Wohlfahrt zwischen Staat und Markt: Korporatismus, Transparenz und Wettbewerb im Dritten Sektor [1 ed.] 9783428531882, 9783428131884

In der vorliegenden Publikation untersucht Bernd Grzeszick Strukturen des Dritten Sektors, der sich zwischen Staat, Mark

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German Pages 84 Year 2010

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Wohlfahrt zwischen Staat und Markt: Korporatismus, Transparenz und Wettbewerb im Dritten Sektor [1 ed.]
 9783428531882, 9783428131884

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1164

Wohlfahrt zwischen Staat und Markt Korporatismus, Transparenz und Wettbewerb im Dritten Sektor Von Bernd Grzeszick

Duncker & Humblot · Berlin

BERND GRZESZICK

Wohlfahrt zwischen Staat und Markt

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1164

Wohlfahrt zwischen Staat und Markt Korporatismus, Transparenz und Wettbewerb im Dritten Sektor

Von Bernd Grzeszick

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-13188-4 (Print) ISBN 978-3-428-53188-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-83188-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Publikation präsentiert einen rechtspolitisch relevanten Ausschnitt der Ergebnisse eines größeren Forschungsprojekts zu Transparenz und Wettbewerb als Faktoren staatlichen Handelns. Einer solchen Frage nachgehen zu können, erfordert nicht nur Zeit, sondern auch Unterstützung. Mein besonderer Dank gilt daher der Haniel-Stiftung, die dieses Projekt materiell gefördert hat, und deren Vertreter den Fortgang der Studie interessiert begleitet und inhaltlich befruchtet haben. Genannt seien an dieser Stelle nur Franz M. Haniel sowie Prof. Dr. Hans Georg Willers, die – gemeinsam mit anderen – in einer Reihe anregender Gespräche zur Konturierung wesentlicher Aspekte beigetragen haben. Dies ist umso bemerkenswerter, als bereits die materielle Förderung von Forschungsvorhaben zu Grundlagen des staatlichen Zusammenlebens zu den Ausnahmen gehört; erst recht gilt dies für den erfahrenen intellektuellen Zuspruch. Einen weiteren erheblichen Anteil am Gelingen des Projekts haben Dr. Rupert Antes und das Mitarbeiter-Team der Haniel-Stiftung, deren stets rasche und unkomplizierte Abwicklung der verwaltungstechnischen Einzelheiten ein wichtiger Faktor für den stetigen Fortschritt der Arbeit war. Schließlich möchte ich mich bei meinem Erlanger Mitarbeiter Jens Weyd bedanken, der die Studie inhaltlich mitbetreute und in dessen Händen die Organisation des zentralen Experten-Meetings in Erlangen lag. Heidelberg, den 1. April 2010

Bernd Grzeszick

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Korporatismus und Dritter Sektor – eine begriffliche Annäherung . . . . . . . . . . . . . .

13

I. Korporatismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

1. Klüngel oder gemeinsam sind wir stark? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

2. Vom Korporatismus zum Neokorporatismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

II. Anwendungsfelder oder: Ein weites Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

1. Makro-Korporatismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

2. Sektoren-Korporatismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16

III. Dritter Sektor – Bereich zwischen Staat, Wirtschaft und Familie . . . . . . . . . . . . . .

16

C. Kennzeichen und Funktionsweisen korporatistischer Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

I. Kennzeichen – keine Einheit in der Vielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

II. Funktionsweisen – manus manum lavat? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

III. Wirkung korporatistischer Vereinbarungen – von der Empfehlung zum Gesetz

20

1. Von der verbandlichen Empfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

2. . . . bis zur verbandlichen Rechtsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

D. Vor- und Nachteile korporatistischer Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

I. Zielsetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

II. Die Vorteile oder es werde Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

III. Die Nachteile – Wo Licht ist, ist auch Schatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

IV. Ergebnis: Hände weg von den Verbänden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

E. Korporatismus im Dritten Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

I. Der Staat schafft an – die Privaten führen aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

II. Subsidiarität – Unter sticht Ober! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

III. Arbeitsteilung durch gestufte Aufgabenwahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

IV. Ergebnis: Dritter Sektor als Beispiel institutionalisierter Verflechtung . . . . . . . . .

30

8

Inhaltsverzeichnis

F. Die Wohlfahrtsverbände – „big player“ im Dritten Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

I. Schaffung von Netzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Staatliche Mittelzufuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

III. Die Entdeckung der Konkurrenz: Die frei gewerblichen Träger . . . . . . . . . . . . . . .

35

IV. Folgen für die Wohlfahrtsverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

G. Änderungen im systematischen Gefüge – Von der Partnerschaft zum Auftrag . .

38

I. Vom Sparzwang zum Neuen Steuerungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

II. Kontraktmanagement als neues Finanzierungselement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

III. Im Ergebnis: Neuer Wein in alten Schläuchen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

H. Korporatistische Systeme innerhalb des deutschen Gesundheitswesens . . . . . . . . .

42

I. Interesseneinbindung als Motor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

II. Die Seite der Leistungsanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

1. Die Kassenärztlichen Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

2. Weitere Verbände der Ärzteschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

3. Die Kliniken und ihre Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

III. Die Krankenkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV. Gegensätze, die sich anziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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V. Reformen ohne Ende oder wird endlich gut, was lange währt? . . . . . . . . . . . . . . . .

47

1. Die Reformen im Schnelldurchlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

2. Reformakzeptanz durch verstärkte Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

VI. Retter in der Not oder notwendiges Übel: Der Gemeinsame Bundesausschuss . .

50

VII. Und noch eine Konzertierte Aktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

VIII. Wesentliche Reformaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

1. Alle Macht den Kassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

2. Wettbewerb ist nicht alles, aber ohne Wettbewerb ist alles nichts . . . . . . . . . . .

53

IX. Und der Staat schaut zu? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Wettbewerb im Dritten Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

I. Finanzierungsoptionen als Ansatzpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

II. Persönliche Budgets: Beitrag zur Menschenwürde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

Inhaltsverzeichnis

9

III. Gutscheinsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV. Die Folgen des Wettbewerbs oder die Geister, die ich rief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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V. Vergaberecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

VI. Nicht immer der niedrigste Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

1. Vergaberecht und Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

a) Anwendbarkeit des Vergaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

b) Öffentlicher Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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c) Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

d) Öffentlicher Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

e) Auftragnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

f) Entgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

2. Folgen der Vergaberechtspflichtigkeit: Sozialrechtliches Vergabeverfahren?

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J. Ausblick – Die Zeichen der Zeit erkennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

K. Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

I. Transparenz als Voraussetzung von Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

II. Abbau unnötiger Verbandsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

III. Keine Gesetzgebung durch die Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

IV. Vorrang für reine Marktmechanismen und den Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

V. Vertragsebene ausbauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

VI. Gleichstellung aller Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

VII. Neue Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VIII. Mehr Verantwortung für den Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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„By pursuing his own interest, he frequently promotes that of the society more effectually than when he really intends to promote it. I have never known much good done by those who affected to trade for the public good.“ (Adam Smith, The Wealth of Nations, 1776, Book IV, Chapter II, p. 187)

A. Einleitung Die Verfolgung eigener Interessen ist eine der stärksten Antriebsfedern des menschlichen Verhaltens und der gesellschaftlichen Entwicklung. Es verwundert daher nicht, dass das Eintreten für die eigenen Interessen sich im Laufe der Zeit professionalisiert hat. Nicht selten wird in diesem Zusammenhang auf die Anzahl der als Lobbyisten bezeichneten Interessenvertreter an den jeweiligen Regierungsund Parlamentssitzen verwiesen. Jenseits dieser zwar informellen, aber im Übrigen eindeutigen Form der Interessenvertretung haben sich auch organisatorische Gerüste herausgebildet, die der Interessenvertretung dienen, und eine Reihe von Institutionen sind vom Aspekt der Interessenvertretung zumindest mitgeprägt. Allgemein kann die Verankerung von Interessenvermittlungssystemen heute zu einem beständigen Grundelement der westlichen Gesellschaftsordnungen gezählt werden. Die konkrete Gestalt fällt in den einzelnen Staaten freilich sehr unterschiedlich aus und stößt auf unterschiedliche Akzeptanz, die sich im Lauf der Zeit ändern kann. So wird insbesondere die Beteiligung und Einbindung von Interessen über Verbände in der Bundesrepublik in jüngerer Zeit allmählich auch kritisch und insbesondere wegen der regelmäßig fehlenden Transparenz mit starken Vorbehalten betrachtet. Als Schlagworte tauchen die Begriffe von der „Herrschaft der Verbände“ oder von „politischer Patronage“ auf. Ganz anders dem hingegen z. B. in den USA; dort zählt die Arbeit der Verbände zum akzeptierten Alltag des politischen Geschehens (Hübner 2007, 54 ff.). Auch in Deutschland haben sich beachtliche Interessenvermittlungsstrukturen herausgebildet, die vor allem den sog. Dritten Sektor prägen. Dennoch – und trotz dessen eminenter politischer und ökonomischer Bedeutung – ist dieser Bereich bisher wissenschaftlich wenig durchdrungen. Dieses Defizit zu verringern und zugleich Anstöße für nötige Veränderungen zu geben, ist eines der Ziele der vorliegenden Studie. Dazu wird im Bereich des Dritten Sektors spezifischen, paradigmatischen Fragen nach dem Verhältnis von Korporatismus, der Implementierung von Wettbewerbselementen, v.a. von Transparenz, sowie deren Auswirkungen auf die vorhandenen Leistungsverhältnisse im Bereich der allgemeinen Wohlfahrt nachgegangen.

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A. Einleitung

Diese Themenstellung ist dem Umstand geschuldet, dass sich in einem Bereich zwischen der staatlichen Verwaltung auf der einen und dem privatnützigen Gewinnerzielungshandeln auf der anderen Seite ein umfangreicher Bereich herausgebildet hat, der auch als Dritter Sektor bezeichnet wird. Die entsprechenden Institutionen haben regelmäßig eine gemeinnützige Aufgabenerledigung zu verfolgen. Zugleich wird dieser Bereich aber ganz maßgeblich durch das Handeln von Verbänden geprägt. Die Verbände wiederum haben sowohl untereinander als auch mit staatlichen Akteuren ein dichtes Netz an Austauschbeziehungen installiert. Die Ausleuchtung dieses Netzwerkes und die Frage nach den Wirkungen derartiger Konstruktionen sind nicht nur wissenschaftlich relevant. Wegen der anstehenden Aufgabe, das Sozial- und Gesundheitssystem den geänderten gesellschaftlichen Anforderungen und Leistungsmöglichkeiten anzupassen, haben diese Fragen mittlerweile auch eine prominente politische Bedeutung erlangt. Was kann nun in diesem Zusammenhang die vorliegende Untersuchung leisten? Sie will – ohne den Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit zu erheben – einen ersten Überblick über einige beispielhafte Erscheinungsformen des Korporatismus und die sich daran anschließenden Probleme geben. Damit soll sie dazu beitragen, relevante Fragestellungen und mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen. Dazu wird vor allem erörtert werden, ob bestimmte Aufgaben besser über netzwerkgesteuerte Austauschbeziehungen und gegenseitige Absprachen oder im Wege eines maßvoll gesteuerten Wettbewerbs erfüllt werden können. Die Studie will damit einen Impuls für einen weiteren konstruktiven Austausch zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und den Entscheidungsträgern in der Praxis geben, um so einer Reformblockade im Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens entgegenzuwirken. Zu diesen Zwecken wird nach einer ersten begrifflichen Eingrenzung der Frage nachgegangen, durch welche Elemente sich korporatistische Systeme auszeichnen und wie sie funktionieren. Dabei sollen vor allem die Vor- und Nachteile derartiger Systeme aufgezeigt werden. Danach geht es um die Fragestellung, warum sich korporatistische Systeme vor allem im Bereich des Dritten Sektors etabliert haben, ehe dann exemplarisch die herausragende Rolle der Wohlfahrtsverbände skizziert wird. Für mögliche Reformen wird schließlich darauf eingegangen, inwieweit Änderungen der staatlichen Mittelbewirtschaftung die korporatistischen Strukturen beeinflussen. Die zuvor erarbeiteten allgemeinen Betrachtungen werden dazu am konkreten Beispiel des Gesundheitssektors vertieft. Dabei wird auf Beispiele eines etablierten Wettbewerbs im Dritten Sektor und die dadurch hervorgerufenen Chancen und Risiken hingewiesen. Die Studie schließt mit Handlungsempfehlungen für den Gesetzgeber.

B. Korporatismus und Dritter Sektor – eine begriffliche Annäherung Korporatismus und Dritter Sektor sind Begriffe, die verschieden verwendet und ausgefüllt werden. Zunächst soll daher geklärt werden, was unter diesen Begriffen zu verstehen ist.

I. Korporatismus 1. Klüngel oder gemeinsam sind wir stark? Würden wir Passanten auf der Straße nach Interessenverbänden und Lobbyisten fragen, fiele das Echo mit Sicherheit wenig positiv aus. Im Rheinland würde der Interviewer vielleicht mit dem Konrad Adenauer zugeschriebenen Motto: „Mer kennt sich, mer hilft sich“ konfrontiert werden. Die Nähe zu Ämterpatronage und Korruption steht bei diesen Umschreibungen zumindest unausgesprochen im Raum – und damit auch ein bitterer Nachgeschmack. Die Bezeichnung Korporatismus meint freilich anderes. Sie erfasst ihrem wörtlichen Ursprung folgend die Verbindung von Personen gleichen Stands oder Berufs. So können etwa die uns als Innungen bekannten Zusammenschlüsse der einzelnen Handwerke als klassische korporatistische Erscheinung bezeichnet werden. Die dahinter stehende Idee geht auf die katholische Soziallehre zurück (Niechoj 2003, 196). Nach dieser sollen bestehende soziale Gegensätze auch aus dem Zusammenspiel von privaten und wirtschaftlichen Aktivitäten überwunden werden. So war es eine Aufgabe der Innungen, die Versorgung kranker Innungsangehöriger aus der Gemeinschaft abzusichern. Der Idee nach hat sich dies mit den Innungskrankenkassen bis heute bewahrt (vgl. § 157 SGB V). Mittlerweile haben sich aber die Rahmenbedingungen entsprechender Korporationen geändert, und der Anwendungsbereich derartiger Zusammenschlüsse hat sich stark ausgeweitet. Damit stellt sich die Frage, ob jeder dieser Zusammenschlüsse (noch) dem sie ursprünglich legitimierenden Zweck dienen, oder ob nicht die Existenz der Zusammenschlüsse an sich einen Selbststand erreicht hat. Allgemeiner gefasst geht es bei Korporatismus um eine Form der Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen an den sie betreffenden Entscheidungsprozessen; um das planvolle, aufeinander abgestimmte Ineinandergreifen dieser Gruppen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels (vgl. Trube / Wohlfahrt 2000, 29; Czada 2000, 9).

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B. Korporatismus und Dritter Sektor – eine begriffliche Anna¨herung

§ 3 Absatz 1 Satz 1 StabG Im Falle der Gefährdung eines der Ziele des § 1 stellt die Bundesregierung Orientierungsdaten für ein gleichzeitiges aufeinander abgestimmtes Verhalten (konzertierte Aktion) der Gebietskörperschaften, Gewerkschaften und Unternehmensverbände zur Erreichung der Ziele des § 1 zur Verfügung. Diese Orientierungsdaten enthalten insbesondere eine Darstellung der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge im Hinblick auf die gegebene Situation.

Es handelt sich dabei um eine spezielle Technik zur Findung von Entscheidungen. Diese wird dadurch gekennzeichnet, dass regelmäßig nur wenige und exklusiv organisierte Interessen beteiligt sind. Die innerhalb dieser Gruppierungen erzielten Entscheidungen kommen dabei nicht zwingend im Wege einer Abstimmung und damit im Geiste der Mehrheit zustande (Wohlfahrt 2004, 72); der Klüngeleinwand ist also nicht völlig fernliegend. Nicht selten werden die erzielten Ergebnisse nur zwischen einigen der beteiligten Akteure ausgehandelt. Die Aussage, korporatistische Verbindungen seien regelmäßig Erscheinungsformen der „Verhandlungsdemokratie“, kann daher allenfalls im konkreten Einzelfall überzeugen (Wohlfahrt 2004, 72; Czada 2000, 4 ff.).

Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit Die Bundesregierung setzt zur Bewältigung der bevorstehenden Aufgaben, insbesondere beim Abbau der Arbeitslosigkeit, auf eine sich wechselseitig verstärkende Verbesserung der Angebots- und Nachfragseite der Wirtschaft, d. h. auf die konsequente Durchführung beschäftigungsfördernder Reformen und auf die Schaffung dauerhaft günstiger gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Sie ist sich angesichts der Komplexität der Herausforderungen bewusst, dass sie bei der Bewältigung dieses Wandels auf die Unterstützung aller gesellschaftlicher Gruppen angewiesen ist. Das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit ist dauerhaft angelegt. Es will Konsens darüber erzielen, wie das Verhalten der Beteiligten bestmöglich am Beschäftigungsziel ausgerichtet werden kann. Bestehende Verantwortlichkeiten – das Mandat der Bundesregierung zur Gestaltung der Politik und die Autonomie der Tarifpartner – bleiben gewahrt. Das Bündnis auf Bundesebene wird durch ähnliche Bündnisse in den Bundesländern und Kommunen sowie in einer Reihe von Unternehmen ergänzt. Beim ersten Spitzengespräch am 7. Dezember 1998 hat sich das Bündnis auf einen Aufgabenkatalog geeinigt und sich eine Struktur gegeben. Unterhalb des Spitzengesprächs ist eine Steuerungsgruppe eingesetzt worden, die die einzelnen Arbeits- und Expertengruppen koordiniert und die Beratungen der Spitzengespräche vorbereitet. Ihr arbeitet die „Benchmarking-Gruppe“ zu, die aus Wissenschaftlern besteht. Diese Gruppe soll aus internationalen Vergleichen Lehren für die nationale Politik ziehen. Daneben sind Arbeitsgruppen, Fach- und Themendialoge eingerichtet worden. Aus: Sozialpolitische Umschau, 06. 03. 2000

II. Anwendungsfelder oder: Ein weites Feld

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2. Vom Korporatismus zum Neokorporatismus Durch die in den letzten Jahrzehnten eingetretenen Veränderungen in den verbandlichen Beziehungen kam es auch zu neuen Bezeichnungen. Gesprochen wird mittlerweile vom Neokorporatismus (Backhaus-Maul / Olk 1994, 108 ff.; Neumann 1992, 425;). Dieser Begriff soll die Neuformulierung der Beziehungen zwischen dem Staat und den organisierten Interessen widerspiegeln. Bei diesem Wechsel geht es wohl auch darum, das negative Image der vorhandenen Strukturen zu verbessern. Diese sollen nicht als eine illegitime Herrschaft der Verbände erscheinen, sondern vielmehr als wünschenswerter Mechanismus innerhalb der politischen Steuerung auftreten und so auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

II. Anwendungsfelder oder: Ein weites Feld Diese begrifflichen Umschreibungen werden plastischer, indem man sich einige der Einsatzbereiche betrachtet, in denen korporatistische Elemente zu ihrer Geltung gelangen. Die nachfolgend vorgestellten Beispiele lassen dabei aber allenfalls erahnen, welche Dimensionen derartige Strukturen mittlerweile in unserer Gesellschaft angenommen haben. Zu finden sind sie nahezu überall (vgl. Kaiser 2006, 91 ff.). 1. Makro-Korporatismus Auf korporatistische Ansätze stößt man zum einen auf volkswirtschaftlicher Ebene. Hier geht es dem Staat darum, mit Hilfe von Korporationen die wirtschaftliche Entwicklung aktiv zu steuern. So schuf der Gesetzgeber das politikfeldübergreifende Institut der Konzertierten Aktion (Kaiser 2006, 190 ff.). Dieses umschreibt ein gleichzeitiges aufeinander abgestimmtes Verhalten von Bund, Ländern und Gemeinden, von Gewerkschaften und Unternehmensverbänden (Niechoj 2003, 200 ff.). Dadurch soll das Verhalten dieser Beteiligten harmonisiert und eine wechselseitige Abschottung verhindert werden. Die Beteiligten sollen also wissen, was sie tun oder besser: planen zu tun. In diesem Rahmen werden noch keine Vereinbarungen getroffen. Es erfolgt allein ein Informationsaustausch über die geplanten Handlungsweisen der Beteiligten. Es kommt so zu einer mehr oder minder gelungenen Verhaltensabstimmung (Stern / Münch / Hansmeyer, 158 ff.). Ein uns allen noch bekanntes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist das „Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit“ (vgl. Kaiser 2006, 400 ff.). Und auch in den Zeiten der aktuellen Finanzkrise wird zu deren Bewältigung erneut über konzertierte Aktionen nachgedacht.

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B. Korporatismus und Dritter Sektor – eine begriffliche Anna¨herung

2. Sektoren-Korporatismus Auch außerhalb dieses makro-korporatistischen Sichtfeldes erlangt das Zusammenspiel von staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren große Bedeutung. So werden Verbände in zahlreichen verschiedenen Sachbereichen an der dortigen Politikentwicklung beteiligt (sog. sektoral segmentierter Meso-Korporatismus; vgl. Kaiser 2006, 91 ff., 293 ff.; Heinze / Schmid 1994, 65 ff.). Sie sollen hier als ein ergänzendes Element innerhalb der bestehenden Ordnung dienen und werden scheinbar vor allem dort zum Einsatz gebracht, wo die Marktmechanismen nur unzulänglich funktionieren. Mit ihrer Hilfe sollen dann diejenigen Schieflagen angegangen werden, die sich aus einer wachsenden Dynamik der verschiedenen Teilmärkte ergeben haben (vgl. Heinze / Schmid 1994, 66 ff.; Wissenschaftlicher Beirat 2000, 2 ff.). Blickt man auf die Realität, gelangt man zu dem Ergebnis, dass hier aber Wunsch und Wirklichkeit häufig auseinanderklaffen. Es entsteht für den Betrachter der Eindruck, dass durch den lancierten Einsatz der Verbände liberale Marktverhältnisse entweder verhindert oder zumindest behindert werden sollen. Dies sucht man dadurch zu erreichen, dass man die Zuordnung von Gütern und Dienstleistungen nicht den Kräften des Marktes in ihrem freien Spiel überlässt, sondern einem Aushandlungsprocedere zwischen nicht unmittelbaren Verteilungsverantwortlichen überantwortet. Erschwerend ist zu berücksichtigen, dass sich die Wirkungen der getroffenen Absprachen in diesem Feld der Zusammenarbeit nicht mehr nur auf eine bloße Verhaltensabstimmung beschränken. Auf die Folge, dass dies zu einer Marktabschottung führen kann, wird später noch zurückzukommen sein. Und das Einsatzfeld der Mitwirkung der Verbände ist groß. Die Mitwirkung beginnt etwa bei der paritätischen Besetzung bestimmter Fachgerichte (§ 20 Abs. 2 ArbGG), reicht über die Mitsprache bei der Krankenhausplanung in entsprechenden Planungsausschüssen (Art. 7 BayKrG) bis zur Formulierung von verbindlichen Rahmenbedingungen bei der Erbringung sozialer Dienstleistungen (§ 75 SGB XI). Insgesamt somit ein beachtliches und wirtschaftlich reizvolles Spektrum, das sich sehen lassen kann.

