Die Englisch-Niederländischen Seekriege
 9783205792512, 9783205794707

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1 19. | 29. Mai 1652 Dover 2 16. | 26. August 1652 Plymouth 3 28. | 29. September | 8.−9. Oktober 1652 Kentish Knock | Duins 4 30. November | 10. Dezember 1652 Dungeness 5 18.–20. Februar | 28. Februar–2. März 1653 Portland | Driedaagse Zeeslag 6 2.−3. | 12.−13. Juni 1653 Gabbard | Nieuwpoort 7 31. Juli | 10. August 1653 Scheveningen, Texel | Ter Heide 8 3. | 13. Juni 1665 Lowestoft 9 1.−4. | 11.−14. Juni 1666 Four Days Battle | Vierdaagse Zeeslag 10 25.−26. Juli | 4.−5. August 1666 St James’s Day Fight | Tweedaagse Zeeslag 11 9.−14. | 19.−24. Juni 1667 Medway Raid | Tocht naar Chatham 12 28. Mai | 7. Juni 1672 Solebay 13 28. Mai | 7. Juni 1673 Schooneveldt I 14 4. | 14. Juni 1673 Schooneveldt II 15 11. | 21. August 1673 Texel | Kijkduin

5

2

5

ENGLAND

London

5

Die Gefechte und Schlachten der Englisch-Niederländischen Seekriege im Ärmelkanal und in der Nordsee VEREINIGTE NIEDERLANDE

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N or ds

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Amsterdam Rotterdam

13

10

SPANISCHE NIEDERLANDE FRANKREICH

N

Robert Rebitsch

Die EnglischN i e d e r­ l ä n d i s c h e n Seekriege

2014 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung durch:

die Philosophisch-Historische Fakultät der Universität Innsbruck Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Jan Abrahamsz Beerstraten, Seeschlacht bei Scheveningen, 1653. © Rijksmuseum Amsterdam Vorsatzkarte: Sandra Hülsmann, Hürth

© 2014 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A-1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Dr. Volker Manz, Kenzingen Einbandgestaltung: Michael Haderer, Wien Satz: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld Druck und Bindung: Finidr s.r.o., Český Těšín Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the Czech Republic ISBN 978-3-205-79470-7

I n h a lt 1.

E i n l e i tu n g

2.

Euro pä i s c h e u n d g l o ba l e La g e

19

2.1. Die Expansion der europäischen Länder 2.2. Die europäischen Konfliktlinien

19

3.

9

D i e b e i d e n Ko n k urr e n t e n i m  W e lt s y s t e m

43

3.1. Niederlande

43

3.1.1. Das politische System

43

3.1.2. Die konfessionelle Lage in den Niederlanden

51

3.1.3. Ökonomische Rahmenbedingungen und Innovation

54

3.1.4. Das Goldene Jahrhundert – Kultur und Gelehrsamkeit

3.2. England

4.

5.

22

61 63

3.2.1. Das politische System

63

3.2.2. Die konfessionelle Lage in England

71

3.2.3. Ökonomische Rahmenbedingungen

75

3.2.4. Militär in England

80

G l o ba l i s i e ru n g i m 17.   J a h r h u n d e rt

83

4.1. Weltumspannender Handel und Konkurrenz

84

D i e U r s a c h e n d e s Kr i e g e s

97

5.1. Ökonomistische Erklärungsansätze: Profit and Power 5.2. Die Navigationsakte von 1651 und weitere handelspolitische Gesetze

97

5

110

Inhalt

6.

7.

8.

9.

5.3. Politische Ursachen der Kriege 5.4. Konfessionelle und ideologische Gründe 5.5. Die Kriegsgründe

144

117 151

M i l i tä r i s c h e R a h m e n b e d i n g u n g e n

157

6.1. Kapazitäten 6.2. Strategie und Taktik

157 178

D i e Kr i e g e

195

7.1. 7.2. 7.3. 7.4. 7.5.

195

Der erste Englisch-Niederländische Seekrieg Der zweite Englisch-Niederländische Seekrieg Der dritte Englisch-Niederländische Seekrieg Nebenschauplätze Landkrieg

212 249 268 277

F r i e d e n s s c h lü s s e

291

8.1. Der Friede von Westminster 1654 8.2. Der Friede von Breda 1667 8.3. Der Friede von Westminister 1674

291 296

Er i n n e ru n g s k u ltur u n d D ar s t e l lu n g

309

300

10 . E x k ur s : D e r v i e rt e E n g l i s c h -­ Niederländische Seekrieg

319

11 . Ep i l o g

327

6

Inhalt

12. A n h a n g

339

12.1. Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen 12.2. Bibliographie 12.2.1. Gedruckte Quellen

339 340 340

12.2.2. Literatur 342 12.2.3. Internetseiten 367

12.3. Abbildungsverzeichnis

367

13. P e r s o n e n r e g i s t e r

369

7

1.  E i n l e i t u ng

K

arthago gegen Rom im 17. Jahrhundert. Der englische Minister Anthony Ashley Cooper, 1. Earl of Shaftesbury, Mentor und Freund des Philosophen John Locke, stellte diese Assoziationen während des dritten Englisch-Niederländischen Krieges in seinen Reden vor dem Parlament gerne her: Delenda est Carthago!1 Die immer wieder vorgebrachte Ermahnung des römischen Senators Marcus Porcius Cato, genannt Censorius, im Vorfeld des dritten Punischen Krieges, den Erzfeind Karthago endlich zu zerstören, besaß im England der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hohe Aktualität. Der Vergleich mit Karthago oder Rom war den Engländern nicht fremd, wobei man sich auf der Insel sowohl mit der aufstrebenden Republik Rom als auch mit dem Handelsvolk der Karthager identifizieren konnte oder eben mit einer der beiden Mächten absolut nicht identifizieren wollte.2 Der Rückgriff auf den antiken Konflikt besaß einigen Charme im imperialistischen Kontext jener Zeit. Der für den Monarchen sprechende Shaftesbury war jedoch 1673 mit seiner Ermahnung nicht erfolgreich, denn die „karthagischen“ Niederländer verloren in diesem Jahr ihr Image als Hauptgegner, die Parlamentarier der beiden Hohen Häuser sahen eher besorgt auf den Verbündeten Frankreich. Ludwig  XIV. war der kommende „Universalmonarch“, der den englischen Parlamentariern politisch völlig fremd war und dem es Einhalt zu gebieten galt. Doch vor der Trendumkehr in England waren die Nachbarn jenseits des Kanals bewundert und 1

Vgl. dazu die publizierten Reden von Cooper, 1. Earl of Shaftesbury, Delenda est Carthago. 2 Vgl. dazu kurz Münkler, Imperien, 96, und Jones, Anglo-Dutch Wars, 198– 200; weiters Armitage, The ideological origins of the British Empire, 49–51, 129–132, 146. 9

Einleitung

beneidet zugleich, die erste Handels- und Seemacht wurde als nachahmenswertes Vorbild und scharfer Konkurrent gesehen. Die religiös toleranten Niederländer eigneten sich jedoch nicht nur als Rivalen im Welthandel, sondern auch als politischer und ideologischer, ja sogar als konfessioneller Gegner. Es gab daher ökonomische, politische sowie konfessionell-ideologische Gründe für die Gegnerschaft der Engländer gegen die Niederländer. Die Folge dieser zum Teil sehr tief greifenden Rivalität waren drei Seekriege innerhalb eines Vierteljahrhunderts. Hauptschauplatz der Kriege waren der Ärmelkanal und die Nordsee zwischen England und den Niederlanden, Nebenschauplätze die Küsten Norwegens, der Øresund, das Mittelmeer, Westafrika, Süd- und Nordamerika, die Karibik und Asien zwischen Indien und Indonesien. Die Englisch-Niederländischen Seekriege des 17. Jahrhunderts, in Englisch die Anglo-Dutch Wars und auf Niederländisch die Engels-Nederlandse Zeeoorlogen genannt, wurden somit weltweit zwischen der führenden und der aufstrebenden Handelsnation ausgetragen. Und natürlich spielten auch andere Mächte Europas, wie Frankreich, Spanien, Dänemark, Schweden und das Reich, eine Rolle in diesen sogenannten Seekriegen. Die quantitative wie auch die qualitative Intensität der Seeschlachten in den Englisch-Niederländischen Seekriegen war bis dahin noch nicht gesehen worden. Nur Einzelbeispiele wie die Schlacht von Lepanto von 1571, in der in etwa 280 Kriegsschiffe der Osmanen auf nicht ganz so viele Einheiten der Heiligen Liga stießen,3 und die Schlacht der Spanischen Armada von 1588, in der 130 spanische Schiffe gegen vermutlich noch mehr englische Schiffe (allerdings darunter viele kleine Einheiten) kämpften, erreichten diese gewaltigen Dimensionen zur See. Es mag daher erstaunen, dass die Englisch-Niederländischen Seekriege keine allzu große Beachtung gefunden haben, weder in der englischsprachigen noch in der niederländischen und schon gar nicht in 3 Vgl. nur Tucker, Lepanto, und Pierson, Armada, Spanish, sowie Gebauer/ Krenz, Marine-Enzyklopädie, 19 und 182f. 10

Einleitung

der deutschen Geschichtswissenschaft. Der ereignishistorische Ablauf der Geschichte wurde in Darstellungen zur englischen Navy oder in biografischen Abhandlungen zu den Hauptakteuren des Krieges mehr oder weniger detailliert beschrieben.4 Auf die Ereignisgeschichte gingen partiell auch die quellennahen Kommentare in den zahlreichen edierten Korrespondenzen, Berichten und Protokollen ein.5 Die erste tief greifende moderne Analyse, die mehr auf die Ursachenbetrachtung und weniger auf die Ereignisgeschichte einging, publizierte der Experte für englisch-niederländische Beziehungen der Frühen Neuzeit, Charles Wilson. Er interpretierte die beiden ersten Seekriege als Handelskriege, als Wirtschaftskriege, die aus einem sehr spezifischen englisch-merkantilistischen Wirtschaftscredo resultierten.6 Die nachfolgende Forschung hat Wilson vorgeworfen, den merkantilistischen Ansatz, also die ökonomischen Gründe der beiden ersten Kriege bei Ausblendung des dritten Krieges überstrapaziert zu haben.7 Doch hat der in Cambridge lehrende Wirtschaftshistoriker sehr wohl die politischen Motive der handelnden Akteure gesehen und analysiert und bei Weitem nicht nur die ökonomistischen Intentionen der Staatslenker, Politiker und Unternehmer in England dargelegt. Aus militärhistorischer Perspektive ist die Abhandlung Wilsons wenig ergiebig. Der ökonomische Erklärungsansatz wurde ebenfalls stark in den einzelnen, äußerst wertvollen und quellennahen, vielfach komparativ angelegten Studien von Jonathan I. Israel, wohl der beste englischsprachige Kenner der niederländischen Geschichte, her4 Vgl. hier z. B. Oppenheim, Navy of the Commonwealth; Tedder, Navy of the Restoration; Kitson, Prince Rupert; Ollard, Man of War; Baumber, Generalat-Sea Robert Blake; Lambert, Admirals usw. 5 Vgl. hier z. B. Gardiner/Atkinson, Letters and Papers; Anderson, Journals and Narratives; Colenbrander, Bescheiden uit vreemde archieven; Powell/­ Timings, The Rupert and Monck Letter Book. 6 Wilson, Profit and Power. 7 So Jones, Anglo-Dutch Wars, 9f., und durchgehend Pincus, Protestantism and Patriotism. 11

Einleitung

vorgehoben.8 Israel, nebenbei auch ein führender Experte der europäischen Aufklärung, hat ein Modell des wirtschaftlichen Aufstiegs und Falls der Niederlande entwickelt, in dem die bewaffneten Konflikte gegen den aufstrebenden Rivalen England eine wichtige Rolle spielen. Der Wirtschaftshistoriker David Ormrod hat in einer jüngeren Abhandlung zum Aufstieg bzw. Fall der kommerziellen Mächte, die jedoch weit über die Epoche der drei Seekriege hinausgeht, ebenfalls explizit das wirtschaftliche Konkurrenzverhältnis und damit das merkantilistische Erklärungsmuster im Sinne einer systematischen staatlichen Wirtschaftslenkung und Wirtschaftsförderung thematisiert.9 1974 veröffentlichte der ehemalige Offizier und Spezialist für niederländische sowie portugiesische Kolonialgeschichte, Charles R. ­Boxer, ein für breitere Kreise geschriebenes Buch zu den drei Seekriegen im 17. Jahrhundert.10 Das im Auftrag des National Maritime Museum Greenwich verfasste Bändchen bietet verlässliche Informationen zum Ablauf der Kriege und eine ausgezeichnete Auswahl an Bildern, jedoch keine tief greifenden Ursachenanalysen zu den drei Konflikten. Im Jahr 1996 wurden gleich zwei Studien zu den Englisch-Niederländischen Seekriegen, die mit dem Anspruch einer neuen Ursachenanalyse auftraten, publiziert. James Rees Jones, Experte für die politische Geschichte Großbritanniens des 17. Jahrhunderts, stellte klar das Primat der Politik bei seiner Betrachtung der Motive in den Vordergrund, ohne dabei jedoch die wirtschaftlichen Intentionen der herrschenden Elite zu vergessen. Jones, der den merkantilistischen Ansatz von Wilson stark hinterfragt hat, bietet mehr als nur politische Ursachenanalyse, er geht auf meteorologische, geografische, topografische sowie infrastrukturelle und technische Rahmenbedingungen ein, beschreibt das Handelswesen, 8 Vgl. dazu nur die entsprechenden Abschnitte in Israel, Dutch Republic, und ders., Dutch Primacy. 9 Ormrod, The rise of commercial empires. 10 Dazu Boxer, Anglo-Dutch Wars, und weitere Studien Boxers zum Thema im ­Literaturverzeichnis. 12

Einleitung

das Personal und die Administration der beiden Mächte, befasst sich ausführlich mit der Innen- und Außenpolitik der Rivalen, untersucht die Motive und Intentionen der Verantwortlichen in den Generalstaaten und in England und legt ebenso einen ausführlichen Überblick über die militärgeschichtlichen Ereignisse vor.11 Der englische Historiker hat damit die umfassendste und gehaltvollste Analyse über die drei Seekriege dargelegt. Der US-Historiker Steven Pincus, nun ein ausgewiesener Experte für die britische und europäische Geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts, hat in der aus seiner Dissertation hervorgegangenen Studie die radikalste Interpretation der beiden ersten Seekriege unternommen.12 Pincus stellt alle merkantilistischen und ökonomischen Erklärungsansätze in Abrede und bringt in dieser Dimension und in dieser Exklusivität erstmals eine Vielzahl an konfessionell-ideologischen Gründen ein. Auf sein viel diskutiertes Erklärungsmodell wird noch ausführlich zurückzukommen sein. Zwei Jahre später legten die Australier Roger Hainsworth und Christine Churches eine solide, vornehmlich ereignishistorisch angelegte Darstellung zu den drei Kriegen vor, die dem ersten Krieg genau so viel Platz widmet wie den beiden weiteren Kriegen.13 Der Marinehistoriker Nicholas Andrew Martin Rodger hat die drei Kriege in einer ausgezeichneten Synthese, die vor allem auf die Operationen, auf die Administration und die Sozialgeschichte der Kriegszeit eingeht, in seiner groß angelegten, mehrbändigen Geschichte zur britischen Navy eingebettet.14 Eine beachtenswerte Studie hat Frank L. Fox mit seiner Betrachtung zur Viertagesschlacht im zweiten Krieg publiziert, denn sie ist viel mehr als nur eine ausführliche Schlachtenbeschreibung dieses gigantischen Zusammentreffens der größten Flotten

11 Jones, Anglo-Dutch Wars. 12 Pincus, Protestantism and Patriotism. 13 Hainsworth/Churches, Anglo-Dutch Naval Wars. 14 Rodger, Command of the Ocean, 1–135. 13

Einleitung

der damaligen Zeit. Fox hat eine sehr umfangreiche und scharfsinnige militärhistorische Analyse des zweiten Krieges geschrieben.15 Eine umfassende, ganzheitliche Studie wie jene von James R. Jones fehlt von niederländischer Seite gänzlich. Der bekannte niederländische Historiker Petrus Johannes Blok, in Groningen und Leiden tätig, stellte im dritten Teil seiner großen „Geschichte des niederländischen Volkes“ (Geschiedenis van het Nederlandsche volk), die in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts bereits in dritter Auflage erschienen ist, die klassische Ereignisgeschichte der Kriege dar.16 Blok hat im Übrigen auch eine informative Biografie über den bekanntesten niederländischen Admiral Michiel Adriaenszoon de Ruyter geschrieben.17 Kenneth Harold Dobson Haley und Daniel J. Roorda haben in ihren Abschnitten der Algemene Geschiedenis der Nederlanden (Band 8) einen nur sehr allgemeinen Überblick über Ursachen und Verlauf der Kriege gegeben.18 Ebenso erfährt man im Beitrag von S. W. P. C. Braunius zur Seefahrtsgeschichte der Niederlande eher technische und taktische Details der Seekriege.19 Es könnten hier noch mehrere kürzere Abhandlungen in niederländischen Handbüchern erwähnt werden, keine aber bringen essenziell neue Erkenntnisse. Eine äußerst informative Studie zum zweiten Englisch-Niederländischen Seekrieg in englischer Sprache hat 2006 der niederländische Historiker Gijs Rommelse verfasst.20 Seine Analyse stellt wiederum den merkantilistischen Wirtschaftsstil jener Zeit mit dem machtpolitischen Denken der Staatsräson in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Rommelse vereint 15 Fox, A distant storm. 16 Blok, History of the People of the Netherlands, in der englischen Ausgabe der erste Krieg auf 186–219, der zweite Krieg 317–338, und der dritte Krieg als Teil des großen Holländischen Krieges Ludwigs XIV. 399–419. 17 Blok, The life of Admiral de Ruyter. 18 Vgl. dazu die Artikel von Haley und Roorda, in: Blok, Algemene Geschiedenis der Nederlanden 8, 265–281 und 282–288. 19 Braunius, Oorlogsvaart, in: Asaert, Maritime geschiedenis der Nederlanden 2, 316–354, bes. 346–354. 20 Rommelse, The Second Anglo-Dutch War. 14

Einleitung

den ökonomischen mit dem politischen Ansatz in seiner Ursachenanalyse; dem Erklärungsmodell von Pincus kann er wenig abgewinnen. Weiters ist die Studie zum Aufbau und zur Organisation der niederländischen Kriegsmarine von Jaap R. Bruijn, die ebenfalls in Englisch erschienen ist, von großem Interesse für das Thema.21 Biografien zu den „Seehelden“ der Republik, die oft im Detail Auskunft zur Ereignisgeschichte geben, sind in der niederländischen Geschichtswissenschaft wesentlich häufiger als Überblickdarstellungen publiziert worden. So sind hier die Biografien von Ronald Prud’Homme van Reine über Michiel Adriaenszoon de Ruyter und seine Doppelbiografie über Vater und Sohn Tromp hervorzuheben.22 In der deutschsprachigen Literatur werden die Englisch-Niederlän­ dischen Kriege, wie bereits angedeutet, so gut wie kaum erwähnt. Es gibt keine einzige deutschsprachige Monografie zur Thematik, sieht man von der detailreichen, jedoch ein wenig unsortierten Studie des Niederländers Carl Ballhausen über den ersten Seekrieg ab.23 Der niederländische Historiker legte dieses in Deutsch geschriebene Werk, das ebenfalls den Schwedisch-Niederländischen Seekrieg behandelt, im Jahr 1923 vor. Ballhausen wollte offenbar auch noch über die beiden folgenden Seekriege schreiben, zu einer Publikation kam es allerdings nicht mehr. Die deutsche Historikerin Marie-Luise Recker hat 1987 an eher entlegener Stelle einen konzisen Aufsatz zum Ursachenbündel der Konflikte vorgelegt.24 Abgesehen davon, dass die Forschung nun differenziertere Erklärungsmodelle erarbeitet hat, ging Recker auf die Ereignisse in den Kriegen überhaupt nicht ein. Claudia Schnurmann arbeitete in ihrer Habilitationsschrift „Atlantische Welten“, in der sie die Beziehung zwischen den Niederländern und Engländern im atlantischen Raum untersucht hat, einige wichtige Aspekte der Seekriege heraus und stellte diese in den Kontext der kolo­ 21 Bruijn, The Dutch Navy. 22 Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland, und ders., Schittering en schandaal. 23 Ballhausen, Der erste Englisch-Holländische Seekrieg. 24 Recker, Die drei englisch-holländischen Seekriege. 15

Einleitung

nialen Beziehungen.25 Der Verfasser der hier vorliegenden Studie verfasste eine Biografie zum englischen Admiral deutscher Herkunft Rupert von der Pfalz, der eine tragende Rolle im zweiten und dritten Krieg gespielt hat, und einen kleinen Aufsatz zu den militärhistorischen Rahmenbedingungen der Kriege.26 In deutschsprachigen Überblickdarstellungen zur Geschichte Europas im 17. Jahrhundert werden die Kriege der Seemächte bestenfalls marginal erwähnt, eine nähere Beschreibung oder gar eine fundierte Analyse sucht man hier vergebens.27 Eine Ausnahme stellt der von Klaus Malettke verfasste dritte Band des Handbuches der Geschichte der Internationalen Beziehungen mit dem Titel „Hegemonie, multipolares System, Gleichgewicht (1648/1659–1713)“ dar, der immerhin auf annähernd 20 Seiten eine informative Darstellung der Seekriege im internationalen Kontext bietet.28 Trotz dieser wenigen Ausnahmen, die allesamt keinen ganzheitlichen Überblick über Rahmenbedingungen, Ursachen, Motive, Intentionen, Verlauf und Auswirkungen der Kriege bieten können, ist die Darstellung der Englisch-Niederländischen Seekriege in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft mehr als unbefriedigend. Daher ist es das Ziel des vorliegenden Werkes, die politischen, ökonomischen sowie konfessionell-ideologischen Rahmenbedingungen darzulegen, die Kontrahenten der Kriege zum besseren Verständnis kurz vorzustellen, die einzelnen Ursachen und Motive für die Kriege aufzuzeigen, militärische Kapazitäten sowie Strategie und Taktik der Seekriegführung zu erläutern, den Verlauf der Kriege zu beschreiben und ebenso auf die Auswirkungen und Konsequenzen der bewaffneten Konflikte einzugehen. Zudem soll 25 Schnurmann, Atlantische Welten, bes. 41–61. 26 Vgl. Rebitsch, Rupert von der Pfalz, und ders., Auf dem Weg zum Empire. 27 Siehe so z. B. Duchhardt, Europa am Vorabend der Moderne, 220f., und ders., Barock und Aufklärung, 8, 19 und 29, in denen die Seekriege lediglich kurze Erwähnung finden; auf eine reine Bildnotiz reduziert ist der dritte Krieg bei Mandrou, Staatsräson und Vernunft, 92. 28 Malettke, Hegemonie – multipolares System – Gleichgewicht, 303–318 und die entsprechenden Bemerkungen auf 347–377. 16

Einleitung

ein Exkurs zum 4. Englisch-Niederländischen Seekrieg, der im Zuge des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges stattgefunden hat, die bereits vollkommen veränderte Lage der beiden See- und Wirtschaftsmächte im späteren 18. Jahrhundert veranschaulichen und die Konfliktgeschichte zwischen England und den Niederlanden komplementieren. Zu diesem Buch wurden keine neuen Archivstudien unternommen, vielmehr sollen die bereits bekannten Ergebnisse und Ereignisse auf dem aktuellen Stand der Forschung für eine deutschsprachige Leserschaft vorgestellt werden. Überblicksdarstellungen bringen es mit sich, dass man nicht immer in aller Ausführlichkeit ins Detail gehen kann. Und freilich kann auch so manche für das Verständnis unerlässliche Thematik nur angedeutet werden. So wäre eine ausführliche, komparatistisch angelegte Finanzgeschichte – wie sie schon für andere Länder29 und nur ansatzweise für die Kriegsfinanzierung in England des 17. Jahrhunderts existiert30 – der beiden Konkurrenzstaaten wünschenswert. Neben einer ausführlichen Finanzgeschichte des Militärwesens und der Militäroperationen, die viel zur Erklärung des Staatsbildungsprozesses frühneuzeitlicher Staaten beitragen kann, sind ebenso eine ausführliche Diplomatiegeschichte der Verhandlungen vor und während der Kriege, aber auch vergleichende sozial- und alltagshistorische Untersuchungen Desiderata der Forschung.31

29 Vgl. hier zum Beispiel Rauscher (Hrsg.), Kriegführung und Staatsfinanzen, für die Länder der Habsburgermonarchie nach dem Dreißigjährigen Krieg; oder auch Glete, War and the State in early modern Europe, für Spanien, die Niederlande und Schweden von 1500 bis 1600. 30 Zur englischen Fiskalpolitik im ersten Krieg vgl. Wheeler, English financial operations, und weiterführend ders. The making of a World Power. 31 Einiges zu den diplomatischen Verhandlungen bringen Rowen, John de Witt, und Hutton, Charles II. 17

2.  Eu ropä isc h e u n d gl ob a l e L ag e

2.1.  Di e E x pa nsion de r eu ropä is c h e n L ä n de r

W

eder England noch die Niederlande gehörten zu den Kolonialmächten Europas der ersten Stunde.1 Hier gebührt den iberischen Königreichen der Vorrang. Während die Portugiesen ein ambitioniertes, durch Heinrich den Seefahrer initiiertes Entdeckungsprogramm entlang der Westküste Afrikas, das sie bis nach Südostasien brachte, betrieben, gelang dem Königreich Kastilien der große Coup, die Entdeckung des amerikanischen Kontinents durch Christoph Kolumbus. Diese beiden Mächte teilten bereits zu Ende des 15. Jahrhunderts im Vertrag von Tordesillas die außereuropäische Welt unter sich auf. Dieser Schiedsspruch im Jahre 1494 durch Papst Alexander  VI. räumte den Portugiesen östlich der fiktiv festgelegten Demarkationslinie den Monopolanspruch ein, den Spaniern stand der Weltteil westlich der Linie zu. Brasilien fiel so in den Einflussbereich der Krone Portugals. Es war auch ein Portugiese, Fernão de Magalhães, der allerdings im Auftrag des spanischen Königs Karl I. (als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation Karl V.) die erste Weltumsegelung unternahm. Die Versuche des englischen Königs Heinrich  VII., der den Italiener Giovanni Cabotto (in England John Cabot genannt) mit einem Entdeckerpatent ausstattete, nehmen sich dagegen bescheiden aus. Immerhin 1 Zu den Anfängen der europäischen Kolonialmächte vgl. nur die ausgezeichneten Überblicksdarstellungen von Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion, 1. und 2. Bd., und Bitterli, Entdeckung Amerikas. 19

Europäische und globale Lage

kam der Seefahrer aus Venedig 1497 bis nach Neufundland. Von einer Auffindung der damals bereits in Rede stehenden Nordwestpassage war er jedoch noch weit entfernt. Die Wasserstraße zwischen Neufundland und Cape Breton Island ist nach dem italienischen Entdecker in englischen Diensten benannt. Sein Sohn Sebastian, der seinen Vater begleitete und 1508 eine weitere Fahrt für England unternahm, war zwanzig Jahre später im Auftrag der spanischen Krone unterwegs. Nach den Entdeckungsfahrten der Cabottos gab man sich in England vorerst mit der systematischen Kolonisation Irlands, verwegenen privaten oder halboffiziellen Piratenfahrten im Atlantik gegen die spanische Handelsflotte und der Gründung von Handelsgesellschaften zufrieden. Der bekannte englische Kapitän, Freibeuter und Vizeadmiral Francis Drake wiederholte die seemännische Leistung Magalhães einer Weltumsegelung in den Jahren von 1577 bis 1580, die er allerdings im Gegensatz zum Portugiesen überlebte. Walther Raleigh, Seefahrer, Offizier und Günstling der Königin Elisabeth I., engagierte sich besonders für die Gründung einer englischen Überseekolonie in Nordamerika. Von einem groß angelegten imperialen Konzept der englischen Krone kann man jedoch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht sprechen.2 Obgleich das Inselkönigreich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gewiss keine unbedeutende Rolle in der europäischen Mächtepolitik spielte, war von einem Imperium globalen Zuschnitts noch nicht die Rede. Die Republik der Vereinigten Niederlande existierte zur Zeit der großen Entdeckungsfahrten noch nicht. Die nördlichen Provinzen der Niederlande mussten sich erst von der Weltmacht Spanien loskämpfen. Von den niederländischen Entdeckern machte sich Willem Barents (Namensgeber der Barentssee), der mit seiner Mannschaft im Winter 1596/97 in der Arktis überleben musste, um dann doch ein Opfer seiner Entdeckungsreise zu werden, einen Namen. Wie im Entdeckergeschäft fast schon üblich, griffen auch die Niederländer auf auswärtige Seefahrer 2 Vgl. dazu Appleby, War, Politics, and Colonization, 55–78. 20

Die Expansion der europäischen Länder

zurück. Einer der bekanntesten unter ihnen war der Engländer Henry Hudson. Im Auftrag der Verenigde Oostindische Companie, der niederländischen Ostindienkompanie, versuchte er 1609 eine Nordwestpassage nach Asien zu finden. Mit einer englisch-niederländischen Besatzung fuhr er den nach ihm benannten Fluss bis zur heutigen Stadt Albany aufwärts. Hudson fand zwar die nördliche Umfahrung des amerikanischen Kontinents nie, entdeckte jedoch die wichtige Flusseinfahrt im Terrain des später von den Niederländern gegründeten Neu Amsterdam (New York), und auf der nächsten Fahrt kam er in die wiederum nach ihm benannte Hudson Bay.3 Die Reise endete für den Entdecker tragisch, er wurde von seiner Mannschaft in der Bucht ausgesetzt. Einige Jahrzehnte später landete Abel Tasman auf Neuseeland und fuhr um die nach ihm benannte Insel Tasmanien. Dennoch: Die niederländische Seefahrernation wurde weniger durch spektakuläre Entdeckungsfahrten als vielmehr durch ihr ökonomisches Potenzial zur See berühmt. Denn nach der Konsolidierung der Republik ging es in den sieben Provinzen steil bergauf. Vom Übergang des 16. zum 17. Jahrhundert an traten die Generalstaaten, hier vor allem die reichste Provinz Holland, als große Handelsnation auf, und man spricht geradezu vom „Goldenen Zeitalter“ der Niederlande.4 Weder in Anbetracht der Einwohnerzahl – um 1650 hatte die Republik an die 1,9 Millionen Einwohner, England hingegen 5,2 Millionen5 – noch hinsichtlich des Territoriums eine europäische Großmacht darstellend, zählten die Generalstaaten bald schon zu den Global Players im weltweiten Handel. Die niederländischen Historiker Jan de Vries und Ad van der Woude bezeichneten die niederländische Volkswirtschaft nicht zu Unrecht als die erste moderne Wirtschaft der Welt.6 3 Bitterli, Entdeckung Amerikas, 179–182 und 200–202. 4 Vgl. hierzu vor allem Israel, Dutch Republic, 233–956. 5 Zu den Einwohnerzahlen für die Niederlande um 1650 vgl. Lademacher, Die Niederlande, 279f., und für England die Tabelle in Haan/Niedhart, Geschichte Englands, 72; für 1651 schätzt man die Einwohnerzahl Englands auf 5,23 Millionen. 6 Vries/Woude, The first modern economy. 21

Europäische und globale Lage

2.2.  Di e eu ropä is c h e n Kon f l i k t l i n i e n Der große Gegenspieler der beiden zukünftigen Seemächte im 16. Jahrhundert war Spanien. Spanien war in mehrfacher Hinsicht der prädestinierte Gegner: Das iberische Königreich war die katholische Vormacht Europas, Musterbeispiel einer autokratischen Monarchie, die sowohl dem englischen Parlament als auch den niederländischen Regenten suspekt war. Ebenso galt die Machtsphäre der katholischen Majestäten als zu überwindende Hürde im Atlantikhandel.7 Die nördlichen Niederlande hatten noch einen Grund mehr, gegen Spanien, den erf-vijand, den Erbfeind, zu sein: Sie mussten sich erst von der Krone Spaniens im langwierigsten Konflikt der Frühen Neuzeit, im sogenannten Achtzigjährigen Krieg,8 der gemeinhin von 1568 bis 1648 datiert wird, lösen. Von 1609 bis 1621 war dieser Konflikt durch einen Waffenstillstand unterbrochen, um dann in den Dreißigjährigen Krieg zu münden.9 Dieser von den Zeitgenossen oft als „Teutscher Krieg“ bezeichnete Konflikt war freilich ein europäischer Krieg, in dem zu Beginn die katholischen Anhänger des Hauses Habsburg mit prominenter protestantischer Unterstützung wie Kursachsen gegen eine protestantische Opposition, die Anhänger rund um den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, im Feld standen. Eine internationale Komponente bekam dieser Konflikt bereits mit dem Eingreifen Dänemarks in der Person des Königs Christian IV. als Reichsfürst aufseiten des protestantischen niedersächsischen Reichskreises. 1630 landete der schwedische König Gustav II. Adolf auf Reichsboden, um gegen Habsburg und Bayern zu ziehen. Fünf Jahre später 7 Im Überblick zu England und den Niederlanden vgl. Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen, 280–307, zu den Konfliktpunkten ebd. 287. 8 Vgl. dazu neuerdings die Beiträge in Groenveld/Leeuwenberg, De Tachtigjarige Oorlog. 9 Vgl. dazu nur die Ausführungen bei Kampmann, Europa und das Reich; Wilson, Europe’s Tragedy; sowie Rebitsch, Der Teutsche Krieg. 22

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erklärte Frankreich, das Schweden schon länger finanziell unterstützte, den spanischen Habsburgern den Krieg. Damit konnten die Konfliktlinien klar definiert werden: Auf der einen Seite stand die Casa de Austria mit katholischen, aber auch protestantischen Verbündeten (Kursachsen schloss mit dem Kaiser nach einigen Jahren als Verbündeter Schwedens den Prager Frieden von 1635), auf der anderen Seite die europäischen Mächte Frankreich und Schweden mit einigen protestantischen Reichsständen. In diesem europäischen Krieg konnten sich die Niederländer mit der Unterstützung Frankreichs gegen Spanien behaupten. Mit dem bilateralen Friedensschluss von 1648 zwischen Spanien und den Niederlanden, der die staatliche Souveränität und damit endgültig die Unabhängigkeit vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation für die Generalstaaten brachte, wurden nicht nur der militärische Konflikt, sondern auch die wirtschaftlichen Sanktionen beendet. Die spanischen Häfen standen den niederländischen Handelsschiffen wieder offen, das spanische Embargo gegenüber den Generalstaaten wurde beendet. Das niederländische Wirtschaftswunder konnte fortgesetzt werden. Mit dem seit 1640 von der spanischen Krone unabhängigen Portugal standen die Niederländer weiterhin im Kriegszustand. Dafür sorgte vor allem die West-Indische Compagnie (WIC), die den Portugiesen Brasilien entreißen wollte, und die Verenigde Oostindische Companie (VOC), die dem iberischen Königreich einen asiatischen Stützpunkt nach dem anderen abnahm und die dazugehörende Handelsflotte stark reduzierte.10 Im Zuge des Portugiesisch-Niederländischen Krieges, der von 1624 bis 1661 dauerte, entstand Niederländisch-Brasilien mit der Hauptstadt Mauritsstad (Recife). Mit dem ersten Englisch-Niederländischen Seekrieg, in dem die WIC und die Generalstaaten alle verfügbaren Kräfte gegen das Commonwealth of England einsetzen mussten, gelang es den Portugiesen wieder, weite Teile des Landes zurückzuerobern. Nach dem Seekrieg mit England, im Jahre 1657, spielte sich dieser Kolonialkrieg 10 Vgl. dazu Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 31f. 23

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auch in Europa ab – die Generalstaaten griffen Lissabon direkt an und blockierten die portugiesische Westküste. Erst 1661 gelang es, das bilaterale Verhältnis zwischen Portugal und der Republik zu beruhigen.11 Portugal akzeptierte in den Friedensverträgen zu Beginn der 60er-Jahre die Verluste in Asien (es blieben den Portugiesen noch PortugiesischIndien, Macao, Timor und einige Gebiete auf den Kleinen Sundainseln), und zudem musste es riesige Summen an Entschädigungen für die brasilianischen Küstengebiete an die Republik der Vereinigten Niederlande bezahlen (8  Millionen Gulden12), die Niederländisch-Brasilien wieder aufgab.13 Eine interessante Bündnislage ergab sich für die Generalstaaten im Hinblick auf die skandinavischen Staaten im Dreißigjährigen Krieg: 1625 wurde in Den Haag die sogenannte Haager Allianz ins Leben gerufen. England und die Generalstaaten versprachen Subsidien und militärische Unterstützung für Dänemark. Bethlen Gabor, der gegen Österreich des Öfteren im Feld stehende Fürst Siebenbürgens, Schweden, Venedig, Savoyen und Frankreich sollten für das Bündnis gewonnen werden.14 Die Kaufleute in Holland und Friesland wussten warum. Dänemark spielte für den ertragreichen baltischen Handel als „Torwächter“ und „Zöllner“ am Øresund eine Schlüsselrolle. So wurde errechnet, dass die Niederländer zwischen 1562 und 1657 60 Prozent der Fahrten im gesamten Güterverkehr und 77  Prozent der Fahrten im Getreidetransport durch den Sund bestritten,15 weiters zwischen 50 und 75 Prozent des Holzverkehrs, 30 bis 50 Prozent des schwedischen Metalls verschifften und bis zu 75 Prozent des französischen und por-

11 Dazu vgl. den Friedensvertrag von Den Haag, 6. August 1661, online http://www. ieg-mainz.de/IEG-Friedensverträge (Zugriff: 27. Oktober 2012). 12 Vgl. Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion: Die Neue Welt, 127. 13 Vgl. dazu Pietschmann, Portugal – Amerika – Brasilien, 74–88. 14 Vgl. dazu Parker, The Thirty Year’s War, 67 und 69. 15 Wilson/Parker, Sources, 97. 24

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tugiesischen Salzes in den baltischen Raum transportierten.16 Verschärft wurde die Situation durch die Bestrebungen der Habsburger, eine Flotte zu merkantilen und militärischen Zwecken in der Ostsee aufzubauen.17 Der dafür verantwortliche Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee, Albrecht von Wallenstein, konnte dieses groß angelegte Projekt jedoch nicht umsetzen. Die Bündnislage änderte sich bereits nach einigen Jahren, als Dänemark mit Habsburg 1629 in Lübeck Frieden schloss, sich in der Folge der Casa de Austria politisch und wirtschaftlich (Freihandelsabkommen mit Spanien) annäherte und die Sundzölle zum Ärger der niederländischen Frächter erhöhte.18 Späterhin dachte Kaiser Ferdinand III. Dänemark die Rolle eines für Habsburg wohlwollend agierenden Mediators bei den westfälischen Friedensverhandlungen zu. Das Konzept der bewaffneten Neutralität und die Selbstüberschätzung des dänischen Königs Christian  IV. waren allerdings gefährliche Komponenten in diesem tödlichen Mächteringen.19 Dänemark wurde so zu einem Verlierer im Dreißigjährigen Krieg. Der natürliche Verbündete im Ostseeraum für die Generalstaaten war nun die aufstrebende und gegen Habsburg kämpfende Militärmacht Schweden. 1645, nach der Niederlage gegen die in Jütland einfallenden Schweden, schied Dänemark aus dem Dreißigjährigen Krieg aus und musste die Kontakte zur Casa de Austria zumindest vorübergehend einschränken. Zudem baute der holländische Admiral Witte de With mit 48 Kriegsschiffen, die an die 300 Handelsschiffe eskortierten, eine mächtige Drohkulisse an den Küsten Dänemarks vor den Augen Christians auf, sodass dem dänischen König nur ein erniedrigender und für die Niederländer äußerst vorteilhafter handelspolitischer Vertrag zu unterschreiben blieb. Damit konnten die Mijnheren wieder beruhigt mit dem Ostseeraum Handel treiben. 16 Vgl. Wilson, Profit and Power, 41. 17 Zum habsburgischen Flottenprojekt in der Ostsee vgl. kurz Rebitsch, Albrecht von Wallenstein und der Lübecker Friede, 68–73. 18 Vgl. Israel, Dutch Primacy, 140–149. 19 Zu Dänemark im Dreißigjährigen Krieg vgl. Lockhart, Denmark, 192–256. 25

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Dänemark blieb nach dem kurzen Intermezzo ein enger Verbündeter der Niederlande. So soll der Gesandte der Generalstaaten in Stockholm vollmundig verkündet haben: „Die eichenen Schlüssel zum Sund liegen in den Docks von Amsterdam.“20

Für das Königreich England stellte der Angriff der Armada von 1588 den Höhepunkt im Konflikt mit Spanien dar. Bereits drei Jahre zuvor unterstützte Elisabeth I. mit einem Expeditionskorps unter der Führung ihres Günstlings Robert Dudley, Earl of Leicester, den niederländischen Aufstand gegen die Spanier. Leicester wurde jedoch wegen militärischen und politischen Misserfolgs aus den Niederlanden abberufen.21 Das katholische Spanien blieb während der elisabethanischen Zeit eine latente Bedrohung, zumal mit dem von England kolonisierten Irland immer ein katholischer Unruheherd zu befürchten war, den Philipp  II. nutzen konnte. Der Nachfolger Elisabeths, James I., bekannt als rex pacificus, schloss kurz nach seiner Thronbesteigung in London Frieden mit Spanien.22 Aus den Wirren des Dreißigjährigen Krieges konnte sich der Schwiegervater des zum König von Böhmen gewählten Friedrich von der Pfalz jedoch nicht mehr heraushalten. Obgleich er das böhmische Abenteuer des pfälzischen Kurfürsten, der mit seiner Tochter Elisabeth verheiratet war, missbilligte, ließ er Subsidien und Hilfstruppen in die Niederlande, das Exil des Winterkönigs, überstellen. Der Krieg gegen die Casa de Austria war eröffnet. Auch sein Nachfolger, Charles I., der den Waffengang weniger scheute als sein Vater, unterstützte das Anliegen der Pfalz im Dreißigjährigen Krieg. Die ersten militärischen Aktionen der englischen Hilfstruppen endeten allerdings desaströs. Zudem geriet das durch George Villiers, 1.  Duke of Buckingham, initiierte 20 Zitat bei Driessen, Geschichte der Niederlande, 121. 21 Vgl. Lademacher, Geschichte der Niederlande, 95–100. 22 Zu seiner Person und Politik vgl. Asch, Jakob I., in: Wende, Englische Könige, 95–110. 26

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Unternehmen zum Entsatz der Hugenotten-Festung La Rochelle zum militärischen Fiasko. Die Unterstützung für den geächteten Kurfürsten, eine ebenfalls fulminant gescheiterte Aktion gegen das spanische Cádiz und die Expedition für die Reformierten Frankreichs des von Charles protegierten Höflings Buckingham kosteten nicht nur einigen Tausenden englischen Soldaten das Leben, es brachte auch die für England unerfreuliche Situation, mit Frankreich und Spanien zugleich im Krieg zu stehen – und das mit einem Parlament, das nicht gewillt war, für kontinentale Abenteuer große Geldsummen zur Verfügung zu stellen. Bereits ab 1630 ist deshalb ein massiver Rückzug Englands aus dem internationalen Kriegsgeschehen festzustellen. Im Jahre 1639 war die englische Flotte nur noch Zuseher, als der niederländische Admiral Maerten Harpertszoon Tromp23 eine spanisch-portugiesische Flotte in den Downs, also in englischen Gewässern, versenkte. Der englische Bürgerkrieg, der 1642 losbrach, veränderte die außenpolitische Situation des Königreichs endgültig. Parallel zum römisch-deutschen Reich und seiner Peripherie versank ebenso England in den Kriegswirren. Das Stuart-Königreich fiel als Akteur im internationalen Machtspiel aus. Die Siegerpartei, die Gründerin des englischen Commonwealth (die Bezeichnung „Republik“ wie in den Niederlanden wurde vermieden), die 1649 Charles I. hinrichten und die Monarchie abschaffen ließ, galt in Europa als verachtetes Regime der „Königsmörder“.24 Sogar die Republik der Vereinigten Niederlande hielt die Hinrichtung des Monarchen für einen großen Fehler und versuchte diese noch diplomatisch zu verhindern. Der Ratspensionär und erfahrene Diplomat Adriaen Pauw aber reiste vergeblich nach London.25 Schon vor der Exekution des Königs gewährte Holland – wenn auch nicht mit großer Begeisterung der Regenten, der 23 Zum niederländischen Admiral vgl. Prud’Homme van Reine, Schittering en schandaal. 24 Vgl. zum Commonwealth und der europäischen Friedensordnung Asch, Die englische Republik. 25 Groenveld, The English Civil Wars, 552. 27

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kaufmännischen Oligarchie der Niederlande – einer desertierten englischen Flotte, die von den Royalisten übernommen wurde, Unterschlupf im holländischen Hafen von Hellevoetsluis.26 Mit den Oraniern – der damalige Statthalter Wilhelm II. war mit Henrietta Maria Stuart, Tochter Charles I., verheiratet – hatte das englische Königshaus ohnehin ein gutes Einvernehmen. Doch der Statthalter Hollands und Seelands Wilhelm  II. verstarb – übrigens nach einem erfolglosen Staatsstreich gegen Amsterdam – mit vierundzwanzig Jahren im November 1650 an den Pocken. Die meisten Provinzen hatten nun keinen Statthalter aus dem Hause Oranien mehr und die exilierten Stuarts verloren einen potenziellen Verbündeten. Im Januar 1651 schließlich erkannte auch die letzte Provinz der Niederlande, Overijssel, das Commonwealth als Herrschaftsträger in England an.27 Einzig und alleine die Schweizer Kantone konnten der gewaltsamen Abschaffung einer Monarchie etwas Gutes abgewinnen.28 Und obwohl die Empörung über die Hinrichtung europaweit groß war, blieb es vorerst bei verbalen Protesten der Fürsten und Mächte. Nach der Hinrichtung des Stuart zeigte nur der russische Zar monarchische Solidarität, indem er englischen Besitz konfiszieren und englische Kaufleute festnehmen ließ.29 Die beiden geografisch nächstgelegenen Monarchien, Spanien und Frankreich, die sich bis 1659 im Krieg befanden und darüber hinaus noch interne Schwierigkeiten zu überstehen hatten (so hatten der junge Ludwig XIV. und sein erster Minister Mazarin gegen die Aufstandsbewegung der Fronde zu bestehen), besaßen ohnehin kaum außenpolitischen Spielraum. Das spanische Königreich gewährte darum der royalistischen Restflotte unter Rupert von der Pfalz, die sich im Kampf oder besser gesagt auf der Flucht vor Cromwells Navy befand, 26 Vgl. dazu Kapitel „Militärische Rahmenbedingungen – Kapazitäten“, und ­Groenveld, The English Civil Wars, 553. 27 Groenveld, The English Civil Wars, 555. 28 Schröder, Revolutionen Englands, 133. 29 Vgl. dazu Martin, Außenhandel und Außenpolitik, 589. 28

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keinen Schutz.30 Spanien war so das erste Land, das seine Beziehung zur englischen Republik normalisierte,31 um allerdings einige Jahre später das Opfer Cromwell’scher Aggressionspolitik zu werden. Der junge Thronfolger Charles Stuart konnte vorerst nur die Schotten für sich gewinnen. Er wurde am 1.  Januar 1651 in der Kathedrale des kleinen, aber traditionsreichen mittelalterlichen Städtchens Scone zum König gekrönt.32 Doch der sich im Gang befindliche Krieg gegen England wurde noch im selben Jahr durch eine desaströse Niederlage verloren. Um 1650, vor dem ersten Englisch-Niederländischen Krieg, so kann konstatiert werden, waren die Generalstaaten ein respektiertes, wenngleich auch aufgrund harter Geschäftspraktiken nicht allerorts sonderlich beliebtes, jedoch international konfliktfreies Land (sieht man von den kolonialen Streitigkeiten mit Portugal ab). Das englische Commonwealth hingegen war politisch isoliert, die Staatsträger als Königsmörder geächtet, jedoch aufgrund seiner militärischen Kapazitäten zu Land und in der Folge auch zu Wasser gefürchtet. Der erste Seekrieg, den die beiden Länder ausfochten, war eine rein zwischenstaatliche Angelegenheit ohne das aktive Eingreifen diverser Verbündeter – sieht man von der Unterstützung Dänemarks für die Generalstaaten am Sund ab. Mit dem skandinavischen Königreich hatte die Republik vor dem Krieg einen neuerlichen Handelsvertrag abgeschlossen: Die Niederländer bekamen sehr günstige Konditionen für die Sunddurchfahrt. England fühlte sich freilich benachteiligt.33 Doch es sollte für das Commonwealth noch dicker kommen. Im Krieg ließ der dänische König aus Solidarität mit den Generalstaaten kurzerhand eine englische Handelsflotte konfiszieren, Verhandlungen blieben ergebnislos. Und dann kamen sich fast noch England und Frankreich, 30 Vgl. dazu Rebitsch, Rupert von der Pfalz, 62f. 31 Vgl. Junge, Flottenpolitik, 119–127, und Wedgwood, Tod dem König, 246. 32 Fraser, King Charles, 98. 33 Vgl. Wilson, Profit and Power, 50f. 29

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das im Mittelmeer die Niederländer unterstützte, in die Haare, als der Commonwealth-General Robert Blake im September 1652 eine französische Flotte vor Dünkirchen zerschlug. Die französische Marine war gerade dabei, das von den Spaniern belagerte Dünkirchen zu entsetzen. Blake stellte die Franzosen kompromisslos und ließ es auf ein Gefecht ankommen, in dem die französische Entsatzflotte chancenlos war. Kardinal Mazarin wollte jedoch keineswegs den Krieg gegen Spanien mit der niederländisch-englischen Auseinandersetzung verquicken. Das Commonwealth, das Frankreich lediglich die Grenzen seiner Macht aufzeigen wollte, ließ mit dieser Aktion erfolgreich die Muskeln spielen.34 Nach dem Friedensschluss von Westminister ging England unter dem Lord Protector Oliver Cromwell dazu über, Spanien zu attackieren. Die Militärdiktatur musste in einer Art Dauerkriegszustand gehalten werden. Der deutsche Historiker Wolfgang Reinhard stellte in seiner großen Geschichte der europäischen Expansion einen interessanten Vergleich mit dem 19. Jahrhundert an: „Bereits die englische Republik hat eine Politik der Handels- und Flottenexpansion betrieben, während Oliver Cromwell als einer der ersten in der Geschichte der europäischen Expansion das später sogenannte ‚sozialimperialistische‘ Motivations- und Aktionsmuster benutzte: zur Ablenkung von innenpolitischen Schwierigkeiten wurde eine ökonomisch wie ideologisch attraktive Aggressionspolitik gegen das Kolonialreich des papistischen Spanien gestartet.“35 Im Frieden bestand die Gefahr, dass das Regime an seinen inneren Widersprüchen zerbröckeln könnte. Zudem stellte sich die Frage, was man mit der großen, äußerst kostspieligen Flotte, die vor und während des ersten Seekrieges geschaffen wurde, geschehen sollte. Der Abbau militärischer Kapazitäten war – wie so oft – weder populär noch kostengünstig. Der Griff nach dem spanischen Imperium, das sogenannte „Western Design“, wurde dem Waffengang gegen Frankreich schließlich nach langen Diskussionen 34 Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 36f. 35 Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion: Die Neue Welt, 137. 30

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im Staatsrat vorgezogen.36 Cromwell setzte sich durch. Im Zuge dieses Krieges, der sich vornehmlich in der Karibik abspielte, fiel Jamaika an das Commonwealth. Die hochtrabenden Pläne des Lord Protectors konnten sich jedoch in keiner Weise erfüllen; das „Western Design“ wurde zum militärischen Debakel. Nur nebenbei sei hier bemerkt, dass das Protektorat Cromwells die lange Zeit angedachten Pläne einer Protestantischen Union (die die Niederlande, Schweden und Dänemark, eventuell auch evangelische Schweizer Kantone und protestantische deutsche Fürstentümer und Städte umfassen sollte) gegen das katholische Europa, vor allem gegen Spanien, nicht realisieren konnte.37 Mit Frankreich schloss Cromwell 1655 einen Handelsvertrag ab. Aus der französisch-englischen Annäherung wurde ein wirksames Militärbündnis gegen Spanien. Die Folgen dieses Offensivpaktes zwischen Oliver Cromwell und Jules Mazarin, dem französischen Kardinal-Premier, war die Übernahme Dünkirchens durch England, das somit den heiß ersehnten Festlandstützpunkt auf dem Kontinent bekam. England und sein Bündnisdrang mit Frankreich blieben auch nach der Restauration des Königreichs der Stuarts Spaniens Schrecken.38 In Madrid war man zutiefst über die englischen Aktivitäten vor allem in Amerika und der Karibik besorgt. Die nach wie vor reich beladenen spanischen Schiffe waren beliebtes Kaperziel für englische und andere Freibeuter. Die spanischen Handelslinien von den großen Kolonien ins Heimatland waren einer ständigen Bedrohung ausgesetzt. Und das Thema Jamaika war für Spanien noch lange nicht erledigt. England, so beurteilten die Ratgeber in Madrid, war bestrebt, Ludwig XIV. zur kontinentalen Hegemonialstellung zu verhelfen, während der französische Monarch England zur globalen Seeherrschaft verhelfen wollte. Diese Einschätzung der Lage ging an den wahren Intentionen der beiden Könige 36 Vgl. dazu Junge, Flottenpolitik, 238–286, und zum Verlauf der Kriege in der Karibik Lenman, England’s Colonial Wars, 255–272. 37 Zur Außenpolitik Cromwells vgl. Crabtree, The Idea of a Protestant Foreign Policy. 38 Vgl. dazu Israel, Emerging Empire, 435f., und Hutton, Charles II, 214–218. 31

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vorbei, doch war sie einige Zeit handlungsleitend für die Außenpolitik der spanischen Monarchie. Zu diesen Befürchtungen, die erst nach dem zweiten Englisch-Niederländischen Krieg im Ansatz wahr wurden, kam ein reales Bündnis. Die Heirat des englischen Königs mit der portugiesischen Infantin Katharina von Braganza rückte das 1640 aus der Personalunion mit Spanien abgefallene Königreich noch näher an den maritimen Konkurrenten. Als Mitgift brachte Katharina nicht nur den Tee als salonfähiges Getränk mit nach England,39 sondern auch die bei der Straße von Gibraltar liegende Hafenstadt Tanger und Bombay in Indien. Nur nebenbei sei bemerkt, dass der englische König wenige Jahre nach dem Erwerb sowohl Dünkirchen (1662 an Ludwig XIV.) als auch Tanger (1684 an den marokkanischen König) und Bombay (1668 an die englische Ostindienkompanie) wegen Unrentabilität verkaufte. England erhielt außerdem privilegierten Zugang zu allen portugiesischen Überseehäfen und wurde Schutzmacht der iberischen Kolonialmacht. Alle spanischen Befürchtungen schienen plötzlich wahr zu werden, als ein englisches Expeditionskorps, zusammengesetzt aus Resten der gefürchteten New Model Army, die noch in den schottischen Highlands stationiert waren, in Portugal zum Kampf gegen Spanien auftauchte.40 Die zwei Infanterieregimenter und das Kavallerieregiment unter William O’Brien, dem Earl of Inchiquin, wurden zwar von den Portugiesen keineswegs gastfreundlich empfangen, wie auch die überzeugten Independenten (radikale Puritaner) in den Reihen der New Model nichts für die katholische Bevölkerung übrig hatten, aber militärisch bewährte sich die englische Brigade im Kampf gegen die spanischen Invasionstruppen durchaus. Obwohl im Laufe der Jahre durch Desertionen und sonstige Abgänge stark reduziert, blieb das Korps bis zum offiziellen Friedensschluss zwischen Spanien und Portugal im Jahre 1668 auf der iberischen Halbinsel.41 39 Fraser, King Charles II, 205. 40 Vgl. dazu Childs, Army of Charles II, 162–170. 41 Zum Gesamtkonflikt vgl. Valladares, La Rebelión de Portugal. 32

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Der für Madrid erschreckende Machtzuwachs und die veritable Bedrohung durch England ließ die ehemaligen erbitterten Kriegsgegner Spanien und Niederlande zueinanderfinden. Ein offizielles Bündnis mit Spanien freilich konnte der niederländische Staatslenker Johan de Witt, nach Charles Wilson der größte holländische Staatsmann seiner Zeit,42 aufgrund der Verpflichtungen der Generalstaaten gegenüber Frankreich noch nicht schmieden. Die Möglichkeit allerdings war nicht ganz abwegig. Nicht zu Unrecht fürchtete der englische Lordkanzler Edward Hyde, 1. Earl of Clarendon, ein Dreierbündnis, bestehend aus den Niederlanden, Frankreich und Spanien, gegen das Königreich im Vorfeld des zweiten Seekrieges.43 Doch ganz so schlimm sollte es für England nicht kommen; zumindest Spanien schloss kein Bündnis mit Frankreich. Doch noch während des Krieges, als bereits ein französischer Angriff auf die Spanischen Niederlande absehbar war, gab es eine starke profranzösische Partei in Madrid. Überhaupt war Spanien, das seit dem Dreißigjährigen Krieg in einer tiefen ökonomischen Krise steckte, auch in einer politisch äußerst instabilen Lage: König Philipp IV. starb 1665. Die Regierungsgeschäfte für den zeit seines Lebens psychisch wie physisch stark eingeschränkten Karl II.44 übernahm seine Mutter Maria Anna, eine aus Österreich stammende Habsburgerin und ältere Schwester des Kaisers Leopold I. Die Defizite des jungen Thronfolgers waren dermaßen stark, dass man in ganz Europa mit seinem baldigen Ableben rechnete. Der sich nie in die Regierungsgeschäfte einmischende Monarch, der allerorts als Kretin angesehen wurde, starb jedoch erst 1700. Dennoch: Die Frage der spanischen Thronfolge war eines der hochbrisanten Themen Europas in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Anwärter auf die Erbschaft waren einerseits die österreichische Linie der Habsburger und andererseits der französische König Ludwig  XIV., der mit der spani42 Wilson, Profit and Power, 14. 43 Dazu Israel, Emerging Empire, 429f. 44 Zu seiner Person vgl. Pfandl, Karl  II., sowie Kalnein, Karl  II., und zum gesamthistorischen Kontext Kamen, Spain’s Road to Empire, 381–437. 33

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schen Infantin Maria Theresia verheiratet war. Für die Herrscher Europas wurde das vor Jahrzehnten noch als Weltmacht gefürchtete Spanien zur Dispositionsmasse. Am Hof in Madrid gab es Parteigänger aller beiden großen Dynastien, der Habsburger und Bourbonen. Die Junta de gobierno, die die Regierungsgeschäfte führte, zog daher bei Weitem nicht an einem Strang. Das spanische Hofestablishment war auf alle Fälle gespalten, in die Afrancesados und Austriacos, die sich wiederum separierten in die Nidhardistes, Anhänger des Beraters der Königin Johann Eberhard Nidhart, und Don Juanistes, benannt nach Don Juan José de Austria, unehelicher Sohn Philipps IV., der schließlich als Sieger aus dem innenpolitischen Machtkampf hervorging. Der in Spanien äußerst umstrittene und zum Teil auch unglücklich agierende Jesuit Johann Eberhard Graf Nidhart, ehemaliger Erzieher Maria Annas, übte (bis zu seinem Sturz 1669) als Beichtvater und Angehöriger des Consejo real de estado (Staatsrat) starken Einfluss auf die Regentin aus.45 Der gebürtige Oberösterreicher Nidhart, der sich unter anderem durch das Verbot von Theatervorstellungen und Stierkämpfen in Spanien äußerst unbeliebt machte, misstraute dem englischen König zutiefst und tendierte darum bündnispolitisch – bis zum Überfall Ludwigs XIV. auf die Spanischen Niederlande – sogar in Richtung Frankreich. Klar deklarierte sich der spanische Staatsmann Ramiro Núñez Felípez de Guzmán, Herzog von Medina de las Torres, mit seiner Denkschrift von 1666: Er forderte eine Annäherung an England und damit einhergehend Friede mit Portugal. Als entschiedener Gegner Frankreichs konnte er der am spanischen Hof verbreiteten Ansicht, Frankreich sei eigentlich der sicherste Bundesgenosse, nichts abgewinnen.46 Aber der Herzog war zu jener Zeit eher eine Ausnahme in den spanischen Regierungskreisen. So konnte sich zum Leidwesen Kaiser Leopolds I., der noch während des 45 Vgl. Pribram, Lisola, 293–351, und zur Person des Jesuiten Strnad, Vom Hofbeichtvater zum Generalinquisitor, und ders., Nidhard Johann Eberhard. 46 Zur Denkschrift des Herzogs von Medina de las Torres vgl. Pfandl, Karl  II., 151–162. 34

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zweiten Englisch-Niederländischen Krieges eine aus den europäischen Mächten und den Reichsfürsten bestehende starke antifranzösische Koalition aufbauen wollte, Spanien nicht bedingungslos hinter den Kaiser stellen, zumal diese Koalition ebenfalls England, den Verbündeten Portugals, einschließen sollte. Zudem war das Verhältnis der beiden Habsburger Linien seit dem Westfälischen Frieden von 1648, in dem die Österreicher von einer weiteren Unterstützung Spaniens absehen mussten, nicht mehr das beste. Die Niederländer mischten sich 1658 bis 1660 aufseiten Dänemarks in den Nordischen Krieg ein. Dänemark kämpfte wie Polen, das von Österreich und nach einem Bündniswechsel von Brandenburg-Preußen (man sprach während der Regierungszeit des Kurfürsten Friedrich Wilhelm vom brandenburgischen „Wechselfieber“) unterstützt wurde, gegen die aufstrebende Großmacht Schweden. Für Brandenburg-Preußen stand freilich die Auflösung der polnischen Lehensherrschaft über das Herzogtum Preußen im Fokus, die mit den Verträgen von Wehlau (1657) und Oliva (1660) schließlich auch gelang. 1658 musste Dänemark bereits einen katastrophalen Frieden mit Schweden schließen: Die im heutigen Südschweden liegenden Provinzen Dänemarks, die Insel Bornholm und das norwegische Trontheim gingen an den nördlichen Nachbarn und Erzrivalen. Zudem – und das war der entscheidende Punkt für die Niederlande – musste der dänische König Friedrich III. den Sund für alle feindlichen Kriegsflotten sperren.47 Es ging den Herren im Haag natürlich in erster Linie um den handelspolitisch neuralgischen Sund und um den freien Schiffsverkehr in die wirtschaftlich lukrative Ostseeregion. Die vom schwedischen König Karl X. intendierte Errichtung eines mare clausum der Ostsee war für die Handelsnation schlichtweg inakzeptabel 47 Der Text des Vertrages von Roskilde vom 26. Februar 1658 ist zu finden unter: http://www.ieg-mainz.de/ IEG-Friedensverträge (Zugriff: 14.  Oktober 2012); zum 2. Nordischen Krieg ausführlich Frost, The Northern Wars, 169–208. 35

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und existenzbedrohend. In dieser Konfliktlage stellte Schweden mit seinen – wieder einmal sehr offensiv vorgetragenen – Hegemonialansprüchen auf das dominium maris baltici eine große Gefahr dar. Die Regenten ergriffen daher traditionsgemäß die Partei für den dänischen König. 1658 segelte ein niederländischer Kampfverband mit über 50 Schiffen in den Sund. Zuerst vertrieb der niederländische Admiralleutnant Jacob van Wassenaer Obdam die schwedische Seestreitmacht aus der Meeresenge und beendete die Blockade von Kopenhagen. Ein Jahr später ermöglichte die Flotte der Generalstaaten die Anlandung alliierter Truppen auf die Insel Fünen, die schließlich die schwedische Niederlage bei Nyborg am 24. November mit sich brachte. Noch im selben Jahr tauchten englische Kriegsschiffe am Sund auf. Der von Richard Cromwell, Sohn Olivers und neuer Lord Protector, entsandte Flottenverband kam allerdings nicht, um die niederländische Flotte zu unterstützen, sondern um englische Handelsinteressen am Sund und in der Ostsee geltend zu machen.48 England, in dieser Lage mit Frankreich verbündet, blieb im Nordischen Krieg ein unsicherer Kantonist, zumal Kardinal-Premier Mazarin ganz klar schwedische Anliegen vertrat und sich hier die englische Seemacht zunutze machen wollte. Doch mit dem Zusammenbruch des Protektoratsregimes in London fiel dieser Unsicherheitsfaktor aus; vor allem ging den Schweden ein potentieller Verbündeter verloren. Ein Jahr später musste Schweden aufgrund der militärischen Unterlegenheit Frieden schließen. Noch vor dem Friedensschluss in Oliva (3. Mai 1660), der den Nordischen Krieg beendete, starb der auf Expansion ausgerichtete schwedische Monarch Karl X. am 22. Februar 1660. Gleich seinem Vorbild Gustav II. Adolf blieb auch sein Werk unvollendet. Einige Monate darauf, am 6.  Juni, schlossen Schweden und Dänemark unter Vermittlung Frankreichs, Englands und der Generalstaaten in Kopenhagen Frieden.

