die Zukunftsaussichten .......................................... 1009 50. Hat die gemeinnützige Wohnungswirtschaft noch eine Zu-
kunft? .................................................... 1009 51. Kann auf die wohnungswirtschaftliche Gemeinnützigkeit in
der Gegenwart verzichtet werden? Nachwort
Eine Antwort ........ 1035 1039
Einleituug Die Herausgabe von früher, aus verschiedenen Anlässen geschriebenen AbhSiIlldlungen und Aufsät~en ist nicht frei von Problemen: Manche Aufsätze wurden aus bestimmten (zeitgebundenen) Anlässen geschrieben, anderen Veröffentlichungen l,agen Vorträge zu Gl'WlIde, bei der,en Veröffentldchung d1e Diktion der Rede erhalten bleiben sollte. Selbst dann, wenn Abschnitte oder Kapitel aus Büchern wieder abgedl'luckt wel'lden, erfolgt ein Herauslösen aus ,dem Gesamtzusammenhang. Auch wenn diese Unzulänglichkeiten überbrückt werden kÖIIIIlten, so Meibt doch die Tatsache bestehen, daß sich im Zeitaiblauf nicht nur der Sprech- und Schreibstil, sondern sich auch die Einsichten und Aussagen geändert haben. Wenn man diese und weitere Einwände gegen die Herausg,abe von früheren Aufsätzen und AbhandlUIligen ernst nimmt, dann müßte man auf ein solches Sammelwerk verzichten. Trotz ,dieser Bedenken habe ich mich zur Herausgabe dieses Sammelbandes entschlossen. Hierbei ließ ich mich von den folgenden überlegungen leiten: Den Vorschlag, einen Teil meiner früheren Veröffentlichungen in einem Saanmelband :zru:sammenzufassen, haben die Hel'lausgeber der "Schriften 2lum Genossenschaftswesen und zur öff·entlichen Wirtschaft", die Herren Professoren Werner W. Engelhal'ldt (Universität zu Köln) UIlid Theo Thiemeyer (Ruhr-Universität Bochum) gemacht, denn sie sind der Auffassung, daß in der deutschspra~gen F,achHteratur kein überblick über die gemeinnützige Wohnungs wirtschaft vorhanden äst. Um diese Lücke ~ schließen, sollten meine früheren Schriften heDangezogen wel'lden. Entsprechend diesem Vorschlag habe ich diesen Sammelband ,als Lehrbuch bzw. Handbuch konzipiert, d. h., es ging mir nicht darum, einen lum~assendel1 überblick über meine bisherigen Veröffentlichungen zu geben, sondern aus diesen Schriften diejenigen Abschnitte und Aufsätze 'alUSZuwählen, die für ein Lehrbuch geeignet erscheinen. Daß diese Fol'lm der Äuswahlerhebliche Nachteile gegenüber einem speIDell geschriebenen Lehrbuch hat, ist mir bei der Auswahl und Zusammenstellung der einzelnen Krapitel besonders deutlich ,geworden. So zum Beispiel lassen sich WiederholUIlJgen, ,aber auch gewisse Widersprüche zwischen Iden einzelnen Aussagen nicht ,ganz vermeiden. Auch der Stil ist - wi'e bereits angemerkt - unterschiedlich, denn neben den
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Einleitung
in der Diktion der Rede wiederabgedruckten Aufsätzen stehen Auszüge aus Büchern, die einen ganz ,anderen Stil ,aufweisen. Diesem Nachteil mag man aber entgegenhalten, daß ein Handbuch nur selten insgesamt - wie ein Roman - gelesen wind, denn in der Regel wenden nur bestimmte Kapitel und Abschnitte heraliligezogen. Es best,ami die Möglichkeit, d1e einzelnen Beiträge müberal"beiten bzw. zu ,aktualisieren, sie inhaltlich Ul1id stilistisch zu homogenisieren. Dieses hätte zur Verfälschung der ursprünglichen Aussage geführt. In bestimmten Fällen kia:Im es auch ,ganz mrteressant sein nachzulesen, welche Angumente zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgetragen wu'rden. Um gewlsse Vorbehalte und Einschränkungen gegenüber den früheren Alussagen k1U[)dzutun, habe ich einleitende Vorbemerkungen zu den einzelnen Kapiteln vorausgeschickt. Hierdurch soll der Ursprung gewahrt und zugleich die Aktualität herbeigeführt werden. Die Herausgabe eines derartigen Sammelbandes wäre ohne ein Mitwirken Vieler nicht möglich: Mein Dank gilt den beiden Herausgebern, den Kollegen Engelhardt und Thiemeyer, die den VOrschl'agzur Herausgabe machten und sich bereit erklärten,esin der von ihnen herausgegebenen Schriftenreirhe aufzunehmen. Ein derartiger S.ammelband mag als SpeziaUitenatur bei Fachleuten oder Studenten 1liIlId Nachwuchskiräften auf Interesse stoßen, dürfte aber nicht zu einem literarischen BestseUerwerden. Daher war es unerläßlich, Kostenzuschüsse zu erhalten. Die Stiftung Rheinische Hypothekenbank sowie die Deutsche Bau- und Bodenbank AG, beide in Fnankrurt, haben sich freundlicherweise bereiterklärt, jeweils einen namhaften Druckkostenrzuschuß zu gewähren. Daher gebührt beiden Instituten ein Ibesonders herzlicher Dank,zumal es sich um eine Veröff,entldchung handelt, ,die nicht in ihrem unmittelbaren Interessenbereich liegt. Die Vel1lage haben ohne zu zögern die Erlaubnis erteilt, aus früher erschienenen Büchern Teile zu entnehmen bzw. Aufsätze ,abzudrucken. Dank dieser Bereitwilligkeit war es möglich, den Inhalt als ein Lehrbuch zu gestalten. Iin ldiesem Sammelband sind Aufsätze und Auszüge ,aus den be1den letzten J,ahrzehnten enthalten, d. h., einem Zeitabschnitt, den ich mit meiner Fr,a'!l gemeinsam zurückgelegt habe. Ohne ihr Verständnis Ul1id ohne ~hre Nachsicht wäre ,es nicht möglich gewesen, die Abhandlrungen zu schreiben und d~ese nunmehr ,in geschlossener Form vorzulegen. Aus diesem Grunde gebührt ihr mein besonderer Dank.
Wenn ,dieser Sammelband trotz zahlreicher Unzulänglichkeiten der einzelnen Beiträge insbesondere von den Studenten und Nachwuchs-
Einleitung
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kräften ,als ein Ersatz für das noch fehlende Lehrbuch über die .gemeinnützige Wohnungswirtschaft ,angesehen werden sollte, dann wäre es gerechtfertigt, die eingangs genannten Bedenken .geg,en den Wiederabdruck 2JUrücklgestellt zu haben. Auch und gerade dann, wenn die kritischen Leser mit einzelnen - zumal noch zeitgebundenen - Aussagen nicht übereilIlStimmen sollten, so möge doch dieser Sammelbmd dazu anregen, über den Ursprung, die Entwicklung und die Leistungen, aber auch über die Stellung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zwischen Markt und Sozialbindung nachzudenken. In diesem Sinne übergebe ich den Sammelband "Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft ,zwischen Markt und Sozialbindung" der Öffentlichkeit. Hannover-Garbsen, Anfang Januar 1984 Helmut W. Jenkis
J. Der Ursprung A. Die geistigen Grundlagen
1. Victor Aime Huber als Wegbereiter Vorbemerkungen Victor Aime Huber (1800 bis 1869) ist der Wegbereiter des (Bau-)Genossenschaftswesens und der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft: Theoretisch hat er sich auf Grund seiner Reisen und der dabei gesammelten Erfahrungen - insbesondere in England - mit der Genossenschaftsidee sowie mit der Wohnungsreform beschäftigt bzw. Vorschläge gemacht; praktisch hat er im ersten gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, der Berliner gemeinnützigen Baugesellschaft, mitgearbeitet. Da er mit seinen Ideen der Zeit vorauseilte, sein Schreibstil kompliziert und sein Vortrag nicht geeignet war, die Zuhörer zu begeistern, wurde seine Stimme zu seinen Lebzeiten nicht gehört. Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft ehrt ihren geistigen Ahnherren dadurch, indem sie verdiente Männer und Frauen mit der "Victor Aime Huber-Plakette" auszeichnet. Anläßlich des hundertsten Todestages 1969 habe ich in der Zeitschrift "Gemeinnütziges Wohnungswesen" eine Biographie über Victor Aime Huber veröffentlicht, die hier zum Abdruck gelangt. Diese Biographie bildet die Grundlage für die Ausführungen in meinem Buch "Ursprung und Entwicklung der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen" (Schriftenreihe des Instituts für Städtebau, Wohnungswirtschaft und Bausparwesen, Bd.24, Bonn-Hamburg 1973, S. 48 - 59). In dieser Kurzbiographie habe ich - im Gegensatz zum folgenden Abdruck - die Dissertation von Ingwer Paulsen: Victor Aime Huber als Sozialpolitiker (Friedewalder Beiträge zur sozialen Frage, Bd.7, Berlin 1956; 2. Auf!. einer Königsberger Dissertation aus dem Jahre 1931) berücksichtigt, die mir 1969 noch nicht bekannt war. Der folgende Abdruck ist entnommen aus: Victor Aime Huber zum 100. Todestag, in: Gemeinnütziges Wohnungswesen, Heft 7 (1969), S. 195 - 204; Heft 8 (1969), S. 241 - 247.
Der Mann, der die Wohnungsnot beschrieb, die WohnungsfIlaJge aJUfwarf, die Wolmu~reform forderte, sich praktisch an ihr beteil~gte und damit nicht :nur theoretisch den gemeinnützigen WohnungsbaJU begründete, Victor Mme Huber, ist vor hundert J,ahren IgestoIlben. OQgleich er als P.ionier der deutschen Wolmungsbaugenossenschaften angesehen wdIld1 /Und obgleich verdiente Persönlichkeiten mit der "V~ctor-Mme2 Jenkls
I. Der Ursprung
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Huber-Plakette" ausgezeichnet werden2 , wird ihm - im Gegensatz zu Fmedrich Wilhelm Raiffeisen3 - keine große Beachtung geschenkt. Die fol,gende Abhandlung soll den Versuch unternehmen, das Leben, den geistigen Standort sowie das sozialDeformerische Werk von Victor Aime Huber 2lU wÜDdiJgen, der :am 10. März 1800 .in Stuttgart ;geboren wurde und am 19. Juli 1869 in Wernigerode starb'. a) Der Lebensweg5
Der äußere Rahmen des Lebensweges wird ber,eits zeigen, daß es sich bei Victor Aime Huber um einen ungewöhnlichen Mann hanidelt, denn er war nicht nur Professor, Sozial reformer IUnd der lerste deutsche Theoretiker des Genossenschaftswesens, sond€rn 'auch publizistisch ooßeroDdentlich produktiv. Sein geistiger Standort so.wie seme sozialreformerischen Vor:stellungen können aber nur verstanden w€Dden, wenn man seine Herkunft und seinen Lebensweg kennt. 1 So J. Birr: "Victor Aime Huber - Der Pionier der deutschen Wohnungsbaugenossenschaften _u, in: Gemeinnütziges Wohnungswesen, Heft 2 (1960), S. 59 - 64 (ohne Quellenangaben). 2 Die "Victor-Aime-Huber-Plakette wurde auf Grund des Ehrenstatuts der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft vom 2.12.1960 geschaffen. Sie wird an Personen verliehen, die sich besondere Verdienste um die gemeinnützige Wohnungswirtschaft erworben haben. Bisher wurde diese Auszeichnung 19mal verliehen (siehe: Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft, Jahrbuch 1967/68, Hamburg 1968, S. 299 f.). 3 Siehe: Welt-Raiffeisentag 1968 Dokumentation -, herausgegeben vom Deutschen Raiffeisenverband, Neuwied 1968. , 4 In dem von Helmut Faust herausgegebenen "Genossenschaftlichen Lesebuch" (Frankfurt 1967, S.41) wird als Todestag der 10.7.1869 angegeben. Auf Anfrage teilte uns Herr Dr. Faust mit, daß es sich um einen Druckfehler handelt. 5 Wir benutzen die folgenden Quellen: a) Rudolf Elvers: Victor Aime Huber - Sein Werden und Wirken -, Bremen 1872 (künftig: Elvers I); b) Rudolf Elvers: Dasselbe, Zweiter Theil, Bremen 1874 (künftig: Elvers U
11);
c) Eugen Jäger: V. A. Huber, ein Vorkämpfer der sozialen Reform, in seinem Leben und seine Bestrebungen, Berlin 1880; d) Karl Munding: V. A. Hubers ausgewählte Schriften über Sozialreform und Genossenschaftswesen, Berlin 1984; e) Helmut Faust: Victor Aime Huber - Ein Bahnbrecher der Genossenschaftsidee - , in der Reihe: Wegbereiter und Organisation, Lebensbilder großer Genossenschafter, herausgegeben vom Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften e. V., Hamburg 1952 (offensichtlich handelt es sich hierbei um die jüngste, umfassendere Darstellung mit Literaturverzeichnis). Wir benutzen auch diese Gelegenheit, Herrn Dr. Faust, Direktor bei der Deutschen Genossenschaftskasse in Frankfurt, unseren Dank für die überlassung der wichtigsten Literatur auszusprechen.
1. Victor Aime Huber als Wegbereiter
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aa) Die Herkunft
Der Großvater von Victor Aime, Michael Huber, wurde 1727 unweit Freisingen in Bayern geboren. Um 1742 dst er als ,armer Bauembursche nach Paris gewandert, wo er zu einern geistreichen Schriftsteller und Fl1eund der Kreise Diderot's, Turgot's und .anderer Berühmtheiten wrUl1de. Er heir.atete eine Fl1an:zösin, kehrte .aber nach Deutsch1and zurück. Seit 1776 war er ·an der Univemität Leipzig mit dem Titel Professor als Lehr:er für französische Sprache und Literatur aDIgestellt. Neben seiner Lehrtätigkeit erwarb er sich ein hohes Ansehen durch seine umfa·ngreiche Kupferstichsarnmlung8• Obgleich keine Nachrichten fiber seinen :geistigen Werdegang vorli€igen, muß es sich lUIIleinen begabten Mann gehandelt haben. Von den sechs ~indern blieb nur der ,am 19. 4. 1764 in Paris geborene Sohn Ludwig Fel1dinand Huber ,am Leben, der der Vater von Victor Aime war. Mit seinen Eltern karn Ludwig Ferdinaod Huber früh lIlach Leipz~g, wo er die Universität bezog. Hier begegnete er Ohr,istian Gottfried Körner (1756 bis 1831)1. Beide schrieben 1784 einen HuldigungsbrJef ,an Fl1iedrich von Schiller nach Mannheirn, der Schillers übersiedlung nach Leipzig .im Frühjahr 1785 ·anbahnte. SchH1er und Ludwig Fel1dinand Huber lebten eine Zeitlang in der gemeinsamen Wohnung. Unter diesem Einfluß bestand keine große Ne~gualig, in den diplomatischen Dienst zu treten; dennoch wurde er mit 24 Jahren Legationssekretär bei der kursächsischen Gesandtschaft in Mainz. Nachdem die Französische Revolution 1792 den Madnzer Hof vertrieben hatte, begegnete er Georg Forster (1754 bis 1794) und seiner Gattin 'I1herese (1764 bis 1829). Diese Begegnung wurde sein Schicksal: Georg Forster hatte mit seinem Vater Johann Reinhold Forster Cook auf seiner 'zweiten Weltumsegl'llIltg begleitet; 1779 wul1de er Professor in Kassel, 1784 in Wrilna rund 1788 Bibliothekar in Mainz. Er war einer der bedeutendsten Gelehrten seines Jahrlmnderts. Forsters Name übte eine große Anziehungskraft - auch auf Goethe und Wilhelm von Humboldt - aus. Als die Französische Revolution Mainz erreichte, schloß ·er sich dieser an, wurde ,als Deputierter nach Paris geschickt und setzte sich dort für die Eingliederung der Stadt Mainz in die Französische Republik ein. Sein Todarn 12. 1. 1794 r.ettete ihn vor dem Schicksal der anderen Terroristen, zumal er auch in Deutschland als Verräter verfemt war. I Johann Wolfgang von Goethe bemerkte in "Dichtung und Wahrheit" (Zweiter Teil, Achtes Buch): "Huber, Kupferstichsarnmler und wohlgeübter Kenner, hatte noch außerdem das dankbar anerkannte Verdienst, daß er den Wert der deutschen Literatur auch den Franzosen bekannt zu machen gedachte." 1 Es war der Vater des Dichters Theodor Körner, der 1813 fiel.
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I. Der Ursprung
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Auch Ludwig Fendinand Huber'lmd Therese Forster (Tochter des Göttinger Professors Christian Gottlieb Heyne) HeBen sich gleichfalls von der Fnanzösischen Revolution beeindrucken, sahen sich aber vom Jlacobinerclub enttäuscht. Nachdem Geong Forster nach Bads gegangen war, mußte Therese Forster nach Stl"aßburg und schLießlich nach Neuenburg in der Schweiz gehen. Ihr folgte Fendinand Ludw~g Huber d.m Frühjahr 1793, der runehmend die Stellung des Ehemannes übernahm. und die F,amilie ernährte. Die ohnehin nicht glückliche Ehe wUlde noch stärker entfremdet. Nach .dem Tode von Geol1g Forster 'heinatete Ludwig Ferdinand Huber dessen FraIU Therese. 1794 WlUrden sie !a1l:S Neuenburg ausgewiesen und 19ingen nach Böle, wo sie bis 1798 blieben. Auf VeranLassung des Verlagsbuchhändlers Cotta siedelte die Flamilie 1798 nach Tübmgen und dann nach Stuttgart über, wo am 10. März 1800 V!ictor Aime Huber Igeboren wunde. 1803 ging Ludwig Fendimmd Huber illach Ulm; die bayerische Regterrung ernannte ihn zum Landesdirektionsrat der bayerischen Provinz Schwaben inder Abteilung Schiulwesen und verlieh ihm. den persönlichen Adel. Kurz nachdem sein V,ater, Michael Huber, gestorben war, verstarb auch Ludwig Ferdinand Huber in der W,eilmachtsnacht 1804. Nach dem frühen Tode seines Vaters erhielt Victor Alme Huber seine bedeutendsten familiären Einflüsse von seiner Mutter Therese: Sie ernährte ,ihre Familie - zwei Töchter von Forsterund zwei Kinder von Huber - durch Schriftstellerei. Als sie am 15. Juni 1829 starb, verlor er das Wesen, das ihm g zu deren Beseitigung zu leisten, war man in Hamburg bescheidener, d. h. die Hanseaten schlugen ledi:glich eine Muster-BaU!gesellschaft vor. So wie man heute durch Versuchs- und Vergleichsbauten die Technik und den Wohnungsstandard beeinflussen wHI, sah die hanseatische Kommission in diesem Vorschlag ·den Ansatz für eine multiplikative Wirkung. Es ging somit nicht um die Zahl der zu errichtenden Wohnungen, sondern darum, die Öffentlichkeit auf das Wohnungsproblem hinzuweisen und die Lösung durch .gemeinnütz~ge Gesellschaften einzuleiten. Am 23. Juni 1856 trat ein Comite für die Aktienzeichnung für die GeBaugesellschaft zusammen. Im Juni 1857 konnte der Gene-
meinnütz~ge
ralversammlung der inzwischen konstituierten Gesellschaft mitgeteilt wel1den, daß 670 Aktien zu je 200 Mk. bco. gezeichnet waren. Unter ,den Zeichnern w,aren die besten Hamburger Kaufleute und sonstige angesehene Persönlichkeiten zu finden. G Da verschiedene Baupläne nicht realisiert werden konnten7 , wuroe der Vorschlag gemacht, die Gesellschaft aufzulösen. Dieser Beschluß wurde am 26. Juni 1858 mit 52 gegen 3 Stimmen ge faßt. Damit war der erste Gründungsversuch 'gescheitert. W,ie wir noch ,ausführlich darstellen werden, wuroe 1862 die erste deutsche Baugenossenschaft gegründet. Dieser Hinweis erfolgt an dieser Stelle, um die Entwicklung in Hamburg chronologisch verfolgen zu können.
5 Ebenda, S. 34 (zum Teil ist in diesem Zitat ein Zitat aus dem Kommissionsbericht enthalten, Jk.). G Bei Spörhase (ebenda, S. 422 f.) aufgeführt. 7 Nach dem großen Brand von 1842 waren die Bauvorschriften verschärft worden, so daß die Baudurchführung teurer wurde.
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1. Der Ursprung
b) Die BaugeselIschaft von 1866 Vier Jahre später wurde die "Baugesellschaft von 1866" gegründet. 8 Beim Durchbruch der Wexstraße galt es, preiswerte und gute Wohnungen als Ersatz für :die zum Abbruch gelangenden Gebäude zu schaffen. Es handelte sich um ein Problem, das in der Nachkriegszeit durch den genossensch·aftlichen Zusammenschluß zu Wiederaufbaugemeinschaften gelöst wurde und das bei der künftigen Stadtsanierung an Bedeutung gewinnen wild.' Das Kapital der Baugesellschaft betrug 540000 Mark. Die Hansestadt Hamburg stellte die erforderlichen Grundstücke zur Verfügung. Von der Burgstraße aus hatte 1867 die Baugesellschaft mit der Errichtung von Kleinwohnungen in der Baustraße begonnen; es handelte sich um dreigeschossige Wohnungen. "Bis zu einem -gewissen Grade darf man sie als Vorläufer des heutigen Zeilenbaues ansehen, wenn sie auch gegen die Straße durch "Vol"derwohnungen" abgeriegelt waren."10 Weitere Wohnungen wurden in der Jägerstraße in St. Pauli errichtet, insgesamt rund 400 Wohnungen. Auf dem IX. Kongreß deutscher Volkswirte in Hamburg d.m Jahre 1867 vertrat Architekt Timmermann - der die Entwürfe für die Baustraße gefertigt hatte - die Auffassung, "daß man die Städte so eng konzentrieren müsse, als es die Sanität zulasse, und daß die Aufgabe der Technik eben die sei, den Bau dementsprechend herzustellen. Man könne unmögl,ich dem Arbeiter zumuten, täglich Stunden von seiner Arbeit zu opfern, um rur Arbeit zu ,gehen"." Auch wird ein Problem angesprochen, das in der gegenwärtigen Diskussion um das städtebauliche Leitbild lebhaft diskutiert wird: Es ist die Frage, ob dem Eigenheimbau - mit ,der Gefahr der Zersiedlung der Landschaft - oder der Verdichtung - mit dem angeblichen Vorteil der Urbanität - der Vor:trug gegeben werden soll. Die heutigen Probleme sind somit keineswegs neu. 8 Spörhase, Bau-Verein, S. 26 L, S. 64 f., S. 70, S. 112. , Spörhase (ebenda, S.26) zitiert die "Topographie 1895 - 1920" von Melhop, der die Baugesellschaft von 1866 als "Baugenossenschaft von 1866" bezeichnet. Es war uns nicht möglich festzustellen, ob es sich um eine Gesellschaft oder um eine Genossenschaft handelte. Die Vermutung spricht dafür, daß es sich um eine Gesellschaft handelte. 10 Ebenda, S. 27. 11 Ebenda, S.70. In der Eingabe von Roß und Laeisz vom 17. März 1866 an die Finanzdeputation Hamburg heißt es: "Der weite Weg mag dem Büreauschreiber' frische Lebenskraft zuführen, bei dem Handarbeiter schwächt derselbe ganz unzweifelhaft die Leistungsfähigkeit." Zumindest die erste Satzhälfte dürfte auch heute noch gültig sein (Roß war Vorsitzender der Baugesellschaft von 1866). Ebenda, zwischen S. 64 und 65 (Faksimile der Eingabe).