III. Dritter Sektor – Bereich zwischen Staat, Wirtschaft und Familie Was wird nun unter dem Dritten Sektor verstanden? Mit dieser Bezeichnung werden regelmäßig die zwischen Staat und gewinnorientierter Privatwirtschaft einerseits und Gemeinschafts- bzw. Familienstrukturen andererseits angesiedelten Organisationseinheiten erfasst (Zimmer / Priller 2004, 15 ff.; Enste 2004, 50 ff.). Diese Verortung klärt bereits, warum die Bedeutung dieses Bereiches in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. Dies wird vor allem dann nachvollziehbar, wenn wir uns vor Augen führen, dass sich familiäre Strukturen innerhalb unserer

III. Dritter Sektor – Bereich zwischen Staat, Wirtschaft und Familie

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Gesellschaft immer weiter in einem Auflösungsprozess befinden. Die dadurch entstehenden Defizite können nicht mehr vollständig von den staatlichen Einrichtungen abgedeckt und aufgefangen werden. Und hier kommen die Einrichtungen des Dritten Sektors ins Spiel, die diese Lücke füllen. Sie werden so immer mehr zum Ersatz für die Aufgaben der ehemals als Großfamilie bezeichneten sozialen Einheiten. Erfasst werden damit vor allem die auch als Non-Profit-Einrichtungen bezeichneten gemeinnützigen Unternehmen, wie die Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände. So ist das Alten- und Pflegeheim, das von der Diakonie getragen und als gemeinnützige GmbH betrieben wird, ein klassisches Beispiel für ein Unternehmen des Dritten Sektors (Blankart / Gehrmann 2006, 38 f.). Damit werden auch bereits einige prägende Merkmale der Einrichtungen dieses Sektors erkennbar. Sie sind überwiegend durch ein Angebot von persönlichen Dienstleistungen und durch eine kollektive Finanzierung geprägt (vgl. Anheier / Priller / Zimmer 2000, 83 ff.). Das Haupteinsatzgebiet der Organisationen des Dritten Sektors ist dabei der Bereich der Daseinsvorsorge. Dieser umfasst die Versorgung mit Leistungen, die für den Einzelnen unentbehrlich sind oder die ihm aus Gründen des öffentlichen Interesses zugänglich sein sollen. Es geht mithin um Bereiche der Befriedigung von Grundbedürfnissen (Rüfner 2006, 1050 ff.). Dazu zählt etwa die Bereitstellung einer Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur, aber auch die Versorgung im Alter oder bei Krankheit, die Betreuung von Kindern und Jugendlichen oder die Ausbildung Behinderter wie Nichtbehinderter.

C. Kennzeichen und Funktionsweisen korporatistischer Systeme Auf die Bedeutung des Korporatismus wurde bereits mehrmals hingewiesen. Im Folgenden wird daher der Frage nachgegangen, durch welche Eigenschaften sich korporatistische Systeme auszeichnen und wie sie funktionieren.

I. Kennzeichen – keine Einheit in der Vielfalt Es stellt sich die Frage, welche Merkmale im Einzelnen korporatistische Strukturen kennzeichnen und diese damit erkennbar machen. Hierzu finden sich mehrere Einordnungsversuche. So wurden als Kennzeichen des (neo-)korporatistischen Modells zusammenfassend die Organisation von Interessen in Dachverbänden, die Vernetzung von Parteien- und Verbändesystem, die institutionalisierte Verhandlungen zwischen Verbänden und der Regierung sowie der Umstand erkannt, dass die Regierung die Gewähr für die ausgehandelten Ergebnisse übernimmt (vgl. Kaiser 2006, 47 ff.; Czada 1994, 43 ff.). Die einbezogenen Verbände sind im Unterschied zum Pluralismus und zum Syndikalismus zudem vielfach durch eine begrenzte Anzahl und einem Mitgliederzwang gekennzeichnet (Czada 1994, 44 f.). So steht es den Ärzten ebenso wenig frei über ihre Zugehörigkeit zur Ärztekammer bzw. den ärztlichen Kreisverbänden zu entscheiden, wie dem Tischlermeister über seine Zugehörigkeit zur Handwerkskammer (vgl. Art. 4 BayHKaG, § 90 HandwO). Die Verbände sind regelmäßig hierarchisch geordnet, funktional differenziert und nichtkompetitiv. Letzteres meint, dass sie miteinander nicht in einem Wettbewerbsverhältnis stehen. Die Beziehung der Verbände zum Staat zeichnet sich durch die staatliche Anerkennung der Verbände aus, die in ihrem Sektor ein Repräsentationsmonopol darstellen und als Gegenleistung bestimmte Auflagen und Aufgaben erfüllen müssen. Die staatliche Anerkennung kann etwa in der gesetzlich vorgesehenen Eingliederung in die staatliche Aufgabenerfüllung oder in der Zurverfügungstellung von öffentlich-rechtlichen Organisationsformen liegen. Um langfristig bestehen zu können, benötigen derartige Systeme zudem Strukturen der Berechenbarkeit und Verlässlichkeit hinsichtlich der Umsetzung der ausgehandelten Ergebnisse (vgl. Kaiser 2006, 37 ff.; Czada 1994, 43 ff.). Beim Rückgriff auf derartige Ansätze muss aber Klarheit darüber bestehen, dass diese Eigenschaften in ihrer Gesamtheit in den heute als korporatistisch anerkannten Arrangements nicht stets in Gänze vorzufinden sind; sie haben daher allenfalls Indiziencharakter.

II. Funktionsweisen – manus manum lavat?

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Deutlich wird dies bei einem ersten Blick auf die Wohlfahrtsverbände. Diesen ist ein Mitgliederzwang fremd und hierarchische Strukturen werden allenfalls begrenzt erkennbar. Erst recht fehlt es ihnen an einem Repräsentationsmonopol innerhalb ihres Tätigkeitsbereiches (Boeßenecker 2005, 32 ff.). Ferner mag zwar für den Bereich der beruflichen Selbstverwaltung ein Wettbewerb zwischen den Kammern ausgeschlossen sein, da deren Zuständigkeit gesetzlich nach den Berufsbildern abgesteckt wurde. Ein Arzt kann nicht zugleich Mitglied einer Rechtsanwaltskammer werden. Im Unterschied zu diesen Organisationen ist aber das Aufgabenfeld der sonstigen Verbände nicht derart verbindlich fixiert. Dieses ergibt sich unter Umständen erst aus einem Verhandlungsprozess selbst, ist also prozessorientiert (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 1 f.). Ein völliges Fehlen von Wettbewerb kann insoweit nicht ausgeschlossen werden. Gleichwohl können auch diese Beispiele unter den Oberbegriff des Korporatismus gefasst werden. Daher ist festzuhalten, dass korporatistische Strukturen ob der Mannigfaltigkeit ihrer Erscheinungsformen nur sehr schwer auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können. Dies behindert eine klare Abgrenzung und erschwert die Formulierung allgemein gültiger Aussagen unter Loslösung vom Einzelfall. Bei der Untersuchung korporatistischer Strukturen und deren Wirkungen sind daher die Besonderheiten des jeweils betroffenen fachlichen Sektors klar auszuweisen und ist bei der Übertragung der Erkenntnisse auf andere Bereiche entsprechend differenziert vorzugehen.

II. Funktionsweisen – manus manum lavat? Nach wie vor sieht man sich zudem mit der Problematik konfrontiert, auf welcher Basis eine korporatistische Steuerung überhaupt funktionieren kann. Traditionell wird häufig von einem Tauschkorporatismus ausgegangen. Dieser Ansatz basiert darauf, dass korporatistische Verhandlungssysteme vor allem deshalb funktionieren, weil alle beteiligten Akteure freiwillig zu Zugeständnissen bereit sind. Es kommt so im Ergebnis zu einem tauschähnlichen Vorgang (Kaiser 2006, 52 ff.; Czada 1994, 47 ff.). Dieser Ansatz kann aber nur in denjenigen Sachverhalten als Erklärungsmuster dienen, in denen alle beteiligten Akteure auch zu entsprechenden Zugeständnissen bereit und in der Lage sind. Geht es wie beispielsweise in der aktuellen Diskussion über eine weitere Gesundheitsreform um die Umsetzung von staatlichen Kürzungsund Anpassungsbestrebungen, fehlt es regelmäßig an einem gegenseitigen Geben und Nehmen – ein Tausch kann dann nicht stattfinden (Niechoj 2003, 210 ff.). Es gilt daher neue Erklärungsmuster zu finden, die auch die noch aufzuzeigende Entwicklung verarbeitet, dass die Verbände weniger gleichberechtigte Partner des Staates, sondern eher dessen Auftragsempfänger sind.

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C. Kennzeichen und Funktionsweisen korporatistischer Systeme

III. Wirkung korporatistischer Vereinbarungen – von der Empfehlung zum Gesetz Bevor die Rolle des Korporatismus im Dritten Sektor näher erörtert wird, zunächst noch ein Blick auf die Bindungswirkung korporatistischer Vereinbarungen. Den getroffenen Abreden kann nämlich eine ganz unterschiedliche Verbindlichkeit zukommen. Die Spannweite reicht von der bloßen Empfehlung bis hin zur rechtlichen Verbindlichkeit.

1. Von der verbandlichen Empfehlung . . . Den Abreden kann eine verbindliche Wirkung völlig fehlen. Hier liegen dann schlicht Empfehlungen vor. So wurde den Beschlüssen der Bundesausschüsse innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung zunächst nur eine solche Wirkung zuerkannt. Diese Empfehlungen können ihre Geltungskraft dann überwiegend allein aus den jeweiligen Beziehungen der Verhandlungspartner ableiten. Insofern besteht hinsichtlich der Realisierung derartiger Vereinbarungen gegenüber den Verbandsmitgliedern und gegenüber den Verhandlungspartnern keine Garantie. Unmittelbare Sanktionsmechanismen für den Fall der Nichteinhaltungen bestehen regelmäßig nicht. Eine mangelhafte Umsetzung verabredeter Ergebnisse wird allenfalls in Folgeverhandlungen die Position als gleichberechtigter Verhandlungspartner schwächen. Dazu wird es aber nur selten kommen. Die Verhandlungspartner müssen hier also letztlich selbst für die Verwirklichung der getroffenen Vereinbarungen Sorge tragen. Ein solcher Effekt wird regelmäßig durch eine Art Selbstbindung erreicht. Die Abreden werden hierzu derart ausgestaltet, dass sie sich selbst durchsetzen. Hierzu muss der Inhalt der Vereinbarung derart austariert worden sein, dass sich jeder Verhandlungspartner dann am meisten selbst schadet, wenn er die Abrede nicht einhält.

2. . . . bis zur verbandlichen Rechtsetzung Am anderen Ende der Skala finden sich aber auch Verabredungen mit einer rechtlich verbindlichen Wirkung. Auf solche Absprachen stößt man vor allem dort, wo der Gesetzgeber auf vorhandene verbandliche Strukturen zurückgreift und diese in seine Zielverwirklichung einbezieht. Hier will er dann hinsichtlich der Umsetzung kein Risiko eingehen, sondern ein bestimmtes Maß an Verlässlichkeit und Sicherheit erzielen. Auch der Umstand der Einheitlichkeit der Leistungserbringung ist ein Aspekt, der für eine Verbindlichkeit von Absprachen spricht. Das einzelne Verbandsmitglied soll es dann etwa als Erbringer einer sozialen Dienstleistung nicht mehr in seiner Hand haben, ob und wie er eine Leistung erbringt, sondern ist an die Abrede seines Verbandes gebunden.

III. Wirkung korporatistischer Vereinbarungen

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Beispiele dafür finden sich etwa im Rahmen der bundesdeutschen Sozialgesetzgebung (vgl. § 112 Abs. 2 Satz 2 SGB V, § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI). Dort wurde innerhalb der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung die Aufgabe der Bestimmung der wesentlichen Elemente der Erbringung der Versicherungsleistung auf der Verbandsebene angesiedelt. Den Absprachen der Verbände kommt dabei aus den obigen Gründen eine bindende Wirkung zu. Diese kann im Einzelfall sogar so weit gehen, dass auch nicht verbandlich organisierte und damit bei der Absprache nicht vertretene Einrichtungen an die Verhandlungsergebnisse gebunden werden (Neumann 1994, 558 ff.). Damit kommt den Absprachen eine annähernd gesetzesgleiche Wirkung zu, was die Verbände zu einem Rechtsetzer erhebt, den die Verfassung so allerdings nicht kennt (Brünner 2001, 15 ff.).

§ 75 Abs. 1 SGB XI Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört. [ . . . ] Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich.

D. Vor- und Nachteile korporatistischer Systeme Korporatistische Systeme haben sich über einen langen Zeitraum erhalten und werden wohl auch weiterhin das gesellschaftliche Bild prägen. Nachfolgend wird daher beleuchtet, welche Effekte von deren Teilnehmern erstrebt werden, welche Vorteile und welche Nachteile mit ihnen verbunden sind.

I. Zielsetzungen Zunächst werden die jeweiligen Zielsetzungen der an diesen Austauschbeziehungen teilnehmenden Akteure näher betrachtet. Hier zeichnet sich ab, dass die staatlichen Gebietskörperschaften die Verbandsstrukturen zur Durchsetzung ihrer Ziele und zur Erfüllung ihrer Aufgaben nutzen und damit die gesellschaftlichen Zusammenschlüsse gleichsam funktionalisieren (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 3 f.). Erreicht wird dies unter anderem über den aufgezeigten Mechanismus, dass die an den Verhandlungsprozessen beteiligten Verbände an die gemeinsam getroffenen Vereinbarungen gebunden werden. Die Verbände nehmen damit eine intermediäre Stellung zwischen den Bürgern und dem Staat ein (Olk 1995, 99 ff.; Czada 1994, 54 f.). Die Verbände wiederum verfolgen ihrerseits ihren Auftrag, die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber dem Staat zu vertreten und bestmöglich durchzusetzen (vgl. Bödege-Wolf / Schellberg 2005, 105 f.). Deutlich gemacht wurde aber auch bereits, dass die Verbände auf der anderen Seite in die Position geraten, zudem die Interessen des Staates gegenüber ihren Mitgliedern „verkaufen“ zu müssen, wollen sie als Verhandlungspartner attraktiv bleiben. Dadurch geraten sie in eine Zwickmühle und können nicht mehr nur als bloße Interessenvertreter agieren (vgl. Karolus 1998, 75 f.).

II. Die Vorteile oder es werde Licht Wurde nun schon mehrfach betont, in welch großem Umfang korporatistische Strukturen entstanden sind, kann man davon ausgehen, dass mit diesen nicht nur Vorteile für die unmittelbar beteiligten Verbände, sondern auch für die Allgemeinheit verbunden sind und auch aus dieser Perspektive ein Festhalten an den Strukturen nahe liegen könnte.

III. Die Nachteile – Wo Licht ist, ist auch Schatten

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Für den Einsatz und den Erhalt derartiger Mechanismen spricht der Umstand, dass darin ein Stück demokratischer Willensbildung und Entscheidungsfindung gesehen werden kann. Insoweit sei nochmals an den Begriff der Verhandlungsdemokratie erinnert (Czada 2000, 4 ff.). Des Weiteren können derartige Strukturen der öffentlichen Hand zu einem Informationszugewinn, zu einer Verfügung über Sonder- bzw. Expertenwissen und auch zu einem größeren Einfluss auf bestimmte Akteure und damit zu einer Politikfeldbeeinflussung verhelfen. Gesellschaftliche Vereinigungen tauschen die bei ihnen aufgelaufenen und gebündelten Informationen gegen eine entsprechende politische Berücksichtigung aus. Derartige Kontakte zwischen der öffentlichen Hand und den Verbänden können unter bestimmten Umständen überhaupt erst dazu führen, dass gesellschaftliche Probleme erkannt werden (Wissenschaftlicher Beirat 2000, S. 3 ff., 28). So erfahren die örtlichen Anlaufstellen der Wohlfahrtsverbände als Erste und unmittelbar, welche tatsächlichen Auswirkungen Veränderungen des sozialrechtlichen Leistungsniveaus – wie etwa eine bestimmte Höhe der Sozialhilfesätze – auf die Betroffenen haben. Ferner können korporatistische Strukturen zu positiven wirtschaftlichen Effekten führen, soweit sie etwa zur Kostensenkung beitragen. Diese kann dadurch eintreten, dass durch den Rückgriff auf bestimmte bereits vorhandene Strukturen Einzelinteressen zu einer einheitlichen Position gebündelt werden. Eine ansonsten möglicherweise aufwendige Ermittlung der Einzelinteressen kann sich der Staat damit ersparen. Zudem wird versucht, wirtschafts- und sozialpolitische Probleme im Konsens einer Lösung und damit differierende Positionen einem Ausgleich zuzuführen, der potentiell über eine erhöhte Akzeptanz verfügt. Schließlich können durch die entsprechenden Verhandlungen und erreichten Vereinbarungen die Verhandlungspartner versuchen, neu aufgetretene Probleme zu lösen, die im Falle des Unterlassens eines abgestimmten Verhaltens zu für die Gesamtgesellschaft unerwünschten Resultaten führen (Wissenschaftlicher Beirat 2000, S. 7).

III. Die Nachteile – Wo Licht ist, ist auch Schatten Diesen möglichen Vorteilen können nicht geringe Nachteile gegenüber stehen. Besonders bedenklich erscheint der Umstand, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppierungen in letztlich staatliche Entscheidungsprozesse eingebunden werden, obwohl es ihnen an einer entsprechenden demokratischen Legitimation mangelt. Es ist zwar begrüßenswert, dass sich die Verbände der Lösung gesellschaftlicher Probleme annehmen. Dem Grundprinzip der Demokratie folgend, müsste die Lösung der anstehenden Fragestellungen aber durch die Einbeziehung der Staatsbürger in den verfassungsrechtlich vorgesehenen Wahlprozess herbeigeführt werden

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D. Vor- und Nachteile korporatistischer Systeme

(Bödege-Wolf / Schellberg 2005, 123 f.). Dies bedeutet, dass die gewählten Volksvertreter in den Parlamenten und die von diesen eingesetzte Regierung die anstehenden Probleme einer Lösung zuführen und für die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs und der Sozialsysteme durch die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen Sorge tragen. Durch die Heranziehung korporatistischer Verhandlungssysteme kommt es aber zu einer Aufteilung der politischen Verantwortung zwischen den einbezogenen Interessengruppen und den politischen Gestaltern. Und dies obwohl die Interessengruppen für die Übernahme dieser Verantwortung keine entsprechende Legitimation durch den Bürger erhalten haben (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 21). Der Bürger wählt gerade nicht die Mitarbeiter in den Verbänden und beauftragt sie dadurch mit der Interessenvertretung. Er wählt allein die Abgeordneten im Bundestag und in den Landtagen. Dieser Umstand kann weder durch einen Verweis auf den Zugriff von Expertenwissen noch durch die Sozialwahlen abgemildert werden. Zum einen besteht hier bereits die Schwierigkeit festzulegen, wer als Experte jeweils objektiv überhaupt geeignet ist. Zum anderen werden durch die Sozialwahlen nicht die freien Träger legitimiert (vgl. Czada 1994, 49 ff.). Zugleich wird durch diese Prozesse die Verantwortung der jeweiligen Regierung für ihr politisches Handeln abgemildert und verwischt. Die Zurechenbarkeit von Verantwortung wird reduziert, da im Fall der Einbeziehung von Expertengremien und Verbänden letztlich unklar ist, wer für welche Entscheidung verantwortlich zeichnet. Die handelnden Akteure zeigen sich hier regelmäßig darin befleißigt, die Verantwortung dem jeweils anderen zuzuweisen oder ganz zu verdecken. Dies geht wiederum einher mit einer Schwächung der parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten und birgt die Gefahr, das verfassungsrechtliche Gewaltengefüge in gesellschaftlich brisanten Politikfeldern zu verschieben oder schlicht außer Kraft zu setzen (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 21). Im Übrigen sind derartige Strukturen auch mit den Prinzipien der Marktwirtschaft nur schwerlich zu vereinbaren. Nach diesen ist ein Konsens zwischen den jeweiligen Einzelinteressen gerade durch den Koordinationsmechanismus des wettbewerblich organisierten Marktes herbeizuführen. Anstelle der Abstimmung der Interessen über ökonomische Märkte erfolgt innerhalb korporatistischer Systeme eine Koordination allein der verbandlich organisierten Interessen über politische Märkte und Plattformen, und diese unterliegen zudem anderen Verhaltensregeln als der wettbewerbliche Austauschprozess. Ob dadurch eine optimale Ressourcenallokation erfolgt, kann deshalb bezweifelt werden (Berthold 2005, 3 ff.). Zudem können korporatistische Strukturen als Hemmschuh für Reformen wirken. Vertreter von Interessenverbänden zeigen unter Umständen weniger Reformbereitschaft als große Teile der Gesamtbevölkerung, etwa um eine Anpassung der eigenen Verbandsstrukturen zu vermeiden oder die eigene Existenz zu sichern (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 17 f.). Insoweit greift die Grundtendenz, dass jeder zunächst an sich selbst denkt. Diese Bedenken bestehen vor allem in denjeni-

IV. Ergebnis: Ha¨nde weg von den Verba¨nden?

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gen Bereichen, in denen sich die öffentliche Hand ihre Verhandlungspartner über eine entsprechende rechtliche Ausgestaltung überhaupt erst selbst geschaffen hat. Die zentrale Stellung der Verbände steht dann notwendigen Veränderungen entgegen, was als Zementierung bestehender Verhältnisse und Besitzstandswahrung bezeichnet wird (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 17 f.). Auch insofern zeigt sich eine Einschränkung der politischen Gestaltungsmöglichkeiten. Entsprechende Reformabsichten haben nur dann Aussicht auf eine Umsetzung, wenn die Verbände diese externen Änderungen in ihre eigenen Ziele übertragen können und wollen. Korporatistische Verhandlungsergebnisse weisen daher häufig eine protektionistische Tendenz auf. Innerhalb korporatistischer Systeme kann es zudem zu Vereinbarungen zu Lasten Dritter – beispielsweise der Steuer- und Beitragszahler, der Arbeitslosen oder der nachfolgende Generationen – kommen. Die Verbände tendieren dazu, Problemfälle auf Kosten nicht beteiligter Dritter zu lösen und damit auszulagern (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 20.). Benachteiligt werden auch diejenigen Interessenträger, die sich nur schwer selbst organisieren können, deren Belange aber nicht mit denen der großen Verbände identisch sind. Dann entsteht eine Schieflage, die durch die in diesen Bereichen häufig hinzutretende unzureichende Konsumentensouveränität und die schwach vertretene Position der Leistungsempfänger noch potenziert wird. Hier kann festgestellt werden, dass es der öffentlichen Hand nicht immer gelingt, auch diese Belange im erforderlichen Umfang gegenüber den Verbänden durchzusetzen. Insoweit verfolgt man dann eben besser den Weg des geringsten Widerstands – und dieser führt über das etablierte Verbandswesen. Die Vereinbarungen der Verbände mit der öffentlichen Hand sind zudem regelmäßig kurzfristig orientiert, um – vor allem für die staatliche Seite – rasch Erfolge vorweisen zu können, was Langzeitwirkungen und nicht selten auch die Frage der Risikominimierung in der Tendenz unberücksichtigt lässt (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 19 f.).

IV. Ergebnis: Hände weg von den Verbänden? Die Liste der Bedenken ist lang. Vieles scheint gegen die unveränderte Aufrechterhaltung eines derart ausgeprägten Verbandswesens zu sprechen. Freilich sollte man keine vorschnellen Schlüsse ziehen, denn ein angemessen ausgestaltetes Verbandswesen kann sich auch vorteilhaft auswirken. Eine völlige Abkehr von der Einbeziehung der Verbände ist zudem auf Grund der gewachsenen Strukturen in absehbarer Zeit weder zu erwarten noch praktisch umsetzbar. Im Ergebnis ist daher eine behutsame Zurückführung der verbandlichen Einflussnahme auf das geeignete und erforderliche Maß an Zusammenarbeit erstrebenswert.