48 Vgl. dazu Capp, Cromwells Navy, 108–112. 36

Die europäischen Konfliktlinien

Der zweite Englisch-Niederländische Seekrieg war bereits internationaler aufgestellt als die erste Konfrontation der beiden Handelsmächte. Er fing zwar wieder als rein bilaterale Angelegenheit an, jedoch schlugen sich Frankreich und Dänemark auf die Seite der Generalstaaten, das Fürstbistum Münster auf die Seite Englands. Das ökonomisch und maritim enorm expandierende und deswegen als Bündnispartner heiß begehrte Frankreich, bereits seit 1662/63 durch einen Wirtschafts- und Bündnisvertrag mit den Niederländern verbunden, entschied sich bei diesem Krieg für die Schwächung des kommerziellen Rivalen England. Ludwig hätte sich genauso gut gegen die Niederlande, die er persönlich sicher unsympathischer fand als die englische Monarchie, stellen können. Doch für den kommenden Sonnenkönig herrschten vorerst einmal machtpolitische Erwägungen vor, abgesehen davon, dass er Den Haag militärisch nur sehr halbherzig unterstützte. Die Engländer wiederum unterschätzten ganz einfach die Bedeutung der Spanischen Niederlande im Kalkül Ludwigs, für den Fragen der Tradition und Ehre eine beträchtliche Rolle spielten. Wie labil die Bündnislage und schnell wechselnd die Bündnisintentionen der damaligen Herrschenden waren, zeigt alleine schon die Bestrebung Englands, mit der Casa de Austria, also mit Spanien und vor allem mit dem Kaiser, während des zweiten Englisch-Niederländischen Krieges eine Offensivallianz schmieden zu wollen. Im Angesicht des französisch-niederländischen Bündnisses verging Charles, wenn auch nur kurzfristig, die Liebe zu Frankreich. So vermittelte der kaiserliche Gesandte Franz Paul Freiherr von Lisola mit Einverständnis des Kaisers und im Auftrag des englischen Monarchen sowie zur Freude des niederländischen Ratspensionärs Johan de Witt zwischen England und den Generalstaaten. Kaiser Leopold I. wollte sich jedoch nur auf eine Defensivallianz im Falle eines französischen Angriffs verstehen. Für England alleine war er noch nicht bereit, einen Krieg gegen Frankreich ohne die Unterstützung Spaniens, die auch nicht zu bekommen war, zu riskieren.49 49 Vgl. dazu Pribram, Lisola, 293–305. 37

Europäische und globale Lage

Auch für die Niederlande war die Bündnislage alles andere als beruhigend, denn der Vertragspartner Frankreich war attraktiv und gefährlich zugleich. Für die Republik hieß das Leitmotiv: Gallia amica, non vicina. Stand Ludwig vorerst einmal aus taktisch-politischen Gründen aufseiten der Handelsrepublik, so hatte sein Wirtschaftsfachmann Colbert bereits andere Visionen: Mit dem Ausbau der merkantilen und weltweit ausgelegten ökonomischen Interessen Frankreichs wurden die Handelsherren der Niederlande unversehens zu den großen Konkurrenten des aufstrebenden Königreichs. Noch während des Krieges erließ der Verbündete Frankreich handelspolitische Maßnahmen gegen holländische und seeländische Importe.50 Colbert führte seitdem einen nicht zu übersehenden „Handelskrieg“ gegen die Niederlande. Ein Freund der militärischen Konfliktlösung aber, das muss zum Oberintendant der Staatsverwaltung für Finanzen, Handel, Verkehr, Marine, Kolonien und Kunst ergänzend angeführt werden, war er nicht. Obgleich er eine starke Flotte favorisierte, wäre es Colbert, im Gegensatz zu seinem Monarchen, lieber gewesen, nicht auf physische Gewalt, sondern auf protektionistische Maßnahmen in der Handels‑, Wirtschafts- und Zollpolitik zurückzugreifen. Das Karussell der Bündnisse rotierte weiter: Nach dem zweiten Seekrieg schlossen sich die einstigen Rivalen, England und die Niederlande, mit Schweden zu einem Bündnis zusammen – das war die sogenannte Tripelallianz, die antifranzösisch ausgerichtet war. Nicht zuletzt aufgrund dieser Machtzusammenballung musste Ludwig im Mai 1668 den Frieden von Aachen schließen, der den französischen Einfall in die Spanischen Niederlande, den sogenannten Devolutionskrieg, beendete. Die Tripelallianz zwischen den drei europäischen Mächten war jedoch eine äußerst zerbrechliche Interessensgemeinschaft: England befand sich auf mehreren Ebenen in Konkurrenz zu den Generalstaaten, und Schweden war die letzten zwanzig Jahre alles andere als der präferierte Bündnispartner der Republik, da die Niederländer aufgrund der Sunddurchfahrt eigennützigerweise stets 50 Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 176–180. 38

Die europäischen Konfliktlinien

Dänemark den Vorzug gaben. So scherte der englische König Charles II. nach kurzer Zeit aus diesem Bündnis aus. Im Geheimvertrag von Dover51 wechselte er, wie sein Bruder James ein Bewunderer der französischen Monarchie, die Seite. Schweden kündigte bald darauf – überzeugt durch die hartnäckig agierenden französischen Diplomaten – die Allianz. Auch die kaiserliche Politik, 1667 noch bemüht, eine antifranzösische Koalition aufzustellen, war alles andere als kontinuierlich. Am 19. Januar 1668 schloss der erste Minister Leopolds, Johann Weikhard von Auersperg, mit Frankreich einen Teilungsvertrag über die spanischen Herrschaften.52 Dem ehrgeizigen Auersperg, der zuvor als Haupt der spanischen Partei in Wien galt, wurde vonseiten des französischen Königs die Kardinalswürde in Aussicht gestellt, und Ludwig verwendete sich auch mehrmals dafür beim Papst, bevor er doch einen französischen Kandidaten vorzog. Den Kardinalshut bekam der erste Mann Leopolds daher nie. Der angefeindete Fürst verfing sich in der Wiener Politik und wurde vom Kaiser auf seine Güter in der Krain verbannt. Sein Intimfeind und Nachfolger Wenzel Eusebius von Lobkowitz setzte die profranzösische Politik am Wiener Hof fort. Ein korrumpierter Minister war jedoch nicht die einzige Triebkraft für die Annäherung Österreichs an Frankreich. Die kaiserliche Politik selbst war aufgrund der fehlenden Bündnispartner zu wenig selbstbewusst, zudem mit einer handfesten Magnatenverschwörung in Ungarn und mit einer ständigen türkischen Bedrohung konfrontiert, sodass man sich Ludwig anbiedern musste und ungeniert mit den Franzosen über eine konkrete Aufteilung Spaniens nach Ableben des kränklichen Thronfolgers verhandelte: Spanien, Westindien, Mailand, Finale, feste Plätze in der Toskana, Sardinien sowie die Balearen und Kanaren sollten an den Kaiser gehen, die Spanischen Niederlande, die Franche-Comté, die Philippinen, Navarra, Neapel und Sizilien an Frankreich. Der Vertrag musste 51 Dazu Hutton, The Making of the Treaty of Dover, und Recker, Der Vertrag von Dover 1670. 52 Dazu vgl. Mecenseffy, Im Dienste dreier Habsburger, 462–493; sowie ausführlich Pribram, Lisola, 293–351 und 479–530. 39

Europäische und globale Lage

strengster Geheimhaltung unterliegen; kein Wunder, war doch hier ein Habsburger dabei, die Herrschaften seiner Schwester zu verschachern. Tatsächlich blieb der Vertrag für geraume Zeit geheim, er wurde erst im 19. Jahrhundert wieder entdeckt. Des Weiteren war Auersperg vor seinem unrühmlichen Sturz noch bemüht, eine katholische Tripelallianz mit dem im Teilungsvertrag heimlich geprellten Spanien und Frankreich aufzustellen. Das war jedoch schon aufgrund des französisch-spanischen Gegensatzes unmöglich, zumal das durch den Devolutionskrieg geläuterte Spanien eher zur protestantischen Tripelallianz tendierte. War der Teilungsvertrag für Ludwig ein enormer Erfolg, lief es andernorts im Reich weniger gut. So zerfiel im Jahre 1668 die antikaiserliche Allianz des Rheinbundes (Erster Rheinbund oder auch Rheinische Allianz genannt), ein überkonfessionelles Defensivbündnis geistlicher und weltlicher Reichsfürsten, das der französische König als wertvolles Instrument für seine Reichspolitik betrachtete. Das Scheitern des Rheinbundes war auch das Scheitern des Konzepts des Kurerzkanzlers Johann Philipp von Schönborn (Kurfürst von Mainz), der einen Bund ohne Kaiser realisieren wollte. Aber noch einmal gelang es der geschickten Diplomatie Ludwigs XIV., das Haus Habsburg und das Reich einige Zeit zu neutralisieren. Mit dem Neutralitätsvertrag vom 1. November 1671 versprach das Reichsoberhaupt, sich – für ein Jahr zumindest – nicht in Konflikte außerhalb des Reiches und Spaniens einzumischen. Die Wiener Politik fühlte sich nach wie vor zu wenig gerüstet, und auch eine verlässliche Koalition schien nicht in Aussicht. Unter Garantierung des Westfälischen und Aachener Friedens wurde so Ludwig XIV. freie Hand für seine expansive Politik eingeräumt. Der französische König hatte nun den diplomatischen Spielraum, den er für sein Unternehmen gegen die Republik der Vereinigten Niederlande brauchte. Mit der vertraglichen Bindung Englands wie auch der Neutralisierung des Kaisers und des Reiches ging der Sonnenkönig in die Offensive. Somit war der im Zuge dieser internationalen Konstellation folgende dritte Englisch-Niederländische Seekrieg ein Teil des Französisch-Niederländischen Krieges, genannt Holländischer Krieg, der bis 1678/79 dauerte und eine gesamteuropäische Dimension hat40

Die europäischen Konfliktlinien

te.53 Frankreich marschierte schier unaufhaltsam in die Provinzen der Generalstaaten ein, England versuchte, die Republik auf See zu zermürben. Nach einiger Zeit fasste das Reichsoberhaupt doch den Mut, den Generalstaaten beizustehen, zumal sich die französischen Operationen auch auf das Reichsgebiet auswirkten, das er als Kaiser zu schützen hatte. So stand eine Koalition aus dem Kaiser, Spanien, Dänemark, Lothringen, Kurbrandenburg (das allerdings im Juni 1673 bereits wieder mit Frankreich Frieden schloss), Kursachsen, Kurtrier, Hessen-Kassel und den Welfen von Wolfenbüttel und Celle aufseiten der Niederlande einem französischen Bündnis mit England, Kurköln und Münster gegenüber. Charles II. musste bereits 1674 aufgrund der innenpolitischen Situation in England Frieden mit den Generalstaaten schließen. Das Ziel einer schnellen Niederwerfung des Gegners erfüllte sich für den Stuart nicht. Doch auch die kaiserliche Koalition konnte sich schließlich nicht durchsetzen. Die inkonstante Bündnislage, militärische Niederlagen und die überlegene französische Diplomatie zwangen Leopold 1679 in Nimwegen einen für Ludwig vorteilhaften Frieden einzugehen. Freiburg in den habsburgischen Vorlanden, die Freigrafschaft Burgund und einige Reichsstädte gingen an Frankreich. Mit den Niederlanden schloss die französische Krone bereits ein Jahr zuvor Friede, der im Wesentlichen den Status quo festschrieb. Doch es konnte nichts darüber hinwegtäuschen, dass die Provinzen der Generalstaaten schwer vom Krieg mitgenommen waren. Ludwig XIV. blieb auch nach dem Friedensschluss eine äußerst unsichere und zugleich gefährliche Konstante im internationalen Machtspiel, das er jetzt beherrschte wie kein Zweiter.54

53 Dazu Sonnino, Louis XIV and the Origins of the Dutch War, und Ekberg, The Failure of Louis XIV’s Dutch War. 54 Zur internationalen Lage in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vgl. im Überblick Schilling, Höfe und Allianzen, 198–240; die entsprechenden Abschnitte bei Malettke, Hegemonie – multipolares System – Gleichgewicht; Duchhardt, Barock und Aufklärung, 1–32; die entsprechenden Abschnitte bei ders., Europa am Vorabend der Moderne; Press, Kriege und Krisen, 396–424. 41

3.  Di e be i de n Kon k u r r e n t e n i m W e lts y s t e m

3.1.  N i e de r l a n de

D

ie nördlichen Provinzen der Niederlande, die sogenannten Generalstaaten, waren die global führende Handelsmacht des 17. Jahrhunderts. Wie konnte dieses flächenmäßig wie auch in seiner Einwohnerzahl begrenzte Land eine dermaßen führende Stellung im Europa- und Welthandel einnehmen? Und wie war es diesem Land möglich, der aufstrebenden Seemacht England die Stirn zu bieten? ­Zumal ja die Republik der Vereinigten Niederlande nicht gerade ein von der Natur bevorzugtes Land gewesen ist: Man musste dem Meer mit großem Aufwand Land abtrotzen, die Ressourcen waren knapp, die Energiegewinnung auf Wind ausgelegt. Zudem stellte der Freiheitskampf gegen Spanien eine enorme Belastung dar. Auch ein dezentralisiertes politisches System, das schnelle Entscheidungen nicht gerade förderte, sowie die Heterogenität in den Konfessionen sprachen nicht für ein problemloses Krisenmanagement in Kriegszeiten.

3.1.1.  Da s p ol i t i s c h e S y s t e m

Bevor die Republik der Vereinigten Niederlande in die kriegerischen Auseinandersetzungen gegen England in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verwickelt wurde, musste sie im sogenannten Achtzigjährigen

43

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

Krieg die Unabhängigkeit von der spanischen Monarchie erkämpfen.1 Friedrich Schiller nannte sein großes, jedoch unvollendet gebliebenes historisches Werk in glühender Parteinahme für die freiheitliche Republik die „Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung“. Für Schiller war es der Kampf der Freiheitsliebe des niederländischen Volkes gegen den spanischen Despotismus. Die moderne Forschung hat freilich ein differenzierteres Bild vom Unabhängigkeitskampf der nördlichen Provinzen abseits der für Spaniens Ruf so fatalen leyenda negra,2 die nur zum Teil aus niederländischen Episoden besteht, gezeichnet. Dennoch: Die zentralistischen, kirchen- und konfessionspolitischen Maßnahmen Philipps  II.,3 Ketzerverfolgungen und die tiefe Abneigung gegen die spanische Inquisition, hoher Steuerdruck sowie die oft restriktiven bis brutalen Maßnahmen der spanischen Statthalterschaft in den Niederlanden (als Stichwort sei hier nur Fernando Álvarez de Toledo y Pimentel, besser bekannt als der Duque de Alba, genannt – für Philipp der Troubleshooter, für die literarische Nachbetrachtung schlechterdings das Symbol der spanischen Tyrannei) lösten eine Aufstandsbewegung aus, die in einem langwierigen Unabhängigkeitskampf kulminierte. Die spanischen Intentionen liefen dem selbstbewussten niederländischen Adel, der an der Regierung partizipieren wollte, genauso entgegen wie den auf möglichst große Autonomie pochenden und nicht minder selbstbewussten Ständen der einzelnen Städte und Herrschaften.

1 Zum Unabhängigkeitskampf der nördlichen Niederlande vgl. nur Lem, Opstand!; Parker, Aufstand; neuerdings die Beiträge in Groenveld/Leeuwenberg, De Tachtigjarige Oorlog; im Überblick Israel, Dutch Republic, 155–230; die entsprechenden Abschnitte bei Lademacher, Geschichte der Niederlande; ders., Die Niederlande, 71–149; zur politischen Theorie Saage, Herrschaft, Toleranz, Widerstand; Schilling, Aufstand. 2 Zu diesem antispanischen Kampfbegriff vgl. Edelmayer, „Leyenda negra“. 3 Zu diesem spanischen König vgl. Edelmayer, Philipp II. 44

Niederlande

Einige Meilensteine im Zuge des Aufstands und bei der Errichtung der Republik der Vereinigten Niederlande sind zu erwähnen: Am 6. Juni 1568 wurden Lamoral Graf von Egmont und Philipp von Montmorency, Graf von Hoorn, als Exponenten der Adelsopposition auf Befehl Philipps  II. hingerichtet. Hoorns Bruder Floris, Abgesandter der niederländischen Stände, wurde im Kastell von Simancas erdrosselt. Wilhelm von Oranien blieb somit als politischer und militärischer Führer der antispanischen Opposition übrig. Am 23.  Januar 1579 schlossen sich Johann VI. von Nassau-Dillenburg, Statthalter von Gelderland, die Ritterschaft von Geldern und Zutphen, Holland, Seeland, Utrecht und die Groninger Ommelanden zur Union von Utrecht zusammen. Zwei Jahre darauf sagten sich diese Herrschaften per Urkunde von Spanien los. Obwohl dieser Zusammenschluss in Sachen Krieg und Frieden noch nicht die endgültige Konstellation der sogenannten Generalstaaten war, gilt der in Utrecht abgeschlossene Vertrag als Geburtsurkunde der nördlichen Niederlande. Ihre endgültige Form erhielt dieses für Europa ungewöhnliche Staatswesen im Jahr 1595, als sich Holland, das wohlhabendste und einflussreichste Territorium, Seeland, Utrecht Geldern, Friesland, Overijssel sowie Stadt und Land Groningen zu den sieben vereinigten Provinzen, zur Republik der Vereinigten Niederlande, zusammenschlossen. Die politische und ökonomische Vorrangstellung der Provinz Holland wird alleine schon durch den Verteilungsschlüssel der Provinzen zum Gesamtstaatshaushalt von 1616 deutlich: Holland leistete hierzu 57,7  Prozent, Friesland 11,5  Prozent, Seeland 9,1  Prozent, Utrecht und Groningen je 5,8  Prozent, Gelderland 5,6  Prozent und Overijssel 3,5 Prozent.4 Drenthe, in der Literatur oft als achte Provinz bezeichnet, war eigentlich keine Provinz; das Gebiet konnte sich zwar selbst verwalten, hatte aber keine Stimme in den Generalstaaten. Die eroberten Gebiete im Süden, die sogenannten Generalitätslande, erhielten ebenfalls nicht den Status einer Provinz. 4

Die Zahlen bei Jongste, Bündnis von sieben souveränen Provinzen, 133f. 45

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

Von 1609 bis 1621 arrangierten die Verantwortlichen einen Waffenstillstand mit Spanien, der jedoch in der gesamteuropäischen Auseinandersetzung des im Reich als Dreißigjähriger Krieg bekannten Konflikts beendet wurde. Für die Niederlande ging der Unabhängigkeitskampf gegen die Krone Spaniens somit in die nächste Runde. Das Ende des achtzigjährigen Krieges wurde durch den Austausch der spanisch-niederländischen Friedensverträge am 30. Januar 1648 in Münster herbeigeführt. Die Beschwörung dieses Teilfriedens von Westfalen am 15. Mai desselben Jahres wurde von Gerard Ter Borch in einem berühmten Gemälde trefflich (wenn auch nicht authentisch) festgehalten. Die Generalstaaten der Niederlande schieden damit offiziell aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation aus. Die Republik, die im Laufe dieser Konfrontationen entstand, war mehr ein Zufallsprodukt denn eine seit Langem und ausgeklügelt entworfene Staatsform.5 Das zentrale Gremium der Republik waren – zumindest in den Angelegenheiten der Außenpolitik und der Landesverteidigung – die Generalstände (staten generaal, im Deutschen auch die Generalstaaten genannt). Dieses Ständegremium verwaltete ein eigenes Territorium, die Generalitätslande im Süden der Republik. Die Ständevertreter tagten seit 1588 (und permanent seit 1593) im Binnenhof von Den Haag. Den Haag, ‘s-Gravenhage, das Gehege des Grafen von Holland, so der mittelalterliche Name des Ortes, war ein Dorf abseits der Machtzentren und somit für alle Provinzen als zentraler „Regierungssitz“ tragbar. Da sich die einzelnen Provinzen als souveräne Territorien verstanden, kamen die Abgeordneten der Provinzialstände (staten provinciaal) lediglich mit einem imperativen Mandat ihrer Provinz nach Den Haag. Die Provinzen, allen voran Holland, bestimmten somit die Geschicke der Niederlande. Zuvor musste man sich innerhalb der Pro5

Zur Verfassung und zu den politischen Institutionen der Republik vgl. wiederum Lademacher, Geschichte der Niederlande, 75–95; ders., Die Niederlande, 159– 166; Israel, Dutch Republic, 276–306; Jongste, Bündnis von sieben Provinzen. 46

Niederlande

vinzen über politische Entscheidungen einigen, denn auch innerhalb der Provinzen vertraten die selbstbewussten Städte oftmals ganz eigenständige politische Linien. Die Vertreter der Ständeversammlungen der Provinzen sowie der Magistrats- und Ratskollegien, die sogenannten Regenten, stammten vornehmlich aus den reichen Patrizierfamilien, den Kaufmanns- und Gewerbeeliten des Landes. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Kontrolle über die Handelsgesellschaften zu den Kompetenzen dieses zentralen Gremiums gehörte. Laut Schätzungen gab es im 17. Jahrhundert bis an die 2 000 Regenten in den Niederlanden. Dieses sowohl auf Gewinn im Handel als auch auf Herrschaft und Reputation bedachte Bürgertum war die führende Gesellschaftsschicht der Niederlande. Der Klerus war nach Abschüttelung der spanischen Herrschaft im calvinistisch geprägten Land kaum noch existent, und der Adel war nach der Etablierung der republikanischen Staatsform zumindest in Holland bedeutungslos; in den anderen Provinzen passte er sich der bürgerlichen Lebensform an.6 Innerhalb der Generalstaaten etablierte sich der Landesadvokat (landsadvocaat), der juristische Berater der Stände Hollands, später Ratspensionär (raadspensionaris) genannt, als Vorsitzender der Staaten und wurde von auswärtigen Mächten als eine Art Außenminister gesehen. Johan von Oldenbarnevelt, der in einem konfessionspolitisch motivierten Streit mit dem Statthalter Moritz von Oranien den Kürzeren zog und dabei das Leben verlor, war der letzte Landesadvokat der Stände; nach ihm wurde das Amt als Ratspensionär bezeichnet. Der Staatsrat (raad van state) war ein von den Generalständen abhängiges administratives Organ und ist von den Kompetenzen her nicht mit der gleichnamigen Einrichtung der Habsburger in Brüssel vergleichbar. Als quasi-monarchisches Element blieb der Statthalter, der natürlich – und das schon in vorburgundischer Zeit – der Vertreter des Landes6 Zur niederländischen Gesellschaft siehe Schilling, Geschichte der nördlichen Niederlande, 505–510. 47

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

herrn, dann unter den Habsburgern der Vertreter des Königs war. Die Republik schuf dieses Amt nicht ab, jede Provinz konnte ihren eigenen Statthalter bestellten. Auf gesamtstaatlicher Ebene fielen die „Wahrung der wahren christlichen Religion“, das hieß die Wahrung des reformierten Bekenntnisses, die Justiz und das Militär (Oberbefehl über die Truppen und auch über die Flotte) sowie die äußerst bedeutsame Agenda der Besetzung der Magistrate in die Kompetenzfelder des Statthalters.7 Diese starke Einzelfunktion des Stellvertreters eines Monarchen, den es für die Vereinigten Niederlande nach dem Abfall von der spanischen Krone natürlich nicht mehr gab, in einem föderalistisch-republikanisch strukturierten Staatsgebilde war nicht nur für die monarchischen Herrschaften Europas irritierend, sondern sorgte auch im innenpolitischen Diskurs für genügend Friktionen. Schon alleine die Tatsache, dass es unter Friedrich Heinrich (1584–1647), Statthalter von Holland, Seeland, Utrecht, Geldern und Overijssel (also nicht der gesamten Niederlande), zur Bildung eines Geheimkabinetts kam, das aus Regenten der Generalstände bestand, lässt die Frage, „wer wessen Diener war“, nicht leicht beantworten. Laut Selbstverständnis der Republik verstanden sich die Hochmögenden, die ständischen Oligarchen, als Souveräne der Republik. Jedoch machten es starke Persönlichkeiten wie Wilhelm, der Führer des Aufstandes, genannt „Vater des Vaterlands“, Moritz der Heeresreformer, der militärisch im Dreißigjährigen Krieg (oder aus niederländischer Perspektive: der in der Endphase des Tachtigjarigen Oorlogs) erfolgreiche Friedrich Heinrich oder auch Wilhelm III., der junge Held des dritten Englisch-Niederländischen Seekriegs, den ständischen Vertretern nicht leicht, die Oranier in Fragen des Friedens und des Krieges zu übergehen. Zudem umgab die aus dem traditionsreichen Haus Nassau-Oranien8 stammenden Statthalter das Flair des Fürsten. Auf diesem Gebiet 7 Zum Amt des Statthalters vgl. die ausführliche Analyse von Mörke, ‚Stadtholder‘ oder ‚Staetholder‘?; biografische Skizzen bei Lademacher, Die Statthalter. 8 Zum Haus Oranien vgl. nur die entsprechenden Beiträge in Tamse, Statthalter und Könige, sowie in Lademacher, Onder den Oranje boom. 48

Niederlande

konnten die eher bieder auftretenden Ständevertreter nicht punkten. Prunkvolle Hofhaltung und der Lebensstil des Hochadels passte nicht zu den Vertretern der General- und Provinzialstände. Glanz und Gloria zog eben besser als bescheiden vorgebrachtes Understatement. Das Haus Nassau-Oranien mit ursprünglichem Stammsitz in Dillenburg, Erbschaften in den Niederlanden und der Herrschaft im Fürstentum Orange (Oranien) an der Rhône, aus dem die eigenständige Linie dieser Adelsfamilie hervorging, konnte in der Tat auf eine lange Tradition zurückblicken. Dementsprechend groß war die Akzeptanz an den Fürstenhöfen Europas, die weder die Generalstände noch den Ratspensionär richtig einzuordnen wussten. Ausdruck dieses politischen Antagonismus in den Niederlanden war eine wenn auch keineswegs immer scharf erkennbare gesellschaftspolitische Trennung in oraniertreue Prinzgesinnte (prinsgezinden oder auch stadhoudersgezinden) und republikanisch orientierte Staatsgesinnte (staatsgezinden). Vereinfacht kategorisiert lässt sich feststellen, dass das am freien Handel interessierte Kaufmanns- und Regentenpatriziat für eine libertäre Gesellschaftsordnung stand, gegen eine restriktive Öffentlichkeitskirche auftrat und für eine defensive und vorsichtige Außenpolitik plädierte. Die Regenten waren es auch, die sich für einen Frieden mit Spanien gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges aussprachen. Das oranientreue Klientel hingegen, das unter anderem aus dem Adel der Binnenprovinzen und dem recht breiten radikalen Flügel der calvinistischen Kirche bestand, vertrat eine aggressive außenwie konfessionspolitische Linie. Dieser Gegensatz verkomplizierte neben allen anderen Differenzen, die der starken föderalistischen Struktur und den ökonomischen Unterschieden der Provinzen geschuldet waren, die politischen Verhältnisse in den Niederlanden beträchtlich. Für eine kurze Unterbrechung dieses innenpolitischen Dualismus sorgte das Ableben des Statthalters Moritz II., der kurz vor seinem Tod einen Staatsstreich versuchte, Amsterdam militärisch besetzen wollte, damit jedoch scheiterte und dem Haus Oranien – zumindest kurzfristig – einen schweren Schaden zufügte. Auf den Tod des Oraniers folgte die 49

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

Zeit der „Wahren Freiheit“ (ware vrijheid), wie sie in den Niederlanden genannt wurde, die statthalterlose Zeit, der besonders der Ratspensionär Johan de Witt9 seinen Stempel aufdrückte.10 In der „Großen Versammlung“ (grote vergadering) im Januar 1651 wurden die Weichen für die kommende, wahrlich republikanische Epoche gestellt: Die Republik verdrängte das Amt des Statthalters aus ihrem politischen Blickfeld. Die Provinzen selbst bekamen größere militärische Kompetenzen zugesprochen, die Funktion eines kapitein-generaals, eines Oberbefehlshabers für die ganzen Niederlande, blieb vakant. Mit diesen Maßnahmen der Dezentralisierung war jedoch an das in Kriegszeiten vorteilhafte militärische Prinzip einer „Einheit der Führung“, geschweige denn an Reak­ tionsschnelligkeit nicht mehr zu denken. Und auch konfessionspolitisch wurden wichtige Entscheidungen getroffen. Erst die verzweifelte Lage im dritten Englisch-Niederländischen Krieg, in dem man es zu Lande mit der französischen Kriegsmaschinerie Ludwigs  XIV. zu tun bekam, brachte den Oranier Wilhelm III. wieder in eine dominierende Position. Nur nebenbei sei hier bemerkt, dass es auch in dieser Periode einen Statthalter gab, und zwar in den Provinzen Friesland und Groningen, in denen Wilhelm Friedrich und ab dessen Tod 1664 Heinrich Kasimir, beide Grafen von Nassau, das Amt des Provinzstatthalters wahrnahmen.11 Und natürlich gab es weiterhin eine große Anzahl von Befürwortern des Amts eines Statthalters (auch unter den Provinzialständen) sowie eine große Anhängerschaft des Hauses Oranien. Vor allem medial in Form von Flugschriften wurde nun der Konflikt zwischen Staatsgesinnten und Prinzgesinnten ausgetragen.12 Während des zweiten Krieges mussten die holländischen Stände bereits wieder Zugeständnisse gegenüber der Oranier-Partei einräumen: Der jugendliche Prinz Wilhelm 9 Zum Ratspensionär von Holland vgl. Rowen, John de Witt, und Panhuysen, De Ware Vrijheid. 10 Dazu Schilling, Der libertär-radikale Republikanismus. 11 Dazu Israel, Dutch Republic, 304. 12 Vgl. dazu kurz Lademacher, Die Statthalter, 58–61. 50

Niederlande

wurde zum Kind van Staat erklärt, das hieß, dass er in Zukunft durchaus wieder öffentliche Ämter wahrnehmen konnte. Für den Moment aber war der Oranier als „Staatskind“ für die Regenten angenehmer als in der Funktion eines Generalkapitäns oder Generaladmirals. Im dritten Krieg war es dann soweit: Der junge Oranier übernahm die höchsten militärischen Ämter der Republik.

3.1.2.  Di e k on f e s s ion e l l e L ag e i n de n N i e de r l a n de n

Wie überall im nördlichen Europa hielten auch in den Niederlanden die Lehren Luthers und Calvins Einzug. In der Republik fand man alle in Westeuropa gängigen Religionsgemeinschaften – neben dem reformierten Bekenntnis und der katholischen Glaubensgemeinschaft lebten auch Lutheraner, Täufer, Juden und andere Religionsgruppen in den sieben Provinzen. Der Calvinismus wurde für das Staatswesen zur prägenden, zur privilegierten Religion.13 Allerdings drückte sich die politische Vorrangstellung des niederländischen Calvinismus im 17. Jahrhundert nicht statistisch aus. Nach neueren Schätzungen waren in etwa ein Drittel – man findet auch die konkrete Zahl von 37 Prozent14 – der Bevölkerung dem Calvinismus zugeneigt, fast ebenso viele waren Katholiken, und ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung waren Täufer, wenngleich diese Proportionen regional und von Provinz zu Provinz äußerst unterschiedlich waren. Aufgrund der Aufnahme von vielen Tausenden Glaubensflüchtlingen und der beachtlichen Integrationsleistung von vielen Immigranten in den Städten wurde den Niederlanden in der Literatur oft ein starkes Maß an Toleranz bescheinigt, zumal die Union von 13 Zu den Konfessionen in den Niederlanden vgl. nur Israel, Dutch Republic, 361–398 und 637–653; Schutte, Eine calvinistische Nation?; Lademacher, Die Niederlande, 229–246; ders., Freiheit – Religion – Gewissen. 14 So z. B. bei Lademacher, Freiheit – Religion – Gewissen, 207. 51

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

Utrecht 1579 beschlossen hatte, dass niemand wegen seines Glaubens verfolgt werden dürfe. Ohne Zweifel können die Generalstaaten nicht mit anderen Staaten Europas in Sachen Konfessionspolitik verglichen werden. Die vorreformatorische Erweckungsbewegung der devotio moderna und die Lehre des großen Theologen und Humanisten Erasmus von Rotterdam, dessen Schriften der „Geist einer bibelhumanistischen katholischen Reform“15 zugrunde lag, blieben nicht ohne Auswirkung in den Niederlanden. Doch diese „Toleranz“ hatte ihre Grenzen, und es wäre falsch, sie mit heutigen Wertmaßstäben zu messen. Die niederländische Gesellschaft war „zwar multikonfessionell, nicht aber pluralistisch im modernen Sinne.“16 Für calvinistische Hardliner waren Katholiken das erste Feindbild: Sie galten als „Papisten“, als Abhängige von Rom und Handlanger des Erbfeindes Spanien. In der bereits erwähnten Großen Versammlung von 1651 wurden alle anderen Bekenntnisse vom Wahlrecht und von den öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, die reformierte Kirche wurde als privilegierte Religionsgemeinschaft bestätigt. Die Katholiken konnten erst am Ende des 18. Jahrhunderts in der Batavischen Republik, in der die revolutionären Franzosen die Richtlinien vorgaben, wieder in den Staatsdienst treten. Bereits vor der Groten Vergadering sprachen die calvinistischen Amtsträger den Katholiken die Kultusfreiheit ab. So untersagte die Stadt Amsterdam 1578 den feierlichen katholischen Gottesdienst. Geheimkirchen wie Ons’ Lieve Heer op Solder (Unser lieber Herrgott auf dem Dachboden) in der holländischen Hauptstadt zeugen heute noch von jenen verborgenen Gottesdiensten der Katholiken. Allerdings wurden die restriktiven Bestimmungen kaum konsequent angewandt, die Ausübung der Religion im Verborgenen wurde toleriert, und es gab im Laufe der Zeit auch katholische Verlage in Amsterdam.

15 Klueting, Das Konfessionelle Zeitalter, 172. 16 Schilling, Geschichte der nördlichen Niederlande, 510. 52

Niederlande

In einem internen calvinistischen Religionsstreit jedoch wurde die Sache todernst. Ausgangspunkt war eine akademische Kontroverse zwischen den beiden Leidener Professoren Jacobus Arminius und Franciscus Gomarus. Dabei ging es um die Auslegung der Prädestinationslehre, wobei Anhänger des Arminius, auch Remonstranten genannt, im Gegensatz zu den Kontraremonstranten eine wesentlich weniger strenge Auslegung der Prädestination vertraten, das calvinistische Prädestinationsdogma sogar stark kritisierten und stattdessen den freien Willen des Menschen propagierten. Dieser theologische Streit wurde politisch. Aufseiten der Remonstranten standen der Landesadvokat Johan van Oldenbarnevelt und einige Regenten, aufseiten der Kontraremonstranten die Mehrheit der Magistrate und schließlich auch der Statthalter Moritz von Oranien. Der Streit kulminierte in einem Machtkampf zwischen Statthalter und Landesadvokat, den der Beamte der holländischen Stände mit seinem Leben bezahlte: Oldenbarnevelt wurde des Hochverrats verurteilt und in Den Haag hingerichtet. Ein weiteres prominentes Opfer des Konfessionsstreits wurde der Philosoph und Rechtsgelehrte Hugo Grotius, der zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Dieser Konflikt, eindeutiger Höhepunkt religiös motivierter Streitereien in den Niederlanden, zeigt zweierlei: Die Reformierten waren in den Niederlanden keineswegs eine homogene Gruppe, und die labile konstitutionelle Verfassung zwischen dem Vertreter der Generalstände und dem Statthalter war konfliktträchtig.17 Obgleich die orthodoxe Richtung aus diesem Streit als Sieger hervorging, konnte sich in den Niederlanden der „Puritanismus“, die von englischen Einflüssen durchsetzte Nadere Reformatie, nicht flächendeckend durchsetzen.18 Schon der bedeutende niederländische Historiker Johan Huizinga stellte in seiner kulturhistorischen Betrachtung zum Goldenen Zeitalter der Niederlande fest: „Die Contrare-

17 Vgl. dazu Lademacher, Geschichte der Niederlande, 104–109. 18 Dazu von Greyerz, Religion und Kultur, 122–127. 53

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

monstranten darf man nicht ganz den Puritanern gleichsetzen.“19 Diese Feststellung war richtig, wenngleich auch viel zu vorsichtig formuliert, wobei die Unterschiede in den religiösen Vorstellungen der beiden hier angesprochenen Gruppen im Laufe der Zeit immer größer wurden. Die politisch Verantwortlichen in England, vor allem die einflussreichen Militärs, zur Zeit des ersten Englisch-Niederländischen Seekriegs waren religiös wesentlich radikaler als die Repräsentanten der „Wahren Freiheit“. So kann man zur Zeit des Rump-Parliament (1649–1653) keineswegs von konfessionspolitisch Gleichgesinnten in den Niederlanden und in England sprechen; die calvinistische Glaubensrichtung hatte sich bereits zu sehr differenziert.

3.1.3.  Ök onom i s c h e R a h m e n be di ng u ng e n u n d I n no vat ion

Die Republik der Vereinigten Niederlande war im 17. Jahrhundert das wirtschaftlich und technisch innovativste Land Europas.20 Bereits Zeitgenossen sahen die Generalstaaten als Pioniergesellschaft. Diese ökonomische Vorherrschaft war wohl einer der Gründe für die Kriege und selbstverständlich die Grundlage für das Durchhaltevermögen gegen die Angriffe der großen Mächte. Die Geschichtswissenschaft hat mehrere sozioökonomische, infrastrukturelle und technische Gründe dafür herausgearbeitet, warum gerade das kleine und auch von der Einwohnerzahl her gesehen nicht übergroße, jedoch geografisch sehr günstig gelegene Land 19 Huizinga, Holländische Kultur, 77. 20 Vgl. dazu Davids, Rise and Decline; weiters die instruktiven Aufsätze im Band von Davids und Lucassen, A Miracle Mirrored; ebenfalls den innovativen Charakter hervorhebend de Vries/Woude, The first modern economy; Schilling, Geschichte der nördlichen Niederlande, 475–517; de Vries, Dutch Rural Economy; kurz Lademacher, Geschichte der Niederlande, 126–130; Israel, Dutch Republic, 271–275, 307–327, 610–627. 54

Niederlande

eine dermaßen führende Stellung im Welthandel und in der Wirtschaft Europas einnehmen konnte. Die Niederländer, hier vor allem die Seeprovinzen Holland und Seeland, verstanden es, eine einmalige Konzentration von Rohstoffen und Kapital herzustellen, das Energiepotenzial (Windmühlen, Torf ) für Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft effizient zu nutzen, den Zwischenhandel durch den Ausbau von großen Stapelplätzen zu forcieren, ein europaweites Netzwerk im Handel zu unterhalten und eine ausgezeichnete Infrastruktur an Verkehrswegen sowohl an Land als auch mittels Wasserstraßen zu bauen. „Transport ist alles“ lautete das Motto jener Zeit. Schließlich zeigte die Erfahrung aus zahlreichen Kriegen, vor allem des Dreißigjährigen Krieges in Deutschland, dass Feldzüge, die nicht entlang von Flüssen, also nicht entlang der Wasserstraßen verlaufen konnten, meist zum Scheitern verurteilte Unternehmungen waren. Weiters bauten die Niederlande weder durch staatliche Institutionen noch in Gilden und Zünften Barrieren für die Wirtschaft auf, um hier nur einige Gründe des durchschlagenden Erfolgs anzudeuten. Außerdem hatten die Generalstaaten – wenn auch von Provinz zu Provinz äußerst verschieden – einen hohen Urbanisierungsgrad (bis zu 50  Prozent) mit einer erstaunlich hohen Alphabetisierungsrate von bis zu 60 Prozent der männlichen Bevölkerung zumindest in den holländischen Städten.21 Amsterdam wurde infolge der von den niederländischen Geusen initiierten Sperre der Schelde, die Antwerpen vom Seehandel abschnitt, die Handelsmetropole schlechthin; die bis dahin wichtigste Handelsstadt Antwerpen verlor an Bedeutung. Zudem etablierte sich die holländische Hauptstadt als Zentrum der Kartografie, womit sich die Handelsnation in der Navigation einen nicht unerheblichen Vorteil verschaffte. Die Industrie, vor allem die Waffen- und Textilindustrie, befand sich auf dem neuesten Stand der Technik. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war überdies die Zuwanderung spezialisierter Facharbeiter aus dem näheren Umkreis (zum Beispiel für die Textilindustrie von Haarlem und 21 Schilling, Geschichte der nördlichen Niederlande, 479. 55

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

Leiden), aber auch aus Frankreich (wie zu Ende des 17. Jahrhunderts die Hugenotten) und von der iberischen Halbinsel (sephardische Juden). Die wirtschaftlich bedeutendsten Migranten waren Glaubensflüchtlinge aus den südlichen Niederlanden, die sich von der spanischen Herrschaft absetzten.22 Es waren der größte Teil der unternehmerischen und kaufmännischen Elite Flanderns und Brabants und auch viele Handwerker, die sich im Norden ansässig machten. Es kam zu einer dauerhaften wie auch zu einer temporären Einwanderung in die nördlichen Niederlande. Fachkräfte und Arbeiter in Handel und Industrie, die einen wesentlich höheren Lohn als im Reich und in Westeuropa erhielten, blieben in den niederländischen Städten, Söldner und Seeleute ließen sich oft nur auf Zeit anheuern. Vor allem in den Kriegszeiten hatte die Flotte hohen Bedarf an Söldnern auf See. Sie kamen aus den Herrschaften des Alten Reichs, aus Schottland, den skandinavischen und baltischen Ländern.23 Der niederländische Wirtschaftshistoriker Jan Lucassen gibt eine halbe Million Migranten vom Ende des 16. bis zum 18. Jahrhundert, die in die Generalstaaten zogen, an. Ebenso viele Menschen, die mehrheitlich gar keine Niederländer waren, migrierten wiederum in die Hoheitsgebiete der Vereinigten Ostindischen Kompanie.24 So wurde die niederländische Gesellschaft, in der die soziale Herkunft keine allzu große Bedeutung besaß, eine hoch segmentierte, arbeitsteilige Gesellschaft. Die Integrationsleistung der niederländischen Städte war enorm, bedenkt man nur, dass alleine in den Jahren von 1585 bis 1587 100 000 bis 150 000 Flüchtlinge aus dem Süden in den Norden gingen (allerdings blieben nicht alle in den nördlichen Niederlanden).25 Freilich gab es auch einen Know-howTransfer aus den Niederlanden: So waren niederländische Spezialisten 22 Zur Bedeutung der Migration und Arbeit für die ökonomische Entwicklung der Niederlande vgl. Davids, Rise and Decline, 203–243; Lucassen, Labour; Israel, Dutch Republic, 307–315. 23 Vgl. dazu Jones, Anglo-Dutch War, 47. 24 Lusassen, Labour, 368f. 25 Israel, Dutch Republic, 308. 56

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und Unternehmer, wie Louis de Geer, der Vater des schwedischen Industriewesens, in Stockholm oder Textilmacher in England, gern gesehene Gäste in anderen Ländern. Einen umfassenden Erklärungsansatz aus ökonomischer und sozioökonomischer Sicht unternahm der Spezialist für niederländische Geschichte Jonathan I. Israel:26 Er beschrieb den expandierenden Handel von Massenwaren wie auch von Luxusgütern vom Baltikum über Frankreich, Spanien und Portugal über den Mittelmeerraum (Levantehandel) und über die afrikanische Westküste bis hin in die Karibik, nach Südund Nordamerika und nach Südostasien. In diesem globalen Handelsnetz kauften und verkauften die findigen Niederländer. Holland war die führende Frachtnation mit der bei Weitem höchsten Frachttonnage weltweit und großen, für den Zwischenhandel notwendigen Stapelplätzen an der Küste. Die von ihnen gebauten kostengünstigen und leicht fahrbaren Handelsschiffe, die Fleuten (fluitship), hatten ein hohes Frachtvolumen bei minimaler Besatzung. Somit war dieses Fahrzeug prädestiniert für den Ostseehandel, zumal das Oberdeck sehr schmal gehalten wurde, die Dänen aber den Zoll nach der Quadratmeteranzahl des obersten Decks berechneten und auch somit weniger an Gebühr anfiel. Die Schiffe und deren Ladungen wurden anteilig privat finanziert – zum Teil mit bis zu 64 Anteilen. Das unternehmerische Risiko wurde also geteilt. Mit der Gründung der Aktiengesellschaft, die die Handelsgesellschaften waren, stand eine Form der Unternehmensfinanzierung mit hohem Privatkapitalanteil zur Verfügung. Damit konnten die Unternehmer auch hochriskante Handelsaktivitäten durchführen. Zudem wurde das Frachtgut professionell versichert; das Versicherungswesen in den Niederlanden war vorbildlich. Das nötige Kapital für Handel und Wirtschaft stellte die 1609 gegründete Amsterdamer Wisselbank, die nach dem Vorbild der venezianischen Giro Bank eingerichtet wurde, zur Verfügung. Sie vergab staatliche Garantien für Anlagen und güns26 Israel, Dutch Primacy, 12–37. 57

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

tige Kredite, hatte ein strenges Bankgeheimnis, niedrige Kosten auf die Kontoführung und führte statt Bar- die Wechselzahlung ein. Täglich wurden in Amsterdam, dem führenden Handels- und Kreditplatz der Welt, mehrere Millionen Gulden bargeldlos bewegt. Überhaupt achtete die Republik auf Geldstabilität und vermied im Gegensatz zu vielen anderen Herrschaften Europas eine Münzverschlechterung. Zwei Jahre später wurde nach dem Vorbild Antwerpens die neue Börse in der holländischen Hauptstadt als Treffpunkt und Handelsplatz sowie auch zum Geldwechsel und als Standort für Versicherungen gegründet. Vor allem aufgrund des Amsterdamer Kapitalmarkts hatten die Niederländer fast durchgehend eine aktive Handelsbilanz. Es war also nicht nur der Handel als solcher, sondern die Kombination von Handel, Schifffahrt, Einrichtung des Stapelmarktes, Versicherungswesen und Kapital, das den Niederländern die von den Ökonomen sogenannte Marktmacht, die Beherrschung des Marktes und der Handelskonkurrenz, einbrachte.27 Der Förderung von scheepvaart ende commercie wurde oberste Priorität eingeräumt. Der in Amsterdam lehrende Historiker Karel Davids hat die technischen und ökonomischen Innovationen der Generalstaaten jüngst in ein überzeugendes kulturelles, politisches und sozioökonomisches Erklärungsmuster gestellt.28 Neben den allgemein schon als üblich geltenden Ursachen des Wirtschaftsaufschwungs, wie dem vorhandenen Handelsnetzwerk, der einmaligen Akkumulation von Rohstoffen und Kapital sowie der hohen Schiffsbau- und Navigationskunst (technische Verbesserung der Navigationsinstrumente und ‑verfahren) der Niederländer, bringt Davids ein weites Spektrum in die Diskussion ein. Er führt die technologische Vorrangstellung der Niederlande auf die innovative Weiterentwicklung bereits vorhandenen Wissens aus den anderen innovati27 Der Zusammenhang zwischen Handel und Marktmacht wurde auch von ­Ormrod, The rise of commercial Empires, 334–350, unterstrichen. 28 Hier vor allem die beiden Bände von Davids, Rise and Decline. 58

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ven Wirtschaftsräumen Europas, wie Norditalien, Süddeutschland und Flandern, zurück – interkontinentaler Wissenstransfer spielte bereits in der Frühen Neuzeit eine erhebliche Rolle. Die effiziente Nutzung der Energie von Windmühlen und aus der Verbrennung von Torf darf als Ursache für den ökonomischen Aufstieg der Niederlande genauso wenig außer Acht gelassen werden wie die generelle Offenheit für Neues, die Toleranz in der Zuwanderungspolitik, das – modern gesprochen – erfolgreich betriebene Wissensmanagement in den Unternehmen und die Vermeidung institutioneller sowie ideologischer Hürden durch Regierung, in Gilden, Zünften, Admiralitäten und Deichverwaltungen. Die Steuerpolitik war unternehmens- und marktfreundlich, wenngleich die Steuern in den Provinzen gewiss nicht niedrig waren, ein freier Verkehr von Gütern im Land ohnehin gegeben, die Gemeinkosten in der Produktionsentwicklung hielten sich in Grenzen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Niederlande, vor allem für die Seeprovinzen, war freilich die „Zähmung“ des Meeres durch Deiche, Schleusen, Dämme und Wasserwege für den Verkehr und zur Kultivierung von Land. Im Bereich des Wasserbaus brachten es die Niederländer zu wahren Meisterleistungen. Durchdachte Logistik und Organisation in allen Bereichen waren weitere herausragende Charakteristika der niederländischen Wirtschaft und des Handels. So waren die Häfen von Amsterdam und Rotterdam ausgezeichnet administriert und organisiert, zudem mit modernen Kränen zum Beladen und Löschen der Waren ausgestattet. Bei den Produktionsverfahren der Unternehmen bemühte man sich um eine Optimierung der Arbeitsabläufe, und man war stets an neuen Verfahren und Methoden interessiert. Neue Webetechniken, neue Bleichverfahren, eine verfeinerte Tabak- und Zuckerherstellung, Ölpressverfahren, modernere Papiererzeugung, neue Sägetechniken zur Holzverarbeitungen sind nur einige Beispiele dafür. In der für die Versorgung des Landes so wichtigen Heringfischerei, auf die die Generalstaaten schon ein Quasimonopol hatte, verarbeiteten und konservierten die niederländischen Seefahrer den Fisch sofort an Bord. In der Landwirtschaft arbeiteten 59

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großteils freie Bauern aufgrund der fehlenden bis gering entwickelten adeligen Grundherrschaft mit neuen Anbautechniken, neuen Düngemethoden, neuen Futtermitteln und agrartechnisch besser terminierten Ackerwechseln. Die niederländische Landwirtschaft reduzierte den unrentablen Getreideanbau (Getreide wurde aus dem Baltikum importiert) und betrieb stattdessen Weidewirtschaft und den Anbau von Industriepflanzen sowie Gemüse- und Blumenkulturen. Tierische Produkte wie Käse und Butter brachten eben höhere Gewinne als der Getreideanbau. Auch hier sorgten große Lagerhallen für eine effiziente Ressourcenverwaltung. Diese hochgradig arbeitsteilige und kommerzialisierte Produktionsweise in der Landwirtschaft band weitaus weniger Menschen in diesem Bereich als in anderen Gebieten Europas, sodass deutlich weniger Menschen im primären Sektor tätig waren – oder anders gesagt: In den Niederlanden gingen im 17. Jahrhundert relativ mehr Menschen anderen Tätigkeiten als der Subsistenzwirtschaft nach. Innovativ waren die Niederländer auch im Militärwesen. Ohne Zweifel war die spanische Kriegsschule die führende des Kontinents, doch die Oranier Moritz, Wilhelm Ludwig von Nassau-Dillenburg und Johann von Nassau-Siegen (Begründer des heimatlichen Landrettungswerkes, ein Wehrpflichtsystem) schufen ein moderner und disziplinierter agierendes Heer, als es viele andere Staaten Europas hatten.29 Intellektuelle Grundlage dieser Armeereform war der Neustoizismus, also antike Autoren, die das römische Heer und die philosophischen Grundlagen der Kriegführung beschrieben. Die militärische Konsequenz daraus waren Selbstbeherrschung, Zucht und Mäßigung, eine Neubetrachtung der disciplina militaris, daraus hervorgehend eine Modernisierung und Humanisierung des Militärstrafrechts. Drill und Exerzieren sowie automatisiertes Gefechtsverhalten bekamen einen höheren Stellenwert in diesem 29 Zur oranischen Heeresreform vgl. Ehlert, Ursprünge des modernen Militär­ wesens; Hahlweg, Die Heeresreform der Oranier; Sicken, Die oranische Heeres­ reform. 60

Niederlande

System, das auf einer Kombination von hoher moralischer Tugend und Pflichtbewusstsein sowie besserer militärischer Gefechts- und Waffenausbildung aufbaute. In der taktisch-organisatorischen Gefechtsgliederung brachte die Reform verbreitete Fronten, die sogenannte niederländische Ordonnanz, mit geringeren Tiefen und eine Einteilung der Regimenter in Bataillone mit sich. Das System bewährte sich im Dreißigjährigen Krieg nicht nur in den Niederlanden. Der Schwedenkönig Gustav  II. Adolf führte viele dieser Ansätze für sein erfolgreich operierendes Heer ein und modifizierte es. Für die Auseinandersetzung mit England jedoch spielte die oranische Heeresreform keine Rolle mehr. Die Kämpfe gegen England spielten sich zur See ab, und im dritten Krieg, in dem England mit Frankreich koalierte, war schon längst das Heer Ludwigs XIV. die am höchsten entwickelte Kriegsmaschinerie Europas. Natürlich hatte dieser Aufstieg der Niederlande auch beträchtliche Hürden zu überwinden und verlief keineswegs kontinuierlich: Spanische Embargos und Blockaden, der Dreißigjährige Krieg und die Handelskonkurrenz setzten den Generalstaaten zu. Dennoch darf der Aufstieg zur bedeutendsten Wirtschaftsmacht Europas in Zeiten der europäischen Krisen und Kriege als ein außergewöhnlicher Prozess gelten.

3.1. 4 .  Da s G ol de n e J a h r h u n de r t – K u lt u r u n d G e l e h r s a m k e i t

Das 17. Jahrhundert war für die Niederlande nicht nur eine ökonomisch außergewöhnliche Epoche, sondern auch eine kulturell und intellektuell hervorragende Zeit.30 Jeder auch noch so kurze Überblick 30 Zur kulturellen und intellektuellen Entwicklung der Niederlande vgl. den Klassiker von Huizinga, Holländische Kultur; neue Forschungsergebnisse im europäischem Kontext in Frijhoff/Spies (Hrsg.), 1650. Bevochten eendracht; eine gute Zusammenfassung bei Lademacher, Die Niederlande, 312–352, und Israel, Dutch Republic, 547–591 und 863–933. 61

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

über die Verhältnisse der Generalstaaten wäre unvollständig, würde man nicht wenigstens auf die Ausprägungen des Goldenen Zeitalters hinweisen. Die erste in den nördlichen Provinzen gegründete Universität war Leiden, die 1574 auf Initiative der Stände Hollands ihren Betrieb aufnahm; es folgten neben anderen Hochschulgründungen die friesische Universität in Franeker 1585, die Universität von Groningen 1614 und die von Utrecht 1636. Disziplinen wie die Theologie, die Rechtswissenschaften, die Altertumswissenschaften, die Orientalistik, Medizin oder Botanik genossen einen europaweiten Ruf. Mit dem bekanntesten Dramatiker der Republik, Joost von den Vondel, und weiteren Literaten kam es zu einem beachtenswerten Aufschwung der niederländischen Literatur. Der Markt für Bücher war größer als andernorts, dementsprechend hoch war die Anzahl an Verlagen und Druckereien. Mit dem Haager Christiaan Huygens wirkte einer der führenden und vielseitigsten Astronomen, Mathematiker und Physiker Europas in den Niederlanden. Sein Vater Constantijn war ein begabter Dichter und Komponist, hatte beste Verbindungen nach England und wurde von König James I. zum Ritter geschlagen. Durch die Kontakte von Constantijn kam es zu einem regen Austausch zwischen den Niederlanden und England im Bereich der allgemeinen Künste, Musik, Architektur und im Gartenbau, sein Sohn Christiaan war wiederum stark mit der englischen Wissenschaft verbunden.31 Beide gelten als repräsentative Beispiele des niederländisch-englischen Kultur- und Wissenstransfers. Herausragendes Merkmal der Epoche war ohne Zweifel die bildende Kunst. Die niederländische Schule, die sich eigenständig vom italienischen Renaissancestil emanzipierte, wurde stilbildend in Europa. Schätzungen gehen von ca. 700  Berufsmalern in Holland um 1650 aus, die jährlich etwa 70 000 Gemälde produzierten. Die Maler produzierten tatsächlich für den freien Markt. Natürlich gab es weiter31 Vgl. dazu Jardine, Going Dutch, 81–112 und passim. 62

England

hin Auftragsarbeiten. Es fehlte zwar weitgehend das fürstliche Mäzenatentum in den Niederlanden, doch traten Magistrate, Admiralitäten und das Patriziat als Auftraggeber in Erscheinung. Große Meister der niederländischen Schule waren Rembrandt Harmenszoon van Rijn, Frans Hals, Bartholomeus van der Helst, Albert Cuyp, Jacob und Salomon van Ruysdael, der in unserer Zeit sehr trendig gewordene Jan Vermeer, Jan Steen und der durch das 1648er-Bild bekannte Gerard Ter Borch – um hier nur einige zu nennen. Organisiert waren diese Künstler wie die Anstreicher als Handwerker in der St.-Lucas-Gilde. Bedeutung für die Seekriege hatten die Maler vor allem durch ihre realistischen Gefechtsdarstellungen und durch ihre Kenntnisse über die technischen Details der Schiffe. Vater und Sohn van de Velde, beide mit Vornamen Willem, wurden berühmt für ihre Darstellungen der Seeschlachten. Bemerkenswerterweise arbeiteten die geborenen Leidener für die Niederlande wie auch für England.