3. Die Hamburger Lösungsversuche
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Auf :diesem Kongreß der deutschen Volkswirte wurde mitgeteilt, daß die Mieten der Baugesellschaft von 1866 etwa 25 % unter ,den üblichen Mieten der Stadt lagen. Es handelte sich um den F,all der ,/guten Spekulation", d. h. es wul1de ,der Beweis erbracht, daß ·auf freier, erwerbsmäßiger Basis lauch inder Großstadt preiswerte Wohnungen geschaffen werden können. In der ·genannten Eingabe von Edgar Ross (Vorsitzender der Baugesellschaft von 1866) und F. Laeisz vom 17. März 1866 an die Finanzdeputation Hamburg12 wurde nicht nur die arbeitsplatznahe Errichtung von Wohnungen ,gefor:dert, sondern ein weiterer Grundsatz aufgestellt, der ,auch heute noch Gültigkeit hat: Eine gemeinnützige Baugesellschaft muß Grundstücke zu Bedingungen erwerben können, die auch anderen Nachfr:agern gewährt wer.den, d. h. die .Bodenpreise müssen "normal" sein. Andererseits - so heißt es wörtlich in der Eingabe - würde es die Direktion der Baugesellschaft von 1866 "geradezu als Igemeinschädlich betrachten, wenn es ihr ·gestattet wÜl1de, auf geschenktem Lande Häuser zu bauen, mit ·der Verpflichtung, dieselben zu einer Miete zu überLassen, welche niedriger wäre als der wirkliche Wert. Staatsunterstützung gebührt den Kr:anken und AI'beitsunfähigen; der hamburgische Arbeiter würde es verschmähen, auf öffentliche Kosten ·zu wohnen". In dieser Forderung erhalten 'zwei Grundsätze ihren Ausdruck: Einmal soll ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen ein WiTtschaftsunternelunen sein, das weder besser noch schlechter gestellt sein soll als die Konkurrenten, zum .anderen wird das SelbstbewlUßtsein des mit Wohnraum zu versor:geIllden Arbeiters hervorgehoben, der nicht auf öffentliche Kosten wohnen will,1' Leerstehende Wohnungen hat es praktisch nicht gegeben, und: "noch heute ,rentieren' sich die Häuser so, wie es bei ihrer Errichtung von den Gründern der Baugesellschaft von 1866 nicht aus WohltäUgkeit, sondern aus solider kaufmännischer Berechnung beabsichtLgt war".14 Diese preiswerten und begehrten Wohnungen wurden im zweiten Weltkrieg (1943) zerstört. Spörhase knüpft an die Grundsätze der Baugesellschaft von 1866 eine Feststellung und eine Frage an: "In der Wahrung echt wirtschaftlicher Grundsätze wirkten sie also durchaus .gemeinnützig."16 Und dann: "Man fragt sich, warum sind nicht mehr solcher Unternehmen gegründet?"18 12 Siehe Spörhase, Bau-Verein, nach S. 64. 13 Ob der letzte Gedanke heute noch Gültigkeit hat, mag man manchmal bezweifeln. Rolf Spörhase (Wohnungsunternehmungen im Wandel der Zeit, Hamburg 1947, S. 36 f.) weist darauf hin, daß die Baugesellschaft in dieser Frage energisch gegenüber dem Hamburger Staat auftrat. 14 Spörhase, Bau-Verein, S.112. 15 Spörhase, Wohnungsunternehmungen, S. 37. 18 Spörhase, Bau-Verein, S. 112. 6
Jenlds
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I. Der Ursprung
c) Die Bemühungen von Wiehern
Johann Hinrich Wichern (1808 bis 1881) - der Vater der Inneren Mission, der 1848 den Zentr,alausschuß bildete - hat sich auch mit der Arbeiterwohnungsfrage befaßt: Zw~schen Wichern und Huber bestand nicht nur eine geistige Verwandtschaft, sondern es war schon früh zu persönlichen Kontakten gekommen.17 Bereits 1834 besuchte Huber das Raruhe Haus in Hambul"g. Nach dem großen Hamburger Brand 1842 tauchte im Kreise von Wichern der Plan auf, "Bürgerhöfe" zu bauen.1B Man dachte an einen Block von 300 Wohnungen (Wichern selbst wollte nur 150 bis 200 Wohnungen) in einem Viereck um einen Hof; die FamiLienwohnungen sollten getrennt sein. Für die gesamte Anlage waren ein Kindergarten, eine Mustervolksschule, Gemeinschaftsräume für die unverheirateten Bewohner und eine Bücherei vorgesehen. Ferner wurden eine Spar- und Vorschußbank und - später hinzugefügt - ein Konsumverein nach dem Liedkeschen Muster sowie ein Gesellenverein, Krankenpflege- und sogar ein Begräbnisverein geplant. tu Die Anregung zu diesen Bürgerhöfen - die durchaus modernen, selbständigen SiedluIligen oder Satellitenstädten entsprechen könnten - hatten die Gedanken von Robert Owen (1771 bis 1858) ,gegeben. Dieser von Wichern entwickelte Plan hätte einen Ansatz zu weitergehenden Reformen bilden können, wie sie Huber vorschwebten: "Die Verbin:dung zwischen Innerer Mission und Genossenschaft, die Huber erstrebte, schien also auch von dieser Seite her angebahnt zu werden."fO Hubers Forderung ging dahin, daß die Maßnahmen über die Almosen und Seelsor:ge hinausgehen sollten, um so das Absinken in ,die Armut und das Entstehen der sozialen Frage zu verhindern.!l "Zur praktischen Verwirklichung dachte sich Huber die Vereine der Inneren Mission als Baugesellschaften, die dann in seinem Sinne ausgebaut werden sollten."!! 11 Nach Ingwer Paulsen (Victor Aime Huber als Sozialpolitiker, in: Friedewalder Beiträge zur sozialen Frage, Bd.7, Berlin 1956, 2. Auf!. einer Königsberger Dissertation aus dem Jahre 1931, S.159, Fußnote 27) hat sich Huber bereits 1844 positiv über Wichern geäußert. Walter Bredendiek (Christliche Sozialreformer des 19. Jahrhunderts, Leipzig 1953, S.143 ff.) geht auf Wicherns wohnungswirtschaftliche Bemühungen nicht ein. 18 Paulsen, S. 159 f. 10 Siehe auch Spörhase, Bau-Verein, S. 83 f. 20 Paulsen, S. 160. 21 Hier zeigt es sich, daß zwar die Wohnungsfrage nicht mit der sozialen Frage identisch ist, aber einen wesentlichen Teil ausmacht. 22 Paulsen, S. 160. Wie wir weiter unten noch sehen werden, hat gerade in Hamburg die Innere Mission aktiv dazu beigetragen, die Wohnungsnot zu mildern. - In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß insbeson-
3. Die Hamburger Lösungsversuche
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Mit diesen Vorschlägen hat Huber um die Innere Mission ·auf den Kirchentagen 1854 und 1862 sowie bei anderen Gelegenheiten geworben. Zwischen Huber und Wiche rn entwickelte sich eine gewisse Gegnerschaft, die sowohl lauf persönliche als auch auf sachliche Unterschiede zurückzuführen war. 23 Während Wichern zu Taten aus christlicher Liebe aufrief, strebte Huber nach der wirtschaftlich und politisch fundierten Änderung der gesellschaftlichen Bedingungen. "Die Innere Mission konnte nur -in Einzelfällen helfen, auch wenn sie darauf ausging, die Verlorenen und Gefährdeten wieder in die Gesellschaft zurückzuführen. Die große allgemeine Not der unteren Schichten dieser Gesellschaft blieb unangetastet."!4 Nach dem ~rchentag in Brandenbul'lg im Jahre 1862 schien sich eine Zusammenarbeit zwischen Wichern und Huber anzubahnen, denn Wichern hatte die Bedeutung des Assoziationswesens erk,annt. Huber und Wichern wollten gemeinsam ein Genossenschaftsblatt herausgeben, das nicht zustande kam. Dann aber kam es zu einem endgültigen Bruch zwischen diesen, der anscheinend von heftigen persönl,ichen Auseinandersetzungen begleitet war. 25 Trotz der aus unterschiedlichen Charakteren sich lel'lgebenden Divergenzen hat J ohann Hinrich Wiche rn einen positiven Einfluß auf den sozialen Wohnungsbau ,ausgeübt.t8 Am 14. und 15. Juni 1870 tl'lat in Bonn die "Conferenz für die Arbeiterfrage" zusammen. 27 Auf der Tagesordnung stand auch die Arbeiterwohnungsfra,ge; zu diesem Thema berichtete Ratsherr Karl Sal'1asin aus dere nach 1945 die beiden großen Kirchen - die evangelische und katholische - gemeinnützige Wohnungsunternehmen gegründet haben, die im Evangelischen Siedlungswerk e. V. in Stuttgart (ESW) und im Katholischen Siedlungsdienst e. V. in Köln (KSD) zusammengefaßt sind. Es wäre angebracht zu untersuchen, welche theologischen und sozialen Überlegungen dazu geführt haben, daß sich die christlichen Kirchen dem sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau zuwandten. !8 Huber hielt aber nicht viel von der Agitation auf den Kirchentagen; bei Wichern war eine große Voreingenommenheit sowie der ausgesprochene Wohltätigkeitscharakter der Inneren Mission vorhanden. "Der Briefwechsel (zwischen Huber und Wichern, Jk.) hat sich zeitweise ganz auf der Grenze zwischen widerwilligem Gewährenlassen und ärgerlicher Gereiztheit bewegt." Paulsen, S. 161. !4 Ebenda, S. 162. 25 Hierbei wird man berücksichtigen müssen, daß Wichern 1866 und 1874 Schlaganfälle erlitt. Außerdem trat ein Gehirnleiden auf. Bis zu seinem Tode am 7. April 1881 siechte Wichern dahin. Siehe hierzu Bredendiek, S. 161. 28 Siehe Spörhase, Bau-Verein, S. 72 - 84. 27 Den Bericht erstattete Lorenz Nagel: Die Verhandlungen der Bonner Conferenz für die Arbeiterfrage im Juni 1870, Berlin 1870. - Auf dieser Conferenz der Arbeitgeber wurde die Zeitschrift "Concordia", Zeitschrift für die Arbeiterfrage, ins Leben gerufen. Nagel wurde der Redakteur (diese Zeitschrift hatte denselben Namen wie die beiden - erfolglosen - Zeitschriften von Victor Aime Huber).
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I. Der Ursprung
Basel, der selbst Wohnungen für seine Arbeiter errichtet hatte. Auf dieser Konfereruz: hat Wichern eine bedeutsame Rolle 'gespielt.28 So schloß sich nach 25 Jahren der Kreis: 1845 hatte Wichern ein Gutachten über den Plan .des "Bürgerhofes" gefertigt29 (hierauf basierten auch die AufNissungen der Kommission von 1845; auf die wiederum die Kommission von 1855 aufbaute), 1870 unterstützte er die "Arbeiterwohnungsfrage" auf der Bonner K~fereruz:. "Leider ist der Plan aus Mangel an finanzieller Hilfe nicht zur Ausführung gekommen."so Huber und Wichern - trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere und Ansatzpunkte - haben gemeinsam, daß sie Ideen, nicht aber die erforderlichen Mittel hatten, um diese in die Tat umzusetzen. Hieraus kann man den Schluß sowohl für .die Vergangenheit als ,auch für die Gegenwart und für die Zukunft ziehen, daß die Idee wichtig ist, die organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen als gleichwerUge Grundlage für die gemeinnützige Wohnungsbautätigkeit angesehen werden müssen. d) Die Gemeinnützige Baugesellscbaft von 1878 Während Wichern und die Innere Mission von der Wohltätigkeit ausgingen, betrachteten die Hamburger Kaufleute die Arbeiterwohnungsfr,age als eine sich selbst tragende wirtschaftliche Auf,gabe.s1 Für den klar rechnenden Hamburger Kaufmann liegt das Soziale nicht in der WohltätiJgkeit, sondern darin, die Umstände bewußt so zu gestalten, daß das Soziale sich von selbst auswirken muß. Der Hamburger Kaufmann "hat nie Hehl daraus ·gemacht, daß es sich auch um seinen eigenen Vorteil handelte, wenn die Wohnungen seiner Leute billig und gut sein sollten."3! Diese Einstellung erklärt, warum in erheblichem Umfange weite Kreise der Hamburger Kaufmannschaft Kapital für den gemeinnützigen Wohnungsbau zur Verfügung stellten. Dieser Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit kam auch im Programm der "Gemeinnützigen Baugesellschaft in Hamburg von 1878" zum Ausdruck.aa "Diese Gesellschaft bezweckt durch gemeinsames Wirken und Verzichten auf größeren Gewinn als 4 % Zinsen, im übrigen aber nach dem allein richtigen volkswirtschaftlichen Grundsatz verfahrend - das Kosten durch Erträge gedeckt werden sollten -, kleine Wohnhäuser für die weniger So Spörhase, Bau-Verein, S. 82 .. Ebenda, S. 83 f. 30 Ebenda, S. 84. 31 Dieser Gedanke, daß der gemeinnützige Wohnungsbau nicht Caritas, sondern eine wirtschaftliche Aufgabe sei, findet seinen Niederschlag auch im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz von 1940. 32 Spörhase, Bau-Verein, S. 86. 33 Ebenda, S. 86 (Hervorhebungen erfolgten durch uns, Jk.). 28
tu
3. Die Hamburger Lösungsversuche
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bemittelten Gesellschaftsklassen herzustellen und sie denselben zur successiven Eigentums-Erwerbung durch mäßige Abzahlung zum Kostenpreis zu überlassen." Es sind Grun:dsätze, die auch heute gelten. Vorausgegangen waren das Buch "VedJdel" von Pastor Paul Ebert sowie die Fol'lderung des Hambul'lger Korrespondenten&L H. Schulz, für die Arbeiter eigene Heime zu bauen. Für diesen Plan wurden Robert M. Sloman (daher ,auch "Sloman-Siedlung ,auf der Veddel" genannt) sowie andere Persönlichkeiten Igewonnen. Die Gesellschaft tr:at sehr bald mit 360 Aktien zu 1000 Mk. ins Leben. Es Wllll'lde ein Gelände auf der Kleinen Veddel (75000 qm zum Preise von 50 Pfg. je qm) vom Hamburger Staat für 200 Einfamilienhäuser gekauft. 1880 waren die ersten 54 Häuser fertiggestellt; die Gesamtkosten betrugen 3200 bis 3500 Mk. je Haus. Die künftigen Erwerber mußten eine Kaution von 300 Mk. stellen.l ' Das Restkaufgeld war mit 5 % zu verzinsen; der wöchentliche Abtrag (d. h. die Tilgung) betrug 6 Mk. Im siebten Jahr belief sich die Tilgung auf 1000 Mk.; dann wurde das Eigentum umgeschrieben. Ursprünglich war ein Rückkal\lfrecht vOl'lgesehen, um eine Spekulation auszuschließen. 1885 wurde dieser Gedanke falleIJIgelassen. a6 Bereits 1900 waren sämtliche Häuser von den Bewohnern erworben. 1902 wurde diese gemeinnützige Baugesellschaft aufgelöst. Den Aktionären wurde das Kapital mit 4 % Zinsen zurückgezahlt. Der überschuß von 12489,55 Mk. wurde zur Hälfte an den Baufonds der Vedldeler Kirche und zur anderen Hälfte an den 1892 gegründeten Bau- und Sparverein zu Hamburg eGmbH (seit 1903: Bau-Verein Hamburg AG) überwiesen. Dieser überblick über die in Harnburg durchgeführten Lösungsversuche hat nicht nur Unterschiede zu Victor Aime Huber und den Berliner Gründungen aufgezeigt, sondern auch ,deutlich gemacht, daß die gemeinnützige wohnuIJIgswirtschaftliche Tätigkeit letztlich nur dann erfolgreich war, wenn sie wirtschaftliche Grundsätze berücksicht1gte. Mit anderen Worten: Die Idee, der Idealismus, das Erkennen der sozialen Wohnungsfrage, die Bereitschaft zur Hilfe sowie Selbsthilfe usw. sind U Dieser Betrag ist auch für die Gegenwart von Bedeutung: Obgleich die Gesamtherstellungskosten einer Wohnung heute (Ende 1972) zwischen 60 000,- und 70 000,- DM liegen, beträgt der Genossenschaftsanteil zum Teil noch immer 300,- DM. Selbst wenn mehrere Anteile verlangt werden, so liegt die Beteiligung der Mitglieder nur höchstens bei 1500,- bis 2000,DM. Vor hundert Jahren war die Eigenleistung somit wesentlich höher. as 1887 wurde bereits ein Preis von 4000 Mk., 1893 = 5500 Mk., 1908 sogar 9800 Mk. gezahlt. - Ebenda, S.88. Diese Werte machen deutlich, daß es auch "in der guten alten Zeit" Baupreissteigerungen gab und daß daher spekuliert werden konnte. Dieses Beispiel zeigt, daß die heutigen Probleme keineswegs so neu sind, wie es häufig angenommen wird.
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I. Der Ursprung
wesentliche Elemente der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen; sie reichen aber nicht ,aus, um auf die Dauer erfolgreich zu sein. Gerade dann, wenn ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen in großem Umfange zur Verbesserung der Wohnungsfrage beiträgt, d. h. der Wohnungsreform dienen will, darf es betriebswirtsch·aftliche Grundsätze nicht verletzen.
4. Einige Schlußfolgerungen Dieser - offensichtlich nicht vollständige - überblick über die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellsch,aften hat folgendes deutlich gemacht: (1) Abgesehen von den ersten werkgeförderten Arbeiterwolmungen (Fugger-Siedlung, des Preußischen Bergfiskus, der Gites Ouvrieres in Mühlhausen usw.), wurde die Wohnungsreform durch gemeinnützige Kapitalgesellschaften - nicht aber Baugenossenschaften eingeleitet. (2) Diese gemeinnützigen Kapital'gesellschaften haben die wichtigsten Kriterien der Wohnungsgemeinnützigkeit - Dividendenbegrenzung, Vermögensbindung, K;ostendeckungsprinzip, Kleinwohnungsbau usw. - ohne staatlichen Auftrag eigenständig entwickelt. Vereinzelt hat der Staat dieses freiwillige gemeinnützige Verhalten durch die Gewährung der Stempel- und Steuerfreiheit belohnt bzw. unterstützt. (3) Sofern diese gemeinnützigen Kapitalgesellschaften nach wirtschaftlichen Grundsätzen ,arbeiteten und ·auf weitergehende Ziele verzichteten - z. B. Umwandlung der Mietwohnungen in Eigentumswohnungen -, waren sie erf01greich. Bei der Verwirklichung weitergehender Ziele - so z. B. unter dem Einfluß von Huber in Berlin sind die meisten gemeinnützigen Kapitalgesellschaften zumindest in der Grundungsperiode gescheitert. (4) Das Eigenheim (Cottage) wurde als das Ideal bezeichnet, konnte aber bereits vor über 100 Jahren in den schnell wachsenden Industriestädten nicht immer verwirklicht werden, weil entweder der Boden zu teuer war oder die Arbeitnehmer zu häufig ihren Arbeitsplatz wechselten. (5) Den meisten gemeinnützigen Baugesellschaften war nur eine begrenzte Aufgabe ,gestellt und daher eine befristete Existenz zugedacht worden, da man die Beseitigung der Wohnungsnot nicht als ein ständiges, sondern als ein 'begrenztes Problem der Industralisierung und Verstädterung ansah.
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I. Der Ursprung
Sämtliche Grundsätze - bis auf den zuletzt 'genannten - sind Bestandteil der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft geworden. Zahlreiche Probleme der Vergangenheit sind auch in der Gegenwart noch vorhanden. Dieses gilt nicht nur für die gemeinnützigen Kapitalgesellschaften, sondern auch für ,die Baugenossenschaften.
c.
Die Gründung der ersten Wohnungsbaugeno8senschaften Vorbemerkungen
Bevor es überhaupt ein Genossenschaftsgesetz gab, wurden bereits in den Jahren 1849 und 1850 von Hermann Schulze-Delitzsch die ersten Genossenschaften gegründet; diese nahmen einen günstigen Verlauf, so daß weitere Gründungen folgten. Die erste Baugenossenschaft wurde 1862 in HamburgSteinwärder gegründet. Die älteste, noch heute bestehende Baugenossenschaft ist die Münchener, die 1871 errichtet wurde. In der baugenossenschaftlichen Entwicklung sind zwei Gründungen auch heute noch von Bedeutung: Einmal handelt es sich um die Allgemeine Schiffszimmerer-Genossenschaft in Hamburg (1875) und zum anderen um den Sparund Bauverein Hannover (1885). Die zuerst genannte Gründung ist deshalb von Interesse, weil es sich nicht um eine philanthropische ..Hilfe von oben". sondern um eine Selbsthilfe der Arbeiter handelt, die vor existenzielle Probleme beim Übergang vom Holz- zum Eisenschiffsbau gestellt waren; aus einem Gewerkverein - einer Gewerkschaft - entstand eine noch heute bestehende Wohnungsbaugenossenschaft. Mit der Gründung des Spar- und Bauvereins Hannover wurden zwei Neuerungen eingeführt, die noch heute anzutreffen sind: Es erfolgte der übergang vom Eigenheim- zum Mietwohnungsbau und es wurde der Baugenossenschaft eine Spareinrichtung angegliedert. Diese Neuerungen fanden zahlreiche Nachahmungen. Diese Darstellungen sind aus meinem Buch: Ursprung und Entwicklung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, Schriftenreihe des Instituts für Städtebau, Wohnungswirtschaft und Bausparwesen, Bd.24, Bonn-Hamburg 1973, S. 116 - 120 (Die erste Baugenossenschaft in Hamburg-Steinwärder), S. 125 130 (Die Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer-Genossenschaft in Hamburg), S.135 -142 (Der Spar- und Bauverein Hannover) entnommen.
5. Die erste Baugenossenschaft in Hamhurg-Steinwärder (1862) Durch Victor Aime Huber war die Öffentlichkeit ·auf ,die Wohnungsnot aufmerksam Igeworden; die verschiedenen Tagungen in der Mitte der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts rückten eLie Baugenossenschaftsfrage - wenn ,auch mit unterschiedlichen Akzenten - in das Bewußtsein der interessierten Kreise. In bei den Fällen handelte es sich um allgemeine, theoretische überlegungen. Wie taber sah die Pl'Iaxis ,aus? Die erste Baugenossenschaft - in Ermangelung eines Genossenschaftsgesetzes konnte die Vereinigung rechtlich ,als solche nicht gestaltet werden - wurde 1862 in Hamburg-Steinwär.der gegründet. Wäh-
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I. Der Ursprung
rend in Berlin die erste gemeinnützige Baugesellschaft entstand, war Hamburg der Standort der ersten Baugenossenschaft. a) Die Gründung von 1862
Den Anstoß für diese Gründung gab die 1857 gegründete fUnd kurz danach aufgelöste Baugesellschaft. Die unmittelbare Anregung kam vom Vorsitzenden und Begründer der Hamburger Volksbank, C. F. Balzer, ,der 1864 auf dem Vereinstag der auf Selbsthilfe beruhenden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften einen Antrag zur Frage der Arbeiterwohnungen 'gestellt und darin gefordert hatte, Baugenossenschaften zu bilden.1 Balzer - ursprünglich Reeder - veranlaßte 1862, daß eine Gruppe von Arbeitern und Handwerkern zusammentrat, um sich Wohnungen zu bauen. Gemäß § 1 des Statuts haben sie sich gegenseitig solidarisch verpflichtet, "unter Zusicherung gleichen Antheils,auf einem von der Staats-Finanz-Deputation laut besonderen Kontrakts in Pacht genommenen Grundstücke für gemeinsame Gefahr und Rechnung Arbeiterwohnungen zur ei!genen Nutzung bauen zu lassen".1 Es bestand somit das Ziel, mit eigenen Mitteln und gemeinschaftlichem Kredit Arbeiterwohnungen für sich selbst zu errichten. Als Standort wurde die Insel Steinwärder gewählt, die nach dem großen Brand von 1842 durch die Schuttablagerung aufgeschüttet worden war. Dort bef.anden sich bereits Schiffswerften, Kupfer- und Silberschmelzen, Speicher I\lnd eine Seemannsschule. Das 'in Aussicht genommene Gelände war 2,5 Morgen groß. Es gehörte dem Staate und war nach den Hamburgischen Gesetzen nicht verkäuflich. Daher schloß man einen Pachtvertl1ag ("Kammer-Kontrakt", heute würde man diesen Vertrag wahrscheinUch einen Erbbaurechtsvertrag nennen) aJUf 50 J,ahre ab. Die Pachtsumme wunde auf 1400 Mark Courant jährlich festgesetzt. Auf diesem Grundstück wurden für die 48 MitgHeder 48 Wohnhäuser errichtet.' 1 Siehe Rolf Spörhase: Bau-Verein zu Hamburg Aktiengesellschaft - Entstehung und Geschichte im Werden des gemeinnützigen Wohnungswesens in Hamburg seit 1842, Hamburg 1940, S. 55 ff. Spörhase nennt diese Baugenossenschaft "Häuser-Baugenossenschaft". Den gleichen Ausdruck verwendet auch Jürgen Tiemann (Die Entwicklung der deutschen Baugenossenschaften, Grazer Dissertation 1967, S.67). Bei Rolf Spörhase (Wohnungsunternehmungen im Wandel der Zeit, Hamburg 1947, S. 35) wird der moderne Begriff "Baugenossenschaft" verwendet. ! Zitiert nach Ludolf Parisius (Die auf dem Prinzip der Selbsthülfe beruhende Baugenossenschaft, in: Die Wohnungsfrage mit besonderer Rücksicht auf die arbeitenden Klassen, herausgegeben vom Centralverein in Preussen für das Wohl der arbeitenden Klassen, Berlin 1865, S. 107 - 136), S. 155; Spörhase (Bau-Verein, S. 56) hat dieses Zitat - ohne Quellenangabeoffensichtlich von Parisius übernommen. 3 Spörhase, Bau-Verein, S. 55 ff.
5. Die erste Baugenossenschaft in Hamburg-Steinwärder (1862)
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b) Die Besonderheiten der ersten Baugenossenschaft Die Herstellungskosten wul1den mit 2200 Mark je Haus vereinbart. Zur Bestreitung der Baukosten waren ungefähr 40 000 Thlr.' erforderlich, die nach dem ursprünglichen Statut durch Oblig.ationen von je 100 Mark beschafft werden sollten. Hierfür sollten sich die 48 Mitglieder solidarisch verpflichten Ilmd zugleich dafür ihre Grundstücke und Häuser verpfänden. Man hatte ,aber nicht beachtet, daß das nicht im Eigentum befindliche Gmndstück nicht mit einer Hypothek belastet werden durfte. Aus diesem Grunde mußte nach einem Ausweg gesucht werden, d. h. es galt, "Kapitalisten" zu finden, die der Genossenschaft die Summe vorstreckten, zu deren Sicherheit die Rachtung - zumindest formell zediert wurde. Die Herren Laeisz, Ross, Sanders, Roosen-Runge und Ulex5 übernahmen den ~ammer-Kontrakt und alle übrigen formellen Abschlüsse und traten die Rechte wieder an die Baugenossenschaft ab. e Die selbstschuldnerische und solidarische Bürgschaft 'gegenüber dem Hamburgischen Staat übernahmen die Herren Wehncke (ebenfalls Reeder) und Balzer, die Mitglieder (Parisius spricht von "Aktionären") der Genossenschaft waren. "Abgesehen von diesen durch die ,absonderlichen Umstände gebotenen Abweichungen, welche in betreff der praktischen Behandlung sich bis heute nur als formelle kennzeichneten, wUl'de im Statut sowohl als in der wirklichen Verwaltung das .genossenschaftliche Prinzip der Selbsthülfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortlichkeit überall auf's strengste gewahrt."7 Jedes MitgLied w,ar verpflichtet, wentgstens eine Obligation von 100 Mark zu erwerben, bevor es berechtigt war, eine Arbeiterwohnung zu beanspruchen (man könnte von der Zeichnung eines Genossenschaftsanteiles sprechen). Die Obligationen wurden mit 5 % verzinst und amortisiert. Daher mußte jedes Mitglied neben der Miete 1/25 jährlich oder 4 % der A:bschätzungssumme ~damit dürfte der Verkehrs- oder Herstellungswert gemeint sein) zahlen, so daß die gesamte Schuld in weniger als 25 Jahren ,getiLgt weIden konnte. Jeder Hausbesitzer hatte an Miete, Bodenpacht C!d. h. Erbbauzins) und Tilgung zwischen 60 und 70 Thlr. jährlich zu zahlen.WohniUIlgen gleicher Art kosteten auf Steinwäl"der allein an Miete 90 bis 100 Thlr., in , Bei Spörhase (Bau-Verein, S. 56) offensichtlich irrtümlich mit 400 000 Thlr. angegeben. Im übrigen sei an dieser Stelle vermerkt, daß Spörhase diese Angaben wörtlich aus dem Bericht von Parisius entnommen hat. 5 Einige Namen tauchten bereits im Zusammenhang mit den anderen Gründungen in Hamburg auf. e In ErIIiangelung eines Genossenschaftsgesetzes benutzt Parisius (S.156) den Ausdruck "Arbeiter-Baugesellschaft." 7 Parisius, S. 156.