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D. Vor- und Nachteile korporatistischer Systeme Vorteile

Nachteile

 Integration weiter Bevölkerungsgruppen

 schwache demokratische Legitimation

 Informationszugewinn

 intransparente Verantwortlichkeiten

 Einflussgewinn

 Verhinderung von Reformen

 Problembewusstsein

 Vereinbarungen zu Lasten Dritter

 Senkung von Transaktionskosten

 keine vollständige Repräsentation

 konsensuale Problemlösung

 in Spannung zu freier Marktwirtschaft  Beschränkung politischer Gestaltungsmöglichkeiten

E. Korporatismus im Dritten Sektor Was bedeuten diese Strukturen nun für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche des Dritten Sektors? Wie kam es dazu, dass sich gerade in diesem Bereich ein derartig dichtes Netz von Verbänden herausbilden konnte? Die Antwort auf diese Fragen fällt nicht schwer, wenn man sich die Ausgangslage einmal aus der Sicht des Staates betrachtet. Dieser hat die Aufgabe der Grundversorgung der Bevölkerung zu erfüllen. Für den staatlichen Aufgabenträger kommt dabei neben der Gewährung von Geldleistungen an den Bürger verbunden mit der Idee der eigenverantwortlichen Selbstversorgung und dem Einsatz ordnungsrechtlicher Regelungen oder einer eigenen staatlichen Aufgabenerfüllung auch die Zusammenarbeit mit Privaten und deren verbandlichen Zusammenschlüssen in Betracht. Bei der Einbeziehung korporatistischer Elemente handelt es sich dann schlicht um eine Handlungsoption, die dem Staat innerhalb dieser Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung steht und die er nutzt. Der Staat bezieht dann die Tätigkeiten der freien Träger in das staatliche Versorgungssystem mit ein, was in gewisser Hinsicht dazu führt, dass diesen im Vergleich zu anderen Akteuren eine besondere Stellung zugewiesen wird.

I. Der Staat schafft an – die Privaten führen aus? Trotz dieser herausgehobenen Position und der über diese Einbindung erfolgenden Zuweisung öffentlicher Funktionen erfolgt im Rahmen dieser besonderen Kooperation grundsätzlich keine Übertragung von Hoheitsrechten. Der Staat hält insoweit das Ruder weiter in der Hand. Die Privaten werden also nicht ein Bestandteil des staatlichen Organisationsapparates. Auch die freien Träger müssen sich in das staatliche Rechtssystem einfügen, können dabei allerdings ihre Organisationsstrukturen regelmäßig beibehalten (vgl. Bödege-Wolf / Schellberg 2005, 106 ff.). Die strukturellen und wirtschaftlichen Bedingungen des sozialen Handelns werden somit weiterhin vom Staat aufgestellt und für die privaten Akteure vorgegeben. Die freien Träger müssen sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach den für den jeweiligen Sozialbereich geltenden staatlichen Rahmenvorgaben richten. Sie unterliegen damit einer staatlichen Lenkung und Kontrolle (Stürz 2008, 53). Allerdings setzen schon bei der Rahmenvorgabe Rückkoppelungseffekte ein. Diese werden für uns dadurch sichtbar, dass die Festlegung dieser Bedingungen teilweise einem Aushandlungsprozess gerade mit den beteiligten Verbänden überantwortet wird.

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E. Korporatismus im Dritten Sektor

Im Ergebnis kommt es somit zu einer Arbeitsteilung zwischen dem Staat und den Verbänden bei der Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge (BVerfGE 22, 180). Die Verfassung lässt eine solche Aufteilung zu. So verpflichten die Bestimmungen in den Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG den Staat zwar zur Herstellung sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit. Das Grundgesetz enthält aber keine unmittelbaren Handlungsanweisungen an den Staat, wie er diese Grundsätze zu realisieren hat. Die Verwirklichung dieses Sozialstaatsprinzips ist zuförderst eine Aufgabe des Gesetzgebers, der dabei über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt (Zacher 1995, 1060 ff.). Der Staat kann sich bei der Erfüllung seiner aus dem Sozialstaatsprinzip resultierenden Aufgaben also der freien Träger in der beschriebenen Form bedienen. Die für den deutschen Bundesstaat charakteristische dezentrale Aufgabenerfüllung und die Zusammenarbeit von staatlichen und freien Trägern sind insoweit Ausdruck unseres freiheitlichen sozialen Rechtsstaates (BVerfGE 22, 180; Neumann 2004, 29 f.). Insoweit verbinden sich hier Selbständigkeitsgarantien, Subsidiaritätsbestimmungen und Kooperationsgebote.

II. Subsidiarität – Unter sticht Ober! Hier stößt man zugleich auf eine weitere maßgebliche Säule des korporatistischen Gebildes: Das ebenfalls auf die katholische Soziallehre zurückzuführende Subsidiaritätsprinzip. Dieser Grundsatz gilt neben dem der Selbstverwaltung und dem der Gemeinwirtschaft als grundlegendes Prinzip der Tätigkeiten im Dritten Sektor. Es umschreibt eine spezifische Form der Partnerschaft zwischen Staat und Privaten, welche sich insbesondere im Bereich der sozialen Dienstleistungen realisiert hat. Seinem Inhalt nach wird das Individuum im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zum Maßstab und vor allem zur Begrenzung überindividuellen Handelns (Merchel 2003, 16 ff.; Backhaus-Maul / Olk 1994, 105). Damit kommt es zu einer Prioritätenregelung im Sinne der Vorrangigkeit der kleineren Einheit, oder, auf den Punkt gebracht: Was der Einzelne allein kann, soll die Gemeinschaft nicht für ihn leisten. Für die Frage der Abwicklung der Gewährung von Leistungen der Daseinsvorsorge ergibt sich aus diesem Grundsatz eine klare Rangfolge. Der Staat als übergeordneter Verband darf erst dann eingreifen, wenn untergeordnete Verbände zur Hilfeleistung nicht mehr in der Lage sind (Richter 2002, 32 ff.). Und zu diesen untergeordneten Verbänden zählen gerade auch die der freien Träger. Dieser Ansatz hat in weiten Teilen der Sozialgesetzgebung seinen Niederschlag gefunden (vgl. z. B. § 4 Abs. 2 SGB VIII; §§ 11 Abs. 2 Satz 3, 72 Abs. 3 Satz 2 SGB XI; § 5 Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Die nach diesem Prinzip zwischen den staatlichen und freien Trägern verteilten Tätigkeiten sollen sich jeweils wirksam ergänzen (§ 17 Abs. 3 Satz 1 SGB I; § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB XII). Die staatlichen Träger erhalten den gesetzgeberischen Auftrag, mit den freien Trägern zu kooperieren und bei der Durchführung der Aufgaben deren Selbständigkeit, Selbstverständnis und

II. Subsidiarita¨t – Unter sticht Ober!

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Unabhängigkeit zu achten (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB XI; § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB XII).

§ 17 Abs. 3 SGB I In der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen wirken die Leistungsträger darauf hin, dass sich ihre Tätigkeit und die der genannten Einrichtungen und Organisationen zum Wohl der Leistungsempfänger wirksam ergänzen. Sie haben dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten. . . . § 5 SGB XII (2) Die Träger der Sozialhilfe sollen bei der Durchführung dieses Buches mit den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zusammenarbeiten. Sie achten dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben. (3) Die Zusammenarbeit soll darauf gerichtet sein, dass sich die Sozialhilfe und die Tätigkeit der freien Wohlfahrtspflege zum Wohle der Leistungsberechtigten wirksam ergänzen. Die Träger der Sozialhilfe sollen die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Sozialhilfe angemessen unterstützen. (4) Wird die Leistung im Einzelfall durch die freie Wohlfahrtspflege erbracht, sollen die Träger der Sozialhilfe von der Durchführung eigener Maßnahmen absehen. Dies gilt nicht für die Erbringung von Geldleistungen. (5) Die Träger der Sozialhilfe können allgemein an der Durchführung ihrer Aufgaben nach diesem Buch die Verbände der freien Wohlfahrtspflege beteiligen oder ihnen die Durchführung solcher Aufgaben übertragen, wenn die Verbände mit der Beteiligung oder Übertragung einverstanden sind. Die Träger der Sozialhilfe bleiben den Leistungsberechtigten gegenüber verantwortlich.

Dieser Blick auf die Sozialgesetzgebung lässt den Schluss zu, dass diese den privaten Verbänden gegenüber den staatlichen Organisationseinheiten bezüglich der Erbringung sozialer Dienstleistungen den Vorrang zuweist (Boeßenecker 2005, 28 ff.). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Staat nicht bereit war, mit allen Privaten gleichermaßen zusammenzuarbeiten. Die Einbeziehung Privater war lange Zeit allein auf die Wohlfahrtsverbände beschränkt. So verwundert es auch nicht, dass die Frage aufkam, ob sich aus dem Subsidiaritätsprinzip nicht eine Vorrangstellung der Wohlfahrtsverbände in dem Sinne ableiten lasse, dass dort, wo diese Einrichtungen betreiben, die öffentlichen Träger keine eigenen Einrichtungen betreiben sollten (Boeßenecker 2005, 18 ff.; Backhaus-Maul / Olk 1994, 105 ff.). Für den Bereich der Wohlfahrtsverbände kann davon ausgegangen werden, dass die konzentrierte Einflussnahme und die historisch gewachsene Übermacht der gemeinnützigen Einrichtungen einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung hatte.

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E. Korporatismus im Dritten Sektor

Ferner kann darüber spekuliert werden, ob dieser Prozess tendenziell anders verlaufen wäre, wenn die privat-gewinnorientierten Leistungsanbieter bereits ähnlich gut vernetzt aufgetreten wären.

III. Arbeitsteilung durch gestufte Aufgabenwahrnehmung Im Ergebnis findet man eine Abstufung vor. Die Gesamtverantwortung für die Planung und die Gewährleistung der sozialen Sicherheit liegt beim Staat. Allein dieser hat dafür einzustehen, dass durch das Zusammenspiel der behördlichen und freien Tätigkeit das erforderliche flächendeckende und ausreichende Angebot an sozialen Einrichtungen bereitsteht und die nötigen Dienstleistungen vorhanden sind (Dahme / Kühnlein / Wohlfahrt 2005, 36 f.). Diese Verantwortung darf aber nur als eine staatliche Aufgabe, nicht zugleich auch als Befugnis verstanden werden. Der Staat kann nicht unter Berufung auf diese Aufgabe ohne weiteres in die Stellung der freien Träger eingreifen (Wegener 1978, S. 129 ff.). Insoweit erscheint die Frage nach einer Vorrangstellung der freien Träger – und zwar aller Träger – auch berechtigt. So werden die sozialen Dienstleistungen zwar staatlich finanziert und gesteuert, aber überwiegend von privaten Verbänden und deren Einrichtungen tatsächlich ausgeführt.

IV. Ergebnis: Dritter Sektor als Beispiel institutionalisierter Verflechtung Durch dieses partnerschaftliche Verständnis ist eine institutionalisierte dauerhafte Verflechtung zwischen Staat und Verbänden entstanden, ja nachgerade herausgefordert worden. Im Unterschied etwa zu den erwähnten Konzertierten Aktionen ist es gerade im Bereich des Dritten Sektors zu einer dauerhaften Verbindung gekommen, die sich nicht auf den Prozess der politischen Willensbildung im Sinne einer situativen Interessenvertretung beschränkt (Meyer 1999, 40). Dieser Umstand liegt aber zum Teil in der Natur der Sache, denn in diesem Bereich ist nicht allein auf aktuelle Entwicklungen anlassbezogen und zeitlich beschränkt zu reagieren, sondern eine dauerhaft bestehende Aufgabe einer dauerhaften und verlässlichen Erledigung zuzuführen. Dies erfordert konstante Absprachen und verlässliche Partner, die sich in den korporatistischen Strukturen besonders gut herausbilden können. Diese Umstände mögen ein Grund dafür sein, warum gerade im Dritten Sektor korporatistische Strukturen besonders häufig zu finden sind.

F. Die Wohlfahrtsverbände – „big player“ im Dritten Sektor Wie innerhalb des Dritten Sektors die Vereinigungen der Leistungsanbieter in den sozialpolitischen Gestaltungsprozess im Einzelnen inkorporiert werden, soll nun exemplarisch am Beispiel der Freigemeinnützigen Wohlfahrtspflege aufgezeigt werden. Die Wohlfahrtsverbände gelten als ein fester und gewachsener Bestandteil des korporatistischen Systems. Insoweit spricht man von einem deutschen Sonderweg bzw. einem Spezifikum innerhalb der deutschen Sozialpolitik (Schulte 2002, 31; Backhaus-Maul / Olk 1994, 130). Wohlfahrtsverbände als Akteure der Wohlfahrtspflege Akteure der Wohlfahrtspflege

öffentliche Träger

freie Träger

frei-gewerbliche Träger

frei-gemeinnützige Träger

WFV

Unter den Begriff der frei-gemeinnützigen Wohlfahrtspflege kann – im Unterschied zu kommerziellen Anbietern einerseits und öffentlichen Trägern andererseits – die Gesamtheit aller sozialen Hilfen, die auf freigemeinnütziger Grundlage und in organisierter, planmäßiger Form geleistet werden, zusammengefasst werden (Benicke 1998, 22). Erfasst werden mithin alle zum Wohle der Allgemeinheit und nicht nur des Erwerbs wegen ausgeübte unmittelbare vorbeugende oder abhelfende Hilfeleistungen für gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdete oder notleidende Menschen, die über die Ziele einer bloßen Selbsthilfeorganisation hinausgehen (BSGE 58, 210). Einem mittleren Begriffsverständnis folgend, werden hierzu alle Organisationen gezählt, die zu einem der sechs Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege gehören (Münder 1996, 351). Die Freiheit der Wohlfahrtsverbände zeichnet sich einerseits durch eine selbstbestimmte Tätigkeit aus. Freiheit heißt neben diesem Aspekt der freien Wahl der Aufgabenstellung andererseits auch Freiwilligkeit des Zusammenschlusses (Bödege-Wolf / Schellberg 2005,

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F. Die Wohlfahrtsverba¨nde – „big player“ im Dritten Sektor

102; Merchel 2003, 67). Die Wohlfahrtsverbände bestehen daher aus einer Vielzahl unterschiedlichster Mitglieder, die ohne staatlichen Zwang in Eigeninitiative tätig werden. Der Aspekt der Gemeinnützigkeit besteht darin, dass es den Wohlfahrtsverbände und den von ihnen betriebenen Einrichtungen an einer Gewinnerzielungsabsicht mangelt (vgl. § 52 AO).

Auch die Wohlfahrtsverbände wurden mit dem Ziel der Konsensfindung langfristig in die staatliche Aufgabenerledigung eingebunden. Zudem wurden sie an der Formulierung politischer Strategien und deren nachfolgenden Umsetzung beteiligt (Meyer 1999, 39 ff.). Geschaffen wurden damit stabile Austauschbeziehungen, die – geprägt durch eine gegenseitige Abhängigkeit – nur unter Aufgabe jeweils eigener Interessen aufgekündigt werden könnten. Diese Aussagen lassen sich an der starken Position der Wohlfahrtsverbände und an deren erheblichen Marktanteil nach verfolgen (Enste 2004, 53 ff.; Ottnad 2000, 38 ff.).

600000

500000

400000

300000

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0 Caritas

Diakonie

Parität

AWO

DRK

Quelle: WFV Durchschnittliche Zahl der hauptamtlich Beschäftigten in den WFV 2005 / 06

I. Schaffung von Netzwerken Kennzeichend für die vorhandenen Strukturen der Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden ist eine äußerst enge Vernetzung der staatlichen und verbandlichen Entscheidungsebenen. Verwirklicht wird diese Vernetzung durch eine rechtliche Verankerung der Zusammenarbeit. Dies geschieht beispielsweise durch die Beteiligung der Wohlfahrtsverbände an den verschiedenen Planungsausschüs-

II. Staatliche Mittelzufuhr

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sen (vgl. z. B. § 71 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII; Art. 7 I 2 Nr. 7 BayKrG). Durch diese Einbeziehung wird den Verbänden die Möglichkeit der Mitwirkung eingeräumt und das Verhältnis der Verhandlungspartner institutionalisiert (Enste 2004, 150 ff.; Backhaus-Maul / Olk 1994, 108 ff.). Diese Beteiligung führt aber zwangsläufig zu einer starken personellen Verflechtung zwischen den Entscheidern innerhalb der öffentlichen Kostenträger und den Repräsentanten der Wohlfahrtsverbände (Wohlfahrt 2004, 73). Ein dadurch erreichter effizienter Informationsfluss und der privilegierte Zugang zu Entscheidern bringt zwar zweifelsohne eine Stabilisierung vorhandener Systeme mit sich (Meyer 1999, 42). Letztlich kommt es dadurch aber auch zu einer Entpolitisierung von Entscheidungsprozessen. Die Wohlfahrtsverbände jedenfalls wurden derart zu den zentralen Ansprech- und Kooperationspartnern im Rahmen der Erbringung sozialer Dienstleistungen (Meyer 1999, 42). Andere Leistungsanbieter wurden demgegenüber systematisch ausgeblendet und dadurch in ihrer Entwicklung behindert.

30000

25000

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0 Caritas

Diakonie

Parität

AWO

DRK

Quelle: WFV Durchschnittliche Anzahl der Einrichtungen der WFV 2005 / 06

II. Staatliche Mittelzufuhr Doch diese personelle Seite ist nur ein Teilaspekt. Wesentlich für die Entwicklung ist auch, dass der Staat die Verbände über Subventionen und nach dem Selbstkostendeckungsprinzip mit den sie legitimierenden und – zumindest teilweise – finanzierenden Ressourcen ausstattet und unterstützt (Boeßenecker 2005, 255 ff.; Enste 2004, 73 ff.). Dieser Unterstützungsakt findet sich als Gebot auch nach langer Zeit noch in einigen Sozialgesetzen wieder (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) und trägt erheblich zu einer Stabilisierung des Systems bei.

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F. Die Wohlfahrtsverba¨nde – „big player“ im Dritten Sektor

Die Wohlfahrtsverbände nutzen die staatlichen Mittel ihrem jeweiligen Profil entsprechend und stellen dem Staat ihrerseits Ressourcen und Leistungen zur Verfügung, die dieser wiederum zur Erfüllung seiner sozialstaatlichen Verpflichtungen einsetzt (Hildemann 2004, 12 ff.). Der Staat wird folglich entlastet, da er nicht selbst entsprechende Einrichtungen und Leistungen vorhalten muss. Somit profitierten beide Seiten von den getroffenen Arrangements und richten sich in ihren bequem verhandelten Positionen ein. Und alle sind glücklich? Wohl nicht. Denn es wird deutlich, dass Raum für Änderungen so gerade nicht entsteht, sondern im Gegenteil mit zunehmendem Zeitablauf immer geringer wird. Die Umsetzung von Neuerungen wurde durch die staatliche Mittelzufuhr tendenziell verhindert, denn ein unmittelbarer finanzieller Anlass zu Veränderungen bestand nicht, solange die staatlichen Mittel hinreichend flossen. Zudem brachte dieser Umstand die Wohlfahrtsverbände entgegen ihrer viel gepriesenen grundsätzlichen Freiheit in ein Verhältnis der faktischen Abhängigkeit. Berücksichtigt man zudem, dass die Verhandlungen mit dem Staat als Korporatismuspartner im Wesentlichen wettbewerbsfrei erfolgten, da konkurrierende Anbieter lange Zeit nur als zweite Wahl galten, kann man durchaus davon sprechen, dass ein Verhältnis vertrauensvoller gegenseitiger Anerkennung und ein Bestandsschutz für die Wohlfahrtsverbände entstand und eine Kartellbildung einsetzte (Enste 2004, 149 ff.; Meyer 1999, 113 ff.). Erst die zunehmenden äußeren Zwänge, insbesondere die Knappheit staatlicher Mittel sowie die europarechtlich erzwungene Öffnung von Märkten führten auf der Seite des Staates notgedrungen zu einem Umdenken und damit auch zu einem Verlassen der von ihnen jeweils bezogenen Stellung (Boeßenecker 2005, 279 ff.; Merchel 2003, 130 f.). Innerhalb der Wohlfahrtsverbände führten die zuvor bezeichneten Entwicklungen dazu, dass deren Organisation zu einer – gemäßigten – Hierarchisierung und Zentralisierung geführt hat (Wohlfahrt 2004, 72). Die für das Funktionieren korporatistischer Systeme erforderliche Verlässlichkeit setzt ein Mindestmaß an Verpflichtungsfähigkeit voraus. Es muss daher eine Anzahl von zentralen Verbänden geben, die in der Lage sind, ihre Mitglieder auf die Erzielung bestimmter Ergebnisse hin zu verpflichten oder zu einem solchen Verhalten hinreichend anzuhalten. In der Folge kam es zur Entstehung und Verfestigung übergeordneter Verbindungen in Form der Spitzenverbände kommen, deren Rolle ebenfalls in den Sozialgesetzen aufgenommen und mit verschiedenen Privilegierungen – etwa der Berücksichtigung in staatlichen Planungs- und Finanzierungsprogrammen – verknüpft wurde (Bödege-Wolf / Schellberg 2005, 99 f.; Boeßenecker 2005, 33 ff.). Zwar ist hier auf die Besonderheit hinzuweisen, dass die Wohlfahrtsverbände auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhen, so dass die Spitzenverbände zur Verpflichtung der Mitglieder nicht auf echte Zwangsmittel zurückgreifen können (Bödege-Wolf / Schellberg 2005, 102 ff.). Angesichts der realen Entwicklung ist aber zu vermuten, dass sich vor allem über den Weg der Mittelverteilung ein gewisser Druck effektiv ausüben lässt. Ferner führten die Verflechtungen zwischen Staat und Verbänden zu einer gegenseitigen Abhängigkeit und verkehrten damit

IV. Folgen fu¨r die Wohlfahrtsverba¨nde

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das Selbstverständnis der Wohlfahrtsverbände als vom Staat unabhängige Akteure teilweise in sein Gegenteil. Diese Entwicklung löst nach wie vor einen gewissen Rechtfertigungsdruck innerhalb der Verbände aus (Boeßenecker 2005, 35 f.; Merchel 2003, 84).

III. Die Entdeckung der Konkurrenz: Die frei gewerblichen Träger Vor allem infolge der zunehmenden Engpässe staatlicher Finanzen wurde die aufgezeigte Privilegierung der Wohlfahrtsverbände mittlerweile allerdings nahezu aufgegeben. Zu etablieren versucht sich nun vielmehr eine Trägerkonkurrenz (Wohlfahrt 2004, 76 f.). Im Wege einer Liberalisierung, die auch den privatgewerblichen Anbietern einen ernsthaften Marktzugang ermöglicht, kommt es zu einer Gleichstellung gemeinnütziger und gewerblicher Träger und damit zur Entwicklung eines pluralistischen Modells (Olk 1995, 109 ff.). Und dieses scheint zumindest ansatzweise einer marktorientierten Logik zu folgen (Hildemann 2004, 13 f.; Manderscheid 1995, 245 f.). Neben dem finanzpolitischen Handlungsdruck dürfte zu dieser Veränderung auch die gestiegene Bedeutung der privat-gewerblichen Leistungsanbieter und deren zunehmende organisatorische Bündelung beigetragen haben. So gibt es mittlerweile nicht nur den Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege, sondern auch einen Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste. Zudem wird vor dem Rechtfertigungsdruck des europäischen Wettbewerbsrechts eine Privilegierung bestimmter Einrichtungen immer fraglicher (Meyer 1999, 67 ff.; Luthe 2000, 505).