3.2.  E ng l a n d 3.2.1.  Da s p ol i t i s c h e S y s t e m

Das Jahr 1603, in dem König James VI. von Schottland als James I. König von England wurde, stellt eine Zäsur für die Geschichte Englands dar.32 Mit dem Tod Elisabeths ging das prägende Zeitalter der Tudors zu Ende. James  I., Sohn der von Elisabeth 18  Jahre in Haft gehaltenen und hingerichteten Maria Stuart, war ein durchaus geistreicher und intellektueller König,33 der jedoch immer mehr mit dem 32 Zur Geschichte Englands unter den Stuart-Königen vgl. nur die ausgezeichnete Darstellung von Coward, The Stuart Age; im Überblick Haan/Niedhard, Geschichte Englands, 150–200; Asch, Stuarts, 35–100; programmatisch Kishlansky, Monarchy Transformed. 33 Zu seiner Person vgl. Asch, Jakob I., in: Wende, Englische Könige, 95–110. 63

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in England als zweite politische Säule agierenden Parlament in Konflikt geriet. Vor allem mit seinen staatstheoretischen Schriften, die stark auf ein machtvolles sakrales Königtum hinwiesen, brachte er das Unterhaus gegen sich auf. Der Gegensatz zwischen König und Parlament verschärfte sich unter den ersten beiden Stuarts sukzessive, die typisch englische Vorstellung des „King in Parliament“ – der Monarch agiert mit Rat und Zustimmung der beiden Häuser (dem House of Lords, nobilitas maior, und dem House of Commons, nobilitas minor) – ging verloren. Die bekannte Petition of Rights von 1628 mit ihren Bestimmungen gegen willkürliche Verhaftungen, der Bestätigung des Steuerbewilligungsrechts durch das Parlament und der Untersagung von widerrechtlichen Truppeneinquartierungen war ein seltener Höhepunkt für die beiden hohen Häuser in den ersten vierzig Jahren des 17. Jahrhunderts. James, wie auch sein Sohn Charles I., unter dem sich der Gegensatz Krone-Parlament nochmals drastisch verschärfte, beriefen die Members of Parliament (MPs) so wenig wie möglich ein. In Konfliktfällen allerdings war diese Politik für die notorisch finanzschwache Krone nicht durchzuhalten. So musste Charles wegen konfessionspolitischer Unruhen in Schottland das Parlament nicht zuletzt zur Steuerbewilligung einberufen. Der Krieg gegen Schottland ging im Übrigen desaströs für den König aus, und nach der dortigen Niederlage brach in Irland ein Aufstand aus, der die antikatholischen Emotionen in England – auch gegen katholische Berater im Stab des Königs – überschwappen ließ. Dem sogenannten Kurzen Parlament vom November 1640 folgte das Lange Parlament, das zum hartnäckigen Gegner der Krone und zur Kriegspartei gegen Charles werden sollte. Zu Streitfragen in der Steuer- und Finanzpolitik und zur Behauptung der königlichen Prärogative kam das religiöse Moment hinzu; Fragen der Religions- und Kirchenverfassung spielten in diesem Konflikt eine

64

England

immer größere Rolle.34 Der wenngleich ungerechtfertigte Verdacht auf die persönlich prokatholischen Tendenzen (womit die Puritaner Englands eigentlich „papistisch“ meinten) des Monarchen, da seine Frau, Henrietta Maria de Bourbon, Schwester des französischen Königs Ludwig  XIII., Katholikin war, wurde für Charles eine schwere Bürde. Schimpfwörter wie papish rogues und papish dogs35 wurden im Laufe des Konflikts als Bezeichnung für die Anhänger des Königs im Wortschatz der politischen Presbyterianer und Independenten immer gebräuchlicher, das Wort von der popish tyranny des Hauses Stuart wurde immer populärer. Der Gegensatz zwischen Monarchie und Parlament wurde schließlich im Jahr 1642 unüberbrückbar, ein blutiger Bürgerkrieg, der England zutiefst erschütterte, war die Folge.36 Als Sieger dieser Auseinandersetzung ging das Parlament hervor. Charles I. wurde im Januar 1649 vom Unterhaus des Hochverrats angeklagt und vor Whitehall hingerichtet. Für die Frühe Neuzeit war dies 34 Die Interpretation der Ursachen der Englischen Revolution in der Forschung ist alles andere als ein homogener Ertrag. Die Interpretationsmuster reichen von Whig-Theorien über marxistische Interpretationen – Christopher Hill trug viel zur Popularisierung des materialistischen Konzepts bei – und Krisentheorien bis hin zu den revisionistischen Auffassungen. Nigel Heard wies auf die Tendenzen der jüngsten Zeit hin, in der Historikerinnen und Historiker Zweifel an diesen generellen Theorien anbringen. Zu dieser Diskussion vgl. Heard, Stuart Economy and Society, 1–15; eine gute Zusammenfassung der neuesten, englischsprachigen Darstellungen zur Englischen Revolution bietet Coward, The Stuart Age, XXVI–XXXIII. Zu den Ursachen der Englischen Revolution seien hier nur einige deutschsprachige oder ins Deutsche übersetzte Werke genannt, die eine Gesamtschau bieten: Saage, Herrschaft, Toleranz, Widerstand; Schröder, Revolutionen Englands; Stone, Ursachen der Englischen Revolution. 35 So zum Beispiel in einer Korrespondenz von Kirke an Rupert, Bridgeworth, 21. August 1644, Bodley, MS. Firth c. 7, fol. 147. 36 Auch die Literatur zum englischen Bürgerkrieg ist ungemein zahlreich. Vgl. deshalb nur: Bennet, The Civil Wars; Carlton, Going to the Wars; der Klassiker von Gardiner, History of the Great Civil War; Gentles, The Civil Wars; Kenyon/Ohlmeyer, The Civil Wars; Ollard, This War; Young/Holmes, The English Civil War. 65

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ein unerhörter Akt: Ein gekröntes Haupt wurde nicht ermordet, sondern offiziell von Volksvertretern in einem Prozessverfahren abgeurteilt. Einige Wochen vor der Hinrichtung ließ die Militärführung der Königsgegner das Parlament säubern. Diese Aktion ging als Pride’s Purge (benannt nach dem Kommandanten dieser Aktion Colonel Thomas Pride) in die englische Geschichte ein.37 Die in der Armee stark vertretenen Independenten wollten Gleichgesinnte als ihre politischen Vertreter im Parlament haben. Dieses Parliament of England bestand nur noch aus dem Unterhaus. Die Parlamentssprecher, die Präsidenten des Armeeund des Staatsrats waren die höchsten Funktionäre. Mit dem religiösen Impetus und der militärischen Dominanz brach nicht nur die Zeit der „Soldiers and Saints“ an, wie dieser Abschnitt der englischen Geschichte vom englischen Historiker Mark Kishlansky genannt wurde,38 sondern für vier Jahre auch die Zeit der rumper, der Rumpfparlamentarier, die selbst Kaufleute waren oder beste Beziehungen zu den new merchants Londons hatten und keineswegs die Radikalität der Armeeführung besaßen. Das Rumpfparlament, das Rump,39 war das entscheidende politische Gremium zu Kriegsbeginn des ersten Englisch-Niederländischen Krieges. Nach der Hinrichtung des Königs wurde am 19. Mai das sogenannte Commonwealth ausgerufen. Die offizielle Bezeichnung des Interregnums war charakteristischerweise nicht die Republik; der Begriff Commonwealth war für die Engländer jener Zeit positiver besetzt. Diese republikanische Staatsform war mehr Oligarchie ohne Monarch als Volksvertretung. Großer Beliebtheit im Volk erfreute sie sich während ihrer vierjährigen Existenz ohnehin nicht, eine allgemein anerkannte Legitimationsbasis war im In- wie auch im Ausland schwer herzustellen. 37 Dazu Underdown, Pride’s Purge. 38 Kishlansky, A Monarchy Transformed, 187–212. 39 Vgl. dazu das Standardwerk von Worden, Rump Parliament; sowie die ausgezeichnete Überblicksdarstellung von Woolrych, Britain in Revolution, 461–560, und Schröder, Revolutionen Englands, 134–160. 66

England

Von einer breiten Vertretung des englischen Volkes durch das Rumpfparlament kann somit nicht die Rede sein. Die Regierungsform der Niederlande galt in England als Vorbild, wobei man vor allem die ökonomischen Vorteile der Staatsform Republik gegenüber der Monarchie zu erkennen glaubte. Vice versa jedoch sahen die Verantwortlichen in Den Haag mit Unbehagen auf die Vorkommnisse in England. Stütze und Garant für die Existenz des Parlaments waren innenpolitisch das kostenaufwendige Heer und außenpolitisch die starken Seestreitkräfte, die das Commonwealth in kurzer Zeit aufbaute. Allerdings entstand gerade innerhalb des religiös stark inspirierten Heeres bald großer Unmut über den Reformstau des Rump. Religiöse Gruppierungen in der Armee, wie die Levellers und die Fifth Monarchists, sahen sich und vor allem Gott vom Parliament of England alsbald verraten. Für innenpolitischen Sprengstoff während der Zeit des Rumpfparlaments war gesorgt. Als der prägende Militär und Staatsmann jener Zeit trat immer mehr der charismatische, auch widersprüchliche Oliver Cromwell ins Rampenlicht.40 Im Bürgerkrieg war er als Kommandant der Ironsides, einer religiös besonders motivierten Eliteeinheit,41 militärisch erfolgreich, bevor er politisch die Fäden an sich zog. Im Jahre 1649 unterwarf er als Oberbefehlshaber eines englischen Expeditionskorps in einem kompromisslosen Feldzug Irland (wobei die Kriegsverbrechen Cromwells gegenüber der irischen Zivilbevölkerung oft übertrieben dargestellt wurden42), und 1651/52 besiegte er – erstmals eingesetzt als Commander-in-Chief, als Oberbefehlshaber der englischen Landstreitkräfte – die renitenten Schotten, die sich wieder mit den Stuarts ausgesöhnt und verbündet hatten: Am 3. September 1650 bei Dunbar und genau ein Jahr später bei Worcester (England), wo der klar unterlegene Charles II. mit der schot40 Die Literatur zu Cromwell ist zahlreich, ja fast unüberschaubar. Vgl. nur Metz, Cromwell; Morrill, Cromwell; Hill, Cromwell; Gillingham, Cromwell; Gaunt, Cromwell; Gentles, Cromwell. 41 Vgl. dazu Rebitsch, Glaube und Krieg. 42 Vgl. dazu Reilly, Cromwell: An honourable enemy. 67

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

tischen Armee vernichtend geschlagen wurde.43 Am 20. April 1653 löste Cromwell wortgewaltig das konservativ orientierte Rump-Parliament auf. Das nur zufällig so genannte Barebone’s Parliament (benannt nach einem radikalen Parlamentarier mit dem dubiosen Namen Praise-God Barebone), auch als Parlament der Heiligen bekannt, war nur eine kurzzeitige Übergangslösung. Der hohe Militär und Abgeordnete Cromwell wurde im Dezember des gleichen Jahres im Zuge des Instrument of Government44 zum Lord Protector von England, Schottland und Irland ernannt. In der Folge militarisierte das Regime das politische System Englands immer mehr. Es kam zur Einführung von elf Militärdistrikten, die von Generalmajoren geführt wurden. Die Revolution, die sich anfänglich gegen die absolutistischen Tendenzen des Königs aufbäumte, degenerierte zu einem quasi-absolutistischen Regime. Nach zwei Jahren ließ Cromwell die Generalmajore fallen. Die ihm angebotene Krone lehnte er ab, eine Remonarchisierung des Regimes ist ab diesem Zeitpunkt aber klar festzustellen.45 Das Unterhaus hatte sich zunehmend vom Lord Protector entfremdet, und die Konflikte nahmen fast schon Formen an, wie sie zwischen dem Parlament und Charles  I. vor dem Bürgerkrieg geherrscht hatten. Als seinen Nachfolger bestimmte er, ganz in der Tradition einer Erbmonarchie, seinen Sohn Richard, dem aber nicht das Charisma seines Vaters zu eigen war. Das Regime wurde für weite Teile der Bevölkerung untragbar. Zudem hinterließ ihm sein Vater die riesigen Finanzprobleme des Landes, die unter anderem auch durch die zu hoch gesteckten Ziele der Flottenpolitik verschärft wurden.46 43 Zu diesen Feldzügen vgl. Young/Holmes, English Civil War, 293–314. 44 Zur verfassungsmäßigen Einrichtung des Protektorats vgl. Schröder, Revolutionen Englands, 161–163. Detailliert zum Übergang vom Commonwealth zum Protektorat vgl. Woolrych, Commonwealth to Protectorate. 45 Zur Ablehnung der Krone vgl. Hill, God’s Englishman, 173–199. 46 „Das puritanische Herrschaftsexperiment endete im Bankrott“, vor allem auch wegen der ehrgeizigen Flottenpolitik ab 1649. Zitat nach Junge, Flottenpolitik, 330. Zur Finanzfrage vgl. ebd., 314–330. 68

England

General George Monck,47 Oberbefehlshaber der republikanischen Truppen in Schottland und einer der Hauptakteure des kommenden Seekrieges, war der Drahtzieher, der es Charles II. ermöglichte, das Königreich zu restaurieren. Der Thronprätendent feierte ein glänzendes Comeback in London, honest George galt fortan als the Restorer of the Monarchy,48 zählte zum engsten Kreis im Privy Council des Königs und wurde vom neuen Monarchen zum 1. Earl of Albemarle nobilitiert. Der Treueeid auf das Commonwealth wurde abgeschafft, ein Convention Parliament trat im April 1660 zusammen, das die Wiedereinsetzung des Königs beschloss. Dieser stellte am selben Tag, es war der 1. Mai 1660, eine Generalamnestie in Aussicht.49 Der junge Stuart wusste, dass er im zerrissenen England vor einer schwierigen gesellschaftspolitischen Aufgabe stand. Lediglich der harte Kern der „Königsmörder“ wurde nicht verschont, elf von ihnen wurden öffentlich hingerichtet, und der Kopf des 1658 verstorbenen Cromwell stand über 25 Jahre auf einer Stange aufgespießt vor der Westminster Hall. Bei General Thomas Harrison, einem radikalen Mitunterzeichner des Todesurteils gegen Charles  I., wollte man ganz sicher gehen: Er wurde unter dem Jubel der Bevölkerung gehängt, ausgeweidet und gevierteilt – das war die nicht unübliche Strafe in England auf Hochverrat. Samuel Pepys, der uns noch öfter als hoher Beamter der Royal Navy und fleißiger Tagebuchschreiber begegnen wird, ließ sich das Spektakel nicht entgehen: I went out to Charing-cross to see Major-General Harrison hanged, drawn, and quartered – which was done there – he looking as cheerfully as any man could do in that condition.50

47 Vgl. Weinzierl, Die Republikaner. 48 Privy Councillors of Charles II, BL, MS. Add. 12 097, fol. 23. 49 Von der Ernennung Cromwells zum Lord Protector bis hin zur Restauration vgl. im Überblick Coward, Stuart Age, 253–277. 50 Pepys‚ Diary I, 265. 69

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

Innenpolitisch kam die wieder eingesetzte Monarchie jedoch kaum zur Ruhe, die Diskrepanzen zwischen den Stuart-Königen und dem Parlament gingen weiter. Das politische Establishment Englands war durch die Ereignisse der Revolution zutiefst traumatisiert. Die anglikanischen Royalisten hatten nach der Restauration klare Vorstellungen für die Zukunft: Die Church of England und eine auf dem Gottesgnadentum beruhende Sakralmonarchie sollten die unantastbaren Säulen des Königreichs bilden. Doch der konfessionell eher indifferente Charles,51 zudem ein Mann mit zügellosem Lebensstil, zahlreichen Mätressen und ausgeprägter Genusssucht, war weder durch seine religiöse Einstellung noch durch sein monarchisches Selbstverständnis der ideale Kooperationspartner für das Kavaliersparlament, wie man das Hohe Haus nach der Restauration des Königreichs nannte. Daran änderte auch eine wahrhaft symbolträchtige Handlung der sakralen Monarchie nichts: Charles praktizierte die Tradition der Heilung von Skrofeln (eine Drüsenerkrankung) durch Handauflegen, die seit dem Mittelalter zur Freude einer großen Untertanenschar von den englischen wie auch von den französischen Königen gepflegt wurde, exzessiv.52 Neben den in den 70erJahren immer offensichtlicher werdenden konfessionellen Spannungen zwischen den katholisch orientierten Stuarts (James bekannte sich ab 1673 öffentlich zum Katholizismus, Charles war hier wesentlich zurückhaltender) und den strikt nach der anglikanischen Kirche ausgerichteten MPs des Cavalier Parliament kamen die für den Monarchen immer leidigen Diskussionen der Finanzierung der Außenpolitik, eigentlich eine Prärogative des Königs, dazu. Dieser polarisierende Prozess fand erst 1688, mit der sogenannten Glorious Revolution, sein Ende.53

51 So Asch, Stuarts, 75. 52 Vgl. dazu das fundamentale Werk von Bloch, Die wundertätigen Könige, vor allem 402–404 und passim. 53 Vgl. dazu auch Kishlansky, A Monarchy Transformed, 213–239. 70

England

3.2.2.  Di e k on f e s s ion e l l e L ag e i n E ng l a n d

Die Kirche von England, die anglikanische Kirche, entstand nicht durch eine konfessionspolitische, sondern durch eine nationalkirchliche Loslösung von Rom. König Heinrich VIII., der fortan mit dem Act of Suppremacy von 1534 (wie auch seine Nachfolgerinnen und Nachfolger) das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, Supreme Head of the Church, war, ging es um eine Trennung vom Papsttum und nicht um die Aufnahme der Lehre Martin Luthers.54 Diese und noch viel mehr die Glaubensgrundsätze Jean Calvins und auch des Straßburger Reformators Martin Bucer wurden erst in den Jahren bzw. Jahrzehnten nach der Trennung von Rom prägend für die Insel. 1549 wurde mit dem Book of Common Prayer theologisch die Reformation – jedoch unter Beibehaltung katholischer Gottesdienstformen – aufgenommen. Unter Elisabeth I. kam es gar zur Wiedereinführung katholischer Messgewänder. Die anglikanische Kirche etablierte sich als episkopalistische Kirche mit katholisch liturgischen Formen und protestantischer Lehre. Besonders für den überzeugten Calvinisten James  I. war der Grundsatz „no bishop, no king“, also der hierarchische Aufbau der Kirche, die Episkopalverfassung und der damit einhergehende Konnex Monarchie-Kirche unumstößlich. Diese konservative Mischform, diesen Kompromiss zwischen Alt- und Neugläubigen, wollte die religiöse Reformbewegung der Puritaner (vorerst ein Schmähwort) nicht akzeptieren. Die sich an der calvinistischen Lehre orientierende Strömung der englischen Reformation entfernte sich ideologisch immer weiter von der anglikanischen Staatskirche und verstand sich als 54 Zur religiösen Lage Englands im 16. und 17. Jahrhundert vgl. die Darstellung von Collinson, The religion of protestants; Heal, The Church of England; die Beiträge in Pennington/Thomas, Puritans and Revolutionaries; kurz Coward, The Stuart Age, 127–133 und 304–313; Haan/Niedhard, Geschichte Englands, 121–136; 153–167; Greyerz, Religion und Kultur, 135–154; und Collinson, Puritanismus I, 8–25, bes. 21–24. 71

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

kirchliche Erneuerungsbewegung, obgleich es falsch wäre, im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts von einem scharfen separatistischen Gegensatz zum Anglikanismus zu sprechen.55 Während der Regierungszeit der „Virgin-Queen“ beabsichtigten die Vertreter des Puritanismus noch keinesfalls, eine Gegenkirche aufzubauen. Der Puritanismus wurde erst während der Regierungszeit Charles I. zur wahren oppositionellen Kraft gegen den König, weswegen man in der Literatur die Englische Revolution gerne als „Puritanische Revolution“ bezeichnete. Allerdings würde diese Bezeichnung die Bürgerkriegswirren Englands zu einseitig erfassen. Zudem spaltete sich die Strömung des Puritanismus während des englischen Bürgerkrieges auf: Die zwei großen Gruppen waren die Presbyterianer, die für eine hierarchisch aufgebaute Kirche ohne Bischöfe und politisch für einen Verhandlungsfrieden mit dem König eintraten. Die Independenten hingegen, zu denen Cromwell zählte, sprachen sich für eine dezentrale Kirchenorganisation mit unabhängigen Gemeinden und politisch für einen Siegfrieden gegen den König aus. Die Independenten setzten sich in dieser Frage durch. Zu massiven theologischen Gegensätzen zwischen Monarchie und Puritanern kam es bereits vor dem Krieg, als Kirchenkreise rund um Charles die für die Calvinisten zentrale Prädestinationslehre ablehnten, politisch die Bischofskirche weiter stärken wollten und sich damit viele Feinde unter den Anhängern des Puritanismus machten. Der in den 40er-Jahren in einen Krieg mündende Gegensatz zwischen Königspartei und Puritaner fand also statt, als in den Niederlanden der Machtkampf zwischen Remonstranten und Kontraremonstranten schon seit über zwei Jahrzehnten vorbei und bewältigt war. Eine weitere zentrale Säule puritanischen Glaubens, die sich theologisch eigentlich mit der Prädestination nicht mehr vertrug, war der Vorsehungsglaube, der vor allem bei Oliver Cromwell stark ausgeprägt war.56 Die Puritaner sahen 55 Greyerz, Religion und Kultur, 136. 56 Dazu vgl. Metz, „Providence“ und politisches Handeln in der Englischen Revolution. 72

England

das englische Volk als „auserwähltes Volk Gottes“ an. Cromwell selbst sah sich als Auserwählter, als Instrument Gottes, als Werkzeug der göttlichen Vorsehung. Hinter der Vorstellung der Providence stand das Bild eines erkennend-planenden, zielgerichteten, wollenden Verhältnisses von Gott zu der von ihm geschaffenen Welt; also ein omnipotenter Kreator, der stark auf die militärischen und politischen Aktionen Einfluss nahm. Jeden seiner Siege, so war Cromwell zutiefst überzeugt, hatte er nur Gott alleine zu verdanken. Ebenso war die von ihm ausgeführte Auflösung des RumpParliament 1653 ein Werk Gottes.57 Stark ausgeprägt war dabei auch ein chiliastisches Denken, der Glaube an ein Tausendjähriges Reich Christi, begleitet von diesem mystischen Berufungsglauben. Die Katholiken, auch auf der Insel despektierlich „Papisten“ genannt, waren in England seit der Zeit Elisabeths die wohl meistgehasste religiöse Gruppierung schlechthin und seit dem bekannten Gunpowder Plot von 1605, in dem ein katholischer Verschwörerzirkel um Guy Fawkes das Parlament mitsamt dem König in die Luft jagen wollte, schwer diskreditiert. Rom, Spanien, die Jesuiten waren geradezu die Feindbilder schlechthin für das puritanische England. Als dann vor dem ersten Krieg in den zahlreichen Pamphleten gegen die calvinistischen Niederländer agitiert wurde, wurden auch sie als Kryptopapisten diffamiert.58 Erst in der Restauration erlebte der Katholizismus vor allem in den höchsten Kreisen des Königreichs eine Renaissance. Charles II., gewiss alles andere als ein religiöser Fundamentalist, fühlte sich zur katholischen Macht Frankreich, der katholischen Leitmonarchie der damaligen Zeit, hingezogen, für die er auch seine Konversion in Aussicht stellte. Sein Bruder James  II., König von 1685 bis 1688, war Katholik. Wie auch immer die Vorlieben der Königsdynastie waren, der Antikatholizismus blieb das prägende Element in der konfessionellen Wahrnehmung der Engländer. Im Jahre 1667 wollte sogar eine parlamentarische Untersu57 Gentles, Cromwell, 91–93. 58 Dazu Pincus, Protestantism and Patriotism, 87–100. 73

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

chungskommission herausgefunden haben, dass französische Katholiken und Jesuiten für das große Feuer von 1666 in London verantwortlich gewesen sein sollten – was freilich nicht der Fall war, aber gerne geglaubt wurde.59 Auf alle Fälle missfiel das katholische Ambiente des Hauses Stuart den Anglikanern zutiefst. Dementsprechend war die konfessionspolitische Gesetzgebung der Restaurationszeit geprägt von höchst konfliktträchtigen Verordnungen. Bereits in den 60er-Jahren erließ das Parlament restriktive Gesetze zugunsten der Bischofskirche, der Church of England. Im Jahre 1672 verfügte Charles in der Declaration of Indulgence jedoch Toleranz gegenüber den religiösen Gruppierungen außerhalb der anglikanischen Kirche, wodurch Katholiken und anderen Dissenters eine Aussetzung der Strafverfolgung garantiert wurde. Bestimmt war diese Toleranzpolitik den außenpolitischen Umständen jener Zeit, also der Annäherung an Frankreich, geschuldet. Man darf dem Stuart-König allerdings auch den Ausgleichsgedanken im Königreich und den Versuch der Einbindung weiterer Konfessionsgruppen in das politische Leben Englands nicht absprechen. Die Reaktion des stark anglikanisch geprägten Parlaments war der Test Act im März 1673: Amtsträger des Königreichs mussten den Suprematseid leisten und dem Glauben an die Transsubstantiation abschwören. Der Test Act schloss somit bekennende Katholiken und Dissenters von allen Staatsämtern und von einer Mitgliedschaft im Parlament aus, womit freilich auch der Thronprätendent James getroffen werden sollte. Dieser trat unmittelbar nach Erlass von allen öffentlichen Ämtern zurück. Einen weiteren Höhepunkt antikatholischer Phobie lösten die völlig haltlosen Behauptungen von Titus Oates, es gebe eine katholische Verschwörung, einen popish plot gegen den König, aus. Der mehr als nur dubiose Oates, ein anglikanischer Geistlicher mit bewegter Vergangenheit, führte mit seinen ungeheuerlichen Schauergeschichten im Jahre 1678 geradezu eine nationale Hysterie und eine handfeste innenpolitische Krise herbei. So 59 Dazu Keeble, Restauration, 164. 74

England

wurde im Jahr des Bekanntwerdens des popish plots die Testakte verschärft. Das Verhältnis der Konfessionen war wiederum auf Jahre hinaus vergiftet. Obgleich Oates der Lüge überführt und zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde, blieben die Katholiken in England für die breite Masse und für das Cavalier Parliament höchst suspekte Zeitgenossen. Weitere Gruppierungen wie die vor allem in der Armee zu findenden radikalen Fifth Monarchists, die ein theokratisches Regime und eine Diktatur der Heiligen einführen wollten und den Waffengang gegen die Niederlande als heiligen Krieg gegen den Antichristen betrachteten, oder die stark basisdemokratisch eingestellten Levellers, die für Volkssouveränität und ein breites Wahlrecht eintraten, waren – wenn auch nicht wenig einflussreiche – Minderheiten im republikanischen England.60 In den Reihen der jedoch schwach organisierten Levellers befanden sich talentierte Redner und Schriftsteller, die breitenwirksames Potenzial hatten. Eine weitere Gruppe, die zur religiösen Linken zu zählen ist, waren die Diggers, die „Wahrheitsgräber“, die für eine Art von Agrarkommunismus eintraten. Cromwell dürfte zumindest im Jahre 1653 bei der Auflösung des Rump-Parliament nicht unberührt von den Ideen der Fifth Monarchy Men gewesen sein. All diese Gruppen wurden wie auch die Saints oder Quäker per Gesetz während der Restaurationszeit „als Nonkonformisten und Dissenters aus der Staatskirche ausgeschlossen“.61

3.2.3.  Ök onom i s c h e R a h m e n be di ng u ng e n

England war im Gegensatz zu den Niederlanden nicht städtisch geprägt. Die meisten Einwohner hatte freilich wie heute das Finanz- und Handelszentrum London mit etwa 200 000 Einwohnern zu Beginn des 17. Jahrhunderts und rund 575 000 um 1700; das städtische Wachstum 60 Vgl. dazu Schröder, Revolutionen Englands, 153–156. 61 Greyerz, Religion und Kultur, 145. 75

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

während des 17. Jahrhunderts war also beträchtlich.62 London stieg um 1700 zu einer modernen europäischen Metropole auf und war damit größer als Paris, Amsterdam, Lissabon, Neapel oder Wien. Überhaupt wurde das ganze Land in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts von einem Modernisierungsschub erfasst. Die zweitgrößte Stadt Englands um 1600 war Norwich mit 15 000 Einwohnern. Die Insel war zu Beginn der Stuart-Zeit agrarwirtschaftlich geprägt, und diese Landwirtschaft war kleinteilig strukturiert, die Ackerbauregionen dicht, Weide- und Waldzonen relativ dünn besiedelt. Doch gerade im primären Sektor erlebte England einen unheimlichen Aufschwung. Vom 16. zum 17. Jahrhundert sank der Bevölkerungsanteil im Agrarsektor von 80 auf 60 Prozent, und es kam durch die gezielte Expansion des landwirtschaftlich genutzten Bodens, durch bessere Anbaumethoden, Investitionssteigerungen und durch eine gezielte Reorganisation der landwirtschaftlichen Ressourcen zu einer beträchtlichen Produktionssteigerung und Kommerzialisierung. England konnte es sich aufgrund der guten Produktionslage erlauben, gegen Ende des 17. Jahrhunderts Getreide zu exportieren. In den Bereichen der Bodennutzung und Anbaumethoden blickte man gerne auf die Niederlande, und das Königreich griff auch so manches Mal auf niederländische Expertise (zum Beispiel bei der Trockenlegung von Moorböden oder der Einführung neuer Anbaufrüchte) zurück. Nur nebenbei sei erwähnt, dass die Brautechnik mit Hopfen ebenfalls aus den Niederlanden stammte. Der wichtigste nicht agrarische Produktionssektor war die Tuchfabrikation. Textilien stellten den Hauptexport der englischen Wirtschaft dar. Doch die Qualität der englischen Wolle wurde im 17. Jahrhundert aufgrund der veränderten Ernährungsweise der Schafe tendenziell 62 Zur englischen Wirtschaft des 17. Jahrhunderts vgl. Coleman, Economy of England; Haan/Niedhard, Geschichte Englands, 70–107; Coward, Stuart Age, 5–35; Heard, Stuart Economy and Society, 41–75; vgl. auch Pincus, 1688, 49–90; zum englisch-niederländischen Gegensatz vgl. Wilson, Profit and Power, 25–47. 76

England

schlechter. Die englische Wollindustrie musste ihre Produkte umstellen, wollte sie gegen die flämische und nordniederländische Konkurrenz ankommen. Mit den sogenannten new draperies, mit bunteren, leichteren und billigeren Stoffen, die von geflüchteten flämischen Tuchmachern nach England mitgebracht wurden, schafften die englischen Produzenten die Wende. Die Innovation und Migration aus Flandern machte sich bezahlt. Allerdings wurden unfertige Tuche noch lange in die Niederlande, vornehmlich nach Leiden, zur Fertigstellung geliefert. Das hieß auch, dass die Niederländer mit der Endfertigung die größeren Gewinne abschöpften. Hier wollten die Engländer mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen gegensteuern. Das sogenannte „Cockayne-Projekt“ (1614–1617), bei dem englische Tuche bis zum Endprodukt in England verarbeitet werden sollte, um den Export anzukurbeln und Arbeitsplätze auf der Insel zu schaffen, und das somit gegen die Endverarbeitung im Textilzentrum Leiden gerichtet war, scheiterte jedoch aufgrund der technischen Unzulänglichkeiten und der scharfen wirtschaftspolitischen Gegenmaßnahmen der niederländischen Regierung.63 Allerdings blieb der Textilmarkt ein Streitpunkt zwischen den Generalstaaten und England. Weiters erlebte die englische Konsumgüterindustrie einen enormen Aufstieg. Am Ende des 17. Jahrhunderts war England führend auf diesem Gebiet wie auch in der Bergbau- und Hüttenindustrie. Eisen wurde im Hochofenverfahren hergestellt, und der Abbau von Kohle war schließlich ein wichtiger Faktor auf dem Weg zur industriellen Revolution. Im Finanzsektor war England nur in der Einrichtung einer Börse schneller als die Generalstaaten (da es die Generalstaaten zu dieser Zeit als eigenen Staat einfach noch nicht gab). Die Exchange London wurde 1565 auf Vorschlag des Londoner Kaufmanns Thomas Gresham nach dem Vorbild der Börse Antwerpens als Handelstreffpunkt gegründet. 1571 verlieh Elisabeth  I. der Exchange den königlichen Titel „royal“, womit sie sich Royal Exchange London nennen durfte. Eine Bank of 63 Zum Cockayne-Projekt vgl. Wilson, Profit and Power, 28–31. 77

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

England gab es erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts, und sie war ein Produkt des sogenannten Anglo-Dutch-Moment,64 der niederländischen Einflussnahme auf England durch den Oranier Wilhelm III. auf dem englischen Thron. The Governor and Company of the Bank of England, wie sie offiziell hieß, wurde 1694 als Aktiengesellschaft mit 1,2 Millionen Pfund Stammkapital gegründet. Der Außenhandel wurde für die Insel alleine schon aufgrund ihrer herausragenden handelsgeografischen Lage immer wichtiger. Aus einer europäischen Randlage heraus entwickelte sich England zur führenden Handelsmacht.65 Herrschten zunächst die traditionellen Kontakte mit Nordeuropa, im Speziellen mit den Seeprovinzen der Niederlande und in der Folge mit den Staaten der Ostsee, vor, griff der englische Handel im 17. Jahrhundert auf das Mittelmeer aus. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist der Aufbau der East India Company mit Stützpunkten vornehmlich in Indien und der – nicht kontinuierlich anlaufende – Beginn des Kolonialreiches in Nordamerika mit Neufundland (1583), Virginia (1584), Maine, New Hampshire, Vermont, Massachusetts und anderen Neuengland-Staaten sowie dem Erwerb der Karibikinseln St. Kitts und Barbados (1625) anzusiedeln.66 Mit Antigua bekamen die Engländer den besten natürlichen Hafen der Karibik unter Kontrolle. Jamaika wurde durch Cromwells England im Jahre 1655 erobert. Mit der Inbesitznahme der amerikanischen Territorien und dem Ausbau der asiatischen und afrikanischen Stützpunkte konnte vor allem durch Sklavenarbeit ein intensiver Anbau und Handel mit Tabak, Zuckerrohr und Baumwolle betrieben werden. Der Import und Bedarf riesiger Zuckermengen hatte natürlich ökonomische Folgewirkungen in der Heimat: Allerorts 64 Zu dieser Bezeichnung vgl. den instruktiven Aufsatzband von Israel, The AngloDutch-Moment. 65 Vgl. dazu Haan/Niedhard, Geschichte Englands, 95–107, und Schulin, Handelsstaat England. 66 Zu den Kolonien vgl. Wende, Empire, 37–62. 78

England

in England entstanden Raffinerien zur Zuckerverarbeitung, um hier nur ein Beispiel eines wirtschaftlichen Stimulus des atlantischen Handels für die heimische Wirtschaft zu nennen. Die Handelstonnage stieg von 1600 bis 1700 von 100 000 Tonnen auf bis zu 300 000 Tonnen,67 die Exporte und auch Re-Exporte nahmen drastisch zu. Die englische Handelsmetropole schlechthin war – wie bereits erwähnt – London, hier war auch das Kapital zu finden. Money talks, eben nicht nur in Amsterdam, sondern auch in London – nur mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass London auch das politische Zentrum des Landes war, Amsterdam eben nicht. Allerdings etablierten sich als Aufsteiger im Atlantikhandel neben London auch die Häfen Bristol und Liverpool. Ein weiterer wichtiger Faktor der Modernisierung des Landes war der stetige Ausbau der Verkehrswege, sowohl der Land- als auch der Wasserwege, und des Postsystems. Insgesamt gesehen schwächte sich die englische Konjunktur bereits im elisabethanischen Zeitalter ab, stagnierte bzw. geriet unter den ersten beiden Stuart-Königen in eine Depressionsphase – viele Historikerinnen und Historiker sprechen von einer europaweiten Krise des 17. Jahrhunderts, zu deren Charakteristikum auch der englische Bürgerkrieg gehörte.68 Jedoch erlebte die Insel in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts einen enormen Aufschwung. Der Außenhandel spielte in diesem Modernisierungsprozess ohne Zweifel eine herausragende Rolle. Die trading nation England befand sich zu dieser Zeit wirtschaftlich auf Augenhöhe mit den Generalstaaten und setzte sogar an, auf die Überholspur zu kommen. In kultureller Hinsicht jedoch stellte England noch nicht den europäischen Maßstab wie die Niederlande im 17. Jahrhundert oder später Frankreich dar. In der Frühen Neuzeit war England gewiss kein europäi67 Heard, Stuart Economy and Society, 79. 68 Vgl. dazu nur kurz die zusammenfassenden Bemerkungen bei Munck, Seventeenth-Century Europe, 213–252. 79

Die beiden Konkurrenten im Weltsystem

scher Trendsetter in Sachen Kultur. Der englische Hof ließ sich von Niederländern wie Anton van Dyck (Antwerpen) oder Gerrit van Honthorst (Utrecht) malen. In der Wissenschaft erlebte England, das mit Oxford und Cambridge zwei der ältesten Universitäten Europas beheimatet, in der zweiten Stuart-Epoche einen Aufschwung. Gleich nach der Restauration des Königreichs wurde die Royal Society gegründet. War diese Vereinigung zunächst nur für „oppositionswissenschaftliche“ Naturforscher, die die Universitäten verlassen mussten, gedacht, entwickelte sie sich sehr bald schon zum wissenschaftlichen Diskussionsforum schlechthin. 1662 stellte der König die erste Royal Charter aus, 1663 wurde aus der Royal Society of London for Improving Natural Knowledge eine Akademie der Wissenschaften. Der große Mathematiker, Physiker und Philosoph Isaac Newton – er wurde 1672 Mitglied – war in dieser Gründerepoche bestimmt die herausragende Erscheinung der Akademie.69 Es war typisch für den Handelsstaat England, dass auch Händler und Seeleute Aufnahme in der wissenschaftlichen Akademie fanden.

3.2. 4 .  M i l i t ä r i n E ng l a n d

England gehörte in der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert nicht, wie zum Beispiel die Niederlande, zu den innovativen Mächten im militärischen Bereich. Der englische König hatte vor dem Bürgerkrieg kaum bewaffnete Kräfte unter sich. Allerdings sammelten viele Männer, die auf den Inseln geworben wurden, militärische Erfahrungen im kontinentalen Krieg. Es wird geschätzt, dass etwa 85 000 englische, schottische und walisische Söldner aufseiten der Protestanten in den Dreißigjährigen Krieg zogen.70 Nimmt man die irischen Söldner, die vor allem im Dienst der katholischen Habsburger standen, und die eigenständigen Aktionen 69 Zur Akademie vgl. nur Purver, The Royal Society. 70 Zu diesen Zahlen vgl. die Tabelle bei Wilson, Europe’s Tragedy, 322. 80

England

Charles I. in Frankreich wie auch die Söldnerkontingente für Frankreich und Polen hinzu, so kommt man auf die erstaunliche Zahl von über 170 000 Mann, die von 1620 bis 1653 auf dem Kontinent gekämpft haben. Einige der englischen Generäle des Bürgerkriegs, aber auch Söldner, wie der Königsneffe Rupert von der Pfalz, das vierte Kind Friedrichs von der Pfalz und Elisabeth Stuarts, sammelten Kriegserfahrung auf den deutschen und europäischen Kriegsschauplätzen. Das Parlament professionalisierte das Militärwesen mit der New Model Army, und so hatte Cromwell, der bereits seine Ironsides als unschlagbare Elitetruppe etablierte, nach der Teildemobilisierung der kontinentalen Armaden das größte Landheer Europas unter seinem Kommando. In der Restaurationszeit baute Charles II. und noch viel mehr der Militärexperte James II. ein stehendes Heer von ca. 40 000 Mann auf.71 Allerdings spielten die Landstreitkräfte für die drei Seekriege keine Rolle. Obgleich Charles im dritten Englisch-Niederländischen Seekrieg eine Landungsaktion englischer Truppen an den Küstenregionen der Niederlande plante, konnte diese Aktion, für die bereits eine Söldnerarmee auf der Insel bereitstand, nie umgesetzt werden.

71 Zur englischen Armee im 17. Jahrhundert vgl. die entsprechenden Abschnitte in Chandler/Beckett (Hrsg.), Oxford Illustrated History, und Childs, Army of Charles II, sowie ders., The Army, James II, 1–18. 81

4.  Gl ob a l isi e ru ng i m 17. Ja h r h u n de rt

K

önnten die drei Englisch-Niederländischen Seekriege als Ausdruck einer gesteigerten global-kriegerischen Interaktion, wie dies bereits bei mehreren Konflikten der Frühen Neuzeit in oftmals intellektuell-spaßiger, jedoch auch inflationärer Art der Fall ist (Dreißigjähriger Krieg, noch mehr der Siebenjährige Krieg), als I. Weltkrieg bezeichnet werden? Ohne Zweifel, die Akteure agierten global, die Kriegsschauplätze sind weltweit zu finden, selbst die Ursachenanalyse der Konflikte deckt globale Motive auf – Weltkriege waren es jedoch keine. Denn es gab zwei Hauptakteure und nur einige, wenn auch sehr wichtige europäische Nebenakteure (hier vor allem Frankreich, das im zweiten und dritten Englisch-Niederländischen Krieg ebenfalls als Hauptakteur bezeichnet werden muss). Sicher waren diese Kriege in globale Prozesse integriert und von globalen, wenn auch sehr einseitigen Denkschemata begleitet. Selbst wenn man den Prozess der Globalisierung sehr vorsichtig differenziert und mit allen Vorbehalten betrachtet, fallen zwei Bereiche, die gerne für die Globalisierungsgeschichte nutzbar gemacht werden, auf: „Weltwirtschaft“ und „Migration“.1 Die Kriege waren ohne Zweifel stark wirtschaftlich, auch „weltwirtschaftlich“ motiviert. Sie zogen zwar keine Migrationswellen nach sich, doch spielte Migration im größeren Kontext dieses Globalisierungsprozesses eine äußerst nachhaltige Rolle – verwiesen sei hier nur auf den transatlantischen Sklavenhandel, der für die involvierten Handelskompanien ein wichtiger „Geschäftszweig“ war, oder auf die europäische Migration nach Afrika, Asien und Amerika im 1 Zu einer theoretischen Einordnung in den Globalisierungsprozess vgl. Osterhammel/Petersson, Geschichte der Globalisierung, 16–45. 83

Globalisierung im 17. Jahrhundert

Dienste der einzelnen Handelsgesellschaften, die in den Seekriegen eine nicht unwesentliche Rolle spielten. Es war ein Kampf zweier s­eaborn empires – eines wenn auch erst seit einigen Jahrzehnten etablieren Seeimperiums gegen den Aufsteiger. Die großen Territorien außerhalb Europas wurden während der Seekriege nicht erobert, aber es ging, wie der Politikwissenschaftler Herfried Münkler diese Kategorie der Imperien definiert hat, um die Kontrolle der Waren‑, Kapital- und Informationsströme und der wirtschaftlichen Knotenpunkte.2 Eine einheitliche Verwaltung und Rechtsordnung, also eine vollkommene Integration ins Staatswesen, war noch keineswegs das angestrebte Ziel.

4 .1.  W e lt u m spa n n e n de r H a n de l u n d Kon k u r r e nz Die führende Handelsmacht mit der höchsten Handelstonnage zur Mitte des 17. Jahrhunderts waren die Niederlande. Vor allem die holländischen und die seeländischen Unternehmer mit ihren dafür bestens geeigneten Frachtschiffen, den Fleuten, oder die Vereinigte Ostindische Kompanie mit den sogenannten „Ostindienfahrern“ (ein funktionelles Frachtschiff mit einem Frachtvolumen von bis zu 1 000 Tonnen) galten als die Frächter Europas und der Welt. Die Handelsnation England wollte aufgrund des vorherrschenden nationalen Wohlstandsdenkens einen größeren Anteil des Handelsgewinns erwerben. Träger dieses weitläufig angelegten Handels waren zum großen Teil staatlich geförderte Gesellschaften. Die Handelsrouten gingen vom Baltikum bis ins östliche Mittelmeer, in die Levante, von den Heimatländern über die Küsten Westafrikas bis nach Südostasien oder in die andere Richtung nach Süd‑, Mittel- und Nordamerika. Man kaufte Rohstoffe oder Fertigware in Ländern ein, um sie anderswo mit beträchtlichem Gewinn 2 Münkler, Imperien, 23 und 94. 84

Weltumspannender Handel und Konkurrenz

wiederum zu verkaufen. Volkswirtschaftlich gesehen war es natürlich ertragreicher, Rohstoffe zu erwerben und im Inland anzufertigen, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Fertigprodukte gewinnträchtig zu verkaufen. Für diesen Zwischen- oder Re-Exporthandel waren große Lagerhäuser vonnöten, die vor allem die Niederländer an den Küstengebieten zur Verfügung hatten.3 Doch auch im sogenannten „Entrepôt“ holten die Engländer auf. Stapelplätze und Stapelmärkte wurden sodann weltweit bei den Stützpunkten, den Forts, 4 der Handelsgesellschaften angelegt. Gehandelt wurde mit Massen- wie auch mit Luxusgütern. Die Europäer importierten Gewürze, Farbstoffe, Textilien, Porzellan, Kaffee, Tee und Zuckerrohr (um nur die wichtigsten Handelsgüter zu nennen) aus Asien, Kartoffeln, Mais, Tabak, Vanille, Ananas, Kautschuk und vieles mehr aus Amerika. Diese Güter wurden interkontinental gehandelt. Tabak und das im Laufe des 17. Jahrhunderts noch viel wichtiger werdende Zuckerrohr gediehen bestens in der Karibik, womit gerade der europäisch-afrikanisch-amerikanische Güteraustausch große Bedeutung gewann.5 Die Arbeitskräfte, die Sklaven, wurden von den Europäern an den Küsten Westafrikas von afrikanischen Sklavenhändlern erworben, um unter unmenschlichsten Bedingungen und unter Inkaufnahme von hohen Sterblichkeitsraten nach Amerika verschleppt zu werden. Dieses als Dreieckshandel, triangular trade, bekannte Modell bestand aus dem Export von Eisen, Kupfer, Textilien, Schmiedewaren, Feuerwaffen, Schnaps, Glasperlen und anderen Exportwaren nach Afrika, aus der Verschleppung afrikanischer Sklaven als Plantagenarbeiter in die Karibik und nach Südamerika sowie dem Import von Tabak und Zucker wiederum nach Europa.6 Im Jahr 1622 gab es bereits 29 Zuckerraffinerien 3 Vgl. dazu Israel, Dutch Primacy; zum englischen Außenhandel Heard, Stuart Economy and Society, 67–93, und ebenfalls Schulin, Handelsstaat England. 4 Vgl. Rella, Im Anfang war das Fort. 5 Vgl. dazu kurz Emmer, Die karibischen Gebiete, 720–744, bes. 729–732. 6 Vgl. Haan/Niedhard, Geschichte Englands, 105–107; Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion: Die Neue Welt, 139–152. 85

Globalisierung im 17. Jahrhundert

alleine in den Niederlanden.7 Nicht nur die ökonomischen Folgen des atlantischen Handels, auch die demografischen Auswirkungen waren weitreichend. Engländer und Niederländer waren die tonangebenden Protagonisten in diesem atlantischen Raum zwischen Amerika, Afrika und Europa;8 ein Raum, der von der modernen historischen Forschung immer mehr als zusammenhängender, übernationaler Interaktionsraum von Menschen und Märkten, als Raum des intensiven und wechselseitigen Kulturtransfers für alle drei Kontinente und einer weitreichenden Vernetzung gesehen wird.9 Als es an der westafrikanischen Küste vor dem zweiten Krieg zur Eskalation zwischen den beiden Hauptkonkurrenten England und den Niederlanden kam, beschrieb der englische Botschafter im Haag, Sir George Downing, die Mechanismen der Konfliktentwicklung im Dreieckshandel machtpolitisch so einfach wie treffend: … whereby to be absolute sole masters of the gold and also of the negro trade, and thereby also able to overthrow all his Majestie’s plantations in the West Indies for want of slaves, or to make them take them as their prizes.10

Der Tabak- und Zuckerrohranbau in der Karibik wurde ohne diese menschliche Arbeitskraft geradezu undenkbar. Ein weiteres Hauptmotiv für die weltweite unternehmerische Tätigkeit war die Ausbeutung von Edelmetallen in der Neuen Welt und in Afrika. Obgleich der Atlantik als Handelsraum immer bedeutender wurde, vernachlässigten die Niederländer wie auch die Engländer die Nord7 Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion: Die Neue Welt, 121. 8 Zu diesem Konkurrenzverhältnis vgl. die Monografie von Schnurmann, Atlantische Welten. 9 Die Forschungen zur atlantischen Geschichte werden immer umfassender und intensiver. Vgl. daher nur die Beiträge in Canny/Morgan (Hrsg.), The Oxford Handbook of the Atlantic World. 10 Downing an Bennet, Den Haag, 13. Januar 1665, in: Colenbrander 1, Nr. 101, 151f. 86

Weltumspannender Handel und Konkurrenz

und die Ostsee sowie das Mittelmeer keineswegs. Massenware wie Holz, Metalle oder Getreide kam aus dem baltischen Raum, der auch Luxusware wie Pelze zu bieten hatte und gleichsam ein wichtiger Absatzmarkt für niederländische und englische Produkte und Importwaren wie Wein, Textilien, Hering und Salz war. Für die Niederländer war der Handel mit dem Baltikum die Basis des Erfolgs und wurde so bereits von den Zeitgenossen „Mutterhandel“ (moedercommercie) genannt. Eine entsprechende Bedeutung wurde dem dänischen Øresund, dem Tor in die Ostsee, beigemessen. Nach Südeuropa lieferten englische Unternehmer vor allem ihre neuen Textilprodukte, während Wein, Wolle, Öl, Seide, Zucker und Südfrüchte aus den verschiedenen Mittelmeerländern importiert wurde.11 Die niederländische Vorzeigekompanie schlechthin war die Verenigde Oostindische Companie (VOC),12 die 1602 aus mehreren konkurrierenden Gesellschaften von den Generalstaaten gegründet wurde. Die VOC, die zum größten Arbeitgeber nach dem Staat avancieren sollte und auf ihrem Höhepunkt an die 32 000 Mitarbeiter hatte, war eine Kapitalgesellschaft, in der selbst kleine Anleger investieren konnten. Und Investoren waren bald gefunden: So gab es alleine in Amsterdam über 1 140 Anlegerinnen und Anleger, die ihre Aktien an der Börse erworben hatten. Das Anfangskapitel betrug äußerst beachtliche 6 Millionen Gulden. Allerdings verkauften viele der kleinen Anleger auch bald wieder. Neben den Aktien finanzierte sich die Kompanie über Kredite, Obligationen und Antizipationen.13 Der Handel mit Gewürzen, wie Pfeffer, Zimt, Muskat und Gewürznelken, aber auch der mit Edelsteinen, Tex11 Vgl. dazu Israel, Dutch Primacy, 140–149, und Wilson, Profit and Power, 2f. 12 Dazu vgl. Gaastra, The Dutch East India Company; zudem den Beitrag von ders., Die Vereinigte Ostindische Compagnie der Niederlande – ein Abriß ­ihrer Geschichte, in: Schmitt/Schleich/Beck (Hrsg.), Kaufleute als Kolonialherren; ­Israel, Dutch Primacy, 68–73 und passim; sowie Lademacher, Die Niederlande, 284–305. 13 Dazu Lademacher, Die Niederlande, 289. 87

Globalisierung im 17. Jahrhundert

tilien sowie Tee und Kaffee wurde zum lukrativen Geschäft. Die von den Generalstaaten eingeräumten staatsähnlichen Befugnisse umfassten das Recht auf Kriegführung in Südostasien, die Rekrutierung von Soldaten, den Festungsbau und Vertragsschließungen mit fremden Fürsten. Zudem wurde ihr das Schifffahrts- und Handelsmonopol vom Kap der Guten Hoffnung bis zur Magellanstraße eingeräumt. Das Zentrum des weitmaschigen Systems von Handelsniederlassungen und Militärstützpunkten und zugleich Sitz des Generalgouverneurs war Batavia auf Java (heute Jakarta). Die niederländische Zentralverwaltung, in der die sogenannten Heeren XVII tagten, war alternierend in den Hauptquartieren in Amsterdam und Middelburg angesiedelt. Ihre Stützpunkte waren von Indien über Ceylon bis in die hintersten Winkel der indonesischen Inselwelt verteilt. Mit der Kontrolle der neuralgischen Sundastraße und dann auch Fort Malakkas (1641) etablierte sich die VOC als die beherrschende Institution Südostasiens. Es gelang den Niederländern im Laufe ihrer Präsenz in Südostasien beinahe, die portugiesische Handelskonkurrenz auszuschalten. Mit der englischen East India Company (EIC), die bereits 1600 ebenfalls als „joint stock company“ gegründet wurde und den Schwerpunkt auf Indien (Goa, Bombay, Surat, Madras und Kalkutta waren die ersten Stützpunkte) legte, sollte ihr jedoch ein neuer Konkurrent erwachsen.14 Die Gründung und Etablierung der niederländischen und englischen Ostindiengesellschaften bedeutete im Übrigen auch einen schweren Schlag für den venezianischen fernöstlichen Gewürzhandel, der über Ägypten abgewickelt wurde, und somit für die venezianische Handelswelt insgesamt, die im 16. Jahrhundert noch durchwegs auf vollen Touren lief.15 Wie andere englische Handelsgesellschaften entwickelte auch die EIC nicht unbeträchtlichen politischen Einfluss im restaurierten 14 Zur englischen Ostindienkompanie vgl. Lawson, East India Company, und die beiden Standardwerke zur East India Company von Chaudhuri. 15 Vgl. dazu den Essay des ausgezeichneten Mittelmeerkenners Braudel, Venedig. 88

Weltumspannender Handel und Konkurrenz

Königreich. So schickte Charles II. Delegierte der Kompanie, die eine aktive Rolle im Krieg spielte, zu den Friedensverhandlungen während des zweiten Englisch-Niederländischen Seekriegs nach Breda, um im Hintergrund für die territorialen Interessen der Handelsgesellschaft zu wirken.16 Schließlich hatte dieser zweite Handelskonflikt die gesamte südostasiatische Region erfasst, womit die Chefetage der Handelskompanien sowohl in England als auch in den Niederlanden ihren Einfluss geltend machen wollte. Wenngleich die Heeren XVII in der Heimat im Sinne einer profitablen Geschäftsführung generell auf Deeskalation aus waren, stand man in Asien – bereits in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts – selbst des Öfteren vor einem Kleinkrieg mit den Engländern und Portugiesen. Einen aufsehenerregenden Höhepunkt erreichte die Rivalität der Europäer im Jahre 1623 auf der kaum mehr als fünfzig Kilometer langen Insel Ambon, dem Gewürznelkenzentrum in der Bandasee. Der lokale Gouverneur der VOC glaubte es mit einer gegen ihn gerichteten Verschwörung zu tun zu haben. Darauf ließ er zehn Engländer, zehn Japaner und einen Portugiesen wegen Konspiration gegen die Niederlande hinrichten. War ein unterschwelliger Krieg um die Ressourcen der reichen Länder des Ostens mit Todesopfern noch im Bereich des Akzeptablen und grausame Strafexpeditionen gegen Einheimische kaum der Rede wert, so gingen nun die Wogen hoch. Die Hinrichtung der Landsleute aufgrund dieser dubiosen Anklage wurde in England als Massaker gesehen. James I. betonte gegenüber den niederländischen Gesandten in London, dass sie in Ostasien einen Mann sitzen hätten, der es verdient habe, gehängt zu werden.17 Damit meinte er den Generalgouverneur der VOC Jan Coen, der es ja tatsächlich nicht nur durch sein Expansionsprogramm in Asien, sondern auch aufgrund seiner brutalen Methoden gegen die indigene Bevölkerung zu zweifelhafter Berühmtheit gebracht hatte. Allerdings 16 Vgl. Rommelse, Second Anglo-Dutch War, 185. 17 Zitat bei Howat, Stuart and Cromwellian, 62. 89

Globalisierung im 17. Jahrhundert

wollten die Stuarts das propagandistische Kriegsbeil gegenüber den Niederländern schon bald wieder begraben, denn die Ereignisse auf dem Kontinent verlangten nach einer protestantischen Allianz gegen die Casa de Austria. Aber das war eben nur in Europa der Fall. Mit dem Prinzip „No Peace beyond the Line“, wie es Francis Drake genannt hat, galt in den Amerikas und in Asien ohnehin „jeder gegen jeden“. Sobald man jedoch wieder Ressentiments gegen den Handelskonkurrenten schüren wollte, konnte medial stets auf das sogenannte „Massaker von Amboina“ zurückgegriffen werden. Das Massaker von Ambon war im Vorfeld des ersten Krieges, als die breite Masse mit antiniederländischer Propaganda auf den Krieg gegen die ruchlosen und brutalen Holländer vorbereitet wurde, wieder ein starkes Thema in den weitverbreiteten Flugschriften.18 Nicht anders war es im Vorfeld des zweiten Waffenganges. Und der bedeutende englische Dichter und Dramatiker John Dryden, Mitglied der Royal Society und bekannt durch sein Annus Mirabilis, verfasste freilich nicht zufällig im Kriegsjahr 1673 Amboyna, or the Cruelties of the Dutch to the English Merchants.19 Amboina wurde so zum antiniederländischen Reizwort schlechthin. Kommen wir aber wieder zur Vereinigten Ostindischen Kompanie zurück: Wie auch andere Handelsgesellschaften mit staatlichem oder königlichem Patent ausgestattet, machte die Ostindische Handelskompanie vom Kriegsrecht gegen fremde Mächte Gebrauch bzw. ging – wenn es in den Augen der Verantwortlichen denn geboten war – rücksichtslos und brutal gegen die indigene Bevölkerung vor, wenngleich genauso die Kooperation und Kollaboration mit einheimischen Eliten und der Bevölkerung gesucht und gepflegt wurde. Im Streben um die Monopolstellung im Handel und im Anbau von Gewürzen griff man ebenfalls auf brachiale Methoden zurück. So wurden ganze Ernten auf 18 Vgl. dazu Pincus, Protestantism and Patriotism, 56–64, 92f., 263f. 19 John Dryden, Amboyna, or the Cruelties of the Dutch to the English Merchants. London 1673. 90

Weltumspannender Handel und Konkurrenz

verschiedenen Inseln vernichtet, um die begehrte Pflanze auf nur einer Insel als Monokultur zu zentralisieren.20 Es war schließlich ein dauernder Kampf um Einflusszonen gegenüber regionalen Machthabern, diplomatisch oder mit Androhung und Ausübung physischer Gewalt, ein Kampf um Marktanteile, Handelsstützpunkte und Handelsvernetzungen und ein gekonnter Einsatz von Kapital und militärischen Kräften, um die wirtschaftliche Oberhand zu behalten. Selbst in Japan hatten die Händler aus den Generalstaaten eine privilegierte Stellung: Als aus dem Kaiserreich alle Europäer ausgewiesen wurden und für das Land der aufgehenden Sonne eine lange Phase der strengen Isolierung begann, konnte lediglich die VOC ihre auf Deshima (Dejima) eingerichtete Geschäftsstelle vor Nagasaki betreiben. Nach dem Vorbild der VOC wurde 1621 die niederländische Westindienkompanie (West-Indische Compagnie, WIC) gegründet.21 Mit einem exklusiven Patent für den Handel in Westafrika und Amerika ausgestattet, errichtete diese Gesellschaft Forts und Stützpunkte in Westafrika und Südamerika. 1644 hatte die Kompanie bereits mehr als 10 000 Angestellte. Alleine in den Jahren von 1636 bis 1645 brachte die Gesellschaft mehr als 23 000 Sklaven nach Niederländisch-Brasilien.22 Insgesamt, so wird angenommen, verschleppten die Niederländer über eine halbe Million Menschen in die Neue Welt. Die Antilleninsel Curaçao, heute noch zum Königreich der Niederlande gehörend, entwickelte sich zum Sklavenvertriebszentrum der Niederländer in der Karibik. Auch die englischen Pflanzer in Nordamerika wurden von Curaçao aus mit Sklaven beliefert. Neben dem Gold- und Sklavenhandel (Sklaven wurden übrigens in jener Zeit menschenverachtend als „Schwarzes Gold“ bezeich20 Vgl. z. B. Gaastra, The Dutch East India Company, 46. 21 Vgl. dazu das aktuelle Standardwerk von Heijer, De geschiedenis van de WIC; zusammenfassend Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion: Die Neue Welt, 121–132. 22 Dazu Heijer, Goud, ivoor en slaven; vgl. auch Blackburn, Making of New World Slavery, 185–215, und Israel, Dutch Primacy, 156–170. 91

Globalisierung im 17. Jahrhundert

net) war die Mission der WIC jedoch militärischer ausgelegt als jene der VOC: So sollten die Spanier geplündert und die Portugiesen als Kolonialmacht in Brasilien abgelöst werden (interessanterweise unterschied man zwischen den beiden sich seit 1580 in Personalunion befindlichen iberischen Königreichen). Der spektakulärste Erfolg der Kompanie war die Kaperung der spanischen Silberflotte im Jahre 1628 vor Kuba durch den WIC-Admiral Piet Hein. Der Verlust von über 80 000  kg Silber und einer wertvollen Güterfracht blieb nicht ohne Auswirkungen auf die spanische Kriegführung in Europa. Und ganz nebenbei bescherte man den Anlegerinnen und Anlegern der Kapitalgesellschaft eine riesige Freude: 1630 konnte die WIC 75 Prozent Dividenden ausschütten. Der Versuch, den Portugiesen Brasilien zu entreißen, schlug jedoch spätestens mit der Niederlage der Niederlande gegen England im ersten Seekrieg fehl. Die Generalstaaten waren durch die schweren Verluste in Europa nicht mehr in der Lage, die WIC ausreichend zu unterstützen.23 Zwar waren große Teile Brasiliens, das vor allem Zucker lieferte, zumindest für zweieinhalb Jahrzehnte niederländische Kolonie, doch gelang es den Portugiesen ab den 50er-Jahren, weite Gebiete zurückzuerobern. Um den Niederländern professionell Konkurrenz bieten zu können, gründete der portugiesische König Johann IV. mit Dekret vom 10. März 1649 die Companhia Geral do Comércio do Brasil (Allgemeine Gesellschaft des Brasilienhandels), die ihren Sitz in Lissabon hatte und 36 Schiffe zum Schutz der Handelswege unterhielt. Erst zu Beginn der 60er-Jahre schlossen die beiden Staaten Frieden, mit dem die Niederländer zwar Brasilien endgültig verloren, dafür aber eine reiche Kompensationszahlung bekamen. Die nachhaltigste Leistung der WIC war die Gründung der Kolonie Neu-Niederlande (Nieuw Nederland) einschließlich der 1626 auf der Südspitze von Mannahatta (aus dem Indianischen: „Land der vielen Hügeln“) errichteten Stadt Neu Amsterdam (Nieuw Amsterdam), dem 23 Dazu Pietschmann, Portugal – Amerika – Brasilien, 74–88. 92

Weltumspannender Handel und Konkurrenz

späteren New York, das in den Seekriegen noch eine beachtliche Rolle spielen sollte. Von hier aus wurden die in Europa heiß begehrten Pelze exportiert. Als Konkurrent der niederländischen Kompanie an der westafrikanischen Küste etablierte sich die Company of the Royal Adventurers of England trading into Africa, ab 1672 umstrukturiert in Royal African Company. Sie stellte geradezu einen Angriff auf das de facto existierende Sklavenmonopol der Niederländer, das diese wiederum den Portugiesen abgeluchst haben, im Atlantikhandel dar. Diese Handelsgesellschaft hatte eine höchst interessante Gesellschafterstruktur, da in ihr nicht nur professionelle Unternehmer und Überseehändler, sondern auch Teile der politischen und militärischen Elite des Königreichs vertreten waren. Pfalzgraf Rupert, einer der höchsten Repräsentanten der Navy, war einer der Initiatoren, da er während seiner konterrevolutionären Kaperfahrt mit der royalistischen Flotte die westafrikanische Küste, insbesondere das Gambiadelta, kennenlernte.24 James, der Thronfolger, war Gouverneur, Henry Bennet, William Crofts, John Berkeley, Henry Jermyn, Anthony Ashley (Earl of Shaftesbury), der Duke of Albemarle und Edward Montagu, der Earl of Sandwich, sozusagen das Who is who der einflussreichen Militärs und Politiker, waren Gesellschafter. Diese mit Gold, Elfenbein und Sklaven handelnde, 1660 als Aktiengesellschaft gegründete königliche Charterkompanie besaß das Monopol von Gibraltar bis zum Kap der Guten Hoffnung.25 Das Gebiet des heutigen Senegal, Gambia und Guinea wurde geradezu – und nicht zuletzt des sogenannten „Schwarzen Goldes“ wegen – der Brennpunkt der englischen, aber auch

24 Vgl. Rebitsch, Rupert von der Pfalz, 66–69; zu den royalistischen Operationen der Flotte Ruperts vgl. die Aufsätze von Anderson, The Royalists at Sea. 25 Zur Handelskompanie vgl. Zook, Company of Royal Adventurers, und daran anschließend Davies, Royal African Company; im Kontext des Krieges Wilson, Profit and Power, 111–115. 93

Globalisierung im 17. Jahrhundert

der niederländischen Interessen im Westafrikahandel.26 Schätzungen gehen davon aus, dass die Royal African Company alleine bis zu 50 000 Sklaven im Jahr in die Neue Welt verschiffte. Weitere englische Handelskompanien, die sämtlich von der Londoner Finanzwelt getragen wurden, waren die Merchant Adventurers of London, die bereits 1497 gegründet wurde und das Monopol auf die Tuchausfuhr nach Nordeuropa (vor allem nach Antwerpen) zugesprochen bekam. Die englische Moscovy Company handelte mit dem Baltikum und dem russischen Zarenreich. Auch hier gab es eine massive Konkurrenz mit den Niederländern. Die niederländische Frachtschifffahrt konnte sich ebenso im nordeuropäischen Handel die größte Tonnage aller handelstreibenden Mächte sichern. Im Export von Textilien in die baltischen Länder hatten jedoch die Engländer ein gewichtiges Wort mitzureden, sie waren lange Zeit führend bei diesen Gütern.27 Allerdings drehten sich auch hier die Verhältnisse: Lieferten von 1600 bis 1609 die Engländer noch 82 Prozent aller Textilien, die in das Baltikum gingen, und die Niederlande lediglich 15 Prozent, so waren es in den Jahren 1640 bis 1649 (zu dieser Zeit tobte der englische Bürgerkrieg, jedoch auch noch der Achtzigjährige Krieg) nur noch 32  Prozent englischer und bereits 54  Prozent niederländischer Import.28 Dabei waren die Kaufleute der Hanse in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts im Güteraustausch der Ostsee mit den iberischen Königreichen noch immer eine ernst zu nehmende Konkurrenz. Die englische Turkey Company, später die Levant Company29 genannt, handelte im östlichen Mittelmeerraum mit dem Osmanischen Reich, und die Virginia Company, die besonders im Tabakhandel große Gewinne lukrierte, griff nach Nordamerika aus. Mit der Ausstellung der königli26 Vgl. Hair/Law, The English in Western Africa to 1700, in: Canny, Origins of Empire, 241–263. 27 Vgl. Israel, Dutch Primacy, 140–149. 28 Zu diesen Exportzahlen die Tabelle in Israel, Dutch Primacy, 144. 29 Zu dieser Handelskompanie Epstein, The early history of the Levant Company. 94

Weltumspannender Handel und Konkurrenz

chen Charter für die Hudson’s Bay Company 1670 begann für England die wirtschaftliche Erschließung Kanadas von Norden aus.30 So gelang es den Engländern und Niederländern im 17. Jahrhundert, die bestehenden Monopole der iberischen Mächte in Asien, Afrika und in den beiden Amerikas zu brechen. Mit Frankreich kam in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ein neuer, militärisch äußerst machtvoller Konkurrent hinzu. Nachdem bereits der Kardinal-Premier Ludwigs  XIII. Armand-Jean du Plessis, Duc de Richelieu, großes Interesse für die Antillen, Kanada, Westafrika und Kap Verde gezeigt hatte, gründete JeanBaptiste Colbert, Marquis de Seignelay, im Jahre 1664 die Französische Ostindienkompanie (Compagnie française pour le commerce des Indes orientales) mit Heimatstützpunkt in Lorient und die Französische Westindienkompanie (Compagnie des Indes Occidentales Françaises) mit Le Havre als Heimathafen. Zudem war der Spezialist Ludwigs für alle Wirtschaftsfragen an der Gründung und Umstrukturierung der Nordischen Kompanie, der Levante-Kompanie und der Kompanie für den Senegal beteiligt.31 Frankreich trat mit den Initiativen Colberts nun auch globalpolitisch selbstbewusst auf den Plan. Allerdings blieben die wirtschaftlichen Erfolge der unterkapitalisierten französischen Ostindienkompanie bescheiden; zu macht- und zu wenig profitorientiert dachte man in Paris. Neben Frankreich bemühten sich auch die skandinavischen Länder um Erfolge im Fernhandel. So duellierten sich die Kronen und Seemächte des Baltischen Meeres Schweden und Dänemark-Norwegen an der Goldküste (im heutigen Ghana), die bereits eine unheimliche Dichte an europäischen Forts aufwies. Die Dansk Guineanske Kampagni (Dänische Guineakompanie) war hier scharfer Konkurrent der Svenska Afrikanska Kompaniet (Schwedische Afrika-Kompanie, auch Guinea Kompaniet genannt), wobei die dänische Gesellschaft, der es freilich 30 Ausführlich zu dieser Handelskompanie Rich, History of the Hudson’s Bay Company. 31 Zu den Tätigkeiten Colberts vgl. kurz Trout, Colbert, 159–178. 95

Globalisierung im 17. Jahrhundert

auch um Sklavenhandel ging, die besseren Karten hatte, da sie mit den Niederländern verbündet war.32 Freilich waren nicht all diese unternehmerischen Aktivitäten ausschließlich von nationaler Konkurrenz bestimmt; es bestanden übernationale Handelspartnerschaften zwischen den Konkurrenzländern, und man war um Handelsabkommen bemüht. Gerade im Bereich des Textilhandels mussten die Engländer mit Antwerpen kooperieren. Und zudem war der Handel in großem Maße von den politischen Ereignissen geprägt. Der Dreißigjährige Krieg auf dem Kontinent hatte massiven Einfluss auf die niederländischen und englischen Absätze, der englische Bürgerkrieg drückte die Wirtschaftskraft der Insel beträchtlich, und der Friedensschluss mit Spanien eröffnete den niederländischen Unternehmern wiederum neue Absatzmärkte.