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1. Der Ursprung
der Stadt - dazu noch in schmutzigen und engen Straßen - 120 bis 160 Thlr., "so daß der Vortheil der Genossenschafts-Mitglieder ein sehr bedeutender ist." s Ein Austritt konnte nur mit Zustimmung der Genossenschaft erfolgen. Bis 1865 hatte es zwei Austritte .gegeben, die dhre Anrechte mit 40 % Gewinn veräußerten. Der Ausschluß - bei ·allen Zuwiderhandlungen durch Zweidrittelmehrheit der Generalversammlung beschlossen - wurde streng gehandhabt, denn es wurden nur zwei Drittel des Wertes der Obligationen - nach Abzug eventueller Rückstäl1ide oder Begleichung von Schäden - zurückgezahlt. Bis 1865 lagen keine Ausschlüsse vor. Nach Parisius' ,,(ist) dn Hamburg neuerdings der (soweit uns bekannt ist) in Deutschland erste Ul1id noch einzige Versuch einer HäuserbauGenossenschaft gemacht. Es mußte zwar das ursprüngliche Vorhaben, auf's allerstrengste die Grundsätze der Selbsthülfe ul1id Selbstverwaltung in einer nur von Arbeitern gebildeten Genossenschaft durcbJzuführen, in untergeo~dneten Punkten zu Folge der besoilideren Besitzverhältnisse verlassen werden. Die Abäl1iderungen silndaber mehr formell und nicht erheblich ;genug, um der Baugenossenschaft den Charakter der auf Selbsthülfe beruhenden Genossenschaft zu entziehen." Spörhase10 gibt ,aus den "Statuten den zur Baugesellsch·aft von Steinwäl'der vereinigten Arbeiter und Handwerker, welche auf einem im Jahre 1862 in Pacht >genommenen, dem Staate gehörigen Terrain ·auf Steinwärder für sich Wohnungen gebaut haben, revidiert im J,ahre 1869" eine Darstellung, die dem Berdcht von Parisius entspricht. Er führt die 48 Genossenschaftsmitglieder namentlich an und bemerkt, daß es sich bei dem größten Teil der Mitglieder um Schiffszimmerer handelte. Es ist Tiemannl1 beirupflichten, daß dieser T,atbest'and nicht berechtigt, ddese GründUng mit der Schiffszimmerer-Genossenschaft - die weiter unten noch ausführlich behandelt wird - zu ~dentifizi'eren oder sie als deren Vorgänger zu bezeichnen.
c) Die Lehren für die Baugenossenschaftsbewegung Die Skizzierung der Gründung sowie der rechtlichen ul1id finanziellen Konstruktion machten deutlich, daß ,die erste Baugenossenschaft nicht einer modernen entsprechen konnte. Wesentlichster Grund dafür war, S Ebenda, S. 157. , Ebenda, S. 154 f. 10 Spörhase, Bau-Verein, S. 59 - 61 (es handelt sich um ein Zitat ohne Quellenangabe). 11 Tiemann, S. 67 (Fußnote).
5. Die erste Baugenossenschaft in Hamburg-Steinwärder (1862)
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daß es noch kein Genossenschaftsgesetz gab, so daß diese VereinLgung keinen rechtlichen Status hatte. Folglich konnte man die heutigen Prinzipien -der Baugenossenschaften noch nicht 'bei ihr el;warten. Uerunoch war die Häuserbau-Genossell5chaft zu Hamburg ein Meilenstein auf dem Wege der Entwicklung der Baugenossenschaften. Da diese Vereinigu~g keine Rechtsperson war, bedurfte die Häruserbau-Genossenschaft der (finanziellen) Unterstützung einiger Kapitalisten. Wie wir aber noch sehen werden, ist die Fmge der Eigenkapitalbeschaffung nicht nur ein schwieriges Problem sämtlicher Genossenschaften, sondern der Baugenossenschaften im besonderen gebl,ieben. Grävelll! ist daher zuzustimmen, wenn er schreibt: "Gleich dieser erste Versuch zei:gt mithin, daß die ,wohlwollende Unterstützung' für dieses System der Baugenossenschaft unerläßlich ist." Huber hat dieses die "Hilfe von oben" genannt. Insofern wird man nicht ,ganz Spörhaseta beipflichten können, der - positiv - feststellt: "Dieses Unternehmen bewies - entgegen dem Berliner Versuch -, daß die Gedanken Hubers bezüglich einer Vereini~g der Kapitalkl'laft mit der Sparkraft oder .die Verwandlung eigentumsloser Arbeiter in arbeiteilide EiJgentümer' zu realisieren waren und die Baugenossenschafts-Bewegung Zukunft hatte." Balzer war realistischer als Huber: Er schuf eine Vereinigung von Arbeitern und Hailidwerkern, die in eigener Vel1antwortung nach dem Prinzip der Selbsthilfe ,arbeiteten. Soweit diese Vereiniguilig ihr Ziel aus recht1ichen oder finanziellen GrüIllden nicht ,erreichen konnte, gewährte er (zusammen mit anderen) die notwendige "Hilfe von oben". Victor Aime Huber dagegen grlindeteeine .gemeinnützige Baugesellschaft, suchte das erfol1derliche Kapital, baute die Wohnungen und wollte diese an die Mieter übertragen, d. h. sie zu Eigentümern machen. Bei Huber waren die Mieter Obj,ekte der "Hilfe von oben", bei Ballzer hingegen Subjekte, die in eigener Zuständigkeit handelten und nur in dem unbedigt notwendigen Umfange die el1gänzenide Hilfe bekamen. .An diesen unterschtedlichen "Interventionspunkten" werden die Wesensmerkmale zwischen ,einer gemeinnützigen Baugesellschaft und einer Baugenossenschaft deutlich.
12 A. Gravell: Die Baugenossenschafts-Frage Ein Bericht über die Ausbreitung der gemeinnützigen Bauthätigkeit durch Baugenossenschaften, Aktienbaugesellschaften, Bauvereine ete. in Deutschland während der letzten 12 Jahre, BerUn 1901, S.113. ta Spörhase, Wohnungsunternehmungen, S. 35.
6. Die Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer-Genossenschaft in Hamhurg (1875) An der ersten Baugenossenschaftsgründung in Hamburg-Steinwärder (1862) waren die Schiffszimmerer maßgeblich beteiligt; dennoch besteht keine Identität1 mit der heute noch bestehenden Allgemeinen Deutschen Schiffszimmerer~Genossenschaft. Auf diese GrÜIlIdung werden wir besoilidersausführlich eingehen, weil in diesem Falle - erstmalig - die Arbeiter selbst die Initiative ergriffen, d. h. daß keine phiLanthropische "Hilfe von oben" erfolgte.
a) Der Schiffszimmererverein als Gewerkverein Grosz! beschreibt die Entwicklung des Hamburger Schiffsbauwesens und die der Schiffszimmerer. Dieser geschichtliche überblick macht deutlich, daß es sich bei den Schiffszimmerern um einen Gewerkverein handelte, der am 8. Juli 1849 gegründet wurde.' Hierbei ging es um die Arbeitsplatzsicherung in einer sich wandelnden Schiffsbauiooustrie, denn der Holzschiffbau wurde durch die Dampfschiffe verdrängt. Dieser Gewerkvereinachtete auch darauf, daß die Meister nur die vorgeschriebene Zahl an Lehrlingen annahmen uilid nur solche Schiffszimmerer beschäftigt wUl1den, die ihre Lehrzeit ordnungsgemäß beendet hatten. "Eine strenge, lobenswerte Ordnung wurde ferner innerhalb des Gewerkvereins in jeder Hinsicht" alenz- und Opfemheorie: 1. Die Aquivalenztheorie (auch Interessen- oder Genußtheorie ge-
nannt) gehört zum Gedankengut der nationalökonomischen Klassiker. Danach wurde das Verhältnis zw~schen dem Sta,at UIl!d den IIl!dividuen als zweckhafter Zusammenschluß (Vertragstheorie) angesehen. Die Besteuerung sollte sich nach den Genüssen und Vorteilen richten, die der Einzelne vom Staat erhält (Tauschtheorie). "Die Steuer ist nach ihr (d. h. nach der Äquivalenztheorie, Jk.) die Ge,genleistung für die Leistung des Staat,es, der Preis für die Staatsgüter, wie oben gezeigt wurde (hier nicht wiedergegeben, Jk). Folgerichtig bemißt sich die Höhe .di·eses Preises nach der Größe der Vorteile und Genüsse."s Diese Auffassung, daß ein Äquivalent zwischen der Steuer und den Vorteilen bestehen sollte, ist politisch von dem Bestreben beeinflußt worden, dem Zugriff des Staates auf das Einkommen und Vermögen Grenzen zu setzen. 2. Der Opfertheorie liegt die Auffassung vom Staat zugrunde, daß er als geschichtliche Tatsache und zugleich als Voraussetzung für das gesellschaftliche und individuelle Leben angesehen wird (organisch·e Staatstheorie). In der romantischen Schule der Nationalökonomie wurde die Opfer- oder Pflichttheorie als Besteuerungsbegründung ,angeführt: "Die Steuer ist nun nicht mehr eine Art von Vergütung, welche der eiIl!zelne dem Staate entsprecheIl!d den ihm gewährten Vorteilen zu entrichten hat, die Steuer wird nun zur Zwangsabgabe, eine Auflage der Steuergew,alt auf den Steuerpflichtigen."7 Adolph Wagner hat dieses Prinzip auch als das gemeinschaftliche bezeichnet, denn die Steuerlast soll nach der Leistungsfähigkeit des Einzelnen verteilt werden. Nach Kplms 8 ,,(siIl!d) die Grundaussagen aller Steuerrechtfertigungslehren axiomatischer Natur UIl!d entziehen sich als Überzeugungssache einer rein wissenschaftlichen Entscheidung." Dieses gilt auch für die Äquivalenz- und die Opfertheorie. bb) Die Vbertragung auf die gemeinnützigen Wohnungsnnternebmen
Mit KolmsB sind wir der Auffassung, daß die Entscheidung letztlich nicht nur eine Überzeugungssache sei, sondern auch von der Sta'atspraxis beeinflußt werde: Der moderne Staat hat neben den klassischen • K. Th. v. Eheberg: Artikel "Steuer", in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Aufl., Jena 1911, Bd. VII, S. 945 - 1002, zitiert S.969. 7 Mombert, S. 8. a Kolms, S. 74,; gleicher Auffassung: von Eheberg (HdSt., 4. Aufl.), S. 1079. B Kolms, S. 74 f.; zitiert S. 75 (Hervorhebung erfolgte durch uns, Jk.).
16. Abwägung zwischen Steuerbegünstigungen und Bindungen
219
0I100ungsauf,gaben weitere Au~gaben übernommen, so daß er in einem weitel1en Sinne vor der Existenz des Einz·elnen steht. "Andererseits aber ist der Begriff der Äquivalenz in dem Maße weniger wegZ'Ulden~en, als das staatsbürgerliche Bewußtsein sich entwickelt. Denn damit wächst die Neigung, das Tun des Staates zu begreifen ,als ein Geben und Nehmen und die Gaben kontrollierend zu v,eI'!gleichen mit ,der Gegengabe." Diese Auffassung klingt .auch bei Neumark10 an, der die Äquivalenztheorie ablehnt ("Alle diese Ansichten verkennen völlig das Wesen des Staates und damit auch das der Steuer ...") und der Ptlichttheorie zuneigt (" ... Angesichts dieser Sach}age kann daher allenfalls mit Eheberg von einer ,Pflichtübung' der Steuer gesprochen werden, ..."). Dann aber fügt Neumark an gleicher Stelle hinzu: "Damit soll nicht einem schrankenlosen nskalismus ein ideologisches Fundament gegeben werden: nicht Art und Maß aller konkreten Einzelsteuern erscheinen als notwendig und insofern ,gerechtfertigt', sondern lediglich die Besteuerung ,als Institution der modernen Finanzwirtschaft." Und hi,eran kann man wieder mit Kolms ,aIlJSchließen, daß das entwickelte staatsbürgerliche Bewußtsein sich durchaus einer Äquivalenz bewußt ist. Die Opjertheorie (oder Pflichttheorie) könnte in die Nähe der Gemeingerückt wel1den, zumalAdolph Wagner dieses Prinzip als das g,emeinschaftHche bezeichnet hat. Nach dieser Theorie wild eine Gleichheit der Besteuerl.1iIlg in dem Sinne gewünscht, "daß für jeden ;das in der Steuer gelegene Opfer gleich fühlbar sein müsse."u Dieses ist tatsächlich in der jüngsten Zeit der F,all; denn ,aufgrund der ,gestiegenen Grundstücks-, Bau und Kapitalkosten wel1den insbesondere ;die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen angehalten, trotz nicht kostendeckender Mieten (die zu Ertragseinbußen oder zu den sog,enannten "Aufwandsverzichten" :führen) Mietwohnungen zu bauen.12 Gegenüber Rentabilitätsgesichtspunkten treten solche sozialpolitischer Art (dem Allg,emeinwohl zu dienen) in den Vordergrund. Die Ertra8Seinbußen dürften Teil des Opfer- oder Pflichtprinzips sein. nützig~it
Diese Steuerrechtfertigungslehren zielen auf eine Begründung der Steuererhebung, nicht aber - wie bei den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen - auf deren Steuerbefreiung ab. In diesem Zusammenhmg muß überhaupt die Frage .aufgeworfen werden, ob die unterNeumark, S. 96. So von Eheberg (HdSt., 3. Aufl.), S. 970. U Zur rechtlichen und wirtschaftlichen Problematik der "Aufwandsverzichte" siehe Rolf Kornemann: Aufwandsverzichte - Gefahr für den sozialen Wohnungsbau?, in: Zeitschrift für das gemeinnützige Wohnungswesen in Bayern, Heft 8 (1971), S. 397 - 400. 10 U
220
H. Die Charakteristika
nehmensbezogene Steuerbefreiung als Bestandteil der Steuerlehre angesehen werden kann 13 , oder aber, ob es sich (nicht begrifflich, sondern inhaltlich)· um Gebühren handelt, allerdings im umgekehrten Verhältnis, d. h., daß nicht eine Gebühr vom Staat erhoben, sondern von ihm erlassen wird: Nach Schmöldersl4 ist der Gebührenbegriff ein Schmerzenskind des Finanzrechts. Während bei den Steuern eine spezielle Gegenleistung des Staates fehlt, werden die Gebühren (und auch die hier nicht interessierenden Beiträge)aufgrund besonderer Leistungen erhoben. "Sozusagen ist die Gebühr eine Art Kostenersatz, die bei der Inanspruchnahme von Staatsleistungen aller Art von den Bürgern möglichts nach Maßgabe eben dieser Beanspruchung ,erhoben wird, ... "IS übertragen auf die gemeinnützigen Wohn\lIllg5unternehmen bedeutet dieses folgendes: 1. Es handelt sich um unternehmensbezogene Steuerbefreiungen, auf die die Steuerrechtfertigungslehren allerdings nicht anwendbar sind, weil diese die Steuerzahlungen - nicht aber die Befreiungen zum Inhalt haben. . 2. Die Grundsätze der staatlichen Gebühren erscheinen auf die gemeinnützigen Wohnungsunrternehmen in dem Sinne anwendbar, daß es sich nicht um einen Kostenersatz des Bürgers an den Staat, sondern - umgekehrt - des Staates an das Wohniungsunternehmen dafür handelt, das historiisch und theoretisch zuerst Bindungen übernommen hat und nunmehr hierfür den "Kostenersatz" (sprich: unternehmensbezogene Steuerbefreiung) erhält.1I 3. In diesem Sinne ist das von uns entwickelte ,;Äquivalenzprinzip" zu sehen. Ursache ist die freiwillige Übernahme von Bindungen, dieser folgt nach der förmlichen Anerkennung (steuertechnisch) die unternehmensbezogene Steuerbefreirung, die tatsächlich wie bei den Gebühren - nur im umgekehrten Verhältnis - einen Kostenersatz darstellt. 18 Es wäre zu prüfen, ob man nicht diese unternehmensbezogene Steuerbefreiung als "Negativsteuer" betrachten könnte. Siehe hierzuWilhelm Pfähler:Begriff und Formen der Negativsteuern, in: Finanzarchiv, Bd.31, .. Heft 2 (1972), S. 234 - 261. 14 Günter Schmölders: Finanzpolitik, 2. Auft., Berlin-Heidelberg-New York 1965, S.288. 15 Ebenda, S. 289 (Hervorhebung erfolgte durch uns, Jk.). 11 Wie. wir weiter oben dargestellt haben, ist das gemeiruiützige Wohnungsuntemehmen lediglich der Interventiönspunkt, die Mieter und Emerber sind .die InterventionsbegÜIlstigten.. 'Del"·;,Kostenersatz" kommt somit diesen zugute, nicht aber den gemeinnützigenWohilungsuntemehmen.
16. Abwägung zwischen Steuerbegünstigungen und Bindungen
221
Für diesen "Kostenersatz" gilt das von uns entwickelte Äquivalenzprinzip, das begrifflich, nicht aber inhaltlich mit der Steuerrechtfertigungslehre gleichen Namens übereinstimmt. Daß es sich bei den gemeinnützigenWohnungsunternehmen um ein Gleichgewicht zwischen den Bindungen und den sich daraus ergebenden Rechten der Steuerbefreiung - nunmehr eigentlich um einen Kostenersatz - handelt, hat auch Duwendag17 festgestellt: Duwendag führt zuerst (sie!) die Bindungen (Verzicht auf erwerbswirtschaftliches Streben, Kostendeckungsprinzip, Vermögensbindung usw.) an und fährt dann fort: "Als Äquivalent für diese Ve~haltens und Vermögensbindung,en werden den g. W. weitgehende Steuer- und Gebührenbefreiungen eingeräumt."18 Auch hier wird der Kausalzusammenhang - erst die Bindungen, dann die Befreiung,en - deutlich. Da es sich steuertechnisch rum Steruel1befreirungen18 handelt und nur um diese handeln kann, werden hieraus Steru er-"PrivHeg1en" ,abgelesen. T.atsächlich handelt es sich aber um einen Betrag, nicht des Bür,gers an den Staat, sondern des Staates an das gemeinnützige Wohnungsunternehmen, das freiwillig bestimmte Verhaltens- und Vermögensbindungen auf sich nimmt und an die Mieter bzw. Erwerber weitergibt.zO i
In diesem Sinne ist das von verstehen.
Ul1!S
entwickelte "Äquivalenzprinzip" zu
c) Das "Xquivalenzprinzip" fÜr die gemeinnützigen Wohnungsuntemehmen Bei der Abwägung zwischen den Bindungen UIlid den sich daraus ergebenden Steuerbefr,eiJungen (eigentlich: Kostenersatz des Sta'ates über das Wohnungsunternehmen 'an die Mieter oder Erwel1ber) sollte ein Gleichgewicht herrschen. Daher sprechen wJr von "Äq.uivalenzprinzip", das wir ,in einer makro- rund mikroökonomischen Form unterscheiden. 17 Dieter Duwendag: Artikel "Wohnungsuntemehmen", in: Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung, 2. Aufl., Hannover 1970, Bd. III, Spalte 3827 - 3832, insbesondere Spalte 3829. 18 Ebenda, Spalte 3829 (Hervorhebungen erfolgten durch uns, Jk.). 18 Die GebÜhrenbefreiungen spielen keine wesentliche Rolle, zumal sie im Rahmen der objektbezogenen Förderung allen Bauherren zustehen. zo Wenn einmal die förmliche Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen vorliegt, dann wird die Einhaltung dieser Bindungen unter anderem durch die jährlichen Pflichtprüfungen kontrolliert. Wie bei der Eheschließung und im "Faust": "Das erste steht uns frei, beim zweiten ' sind wir Knechte".
222
11. Die Charakteristika aa) .Das makroökonomische Xqulvalenzprinzlp
Bei der makroökonomischen Form des Äquivalenzprinzips handelt es sich darum, daß der Staat prüft, welche Kosten entstehen (hier: Steuerminderemnahmen aufgrund der Steuerbefreiung der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen) und welche Vorteile sich ,aus den Bindungen errgeben. 21 Auf diesen Vergleich könnte man wahrscheinlich die Kosten-Nutzen-Analyse (Cost-Benefit-Analyse) übertl"agen, deren wichtigste Eigenschaft wohl darm besteht, ,/daß seine AnwendUilig dem Versuch gleichkommt, die Rationalität des Pr,eissystems - sie besteht in der vergleichbaren Bewertung der Folgen ,alternativer Handlungen - auch bei der Lösung von A1ufgaben zu erreichen, die aus technischen Gründen von der Marktwirschaft per se nicht befriedigend igelöst wel"den können".!! Nach Stohler" wird die Kosten-Nutzen-Analyse aus dreif·achem Grunde immer häufiger angewandt: Einmal wird der Dualismus von Preissystem und "politischen" Entscheidungen in Zukunft mindestens für westliche Volkswirtschaften relevant; zum anderen liegt der Gedanke nahe, die einleuchtenden Vorteile des Preissystems als Methode der Realisierung ökonomischer Ziele auch in den Bereich der Kollektivgüter (nach Musgrave ."merit goods" und "social goods") zu extrapolieren; schließlich wird der Druck in Richtung auf eine Rationalisierung auch des staatlichen Bereichs des Wirtschaftens, in dem allen Anschein nach die größten RationaLisierungsreserven stecken, immer stäl'lker werden. Ausgehend von dieser zuletzt genannten Zielsetzung - der RationaUsierung des staatlichen Bereichs des Wirtschaftens - dürften sich Bund und Länder fragen, welche Vorteile (Verhaltens- tmd VeJ.'llDÖgensbindungen) sie aufgrund der unternehmensbezogenen Steuerbefreiung erlangen.u In einem KoordinatioIlSSystem können die Kosten (Umfang der Steuermindereinnahmen) 'als Horizontale eing,etragen werden, da - wie wir empirisch gesehen haben - der Steuerausfall in den letzten Jahren nahezu konstant war. Die Kosten sind die Größe O-K. 21 Hier wird deutlich, daß der Staat zuerst an die ihm entstehenden Kosten und dann erst an die Vorteile (Bindungen) denkt, obgleich historisch und theoretisch der umgekehrte Kausalzusammenhang vorhanden ist. Z2 So Jacques Stohler: Zur Methode und Technik der Cost-BeneHt-Analyse, in: Kyklos, Vol. XX (1967, 1.), S. 218 - 245, zitiert S. 218. 2S Ebenda, S. 218 f. 24 Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß der Staat aus einer anderen Interessenlage den Kausalzusammenhang zwischen Bindungen und Steuerbefreiungen umkehrt.
16. Abwägung zwischen Steuerbegünstigungen und Bindungen
223
Das makroökonomische Äquivalenzprinzip - schematische Darstellung Kosten (SteuereinnahmeausfaJl)
o~----------~~------------------~t 1 N - Nutzen (- Umfang des makro6konomlschen Nutzens auf Grund der Unternehmensbindungen) K - Kosten (- Umfang der unternehmenabezogenen Steuerbefreiung) Ä = Äquivalenzpunkt (_. Gleichgewicht zwischen KOlten und Nutzen)
Die Bindungseffekte schneiden die Horizontale: hier liegt das (theoretische) Gleichgewicht zwischen Kosten und Nutzen. Sofern die Bindungs- (Nutzen-) effekte unterhalb der Kosten-Horizontale liegen, überwiegen makroökonomisch die Kosten; sofern sie darüber liegen, überwiegt der Nutzen für die öffentliche Hand. Der Staat wird aus naheliegenden Gründen bestrebt sein, nach dem Rationalprinzip sich mit geringen Kosten einen großen Vorteil zu schaffen, d. h., er wird den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen nur dann die unternehmensbezogene Steuerbefreiung belassen, wenn zumindest ein Äquivalent erreicht ist." Daß die öffentliche Hand bestrebt ist, insbesondere in konjunkturpolitisch schwierigen Perioden einen hohen Nutzenvorteil zu ziehen, zeigt der Einfluß auf der Unternehmens- (Gesellschafter-) Ebene; obgleich die Mieten nicht kostendeckend sind, werden Mietwohnungen gebaut. Die Unternehmen mü'SSen "Ertragseinbußen" im Dienste des Allgemeinwohls hinnehmen (siehe die Bemerkungen im Zus'ammenhang mit der Opfertheorie).
U Es geht uns hier nur um den theoretischen Ansatz, nicht aber um die quantifizierende Bewertung der Nutzen (Bindungseffekte).