IV. Folgen für die Wohlfahrtsverbände Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Entwicklungen an den Wohlfahrtsverbänden nicht spurlos vorüberziehen. Diese versuchten sich zwar zunächst darin, die sich ankündigenden Konflikte zu ignorieren und ob ihrer Machtposition auszusitzen. In den letzten Jahren ist es aber auch innerhalb der Wohlfahrtsverbände zu erstaunlichen Anpassungsbemühungen gekommen. Diese Veränderungen machen sich etwa in der Anwendung neuer Steuerungselemente innerhalb der Wohlfahrtsverbände selbst bemerkbar, die versuchen in der Privatwirtschaft entwickelte Mechanismen auf ihre Einrichtungen zu übertragen (Enste 2004, 165 ff.; Dahme / Kühnlein / Wohlfahrt 2005, 63 ff., 93 ff.). Und dies nicht ohne Erfolg, aber mit einigen Folgewirkungen. Denn eine solche Adaption führt zwingend zu der Problematik eines drohenden Identitätsverlusts der frei-gemeinnützigen Verbände, denen bislang nur zögerlich im Rahmen der Grundsatzprogramme zu begegnen versucht wird (Pankoke 1995, 76 f.). Bei einer zunehmenden Verbetrieblichung und einer Angleichung an die üblichen Marktgegeben-

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F. Die Wohlfahrtsverba¨nde – „big player“ im Dritten Sektor

heiten stellt sich deshalb dauerhaft die Frage, inwieweit sich diese Einrichtungen dann noch von den anderen privaten Akteuren unterscheiden (Boeßenecker 2005, 279 ff.; Olk 1995, 114 f.). Hieran schließt sich sofort die weitere Frage an, ob infolge dieses Änderungsprozesses überhaupt noch eine Privilegierung der Wohlfahrtsverbände verblieben ist und wie sich diese gegebenenfalls rechtfertigen lässt. Ein begrenzter Vorrang der Einrichtungen dieser Verbände wird sich vor allem im Bereich der Sozial-, sowie der Kinder- und Jugendhilfe nach wie vor nicht gänzlich verleugnen lassen (vgl. § 5 SGB XII). Zu tief sind in diesen vor allem kommunal gesteuerten Bereichen die personellen und finanziellen Verflechtungen. Diese aufzubrechen und einer vollständigen Öffnung zuzuführen kann als eine der zentralen Aufgaben der näheren Zukunft beschrieben werden (Meyer 1999, 117 ff., 136 ff.). Nicht außer Betracht bleiben darf zudem die herausgehobene steuerrechtliche Privilegierung der Wohlfahrtsverbände, die unter Anknüpfung an den Gemeinnützigkeitsstatus (§§ 51 ff. AO) zu erheblichen wettbewerblichen Verzerrungen führt (vgl. von Boetticher 2003, S. 38 ff.). Hinzu kommen weitere faktischen Verwerfungen, die sich auf Grund der jahrzehntelangen Übervorteilung der Wohlfahrtsverbände ergeben haben (Manderscheid 1995, 236 f.). Schließlich haben die Verbände sich durch den stetigen Macht- und Aufgabenzuwachs einen guten Namen gemacht und stehen heute als prominente und zuverlässige Partner im besten Licht. Diesen Vorsprung kann die privat-gewerbliche Konkurrenz in absehbarer Zeit nur schwer aufholen (Hank 2006; Scheytt 2005).

100% 90% 80% 70% 60% Private 50%

Öffentliche WFV

40% 30% 20% 10% 0% Pflegeheime

Kitas

Pflegedienste

Kliniken

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft, 2004. Verteilung der Einrichtungen nach Betreibern

IV. Folgen fu¨r die Wohlfahrtsverba¨nde

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Ein möglicher Begründungsansatz für eine Beibehaltung dieser Privilegierung könnte darin gesehen werden, dass bei den Wohlfahrtsverbänden ideelle, karitative und gemeinnützige Aspekte im Vordergrund stehen, während bei anderen Anbietern der gewerbliche Aspekt dominiert und geeignet ist, die wohlfahrtspflegerischen Umstände zu verdrängen (vgl. BVerwG, NJW 1988, 1277, 1278). Hier klingt der Gedanke an, dass ein gewinnorientiert wirtschaftender Anbieter seine Leistungen nicht auf einem vergleichbaren bzw. vertretbaren Qualitätsniveau zur Verfügung stelle. Wer nach Gewinn trachtet, schaut nicht auf den Hilfebedürftigen, sondern zuerst auf seine Bilanz. Dieser Aspekt hat auch innerhalb der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Beachtung gefunden und könnte daher auch die Wohlfahrtsverbände erneut beflügeln (EuGH, Rs. C 70 / 95, Slg. 1997 I-3395, Rz. 47 ff. – Sodemare SA). Allerdings erscheint es bei der zunehmenden Professionalisierung auch der Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände zweifelhaft, ob auch bei diesen der Hilfsbedürftige jeweils im Mittelpunkt jeglichen Handelns steht. Die entsprechende Formulierung in Grundsatzprogrammen sollte, bei einer vor allem auch im europäischen Wettbewerbsrecht üblichen funktionalen Betrachtungsweise, dafür keinesfalls als ausreichend angesehen werden.

G. Änderungen im systematischen Gefüge – Von der Partnerschaft zum Auftrag Innerhalb des Staatshaushaltes wächst vor allem der Schuldenstand. Eine Reaktion auf die sich aus dieser Tatsache ergebenden verengten staatlichen Verteilungsspielräume war die Einführung des Neuen Steuerungsmodells auch in die Sozialverwaltung (Richter 2002, 101 ff.).

Neues Steuerungsmodell Dieser Reformansatz zielt auf die Budgetierung des Haushalts und die zentrale Ressourcenbewirtschaftung und -verantwortung. Budgetierung bedeutet dabei, dass einem Verwaltungsbereich Finanzmittel als Gesamtansatz zugewiesen werden. Diese werden dort im Rahmen der Gesetze selbständig auf einzelne Ansätze verteilt und bewirtschaftet, mit dem Ziel, die einzelnen Bereiche intensiver in die Finanzverantwortung einzubinden und derart Kosten einzusparen. Optimiert wird das Vorgehen durch eine produktbezogene Leistungsbeschreibung, eine organisatorische Verantwortungsbündelung, ein Kontraktmanagement und Berichtspflichten. Insgesamt zielen diese Maßnahmen darauf ab, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der einzelnen Stellen transparent zu machen, Schwachstellen aufzudecken und zu beseitigen sowie Leistungsvergleiche zu ermöglichen. C. Winkler in Dt. Rechtslexikon, 3. Aufl., München 2001

Hier wird dann vom Sozialraum und dem aktivierenden Sozialstaat gesprochen (Nellissen 2006, 19 ff.). Durch die bestehenden Verknüpfungen führt ein solcher Reformansatz zu Veränderungen auch innerhalb der korporatistischen Systeme selbst. Das Produkt und damit die zu erbringende Dienstleistung wird nunmehr die Grundlage staatlicher Steuerung. Diese Produktorientierung macht aber die Schaffung eines zielbezogenen Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnisses erforderlich und schließt Verhandlungsleistungen im bisherigen Verständnis und Umfang zunehmend aus (Wohlfahrt 2004, 70 ff.). Nachfolgend wird daher untersucht, wie sich diese veränderte staatliche Mittelbewirtschaftung auf die Organisationen der Sozialverwaltung auswirkt.

I. Vom Sparzwang zum Neuen Steuerungsmodell Das staatliche Handeln verlässt heute in den untersuchten Bereichen seinen tradierten Ansatz und nähert sich damit paradoxerweise den tradierten Handlungsansätzen in anderen Bereichen an. Die staatlichen Leistungsträger gehen nicht

II. Kontraktmanagement als neues Finanzierungselement

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mehr stets ergebnisoffen in die korporativen Verhandlungsgremien hinein. Sie machen vielmehr verstärkt bindende Vorgaben und handeln damit weniger aus. Sie überprüfen, reglementieren und bestimmen und verringern damit auch die Wirkungen des bislang verfolgten Subsidiaritätsprinzips (Hildemann 2004, 12 f.). Es kommt zunehmend zu einer spürbaren (Re-)Implementierung von Elementen der Hierarchie und zu einem Ausbau der Steuerungskompetenz der staatlichen Kostenträger. Auch wenn bestimmte Bedingungen nach wie vor zwischen den Verbänden und dem Staat ausgehandelt werden können, besteht doch auch in diesen Prozessen eine verstärkte staatliche Vorordnung der letztlich zu erzielenden Resultate (Hildemann 2004, 16 f.). Darin kann auch ein Eingeständnis dahingehend erblickt werden, dass die korporatistische Problembewältigung an ihre Grenzen gestoßen ist. An deren Stelle tritt die klassische Sichtweise, dass der Staat einseitig verbindliche Rahmenbedingungen setzt, innerhalb deren sich dann die Akteure frei bewegen und gegebenenfalls in Konkurrenz treten können. Derartige Modernisierungsstrategien sind in zahlreichen Bereichen der sozialen Arbeit zu finden. Die versuchte Übernahme von Elementen des Marktmodells sowie die Einführung eines organisierten Wettbewerbs und damit eine verstärkte Ökonomisierung sind nur einige Schlagworte die in diesem Zusammenhang genannt werden sollen (Meyer 1999, 126 ff.; Trube / Wohlfahrt 2000, 18 ff.). Erreicht wird eine Umsetzung dieser Ansätze zunächst durch die bereits erwähnte Öffnung der Tätigkeitsfelder für alle und damit auch für die gewinnwirtschaftlich agierenden Anbieter. Die lange Zeit bestehende bedingte Vorrangstellung der gemeinnützig arbeitenden Verbände bei der Erbringung sozialer Dienstleistungen wird damit zugunsten einer Pluralisierung der Trägerlandschaft zumindest teilweise aufgelöst (Neumann 2004, 32 ff.; Backhaus-Maul / Olk 1994, 129 f.). Dies bringt eine vermehrte Trägerkonkurrenz auf der Anbieterseite mit sich. Damit einher gehen heutzutage erhöhte Wahlmöglichkeiten für die Leistungsempfänger. Es erfolgt somit eine Ausrichtung auf die Nachfrage und eine Abkehr von der bisherigen reinen Aufgaben- und Angebotsorientierung (Dahme / Kühnlein / Wohlfahrt 2005, 38 ff.). Sofern es in diesem Zusammenhang zu einem Abbau von staatlichen Restriktionen und Planungselementen kommt, ist dieser allerdings mit einer stärkeren staatlichen Kontrolle der Leistungserbringung verbunden (Wohlfahrt 2004, 70 f.). Die staatliche Einflussnahme wird damit im Ergebnis nicht geschmälert, sondern lediglich verlagert.

II. Kontraktmanagement als neues Finanzierungselement Als zentraler Modernisierungsbaustein ist für die weiteren Betrachtungen die Einführung eines Kontraktmanagements hervorzuheben. Dem Leitbild der neuen Subsidiarität folgend, soll auch dieses zu einer Verfestigung der Anbieterstruktur

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¨ nderungen im systematischen Gefu¨ge G. A

und damit zu einer Kostensenkung führen (Wohlfahrt 2004, 70). Die praktische Umsetzung bewirkt eine teilweise Ablösung korporatistischer Verhandlungsmodelle durch ein Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnis. Der öffentliche Träger versucht so über die abzuschließenden Leistungsverträge eine überprüfbare und in der Kostenentwicklung kontrollierbare Leistungserbringung durchsetzen (Dahme / Kühnlein / Wohlfahrt 2005, 49 ff.; Ristock 1998, 83). Es stellt sich dann nur die Frage, wo die Vorteile für die andere Vertragsseite liegen oder ob sich diese bereits in der bloßen vertraglichen Berücksichtigung erschöpfen. Dieser Ansatz kann etwa an der Pflegesatz- bzw. Entgeltfinanzierung verdeutlicht werden. In deren Rahmen kommt es nunmehr zur Übernahme der Kosten des Leistungsberechtigten durch den Leistungsträger, nachdem dieser den Hilfebedarf festgestellt und eine Kostenübernahme zugesagt hat. Damit werden letztlich alle Leistungserbringer einheitlichen Zugangs- und Finanzierungsbedingungen unterworfen. Dies führt zu einer Gleichstellung aller Leistungsanbieter und ermöglicht es dem staatlichen Vertragspartner für gleiche Leistungen gleiche Preise festzulegen (Dahme / Kühnlein / Wohlfahrt 2005, 39 f.; Neumann 1997, 577 ff.). Übernommen werden dabei nicht mehr die tatsächlich anfallenden Selbstkosten, sondern prospektiv vereinbarte Kosten auf der Basis einer Leistungsbeschreibung und einer vereinbarten Belegquote (Dahme / Kühnlein / Wohlfahrt 2005, 39; Maschmann 1996, 155 f.). Der Kostenträger kann die Leistungsanbieter dadurch zu einer wirtschaftlichen Betriebsführung animieren und bestehende Ineffizienzen beseitigen (vgl. BT-Ds. 12 / 5510, 11), da nicht mehr alle entstehenden Kosten, sondern nur die im Voraus vereinbarten ersetzt werden und die Dienstleister so dazu bewegt werden, die Leistungserbringung zu optimieren. Die Bezahlung erfolgt dann anhand der Vereinbarungen retrospektiv in dem Maße, wie die vorab festgelegten Leistungen erbracht wurden. Eine nachträgliche Ausgleichszahlung findet nicht mehr statt. Eingetretene Ineffizienzen müssen vom Einrichtungsträger ebenso selbst getragen werden, wie er erzielte Vorteile selbst nutzen kann (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Die zudem abgeschlossenen Vereinbarungen über Qualitäts- und Kontrollmechanismen führen überdies zu einem Qualitätswettbewerb und verhindern eine Absenkung des Leistungsniveaus (vgl. Udsching 2003, 133 ff.). Die Erwirtschaftung von Vorteilen, die zu Lasten der Qualität und damit zu Lasten der Hilfsbedürftigen gehen, sollen dadurch ausgeschlossen werden.

III. Im Ergebnis: Neuer Wein in alten Schläuchen? Was bewirken nun diese Reformansätze? Werden durch sie etwa korporatistische Strukturen beseitigt? Sollte diese Befürchtung außerhalb der üblichen Schreckenszenarien der Verbandsvertreter jemals bestanden haben, können diese Ängste beschwichtigt werden. Die vorgenommenen Veränderungen führen in ihrer Summe zwar zu einem Wandel der Beziehungen zwischen Kostenträgern und Leistungs-

III. Im Ergebnis: Neuer Wein in alten Schla¨uchen?

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erbringern. Aus dem Verhältnis partnerschaftlichen Zusammenwirkens wird zunehmend ein Auftragsverhältnis. Zudem kommt es zu einem Zuwachs der normierenden Bedeutung des Staates, durch welche die Freiheit der Verbände erneut eingeschränkt zu werden droht. Gleichwohl kommt es aber nicht zu einer Verdrängung oder gar zu einer Bedeutungslosigkeit des Verbandswesens (Merchel 2003, 208 ff.). Zwar werden Entgelte, Leistungen und Qualitätsstandards in Folge der Einführung von Vertragselementen zunehmend durch die jeweils beteiligten Individuen vereinbart. Für deren Umsetzung sind aber regelmäßig Rahmenregelungen erforderlich. Und deren Ausarbeitung wiederum obliegt Gremien, in denen die Leistungserbringer gerade durch Vertreter der Verbände repräsentiert werden. Allerdings beschränkt sich die Vertretung nun nicht mehr auf Vertreter der Wohlfahrtsverbände, sondern erstreckt sich auch auf die Zusammenschlüsse privat-gewerblicher Unternehmen. Es entstehen somit neue Formen der Inszenierung korporatistischer Verhandlungssysteme (Dahme / Kühnlein / Wohlfahrt 2005, 50 f.). Diese beziehen sich lediglich auf einen anderen Verhandlungskontext und einen verbreiterten Teilnehmerkreis. Infolgedessen kommt es nun auch zur verbandlichen Organisation der privat-gewerblichen Anbieter, die an den Verteilungsprozessen beteiligt werden. Damit kann festgehalten werden, dass sich auch unter diesem neuen sozialpolitischen Kurs aktualisierte korporatistische Strukturen etablieren und erhalten können.

H. Korporatistische Systeme innerhalb des deutschen Gesundheitswesens Viele sind mit der Situation dieser Leistungserbringung bestens vertraut. Ob bei Arzt oder Zahnarzt oder in einer Klinik, die Patientenrolle ist wenigen unbekannt. Anders sieht es schon aus, wenn man nach den Hintergründen dieser Leistungserbringung fragt. Der Kassenpatient hat vor der Behandlung seine Versicherungskarte auszuhändigen, eine Gebühr zu entrichten und bekommt im Übrigen keine weiteren Informationen. Bei einigem Nachdenken bleiben aber zahlreiche Fragen. Von wem bekommt der Kassenarzt seine Vergütung und in welcher Höhe? Welche Leistungen kann ich als Patient beanspruchen? Wer bestimmt welche Qualität eine bestimmte Behandlung aufweisen muss? Wie viele Betten darf ein Kreiskrankenhaus vorhalten? Fragen auf die die meisten Patienten nur ratlos reagieren werden. Und diese Reaktion muss nicht verwundern. Denn die Antworten auf diese Fragen finden sich in einem Gewirr von Regelungen, Verbänden und Verhandlungsinstitutionen, das beim Bürger eher zur Verzweiflung als zu mehr Klarheit führen dürfte – und dies alles in einem Bereich, der neben der Rentenversicherung den größten Anteil am deutschen Sozialbudget ausmacht.

Sondersysteme Alterssicherung 3); 0,9% Betriebliche Altersversorgung; 2,8%

Steuerliche Leistungen 4); Kindergeld und 4,9% Familienleistungsausgleich; 5,0% Erziehungs-/Elterngeld; 0,5% Grundsicherung für Arbeitsuchende 5); 6,1%

Arbeitgebersysteme 2); 4,9%

Sozialhilfe; 3,0%

Systeme des öffentl. Dienstes 1); 6,9%

Unfallversicherung; 1,5% Sonstige Systeme 6); 3,5% Pflegeversicherung; 2,5%

Arbeitslosenversicherung; 4,2%

Krankenversicherung; 20,6%

Rentenversicherung; 32,6%

1) Pensionen, Familienzuschläge, Beihilfen 2) Entgeltfortzahlung, Zusatzversorgung des öffentl. Dienstes u.a.m. 3) Alterssicherung der Landwirte, Versorgungswerke

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2008. Das Sozialbudget nach Sicherungszweigen im Jahr 2007: Anteile an den Gesamtausgaben einschließlich der Beiträge des Staates

II. Die Seite der Leistungsanbieter

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Zum besseren Verständnis dieses Systems soll daher zunächst ein Überblick über die Entstehung und die Entwicklung korporatistischer Systeme innerhalb des deutschen Gesundheitswesens gegeben werden.

I. Interesseneinbindung als Motor Schon bei der Gründung der gesetzlichen Krankenversicherung 1883 nahm man darauf Bedacht, auch die Interessen der Arbeitnehmerschaft unmittelbar in die Frage der Risikoabsicherung einzubinden (Bandelow 2004, 49). Diese Überlegungen bildeten den Ausgangspunkt für das zentrale Element der sogenannten gemeinsamen Selbstverwaltung unter staatlicher Aufsicht. Bis heute nehmen dann auch die Krankenkassen und deren Verbände sowie die Verbände der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Krankenhäuser grundsätzliche Aufgaben bei der Festlegung qualitativer Standards und bei der Verteilung der vorhandenen Mittel wahr. Innerhalb dieses Beteiligtenkreises soll im Rahmen von gleichberechtigten Verhandlungen festgelegt werden, welche medizinischen und pharmazeutischen Leistungen von den gesetzlichen Versicherern getragen werden, wer diese Leistungen anbieten und erbringen darf und welche Vergütung der Leistungserbringer letztlich erhalten soll (Bandelow 2004, 49). Ziel ist es, die unmittelbar von dem Risiko der Krankheit Betroffenen und die Leistungsanbieter dazu zu bringen, die sich stellenden Probleme gemeinsam einer Lösung zuzuführen, und zwar einer Lösung ohne unmittelbare staatliche Intervention und unter der verhältnismäßigen Austarierung der beteiligten Belange (Schulin 1994, 203 ff.). So zumindest die Idee der gemeinsamen Selbstverwaltung. Betrachtet man die heutigen Gegebenheiten, wird allerdings rasch klar, dass von diesem Ansatz nur wenig übrig geblieben ist. Nachfolgend soll zunächst dargestellt werden, wer sich aktuell bei diesen Verhandlungen konkret gegenübersteht und welche Ziele von diesen Verhandlungspartnern verfolgt werden.

II. Die Seite der Leistungsanbieter Auf der einen Seite finden wir die Verbände der Leistungsanbieter als Vertreter all derjenigen Berufsgruppen und Unternehmen, die Waren und Dienstleistungen des Gesundheitssektors anbieten (Bandelow 2004, 50). Hierzu zählen vor allem die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenhausgesellschaften. Diese Verbände zielen neben einer Versorgung der Bürger auch auf die Wahrung berufsständischer Interessen, wie einer höheren Einkommens- und Gewinnerzielung oder der Erhaltung freiberuflicher Privilegien. Sie richten ihr Verhalten damit auch an der Erreichung bestimmter ökonomischer Ziele aus. Die Ein- und Durchführung von präventiven Maßnahmen und kostengünstigen Behandlungen geht damit allerdings regelmäßig nicht einher; hier zeigt sich uns bereits einer der vielfältigen Interessenkonflikte.

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H. Korporatistische Systeme innerhalb des Gesundheitswesens

1. Die Kassenärztlichen Vereinigungen Im Mittelpunkt der Interessenwahrnehmung der Leistungsanbieter finden sich die Kassenärztlichen Vereinigungen (§§ 77 ff. SGB V; Bandelow 2004, 50 f.). Erstaunlich ist, dass diese Einrichtungen im Alltag wenig bekannt sind, obwohl sie doch eine erhebliche Anzahl wichtiger Aufgaben wahrzunehmen haben (Schnapp 1994, 1214 f.). Am Beispiel der Kassenärztlichen Vereinigungen lassen sich zudem die bereits oben skizzierten Kennzeichen korporatistischer Strukturen hervorragend darstellen. Den Kassenärztlichen Vereinigungen gehören kraft Gesetzes alle zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte an (§ 77 Abs. 3 SGB V). Die Mitgliederzahl bewegt sich derzeit bei ca. 150.000 Ärzten. Ihnen obliegt als Verband mit einer Zwangsmitgliedschaft grundsätzlich der Sicherstellungsauftrag für die ambulante Versorgung der Patienten (§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und damit die Übernahme staatlicher Aufgaben. Aus diesem Auftrag heraus resultiert u. a. die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Kassenverbänden Abschlüsse über die Versorgung der Versicherten vorzunehmen (§§ 82 ff. SGB V). Die Vereinigungen werden dabei von einem Vorstand geführt, der von einer Vertreterversammlung gewählt wird, so dass eine hierarchische Gliederung vorhanden ist (§ 79 SGB V). Den Kassenärztlichen Vereinigungen ist per Gesetz der Status einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts eingeräumt worden (§ 77 Abs. 5 SGB V). Innerhalb der Ärzteschaft wird durch diesen konstruktiven Überbau eine Konkurrenz bei den Aushandlungen mit den Krankenkassen vermieden und damit eine Bündelung der Interessen erreicht. Ob diese Bündelung unter den zwangsweise Beteiligten immer gewünscht wird und zu einem wirtschaftlich vernünftigen Ergebnis führt, steht auf einem anderen Blatt (Wenner 2008, 48 f.). 2. Weitere Verbände der Ärzteschaft Damit aber noch nicht genug. Neben den Kassenärztlichen Vereinigungen bestehen ferner noch die ärztlichen Kreis- und Bezirksverbände sowie die Landesärztekammern, die ebenfalls als Zwangsverband organisiert sind (vgl. z. B. Art. 3, 7 und 10 HKaG; Bandelow 2004, 51)). Im Unterschied zu den kassenärztlichen Vereinigungen erfassen die ärztlichen Kreisverbände neben den Kassenärzten auch alle sonstigen niedergelassenen Ärzte (vgl. bspw. Art. 4 Abs. 1 HKaG). Sie dienen neben der Wahrnehmung der beruflichen Belange der Ärzte vor allem auch der Überwachung der ärztlichen Berufsausübung selbst (vgl. z. B. Art. 2 HKaG). Im Verhältnis zu den kassenärztlichen Vereinigungen haben sie im Laufe der Zeit eher an Bedeutung und Einfluss verloren und spielen bei den entscheidenden Aushandlungsprozessen nur eine untergeordnete Rolle (Bandelow 2004, 51). Neben diesen Zwangsverbänden findet man zudem eine Vielzahl freier Verbände (z. B. den Marburger Bund mit ca. 108.000 Mitgliedern oder den Hartmann-

II. Die Seite der Leistungsanbieter

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bund mit ca. 45.000 Mitgliedern), so dass es letztlich zu einer mehrfachen Vertretung der Ärzteschaft und eines breiten Einflusses innerhalb der Gesundheitspolitik kommt (Bandelow 2004, 51). Ob heute noch von einem Übergewicht der Ärzteschaft innerhalb der Verhandlungsgremien gesprochen werden kann scheint aber trotz dieser sehr guten Aufstellung fraglich, da von staatlicher Seite zunehmend die Kassen und deren Verbände gestärkt wurden.