32 Dazu kurz Rella, Im Anfang war das Fort, 111–118. 96

5.  Di e U r s ac h e n de s K r i e g e s

D

ie Englisch-Niederländischen Seekriege galten in der Forschung lange Zeit als Paradebeispiel reiner Wirtschafts- bzw. Handelskriege, sogenannter trading wars. Die ökonomistischen Erklärungsmuster standen klar im Vordergrund und werden so auch heute noch – oft in aller Kürze – in Spezialuntersuchungen zur Thematik und in diversen Handbüchern rezipiert. In den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts kamen neue Erklärungsansätze auf, die mehr antithetisch als komplementär angelegt waren. Neben den ökonomistischen Erklärungsansätzen gab es nun auch konfessionell-ideologische und politische Ursachenbeschreibungen. In ihrer Exklusivität sind sie freilich allesamt überhöht. Hier sollen kurz die einzelnen Erklärungslinien vorgestellt und um einige Bemerkungen und Fakten ergänzt werden, sodass am Schluss dieses Kapitels eine Synthese der Ursachen möglich ist.

5.1.  Ökonom is t is c h e E r k l ä ru ng s a ns ät z e: Prof i t a n d P ow e r Der englische Wirtschaftshistoriker Charles Wilson, ein Spezialist für englisch-niederländische Beziehungen, stellte in seiner 1957 publi­ zierten Studie zu den Seekriegen die Schlagworte „Profit and Power“ und damit den merkantilistischen Ansatz in den Mittelpunkt.1 Der bestens ausgewiesene Kenner der niederländischen Geschichte, Jonathan I.

1 Wilson, Profit and Power. 97

Die Ursachen des Krieges

Israel,2 betrachtete die Seekriege der beiden Handelsmächte ebenso vornehmlich unter dem Aspekt handelspolitischer Auseinandersetzungen in der Epoche eines merkantilistischen Wirtschaftscredos. Und obgleich die moderne Forschung das Konzept des Merkantilismus3 aufgrund seiner Verbindung mit dem politischen und in letzter Zeit ebenso umstrittenen Begriff des Absolutismus kritisiert und diese Bezeichnung als wirtschaftshistorischen Epochenbegriff in Abrede gestellt hat, hat der niederländische Historiker Gijs Rommelse in der jüngsten Untersuchung zum zweiten Englisch-Niederländischen Seekrieg4 die Kriterien des „Merkantilismus“ wieder stark in den Vordergrund gerückt. Rommelse zeigt vor allem die Verflechtung des Hofes, der Handelscliquen wie der City of London und einer erheblichen Anzahl von Parlamentariern im Wirtschaftsgefüge des Königreichs unmittelbar nach der Res­ tauration, die zu einer äußerst aggressiven Handelspolitik im Dienst der Staatsräson geführt hat. Auch in der Analyse des Wirtschafts- und Sozialhistorikers David Ormrod über die Rivalität der beiden Handelsmächte sowie über deren Aufstieg und Fall spielen die Argumentationsmuster des Merkantilismus (als staatliches Steuerungssystem) eine tragende Rolle:5 Erfolgreicher und nachhaltiger Merkantilismus war das Erfolgsrezept für den Aufstieg Großbritanniens.

2 Vgl. hier vor allem Israel, Dutch Republic, 713–726 und 766–776; ders., Dutch Primacy, und ders., England’s mercantilist response to Dutch world trade primacy. 3 Zu diesem Wirtschaftscredo, das in der Forschung unter dem Namen „Merkantilismus“ Eingang fand, vgl. z. B. das sehr pointierte, in gewissen Bereichen überholte Werk von Wallerstein, Das moderne Weltsystem, und die Fortsetzung: ders., Das moderne Weltsystem II; sowie Blaich, Die Epoche des Merkantilismus; Helmer, Merkantilismus und Kapitalismus; und speziell zur sehr ausgeprägten französischen Variante, auch „Colbertismus“ genannt, Gömmel/Klump, Merkantilisten und Physiokraten in Frankreich. 4 Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 35–91. 5 Ormrod, The rise of commercial empires. 98

Ökonomistische Erklärungsansätze: Profit and Power

Doch wie sind diese ökonomischen Zusammenhänge und Leitideen – unabhängig von der Diskussion um den ohnehin erst im 18. Jahrhundert aufkommenden und damals durchaus negativ konnotierten Begriff „Merkantilismus“, der in England und den Niederlanden sehr spezifische Ausprägungen erlebt hat – zu sehen? „Profit and Power“, die von Wilson als zentrale Säulen des Systems definierten Begriffe, galten als die Maxime der global expandierenden europäischen Staaten der Frühen Neuzeit. Profit und Macht bedingten sich gegenseitig, garantierten den ökonomischen Aufschwung, die Wohlfahrt des Staates und den Aufstieg in die Riege der Großmächte. Die atlantischen Staaten begannen im späten Mittelalter die Weltmeere und den Welthandel für sich zu entdecken.6 Freilich jeder auf seine Art und Weise. Die zentralen Perspektiven verschoben sich schon sehr bald vom reinen Konquistadorentum hin zum gewinnbringenden Handel, zur Produktion von Gebrauchs- und Luxuswaren sowie zur groß angelegten Agrarwirtschaft, wie in den beiden Amerikas und in der Karibik ersichtlich wurde. Die Unternehmensphilosophie, will man es modern ausdrücken, lag dabei klar auf der Hand: Die Dominanz im Welthandel bzw. die Marktmacht sollte erreicht werden. Dieser innereuropäische Konkurrenzkampf um die außereuropäischen Ressourcen war – neben zweifelsohne auch vorhandenen anderen Motiven – ein Kampf um die Marktanteile im Welthandel. Das angestrebte Unternehmensziel war ebenso klar: Die Erreichung einer aktiven Handelsbilanz, also eine Steigerung der Exporte und eine gleichzeitige Senkung der Importe, um es auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen. Hochwertige Agrarprodukte wie Zucker, Tabak, Baumwolle und Gewürze aus den eigenen Kolonien, wertvolle Rohstoffe und Textilien sowie gut zu verkaufende Luxuswaren sollten in eigenen Schiffen ins Mutterland gebracht werden. Weitere 6 „Weltwirtschaft“ und „Welthandel“ sind im Übrigen Begriffe, die in der Forschung durchwegs für die Handelsaktivitäten der Europäer ab dem späten Mittelalter gebraucht werden. Vgl. dazu nur Pfister, Die Entstehung der europäischen Weltwirtschaft. 99

Die Ursachen des Krieges

Maxime dieser Wirtschaftspolitik waren die Verhinderung der Einfuhr von ausländischen Fertigwaren und der Ausfuhr von Rohstoffen sowie die gezielte Förderung von Dienstleistungen möglichst durch inländische Unternehmer. Das war die wirtschaftliche Ausgangsbasis für die im Jahre 1651 vom englischen Rump-Parliament erlassene Navigationsakte, auf die noch zurückzukommen sein wird. Durch den Überseehandel mit Asien, Afrika und Amerika sollten Gewinne zum Wohle des Staatshaushalts eingefahren werden. In allen Weltgegenden erschlossen europäische Händler, Emigranten, Abenteurer und Soldaten immense Absatz- und Rohstoffmärkte. Ob nun Zucker von Barbados oder Gewürze aus Südostasien, all das wollte nach Europa verschifft werden. Der Fernhandel kurbelte in der Folge nicht nur die Schifffahrt und das Schiffsbaugewerbe an, sondern spornte auch die Investitionsfreudigkeit der am Handel Interessierten an und sorgte zudem für Steuer- und Zolleinnahmen. All das stimulierte wiederum den Kapitalmarkt. Außerdem schuf die Rohstoffverarbeitung in den Manufakturen des Mutterlands wie auch in den Kolonien Arbeitsplätze. So entstanden durch die Erschließung der Überseeressourcen neue Manufakturen wie auch neue Gewerbezweige. Der Binnen- und Außenhandel sowie der Kolonial- und Überseehandel sollten nach dem ökonomischen Credo des 17. Jahrhunderts unter der Kontrolle des Staates stehen. Diese Doktrin lief von Beginn an auf eine systematische, von Staat zu Staat natürlich sehr differenziert zu betrachtende Wirtschaftsförderung und Wirtschaftslenkung hinaus, wobei dem Ausbau des militärischen Potenzials, vor allem der Flotte, große Bedeutung zukam. Eine Handelsseefahrt, die wertvolle Güter transportierte, war ohne militärischen Schutz zu riskant. Es war daher eine Aufgabe des Staates, Handelsschiffe zu eskortieren, es sei denn, die Händler und Handelskompanien konnten sich selbst schützen. Auch auf diesem Gebiet waren die Niederländer den Engländern einen Schritt voraus. Der Staat und die herrschende Elite kassierten dabei nicht nur durch die Einhebung von Zöllen und Steuern mit, sondern sie waren auch 100

Ökonomistische Erklärungsansätze: Profit and Power

selbst am Handel beteiligt.7 Und die Konkurrenten waren nicht etwa wie heute andere Konzerne, sondern vielmehr die Staaten selbst, die sich im Laufe der Zeit immer mehr in den Handel einschalteten. Sowohl in England als auch in den Niederlanden griff die Regierung lenkend in den weltumspannenden Wirtschaftskreislauf ein und vergab staatliche Privilegien und Monopole für die Handelskompanien. Führende Köpfe und Aktionäre in den Handelsgesellschaften, die mit quasi-staatlichen Rechten ausgestattet waren, kamen aus Hof- und Regierungskreisen.8 Nirgends wird das augenscheinlicher als in der Company of the Royal Adventurers of England trading into Africa, aus der 1672 die Royal African Company hervorging. Diese vor allem Gold und Elfenbein, aber auch Sklaven handelnde Kompanie wurde von James Stuart, Duke of York, dem Bruder des englischen Königs als Gouverneur geführt. James war nicht nur Gouverneur dieser Handelskompanie, sondern aufgrund der Kinderlosigkeit seines Bruders auch der präsumtive Thronfolger und Lord High Admiral der englischen Flotte. Ein weiteres prominentes Mitglied dieser in Westafrika agierenden Handelskompanie war Rupert von der Pfalz, der Cousin des Königs, ehemals royalistischer General im englischen Bürgerkrieg und zur Zeit der Seekriege Admiral der englischen Flotte.9 So griffen Staatsmacht, das politische und militärische Establishment, Flotte und Handel stark ineinander. Diese Struktur war symptomatisch für den Handelsstaat England10 und wurde auch auf institutioneller Ebene etabliert. Gleich nach der Restauration, so hat Rommelse in seiner Dissertation herausgearbeitet, wurden der Council 7 Zum weltumspannenden Handel Englands im 17. Jahrhundert vgl. z. B. Zahedieh, Overseas Expansion and Trade in the Seventeenth Century, in: Canny (Hrsg.), The Origins of Empire, 398–422, bes. 405f. 8 Eine gute Zusammenfassung der Entwicklung und Tätigkeit verschiedener Handelskompanien der seefahrenden Staaten Europas bietet Valentinitsch, Ostund Westindische Kompanien. 9 Zum Sohn des Winterkönigs, der fast sein ganzes Leben für die Stuarts engagiert war, vgl. Rebitsch, Rupert von der Pfalz (dort weitere Literatur). 10 Zu dieser Thematik vgl. Schulin, Handelsstaat England. 101

Die Ursachen des Krieges

of Trade (ein Rat dieses Namens existierte bereits im Commonwealth) und der Council of Foreign Plantations eingerichtet. In diesen beiden handelspolitisch bestimmenden Gremien saßen Vertreter der großen Handelskompanien, der City of London, die im Übrigen die Restauration der Stuarts förderte und finanziell unterstützte, MPs sowie Männer aus der nächsten Umgebung des Königs – also die politische und kaufmännische Elite des Königreichs. Sie diskutierten die Handelsstrategie Englands und legten dem Privy Council, dem Kronrat, ihre Vorschläge vor.11 Die Mitgliedschaft hochrangiger Politiker und Militärs aus dem Kronrat wie die von Edward Hyde, dem Lordkanzler, Edward Montagu, George Carteret, Anthony Ashley Cooper, William Coventry oder George Downing in diesen beiden Gremien ermöglichte natürlich einen problemlosen Zugang der merkantilen Interessen und Forderungen zum Monarchen, der selbst Anhänger einer stark protektionistischen Handelspolitik war. Es war der Council of Foreign Plantations, der im Vorfeld des zweiten Krieges massiv Stimmung gegen die Niederländer in Neu Amsterdam machte. Die Holländer sollten aufgrund ihres unfairen Umgangs mit den englischen Siedlern, so der Rat, zugunsten der New Englanders enteignet werden.12 Und George Downing riet während des Krieges immerzu, die niederländischen Handelsflotten zu überfallen. Darüber hinaus war auch das Unterhaus des Parlaments stark mit Exponenten aus der Wirtschaftselite durchsetzt. Der politische Einfluss der London Merchants und der Handelskompanien nahm in den 60er-Jahren immer mehr zu. So gehörte die Verbindung von Politik, Wirtschaft und Navy zum ausdrücklichen System des zu Recht so bezeichneten Handelsstaates England. Vor allem für den Ausbruch des zweiten Englisch-Niederländischen Seekrieges spielten diese Verflechtungen eine nicht zu unterschätzende Rolle, begann doch der Waffengang vor der offiziellen Kriegserklärung 11 Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 50–55 und 114f. 12 Vgl. Wilson, Profit and Power, 116f, 134. 102

Ökonomistische Erklärungsansätze: Profit and Power

im Operationsgebiet der Company of the Royal Adventurers, an der Küste der Gambiamündung. Der Konkurrenzkampf der rivalisierenden europäischen Handelskompanien barg überhaupt ein sehr hohes Konfliktpotenzial, sei es an der westafrikanischen Küste oder in der Karibik wie auch in Südostasien. Die Handelsgesellschaften gründeten Stützpunkte, die als Warenumschlagplätze dienten. Diese Stützpunkte wie auch die Handelsrouten mussten vor der Konkurrenz und auch vor Freibeutern, die nicht selten im verdeckten Auftrag eines Staates operierten und mit Kaperbriefen ausgestattet waren, geschützt werden. Die quasi-staatliche Seeräuberei scheint zum festen strategischen Repertoire der Handelsmächte außerhalb der Kriegszeiten gehört zu haben. Überfälle und geforderte Rückgaben von Prisen waren fast ständige Tagesordnungspunkte in den zahlreichen diplomatischen Verhandlungen zwischen England und den Niederlanden. Vor allem die Engländer nahmen hier eine äußerst intransigente Position gegenüber den massiven niederländischen Beschwerden ein.13 Die Amtsträger der Generalstaaten hingegen waren zurückhaltender bei der Beauftragung von Freibeutern bzw. bei der Ausstellung von Kaperbriefen. Aber natürlich gab es auch niederländische Freibeuter, die dem englischen Handel Schaden zufügten. Und der Schaden wie auch der Profit durch Kapergut war auf beiden Seiten beachtlich. Zum wirtschaftlichen Konkurrenzkampf kam so noch der handfeste bewaffnete Konflikt in Form von Überfalls- und Kaperaktionen dazu, der keiner Kriegserklärung bedurfte. Um 1650, so die höchsten Schätzungen, soll der Anteil der niederländischen Schiffe bis zu 75 Prozent der „Welthandelsflotte“ betragen haben. Danach waren es immerhin noch geschätzte 50 bis 60 Prozent. Wie auch immer das genaue Zahlenverhältnis ausgesehen haben mag, eines ist unstrittig: Den Niederländern kam in der Mitte des 17. Jahr-

13 Vgl. Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 78–84. 103

Die Ursachen des Krieges

hunderts die absolute Vorrangstellung im Welthandel zu,14 und sie waren im Transportbereich die absoluten Billigst- und Bestbieter. Der in Köln geborene niederländische Dramatiker und Dichter Joost van den Vondel reimte zur Expansion seiner Landsleute nicht ohne Selbstkritik: Wohin Profit uns führt, an jede Küste, jedes Meer: Gewinnsucht ließ bisher noch keinen Hafen unberührt.15

So mussten die Engländer nach ihrem Bürgerkrieg erbittert feststellen, dass ihnen die Republik der Niederlande in fast allen Bereichen den Rang abgelaufen hatte.16 Der Fachmann für die niederländische Welthandelsdominanz Jonathan Israel stellte dazu fest: Every rival trading power – England, the Hanseatics, Denmark, Venice, Genoa – was hard hit by this sudden strengthening of the Dutch world-trade system. But England’s losses were the most extensive and the most resented.

Sowohl im Mittelmeer als auch im baltischen Handel verlor die Inselrepublik an Terrain und an handelspolitischem Einfluss. Die Niederlande wurden vom ehemaligen erbitterten Gegner Spanien in dessen Einflussgebieten bereits ab dem Jahr 1647 (in dem der Friede noch nicht geschlossen war) gegenüber anderen Handelsstaaten wirtschaftlich bevorzugt behandelt. Die Lieferungen des spanischen Silbers nach Flandern gingen nicht mehr über England, sondern über Amsterdam, da sich die spanischen Banker in der Finanzmetropole Amsterdam niederließen. Der Transport der spanischen Wolle wurde ab 1650 zum größten Teil von niederländischen Unternehmen durchgeführt und nicht mehr von englischen Transportfrächtern. Besonders bitter für die Londoner Kaufmannselite war der 14 Dazu vgl. Wallerstein, Das moderne Weltsystem II, 48f. und 56f.; und Israel, Dutch Primacy, 215. 15 Zitat bei Driessen, Geschichte der Niederlande, 64. 16 Vgl. Israel, Dutch Primacy, 197–207, Zitat auf 207. 104

Ökonomistische Erklärungsansätze: Profit and Power

massive Rückgang des Mittelmeer- und Levantehandels aufgrund der erstaunlich schnell wiedererstarkten niederländischen Konkurrenz. Die Holländer bewältigten große und auch gemischte Transportvolumen zu den günstigsten Preisen. Und auch in der Karibik waren die Niederländer nach ihrer Streitbeilegung mit Spanien wiederum voll im Geschäft, sogar mit den (noch royalistischen) englischen Kolonien. Der Einbruch für England war in der Tat dramatisch. Glaubten gewisse Kreise in England zur Zeit des Interregnums an ein calvinistisch-republikanisches Bündnis, so bestand doch schon seit Jahrzehnten ein ausgeprägtes wirtschaftliches Konkurrenzverhältnis zu den Niederlanden. Für Thomas Mun, einen englischen Ökonom und Kaufmann, waren daher die Niederländer nichts anderes als parasitäre Monopolisten, die auf Kosten Englands leben, wie er in seiner 1664 postum publizierten Schrift zum Besten gab.17 In Südostasien standen sich die Ostindischen Kompanien der beiden Länder als kommerzielle Rivalen gegenüber, und in den Jahren von 1612 bis 1616 kam es im Zuge des bereits erwähnten „Cockayne-Projekts“ und anderer wirtschaftspolitischer Streitereien zu ernsthaften Verstimmungen zwischen England und den Generalstaaten, die durchaus das Potenzial zu einem kriegerischen Konflikt hatten.18 Es mag daher kaum überraschen, dass sich in England eine latente Stimmung gegen den Handelsrivalen breitmachte. General George Monck, der in den ersten beiden Seekriegen eine entscheidende Rolle spielte und bei der Restauration von Charles II. zum Duke of Albemarle nobilitiert wurde, brachte die englische Stimmungslage im Vorfeld des ersten Englisch-Niederländischen Krieges auf einen einfachen Nenner: The Dutch have too much trade, and the English are resolved to take it from them.19 17 Dazu Wilson, Profit and Power, 22f. 18 So Israel, Dutch Primacy, 118f. 19 Zitat bei Kennedy, Rise and Fall, 48; zum Konfliktpunkt Handel vgl. zudem Wilson, Profit and Power, 40–47. 105

Die Ursachen des Krieges

Wie man zur globalen Handelsmacht gelangen konnte schrieb Henry Robinson, ein sich den Independenten zugehörig fühlender, nicht unbedeutender Autor wirtschaftlicher Schriften, bereits einige Jahre früher, 1649: … the greatest Trade of one Countrey hath a capacity of undermining, and eating out the lesser Trades of any other Countreys … what Nation soever can attaine to and continue the greatest Trade, and number of shipping, will get and keepe the Soveraignty of the Seas, and, consequently, the greatest Dominion of the World.20

In den Niederlanden trat mit Ende des Dreißigjährigen Krieges eine Phase des neuerlichen Aufschwungs im Übersee- und Fernhandel ein. Obzwar die Generalstaaten schon seit der Jahrhundertwende einen enormen ökonomischen Auftrieb erlebten, darf die Zeit von 1647 bis 1672 geradezu als Zenit des Höhenfluges bezeichnet werden.21 Handelsstützpunkte wurden in Südostasien, in Indien, an der afrikanischen Westküste, in der Karibik und an den Küsten des amerikanischen Kontinents gegründet, der Handel im und mit dem Mittelmeerraum sowie mit den Ostseeherrschaften florierte, wertvolle Rohstoffe und kostbare Fertigprodukte kamen ins Land. Dieser Fernhandel brachte Wohlstand und Reichtum für viele in diesem Handelsnetz involvierte Niederländer mit sich (obgleich es natürlich nach wie vor eine große Masse an verarmten städtischen Bevölkerungsschichten gab). Nachdem die Engländer Ende der vierziger Jahre gegenüber den Generalstaaten stark ins ökonomische Hintertreffen gerieten, herrschte für das trading parliament, wie Westminster zur Zeit des Rump genannt wurde,22 und für die führenden Han20 Robinson, Brief considerations concerning the advancement of trade and navigation, 1. 21 Israel, Dutch Primacy, 197–291. 22 So vermerkte schon ein zeitgenössischer Protokollführer des Parlaments: … the Rump was an iron parliament, a trading parliament. Zitat bei Brenner, Merchants and Revolution, 631. 10 6

Ökonomistische Erklärungsansätze: Profit and Power

delscliquen an der Themse, die sogenannten new merchants, Handlungsbedarf. Man wollte wieder konkurrenzfähig werden. 1650 gründete das Rump-Parliament den Council of Trade, um die Handelspolitik in geordnete und regulierte Bahnen zu bringen. Die Exponenten dieses Councils traten sämtlich für den Freihandel und für freie Häfen (zur Förderung des englischen Re-Export- und Zwischenhandels) ein, waren radikale Republikaner sowie Verfechter einer offensiven, ja zum Teil aggressiven imperialistischen Handelspolitik und hatten starke Verbindungen mit der Londoner Kaufmannsschicht.23 In diesem Sinne brachte sich diese Clique nicht nur in die merkantilen gesetzgeberischen Maßnahmen ein, sondern sprach auch in rüstungsstrategischen Fragen (Flottenausbau und Konvoischutz) mit. In ein merkantilistisches Schema ließen sich diese Freihändler deswegen einordnen, weil sie freilich den Freihandel nur für englische Unternehmen forderten. Eine Maßnahme der neuen offensiven Politik war die Entsendung einer Flotte unter Sir George ­Ayscue in die Karibik, um die royalistisch gebliebenen Inseln, vor allem Barbados, zurückzugewinnen.24 Barbados bediente sich ja zudem exzessiv des niederländischen Freihandels in der Karibik. Der größte Teil dieser Expeditionsflotte war bemerkenswerterweise im Besitz der ohnehin stark in den atlantischen Raum hinein orientierten new merchants, der „Neuen Kaufleute“, die nun die Richtung englischer Außenwirtschaftspolitik maßgeblich beeinflussten. Dabei wurden 24 holländische Schiffe im Wert von ca. 100 000 Pfund Sterling, die mit den königstreuen Engländern auf den Antillen Handel trieben, beschlagnahmt – für die Generalstaaten war das bereits ein erster kriegerischer Akt. Das Commonwealth nahm die Provokation voll in Kauf und berief sich auf ein eigens dafür erlassenes Gesetz, den Act for prohibiting trade and commerce to Barbados, Antigo, Virginia, and Bermudas.25 Dieser am 3. Oktober 1650 erlassene 23 Dazu vgl. Brenner, Merchants and Revolution, 602–608. 24 Vgl. dazu Junge, Flottenpolitik, 138–147; Lenman, England’s Colonial Wars, 261f. 25 Vgl. Brenner, Merchants and Revolution, 591–594. 107

Die Ursachen des Krieges

Act, mit dem die Handelshegemonie des Commonwealth über die Kolonien hergestellt werden sollte, kann als Vorläufer der noch viel nachhaltigeren Navigationsakte gesehen werden. So schnell allerdings konnten die Royalisten auf den Antillen nicht auf die Seite des Rump gezogen werden. Ganz im Gegenteil: Der royalistische Gouverneur von Barbados lobte noch nach Veröffentlichung des antiniederländischen Erlasses die Kooperation mit den holländischen Händlern.26 Es kostete Ayscue einige Mühe, den Gouverneur auf Barbados im Januar 1652 mit einer Portion Kanonendonner zur Aufgabe zu überreden. Dabei konnte sich die Insel einen relativ hohen Grad an Autonomie erhalten. Ein wenig einfacher hatten es die Abgesandten des Commonwealth in Virginia. In Nordamerika erklärten sich die vorerst auf Kampf eingestellten Royalisten nach Verhandlungen für das neue Regime. Bevor die Aktion in der Karibik vonstattenging, schlug das Rump im Frühjahr 1651 den Niederländern ein Bündnis gegen die katholischen Mächte Europas vor. Dieses Bündnis sollte nicht nur das Schutzbedürfnis des europaweit verachteten Commonwealth befriedigen, sondern verfolgte ebenso starke kommerzielle Interessen. Einerseits galten die markt- und handelspolitischen Maßnahmen und Institutionen der Generalstaaten zur Förderung der eigenen Wirtschaft auf der Insel als großes Vorbild.27 Andererseits gab es auch eine massive – wirtschaftliche wie persönliche – Verflechtung englischer und niederländischer Handelshäuser. Allerdings lehnten die Mijnheren das Bündnisangebot des Commonwealth wohlweislich ab, worauf der Erlass der gegen den niederländischen Zwischenhandel gerichteten Navigationsakte nicht lange auf sich warten ließ. Zu dieser offensiven handelspolitischen Maßnahme kamen die schon seit dem Beginn des Jahrhunderts bestehenden Konflikte um die He26 Wilson, Profit and Power, 45. 27 Zur wirtschaftspolitischen Motivation des englischen Bündnisvorschlages vgl. Brenner, Merchants and Revolution, 620–625. 108

Ökonomistische Erklärungsansätze: Profit and Power

ringfischerei in der Nordsee und die Aufbringung holländischer Handelsschiffe durch die englische Kriegsmarine hinzu. Gerade der Bereich der Fischerei, der für beide Länder eine außerordentlich wichtige Rolle in der Lebensmittelversorgung spielte, darf als stark konfliktträchtiger Aspekt in der Ursachenanalyse der Kriege nicht übersehen werden. Die Fischerei war eines der bilateralen Streitpunkte der beiden Länder schlechthin. Der Hering war nicht nur für die Niederlande und England wichtig, er war zudem ein Exportschlager für das restliche Europa des 17. Jahrhunderts. Auch auf diesem Gebiet waren die Niederländer besser organisiert und technisch überlegen. Der Fischfang war strikten Regeln unterworfen und wurde von einem Hauptquartier in Delft überwacht. Zudem gab es von der Kriegsmarine nicht selten Begleitschutz für die Fischerboote aus Friesland und Holland. Bereits James I. mahnte die Rechte seiner Fischer gegenüber den Gesandten aus Den Haag ein.28 In der Navigationsakte wurden dann ausdrücklich – und dieser Punkt ist in der Betrachtung der brisanten protektionistischen Gesetzgebung oft außer Acht gelassen worden – Maßnahmen für die Fischerei angesprochen. Ebenso war die Heringfischerei in der Nordsee vor dem zweiten Krieg ein brisantes Thema. Als der englische Admiral Rupert von der Pfalz 1661 seine Mutter in Den Haag besuchte, schrieb er etwas sorglos und mit leichtem Spott über die niederländische Erregung in den Fragen der Heringfischerei: I must add that the Hollanders boast much, avowing openly that if the King doth trouble the Hering fishing they will maintaine it with the sword. I tould some that butter and cheese would doe better.29

Die Frage erhitzte auf beiden Seiten des Kanals die Gemüter. Die niederländische Dominanz in der Heringfischerei der Nordsee, die viele 28 Dazu Howat, Stuart and Cromwellian, 54–59; Wilson, Profit and Power, 32–40. 29 Zitat bei Morrah, Rupert, 312. 109

Die Ursachen des Krieges

Engländer exklusiv für „ihr“ Meer reklamieren wollten, fand in den höchsten Kreisen des Königreichs Beachtung und trug viel zu einer anti­ holländischen Stimmung in England bei. Mit Blick auf die weitere ökonomistische Motivlage darf nicht vergessen werden, dass es neben den einflussreichen imperialistischen Handelsherren auch viele kleinere Kaufleute gab, die als Kontrakteure im Rüstungsbereich (zum Beispiel Lieferung von Salpeter, Pulver, Lebensmittel usw.) reges Interesse an einem Krieg hatten.30

5.2.  Di e N av ig at ions a k t e von 1651 u n d w e i t e r e h a n de l sp ol i t i s c h e G e se t z e Aufgrund der niederländischen Dominanz in der Handelsschifffahrt, besonders im Zwischenhandel, und der in England herrschenden Depression erließ das Commonwealth im Jahre 1651 die sogenannte Navigationsakte. Dieser Erlass besagte, dass Güter, die aus den Kolonien kamen, nur in englischen Schiffen transportiert werden durften und europäische Güter entweder in englischen oder in „solchen Schiffen, die wirklich den Einwohnern des Landes oder Platzes gehören, wo die Güter gewachsen oder erzeugt (worden) sind oder wie sie gemeinhin zuerst verschifft werden“.31 Der bereits erwähnte Erlass vom 3.  Oktober 1650 vertrat im Wesentlichen die gleiche Philosophie, territorial aber auf die amerikanischen Kolonien beschränkt. Wie vom Council of Trade intendiert, sollte damit gesetzlich der englische Überseehandel und Stapelmarkt unter Protektion gestellt und gestärkt werden. Tabak 30 Junge, Flottenpolitik, 162. 31 Zur Navigationsakte vgl. Beutin, Die britische Navigationsakte von 1651, 44–53, Zitat auf 48; Junge, Flottenpolitik, 147–165; ausführlich zu diesem Act Harper, The English Navigation Laws; weiters Wilson, Profit and Power, 52–57; Brenner, Merchants and Revolution, 613–628; Heard, Stuart Economy and Society, 76–78. 110

Die Navigationsakte von 1651 und weitere handelspolitische Gesetze

aus Virginia oder Zucker aus den Westindischen Inseln durfte diesem Erlass entsprechend nur in englischen Schiffen und baltisches Getreide in englischen Schiffen oder in den Schiffen der baltischen Länder transportiert werden. Die Fischerei wurde, wie bereits erwähnt, ebenso in diesen protektionistischen Maßnahmenkatalog aufgenommen. Diese Gesetzgebung zum Schutz und zur Hebung der englischen Schifffahrt sowie zum Aufbau der englischen Wirtschaft nach dem Bürgerkrieg war mitunter ein ausschlaggebender Kriegsgrund für den ersten EnglischNiederländischen Seekrieg. Auch wenn diese Maßnahme des Londoner Rump nicht zwangsweise auf einen Krieg hinauslaufen musste, wie in der neuen Forschungsliteratur oft zu lesen ist,32 so wurde ein bewaffneter Konflikt mit den Niederlanden dabei allemal und ganz bewusst in Kauf genommen. Jedoch waren nicht alle einflussreichen Kreise in England für die Navigationsakte. Die Merchant Adventurers, die einen regen Textilhandel mit den Niederländern betrieben, artikulierten sich klar gegen diese Gesetzgebung.33 Doch für weite Teile des politischen und kaufmännischen Establishments wurde das kommerzielle Interesse zum großen nationalen Interesse erklärt. So waren die Levant Company, die Eastland Company (baltischer Handel) und auch die Greenland Company (Handel mit Walöl) für protektionistische Maßnahmen der Regierung und gegen den niederländischen Importhandel. Für die Holländer hingegen war der englische Markt nicht der bedeutendste. Somit lag vonseiten der Generalstaaten kein zwingender Kriegsgrund wegen des Erlasses der Navigationsakte vor.34 Viel mehr Grund zum Ärgernis als die protektionistische Gesetzgebung der Engländer lieferten die Anhaltungen, Durchsuchungen und nicht selten Konfiszierungen frem32 So wird immer wieder in der englischen Forschung festgestellt; vgl. z. B. Capp, Cromwell’s Navy, 75; Rodger, Command of the Ocean, 7; Braddick, The English Government, 303; Brenner, Merchants and Revolution, 613–632; vgl. dazu auch die Bemerkungen bei Junge, Flottenpolitik, 150–165. 33 Vgl. Wilson, Profit and Power, 54–56. 34 Israel, Dutch Primacy, 208. 111

Die Ursachen des Krieges

der Schiffe, darunter natürlich sehr häufig niederländischer, wie es das Rump verstärkt anordnete. Dieses anmaßend-selbstbewusste Vorgehen des Commonwealth trug in den Generalstaaten enorm zur Verschlechterung des bilateralen Verhältnisses bei. Das restaurierte Königreich setzte die offensive handelspolitische Linie der Republik fort. So wurde unter Charles II. die Navigationsakte im Jahre 1660 bestätigt und verschärft. Der drei Jahre später erlassene Staple Act war ein weiterer Versuch, den englischen Transporthandel zuungunsten der Niederländer zu stärken.35 Er legte fest, dass England das exklusive Recht zukommen sollte, alle Güter zwischen der Insel und Kontinentaleuropa auf englischen Schiffen oder Schiffen der Kolonien zu transportieren. Güter zwischen den Kolonien und Europa mussten zum Re-Export über England laufen. In englischen Häfen wurden die Waren gelöscht, inspiziert, verzollt und wieder verladen. Speziell die aufkommenden Luxusprodukte Zucker, Reis und Tabak mussten in England abgeladen und für den weiteren Export verzollt werden. Mit diesen gesetzlichen Maßnahmen sollte Englands Zwischenhandel weiter beträchtlich gestärkt werden. Allerdings stießen diese Verordnungen selbst im englischen Einflussbereich nicht immer auf helle Begeisterung. Die Kolonisten in der Neuen Welt befürchteten aufgrund der nun gesetzlich verordneten Monopolstellung wohl zu Recht einen Preisverfall der eigenen Produkte bei einem Preisanstieg der Transportkosten, da die englischen Frächter mit den niederländischen Bestanbietern nicht mithalten konnten.36 Charles  II. setzte mit dieser protektionistischen Gesetzgebung die expansive, ja äußerst aggressive Außenpolitik der Ära Cromwell fort. Ein Sprecher des House of Lords wollte vorausblickend die Auswirkungen dieser protektionistischen Gesetzgebung erkennen:

35 Vgl. Zahedieh, Overseas Expansion, in: Canny (Hrsg.), The Origins of Empire, 405f. 36 Dazu Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 59. 112

Die Navigationsakte von 1651 und weitere handelspolitische Gesetze

… and it is the only way to enlarge your majesty’s dominions all over the world: for so long as your majesty is master at sea your merchants will be welcome wherever they come, and that is the easiest way of conquering, and the chiefest way making, whatsoever is theirs.37

Die Absicht, Herr der Meere zu werden und dadurch den Welthandel zu kontrollieren, war in allen Schichten des politischen und wirtschaftlichen Establishments der Insel präsent. Kapitän George Cock, ein bedeutender Händler und Lieferant für die Navy, brachte die vorherrschende Stimmung gegenüber Samuel Pepys (seit 1660 Sekretär im Flottenamt und ab Oktober 1665 Leiter der Proviantabteilung ebendort)38 auf den Punkt: The trade of the world is too little for us two, therefore one must down.39

Es ging für die Engländer in diesem Handelskrieg um nichts weniger, als die globale wirtschaftliche Dominanz der Holländer zur See zu brechen. Für die Republik der Niederlande ging es hingegen um die Erhaltung des Status quo in Schifffahrt und Fischerei. Und nur nebenbei sei bemerkt, dass auch Colbert in Frankreich mit dem Erlass der „Exklusivität“ (l’exclusif) staatliche Vorrechte im maritimen Handel festlegen ließ, die sich ganz eindeutig gegen den Handel der Generalstaaten richteten.40

37 Zitat bei ebd., 58; siehe auch Beutin, Navigationsakte, 50. 38 Zur Biografie des Marinesekretärs vgl. Ollard, Pepys; zur Flottenpolitik zur Zeit von Pepys Knighton, Pepys and the Navy; sehr umfassend Davies, Pepys’s Navy. 39 Pepys, Diary V, 35. 40 Vgl. Trout, Colbert, 86–88. 113

Die Ursachen des Krieges

Navigation Act 165141 2

For the increase of the shipping and the encouragement of the navigation of this nation, which under the good providence and protection of God is so great a means of the welfare and safety of this Commonwealth: be it enacted by this present Parliament, and the authority thereof, that from and after the first day of December, one thousand six hundred fifty and one, and from thence forwards, no goods or commodities whatsoever of the growth, production or manufacture of Asia, Africa or America, or of any part thereof; or of any islands belonging to them, or which are described or laid down in the usual maps or cards of those places, as well of the English plantations as others, shall be imported or brought into this Commonwealth of England, or into Ireland, or any other lands, islands, plantations, or territories to this Commonwealth belonging, or in their possession, in any other ship or ships, vessel or vessels whatsoever, but only in such as do truly and without fraud belong only to the people of this Commonwealth, or the plantations thereof, as the proprietors or right owners thereof; and whereof the master and mariners are also for the most part of them of the people of this Commonwealth, under the penalty of the forfeiture and loss of all the goods that shall be imported contrary to this act; as also of the ship (with all her tackle, guns and apparel) in which the said goods or commodities shall be so brought in and imported; the one moiety to the use of the Commonwealth, and the other moiety to the use and behoof of any person or persons who shall seize the goods or commodities, and shall prosecute the same in any court of record within this Commonwealth. And it is further enacted by the authority aforesaid, that no goods or commodities of the growth, production, or manufacture of Europe, or of any part thereof, shall after the first day of December, one thousand six hundred fifty and one, be imported or brought into this Commonwealth of England, or into Ireland, or any other lands, islands, plantations or 41 http://www.constitution.org/eng/conpur_ap.htm (Zugriff: 18. Januar 2012). 114

Die Navigationsakte von 1651 und weitere handelspolitische Gesetze

territories to this Commonwealth belonging, or in their possession, in any ship or ships, vessel or vessels whatsoever, but in such as do truly and without fraud belong only to the people of this Commonwealth, as the true owners and proprietors thereof, and in no other, except only such foreign ships and vessels as do truly and properly belong to the people of that country or place, of which the said goods are the growth, production or manufacture; or to such ports where the said goods can only be, or most usually are first shipped for transportation; and that under the same penalty of forfeiture and loss expressed in the former branch of this Act, the said forfeitures to be recovered and employed as is therein expressed. And it is further enacted by the authority aforesaid, that no goods or commodities that are of foreign growth, production or manufacture, and which are to be brought into this Commonwealth in shipping belonging to the people thereof, shall be by them shipped or brought from any other place or places, country or countries, but only from those of their said growth, production, or manufacture, or from those ports where the said goods and commodities can only, or are, or usually have been first shipped for transportation; and from none other places or countries, under the same penalty of forfeiture and loss expressed in the first branch of this Act, the said forfeitures to be recovered and employed as is therein expressed. And it is further enacted by the authority aforesaid, that no sort of codfish, ling, herring, pilchard, or any other kind of salted fish, usually fished for and caught by the people of this nation; nor any oil made, or that shall be made of any kind of fish whatsoever, nor any whale-fins, or whalebones, shall from henceforth be imported into this Commonwealth or into Ireland, or any other lands, islands, plantations, or territories thereto belonging, or in their possession, but only such as shall be caught in vessels that do or shall truly and properly belong to the people of this nation, as proprietors and right owners thereof; and the said fish to be cured, and the oil aforesaid made by the people of this Commonwealth, under the penalty and loss expressed in the first branch of this present Act; the said forfeit to be recovered and employed as is there expressed. 115

Die Ursachen des Krieges

And it is further enacted by the authority aforesaid, that no sort of cod, ling, herring or pilchard, or any other kind of salted fish whatsoever, which shall be caught and cured by the people of this Commonwealth, shall be from and after the first of February, one thousand six hundred fifty three, exported from any place or places belonging to this Commonwealth, in any other ship or ships, vessel or vessels, save only in such as do truly and properly appertain to the people of this Commonwealth, as right owners; and whereof the master and mariners are for the most part of them English, under the penalty and loss expressed in the said first branch of this present Act; the said forfeit to be recovered and employed as is there expressed. Provided always, that this Act, nor anything therein contained, extend not, or be meant to restrain the importation of any of the commodities of the Straits or Levant seas, laden in the shipping of this nation as aforesaid, at the usual ports or places for lading of them heretofore, within the said Straits or Levant seas, though the said commodities be not of the very growth of the said places. Provided also, that this Act nor anything therein contained, extend not, nor be meant to restrain the importing of any East India commodities laden in the shipping of this nation, at the usual port or places for lading of them heretofore in any part of those seas, to the southward and eastward of Cabo Bona Esperanza, although the said ports be not the very places of their growth. Provided also, that it shall and may be lawful to and for any of the people of this Commonwealth, in vessels or ships to them belonging, and whereof the master and mariners are of this nation as aforesaid, to load and bring in from any of the ports of Spain and Portugal, all sorts of goods or commodities that have come from, or any way belonged unto the plantations or dominions of either of them respectively. Be it also further enacted by the authority aforesaid, that from henceforth it shall not be lawful to any person or persons whatsoever to load or cause to be laden and carried in any bottom or bottoms, ship or ships, 116

Politische Ursachen der Kriege

vessel or vessels, whatsoever, whereof any stranger or strangers born (unless such be denizens or naturalized) be owners, or masters, any fish, victual, wares, or things of what kind or nature soever the same shall be, from one port or creek of this Commonwealth, to another port or creek of the same, under penalty to every one that shall offend contrary to the true meaning of this branch of this present Art, to forfeit all the goods that shall be so laden or carried, as also the ship upon which they shall be so laden or carried, the same forfeit to be recovered and employed as directed in the first branch of this present Act. Lastly, that this Act nor anything therein contained, extend not to bullion, nor yet to any goods taken, or that shall be taken by way of reprisal by any ship or ships, having commission from this commonwealth. Provided, that this Act, or anything therein contained, shall not extend, nor be construed to extend to any silk or silk wares which shall be brought by laud from any part of Italy, and there bought with the proceed of English commodities, sold either for money or in barter: but that it shall and may be lawful for any of the people of this Commonwealth to ship the same in English vessels from Ostend, Nieuport, Rotterdam, Middelburg, Amsterdam, or any ports thereabouts, the owners and proprietors first making oath by themselves, or other credible witnesses, before the Commissioners of the Customs for the time being or their deputies, or one of the Barons of the Exchequer, that the goods aforesaid were so bought for his or their own proper account in Italy. 2

5.3.  P ol i t i s c h e U r s ac h e n de r K r i e g e Der englische Historiker James Rees Jones stellte in seiner Analyse der Englisch-Niederländischen Seekriege die politischen Ursachen in den Mittelpunkt. Vor dem ersten Krieg war die diplomatische Mission unter der Führung von Oliver St.  John und Walter Strickland im März 1651 117

Die Ursachen des Krieges

entscheidend.42 Diese Abordnung hatte den Auftrag, den Niederländern eine enge Koalition oder Union anzubieten: „The security of the Commonwealth regime was the chief objective of the English embassy – and of the war that followed its failure.“ Es gab bereits während des Bürgerkrieges Versuche aller zwei Parteien, eine Koalition mit den Generalstaaten herzustellen. Strickland war dabei der Diplomat der ersten Stunde des Parlaments in Den Haag.43 Doch die Regenten blieben skeptisch und erklärten sich im Jahre 1642 für diesen Konflikt neutral. Im Jahr 1649 gab es einen neuerlichen Versuch des Parlaments zu einem Bündnis mit den Provinzen. Doch wurde der englische Gesandte Dr.  Isaac Dorislaus, ein gebürtiger, nach England ausgewanderter Niederländer, von englischen Royalisten in Den Haag ermordet.44 Daraufhin blieb das Verhältnis der beiden Republiken, das ohnehin schon durch die Neutralitätserklärung der Generalstaaten belastet war, unterkühlt. Zwei Jahre später kam es zum nächsten Angebot. Wie diese Zusammenarbeit der beiden protestantischen Mächten hätte funktionieren sollen, lässt sich nicht mehr im Detail rekonstruierten, da die Instruktionen für die englischen Gesandten den Lauf der Geschichte offenbar nicht überlebt haben. Eines jedoch darf als sicher angenommen werden: Das Rump wollte unbedingt erreichen, dass die Stuarts in den Niederlanden keine Verbündeten fanden.45 In der Kalkulation der Verantwortlichen des Commonwealth hieß dies, dass vor allem die Provinz Holland in ihrer antioranischen Ausrichtung gestärkt werden musste. Das gehasste Commonwealth-Regime suchte somit in der Republik der Vereinigten Niederlanden den scheinbar natürlichen Verbündeten gegen die Monarchien Europas und gegen die tatsächlich starken Restitutionsbestrebungen der

42 Jones, The Anglo-Dutch Wars, 107–114, das Zitat auf 108. 43 Zu diesen Versuchen und zur niederländischen Neutralität vgl. Groenveld, The English Civil Wars, 544 und 555–557. 44 Woolrych, Britain in Revolution, 508f. 45 Das betont vor allem Junge, Flottenpolitik, 141–147. 118

Politische Ursachen der Kriege

Stuarts.46 Außer dem schwer angeschlagenen Spanien hatte die englische Republik nur Feinde, und der spätere Charles II., der Sohn des hingerichteten Königs, stand als gekrönter Monarch (er wurde bereits am 5. Februar 1649 in Edinburgh als König anerkannt) kampfbereit in Schottland. Die royalistische Gefahr für das Commonwealth war also immer noch existent. Die Generalstaaten konnten sich zwar eine Art Freundschaftsvertrag, jedoch keinesfalls eine enge Koalition vorstellen. Wozu auch, die Handelsnation stand auf dem Höhepunkt ihrer Macht und hatte gerade vor drei Jahren die offizielle Souveränität vom Reich errungen. Dementsprechend zurückhaltend und vorsichtig ging die niederländische Verhandlungsführung ans Werk. Gewisse Andeutungen der englischen Gesandten, die wohl nie mit offenen Karten spielten, für die Zukunft dieses Bündnisses wurden im Haag als potenzielle Eingriffe in die niederländische Souveränität gedeutet. Zumindest konnten die Regenten der Staaten vermuten, dass man dem aggressiven Regime in London nur als Steigbügelhalter zur ersten Seemacht dienen sollte. Die unterschiedlichen Vorstellungen der Delegationen ließen die Verhandlungen schließlich eskalieren, ein schweres diplomatisches Zerwürfnis war die Folge. Dabei fingen die Verhandlungen schon unter einem ungünstigen Stern an: Als Cromwell’s Bastards wurde die ungefähr 200 Mann starke Delegation von der Bevölkerung Den Haags empfangen.47 Ende Juni verließen die Engländer erbost und gekränkt den Regierungssitz der Generalstaaten. Nun trat der Alternativplan in Kraft – wenn es nicht mit den Niederländern ging, musste es eben ohne und gegen sie gehen. Einige Tage nach dem Abbruch der Verhandlungen stellte das Parlament 160 000 Pfund für den Flottenausbau zur Verfügung,48 und im Oktober erließ das Rump die Navigationsakte, die maßgeblich vom ehemaligen Chefverhandler, Lord Chief Justice Oliver St. John, beeinflusst wurde.49 46 Zu den Verhandlungen vgl. auch Woolrych, Britain in Revolution, 507–512, und Pincus, Protestantism and Patriotism, 23–29, 32–36. 47 Vgl. dazu Wilson, Profit and Power, 49. 48 Vgl. Junge, Flottenpolitik, 147. 49 Wilson, Profit and Power, 52; Pincus, Protestantism and Patriotism, 44–51. 119

Die Ursachen des Krieges

Obwohl es bis ins Jahr 1652 auch seitens der Generalstaaten zu Versuchen kam, die Verhandlungen wieder aufzunehmen und auch über die Navigationsakte zu diskutieren, waren die Missverständnisse und Zerwürfnisse zwischen den beiden Staaten nicht mehr auszuräumen. So stand selbst der erfahrene Ratspensionär Adriaen Pauw auf verlorenem Posten, als er im frühen Sommer 1652 in London nochmals zu schlichten versuchte. Die in der ökonomistischen Ursachenanalyse eine zentrale Rolle spielende Navigationsakte erklärt Jones als nicht primär gegen den Handel der Niederlande gerichtet, sondern mit der Notwendigkeit der Staatsführung, die Wirtschaft generell aus der Depression zu führen.50 Gleichwohl Jones die ökonomistischen Erklärungsansätze Wilsons für übersteigert und zu exklusiv hält, spielen bei ihm die merkantilistischen Interessen im politischen Spiel der pressure groups eine nicht unbedeutende Rolle.51 Das ausschlaggebende Problem zur Einleitung der kriegerischen Ereignisse allerdings stellte die Durchsuchung niederländischer Transportschiffe durch die englische Marine dar. Sowohl von Spanien als auch von Frankreich als neutral akzeptiert, transportierten die Handelsschiffe der Republik der Vereinigten Niederlande Kriegsgüter, die in Irland und Schottland gegen das Commonwealth eingesetzt wurden. So kam es zu häufigen Aufbringungen niederländischer Frachtschiffe durch die englische Navy. Im Frühjahr 1652 ließen die Generalstaaten deshalb eine starke Flotte mit 150 Schiffen unter Maerten Tromp zum Konvoischutz der eigenen Handelsschifffahrt auslaufen. Der Entschluss brachte das Fass wohl zum Überlaufen: „This was the most provocative initiative imaginable, the single most important cause of the ensuing war.“52 Mit dem Auslaufen der niederländischen Flotte in die Straße von Dover und in den Kanal, den die Engländer als eigenes Gewässer betrachteten, wurde die letzte Chance auf ein Bündnis der beiden Republiken verspielt. 50 Jones, The Anglo-Dutch Wars, 110f. 51 Ebd., 10. 52 Ebd., 113. 120

Politische Ursachen der Kriege

Dem englischen Historiker ist sicher recht zu geben, dass es sich um eine für das Rump unerhört provozierende Maßnahme handelte. Allerdings sollte dabei auch erwähnt werden, dass die Generalstaaten aufgrund der schweren Übergriffe gegen ihre Handelsschifffahrt zu militärischen Schutzmaßnahmen gezwungen waren. Der Prinzgesinnte Tromp war nun mit einer großen, wenn auch nicht sehr kampfkräftigen Flotte auf See, mit der er sich auf ein Gefecht gegen den englischen Verband unter Robert Blake einließ.53 Damit war die Saat des Krieges gesät. Das Rump rüstete seine Flotte weiterhin auf und führte Überfallsaktionen auf die niederländische Handels- und Fischereischifffahrt im Ärmelkanal und in der Nordsee durch. Tromp und andere niederländische Admiräle konzentrierten sich derweil auf den Schutz derselben. Der zweite Englisch-Niederländische Krieg fand, wie bereits dargelegt, unter gänzlich anderen politischen Rahmenbedingungen statt als der erste. Charles II. hatte das Königreich restauriert. Das Selbstbewusstsein aus der Zeit Cromwells blieb. Seit dem gewonnenen ersten Krieg gegen die Niederländer fühlte man sich in England militärisch überlegen. Das Königreich wollte sich ebenfalls mit kriegerischen Mitteln als erste Seemacht etablieren. Johan de Witt, Ratspensionär von Holland und zugleich verantwortlich für die gesamte Republik der Niederlande, schätzte die Lage anders ein. Er hielt einen Krieg gegen die Engländer für wirtschaftlich wie auch politisch nachteilig. Pieter de la Courts strikt antimonarchische Abhandlung Interest van Holland,54 in der ganz im Interesse de Witts – daher auch als „offizielle holländische Staatsinteressenschrift“55 tituliert – der Wunsch nach Frieden und Ruhe ohne das machtpolitische Übergewicht eines einzigen Staates zum Ausdruck kommt, gibt beredtes Zeugnis davon. Die Schrift ist damit auch eine scharfe Anklage gegen skrupellose Machtspiele, wie sie von den Oraniern, Habsburgern, Stuarts und anderen Dy53 Zu seiner Person vgl. Baumber, General-at-Sea Robert Blake. 54 Pieter de la Court, Interest van Holland ofte Gronden van Hollands-Welvaren. Amsterdam 1662. 55 Schulin, Handelsstaat, 180; vgl. weiters Wilson, Profit and Power, 11–19. 121

Die Ursachen des Krieges

nastien betrieben wurden. Die Eindämmung der englischen Expansionstriebe und die Erhaltung der eigenen Handelsmacht waren erklärte Ziele der Niederländer. Nach dieser Maxime wollte de Witt handeln, er wollte weder Allianzen eingehen noch Konflikte provozieren. Doch der Ratspensionär war viel mehr Realist als Träumer oder Pazifist und setzte darum nach dem ersten Krieg den Flottenbau entschlossen durch.56 Durch die Flotte und ihre offensive Kolonialpolitik war es den Generalstaaten selbstverständlich nach wie vor möglich, die globale handelspolitische Vormachtstellung zu erhalten. Und freilich dachte kein Politiker der Generalstaaten, schon gar keiner der Regenten in Holland, ernsthaft an eine Aufgabe der globalen Handelsdominanz. So behielten sich die Niederländer den Ort des mare liberum vor, denn in den außereuropäischen Gebieten waren sie ebenfalls auf eine ökonomisch orientierte Kolonial- und Machtpolitik bedacht. In den von ihnen beherrschten Gebieten im fernen Asien stellten die Niederländer das „Prinzip der freien Gewässer“ genauso in Abrede, wie die Engländer es in ihren unmittelbaren Gewässern taten. Downing bemerkte zur Debatte: It is mare liberum in the British Seas but mare clausum on ye coast of Africa and in ye East Indies.57

Jones, das Primat der Politik hervorhebend, sieht die kriegstreibenden Faktoren in verschiedenen Personengruppen manifestiert: „… because it was not the administration of Clarendon and Charles II that was intent on pressing anti-Dutch policies but an aggressive combination of courtiers, junior politicians, naval officers and City merchants which was associated with, and led by, James duke of York.“58 56 Vgl. Schöffer, Die Republik der Vereinigten Niederlande, 61. 57 Zitat bei Wilson, Profit and Power, 118. 58 Jones, The Anglo-Dutch Wars, 145; zum Zusammenspiel von Hof, Parlament und Handelsgesellschaften vgl. auch Seaward, The House of Commons Committee. 122

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Da weder der König noch Prime Minister Clarendon der von James und seiner Klientel betriebenen Konfrontationspolitik Einhalt gebot, eskalierte die Situation zwischen England und den Niederlanden wiederum. Die aufstrebenden Männer rund um den Thronfolger, die die Konfrontationspolitik mittrugen, wurden vom König durchaus geschätzt. Tatsächlich war der Hof der Stuarts ein für die damalige Zeit typisches von Patronage und Netzwerken gekennzeichnetes politisches System, das besonders von James forciert wurde. Hier hatten nur diejenigen eine Aufstiegschance, die das Wirtschaftscredo der Stuarts teilten und sich vor allem am Außenhandel – an den Handelsgesellschaften bzw. in den politischen Gremien für den Außenhandel – aktiv beteiligten.59 Außenhandel hieß zugleich Konfrontation mit dem Konkurrenten. Diese Handelsrivalität zwischen dem etablierten Marktbeherrscher und dem Aufsteiger schlug gerade in den zwei Jahren vor dem zweiten Krieg häufig in bewaffnete Machtdemonstrationen um. So hatte also auch der Monarch selbst zur Eskalation beigetragen. Die Motive der am Krieg interessierten Männer waren unterschiedlich gewichtet, hatten aber doch einen gemeinsamen Nenner: persönliche Bereicherung und Imagegewinn. Neben der „Größe der Monarchie“ und dem „Wohl des Staates“ – Schlagwörter, die man als guter Royalist ohnehin immer parat haben musste – standen persönliche Ehre, Reputation und Karriereaufstieg, die ein heldenhafter Einsatz im Krieg mit sich brachte, im Vordergrund. Der finanzielle Gewinn war für diese Männer natürlich ein angenehmer Nebeneffekt. Das politisch agierende Klientel rund um den Duke of York hatte ausgeprägte merkantilistische Ambitionen. Diese Ambitionen zum Krieg macht vor allem die Verschränkung von Staatsmacht, Navy und Wirtschaft in Kompanien wie der Royal Adventurers of England trading into Africa deutlich. Die Royalisten, die mit Rupert den konterrevolutionären Seekrieg bestritten, 59 Zum Patronage- und Klientelsystem der Stuarts vgl. Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 55–58. 123

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kannten die westafrikanische Küste und die Karibik. Diejenigen, die auch nur mit einigem handelsstrategischen Instinkt ausgestattet waren, konnten wohl damals schon das ökonomische Potenzial der Vernetzung des atlantischen Raumes erahnen, oder zumindest träumten sie von den Profitmöglichkeiten, die das Gold und das „Schwarze Gold“ boten. James, der Lord High Admiral der Flotte, war Gouverneur dieser in der Restaurationszeit gegründeten Handelskompanie, Rupert von der Pfalz war Initiator und Mentor, ständiger Besucher der Gesellschaftersitzungen und galt aufgrund seines Aufenthalts im Gambiadelta als Afrikaspezialist. Der zweite Krieg begann nicht zufällig im Bereich der Royal Adventurers of England trading into Africa. Man darf also bei allen persönlichen politischen Intentionen der maßgeblichen Männer rund um den Duke of York auch deren ökonomische Interessen nicht übersehen.60 Im Übrigen rechneten alle diejenigen, die einen Krieg gegen den Handelskonkurrenten begrüßten, mit einem schnellen Sieg und keineswegs mit einem langen, für den Handel schädlichen Konflikt. Neben James gab es noch andere maßgebliche Personen. Der politische Aufstieg von Henry Bennet, Lord of Arlington, der vom Monarchen stark gefördert wurde, stellt für den britischen Historiker Charles Wilson geradezu einen Wendepunkt in den bilateralen Beziehungen dar.61 Arlington, der schon seit dem Exil ein enger Vertrauter von Charles war, war ein typischer Exponent des Stuart-Hofes: gebildet, vorzügliche Umgangsformen, kosmopolitisch, skrupellos, egoistisch, karriere- und profitorientiert. Der Aufsteiger, der gegen den außenpolitisch vorsichtigen Clarendon in Opposition trat, galt als Freund Spaniens, war frankophil und ein deklarierter Feind der Generalstaaten. Damit vertrat der Mann im engsten Beraterkreis des Königs die Linie des Thronfolgers.62 Und wie stand es um Charles selbst? Seiner Schwester in Frankreich teilte der König zwar mit, 60 Vgl. Wilson, Profit and Power, 111–115. 61 Vgl. Wilson, Profit and Power, 111f. 62 Vgl. dazu auch Wilson, Profit and Power, 122–124. 12 4

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er sei der Einzige in seinen Herrschaften, der keinen Krieg wünsche und eigentlich auf ein Nachgeben der Niederlande in den laufenden Verhandlungen hoffe,63 sprich, dass die englische Einschüchterungspolitik in den handelspolitischen Fragen Wirkung zeige, aber ein rex pacificus wie sein Großvater war Charles beileibe nicht. Doch war er wesentlich vorsichtiger, bisweilen auch unsicherer über die eigene Stärke als sein militanter Bruder James. In der Einschätzung seiner Untertanen hatte der König recht. Die breite Auswertung publizistischer Quellen durch Steven Pincus brachte hervor, wie massiv die Niederländer von den englischen Medien angegriffen und als die kommenden Feinde dargestellt wurden.64 Eine gewisse Kriegslüsternheit dürfte in der Anfangsphase der Restauration durchaus vorhanden gewesen sein. Daran änderte auch der im September des Jahres 1662 geschlossene Friedens‑, Freundschafts- und Allianzvertrag von Whitehall nichts, in dem die Königliche Majestät von Großbritannien und die Hochmögenden Herren Generalstaaten die Friedensabkommen des Vertrags von Westminister bekräftigten, sich also Beistand und gegenseitige Unterstützung zusagten.65 Auch koloniale Streitigkeiten sollten laut diesem Vertrag geschlichtet und territoriale Forderungen befriedigt werden. Die Bestätigung des Friedens durch dieses aus allgemeinen Floskeln bestehende Vertragswerk erwies sich als wenig nachhaltig. Zudem darf, wie bereits angedeutet, auch die offizielle Rolle des Monarchen nicht verkannt werden. Der Aufbau der Drohkulisse durch den englischen Botschafter George Downing, der sich als willfähriges Instrument englischer Offensivdiplomatie erwies, war eindeutig das Werk von 63 Vgl. die Korrespondenzen Charles an Henrietta, 7.  Januar 1663/64, 2.  Juni 1664 und 27.  Juni 1664, in: Bryant, Letters, Nr.  XXI, 151, Nr.  XXX, 158f. und Nr. XXXIII, 160f. wie auch die Anmerkung auf 172; sowie Bryant, King Charles  II., 175; und zur Vorkriegspolitik der Stuarts Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 93–111. 64 Dazu Pincus, Protestantism and Patriotism, 271f. 65 Vgl. dazu Friedensvertrag von Whitehall 4./14. September 1662: http://www.iegmainz.de/ IEG-Friedensverträge (Zugriff: 26. Oktober 2012). 125