224
11. Die
Charakteristika
bb) Das mikroökonomlsche Äquivalenzprlnzip
Rationales Verhalten wird nicht nur bei dem Sta,at, sondern auch bei den Mitgliedern von Baugenossenschaften und Gesellschaftern von Wohnungsbaugesellschaften unterstellt. Diese werden bemüht sein, die Bindungseffekte zumindest im Gleichgewicht zu halten, so daß sich das Äquivralent 'ergibt. Wenn immer möglich, weIden die ,gemeinnützigen Wolmungsuntemehmen dhre Vorteile zu maximieren versuchen, so daß die Bindungseffekte niedriger als die Steuerbefl'eiungen sind. Hieraus ergibt sich eine konträre Interessenlage für den Staat und die Wohnungsunternehmen: Während der Staat mit g,eringen Kosten hohe Bindungseffekte erzielen will, werden die gemeinnützigen Wohnungsuntemehmen das entgegengesetzte Interesse haben. Dieses Interesse erstreckt sich aber nicht auf die geldwerten Vorteile der Steuerbefreiung - zum al diese an die Mieter und Erwerber weitergegeben werden -, sondern auch auf den eingeschränkten Tätigkeitsbereich. Da wir einen übergan:g vom Wohnungsbau zum Städtebau haben und somit auf die Bauherren immer komplexere Aufgaben zukommen - von der Bodenordnung bis zur Baukostensenkung über vorgefertigte Elemente - , werden die Bindungseffekte auch aus der sich wandelnden AußgabensteUung beurteilt wel'den müssen. Unter allen Bindungselementen dürfte für dynamische, an künftigen Aufgaben orientierten gemeinnützigen Wohnungsunternehmen die Begrenzu~g auf den Wohnungsbau ,am problematischsten sein, obgleich der Städtebau - Flächensanierung sowie Neubau von g,anzen Städten neue Dimensionen fordert und neue Aufgaben stellt. Sodann ist zu beachten, daß die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen ,als Genossenschaften dem MitgliederwHlen und als Gesellschaften den Absichten der Gesellschafter unterliegen. Diese Bindungselemente können in bestimmten Perioden einen stärkeren EiIllfluß als die gesetzlichen Bestimmungen ausüben. Es bereitet nahezu unüberwindbare Schwierigkeiten, diese generellen Aussagen zu quantifizieren; denn einmal kann die wohnungspolitische (regionale) Aufgabe sich wandeln, zumaooeren können die Genossenschaftsmitglieder bzw. Gesellschafter ihre Zielsetzungen ändern, dann sind die im Zeitablauf und von Land zu Land schwankenden Föroerungssätze zu beachten, und schließlich verhalten sich selbst bei gleichartiger Gesamtlage die VOl'Stände bzw. Geschäftsführungen sehr unterschiedlich. Um zu vergleichbaren Größen zu gelangen, müßte man einige "typische" Beispiele bilden und diese dann an Hand von Alternativrechnungen "durchspielen". So lange noch keine derartigen Beispielrechnungen vorliegen, kann man nur das Äquivalenzprinzip als theo-,
16. Abwägung zwischen Steuerbegünstigungen und Bindungen
225
Das mikroökonomische Xquivalenzprlnzlp - schematische Darstellung KostenvorteIl (Steuerentlastung)
s
O~----------~1~-------------------+t B = BIndungseffekte (- Umfang der BIndungen auf Grund der unternehmensbezogenen Steuerbefreiung) S = SteuervorteIl (- Umfang der untemehmensbezogenen SteuerbefreIung) Ä = ÄquIvalenzpunkt (- GleIchgewIcht zwIlChen der untemehmensbezogenen SteuerbefreIung und den BIndungen)
retisches Modell aufstellen, um die Wirkungen Vergleich - anrudeuten.
den Nutzen-Kosten-
d) Die Abwägung zwischen den Bindungen und den "Privilegien" Mit der bewußten Wahl des Begriffes "Privilegien" soll im letzten Abschnitt eine Abwägung zwischen den Bindungen und den Steuerbegünstigungen erfolgen. Mit anderen Worten: Wir gehen (im Gegensatz zu den bisherigen Darlegungen) ,davon aus, daß die gemeinnützigen WohIliUngsunternehmen steuerliche Privilegien erhalten. Dieser Annahme wollen wir dann ein~ge Fakten 'gegenüberstellen. aa) Eine globale Quantiftzierung
Eine globale, quantifizierte Betrachtung ergibt das fol,gende Ergebnis: Die Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin haben rund 60 Mill. Einwohner und emen WohnUIl!gsbestand von rtmd 22 Mil!. WE; hiervon entfallen rund 3,1 MU!. WE auf gemeinnützige Wohnungsunternehmen. Bei einer Belegung mit durchschnittlich 3,5 Personen werden somit rund 10 Mil!. Einwohner -mit Wohnraum durch Wilhnun,gsunternehmen versorgt, die den gemeinnützigkeits rechtlichen Bindungen unterliegen. 15 Jenkls
226
11. Die Charakteristika
Demgegenüber haben wir die unternehmensbezogenen Steuermindereinnahmen (Kosten) mit 250 Mill. DM jährlich .geschätzt. Hierbei handelt es sich nicht um einen sehr hohen Betrag, der zudem nicht den Wohnungsunternehmen, sondern den Mietern bzw. den Erwerbern zugute kommt.2B Mit anderen Worien: Mit einem jährlichen Betrag von DM 25,- je Person (nicht Mieter) der in den Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen lebenden Mietern werden die Bindungseffekte für 10 Mil!. Einwohner erzielt (10 Mill. Miet-Personen je DM 25,- = 250 Mill. Kosten bzw. Steuerminiiereinnahmen). Wenn uns auch Vergleichszahlen fehlen, so ,glauben wir doch sagen zu können, daß mit geringen Kosten ein hoher makroökonomischer Nutzen erzielt wird, zumalin ,dieser Berechnung die Eigentumsobjekte, die Ausstrahlung auf den gesamten Wohnungsmarkt, die positiven Wirkungen der von diesen Unternehmen ausgehenden Wohnungsreform usw. nicht berücksichtigt werden können. Mit anderen Worten: Die Bindungseffekte liegen oberhalb der Kosten-HoJ:1izontalen.27 bb) Einige empirische Feststellungen
Der Tatbestand, daß eine Reihe von gemeinnützigen Wohnungsunternehmen "freie" Töchter gegründet haben, deutet ,darauf hin, daß die Bindungen zu eng und die Steuerbefreiungen zu gering sind, um diese Wettbewerbsnachteile .in der sich wandelnden Aufgabenstruktur gerecht zu werden. Auch diese Tendenz spricht dafür, daß die makroökonomisch festgestellten Bindungsvorteile bei der öffentlichen Hand liegen, so daß keine Benachteiligung der übrigen Bauherren vorliegen dürfte. Zu ,diesem Ergebnis ist ,auch Hämmerlein28 gekommen: Seine Feststellungen wollen wir wie folgt gruppieren:
1. Die Dividendenbegrenzung und die Vermögensbindung: "Von den Rechtsfolgen her gesehen stehen den vermögenswirksamen Bindungen aus der Wohnungsgemeinnützigkeit zur Zeit keine Vorteile 21 In dieser sehr vereinfachten Quantifizierung sind nur die Mietwohnungen berücksichtigt, nicht aber die Eigentumsobjekte. ~7 Es erscheint angebracht, daß das ÄqUivalenzprinzip nicht nur fortentwickelt, sondern auch quantifiziert wird. 28 Hans HämInerlein: Die verwaltete Wohnungspolitik, Politik und Verwaltung, Heft 6, Baden-Baden 1968, S. 68 f. (Hervorhebungen erfolgten durch uns, Jk.). In diesem Zusammenhang darf hervorgehoben werden, daß Herr Dr. Hämmerlein, als er diese Broschüre schrieb, Ltd. Ministerialrat in der Landesregierung in Düsseldorf war, also nicht der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft .angehörte. Es liegt somit nicht die Aussage eines Interessenten vor.
16. Abwägung zwischen Steuerbegünstigungen und Bindungen
227
gegenüber, die dem Vermögen der Genossen, Gesellschafter oder Aktionäre 2lugute kommen. Ihre Beteiligung an einem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen ist wegen der in Kauf zu nehmenden Dividendenbegrenzung rund des V,erzichts aus EinlagenWl€rterhöhUIllg eine wahrhaft gemeinnützige Tat" (S. 68).
2. Die Wettbewerbslage: "... Es ist auch schwer verständlich, daß das gegenwärtige Steuerrecht wettbewerbswirksame Nachteile den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen aufbürdet. Bei einer vorsätzlich verursachten Aberkennung der Gemeinnützigkeit eines Wohnungsunternehmens, dessen Wohnungsbestand nach 1945 errichtet wurde, waren bei Anrechnung der außerhalb der Gemeinnütztgkeit erzielbaren Steuervergünstigungen keine nennenswerten steuerlichen Nachzahlungen zu leilSten. Es wird sich heute ,daher schwer begründen lassen, daß aus dem Status der Gemeinnützigkeit Vorteile erwachsen, die wettbewerbsverfälschend wirken, denn für die Vergabe öffentlicher Mittel gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bauherren." (S.69)
3. Der Grundsatz der Chancengleichheit: "Andererseits steht es jedem Unternehmer frei, diesen Status anzunehmen, der nicht zuletzt durch die ständig staatlich kontrollierte Führung der Geschäfte eine breite Vertrauensgrundlage genießt. Die Wettbewerbsgleichheit kann nur in der Chancengleichheit bestehen. Sie mag bis 1945 nicht bestanden haben. Heute ist sie aber gegeben." (S. 69) Diesen Feststelungen von Hämmerlein - insbesondere, daß zumindest nach 1945 keine wettbewerbsverfälschenden Vorteile vorhanden sind und daß jedes Unternehmen sich der Gemeinnützigkeit unterwerfen und damit die ,angeblichen "Privilegien" erwerben kann - vermögen wir keine weiteren Argumente hinzuzufügen, daß es sich bei den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen trotz der ihnen zugebilligten SteuerbegünsUgung nicht um privilegierte Unternehmen handelt.
111. Die gemeinnützige Wohnungs wirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung Einleitung zum dritten Kapitel In diesem Kapitel - das den Hauptteil des Sammelbandes darstellt - sind zum Teil sehr heterogene Aufsätze, Vorträge und Auszüge aus verschiedenen Büchern zusammengefaßt. Dennoch wurde der Versuch einer gewissen Strukturierung vorgenommen: Im ersten Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, ob das Gut Wohnung und damit die gesamte Wohnungswirtschaft innerhalb der Produktion und Konsumtion eine Sonderstellung einnimmt. Diese theoretisch anmutende Frage hat durchaus praktische und politische Bedeutung; denn wenn die Wohnung vornehmlich als wirtschaftliches Gut angesehen wird, dann sind die Bürger und Konsumenten aufgerufen, die Kosten in der Form der Miete zu bezahlen; sieht man dagegen die Wohnung als ein "gesellschaftliches" Gut (ein problematischer Begriff, der zahlreiche Interpretationen zuläßt) an, dann muß ein (großer) Teil der Produktionskosten durch Subventionen abgedeckt werden. Im zweiten Abschnitt dieses Kapitels wird auf die unterschiedliche Stellung der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften und Baugenossenschaften eingegangen: Beide Rechtsformen treten als gemeinnützige Wohnungsunternehmen auf und wirken nach außen als eine geschlossene Bauherrengruppe. Bei genauerer Betrachtung stellt man aber fest, daß trotz der gemeinsamen rechtlichen Klammer durchaus unterschiedliche Strukturen vorhanden sind. Gleichgültig, ob es sich um Kapitalgesellschaften oder um Baugenossenschaften handelt: Die Miete bildet für alle Rechtsformen (und über die gemeinnützige Wohnungswirtschaft hinaus) das Zentralproblem: Einmal deshalb, weil die Ertragslage die künftigen Investitionen maßgeblich beeinfiußt, zum anderen deshalb, weil die Miete zunehmend zu einem Politikum geworden ist und schließlich, weil die durch die Staatseingriffe verzerrten Mieten von den Bürgern als ungerecht empfunden werden. Bei dieser Diskussion geht es um die Frage, wie es zu einer wirtschaftlich vernünftigen und sozialpolitisch vertretbaren Lösung kommen kann. In diese Diskussion sind auch die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen einbezogen, die sich im Spannungsfeld zwischen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik befinden. Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft unterliegt einem Sonderrecht. Das schließt aber nicht aus, daß sie ein Teil der Gesamtwirtschaft ist. Das bedeutet, daß sie sich den nationalen und weltwirtschaftlichen Entwicklungen nicht entziehen kann. So wie man in der Volks- und Weltwirtschaft nach neuen Lösungen sucht, so sucht man nach diesen auch innerhalb der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft.
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111. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
Nicht nur in der (gemeinnützigen) Wohnungswirtschaft hat man nach einer Konkretisierung der künftigen Aufgaben gesucht. Ein Mittel zur Erhellung der Zukunft sind die Prognosen. Da das Gut Wohnung eine Nutzungsdauer von bis zu hundert Jahren hat, sollen Prognosen dazu beitragen, den künftigen Wohnungs- und Investitionsbedarf zu quantifizieren. Die Frage, ob daher der künftige Wohnungsbedarf prognostizierbar ist, erscheint zumindest umstritten. Es besteht ein Wettbewerb zwischen dem östlichen (planwirtschaftlichen) und westlichen (marktwirtschaftlichen) System. Vergleiche über die Effizienz der Systeme sind sehr problematisch, da einmal exakte und vergleichbare Daten kaum vorliegen und zum anderen ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem sich nicht nur in Statistiken erschöpft. Trotz dieser Vorbehalte habe ich mich um einen Ost-West-Vergleich bemüht, zumal sich das Gut Wohnung als langfristiges Gebrauchsgut besonders eignet. Auch bei diesem Vergleich kommt das Spannungsfeld besonders deutlich zum Ausdruck. Abweichend von den vorangegangenen Kapiteln werden die Vorbemerkungen mit den Quellenangaben den einzelnen Abschnitten vorangestellt, um hierdurch die Lesbarkeit zu verbessern.
Vorbemerkungen In der wohnungspolitischen Diskussion wird immer wieder darauf hingewiesen, daß die Wohnung - neben der Ernährung und der Bekleidung - zu den menschlichen Grundbedürfnissen gehört. Aber nicht nur dieser Tatbestand, sondern auch der, daß die Wohnungswirtschaft zahlreichen besonderen Bedingungen - wie Standortgebundenheit, langfristige Produktionsdauer, hohe Kapitalintensität, mangelnde Teilbarkeit, erheblicher Einfluß auf die Einkommensverwendung usw. - unterliegt, hat dazu geführt, daß man von der "Sonderstellung des Gutes Wohnung" spricht. Diese Sonderstellung hat nicht nur den Staatseinfluß begünstigt, sondern auch zur Gründung bzw. Entwicklung von gemeinnützigen Wohnungsunternehmen geführt. Gegenüber der sozialorientierten Auffassung von der Branchenbesonderheit ist aus marktwirtschaftlicher Sicht vorgetragen worden, daß jeder Wirtschaftszweig Besonderheiten aufweisen muß, um als solcher betrachtet bzw. anerkannt zu werden; die These von der Branchenbesonderheit werde häufig deshalb vorgetragen, um Vorteile - zum Beispiel - Subventionen zu erhalten. Mit der These von der Sonderstellung des Gutes Wohnung und der sich daran anschließenden Kritik habe ich mich in meinem Buch: Ursprung und Entwicklung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, Schriftenreihe des Instituts für Städtebau, Wohnungswirtschaft und Bausparwesen, Bd.24, Bonn-Hamburg 1973, beschäftigt. Hieraus werden abgedruckt: "Der Staatseinfluß auf die Wohnungswirtschaft" (S. 146 - 150) sowie "Die Sonderstellung des Gutes Wohnung" (S. 150 - 159).
A. Liegen in der Wohnungswirlschaft Branchen-Besonderheiten vor? In keinem anderen Wirtschaftszweig gibt es eine der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft vergleichbare rechtliche, steuerliche Ull!d organisatorische OrldnUIlig: Im Steuerrecht kennt man die "kleine" Gemeinnütztgkeit für Vereinigungen, die gemeinnützigen, wissenschaftlichen oder karitativen Zwecken dienen. Den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen hingegen ist durch die Gemeinnützigkeitsverordnung vom 1. Dezember 1930 und insbesondere durch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vom 29. Februar 1940 die "große", d. h. die unternehmensbezogene Gemeinnützigkeit zuerkannt worden.1 Gemäß § 8 Ziff.2 KStDV sind die Organe der staatlichen Wohnungspolitik und gem.§ 8 Ziff.1, 3 und 4 KStDV ,die gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsunternehmen von der Körperschaftsteuer befreit. Ähnliche Befreiungen gelten für die Gewerbe- und Vermögensteuer.: Obgleich eine Ermittlung bzw. Schätzung der gesamten unternehmensbezogenen Fiskalhilfen sehr problematisch ist, haben wir sie - relativ hoch - mit 250 Mill. DM jährlich angenommen;3 zum Vergleich sei angemerkt, daß die Finanzhilfen des Bundes sowie die Steuervergünstigungen des Bundes und der Länder im Etatjahr 1972 voraussichtlich 31,5 Mrd. DM betragen haben dürften.' Unabhängig davon, wie hoch die Steuerbegünstigung der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen tatsächlich ist, knüpfen wir hieran die Frage, ob in der Wohnungswirtschaft eine Branchen-Besonderheit vor1 Zu den Unterschieden zwischen der Gemeinnützigkeitsverordnung von 1930 und dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz von 1940 siehe August Flender: Aufgaben und Stellung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, in: Beiträge zu den Grundlagen eines Wohnungswirtschaftsgesetzes, Schriftenreihe des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau Bd.22, Hamburg 1967. 2 Zu den Rechtsquellen und dem Umfang der Steuermindereinnahmen siehe Helmut W. Jenkis: Privilegien versus Bindungen der gemeinützigen Wohnungsunternehmen, in: Wettbewerb in der Wohnungswirtschaft, Materialien zum Siedlungs- und Wohnungswesen und zur Raumplanung, herausgegeben von W. Ernst und R. Thoss, Bd. 1, Münster (Westf.), S. 31 - 111, insbesondere S. 55 H. - Zwischen den gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsunternehmen besteht ein Unterschied, auf den hier nicht eingegangen werden soll. S Ebenda, S. 58. , Ebenda, S. 62.
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III. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
liegt, die zu dieser Rechtsordnung zwangsläufig führte oder ob es sich um eine zufällige Entwicklung handelt, die aus historischen Gründen - Praxis seit etwa 1850, Weltwirtschaftskrise um 1930 - oder den ordnungspoIitischen Vorstellungen um 1940 entstanden ist.
17. Der Staatseinfluß auf die Wohnungswirtschaft Jaschinski5 stellt fest: "Der Bau von Wohnungen, die nach den Vorstellungen der jeweiligen Epoche als zumutbar für die minderbemittelten Bevölkerungskreise galten, ist nie ohne die Hilfe der öffentlichen Hand möglich gewesen. Volumen, Intensität rund Methoden haben dabei zwar je nach der herrscheIl!den sozialen Grrundhalrung und auch je nach der herrschenden staatlichen und wirtschaftlichen Ordnung gewechselt; das Ziel, die unterste Gruppe der Einkommensbezieher ,menschenwürdig' unterzubringen, blieb in ·allen Epochen unverändert." Diese These wird von Jaschinski wie folgt erläutert: 8 Bereits im Mittelalter gab es - wenn ,auch unzureichend - Ansätze für eine Hilfe durch die Städte für die nicht zu einem Bürgerhaushalt gehörenden minderbemittelten Bevölkerungsschichten. Man bezeichnete die behelfsmäßigen und primitiven Unterkünfte für die unterste Bevölkerungsschicht als "Buden". In diesen wohnten insbesondere die freien Hintersassen oder sonstige vom Erwerb 'ausgeschlossenen Personen. Diese Buden wurden von ,den Grundherren, aber ,auch von den Städten in primitivster Ausführung errichtet und den Bewohnern ·gegen Dienste oder Arbeiten überlassen. Da die Grundherren ihre Machtposition mißbrauchten - die zu leistenden Dienste standen ,häufig in keinem Verhältnis zum Wohnungswert - , "haben die Stadtverw·altungen sogenannte Budenorldnungen erlassen, in denen die Pflichten der Bu.rdenbewohner zur Zahlung von Schutzgeld, Miete und zur Leistung öffentlicher Dienste gegen T.agelohn gen au festgelegt wurden".7 Diese Regelung könnte man bereits als Mieterschutz oder Mietengesetzgebung bezeichnen. Die Blütezeit der deutschen Städtegründungen lag in der Zeit vom 13. bis zum Abschluß des 15. Jahrhunderts; in diesem Zusammenhang wird 5 Heinrich Jaschinski: Lehren aus der Geschichte der Wohnungspolitik, Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster, Vorträge und Aufsätze, Heft 21, Münster (Westf.) 1969, S. 6 f. (Hervorhebung erfolgte abweichend vom Original, Jk.). e Ebenda, S. 7 ff. - Siehe ferner Otto Kämper: Wohnungswirtschaft und Grundkredit, BerUn 1938, insbesondere S. 5 ff. 7 Kämper, S. 10.
17. Der Staatseinfluß auf die Wohnungswirtschaft
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auch auf die kolonisatorische Tätigkeit des Deutschen Ordens verwiesen. "Das 13. Jh. ist das große Jahrhundert der Städtegründungen, nicht nur in Deutschland, sondern insgesamt in Europa. Teils gingen die Städtegründungen der Anlage von Bauernsiedlungen voraus, teils folgten sie nach. Aber immer ging beides Hand in Hailid - das Ergebnis einer zielbewußten und tatenfrohen Planung."8 In Arugsburg wurde der 'bemerkenswerte Versuch ,gemacht, für "arme bedürftige Bürger und lnwohner zu Augsburg, Handwerker, Tagelöhner unid noch andere, welche nicht betteln wollen, bequemere Wohnungen zu sch,affen"" Es handelt sich um die von Jakob Fugger errichtete Kleinhaussiedlung, die "F11Iggerei".1O Seit 1516 wurden 104 Wohnungen in Zweifamilienhäusern gebaut, die eine große Ähnlichkeit mit den niederländischen Beginenhöfen - vornehmlich mit der großen Beginage in Brügge - haben. "Die erste Armensiedlung der Welt, die Fuggerei, ist eine Wohnstätte der schuldlos Ver:armten"11, die mit einer Jahresmiete eines rheinischen Gulden drei Zimmer, Küche und Garten erhielten. Bereits im Zeitpunkt der Gründung hailidelte es sich nicht um eine Miete, sondern um einen "Recognitionszins" (heute umgerechnet DM 1,72). Hierdurch wurde eine Deklassierung zum Almosenempfänger vermieden. - Die 1944 zerstörte Fuggerei wurde inzwischen wiederaufgebaut. Die Fuggerei entstammt der hohen Blüteperiode der Städte, deren Verfall mit dem 16. Jahrhundert begann. Epidemien, kriegerische Verwüstun:gen, das Fehdewesen un:d schließlich die Religionskriege markieren den Niedergang der Städte. Der Dreißigjährige Krieg ,bedeutet einen deutlichen Einschnitt, der eine neue Periode einleitet. Die Verluste waren groß: In Zerstörungsgebieten wurde die Bevölkerung über 60 bis 70 % dahingerafft, weitere große Gebiete haben etwa 40 % der ländlichen und 30 bis 35 % der städtischen Bevölkerung eingebüßt. "Viele Städte haben damals Schäden erlitten, von denen sie sich lange nicht oder ,gar niemals erholen konnten."1! Die nun folgende Periode des Merkantilismus (Kameralismus) reichte bis zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert: In diesem Zeitabschnitt 8 Friedrich Lütge: Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 2. Aufl., Berlin-Göttingen-Heidelberg 1960, S. 134 (Hervorhebung erfolgte durch uns, Jk.). 9 Zitiert nach Kämper, S. 11 f. 10 Siehe die kleine Schrift: Die Fuggerei, 0.0., o. J. (1970), mit der Einleitung von Gudila Freifrau von Pölnitz-Kehr und dem Beitrag von Otto Nübel. 11 Ebenda, S. 3. 1: Lütge: Wirtschaftsgeschichte, S. 336.
234 / III. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
herrschte der Wille vor, durch eine mit politischen Mitteln des Staates betriebene Ausgestaltung der Wirtschaft die produktiven Kräfte zu entwickeln. llierdurch kommt es zu einer Abwertung der sittLichen Werte, denn der Staat steht im Vordergrund und der einzelne wird zum Untertan; die Staatsräson ,gilt als oberstes Prinzip. Der moderne Fürstenstaat wandte sich mit besonderer Energie den wirtschaftlichen Fragen zu. Dem vorherrschenden Merk,antilismus lag die Auffassung ,zugrunde, die Produktivkräfte zu fördern. Hierbei wurde das ökonomische Denken von der staatswirtschaftlichen Richtung beherrscht. Unter diesem Einfluß entstand in Deutschland die "Kameralistik" als technische Kunstlehre. "Auch das Denken der deutschen Kameralisten war von dem Gedanken bestimmt, daß der Wohlstand eines Staates von der Größe seiner Bevölkerung und der Ausnutzung seiner produktiven Kräfte abhängt und daß mit der Zunahme der Bevölkerung auch die Chance ,gegeben sei, die produktiven Kräfte einer Wirtschaft zu erhöhen, und daß es die Aufgabe des Staates ist, eine solche Steigerung ,der Produktivität im Interesse der eigenen Machtvollkommenheit mit ,allen nur erdenklichen Mitteln zu fördern und zu erreichen."13 Bevölkerungspolitisch setzte eine "Peuplierungspolitik" ein; die Entwicklung neuer Gewerbezweige und Industrien zog die Menschen in die Städte14 ; die religiösen Verfolgungen führten zu zw.angswei:sen Bevölkerungsbew~gungen.15 Trotz der vorangeg,aIllgenen Bevölkerungsa'llsfälle w.ar es vielfach unmöglich, diesen Bevölkerungszuwachs in den alten Städten unterzubringen. "Diese Zeit war daher reich an planmäßigen Gründungen neuer Städte oder an planmämgen Stadterweiterungen. . . . In ganz Europa und ,auch in Deutschland sind viele Städte ,auf diese Weise neu gegründet oder erweitert worden."16 Mannheim wurde 1606 unter Beachtung der Regeln französischer Festungsbaukunst gebaut; Karlsruhe im Jahre 1715 angelegt. Ähnlichen Charakter trugen die da13 Gerhard Stavenhagen: Geschichte der Wirtschaftstheorie, 3. Aufl., Göttingen 1964, S. 24. 14 Wenn auch nicht vergleichbar mit der Verstädterung im 19. Jahrhundert, so handelt es sich doch bereits um eine Bewegung vom Lande in die Klein- und Mittelstädte. 15 Besonders bekannt wurde die Einwanderungspolitik der Hohenzollern, die verwüstete und schwach besiedelte Provinzen wirtschaftlich entwickeln wollten: Von rund 20 000 bis 30 000 Salzburgern wurde etwa die Hälfte in Brandenburg-Preußen und von etwa 500 000 bis 600000 Hugenotten rund 200 000 von den Hohenzollernfürsten aufgenommen. Zur Peuplierungspolitik gehörte auch die Förderung der Eheschließungen. - Siehe Lütge: Wirtschaftsgeschichte, S. 344 - 346. 18 Kämper, S. 15 (mit "auf diese Weise" sind die Festungsbaumeister nach französischem Vorbild gemeint).
17. Der Staatseinfluß auf die Wohnungswirtschaft
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mals umgestalteten Städte Erlangen, Düsseldorf, Ludwigsburg, Hanau, Darmstadt, Freudenstadt, Kassel, Braunschweig, Neuwied und andere. Die in Preußen entwickelte Ba'llpolitik war ein Teil der allgemeinen Verwaltungspolitik: Die Förderung des Gewerbewesens durch Freiheiten, Pr.ivilegien und Unterstützungen führte zu einem Bevölkerungszustrom in die Städte. Es wurde aber nicht nur eine Städtebaupolitik betrieben, sondern eine Bodenordn'llng sowie eineWohnungspolitik - in sehr modernem Sinne - verfolgt. Als repräsentativ können die Edikte des Großen Kurfürsten von 1667, die Edikte Friedrich Wilhelm 1. (insbesondere das von 1722) und die von Friedrich ,dem Großen ,angesehen werden, durch die staatliche Hilfe gewährt wurde. "Sie drücken den Inhalt der staatlichen Wohnungspolitikaller damaligen deutschen Staaten und der meisten anderen westeuropäischen Länder aus."17 In diesen Edikten kamen die folgenden Grundsätze der staatlichen Wohnungspolitik zum Ausdruck: 18 ,,(1) Wer bebaubare Grundstücke nicht bebaut, kann gegen Entschädigung zum Ackerwert enteignet werden ... (2) Der Staat stellt Baugrundstücke zum Ackerwert oder in Erbpacht
zu mäßigem ZiIlls zur Verfügung. (3) Unter gewissen Voraussetzungen gibt der Staat dem Bauherren unentgeltlich Steine, Holz und Kalk. (4) In gewissen Fällen gewährt der Staat auch Bauzuschüsse, und zwar bLs zu 15 v. H. der nachgewiesenen Baukosten. (5) Das neu errichtete Wohngebäude wird auf eine gewisse Dauer von Objektsteuern befreit; in Brandenburg-Preußen meistens für sechs Jahre, in Wien z. B. .aber sogar für 20 Jahre." Preußen gewährte 1736 mehr als 5 % ,der Gesamteinnahmenals Bauzuschüsse für Wohnungsbaumaßnahmen (einschließlich solcher im Rahmen der ländlichen Siedlungen); im J,ahre 1782 hat es sogar nahezu 12 % seiner Haushaltsmittel (von insgesamt 12 Mill. Talern) für diesen Zweck aufgewendet.19 Eine Ausnahme bildeten die Hansestädte, wo auch im Frühkapitalismus der private Wohnungsbau dominierte. Für diese Periode stellt Jaschinski fest: 20 "über die Wohnungspolitik der meisten Flächenstaaten im Zeitalter des Frühkapitalismus wird man 17 Jaschinski, S. 8. 18 Wir folgen Jaschinski, S. 8 f.; siehe ferner Rudolf Eberstadt: Handbuch des Wohnungswesens und der Wohnungsfürsorge, 4. Aufl., Jena 1920, S. 64 ff.; 19 Jaschinski, S.9. Gemessen an diesen Prozentsätzen ist die finanzielle Hilfe des modernen Staates sehr gering. 20 Ebenda, S. 10.