3. Die Kliniken und ihre Verbände Als weitere gewichtige Leistungsanbieter findet man die Träger der Krankenhäuser vor, die sich aus öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Trägern zusammensetzen. Dieser Unterteilung der Trägerlandschaft entsprechend bestehen jeweils auch verschiedene Interessenverbände. Auf Landesebene existieren zudem die Landeskrankenhausgesellschaften (bspw. die Bayerische Krankenhausgesellschaft e.V. mit ca. 230 Krankenhausträgern als Mitgliedern), auf Bundesebene die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Aufgrund der verschiedenen Ausrichtung der Träger fand lange Zeit keine effiziente Interessenvertretung der Gesamtgruppe statt. Eine Bildung von öffentlich-rechtlich organisierten Zwangsverbänden vergleichbar der kassenärztlichen Vereinigung unterblieb in diesem Bereich. Die hier agierenden Verbände sind privatrechtlich als Vereine organisiert. Erst Ende der neunziger Jahre begann man, diese Vereinigungen verstärkt in die bestehenden Selbstverwaltungsstrukturen des Gesundheitswesens einzubeziehen (Bandelow 2004, 52). Trotz dieser späten Integrationsbemühungen besteht im Gesundheitssektor nach wie vor ein auffällig starres System zwischen ambulanter und stationärer Behandlung. Der stationäre Sektor ist von der ambulanten Versorgung getrennt und vor allem hinsichtlich der Finanzierung eher an die Länder und Kommunen angebunden (Böhm 2008, 37 ff.; Wenner 2008, 18 f.). Eine bundespolitisch angestrebte Änderung dieses Zustandes verspricht derzeit eher wenig Erfolg, da vor allem die Länder den Verlust von Einflussmöglichkeiten befürchten (Quaas / Zuck 2008, 535). Die Steuerung der Versorgung der Bürger mit Klinikleistungen ist schließlich ein relevanter Punkt der Landes- und Kommunalpolitik und ein gewichtiges Pfund, mit dem sich vor allem in Wahlkämpfen wuchern lässt. Dass die Landes- und Kommunalpolitiker diesen Trumpf vorschnell aus der Hand geben, ist nicht zu erwarten, so dass es wohl bei der bestehenden Aufteilung und der damit verbundenen Verbändevielfalt bleiben wird.

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H. Korporatistische Systeme innerhalb des Gesundheitswesens

III. Die Krankenkassen Auf der Seite der Finanziers wird es kaum übersichtlicher. Hier stößt man in allererster Linie auf die gesetzlichen Krankenkassen (Schnapp 1994, S. 1193 ff.). Durch diese werden die Gesundheitsbelange von ca. 90 Prozent der bundesrepublikanischen Gesamtbevölkerung repräsentiert. Die Mitgliedschaft ergibt sich auch hier grundsätzlich kraft Gesetzes (§ 5 Abs. 1 SGB V). Der einzelne abhängig Beschäftigte hat grundsätzlich nicht die Möglichkeit, dieser gesetzlichen Versicherungspflicht zu entkommen. Die Kassen werden durch einen Vorstand und einen Verwaltungsrat geleitet (vgl. § 31 SGB IV). Sie untergliedern sich in sechs Kassenarten (§ 4 II SGB V), die bislang jeweils in einem eigenen Spitzenverband organisiert waren und nunmehr durch den neuen Spitzenverband Bund der Krankenkassen repräsentiert werden (§ 217a SGB V). Das Interesse der Kassen ist unter anderem auf die günstige Bereitstellung der notwendigen medizinischen Leistungen ausgerichtet und zielt auf eine Sicherung stabiler Beiträge (Bandelow 2004, 54). Verfolgen wir die Entwicklung der Beitragssätze der letzten Jahre gelangt man freilich zu dem Ergebnis, dass dies den Kassen nicht gelungen ist. Die Bestimmung der Beitragshöhe hat der Staat daher zurzeit selbst übernommen.

IV. Gegensätze, die sich anziehen Führt man sich diese Zielsetzungen der Hauptakteure vor Augen, könnte man meinen, dass hier in Verhandlungen zusammenkommt was nicht zusammengehört. Zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den Leistungserbringern besteht offensichtlich eine antagonistische Interessendivergenz (Kaiser 2006, 312). Während die Ärzteschaft eher auf eine Ausdehnung der Leistungen und eine bessere Vergütung pocht, versuchen die Kassen den Kostenrahmen zumindest ansatzweise im Zaum zu halten. Daher stellt sich die Frage, wie es zwischen diesen beiden Polen zu sachorientierten Ergebnissen kommen kann. In der Tat haben sich im Rahmen der etablierten Verhandlungssysteme Interessenkoalitionen herausgebildet, die auf eine gemeinsame Verteilung der bestehenden Ressourcen ausgerichtet sind (Bandelow 2004, 60 f.). Dabei kann man zwar darüber streiten, wer seine Interessen besser durchsetzen konnte. Eine Schonung der Versicherten wird man aber wohl nicht feststellen können. Insoweit wird auch hier der Weg des geringsten Widerstandes beschritten: Anstatt sich in den Verhandlungsrunden gegenüber den Ärzteverbände durchzusetzen, haben es die Kassenverbände trotz ihrer zunehmenden Verhandlungsmacht bislang vorgezogen, auf eine Beitragserhöhung auszuweichen. Dies trifft die Versicherten, die gerade nicht unmittelbar an den Verhandlungen beteiligt wurden und sich daher auch nicht ausreichend zur Wehr setzen können. Allenfalls die Möglichkeit eines

V. Reformen ohne Ende

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Kassenwechsels (§ 175 SGB V) kommt hier in Betracht, der allerdings auf Grund des neuen Einheitsbeitrages (§ 241 SGB V) zunächst wenig attraktiv erscheint. Hier kann im Ergebnis von den bereits befürchteten Vereinbarungen zu Lasten Dritter gesprochen werden.

V. Reformen ohne Ende oder wird endlich gut, was lange währt? Die Defizite in der Entwicklung der korporatistischen Systeme innerhalb des Gesundheitssektors haben zu einem stetigen und nicht enden wollenden Wandlungsprozess geführt (vgl. Gerlinger 2002, 7 f.). Das deutsche Gesundheitswesen sieht sich seit Mitte der siebziger Jahre einer Vielzahl von Problemen ausgesetzt. Durch eine Zunahme der Arbeitslosigkeit einerseits und den demografischen Veränderungen in der Gesellschaft sowie höherwertigeren und zugleich kostenintensiveren Behandlungsmethoden andererseits, wurde auch die Finanzierung der Gesundheitsdienstleistungen zunehmend problematisch. In diesem Zusammenhang kann davon ausgegangen werden, dass das erreichte hohe Ausgabenniveau nur schwer wieder abgesenkt werden kann. Der Verzicht auf die Kostenübernahme einmal etablierter Behandlungsmethoden etwa lässt sich politisch nur schwer durchsetzen. Insoweit reicht es für die Gesundheitspolitiker auch nicht, die Verantwortung auf externe Gremien abzuschieben. Es gab daher wiederholt Bemühungen, über Kostendämpfungsmaßnahmen die Effizienz im Gesundheitssektor zu steigern. Damit wollte man im Grundsatz einen weitgehenden Leistungsabbau vermeiden, aber zugleich unbequeme Strukturen auf der Anbieterseite aufbrechen. Dies stieß freilich auf den Widerstand der beteiligten Akteure und kann im Nachhinein als wenig erfolgreich bezeichnet werden. So versuchte man etwa über eine zunehmende Globalsteuerung und Budgetierung eine Umschichtung in den sozialen Sicherungssystemen zu erreichen. Zugleich sollte dies mit einem Rückzug des Staates aus der Direktverantwortung verbunden werden. Das Leistungsniveau sollte dazu trotz aller Widerstände abgesenkt, bestimmte Leistungen aus den Katalogen gestrichen sowie Reprivatisierungsbestrebungen und Marktansätze verfolgt werden (Gerlinger 2002, 8 ff.). All diese Bestrebungen hatten aufgrund der bestehenden engen Verknüpfungen auch Auswirkungen auf die vorhandenen korporatistischen Strukturen (Gerlinger 2002, 21 ff.). Zunächst wird daher ein kurzer Überblick über die erfolgten Reformen gegeben, bevor dann nach den Folgen für die Verbändewirtschaft zu fragen ist. 1. Die Reformen im Schnelldurchlauf Die für die korporatistischen Elemente wesentlichen Reformen begannen mit dem Gesundheitsreformgesetz (1989), welches verstärkt auf eine Selbststeuerung

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H. Korporatistische Systeme innerhalb des Gesundheitswesens

durch die Kollektivverhandlungs- und Selbstverwaltungsgremien setzte. Im darauf folgenden Gesundheitsstrukturgesetz (1993) wurde diese Tendenz teilweise wieder zurückgenommen. Der damalige Gesetzgeber versuchte damit seine Ansichten zu verwirklichen, wonach die bestehenden Probleme nicht allein durch die Mechanismen der Selbstverwaltung gelöst werden sollten, sondern zunehmend auch durch solche des Marktes. Eingeführt wurden in diesem Zusammenhang etwa ein Budget und damit der Ansatz der Verfolgung von Beitragsstabilität auch außerhalb der Selbstverwaltung (Gerlinger 2002, 12). Diese sollte durch eine Koppelung der Veränderungen der ärztlichen Gesamtvergütung an die Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen der Versicherten erfolgen, wurde aber 2009 wieder aufgegeben (Wenner 2008, 9 f.). Gleichwohl blieben die kollektiven Verhandlungsgremien bestehen, wenn auch deren Einspruchsmöglichkeiten teilweise zurückgefahren wurden. Geschaffen wurde ferner das Recht auf freie Kassenwahl und damit der Wegfall der Bestandsgarantie für die Kassen, denen bislang Mitgliedergruppen fest zugeteilt waren (Gerlinger 2002, 12). Eingeführt wurde zudem ein Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen, um einer Versichertenflucht und einer Risikoselektion vorzubeugen. Auch in den Folgejahren setzte sich dieser Trend zur Institutionalisierung von Wettbewerb, zur Stärkung der Konsumentensouveränität und zur Sicherung der Finanzierung von Gesundheitsdienstleistungen fort. Infolge der weiterhin notwendigen staatlichen Kostendämpfung und der dadurch einsetzenden Verteilungskonflikte, begann allerdings eine Schwächung innerhalb der Ärzteverbände einzusetzen. Hervor trat in diesem Zusammenhang vor allem ein Widerstreit zwischen den Interessen der Fach- und Hausärzte. Durch das Beitragsentlastungsgesetz (1996) wurden Leistungskürzungen durch eine Absenkung des Krankengeldes und einer Verringerung der Lohfortzahlung im Krankheitsfall angeordnet und die Zuzahlungen für die Versicherten erhöht. Durch das liberal geprägte Neuordnungsgesetz (1997) wurden der Anspruch auf Zahnersatzleistungen abgeschafft, Festzuschüsse für die prothetische Versorgung eingeführt und die Möglichkeit der Kostenerstattung vorgesehen (Wenner 2008, 10 f.). Diese teils als zu herb empfundenen Neuerungen wurden durch das Solidaritätsstärkungsgesetz (1998) wieder abgemildert. So wurden die Möglichkeit der Kostenerstattung eingeschränkt und Zahnersatz wieder eine gesetzliche Sachleistung. Zugleich wurden aber Ausgabenbegrenzungen in zentralen Leistungsbereichen eingeplant. So fand eine Budgetierung im Bereich der Heil- und Arzneimittel statt und wurde der Anstieg der Gesamtvergütung verlangsamt (Wenner 2008, 10 f.). Mit dem sich daran anschließenden Gesundheitsreformgesetz (2000) sollte ein Globalbudget und damit eine Mittelverlagerung zwischen verschiedenen Fachbereichen je nach Bedarf als Instrument der flexiblen Finanzsteuerung eingeführt und die Krankenhausfinanzierung neu geordnet werden. Beides war – aufgrund der politischen Konstellation – freilich nicht von Erfolg gekrönt, sondern scheiterte. Verwirklicht wurde, durch eine Trennung der Vergütung für haus- und fachärztliche Leistungen, allein eine Stärkung der Hausärzte. Ferner wurden erneut die Op-

V. Reformen ohne Ende

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tion der Erstellung einer Positivliste und die Einführung eines gesamtdeutschen Risikostrukturausgleichs vorgesehen sowie die Instrumente der Qualitätssicherung verbessert (Wenner 2008, 11). Zur Erreichung dieses Ziels und zur Abstimmung der Tätigkeiten der verschiedenen Bundesausschüsse wurde ein Koordinierungsausschuss eingerichtet, in welchem Krankenkassen, Ärzte und Kliniken entsprechende Leitlinien vereinbarten (Bandelow 2004, 58 f.). Zudem wurde das Modell der integrierten Versorgung geschaffen. Die Gesundheitsreform wurde durch ein GKV-Modernisierungsgesetz (2003) fortgesetzt, welches durch die Einführung der Praxisgebühr zu einer weiteren Umverteilung der Finanzierung von den Arbeitgebern auf die Versicherten führte und die Grundlage für die Bemessung der Versicherungsbeiträge ausweitete. Kliniken stießen in den Bereich der ambulanten Versorgung vor und mit den Medizinischen Versorgungszentren hielt ein Stück DDR-Realität ins gesamtdeutsche Versorgungssystem Einzug (Wenner 2008, 12). Für die gemeinsame Selbstverwaltung bedeutsam wurde aus dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen der Gemeinsame Bundesausschuss mit einer sichtlich zugenommen Kompetenz und es entstand das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin (Bandelow 2004, 59 f.). Die Organisation der Kassenärztlichen Vereinigungen wurde modifiziert. Vorläufiges Ende all dieser Bemühungen stellt das Wettbewerbsstärkungsgesetz (2007) dar. Herausragend ist insoweit die Schaffung eines Gesundheitsfonds als zentrales Finanzierungsinstrument, der 2009 seine Arbeit aufgenommen hat. Darüber hinaus wurde die Versicherungspflicht ausgeweitet und auch die private Krankenversicherung stark umgestaltet (Richter 2007, 810 ff.). Die Vergütung der Ärzte wurde neu geregelt und die Krankenkassen erhielten mit dem Spitzenverband Bund eine neue Dachorganisation. Dieser kursorische Abriss zeigt bereits: eine Dauerbaustelle und eine Fertigstellung des Bauwerks ist nicht in Sicht. 2. Reformakzeptanz durch verstärkte Einbeziehung Die Reformen mit ihrer Zielsetzung einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik tangierten letztlich alle Interessengruppen, so dass versucht wurde, diese verstärkt in die Entscheidungsprozesse einzubinden und so zumindest deren Tolerierung zu erlangen. Die Reformpolitik war somit trotz aller Schwankungen mit einer Stärkung der Selbstverwaltung und der korporatistischen Verhandlungssysteme verbunden (Bandelow 2004, 59; Gerlinger 2002, 21). Diese wurde dadurch eingeleitet, dass Entscheidungskompetenzen auf verschiedene Verhandlungsgremien verlagert, die Entscheidungsfindung dabei aber zunehmend vereinheitlicht und zentralisiert wurde. Hierbei bediente man sich primär kollektivvertraglicher Strukturen. Ein Bedeutungszuwachs kam in diesem Kontext zunächst der bereits vorhandenen Selbstverwaltung der Ärzteschaft und der Krankenkassen zu. Vor allem die Entscheidungen über die Verwendung der zur Verfü-

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H. Korporatistische Systeme innerhalb des Gesundheitswesens

gung gestellten Mittel und die Frage der Absicherung qualitativer Standards wurde überwiegend diesen Verhandlungsstrukturen der Verbände übertragen. Der Staat vertraute aber nicht nur auf die schon vorhandenen Strukturen. Gerade in Zeiten des vermeintlichen politischen Stillstandes scheint es vorteilhaft, die eigene Innovationsfähigkeit durch die Einführung einer Neuerung unter Beweis zu stellen. Und aus der Taufe gehoben wurden daher neue Institutionen: Die Bundesausschüsse als Kern der gemeinsamen Selbstverwaltung.

VI. Retter in der Not oder notwendiges Übel: Der Gemeinsame Bundesausschuss So sollte etwa der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für eine Angleichung der ärztlichen Leistungen an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sorgen, indem er Empfehlungen über die Höchstbeträge für Arzneimittel und Behandlungsleistungen abgab. Er setzte sich aus von der Politik berufenen Vertretern der Krankenkassenverbände, der kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie weiteren neutralen Mitgliedern zusammen und war daher ein Abbild der Verbändelandschaft (Bandelow 2004, 57). Eine starke Stellung innerhalb des Verbandes kam anfangs vor allem den Ärztevertretern zu, während die Kassen insbesondere wegen ihrer zunächst noch starken Zergliederung, eine nur geschwächte Position einnahmen. Aufgrund dieser Kräfteverteilung fanden wesentliche Einsparungen zu Lasten der Ärzteschaft zunächst nicht statt. Den Reformkräften ging es daher im Weiteren in organisatorischer Hinsicht auch um eine zunehmende Stärkung der Kassen, die nur derart gestärkt mit Nachdruck auf die Bedingungen der Leistungserbringung einwirken und die Einhaltung von Kostenvorgaben gewährleisten können. Der Bundesausschuss nahm, obwohl seinen Beschlüssen zunächst eine allein empfehlende Wirkung zukam, in den Folgejahren stetig an Bedeutung zu und blieb selbst von Reformen nicht verschont. Mittlerweile ist an die Stelle der einzelnen Bundesausschüsse der nunmehr auch rechtsfähige Gemeinsame Bundesausschuss getreten (§ 91 SGB V). Zudem wurden bislang nicht repräsentierte Personengruppen in den Ausschuss aufgenommen. Ferner wurde ein Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) geschaffen und dem Bundesausschuss angegliedert (§§ 139 a-c SGB V). Bis heute hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss zum wichtigsten Verhandlungssystem gemeinsamer Selbstverwaltung im Gesundheitsbereich gemausert (Bandelow 2004, 59 f.). Dieser Bedeutungszuwachs setzte mit der Erstreckung seiner Entscheidungen auch auf die Ersatzkassen ein. Seine zunehmend herausragende Stellung resultierte ferner daraus, dass seinen Beschlüssen Verbindlichkeit zuerkannt wurde und er vermehrt zusätzliche Kompetenzen erhielt (Schlottmann / Haag 2008, 524 ff.; Bandelow 2004, 59 f.). So wurde seine Zuständigkeit sukzes-

VII. Und noch eine Konzertierte Aktion

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Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss, 2008

sive auf alle Versorgungsbereiche des Gesundheitssektors ausgedehnt. Ferner wurde er für die Bewertung von Nützlich- und Wirtschaftlichkeit von Gesundheitsdienstleistungen zuständig und damit auch für die Bestimmung des Inhalts der Leistungsansprüche der Versicherten (Quaas / Zuck 2008, 204 ff.). Was dabei allerdings nicht aus den Augen verloren werden darf ist, dass mit dieser Aufgabenzuordnung eine Übertragung der Verantwortung für wesentliche Entscheidungen vom Staat auf die Ebene der Selbstverwaltung einher ging (Kingreen 2007, 113 ff.). Ein Umstand freilich, den manche Politiker mit einiger Erleichterung in Kauf genommen haben dürften. Denn wer möchte schon für eine verweigerte Leistungsübernahme dem Wahlvolk seinen Kopf hinhalten?

VII. Und noch eine Konzertierte Aktion Aber damit nicht genug. Eingerichtet wurde neben diesen anfänglichen Empfehlungsmechanismen zudem noch eine Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen. Diese setzte sich aus den Bundesverbänden der Krankenkassen, den Körperschaften der Ärzte und Zahnärzte, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, den Bundesverbänden der Pharmaindustrie, den Tarifparteien und Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen zusammen. Insgesamt ein bunter Reigen (vgl. Kaiser 2006, 322 ff.). Bereits diese Aufzählung lässt uns das Interessengewirr innerhalb dieses Gremiums erahnen, mit dem ebenfalls eine finanzielle Festigung des Gesundheitssystems erreicht werden sollte. Aufgrund seiner heterogenen Zusammensetzung kam dieses

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H. Korporatistische Systeme innerhalb des Gesundheitswesens

Verhandlungsgremium denn auch zu keiner einheitlichen Beschlussfassung. Zudem wurde die fachliche und demokratische Legitimation dieses Zusammenschlusses hinterfragt. Durch die Aufnahme weiterer Interessengruppen wurde zwar versucht die Konzertierte Aktion einer stärkeren Legitimation zuzuführen. Die Erweiterung bewirkte aber eine völlige Lähmung im Rahmen der Entscheidungsfindung, so dass diese Mitte der neunziger Jahre wieder aufgelöst wurde (Bandelow 2004, 58).

VIII. Wesentliche Reformaspekte Auf zwei wesentliche Reformaspekte soll schließlich noch etwas näher eingegangen werden. Dies sind zum einen die bereits erwähnte Stärkung der Kassen und zum anderen die Einführung von Wettbewerb im Gesundheitssektor.