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Charles, dem man durchaus ein gewisses Maß an politischer Verschlagenheit attestieren darf. Immerhin hatte er mit dem ehemaligen Offizier Cromwells einen Mann als Botschafter in Den Haag, der eine durchwegs problematische Rolle einnahm. Downing, Namensgeber der bekannten Downing-Street, war in dieser zwischenstaatlichen Beziehung eine entscheidende Figur.66 Der im Krieg gegen Schottland als General-Scoutmaster (modern gesagt ein Chef des Nachrichtendienstes) eingesetzte Downing fungierte nach dem Bürgerkrieg als Gesandter Cromwells in Den Haag. Diesen Posten bekleidete der intime Kenner der handelspolitischen Szene der Niederlande auch unter Charles II. von 1661 bis 1665 mit einer kurzzeitigen Unterbrechung. Bestens vertraut mit dem Aufbau von Spionagenetzwerken gelang es dem Engländer, der mit seinem nahtlosen Übergang ins monarchische System wenig Skrupel zeigte, recht schnell, maßgebliche Informationen aus den Regentenkreisen der Generalstaaten zu ziehen. Der stark die handelspolitischen Interessen seines Landes in den Vordergrund stellende Downing war nicht nur bestens informiert, sondern übte auch durch dezente Androhung von Gewalt Druck auf die Niederlande aus. Konfliktthemen gab es dabei genug: verschiedene Territorialansprüche der englischen und niederländischen Ostindienkompanien, Privilegien im Atlantikhandel usw. Dabei agierte der Gesandte nicht immer mit Wissen seines Monarchen in London, wurde jedoch auch vice versa nicht über alle Entscheidungen am Hof informiert. Der umtriebige Downing schreckte selbst vor handfesten Intrigen, die er zwischen den einzelnen niederländischen Institutionen säte, nicht zurück. Ernst Schulin, der eine grundlegende Studie zur englischen Handelspolitik der Frühen Neuzeit geschrieben hat, urteilt hart über den Gesandten und Staatsmann: „Gleichzeitig kulminierte in ihm (George Downing) unsympathisch, aber eindrucksvoll die jahrzehntelange, lernende Eifersucht ­Englands auf 66 Zu Downings politischen Aktivitäten und deren außerordentlich wichtigen Langzeitwirkungen für das englische Staatsgefüge Scott, ‘Good Night Amsterdam’; sowie zu Downing als Diplomat in den Niederlanden Jones, The Anglo-Dutch Wars, 151–155. 126

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Holland.“67 Allerdings dürfte der englische Agent Provocateur im Haag – ebenso wie sein Auftraggeber – auf ein demütiges Nachgeben der Niederländer in kommerziellen und handelspolitischen Fragen und somit auf einen diplomatischen Sieg des Königreiches und nicht unbedingt auf einen unvermeidbaren Krieg spekuliert haben.68 Downing glaubte vielmehr, die Generalstaaten würden aufgrund ihrer inneren ­Widersprüchen – Oranier gegen Regenten, Generalstände gegen Provinzialstände, vor allem der Widerstand gegen den Krieg der inneren, der armen Provinzen – keinen bewaffneten Konflikt riskieren.69 Die allgemeine Stimmung in England jedoch war auf Krieg eingestellt – der König selbst schrieb an seine Schwester: I never saw so great an appetite to a war as is,

und: … for except myself I believe there is scarce an Englishman that does not desire passionately a war with them.70

Samuel Pepys bestätigte mit seinen Tagebucheintragungen im Vorfeld des zweiten Krieges, genau am 22. Februar 1664, diese am Hof vorherrschende Stimmung – „alle am Hof wären verrückt nach einem Krieg gegen die Holländer“. Zu Sylvester 1664 lautete der Tagebucheintrag: Public matters are all in a hurry about a Dutch warr. Our preparations great. Our provocations against them great; and after all our presumption, we are now afeared as much of them as we lately contemned them. 67 Schulin, Handelsstaat England, 193. 68 Vgl. Jones, Anglo-Dutch Wars, 151f. 69 Vgl. Israel, Dutch Republic, 768. 70 Charles an Henrietta, 2.  Juni 1664, und Whitehall, 19.  September 1664, in: Bryant, Letters, Nr. XXX, 158f. und Nr. XXXVII, 164f. 127

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Pepys hielt auch seinen König für nicht so zurückhaltend, wie sich der Monarch in seinen Briefen gerne darstellte: Er hielt es für durchaus wahrscheinlich, dass Charles ein subtiles Spiel spielte und die Kaufleute mit ihren an das Parlament gerichteten massiven Beschwerden gegen die niederländischen Konkurrenten geschickt instrumentalisierte.71 Denn diesmal spielte auch das ansonsten gerne auf Opposition eingestellte Parlament mit und genehmigte vorerst die beachtliche Summe von 2,5  Millionen Pfund für die Kriegsgeschäfte. Alle beiden Häuser unterstützten den Waffengang im Vorfeld des Krieges mit vollen Kräften. Bereits ein Jahr vor der Kriegserklärung erließ das Parlament eine antiniederländische Deklaration, die einen breiten Beschwerdekatalog gegen den Handelskonkurrenten enthielt.72 Ausschlaggebend für die parlamentarische Gravamina, die über das Committee of Trade eingebracht wurde, waren vor allem die Royal Adventurers, die Turkey Company, die East India Company, die zwar nicht unbedingt auf Krieg aus war, sich aber dennoch beschwerte, und Kaufleute, die mit Portugal handelten. Die Generalstaaten waren natürlich informiert über die Vorgänge im englischen Parlament. Während Charles meinte, die Parlamentserklärung als Druckmittel zur Einschüchterung der Generalstaaten verwenden zu können, sozusagen als Signal der Kriegsbereitschaft Englands, war es für den Duke of York bereits eine Kriegserklärung. Charles, auf dessen Motive später noch kurz zurückzukommen sein wird, hielt noch Monate den Bluff hoch und war aus verschiedenen Gründen keineswegs für einen übereilten Waffengang bereit. Die kommenden Ereignisse des Jahres 1664 und 1665 jedoch machten einen Krieg unvermeidbar. Dabei war er eine rein englische Angelegenheit. Die Regierungsverantwortlichen in Schottland, das in Personalunion mit England durch den Stuart-König verbunden war, konnten dem Waffengang gegen die Niederlande gar nichts abgewin71 Pepys, Diary V, 59, 105, 360; vgl. auch Wilson, Profit and Power, 123–125. 72 Dazu ausführlich Seaward, The House of Commons Committee of Trade. 128

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nen. Schottland war schließlich traditionell durch den Handel stark mit dem niederländischen Raum verbunden.73 Der dritte Englisch-Niederländische Krieg ist ohne Zweifel jener Konflikt mit der höchsten politischen Zuordnung. Man muss diesen Krieg weit mehr als Eroberungskrieg denn als Wirtschaftskrieg betrachten. Weder Charles Wilson noch Steven Pincus haben den dritten Konflikt ausführlich in ihr merkantiles bzw. konfessionell-ideologisches Erklärungsmuster aufgenommen. Er eignet sich dafür auch nur bedingt. Denn er war ein ausschließliches Produkt des Hofes, wie James Rees Jones feststellte: „The third war was solely the result of initiatives taken by the court; parliamentary assistance (and thereby implicitly its approval) was not sought until the war had been in progress for ten months.“74 Charles II. ging ein Geheimbündnis mit seinem Vorbild, dem französischen König Ludwig XIV., ein. Diese „Renversement des alliances“ hatte freilich ein stark überraschendes Moment. Bevor die beiden Monarchen im Juni 1670 den Vertrag ratifizierten, war England in der sogenannten Tripelallianz mit Schweden und den Generalstaaten gegen die expansiven Ambitionen Frankreichs verbündet gewesen. Die Tripelallianz war eine Reaktion der Seemächte auf den französischen Einmarsch in Flandern und in der Franche Comté im Zuge des sogenannten Devolutionskrieges.75 Im Jahr ihrer Gründung ließ die Allianz sogar die Hoffnung aufkommen, Garant zur Eindämmung der französischen Expansionspläne zu sein – diese Hoffnungen wurden allerdings schnell enttäuscht. Für Charles war die Tripelallianz vielmehr ein Revancheakt aus tiefster Enttäuschung aufgrund des Bündnisses Ludwigs mit den Niederlanden während des zweiten Krieges. Der französische Angriff auf die südlichen Niederlande war für ihn persönlich wohl das kleinere Problem. Worum 73 Vgl. Hutton, Charles II, 224–227. 74 Jones, Anglo-Dutch Wars, 179. 75 Zum Devolutionskrieg vgl. Lynn, The Wars of Louis  XIV, 105–112; im Überblick Press, Kriege und Krisen, 412–415; Malettke, Hegemonie – multipolares System – Gleichgewicht, 328–335; Schilling, Höfe und Allianzen, 215f. 129

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aber ging es bei diesem französischen Angriff? Noch während des zweiten Englisch-Niederländischen Krieges fielen französische Truppen im Jahre 1667 zur Wahrnehmung des Devolutionsrechts, wie es der Roi Soleil nannte, in den Spanischen Niederlanden ein. Ludwig bemühte sich seit Jahren in zähen Verhandlungen mit seinem Schwiegervater, dem spanischen König Phillip  IV., der 1665 starb, Teile dieser Herrschaften für Frankreich zu gewinnen. Durch den Misserfolg der diplomatischen Bemühungen und durch die Heirat der zweiten spanischen Infantin mit dem österreichischen Habsburger Leopold  I. provoziert, berief er sich auf das brabantische Sonderrecht der Devolution und besetzte die südlichen Niederlande und die Freigrafschaft Burgund – freilich galt diese Aktion zur Wahrung juristisch konstruierter Ansprüche als ein offenkundiger Völkerrechts- und Landfriedensbruch. Es war im Übrigen der bereits erwähnte kaiserliche, ganz antifranzösisch agierende Diplomat Franz Paul Freiherr von Lisola, der in einer glänzenden publizistischen Entgegnung die angeblichen Rechte der Gemahlin des französischen Monarchen auf Brabant als willkürliches Konstrukt darstellen konnte. Kaiser Leopold, der als Reichsoberhaupt mit den Reichsständen zur Hilfe verpflichtet gewesen wäre, da es sich um einen Angriff auf einen Reichskreis (Burgundischer Reichskreis) handelte, blieb übrigens neutral – er erteilte seinem Gesandten für dessen Schrift sogar einen Verweis.76 Aufgrund des Drucks der Tripelallianz war der französische König jedoch zum Frieden mit Spanien, in dem ihm zumindest zwölf Festungen in Flandern und im Hennegau eingeräumt wurden, gezwungen. Die eroberte Franche Comté musste von den Franzosen wieder geräumt werden. Nach dem Friedensschluss von Aachen, der diesen Devolutionskrieg zwischen Frankreich und Spanien beendete, ließ sich Ludwig auf diplomatische Gespräche mit den Niederlanden ein. Gleichzeitig suchte Charles das Gespräch mit dem Sonnenkönig über seine Schwester Henrietta. 76 Dazu vgl. Pribram, Lisola, 351–366. 130

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Das Ergebnis dieser Verhandlungen der gekrönten Häupter war der Vertrag von Dover im Mai/Juni 1670,77 in dem sich Charles nebenbei in einer geheimen Klausel verpflichtete, zum Katholizismus überzutreten. Der Zeitpunkt des Übertritts war allerdings ihm selbst überlassen. Der Vertrag führte tatsächlich zum Bündniswechsel mit einer festen Kriegsabsicht gegen die Generalstaaten. Hatten Charles II. oder zumindest die Kreise um ihn sehr wohl noch handelspolitische Interessen, so standen bei Ludwig die kommerziellen Motive bestimmt nicht im Vordergrund. Nach der Diktion des Vertrages hieß dies, die abscheulich undankbaren Niederländer mussten gedemütigt werden.78 Diese Ausführungen waren wohl eher dem Allerchristlichsten König als dem englischen Monarchen geschuldet. Der englische König wollte die Niederlande als Machtzentrum ausschalten und der Sonnenkönig hatte die von ihm verachteten Generalstaaten in das Programm seines Eroberungskrieges aufgenommen.79 In einem Memorandum des englischen Königs vom Januar 1670 hieß es: As a war against Holland would in all respects suit with the interests of England and be very advantageous to it if the King of Great Britain had force ready to be master of the seas; so on the other hand if the Hollanders should be strongest at sea nothing in the world could be so pernicious to England as war.80

Einmal mehr hieß eines der wichtigen Motive: Master of the Seas.

77 Zum Vertrag von Dover vgl. Hutton, The Making of the Treaty of Dover, und Recker, Der Vertrag von Dover 1670, sowie die Darstellung bei Jones, AngloDutch Wars, 179–187; aus der Sicht des englischen Monarchen vgl. Hutton, Charles the Second, 263–266 und 271f. 78 Siehe den Vertrag von Dover, Punkt 5. 79 Vgl. dazu Lynn, The Wars of Louis XIV, 105–159. 80 Zitiert bei Fraser, King Charles, 272. 131

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Neben einer territorialen Reduzierung der Generalstaaten und der Aneignung niederländischer Gebiete (die Insel Walcheren und die Gebiete um Sluis und Cadzand wurden von englischer Seite in Betracht gezogen) beabsichtigten die koalierenden Monarchen, das Haus Oranien in fürstliche Würden einzusetzen und so dem republikanischen System der Vereinigten Niederlande die Legitimität zu entziehen. Die Einsetzung des jungen Wilhelms, die Installierung einer monarchischen Regierung, war bereits ein deklariertes englisches Kriegsziel im zweiten Seekrieg gewesen.81 Freilich, Wilhelm wäre aus dieser Intention heraus ein Fürst von Frankreichs und Englands Gnaden geworden. Zudem sollten die Königreiche Schweden und Dänemark, die Kurfürsten von Köln und Brandenburg, sowie das Haus Braunschweig, der Herzog von Neuburg (Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg) und der Fürstbischof von Münster für das Kriegsbündnis gewonnen werden. Von Frankreich erwartete der finanziell unterdotierte englische König vor allem Geld – Geld für seinen Übertritt zum Katholizismus, dem Ludwig vorerst jedoch aufgrund der zu erwartenden Widerstände in England skeptisch gegenüberstand, und Geld für die Kriegführung, da vom Parlament keine Finanzmittel für einen Waffengang gegen die Generalstaaten in Aussicht standen. 150 000 Pfund sagte Frankreich schließlich für die Konversion des englischen Königs und 250 000 Pfund pro Jahr zur Ausrüstung der Flotte zu. Es gab noch mehr Gründe für Charles, diese nur vordergründig überraschende Allianz einzugehen: Frankreich sollte nach den Vorstellungen des Stuarts als Absatzmarkt für englische Unternehmer leichter zugänglich gemacht werden und Ludwig die von Jean-Baptiste Colbert, Oberintendant für die Staatsverwaltung der Finanzen, des Handels, des Verkehrs, der Marine und der Kolonien, forcierte Flottenpolitik (mit den stark wachsenden Stützpunkten Brest, Rochefort und Toulon) drosseln – das maritime und handelspolitisch motivierte Programm Colberts nahm man in England mit Unbehagen 81 Vgl. dazu ausführlich Pincus, Protestantism and Patriotism, 318–330. 132

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zur Kenntnis. Beide Anliegen blieben letztendlich Wunschvorstellungen der englischen Krone. Das Bestreben, die erste Seemacht zu werden und den Franzosen ein Handelsabkommen zum eigenen Vorteil einzureden, hatte zwar durchaus mit Handels‑, aber natürlich auch mit Machtpolitik zu tun. Obgleich der Vertrag der bilateralen Bündnislogik, wie oft in der Literatur festgestellt wurde, zuwiderlief,82 war er angesichts der persönlichen Kontakte zwischen den Herrscherdynastien Bourbon und Stuart alles andere als überraschend. Ganz im Gegenteil: Die Hinwendung zu Frankreich entsprach geradezu bester Familientradition der Stuarts seit dem Mittelalter.83 Und natürlich suchte die Familie in Krisenzeiten den Schutz der großen Monarchie jenseits des Kanals. Charles verbrachte während des Interregnums mehrere Jahre in Frankreich im Exil. Der persönliche Kontakt zum jüngeren Ludwig hielt sich zwar in Grenzen – es sind nur wenige Begegnungen der beiden bekannt –, und Kardinal Mazarin hatte nach der Niederschlagung der Fronde bereits Kontakt mit Cromwells England,84 doch eine starke persönliche Beziehung zu Frankreich war ohne Zweifel gegeben. Zudem war seine jüngste Schwester Henrietta (Henriette-Anne, am französischen Hof „Madame“ genannt) mit dem Bruder des französischen Königs, Philippe de Bourbon, vermählt. Schon vor dem zweiten Krieg schrieb der Stuart-König an seine Schwester in Paris: There is nobody desires more to have a strict friendship with the King of France than I do, but I will never buy it upon dishonourable terms. And I thank God my condition is not so ill but I can stand upon own legs, and believe that my friendship is as valuable to my neighbours as theirs is to me.85 82 Darauf weist auch Recker, Der Vertrag von Dover 1670, 274, hin. 83 Auf die lange Traditionslinie zwischen der Familie Stuart und Frankreich weist Asch, Stuarts, 15–19, hin. 84 Vgl. dazu kurz Ashley, Charles II, 68–77. 85 Charles an Henrietta, 28. Dezember 1663, in: Bryant, Letters, Nr. XX, 150. 133

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Er betonte seine Freundschaft zu Ludwig und Frankreich oft genug gegenüber seiner Schwester.86 Charles verhandelte das Bündnis vornehmlich über Henrietta. Sie verfügte über die notwendigen Kontakte und führte die Verhandlungen mit viel Geschick und äußerst diskret. Charles wollte aufgrund des zu erwartenden innenpolitischen Gegenwinds verständlicherweise nur wenige Personen in die Verhandlungen mit einbinden. Die letzten Details wurden zwischen Charles und Minette, wie er seine Schwester nannte, zu der er im Übrigen eine äußerst innige Beziehung hatte,87 in Dover besprochen. Am 22.  Mai unterschrieben der französische Botschafter Colbert de Croissy (Bruder des bekannten Colbert) und Henry Bennet, Earl of Arlington, Henry Arundell of Wardour, Thomas Clifford sowie Richard Bellings, der engste Kreis um Charles, den Vertrag in der Küstenstadt.88 Henrietta brachte den Vertrag zur Ratifikation nach Paris – es war ihr letzter Auftritt auf der großen politischen Bühne, sie starb nur einige Wochen später mit 26 Jahren. Die ausschlaggebende Clique rund um Charles zur Zeit des Vertrages war das sogenannte CABAL-Ministerium. Dieses in Bezug auf das Steuerwesen und die Verwaltungsoptimierung sehr reformfreudige Ministerium löste den Earl of Clarendon als Hauptratgeber des Königs ab. Clarendon hatte den Unmut des Parlaments und des Volkes auf sich gezogen, da er immer selbstsüchtiger, zugleich aber auch inkompetenter gewirkt hatte. Er wurde zum Sündenbock für die Demütigungen des vergangenen Krieges gestempelt und musste 1667 fluchtartig das Land verlassen. Das CABAL-Ministerium bekam den Namen durch die Initialen seiner Mitglieder Clifford, Arlington, Buckingham, Ashley Cooper und Lauderdale. Henry Bennet, der Earl of Arlington, war dabei sicher 86 Vgl. dazu die Korrespondenzen an Madame, in: Bryant, Letters, 150–240. 87 Dazu vgl. Fraser, King Charles, 273f.; Hutton, Charles the Second, 121; Bryant, King Charles II., 210f. 88 Dazu Hutton, Charles the Second, 271. 134

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die einflussreichste Persönlichkeit des Kabinetts.89 Aus eigenen machtpolitisch finanziellen Interessen90 handelte die königliche Regierung gegen den Willen des Parlaments und gegen den Willen der Londoner City. Dabei bekam der König noch 1671 beträchtliche finanzielle Mittel vom Hohen Haus zugesprochen, die jedoch für den Ausbau der Flotte und für die Verstärkung der Tripelallianz vorgesehen waren. Noch Ende November 1671 überzeugte Charles den niederländischen Gesandten von seiner Aufrichtigkeit und seiner Vertragstreue. Doch schon sehr bald sahen die Niederländer die wirklichen Absichten des englischen Königs. Ein neuerlich bewaffneter Konflikt stand bevor. Aufgrund der internationalen Bündnislage brachte das geheime Offensivabkommen von Dover, das übrigens in seiner urkundlichen Form erst 1830 wieder zum Vorschein kam, bei Kriegsbeginn im Jahre 1672 eine böse Überraschung für den holländischen Ratspensionär de Witt.91 Auch Schweden, um das sich Frankreich sehr bemühte, kündigte die Allianz mit den Generalstaaten, sodass diese vorerst alleine standen. Trotz einiger konkreter Warnungen ignorierte der niederländische Staatspolitiker, der persönlich Frankreich sehr schätzte, die französisch-englische Gefahr. Es gab immer wieder Hinweise auf sich im Gang befindliche Absprachen zwischen den beiden Monarchen, doch genaue Kenntnisse über die Lage hatte man in Den Haag wohl nie. Ludwig und Charles gelang es tatsächlich, ihre aggressiven Absichten gegenüber den Niederlanden geschickt zu verbergen. De Witt konzentrierte sich daher vornehmlich auf die Verhandlungen mit Frankreich über das weitere Schicksal der Spanischen Niederlande. Gebannt wartete in dieser Frage ganz Europa auf das Ableben des schwer eingeschränkten spanischen Königs Karl II. So galt das Interesse des Ratspensionärs weit mehr der 89 Zum CABAL-Ministerium vgl. Evans, CABAL, 53f.; weiters Hartmann, Clifford and the Cabal; zu Clarendons Unbeliebtheit und Entlassung vgl. Hutton, Charles II, 250–253. 90 Vgl. Schulin, Handelsstaat, 193. 91 Vgl. dazu Rowen, John de Witt, 709–734. 135

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südlichen Grenze als dem Nachbarn über dem Ärmelkanal. Dermaßen aggressive Absichten wollte er dem Bündnispartner der Allianz nicht unterstellen, zumal ja auch der englische Botschafter im Haag, Sir William Temple, der allerdings über die Pläne seines Königs selbst nicht im Bilde war, alle Gerüchte zu zerstreuen versuchte. Darüber hinaus schätzte der Ratspensionär wohl die gesamte Bündnissituation jener Zeit, wie zum Beispiel die Bündnisbereitschaft Kaiser Leopolds und der deutschen Fürsten, zu positiv, ja zu sorglos ein. Gegenüber der Tripelallianz, so stellte sogar der englische Gesandte im Haag fest, waren die Generalstaaten viel zu passiv und viel zu unflexibel. Auf das diplomatische Desaster folgte das militärische. Von der Landseite her waren die Provinzen, trotz Devolutionskrieg, erstaunlicherweise offen. Die Vernachlässigung der Landstreitkräfte und der Verteidigungsinfrastruktur sollte nicht nur den Niederlanden, sondern auch dem niederländischen Staatslenker zum persönlichen Verhängnis werden. So tödlich diese Allianz für die Republik der Vereinigten Niederlande sein konnte, so konfliktgeladen war sie ebenso für die beiden Monarchen, denn Ludwig hatte keineswegs vor, England nach der Niederwerfung der Niederlande zur ersten See- und Handelsmacht aufsteigen zu lassen. Vielmehr sollte die Unterstützung des englischen Königs seinen eigenen expansiven und nicht nur auf den Kontinent beschränkten Plänen dienen.92 Auch das Königreich Frankreich wollte ein globaler Spieler im Wirtschaftstreiben werden. Es entsprach der geläufigen Doktrin der damaligen Zeit, dass man sich ein Stück des Kuchens nur auf Kosten eines anderen Staates abschneiden konnte. Aber die wirtschaftlichen Ambitionen waren nicht nur global fokussiert. Colbert versuchte zu dieser Zeit ebenso, den kommerziellen Einfluss niederländischer Händler auf den französischen Binnenmarkt einzudämmen,93 was mit der Invasion in die Vereinigten Provinzen auch durchaus gelang. 92 Dazu Israel, The Emerging Empire, 434–436. 93 Dazu kurz Duchhardt, Barock und Aufklärung, 31. 136

Politische Ursachen der Kriege

Innenpolitisch höchst brisant war der Schachzug des englischen Königs, schürte er doch den immer akuter werdenden konfessionspolitischen Konflikt zwischen dem toleranten Monarchen und den anglikanischen Parlamentariern, die jedwede prokatholische Tendenz des Königshauses wie auch des gesamten Staatsapparates unterbinden wollten.94 Ein Waffengang an der Seite einer absolutistisch-katholischen Macht war keineswegs im Sinne der politischen Elite auf der Insel. Der englische König ließ sich auf ein gefährliches Spiel ein. Aber der Kriegswille der gesalbten Häupter gegenüber der „Krämerrepublik“ war trotz aller Brisanz des Bündnisses zu stark ausgeprägt. Der dritte Krieg war so ein klassischer Konflikt mit der für die Frühe Neuzeit üblichen Motivationslage macht- und ehrbewusster Monarchen. Dass mit dem Krieg die Ausschaltung oder zumindest eine enorme Schwächung eines weltweit agierenden Handelskonkurrenten mit einhergehen sollte, war jedoch bestimmt mehr als ein angenehmer Nebenaffekt. Vertrag von Dover 167095 2

1. It is agreed, determined and concluded that there shall be for ever a good, secure and firm peace, union, true fellowship, confederacy, friendship, alliance and good correspondence between the said lord king of Great Britain, his heirs and successors of the one part, and the said most Christian king of the other, and between all and every of their kingdoms, states and territories, as also between their subjects and vassals, that they have or possess at present, or may have, hold and possess hereafter, as well by sea and fresh waters as by land. And as evidence that this peace shall remain inviolable, beyond the capacity of anything in the world to disturb it, there follow articles 94 Zu diesem innenpolitischen Konflikt Englands vgl. nur Coward, Stuart Age, 304–314. 95 Aus Howat, Stuart and Cromwellian, 166–171. 137

Die Ursachen des Krieges

of so great confidence, and also so advantageous to the said lord kings, that one will hardly find in any age more important provisions determined and concluded. 2. The lord king of Great Britain, being convinced of the truth of the Catholic religion, and resolved to declare it and reconcile himself with the Church of Rome as soon as the welfare of his kingdom will permit, has every reason to hope and expect from the affection and loyalty of his subjects that none of them, even of those upon whom God may not yet have conferred his divine grace so abundantly as to incline them by that august example to turn to the true faith, will ever fail in the obedience that all peoples owe to their sovereigns, even of a different religion. Nevertheless, as there are some­times ­mischievous and unquiet spirits who seek to disturb the public peace, especially when they can conceal their wicked designs under the plausible excuse of religion, his Majesty of Great Britain, who has nothing more at heart (after the quiet of his own conscience) than to confirm the peace which the mildness of his government has gained for his subjects, has concluded that the best means to prevent any alteration in it would be to make himself assured in case of need of the assistance of his most Christian Majesty, who wishing in this case to give to the lord king of Great Britain unquestionable proof of the reality of his friendship, and to contribute to the success of so glorious a design, and one of such service not merely to his Majesty of Great Britain but also to the whole Catholic religion, has promised and promises to give for that purpose to the said lord king of Great Britain the sum of two million livres tournois, of which half shall be paid three months after the exchange of the ratifications of the present treaty in specie to the order of the said lord king of Great Britain at Calais, Dieppe or Havre de Grace, or remitted by letters of exchange to London at the risk, peril and expense of the said most Christian king, and the other half in the same manner three months later. In addition the said most Christian king binds himself to assist his Majesty of Great Britain in case of need with troops to the number of 6 000 food-soldiers, 138

Politische Ursachen der Kriege

and even to raise and maintain them at his own expense, so far the said lord king of Great Britain finds need of them for the execution of his design; and the said troops shall be transported by ships of the king of Great Britain to such places and ports as he shall consider most convenient for the good of his service, and from the day of their embarkation shall be paid, as agreed, by his most Christian Majesty, and shall obey the orders of the said lord of Great Britain. And the time of the said declaration of Catholicism is left entirely to the choice of the said lord king of Great Britain. 3. It has also been agreed between the most Christian king and his Majesty of Great Britain that the said most Christian king shall never break or infringe the peace which he has made with Spain, and shall not contravene in any manner what he has promised by the treaty of Aix-la-Chapelle; and consequently it will be possible for the king of Great Britain to maintain the said treaty conformably to the conditions of the Triple Alliance and the engagements that depend upon it. 4. It is also agreed and accepted that if there should hereafter fall to the most Christian king any new titles and rights to the Spanish monarchy, the said lord king of Great Britain shall assist his most Christian Majesty with all his forces both by sea and land to facilitate the acquisition of the said rights, the whole according to the particular conditions on which the said lord kings propose to agree, as well for the junction of their forces after the maturing of the said titles and rights shall have occurred as for the advantages which the said lord king can reasonably desire. And the said lord kings reciprocally bind themselves from the present moment not to make any treaty on one side or the other because of the said new rights and titles with any prince or potentate whatsoever except by mutual consent and agreement. 5. The said lord kings having each in his own right many more subjects than they would have any need of to justify to the world the resolution they have taken to humble the pride of the States General of the United Provinces of the Low Countries, and to reduce the power 139

Die Ursachen des Krieges

of a nation which has so often rendered itself odious by extreme ingratitude to its own founders and the creators of its republic, and which even has the insolence to aim now at setting itself up as sovereign arbiter and judge of all other potentates, it is agreed, decided and concluded that their Majesties will declare and wage war jointly with all their forces by land and sea on the said States General of the United Provinces of the Low Countries, and that neither of the said lord kings will make any treaty of peace, or truce, or suspension of arms with them without the knowledge and consent of the other, as also that all commerce between the subjects of the said lord kings and those of the said States shall be forbidden, and that the vessels and goods of those who carry on trade in defiance of this prohibition may seized by the subjects of the other lord king, and shall be deemed lawful prize. And all previous treaties made between the said States and either of the said lord kings or their predecessors shall be void, except that of the Triple Alliance made for the maintenance of the treaty of Aix-la-Chapelle. And if after the declaration of war any prisoners are taken from among subjects of either of the said lord kings who shall be enrolled in the service of the said States, or shall at the time be found in it, they shall be put to death by authority of the said lord king whose subjects shall have taken them. 6. And for the purpose of waging and conducting the war as successfully as the said lord kings, in virtue of the justice of their common cause, expect, it is also agreed that his most Christian Majesty will undertake all the expense necessary for setting on foot, maintaining and supporting the operation of the armies required for delivering a powerful attack by land and the strongholds and territory of the said States, the said lord king of Great Britain binding himself only to contribute to the army of the said most Christian king, and to maintain there at his own expense, a body of 6 000 infantry, whose commanding officer shall hold the rank of general, and obey his most Christian Majesty and the supreme commander of the army in which the said body of 140

Politische Ursachen der Kriege

troops shall serve as auxiliaries. That body shall be composed of six regiments of ten companies each, with a hundred men to each company, and the said troops shall be transported and landed at such ports and harbours, and at such times, as shall be agreed upon hereafter between the said lord kings, in such manner, nevertheless, that they may arrive on the coast of Picardy, or such place as shall be arranged, one month at latest after the fleets shall unite in the neighbourhood of Portsmouth, as is appointed below. 7. As to what concerns the war at sea, the said lord king of Great Britain shall undertake that burden, and shall fit out at least fifty great ships and ten fire-ships, to which the said most Christian king shall bind himself to add a squadron of thirty good French vessels, of which the smallest shall carry forty pieces of cannon, and a sufficient number of fire-ships, even up to ten if necessary, according to the proportion which there ought to be in the fleet. This auxiliary squadron of French vessels shall continue to serve throughout the period of the said war at the charge and expense of his most Christian Majesty, and in the event of loss of men and vessels they shall be replaced as soon as possible by his most Christian Majesty; and the said squadron shall be commanded by a French vice-admiral or lieutenantgeneral, who shall obey the orders of his Royal Highness the duke of York in virtue of the powers which the said lord kings shall give to the said lord duke, each for the vessels which belong to him. And if the said lord duke shall attack and engage the Dutch vessels, and do all which he considers most proper for the good of the common cause, he shall enjoy also the honour of the flag, salutes, and all the other authorities, prerogatives and pe-eminences which admirals are accustomed to enjoy; and on the other side also the said French vice-admiral or lieutenant-general shall have for himself precedence in the councils, and for his ship and vice-admiral’s flag precedence in sailing, over the English vice-admiral and ship of the same rank. In addition the captains, commanders, officers, sailors and soldiers 14 1

Die Ursachen des Krieges

of each nation shall behave as friends among themselves according to the agreement to be made hereafter, so that no incident may arise which may alter the good union. And in order that the said lord king of Great Britain may more easily support the expense of the war, his most Christian Majesty binds himself to pay to the said king each year that the said war shall last the sum of three millions of livres tournois in the aforesaid manner, of which the first payment, which shall be of 750 000 livres tournois, shall be made three months before the declaration of the war, the second of like sum at the time of the said declaration, and the remainder, amounting to 1 500.000 livres tournois six months after the said declaration. And in the years following, the first payment, which shall be of 750 000 livres tournois, shall be made on the 1st of February, the second of like sum on the 1st of May, and the third, amounting to 1 500.000 livres tournois, on the 15th of October; which sums shall be paid in specie to the order of the king of Great Britain at Calais, Dieppe or Havre de Grace, or else remitted by letters of exchange to London at the risk, peril and expense of the said most Christian king. It is also agreed and determined that the said lord king of Great Britain shall not be bound to declare this war until the auxiliary French squadron of the said thirty vessels and ten fire-ships shall have effected a junction with the English fleet in the neighbourhood of Portsmouth. And of all the conquests which shall be made from the States General his Majesty of Great Britain shall be content with the following places, viz., the island of Walcheren, Sluys, with the island of Cadsand; and the method of attack and the manner of continuing the war shall be regulated by a settlement which shall be agreed upon hereafter. And inasmuch as the dissolution of the government of the States General might involve some prejudice of Orange, nephew of the king of Great Britain, and also that some fortresses, towns and governments which belong to him are included in the proposed division of the country, it has been determined and concluded that the said lord 14 2

Politische Ursachen der Kriege

kings shall do all they can to secure that the said prince may find his advantage in the continuation and end of the war, shall hereafter be provided in separate articles. 8. It has also been agreed that before the declaration of war the said lord kings shall do their utmost, jointly or severally as the occasion shall require, to persuade the kings of Sweden and Denmark, or one of them, to enter into this war against the States General, or at least to oblige them to remain neutral; and an attempt will likewise be made to secure the participation of the electors of Cologne and Brandenburg, the House of Brunswick, the duke of Neuburg and the bishop of Münster. The said lord kings shall also do their utmost to persuade even the Emperor and the crown of Spain not to oppose the conquest of the said country. 9. It is likewise agreed and accepted that after the said lord king of Great Britain shall have made the declaration specified in the second article of this treaty, which it is hoped by the grace of God will be followed with good success, it will be entirely within the power and discretion of the said most Christian king to determine the time when the said lord kings shall make war with their united forces against the States General, his Majesty of Great Britain promising to make his declaration of war conjointly at the time that his most Christian Majesty shall judge the most proper for that purpose, the said lord king of Great Britain being assured that his most Christian Majesty in naming the said time will have regard to the interests of the two crowns, which after the conclusion of this treaty will be common to both and inseparable. 10. If in any previous treaty made by one or other of the said lord kings with any prince or state whatever there should be found conditions inconsistent with those specified in this alliance, the said conditions shall be void, and those which are included in the present treaty shall remain in full force and vigour.

143

Die Ursachen des Krieges

And for the better union of the minds and interests of the subjects of the said lord kings, it has been agreed that the treaty of commerce at present being made shall be concluded as soon as possible. 2

5.4 .  Kon f e s sion e l l e u n d i de ol o g is c h e G rü n de Waren in der traditionellen Geschichtsschreibung über die EnglischNiederländischen Seekriege die oben erwähnten ökonomischen Motive, begleitet freilich von den politischen Intentionen, forschungsleitend, so hat Steven C.  A. Pincus, Spezialist für frühneuzeitliche englische Geschichte, der an der Yale University lehrt, ein völlig neues und exklusives Erklärungsmodell angeboten. Für ihn waren die zwei ersten Kriege, die er untersucht hat (der dritte wurde von ihm ausgespart), keine Wirtschaftskriege. Der amerikanische Historiker hat in seiner 1996 veröffentlichten, sehr quellenintensiven Studie „Protestantism and Patriotism and the Making of English Foreign Policy“ die religiös-ideologischen sowie die politisch-ideologischen Gründe als ausschlaggebende Kriegsursachen definiert.96 Die von der Historiografie zur Erklärung herangezogenen wirtschaftlichen Ursachen erschienen ihm zu plausibel und zudem quellenmäßig nicht belegbar. Wir haben es bei Steven Pincus somit keineswegs mit einer komplementären Perspektive zu tun, sondern vielmehr mit einer radikalen Neuinterpretation der Kriegsursachen wie auch der englischen Außenpolitik des 17. Jahrhunderts im Allgemeinen. Pincus hat dabei jedoch weniger eine politische Geschichte als vielmehr eine mentalitätshistorische Studie der Commonwealth- und zweiten Stuart-Epoche vorgelegt, die sich auf weite Strecken auf die Auswertung 96 Pincus, Protestantism and Patriotism; aber auch bereits davor in einem Aufsatz: ders., Popery, Trade and Universal Monarchy. 14 4

Konfessionelle und ideologische Gründe

von publizistischen Quellen, vornehmlich Zeitungen, Flugblättern und Flugschriften, stützt und in der er den Beweis führen will, dass die große Masse der englischen Bevölkerung nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus religiös-ideologischen Gründen eine fundamentale Abneigung, ja geradezu einen unstillbaren Hass gegen die Niederländer entwickelte. Dieser in der Bevölkerung ausgelösten Dynamik konnte die Regierung keinen Einhalt bieten. In der Motivsuche des ersten Krieges ging Pincus ausführlich auf die Strickland-Mission, also auf das bereits erwähnte englische Allianzangebot an die Niederlande, ein. Das antimonarchische, republikanische und protestantische Commonwealth erhoffte sich in den Generalstaaten den idealen Verbündeten. Als die Niederländer, die mit dieser Allianz einen Souveränitätsverlust befürchteten, jedoch nicht mitzogen und die englischen Gesandten – laut eigenen Aussagen – mit sehr viel Feindseligkeit im Haag konfrontiert wurden, schlug die Stimmung in England radikal um. Aus den potenziellen Verbündeten wurden gottlose Kapitalisten, die den Mammon anbeteten und nicht den wahren Gott, schlechte Republikaner und ruchlose Anhänger des Stuart-freundlichen Hauses Oranien. So hatten die Niederländer bereits 1648 Frieden mit der Hochburg des Katholizismus Spanien geschlossen, damit – aus der Sicht der radikalen Puritaner – Verrat an der protestantischen Sache begangen und einige Zeit später der royalistischen Flotte Unterschlupf sowie den Stuarts Exil gewährt. Konfessionell wurden die niederländischen Calvinisten nicht mehr als Gleichgesinnte gesehen, sondern als vom wahren Glauben abgekommene Verirrte. Vor allem für die Fifth Monarchists waren die Niederländer das gleiche gottlose Gesindel wie Katholiken oder Presbyterianer. Bedenkt man die Tatsache, dass gerade Den Haag als Zentrum des Antikatholizismus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts galt, war dies ein ungeheurer Vorwurf, der da in der Inselpublizistik zum Vorschein kam. Die Anhänger der oranischen Fürstendynastie in den Provinzständen und die breite Oranier-treue Masse in den Niederlanden ließen den stark ersehnten Deal der beiden Republiken aus der Sicht der Engländer platzen. Somit 145

Die Ursachen des Krieges

waren die Schwäche der republikanischen Kräfte und die Beharrungsmacht der Anhänger des Hauses Oraniens Schuld am Scheitern dieses antimonarchischen Plans. Tiefe Enttäuschung über die gescheiterte republikanische Union schlug daher in puren Hass um, der von den Staatsverantwortlichen nicht mehr zu bremsen war und von den radikalen Protestanten in England massiv geschürt wurde. Daran änderten auch die folgenden Missionen niederländischer Gesandter nach London nichts mehr. Die Niederlande waren diskreditiert. Nach Pincus sind in der vor dem ersten Krieg entscheidenden Phase keine ökonomischen Motive, kein Kampf um Handelsrouten und dergleichen feststellbar, sondern es hatten allerorts religiös motivierte, ideologische Vorbehalte Schuld am Kriegsausbruch. Im Übrigen soll dieser Befund auch für den Friedensschluss gelten, denn letztendlich sind ebenso in den Friedensverhandlungen keine ökonomisch relevanten Punkte diskutiert und zum Abschluss gebracht worden. Wirtschaftliche Kreise und die Handelsgesellschaften in England waren nicht für den Krieg, da sie wussten, wie schädlich ein bewaffneter Konflikt für den Fernhandel sein konnte. Und so ist auch die Navigationsakte, hinter der die ökonomische Elite keineswegs geschlossen stand, nicht als handelspolitische Maßnahme, sondern als reine ideologische Kampfgesetzgebung, als politischer Revancheakt gegen die vom Glauben abgefallenen und trotzigen Niederländer zu sehen.97 Die Stimmung in England wurde noch durch den feindseligen Akt des Anhängers des Hauses Oranien und antirepublikanischen Commonwealth-Gegner Maerten Tromp im Gefecht gegen Robert Blake in den Downs verstärkt. Der Eindruck, die Niederländer könnten unter dem Einfluss der oranischen Parteigänger einen Stellvertreterkrieg für die Stuarts führen, verdichtete sich. Die Niederländer konnten nicht nur von radikalen Puritanern des Interregnums als konfessionell-ideologische Feinde stigmatisiert werden, sondern auch von den royalistischen Anglikanern der Restaurations97 Dazu vor allem Pincus, Protestantism and Patriotism, 50f. 146

Konfessionelle und ideologische Gründe

phase. Ebenso für den zweiten Krieg sieht Pincus daher keine ökonomischen Gründe als Kriegsursachen vorherrschend, sondern wiederum konfessionell-ideologische. Minister, Höflinge und gewisse Handelskreise in England unterstellten den Generalstaaten das infame Streben nach der „Universalmonarchie“. Die Generalstaaten galten als der universal enemy. Das Streben nach der Universalmonarchie – auch in den diversen englischen Flugschriften mit Universal Monarchy98 bezeichnet – mag sich für eine deklarierte Republik recht seltsam ausnehmen. Als Universalmonarchie wird gemeinhin das Habsburgerreich Karls V. oder Spanien unter Philipp  II. identifiziert.99 Deren Nachfolge wollten die Niederlande angeblich antreten. Universalmonarchie, ein rhetorischer Kampfbegriff, ist in diesem Zusammenhang als Streben nach globaler kommerzieller Hegemonie zu verstehen. Später wird der französische Monarch Ludwig XIV. im Verdacht der Errichtung einer Universalmonarchie stehen. Aber ganz verdenken konnte man es den Inselbewohnern nicht: Was sollte ein englischer Diplomat denken, wenn er das in den 50er-Jahren des 17. Jahrhunderts vom Stararchitekten Jacob van Campen erbaute Rathaus auf dem Dam (heute das Koninklijk Paleis in Amsterdam100) betreten durfte. Das von den Zeitgenossen Achtes Weltwunder genannte Gebäude beherbergt den prächtigen Bürgersaal mit drei riesigen eingelegten Erd- und Himmelskarten; es sind die östliche und westliche Erdhälfte sowie der nördliche Sternenhimmel (die heute noch erhaltenen eingelegten Karten stammen im Übrigen aus dem Jahre 1750). Die Welt und die Sterne lagen damit den Ratsherrn von Amsterdam zu Füßen. Freilich, die ganze Komposition sollte den Kosmos, die gesamte Schöpfung, ein Streben nach Vollkommenheit symbolisieren. Bei aller biblischen und mythologischen Symbolik schwingt in diesem glanzvollen Ambiente immer der Hauch irdischer globaler Ambitionen 98 Vgl. nur ebd., 264, Fußnote 14. 99 Vgl. dazu die gute Übersicht von Bosbach, Monarchia Universalis, vor allem 35–86. 100 http://www.paleisamsterdam.nl/ 147

Die Ursachen des Krieges

mit. Damit bekamen die Regenten von Amsterdam das passende innenpolitische Interieur für ihren weltweiten Aktionsradius. Aber wieder zurück zu Pincus: Kaum eine Handelsgesellschaft, nicht einmal die Royal Adventurers, erhoben Beschwerden hinsichtlich der Handelskonkurrenz aus den Niederlanden. Wenn es Beschwerden der Royal Adventurers oder auch anderer Kaufleute gab, so waren diese rein politisch motiviert. Der Gouverneur der Ostindischen Gesellschaft verwendete sich sogar sehr deutlich gegen einen Krieg. Auch für viele andere, im Welthandel tätige Personen war ein Krieg kontraproduktiv. Aber die politische Elite dachte eben anders. Wiederum wurden die Niederländer als Verbündete der „Hure Babylons“, als Kryptopapisten und schlechte Protestanten in der zahlreichen publizistischen Propaganda verunglimpft. Dazu wohl etwas im Widerspruch stehend unterstellte man den Holländern die Unterstützung radikaler Protestanten und Republikaner auf der Insel. Warum sollten nun diese schlechten Protestanten, die eigentlich schon mehr nach Rom tendierten, radikale Puritaner in England unterstützen? Gleichwohl sollen in den starken antiniederländischen Ressentiments der Bevölkerung keine ökonomischen Motive zu erkennen sein. „Presbyterianismus“, „Papismus“ und „Universalmonarchie“ waren die Feindbegriffe der damaligen Zeit in England. Allerdings kam mit dem Kriegseintritt Frankreichs die populistische Wende: Die Bevölkerung nahm nun das absolutistische Frankreich unter Ludwig XIV. als den Aspiranten auf die gefährliche Universalmonarchie und den Feind schlechthin wahr. So hatte der an sich frankreichfreundliche König keinen Rückhalt mehr im Volk und musste mit den Niederländern Frieden schließen. Pincus’ Studie ist zu quellengesättigt und phasenweise trotz einiger logischer Brüche zu gut argumentiert, als dass man sie einfach übergehen könnte. Ganz im Gegenteil: Seine Argumente müssen ebenfalls in einer umfassenden Analyse der Kriegsursachen der Englisch-Niederländischen Seekriege mit einbezogen werden, wenngleich diese Neuinterpretation –

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Konfessionelle und ideologische Gründe

zum Teil durchaus berechtigte – Kritik einstecken musste.101 So hielt der Spezialist für niederländische Wirtschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit, Jonathan Israel, das gesamte Erklärungsmuster von Pincus für unlogisch. Warum sollte England, das nach der Hinrichtung des Königs als gefährlicher Außenseiter in der europäischen Politik galt, das einzige in Westeuropa als potenzieller Verbündeter noch verbliebene protestantische Land angreifen? Gijs Rommelse, der eine mehr als solide Studie zum zweiten Krieg verfasst hat, hat die Darstellung der niederländischen Verhältnisse bei Pincus als vollkommen unzureichend kritisiert. Die Reduktion der niederländischen Politik auf eine simple Auseinandersetzung zwischen den Regenten auf der einen Seite und den Oraniern auf der anderen Seite trifft die wahren komplexen Verhältnisse nicht. In Wirklichkeit gab es ein viel weiteres Spektrum von Intentionen, Motiven und Einflussfaktoren in der diffusen Politik der sieben Provinzen. Weiters sei der methodische Umgang des amerikanischen Historikers mit einem großen Teil seines Quellenkorpus, den publizistischen Quellen, äußerst problematisch, da er aus den propagandistischen Flugschriften und Ego-Dokumenten Tatsachen zur Ursachenfindung herauslesen will. In der Tat hat Pincus den quellenkritischen Zugang zu den publizistischen Quellen und Ego-Dokumenten nicht immer richtig getroffen. Natürlich eignen sich diese historischen Quellen nicht zu einer umfassenden ereignisgeschichtlichen Rekonstruktion, wie Pincus es zum Teil betrieben hat, sondern vielmehr zum Erfassen einer mentalen, in dieser Zeit vorherrschenden Disposition bzw. zum Erfassen publizierter Interessen verschiedener Gruppen, wenn man so will also auch zum Erfassen einer politischen Öffentlichkeit, die es in der Frühen Neuzeit bereits gab. Seine Analyse ist daher mehr eine mentalitätshistorische Betrachtung der Commonwealth- und Stuart-Zeit. Eine 101 So z. B. von niemand Geringerem als Jonathan Israel, Review Articles: England, the Dutch Republic and Europe in the seventeenth Century, in: The Historical Journal 40 (1997), 1117–1121; eine ausführliche, sehr konstruktive Kritik von Blair Worden, Conviction on the High Seas, in: London Review of Books 19 (1997), 12–13; sowie Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 199f. 149

Die Ursachen des Krieges

derart geschlossene und in ihrer außen- wie innenpolitischen Intention agierende Gemeinschaft von anglikanischen Royalisten, wie sie Pincus porträtiert hat, war ebenso wenig existent, so wiederum der niederländische Historiker Rommelse. Der britische Historiker Blair Worden, ein führender Spezialist für die englische Revolutionsepoche, hat sich ebenfalls in die Diskussion eingebracht und Pincus zu einem guten Teil recht gegeben. Allerdings hat Worden ebenso einige methodische Schwächen in seiner Studie identifiziert: Zunächst ist die Interpretation der Navigationsakte von Pincus schwer nachvollziehbar. Selbst wenn man von einer anachronistischen Perspektive des Merkantilismus absieht, so der britische Revolutionsexperte, bleibt die Navigationsakte doch eine wirtschaftspolitisch eminent wichtige Entscheidung. Die Rekonstruktion der niederländischen Politik nur aus englischen Quellen, wie in der Studie des Öfteren vorgeführt, stellt ebenso ein Problem dar wie die Darstellung der anglikanischen Royalisten als vermeintlich geschlossene opinion leaders. Weitere Kritikpunkte sind die viel zu spärliche Betrachtung des europäischen Umfelds und damit die mangelnde Miteinbeziehung der europäischen Politik. Ungeachtet der Frage, ob diese antiniederländische Publizistik tatsächlich in der Bevölkerung breit aufgenommen wurde, tendiert Pincus dazu, die öffentliche Meinung, die ja trotz unserer Kenntnis über das Publizierte schwer zu fassen ist, schlichtweg zu überschätzen. Freilich dürfen wir nach neueren Forschungsergebnissen nicht mehr davon ausgehen, dass die Einstellung der breiten Massen dem Establishment völlig egal war.102 Fürsten und Regierungen waren durchaus bemüht, des Volkes Meinung auf ihrer Seite zu haben. Dennoch waren die Möglichkeiten der Beeinflussung von unten nach oben sehr begrenzt. Oder wie Worden die Frage stellt: Hat tatsächlich öffentlicher Druck das Commonwealth zum Krieg gedrängt oder zwei Jahre später Cromwell zum Friedensschluss? Wohl kaum. Jedoch ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass gegen einen von allen Bevöl102 Vgl. dazu zusammenfassend Malettke, Hegemonie – multipolares System – Gleichgewicht, 72–88, bes. 72–74. 150

Die Kriegsgründe

kerungsschichten akzeptierten Feind wesentlich leichter Krieg zu führen war. Und dies war wohl flächendeckend in England vor und während des ersten Krieges gegen die Niederländer der Fall – aus welchen individuellen Beweggründen auch immer!

5.5.  Di e K r i e g s g rü n de Wie sind diese verschiedenen Erklärungsansätze der Kriegsursachen zu bewerten? Zunächst einmal ganz banal: Konflikte können nie monokausal erklärt werden. Selbst die oft als „Handelskriege“ („trade wars“) titulierten Englisch-Niederländischen Seekriege weisen selbstverständlich bei genauerer Betrachtung sehr differenzierte Ursachen und Gründe auf. Es waren ganz offensichtlich nicht nur ökonomische oder nicht nur politische Motive ausschlaggebend, dass sich die beiden Länder dreimal innerhalb eines Vierteljahrhunderts kriegerisch gegenüberstanden. Dass es eine tendenzielle Grundstimmung konfessionell-ideologischer Natur gegen die Niederlande gab, ist aufgrund der weit verbreiteten propagandistischen Publizistik in England mit gutem Grund anzunehmen. Es war ohnehin eine religiös stark aufgeladene Zeit in England. Aber auch bei Steven Pincus darf das Bemühen um ein markantes Alleinstellungsmerkmal im Forschungsansatz mit damit einhergehender und zuweilen recht einseitiger und revisionistischer Argumentation nicht außer Acht gelassen werden. Abgesehen davon, dass der amerikanische Historiker gerne seinen Thesen widersprechende Fakten nicht oder kaum erwähnt, ist schwer vorstellbar, dass der rhetorische Diskurs alleine und in keiner Weise der reale wirtschaftliche Konkurrenzkampf den Krieg verursacht hat. Für eine aggressive Stimmung auf der Insel jedoch wird die massive publizistische Agitation allemal gesorgt haben. Dass es sich dabei nicht immer um konfessionelle oder ideologische Argumentationsmuster gehandelt hat, sondern auch um ganz profane Beleidigungen gegenüber den Niederländern, zeigt ein Pamphlet im Vorfeld des zweiten Krieges: 151

Die Ursachen des Krieges

A Dutchman is a lusty, Fat, Two-Legged Cheese-Worm. A creature that is so Addicted to eating Butter, Drinking Fat Drink and Sliding, that all the World knows him for a Slippery Fellow. An Hollander is not a High-Lander but a Low-Lander; for he loves to be down in the Dirt, and Boarlike, to wallow therein.103

Vorwürfe wie jene der „Universalmonarchie“, des „Kryptopapismus“ und des religiösen Verrats gegenüber dem Calvinismus nehmen sich dagegen geradezu intellektuell aus. In Flugschriften wie diesen wurden die niedrigsten Stereotypen und Klischees bedient. Zudem dürfte auch die Stimmung in den Generalstaaten gegen England, wie der niederländische Historiker Simon Groenveld gezeigt hat, aufgrund der umfassenden zwischenstaatlichen Friktionen in der Bürgerkriegszeit (englische Kaperungen und Embargomaßnahmen gegen den niederländischen Handel) nicht die beste gewesen sein.104 Die deutsche Historikerin und Expertin für Außenpolitik Marie Louise Recker hat die Grundtendenzen im Commonwealth und die verschiedenen Motive wesentlich zutreffender als Pincus kommentiert: „Die Enttäuschung über die Glaubensbrüder in den Niederlanden verband sich dann sehr schnell mit den Intentionen derjenigen, die nicht in der politischen Verbindung oder doch Kooperation mit den Generalstaaten, sondern in der wirtschaftlichen Ausschaltung des mächtigen Handelskonkurrenten die Zukunft des Commonwealth noch am ehesten gewahrt sahen, zumal die letzten Jahre von einer akuten wirtschaftlichen Krisensituation mit schlechten Ernten und einem starken Rückgang des Außenhandels geprägt gewesen waren. Gerade die Verschmelzung dieser beiden Argumentationsstränge ließ die Stimmung in England zu ungunsten des

103 Zitat bei Wilson, Profit and Power, 126, und Schnurmann, Atlantische Welten, 46. 104 Groenveld, The English Civil Wars. 152

Die Kriegsgründe

soeben noch umworbenen Unionspartners umschlagen und die aggressiv antiholländischen Tendenzen übermächtig werden.“105

Die handelspolitischen Motive zum Krieg spielten ohne Zweifel eine außerordentliche Rolle. Sönke Neitzel hat sich in einer Betrachtung der „Wirtschaftskriege und der Wirtschaft im Krieg“ um eine kurze Definition von „Wirtschaftskrieg“ bemüht: Bei jedem Krieg spielt der Faktor Wirtschaft eine Rolle. Bei Wirtschaftskriegen handelt es sich nach Neitzel „um Konflikte, die im Wesentlichen mit wirtschaftlichen Mitteln ausgetragen werden, auf die Wirtschaft zielen oder deren Ausgang von ökonomischen Faktoren dominiert wird“. Dazu gehören auch „Handelsblockaden, Embargos oder Zollkriege“.106 Nach dieser absichtlich breit angelegten Definition haben wir es bei den drei Englisch-Niederländischen Kriegen allemal mit Wirtschaftskriegen zu tun. Aber selbst bei einer ins Detail gehenden Betrachtung ist das „ökonomische Konfliktpotenzial“ mehr als offensichtlich. Die Engländer waren die Verlierer des wirtschaftlichen Wettkampfs nach dem Westfälischen Frieden und steckten in einer veritablen Depression, die Niederländer gewannen wiederum überall die Oberhand. Das Commonwealth schuf daher die institutionellen (Council of Trade) und legislativen (Navigationsakte) Voraussetzungen, den niederländischen Konkurrenten den Kampf anzusagen. Dabei war das Rumpfparlament natürlich keine Marionette in der Hand einer offensiven Handelsclique, die politische Elite Englands forcierte selbst ganz massiv diese offensive Außenwirtschaftspolitik. Die Navigationsakte dabei als reinen politischen Revancheakt (mit Oliver St.  John als Hauptexponenten und Racheengel) zu sehen, wie Pincus es getan hat, ist im Kontext der wirtschaftlichen Lage und im Vergleich der von der Forschung gut herausgearbeiteten Wirtschafts-, besser gesagt Exportdaten der beiden Länder vollkommen unzulässig. 105 Recker, Die drei englisch-holländischen Seekriege, 103. 106 Neitzel, Von Wirtschaftskriegen, 49f. 153

Die Ursachen des Krieges

Die Navigationsakte legte ganz klar den Fokus auf Import, Import von Waren aus Übersee und aus Europa. Überdies spielte der Fischfang und Fischimport in den Commonwealth eine entscheidende Rolle in dieser protektionistischen Gesetzgebung. Hier standen ganz klar handfeste wirtschaftliche Motive mit der klaren Intention, dem Konkurrenten zu schaden, im Vordergrund. Zudem lag dieser Gesetzesvorschlag in seiner Grundkonzeption bereits im April 1651, also zwei Monate vor Abbruch der Verhandlungen in Den Haag, vor.107 Es mag auch einflussreiche im Handel tätige Funktionäre gegeben haben, die sich gegen den Krieg aussprachen. Aber es gab auch genügend Handelskompanien, die einen Krieg – zumindest anfänglich – begrüßten. Sowohl vor dem ersten als auch vor dem zweiten Krieg108 gab es massive Beschwerden von großen Handelskompanien und nicht inkorporierten Kaufleuten gegen angebliche niederländische Untaten, die dem Parlament vorgelegt wurden und die auch Wirkung zeigten. Abgesehen von ethischen Fragen, lag für Handelsnationen der Frühen Neuzeit die Dialektik offensiver Außenwirtschaftspolitik wohl immer in der Frage, ob ein Krieg nun gewinnbringend oder kontraproduktiv sein konnte. Das war im Venedig des 15. Jahrhunderts nicht viel anders als im England des 17. Jahrhunderts. Es ist auch nicht zutreffend, dass in den Verhandlungen sowohl vor als auch während des ersten Krieges wirtschaftliche Punkte keine Rolle gespielt hätten. Die Geheiminstruktionen für die Strickland-Mission, die ebenso politisch motiviert war, sind nicht mehr bekannt.109 Wir wissen also gar nicht im Detail, wie das Bündnisangebot an die Generalstaaten ausgesehen hat und ob nicht auch handelspolitische Kooperationspläne angedacht waren – es ist jedoch sehr wahrscheinlich. Cromwell thematisierte sehr wohl das wirtschaftliche Konkurrenzverhältnis der beiden Länder im Welthan107 Auf diesen Umstand hat Junge, Flottenpolitik, 150 hingewiesen. 108 Vgl. Wilson, Profit and Power, 123. 109 Woolrych, Britain in Revolution, 509. 154

Die Kriegsgründe

del110 und unterbreitete – wenn auch zu Beginn skurrile – Schlichtungspläne.111 Und natürlich spielten die kommerziellen Interessen auch im Königreich, sogar noch viel mehr als während des Commonwealth, eine herausragende Rolle, oder wie der König es selbst über seine Nation in einem Schreiben an seine Schwester darstellte: And you cannot choose but believe that it must be dangerous to me at home to make entire league till first the great and principal interest of this nation be secured, which is trade.112

Seine Umgebung, die merkantilistische Lobby an seinem Hof, und die wirtschaftstreibenden Kräfte im Parlament113 waren profitorientiert. Das hieß, ausländische Konkurrenz sollte minimiert werden, und es stand außer Frage, dass die großen Konkurrenten die Unternehmer aus Holland und Seeland waren. Auf Staatsebene dachte man in den bereits dargelegten weitläufigen merkantilistischen Zusammenhängen und nicht an operative unternehmerische Risikofaktoren und kurzfristige Gewinn­ einbrüche. Merkantilistisches Denken war politisches Denken. Politik wurde in England nicht nur am Hof, sondern natürlich auch vom Parlament gemacht. Sowohl am Hof als auch im Parlament saßen Befürworter einer offensiven, ja sehr aggressiv vorgetragenen Handelspolitik. Handelspolitik betreiben hieß legislative Maßnahmen treffen, wie zum Beispiel die in der Restauration fortgeführten Navigationsgesetze, und freilich auch bei Hof Einfluss zu nehmen. Krieg wurde dabei in Kauf genommen, es war nicht nur die Ultima Ratio, Krieg als Problemlösung konnte auch schneller gefunden werden. Wirtschaftliche Aspekte der Kriegseröffnung lassen sich so von der hohen Politik freilich nicht 110 Vgl. dazu Wilson, Profit and Power, 76f. 111 Vgl. dazu Junge, Flottenpolitik, 226, und Capp, Cromwells Navy, 83. 112 Charles an Henrietta, Whitehall, 2.  September 1668, in: Bryant, Letters, Nr. XVIII, 224f. 113 Dazu Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 50–58. 155

Die Ursachen des Krieges

trennen. Die Royal Adventurers trading into Africa, die sich schon vor dem Krieg im bewaffneten Konflikt mit den Generalstaaten befanden, dokumentieren dieses Prinzip wohl am augenscheinlichsten. Um den Duke of York, den Lord High Admiral der englischen Flotte, sammelte sich eine Reihe von einflussreichen Männern, die im Handel engagiert waren und keine Scheu vor einem Konflikt hatten. Das Instrumentarium für den Waffengang, eine starke Flotte, hatte England im Commonwealth geschaffen. Diese Aufrüstungspolitik wurde in der Restauration fortgeführt. Der Beschwerdekatalog diverser Handelsgesellschaften, der im April 1664 zu einer Parlamentserklärung führte und dem König zur Forcierung des Außenhandels einen Krieg gegen die Generalstaaten empfahl, zeigt, wie aus ursprünglich wirtschaftlichen Anliegen sehr schnell ein hochbrisantes politisches Thema werden konnte. Dass sich dabei die Niederlande auch noch propagandistisch auf konfessioneller Basis und als Universalgegner (Universal Monarchy) in Nachfolge der katholischen Spanier diskreditieren ließen, erleichterte den Kriegsgang nur. Völlig anders sah es dann im Vorfeld des dritten Krieges aus. Dieser Krieg wurde gegen den Willen der Bevölkerung und auch gegen den Willen des politischen Establishments von Charles und seinen Beratern vom Zaun gebrochen. Aber auch hier sind wirtschaftliche Motive unschwer zu erkennen. Letztendlich müssen die Konfliktursachen für jeden dieser Kriege einzeln betrachtet werden: Das wirtschaftliche Konkurrenzverhältnis zwischen den Niederlanden und England nach dem Westfälischen Frieden bis hin zur Glorreichen Revolution von 1688 war eine Grundkonstante, die offensiven politischen Motive der handelnden Akteure in England waren vor jedem Krieg sehr verschieden, und der konfessionell-ideologische Erklärungsansatz als Kriegsgrund klingt für den ersten Krieg wohl wesentlich überzeugender als für den zweiten Waffengang.