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IH. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
daher sagen müssen, daß sie weder in den grundsätzlichen Erkenntnissen noch in den Methoden der Wohnungspolitik den modernen Industriestaaten unterlegen ,gewesen ist." Erst im Hochkapitalismus bzw. Liberalismus hat man diese Form der Städtebau- und Wohnungspolitik verlassen, so daß me (weiter oben beschriebene) Wohnungsnot des 19. Jahrhunderts entstand, die die Wohnungsreform und damit die Grilndunggemeinnütziger Wohnungsunternehmen begünstigte. Gegenüber dieser positiven Beurteilung durch Jaschinski muß man aber - mit Lütge Zl - berücksichtigen, wie ,groß und schwierig die Aufgaben nach den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges waren, um die besonderen Züge des deutschen Merkantilismus (Kameralismus) zu verstehen: "Und da dies bei der damaUgen politisch-sozialen und psychologischen Situation nur im Rahmen einer staatlich geführten Wirtschaft möglich war, ist es verständlich, wenn in Deutschland dieses Eingreifen des Staates in besonders intensiver Form erfolgte und man sich über die Freiheitsrechte der einzelnen leichter hinwegsetzte als in anderen Ländern." Die allgemei:ne staatliche Intervention sowie die besonders intensiven Eingriffe der Landesherren in den Wohnungs- und Städtebau ist somit nicht - wie offensichtlich J,aschinski positiv annimmt - eine Folge der Einsicht, sondern ein El.'Igebnis der allgemeinen geistigen Haltung (Merkantilismus bzw. Kameralismus), die durch Bemühungen um die Beseitigung der Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges verstärkt wurden.!! Gegenüber dieserzeitbedingten Interpretation des Staatseinfiusses auf die Wohnungswirtschaft wird aber die Ansicht vertreten, daß es sich um eine ständige Aufgabe handele, die sich aus der Sonderstellung des Gutes Wohnung ergebe.
21 Lütge: Wirtschaftsgeschichte, S. 340 (Hervorhebung erfolgte durch uns, Jk.). - Wie stark die überwindung der verheerenden Folgen des Dreißigjährigen Krieges war, geht auch daraus hervor, daß - nachdem der Arbeitswille im Kriege geschwunden war - dieser erst wieder geschaffen werden mußte. "Erst damals ist - in harter Not - das deutsche Volk zu jenem Ausmaß an Arbeitsamkeit und Pflichteifer erzogen worden, was seitdem zu den vielfach umstrittenen Tugenden des deutschen Volkes gehört" (ebenda, S.338). n Wenn auch nicht ganz vergleichbar, so könnte man doch auf den Wiederaufbau nach 1945 verweisen. Da die ältere Generationen diesem Ziele nahezu alle anderen unterordnete, wil'ld sie heute von der jüngeren Generation kritisiert.
18. Die Sonderstellung des Gutes Wohnung Für die Sicherung der menschlichen Existenz1 benötigen wir die Ernährung, die Bekleidung und die Behausung. Bereits rein äußerlich liegen Unterschiede vor: Die Nahrungsmittel sind Verbrauchsgüter, die Bekleidung und Behausung wird durch Gebrauchsgüter mit unterschiedlicher Nutzungsdauer befriediJgt; die Güter weisen verschiedene Substitutionsmöglichkeiten auf; die Teilbarkeit dst unterschiedlich; verschieden große Einkommensteile werden für die einzelnen Bereiche aufgewendet usw. Diese unterschiedlichen Güterarten und -strukturen führen zu der Frage, ob das Gut Wohnung innerhalb der für die menschliche Existenz notwendigen Güter eine besondere Stellung einnimmt.
a) Die These von der Sonderstellung Lütge! stellt fest: "Unter allen Gütern, die der Mensch zur Befriedigung seiner Bedürfnisse verwendet, nimmt die Wohnung eine ganz be-
sondere Stellung ein." Diese Feststellung wir.d von Lütge wie folgt begr:iindet: 3 1. In der volkswirtschaftlichen Güterlehre unterscheidet man zwi-
schen den ProdJuktions- und Konsumgütern. Die Wohnung gehört zu den Konsumgütern, obgleich in der Wohnung nicht I1lUr konsu1 Hierbei geht es nur um die Grundbedürfnisse. In einer hochentwickelten Industriegesellschaft werden zahlreiche andere Konsumwünsche als unerläßlich betrachtet. 2 Friedrich Lütge: Wohnungswirtschaft, 2. Aufl., Stuttgart 1949, S. 32 (Hervorhebungen erfolgten durch mich, Jk.). 3 Ebenda, S. 32 ff. Inhaltlich folgen wir im wesentlichen Lütge, weichen aber in der Systematik und Argumentation zum Teil wesentlich ab. - Nach Fertigstellung des Manuskriptes erhielten wir die Arbeit von RoIf Kornemann: Fehlsubventionierungen im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau - Bilanz einer systemwidrigen Marktintervention -, Bonner Dissertation, Schriftenreihe des Instituts für Städtebau, Wohnungswirtschaft und Bausparwesen e. V., Bd. 25, Bonn 1973, S. 13 ff. Kornemann kommt zu dem folgenden Zwischenergebnis: "Die ,natürlichen Besonderheiten' rechtfertigen es nicht, den Wohnungsbau für alle Teile der Bevölkerung zu einer dauernden öffentlichen Aufgabe zu machen, dergestalt, daß sich der Gesetzgeber nicht damit bescheidet, einen Ordnungsrahmen für eine freie Entfaltung des Wettbewerbs, d. h. eine marktmäßige Wohnungsversorgung, zu setzen, sondern sich zu einer permanenten marktstörenden Intervention veranlaßt fühlt" (ebenda, S. 22).
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III. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung miert, sondern auch produziert wird. Die Produktion bezieht sich nicht nur auf erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten, sondern auf die Haushaltsführung, da die Konsumgüter zumeist erst in den Haushaltungen ihre e~gentliche Konsumreife erhalten.
2. Die Konsumgüter werden in Verbrauchs- und Gebrauchsgüter unterteilt: Währ,end die ersteren durch einen einmaligen Konsumakt vernichtet werden, zieht sich der Konsumakt der letzteren über einen längeren Zeitraum hin. Die Wohnung ist somit den Gebrauchsgütern zuzurechnen. Das trifft aber auch für die Kleidung sowi,e dauerhafte HaushaltsgegeIlJStände ("durables") zu. Aber es gibt keine anderen Gebrauchsgüter, die - wie die Wohnung über J·ahrzehnte oder sog,ar Jahrhunderte gebraucht (konsumiert) werden. 3. Diese langfristige Nutzung und das damit verbundene quantitative Moment haben erhebliche Unterschiede zur Folge: a) Während der gesamten Gebrauchsdauer bleibt die Wohnung ständig am Markt und somit dem Preisbildungsprozeß unterworfen bzw. beeinflußt die Preisbildung der neu auf den Markt kommenden Wohnungen. b) Dieser Preisbildungsprozeß wird einmal durch Verschiebungen des subjektiven Wertes (Änderungen des Geschmackes, der Konsumgewohnheiten, unterschiedliche Bewertungen der Lage, Ausstattung usw.) und zum anderen durch objektive Tatbestände (Entwicklung der Grundstückspreise, der Baukosten, Verhältnis von Wohnungsangebot und -nachfrage usw.) beeinflußt. 4. Die Wohnung gehört nicht zur Fahrhabe, d. h., sie ist unbeweglich tmd damit an ,einen bestimmten Standort gebunden.' Damit ist die Wohnungswirtschaft mit der Bodenfrage eng verbunden; denn sel,bst der Wolmw1agen benötigt eine Standfläche. Der Boden aber nimmt unter den Produktionsgütern eine besondere Stellung ein, da er nicht vermehrbar ist, besondere Preisbildungselemente (die Grundrente) vorliegen, öffentliche Belange zu berücksichtigen sind usw. 5 Im Konjunkturverlauf, bei Strukturänderungen und Wanderungsbewegwngen kann sich der Wohnungsbestand nicht an die neuen Standorte anpassen. , Hierbei wird von den Wohnwagen sowie transportablen Baracken oder ähnlichen Wohngelegenheiten abgesehen, da sie nicht zu den städtischen Wohnungen gehören. 5 Siehe hierzu Hans Möller: Der Boden in der politischen Ökonomie, Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann-WolfgangGoethe-Universität, Frankfurt/Main, Bd.6, Jahrgang 1967, Nr.1, Wiesbaden 1967. - Aus der Fülle der in jüngster Zeti erschienenen Literatur zur Boden-
18. Die Sonderstellung des Gutes Wohnung
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5. Der Wohnungskonsum befriedigt in der Regel nicht nur ein Indivi,ooalbedürfnis, sondern das eines Haushaltes (einer Familie). Dieser soziale Aspekt kommt auch darin zum Ausdruck, daß insbesonderedie städtische Wohnung im Zusammenhang mit anderen Wohnungen - entweder im gleichen Haus oder dn der Nachbarschaft - steht, so daß sich daraus soziale und soziologische Folgen ergeben. 6. In der Einkommensverwendung hat die Wohnungsmiete eine große Bedeutung, da erhebliche Einkommensteile für die Wohnung ausgegeben werden. Die Mietpreisbildung weicht in mancherlei Hinsicht von der Preisbildung für andere Konsumgüter -ab: Einmal wird durch die Wohnung ein "gestaffeltes Bedürfnis" befriedigt (so Lütge), da keine beliebige Teilbarkeit der Wohnung oder Räume vorliegt, zum anderen haben wir die Miete als eine sukzessive Kaufpreiszahlung bezeichnet, die aber auch Teile für die Verwaltung, Instandhaltung usw. enthält. 7. Der langen Gebrauchsdauer entspricht die langfristige Finanzierung, die zur Herausbildung des Realkredites geführt hat.' Mit dieser langen Gebrauchsdauer ist aber auch die Instandhaltung, Modernisierung und Sanierung verbunden.1 8. Bei der Erstellung des Gutes Wohnung liegt eine vergleichsweise lange Produktionsdauer (eigentliche Bauzeit etwa 9 bis 12 Monate, einschließlich Planung, Erschließung usw. etwa 3 bis 5 Jahre) vor, die weitestgehend von ,außen bestimmt wird (Baugenehmigung, Erschließung durch die Kommune, Bereitstellung von Kapitalmarkt- und öffentlichen Mitteln usw.). 9. Die Stellung des Wohnungsbaues im Konjunkturverlauf wird unterschiedlich beurteilt: Wagemann8 ging davon aus, daß der frage nennen wir: Bodenordnung und Bodenpolitik, Beiträge und Untersuchungen des Instituts für Siedlungs- und Wohnungswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Bd.78, herausgegeben von R. Thoss, Münster (Westf.) 1972. , Siehe hierzu Helmut W. Jenkis: Strukturwandlungen in der Realkreditwirtschaft - Spezialitätenprinzip versus Universalbankprinzip, in: Der langfristige Kredit, Heft 12 (1970), S. 343 - 355. 1 Daß die Instandhaltung und Modernisierung des Wohnungsbestandes nicht nur statisch - Beseitigung des Verschleißes -, sondern dynamisch gesehen werden muß, haben wir in einem internationalen Seminar in Budapest im Herbst 1971 dargelegt. Siehe hierzu vom Verfasser: Die Instandhaltung und Modernisierung des Wohnungsbestandes in der Bundesrepublik Deutschland, in: Bau-Markt, Heft 46 (1971), S. 2134 - 2141; Heft 49 (1971), S. 2293 - 2295. 8 Ernst Wagemann: Wirtschaftspolitische Strategie, 2. Aufl., Hamburg 1943, S. 319.
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III. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung Wohnungsbau auf Grund seiner Zinsabhängigkeit eine VorreiterRolle und "sozusagen der Schlingertank der in den Konjunkturstürmen schwankenden Wirtschaft" sei; DuwendagO dagegen lehnt diese Ausgleichsfunktion in der ,gesamtkonjunkturellen Entwicklung zumindest für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ab. lo Dennoch wird man dem Gut Wohnung eine Sonderstellung im Konjunkturverlauf einräumen. Das gilt nicht nur für die Neubautätigkeit, sondern ,auch für ,den Ei'l1Satz der Neubautätigkeit ,als Element der Konjunkturbelebung usw. (Konjunkturprogramme in der letzten Rezession).
10. Nicht nur in der Gegenwart werden Umweltprobleme mit der Wohnung und dem Wohnen in Verbindung ,gebracht: a) Die soziale Umwelt: Das Wohnen ist nicht nur ein rechtlicher und wirtschaftlicher Vorgang, sondern bedeutet auch eine soziale Integration bzw. Desintegration. Die Gewichtigkeit dieses Faktors wird insbesondere bei Kindern, bei alten Menschen sowie Sonder,gruppen (Flüchtlingen, Gastarbeitern, Problemgruppen) deutlich. b) Die technische Umwelt: Die Wohnung und das Wohnen nimmt in der von der Technik beinflußten Umwelt eine ambivalente Stellung ein; ,denn einmal belastet sie selbst die Umwelt (Aktiv-Rolle), Zlum anderen leidet sie unter den Umweltbelastun.gen (P,assiv-Rolle)Y Hier handelt es sich um die Bereiche Lärm, W,asser, Luft und Müll. Das Wohnen ist somit Bestandteil der Ökologie und Sozialökologie. 11. Folge dieser ökologischen Bedeutung ist, daß die Errichtung von Wohnungen und deren Gebrauch über die bautechnischen und rechtlichen Fragen hinaus der Mitbestimmung durch die Bürger ausgesetzt sind, wie es in keinem ,anderen Produktions- und Konsumtionsbereich gefordert und praktiziert wird. lz Typisch hierfür
° Dieter Duwendag: Investitionsdeterminanten im Wohnungs- und Städtebau während der deutschen Nachkriegsperiode, in: Jahrbuch der Sozialwissenschaft, Bd. 18 (1967), Heft 3, S. 223 - 272, insbesondere S. 270 f. 10 Unter dem Einfluß des Geldwertschwundes und der Flucht in die Sachwerte ist aber die Zinswirkung zumindest reduziert worden. Siehe hierzu Helmut W. Jenkis: Der Run auf ,Wohlstands-Eigentumswohnungen', in: Monatsblätter für freiheitliche Wirtschaftspolitik, Heft 1 (1973), S. 26 - 33. U Siehe hierzu Verband niedersächsischer Wohnungsuntemehmen: Tätigkeitsbericht 1971, Hannover 1972, S. 17 ff. 11 Es ist aber nicht auszuschließen, daß in Zukunft die betriebliche Mitbestimmung ausgebaut und intensiviert wird. Dennoch bleibt die Frage bestehen, ob nicht unterschiedliche Bereiche berührt werden und Intensitäten vorhanden sind.
18. Die Sonderstellung des Gutes Wohnung
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sind die Bürgerinitiativen, die (widerrechtlichen) Ha'usbesetzungen, der Sozialplan gemäß § 8 (2) StBauFG, ,die Demokr,atisierung der Planungspro:resse, die Bi1dung von Mieterbeiräten (insbesondere bei 'gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, z. B. bei der Neuen Heimat). Soziologen, Mediziner, Psychologen, Politiker usw. gewinnen einen ständig wachsenden Einfluß gegenüber den Architekten, Juristen und Kaufleuten, da die FOl"derung nach dem "humanen Städtebau" (so der Soziologe Bahl"dt) zunehmend den Neubau der Städte bzw. deren Modernisierung und Sanierung beei:nflußt. 12. Hatte das Bundesbaugesetz vom 23. Juni 1960 zum Ziel, die städtebauliche Entwicklung zu ol"dnen sowie die bauHche und sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten und zu leiten (§ 1 BBauG), so hat das Städtebauförderungsgesetz vom 27. Juli 1971 den Eingriff im öffentlichen Interesse verstärkt, so daß innerhalb einer marktwirtschaftlichen Ol"dnung, die auf dem Privateigentum beJ.1Uht, die private Verfügungsmacht reduziert wuooe (Sozialbindung des Eigentums gemäß Art. 14 [2] GG). Als Beispiele hierfür si~d Abbruch-, Bau- und Modernisierungsgebot (§§ 19 - 21 StBauFG) zu nennen, die k,eine Parallelen in den Bereich'en der Ernährung und Bekleidung finden. 13. Neben diesen öffentlich-rechtlichen Eingriffen sind das Sachen-, Hypotheken- und Grundbuchrecht zu nennen, die gegenüber den schuldrechtlichen Beziehungen Besonderheiten aufweisen. So z. B. schreibt § 313 BGB zwingend die Beurkundung vor. Auch der Grundsatz, "Kauf bricht nicht Mdete" (§ 571 BGB), weist auf das Spezifikum hin, das nicht erst in jüngster Zeit entwickelt wurde.
Aus diesem unvollständigen Katalog wird folgendes deutlich: "Das Wohnen ist ein wesentlicher Teil des Lebens, ist ein kulturell-sozialer Tatbestand; das wirtschaftliche Moment liegt bei der voraufgehenden oder laufenden Mitte1disposition, die das Wohnen ermöglicht. Und ebenso läßt sich das Wohnen nicht als techndscher T,atbestand erfassen. AUe diese im außerwirtschaftlichen Bereich W1Urzelnden F,akta, die, wie aber nicht übersehen wenden darf, auch ihrerseits wieder von volkswirtschaftlicher Bedeutung sind, klingen an in dem Wort ,Heim'."13 Insbesondere die zuletzt genannten Tatbestände - die über die ökonomische Betrachtung der Wohnung und des Wohnens hinausgehen machen deutlich, d.aß das Gut Wohnung UiIlter allen Gütern, die der Mensch zur Befriedtgung seiner Bedürfnisse (Ernährung, Bekleidung und Behausung) benötigt, eine ganz besondere Stellung einnimmt. 13
Lütge, S. 37.
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II!. WOhnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
b) Die Ablehnung von Branchen.,.Besonderheiten
Gegenüber dieser von uns herausgestellten Besonderheit der Wohnungswirtschaft - die sich aus der Sonderstellung des Gutes Wohnung ergibt -, hat Scheibu die These aufgestellt, daß es keine wirtschaftsund sozialpolitisch zu begründenden Branchen-Besonderheiten gäbe: Scheib stellt richtig fest, daß jede Branche, um als solche betrachtet zu werden, Besonderheiten aufweisen muß. "Diese Feststelll\lngist sogar logisch zwingend, weil eine Branche ohne Besonderheiten sich nicht einmal .gedanklich von anderen unterscheiden ließe."15 Hieraus lassen sich nach Scheib keinerlei Anhaltspunkte für .die Unterscheidung zwischen "Branchen-Besonderheiten" und "Normalbranchen" 'gewinnen. Daher könne man auch nicht die Forderung nach der staatlichen Intervention ·aufstellen und zwischen einer "besonderen" und "normalen" Wirtschaftspolitik unterscheiden. "Zusammenfassend läßt sich also sagen: Branchen-Besonderheiten liefern weder eine hinreichende noch eine notwendige Erklärung für lan,g.fristiges ungünstiges Abschneiden einer Produzentengruppe."1o Scheib prüft die Thesen an den Besonderheiten der Landwirtschaft und des Verkehrs. Hamm17 kommt gleichfalls zu dem ErgebIllis: "Die Branchenpolitik verführt schließlich zur Korrumpierung und bewirkt eine Perversion der einzelwirtschaftlichen Verhaltensweisen." Die Ablehnung von Branchen-Besonderheiten durch Scheib und Ramm bezieht sich ,auf T,atbestände, die unseres Erachtens nicht auf den Konsum des Gutes Wohnung übertragen werden können: Scheib lehnt die Besonderheiten vornehmlich deshalb ab, weil die Produzenten hieraus Benachteiligungen und aus diesen (Erhaltungs-) Interventionen ableiten; Ramm sieht in der Branchenpolitik, d. h. in den Schutzmaßnahmen des Staates die Gefahr, daß hierdurch der notwendige Strukturwandel - Umdisposition durch die W,anderung von Produktivkräften zu erfolgreicheren Einsatzstellen (so Hamm) - verhindert wild. Beide gehen bei der These von der Verneinung von Branchen-Besonderheiten von der AnbieteT!Seite (Produzenten) ,aus. Die von uns im Anschluß an Lütge vertretene Besonderheit des Gutes Wohnung geht jedoch von ,der Seite der Nachfrage, d. h. des Konsumenten (Mieters) aus 14 Hanns B. Scheib: Branchen-Besonderheiten, Veröffentlichungen des Forschungsinstituts für Wirtschaftspolitik an der Universität Mainz, Bd. 22, Heidelberg 1967, insbesondere S. 23 ff. 1t( Ebenda, S. 24. 10 Ebenda, S. 27. 17 Walter Hamm: Korrumpierende Branchenpolitik, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. April 1972.
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(wobei nicht übersehen werden darf, daß bestimmte Produktionsvorgänge auf die Konsumtion durchschlagen). Die verfehlte Branchenschutzpolitik mag bei der Beurteilung staatlicher Interventionen in der Bauwirtschaft zutreffen, gilt aber nicht für die Wohnungswirtschaft, die ein nicht substituierbares langfristiges, von zahlreichen ökonomischen, rechtlichen, soziologischen und sonstigen Faktoren beeinflußtes Gebrauchsgut anbietet. Wenn die Ablehnung der wirtschaftspolitischen Branchen-Besonderheitenauch für die Wohnungswirtschaft zutreffen sollte, dann würde dieses in der Tat bedeuten, daß die Staatsintervention im Merkantilismus nur Folge des Dreißigjährigen Krieges sowie Ausfluß des Staatsdenkens und der sich daraus ergebenden Wirtschaftsordnung war. Die Entwicklung der .gemeinnützigen Wohnungsunternehmen und des gesamten Wirtschaftszweiges würde dann nur als eine (zeitlich begrenzte) Antwort auf das Versagen des Liberalismus im 19. Jahrhundert zu betrachten sein. Damit wäre die Grundlage für ,die staatliche Intervention im Bereich der Wohnungswirtschaft (Neubau- und Bestandspolitik) sowie die steuerliche Begünstigung der gemeinnützi.gen Wohnungsunternehmen entzogen. Scheib18 untersucht insbesondere die Frage, ob einzelne Branchen mit unabänderlichen und benachteiligenden Besonderheiten behaUet sind, die die staatlichen Interventionen erforderlich machen. Dieses Argument ist aber weder von Einzelpersonen (z. B. Vietor Aime Huber) noch von den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen vorgetragen worden. Man hat vielmehr ,darauf hingewiesen, daß ohne eine staatliche Ordnung ,des Bau-, Boden- und Finanzierungsmarktes Tatbestände geschaffen werden, die beim langfristigen Gebrauch einer unter solchen Bedingungengebauten Wohnung nachteilige Folgen für die Mieter (Konsumenten) haben. Nicht die Produzenten, sondern die Konsumenten werden auf Grund der Besonderheiten des Gutes Wohnung geschädigt. Im übrigen: Die Hamburger Lösungsversuche haben Igezeigt, daß jegliche staatliche Begünstigun,g strikt abgelehnt wurde. Die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen entstanden entweder als "Hilfe von oben" oder als genossenschaftliche Selbsthilfeorganisationen ("Hilfe von unten"), um die aus der liberalen Wirtschaftsordnung sich ergebende Wohnungsnot zu beseitigen oder zumindest zu mildern. Erst danach wurde diese unternehmensbezogene Verhaltensweise vom Staat nicht nur akzeptiert, sondern übernommen, rechtlich geordnet und fortgebildet, da die Sonderstellung des Gutes Wohnung und damit der Wohnungswirtschaft dieses innerhalb eines sozial-normativen Systems 18
16·
Scheib, S. 10.
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III. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
erfordert. Wie wir an anderer Stellele darauf hingewiesen haben, kommt die staatliche Intervention in der Form ,der ,steuerlichen Begünstigung nicht den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen (dem Interventionspunkt), sondern ·den Mietern oder Erwerbern ,als Konsumenten (den Interventionsempfängern) zu Gute. Das aber bedeutet, daß die Sonderstellung des Gutes Wohnung zu Br.anchen-Besonderheiten führt, die nicht eine Subventionierung der Produzenten - ,gemeinnützigen Wohnungsunternehmen -, sondern der von d1eser Sonderstellung beeinflußten Konsumenten - insbesondere Mieter -zur Folge hat. Damit liegt nicht nur eine Sonderstellung für das Gut Wohnung und für die Branche Wohnungswirtschaft, sondern auch eine sozial-normativ begründete Abweichung ,gegenüber anderen Branchen vor. Diese so begründete Branchen-Besonderheit ist die wirtschafts- und sozialpolitische Rechtfertigung ,dafür, daß die EinzeIgrundungen von gemeinnützigen Wohnungsunternehmen in die Schaffung des Wirtschaftszweiges gemeinnützige Wohnungswirtschaft einmündeten und vom Staat steuerlich begünstigt wurden. Gegenüber den von uns - in Anlehnung an Lütge - aufgeführten Besonderheiten des Gutes Wohnung :und der sich daraus ergebenden Branchen-Besonderheit könnte man mit Scheib die Ansicht vertreten, daß diese lediglich logisch bestätigen, daß eine Branche vorhanden ist. Mit anderen Worten: Diese sogenannten Besonderheiten sind nichts anderes als die notwendige Kennzeichnung eines Wirtschaftszweiges. Da es sich letztlich um eine begriffliche Abgrenzung handelt, und zwar um eine NominaLdefinition!O, steht es jedem frei, sich dieser Nominal19 Helmut W. Jenkis: Privilegien versus Bindungen der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, in: Wettbewerb in der Wohnungswirtschaft, Materialien zum Siedlungs- und Wohnungswesen und zur Raumplanung, herausgegeben von W. Ernst und R. Thoss, Bd. 1, Münster (Westf.) 1972, S. 31 - 111, insbesondere S. 40. !O Es ist hier nicht der Ort, um auf die umfangreiche und komplizierte Definitionstheorie als Teil der Logik einzugehen. In der Definitionstheorie unterscheidet man unter anderem zwischen der Nominal- und der Realdefinition: "Eine vorgelegte Definition ist (in erster Näherung) eine Nominaldefinition, wenn der durch sie eingeführte Begriff relativ willkürlich gewählt worden ist und ohne größere Umstände durch einen anderen ersetzt werden kann, und ist eine Realdefinition, wenn derartige willkürliche Ersetzungen nicht zulässig sind ... Richtig ist, daß durch Nominaldefinitionen die jeweiligen Begriffe durch Festsetzung mit Komplexen von anderen identifiziert werden, so daß sie also per definitionem wahr sind und damit niemals falsch sein können; in Diskussionen und Argumentationen haben sie daher den gleichen unangreifbaren Status wie die logisch wahren Urteile, im Gegensatz zu den Realdefinitionen, die sich gelegentlich auch als falsch erweisen können." Siehe Wilhelm K. Essler. Wissenschaftstheorie I: Definition und Reduktion, Freiburg-München 1970, S.41 (Hervorhebungen erfolgten zum Teil abweichend vom Original, Jk.). Die Grenzen zwischen den Nominal- und den Realdefinitionen sind fließend und somit nicht eindeutig und nicht ohne Willkür bestimmbar.