1. Alle Macht den Kassen Zunächst zur Stärkung der Stellung der Kassen. Da es zu Beginn der neunziger Jahre innerhalb der bestehenden Verhandlungssysteme verstärkt zu Blockadetendenzen der Verbände kam, wurde versucht, die Verhältnisse zwischen den Verbänden zu verschieben. Dies wollte man zum einen durch eine Verschärfung der Konkurrenz zwischen den verschiedenen Ärztegruppen und einer damit einhergehenden Schwächung des Ärztelagers insgesamt erreichen. Dieses Unterfangen gelang, in dem man etwa die bestehenden Verteilungskonflikte zwischen Fach- und Hausärzten zuspitzte (Gerlinger 2002, 26 f.). Des Weiteren wurde eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses im Bundesausschuss zu Gunsten der Kassenverbände angestrebt, um das Verhältnis zwischen Finanziers und Leistungserbringern anzugleichen. Durch einen vermehrten Zusammenschluss der Kassen konnte deren Position tatsächlich gestärkt und deren Interessen einander angeglichen werden, so dass deren Schlagkraft der der Ärzteverbände in nichts mehr nachstand (Bandelow 2004, 54). Dieser Trend der Stärkung der Stellung der Finanzträger setzte sich auch in den kommenden Jahren kontinuierlich fort, indem deren Handlungsmöglichkeiten gegenüber den Leistungserbringern erweitert wurden (Gerlinger 2002, 24 ff.). So wurden Modellvorhaben ermöglicht und den Kassen die Chance eingeräumt, Verträge wieder mit einzelnen Leistungsanbietern unter Umgehung der Kassenärztlichen Vereinigungen abzuschließen; ein Aspekt, der sogleich noch genauer betrachtet wird.

VIII. Wesentliche Reformaspekte

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2. Wettbewerb ist nicht alles, aber ohne Wettbewerb ist alles nichts Auch im Gesundheitssektor findet man eine Hinorientierung zu mehr Wettbewerb. So wurde auch hier zunehmend damit begonnen, wettbewerbsorientierte Mechanismen zu implementieren, um dem Überhang auf der Ausgabenseite wirksam zu begegnen. Zwar erfolgte dies in Verbindung mit einer überdimensionierten staatlichen Regulierung, zeigte aber unzweifelhaft in die richtige Richtung. Der Gesetzgeber reagierte damit darauf, dass durch die gewachsenen Strukturen innerhalb des Anbietersegments wettbewerbliche Mechanismen im Gesundheitsmarkt nahezu ausgeschlossen wurden. Krankenkassen und einzelne Leistungserbringer konnten lange Zeit keine Vereinbarungen treffen, die in Preis und Qualität gegenüber anderen Vereinbarungen variierten (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 22). Maßgeblich waren die kollektiv verhandelten einheitlichen Abschlüsse. Da die Kassen mit dieser gesetzlichen Verpflichtung zum gemeinsamen und einheitlichen Vertragsschluss korporatistischen Bindungen unterlagen, war es ihnen nicht möglich, einfach den effizientesten Leistungserbringer als Vertragspartner auszuwählen. Sie waren auf die Führung von Gesamtverhandlungen angewiesen (Gerlinger 2008). Auf die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbingung im Einzelfall konnten sie nicht mit entsprechenden vertraglichen Mechanismen eingehen. Außer in Ausnahmefällen war es den Kassen unmöglich, mit einzelnen Anbietern entsprechende Verträge zu schließen und diese Anbieter dann entsprechend zu fördern oder zu sanktionieren (vgl. Rothgang 2000, 427 ff.). Den Versicherten bieten die Krankenkassen nur eine Versicherung an, deren Preis nicht nach der Qualität der abgesicherten Dienstleistungen variieren darf. Der mit der Möglichkeit der freien Kassenwahl eingeführte Wettbewerb um die Versicherten zwang die Kassen zwar zu einer höheren Effizienz ihrer eigenen Leistung, da die vorherrschende Bestandsgarantie damit entfiel. Diesen Anpassungsdruck konnten die Kassen aber aufgrund der verbandlich organisierten Verhandlungsmechanismen gerade nicht ohne weiteres auf ihre Verhandlungspartner übertragen (Rothgang 2000, 424 ff.; Wissenschaftlicher Beirat 2000, 23). Die Leistungserbringer ihrerseits wurden durch die praktizierte Budgetierung und Katalogabrechnung nicht zur Wettbewerbssteigerungen animiert. Abgerechnet wurden die tatsächlich erbrachten Leistungen in Höhe der anfallenden Kosten. Durch dieses korporatistisch vereinbarte Abrechnungssystem kam es daher zu ökonomischen Fehlanreizen (Gerlinger 2002, 8 f.). Dies führt wiederum dazu, dass ein Ressourcenverbrauch zu Lasten Dritter (der Versicherten) nicht ausgeschlossen werden konnte. Eine insgesamt verhängnisvolle Kettenreaktion nahm ihren Lauf. Wie soll nun aber der Wettbewerb hier helfen? Erste frühe Wettbewerbsansätze fanden sich zunächst mit der Einführung eines begrenzten Wahl- und Wechsel-

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H. Korporatistische Systeme innerhalb des Gesundheitswesens

rechts auf dem Versicherungsmarkt im Verhältnis der Krankenkassen zu den Versicherten wieder (Gerlinger 2002, 12). Als entscheidender Parameter diente insofern der unterschiedliche Beitragssatz. Dies wird auch mit der Einführung eines einheitlichen Beitragssatzes unverändert bleiben, da ein Wettbewerb insofern zumindest noch über die kassenindividuellen Zusatzbeiträge (§ 242 SGB V) stattfinden kann. Auf dem Versicherungsmarkt wurden ferner weitere Elemente der privaten Versicherungswirtschaft, wie die Möglichkeit der Beitragsrückerstattung (Prämienzahlung) oder die Einführung eines Selbstbehaltes vorgesehen (§ 53 SGB V). Aus den oben dargestellten Gründen konnte es damit aber nicht sein Bewenden haben. Auch im Verhältnis der Krankenkassen zu den Leistungsanbietern mussten wettbewerbliche Bausteine eingesetzt werden. Dieser Umstand war der Erkenntnis geschuldet, dass ein Wettbewerb auf dem Kassenmarkt ohne einen entsprechenden Wettbewerb auf dem Anbietermärkten wenig sinnvoll erscheint (Rothgang 2000, 426 ff.). Als entscheidendes wettbewerbliches Bauelement ist in diesem Zusammenhang vor allem die Aufwertung der Vertragsfreiheit herauszuheben (Gerlinger 2002, 24 ff.). So wurden – zunächst in geringem Maße (vgl. §§ 63 ff.; 73b; 137 f.; 140a ff. SGB V) – auch Individualverträge ermöglicht, was mit einem Bedeutungsverlust der bislang üblichen Kollektivverträge einherging. Und diese Bedeutung von Einzelverträgen wurde bis heute weiter angehoben und über die bisherigen Anwendungsfälle hinaus auch auf die haus- und fachärztliche Versorgung ausgeweitet (§ 73c SGB V).

§ 73c SGB V (Auszug) (1) Die Krankenkassen können ihren Versicherten die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung durch Abschluss von Verträgen . . . anbieten. . . . (3) Die Krankenkassen können zur Umsetzung ihres Angebots nach Absatz 1 . . . Einzelverträge schließen mit 1. vertragsärztlichen Leistungserbringern, 2. Gemeinschaften dieser Leistungserbringer, 3. Trägern von Einrichtungen, die eine besondere ambulante Versorgung nach Absatz 1 durch vertragsärztliche Leistungserbringer anbieten, 4. Kassenärztlichen Vereinigungen. . . . Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien öffentlich auszuschreiben. . . .

Die Möglichkeit zu Einzelverträgen findet sich zudem auch im Bereich der Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 127 SGB V) und teilweise für die Beschaffung von Arzneimitteln (§ 129 SGB V).

IX. Und der Staat schaut zu?

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Letztlich soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass auch im Gesundheitssektor ein prospektives Vergütungssystem besteht, in dessen Rahmen die Leistungsentgelte im Voraus und kollektiv vereinbart werden (Gerlinger 2008). Ein nachträglicher Ausgleich findet nicht statt. Als Erscheinungsformen sind die bereits erwähnten Pauschalen, die Budgets und die Gesamtvergütung zu nennen, wobei in diesem Bereich mit fortlaufenden Anpassungen zu rechnen ist (Funk 1994, 886 ff.). So geht es in der aktuellen Diskussion über die Folgen der Abwicklung der ärztlichen Vergütung über sog. Regelleistungsvolumina (§ 87b SGB V; Wenner 2008, 280 ff.). Des Weiteren wurden vermehrt Qualitätssicherungsinstrumente verankert, um trotz einer auf Kostensenkung zielenden Wettbewerbsorientierung Behandlungsstandards weiterhin zu gewährleisten (Quaas / Zuck 2008, 160 ff.).

IX. Und der Staat schaut zu? Dies alles könnte nun den Anschein erwecken, dass sich das deutsche Gesundheitswesen quasi vollständig selbst reguliert. Dieser Schein trügt allerdings, da der Staat den Bereich der Rahmensetzung längst verlassen hat und nunmehr wieder vermehrt im Vordergrund agiert. Die staatlichen Rahmenvorgaben werden zunehmend restriktiv gefasst, indem die Regelungsdichte kontinuierlich zunimmt (Gerlinger 2008). Dies kann man durchaus als Ausdruck eines Zweifels daran deuten, dass die gesundheitspolitischen Ziele allein im Rahmen korporatistischer Systeme bewältigt werden können. Auch durch die aktuelle Reformgesetzgebung wird der Einfluss des Staates Stück für Stück ausgeweitet und werden die Handlungsspielräume der Verbände verengt. So werden künftig die Finanzmittel den Kassen aus dem einzurichtenden Gesundheitsfond zugewiesen und der Beitragssatz der Kassen von der Bundesregierung festgesetzt (§§ 220, 241 SGB V). Ferner kommt es bezüglich der Finanzierung des Gesundheitssystems zur Einführung eines Bundeszuschusses aus Steuermitteln (§ 221 SGB V). Der Risikostrukturausgleich wird durch das Bundesversicherungsamt durchgeführt, welchem neben der Fondsverwaltung zudem die Aufgabe zugewiesen wurde, die Erhöhung des Zusatzbeitrages anzuordnen, wenn die jeweilige Krankenkasse keinen entsprechenden Beschluss fasst (§§ 242, 266, 271 SGB V). Wir sehen also ein zunehmendes und insgesamt erhebliches Maß an staatlicher Intervention (Gerlinger 2008; Richter 2007, 810 ff.).

I. Wettbewerb im Dritten Sektor An mehreren Stellen ist uns das Schlagwort von der Heilkraft des Wettbewerbs bereits begegnet. Nachdem die Grundlagen gelegt worden sind, soll nun untersucht werden, ob und wie Wettbewerb – hier verstanden als Rivalität zwischen den Akteuren vor allem auf der Anbieterseite (Rothgang 2000, 423) – innerhalb des Dritten Sektors wirksam etabliert werden kann. Dabei wird sich zeigen, dass mit der Einführung von Wettbewerb zwar einige Probleme einer Lösung zugeführt werden können, andererseits aber dadurch wiederum neue Probleme erwachsen, deren Lösung zum Teil noch aussteht.

I. Finanzierungsoptionen als Ansatzpunkt Der Einstieg soll am Punkt der Finanzierung persönlicher Dienstleistungen erfolgen. Hierfür stehen gänzlich verschiedene Finanzierungsformen zur Verfügung (Breyer 2008). So kann der Staat die Dienstleistung seinen Bürgern bereitstellen und diese aus Steuern finanzieren. Als prominentes Beispiel hierfür dient etwa die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen in den allgemeinbildenden Schulen. Der Staat kann ferner den Dienstleistern einen Geldbetrag unter der Bedingung zugestehen, den Bürgern entsprechende Dienstleistungen anzubieten. Als Beispiel hierfür kann auf das Sachleistungsprinzip zurückgegriffen werden. Der Staat stellt dem Leistungserbringer oder einer Gruppe von Leistungserbringern ein Budget zur Verfügung und räumt den Bürgern gegenüber den Leistungserbringern einen Anspruch auf bestimmte (Sach-)Leistungen ein (Wenner 2008, 39 f.; Schulin 1994, 211 ff.). Die gesetzliche Krankenversicherung funktioniert nach diesem Mechanismus mehr oder weniger gut. Wie bereits dargestellt führt diese Option weitestgehend zu einer Ausschaltung des Wettbewerbs zwischen den einzelnen Dienstleistern. Allein der Staat als wichtigster Akteur auf der Nachfrageseite wirkt bestimmend auf den jeweiligen Angebotsumfang ein. Wettbewerbselemente lassen sich nur erschwert und mit einem erheblichen Regelungsaufwand verwirklichen (Breyer 2008). Dabei ist dann zu berücksichtigen, ob die durch die Neuregelungen verursachten Umsetzungskosten nicht die erstrebten Vorteile aufzehren und sich letztlich allenfalls eine schwarze Null unterm Strich wiederfindet. Der Staat hat aber auch die Möglichkeit, den Bürgern einen Geldbetrag unter der Bedingung zuzugestehen, diesen für den Bezug bestimmter Dienstleistungen zu verwenden. Letztlich hat er die Option, den Bürgern bedingungslos einen Geld-

II. Perso¨nliche Budgets: Beitrag zur Menschenwu¨rde

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betrag zur Verfügung zu stellen, damit diese sich ungebunden mit den für sie notwendigen Dienstleistungen versorgen können (Breyer 2008). In der Wahl der Finanzierung zeigt sich, in wieweit der Staat seinen Bürgern vertraut und ihnen die eigenverantwortliche Versorgung zutraut. Nur bei den letzten beiden Ansätzen erhält der Leistungsempfänger ein Budget und zahlt damit den Leistungserbringer, der ggf. vorher vom Staat festgelegt werden kann. Hierbei muss der Staat natürlich bestehende Informationsdefizite auf der Seite der Leistungsempfänger und damit die Frage nach einer defizitären Konsumentensouveränität berücksichtigen. Dabei geht es um die Bewältigung der Problematik, dass der Leistungsempfänger regelmäßig die Qualität der Leistung nicht genügend beurteilen kann (Fritsch / Wein / Ewers 2007, 282 ff.). Ein Defizit welches vor allem beim Angebot persönlicher Dienstleistungen zu Tage tritt (Nellissen 2006, S. 169 ff.). Der Einsatz dieser Alternative führt dann aber ohne weiteres zu einem Wettbewerb zwischen den Anbietern und dadurch zu mehr Wirtschaftlichkeit (Breyer 2008). Auf der Nachfrageseite findet sich nicht mehr der Staat in seiner Alleinstellung, sondern eine Vielzahl von Bürgern, die mit den ihnen zur Verfügung stehenden Geldmitteln entsprechende Dienstleistungen nachfragen und einkaufen. Der Bürger wird dadurch zugleich in seiner Stellung gestärkt. Er wird vom Bittsteller zum Nachfrager und kann die Leistungserbringer in seinem Sinne einsetzen.

II. Persönliche Budgets: Beitrag zur Menschenwürde Als aktuelles Beispiel für diese Finanzierungsoption kann auf eine Neureglung im Recht der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen verwiesen werden. Dort besteht seit Beginn des Jahres 2008 die Möglichkeit, auf ein persönliches Budget zurückzugreifen. Bis dahin galt auch im Rahmen des SGB IX das Sachleistungssystem. Behinderte Menschen hatten und haben gegenüber dem jeweiligen Leistungsträger einen Anspruch auf die notwendige Hilfe. Dieser Anspruch wird etwa durch die Zuweisung eines Heim- oder Einrichtungsplatzes seitens des Leistungsträgers erfüllt. Im Rahmen dieser Zuweisung besteht für den anspruchberechtigten Bürger nur geringe Mitsprache- oder Wahlrechte. Die Finanzierung und deren Abwicklung werden allein vom Leistungsträger mit dem Träger bzw. Trägerverband des Heims etc. ausgehandelt. Wettbewerb zwischen den einzelnen Leistungserbringern besteht kaum. Diese haben daher auch nur einen geringen Anreiz ihre Angebote effizienter zu gestalten (Breyer 2008). So die bisherige Ausgangslage. Nach der neuen gesetzlichen Regelung hat der behinderte Mensch nun wahlweise einen Anspruch gegenüber dem Leistungsträger auf Einräumung eines persönlichen Budgets (§ 17 SGB IX). Dessen Höhe richtet sich am individuellen Bedarf des Betroffenen aus. Hierbei handelt es sich um eine zweckgebundene Geldleistung, die den Bürger in die Lage versetzen soll, im Rahmen des Budgets

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I. Wettbewerb im Dritten Sektor

Dienstleistungen von verschiedenen Leistungserbringern einzukaufen. Die Leistungsberechtigten haben damit erstmals die Möglichkeit, selbstbestimmt und somit nach ihren Interessen und Prioritäten die für sie erforderlichen Leistungen zusammenzustellen. Der Kreis der als Leistungserbringer in Betracht kommenden Anbieter ist dabei unbeschränkt, soweit diese nur ein bestimmtes Qualitätsniveau gewährleisten (Breyer 2008; von der Heide 2006, 85 ff.). Die Vorteile dieses Ansatzes liegen auf der Hand. Zum einen wird durch die Stärkung der Position des behinderten Menschen, das Ziel des Gesetzes, nämlich die Eingliederung in die Gesellschaft, vorangetrieben. Der behinderte Mensch ist nicht mehr nur eine Fallnummer, die einer bestimmten Einrichtung zugewiesen wird, sondern eine selbständig agierender Kunde auf dem Markt. Die Einrichtungen ihrerseits sehen sich einer geänderten Nachfragestruktur gegenüber und werden dazu gezwungen, ihre Dienstleistungen in wirtschaftlicher Hinsicht zu optimieren und damit für den Nachfrager attraktiv zu gestalten. Attraktivität bedeutet auch die Bereitstellung kostengünstiger Angebote, was letztlich zu einer Entlastung der Sozialsysteme führen dürfte. Dies hat nicht zwingend einen Qualitätsverlust zur Folge. Qualitativ minderwertige Angebote werden vielmehr weniger nachgefragt und damit einer Auslese folgend vom Markt verdrängt. Auch insoweit wirkt die Selbstreinigungskraft des Marktes (Breyer 2008). Zweifel an dieser Art der Ausgestaltung könnten sich allerdings daraus ergeben, dass der Anspruchsberechtigte auf Grund seiner körperlichen oder geistigen Verfassung häufig gar nicht in der Lage sein wird, von den neuen Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Denn die Nutzung des persönlichen Budgets bedeutet in der Tat die Einholung von Angeboten, den Angebotsvergleich und das Aushandeln der Konditionen. Insoweit könnte es hier dann erforderlich werden, dass dem Einzelnen entsprechenden Hilfestellungen gewährt werden. Diese sollten freilich gerade nicht von denjenigen Verbänden kommen, deren Einrichtungen zugleich als Leistungsanbieter auftreten.

Persönliches Budget Leistungsempfänger können von den Rehabilitationsträgern anstelle von Dienst- oder Sachleistungen ein Budget wählen. Hieraus bezahlen sie die Aufwendungen, die zur Deckung ihres persönlichen Hilfebedarfs erforderlich sind. Damit werden behinderte Menschen zu Käufern, Kunden oder Arbeitgebern, die den Einkauf der Leistungen eigenverantwortlich regeln. Sie entscheiden selbst, welche Hilfen für sie am besten sind. Diese Wahlfreiheit fördert die Selbstbestimmung behinderter Menschen. Das Persönliche Budget löst das Dreieck zwischen Leistungsträger, Leistungsempfänger und Leistungserbringer auf; Sachleistungen werden durch Geldleistungen oder Gutscheine ersetzt. Besondere Bedeutung für die Fortentwicklung der Leistungen zur Teilhabe haben trägerübergreifende Persönliche Budgets, bei denen mehrere Leistungsträger unterschiedliche Teilhabe- und Rehabilitationsleistungen in ein Budget einbringen.

III. Gutscheinsysteme

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Seit 2004 können neben allen Leistungen zur Teilhabe auch andere Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen, Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, Leistungen der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Pflegeleistungen der Sozialhilfe in trägerübergreifende Persönliche Budgets einbezogen werden. Für ein Persönliches Budget müssen Menschen mit Behinderungen einen entsprechenden Antrag beim Leistungsträger stellen. Seit 2008 besteht auf Leistungen in Form des Persönlichen Budgets ein Rechtsanspruch. Das bedeutet, dass dem Wunsch- und Wahlrecht der potentiellen Budgetnehmer in vollem Umfang entsprochen wird und bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich alle Anträge auf Bewilligung von Persönlichen Budgets zu genehmigen sind. Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2008

III. Gutscheinsysteme Als weiteres Anwendungsfeld für derartige Geldleistungssysteme kann auf die Einführung von Gutscheinen im Rahmen der Kinderbetreuung verwiesen werden. Gegenwärtig wird die Kinderbetreuung überwiegend noch derart organisiert, dass Kindergärten entweder von staatlichen Trägern vorgehalten und finanziert werden oder Kindergärten von privaten Trägern Zuschüsse zu den entstehenden Betriebskosten erhalten. Durch die Einführung eines Gutscheinsystems würde auch insoweit der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Anbietern zunehmen (Breyer 2008). Zugleich käme es zu einer Gleichbehandlung aller Familien unabhängig von deren gesellschaftlicher Stellung. Einige Kommunen haben insoweit bereits erste Erfahrungen gesammelt:

Das KiTa-Gutscheinsystem in Hamburg (B. Cleuvers, in: Kindergarten heute 2 / 2004, 18 – 23) In Hamburg gibt es ein anderes, „komplett neues und effizienteres System“, so die Behörde für Bildung und Sport. Am 1. August 2003 trat das neue KiTa-Gutscheinsystem in Kraft. Um was geht es dabei? Bislang erhielten die Kinderbetreuungseinrichtungen mit ihren insgesamt 69.000 Plätzen in unterschiedlichen Betreuungsformen einen Anteil am Gesamtetat von etwa 300 Mio. Euro, der jährlich von der Stadt nach Verhandlungen bereitgestellt wurde. Jetzt werden nicht mehr die Kindertageseinrichtungen, Vorschulklassen, Tagespflegestellen oder pädagogischen Mittagstische gefördert, sondern die Betreuungsleistungen, die sie erbringen. Als markante Punkte des KiTa-Gutscheinsystems nennt das IFP-Gutachten  eine genauere stadtteilbezogene Feinsteuerung der benötigten Plätze,  die zeitnahe Bedarfsanpassung,  den effizienteren Ressourceneinsatz,  die Stärkung der nachfragenden Eltern,

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I. Wettbewerb im Dritten Sektor  den Wegfall zentraler Planungsbürokratie und  die Budgetierung.