156

6.  M i l i tä r isc h e R a h m e n be di ngu ng e n

6.1.  K a pa z i tät e n

D

ie große Flottenrüstung des Commonwealth hatte ihre Ursache in der konterrevolutionären Seekriegführung der Royalisten unter Rupert von der Pfalz.1 Auf diese für die kommenden Konfrontationen mit den Niederlanden bedeutenden Ereignisse soll daher im folgenden Abschnitt näher eingegangen werden: Von Beginn des Bürgerkrieges an stellte sich die Marine auf die Seite des Parlaments, denn Charles I. kümmerte sich gerade im Vorfeld der Revolution kaum um die Seestreitkräfte. Allerdings kann man Charles nicht wie seinem Vater eine generelle Vernachlässigung der Flotte vorwerfen. James, der erste Stuart auf dem englischen Thron, schenkte ihr tatsächlich keine Aufmerksamkeit. Unter Charles wurde immerhin das Prestigeprojekt der Monarchie, die Sovereign oft the Seas, gebaut.2 Sie sollte dem Machtanspruch Englands auf See eine eindrucksvolle Note verleihen – oder wie es der amerikanische Marinehistoriker John B. Hattendorf ausdrückte: Schiffe dieser Klasse wurden „the most potent symbols of national power.“3 Die Sovereign war in der Tat beeindruckend: Sie wurde im Dezember 1635 auf Kiel gelegt und im Oktober 1637 vom Stapel gelassen. Die Bauzeit betrug eineinhalb Jahre, sie hatte 102 Kanonen an Bord, eine Kiellänge von 39 Meter (127 Fuß), eine Breite von über 14 Meter, 6 Meter Tief1 Ausführlich dazu Rebitsch, Rupert von der Pfalz, 43–80. 2 Dazu das ausführliche Porträt des Schiffes von Sephton, Sovereign of the seas. 3 Hattendorf, Navies, Strategy and Tactics, 96. 157

Militärische Rahmenbedingungen

gang, eine Besatzung von an die 800 Mann und ein Rumpfgewicht von über 1 500 Tonnen. In einem Bericht der Flotte nach der Schlacht von Kentish Knock hieß es über die Sovereign: The Sovereign – that great ship, a delicate frigate (I think the whole world hath not her like) – did her part; she sailed through and through the Holland fleet, and played hard upon them.4

Neben dem größten Schiff der Monarchie ließ Charles noch Schiffe wie die Henrietta Maria mit 42 Kanonen (792 t), die Charles mit 44 Kanonen (810 t), die James mit 48 Kanonen (875 t), die Unicorn mit 46 Kanonen (767 t), die Leopard (516 t) und die Swallow (478 t) mit jeweils 34  Kanonen bauen.5 Doch mit den zunehmenden innenpolitischen Problemen zu Beginn der 40er-Jahre musste das Flottenbauprogramm eingestellt werden, und mit der existierenden Flotte ging es bergab. Die Kriegsmarine unterstellte sich im Laufe des Konflikts Westminster. Die Seestreitmacht aufseiten des Parlaments hatte erhebliche militärstrategische Folgen für den Kriegsverlauf, war doch damit ein aktives Eingreifen der europäischen Mächte zugunsten der Krone von vornherein schier unmöglich. Zudem konnte sich das Parlament den eigenen Nachschub vom Kontinent sichern und den royalistischen stören.6 Während des Krieges hatten erfahrene Soldaten wie Robert Rich, der Earl of Warwick als Lord High Admiral, und William Batten das Kommando. Beide waren strenge Puritaner. Aufgrund der Self-Denying Ordinance, die ein militärisches Amt und einen gleichzeitigen Sitz im Parlament ausschloss, musste Warwick gehen, Batten blieb als Vizeadmiral. Er geriet jedoch ins Zwielicht, als er einige Parlamentarier, die sich auf der 4

Vgl. dazu den Bericht über die Schlacht von Kentish Knock, 3. Oktober 1652, in: Gardiner, Letters and Papers 2, Nr. 455, 282–284. 5 Eine Aufzählung der Schiffe, die unter Charles  I. gebaut wurden, in Sephton, Sovereign of the seas, 192. 6 Junge, Flottenpolitik und Revolution, 12f. 158

Kapazitäten

Flucht befanden, nicht nach London zurückbringen ließ, sondern ihnen die Weiterreise gestattete. Die Independenten misstrauten nun Batten und waren auf der Suche nach verlässlicheren Männern für die Seestreitmacht. So einen Mann glaubte man in Thomas Rainborough, einem erfahrenen Seeoffizier, gefunden zu haben, der unter den Independenten als loyal gehandelt wurde.7 Rainborough wurde Captain of the Vessel, Vizeadmiral und Commander-in-Chief des Winterkontingents zur See – Batten musste sein Amt niederlegen.8 Der neue Oberbefehlshaber übernahm keine leichte Aufgabe. Zwar war die Marine „als reguläre, ständig einsatzbereite Kraft mit einheitlich operationaler Führung“9 vorhanden, jedoch hörte man schon 1643 Klagen vonseiten Warwicks, dass es an Geld und Schiffen fehle. Die Männer bekamen keinen Sold, weshalb Warwick sogar mit Meuterei rechnete. Die MPs in Westminster managten die Navy im Laufe des Konflikts kaum besser als die königliche Administration davor. Auch in den Jahren 1646/47 spielte die Navy nur eine untergeordnete Rolle in der Kriegsplanung der Parlamentspartei.10 Rainboroughs Nominierung zum Flottenchef muss aber noch aus einer anderen Perspektive gesehen werden: Es war der Griff der Independenten nach der Macht. Sie wollten die royalistischen Sympathisanten ein für alle Mal ausschalten und dadurch die Flotte unter Kontrolle bringen. Der Leveller Rainborough war außerdem ein unbequemer Kritiker für Cromwell, den man mit dieser Ernennung elegant aus dem Heer befördern konnte. Aber die Nominierung Rainboroughs war alles andere als ein geschickter Zug des Parlaments. Sie wurde geradezu eine Hauptursache für die kommende Meuterei.11 Rainborough sollte die Flotte reorganisieren und Unzufriedene auf die independentische Sache 7 Vgl. dazu Capp, Cromwell’s Navy, 15–17. 8 Zur Meuterei in der englischen Flotte vgl. Kennedy, The English Naval Revolt, 247–256, bes. 248–250. 9 Junge, Flottenpolitik, 41. 10 Ebd., 76–90. 11 Vgl. dazu Capp, Cromwell’s Navy, 26. 159

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einstimmen. Sein Vorgänger jedoch erfreute sich großer Beliebtheit, die würdelose Absetzung wurde dem neuen Kommandanten angelastet. Ein weiterer Gegensatz bestand in der Tatsache, dass Rainborough ein politischer Kommissar, die Matrosen mehrheitlich politisch uninteressiert, jedoch nicht unbedingt antimonarchistisch waren. Zudem war der neue Kommandant ein ehemaliger Mariner, der zum Heer wechselte und dort Karriere machte; ein Faktum, das wiederum den Waffenstolz der Matrosen verletzte. Die gezielte Flüsterpropaganda der Royalisten tat ihr Übriges.12 Selbst Batten, der nach seiner Entlassung mit den Royalisten zusammenarbeitete, schürte die latente Unzufriedenheit in der Navy.13 Ebenfalls steuerte das Parlament mit einem kapitalen Fehler dazu bei, die gespannte Lage in der Flotte anzuheizen. Am 8. Februar 1648 beschloss man in Westminster die Schiffe The Parlament’s Ships zu nennen, des Königs Name und Titel wurden gestrichen. Tatsächlich hatte ja das Parlament in einer Erklärung vom 6. Juli 1642 an die alte Vorstellung der „zwei Körper des Königs“14 angeknüpft. Diese Vorstellung sollte eine Unterscheidung zwischen der natürlichen Person des Monarchen, beeinflusst durch schlechte Ratgeber, und einer offiziellen, hier besseren Person des Königs, manifestiert durch den Willen des Parlaments, darstellen. Das Parlament beschloss 1642 in diesem Sinne, „für die Sicherheit der Person des Königs, zur Verteidigung der beiden Häuser des Parlaments und derer, die ihren Befehlen und Anweisungen gefolgt sind und zur Erhaltung der wahren Religion, der Freiheit und des Friedens des Königreiches“15 eine Armee aufzustellen. Durch die Umbenennung der Schiffe wurde den Matrosen die Illusion geraubt, doch noch nicht ganz mit ihrem König gebrochen zu haben. Den Mariners wurde ihr Ungehorsam, ihre Rebellion gegenüber dem König nun offensichtlich 12 Vgl. dazu Junge, Flottenpolitik, 92f. 13 Vgl. Capp, Cromwell’s Navy, 27f. 14 Zur Gesamtproblematik der „zwei Körper des Königs“ vgl. Kantorowicz, Die zwei Körper des Königs. 15 Zitat bei Schröder, Revolutionen Englands, 57. 160

Kapazitäten

vor Augen geführt. Aus dieser gespannten Lage heraus kam es zur offenen Meuterei. Warwick wurde erneut als Kommandant eingesetzt. Der konservative Warwick war aber alles andere als der Wunschkandidat der Independenten. Er war zwar führend in der Anti-Stuart-Bewegung, jedoch nicht für die Beseitigung der Monarchie. Für die Flotte jedoch war dieser Mann eine Integrationsfigur.16 Warwick fiel nun die Aufgabe zu, der Meuterei Einhalt zu gebieten.17 Dies gelang ihm letztendlich nur bedingt, denn zur Freude des Thronfolgers Charles Stuart segelten revoltierende Schiffe nach Hellevoetsluis an die niederländische Küste und fanden dort auch Aufnahme. Es war durchaus keine unbeachtliche Streitmacht, die sich geradewegs zum Prince of Wales begab. Batten, der die Flotte nach Holland brachte, wurde von Charles zum Ritter geschlagen, Rupert von der Pfalz, General der Kavallerie und kurzzeitiger Oberbefehlshaber der royalistischen Armee im Bürgerkrieg, wurde reaktiviert und als Vizeadmiral eingesetzt. Der royalistische Krieg zur See gegen das Parlament begann, und er war nicht ungefährlich für Westminster. Nach einem ersten kläglich gescheiterten Angriff auf die Parlamentsflotte bekam der Cousin des Königs den Auftrag, James Butler, Duke of Ormonde, der in Irland Royalisten sammelte und noch immer eine militärische Bedrohung für das Parlament darstellte, zu unterstützten. Am royalistischen Exilhof schätzte man die Lage in Irland, das man als „Einfallstor“ nach England nutzen wollte, als komplex, aber doch vielversprechend ein. Die grüne Insel war nach der schweren Niederlage der verbündeten schottischen Armee gegen Cromwell bei Preston (17.–19.  August 1648) so etwas wie die letzte Hoffnung für eine erfolgreiche Konterrevolution18 und daher von einer nicht zu unterschätzenden Bedeutung für beide Parteien. Einerseits sollte die Flotte für Ormonde Nachschub besorgen, andererseits sollten so viele Prisen wie 16 Vgl. dazu Junge, Flottenpolitik, 98f. 17 Vgl. dazu Capp, Cromwell’s Navy, 29. 18 Hyde an Rupert, Den Haag, 20. Januar 1648 (sic!, eher 1649), Bodley, MS. Firth c. 8, fol. 39. 161

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möglich gekapert und verkauft werden.19 Zudem musste der Handel mit dem verbündeten Portugal aufrechterhalten bleiben.20 Das König­reich Portugal war einer der wenigen echten Verbündeten, die den ­Stuarts noch blieben. In einer späteren Instruktion erweiterte Charles II. für die kommenden Aktionen der Flotte das Operationsgebiet: In all partes of our Dominions.21

Der Einsatzraum war also ab dem November 1649 nicht mehr nur auf Irland beschränkt, sondern ging theoretisch bis zu den Westindischen Inseln. Rupert nutzte im Laufe der kommenden Aktion seine Vollmachten, und hier vor allem die territorialen, aus, zu denen außerdem das Kaperrecht und die Münzprägung gehörten. Charles schickte seinen deutschen Cousin auf eine heikle Mission, denn die Versorgung der Flotte war keineswegs sichergestellt und die Seeleute (über 800 Matrosen und 220 Soldaten),22 die Rupert bei sich hatte, waren keineswegs verlässliche Männer. Der Pfälzer vermochte im Januar des Jahres 1649 eine beachtliche Seestreitmacht auf die Beine zu stellen. Er hatte letztendlich acht Kriegsschiffe zur Verfügung: die Constant Reformation (42 Kanonen), die Convertine (34), die Swallow (34), die Charles, die Thomas, die James, die Mary und die Elisabeth. Rupert setzte mit dieser Flotte am 21. Januar 1649 Segel in Richtung Irland.23 Ende Januar erreichte die royalistische Flotte ihren Bestimmungshafen Kinsale in der Grafschaft Cork. Hier 19 Charles an Rupert, Den Haag, 19. Februar 1649, BL, MS. Add. 18 982, fol. 173. 20 Instruktion für Rupert von Charles  II., 16./26.  Dezember 1648, Bodley, MS. Firth c. 8, fol. 165. 21 Additional instructions for our most dear cosin Prince Rupert, Admiral of all ships imployed at sea, Isle of Jersey, 13. November 1649, BL, MS. Egerton 2542, fol. 16. 22 Nach einer Feststellung der Mannschaftsstärke vom 9. Dezember 1648 in Hellevoetsluis, Bodley, MS. Firth c. 8, fol. 99. 23 Zur Aufstellung der Flotte vgl. Anderson, The Royalists at sea in 1649, 322f. 162

Kapazitäten

musste der enttäuschte Admiral des Königs aber feststellen, dass man operativ nicht allzu viel machen konnte. Eine für alle profitable Kooperation zwischen den Festlandtruppen und der Flotte lief zunächst nicht gerade ergiebig an. Eher waren noch die lokalen irischen Kommandanten auf Ruperts Unterstützung bei der Versorgung mit Munition und Waffen angewiesen, wie Baron Murrough O’Brien Inchiquin den Flottenkommandanten wissen ließ.24 So ließ der Admiral vorerst den Hafen befestigen und nahm mit Ormonde Kontakt auf. Dieser schlug eine Seeblockade Dublins vor, um die von England kommenden Parlamentstruppen von einer Landung in der Hauptstadt abzuhalten. Die Hauptstadt Irlands war der Brückenkopf für die Wiedereroberung der Insel durch die Truppen des Rump. Rupert musste aber erkennen, dass für eine solche Aktion seine Kräfte zu schwach waren. Eine für die Royalisten erschütternde Nachricht traf in der zweiten Februarwoche ein: König Charles I. war am 30. Januar 1649 hingerichtet worden. Die nächste Aktion des vom Thronfolger zum Lord High Admiral beförderten Deutschen war die Verstärkung der Scilly Isles, die sich noch immer in den Händen von Royalisten befanden. Gerade diese Aktion – Rupert schickte fünf Schiffe zu den Inseln – war ein aufrüttelndes Ereignis für das Londoner Regime. Der Pfalzgraf löste damit eine Dynamik in der englischen Flottenpolitik aus, die er so bestimmt nicht vorausgesehen hatte und die kaum unterschätzt werden darf. Man erkannte nun in London, dass nur ein konzentrierter Einsatz der eigenen Seestreitkräfte und eine Verbesserung der Flotte die Royalisten ausschalten konnte.25 Die Verbesserungen bestanden in größeren Rationen für die Mannschaft, einer Neuregelung des Prisengeldanteils und der Anhebung des Solds. Die nachhaltigste Entscheidung sollte jedoch das Flottenbauprogramm werden. Der Staatsrat beschloss am 29. März, fünf neue Kriegsschiffe zu 24 Inchiquin an Rupert, März 1649, Bodley, MS. Firth c. 8, fol. 48–51. 25 Vgl. dazu Junge, Flottenpolitik, 129; Oppenheim, The Navy of the Commonwealth, 20–81; Wheeler, Prelude to Power. 163

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bestellen, aber nicht, um den Niederländern Konkurrenz zu bieten, sondern um gegen den Ansturm der Royalisten gefeit zu sein.26 Ein Jahr später, also 1650, hatte die englische Kriegsmarine bereits 46 Linienschiffe im Stand, die Niederlande im Vergleich dazu 21 und Frankreich 18.27 Bis ins Jahr 1651 schaffte das Commonwealth 20 neue Kriegsschiffe an, 25 weitere Schiffe wurden gekauft oder gekapert.28 Eine Flotte, stark genug um die royalistische Bedrohung aus dem Weg zu räumen und sich damit den Respekt der europäischen Mächte zu sichern, wurde nun geradezu eine Existenzfrage für die junge „Republik der Königsmörder“. Das Commonwealth konnte sich nur mit militärischer Stärke nach innen und nach außen Akzeptanz verschaffen.29 Die Idee eines Abbaus maritimer Kampfkapazitäten, wie sie noch 1648 diskutiert worden war, kam nun nicht mehr infrage.30 Die Flotte wurde im Laufe der Zeit kontinuierlich verstärkt. 1655 hatten die Engländer bereits 82 Linienschiffe, demgegenüber konnten die Generalstaaten 67 und Frankreich 17 aufbieten. Rupert mit der royalistischen Flotte, natürlich auch vor dem Hintergrund einer befürchteten ausländischen Invasion, war also der auslösende Faktor für die Stärkung der englischen Seestreitmacht. Es scheint vielleicht übertrieben, wenn der bekannte britische Historiker George Macaulay Trevelyan behauptet, dass Ruperts Seeoperationen den Handel im Kanal und dadurch vor allem die Interessen Londons mehr bedrohten, als der ganze Bürgerkrieg dies vermochte.31 Bedenkt man, dass gerade der Pfalzgraf während des ersten Bürgerkrieges zweimal die

26 Zu dieser Annahme vgl. Junge, Flottenpolitik, 117–119. 27 Eine Vergleichstabelle der einzelnen Flotten bei Rodger, Command of the Ocean, 607; siehe auch ausführlich Glete, Navies and Nations, 180–206, samt Tabellen. 28 Capp, Cromwell’s Navy, 52. 29 Vgl. Junge, Flottenpolitik, 81. 30 Vgl. dazu ebd., 131. 31 Vgl. dazu Trevelyan, Geschichte Englands 2, 481. 164

Kapazitäten

Gelegenheit sah, London anzugreifen,32 und somit das „Zünglein an der Waage“,33 wie die Hauptstadt genannt wurde, hätte einnehmen können, so waren auch die Landoperationen der Royalisten in den ersten Jahren des Krieges äußerst bedrohlich für die Parlamentspartei. Aber ungefährlich waren seine Seeoperationen, die er mit Piraten im Kanal verstärkte, gewiss nicht. Immerhin hatte er kurzzeitig 30 Schiffe zur Verfügung.34 Die Obersten Edward Popham, Robert Blake und Richard Deane wurden als Admirals and Generals of the Fleet now at sea eingesetzt. Der neue Titel Generals-at-Sea – General ist natürlich ein militärischer Dienstgrad für ein Landheer, das Pendant zur See ist Admiral – und die neu bestellten Männer sollten die Flotte auf den politisch verlässlichen Kurs der Armee bringen, denn alle drei Flottenverantwortlichen waren für das Rump vertrauenswürdige Offiziere, und Deane war außerdem ein sehr enger Vertrauter Cromwells. Sie waren für die strategische, operative und taktische Seekriegführung verantwortlich. Der Council of State, das Exekutivorgan des Rumpfparlaments, behielt sich die totale Autorität über die Navy vor. Für die Administration wurden das Admiralty und das Navy Committee (für Finanzen zuständig) installiert, zudem wurden Commissions (Navy und Admiralty) eingesetzt.35 Diese Administrationsstrukturen waren nicht nur komplex, sondern durch die Einflussnahme der new merchants und der verschiedenen politischen Fraktionen einem ständigen Kompetenzgerangel unterworfen. Auf alle Fälle: Die New-modelled Navy entstand. Diese Flotte musste eine ausländische Invasion verhindern, den royalistische Nachschub nach Irland 32 Vgl. zu dieser Diskussion nach den Schlachten von Edgehill und Newbury ­Kitson, Prince Rupert, 103–107 und 144–153. 33 So bezeichnete Stone, Ursachen, 185, London, das aufgrund seiner mächtigen Handelsoligarchie eine enorme finanzielle Unterstützung für das Parlament bedeutete. 34 Rupert an Charles II., Kinsale, 27. August 1649, Bodley, MS. Firth c. 8, fol. 165, und Anderson, Operations, 409. 35 Zur Flottenadministration während des Commonwealth vgl. Rodger, Command of the Ocean, 33–49; Junge, Flottenpolitik, 108–119. 165

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unterbinden und die englische Souveränität zur See behaupten. Aber nicht nur im organisatorischen und administrativen Bereich wurden Veränderungen durchgeführt, auch im Schiffsbau selber wollten die Engländer Fortschritte erzielen und neue Maßstäbe setzen. Die Linienschiffe, die unter Cromwell gebaut wurden, waren den alten Seglern aus der Zeit Charles’ I., also auch jenen Ruperts, deutlich überlegen. Im Frühjahr 1649 blockierten die Generäle zur See Kinsale und unterbanden die Kaperfahrten des Lord High Admiral, womit er von seiner Versorgung abgeschnitten wurde. Für ihn sollte es aber noch schlimmer kommen, denn Oliver Cromwell setzte im August 1649 mit einem Expeditionsheer nach Irland über. Der anfangs dem Feldzug zögerlich gegenüberstehende Führer der Independenten ließ sich vom Council of State am 15.  März 1649 als Kommandant der Expeditionsstreitmacht nominieren. Aufgrund der Erfolge des späteren Lord Protectors in Irland konnte Ormonde schließlich nicht mehr standhalten. Cromwell hatte zu viel Geld zur Verfügung und war ein zu guter Feldherr, als dass er gegen eine unterlegene Streitmacht hätte verlieren können. Dadurch geriet Rupert in die Falle. Sein Kriegsrat entschloss, die sieben besten Schiffe auszurüsten und in einer dunklen Nacht einen Ausbruchsversuch zu wagen. Der Pfalzgraf hatte Glück. Die feindliche Flotte wurde buchstäblich vom Winde verweht und die Royalisten konnten dank des Wetters nach Lissabon entkommen.36 Eine Zeit lang fand sie dort auch mit Duldung und Unterstützung des portugiesischen Königs Johann IV. Unterschlupf. Doch nun waren die ehemaligen Jäger bereits die Gejagten. Die viel stärkere Parlamentsflotte unter Robert Blake stellte nach, sperrte die Mündung des Tejo und fügte dem portugiesischen Handel schweren Schaden zu. Johann musste schließlich dem Druck der Gunboat Diplomacy Englands37 nachgeben und entzog den englischen Royalisten die Gastfreundschaft. Rupert wich mit seiner Flotte ins Mit36 Vgl. dazu Capp, Cromwell’s Navy, 63, und Morrah, Rupert, 241. 37 Dazu Capp, Cromwell’s Navy, 68f. 166

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telmeer aus, doch die Verfolger stießen nach und reduzierten seinen Verband auf eine Quantité négligeable. Die royalistische Konterrevolution zur See scheiterte im Herbst 1650 vor den Küsten Spaniens. Es gelang Rupert zwar noch, mit wenigen Schiffen das Mittelmeer zu verlassen, doch seine eher irrlichternde Fahrt über Madeira, über die Azoren an die westafrikanische Küste (der Eindruck dort sollte für die Initiative der Royal Adventurers of England trading into Africa ausschlaggebend werden) und bis zu den karibischen Inseln (wo er tatsächlich noch die von den Royalisten gehaltenen Gebiete unterstützen wollte) hatte bestenfalls Abenteuercharakter und verlieh der königlichen Kriegführung zur See, die nur noch von der Improvisationskunst Ruperts lebte und bei der der Pfälzer schwere persönliche Rückschläge erleiden musste, etwas exotischen Piratenflair. England blieb freilich auch nach dem Interregnum eine starke Seemacht. Die Stuarts waren aufgrund ihrer Politik brennend am Ausbau der Seekapazitäten interessiert. Bei der Restauration hatten die Engländer 157 Schiffe aller Klassen in der Kriegsmarine zur Verfügung, 1664 waren es 146, bei Kriegsbeginn bereits 200, ein Jahr darauf 225, zu Kriegsende 153 und zu Beginn des dritten Krieges wiederum 188.38 Wie aber sah es mit den maritimen Kapazitäten in den Niederlanden aus? Es mag überraschen: Obwohl die Niederländer zu Mitte des 17. Jahrhunderts unstrittig die erste Seefahrernation Europas waren und eine riesige Handelsflotte unterhielten, verfügten sie nicht über die modernste und kampfkräftigste Kriegsflotte.39 Denn während das Commonwealth aufgrund der konterrevolutionären Operationen der royalistischen Flotte die eigenen Seestreitkräfte modernisieren und ausbauen ließ, vernachlässigten die Niederländer ihre militärische Kapazität zur See. Nach dem langen, über acht Dekaden dauernden Krieg mit Spanien reduzierten die Staatsverantwortlichen in den General38 Königliche Schiffe in der Kriegsmarine, in: Colenbrander 2, Nr. 229. 39 Zur niederländischen Flotte vgl. ausführlich Bruijn, The Dutch Navy, 67–90. 167

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staaten recht abrupt die kostspielige Kriegsflotte. Die Handelsmarine musste im Fall eines Konflikts kampftaugliche Schiffe zur Verfügung stellen – so die unzureichende Alternative, zumal die Handelsschiffe wesentlich langsamer segelten und auch weniger kampfkräftig waren als die neuen Kriegsschiffe. Die Generalstaaten hatten damit nicht nur eine äußerst uneinheitliche, somit für die Logistik problematische Flotte zur See, sondern auch eine militärisch unterlegene. Die Flottenpolitik Den Haags und der Regenten blieb nicht ohne Auswirkungen im ersten Krieg. Obwohl der niederländische Oberbefehlshaber Maerten Tromp gewiss auf wesentlich mehr seemännische Erfahrung zurückblicken konnte als seine englischen Gegner, die allesamt Generäle des Landheeres waren, war er mit der ihm zur Verfügung stehenden Flotte schwer unterlegen. Die Niederländer verloren fast alle großen Seeschlachten des ersten Krieges und hatten enorme Verluste an Menschen und Material. Vor allem der umsichtige Ratspensionär Johan de Witt zog aufgrund der schonungslosen militärischen Analyse Tromps und anderer Admiräle die politischen Schlüsse aus dem Desaster. Bereits im Jahre 1653 – also noch während des Krieges – wurde ein Programm zum Ausbau und zur Professionalisierung der Kriegsmarine verabschiedet. Die Generalstaaten brachten über 2 Millionen Gulden auf und gaben im Februar 30  Linienschiffe, die schwersten Kriegsschiffe, in Auftrag. Bei einer durchschnittlichen Bauzeit dieser Fahrzeuge von einem bis eineinhalb Jahre waren diese Bestellungen freilich viel mehr eine Zukunftsinvestition für die Sicherheit der Republik als eine akute Hilfe. Um noch eine Wende des Krieges herbeiführen zu können, wurde der Auftrag zu spät beschlossen. Überdies war die erste Tranche der neu gebauten niederländischen Kriegsschiffe den englischen an Feuerkraft immer noch unterlegen. Im Dezember 1653 – man befand sich schon in Friedensverhandlungen mit England – bestellten die Regenten weitere 30 Schiffe. Mitte der 50er-Jahre des 17. Jahrhunderts hatte die Republik 60 neue Linienschiffe im Stand, mit den älteren Schiffen waren es über 60 Schiffe mit immerhin 40 bis 168

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60 Geschützen pro Fahrzeug, die die Generalstaaten kurzerhand zum nationalen Eigentum erklärten und nicht den einzelnen Provinzen überließen. Damit glaubte man weiteren militärischen Herausforderungen adäquat begegnen zu können. Diese Herausforderungen sollten auch nicht allzu lange auf sich warten lassen. Im Nordischen Krieg baute die neue niederländische Flotte unter Admiral Witte de With ein imposantes Bedrohungsszenario am Sund gegen die Schweden auf, und sie wurde der kampfkräftige Kern der beiden weiteren Seekriege mit England. Obgleich sich die Generalstaaten das Eigentumsrecht über die neuen Schiffe einräumten, blieb die neu aufgestellte Kriegsmarine keineswegs unberührt von den strukturellen, dem starken Föderalismus der Republik geschuldeten Problemen. Die militärischen Kapazitäten zur See wurden von fünf unabhängigen Admiralitäten geführt, namentlich Rotterdam (Admiral von der Maas), Amsterdam, Seeland (mit Sitz in Middelburg), Friesland (mit Sitz in Harlingen) und das Nordquartier (Noorderkwartier mit Sitz in Enkhuizen und Hoorn). Zum Aufgabenbereich dieser Admiralitätskollegien gehörten der Schutz der Handelsflotte sowie der Bau und die Ausrüstung der Kriegsmarine, wofür ihnen die Hoheit über Import- und Exportzölle zugestanden wurde. Nicht selten lagen die Kollegien, die ebenfalls politische Beratungsarbeit in Sachen Handelskonflikte leisteten, miteinander im Streit, wie eben auch die einzelnen Provinzen eine nicht konfliktfrei agierende, zumindest nicht immer eine einheitliche Meinung vertretende Konföderation waren.40 Eifersüchtig wachten vor allem die Seeprovinzen Holland, Seeland und Friesland über eine faire Verteilung der Posten und Ressourcen. Eine klare Kompetenzverteilung und der militärische Grundsatz der Einheit der Führung waren gewiss nicht die Stärken der Republik. De Witt verstand es jedoch, einzelne Interessen auszugleichen, die Admiralitäten in die Entscheidungen mit 40 Dazu nochmals präzise Lademacher, Niederlande, 75–95. 169

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einzubeziehen und mit den Provinzen durchwegs einen Konsens in der Flottenpolitik zu finden. Zu den föderalen Problemen fand sich auch der große Gegensatz der niederländischen Gesellschaft zwischen Prinzund Staatsgesinnten in der Flotte wieder. So waren zum Beispiel die Tromps, an deren Loyalität zu den Generalstaaten immer wieder stark gezweifelt wurde, und der erfahrene Admiral Johan Evertsen deklarierte Anhänger des Hauses Oranien. Mit dem Tod Maerten Tromps in der Seeschlacht vor Scheveningen, so konstatierte der amerikanische Historiker Steven Pincus,41 erlitt die Oranier-Partei und ihre Kriegspolitik einen enormen Rückschlag. Die Folge davon war, dass sich die Friedenspartei, die Regenten rund um de Witt, langsam, aber sicher durchsetzen konnte. Cornelis Tromp, Sohn von Maerten, ohne Zweifel ein tapferer Offizier, für de Witt allerdings das personifizierte Böse unter den Oraniern, dürfte bei der Ermordung der beiden de-WittBrüder in Den Haag 1672 tatsächlich eine prominente Rolle gespielt haben.42 Das Raubein Witte de With, Kapitän unter dem legendären Piet Hein und wie der alte Tromp Veteran der Schlacht bei den Downs (1639), war hingegen – obwohl wenig beliebt bei Vorgesetzten und Mannschaften – ein deklarierter Anhänger der Regentenpartei und als solcher für die Generalstaaten vertrauenswürdig. Der aus altem Adel stammende Kavallerieoffizier Jacob van Wassenaer, Herr von Obdam, galt zu der Zeit der „Wahren Freiheit“ als politisch loyal, war aber fachlich als Oberbefehlshaber der Flotte ein Fehlgriff. Dennoch gelang unter dem Nachfolger Maerten Tromps eine Republikanisierung der Flotte, die er als verlängerter Arm des Ratspensionärs durchsetzen konnte. Mit dem Seeländer Michiel Adriaenszoon de Ruyter fand de Witt schließlich eine kongeniale und fachlich äußerst kompetente Integrationsfigur für die Flotte. De Witt und de Ruyter wurden die gro41 Pincus, Protestantism and Patriotism, 153f. 42 Rowen, Johan de Witt, 875, 879 und 881; Prud’Homme van Reine, Schittering en schandaal, 294–308, sieht Tromp als Organisator des Verbrechens; zurückhaltender Panhuysen, De Ware Vrijheid, 457; Bruijn, The Dutch Navy, 122. 170

Kapazitäten

ßen Reformer der niederländischen Kriegsmarine. Der Ratspensionär setzte die politischen Beschlüsse durch und sorgte für die Finanzierung (auch wenn diese nie zufriedenstellend gesichert werden konnte), der Vlootvoogd der Republik kümmerte sich um die operative und taktische Ausbildung der Flaggoffiziere und um den Ausbau der Flotte. Dabei konnten sie immer auf die Unterstützung der Stadt Amsterdam zählen. Die für die Ausnutzung des Heimvorteils so wichtigen Hafeneinfahrten (außer der Scheldeeinfahrt waren alle anderen nicht leicht zu befahren) und die Infrastruktur der Flotte wurden verbessert und ausgebaut. Die Verbände wurden organisatorisch in eine Kampfund eine Begleiteinheit zum Schutz der Handelsmarine und der Ostindienfahrer eingeteilt. War Admiral Tromp im ersten Krieg noch zerrissen zwischen den Aufgaben des Schutzes von Handelsschiffen, dem Begleitschutz, und der Offensive gegen die englische Kriegsflotte, so sollte sich de Ruyter auf die reinen Kampfaufträge konzentrieren können. Damit gewann die niederländische Flotte im zweiten Krieg enormen strategischen Spielraum. Neben einer Neuorganisierung der Flotte ließen die Generalstaaten zwischen 1664 und 1667 weitere 60 Linienschiffe in Auftrag geben, die nun größer gebaut und mit bis zu 80  Geschützen pro Schiff, wie das Flaggschiff de Ruyters De Zeven Provinciën (1665 mit einer Verdrängung von 1600 Tonnen vom Stapel gelassen), ausgestattet wurden. Mit diesen nachhaltigen Reformen kam das militärische Selbstbewusstsein der Niederlande zurück, sodass der Dienst in der Marine wieder an Popularität gewann. Die Kriegsmarine der Republik der Vereinigten Niederlande wurde so gegenüber dem Königreich England konkurrenzfähig. Nach dem Krieg interessierten sich die Engländer auch wieder brennend für die niederländische Schiffsbautechnik. Samuel Pepys, hoher Beamter im Flottenamt, stellte eine Liste mit 55 sehr detaillierten Fragen zu Schiffsbau, Technik, Material, Materiallagerung und Materialbehandlung, Preisen, Handwerkern und zum Umfeld der niederländischen Logistik und Organisation zusammen, die für das Navy Board von englischen Agen171

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ten in Holland beantwortet werden sollten. Vom Nagel bis hin zur Organisation der Werften – die Engländer wollten durch umsichtige Spionage wieder niederländisches Know-how anzapfen.43 Wie sah es überhaupt mit den Schiffskapazitäten während der Kriege aus? Die Kriegsschiffe vom Typus der schweren Linienschiffe und der leichteren Fregatten wurden in Klassen eingeteilt, wobei die 1. Klasse Schiffe von 900 bis 1 550 Tonnen umfasste und 64 bis 104 Geschütze aufweisen konnte, die 2.  Klasse von 720 bis 875  Tonnen mit 54 bis 66 Geschützen ging, die 3. Klasse von 530 bis 800 Tonnen mit 44 bis 60 Geschützen und die 4. Klasse von 300 bis 700 Tonnen mit 28 bis 50 Geschützen, wie eine Einteilung aus dem Jahre 1653 zeigt.44 Schiffe aus der Handelsmarine, die für die modernen Seegefechte unzulänglich waren, wurden von den Engländern kaum noch in die Flotte integriert.45 Der Vergleich mit den Niederlanden nach der Tonnage sieht folgendermaßen aus: Die Gesamttonnage der englischen Kriegsschiffe betrug um 1650 49 000 Tonnen, jene der Niederländer 29 000 Tonnen, um 1665 waren es 102 000 zu 81 000 Tonnen und 1670 84 000 zu 102 000 Tonnen. Im Jahr 1650 hatte die englische Navy 32 Kriegsschiffe mit über 700  Tonnen, die niederländische Marine nur zwei, 1665 waren es 69 englische Kriegsschiffe über 700  Tonnen und 70 niederländische, im Jahr 1670 stand es 60 zu 88 – die Verhältnisse hatten sich im Laufe der Zeit durch das umfassende Flottenbauprogramm der Generalstaaten nach dem zweiten Krieg umgekehrt, wenn auch nur kurzfristig.46 Den Engländern standen im Laufe des ersten Krieges nicht nur die größeren, stabileren, besser segelnden und manövrierfähigeren Kriegsschiffe zur Verfügung, sie hatten auch die waffentechnisch effizienteren 43 Vgl. Queerys to bee answered touching the navy of the United Provinces, in: Colenbrander 2, Nr. 3, 2–7. 44 Die Einteilung der Geschütze und Tonnage bei Rittmeyer, Seekriege und Seekriegswesen 1, 176. 45 Wilson, Profit and Power, 64. 46 Vgl. dazu die Tabellen bei Hattendorf, Navies, Strategy and Tactics. 172

Kapazitäten

Segler.47 So konnte das Commonwealth höherklassige, also schwerere Schiffe mit höheren Kalibern aufbieten. Die Worte des weitgereisten holländischen Ratspensionärs Adriaen Pauw sollten sich bewahrheiten: De Engelsche gaen tegens een gouden Berg aen; de onse ter contrarie tegen een Ysere.48

Die reichen Niederländer, die in dieser Situation nur verlieren konnten, stießen auf den Meeren tatsächlich auf „einen Berg“ aus Eisen und Bronze. In der Schlacht von Gabbard (Northforeland), am 2./12. Juni 1653, bestand die englische Flotte aus ca. 100  Schiffen, die niederländischen Streitkräfte aus fast ebenso vielen; aber entscheidend war, dass die Engländer 12 Schiffe von 50 bis 88 Kanonen und 25 Schiffe von 40 bis 46 Kanonen zur Verfügung hatten, währenddessen die Niederländer hingegen nur ein Schiff zu 56 Kanonen und 14 Schiffe zu 40 bis 46 Kanonen aufbieten konnten. Die Inselflotte war somit nicht nur im Besitz einer wesentlich höheren Anzahl von Geschützen, sondern sie hatte zudem noch die größeren Kaliber mit an Bord. Die englische Flottenführung setzte vor allem auf 18- bis 24-Pfünder in der Standardarmierung, es waren jedoch auch 32- und 42-Pfünder auf den schweren Schiffen.49 Zudem galten die englischen Geschützbedienungen als disziplinierter und besser ausgebildet. Allerdings waren die ganz schweren Geschütze (42- und 32-Pfünder) nicht immer von Vorteil. Da sie aufgrund der Gewichtsverteilung im untersten Deck knapp oberhalb der Wasserlinie aufgestellt werden mussten, waren sie bei stärkerem Seegang nicht einsetzbar. Ebenso wie die Speigatten mussten im Gefecht die untersten 47 Zum Verhältnis der beiden Kriegsflotten vgl. Rittmeyer, Seekriege und Seekriegswesen 1, 192–198. Zur Seekriegführung allgemein vgl. den Klassiker von Mahan, The influence of sea power upon history 1660–1783. 48 Aitzema, Saken von Staet en Oorlogh III, 721. 49 Vgl. dazu Jones, Anglo-Dutch Wars, 41, und weiters zur Schiffsartillerie ­Sephton, Sovereign of the seas, 98–117, und Glete, Navies and Nations, 24–31. 173

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Geschützöffnungen geschlossen werden. Abgesehen davon, brauchte man für die Geschützmunition und das dazugehörige Pulver enorm viel Stauraum auf Kosten der Proviantlagerung.50 Dabei war der oftmals zu kleine Lagerraum für Proviant freilich eine eklatante Schwachstelle der Flotten. Mehrmals mussten die Engländer aufgrund von Versorgungsengpässen Operationen zur See abbrechen. Die englische Schiffsartillerie blieb bis zum dritten Seekrieg führend in der Feuerkraft; vor allem in der Anzahl der schweren Kaliber, wenngleich die Flotte der Republik ihre Bestückung sowohl hinsichtlich der Kaliber (32‑, 24- und 18-Pfünder) als auch hinsichtlich der Anzahl beträchtlich erhöhte. Die Leistungsfähigkeit der Schiffsgeschütze ging nicht über nahe Distanzen hinaus, die Kampfentfernungen spielten sich innerhalb von 50 bis 200  Yards (ca. 46 bis 183  m) ab, wie Schilderungen aus der Viertagesschlacht belegen.51 Die an Bord mitgeführten Marineinfanteristen wurden mit der veränderten Taktik der Kiellinie als Scharfschützen oder bei Landungsunternehmen auf feindliches Territorium eingesetzt.52 In der technischen Entwicklung des Schiffsbaus ist im Allgemeinen aufgrund der geringen Anzahl der versenkten Schiffe im dritten Seekrieg die Tendenz abzulesen, dass die Entwicklung der Artillerie mit der Entwicklung im Schiffsbau nicht mithalten konnte.53 So wurden in den Schlachten des Jahres 1673 fast keine Fregatten und Linienschiffe zerstört und versenkt, nur einige schwer beschädigt – die Schiffsartilleristen konzentrierten sich so auf die Takelage, modern gesprochen auf das Rigg, wie auch auf die feindlichen Schiffsbesatzungen. Wenn Schiffe untergingen, dann aufgrund von Brandangriffen oder auch, weil sie auf Grund liefen. Es war also den Artilleristen offenbar nicht möglich, die baulich mit qualitativ gutem Holz verstärkten und handwerklich sehr gut verarbeiteten Kriegsschiffe auf den Grund des 50 Dazu Jones, Anglo-Dutch Wars, 53. 51 Zu dieser und der nachfolgenden Schlacht vgl. Taylor, The Four Days Fight, 287. 52 Dazu kurz Bean, Marines, 549f. 53 Vgl. dazu Rittmeyer, Seekriege und Seekriegswesen 1, 354. 174

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Meeres zu schießen. Bestimmt spielte dabei die fortgeschrittene Taktik eine Rolle. Viel mehr aber war Gewicht und Geschwindigkeit des Geschosses für die Effizienz des Schusses ausschlaggebend. Schwere Kaliber mit hoher Geschwindigkeit konnten natürlich nur mit großen Pulverladungen verschossen werden. Das wiederum stellte die Schiffsartillerie vor große Probleme. Aufgrund der sehr beschränkten Rückstoßmöglichkeit an Bord konnte man Schiffsgeschütze nicht mit der gleichen Pulverladung versehen wie die Feldartillerie, was natürlich eine wesentlich geringere kinetische Energie des Schusses mit sich brachte.54 Zudem brauchte man für einen hohen Ladequotienten auch dickere und damit schwerere Geschütze. Die Abstimmung zwischen Artillerie und Rumpf war dabei die große Herausforderung für die Schiffsbauer. Die Decks mussten so konstruiert werden, dass sie dem Rückstoß einer Vielzahl von Geschützen (der absorbiert werden musste) und auch dem Beschuss durch feindliche Artillerie standhalten konnten. Zudem musste bei der Geschützanordnung respektive bei der Gewichtsverteilung auch die Segelfähigkeit des Schiffes bedacht werden. War in der niederländischen Flotte die Gegnerschaft zwischen Anhängern der Republik und denen des Hauses Oranien präsent, so konnte sich die englische Marine – trotz Bemühungen der Stuarts, einen Ausgleich zu finden – vom Bürgerkriegstrauma nicht so schnell lösen. Die sogenannten Fraktionen der „Gentlemen and Tarpaulins“ standen für diesen Zwiespalt Englands.55 Fachlich wurde mit diesen Schlagwörtern suggeriert, dass Mitglieder des hohen und niederen Adels, die Gentlemen, die natürlich von den Stuarts in ihrem Protektionssystem bedient werden mussten, zu den hohen Posten in der Flotte kamen, obwohl sie 54 Für diesen Hinweis bin ich Dr. Christian Ortner, Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums Wien, dankbar; zur Schiffsartillerie vgl. zusammenfassend Glete, Navies and Nations, 24–40, bes. 29 und 35. 55 Zu dieser Problematik vgl. Davies, Gentlemen and Tarpaulins; und kurz dazu ders., Pepys’s Navy, 94–97; zusammenfassend und differenziert Rodger, Command of the Ocean, 112–118; Jones, Anglo-Dutch Wars, 54–56. 175

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unerfahren oder auch unfähig waren, und dass erfahrene Seemänner aus den nicht adeligen Schichten, die sogenannten Tarpaulins, kaum noch Chancen zum Aufstieg hatten. Politisch wurde die Frage noch Generationen nach dem Interregnum instrumentalisiert. Die Tarpaulins repräsentierten aus dieser Perspektive das Commonwealth und Protektorat Cromwells, die jungen, unerfahrenen, in der Restauration sehr schnell aufsteigenden, zum Teil überheblich agierenden adeligen Seeoffiziere repräsentierten die wieder etablierte (auch korrupte und dekadente) Stuart-Monarchie. Die Thematisierung dieses scheinbaren Gegensatzes war also auch mit einer politischen Systemfrage verbunden. Die jüngere historische Forschung betrachtet die Thematik der sozialen Herkunft des Führungskaders und der vermeintlich damit einhergehenden Probleme in der Navy wesentlich differenzierter. Schon aufgrund der Größe der Flotte konnten und wollten die Stuarts nicht auf die fähigen Offiziere der Cromwell-Zeit, die ja zu einem gewissen Teil auch aus dem Adel stammten, verzichten. Personen aus den nicht adeligen Schichten konnten unter Charles sehr wohl eine Karriere in der Flotte machen. Freilich wurden gerade zu Beginn der Restauration viele junge Adelige in Führungspositionen aufgenommen, von denen sich allerdings nicht wenige bewährten. Mit Rupert von der Pfalz und seinen ehemaligen Kameraden stand der Flotte zudem ein Pool an royalistischen Seeleuten mit sehr viel Erfahrung aus dem konterrevolutionären Seekrieg zur Verfügung. Konflikte zwischen verschiedenen Repräsentanten in der Flotte, von denen es freilich genug gab, waren bei näherer Betrachtung oft weit mehr persönlicher als politischer oder sozialer Natur, wenn es sich nicht überhaupt um einen Generationenkonflikt zwischen den jungen, aufstrebenden Cavaliers und der erfahrenen ehemaligen CommonwealthFraktion handelte. Allgemein gesehen schafften es die Stuarts, einen tragfähigen Ausgleich der einstigen Gegner des Bürgerkriegs herzustellen. Ein Beispiel auf höchster Ebene war das an sich gut funktionierende operative Führungsduo des zweiten Kriegs Rupert von der Pfalz und George Monck. 176

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Als strategisch und organisatorisch Gesamtverantwortlichen der Flotte und der Flotteninfrastruktur (Häfen, Küstenbefestigungen, Werften) führte die Monarchie wiederum die Funktion des Lord High Admirals ein. Bis 1673 bekleidet James, Duke of York,56 dieses Amt. Der Duke of York musste die Entscheidungen dabei freilich mit seinem Bruder abstimmen, der ebenso wie James durchwegs gute Kenntnisse über Marineangelegenheiten und Seekriegführung besaß. Die Administration übernahm das sogenannte Navy Board, das aus einem Schatzmeister, einem Controller, einem Flotteninspektor und einem Clerk of the Acts (Sekretär im Flottenamt) bestand.57 Das letztgenannte Amt bekleidete der bekannte Tagebuchschreiber Samuel Pepys, der uns in seinem umfangreichen Werk neben äußerst interessanten autobiografischen Einblicken wertvolle Informationen zum Zustand der Navy und zu Entscheidungsfindungen in der englischen Flottenpolitik hinterlassen hat. Das Navy Board war verantwortlich für den Schiffsbau, die Ausrüstung und die Logistik der Flotte. Somit wurde in der Zeit des Interregnums und der nachfolgenden Stuarts die Royal Navy nicht nur hinsichtlich ihrer Schiffe, sondern auch hinsichtlich Administration, Ausrüstung, Infrastruktur (Hafenanlagen und Werften) und Ausbildung professionalisiert. Neben den Niederlanden und England gesellte sich Frankreich zu den aufstrebenden Seemächten. Die kontinentale Macht interessierte sich nach der Beilegung der internen Schwierigkeiten (Aufstände der Fronde) ebenso für den Ausbau der maritimen Kapazitäten: Wurde schon unter Kardinal Richelieu eine ansehnliche Kriegsmarine aufgebaut und zu Zeiten seines Nachfolgers Jules Mazarin vernachlässigt, so kam es unter Colbert zu tief greifenden Reformen.58 Zwischen 1665 und 1670 ließ der Flottenminister unter Einsatz großer Geldmittel 56 Zu James als Lord High Admiral vgl. Lambert, Admirals, 89–110. 57 Zur Flottenadministration der Restauration vgl. Rodger, Command of the Ocean, 95–111; und Davies, Pepys’s Navy, 25–32. 58 Vgl. dazu Glete, Navies and Nations, 187–206; Trout, Colbert, 135–158; sowie Dickie u. a., Geschichte der Seekriege, 120–125. 177

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65  Linienschiffe für die Kriegsmarine bauen. 1670 hatte die französische marine 75  Schiffe über 700  Tonnen im Dienst, die Engländer im Vergleich dazu 60 und die Niederländer 88.59 Beim Tod des multifunktionellen Colberts (zumindest eine Ursache seines Ablebens dürfte „Überarbeitung“ gewesen sein60) zählte die französische Kriegsmarine 112  Linienschiffe, 25  Fregatten, mehrere Brander und andere Schiffe, womit sie mehr Fahrzeuge als die englische Kriegsmarine im Stand hatte. Trotz seiner unglaublichen Bemühungen hatte selbst Frankreich große Probleme, die Schiffe zu bemannen und instand zu halten.

6.2.  S t r at e g i e u n d Ta k t i k Die Strategie61 der beiden Rivalen in den drei Seekriegen war maßgeblich von ihrer äußerst unterschiedlichen Haltung zum Krieg geprägt. Ohne Zweifel kam dabei England der offensive Part in allen drei Kriegen zu, und es spielte dabei auch keine Rolle, welches Regime gerade in London an der Macht war. Man muss Oliver Cromwell nicht gleich in der Diktion des 20. Jahrhunderts den „Griff nach der Weltherrschaft“ unterstellen, wie dies bereits geschehen ist.62 Einen großen Kuchen vom spanischen Imperium wollte er allemal; und die Stuart-Könige spielten ebenso mit dem Gedanken einer maritimen Hegemonialstellung sowohl ökonomischer als auch militärischer Natur. Die Grundkonstanten der außen- und handelspolitischen Orientierung lassen sich an zwei gelehrten Schriften festmachen. Mitte des 59 Vgl. dazu Hattendorf, Navies, Strategy and Tactics, Tabelle 2. 60 Vgl. dazu Trout, Colbert, 211, und Malettke, Colbert, 111. 61 Allgemein zur Strategie jener Zeit vgl. Mahan, Influence, 90–155; Davies, Pepys’s Navy, 223–229; Rodger, Command of the Ocean, 1–19, 63–79 und 80–94; eine sehr gute Zusammenfassung zur Strategie und Taktik von Hattendorf, Navies, Strategy and Tactics, 96–118. 62 Vgl. Junge, Flottenpolitik, 258. 178

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17. Jahrhunderts standen sich in den englisch-niederländischen Beziehungen zwei Konzeptionen diametral entgegen. Das vom niederländischen Juristen Hugo Grotius verfochtene Prinzip des Mare liberum (1609)63 forderte die von Charles I. angeregte Gegenschrift John Seldens Mare clausum seu Dominium Maris (1635)64 heraus. Der englische Universalgelehrte Selden stellte sich damit gegen Grotius’ völkerrechtlich begründete Forderung auf die Freiheit der Meere.65 Dazu gehörte die Grußpflicht fremder Schiffe in englischen Gewässern, die vorsah, die Marssegel zu fieren und die Flagge zu streichen. Die Definition der „British Seas“ war dabei freilich keinen völkerrechtlichen Normen unterworfen, sie wurde recht willkürlich ausgelegt. Die Engländer erklärten weite Gebiete rund um die Insel zu ihren Hoheitsgewässern und forderten damit die auf dem Höhepunkt ihrer Macht stehenden Niederländer, die am Erhalt ihrer kommerziellen Vormachtstellung interessiert waren, heraus. Für den Völkerrechtler Grotius war das mare liberum ein wissenschaftlich seriös gemeintes Konzept, die Handelsnation der Niederlande erblickte darin mehr eine rechtlich elegante Argumentationshilfe zum Aufbrechen der atlantischen Monopolstellungen. Zudem hatte die sich liberal ausnehmende niederländische Haltung ihre Grenzen. So sehr es den niederländischen Verantwortlichen um eine offene Handelspolitik und freie Schifffahrt auf den europäischen und atlantischen Gewässern zu tun war, so sehr wollten sie in Südostasien nichts davon wissen. Der VOC ging es in erster Linie um die Ausschaltung der europäischen Konkurrenz. In Europa wiederum wollten die Engländer die Konkurrenz aus Holland und Seeland minimieren. Die Kontrolle des Kanals war das erste strategische Interesse Englands. Mit dem Ruin des Schiffsverkehrs sollte 63 Hugo Grotius, Mare Liberum, sive de jure quod Batavis competit ad Indicana Commercia, dissertatio. Leiden 1609; siehe dazu Boxer, Dutch Seaborne Empire, 84–112. 64 John Selden, Mare Clausum Seu Dominium Maris. London 1635. 65 Vgl. Boxer, Anglo-Dutch Wars, 3. 179

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die niederländische Wirtschaft empfindlich getroffen werden. So ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass der Staatsrat des Rump-Parliament während des ersten Krieges der Aufbringung von niederländischen Handelsschiffen aus dem Mittelmeer oder Fernost Priorität einräumte und nicht der Zerstörung der gegnerischen Kriegsflotte.66 Zu Beginn des Krieges waren die Admiräle Robert Blake und George Ayscue mehr mit der Jagd auf heimkehrende niederländische Handelsflotten und mit der Aufbringung der niederländischen Fischereiflotte in der Nordsee beschäftigt67 als mit der Kriegsmarine unter Maerten Tromp. Dass man den niederländischen Admiral Tromp, der die großen Handelsverbände zu eskortieren hatte, irgendwann stellen würde, war den CommonwealthAdmirälen ohnehin bewusst. Die Prisen, die erbeuteten Schiffe, wurden dabei sofort an englische Häfen überstellt. Auch der zweite Krieg wurde durch kommerzielle Rivalitäten eingeleitet. Als Hotspot stellte sich das Gebiet des Gambiadeltas heraus, als in den Jahren 1661 bis 1662 holländische Schiffe der Westindienkompanie Frachter der Royal Adventurers aufbrachten. Ein Weggefährte Ruperts von der Pfalz während des konterrevolutionären Seekriegs, Robert Holmes, wurde von James – wohlgemerkt in seiner Funktion als Gouverneur der Handelsgesellschaft, nicht als Lord High Admiral – beauftragt, die englische Handelsmacht im Gebiet von Gambia und Guinea wiederherzustellen. Er operierte mit seiner ihm eigenen unnachgiebigen Härte in den Gewässern Westafrikas äußerst erfolgreich. Die Niederländer entsandten daraufhin Admiral de Ruyter, um die eroberten niederländischen Forts zurückzugewinnen.68 De Ruyter machte sowohl an der westafrikanischen Küste als auch in der Karibik mit Schiffskaperungen reiche Beute. Als dies 66 Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 23. 67 Vgl. dazu die Instruktionen des Staatsrats an Blake, 10. Juni 1652, in: Gardiner, Letters and Papers 1, Nr. 156, 301f. 68 Zu den Aktionen von Holmes und de Ruyter vgl. Boxer, Anglo-Dutch Wars, 24; und ausführlich Ollard, Man of War, 83–119; Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland, 129–153. 180

Strategie und Taktik

in London bekannt wurde, sollte Rupert von der Pfalz de Ruyter mit starken Seeverbänden abfangen. Doch Rupert erkrankte.69 Während de Ruyter in Westafrika die niederländische Handelsdominanz wiederherstellte, nahm Major Richard Nicholls im Auftrag des Duke of York Neu Amsterdam. Neben der territorialen Besitznahme- oder Besitzwahrung von handelsstrategisch neuralgischen Punkten auf fremden Kontinenten stand der zweite Krieg im Zeichen von Überfällen auf die gegnerische Handelsschifffahrt. Noch vor der offiziellen Kriegserklärung gelang den Engländern ein Überraschungsangriff auf die niederländische SmyrnaFlotte, die von Kleinasien kam. Die Niederländer wiederum gingen in allen drei Kriegen gegen die Kohletransporter aus Newcastle, die entlang der Küste segelten, vor. London wurde mit Kohle beheizt (immerhin verbrauchte die Stadt im 17. Jahrhundert täglich 1 700  Tonnen), sodass ein Ausfall der Lieferungen oftmals unangenehme Folgen für die Hauptstadt hatte.70 Zur Strategie der Schwächung des gegnerischen Handels gehörte auch der semioffizielle Einsatz von Piraten.71 Seeräuberei im Ärmelkanal war natürlich nichts Neues. Der niederländische Transporthandel war schon seit Jahrzehnten beliebtes Ziel für englische und auch französische Freibeuter. So wuchsen gerade während des englischen Bürgerkrieges die Spannungen zwischen Parlament und Generalstaaten aufgrund der Kaperungen vornehmlich holländischer Handelsschiffe durch die englische Marine und noch viel mehr durch semioffizielle Freibeuter mit oder ohne Kaperbrief.72 Als besonders fetter Brocken galt in der Seeräuberei die heimkehrende Ostindienflotte der VOC. Wenn man die Durchsuchung und Ausbeutung der gegnerischen 69 Van Gogh an den Greffier, Chelsea, 8. und 12. Dezember 1664, PRO, SP 84/173. 70 Vgl. dazu Pincus, Protestantism and Patriotism, 175f. und 297; Wilson, Profit and Power, 63 und 74. 71 Dazu vgl. Rommelse, Second Anglo-Dutch War, 123–126; Israel, Dutch Primacy, 277–279 und 297–299, und ders., Emerging Empire, 437. 72 Groenveld, The English Civil Wars, 558–564. 181

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Handelsschiffe in Kriegszeiten legitimieren wollte, erklärte der findige Freibeuter den Zweck des gegnerischen Transports einfach zur Konterbande, zum Schleichhandel. Genau gegen diesen Schleichhandel, der zugunsten der royalistischen Partei in England sein konnte, ging das Commonwealth vehement vor. Die Prisen selbst fanden mannigfaltige Verwendung in der Navy oder auch für sonstige Zwecke (zum Beispiel als private Geschenke). Bei den von den Niederlanden stets aufs Neue eingeforderten Rückgaben der Prisen schalteten die Parlamentsverantwortlichen auf stur. Nach den Kriegen wurde daher der Regelung des Besitzstandes aufgebrachter Schiffe in den Friedensverträgen viel Aufmerksamkeit zuteil. Der englische König stellte im zweiten und dritten Krieg für „seine“ Freibeuter oftmals Kaperbriefe aus. Einen Teil des Gewinns kassierte er dann selbst. Allerdings erfüllten die tatsächlichen Einkünfte der Beutezüge die Erwartungen keineswegs. Weder im Kanal und in der Nordsee noch auf dem Kontinent konnte der Krieg den Krieg, wie es sich die Kriegsunternehmer ausgedacht hatten, ernähren. Was die Bauern im Dreißigjährigen Krieg nicht herzugeben vermochten, konnten auch die reich beladenen Handelsschiffe in den drei Seekriegen nicht befriedigen. Die Behörden bemühten sich daher, den Kaperkrieg in halbwegs geordnete und überschaubare Bahnen zu lenken, was freilich nicht immer gelang. Auf Kontributionen, auf außerordentliche Steuerabgaben zur Kriegsfinanzierung im Feindesland oder bei Neutralen, nach der zeitgenössischen Diktion „Brandschatzung“ genannt, also auf die Eintreibung des notwendigen Lebensunterhalts unter Gewaltandrohung oder Gewaltanwendung, konnte man freilich nicht zurückgreifen. Keine der beiden Parteien besetzte in den drei Seekriegen für mehr als einige Tage Feindesland. Das sympathische Moment des Seekrieges war ja, wenn man so will, der Umstand, dass die Zivilbevölkerung unmittelbar durch die Kriegsläufe kaum belästigt wurde. Besonders erfolgreich waren die Seeräuber der Insel vor dem ersten Krieg: 1651 kaperten die Engländer 140 Schiffe, alleine im Januar des 182

Strategie und Taktik

folgenden Jahres waren es schon 30 mehr.73 1 200 Handels- und Fischereischiffe sollen es nach Schätzungen der Regenten von Amsterdam am Ende des Krieges gewesen sein.74 Natürlich war auch den niederländischen Seefahrern die Kaperfahrt nicht fremd, ganz im Gegenteil: Ihr bevorzugtes Ziel im Achtzigjährigen Krieg war die spanische Silberflotte. Somit waren die Holländer und Seeländer bestens mit den Kapertaktiken der Piraterie vertraut. In den Seekriegen gegen England operierten die niederländischen Seeräuber von der Küste Seelands und während des zweiten Krieges von Dünkirchen, das nun wieder im französischen Besitz war, aus, oder sie suchten im Atlantik und südlich von Irland nach englischen Schiffen, die aus Amerika kamen. Alleine die Freibeuter unter den Admiralitäten Amsterdam und Seeland brachten 360 englische Schiffe im zweiten Krieg auf und konfiszierten zahlreiche englische Transportladungen auf neutralen Schiffen.75 Insgesamt fielen in der Periode des zweiten Krieges weit über 500 Schiffe in die Hände niederländischer Kaperfahrer.76 Im dritten Krieg schwärmte geradezu eine niederländische Armada von Freibeutern aus, um den Engländern im Kanal, im Atlantik, an den französischen und spanischen Küsten, im Mittelmeer, in der Karibik und entlang der Küste Nordamerikas massiven Schaden zuzufügen. Jonathan Israel schätzte die durch niederländische Freibeuter gekaperten französischen und englischen Schiffe auf die beträchtliche Zahl von über 700 Einheiten – wahrscheinlich waren es sogar mehr.77 Dabei konnten die Niederländer auf die freundliche Unterstützung Spaniens, das seine weltweiten Häfen und deren Infrastruktur zur Verfügung stellte, zurückgreifen. Der ökonomische Schaden durch die Kaperfahrten war in beiden Ländern auf alle Fälle beträcht73 Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 16. 74 Israel, Dutch Republic, 716. 75 Israel, Dutch Primacy, 278; ausführlich zum niederländischen Freibeuterwesen während der Kriege Bruijn, Dutch Privateering. 76 Israel, Dutch Republic, 773. 77 Israel, Dutch Primacy, 298f. 183