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definition zu bedienen. Wir hingegen gehen von der - bewußt herausgestellten - Nominaldefinition aus, daß die aufigezeigten Spezifika des Gutes Wohnung zu einer Branchen-Besonderheit führen, bei der ,aber nicht die Produzenten, sondern die Konsumenten eines besonderen Schutzes bedürfen.Z1
c) Die ordo- und sozialliberale Position Müller-Armack:Z2 , ,der die staatliche Lenkung und Zwangswirtschaft auch in der Bau- un:d Wohnul1lgswirtschaft ,ablehnte, erkannte die Mängel des Bauliberalismus und des Marktmechanismus: "... In der Epoche des Bauliberalismus wiederholte die damalige Zeit nur ihre ,auch auf anderen Gebieten begoogenen Fehler, in einem freien Markt bereits die volle Gewähr für eine befriedigende Gesamtordnung zu sehen. Darin lag ein folgenschwerer Irrtum, denn so wenig derWettbewerbsmarkt, wie wir sahen, einer öffentlichen Ordnung zu entbehren vermag, welche die Einhaltung seiner grundlegenden Spielregeln sichert, so wenig vermag die mal"ktwirtschaftliche Regelung des Bauens schon eine sinnvolle einheitliche Aufschließung von Stadtgebieten zu gewährleisten. Der Marktapparat ist ein formales Organisationsgefüge, ein geradezu unentbehrliches Instrument wirtschaftlicher Kooperation, aber wie sollte er als solch formales Instrument schon die Fähigkeit besitzen, jenen vielfältigen kulturellen, sozialen, ästhetischen und hygienischen Gesichtspunkten gel'echtzu werden, die sich die Raumplanung zum Ziel setzt." Hierbei wird sehr deutlich, daß Müller-Armack: auch im Bereich der Bau- und Wohnungswirtschaft gegenüber der Planwirtschaft der Marktversorgung den Vorrang gibt, daß er aber anerkennt, daß der Marktapparat als ein formales Organisationsgefüge23 nicht in der Lage ist, 21 Neben der von uns gewählten Nominaldefinition könnten wir ferner argumentieren, daß die aufgezeigten Besonderheiten des' Gutes Wohnung zum Umschlagen von einer quantitativen Veränderung in eine qualitative führt (umfassend von Hegel dargestellt): "überschreiten. die quantitativen Veränderungen schließlich das für das Objekt zulässige Maß, dann negieren, sprengen sie die Einheit von Quantität und Qualität. Die Qualität hört auf zu existieren, verwandelt sich in eine grundlegend andere, die mit der veränderten Quantität eine neue Einheit bildet, welche sich in einem neuen Maß manifestiert." Siehe: Philosophisches Wörterbuch, herausgegeben von Georg Klaus und Manfred Buhr, 8. Auft., Leipzig 1971, Bd. 2, Stichwort "Qualität und Quantität", S. 898 - 902, zitiert S. 899. - Die von uns aufgezeigten quantitativen Besonderheiten des Gutes Wohnung im Vergleich zu den übrigen menschlichen Grundbedürfnissen der Ernährung und Bekleidung bedeuten demnach, daß ein qualitativer Sprung eintritt, so daß sich das Gut Wohnung in einem neuen Maß manifestiert. . 22 Alfred Müller-Armack: Wirtschaftslenkungund Marktwirtschaft, Hamburg 1947, S. 111.
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III. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
der Sonderstellung :des Gutes Wohnung gerecht zu werden, da dieses nicht nur einen wirtschaftlichen Bedarf deckt, sondern auch außerökonomische Elemente enthält. Folgericht1g fügt Müller-Armack24 an gleicher Stelle hinzu: "Die Sünden des BauliberaliJSmus sind nicht der Marktwirtschaft zuzurechnen, sondern der staatlichen Führung, die es unterließ, der ungeheuer expansiven Bautätigkeit jener Zeit bestimmte Daten zu setzen, Richtungen zu weisen, beziehungsweise Grenzen zu ziehen, um die übereinstimmung des Bauens mit der kulturellen Gesamtüberzeugung zu sichern. Es fehlte, kurz gesagt, eine Steuerung des marktwirtschaftlichen Bauens." Müller-Armack verweist mit keinem Wort auf die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, sondern stellt heraus, ,daß die überlegene marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung der (staatlichen) Steuerung bedurfte und bedarf.!5 Diese staatliche Steuerung kann in den einzelnen Wirtschaftszwevgen in sehr unterschiedlicher Form erfoLgen. In der Wohnungswirtschaft haben sich - wie wir ausführlich darstellten die gemeinnützigen Kapitalgesellschaften (Hilfe von oben) und die Wohnungsbaugenossenschaften (Hilfe von unten) gebildet, um die Fehler des Bauliberalismus zu beseitigen. Erst nachträglich hat der Staat vereinzelt, dann systematisch, diese Unternehmen zu Steuerungsinstrumenten ausgebaut, indem er .das Recht vereinheitlichte, seitdem Steuerbegünstigungen gewährt und den Unternehmen Bindungen wferlegt. Auch aus ordo- und sozialliber,aler Sicht sind somit die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen als legitimer Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft!8 ,anzusehen. Es ist dagegen eine ganz andere Frage (auf die !3 Gleicher Auffassung ist auch Bruno Molitor (Die Marktwirtschaft kann sozialen Zielen dienstbar gemacht werden, in: Wirtschaftswoche, Heft 28 [1972], S. 30 - 34): "In Wahrheit stellt die Marktwirtschaftsordnung nichts anderes als eine Organisationstechnik dar, die die beiden Grundprobleme einer jeden Gesellschaftswirtschaft, nämlich die Koordination der einzelwirtschaftlichen Pläne und den Anreiz für den Einsatz von Faktorleistungen durch die Wirtschaftssubjekte, auf bestimmte Weise beantwortet: freispielendes Preissystem und Einkommensdifferenzierung" (S. 30). 2' Müller-Armack, S.111 (Hervorhebung erfolgte durch uns, Jk.). 25 Leonhard Miksch (in: Wettbewerb als Aufgabe, Stuttgart-Berlin 1937, S.9) hat gesagt, daß die Wettbewerbspolitik "eine staatliche Veranstaltung" wird, d. h. an die Stelle der "Naturordnung" die staatliche Wettbewerbspolitik tritt, die nicht nur den Wettbewerb aufrecht erhält, sondern auch soziale, kulturelle, hygienische und andere außerökonomische Komponenten berücksichtigt. 21 Es würde hier zu weit führen, um die Unterschiede zwischen dem Ordoliberalismus und der sozialen Marktwirtschaft herauszuarbeiten, zumal sehr unterschiedliche Ansichten vertreten werden. Siehe hierzu Reinhard Blum: Soziale Marktwirtschaft, Tübingen 1969, insbesondere S. 116 - 122 sowie S. 281 - 287.
18. Die Sonderstellung des Gutes Wohnung
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hier nicht eingegangen wird), ob die wohnungswirtschaftliche Gemeinnützigkeit unternehmens- oder objektbezogen sein soll!7, ob eine objektoder subjektbezogene öffentliche Förderung stattfinden 5011 U5W.
27 Siehe hierzu Hans Hämmerlein: Die verwaltete Wohnungspolitik, Reihe: Politik und Verwaltung, Heft 6, Baden-Baden 1968, insbesondere
S. 67 ff.
B. Die unterschiedliche Stellung der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften und Baugenossenschaften im Markt Vorbemerkungen Innerhalb der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft haben die Kapitalgesellschaften und die Baugenossenschaften eine unterschiedliche Stellung am Markt: Die Kapitalgesellschaften werden hinsichtlich ihrer Aufgabenstellung und Zielsetzung von den Kapitaleignern bestimmt, die in der Regel nicht zugleich Mieter sind. Dagegen ist bei den Baugenossenschaften eine Identität zwischen der Mitgliedschaft und dem Mietverhältnis vorhanden. Aus dieser personengebundenen Beziehung ergibt sich eine Sozialbindung, die die Marktposition überlagert. Die aus dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz resultierenden Bindungen sind den Genossenschaften nicht wesensfremd. Die Kapitalgesellschaften, die diesen gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen unterliegen, werden dagegen domestiziert, d. h. "gezähmt". Diese Domestikation der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften ist bisher entweder überhaupt nicht oder nicht genügend beachtet worden. In meinem Buch: Größe und Größenstruktur gemeinnütziger Wohnungsunternehmen, Schriftenreihe des Instituts für Städtebau, Wohnungswirtschaft und Bausparwesen, Bd. 20, Bonn-Hamburg 1970, habe ich mich mit diesen Fragen beschäftigt: Die "Domestikation" der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften (S. 170 - 174) und mit dem Thema: Die konvergierenden und divergierenden Stilelemente (S. 174 - 177).
19. Die "Domestikation" der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften W,ir haben gesehen, daß die Genossenschaften eine Doppelnatur - Wirtschaftsunternehmen und Sozialgebi1de - haben. Bei den Kapitalgesellschaften ist diese Doppelnatur nicht vorhanden; denn sie sind Wirtschaftsunternehmen, die nach rationalen bzw. rationellen Methoden ·arbeiten, um - zumindest in der klassischen Theorie - ihren Gewi!l1n zu maximieren. 1 Schumpeter2 betrachtet die ökonomische Tätig1 Nach Helmut Cox (Analyse und Theorie der einzelwirtschaftlichen Strukturen als Gegenstand der Unternehmensmorphologie, in: Archiv für öffentliche und freigemeinnützige Unternehmen, Bd. 8, Heft 4, S. 289 - 326) ,,(kann) das.. Axiom des Zielmonismus, vor allem die Gewinnmaximierungshypothese, der Realität nicht Rechnung tragen" (ebenda, S.289).
19. Die "Domestikation" der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften
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keit nicht als Mittel der BedürfnisbefriediJgung - diese These ist ein "sehr wirklichkeitsfremder Ausgangspunkt für eine Theorie der wirtschaftlichen Tätigkeit in einer kommerziellen Gesellschaft" - , sondern geht von der These der Profite aus. Aus dieser Sicht ,,(ist) ,die Produktion eine Nebenerscheinung beim Erzielen von Profiten." Gesamtwirtschaftliche Ziele wel.'lden danach nur nebenbei verwirkl,icht. Es scheint ein unabdingbarer Beweggrund des menschlichen Hantdelns zu sein, auf das sowohl in den zentralverwaltungswirtschaftlichen als auch in den marktwirtschaftlichen Wirtschaftsverfassungen nicht verzichtet werden kann. 3 Auch wenn das Prinzip der Gewinnmaximierung keineswegs immer die beherrschende Rolle gespielt hat' - z. B. in den Zünften oder in der modernen Wirtschaft, in der der langfristige Absatz oder die Stabilität des Unternehmens einen Vorrang haben können - , so ist das Gewinnstreben doch unverkennbar. Wenn es auch nicht das Hauptziel des wirtschaftlichen HandeIns ist, so nimmt es doch eine vorrangige Position ein. Im Gegensatz hierzu ist die Zielsetzung der Kapitalgesellschaften in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zu sehen: Von der Rechtsform her handelt es sich um Unternehmen, die - abweichend von den Genossenschaften - nach kapitalistischen Gnmdsätzen arbeiten: Die Geschäftsführer (Manager) streben nach der Entfaltung ,dynamischer Kräfte, da nach Schumpeter5 der Unternehmergewinn nur ,dann entsteht, wenn der statische Zustand überwunden wird. Aber auch die Kapitaleigner (Gesellschafter) werden nach einer maximalen Gewinnerzi,elung streben, um einmal eine hohe Rendite (Dividende) zu erhalten oder spätestens bei der Liquidation des Unternehmens die stillen Reserven zu realisieren.
2 Joseph A. Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus, Demokratie, 2. Aufl., Bern 1950, S. 448. - Dagegen hebt Oskar Lange (in: "Political Economy", Vol. I: General Problems, Oxford-London-New York-Paris 1963, S. 166) hervor, daß in der kapitalistischen Wirtschaft die Gewinnmaximierung unabdingbar ist: "In a capitalist enterprise, on the other hand, there can be no alternative to the drive for profit: everything is quantified and calculated in monetary units, everything is bought or sold for money, and profit is the only end of the enterprise's activity. In a capitaIist enterprise the maximization of profit is an economic necessity." 3 So Elisabeth Liefmann-Keil: "Einführung in die politische Ökonomie" (Herder-Bücherei), Freiburg i. Br. 1964, S. 131. , "An die Stelle monistischer Ziele treten pluralistische Zielkonzepte, denen eine Vielfalt einzelwirtschaftlicher Ziele zugrunde liegt. Dabei wird die Fiktion des ,homo oeconomicus', der vom sogenannten rein wirtschaftlichen Standpunkt aus handelt, weitgehend über Bord geworfen." eox, S. 290. 5 Joseph Schumpeter: Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, 4. Aufl., München-Leipzig 1935, S. 100 f. bzw. S. 207 ff.
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III. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
Bei der Skizzierung der gemein!llützigkeitsrechtlichen Vorschriften haben wir gesehen, daß diese erwerbswirtschaftliche Orientierung bei den gemeinnützigen Kapitalgesellschaften weitestgehend ausgeschlossen ist: Die gemeinnützigen WohnUlligsunternehmen sind keine karitativen Einrichtungen, sondern Wirtschaftsuntemehmen; kraft Gesetz sind sie aber v.erpflichtet, den Selbstkostenpreis zu ermitteln und hierauf den Preis (Miete, Nutzungsgebühr, Verkaufspreis) abzustellen. Weil ein höherer Ertr,ag nicht ,ausgeschlossen werden kann, ist die Dividendenzahlung ,auf 4 Ufo begrenzt. Da insbesondere in der Wohnungswirtschaft aufgrund der schleichenden oder galoppierenden Inflation der Grund und Boden erhebliche Preissteigerungen erfährt, könnten die Gesellschafter durch eine Liquidation des Unternehmens die stillen Reserven realisieren (um dann vielleicht ein naues gemeinnütziges WohDIUngsuntemehmen zu gründen, und um dieses Verfahren erneut anzuwenden). Aber ,auch derartigen .A!bsichten hat ·der Gesetzgeber einen Riegel vorgeschoben, da die Anteilseigner nur ihren Nominalanteil zurückerhalten. Hier zeigt es sich, daß - wie die Unternehmensmorphologie es verlangt - die rein juristische Betrachtung der Unternehmensform nicht ausreicht. Auf der 1955 durchgeführten Kölner TagungS über die Unternehmensmorphologie bemerkte Spitaler7 hierzu: "So sind denn die gesetzlich festgelegten Formen des Gesellschaftsrechts in einem erheblichen Umfang zu leeren Gefäßen, zu inhaltlich an sich unbestimmten Formen, geworden, in die man einen beliebigen Inhalt hineinlegen kann." Dieses trifft für sämtliche Unternehmen und Rechtsformen zu. Der Unterschied zwischen den gemeinnützigen Kapitalgesellschaften und diesen Rechtsformen in den anderen Wirtschaftsbereichen besteht aber darin, daß auch außerhalb der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft eine inhaltliche Gestaltungsjreiheit 'gegeben ist, während sie bei den ·gemeinnützigen Kapitalgesellschaften durch das Gemeinnützigkeitsrecht nicht DlUr weitestgehend aufgehoben wurde, sondern auch in bestimmte Richtungen gelenkt wird. Mit anderen Worten: Die gemeinnütz~gen Bestimmungen lassen zwar die Typen- (Rechtsformen-) Wahl zu, schränken .aber die inhaltliche Gestaltungsfreiheitasymmetrisch - und zwar nur -auf der ADJgebots-, nicht aber auf der Nachfrageseite S Siehe: "Die Morphologie der einzelwirtschaftlichen Gebilde und ihre Bedeutung für die Einzelwirtschaftspolitik - Bericht über die Kölner Tagung 1955 -", Schriften des Seminars für Genossenschaftswesen an der Universität Köln, herausgegeben von G. Weisser, Bd. 1, Göttingen 1957; für die Wohnungswirtschaft siehe Julius Brecht: "Die Unternehmenstypen in der Wohnungswirtschaft und die Bestrebungen zur Reform des Genossenschaftsund Gemeinnützigkeitsrechtes", S. 77 - 97. 7 Armin Spitaler: "Die rechtswissenschaftliche und die morphologische Betrachtung der Unternehmen in ihrem Verhältnis zueinander", ebenda, S. 39 - 48, zitiert S. 43 (ohne Hervorhebung des Originals).
19. Die "Domestikation" der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften
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ein.8 Damit werden nicht nur der Gestaltung, sondern auch dem Mißbrauch Grenzen gesetzt.' Das aber bedeutet, daß die gemeinnützigen KapitaLgesellschaften in ihrer qualitativen Struktur (Morphologie) prädisponiert sind. So wie Kurt Biedenkopf eine oronungpolitische Domestikation von Karl Schiller verlangt, so könnte man hier davon sprechen, daß die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen in. der Rechtsform der Kapitalgesellschaften durch das WGG "domestiziert" werden.10 Diese Domestiklation bedeutet ,aber nicht, daß deswegen die Grundsätze des wirtschaftlichen HandeIns ,aufgegeben werden müssenP Im Gegenteil, auch die gemeinnützigen Kapitalgesellschaften sind Unternehmen, die nach der Regel der Wirtschaftlichkeit arbeiten. Obgleich diese Dispositionen denjenigen eines Erwerbsunternehmens ähneln, unterliegen sie dem gesetzlichen Auftrag, qualitativ gute Wohnungen preisgünstig bereitzusteHen. Diese unternehmerische Zielsetzung "erfordert sog,ar ein besonders hohes Maß an betriebswirtschaftlicher Rationalität".1% Mit Weisser13 kann man feststellen: "Bedingung, aber nicht Ziel erfolgreichen Wirkens gemeinnütziger Wohnungsunternehmen ist, daß sie betriebswirtschaftlich einwandfrei und nach neuestem Stand der betriebswirtschaftlichen Erkenntnis disponieren. - Bedingung, aber nicht Ziel."14 8 Auf die Asymmetrie gehen wir weiter unten ausführlicher ein. , In dem vom Gesamtverband gemeinnütziger Wohnungsuntemehmen herausgegebenen Gesellschaftsvertrag (Mustervertrag für Wohnungsbaugesellschaften mbH, Ausgabe Juli 1960) werden insbesondere in den §§ 2 und 3 die gemeinnützigkeitsrechtlichen Auflagen (Gegenstand des Unternehmens, Vertragsmuster sowie Preisverhalten) fixiert. 10 Es bedarf allerdings der Hervorhebung, daß sowohl die Dividendenbegrenzung als auch die vermögensrechtliche Bindung vor der rechtlichen Kodifizierung in der Praxis entwickelt, also nicht durch das positive Recht erzwungen wurde. Man könnte von einem "gemeinnützigen Naturrecht" sprechen. 11 Auch Wilhelm Röpke ("Jenseits von Angebot und Nachfrage", 4.Aufl., Erlenbach-Zürich und Stuttgart 1966, S. 182) bemerkt, daß man die Motive des wirtschaftlichen HandeIns nicht bloß auf materielles Streben reduzieren kann, da der "homo oeconomicus" als Durchschnittstypus nicht existiert: "Die Motive vielmehr, die die Menschen antreiben, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sind so mannigfaltig wie die menschliche Seele selber. Gewinn und Macht bewegen die Menschen, aber ebenso Freude am Schaffen und am Beruf; der Wunsch zu gelten; der Drang immer Besseres zu leisten; das Pflichtgefühl; der Traum, Troja auszugraben (der bekannte Fall Schliemanns); der Trieb zu helfen und zu schenken; die Passion des Kunstsammlers oder Bibliophilen; und tausend anderes mehr." 12 Gerhard Weisser: "Gemeinnützigkeit heute", Schriften des Seminars für Genossenschaftswesen an der Universität zu Köln, Bd. 8, Göttingen 1964, S.99. 13 Ebenda, S. 19. 14 Da die Gewinnerzielung bzw. -maxImIerung bei den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen (auch in der Rechtsform der Kapitalgesellschaften) entfällt, hat man sich um andere Formen der Erfolgsmessung bemüht. Siehe
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111. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
Di,ese betriebswirtschaftliche Rationalität in der Erbringung der Leistung wollen wir für alle Wirtschaftsbereiche - private Haushalte, Unternehmen (Genossenschaften, Gesellschaften), karitative Organisationen, den Staat usw. - unterstellenY Dann er.gibt sich aber ein asymmetrisches Verhalten: 1. Auf der Nachfrageseite (nach Grundstücken, Finanzierungsmitteln und Bauleistungen) müssen sich sämtliche ,gemeinnütz1gen Wohnungsunternehmen marktwirtschaftlich (kapitalistisch) verhalten, um die günstigsten Voraussetzungen für die unternehmerischen Leistungen (eigene Bautätigkeit, Betreuung und Bewirtschaftung) zu nutzen. Hierbei handelt es sich nicht nur um ein ökonomisches (rationales) Verhalten, sondern auch um die Erfüllung eines gesetzl'ichen AuftJ."ag,es; denn in der Präambel zum WGG wwd der "Bau ge!rull:der und preiswerter Wohnstätten" gefor.derU'
2. Auf der Angebotsseite gibt es dagegen eine Abweichung von der wirtschaftlichen Rationalität, da sämtliche 'gemeinnützigen Wohnungsunternehmen - ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform - nur vom Selbstkostenprinzip ausgehen dürfen. Gerade in diesem Bereich des wirtschaftlichen (rationalen) HandeIns ist es auch ·den Kapitalgesellschaften untersagt, die Markt- und Gewinnchancen auszunutzen, um den Gewinn zu maximieren. Diese gesetzliche Bindung des Angebotspreises an die Selbstkosten ist nicht nur Ausdruck der "Domestikation" der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften, sondern bewirkt auch das asymmetrische Rationalverhalten. Hier besteht allerdings ein Unterschied zwischen den Genossenschaften und den Kapita~gesellschaften: Während ,die Genossenschaft aus ihrem Wesen heraus nicht nach Gewinn strebt (sie hat den Auftrag, die Wirtschaft ihrer Mitglieder zu föroern, nicht aber hierbei Gewinne zu machen)17, ist die Gewinnerzielung bei den Kapitalgesellschaften hierzu Hans Schüler: "Probleme der Erfolgsmessung bei bedarfswirtschaftlichen Unternehmen, im besonderen bei Wohnungsunternehmen" (Kölner Dissertation), Göttingen 1959, S. 43 ff. Schüler verwendet die Begriffe "Meßgerät" bzw. "Meßarm", mit denen der bedarfswirtschaftliche Erfolg ermittelt wird. 15 Streng genommen würde diese Annahme den homo oeconomicus implizieren. Wir haben gesehen, daß es diesen nicht gibt. Es handelt sich somit nur um eine tendenzielle Neigung. 11 Siehe Alfred Enskat: "Das neue Gemeinnützigkeitsrecht im Wohnungswesen" , in: "Jahrbuch des deutschen gemeinnützigen Wohnungswesens" . Bd. 11, Berlin 1940, S. 123. Im übrigen schreibt § 12 WGG die Wirtschaftlichkeit des Geschäftsbetriebes vor. 17 Das schließt jedoch nicht aus, daß auch die Genossenschaften Gewinne haben und diese nur teilweise ausschütten. Dennoch ist die Gewinnerzielung für eine Genossenschaft nicht wesensnotwendig. Nach Weisser ("Grundlagen-
19. Die "Domestikation" der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften
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wesensbedingt. Dieses Streben nach Gewinn wird aber bei den gemeinnützigen Kapitalgesellschaften bewußt durch .das WGG unterbunden. Mit anderen Worten: Das, was für die Genossenschaften wesensbedingt ist, wird bei den Kapitalgesellschaften gesetzlich auferlegt, so daß die inhaltliche Gestaltungsfreiheit eingeengtist. Hieraus ergibt sich eine Annäherung der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften an die Genossenschaften, ohne Rücksicht darauf, ob diese auch gemeinnützig sind oder nicht.
forschung", S. 13) kann bei Selbstversorgungseinrichtungen von Gewinn überhaupt nicht die Rede sein, sondern es ist ein überschuß besonderer Art. "Man könnte beinahe sagen, daß ein besonders großer ,überschuß' dieser Art das Anzeichen eines Mißerfolges ist" (ebenda, S. 14).
20. Die konvergierenden und divergierenden Stilelemente Den Abschluß der qualitativen Betrachtung soll der Versuch bilden, die konvergierenden und div,ergiel"enden Stilelemente bei den Wohnungsbaug,enossenschaften und den gemeinnützigen Kapitalgesellschaften heraus2luarbeiten. Dieser Vergleich soll zugleich darlegen, warum trotz der gesetzlichen Klammer durch das WGG Unterschiede vorhanden sind, die die Wachstumsdisparitäten erklären und warum - ceteris paribus - diese auch in Zukunft fortbestehen werden.
a) Die Konvergenz Vom Ursprung und vom Auftrag her sind unterschiedliche (qualitative) Strukturen bei den Genossenschaften und den Kapitalgesellschaften vorhanden: Die Genossenschaften als Personenvereinigung haben den Primärauftrag, die Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Zugleich sind sie auch SozialgebiLde. Als Wirtschaftsgebilde muß eine Genossenschaft nicht IlJUr einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten, sondern auch wirtschaftlich (rational) handeln. Die Gewinnerzielung ,ist für die Genossenschaft nicht wesensnotwendilg, im gewissen Umfange aber erforderlich, um dem Geschäftsbetrieb finanzielle Stabilität zu geben. Diese Stilelemente (qualitative Struktur) gelten für sämtliche Genossenschaften. Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz stellt im wesentlichen nur eine "überlagerung" dar und regelt das, was speziell für Wohnungsbaugenossenschaften gültig ist. überspitzt formuliert kann man die Ansicht vertreten, daß das Genossenschaftsgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ähnlich wesensverwandt - sind. Zumindest aber erzwingt das WGG kein Verhalten, das die Stilelemente einer Genossenschaft verletzt. 1 Anders verhält es sich mit den Kapitalgesellschaften: Von ihrem Auftrag her unterscheilden sie sich wesentlich von den Genossensch·aften, da sie reine Wirtschaftsgebilde und daher ,gewinnol"ientiert sind. Dieses kapitalistische Stil element wird aber durch das WGG "domestiziert"; 1 Gerhard Weisser: Logische Bemerkungen über den Begriff "Genossenschaft", in: Betriebswirtschaftliche Strukturfragen, Festschrift zum 65. Geburtstag von Reinhold Henzler, hrsg. v. K. AleweIl, Wiesbaden 1967, S.7 - 27, insbesondere S. 20 f.