Konkret heißt das:  Alle Kinder im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung haben Rechtsanspruch auf eine 4-stündige Betreuung pro Tag.  Mehrleistungen sind grundsätzlich möglich, z. B. längere Betreuungszeiten bei berufstätigen Elternpaaren oder bei pädagogischem Bedarf sowie die Betreuung jüngerer und älterer Kinder.  Für Kinder bis zum Schuleintritt, so die Informationsschriften der Senatsbehörde, gibt es 6-, 8-, 10- und 12-stündige Angebote, für Schulkinder eine 2-, 3-, 5- oder 7-stündige Betreuung täglich.  Ob Anspruch auf Mehrleistungen besteht, wird in einer Bedarfsprüfung geklärt und auf dem Gutschein vermerkt. Die Kriterien, nach denen besonders dringlicher Bedarf definiert wird, betreffen das persönliche und familiäre Umfeld des Kindes und daraus resultierende Probleme. Auch mangelnde Sprachfähigkeit eines Kindes mit Migrationshintergrund oder Deutsch als Zweitsprache ein Jahr vor der Einschulung ist relevant.  Für Kinder, die bereits vor der Systemumstellung in einer Kindertagesstätte betreut wurden, gelten gesonderte, standardisierte Übergangsregelungen.  Daneben können auch diejenigen eine Kinderbetreuung erhalten, die die gewünschten Leistungen einer Einrichtung vollständig privat bezahlen. So können zusätzlich zum KiTa-Gutschein flexible Betreuungsstunden oder eine generelle zeitliche Aufstockung der Betreuungszeiten erworben werden.  Statt einer zentralen Platzvergabe sind die Eltern aufgefordert, den Ort der Betreuung für ihr Kind selbst zu bestimmen. D. h. die Eltern müssen die Einrichtung suchen, selbst klären, ob die ausgewählte Einrichtung den gewünschten Betreuungsbeginn einhalten kann, und einen entsprechenden Betreuungsvertrag schließen. Wenn die KiTa-Betreuung von der Stadt Hamburg bezuschusst werden soll, benötigen die Eltern einen so genannten KiTa-Gutschein. Diesen Gutschein, der in der Regel für 12 Monate ausgestellt wird, erhalten die Eltern stets auf Antrag bei den Jugendämtern der Stadtbezirke (wieder) und können ihn bei der gewünschten Einrichtung einlösen. Könne nachfolgend kein weiterer Gutschein vorgelegt werden, werde die Betreuung beendet. Befürchtete Nachteile des KiTa-Gutscheinsystems Einwände insbesondere gegen das Antragsverfahren, die Bewilligungskriterien oder die Realisierung seitens der Behörden gab und gibt es zuhauf: von Eltern, die sich zusammenschließen, Trägern und Einrichtungen. Schon vor der Einführung wurde von verschiedenen Verbänden auf die Mängel des Systems hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf hingewiesen. Das Jugendamt bestimme den augenscheinlichen Bedarf der Eltern, bei dem die Arbeitszeit der Eltern der entscheidende Faktor zu sein scheint, doch würden die bewilligten Zeiten nicht ausreichen. Sei die Arbeitszeit zudem schlecht planbar, benachteilige das System berufstätige Mütter, beklagt der Deutsche Journalisten-Ver-

III. Gutscheinsysteme

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band Hamburg. Kritiker wie der Zusammenschluss der „Eltern für eine familiengerechte Betreuung“ fürchten darüber hinaus, dass soziale Beziehungen, Bildung und Pädagogik ins Hintertreffen geraten, gerade auch, wenn Kinder infolge sozialer Herkunft, Arbeitslosigkeit und Elternzeit benachteiligt, aus vertrauten Umgebungen gerissen würden oder „KiTa-Hopping“ betreiben müssten, weil der KiTa kein oder nicht der dort gewünschte höherwertige Gutschein vorgelegt werden könne. Einrichtungen, die nicht ausreichend geförderte Kinder betreuen, drohe womöglich die Schließung und den ErzieherInnen dadurch die Kündigung. Praktische Probleme bei der Einführung in Hamburg Schon nach kurzer Laufzeit des KiTa-Gutscheinsystems in Hamburg deutet sich an, dass die Nachfrage offensichtlich größer ist als das Angebot. Presseberichten zufolge (Süddeutsche Zeitung v. 18. 11. 03) wurde noch Mitte November 2003 der Rechtsanspruch von rund 2.200 Kindern nicht erfüllt, weil die Ausgabe von Gutscheinen unterbunden sei. Auf der Homepage einer Hamburger Initiative für mehr Kindergartenplätze (www.KiTareform.de) ist laut einer Studie vom Frühjahr 2003 sogar von 18.000 fehlenden Betreuungsplätzen die Rede. Bildungssenator Lange, der den Start des KiTa-Gutscheinsystems zunächst als „bis auf wenige Ausnahmen reibungslos“ bezeichnet hatte, trat daraufhin auf Drängen des ersten Bürgermeisters von seinem Amt zurück. Langes Nachfolger Soltau erklärte Anfang Dezember 2003, er vertraue darauf, dass im Bereich der Kindertagesbetreuung eine Finanzierungslücke von 20,2 Mio. Euro im Rahmen des Gesamthaushalts geschlossen werden könne. Im IFP-Gutachten werden die befürchteten Schwierigkeiten des Systems wie folgt zusammengefasst:  Der Verwaltungsaufwand würde nach unten verlagert, auf Anbieterebene würden hohe Umsetzungskosten erzeugt, d. h. die Betriebskosten erhöhten sich.  Es würde ein festgelegtes Budget umverteilt, mit der Gefahr, dass dann das Billigste gut genug sein könnte.  Die Nachfragemacht der Eltern würde eingeschränkt, da ihre Bedarfe nur dann Berücksichtigung fänden, wenn sie durch das Jugendamt bewilligt werden.  Die Eltern müssten viel Zeit aufwenden für Platzsuche und Gutschein-Bewilligung beim Jugendamt.  Da Eltern mit hochwertigen KiTa-Gutscheinen (Ganztagsbetreuung) für Träger besonders attraktiv wären, würde der Wettbewerb begrenzt.  Die Kommune gäbe ihre Einflussmöglichkeiten an die anbietenden Einrichtungen ab und entzöge sich der Gesamt- und Planungsverantwortung. Aus Erfahrungen lernen In den beiden Förderkonzepten in Bayern und Hamburg wurden laut IFP-Gutachten Qualitätseinbußen bei den KiTas registriert, da die Betreuungszeit für die Finanzierung entscheidend sei. Auch gebe es eine einseitige Risikoverlagerung auf die Träger, geringe Markteffekte und eine mangelhafte Berücksichtigung der Zeit für Aufgaben, die außer-

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I. Wettbewerb im Dritten Sektor

halb der Kinderbetreuung erfüllt werden müssen. Ein effizienteres Fördersystem zu entwickeln, ist grundsätzlich und besonders in Zeiten knapper Haushalte durchaus sinnvoll. Auch die durch PISA und ähnliche Studien ermittelten Notwendigkeiten für das Bildungssystem, die Förderung gerade von Kindern aus sozioökonomisch niedrigen Schichten oder von Kindern mit Behinderungen scheint in den vorgestellten Modellen schwierig zu sein, und das, obwohl eine anforderungsgerechte Berücksichtigung all dieser Punkte gerade durch ein flexibles Gutschein-Modell möglich ist. Beim Blick auf das bayerische und das Hamburger Modell fällt auf, dass Bildung und Erziehung eine untergeordnete Rolle spielen. Marktprinzipien und Nachfrageorientierung werden sehr verschieden umgesetzt, so dass der reale Bedarf und pädagogische Ziele sich nicht unbedingt im Ergebnis wiederfinden. Letztlich beschränken die finanziellen Mittel eine Weiterentwicklung der Kinderbetreuungseinrichtungen, anstatt Investitionen in die Zukunft zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund solcher Erfahrungen stellt sich die Frage, wie eine optimale Finanzierung realistisch aussehen könnte. Dabei bietet gerade das nachfrageorientierte Gutschein-Modell eine enorme Vielfalt an bedarfsgerechten und qualitätssichernden Ausgestaltungsmöglichkeiten, wie Dieter Dohmen betont: „Der Hamburger Weg ist sicher nicht gelungen. Doch gibt es bei Gutschein-Modellen – entgegen der vielfach vorherrschenden Meinung – durchaus Möglichkeiten, gleichzeitig Bildungskonzepte zu integrieren, flexible Angebote für Berufstätige vorzuhalten und regional oder sozioökonomisch bedingte Chancenungerechtigkeiten auszugleichen.“ Sicherlich bedarf es noch verschiedener Überlegungen und Studien, bis sich ein alle Aspekte berücksichtigendes Modell gestalten lässt. Doch helfen die Versuche und Bemühungen im Bereich der Kinderbetreuung auch, etwas zu ändern und aus Erfahrungen zu lernen, anstatt eine langjährige, ideologisch überfrachtete Debatte um diese Thematik zu pflegen. Langfristiges oder besser mittelfristiges Ziel sollte eine Reform des Bildungs(finanzierungs)systems sein, die alle Bildungsbereiche und alle Bundesländer umfasst, um Ungleichheiten zu beseitigen und Synergieeffekte zu schaffen. Wo es sinnvoll ist, sollten Standards festgelegt werden. Parteiorientierte Aktivitäten sollten von zielorientierten abgelöst werden. Mit dem ersten „Bildungsbericht für Deutschland“, mit dem die Kultusministerkonferenz im Oktober 2003 die kontinuierliche Berichterstattung über Bildung begann, ist vielleicht ein erster Schritt hin zu mehr Transparenz und Gemeinsamkeit gemacht.

IV. Die Folgen des Wettbewerbs oder die Geister, die ich rief . . . Die möglichen Vorteile einer wettbewerblichen Ausrichtung der Daseinsvorsorge sollen aber nicht verdecken, dass die Etablierung von Wettbewerb innerhalb der Systeme der sozialen Sicherung eine Vielzahl von Folgeproblemen nach sich ziehen kann. Neben Fragestellungen wirtschaftswissenschaftlicher Natur ergeben sich vor allem zahlreiche rechtliche Konflikte, die bislang nicht zufriedenstellend gelöst wurden. Die Schaffung von Wettbewerb führt so zwingend zu der Frage, inwieweit auch diese Wettbewerbsverhältnisse den wirtschaftsrechtlichen Regularien unterliegen oder ob die Sachmaterie aufgrund ihrer zahlreichen Besonderheiten einen zu sepa-

V. Vergaberecht

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rierenden Sonderfall darstellt. Wirtschafts- und wettbewerbsrechtliche Anforderungen ergeben sich dabei nicht mehr nur aus den nationalen Rechtsordnungen, sondern vor allem auch aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht (Boeßenecker 2005, 287 ff.; Eckardt 2000, 3 ff.). Dessen Zielsetzung besteht unter anderem in der Schaffung eines Gemeinsamen Marktes welcher durch ein System gesteuert wird, dass den Wettbewerb über bestimmte Grundfreiheiten ermöglicht und fördert und vor Verfälschungen schützt (Art. 2, 3 Abs. 1 lit. c.) und g.), 4 Abs. 1 EGV). Auf der anderen Seite wird freilich auch im Gemeinschaftsrecht ein hohes Maß an sozialem Schutz angestrebt (Art. 2 EGV) und werden die Besonderheiten der Erbringung von Dienstleistungen im allgemeinem wirtschaftlichem Interesse berücksichtigt (Art. 16, 86 Abs. 2 EGV), so dass sich auch insoweit die Frage nach einem Ausgleich der anscheinend widerstrebenden Interessen stellt.

V. Vergaberecht Derjenige Bereich, in welchem uns diese Fragen momentan besonders virulent begegnen, ist der des Vergaberechts. Handelte es sich hierbei früher um ein wenig populäres und in der Praxis kaum relevantes Anwendungsfeld des Haushaltsrechts, ist dieses Rechtsgebiet in den letzten Jahren zu einer enormen Blüte herangereift, die mittlerweile nahezu alle staatlichen Handlungsfelder in ihren Wirkungsbereich einbezieht. Antriebsfeder ist auch insoweit vor allem das Gemeinschaftsrecht, das mit seinen Vorgaben ganz entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung der nationalen Vergaberechtsordnung nimmt. Die vergaberechtlichen Bestimmungen verfolgen dabei eine mehrfache Zweckrichtung. Sie sollen zum einen die wirtschaftliche Beschaffung und zum anderen die Wahrung der Chancengleichheit der Anbieter sicherstellen. Die Vergabe öffentlicher Aufträge soll an leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer erfolgen, wobei ein ordnungsgemäßes Verfahren zu gewährleisten ist. Dieses erfordert allgemein eine öffentliche Ausschreibung, bei der die Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und das Diskriminierungsverbot beachtet werden. Verhindert werden soll also, dass staatliche Aufträge unter der Hand an der Verwaltung genehme Auftragnehmer quasi verschachert werden. Eine derartige Vetternwirtschaft schont weder die öffentlichen Kassen noch fördert sie den Wettbewerb zwischen den Konkurrenten. Letztlich soll dadurch der von staatlichen Auftraggebern initiierte europaweite Austausch von Gütern und Dienstleistungen vorangetrieben und abgesichert werden (Frenz 2007, 527 ff.).

§ 97 GWB: Allgemeine Grundsätze (Auszug) (1) Öffentliche Auftraggeber beschaffen Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren.

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I. Wettbewerb im Dritten Sektor

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Benachteiligung ist auf Grund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet. (3) Mittelständische Interessen sind vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen. (4) Aufträge werden an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen vergeben; andere oder weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist. (5) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. (6) . . . (7) Die Unternehmen haben Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält.

VI. Nicht immer der niedrigste Preis Gleichwohl darf nicht von der fehlerhaften Annahme ausgegangen werden, dass Wirtschaftlichkeit automatisch die Bevorzugung des billigsten Bieters bedeutet. Vielmehr kann auch das beste Preis-Leistungs-Verhältnis entscheiden (Frenz 2007, 876 ff.). Der zu zahlende Preis ist also nicht zwingend der entscheidende Faktor. Der Auftraggeber hat es grundsätzlich in seiner Hand, nach welchen Kriterien er die Angebote bewerten will. Damit besteht aber ausreichend Raum für die Berücksichtigung leistungsbezogener Aspekte und deren leistungsadäquate Gewichtung. Der Einsatz des Vergaberechts führt daher nicht zwingend zu einem reinen Preiswettbewerb. Auch qualitative Standards können eine ausschlaggebende Rolle spielen, was bei der Erbringung persönlicher Dienstleistungen an besonderer Bedeutung gewinnt.

1. Vergaberecht und Sozialrecht a) Anwendbarkeit des Vergaberechts Die Vorherrschaft des Vergaberechts wird freilich nicht nur positiv wahrgenommen. Dahinter steht der Umstand, dass die Durchführung eines den rechtlichen Anforderungen genügenden Vergabeverfahrens langwierig und aufwendig sein kann und die Möglichkeit eines nachträglichen Rechtsschutzes durch den unterlegenen Bieter als ein schwer kalkulierbares Risiko im Raum steht. Dies verträgt sich nicht mit allen Fällen der Leistungsabwicklung. Es wird daher in der Praxis und auch in der Wissenschaft einiges an Energie aufgebracht, um zu erklären, warum bestimmte Sachverhalte nicht dem vergaberechtlichen Anwendungsbereich unterfallen können. Für die Erbringung von Dienstleistungen des Dritten Sektors gilt insoweit nichts anderes.

VI. Nicht immer der niedrigste Preis

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So wie es also generell unklar ist, ob bestimmte Wirtschaftsbereiche überhaupt dem Vergaberechtsregime unterfallen, ist für uns konkret problematisch, ob und in wieweit das Vergaberecht auch auf die Erbringung sozialer Dienstleistungen überhaupt Anwendung findet (Heinemann 2009, 23 ff.; Sormani-Bastian 2007, 77 ff.). Wenn man diese generelle Hürde genommen hat, wird möglicherweise aber das gemeinschafsrechtlich geprägte mitgliedstaatliche Wettbewerbsvergaberecht durch spezielle Regelungen des mitgliedstaatlichen Sozialrechts verdrängt. Der Grundsatz der wirtschaftlichen Beschaffung bei leistungsfähigen Unternehmen findet sich nämlich teilweise auch in den sozialrechtlichen Anforderungskriterien (78 b Abs. 2 Satz 1 SGB VIII; 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII). So stellt sich nicht nur die Frage nach der Anwendbarkeit des Vergaberechts überhaupt, sondern zusätzlich auch noch nach der Anwendbarkeit des Wettbewerbsvergaberechts. Für eine ausschließliche Heranziehung der sozialrechtlichen Bestimmungen könnte die aufgezeigte Struktur der Trägerlandschaft und vor allem die Eigenart der zu erbringenden Leistungen sprechen (vgl. Heinemann 2009, 178 ff.). Dies wäre für die Beteiligten auch deshalb von Vorteil, weil die sozialrechtlichen Bestimmungen bei weitem keinen derartigen Detaillierungsgrad aufweisen und vor allem in verfahrensrechtlicher Hinsicht breitere Spielräume belassen. Teilweise hat hier bereits der Gesetzgeber klarstellend eingegriffen (vgl. § 69 Abs. 2 SGB V). Darüber hinaus muss bewusst bleiben, dass ein genereller Sonderweg über die sozialrechtlichen Bestimmungen der Wirtschaftlichkeit den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen nicht Stand halten kann. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts führt nämlich dazu, dass das Recht in den Mitgliedstaaten – hier also das Vergabe- und das Sozialrecht – richtlinienkonform ausgelegt werden muss. Das hat aber die zwingende Anwendung des gemeinschaftsrechtlich determinierten Vergaberechts auch auf soziale Dienstleistungen zur Folge, weil die gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien insofern gerade keinen Ausnahmebereich vorsehen. Zu deren Anwendungsbereich zählen auch solche Dienstleistungen aus dem Gesundheits-, Veterinär und Sozialwesen. Damit müssten dann auch die sozialrechtlichen Spezialregelungen den inhaltlichen Anforderungen des Gemeinschaftsrechts genügen. Und diese stimmen nicht mit den abgeschwächten sozialrechtlichen Erfordernissen überein, sondern gehen weit über diese hinaus. Ein Rückzug in eine sozialrechtliche Nische kommt damit nicht in Betracht. b) Öffentlicher Auftrag Nach dem Wettbewerbsvergaberecht muss im konkreten Sachverhalt ein öffentlicher Auftrag vorliegen (§ 99 Abs. 1 GWB). Dies ist der Fall, falls ein entgeltlicher Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen über die Erbringung einer bestimmten Leistung abgeschlossen wird. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Vorgang vergabe-

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I. Wettbewerb im Dritten Sektor

rechtspflichtig und greifen die mehr oder minder umfangreichen Verfahrensanforderungen ein. c) Vertragsgegenstand Von den vergaberechtlichen Erfordernissen erfasst werden unter anderem Verträge die die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Damit kommen auch solche Verträge in Betracht, wie sie typischerweise im Kranken- und Pflegebereich, in der Kinder-, Jugend-, Behinderten- und Sozialhilfe abgeschlossen werden. Dabei ist es unerheblich, in welcher Rechtsform diese Dienste erbracht werden. Aufgrund der Vertragsbezogenheit fallen allerdings hoheitliche Rechtsakte nicht unter diesen Regelungskanon. Auch Vereinbarungen, die nicht auf die Erbringung der Dienstleistung direkt gerichtet sind, sondern allein Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung festschreiben fallen nicht unter den Vertragsbegriff des Vergaberechts (Sormani-Bastian 2007, 65 ff.). d) Öffentlicher Auftraggeber Darüber hinaus muß die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber vorliegen. Diese Frage nach der Auftraggebereigenschaft kann dabei nicht einheitlich beantwortet werden (Heinemann 2009, 143 ff., 191 ff.). Während die staatlichen Träger (Bund, Länder, Gemeinden) unproblematisch die erforderlichen Kriterien erfüllen, ist dies etwa bei den Krankenkassen schon problematisch. Zwar handelt es sich insoweit um juristische Personen des Öffentlichen Rechts die mit der Erfüllung von im Allgemeininteresse liegender Aufgaben befasst sind. Schwieriger erscheint aber bereits die Antwort auf die Frage, ob diese Aufgaben tatsächlich nicht gewerblicher Art sind. Dies ist mit der Einführung von Wettbewerbselementen hinsichtlich des Versicherungsverhältnisses gerade bedenklich geworden. Ferner müsste den staatlichen Stellen über den Kassen ein beherrschender Einfluss zukommen. Ein beherrschender Einfluss des Staates kann daraus folgen, dass er die Kassen entweder überwiegend finanziert oder über die Leitung der Kassen eine handlungslenkende Aufsicht ausübt oder aber mehr als die Hälfte der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht der Kasse berufenen Organe bestimmt (Sormani-Bastian 2007, 102 ff.). Diese Problematik nach der Eigenschaft als Auftraggeber stellt sich in vergleichbarer Hinsicht auch in Bezug auf die oben erwähnten Wohlfahrtsverbände und kann wohl immer nur anhand der jeweiligen Fallkonstellationen entschieden werden.

VI. Nicht immer der niedrigste Preis

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e) Auftragnehmer Auf der anderen Seite müssen die Leistungsanbieter als Auftragnehmer in Betracht kommen. Dies erfordert die Einordnung als Unternehmen und damit die wirtschaftliche Leistungserbringung am Markt. Dafür genügt zunächst das Angebot von Dienstleistungen gegen Entgelt. Fraglich ist allerdings, ob es sich bei den Austauschplätzen von sozialen Dienstleistungen tatsächlich um Märkte im wirtschaftswissenschaftlichen Sinne handelt, da allein das Vorliegen von Wettbewerb noch nicht den Schluss auf das Vorhandensein eines Marktes zulässt (Neumann 2007, 522 f.; Rothgang 2000, 423 f.). f) Entgeltlichkeit Weiter ist zu erörtern, inwiefern in den Leistungsverhältnissen eine entgeltliche Vereinbarung gesehen werden kann oder ob es sich nicht vielmehr um Dienstleistungskonzessionen handelt, die dem koordinierten Vergaberecht nicht unterliegen und allein den Anforderungen des primären Gemeinschaftsrechts genügen müssen (Heinemann 2009, 262 f.). Es ist jedenfalls nicht ohne weiteres begründbar, dass im sozialrechtlichen Dreieck zwischen dem Leistungserbringer und dem öffentlichen Träger ein entgeltlicher Vertrag vorliegt. Zum einen muss das Auseinanderfallen von öffentlichem Auftraggeber und Leistungsempfänger bewertet werden. Zum anderen kann die Vereinbarung zwischen dem Leistungserbringer und dem öffentlichem Auftraggeber als Konzession qualifiziert werden, wenn der Leistungserbringer das wirtschaftliche Risiko der Leistungserbringung vom öffentlichen Träger übernimmt – eine Annahme, die vor allem bei der bereits dargestellten Vereinbarung von prospektiven Kostensätzen naheliegend erscheint.

Dienstleistungskonzession (vgl. Oliver Hattig, Lexikon Vergaberecht, Köln 2008, 88 f.) Dienstleistungskonzessionen sind Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen, die von sonstigen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung durch den Auftragnehmer oder in diesem Recht zzgl. der Zahlung eines Preises besteht. Der Unterschied besteht also letztlich darin, dass der Auftragnehmer für seine Leistung statt einer Vergütung das ausschließliche Recht zur kommerziellen Nutzung und Verwertung der Dienstleistung erhält. Dies führt dann im Ergebnis zu einer Verschiebung der mit der Leistungserbringung verbundenen Risiken. Diese trägt nicht der Auftraggeber, sondern der Auftragnehmer, der nun seine Vergütung über den Nutzer seiner Dienstleistung erzielt. Mangels einer Entgeltlichkeit im klassischen Sinne und mangels einer entsprechenden Sonderregelung unterfallen diese Konzessionen nicht den vergaberechtlichen Anforderungen. Allein die Erfordernisse der Grundfreiheiten müssen bei der Konzessionsvergabe gewahrt werden.

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I. Wettbewerb im Dritten Sektor

2. Folgen der Vergaberechtspflichtigkeit: Sozialrechtliches Vergabeverfahren? Hält man das Vergaberecht damit grundsätzlich für anwendbar, schließen sich zahlreiche Folgefragen an (Kingreen 2004, 659 ff.). So ist zu klären, ob es eine vergaberechtliche Auswahlentscheidung innerhalb sozialrechtlicher Dreiecksverhältnisse überhaupt geben kann. Eingeordnet werden muss dabei sowohl der sozialrechtliche Grundsatz der Trägervielfalt als auch das Wunsch- und Wahlrecht des jeweiligen Hilfeempfängers (Kingreen 2008). Ferner stellt sich uns die Problematik, wie das Vergabeverfahren im Bereich des Sozialrechts und damit unter Berücksichtigung der insoweit bestehenden Besonderheiten auszugestalten ist. Praktische Beispiele sind hier eher rar. In diesem Zusammenhang kann aber zumindest das Interessenbekundungsverfahren angeführt werden, welches der Landschaftsverband Westfalen-Lippe im Jugend- und Sozialhilferecht entwickelt, allerdings nie in die Praxis umgesetzt hat. Im Rahmen dieses Modellprojekts wurde zwischen drei Verfahrensphasen unterschieden (Kingreen 2006, 379 ff.). In einer Eröffnungsphase ist der Gegenstand der Vergabe zu beschreiben und der Ablauf des Verfahrens hinreichend publik zu machen, um der Anforderung nach Transparenz zu genügen. Daran schließt sich die Prüfphase an, in welcher die fachliche Qualität der Bewerber und ein Vergütungsvergleich vorgenommen werden. In der Abschlussphase werden mit den ausgewählten Bewerbern entsprechende Verträge geschlossen.