Militärische Rahmenbedingungen

lich, brachte zeitweise den Handel, aber auch die niederländische Nordseefischerei komplett zum Stillstand und bewirkte zudem eine massive Verunsicherung der Anlegerinnen und Anleger im Handel. Im dritten Krieg stand – aus strategischer Sicht – eindeutig die Machtpolitik im Vordergrund. Die Niederlande sollten mit militärischen Mitteln geschwächt und für die beiden tonangebenden Monarchen, Ludwig und Charles, gefügig gemacht werden. In diesem Krieg standen demnach rein militärstrategische Überlegungen an: Frankreich überrollte mit Landstreitkräften von Osten die einzelnen Provinzen, die Engländer sollten die niederländische Kriegsmarine ausschalten und ein marineinfanteristisches Landungsmanöver an der Küste einleiten – ein klassischer Zangenangriff war das Ziel des Bündnisses. Ludwig konnte sein operatives Vorhaben fast umsetzen, aber nur fast, die französische Armee blieb im Wasser stecken. Charles erreichte sein Ziel nicht, die niederländische Flotte unter ­de ­Ruyter blieb intakt. Militärstrategisch gesehen war der dritte Krieg somit für die alliierten Monarchen ein Fehlschlag. Die koordinierte Kampfführung war schlecht vorbereitet und wurde völlig unzureichend ausgeführt. Während die hohe Strategie keineswegs sehr subtil ausgelegt war, war die Zeit der Englisch-Niederländischen Kriege von großen taktischen Veränderungen in der Seekriegführung geprägt. Die Flotten waren oft bis zu 80 Schiffe stark und mussten an die neuen technischen Anforderungen angepasst werden. Beide Streitparteien bemühten sich daher in ihren Kriegsmarinen, die Formation der eng geschlossenen „Kiellinie beim Winde“ einzuführen. Damit sollte vor allem das Tumultgefecht, die ungeordnete Auflösung der Verbände in willkürliche Einzelkämpfe, vermieden werden. Die Kiellinienformation gab, um es vereinfacht darzustellen, eine parallele Kursführung zum feindlichen Flottenverband vor, wobei die eigenen Schiffe den Kurs des Führungsschiffes halten mussten. Damit konnten die Schiffsbatterien eine massierte Breitseitenwirkung78 auf längere Zeit erzielen. Die Formationen sollten nach 78 Vgl. dazu Rodger, The Development of Broadside Gunnery. 18 4

Strategie und Taktik

diesen taktischen Vorgaben besser führbar bleiben und aus allen Lagen heraus wieder in geordnete Formationen gebracht werden können.79 Nicht selten ist in der Literatur zu lesen, dass die Linientaktik das erste Mal vom niederländischen Admiral Tromp, der an sich das wuchtige Tumultgefecht und den massierten Einsatz der Kräfte80 durchaus schätzte, im Oktober 1639 in englischen Gewässern vor den Downs gegen die Spanier angewandt wurde. Eine Linienformation, wie wir sie aus dem zweiten und dritten Seekrieg kennen, war das allerdings nicht, bestenfalls eine Bug-an-Heck-Formation eines kleinen Verbandes, die Tromp im Nahkampf sofort auflöste.81 Die Niederländer setzten noch lange auf wuchtige Angriffe im Einzelgefecht aus der Luvstellung heraus und ebenso auf die Entertaktik: Nach einem kurzen, jedoch massiven Artilleriebeschuss unter Ausnutzung der günstigen Windlage wurde mit Seeleuten und Infanteristen das gegnerische Schiff geentert und im Kampf Mann gegen Mann niedergerungen.82 Die Umsetzung der neuen Taktik setzte ein hohes Maß an segeltechnischen Fähigkeiten und Disziplin voraus. Für den Oberbefehlshaber der Flotte hieß dies, dass er keinen geschlossenen Körper zur Verfügung hatte, sondern dass jedes Schiff, jeder Verband – üblicherweise drei, geführt vom Admiral, Vizeadmiral und Rear-Admiral – sich an das taktische Konzept des Flaggschiffes halten musste. Der Admiral musste dabei den Überblick wahren und beurteilen, ob dieses Konzept im ent79 Zu den militärischen Neuerungen vgl. Parker, Die militärische Revolution, 126– 129; mit illustrativen Abbildungen Davies, Pepys’s Navy, 248–252; Palmer, The ‘Military Revolution’ Afloat; Hattendorf, Navies, Strategy and Tactics, 96–118; sowie Rittmeyer, Seekriege und Seekriegswesen 1, 260–262 und 298–300; einen populärwissenschaftlichen Überblick zur Seekriegsgeschichte gibt Dickie u. a., Geschichte der Seekriege, hier 102–147. 80 Vgl. dazu z. B. eine Instruktion Tromps an seine Flotte, 30.  Juni 1652, in: ­Gardiner, Letters and Papers 1, Nr. 176, 321. 81 Vgl. dazu Weber, The Introduction of the Single Line Ahead as a Battle Formation by the Dutch, 5–7. 82 Dazu Bruijn, The Dutch Navy, 71. 185

Militärische Rahmenbedingungen

scheidenden Moment auch für die Flotte machbar war. Totales Chaos war nicht selten die Folge eines falschen taktischen Befehls. Ein allzu wagemutiger und unkoordinierter Angriff auf See konnte bei der neuen gefechtstechnischen Lage fatale Folgen haben. Admiral Rupert von der Pfalz, General der Kavallerie im englischen Bürgerkrieg, gefürchtet für seine Stoßattacken und seemännisch aus seinem antirevolutionären Kaperkrieg eher mit der Piratentaktik vertraut, musste sich an diese Lage erst anpassen: God damn me, I can answer but for one ship, and in that I will do my part; for it is not in that as in an army where a man can command everything.83

Ein allzu ungestümer Überraschungs- und Stoßangriff war auf die Seekampfführung nicht mehr anwendbar, da sich die massierte Breitseitenwirkung der Schiffsartillerie in der geordneten Kiellinienformation dem Mêlée, das heißt dem reinen, eher ungeordneten Schlachtengetümmel, als überlegen erwies. Darum galt es, einen Verband unter Ausnützung der vorteilhaften Windlage in die bestmögliche Formation zu bringen. Auf der englischen Seite engagierte sich vor allem der Bruder des Königs James, Lord High Admiral der Royal Navy, um eine Professionalisierung der Flotte. James war nicht nur um eine Neuorganisation der Kriegsmarine bemüht, er führte 1664, 1665 und 1666 auch neue gefechtstechnische Instruktionen ein. Die Gefechtsvorschriften des später gescheiterten Königs James II., vor allem seine Sailing and Fighting Instructions aus dem Jahr 1673,84 blieben über ein Jahrhundert bestimmend für die englische Flotte. Vertraut mit dem Erlass und Gebrauch von Dienstvorschriften der französischen Armee, in der er als exilierter Stuart-Spross gedient hatte, gab er die handbuchartigen Fighting Inst-

83 Dieses Zitat bei Tedder, The Navy of the Restoration, 105. 84 Lambert, Admirals, 109. 186

Strategie und Taktik

ructions für seine Admiräle heraus.85 Gerade in den Bereichen Führung, Disziplin und Taktik konnte der Stuart auf die Errungenschaften der Kriegsmarine Cromwells, die wiederum maßgeblich vom Flottenstrategen Sir Henry Vane (the Younger) und von den Generals-at-Sea Richard Deane, William Penn, George Monck und vor allem Robert Blake geprägt worden war, aufbauen. 1653 nahmen die Generäle zur See das erste Mal die Kiellinie beim Winde in Gefechtsvorschriften (For the Better Ordering of the Fleet in Sailing und For the Better Ordering of the Fleet in Fighting) auf.86 Allerdings ließen sich neue schriftliche Anleitungen fürs Gefecht nicht so schnell in die Praxis umsetzen. Die ohne Zweifel diszipliniert kämpfende New Model Navy des Rump-Parliament beherrschte diese Taktik deshalb auch nur ansatzweise. Der erfolgreichste Admiral des Parlaments, Robert Blake, war zudem ein Offizier, dem die Disziplin und die Kompromisslosigkeit in der Schlacht wichtiger waren als der taktische Feinschliff. Dennoch: Der Stuart erkannte den Wert der Neuerungen in der Flotte des Interregnums. Die modifizierten Gefechtsvorschriften des Lord High Admiral aus dem Jahr 1663 legen die line of battle mit den dazugehörigen Signalzeichen, die damals freilich sehr rudimentär ausgeprägt waren, und der Feuereröffnung in der Kampfführung fest. Die Signalzeichen zur befehlstaktischen Führung der Flotte und die Feuereröffnung (jener Zeitpunkt, ab wann die Schiffe das Feuer auf den Feind eröffnen durften) waren äußerst kritische Punkte der Seekriegführung, zumal die Flotte nicht selten über eine Länge von sieben bis acht Seemeilen aufgefädelt war. Die klügsten Befehle halfen nichts, wenn die Übermittlung derselben nicht funktionierte, und die besten Geschütze waren wertlos, wenn die Munition zu früh oder ineffizient verschossen wurde. Zumal ja auch die äußerst geringe Einsatzschussweite der Geschütze bedacht werden muss. Das 85 Lambert, Admirals, 89–95. 86 Lambert, Admirals, 59–61; sowie Palmer, The ‘Military Revolution’ Afloat, 133; ausführlich zu diesen taktischen Vorschriften, wenngleich auch in gewissen Bereichen überholt, Corbett, Fighting Instructions, 76–135. 187

Militärische Rahmenbedingungen

Gefecht war auf nahe Distanzen, auf 100 bis 200 Meter beschränkt, oft musste man die Schiffe gar auf einige Dutzend Meter an den Feind führen.87 War das Flaggschiff des Admirals oder des Verbandführers nicht mehr in der Lage, Flaggensignale zu geben, so konnte die ganze Taktik nicht mehr umgesetzt werden. Dementsprechend oft waren gerade die Schiffe der Admiräle heftigen Attacken des Gegners ausgesetzt. Nach der Viertagesschlacht folgten die Admiräle Rupert und Albemarle den Gefechtsvorschriften ihres Lord High Admirals und erließen selbst Fighting Instructions, in die man wichtige Erfahrungen aus der bitteren Niederlage einfließen ließ. Die erste Vorschrift befahl das Zusammenhalten des Verbandes. So hatte sich jedes Schiff an sein Flaggschiff zu halten, wobei der Zerstörung des Feindes oberste Priorität eingeräumt wurde. Zweitens mussten die Flaggensignale des Flaggschiffes – hier war der Admiral an Bord – weitergegeben werden. Bei einem bestimmten Flaggensignal musste der Feind sobald wie möglich ins Gefecht verwickelt werden. Die dritte Vorschrift legte den Flaggenwechsel fest, darunter versteht man das Wechseln des Kommandoschiffes bei Ausfall des eigentlichen Flaggschiffes.88 Unstimmig wiederum wurde die englische Kampfführung, als im dritten Krieg ein französischer Verband in die Flotte integriert werden musste. Dieser war zwar auf Zusammenarbeit mit dem englischen Admiral Rupert angewiesen, doch ließen sich die Franzosen – ob aus taktischem Unvermögen oder politisch motiviert, sei vorerst dahingestellt – nicht in die Gefechtsführung gegen die Niederländer einbinden. Die koordinierte Kampfführung mit Frankreich war nicht nur militärstrategisch fruchtlos, sondern auch seetaktisch. Eine weitere Maßnahme, die unter James in die Gefechtsvorschriften Eingang fand, jedoch schon lange in der Seekriegführung angewandt wurde, war die Verwendung von Brander. Brander waren Brandschiffe und als solche taktische Waffen, die mit leicht entzündbaren und explo87 Zur Bewaffnung der Linienschiffe vgl. Sephton, Sovereign of the seas, 98–117. 88 Dazu Rebitsch, Rupert von der Pfalz, 108, und Morrah, Rupert, 340f. 188

Strategie und Taktik

siven Materialien beladen waren. Meist nahm man natürlich die ältesten Schiffe her, um sie zu Brandschiffen umzurüsten. Die Mannschaft ließ den Brander an ein gegnerisches Schiff segeln oder treiben, um dieses nach Selbstentzündung ebenfalls in Brand zu setzen. Zuvor setzte sich die Mannschaft freilich schnellst möglich ab. Das Brandschiff war somit ein unverzichtbares Kampfmittel. Während die Niederländer Brandschiffe seit jeher in ihre Kriegführung mit einbezogen, forcierten James und seine Admiräle in den beiden Seekriegen den Einsatz der brennenden Schiffe auf die Gegner. Zu Aufklärungszwecken wurden kleinere Schiffe wie Yachten eingesetzt. Doch der Erfolg ließ oft zu wünschen übrig: Man wusste zum Teil über Tage und Wochen nicht, wo sich die gegnerische Flotte befand. Im Küstenbereich setzten sowohl Engländer als auch Niederländer Wachposten in regelmäßigen Abständen ein, denen ein Meldesystem zur Verfügung stand.89 Die Furcht vor einer Landungsaktion war auf beiden Seiten des Kanals sehr ausgeprägt. Auf der niederländischen Seite erwies sich vor allem Admiralleutnant Michiel Adriaenszoon de Ruyter90 als taktischer Meister. Dem niederländischen Seehelden gelang es in Zusammenarbeit mit dem Ratspensionär de Witt, der ebenso wie de Ruyter als Vordenker der modernen niederländischen Marine gelten darf, eine disziplinierte Kriegsmarine aufzustellen, die den neuen gefechtstechnischen Anforderungen voll gewachsen war, wie man vor allem im dritten Englisch-Niederländischen Seekrieg erkennen konnte. Besprochen und diskutiert wurden die Anwendungen der neuen taktischen Konzepte sehr wohl auf breiter Basis, sprich in Gremien, die aus Vertretern der Generalstaaten und der Admiralitäten in Beisein von de Witt und de Ruyter bestanden. Selbst der von 89 Wilson, Profit and Power, 67. 90 Zum seeländischen Admiral, einem der größten Seetaktiker des 17. Jahrhunderts, vgl. die Biografie von Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland; Boxer, De Ruyter; Boxer/Weber/Voss, De Ruyter en de Engelse Oorlogen in de Gouden Eeuw; Blok, The life of Admiral de Ruyter; Dert, Michiel Adriaenszoon de Ruyter. 189

Militärische Rahmenbedingungen

den Regenten ungeliebte Cornelis Tromp hatte keinen geringen Anteil an der Weiterentwicklung der niederländischen Taktik. De Ruyter war allerdings nicht der große Theoretiker, seine schriftlichen Beiträge in den Gefechtsvorschriften halten sich offenbar in Grenzen. Der Seeländer beherrschte aber die gängigen gefechtstechnischen Formationen der Seekriegführung perfekt und wandte diese in den verschiedenen Wind- und Seelagen oft unter Ausnutzung der von ihm bestens bekannten Untiefen und Sandbänken in den Heimgewässern gekonnt an. Er entwickelte die von den Engländern vorgeführte Linientaktik weiter.91 Den drei englischen Kampfverbänden stellte der Meister der Seekriegführung meist ebenso drei Verbände gegenüber. Da er allerdings an Schiffen oft unterlegen war – vor allem im dritten Krieg –, bekämpfte er zwei englische Verbände mit gleicher Kraft, und der dritte englische Verband wurde mit einem wesentlich kleineren niederländischen Kampfverband in Hinhaltetaktik zumindest beschäftigt. Er selbst konzentrierte sich vornehmlich auf die Flaggschiffe der Gegner.92 Weiters erkannte er ganz genau, dass man die Engländer bei schwerem Seegang angreifen musste, da sie nur bei ruhiger See ihr unterstes, mit schwerer Artillerie bestücktes Geschützdeck einsetzen konnten, während bei schwerem Seegang die unteren Luken geschlossen bleiben mussten. Diese taktische Anweisung de Ruyters an seine Kapitäne berichtete ein englischer Agent mit Namen Hildebrand zu Beginn des dritten Krieges aus Holland, als er dem Navy Board die Stärke der niederländischen Flotte mitteilte.93 Den Engländern war bekannt, dass die Holländer über ihre Schwächen Bescheid wussten. Mit seinem taktischen Geschick und seinem außergewöhnlichen seemännischen Fähigkeiten bestand der Admiral von Holland und Seeland selbst gegen 91 Vgl. dazu ausführlich Weber, The Introduction of the Single Line Ahead as a Battle Formation by the Dutch. 92 Vgl. dazu Bruijn, The Dutch Navy, 88f. 93 Hildebrand an Williamson, 12. Mai 1672, in: Colenbrander 2, Nr. 20, 92f. 190

Strategie und Taktik

weit überlegene Flotten und bewahrte die Niederlande im dritten Krieg vor einer englisch-französischen Seelandung. Wie aus fast allen Kriegen der Frühen Neuzeit bekannt, hatten auch Engländer und Niederländer mit finanziellen und logistischen Engpässen zu kämpfen. Vor allem die Seestreitmacht König Charles’ II., der freilich zur Einhebung von Steuern auf die Bewilligung des Parlaments angewiesen war, musste schwer unter dem Mangel finanzieller Mittel leiden. Rupert von der Pfalz und der Duke of Albemarle, die beiden Flottenkommandanten im Jahre 1666, beschwerten sich mehr als einmal über gravierende Mängel in der Versorgung der Flotte. Es fehlte nicht nur an Personal und Kampfmittel, sondern auch an der adäquaten Verpflegung während des Krieges.94 Von Rupert sind mehrere Eskapaden gegenüber den Logistikern der Navy bekannt. Selbst vom ansonsten so gelassenen Charles ist ein Wutausbruch im Committee for Foreign Affairs überliefert, als man ihm erklärte, dass Lebensmittel in der Flotte, die für mindestens acht Monate ausgelegt waren, unerklärlicherweise in einem Monat aufgebraucht worden waren.95 Unzulänglichkeiten dieser Art kamen nicht selten zum Unmut der Flottenverantwortlichen vor. Aber selbst die reichen Niederlande hatten Probleme. Admiral Tromp war vom Sommer 1652 bis über den Winter ins Jahr 1653 mit einer vollkommen unterversorgten und demoralisierten Flotte unterwegs. Es mangelte an Bier, Verpflegung und Munition, sodass seine Schiffe einen zum Teil völlig desolaten Eindruck hinterließen.96 Das Problem bei diesen Widrigkeiten war, dass die Militärstrategie an die fiskalischen Möglichkeiten des Staates sowie an das Funktionieren des Nachschubs und der Versorgung angepasst werden musste und nicht die Logistik auf die Strategie abgestimmt werden konnte. Das bekannte Phänomen in den frühneuzeitlichen Kriegen der „Diktatur der Logistik“ oder auch der sogenannten „stomach strategy“ lässt sich ebenfalls in der Seekriegführung des 17. Jahr94 Zu den Beschwerden der Admiräle während des zweiten Englisch-Niederländischen Seekriegs vgl. Rebitsch, Rupert von der Pfalz, 113–117. 95 Hutton, Charles II, 287. 96 Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 29. 191

Militärische Rahmenbedingungen

hunderts beobachten. Aufgrund der logistischen Mängel und Einschränkungen, so betonte der englische Militärhistoriker David Parrott für den Dreißigjährigen Krieg, waren die Oberbefehlshaber mehr Gefangene der Umstände als Herr der Lage.97 Wenngleich die Auflösungserscheinungen weder in der englischen noch in der niederländischen Flotte jene Dimensionen annahmen, die man im Dreißigjährigen Krieg wahrnehmen kann, so waren doch die fiskalischen Zwänge prägend für die Seekriege. Die aufgrund der technischen Ausstattung ohnehin teure und wegen der Eigenheiten der Seekriegführung nicht leicht zu versorgende Kriegsmarine hatte meist die beachtliche Stärke von über 20 000 Mann zur See zu verpflegen.98 Diese Anzahl an Seemännern und Soldaten entsprach immerhin der Stärke einer großen, selbstständig operierenden Feldarmee in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges. So hatte James bei der Schlacht von Lowestoft im Juni 1665, um nur einige Beispiele zu nennen, an die 80 Schiffe mit 21 000 Mann zur Verfügung. Die größten englischen Kriegsschiffe hatten eine Besatzung von über 700 Mann. In der Schlacht von Schooneveld im Jahre 1673 konnten die Engländer und Franzosen 76 große Kriegsschiffe mit über 24 000 Mann aufbieten, die quantitativ unterlegenen Niederländer hingegen nur 52 Kriegsschiffe mit über 14 700 Matrosen. Nur nebenbei sei hier erwähnt, dass die blutigen Schlachten eine große Anzahl von Kranken und Verwundeten mit sich brachten. Es mussten daher Wege gefunden werden, wie man mit einer großen Anzahl versorgungsbedürftiger Seeleute und Marinesoldaten umgehen konnte. Die englische Navy errichtete keine Hospitäler, sondern legte die Verantwortung der medizinischen Erstversorgung von Kranken und Verwundeten während der EnglischNiederländischen Seekriege in die Hände privater Anbieter in Küstenstädten. Privatpersonen, oft Witwen, Krankenpflegerinnen, auch Wirte (inns 97 So Parrott, Strategy and Tactics, 17; allgemein zur Thematik der Versorgung von Armeen vgl. Creveld, Supplying War; sehr instruktiv Höbelt, Vom militärischen saisonnier zum miles perpetuus. 98 Vgl. dazu die Angaben bei Rittmeyer, Seekriege und Seekriegswesen 1, 263, und Vonk, De „victorieuze“ Zeeslag, 108f. 192

Strategie und Taktik

und alehouses), unterstützt von Chirurgen, Medizinern und Drogisten, bauten so ein System der Verwundetenfürsorge auf, das vom Staat abgegolten werden sollte. Doch fehlte auch dazu oft das Geld, und die offiziellen Behörden konnten den krankenpflegerisch tätigen Unternehmern keine adäquate Bezahlung bieten. Das System geriet so oft genug ins Schwanken.99 Während man in Spanien um 1680 in Cádiz und Cartagena und in Frankreich etwas später in Toulon und Brest Marinehospitäler anlegte, blieb England noch für einige Jahrzehnte bei diesem System. Wegen des akuten Geldmangels zog man die englische Flotte im Winter 1666/67 sogar ein und legte sie im Frühjahr still,100 zumal man bereits in Friedensgespräche mit den Generalstaaten eingetreten war und außerdem glaubte, mit kleineren Verbänden den Handel des Gegners stören zu können. Diese Strategie erwies sich allerdings als katastrophaler Fehler, denn de Ruyter überfiel die englischen Docks und Festungsanlagen an der Themse wie auch am Medway und fügte der Seenation England einen immensen moralischen Schaden zu. Im dritten Krieg nutzte der erfahrene Admiral hingegen den Heimvorteil aus. De Ruyter gelang es, in den Küstengewässern vor Holland, Seeland und Friesland die logistischen Schwächen einer von den Versorgungsbasen entfernt operierenden Flotte sowie die genaue Kenntnis der eigenen Küste mit ihren Untiefen glänzend zum eigenen Vorteil zu wenden. Schließlich musste das für die damalige Zeit komplexe „System Schiff“ zur Versorgung, Instandsetzung und Überholung in eigene Flottenstützpunkte und Docks gebracht werden. Bei den Engländern waren das die Themse und der Medway, bei den Niederländern die zum Teil schwierig zu befahrenden Flüsse. Den Admirälen standen nie die vollen Kapazitäten der jeweiligen Seestreitmacht zur Verfügung.

99 Zur Kranken- und Verwundetenpflege in England während der Seekriege vgl. Neufeld, The Framework of Casualty Care. 100 Dazu Jones, Anglo-Dutch Wars, 56f. 193

7.  Di e K r i e g e

7.1.  De r e r s t e E ng l is c h-N i e de r l ä n di s c h e Se e k r i e g

N

och während in England und den Niederlanden die zweite Runde der Verhandlungen über ein bilaterales Abkommen der beiden Handelsmächte geführt wurde, kam es auf hoher See bereits zu den ersten Gefechten.1 Aufgrund der konterrevolutionären Seeaktivitäten der Royalisten, des Kriegsgütertransports für royalistische Gruppierungen und verstärkt durch die englische Navigationsakte ordnete das Rump-Parliament die Durchsuchung von fremden Schiffen in den küstennahen Gewässern Englands und auf hoher See an. Gerade den Niederländern, die ein großes Geschäft mit dem Kriegsgütertransport machten, stieß dieses Ansinnen der Engländer sauer auf. So beschloss man in Den Haag, eine starke Kriegsflotte, bestehend aus 150 Schiffen, zum Konvoischutz zwischen dem Øresund und Gibraltar einzurichten.2 Allerdings rechneten die Admiralitäten auch mit einer Invasion, also mit 1 Zu den Ereignissen des ersten Englisch-Niederländischen Seekriegs vgl. die Korrespondenzen in den sechs Bänden von Gardiner/Atkinson (Hrsg.), Letters and Papers; Boxer, Anglo-Dutch Wars, 4–19; Jones, Anglo-Dutch Wars, 107– 144; Capp, Cromwell’s Navy, 73–86; eine akribische Aufstellung der involvierten Kriegsschiffe in den einzelnen Schlachten auf der Homepage der Kentish Knock Company unter http://kentishknock.com (Zugriff: 12. Juni 2012); ausführlich zu den militärhistorischen Ereignissen Hainsworth/Churches, The AngloDutch Naval Wars, 23–87; Rodger, Command of the Ocean, 1–19. 2 Vgl. Resolution der Generalstaaten, 3. März 1652, und eine Instruktion zur Ausrüstung dieser Streitmacht, 8.  März 1652, in: Gardiner, Letters and Papers  1, Nr. 16, 85f. und Nr. 20, 89–96. 195

Die Kriege

einer klaren militärischen Aktion an der niederländischen Küste, wie eine Denkschrift vom März 1652 zeigt. Die Lage deutete eindeutig auf Krieg hin. Die große Flotte sollte somit nicht nur für die Aufrechterhaltung der Schifffahrt und des Handels zuständig sein, sondern auch für den eigenen Küsten- und Hafenschutz.3 In dieser schon seit Längerem angespannten Lage trafen im Mai 1652 die Flotten von Tromp und Blake bei den Downs aufeinander. Tromp war, obgleich Admiral der Generalstaaten, ein überzeugter Anhänger des Hauses Oranien (und daher selbst seinen Regenten im Haag suspekt), damit ein deklarierter Freund der Stuarts (er war 1642 von Charles I. zum Ritter geschlagen worden4) und ideologischer Feind der englischen Republik. Der englische General Blake erwartete sich zumindest ein Streichen der Flagge des niederländischen Verbandes. Doch der Haudegen zur See Tromp leistete der Republik der Königsmörder, wie er es sah, keine wie in den diversen bilateralen Vereinbarungen festgelegte Ehrenbezeugung. Wer auch immer in dieser brisanten Situation zuerst das Feuer eröffnet haben mag, dem Streichen der Flagge auf dem Topmast wurde eine enorme symbolische Bedeutung beigemessen. Es kam schließlich zu einem zweistündigen Gefecht bei Dover, der Krieg zur See war inoffiziell eröffnet.5 Es folgten emotionale Debatten in Den Haag und noch ein letzter Versuch des Ausgleichs durch den Ratspensionär Pauw im Juni – wie bereits erwähnt, scheiterte seine Mission in London. So setzten sich in den Generalstaaten nun ebenfalls die Kriegsbefürworter durch.6 In der Kriegserklärung des englischen Parlaments vom 31. Juli 1652 wurde den Niederländern vorgeworfen, undankbar und anmaßend zu sein. Die Generalstaaten be3 Denkschrift der Admiralitäten, März 1652, in: Gardiner, Letters and Papers 1, Nr. 24, 100–102. 4 Boxer, Anglo-Dutch Wars, 5. 5 Zu dieser Begegnung bei Dover, deren Verlauf in der Forschung umstritten ist, vgl. den Kommentar und die Korrespondenzen in Gardiner, Letters and Papers 1, 170–298. 6 Vgl. dazu Rowen, John de Witt, 69f. 19 6

Der erste Englisch-Niederländische Seekrieg

schwerten sich in ihrer Antwort über die Navigationsakte, verwarfen die englischen Souveränitätsansprüche auf See und warfen dem Parlament vor, über alle Maßen erfolgstrunken zu sein. Ohne Zweifel fühlte sich die Seemacht der Niederlande vom Aufsteiger England schwer insultiert. Auch wenn so mancher Besorgnis über die kommende Konfrontation äußerte, wähnte man sich in den Niederlanden immer noch als die Seemacht Nummer 1; man hatte – zumindest von der Quantität her – eine scheinbar überlegene Flotte und mit Maerten Tromp, Witte de With und Jan Eversten äußerst erfahrene Admiräle. Schon vor der offiziellen Kriegserklärung griffen die Engländer die niederländischen Handels- und Fischereiflotten im Kanal und in der Nordsee an, wobei eine große Anzahl an Handelsschiffen in die Hände des Rump fiel. Alleine in der ersten Hälfte des Jahres 1652 waren es über 100 niederländische Schiffe.7 Die Kriegsmarine der Staaten war mehr denn je mit Konvoischutz beschäftigt. Nicht zu Unrecht, denn Blake hatte vorerst den Auftrag, die im Sommer auf der Nordroute (über Schottland) heimkehrende Ostindienflotte der VOC zu suchen und dabei auch die Heringfischerei in der Nordsee und die baltische Flotte der Niederländer anzugreifen.8 Dabei sollten freilich so viele Prisen wie möglich in die eigenen Häfen eingebracht werden. Die Ostindienflotte entging dem englischen Admiral allerdings. Zu Recht aber machte sich die englische Marineführung auch Sorge um die eigene Handelsflotte. Blake sollte Teile der Kriegsmarine abstellen, um die verschiedenen Handelsschiffe in der Ostsee zu sammeln und sicher nach Hause zu eskortieren.9 Der Krieg war in der Anfangsphase ein Krieg gegen die Handelsmarine, eine Entscheidungsschlacht wurde von beiden Seiten noch nicht gesucht. Doch das sollte sich rasch ändern. Die für die Nie7 Vgl. Jones, The Anglo-Dutch Wars, 112f. 8 Instruktionen des Staatsrats an Blake, 10. Juni 1652, in: Gardiner, Letters and Papers 1, Nr. 156, 301f., und Boxer, Anglo-Dutch Wars, 7. 9 Befehl des Staatsrates, 14.  Juni 1652, in: Instruktionen des Staatsrats an Blake, 10. Juni 1652, in: Gardiner, Letters and Papers 1, Nr. 165, 311f. 197

Die Kriege

derlande gefährlichen Operationen Blakes in der Nordsee riefen Tromp auf den Plan, der ebenfalls in die Nordroute einschwenkte. Tromp bekam den Angriffsbefehl der Generalstaaten auf die englische Flotte am 3. Juli zugestellt.10 Ein weiteres Zusammentreffen der beiden Rivalen bei den Shetlands im Juli wurde nur durch einen fürchterlichen Sturm verhindert, der beide Flotten zerschlug und die niederländische arg in Mitleidenschaft zog. Tromp musste die Reste seiner Kriegsschiffe mühsam zusammenführen. Im Kanal bei Plymouth duellierten sich derweilen de Ruyter und Ayscue mit kleineren Flottenverbänden.11 Der kommende Star der Niederländer de Ruyter, der Konvoischutz für die durch den Kanal segelnden Handelsschiffe leisten und den Kanal räumen musste, hatte 30 Schiffe unter seinem Kommando, sein englischer Kontrahent immerhin über 40. Das Gefecht vom 16./26. August brachte für beide Seiten keine größeren militärischen Vorteile, allerdings gelang es dem Seeländer die Handelsflotte in die heimischen Häfen zu geleiten. Laut eigenen Angaben verlor Commodore de Ruyter 50 bis 60 Mann an Toten und 40 bis 50 Mann an Verwundeten.12 Verglichen mit den kommenden Seeschlachten hielten sich die Verluste hier noch in Grenzen. Ayscue zog sich in den Hafen von Plymouth zurück und blieb dort einige Wochen lang. De Ruyter kontrollierte damit zumindest im Sommer 1652 die Schifffahrtsroute zwischen England und dem Kontinent. Er hatte dabei immer ein Auge auf Ayscues Flotte gerichtet, den er nur zu gerne – solange Blake in der Nordsee war – überfallen hätte. Von einer niederländischen Überlegenheit konnte jedoch im Laufe der Zeit keine Rede mehr sein. Der Commodore war weder mit der Versorgung 10 Vgl. Tromp an die Generalstaaten, 12. Juli 1652, und Generalstaaten an Tromp, 14. Juli 1652 in: Gardiner, Letters and Papers 1, Nr. 194, 338f. und Nr. 200, 345f. 11 Vgl. dazu Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland, 61–63, und im Detail die Korrespondenzen in Gardiner, Letters and Papers 2, 1–216. 12 De Ruyter an die Admiralität von Seeland, 8.  September 1652, in: Gardiner, Letters and Papers 2, Nr. 381, 143. 198

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noch mit dem Zustand seiner Flotte zufrieden, wie er die Generalstaaten Anfang Oktober wissen ließ. Es fehlte vor allem an Bier und Wasser, und zudem fürchtete er, bald von den beiden englischen Flotten aus Westen und Osten angegriffen zu werden.13 Vizeadmiral Witte de With, ein erfahrener Seeoffizier und ehemaliger Kapitän des Admiralsschiffes von Piet Hein, beschwerte sich indessen schonungslos bei den Generalstaaten über ausbleibende Soldzahlungen für die Matrosen und über die enormen Gehaltsunterschiede zwischen Kriegsmarine und Handelsflotte, die zu einer starken Unzufriedenheit unter den Seeleuten geführt hätten.14 Und auch mit den ihm unterstellten Segelschiffen, die offenbar viel zu langsam für militärische Aktionen waren, war er nicht zufrieden. So waren die Meldungen des Vizeadmirals an die Generalstaaten ein einziger Beschwerdekatalog über Missstände in den eigenen Reihen und Aufforderungen zur schnellen Behebung derselben. Schon zu Beginn des Krieges gab es also genügend Konfliktpotenzial in der niederländischen Flotte. Die erste große Schlacht des Krieges fand Ende September/Anfang Oktober bei Kentish Knock statt. Die niederländischen Flotten hatten sich am 2. Oktober bei Nieuwpoort vereinigt15 und standen unter der Führung Witte de Withs, da der im Haag ungeliebte Tromp aufgrund seiner zu offensiv ausgelegten Befehlsausführung während der englisch-niederländischen Verhandlungsphase und aufgrund des Desasters bei den Shetlands vorübergehend suspendiert worden war. Diese Maßnahme fand jedoch wenig Gefallen in der Flotte. So verweigerte die Crew des ehemaligen Flaggschiffs von Tromp, die Brederode, dem neuen Admiral das Betreten des Schiffs. Wütend wich de With auf die 13 De Ruyter an die Generalstaaten, 3. Oktober 1652, in: Gardiner, Letters and Papers 2, Nr. 417, 185–187. 14 Vgl. z. B. de With an die Generalstaaten, 4. und 27.  September 1652, in: ­Gardiner, Letters and Papers 2, Nr. 421, 220–222 und Nr. 429, 236f. 15 De With an die Generalstaaten, 3.  Oktober 1652, in: Gardiner, Letters and Papers 2, Nr. 437, 252–255. 199

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Prins Willem, einen Ostindienfahrer (also eigentlich ein Handels- und Frachtschiff), aus.16 Allerdings wurde er dort auch nicht gerade glücklich: Der Admiral fand einen Greis als Kapitän, zudem eine kranke Mannschaft, betrunkene Offiziere und einen angesoffenen Steuermann vor.17 Dieses disziplinäre Problem war keineswegs die einzige Schwierigkeit, mit der der neue Oberbefehlshaber zurechtkommen musste. Die niederländische Flotte war nach wie vor schlecht verpflegt, mit miesem Bier versorgt und hatte unerfahrene, schlecht bezahlte und daher wenig motivierte Seeleute an Bord. Der Engländer Blake war mit seinen bestens ausgestatteten Einheiten in einer wesentlich komfortableren Situation. Obwohl die Flotten von der Anzahl her annähernd gleich stark waren – de With hatte 62, Blake 68  Schiffe –, war die Bewaffnung der beiden Schiffsverbände nicht zu vergleichen.18 Nicht nur, dass die Engländer mehr Artillerie zur Verfügung hatten, sie hatten auch die schwereren Geschütze an Bord. Zudem kämpften die englischen Geschützbedienungen mit der wesentlich besseren Feuerdisziplin, das heißt, die Engländer waren an ihren Kanonen besser ausgebildet und gedrillt als ihre niederländischen Gegner. Sie schossen nur auf Befehl, präziser und mit der höheren Feuerkadenz. Diese Überlegenheit erkannte der erfahrene Seemann de With freilich sofort.19 Taktisch gesehen war die Schlacht von Kentish Knock ein Paradebeispiel eines wilden Tumultgefechts. Von einer organisierten Schlachtführung kann auf beiden Seiten nicht die Rede sein. In diesem ersten großen Gefecht spielten die Engländer ihre überlegene Feuerkraft aus, die Niederländer mussten sich mit beträchtlichen Verlusten in seichtes, für die Engländer 16 Dazu vgl. Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 43, und den Logbucheintrag von de With höchstpersönlich zu diesem für ihn unerfreulichen Thema in: Gardiner, Letters and Papers 2, Nr. 486, 357. 17 Vgl. Rodger, Command of the Ocean, 14. 18 Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 40f. 19 Logbucheintrag de With, 9. Oktober 1652, in: Gardiner, Letters and Papers 2, Nr. 486, 360. 200

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unbefahrbares Gewässer zurückziehen. Das Commonwealth und Blake verstanden es jedoch nicht, den triumphalen Sieg zu nutzen. Anstatt mit verstärkten Kräften nachzusetzen, wurde die Flotte etwas unentschlossen in gemächlichem Tempo instand gesetzt. Im November war der rehabilitierte Tromp mit dem Auftrag des Konvoischutzes für über 450  Handelsschiffe, die Frankreich, Spanien und das Mittelmeer anliefen, unterwegs. Als ihm die eigene Aufklärung meldete, dass sich die nicht gerade starke englische Flotte in den Downs befinde, ließ der erfahrene niederländische Admiral von seinem Auftrag ab und griff Blake an. Diesen operativen Freiraum hatte der Admiral von den Generalstaaten bekommen, allerdings durfte der Konvoischutz unter keinen Umständen vernachlässigt werden. Tromp war mit diesen Vorgaben nicht zufrieden, er wünschte sich entweder einen Angriff mit ganzen Kräften oder nur die Bedeckung der Handelsschifffahrt.20 Diesmal war der englische Admiral in einer wenig beneidenswerten Situation. Ein beträchtlicher Teil der Heimflotte, zwanzig gute Schiffe, sollte die englische Mittelmeerflotte unter Richard Badiley verstärken. Sie wurden in der Themse für die Mittelmeerexpedition vorbereitet und standen auf alle Fälle dem General zur See für die nächste Schlacht nicht zur Verfügung. Letztendlich wurden diese Schiffe aufgrund der kommenden Ereignisse nie nach Livorno, wo Teile des englischen Mittelmeergeschwaders vor Anker lagen, überstellt. Blake erwartete sich zwar eine Verstärkung mit neuen, sich im Bau befindlichen Schiffen, doch diese ließen auf sich warten. So war annähernd die Hälfte der englischen Seestreitmacht in Vorbereitung oder Instandsetzung. Auf der anderen Seite des Kanals lief es allerdings auch nicht viel besser für die Flottenverantwortlichen. Der Admiral der Generalstaaten Tromp konnte zwar die Moral und Disziplin der Seestreitkräfte wieder heben, doch stand die Marine immer noch vor den gleichen materialtechnischen und logistischen Problemen. Das von Tromp vorgeschlagene Rüstungsprogramm 20 Vgl. Wilson, Profit and Power, 72. 201

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mit größeren und besser bewaffneten Kriegsschiffen kam nicht zur Umsetzung – ganz abgesehen davon, dass neue Schiffe aufgrund der langen Bauzeiten ohnehin nicht vor Ende 1653 zur Verfügung stehen konnten. So brachte Tromp wenigsten an die 88  Kriegsschiffe, 5  Brander und einige kleinere Segler zusammen.21 Mit diesem Verband stand er dem geschwächten, mit 42  Kriegsschiffen ausgestatteten Blake gegenüber. Die sich daraus entwickelnde Schlacht bei Dungeness vom 30. November/10.  Dezember 1652, die nur wenige Stunden dauerte, da Tromp die englische Flotte erst am späten Nachmittag entdeckte, endete in der einzigen großen Niederlage der englischen Flotte im ersten Krieg. Das Gefecht war wiederum durch schwere Einzelgefechte und nicht durch eine geordnete Kampfführung charakterisiert. Die englischen Verluste hielten sich zwar in Grenzen, aber die strategische Initiative lag nun bei den Niederländern. Blake musste sich in die Themse zurückziehen. Tromp war zum Schaden der englischen Handelsschifffahrt der Herr des Ärmelkanals. Für kurze Zeit hatte er die Gewässer zwischen dem Kontinent und der Insel leergefegt. Dennoch: Die gerne kolportierte Geschichte, dass Tromp nach seinem Sieg mit einem Besen auf dem Masttop durch den Kanal segelte, scheint nur eine unterhaltsame Anekdote aus dem Englisch-Niederländischen Krieg zu sein.22 Ohne Zweifel aber war es die militärisch schwierigste Phase für England im ersten Krieg. Die englische Flotte lag in verschiedenen Stützpunkten, sodass der Niederländer nun an einen gewagten Offensivplan denken konnte. Er wollte die in der Themse liegenden Schiffseinheiten Blakes angreifen. Doch bei einem Kriegsrat an Bord seines Flaggschiffes sprachen sich die dafür unabkömmlichen Lotsen, die die Themse eigentlich kannten, gegen den riskanten Plan aus. Viele der erfahrenen Seeleute aus Holland und Seeland wussten zwar ein leichtes Handelsschiff nach London zu bringen, trauten sich jedoch ein Befahren des Flusses mit seinen gefähr21 Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 50–58. 22 Boxer, Anglo-Dutch Wars, 10. 202

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lichen Untiefen mit den schweren Kriegsschiffen nicht zu. Der Admiral ließ seinen Plan fallen. Fünfzehn Jahre später stand de Ruyter vor der gleichen Entscheidung und setzte den Befehl seines Ratspensionärs ­Johann de Witt um. In London reagierte man umgehend auf die niederländische Überlegenheit. Zwei erfahrene Generäle, Deane und Monck, wurden neben Blake, der kurzfristig sogar an sein Karriereende dachte, zu Generalsat-Sea befördert. Das Rump erhöhte die Kriegssteuer beträchtlich. Die Navy wurde mit neuen Linienschiffen verstärkt sowie strengeren disziplinären Normen und Vorschriften unterworfen. Sowohl die englische als auch die niederländische Führung konnte eine nicht immer sehr ausgeprägte Kampfmoral in den eigenen Reihen feststellen – vor allem bei Kapitänen, die ihr Schiff gekonnt aus den Kampfhandlungen he­ raushielten. Prozesse und Strafsanktionen wegen Feigheit vor dem Feind waren auf beiden Seiten keine Seltenheit. Beide Kontrahenten bemühten sich nun vermehrt, Schiffe im Schlachtgeschehen zu identifizieren, die sich dezent abseits hielten. Auf Feigheit vor dem Feind wurden die Höchststrafen verhängt. Weiters wurde die Bezahlung der Seeleute zur Hebung der Kampfmoral angehoben und die Werften wurden mit neuen Arbeitskräften versorgt. Zudem stellte Oliver Cromwell an die 1 200 Soldaten aus der New Model Army der Navy zur Verfügung – das war der Beginn der Marines, die unter Charles II. über zehn Jahre später in der Flotte institutionalisiert werden sollten.23 Die Verstärkungen und neuen Vorschriften wirkten sich bereits im folgenden Jahr aus. Im Februar/März 1653 stellte die englische Flotte bei Portland (bei Weymouth, Dorset) die unzureichend versorgte Seestreitmacht Tromps, der seit November auf See war. Blake wusste vom schlechten Zustand der niederländischen Schiffe. Er gab explizit den Befehl, die niederländischen Kriegsschiffe zu zerstören und nicht die Handelsschiffe, die Tromp eskortierte, zu kapern. Cromwells General 23 Vgl. dazu Davies, Pepys’s Navy, 129f. 203

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suchte nun die Entscheidungsschlacht.24 Von Portland aus entwickelte sich eine Verfolgungsschlacht quer durch den Kanal bis an die französische Küste, bei der die Niederländer an die 20 Kriegsschiffe verloren. Bis zu 2 000  Seeleute fielen und 1 500 wurden gefangen genommen. Charles Boxer, ein guter Kenner der Seekriege, sprach sogar von 5 500  Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen auf niederländischer und 1 200 Mann an Verlusten auf englischer Seite.25 Zudem wurden an die 50 Handelsschiffe aus dem von Tromp eskortierten Konvoi von den Engländern erbeutet. Ein Augenzeuge, der die nach England verschleppten niederländischen Schiffe sah, gibt Auskunft über die Brutalität der Seegefechte: … much dyed with blood, their masts and tackle being moiled with brains, hair, pieces of skulls, dreadful sights.26

Auch bei Portland konnte die kleinkalibrige niederländische Schiffsartillerie den stark bewehrten englischen Schiffen im Korpus nicht viel anhaben, obgleich die Verluste an Deck und die Schäden bei der Takelage nicht unbeträchtlich waren. Gleich zu Beginn wurde sogar der englische Oberbefehlshaber, dessen Schiff schwere Verluste zu verzeichnen hatte, verwundet. Die Schlacht, die in der Gegend von Portland begann, war gekennzeichnet von mehreren äußerst unerbittlich geführten, verlustreichen Gefechten, Schiffskaperungen, Nahkämpfen der einzelnen Flottenverbände und Verfolgungsjagden, die über drei Tage gingen. Wiederum gab es einige niederländische Kapitäne, die sich diese Kämpfe aus der Distanz ansahen. Nur mühsam gelang es Tromp, seine Verbände geschlossen zu halten. Am zweiten Tag konnte er die Verluste durch ein geglücktes Hinhaltegefecht südlich der Isle of Wight in Grenzen 24 Jones, Anglo-Dutch Wars, 125. 25 Boxer, Anglo-Dutch Wars, 11. 26 Zitat bei Capp, Cromwell’s Navy, 81. 204

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halten. Am dritten Tag stand die niederländische Flotte, die bereits übel zusammengeschossen war und über Nacht nur notdürftig repariert werden konnte, kurz vor dem Kollaps. Viele der Schiffskapitäne dachten an Flucht oder desertierten bereits. Zudem gingen der Flotte Tromps die Munition und das Pulver aus. Die Niederländer waren somit am 20. Februar/2. März 1653 in einer verzweifelten und aussichtslosen Lage. Der große Showdown sollte nach Blake bei Cap Gris-Nez, zwischen Calais und Boulogne-sur-Mer, der engsten Stelle des Kanals, stattfinden. Der General-at-Sea wollte den kommenden Morgen für den tödlichen Schlag gegen die niederländische Flotte abwarten. Doch der erfahrene Seemann Tromp führte zur Überraschung der Engländer seine Flotte und viele Handelsschiffe über Nacht entlang der als gefährlich geltenden nordfranzösischen Küste in sichere Gewässer. Die englischen Kapitäne staunten ob der Leistung Tromps am nächsten Morgen nicht schlecht, als ihr bereits angeschlagener Gegner nicht mehr in der Falle saß. Allerdings hatte der alte Fuchs Tromp auch das Windglück auf seiner Seite. Dennoch waren die Gefechte von Portland bis zum Kap für die Generalstaaten katastrophal genug, Tromp entging nur knapp der totalen Niederlage. Dementsprechend niedergeschlagen war man in den Generalstaaten. Nach der Schlacht von Portland trat die sogenannte „lull“, die Flaute, ein. Die Hauptflotten beider Länder mussten überholt und reorganisiert werden. Ab Februar kontrollierten die Engländer wiederum den Kanal. Die Handelsschiffe der Generalstaaten waren gezwungen, die Route um Schottland zu nehmen. Das waren immerhin mehr als 1 200  Seemeilen an Umweg und ein enormer Zeit- und Geldverlust. Der nächste Angriffsbefehl an Tromp aus Holland ließ daher nicht lange auf sich warten. Es gelang Tromp und den Admiralitäten trotz einer veritablen Wirtschaftskrise in den Niederlanden, die die verlorene Schlacht von Portland mit sich brachte, eine ansehnliche Flotte aufzustellen, wenngleich es noch immer an Munition, Trinkwasser und Seeleuten fehlte. Bei den Engländern war bei Weitem auch nicht alles eitel Wonne: Ihnen 205

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gingen die Seeleute aufgrund von Verwundungen und Krankheiten, hier ist vor allem der Skorbut zu nennen, aus.27 So hatte das Commonwealth ebenso Probleme, eine kampftaugliche Flotte für das Jahr nach Portland aufzustellen. Im Frühjahr, als beide Flotten zur See waren, suchten sie sich vorerst vergebens. Die folgende Schlacht, im Juni 1653 bei Gabbard, wurde zur schweren Niederlage für die Generalstaaten. Die Niederländer konnten 92 Schiffe in die Schlacht führen, die englischen Generäle Monck und Deane hatten mit der am zweiten Tag durch Blake herangeführten Verstärkung über 100 Kriegsschiffe zur Verfügung; zudem ist die Anzahl der Geschütze und Seeleute der englischen Navy bekannt: über 3 800 Kanonen und über 16 200 Männer waren an Bord der englischen Flotte.28 Tromp legte seine Taktik auf ein Tumultgefecht auf nahe Distanzen aus, um seine Marineinfanteristen und Scharfschützen sowie die Brander zum Einsatz zu bringen. Monck und Deane ließen das jedoch nicht zu und gingen nach den neuen Fighting Instructions der Navy vor. Die Commonwealth-Generäle konnten ihre Verbände in Linienformation an den Feind führen und ihre überlegene Schiffsartillerie zum Einsatz bringen. Zudem begünstigte der Wind die meiste Zeit die Engländer. Nach den Berichten der Zeitgenossen scheint die zweitägige Schlacht bei Gabbard die erste wirklich „modern“ geführte Seeschlacht gewesen zu sein. Die Rump-Navy achtete auf eine geordnete Linienformation, auf den richtigen Abstand zum Gegner und auf eine effiziente Feuerdisziplin – die englischen Generals-at-Sea waren immerhin gelernte Generäle, die sich im Land- und Belagerungskrieg eine enorme Expertise im Artilleriewesen hatten aneignen können. Am zweiten Tag stieß Blake mit Verstärkung zu seinen beiden Admiralskameraden. Nun war die englische Übermacht sprichwörtlich erdrückend. Tromp, der am frühen Morgen noch in die Offensive ging, hatte gegen die engli27 Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 72. 28 Liste der Schiffe, Geschütze und Männer unter Deane und Monck, 12./13. Juni 1653, in: Colenbrander 1, Nr. 39, 58–62. 20 6

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sche Feuerkraft keine Chance. Den Niederländern blieb nur noch der Rückzug, der bloß aufgrund der seemännischen Fähigkeiten von Tromp, de Ruyter und de With und dem Einbruch der Dunkelheit nicht zur totalen Katastrophe wurde. Während die Engländer kaum Verluste an Schiffe und Mannschaften zu beklagen hatten (einer der Gefallenen war allerdings General Deane), richtete die schwere englische Schiffsartillerie große Verluste bei den Niederländern an. Wiederum gingen über 20 Schiffe verloren, wiederum berichtete ein Zeitzeuge über die grauenhaften Auswirkungen der Seegefechte: … the tide ever since brings in abundance of arms, and legs, and dismembered bodies, a sad spectacle to behold.29

Der Sieg der Rump-Generäle war nachhaltig. Die Engländer blockierten den Ärmelkanal und die niederländische Küste, der niederländische Handel kam fast zum Erliegen, die Getreidepreise stiegen ins Unermessliche, die Stimmung in der Republik war niedergeschlagen wie selten zuvor. Admiral de With brachte die Situation vor seinen Regenten im Haag auf den Punkt: Wat helpt het dat ik zwyg? Ik ben hier voor myn Opperheeren. Ik magh, en moet het zeggen, d’Engelschen zyn nu meester van ons, en dienvolgens van de zee.30

In der Tat, die Engländer waren nun die Herren über die Niederlande und damit die Herren der Meere. De Ruyter drohte sogar an, nie mehr zur See zu fahren, sollten nicht umgehend Verbesserungen eintreten.31 Nach der Schlacht forderten die Admiräle Maerten Tromp, Johan Evertsen, 29 Zitat bei Capp, Cromwell’s Navy, 81. 30 Brandt, Het Leven, 51f. 31 Blok, History of the People, 206. 207

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Witte de With, Michiel de Ruyter und Pieter Floriszoon nachdrücklich schwere Schiffe, bessere Schiffsartillerie und mehr Seeleute.32 In dieser verzweifelten Lage sondierten die Generalstaaten nach Friedensbedingungen. Doch die Falken im sogenannten Barebone’s Parlia­ ment verlangten vorerst Unannehmbares von den Regenten in Den Haag. Aber auch im eigenen Land war die Suche nach tragbaren Friedensbedingungen schwer genug.33 Abgesehen davon, dass sich einige Provinzen finanziell und materiell gar nicht mehr oder nur noch sehr wenig am Krieg beteiligten, die Hauptlast des Krieges wieder einmal bei Holland lag, waren die inneren Zerwürfnisse der Republik offenbar geworden, wie der schwedische Gesandte im Haag Harald Appelboom nach Stockholm berichtete.34 Der neue Ratspensionär de Witt plädierte für den Frieden, natürlich nicht um jeden Preis, aber immerhin war ein Friedensschluss für ihn eine klare Option. Diejenigen, die den Krieg kompromisslos fortführen wollten, waren eher die Anhänger des Hauses Oranien. So hieß es in einer prooranischen Schrift aus dem Jahr 1653 oder 1654: ’t Is beter voor ons all voor ’t Vaderlant te sterven, dan onder ’t Engels-jok, als slaven te bederven …35

Die Befürchtung, als Sklaven unter dem republikanisch-englischen Joch zu enden, war in der Tat groß. Die Anhänger der Oranier-Dynastie hatte freilich andere Vorstellungen: Sollten die Niederlande England besiegen, war dies die beste Voraussetzung dafür, dass die Stuarts ihre Monarchie wieder errichten und dabei die Oranier in den Niederlanden unterstüt32 Eenige Consideratiën op de iegenwoordige gelegentheyt ter zee, opt pampier gebracht ..., 30. Juni 1653, in: Colenbrander 1, Nr. 41, 63. 33 Vgl. Rowen, John de Witt, 70–79. 34 Harald Appelboom an Axel Oxenstierna, Den Haag, 7.  Juli 1653, in: Colenbrander 1, Nr. 44, 66f. 35 Zitiert bei Schnurmann, Atlantische Welten, 46. 208

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zen konnten. Diese Problematik berührte freilich die Achillesferse der Generalstaaten. Die „Wahre Freiheit“ war keineswegs flächendeckend akzeptiert. So musste der überzeugte Republikaner und Erfinder der „Wahren Freiheit“ de Witt auch an der innenpolitischen Front äußerst aktiv werden, denn je schlechter der Krieg verlief, desto lauter wurde der Ruf einiger Provinzialstände und der breiten Volksmassen nach Oranien. In einigen Städten kam es dabei zu handfesten Aufständen. Abgesehen von dieser dynastischen Bündnislogik, die von den Republikanern beider Seiten gefürchtet wurde, konnten sich die Regenten und der Staatsrat in England noch auf keine gemeinsame Basis für Friedensgespräche einigen. So ging der Krieg weiter. Die englischen Admiräle hatten die Niederlande mit einer geschickt durchgeführten Blockade im Würgegriff. Es gelang ihnen vorzutäuschen, dass die Hauptflotte permanent auf See sei. Diese aber ließ sich in Sole Bay versorgen.36 Irgendwann jedoch mussten die Admiräle der Generalstaaten, die sich mit ihren Flotten in der Schelde und bei Seeland bereithielten, die Blockade durchbrechen, die geteilten Kriegsflotten zusammenführen und ihren Handelsschiffen das Durchkommen ermöglichen. Schließlich stand die niederländische Wirtschaft kurz vor dem Kollaps. Sie versuchten es Ende Juli 1653, immer noch ohne nennenswerte Verstärkungen, zumal auch das Leasen von Schiffen aus Dänemark keine vernünftige Option darstellte. Tromp wollte die südlichen Verbände mit jenen Witte de Withs, der im Seegatt von Texel stationiert war, zusammenführen. Der Versuch endete neuerlich mit einer schweren Niederlage der Generalstaaten. In der letzten und zugleich blutigsten Schlacht des Krieges trafen Monck und Tromp, der sich mit de With vereinigen konnte, am 29. Juli 1653/8. August bei Texel/Scheveningen aufeinander (Blake verbrachte aufgrund von Nierensteinen einen Kuraufenthalt in Bath): Beide Oberbefehlshaber führten über 100  Kriegsschiffe ins Gefecht. 36 Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 82; Davies, Pepys’s Navy, 255–257. 209

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Die Kanonade dauerte über vier Stunden. Durch verschiedene Manöver kam es erst wieder am 31. Juli/10. August zu schweren Gefechten. Monck führte seine Verbände geordnet und vermutlich in Linie mitten durch die niederländischen Formationen. Wiederum konnten die Engländer mit ihren Breitseiten den Gegnern schwere Verluste und Schäden zufügen. Über 26 niederländische Schiffe wurden zerstört oder erbeutet, und zumindest 3 000 Mann (die Angaben gehen bis zu 6 000 Mann) der niederländischen Besatzungen wurden getötet, verwundet oder gefangen genommen. Auf englischer Seite schätzte man die Gefallenen auf einige Hundert. Wie so oft in den Kriegen des 17. Jahrhunderts liegen äußerst unterschiedliche Angaben vor, wobei die Zahlen sehr oft die Getöteten, Verwundeten und Gefangenen subsumieren. Viele der Verwundeten überlebten die ersten Tage nach der Schlacht ohnehin nicht. Die Gefangenen wurden entweder ausgetauscht, da der – obwohl äußerst spärliche – Unterhalt von Gefangenen viel Geld kostete, zur Zwangsarbeit verpflichtet, in die eigene Armee integriert, oder sie fristeten als Inhaftierte ein erbärmliches Dasein – es sei denn es handelte sich um Offiziere, die meist sehr gut behandelt wurden.37 Inhaftiert wurden die Kriegsgefangenen meist in den Küstenstädten. In England wurden unter anderem das Chelsea College und Portchester Castle bei Portsmouth zu Gefangenenlagern ausgebaut. Unter den Gefallenen in der von den Niederländern Ter Heide genannten Schlacht war auch der 55‑jährige Admiral Maerten H. Tromp, von seinen Seemännern „bestevaêr“, Großvater, genannt. Er wurde das Opfer eines englischen Scharfschützen. Der erfahrene und erstklassige Seemann Tromp war für den Moment nicht zu ersetzen. Nicht nur der schwere Verlust Tromps gab dieser Schlacht den Nimbus einer wahren Entscheidungsschlacht. Die militärische Entscheidung des ersten Seekrieges fiel ohne Zweifel bei Scheveningen. 37 Zu den Kriegsgefangenen in den drei Seekriegen vgl. Kerling, Nederlandse ­krijgsgevangenen in Engeland, und auch Davies, Pepys’s Navy, 131–133. 210

Der erste Englisch-Niederländische Seekrieg

Monck verfolgte die flüchtende niederländische Flotte bis zur Küste, dort jedoch wurde es aufgrund der Untiefen für die englischen Schiffe zu gefährlich. Dies spielte jedoch keine Rolle mehr: Der Sieg Englands war überwältigend. Die englische Formation der Kiellinie und die überlegene Feuerkraft waren wieder einmal entscheidend. Um nur einige Beispiele der englischen Feuerüberlegenheit zu nennen: Das Flaggschiff von Tromp, die Brederode, hatte 58 Kanonen, die Resolution von Monck 88, die Vrijheid von de With hatte 44 Geschütze, die James von Penn 66. Diese Aufzählung könnte mühelos fortgesetzt werden.38 Es gelang den Niederländern im September zwar nochmals, unter de With einen beachtlichen Konvoischutz für die Nordsee und das Baltikum aufzustellen und eine enorme Anzahl an Handelsschiffen an die heimischen Küsten zu bringen, doch wurde nun die Seestreitkapazität der Generalstaaten von den Engländern kaum noch als Bedrohung angesehen. Die Niederländer waren tatsächlich militärisch am Ende.39 Das Gros der englischen Flotte wurde aus diesem Grund im Herbst zur Überholung und Verproviantierung in die eigenen Stützpunkte beordert. Zum Unglück für die Niederlande zerstörte noch ein Sturm im Oktober darauf 15  Schiffe von de With, der Rest der militärischen Fahrzeuge war in einem schlechten, zum Teil unbrauchbaren Zustand. 1654 hatte man im Haag keine Aussicht mehr, eine konkurrenzfähige Seestreitmacht aus den niederländischen Flussarmen zu führen. Für die Generalstaaten wurden Friedensverhandlungen nun unumgänglich, zumal man wusste, dass Cromwell für das Jahr 1654 wieder eine starke Flotte zur See bringen konnte. Allerdings gingen die aufreibenden Seeschlachten auch an England nicht spurlos vorüber. Die Marineverantwortlichen des Lord Protectors hatten alle Hände voll zu tun, die logistischen und finanziellen Probleme der Flotte zu meistern.