20. Die konvergierenden und divergierenden Stilelemente
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denn auch die gemeinnützigen Kapitalgesellschaften weIden dem Selbstkostenprinzip, der Dividendenbeschränkung, der Zweckbindung des Vermögens, ,der Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband, der erweiterten Prüfungpflicht usw. unterworfen. Damit nähern sich dde gemeinnützigen Kapitalgesellschaften - ohne daß es zu ihrem Wesen, zur qualitativen Struktur gehört - in sehr starkem Umfange dem genossenschaftl,ichen Stilelement. HieraJUS erklärt sich auch die gesetzliche Regelung, daß die gesetzlichen Prüfungsverbände für die Wohnungsbaugenossenschaften und die gemeinnützigen Kapitalgesellschaften zugleich ,zuständig sind; denn wenn das WGG nicht die "Domestikation" der ~apitalgesellschaften herbeiführen würde, dann müßten zwei Prüfungsverbände - für Baugenossenschaften einerseits und Kapitalgesellschaften sowie die sonstigen Rechtsformen andererseits - bestehen. Die von den Prüfungsverbänden durchgeführten Prüfungen beinhalten aber nicht nur die der jeweHigen Rechtsform entsprechende Jahresabschlußprüfung, sondern eine Prüfung der ,gesamten Geschäftsführung. Wie schon zitiert, bot sich nach Brecht ldie schon bestehende genossenschaftliche Prüfung ohne weiteres an.1 Im Gegensatz zu Brecht sind wir aber nicht der Auff,assung, daß sich diese Lösung "ohne weiteres anbot"; denn es wäre durchaus denkbar, zwei Gruppen von Prüfungsverbänden zu bilden oder - sofern man sich für einen Prüfun;gsverband entschloß - unterschiedliche Prüfungen (nach der jeweiligen Rechtsform) vorzunehmen. Daß man aber den ,anderen Weg wählte und auch wählen konnte, ist nur möglich, weil die gemeinnützigen Kapitalgesellschaften durch das WGG domestiziert und in ihrem Angebotsverhalten angenähert weIden.' Diesen, durch das WGG erzwungenen Vorgang nennen wir die Konvergenz der Stilelemente zwischen den Genossenschaften und den Kapitalgesellschaften. Je stärker eine Wohnungsbaugenossenschaft als Wirtschaftsgebilde in Erscheinung tritt (und damit die Verfolgung des Sekundärzieles zurückstellt) und je mehr eine Kapitalgesellschaft ihren im WGG enthaltenen Auftrag ,gegenüber der Nachfrage (Mieter, Eigenheimerwerber, Betreute usw.) unter Zurückdrängung einer kapitalistischen Verhaltensweise erfüllt, desto größer ist die Konv,er:genz. Im Idealfall bewirkt die inhaltliche Gestaltung des Gemeinnützigkeitsgesetzes, daß sich beide Rechtsformengruppen in ihrem Verhalten dergestalt nähern, daß so! Julius Brecht: Wohnungsgemeinnützigkeit, in: Handwörterbuch des Städtebaues, Wohnungs- und Siedlungswesens, Stuttgart 1959, Bd. IH, S. 1732 - 1743, zitiert S. 1740. 3 Wie bereits bemerkt, haben die gemeinnützigen Kapitalgesellschaften diese Stilelemente selbst entwickelt, die erst später (1930 bzw. 1940) gesetzlich verankert wurden.
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111. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
wohl für die öffentliche Hand als auch für ,die Nachfr,age kein Unterschied - 'zumindest kein ,gravierender - erkennbar wird. Daß dieses tatsächlich oder Fall ist, geht daraus hervor, daß diese beiden Rechtsformengr.uppen nicht nur orga.ni.satorisch inden Prüfungsverbänden und im Gesamtverband, sondern 'auch in ihren Vertr,agsmustern, Kalkulationsvorschriften, dn den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen (z. B. Kontenrahmen), in den Statistiken usw. als eine Einheit auftreten: nämlich als rgemeinnütztge Wohnungsunternehmen. Daher stellen diese Unternehmen primär ihre Gemeinnützilgkeit, sekundär erst ihre Rechtsform heraus. b) Die Divergenz
Trotz dieser Tendenz zur Konvergenz sind aber die divergierenden Stilelemente nicht zu übersehen, die - unter anderem - die unterschiedlichen Wachstumsraten (Konzentration i. w. S.) erklären: Den Genossenschaften haftet der ,igemeinnützige" Auftrag wesensnotwendigan; bei den K,apitalgesellschaften wir,d ,er aber durch das WGG "erzwungen". Anders ausgedrückt: in den Genossenschaften müssen (oder müßten) diese Stilelemente enthalten sein, während die Kapitalgesellschaften sie kraft Gesetz aufweisen und trotz der zwingenden WGG-Vorschriften den Versuch unternehmen können, sich diesen "fremdartigen" Auflagen zu entziehen. Je stärker eine Wohnungsbaugenossenschaft Soz1a1gebilde ist und je stärker eine Kapitalgesellschaft ihre kapit,alistische Attitüde hervorkehrt, desto stärker wird die Divergenz deutlich. Mit anderen Worten: Trotz des durch das WGG erzwungenen Angebotsverhaltens der gemeinnützigen Kapitalgesellschaften haben diese die Möglichkeit, bis hart ,an die Grenze des r,echtlich Zulässigen zu gehen und insbesondere in Perioden der Wohnungsnot ihre Position auszunutzen. So ZIl1ll Beispirel können bei Räumungsklagen sämtliche Rechtsmittel angewandt oder aber die Verg,abe von knappem bzw. preisgünstigem Wohnraum nach dem Ermessen der Geschäftsführung vorgenommen wer,den. Weder die tatsächlichen noch die potentiellen Mieter können sich - ausgenommen den Rechtsweg - dagegen wehren, weil sie lediglich Kunden, nicht aber Mitglieder sind. Neben den aus dem Verhalten sich er,gebenden Sti1differenzen gibt es aber solche, die den beiden Rechtsformengruppen immanent sind: Die Genossenschaften sind PersonenvereiniguIlrgen mit dem Ziel der Selbsthilfe und Selbstverwaltung, mit eigener Kapitalaufbrmgung usw.; die Kapita~gesellschaften sind von einem Auftraggeber (öffentliche Hand, Bahn, Post, Industrie usw.) mit Kapital und Management ausge-
20. Die konvergierenden und divergierenden Stilelemente
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stattet, um bestimmte sozial- bzw. wolmungspolitische Ziele zu verfolgen. Eine Genossenschaft ist "von unten her" ,aufgeboot; eine Kapitalgesellschaft "von oben her" zur Erreichung bestimmter Zwecke e1ngesetzt. Der Vorstand der Genossenschaft wird in der Regel von der Generalversammlun,g gewählt und muß Genosse sein; der Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstand einer AG kommt als F-achmann von außerhalb, ist somit beauftragter Unternehmer. Das Eigenkapital der Genossenschaft wird von den Mitgliedern (in kleinen Beträgen) aufgebracht; bei den Kapitalgesellschaften sind Mindestbeträge vorgeschrieben, die von außen - von den Auftraggebern (Gesellschaften) - kommen. Bei den Genossenschaften haben die mit Wohnraum Versorgten ein geringes Interesse, ihre Geschäftsanteile zu erhöhen oder neue zu zeichnen; bei den Kapitalgesellschaften ist der Auftraggeber gehalten, die für eine fortgesetzte Bautätigkeit ,erforderlichen Mittel bereitzustellen. Die unterschiedliche Höhe des Eig,enkapitals macht deutlich, daß diese Unterschiede nicht nur theoretisch, sondern tatsächlich vorhanden sind.' Diese und andere F,aktoren führen dazu, daß trotz der aus dem WGG resultierenden Konvergenz (Assimilation) weiterhin divergierende Stilelemente vorhanden bleiben.& Neben den bereits genannten Gründen sind sie ,es, die das unterschiedliche Wachstum (Konzentration i. w. S.) bewirkt haben. Wenn wir - ceteris paribus - von einer ähnlichen Entwicklung für die Zukunft ausgehen, dann bedeutet dieses aber, daß trotz der konvel'gierenden Tendenzen gewisse - aber gewichtige divel"gierende Stilelemente erhalten bleiben, die wesensbedingt sind und somit nicht beseitigt werden können. Wenn diese Interpretation zutreffen sollte, dann handelt es sich sowohl bei der bisherigen als auch bei der künftigen Konzentration i. w. S. um eine unauflösbare (qualitative) "Struktul"differenz", die ihren Ausdruck im unterschiedlichen Größenwachstum findet. , In der Praxis wird immer wieder die Erfahrung gemacht, daß Kapitalerhöhungen - insbesondere, nachdem sich die Haushaltslage der öffentlichen Hand gewandelt hat - schwieriger geworden sind. Dennoch können sich die Gesellschafter der Zufuhr neuen Kapitals nicht verschließen, weil sie aus sozial- und wohnungspolitischen Gründen eine kontinuierliche Bautätigkeit wünschen. Sofern der Hauptgesellschafter das Kapital nicht aufbringen kann, kommen Bürgschaften oder die Hereinnahme neuer Gesellschafter in Frage. I Ausdruck hierfür ist, daß sowohl in den regionalen Prüfungsverbänden als auch im Spitzenverband die Genossenschaften darauf Wert legen, daß die Repräsentation in den Aufsichtorganen (Verbandsausschüssen) nicht nach der Unternehmensgröße (Wohnungsbestand) erfolgt. Nahezu sämtliche Satzungen kennen daher einen "Minderheitsschutz" , der sich praktisch zugunsten der Genossenschaften auswirkt. 17 Jenlds
c.
Die Miete als wohnungswirtschaftliches Zentralproblem Vorbemerkungen
Wie der Preis in der Volkswirtschaft, so spielt auch die Miete in der Wohnungswirtschaft eine zentrale Rolle: Nur zu häufig wird die Miete lediglich als Ausgabeposten in der Haushaltsrechnung der Privaten angesehen; zugleich ist die Miete aber auch ein Einnahmeposten bei den Vermietern. Als solcher beeinflußt er die Investitionsquote im Wohnungsneubau sowie die Aufwendungen für die Bestandserhaltung bzw. -verbesserung. Die Miete als Preis für die überlassung des Gutes Wohnung ist ein typisches Beispiel für die ambivalente Stellung der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen zwischen Markt und Sozialbindung. Die Mietenpolitik seit dem Ersten Weltkrieg war zum Teil als (kriegsbedingte) temporäre Zwangsmaßnahme und zum Teil als ordnungspolitischer Eingriff angelegt. In diesen Jahrzehnten schwankte und schwankt auch heute noch "Die Mietenpolitik zwischen Okonomie und Ideologie". Mit diesem Thema habe ich mich im gleichnamigen Aufsatz beschäftigt, der in: ORDO, Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, Band 32 (1981), S. 141 - 184, erschien. Es wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob die Miete noch eine Preis- und damit Regulierungsfunktion habe. Mit diesem Thema habe ich mich in dem Aufsatz: Die Miete - ein politischer Preis? (in: Monatsblätter für freiheitliche Wirtschaftspolitik, Heft 1 (1974), S. 20 - 27) auseinandergesetzt. Nicht nur in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft wird seit Jahren darüber diskutiert, wie diese Bauherren und Vermieter ihre Sozialbindung besser als bisher in der Mietengestaltung zum Ausdruck bringen können. Als Instrumente werden die Unternehmens- und Wohnwertmiete vorgeschlagen. Zu diesem Thema werden in diesem Sammelband abgedruckt aus der Schrift: Die Unternehmensmiete (Sonderveröffentlichung Nr.9 des Instituts für Siedlungs- und Wohnungswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster 1968), die Abschnitte: Klärung des Begriffes "Unternehmensmiete" (S. 39 - 59), der Vorschlag für eine Nomenklatur (S. 59 - 63), die Mischmiete als Mietenentzerrungsinstrun:ient (S. 99 - 123) und die Mischmiete als Finanzierungsinstrument (S. 125 - 158). Auch wenn eine Reihe von statistischen Angaben oder Berechnungsbeispielen durch die Entwicklung überholt ist, so dürften diese Ausführungen vom Grundsatz her noch Gültigkeit haben. Auf Grund der gegenwärtigen Mietenproblematik ist sogar noch eine Aktualisierung eingetreten. Da davon ausgegangen wird, daß diese Ausführungen insgesamt gelesen werden, wird auf die Nennung der Ursprungsquellen in jedem Abschnitt verzichtet. Der Abschnitt "Die Wohnwertmiete" stammt aus: Zeitschrift für das gemeinnützige Wohnungswesen in Bayern, Heft 11 (1974), S. 576 - 580, und Heft 12 (1974), S. 637 - 641. Da dieser Aufsatz aus einem Vortrag hervorgegangen ist, wurde auf Quellenangabe und Zitate verzichtet. 17·
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111. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
Beim Unbehagen an der Mietenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland wird häufig auf die niedrigen Mieten in den sozialistischen Ländern verwiesen. Mit dem "Mietenvergleich zwischen Ost- und Westdeutschland" habe ich mich in meinem Buch: Wohnungswirtschaft und Wohnungspolitik in beiden deutschen Staaten, Hamburg 1976 (S. 199 - 208) befaßt. Dieser Vergleich macht deutlich, daß trotz des gleichen Wortes sich sowohl wirtschaftlich als auch inhaltlich in beiden deutschen Staaten ganz andere Tatbestände verbergen; dennoch möge dieser Vergleich zur Verdeutlichung der marktwirtschaftlich orientierten Mietpreisbildung beitragen.
21. Die MietenpoIitik zwischen ökonomie und Ideologie a) Die Problemstellung Nicht IliUr die Praktiker, sondemauch die Politiker beschäftigen sich wieder mit Fragen der Wolmungswirtschaft.1 Dieses wolmungswirtschaftliche Intel'esse hat .den Bundestagswahlkampf überdauert und es gibt Anzeichen dafür, daß in den 80er J,ahren in der Innenpolitik wohIliU!Digswirtschaft1i.che Themen noch ,an Bedeutung gewinnen werden. Welches sind die Ursachen für diesen Meinungsumschw:ung, obgleich seit 1949 mehr ,als 16 Millionen Wohnungen gebaut wurden!, ein globaler Ausgleich -zwischen der Zahl der Haushalte UIlid Wohnungen vorliegt und schließlich die Wohmmgsnot der Nachkriegszeit nicht mehr vorhanden ist? 1 Aus der Vielzahl der wohnungspolitischen Äußerungen seien lediglich einige Quellen genannt: a) Neue Wohnungsnot in unseren Städten, Wohnungspolitische Fachkonferenz des Deutschen Städtetages am 4. und 5. März 1980, hrsg. vom Deutschen Städtetag, Neue Schriften des Deutschen Städtetages, Heft 41, Köln 1980. b) Peter Hort, Wohnungspolitik wie in Grimmaburg - Keine grundlegende Erneuerung in Sicht, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25. September 1980. c) Peter Christ, Teuer, veraltet, unsozial - Gegen die drohende Wohnungsnot fehlt ein Konzept, in: Die Zeit vom 24. Oktober 1980. d) Die Koalitionsvereinbarung von SPD und F.D.P., abgedruckt in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. November 1980 (siehe Punkt VI: Wohnungs- und Städtepolitik). e) Jürgen Forster, Mehr Wohnungen trotz leerer Kassen - SZ-Gespräch mit Bundesminister Haack, in: Süddeutsche Zeitung vom 1. Dezember 1980. f) Wohnungspolitik: Kein großer Wurf, sondern nur ein Mosaikstein-Baukasten, in: Handelsblatt vom 5./6. Dezember 1980. I Es handelt sich um den Bruttozugang an Wohnungen: Die Abbruchquote, die Wohnungszusammenlegung und die Umwidmungen sind abzusetzen, um den Nettozugang zu ermitteln. Da diese Abgänge statistisch nicht vollständig erfaßt werden, ist die Zahl der verfügbaren Wohnungen nicht genau bekannt.
21. Die Mietenpolitik zwischen Ökonomie und Ideologie
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Hierfür gibt es eine Reihe von Gründen, >die im veränderten' Bewußtsein - dem Anspruchsdenken - , ,aber ,auch in den Gegebenheiten der Neubau- und Bestandspolitik zu suchen sind: 1. .Auch in der WohnUIlJgswirtschaft hat sich in den letzten J,ahren ein nach 1945 nicht vorstellbares Anspruchsdenken diUrcbigesetzt, das unter Imderem seinen Ausdruck darin fiIlIdet, daß man immer mehr komfortable Neubauwohnungen zu "tragbaren" Bedingungen fordert. Unter dem Begriff "tragbar" werden Mieten von etwa DM 5,- bis DM 6,- je qm Wohnfläche und Monat verstanden; die Kostenmieten für Neuba'1lwohIlJUngen liegen a,ber bei nahezu DM 20,- je qm Wohnfläche und Monat (jeweils sogenannte Kaltmieten)s. 2. me Neubautätigkeit ist seit Mitte der 70erJahre von 714000 Wohnungseinheiten (1973) auf 358 000 WE (1979) zurucmgegangen; auch für 1980 und 1981 ist keine Belebung der Neubautätigkeit zu erwarten, >da die genannten Kostenmieten von DM 20,- vom Markt nicht akzeptiert werden und öffentliche Mittel von rund DM 150 000,- je WE erforderlich wären, um die Kostenmiete auf etwa DM 6,- zu senken. Es wird geschätzt, .daß etwa 120000 SozialwohIliUngen jährlich subventioniert werden müßten. Innerhalb des Neubauvolumens dst der Anteil der Eiigentumsmaßnahmen (Eigenheime, Kleinsiedl'1lngen, Eigentru.mswohnungen) von etw,a 35 % bis 40 % (bis etwa Mitte der 70er Jahre) kontinuierlich gestiegen und hat 1979 einen Anteil von 66,6 % erreicht, d. h., Träger des Neuhauvolumens smd die Eig,entumsmaßnahmen, nicht aber der Mietwohnungsbau. Dadurch ist ein Mangel ,an (preiswerten) MietwohIliUngen für die ,geburtenstarken Jahrgänge entstanden; denn die in das heiratsfähige Alter gelangenden geburtenstarken J,ahl'lgänge können sich noch nicht teure Eigenheime oder Etgentumswohn'1lngen, sondern nur (subventionierte) MietwohIliUngen leisten. 3. Auch im Bereich der Bestandpolitik haben sich Probleme ergeben: Zahlreiche, in den 50er und 60er Jahr,en mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungen sind mit Mietern belegt, deren Einkommen zum Teil weit ÜJber den für Sozialbaruwohnungen geltenden Einkommensgrenzen ,liegen. Abgesehen von diesen "F,ehlbelegern" bestehen auf Grund der Bindung der Mieten an die (historischen) Kosten erhebLiche Mietenverzerrungen, so daß für gleichartige Woihnungen nach Lage, Größe und AUiSStattung unterschiedliche Mieten gezahlt werden. a Unter "Kaltmiete" versteht man diejenige Miete, die die Kosten für die Heizung, Beleuchtung usw. nicht einschließt. Da die Heizungskosten in jüngster Zeit sehr stark gestiegen sind und offensichtlich noch weiter steigen werden, spricht man bereits von einer "zweiten Miete".
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III. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
Ergebnis dieser Einflüsse ist, daß man von einer "neuen Wohnungsnot" in den 80er Jahren spricht: "Nachdem die Wohnungsnot schon bewältigt schien, ist die Versorgung großer Teile der Bevölkerung mit bedarfsgerechtem Wohnraum gefährdet. Bescmders groß ist der Mangel an bil1~gen MietwohnUiIligen für einkommensschwache Büvger in den Städten. Die Situation spitzt sich immmer mehr zu und wivd ein zentrales Problem sein.'" Der Fachbeirat "WohnungspoLitik" beim Institut für Kommunalwissenschaften der Konl1ad-Adenauer-Stiftung e. V. spricht in seinem jüngsten Gutachten davon, daß "staatliche und kommunale Wohnungspolitik in der B1lIlJdesrepublik Deutschland sich in einer Krise (befiIliden), sie müssen refol"IIliert wel1den"fi. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Städtebau und Wohnungspolitik der SPD hat am 5. September 1980 die Eckwerte für die Neugestaltung der direkten bzw. indirekt,en Wohnungsbauföldel'lUng beschlossen. Hierbei ging man von der folgenden Feststellung aus: "Angesichts der drohenden Wohnungsnot in den Ballungsgebieten ist es ,zwmgeIl!d notwendig, daß dabei der soziale MietwohnUiIligsbau Priorität erhält."· Auch dJi,e Soz1alausschüsse der Chl1istlich-Demokvatischen Arbeitnehmerschaft7 sprechen davon, daß ,,(sich) die Wohnungs- und StäJdtebaupol.itik in einer Krise (befindet)" .
Es wird aber nicht nur die sich erneut ,abzeichnende Wohnungsnot - die zu Protesten I\Jnd Ausschreitungen in Berlin und Göttingen führte - beschworen, sondern auch eine Neuorientieru.ng der Wohnungspolitik gefordert: Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau,der CSU-Abgeordnete Oscar Schneider, stellte fest: "Für die Wohnungs- und Städtebaupolitik kommt es mehr denn je darauf an, über den T,ellerrand der nächsten beide J,ahre hinweg 21U bl,icken und dIe Wohnungsbautätigkeit mittel- und laIljgfriJstig auf einem sozial- un-d bedarfsgerechten Niveau 21U stabilisieren. Leider läßt es die Bundesregierung ,an Vovauss!icht und Energie vermissen, sei es, daß sie , So das Geschäftsführende Präsidialmitglied Dr. Weinberger des Deutschen Städtetages im Vorwort zu: Neue Wohnungsnot in unseren Städten, S.7. 5 Institut für Kommunalwissenschaften der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., Programm zur Reform der Wohnungspolitik, Sankt Augustin, Oktober 1980, S. 5. 8 Karl Trabalski, Gerechte Eigentumsförderung als Ziel Die wohnungspolitischen Vorstellungen der SPD, in: Gemeinnütziges Wohnungswesen, Heft 11 (1980), S. 644 - 652, zitiert S. 644. 7 Informationen der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft: 20 Positionen zur Wohnungs- und Städtebaupolitik, vorgelegt von Gerhard Orgaß, vom 16. Juni 1979, S. 1 (Maschinenschrift).
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die Probleme nicht erkennt oder nicht handlungsfähigist."s D:ie F.D.P. hat in ihren "EU Thesen zur Wohnungspolitik'" unter allJderem festgestellt, daß selbst nach Abschluß der Wiedel'laufbauphase trotz Verl)einerung, Entwicklung Unid Ergänzung noch immer die Instrumente der staatlichen Wohnungspolitik der N.achkriegszeit Igelten. "Es ist deshalb für die Wohnungspolitik Wlerläßlich, für das vierte Jahrzehnt nach der Gründung der Bundes republik Deutschland Wohnungsverol'gung als Ganzes in einen ol'ldnungpolitischen Rahmen zu stellen, die Rolle des Staates in diesem Politikbereich neu zu definiel'en, die Akzente bei der wirmchaftlichen und rechtlichen Rahmensetzung zu überprüfen und die Instrumente unmittelbarer Föroererpolitik den veränderten VerhältnÜlsenaIWUpassen." BTÜggemanntl fOl'ldert für die Wohnungswirtschaft neue Rahmenbedingungen; Schneider und Kornemann11 stellen schwerwiegende wlirtschaftliche und soziale Mängel 3m bestehenden Ol'dmmgssystem fest und fOl'ldern eine neue Ol'dnung, die sie als die ,,sozLale Wohnungsmarktwirtschaft" bezeichnen. Diese wird ,als Alternatwe zur bestehenden, amtlichen Wohnungspolitik präsentiert. Die neue Ol'dnung umfaßt die folgeiliden Elemente: lI Herstellung der Bedingungen für eime Wohnungsmarktwirmchaft, ,die auch einen möglichst großen Anteil der vorhandenen Wohnungsbestände umfaßt; Sicherung eiIlles Lunktionsfähigen Wettbewerbs; soziale Absicheruilig der einkommensschwachen Bevölkerungskreise .durch ,die SUibsLdiäre IIlIdividlll!alföl'derung; Bereitstellung von Wohnungen ,aus einem gebundenen Bestand für sogenannte "Problemgruppen" ; relativ niedrige Objektföl'lderung der Modernisiel'lUIlJg sowdebei der Stadterneuerrung als Initialzünduilig und schließliich die Förderung UiIlId Bndung von Einz·eleigentum bei der breiten Masse der Bevölkeruilig. Nach Schneider/Kornemann enthält diese neue Ol'ldnuilig vier Steuerungselemente: "Marktwettbewerb, soziale Absicherung (primär durch Individualföl'lderuIlIg, subsidiär am einem gebundenen Angebot), eng limitierte Objektförderung und Förderung der S Oscar Schneider, Zehn Thesen zur Wohnungspolitik, in: Der langfristige Kredit, Heft 18 (1979), S. 570 - 571, zitiert S. 570. 11 Freie Demokraten: Elf Thesen zur Wohnungspolitik, in: Der langfristige Kredit, Heft 2 (1980), S. 52 - 53, zitiert S. 52. 10 Josef Brüggemann, Auf neue Rahmenbedingungen einstellen Die Stunde der Wahrheit steht bevor, in: Gemeinnütziges Wohnungswesen, Heft 9 (1980), S. 503 - 506; ders., Ordnungspolitische Grundsatzprobleme in der Wohnungswirtschaft, in: Politik und Markt (Festschrift für Hans Karl Schneider), herausgegeben von D. Duwendag und H. Siebert, Stuttgart-New York 1980, S. 451 - 459 (der Verfasser ist Verbandsdirektor des Verbandes rheinischer Wohnungsunternehmen). 11 Hans K. Schneider/Rolf Komemann, Soziale Wohnungsmarktwirtschaft, Studien zur Kommunalpolitik der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bd. 20, Bonn 1977, insbesondere S. 127 ff. 12 Ebenda, S. 87.