Interessenbekundungsverfahren

Eröffnungsphase

Prüfphase

Abschlussphase

VI. Nicht immer der niedrigste Preis

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Ob sich dieses Vergaberecht „light“ in der Praxis bewähren wird, steht mangels einer entsprechenden Anwendung noch aus. Und da dieses Verfahren den detaillierten gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht genügen dürfte, käme seine Anwendung auch nur dort in Betracht, wo der vergaberechtliche Anwendungsbereich mangels Vergaberechtspflichtigkeit nicht eröffnet ist, aber gleichwohl – wie etwa bei den Dienstleistungskonzessionen – bestimmte Mindestanforderungen eingehalten werden müssen (Kingreen 2008).

J. Ausblick – Die Zeichen der Zeit erkennen Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass innerhalb korporatistischer Strukturen bestimmte private Interessen organisiert auftreten, staatliche Entscheidungen beeinflussen oder gar dominieren und insoweit versuchen, die Interessen der öffentlichen Hand ihren Interessen unterzuordnen. Die demokratisch legitimierten Entscheidungsträger in den Parlamenten handeln in den betroffenen Sachbereichen nicht mehr als Wahrer des Gesamtinteresses, sondern agieren teilweise nur noch als geduldete Vermittler. Dies wird ihrer verfassungsrechtlichen Rolle als Entscheider aber nicht gerecht. Zudem neigen die politischen Entscheidungsträger unter dem Einfluss der Verbände dazu, erneut eher auf korporatistische als auf wettbewerbliche Steuerungsinstrumente zurückzugreifen. Dies alles sind Umstände, die in ihrer Summierung einer reformorientierten Politik zunehmend im Wege stehen und daher nicht mehr toleriert werden sollten (Wissenschaftlicher Beirat 2000, 28 f.). Erste Schritte zur Umstrukturierung der verbandlichen Einflussstrukturen wurden bereits unternommen. Die Tendenz, auf verbandliche Steuerungsgremien zurückzugreifen und damit auf außerparlamentarische Räume auszuweichen in denen dann im Rahmen staatlicher Vorgaben durch Verhandlungen dieser Rahmen ausgefüllt wird, hält zwar noch an. Daran ändern auch die konstatierte Verstärkung der wettbewerblichen Elemente, der zunehmende Einfluss des Staates und die zentralistischen Tendenzen vorerst wenig. Denn nach wie vor sind die staatlichen Akteure auf die Ressourcen der Verbände angewiesen. Gleichwohl ist zu konstatieren, dass die derzeitige Ausgestaltung der Beziehungen zu den Verbänden durch eine Reduzierung des Einflusses unmittelbar beteiligter Interessen gekennzeichnet ist. Auch die Veränderungen auf der Vertragsebene führen zu einem Bedeutungsverlust der Verbände, da kollektivvertragliche Regelungen reduziert werden. Die verstärkte Aufwertung der Individualakteure als Regulierungsinstanzen verbunden mit einem Bedeutungszuwachs zentralisierter und direkter staatlicher Intervention führt zu einer weiteren Abschwächung des Einflusses der Verbände. Aufgrund dieser Zentralisierungstendenz erfahren die Verbände und Strukturen auf Landesebene eine Schmälerung ihres Wirkungskreises (Wohlfahrt 2004, 74). Dies wird weitere Veränderungen in den verbandlichen Strukturen nach sich ziehen, die ebenfalls ihre Bundesebenen verstärken müssen, wollen sie auch weiterhin auf ein entsprechendes Gehör stoßen. Insgesamt gerät das Verbändesystem mehr und mehr in Bewegung, wobei momentan aber weder der genaue Kurs noch das Ziel bekannt sind.

J. Ausblick – Die Zeichen der Zeit erkennen

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Wer eine einfache Lösung der aufgezeigten Gemengelage erwartet, wird daher enttäuscht werden. Gleichwohl ist dieser Befund keine Rechtfertigung für Resignation. Es muss vielmehr in wohl überlegten Einzelschritten und unter Beachtung der gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen eine Reform der korporatistischen Strukturen erfolgen. Wie gezeigt, führen diese Systeme ja nicht ausschließlich zu negativen Ergebnissen. Die Aufgabenstellung lautet daher, diese Vorteile zu stärken und gleichzeitig die negativen Aspekte so weit wie möglich auszumerzen. Die Schaffung von Transparenz kann hier nur ein erster Schritt zur Lösung der Probleme sein. An eine Verstärkung der Transparenz müssen sich der Abbau unnötiger Verbandsstrukturen und eine neue Beschreibung der Position der Verbände anschließen. Hierzu zählt etwa auch, den Verbänden gegebenenfalls die Möglichkeit zur Rechtsetzung zu entziehen. Die zunehmende Implementierung von Marktelementen ist weiter auszubauen. Hierzu mag die fortgesetzte Integration vertraglicher Elemente ein brauchbarer Schritt sein. Als Vertragspartner müssen dann alle Akteure gleichberechtigt zum Zuge kommen, was durch einen konsequenten Einsatz des Vergaberechts abzusichern ist. Schließlich sollte sich die Politik auf den Grundsatz der Subsidiarität besinnen und den Rückzug der Verbände nicht allein durch eine Ausweitung staatlicher Regularien ersetzen.

K. Handlungsempfehlungen I. Transparenz als Voraussetzung von Konkurrenz Bereits an mehreren Stellen wurde auf die Bedeutung von Transparenz hingewiesen. Dieses Erfordernis erfasst zum einen den unmittelbaren Leistungsbereich. Den Konsumenten muss, will man ihnen künftig eine souveränere Rolle zuteilen, ein hinreichender Überblick vor allem über die Qualität der Leistungserbringung gegeben werden. Erste richtige Ansätze zu einer Erhöhung der Markttransparenz wurden etwa im Bereich der Pflege vorgenommen. Der Gesetzgeber ist insofern gehalten, weitere Mechanismen zu installieren, die geeignet sind, die Konsumentensouveränität zu erhöhen. Die Durchführung objektiver Qualitätstests bei den Leistungserbringern mit einer anschließenden Publikation der festgestellten Ergebnisse ist auf möglichst viele Bereiche der Leistungserbringung auszudehnen. Zum anderen erfordert Transparenz auch die Einführung und Umsetzung von Vorschriften, die eine effiziente Prüfung der Mittelverwendung durch die Verbände ermöglicht. Zur Verhinderung von wettbewerbswidrigen Vorgängen – wie etwa von Quersubventionierungen – ist eine umfassende und nachvollziehbare Offenlegung der Geldströme notwendig.

II. Abbau unnötiger Verbandsstrukturen Zentrale Aufgabe der Politik im hier zu diskutierenden Sachbereich wird es in den nächsten Jahren zudem sein, die verbandliche Einflussnahme auf das geeignete und erforderliche Maß an Zusammenarbeit zurückzuführen und die Stellung der Verbände und deren Einrichtungen als Auftragnehmer entsprechend neu zu definieren. Für diesen Ansatz spricht, dass die Aufrechterhaltung der korporatistischen Systeme dazu führt, dass die Einführung von Modernisierungsprozessen verzögert wird. Es besteht die ernst zu nehmende Gefahr, dass die Verbände in diesem Zusammenhang defensive Strategien verfolgen. Einen derartigen Hemmschuh kann sich aber eine durch rasche Veränderungen geprägte Gesellschaft nicht mehr länger leisten. Gesetzgebung und Verwaltung müssen hierzu – auch im Sinne eines weiteren Bürokratieabbaus und der Deregulierung – bestehende Verhandlungsmechanismen auf ihre Notwendigkeit hin überprüfen oder durch externe Stellen überprüfen las-

IV. Vorrang fu¨r reine Marktmechanismen und den Wettbewerb

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sen und im Falle mangelnder Effizienz auflösen. Dabei muss überlegt werden, ob die bislang auf der verbandlichen Verhandlungsebene getroffenen Entscheidungen nunmehr eher durch staatliche Organe oder durch die unmittelbar handelnden Akteure getroffen werden sollen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung kann ferner die Überprüfung sein, ob die Verteilung der staatlichen Aufgaben auf eine Vielzahl von Verbänden – etwa im Gesundheitssektor auf die ärztlichen Kammern und die Kassenärztlichen Vereinigungen – dahingehend reformiert werden soll, dass ein Verband als zentraler Ansprechpartner mit allen Aufgaben beauftragt wird.

III. Keine Gesetzgebung durch die Verbände Zu hinterfragen ist weiterhin, welche Wirkungen korporatistischen Absprachen künftig noch zugebilligt werden soll. Insoweit stößt eine freiwillige Bindung der an den Verhandlungen beteiligten Verbände und der von diesen repräsentierten Mitglieder auf weniger Bedenken. Nicht zu empfehlen ist aber eine Bindung auch von nichtbeteiligten Dritten. Vor allem in Verbindung mit den hier bestehenden Verdünnungen und Defiziten demokratischer Legitimation ist die Schaffung oder Beibehaltung von Rechtsetzungskompetenzen für die Verbände abzulehnen. Der Gesetzgeber hat daher bestehende Regelungen zu beseitigen oder zumindest eine entsprechend ausreichende Beteiligung der letztlich Normunterworfenen vorzusehen.

IV. Vorrang für reine Marktmechanismen und den Wettbewerb Korporatistische Strukturen sollten grundsätzlich nicht mehr als Ersatz für Marktmechanismen herhalten. Überall dort, wo sich ein Ausgleich über Angebot und Nachfrage erzielen lässt, haben Aushandlungsprozesse nicht unmittelbar Marktbeteiligter nichts verloren. Die Verfolgung einer Marktverhinderungs- oder Marktabschottungsstrategie muss aufhören. Und die Beurteilung der Frage, ob jeweils ein solcher Rückgriff auf den Markt in Betracht kommen könnte, sollte bei aller Bedachtsamkeit nicht zu zögerlich ausfallen – und sich nicht an den vorhandenen Strukturen orientieren; oft verstellen gerade diese einen freien und klaren Blick auf mögliche Neuerungen. Hierzu muss der Gesetzgeber zumindest über weitere Experimentierklauseln oder Modellprojekte die Möglichkeit vorsehen, marktorientierte Verhandlungsprozesse zu nutzen. Die Sozialverwaltungen müssen über entsprechende Zielvorgaben angewiesen werden, von diesen Möglichkeiten zunehmend Gebrauch zu machen.

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K. Handlungsempfehlungen

Zudem ist der Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts auch auf die hier im Raum stehende Dienstleistungserbringung auszudehnen. Ausnahmebereiche sind zu beseitigen. Den jeweils betroffenen und schutzwürdigen Belangen kann innerhalb der wettbewerbsrechtlichen Ausnahmebestimmungen hinreichend Rechnung getragen werden.

V. Vertragsebene ausbauen An der Einführung der Ansätze des Neuen Steuerungsmodells ist festzuhalten. Die verstärkte Betonung vertraglicher Beziehungen ist auch in Verbindung mit den vergaberechtlichen Anforderungen auszubauen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die staatliche Mittelvergabe wirtschaftlichen Anforderungen genügt. Die Einrichtungen können so bewegt werden, die Erbringung ihrer Leistungen weiter zu optimieren. Der Gesetzgeber muss daher prüfen in welchen Bereichen der Leistungserbringung künftig eine stärkere Betonung vor allem einzelvertraglicher Beziehungen in Betracht kommt.

VI. Gleichstellung aller Akteure Der vertragliche Ansatz wird aber nur dann funktionieren, wenn alle Akteure als potentielle Vertragspartner wirklich die gleichen Ausgangschancen haben. Die umfassende Privilegierung der gemeinnützigen Wohlfahrtsverbände ist daher zu beenden. Sachlich nachvollziehbare Gründe hierfür bestehen nicht mehr. Einen generellen Sonderschutz für diese Verbände und ihre Einrichtungen kann es nicht mehr geben. Da diese wie alle anderen Anbieter sozialer Dienstleistungen auch agieren, kann eine wie auch immer geartete einseitige Bevorzugung nicht mehr aufrecht erhalten werden. Vor allem die Trennung zwischen den vielfach begünstigten gemeinnützig auftretenden Unternehmen auf der einen und den erwerbswirtschaftlich handelnden Einrichtungen auf der anderen Seite muss aufhören. Entscheidend für mögliche staatliche Begünstigungen – soweit es solcher überhaupt bedarf – kann allein der unternehmerische Gegenstand sein. Dieser ist aber auf beiden Seiten der gleiche. Auf unternehmensinterne Besonderheiten kann es nicht ankommen. Dabei kann zur Absicherung dieser Gleichstellung auch auf das vergaberechtliche Instrumentarium zurückgegriffen werden. Der Gesetzgeber ist insoweit aufgefordert noch bestehende gesetzliche Regelungen, die eine Sonderstellung bestimmter Organisationsformen begründen entweder zu beseitigen oder deren Anwendungsbereich auf alle Leistungserbringer auszuweiten. Die Sozialverwaltung hat dafür Sorge zu tragen, dass es bei der Umsetzung des Leistungsrechts zu keinen weiteren faktischen Benachteiligungen kommt.

VIII. Mehr Verantwortung fu¨r den Einzelnen

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VII. Neue Subsidiarität Verfolgt werden sollte zudem eine neue Subsidiarität unter Einbeziehung aller Verbände. Staatliches Handeln sollte überall dort zurückgedrängt werden, wo die Aufgaben ebenso gut oder besser durch Private erbracht werden können. Private Leistungserbringung am Markt ist dabei der Vorrang vor einer rechtlich abgeschotteten Ersatzwirtschaft zu geben. Der Staat sollte sich auf eine Gewährleistung und die klassische Überwachung der Aufgabenerledigung beschränken. Allerdings wird die pauschale Hoffnung auf weniger Staatstätigkeit und hier insbesondere weniger Rechtsetzung enttäuscht werden. Denn eine Umstellung auf wettbewerbliche Ordnungen bedeutet zwar inhaltlich weniger direkte staatliche Intervention. Sie verlangt aber häufig nach mehr Recht, denn überall dort, wo der private Wettbewerb auftritt, wird zum Teil eine formal umfänglichere Regulierung des Wettbewerbsrahmens notwendig. Zudem werden mit der Einführung wettbewerblicher Strukturen auch die Zentralisierungstendenz und eine Ansiedlung wichtiger Entscheidungsbefugnisse auf der Bundesebene zunehmen, um bundeseinheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Damit werden im Ergebnis mehr Staatshandeln und eine zunehmende Bündelung der Aufgaben und Befugnisse beim Bund eintreten.

VIII. Mehr Verantwortung für den Einzelnen Diesen Tendenzen sollte deshalb als ergänzende Konterstrategie mit dem Ansatz begegnet werden, sich auf die Stärkung der eigenverantwortlichen Stellung der Bürger zu konzentrieren und nach Möglichkeit zu beschränken. Dem einzelnen Bürger ist – in Anlehnung etwa an den Gedanken der persönlichen Budgets – wieder selbst das Heft in die Hand zu geben. Hierzu kann der weitere Ausbau des Budgetgedankens dienen. Ferner sollte der Gesetzgeber überprüfen, ob nicht bestimmte Elemente der Privatversicherung, und hier vor allem das Kostenerstattungsprinzip, vermehrt Einzug auch in die Sozialversicherungssysteme halten kann.

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Sachwortverzeichnis Abbau unnötiger Verbandsstrukturen 72 Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnis 38, 40 Ausgabenniveau 47 Beitragssatz 46, 54 Bündnis für Arbeit 15 Bürokratieabbau 72 Daseinsvorsorge 17, 27, 28, 45, 62 Demokratie 23 – demokratische Legitimation 23, 52, 70, 73 – demokratische Willensbildung 23 – Verhandlungsdemokratie 14, 23 Deregulierung 72 deutscher Sonderweg 31, 65 Dienstleistungskonzession 67 Diskriminierungsverbot 63 Dritter Sektor 31 – Arbeitsteilung 30 – Aufgabenverteilung 27 – Begriff 16 – Einsatzgebiet 17 – Korporatismus im Dritten Sektor 27, 28, 30 – Lenkung und Kontrolle 27 – Subsidiaritätsprinzip 28 – Wettbewerb 56, 58, 60, 62, 64, 66, 68 – Wohlfahrtsverbände im Dritten Sektor 31 Effizienz 73 Einheitlichkeit der Leistungserbringung 20 Einzelinteressen 23, 24 Entlastung der Sozialsysteme 58 Europäisches Gemeinschaftsrecht 63 europäisches Wettbewerbsrecht 35, 37 Expertenwissen 23, 24 Familie 16 Finanzierungsoptionen 56

freie gewerbliche Träger 35, 36 freie Träger 27, 28, 31 freie Wohlfahrtspflege 31 – Folgen der Veränderung 35, 37 – Konkurrenz 35, 36 Gemeinsamer Bundesausschuss 50 Gesamtinteresse 70 Gesetzliche Krankenkasse 46 Gesetzliche Krankenversicherung 21, 43 Gesundheitsreform Siehe Reform 19 Gewährleistungsverantwortung 30, 75 Gutscheinsystem 59, 61 – KiTa in Hamburg 59 Handlungsempfehlungen 72, 74 Informationen 23, 33 Informationsdefizite 57 Innungen 13 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen 50 institutionalisierte Verflechtung 30 Interessendivergenz 43, 46, 51 Interessenvertretung 11, 22, 30 katholische Soziallehre 13, 28 Konsumentensouveränität 25, 72 Kontraktmanagement 39, 40 Konzertierte Aktion 15, 51 Korporatismus 70 – Anwendungsfelder 15 – Begriff 13 – Besonderheiten des jeweils betroffenen fachlichen Sektors 19 – Funktionsweisen 19 – Gesundheitswesen 42 – im Dritten Sektor 27, 28, 30 – innerhalb des deutschen Gesundheitswesen 42

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Sachwortverzeichnis

Kennzeichen 18 Makro-Korporatismus 15 Mannigfaltigkeit 19 Nachteile 23, 25 Neokorporatismus 15 Reform 40 Sektoren-Korporatismus 16 Tauschkorporatismus 19 Umsetzung der ausgehandelten Ergebnisse 18 – Verhandlungssysteme 24 – Vorteile 22, 25 – Wirkung korporatistischer Vereinbarungen 20, 73 – Zielsetzungen der Aktuere 22, 24, 26 – Zweck 13 Kostenerstattungsprinzip 75 – – – – – – – – –

Leistungsanbieter 43, 52 – ärztliche Kreisverbände 44 – freie Verbände 44 – Integrationsbemühungen 45 – Interessen 46 – Kassenärztlichen Vereinigungen 44 – Träger der Krankenhäuser 45 – Wettbewerb 54 Lobbyismus 11

Rahmenverträge 21 Reform 19, 24, 38, 39, 40, 47, 70, 73 – Ansätze 47 – Beitragsentlastungsgesetz (1996) 48 – Gemeinsamer Bundesausschuss 50 – Gesundheitsreformgesetz (1989) 47 – Gesundheitsreformgesetz (2000) 48 – Gesundheitsstrukturgesetz (1993) 48 – GKV-Modernisierungsgesetz (2003) 49 – Gründe 47 – Hemmung 72 – Neuordnungsgesetz (1997) 48 – Reformakzeptanz 49 – Solidaritätsstärkungsgesetz (1998) 48 – Stärkung der Stellung der Kassen 52 – Überblick über Reformen im Gesundheitssektor 47 – Wettbewerbsstärkungsgesetz (2007) 49 Regulierung des Wettbewerbsrahmens 75 Ressourcen 53

Markt 16, 24, 35, 63, 67, 71, 75 – Kräfte des Marktes 16 – Marktabschottung 16 – Marktmechanismen 73 Marktverhinderungs- oder Marktabschottungsstrategie 73 Mehrfach-Vertretung der Ärzteschaft 45 Mittelverwendung 72

Sachleistungsprinzip 56, 57 Selbstverwaltung 28, 49, 51 – berufliche 18, 19 – unter staatlicher Aufsicht 43 Sozialbudget 42 soziale Einheiten 17 Sozialrecht 64 Sozialstaatsprinzip 28, 38 Sozialwahl 24 staatliche Intervention 55 staatliche Träger 28 Subsidiarität 28, 29 Subsidiaritätsprinzip 39, 71 – Neue Subsidiarität 75 Syndikalismus 18

Neues Steuerungsmodell 38, 74 Non-Profit-Einrichtung 17

Trägerkonkurrenz 35, 39, 68 Transparenz 11, 63, 68, 71, 72

parlamentarische Kontrollmöglichkeiten 24 persönliches Budget 57, 58, 75 Pluralismus 18 Prinzipien der Marktwirtschaft 24 private Interessen 70 Privilegierung der Wohlfahrtsverbände 36 – Begründungsansatz 37 – steuerrechtlich 36 protektionistische Tendenz 25

Verantwortung 18, 51 – Direktverantwortung 47 – für den Einzelnen 75 – für politisches Handeln 24 – Gewährleistung 75 Verband 11, 15, 18, 25, 50 – Bedeutung 41 – Gesetzgebung durch die Verbände 73 – Handlungsspielräume 55

Sachwortverzeichnis intermediäre Stellung 22 Mitwirkung 16 Ressourcen der Verbände 70 staatliche Anerkennung 18 Umstrukturierung verbandlicher Einflussstrukturen 70 – verbandliche Steuerungsgremien 70 – Zentralisierungstendenz 70 – Zurückführung der Einflussnahme 25 Verbände als Auftragsempfänger 19 verbandliche Empfehlung 20 verbandliche Rechtsetzung 20, 73 Vereinbarungen 15 Vereinbarungen zu Lasten Dritter 25, 47 Vergaberecht 63, 71, 74 – Allgemeine Grundsätze 63 – Anwendbarkeit 64 – Auftraggebereigenschaft 66 – Auftragnehmer 67 – Entgeltlichkeit 67 – öffentlicher Auftrag 65 – richtlinienkonforme Auslegung 65 – Sozialrecht 64 – Vergabeverfahrensmodell im Bereich des Sozialrechts 68, 69 – Vertragsgegenstand 66 – Wohlfahrtsverband 66 – – – – –

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Vergaberechtspflichtigkeit 68, 69 Vergütungssystem 55 Verhaltensabstimmung 15 Vernetzung 12, 30, 32 Vertragsfreiheit 54, 74 Vorrangstellung der freien Träger 29, 30 Wettbewerb 18, 53, 55, 56, 58, 60, 62, 64, 66, 68, 74 – Daseinsvorgsorge 62 – Kriterien zur Angebotsbewertung 64 Wirtschaftlichkeit 51, 53, 64, 65 Wohlfahrtspflege 31 – Akteure 31 Wohlfahrtsverband 19, 29, 31, 66 – Austauschbeziehungen 32 – Beschäftigtenanzahl 32 – finanzielle Mittel 34 – Identitätsverlust 35 – Konkurrenz 39 – Privilegierung 31, 36, 74 – Strukturen der Zusammenarbeit 32 – Vor- / Nachteile der Vernetzung 33, 34, 35 Zentralisierung der Aufgaben 73 Zentralisierungstendenz 70