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111. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
Bildung von. wohnungswirtschaftlichemEinzeleigenttlm."13 Soweit wir sehen können, haben diese sehr konkreten Vorschläge zur Wiedereingliederung der Wolmungswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft weder in der Politik noch in der wohnungswirtschaftlichen Pl'Iaxis ein besonderes Echo hervollgerufen; d. h., daß die seit Anfang der 70er Jahre eingeschlagene Richtung weiterhin verfolgt wird. Mit anderen Worten: Die Chancen für eine ordnungspolitische Kursänderung sind nicht sehr groß. Angesichts dieser Tatsache gilbt es eine Reihe von Wohnungspolitikern, die resignierend den Zusammenbruch der derzeitigen Wolmungspolitik vor,aussagen: Während der "Chef-Denker" des Bundesstädrebauministeriums, Ministerialdirektor Ulrich PfeifferlC , noch fragt, wohin die Reise der staatlichen Wohnungsbaufinanzierung gehe, stellt der Direktor des Gesamtverbandes gemeinnütziger Wohnungsuntemehmen, Helmut Tepper15 , fest, daß der Staat mit seinem Latein am Ende sei, da die wohnungswirtschaftlichen Investitionen unwirtschaftLich und die Herstellungskost,en den Subventionen davongelaufen seien. Dadurch, daß das Gut Wohnung nicht mit seinen tatsächlichen Kosten bewertet wird, hat die Wohnungswirtschaft zahlr,eicheandere Branchen - das Auto, die Freizeitausgaben, die Touristik - subventioniert. "Die Wohnung ist einem Januskopf vel"gleichbar, bei dem die ökonomische Seite mit der außerökonomischen Kehrseite nicht mehr in Harmonie steht. Die Entzerrung beider Seiten ist notwendig."18 Wenn es allel"dings - so Tepper - nicht gelingt, durch eine Wandlung.in den Auagabenpräferenzen der privaten Haushalte zu Gunstenhöhel"erWohnkosten den Boden für eine Mietrechtsreform vorzubereiten, dann wel'lden alle Bemühungen, die Nachlaßverbindlichkeiten der 70er J,ahre zu bereinigen, scheitern. Wir haben gleichfalls eine Kurskorl'lekturgefol1dert17 rund hierbei weniger auf die Neubautätigkeit als auf eine Umverteilung des Wohnungsbestandes - Beseitigung der Fehlbelegung und der Unterbelegung abgestellt. Auf Grund der Kenntnis der politischen Akteure haben wir resignierend festgestellt, daß es sich bei diesen Vorschlägen rum ein unnütz beschriebenes Papier handele, aber: "Am Beispiel der Ol1dnung der Wohnungswirtschaft wil"d sich zeigen, ob eine Demobatie in der Lage Ebenda, S. 87. Ulrich Pfeiffer, Staat und Wohnungsbaufinanzierung - Wohin geht die Reise?, in: Der langfristige Kredit, Heft 21 (1979), S. 667 - 670. 11 Helmut Tepper, Der Staat ist am Ende mit seinem Latein Wohnungspolitik am Anfang eines Jahrzehnts, in: Gemeinnütziges Wohnungswesen, Heft 1 (1980), S. 14 - 16. 11 Ebenda, S. 15.. 17 Helmut W. Jenkis, Korrektur der Wohnungspolitik? Über Notwendigkeit und mangelnde Bereitschaft, in: Gemeinnütziges Wohnungswesen, Heft 6 (1980), S. 314 - 324. 13 lC
21. Die Mietenpolitik zwischen Ökonomie und Ideologie
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ist, überholte Strukturen ,an neue Geg~benheitenanzupassen; denn Besitzstände zu bewahren ist keine dynamische Politik."18 Der Bund der Steuerzahler1' geht noch einen Schritt weiter, wenn er feststellt, der Wohnungsbedarf sei gedeckt, da in etwa ein Gleichstand der Zahl ,der Haushalte und der Wolmungen vorUege. Im übrigen sei es nicht Aufgabe des Staates, im Zuge des wachsenden Wohlstlmdes die Nachfrage auf qualitative Verbesserungen in der Wolmungsversor:gung zu richten. Auch der Vi:21epräsident der Deutschen Bundesbank, Helmut SchlesingerO, hat die Ansicht vertreten, daß sich in einem Industriel-and wie -der Bundesrepublik der Staat "aus der 'breit gestreuten WolmrtliIlgSbauförderung mehr oder weniger zurückzieht" und sich auf gezielte Förderungsmaßnahmen zur Beseitigung der Wohnungsnot von sozialen Ra-ndgruppen beschränke. Und schließlich vertritt Wolfram Engels!1 die These, daß es .gar keinen Wohnungsmangel ,gibt, denn: Wenn ein Mangel vorhanden wäre, dann müßten die Pl'Ieise (Mieten) über den Selbstkosten liegen. Da ,aber der Markt nur maximal 50 % der Kaltmiete (DM 10,- Mietbereitschaft bei etwa DM 20,- Kaltmiete) honoriert, muß sogar ein Wohnrungsüberschuß vorliegen. Der Eindruck des Wohnungsmangels ist dadurch entstanden, indem man die Mieten künstlich 2lU niedrig festg-elegt hat. Im übrtgen sollte d-Bls knappe Kapital dort eingesetzt wer:den, wo es drtngender benötigt wird und produktiver ist, nämlich in der Industrie, wo neue Al'Ibeitsplät2le geschaffen bzw. Rationalisierungen durchgeführt w,erden müssen. Die Z-ahl der ,aktuellen Äußerungen zur gegenwärtLgen Problematik und künftigen Gestaltung der Wohnungswirtschaft ist Legion!!. Allein die Stellungnahmen der Bundest8lgsparteien sind nicht nur zahlreich, sondern haben sich im Zeitablauf gewlmdelt. Kornemann23 , der die Wahlprogl'lamme der Bundestagsparteien untersucht hat, stellt fest: Ebenda, S. 324. Siehe den Bericht: Bund der Steuerzahler - Wohnungsbau und Sparförderung sind überflüssig geworden, in: Handelsblatt vom 15. Oktober 1980. 10 Siehe den Bericht: Wohnungsbauförderung Schlesinger: Staat sollte sich raushalten, in: Handelsblatt vom 14. Oktober 1980. !1 Siehe den Bericht von Martin Klaus Keune, Es gibt keinen Wohnungsmangel, in: Welt am Sonntag vom 18. Januar 1981. !! Im Auftrage des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen bereitet die AWOS (Arbeitsgemeinschaft für Wohnungswesen, Städteplanung und Raumordnung) an der Ruhr-Universität Bochum eine Auswertung der Stellungnahmen und Vorschläge der politiSchen Parteien, der Verbände, Einzelpersonen usw. vor. Die ersten Ergebnisse zeigen, daß in nahezu sämtlichen Stellungnahmen der derzeitige Zustand beklagt wird, daß es aber an konkreten Vorschlägen für die künftige Gestaltung der Wohnungswirtschaft mangelt. n Rolf Kornemann, Der Wohnungs- und Städtebau in den Wahlprogrammen, in: Der langfristige Kredit, Heft 18 (1980), S. 560 - 567, zitiert S. 567. 18
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111. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
"W~e sich aus der Gegenüberstellung der wohIlll.1rugs- und städtebaulichen Probleme, der ,gesetzgeberischen Aktivitäten in den jeweiligen Legislaturperioden sowie der Wahlprogramme ergeben hat, waren die für die BUIl!destagsw.ahl getroffenen Aussagen nur sehr bedingt Handlungsmaxime für die Gesetzg,eber."
überblickt man ,die zahlreichen 'll!IlId kontroversen Meinungsäußerungen und stellt man -auf Grund der bisheri:gen Edahrungen - in Rechnung, 'daß in der politischen Landschaft kaum di,e Bereitschaft zu einem gl'UIlldlegenden W,andel g,egeben ist, so erhebt sich die Frage, wie es trotz des Wieder,aufbaues der zemtörten Städte und ZUJStroms an Vertriebenen und Flüchtlingen zu dieser innenpolitisch prekär,en und aussichtslosen Lage - es wird auf die Hausbesetzungen UIl!d Ausschreitungen in BerUn und Göttingen verwiesen - kommen konnte. Hierbei ist von Bedeutung, daß die j,anusköpfige Wohnungsw.irilschaft zwischen Ökonomie l\l!Il!d Ideologie schwankt, die wiederum sowohl die NeubautäHgkeit ,als I8i\lch die Bestandspomik beeinftußt. Mit ,anderen Worten: Die Mi,etenpolitik bestimmt den kÜIl!ftigen wohnungswirtschaftlichen Versol1gungBigr,ad und über diesen das innenpolitische Klima. Zur BeurteiluIl!g der gegenwärtigen MietenpoltiJk [st es aber unerläßlich, sich mit ihrer Entwicklung, den unterschiedlichen Intentionen und Instrumenten auseinanderzusetzen, um das heutige Dilemma zu verstehen.
b) Von der Vertragsfreiheit zur Staatsintervention Die noch heute das Zivih"echt beherl1Schenden Grundvorstellungen des BGB beruhen auf den Prinzipien der VIertragsfreiheit, d. h., daß sich Vermieter und Mieter ,als gleichwertige Bartner geg,enüberstehen. Diese 8UiS dem 19. J,ahrhtmdert stammende Auff,assung wurde bereits während des Ersten Weltkrieges durch staatliche Eingriffe g,eändert. Diese begründeten die WohIllUngszwaIligswirtschaft, die - mit unterschiedlicher Intensität - über J:ahrzehnte bestehen bleiben sollte. Hierbei ist aHel'ldings 7JU unterscheiden, ob die Staatsintervention darauf abzielte, eine Notsituation mit 'administr,ativen Maßnahmen zu Ülbe11Winden oder ob es sich um ein ol1dnungspolitisches Kriterium handelte. Vereinf,acht kaIliIl mancH.e Staatsinterventionen und ,deI1en Intensität unterscheiden als:
1. Instrumente zur Regelung einer (kriegsbedingten) Notlage, um den knappen WohnI1aum nach bestimmten sozialnormativen Kriterien zu verteilen24 ; U Sowohl nach 1923 als nach 1948 hat man die Bewirtschaftungsmaßnahmen durch eine aktive Neubaupolitik ergänzt, um das Angebot zu erhöhen.
21. Die Mietenpolitik zwischen Ökonomie und Ideologie
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2. Ordnun.gspolitische Maßnahmen, die - UDialbhängtg von der Versorgungsla.ge - den sozi.alpolitischen Aspekt gegenüber dem ökonomischen in den Vordergrund stellen, so daß der Marktmechanismus zunehmend ,außer Kraft gesetzt wird. Wie im foLgenden zu zeigen sein. wird, haben sich diese beiden Zielsetzungen überlappt. Auslösendes Element war der Wohnungsmangel, im Laufe der Entwicklung - insbesonldere in jüngster Zeit - ist aber die ordnungspolitische Begründung für die Sta,atsintervention in den Vordergnmd getreten. aa) Die kriegsbedingte Notlage als Ausgangspunkt
Bereits im Ersten Weltkrieg setzten zwailigswirtschaftliche Maßnahmen ein: t5 Durch eine VerordnUlilig vom 15. Dezember 1914 waren von den GemeiIl!den Einigungsämter für die Streitigkeiten über die Miethöhe zu bilden. Die beiden Mieterschutzverol'ldIl(ungen vom 25. Juli 1917 UIl!d vom 23. September 1918 legten den Grundstein für den Mieterschutz. Das Reichsmietengesetz vom 24. März 1922 ~esblieb ibis 1955 .in Kr,aft) brachte eine einheitliche Regelung. Es wurde kein. ,absoluter Mietenstopp eingeführt; denn das Gesetz hielt grundsätzlich an der freien VereinbaruIl(g des Mietzinses zwischen dem Vermieter und dem Mieter fest, [beide erhielten jedoch das Recht, sich durch eine 'einseitige schriftliche Erklärung auf die "gesetzliche Miete" zu berufen, die dann an die Stelle der vereinharten Miete tl'lat2'. "Das Reichsmietengesetz sollte zunächst am 1. Juli 1926 außer Kl1aft treten, wor,aus sich eindeutig ergibt, daß es ,als Notrecht auf Zeit gelten sollte."!7 Es wurde aber mehrfach verlängert rund zwischen 1924 und 1933 schrittweise ,aufgelockert. Parallel mit dieser Auflockerung gingen ,die Bestrebungen um eine verschärfte Bekämpfung des Mietwuchers. Den schwerwiegendsten Eingriff in die bestehenden Vertragsverhältnisse brachten die Vierte NotverordnUIl(g vom 8. Dezember 1931 und die VerordIllUng vom 23. Dezember 1931. Im Hinblick ,auf die ,große Depression rund die rückläufige EiJnkommensentwicklung wurde durch die ZIIlerst Igenannte Verol'ldnung die Miete um 10 % der Friedensmieten gesenkt. Darüber hinaus wurde allen Mietern und Pächtern ein außerol'ldentliches eiiIllmaliges K'Ündi.gungst5 Siehe hierzu Hans-Günter Pergande, Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht, München-Berlin 1961, S. 4 ff. !8 Der "gesetzlichen Miete" wurde die "Friedensmiete" zugrunde gelegt. Zur Berechnung siehe hierzu Hans-Günter Pergande/Jürgen Pergande, Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Wohnungswesens und des Städtebaues, in: Deutsche Bau- und Bodenbank Aktiengesellschaft 1923 -1973 - 50 Jahre im Dienste der Bau- und Wohnungswirtschaft (Jubiläumsschrift), 0.0., o. J. (Frankfurt 1973), insbesondere S. 96. 27 Ebenda, S. 98 (Hervorhebung erfolgte durch uns, Jk.).
268
111. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
recht mit kurzer Kündigungsfrist von weniger als einem Monat eingeräumt, wenn der Vermieter 'den vereinbarten Mietzins nicht um mindestens 20 % senkte. In de\Il J,ahren 1918 bis 1923 wurde eine Mieterschutzgesetzgebung - das Reichsmieten- und das Wohnungsttlangelgesetz -:rur Beschränwng des Kündi:gungsrechts, zur Begrenzung des Mietzinses UIlid über die Wohnungsbewirechaftung erlassen2B • Diese Gesetzgebung hatte einen doppelten Ansatzpunkt: Einmal handelte es sich um eine zeitlich begrenzte Schutzgesetzgebung, rum eine Notsituation (Erster Weltkrieg U'IlId Inflation) zu überwinden, und zum .anderenaber um eine ol'ldnungspolitische Neuorientierung. Mit LütgeH ist diese kriegsbedingte Mietpreispolitik Iliach und nach mit Elemente\Il durchsetzt worden, "di,e man vielleicht am besten so charakterisieren kann, daß die Mietpreispolitik zu einem Teil der volkswirtschaftlichen Pr,eisbildungspolitik geworden ist UIlId also lauch unabhängig von jener erwähnten Schutzmaßnahme Sinn und Aufgabe hat." Juristen hatten bereits beim Inkrafttreten des BGB ihr Befremden darüber geäußert, 'daß unter dem Gesetzestitel "Miete" so völlig unterschiedliche soziale Tatbestände wie die Miete eines Esels oder einer Wohnung unterschiedslos g·eregelt werden30 . Daher werden die kriegsbedingten (temporären) Schutzmaßnahmen auch anders - und zwar ordnungspolitisch - bewertet: "Bei diesen Schutzgesetzen handelte es sich nicht um reine Notmaßnahmen zur Beseitigung von Kri~gsfolgen, wenn ,auch die damalige Wohnun:gsmangellage der äußere Anstoß zu [hrem Erlaß gewesen ist; der eigentliche Grund für die gesetzliche Beschränkung der Vermieterrechte und die inhaltHche Ausgestaltung dieser Gesetze war vielmehr die schon damals im Volksbewußtsein und beim Gesetzgeber gereifte Erkenntnis, daß die Sozialpflichtigkeit des Vermietel'ls und der erforderliche Schutz des Mieters nur durch zwingende staatliche Maßnahmen gewährleistet werden können."31 Hier wird deutlich, ;'
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a) In Wohn- und Nichtwohnbauten. - b) Daten bis 1951 geschätzt. - c) Ab 1967 einschließlich des (geschätzten) 2. Förderungsweges. QueUen: Bundesbaublatt Nr. 9/1979, statistisches Bundesamt, Jubiläumsband der Deutschen Bau- und Bodenbank ,,50 Jahre im Dienste der Bau- und Wohnungswirtschaft", S. 189.
380000
1977 1978 1979
660636 714226 604387 436829 392380 409012
91 107 115 97 71 64
554987
609356
705417 768636 658918 417783 368718 380352 352055 425751
1971 1972 1973 1974 1975 1976
1968 1969 1970
97 87 83 79
572 301 519854 499696 478050
532752 536840 560218
108 101 102
1967
623847 591916 604799
601021 622772 581549
1964 1965 1966
440
III. Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld von Markt und Bindung
Aus dieser Tabelle geht hervor, daß im Zeitraum von 1949 bis 1979 insgesamt 16,1 Mill. WE fertiggestellt wurden, so daß rund zwei Drittel des Wohnungsbestandes auf Nachkriegsbauten entfällt. Das bedeutet aber nicht, daß die insbesondere in den 50er Jahren gebauten Wohnungen modernen Ansprüchen genügen oder modernisierungsfähilg sind; da-gegen sind zahlreiche aus den 20er und 30er J·ahren durchaus modernisierungsfähig, weil sie solide gebaut wurden. Eine zweite Feststellung bezieht sich darauf, daß - bezogen ·auf 10 000 E~nwohner - die Neubautätigkeit erheblich schw,ankte, seit 1974 aber rückläufig ist. So problematischauch eine 'generelle Aussag.e ist, so kann man doch feststellen, daß spätestens Mitte der 70er Jrahre die kriegs- und nachkriegsbedingte Wohnungsnot überwunden war. III.
Warum spricht man dennoch von einer sich 'abzeichnenden "neue" Wohnungsnot? Meines Erachtens sind es drei Elemente, die diese "neue" Wohnungsnot markieren: 1. Die Erwartungen an die Erfüllung materieller Ansprüche im allg.emeinen, an -die des Wohnens im besonderen sind seH 1948 (Währung.sreform) gestiegen, d. h., die Ansprüche an die Wohnraumversorgung des Jahres 1980 sind nicht mit denen des Jahres 1950 zu vergleichen. Mit a:nder,en Worten: In den 50er und 60er Jahren befand man sich in der Phase des Wiederaufbaues, hoffte aruf die eigene Initiative und -die Hilfe des Staates, ohne Ansprüche an die Gesellschaft anzumelden. Die "Anspruchsgesellschaft" dominierte noch nicht.
2. Die geburtenstarken Jahrgänge gelangen in das Alter der Haushaltsgründung, die nicht immer mit der Eheschließung gleichzusetzen ist. Hieral\lS 'ergibt sich eine erhöhte Nachfrage nach Wohnraum, insbesondere nach preiswerten (subventionierten) Mietwohnungen. Diese Nachfrage wird auch dadurch verstärkt, daß junge Menschen mit ihrer Volljährigkeit (18 Jahre) trotz guter wohnlicher Versorgung im Elternhaus ausziehen und Wohnraum suchen. Da sie sich noch in der Ausbildung befinden bzw. ihr Einkommen am Anfang des Berufslebens noch niedrig ist, sind sie nicht in der Lage, den Markt- oder Kostenpreis zu bezahlen, sondern sie fragen nach subventioniertem (preisgünstigen) Wohnraum nach. Dieser ist aber knapp, weil ältere Sozialwohnungen belegt sind und neue nur in sehr begrenztem Umfange gebaut werden. 3. Seit Mitte der 70er Jahre ist die Neubautätigkeit zurückgegangen und hat sich nahezu halbiert, so daß einer erhöhten Nachfrage ein geringes Angebot gegenübersteht.
29. Die Wohnungswirtschaft vor einer Kurskorrektur?
441
Als Vertreter -der Wohnungswirtschaft will ich mich nur mit dem letzten Argument - dem Rückgang der Neubautätigke.i.t - beschäftigen: Aus der Tabelle über die Neubautät1gkeit geht hervor, daß 1973 mit der Fertigstellung von rund 714000 Wohnungen der absolut,e Rekord in der Nachkriegszeit erreicht wurde. Danach ,ging das Fertiigstellungsvolumen kontinuierlich auf rund 360000 WE (Wohnungs einheiten) im Jahre 1979 zurück; für 1980 wird mit elinem etwas niedr~ger,en Volumen gerechnet. Es ist aber nicht nur die quantirtative, sondern auch die qualitative Seite, die Beachtung veJ.'ldient: Während bis Mitte der 70er J,abre die Ein- und Zweifamilienhäuser einen Anteil von etwa 35 % bis 45 % am Fertigstellungsergebnis aufwiesen, erhöhte sich dieser danach laufend und erreichte 1979 = 66,6 %. Während die Eigentumspolitiker mit diesem Er:gebnis sehr zufI'ieden sein können, wird insbesondere die jüngere Generation - die sich weder ein E1genheim finanziell leisten kann und wegen des zu erw,al"tenden Standortwechsels auch nicht l,eisten will - ihre Unzufriedenheit über diese Verschiebung ausdrücken. Diese qualitative Akzentverschiebung wird noch dadurch verstärkt, daß der Anteil des soz1al:en (subventionierten) Wohnungsbaues erheblich zurückgegangen ist: In den 50er und 60er Jahren entfielen etwa 35 % bis 70 % der jährLich fertigg,estellten Wohnungen auf den sozialen Wohnungsbau. Selbst nach Einbeziehung des Zweiten Förderungsweges ab 1967 ging dieser kontinuLerlich auf etwa 25,0 % (1979) am Neubauvolumen zurück. Für die 80er Jahre ist ,auf Grund der Finanzlage der öffentlichen Hände nicht mit einer Ausweitung dieser Quote zu rechnen; denn einmal liegt bereits eine hohe Staatsverschuldung18 vor und zum anderen subventionieren die öffentlichen Hände den Wohnungsbau mit rund 20 Mrd. DM jährlich: Die öffentlichen Schulden (des Bundes, der Länder, der Gemeinden, des Lastenausgleichfonds sowie des ERP-Sondervermögens) stiegen von 20,6 Mrd. DM (1950) auf 125,9 Mrd. DM (1970) und erreichten 1979 den Stand von 418,8 Mrd. DM. Auf Grund der Finanzplan:un:g wird damit gel.'lechnet, daß sich die gesamten öffentlichen Schulden 1983 auf 555,5 Mrd. DM belaufen werden. Zwar nimmt die Bundesrepublik Deutschland mit einem Anteil am Bruttosozialprodukt von zur Zeit rund 30 % im internationalen Vergleich eine mittelbare Position ein (Italien = 65 %, Großbritannien = 61 %, USA = 52 %); es ist aber zu berücksichtigen, ,daß der deutsche Fiskus auf Grund der Währungsreform von 1948 praktisch ohne Schulrdenbeltastung anfing und die 18 Cassel, D.: Wachsende Staatsverschuldung Wohltat oder Plage? In: List-Forum, Bd. 10, Heft 5 (Mai 1980), S. 265 - 283, insbesondere S.266.
•••••••••
0
••••
0,70
3. Indirekte Wohnungsbaujörderunga)b) ..........
•
0
••••••••••••••
Steuervergünstigungen §§ 7 b u. 54 EStG .......... Steuervergünstigungen § 7.5 EStG Grundsteuervergünstigung auf 10 Jahre ..............
-
0,95
1,05
0,70
-
-
2,00
2,95
-
1,05
-
1,65
2,70
4,60 3,70
0,20
-
0,20 1,65
0,60
-
-
0,80
-
-
2,60
1,90
0,70 0,60
-
2,90
-
0,90
-
I 3,80
0,60
-
insges.
0,30
-
Bund
Länder Gemeinden
1974
I
0,10 1,35
-
2,00 0,10
1,50
3,45
1,60
3,25
I
1,35
0,20
3,50
5,05
4,90 3,10
0,15
-
-
0,55
-
0,70
-
-
2,45
2,40
1,85
-
1,65
0,15
-
-
0,60 0,65
-
1,75
1,20
4,15
-
Bund
0,55
insges.
Länder Gemeinden
1978
soweit quantifizierbar (in Mrd. DM) -
ZwisChensumme a ) •.•••••••••• davon Zinsermäßigungen ..
Wohnungsfürsorge öff. Arbeitgeber .......... LastenausgleiCh (Aufbaudarlehen) .................
2. Sonstige Zinsermäßigungen a) ................ .
.0
Zins- und TilgungszusChüsse (Objektbezogene Beihilfen) Zinsermäßigungen, die mit dem Darlehensbestand verbunden sind .............. naChriChtliCh: Darlehensauszahlungen Darlehensrückflüsse .....
1. Sozialer Wohnungsbau a) ..
Aufgabenbereichj Maßnahmen
-
-
0,20
1,75
1,30
0,20
2,35
3,85
1,95
4,00
-
-
I
-
-
-
1,90
-
1,90
0,15
-
-
0,80 0,70
-
1,95
0,75
-
Bund
1980 Länder Gemeinden
Staatliche Aufwendungen für den Bereich Wohnungswesen und Städtebau
1,30
0,40
4,10
5,80
5,90 3,20
0,15
0,55
0,70
-
IIQ
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2,50
2,70
5,20
insges.
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I
I
5,50
1. - 8. Wohnungswesen, Städtebaud) .............
'---- ~
8,55
0,85
14,05
1,60
3,65 3,10 0,55
0,20
0,20
0,80 0,40
0,30
0,15
6,60
0,90
17,30
1,95
1,05
10,70
2,65 1,90 0,75
-
1,35 0,95 0,45
0,30
0,30
1,30 0,95 0,35
0,65
1,50 0,55
0,40
1,05 0,35
11,20
0,30
0,15
7,25
0,60
0,65 0,45 0,20
0,30
-
0,25 0,25
0,25
0,45 0,20
3,95
0,15
0,15
0,30
0,40 0,20 0,20
7,40
20,05
2,05 1,10
12,65
2,60 1,90 0,70 1,35 0,95 0,40
1,25 0,95 0,30 0,95
0,50 0,50
1,95 0,70 0,75
I
I
13,45
0,45
0,80
1,25
-
0,50 0,50
0,50
1,45 0,45
8,75
0,25
0,40
0,65
-
0,25 0,25
0,25
0,50 0,25
4,70
0,20
0,40
0,60
-
0,25 0,25
a) Nach Angaben im Sozialbericht 1980. - b) Ergänzende Angaben: Subventionsberichte und .7b-Bericht" der Bundesregierung. - c) Nach Angaben im Subventionsbericht und Finanzbericht 1980. - d) Ohne Berücksichtigung der Grunderwerbssteuerbefreiung (1978 ca. 3,5 Mrd. DM). - e) Verschiedene Quellen: Subventtonsberichte, Bundestagsdrucksache 8/2085 (Städtebaupolitik), Länderfinanzberichte. - f) Nach Angaben im Sozialbericht und Subventionsbericht. DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Wochenbericht 50/80 vom 11. 12. 1980.
-
0,75
8. Wohngelda) ...............
1,85 1,55 0,30
0,20
1,80 1,55 0,25
0,10
0,55 0,25
0,10
7. Bausparförderung f ) ....... Wohnungsbauprämien .... Steuervergünstigungen ....
.
6. Städtebauförderunge) ..... Finanzhilfen (StBauFG) ... Finanzhilfen Konjunkturprogramme, ZIP ................... Finanzhilfen zusätzl. Länderprogramme
0,25 0,15
2,70
1. - 5. Wohnungsbauförderungd) .....•...........
8,00
0,10
0,05
0,05
5,30
0,20
0,10
0,10
...... 0.30
-
0,15
-
-
0,40 0,40
0,15
0,20 0,20
0,20 0,20
5. Modernisierung, Energieeinsparunge ) Finanzhilfen (BundLänder-Programm) ....... Steuervergünstigungen (§ 82 a EStDV) ............
4. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen Organe der staatl. Wohnungspolitik c) .. Steuerbefreiung ........... Investitionszuschüsse .....
Il>o Il>o C