38 Dazu Davies, Pepys’s Navy, 257. 39 Vgl. dazu Boxer, Anglo-Dutch Wars, 16. 211

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7.2.  De r z w e i t e E ng l is c h-N i e de r l ä n di s c h e Se e k r i e g Der zweite Krieg zwischen den beiden Handelsmächten war von einer einleitenden, immer bedrohlicher werdenden militärischen Eskalation der Lage gekennzeichnet. Die rigorosen Ostindienunternehmungen der Holländer empfand man in der City of London und in den merkantilistischen Kreisen des Königreichs als unerträgliche Handelskonkurrenz. So standen Teile der Kaufmannschaft, der Handelskompanien Englands, wie auch die Kriegsmarine unter James für eine harte Gangart gegen die Konkurrenten.40 Eine erste militärische Probe hielt man im Gebiet des Gambiaflusses ab, als in den Jahren 1661 bis 1662 holländische Schiffe der WIC Frachter der Royal Adventurers aufbrachten. Die Handelsstützpunkte – meist Forts41 – der beiden Kontrahenten an der westafrikanischen Küste waren zentrale Säulen des atlantischen Dreieckshandels. Robert Holmes, bereits seit dem konterrevolutionären Seekrieg und einer weiteren Operation für die Adventurers im Jahre 1660/61 mit dem Gebiet bestens vertraut, sollte im Herbst 1663 die englische Handelsmacht im Gebiet von Gambia und Guinea wiederherstellen. Die Instruktion war allerdings vage: Schutz der englischen Interessen. Der nicht gerade zimperliche Ire Holmes hatte damit großen operativen Spielraum und agierte sehr erfolgreich in den Gewässern Westafrikas, eroberte ein Fort der WIC nach dem anderen und erbeutete eine große Anzahl niederländischer Handelsschiffe samt Frachtgut. Unter diesen weit mehr als nur prestigeträchtigen Eroberungen waren auch das von den Engländern gefürchtete Schiff Goulden Lyon of Flushing, das die WIC mittlerweile in Walcheren ungetauft hatte, und Fort Gorée im Senegal. Es dauerte nicht lange, und schon waren Gerüchte in den Niederlanden im Umlauf, dass es bei dieser Aktion zu schweren Kriegsverbrechen vonseiten 40 Dazu vgl. Schulin, Handelsstaat, 192. 41 Vgl. dazu Rella, Im Anfang war das Fort, 75–166. 212

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der Engländer vor allem in Castel del Mina (São Jorge da Mina bzw. Elmina Castle) gekommen sei, wie der englische Botschafter Downing aus Den Haag berichtete: Die Männer von Holmes hätten Niederländer verbrannt sowie Nasen und Ohren abgeschnitten.42 Die Stimmung gegen den ehemaligen Kriegsgegner schaukelte sich wieder auf. Die Niederländer, über den Erfolg von Holmes besorgt, entsandten ihren fähigsten Mann, Admiral Michiel Adriaenszoon de Ruyter, der gerade mit einer Flotte im Mittelmeer unterwegs war, um die eroberten niederländischen Forts zurückzugewinnen.43 Die Benachrichtigung de Ruyters wurde unter strengster Geheimhaltung durchgeführt. Nicht einmal die eigenen Regentenkollegen wurden vorerst vom Ratspensionär in diese Operation eingeweiht, da der Kreis um de Witt wusste, dass es undichte Stellen gegenüber der englischen Botschaft gab.44 Als das Vorhaben dennoch nach einiger Zeit in London bekannt wurde, sollte Admiral Rupert persönlich de Ruyter mit starken Seeverbänden abfangen.45 Zwölf Schiffe stellte man für diese Expedition zusammen, und es mangelte auch nicht an Freiwilligen, um mit dem als schwierig geltenden Rupert nach Afrika zu segeln, den Worten Pepys’ zum Trotz: Prince Robt. I hear this day – is to go to command this fleet going to Guinny against the Dutch. I doubt few will be pleased with his going, being accounted an unhappy man.46

42 Downing an Arlington, Den Haag, 24. April 1665, in: Colenbrander 1, Nr. 119, 165f. 43 Zu den Aktionen von Holmes und de Ruyter im Vorfeld des Krieges vgl. Ollard, Man of War, 83–119; Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland, 123–145; sowie Rella, Im Anfang war das Fort, 145–147. 44 Vgl. dazu Bruijn, The Dutch Navy, 79–81. 45 Van Gogh an den Greffier, Chelsea, 8. und 12. Dezember 1664, PRO, SP 84/173. 46 Pepys, Diary V, 258. Pepys war ein Parteigänger des Earl of Sandwich, der wiederum zu Ruperts Feinden in der Flotte zählte. 213

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Rupert hingegen hatte andere Sorgen. Am 4. Oktober 1664 segelte der Pfälzer von Greenwich nach Portsmouth, kam aber mit seiner Flotte nicht weiter, da sie weder genügend verproviantiert noch seetüchtig war. Überdies hatte er bis Mitte Oktober noch keine Befehle für die Operation in Guinea.47 Neben dem rauen Wetter verschlechterte sich zudem der Gesundheitszustand des Admirals. James schickte daher seinen Leibarzt nach Portsmouth, der Rupert operieren musste. Somit konnte die Afrikaexpedition nicht angetreten werden.48 De Ruyter war inzwischen an der westafrikanischen Küste eingetroffen und konnte in beeindruckender Weise die von Holmes eroberten Forts, außer dem englischen Hauptstützpunkt Cape Coast Castle (Ghana), wieder zurückgewinnen. Vor allem um die Inselfestung Gorée und Fort Cormantin (an der Goldküste, seit 1661 Eigentum der Royal Adventurers trading into Africa), das von den Niederländern in Fort Amsterdam umbenannt wurde, entbrannten harte Gefechte. Der nächste Befehl der Staten-Generaal an den Admiral lautete, die englischen Handelsflotten in der Karibik (vor allem bei Barbados), in Neu-Niederlande und Neufundland zu schädigen.49 De Ruyter wurde auf eine Atlantiktour geschickt. Die von den Engländern jedoch flächendeckend mit Festungen versehene und verbissen verteidigte Insel Barbados konnte de Ruyter nicht einnehmen, vor Neufundland hingegen, wo er auf dem Rückweg eine Fischereiflotte überfiel, war er erfolgreicher. Für eine Unterstützung Neu Amsterdams kam der Admiral jedoch Monate zu spät. Denn während er noch im Mittelmeer operiert hatte, also noch gar nicht nach Westafrika aufgebrochen war, hatten die Engländer im August 1664 bereits am anderen Ende des Atlantiks zugeschlagen: Major Richard ­Nicholls wurde von James beauftragt, Neu-Niederlande in Nordamerika zu besetzen. Der niederländische Gouverneur Peter Stuyvesant (sein 47 Vgl. dazu Proposal for naval operations, 1664, in: British Naval Documents, Nr. 117, 195. 48 Zur abgesagten Guineaexpedition vgl. Morrah, Rupert, 317–319. 49 Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland, 144. 214

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Name ist heute vor allem durch eine Zigarettenmarke bekannt) wollte die Stadt zwar halten, wurde aber von der Bevölkerung zur Kapitulation gedrängt. Seine Verteidigungsanlagen waren für einen Kampf gegen Indianer ausgerichtet und nicht gegen eine moderne europäische Flotte.50 Nach der erfolgreichen Mission von Nicholls bekam Neu Amsterdam einen anglophonen Namen: New York. Einen Monat später nahmen die Engländer Nieuw Amstel am Delaware, das aufgrund militärischen Widerstands weniger glimpflich davonkam und geplündert wurde. Die Eroberung der holländischen Städte war eine gezielte Aktion des Hauses Stuart, Neu-Niederlande den englischen Kolonien einzuverleiben. Charles stellte am 22.  März 1664 für seinen Bruder eine Charter aus, die ihm weite Gebiete an der Ostküste Nordamerikas übertrug. Damit sollten die Siedler im heutigen Maine, in Connecticut und Pennsylvania, die sich schon damals nicht immer als absolut loyale Untertanen der Krone zeigten und ein an sich gutes Auskommen mit den Niederländern fanden, mehr an den Mutterstaat gebunden werden. Die Feindseligkeiten gingen allerorts in Form von Kaperungen weiter. Einer der Höhepunkte war dabei der Überfall auf eine holländische Handelsflotte aus Smyrna – der wirtschaftliche Erfolg dieser Aktion hielt sich allerdings in Grenzen. Dieses Szenario spielte sich wohlgemerkt noch ohne offizielle Kriegserklärung ab. Als der Kronrat Ende 1664 eine eher unerfreuliche Bilanz über die Bemühungen, den niederländischen Handel zu schwächen, zog, kamen nochmals Zweifel über die eingeschlagene Taktik auf. Es gab ein kurzes Innehalten in London. Es war vor allem Charles, der den offiziellen Krieg gegen die Generalstaaten noch aufschob. Die Gründe dafür sind mannigfaltig.51 Zunächst war der Monarch immer skeptisch, gegenüber dem Parlament zu sehr finanziell abhängig zu werden. Die Drohkulisse gegenüber dem Han50 Vgl. zu New York Schnurmann, Atlantische Welten, 85–118; Lenman, England’s Colonial Wars, 276; zum Gesamtkontext Jacobs, New Netherland. 51 Vgl. auch Wilson, Profit and Power, 124–126 und 128f. 215

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delsrivalen funktionierte nicht wie erwartet, die Royal Adventurers waren zwischenzeitlich ruiniert, Schweden (mit 140 000 Reichstalern von den Niederländern zur Neutralität überredet52), Dänemark, aber vor allem Frankreich konnten nicht als Verbündete gewonnen werden, der englische Botschafter Downing erreichte im Haag mit seiner Provokationsdiplomatie ebenso wenig, und zudem rüsteten die Niederlande eine Flotte für das Frühjahr aus. Von einem Nachgeben de Witts in Handelsfragen konnte keine Rede sein. Ganz im Gegenteil: Der Ratspensionär tat alles, um eine konkurrenzfähige Flotte in die Nordsee zu bringen. Das war kein einfaches Projekt für den Holländer. Denn er hatte dabei seine Konflikte mit dem Oberbefehlshaber der Flotte Obdam und dem Stellvertreter Cornelis Tromp, der de Witt einfach respektlos ignorierte, auszufechten.53 Zudem dürfte Charles bei Weitem nicht so überzeugt von der eigenen Flotte gewesen sein wie sein Bruder, der Lord High Admiral. Er sollte auch recht behalten, wie die später auftretenden logistischen Mängel zeigten. Als der durchaus umstrittene Robert Holmes von seiner Expedition nach London kam, wurde er sogar zur Beruhigung des niederländischen Botschafters und wegen – angeblicher – Überschreitung der Kompetenzen (Einnahme Kap Verdes) in den Tower geworfen.54 Lange aber blieb der irische Spezialist für Überfallsaktionen nicht im traditionsreichen Gefängnis. Trotz dieser zwischenzeitlichen und halbherzigen Deeskalationsbemühung, in denen Charles dennoch bestrebt war, die Niederländer als die wahren Aggressoren hinzustellen,55 war ein Krieg nun unvermeidlich. Die Kriegserklärung der englischen Monarchie folgte im März

52 Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 119. 53 Rowen, John de Witt, 577–579. 54 Vgl. dazu Hutton, Charles II, 220, sowie das Schreiben von Charles an ­Henrietta, Whitehall, 12. Januar 1665, in: Bryant, Letters, Nr. XLIX, 175f. 55 Charles an Henrietta, Whitehall, 26.  Dezember 1664, in: Bryant, Letters, Nr. XLVII, 173f. 216

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1665.56 Es wurde ein globaler Konflikt: Die Schauplätze reichten von der Karibik über die afrikanischen Küsten bis nach Asien, der Hauptschauplatz aber war der Ärmelkanal, die Straße von Dover und die unmittelbaren Gewässer vor Holland und England. Sowohl die englische als auch die niederländische Strategie war auf eine Entscheidungsschlacht ausgerichtet. Die Engländer waren jedoch schneller zur See als die Flotte der Generalstaaten, deren Teile noch vor Vlieland und vor Texel lagen. Der Duke of York wollte die gegnerische Flotte so schnell wie möglich zum Kampf stellen. Um die Verbände der Niederländer herauszulocken, so der Plan von Edward Montagu, Earl of Sandwich, ein ehemaliger enger Vertrauter Cromwells, sollte die ostindische Handelsflotte angegriffen werden. Diesen Vorschlag hielten die meisten im Kriegsrat für eine brauchbare Taktik, nur Rupert glaubte nicht an die Durchführbarkeit dieses Plans, denn seiner Meinung nach war das größte Problem die Versorgung. Rupert sollte recht behalten. Die englische Flotte musste schließlich wegen schlechten Wetters und wegen Proviantmangels eigene Häfen anlaufen.57 Während sich der Duke of York mit logistischen Problemen herumschlug, vereinigten sich die Flottenverbände der Generalstaaten und konnten sogleich einen englischen Handelskonvoi, der aus Hamburg kam, aufbringen. Dieser Coup der Niederländer war für James erniedrigend. Er hatte zahlenmäßig überlegene Seestreitkräfte unter seinem Kommando, konnte aber einfachen Konvoischutz nicht gewährleisten. Und dabei waren die Verhältnisse vor dem Krieg ohne Zweifel eindeutig: England hatte 160 Kriegsschiffe, über 5 000 Kanonen und 25 000 Mann zur Verfügung,

56 Zum militärischen Verlauf des zweiten Englisch-Niederländischen Krieges vgl. ausführlich Fox, A distant storm, 83–303; Boxer, Wars, 20–25; ausführlich Jones, Anglo-Dutch Wars, 145–178; ebenso Hainsworth/Churches, The Anglo-Dutch Naval Wars, 97–167; zusammenfassend Israel, Dutch Republic, 766–776; Vonk, Zeeslag, 26–37. 57 Vgl. dazu Morrah, Rupert, 322f. 217

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die Niederländer hatten 135  Kriegsschiffe mit weniger Kanonen und waren noch dazu schlechter bemannt.58 Im Juni war es dann soweit. Am 1./10. dieses Monats wurden die Seestreitkräfte der Republik von den Engländern gesichtet, zwei Tage später kam es zur Schlacht bei Lowestoft. Die Flotte wurde, wie es üblich war, in drei Verbände eingeteilt: Neben Rupert („Verband Weiß“) kommandierte der Earl of Sandwich den „Verband Blau“ und Admiral Sir George Ayscue den „Verband Rot“.59 Die Engländer erwiesen sich in der Anfangsphase als seemännisch überlegen. James, bestens beraten von einem alten Commonwealth-Veteranen, William Penn, führte die Flotte in einer gut geordneten Linie ins Gefecht, doch ließ die Effizienz zu wünschen übrig. Durch einen taktischen Befehl des Thronprätendenten lösten sich die englischen Formationen auf und es entstand ein Tumultgefecht weitab von jeder Kiellinienformation. Allerdings gelang es den Engländern, im Nahkampf ihre immer noch vorhandene deutliche Überlegenheit an Feuerkraft auszuspielen. Der Kanonendonner konnte bis Whitehall und Den Haag gehört werden. So berichtete der dänische Gesandte im Haag an den Königshof: wahr alhie in den Haag ein continuirliches Beben der Fenster, undt wurdt von den Morgen zu 3 bis zu 10 des Abents, ein perpetuirliches Canoniren, nicht anders als ein unauffhörlicher Donner …60

Wiederum standen die Flaggschiffe der Admiräle im Zentrum des Gefechts. Das Schiff des kommandierenden Offiziers der Niederländer, Admiral Jacob van Wassenaer, Herr von Obdam, ein auf See mäßig talentierter Armeeoffizier, explodierte. Vermutlich passierte dieses Unglück nicht durch Fremdeinwirkung, sondern durch einen Eigenfehler, 58 Dazu vgl. Boxer, Wars, 24f. 59 Vgl. Tedder, Navy, 120. 60 Charisius an Friedrich  III., Den Haag, 15.  Juni 1665, in: Colenbrander  1, Nr. 144, 189–192. 218

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eine unabsichtliche Inbrandsetzung des Pulvers. Dieser Fehler kostete dem Admiral und seiner Mannschaft auf der Eendracht das Leben. Die Wucht der Explosion wurde noch in Den Haag vernommen, und Downing kam es wie ein großes Erdbeben vor. Aber nicht nur die Fenster zerbarsten in den Niederlanden, auch die Aktienkurse der VOC rasselten unmittelbar nach der Niederlage in den Keller, wie der englische Botschafter mit einiger Befriedigung nach London schrieb.61 Auf hoher See ging es freilich viel schrecklicher zu. Die neben James auf der Kommandobrücke stehenden engsten Vertrauten wurden von einem sogenannten Kettenschuss regelrecht zerfetzt. Der Thronfolger war voll von Blut und Gehirnfetzen der drei Gefallenen, ein Teil eines Schädelknochens bohrte sich zudem in seine Hand. Als sein Bruder von dieser tragischen Episode des Gefechts und von der Verletzung des Thronfolgers sowie vom Tod seines Vertrauten Charles Berkeley, des Earl of Falmouth, hörte, war er zutiefst erschüttert62 und nahm James für den weiteren Verlauf des Krieges aus der operativen Gefechtsführung heraus.63 Das Risiko, seinen Nachfolger zu verlieren, schien ihm zu groß. Die Schlacht selbst jedoch wurde zum Triumph für den Marineexperten und erfahrenen Soldaten James. Die schon zuvor angeschlagene Moral der Niederländer schwand mit der Explosion des Flaggschiffes vollends, die Flotte flüchtete.64 In der niederländischen Marine fehlte zu dieser Zeit noch jeder Zusammenhalt, es mangelte an Kooperation, die Verbände der einzelnen Provinzen wurden zusammengewürfelt, zudem enthielt sie viele Kapitäne der Handelsflotte. Nach der Schlacht wurden vier Schiffsführer wegen Feigheit vor dem Feind zum Tode verurteilt. Erst de Ruyter führte eine konkurrenzfähige Seestreitkraft in die kommenden Schlachten. Bei Lowestoft konnte nur der holländisch-westfriesische 61 Downing an Arlington, Den Haag, 16. Juni 1665, in: Colenbrander 1, Nr. 147, 195–199. 62 Charles an Henrietta, Whitehall, 6. Juni 1665, in: Bryant, Letters, Nr. LVI, 180f. 63 Dazu Lambert, Admirals, 98f., und Hutton, Charles II, 222. 64 Dazu vgl. Tedder, Navy, 121, und Kennedy, Rise and Fall, 52. 219

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Admiral Cornelis Tromp mit einem brillanten Rückzugsgefecht Schlimmeres verhindern. Der Duke of York verabsäumte es dabei, die gegnerische Flotte zu verfolgen und zu vernichten. Die Umstände des Abbruchs der Verfolgung wurden allerdings nie zur Gänze geklärt: Offenbar ließ ein Begleiter von James auf dem Flaggschiff die Segel fieren, während sich der Thronfolger zur Ruhe begab.65 Dabei kam das Gerücht auf, der Höfling des Thronfolgers hätte auf Befehl der Herzogin von York (die erste Frau von James war Anne Hyde, Tochter von Edward Hyde) gehandelt, um ihren Mann heil nach Hause zu bringen. Eine andere Version lief nur auf einen missverstandenen Befehl des Oberbefehlshabers hinaus. Wie dem auch sei, der Kriegsrat beschloss, nach Abbruch der Aktion zu den Downs, einem englischen Flottenstützpunkt, zurückzusegeln. Das Verhältnis des Sieges war eindeutig. Vierzehn Prisen konnten von den Engländern genommen werden, zwölf Schiffe wurden versenkt, die Niederländer hingegen erbeuteten lediglich ein Schiff.66 Zudem verlor die holländische Flotte nicht nur ihren Admiral, sondern auch noch 5 000 bis 6 000 Mann an Gefallenen und Gefangengenommenen. Der kluge de Witt verstand sofort, dass die Anstrengungen zur Reorganisation und zum Ausbau der Flotte verstärkt werden mussten. Wiederum war sein ganzer persönlicher Einsatz für die Flotte gefragt.67 Nach dieser Niederlage übernahm de Witt den Vorsitz im Kriegsrat in Den Haag. Das werde ihm vermutlich noch mehr Feinde einbringen, als er ohnehin schon habe, bemerkte der englische Botschafter höhnisch dazu.68 James und Rupert wurden indes von Charles nach London zurückbeordert. Der Earl of Sandwich, dem das Kommando über die Flotte übertragen wurde, operierte derweilen mit wenig Glück. Allerdings 65 Vgl. Davies, Pepys’s Navy, 260. 66 Zur Schlacht bei Lowestoft vgl. ausführlich Fox, A distant storm, 83–100; Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 130–132; und Tedder, Navy, 115–126. 67 Vgl. dazu Rowen, John de Witt, 579–581. 68 Downing an Arlington, Den Haag, 3. Juli 1665, in: Colenbrander 1, Nr. 165, 243f. 220

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hatte er auch mit großen logistischen Problemen zu kämpfen. Er sollte den aus Amerika kommenden de Ruyter, den Hoffnungsträger der Niederlande, abfangen und zudem die holländische Ostindienflotte und andere Handelsflotten der Niederländer erbeuten. Diese Flotten wurden korrekterweise über die Nordroute, also über Schottland, erwartet. Den dänischen König Friedrich III., der ebenfalls der Monarch Norwegens war, konnte man zur Kooperation überreden, obgleich die Niederlande und Frankreich starken Druck auf Dänemark ausübten. Die englische Bündnissuche hätte ohne Zweifel ein bemerkenswerter diplomatischer Erfolg werden können. Denn mit der Neutralisierung Schwedens, der Erbeutung der wertvollen VOC-Flotte und anderer Handelsschiffe sowie einer Schließung des Sunds für den niederländischen Handel hätte man die Wirtschaft der Generalstaaten tief getroffen und vermutlich die eigene Kriegskasse nicht unbeträchtlich aufgefüllt. Allerdings spielte Schweden nicht mit und der dänische König nur temporär und keineswegs überzeugend.69 Tatsächlich fanden sich die niederländischen Flotten im norwegischen Hafen von Bergen und in den umliegenden Fjorden ein. De Ruyter erreichte von Amerika kommend ebenso die norwegische Küste, blieb aber nur kurz und segelte nach Delfzijl, Groningen, weiter.70 Kaum in den Niederlanden angekommen beförderten ihn die Generalstaaten zum Opperbevelhebber, zum Oberbefehlshaber der Flotte, zum Luitenant-Admiraal van Holland en West-Friesland. Der neue bestevaêr der Flotte hatte seine Beförderung ohne Zweifel Ratspensionär de Witt zu verdanken, denn es gab auch ob seines Scheiterns vor Barbados kritische Stimmen, zumindest unterschätzten ihn einige der Abgeordneten der Stände, wie wiederum der englische Botschafter Downing zu berichten wusste.71 69 Zu den englisch-dänischen Verhandlungen und zu den Vorkommnissen vor Bergen vgl. Hartmann, Clifford and the Cabal, 52–71. 70 Zu de Ruyter und der Aktion vor Bergen vgl. Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland, 148–158. 71 Downing an Arlington, Den Haag, 3. Juli 1665, in: Colenbrander 1, Nr. 165, 243f. 221

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Die Ostindienflotte traf einige Zeit später an der norwegischen Küste ein. In Bergen unterstützte der Gouverneur die Niederländer und nicht, wie in der englisch-dänischen Abmachung intendiert, die englische Flotte. Bergen war von Kopenhagen doch beträchtlich entfernt, und die Anweisungen des Königs an seinen Gouverneur kamen zu spät und waren vermutlich auch nicht allzu konkret bzw. sehr vorsichtig formuliert, um die Niederländer nicht gänzlich zu verärgern. Die englische Flotte wiederum war unzureichend für diese Mission ausgerüstet und verpflegt, zudem hatten die in Personalunion vereinigten Königreiche in Schottland keinen adäquaten Hafen für die Logistik zum Kampf in den nördlichen Gewässern. Dennoch versuchte Sandwichs Konteradmiral Sir Thomas Teddeman am 2./12. August den Angriff auf die niederländischen Handelsschiffe, der jedoch von den Norwegern und Niederländern gemeinsam abgewehrt werden konnte.72 Dieses Ereignis ging als Schlacht von Vågen in die Geschichte ein. Die Aktion vor Bergen war also für Sandwich bereits ein Fehlschlag, noch bevor de Ruyter, begleitet von seinem Ratspensionär Johan de Witt, der sich im Übrigen trotz seiner Anfälligkeit für Seekrankheit des Öfteren bei der Flotte befand,73 wieder an der norwegischen Küste eintraf. Die mehr als nur kriegstaugliche Flotte de Ruyters, die 93 Kriegsschiffe, 12 Brander, 4 300 Geschütze und an die 20 000 Mann stark war, eskortierte die Ostindienfahrer Ende August in Richtung Holland zurück. Allerdings geriet der Konvoi in einen schweren, zwei Tage lang dauernden Nordseesturm, der viele Schiffe von der Hauptflotte abreißen ließ. Über den englischen Misserfolg konnte dann auch die Erbeutung von 20 zum Teil sehr wertvollen ostindischen Prisen (die großen, vollbeladenen Ostindienfahrer konnten bis zu 250 000 Pfund abwerfen), die die stürmische See den Engländern zutrieb, nicht hinwegtäuschen. Keines der Ziele konnte er72 Vgl. dazu Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 135–138; Rodger, Command of the Ocean, 70f.; und Jones, Anglo-Dutch Wars, 160–164. 73 Rowen, John de Witt, 582–585. 222

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reicht werden, die Erwartungshaltung über die Beute war in London wesentlich höher. Und für Sandwich hatte die Aktion in der Nordsee noch ein persönliches Nachspiel: Er wurde beschuldigt, Kapergut unterschlagen und seine Kapitäne bedient zu haben – schließlich galt es ja auch als Kriegsunternehmer, sich die eigene Klientel gewogen zu halten. Der König ersparte dem Earl eine Untersuchung und beorderte ihn als Gesandten nach Spanien. Die niederländische Flotte war nach der militärisch verunglückten Aktion Sandwichs Herr des Kanals. Doch es kam zu keiner Schlacht mehr, sodass de Witt gezwungen war, seine Flotte Anfang November in die Heimathäfen zurückzubeordern. Man ging bis Mai nächsten Jahres in die Winterpause. Für England endete das Jahr 1665 wenig erfolgreich. Samuel Pepys notierte in seinem Tagebuch: The Dutch War goes on very ill, by reason of lack of money.74

Für Charles sollte es aber noch schlimmer kommen, denn Frankreich und Dänemark erklärten, allerdings als recht halbherzige Verbündete der Generalstaaten, im Januar 1666 England den Krieg.75 Obwohl Ludwig XIV. nicht vorhatte, außer in der Karibik, wo die Franzosen einige Inseln erobern konnten, irgendwelche ernst zu nehmenden militärischen Aktionen gegen England in Gang zu setzen, verursachte seine Kriegserklärung einen Schock in London. Dem französischen Monarchen ging es eher um die Spanischen Niederlande als um eine gezielte Schwächung Englands. Im Jahre 1662 wurde ein bilateraler französischniederländischer Allianz- und Freundschaftsvertrag geschlossen, der die für Frankreich so interessante Frage der Spanischen Niederlande jedoch ausklammerte. Jetzt konnte der junge Roi Soleil die Lage rund um den 74 Pepys, Diary VI, 341. 75 Vgl. Goubert, Ludwig XIV., 98f.; Schilling, Höfe und Allianzen, 211–216; zur Außenpolitik des französischen Königs vgl. Malettke, Ludwig XIV., 43–72. 223

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Konflikt zwischen den Generalstaaten und England ausnutzen. Noch während des Krieges mit England (1667) fielen französische Truppen zur Wahrnehmung des Devolutionsrechts in den Spanischen Niederlanden ein. Der dänische König wiederum versprach den Generalstaaten, den Sund für die englische Schifffahrt zu sperren, Frankreich und die Niederlande erließen den Dänen im Gegenzug Schulden und unterstützten sie mit Subsidien.76 Schweden, eigentlich ein potenzieller Verbündeter Englands, bekam weiterhin Geld für die Beibehaltung der Neutralität. Somit blieb England nur der Fürstbischof von Münster, dessen militärische Operationen noch geschildert werden, als Partner. Für die Kampfsaison 1666 wurde Rupert und George Monck das Kommando über die Flotte aufgetragen. Die beiden erfahrenen Admiräle und ehemaligen Gegner übernahmen die Flotte in einem ungeordneten und undisziplinierten Zustand. Die Gefahr einer weitläufigen Infektion durch in der Marine durchaus übliche Geschlechtskrankheiten war allgegenwärtig, wie aus einer Mitteilung an Pepys hervorgeht: The sickness increases, and they (the ships) are pestered with women; there are as many petticoats as breeches on board some of them, and that for weeks together.77

Die Oberbefehlshaber benötigten einen Monat, um die Ordnung in der an Lebensmittelknappheit leidenden königlichen Flotte wiederherzustellen.78 Durch die Kriegserklärung Frankreichs an England wurden die beiden Admiräle in diffuse Entscheidungen verwickelt. Schlimmste Befürchtungen sah man verständlicherweise mit dem Auslaufen der französischen Flotte aus dem Mittelmeerhafen Toulon am 19. April bestätigt. 76 Vgl. dazu Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 152. 77 Zitat bei Morrah, Rupert, 331. 78 Rupert und Albemarle an James, Mai/Juni 1666, BL, MS. Add. 32 094, fol. 103–106. 22 4

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Tatsächlich hatte die französische Flotte unter François Duc de Beaufort, Admiral von Frankreich, Order, sich mit der Flotte der Generalstaaten zu vereinigen.79 Rupert beurteilte am 10. Mai die Lage folgendermaßen: Your Highness will understand that Mons. de Beaufort is for certain expected on the coast of France and is already sailed with his fleet towards the Straights convoying many Dutch and French merchants.80

Er schlug daher vor, die französischen Seeverbände abzufangen. Die Niederländer glaubte er, waren noch nicht zum Auslaufen bereit. Die eigene Flotte hatte in absehbarer Zeit 50 Schiffe bereit. Einen Tag später meldeten beide Admiräle an Henry Bennet, Lord of Arlington, Principal Secretary of State, dass sie von Sir Edward Spragge Aufklärungsergebnisse erhalten hätten, die auf ein vermutliches Zusammentreffen der beiden feindlichen Flotten bei Belle Isle schließen ließen. Beide Admiräle drängten nun auf eine Aktion gegen die Franzosen.81 Am 13.  Mai traf sich der Kronrat im Worcester House, Residenz des Lordkanzlers Earl of Clarendon,82 um über die Informationen von Spragge zu diskutieren. Obwohl man im Kronrat eine Störung der französischen Vorbereitungen zur Vereinigung mit den Niederländern für wünschenswert hielt, sollten zuvor noch Rupert und Albemarle zurate gezogen werden. Sir William Coventry, Sekretär von James, ursprünglich ein dem Krieg gegenüber skeptischer Mann, jedoch während des Krieges für die Engländer fast unverzichtbar,83 und Sir George Carteret, Treasurer to the Navy Board, suchten daher die Admiräle auf. Vorerst 79 Vgl. dazu Shelley, Division, 180. 80 Prince Rupert to the Duke of York, Royal Charles, 10.  Mai 1666, in: RMLB, Nr. 4, 200. 81 Rupert and Duke of Albemarle to the Lord of Arlington, Royal Charles in the Buoy of the Nore, 11. Mai 1666, in: ebd., Nr. 5, 200f. 82 Vgl. dazu Shelley, Division, 181. 83 So Wilson, Profit and Power, 124, 136. 225

Die Kriege

trafen die beiden nur Albemarle an, Rupert war zum Schießtraining an Land. Der Lord General sprach sich für eine Intervention aus, wobei er die im Kronrat geäußerten Zweifel über eine Teilung der Flotte selbstbewusst zerschlug: … leave us 60 sail and we shall do well enough.84

Natürlich bestand die Gefahr eines niederländischen Angriffs, dem man nach einer Teilung nicht mehr mit genügend Kräften hätte begegnen können – dies aber befürchtete der alte Haudegen Albemarle nicht. 80 Schiffe zählte seine Streitmacht, mit 20 glaubte er, den Franzosen begegnen zu können. Schon alleine diese Einschätzung war nicht ganz unproblematisch, denn Beaufort hatte eine beachtliche Streitmacht unter seinem Kommando: 32 Schiffe, das größte mit immerhin 74 Kanonen an Bord. In der Feuerkraft jedoch wäre er Rupert unterlegen gewesen.85 Als Rupert an Bord kam, wurde er mit den Einzelheiten des Planes vertraut gemacht. Er bestand darauf, die Expedition gegen die Franzosen auf der Royal James als Flaggschiff zu kommandieren, wobei er noch hinzufügte, der König habe ihm das Kommando über diese Operation bereits versprochen. Die beiden Flottenbeauftragten hatten darüber zwar keine Kenntnis, akzeptierten es dennoch widerspruchslos, wie Sir Coventry in seiner Erinnerung an das Gespräch festhielt.86 Ebenfalls am 13. Mai wusste Clarendon zu berichten, dass die Holländer zwar nicht gut bemannt und schlecht versorgt seien, aber schon in absehbarer Zeit ihre Flotte zusammenführen könnten. Die Aufklärungsergebnisse waren wie so oft widersprüchlich. Die Information des baldigen Auslaufens kam von Sir William Morrice, 84 My own recollections concerning the division of the Fleet, by Sir William ­Coventry, 13. Mai 1666, in: RMLB, Nr. 6, 201. 85 Vgl. dazu die Liste der Schiffe und Geschütze unter Beaufort und Rupert, in: Colenbrander 1, Nr. 197, 305 und Nr. 214, 320. 86 Vgl. My own recollections concerning the division of the Fleet, by Sir William Coventry, 13. Mai 1666, in: RMLB, Nr. 6, 201–203. 226

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der, wie Clarendon feststellte, immer schon bessere nachrichtendienstliche Kenntnisse aus Holland hatte als alle anderen. Lord Arlington wiederum erhielt eine Nachricht, wonach “... the Duke of Beaufort set sail from Brest on such a day.“87 Eher, so kalkulierte man nun in London, segeln die Franzosen in den Kanal, als dass die Flotte der Generalstaaten bereit sein würde. So beschloss der königliche Kriegsrat die Teilung der Flotte. 20  Schiffe unter dem Kommando des Pfalzgrafen wurden nach Belle Isle, in der Nähe der Isle de Rhée bei La Rochelle, beordert, um die französischen Flotte zu stoppen.88 Für den Fall, dass die Franzosen rund um Schottland segeln und von Norden her mit der verbündeten niederländischen Flotte zusammentreffen könnten, bekam Rupert Order, sich sofort wieder mit Albemarle zu vereinigen. Eine weitere Befürchtung der englischen Admiralität war eine französische Invasion in Irland. Sollte also der Duc de Beaufort in einem französischen Hafen Truppen einschiffen, wäre es Ruperts Aufgabe gewesen, diese schon massiv zu stören, während sie sich an Bord begaben. In den Instruktionen vom 24. Mai bekam der Admiral zudem den Befehl, sich nach Verlassen des Flottenstützpunktes so oft wie möglich zu melden – er musste jederzeit erreichbar sein.89 Einen Tag zuvor war der London Gazette, einem öffentlichen Blatt, zu entnehmen, dass Kapitän Talbot, ein englischer Schiffsführer, die französische Flotte segelbereit vor Lissabon gesichtet habe.90 Vermutlich handelte es sich dabei jedoch um eine folgenschwere Fehlmeldung: Die gesichteten Schiffe gehörten nicht zur französischen Flotte, sondern waren spanisch.91 Wie dem auch sei, der französische Admiral Beaufort hatte es nicht so eilig, in den Kanal zu kommen. 87 Vgl. The Continuation of the Life of Edward Earl of Clarendon, 13. Mai 1666, in: ebd., Nr. 7, 203. 88 Ships gone with the Prince, 29. Mai 1666, BL, MS. Add. 32 094, fol. 116. 89 Letter to Prince Rupert, 24 May and this day approved by the Council, in: RMLB. Nr. 21, 216f. 90 London Gazette, Falmouth, 23. Mai 1666, in: ebd. Nr. 23, 217f. 91 London Gazette, Whitehall, 13. Juni 1666, in: ebd. Nr. 24, 218. 227

Die Kriege

Am 25. Mai 1666 deutete Coventry an, Informationen über ein baldiges Auslaufen der niederländischen Verbände zu besitzen.92 Solche Meldungen erhielt auch Arlington. Er schrieb Albemarle am 24. Mai, die Meldung erreichte den Admiral aber erst am 27. Diese Informa­tionen hatten jedoch auf die weiteren Entscheidungen unverständlicherweise keinen Einfluss. Vielmehr wollte Albemarle wissen, ob er im Falle eines plötzlichen Auftauchens der niederländischen Seestreitkräfte mit weniger als 70 kampfbereiten Schiffen das Gefecht suchen sollte. Der Ball wurde jedoch vom wenig entscheidungsfreudigen Hof an ­Albemarle zurückgespielt.93 Er sollte aus der Lage heraus selbst entscheiden. Am 28. Mai bekam der Admiral die Antwort von seinem Vorgesetzten: Nevertheless in regard Prince Rupert’s sailing will so much weaken the fleet, and that divers ships are yet to go out of the River, His Majesty judged it best that it might be expedient to change your station for the Gunfleet [ein Ankerplatz vor der Küste von Essex, Anm. d. V.], where the great ships remaining may come securely to join with you and where you cannot be forced to do anything but what you choose, which in the Downes you cannot.

Wie aus dieser allerdings wenig konkreten Weisung ersichtlich, gab es doch einen Plan, wie den Niederländern zu begegnen sei, nämlich eine taktisch günstigere Position bei Gunfleet zu beziehen. Man war sich natürlich der Schwächung der eigenen Flotte bewusst, darum drängte der Duke of Albemarle auf die restlichen Schiffe, die in der Themse lagen. Am 27. Mai bekam Rupert Informationen aus Den Haag, die Niederländer würden nun beabsichtigen, ihre Verbände mit jenen der Franzosen zu vereinigen. Bestärkt durch diese Nachrichten, segelte Rupert am 29. Mai mit den 20 besten Kriegsschiffen des Königreichs gegen die Franzosen. 92 Part of a letter to Rupert and Albemarle, probably from Coventry, 25. Mai 1666 in: ebd. Nr. 22, 217. 93 James an Albemarle, 28.  Mai 1666, BL, MS. Add. 32 094, fol.  114, und auch Shelly, Division, 185f. 228

Der zweite Englisch-Niederländische Seekrieg

Am 30. Mai kam jedoch die Schreckensmeldung: Kapitän Thomas Ewen informierte Albemarle, dass die holländische Flotte Texel verlassen und sich mit der Flotte Seelands vereinigt hatte. Das Worst-Case-Szenario trat ein. Lord General Albemarle drängte nun auf Verstärkung. Am 30. Mai beschloss der Privy Council, der ebenfalls die Nachricht vom Auslaufen der Niederländer erhielt, Albemarle weitere Kriegsschiffe zur Verfügung zu stellen und Rupert sofort zurückzubeordern.94 Doch dieser Befehl war offenbar nicht so leicht umzusetzen: Der Duke of York unterschrieb die Order für Ruperts Rückholung um Mitternacht in seinem Bett und ­Coventry schickte einen Boten zum Secretary of State, Lord Arlington, der wiederum veranlassen sollte, den Pfalzgrafen in Portsmounth, Portland oder Plymouth zu suchen. Die schon äußerst prekäre Lage wurde aber nicht nur durch ein umständliches Prozedere verzögert, sondern auch durch verängstigte Diener, die ihren Herrn nicht um den wohlverdienten Schlaf bringen wollten – durchaus vorstellbar im Hause eines Mannes, der den Lifestyle eines spanischen Granden pflegte. Der Bote kehrte wiederum zu Coventry zurück, der zum Glück Englands noch nicht zu Bett gegangen war. Diesem aber war es unmöglich, drei schnelle Kuriere aufzutreiben, sodass er die Nachricht an Rupert per Schnellpost schicken musste.95 Um fünf Uhr morgens, am 1. Juni 1666, erreichte der Befehl zur Rückholung Ruperts Portsmouth. Der aufmerksame Pfälzer hatte den Gefechtslärm der sich schon im Gang befindlichen Schlacht gehört, kreuzte vor Portsmouth und konnte leicht gefunden werden. Nach Erhalt der Nachricht trat noch eine – offenbar durch ungünstige Winde verursachte – sechsstündige Verzögerung ein, dann segelte Rupert in Richtung des Flottenstützpunktes Downs.96 Indessen war Albemarle bereits in schwere Gefechte mit der niederländischen Flotte verwickelt. Pepys notierte in sein Tagebuch: 94 James an Albemarle, 31. Mai 1666, BL, MS. Add. 32 094, fol. 131. 95 Vgl. dazu Shelley, Division, 187. 96 Vgl. dazu Morrah, Rupert, 335, und auch Fußnote 1 in Pepys, Diary VII, 144. 229

Die Kriege

I to Sir G. Carteret, who told me there hath been great bad management in all this …97

Von einem vorbildlichen Krisenmanagement konnte man wahrlich nicht sprechen. Albemarle entdeckte am 1./11.  Juni 1666 um 11  Uhr die niederländische Flotte.98 Er hatte 54 Kriegsschiffe zur Verfügung,99 de ­Ruyter über 80. Die Offiziere beschlossen, trotz momentaner quantitativer Unterlegenheit, aber im Wissen, Rupert sollte zurückbeordert werden, die niederländische Flotte anzugreifen. Nachteilig am ersten Tag für die Engländer war ohne Zweifel der schwere Seegang, der es unmöglich machte, die unteren Geschützdecks zu verwenden, womit man die Überlegenheit an Feuerkraft nicht ausspielen konnte. Albemarle jedoch ließ, ganz in der Manier des alten ehrbewussten Haudegens, Arlington schon am 28. Mai wissen: I should be loath to retreat from them, because it goes against my stomach to do it.100

Monck wollte auf dem Niveau fortfahren, auf dem er im ersten Krieg aufgehört hatte: Klare Überlegenheit gegenüber den Niederländern. Die niederländische Flotte wurde von de Ruyter als Oberkommandierendem angeführt, die Vorhut und den rechten Flügel bildeten die Schiffe aus Seeland und Friesland unter Cornelis Evertsen, jene der Maas und Nord97 Pepys, Diary VII, 143. 98 Zur Viertagesschlacht ausführlich Fox, A distant storm, 136–287; hier Albemarle to Coventry, Royal Charles Half way between the North Foreland and Dunkirk, 1. Juni 1666, in: RMLB, Nr. 47, 231. 99 Zur Stärke der englischen Flotte vgl. Lord General’s Fleet when he engaged, 11.  Juni 1666, in: Colenbrander  1, Nr.  215, 321f. Nach diesem Bericht verfügte Albemarle über 60 Schiffe, 3 206 Geschütze und 14 855 Mann, Rupert über 20 Schiffe, 1 052 Geschütze und 4 730 Mann. 100 Zitat bei Taylor, Fight, 290. 230

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hollands führte der Vlootvoogd persönlich, und der Verband aus Amsterdam stand unter Cornelis Tromps Kommando. Schon sehr bald musste Albemarle erkennen, dass die Niederländer von 1666 ein anderer Gegner sein würden, als sie es im ersten Krieg gewesen waren. Sie erwiesen sich als gefechtstechnisch überlegen. Der erste Tag endete für die Engländer katas­ trophal. Am zweiten Tag war die Flotte von Monck nur noch 44 Schiffe stark, de Ruyter hatte hingegen an die 80 Schiffe zur Verfügung. Nun traten die Engländer allerdings koordinierter auf, sie griffen in geschlossener Kiellinienformation an. Gegen Mittag glaubte man auf englischer Seite sogar, eine Entscheidung herbeiführen zu können, aber de Ruyter konnte in dieser kritischen Situation sein ganzes seemännisches Talent ausspielen. Auf beiden Seiten waren die Verluste an Menschen und die Beschädigungen an den Schiffen beträchtlich. Im Morgengrauen des 3./13.  Juni erblickten die schon schwer mitgenommenen Verbände Albemarles ­Ruperts ­ over Flotte.101 Der Pfalzgraf in englischen Diensten hatte am vorigen Tag D erreicht, musste aber wiederum mit schlechten Windverhältnissen kämpfen und Anker werfen. De Ruyter plante, Ruperts Flotte bei den Galloper (Untiefe nördlich von Dover) auf Grund zu setzen, doch konnte der Lord General seinen Admiralskameraden zeitgerecht warnen. Die Royal Prince, das Flaggschiff von Admiral Ayscue, lief jedoch tatsächlich auf diese Untiefe auf und wurde von den Niederländern mit Brandschiffen angegriffen und verbrannt. Die Verstärkung durch den Pfälzer war für die englische Flotte eine Erlösung. Sir Thomas Clifford berichtete: Within little we made their flags and hulls, and then in our whole fleet was such a shouting, and the English hulloo that the Dutchmen that were all along firing at us were at a little pause, however kept on after us, and we, endeavouring to join with Prince Rupert ...102

101 Description of the Four Days’ Battle, 1666, by the Duke of Albemarle, in: ­Ingram, Three Sea journals of Stuart Times, 232. 102 Sir Thomas Clifford an Arlington, 5. Juni 1666, in: RMLB, Nr. 57, 252–257. 231

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Ruperts Ankunft gab der englischen Flotte einen enormen moralischen Auftrieb, den sie in dieser prekären Lage bitter nötig hatte. Mit dem Verband des Pfälzers war die Flotte wieder über 50 Schiffe stark. Rupert übernahm nun die Vorhut, da er die besten Kriegsschiffe und eine ausgeruhte Mannschaft unter seinem Kommando hatte.103. Am Montag, den 4./14. Juni griffen die königlichen Seeverbände in guter Formation an. Rupert wurde sogleich in ein schweres Gefecht verwickelt, das seinem Vizeadmiral, Sir Christopher Myngs, das Leben kostete. De Ruyter versuchte, seinen Schiffen im Nahkampf Entsatz zu bieten, jedoch begegnete ihm Rupert luvseits. Dieser musste sich aber für kurze Zeit aus dem Gefecht zurückziehen, da seine Takelage arg zerschossen war. Als der Vetter des Königs wieder ins Geschehen eingriff, wurde sein Schiff ein weiteres Mal kampfunfähig geschossen. Die Takelage war dermaßen mitgenommen, dass ein weiterer Einsatz am selben Tag unmöglich war.104 Rupert segelte Richtung Nordwest, Albemarle tat es ihm nach, gefolgt von de Ruyter, bis plötzlich Nebel einbrach. Unter diesen Bedingungen konnte der niederländische Oberkommandierende so nahe an der feindlichen Küste kein Risiko eingehen und segelte in die heimischen Häfen zurück. Damit ging eine viertägige Seeschlacht zu Ende, in der die Engländer zehn Schiffe verloren. Zumindest über 1 000 Seeleute wurden getötet, an die 1 500 verwundet, und über 1 800 wurden von den Niederländern gefangen genommen.105 Sir George ­Ayscue kam dabei das äußerst zweifelhafte Privileg zu, der höchstrangige jemals in Kriegsgefangenschaft gekommene britische Seeoffizier zu sein.106 Die Niederländer hingegen verloren nur vier Schiffe, allerdings wurden 103 Rupert’s Account of the Four Days Battle, in: ebd., Nr. 53, 242. Vgl. dazu auch: An account of the battle between the English and the Dutch Fleet on the 11, 12, 13 and 14 June 1666, in: Colenbrander 1, Nr. 219, 332f. 104 Vgl. dazu Description ..., by the Duke of Albemarle, in: Anderson, Journals, 233. 105 So Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 159f. 106 Rodger, Command of the Ocean, 75. 232

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über 1 500  Mann getötet (darunter Admiral Cornelis Evertsen) und 1 300  Mann verwundet. Die erschreckenden Verluste in dieser einen Seeschlacht waren bei Weitem höher als in so mancher Landschlacht des Dreißigjährigen Krieges. Das mag jedoch kaum verwundern, bedenkt man, dass an die 150 Kriegsschiffe beteiligt waren, wobei die größten Linienschiffe wie die Royal Charles über 700 Seeleute und die Royal James über 500  Seeleute an Bord hatten.107 Weder Rupert noch Albemarle wollten unmittelbar nach dem Gefecht die Niederlage wahrhaben. So meldete der Lord General am 9. Juni: We were overpowered in number but the Dutch lost more than we.108

Das war natürlich eine unkorrekte Information. Der Admiral unterbreitete gleichzeitig ein Angebot zur Schadenswiedergutmachung, eine Art Kompensation für die Niederlage: If I can be ready in a fortnight I would be glad to sail our fleet before ­Amsterdam.

Rupert gestaltete seine Meldung nach London etwas lockerer, er bagatellisierte die Niederlage, berief sich auf die zahlenmäßige Überlegenheit der Gegner und den Schäden, die Tromp zugefügt wurden: I was once in a posture to have stroke but having not so many ships to change as my Spitz-Broder Drump who was fain to change three, besides that he came in first I was forced off. Our damage is general yet not so great …109

107 Liste der Schiffe, die in der Schlacht beteiligt waren, BL, MS. Add. 32 094, fol. 151. 108 Albemarle an Arlington, At the Nore, 9. Juni 1666, in: RMLB, Nr. 58, 257. 109 Rupert an Arlington, At the Nore, 9. Juni 1666, in: ebd., Nr. 59, 257. 233

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Abgesehen von der Verharmlosung der Niederlage ist dabei bemerkenswert, dass der Pfälzer den niederländischen Admiral Tromp als seinen Spitz-Broder (Kameraden, Waffenbruder) bezeichnete – der Anhänger des Fürstenhauses Oranien, Tromp, war ihm kein Todfeind. Kein Wunder bei diesen Meldungen der Flottenkommandanten, dass man in London bereits den vermeintlichen Triumph feierte.110 Die Niederländer konnten ihren Sieg, der ausgiebig in den Städten mit Festgottesdiensten, aber auch mit freiem Wein für die Bevölkerung gefeiert wurde, den seemännischen Fähigkeiten von de Ruyter verdanken. Allerdings gelang es dem Seetaktiker nicht, einen entscheidenden Schlag gegen eine unterlegene Flotte – selbst am vierten Tag waren die Engländer zahlenmäßig noch in der Minderzahl – herbeizuführen.111 Ratspensionär de Witt war zwar über den fulminanten Sieg erfreut, erkannte jedoch ebenfalls, dass diese vier Tage währende Schlacht noch nicht die Entscheidungsschlacht war. Nach seiner Beurteilung sollte die nächste Konfrontation der beiden Seestreitkräfte die entscheidende Schlacht werden, mit der die Generalstaaten die Friedensverhandlungen einleiten konnten.112 Allerdings zerschlugen sich seine Hoffnungen auf eine Unterstützung durch die französische Flotte sehr rasch, und er unterschätzte die Royal Navy, denn die englische Flotte war trotz aller logistischen Widrigkeiten zu einer überraschend schnellen Regeneration in der Lage. De Ruyter war Ende Juni schon wieder auf See. Er ankerte am 3./13. Juli im King’s Channel, womit er in den englischen Reihen für helle Aufregung sorgte. Brander und Fregatten wurden gegen de Ruyter in Marsch gesetzt. Noch immer aber war das Gros der englischen Seeverbände nicht einsatzbereit. Am 4./14.  Juli 1666 suchten die beiden Admiräle um Mannschaften, Masten, Segeln, Takelagen, Munition und 110 Wilson, Profit and Power, 136f. 111 Vgl. Taylor, Fight, 289–297 112 Rowen, John de Witt, 587–589. 234

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Verpflegung an.113 Am 18./28. Juli wurde an Bord der Royal Charles ein Kriegsrat abgehalten; neue gefechtstechnische Vorgangsweisen wurden besprochen, die Albemarle sehr optimistisch stimmten – „he (Albemarle) knows now the way to beat them.“114 Bei diesen Angriffsverfahren ging es vor allem um eine günstige Koordination der Flotte, vornehmlich der Vorhut, in der vorteilhaften Windlage (Luvseite), die dem Feind unbedingt verwehrt werden sollte. Mit einem klaren taktischen Konzept und mit einer aussichtsreichen Flottenstärke suchten die beiden Admiräle nun die Konfrontation. Die englische Flotte hatte im Juli 89 Schiffe zur Verfügung, wovon 23 neu waren, die Niederländer hingegen brachten es auf 88 Schiffe, darunter acht neue. Rupert und Monck übernahmen gemeinsam das Kommando auf der Royal Charles. Am 19./29. Juli 1666 segelten sie los, drei Tage später sichteten sie erstmals wieder den Feind. Am 25. Juli/4. August – es war der Tag des Heiligen Jakobs – lichtete die englische Flotte um 2 Uhr früh die Anker. Um 9.30 Uhr eröffnete die niederländische Vorhut das Feuer, bereits um 1 Uhr nachmittags waren beträchtliche Teile der führenden Offiziere dieser Vorhut nicht mehr am Leben, darunter auch Jan Evertsen, Bruder des in der vorigen Schlacht gefallenen Cornelis. Schwere Kämpfe gab es zwischen den mittleren Verbänden. Die Royal Charles verwickelte de Ruyter, der die ausbleibende Unterstützung durch Cornelis Tromp nicht verstehen konnte, in schwere Gefechte. Tromp, Sohn des populären Maerten Tromp und ebenso überzeugter Anhänger des Hauses Oranien wie sein Vater, wurde nach diesem Gefecht aufgrund der schweren Differenzen mit de Ruyter entlassen. Der Luitenant-Admiraal selbst zeigte wieder seine Erfahrung. Durch seine seetaktischen Fähigkeiten konnte er eigene Schiffe aus dem Tumult herauslösen. Schließlich mussten sich die Niederländer aber zurückziehen; zu leichter Wind machte die Verfolgung für die englische Flotte unmöglich. Die Flotte der Generalstaaten hatte zwar nur zwei 113 Vgl. Rupert und Albemarle an den König, 4. Juli 1666, in: RMLB, 263. 114 Zitat bei Taylor, Fight, 298. 235

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Schiffe verloren, musste aber einige Tausend Mann an Verwundeten und Toten beklagen, die Engländer hingegen verloren ein Schiff und 300 Mann. Somit hatten die beiden Admiräle einen Sieg gegen einen gleich starken Gegner davongetragen; ein Sieg, der weitere Aktionen gegen die niederländische Schifffahrt erlaubte. Nun kam die Stunde für Robert Holmes, der wiederum eine seiner gefürchteten Überfallsaktionen, auf die noch näher einzugehen sein wird, starten durfte. Ab Ende August hatte sich die niederländische Flotte wieder reorganisiert. Willem Joseph van Ghent ersetzte den streitsüchtigen, jedoch nicht unpopulären Cornelis Tromp. Es kam nochmals die Hoffnung auf, die Flotte des Duc de Beaufort würde sich mit jener de Ruyters vereinen. Die Franzosen kamen jedoch nicht. Beaufort führte zwar seine Flotte Ende September in den Kanal, segelte dann aber wieder nach Brest, wo sie überwinterte. Als das Feuer in London ausbrach (für de Witt im Übrigen ein „wunderbares Ereignis“115), schöpfte man in den Niederlanden Hoffnung, einen zerrütteten Gegner anzutreffen. Deshalb wollte de Witt ab Oktober die Engländer unbedingt noch zu einer Schlacht herausfordern.116 Dann aber wurde de Ruyter schwer krank, er musste die Flotte verlassen und ging auf Heimaturlaub. Admiral Aert van Nes und de Witt persönlich übernahmen nun die Flotte. Doch es reichte nur zu einer Verfolgungsjagd bis nach Calais. Die beiden Flotten wurden durch einen Sturm in die Häfen gezwungen. Rupert, er war ab diesem Zeitpunkt allein verantwortlicher Kommandant der englischen Flotte,117 beschränkte sich in der Folge auf die Überwachung des Ärmelkanals mit leichten Kräften. Albemarle wurde zuvor schon als Krisenmanager ins brennende London berufen – „honest George“, wie er vom König genannt wurde, sollte Herr der Lage in London werden. Es kam zu keinen weiteren Gefechten mehr im Jahre 115 Rowen, John de Witt, 622. 116 Rowen, John de Witt, 591–594. 117 Vgl. dazu RMLB, 9. 236

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1666.118 Indessen wurde die Lage für England immer schlechter. Das Große Feuer von London und schon zuvor die Pest glaubten viele Calvinisten als Strafe Gottes für die Aktion von Holmes, der die friesische Insel Terschelling überfiel, interpretieren zu können. Zudem rissen diese beiden Katastrophen enorme Löcher in die ohnehin bereits maroden Staatsfinanzen Englands, und die Kriegsbegeisterung, die noch zu Beginn des Konfliktes herrschte, verflog rapide. Das Finanzsystem Englands konnte zwei Jahre Krieg verkraften, aber kein drittes Jahr, schon gar nicht unter diesen widrigen Rahmenbedingungen, zumal mit der Pest und dem Feuer die Finanzmetropole London schwer getroffen war. Nicht nur das Parlament, auch die Kaufmannschaft hatte genug von diesem Krieg, den sie ursprünglich willkommen geheißen hatte. Nicht mehr die Niederländer, die Krämerrepublik, war das erklärte Feindbild der Engländer, sondern die Franzosen: … our common people cry out ‘peace with Holland and war with the unworthy French’.119

Frankreich wurde zum neuen Feind, zum neuen Aspiranten auf die Universalmonarchie. Und in den Niederlanden kam es, wie es sich Royalisten erhofften, nicht zur Oranischen Revolution, zum Sturz der Regentenregierung de Witts. Ganz im Gegenteil: De Witt übernahm im Frühjahr 1667 die strategische Initiative auf allen Ebenen. Dieses Klima veranlasste den König zu Friedensverhandlungen mit den Niederlanden, die im März eröffnet wurden.120 Die Flotte wurde indes im Frühjahr aufgrund des Geldmangels nach Medway, Harwich und Portsmouth befehligt und dort vorerst stillgelegt. Nur noch einige schnelle Schiffe sollten auf die Jagd nach niederländischen Handelsschiffen gehen. Die 118 Vgl. dazu Tedder, Navy, 177–179. 119 Zitat bei Boxer, Wars, 37. 120 Zur Stimmung in England nach dem Feuer vgl. ebd., 36f., und Pincus, ­Protestantism and Patriotism, 347–368. 237

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Ausgaben für die Navy mussten auf ein Minimum reduziert werden. Das Parlament drohte zudem an, die Aufwendungen für die Kriegsmarine und für diesen nun unpopulären Krieg schärfer zu überprüfen.121 In den Generalstaaten hatte man anderes vor, als die Flotte in den Stützpunkten zu belassen. Johan de Witt heckte ja bereits seit einiger Zeit einen tollkühnen Plan aus: Er wollte die englischen Seestreitkräfte in ihren Stützpunkten überfallen und so der englischen Marine eine noch größere Demütigung zufügen, als dies Robert Holmes ein Jahr zuvor in niederländischen Gewässern gelungen war. Rache für Terschelling war bei Weitem aber nicht das einzige Motiv für de Witt, ihm ging es um eine Beschleunigung der Friedensverhandlungen, zumal der Kriegsverbündete Frankreich mit seinen Ambitionen auf die südlichen Niederlande immer gefährlicher erschien. Mit dem Angriff auf die englischen Flottenstützpunkte sollten die Friedensverhandlungen in Breda in eine für die Generalstaaten vorteilhafte Richtung gelenkt werden. Ob der holländische Staatsmann für diese Aktion englische Politflüchtlinge aus der Zeit der Restauration, die mit den Gewässern und Untiefen der Themse vertraut waren, rekrutieren konnte, ist in der modernen Forschung strittig.122 Abgesehen davon gab es ja auch niederländische Lotsen und Skipper, die mit den englischen Flüssen vertraut waren. Bestimmt jedoch war der Kreis um de Witt gut über den Zustand der englischen Küstenverteidigungsanlagen und Werften durch holländische Spione informiert.123 Priorität hatte die Zerstörung der Kriegsschiffe im Medway, einem Nebenarm der Themse, und in den Werften in Chatham. Der Bruder des holländischen Staatsmannes, Cornelis de Witt, übernahm neben de Ruyter die operative Verantwortung für diese 121 Vgl. dazu Tedder, Navy, 179f. 122 Zu dieser Diskussion vgl. Capp, Cromwell’s Navy, 388; er zählt einige Beispiele für englische Überläufer auf. Gegensätzlicher Meinung ist Jones, Anglo-Dutch Wars, 25. Jones hält den Umstand, englische Seeleute hätten die Holländer unterstützt, schlicht für eine Legende. 123 Vgl. Rowen, John de Witt, 575 und 593–597. 238

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Aktion.124 Cornelis hatte dabei vermutlich noch einiges an Überzeugungsarbeit gegenüber den Admirälen zu leisten. Denn de Ruyter stand dem Plan zunächst skeptisch gegenüber, seine Offiziere fanden ihn sogar lächerlich, da gerade der Medway durch seine Untiefen äußerst schwer zu befahren war.125 Die englische Flottenführung hielt ja vor allem den Medway als einen äußerst sicheren Flottenstützpunkt. Die Offiziere der Generalstaaten belehrten sich selbst eines Besseren. Während der Friedensverhandlungen stellten sich die niederländischen Seestreitkräfte unter de Ruyter vor North Foreland bereit. Am 9./19.  Juni 1667 segelte der Vizeadmiral von Amsterdam, Willem Joseph van Ghent, mit 17 Kriegsschiffen und 4 Brandern in den Medway. Die sogenannte tocht naar Chatham, die Reise nach Chatham, begann. Obwohl der König durch Informanten vor einer niederländischen Überfallsaktion gewarnt wurde, die Warnungen aber offensichtlich nicht ernst nahm, und der Duke of York schon im Vorjahr und noch im Frühjahr dezidierte Verteidigungsmaßnahmen zur Erhöhung der Gefechtsbereitschaft im Bereich der Werften befohlen hatte,126 war es der Flotte van Ghents ein Leichtes, durchzubrechen. London geriet in Panik und Menschen verließen scharenweise die Hauptstadt, in der es auch zu Aufständen kam. Dabei wurde der Überfall noch durch Gerüchte über zusätzliche Landungen verstärkt. Rupert, eigentlich aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes noch im Krankenstand, eilte nach Woolwich, um sich dort mit einem schnell rekrutierten Infanterieregiment zur Verteidigung einzurichten, doch die Niederländer kamen nicht so weit.127 Albemarle bezog in 124 Dazu Panhuysen, De ware vrijheid, 332–340. 125 Zu den Vorbereitungen für den Überfall in den Medway vgl. Boxer, Wars, 37–39. Zu de Witts Plan des Überfalles auf die Themse vgl. Rowen, John de Witt, 587– 597; und auch Rommelse, The Second Anglo-Dutch War, 180–182. 126 Duke of York an das Navy Board, Whitehall, 4. April 1667, in: Colenbrander 1, Nr. 348, 529. 127 Vgl. dazu Morrah, Rupert, 348. 239

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Chatham Stellung, aber auch er konnte nicht mehr entscheidend ins Geschehen eingreifen. Der Admiral stand aufgrund der absolut unzureichenden Vorsorgemaßnahmen auf verlorenem Posten. Im Medway war die Lage katastrophal wie nirgends sonst. Die Bestandsaufnahme der englischen Marineverantwortlichen war ernüchternd: Die Brander fand man dort ohne Besatzung vor, das Wachkontingent hatte nur die halbe Stärke an Matrosen, womit ein effizienter Einsatz der Kriegsschiffe ebenfalls nicht möglich war, die Forts hatten keine Geschütze, und nicht einmal eine Sperrkette wurde angebracht. Daher blieb den Engländern nichts anderes übrig, als eigene Kriegsschiffe als Sperren zu versenken. Doch auch diese Taktik half nur bedingt. Die Niederländer fanden die englische Flotte wie sitting ducks, wie die Engländer sagen, vor. Es war also nicht nur die Niederlage als solche, die eine der größten Demütigungen der englischen Kriegsgeschichte werden sollte, es war auch die Art und Weise, wie sie zustande kam. Unfähigkeit, Inkompetenz, Trägheit, falsche Entscheidungen – Rupert und andere Sachverständige hatten den König vor der Stilllegung der Flotte gewarnt – und Befehlsverweigerungen gingen bei diesem Desaster Hand in Hand. So weigerten sich Dockarbeiter, die schon seit Monaten nicht bezahlt worden waren (offenbar soll es gar nicht wenige Seeleute und Hafenarbeiter gegeben haben, die zu dieser Zeit verhungert sind128) und sich vom König im Stich gelassen fühlten, bei den Verteidigungsmaßnahmen in Chatham mitzuhelfen. Das in der englischen Öffentlichkeit wahrgenommene fehlende Verantwortungsbewusstsein des Königs und von Teilen seines Hofes komplettierte den maroden Eindruck, den die englische Kriegführung in dieser Phase hinterließ. Charles hatte zwar – zumindest in gewisser Hinsicht – Charisma, aber charismatische Herrschaft strahlte der Stuart in dieser Krisensituation wohl kaum aus, eher das Gegenteil, wie Samuel Pepys in seinem Tagebuch festhielt: 128 Zur Misere der Seeleute vgl. Rodger, Command of the Ocean, 100–102. 2 40

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Noch nie war der König und sein Hof so schlecht angeschrieben wie jetzt, wegen Spielen, Fluchen, Huren, Saufen und anderer abscheulicher Dinge.129

Selbst Stützen der englischen Kriegführung wie Coventry und Pepys, die in der Organisation eine wichtige Rolle spielten, verloren im Laufe des Jahres 1667 das Interesse am Krieg.130 Die Niederländer hingegen freuten sich über die vorerst geringe Gegenwehr und agierten arbeitsteilig. De Ruyter griff Chatham an und van Ghent die Geschützbatterien bei Sheerness. Dabei konnte er mit seinen Marineinfanteristen große Magazine plündern. Erst nach einiger Zeit, am 13./23. Juni, gelang es der Festung Upnor Castle nördlich von Chatham, effektiven Widerstand durch Artilleriefeuer zu leisten.131 Der Bereich von Upnor Castle, ein Fort, das 1559 erbaut wurde und nicht den Anforderungen einer moderne Festung des 17. Jahrhunderts entsprach, war somit der weiteste Punkt des niederländischen Vordringens, die großen Chatham Dockyards konnten die Niederländer nicht mehr vernichten. Der Flotte de Ruyters gelang es bei dieser Überfallsaktion nicht nur, englische Kriegsschiffe zu zerstören und auf Grund zu setzen, sie konnten zudem nach dem Durchstoß bei Gillingham, das tatsächlich mit einer Sperrkette gesichert war, die Royal Charles, das Flaggschiff, entführen.132 Das war der krönende Abschluss des Unternehmens. Ein englischer Beobachter in Chatham war sich sicher: „ihre Bäuche sind jetzt voll.“133 Das Heckwappen dieses traditionsreichen englischen Flaggschiffes, das zur Zeit Cromwells Naseby (Schlacht im englischen Bürgerkrieg, die die Royalisten verloren) hieß, ist im Übrigen noch 129 Pepys, Diary VIII, 354f. 130 Vgl. Wilson, Profit and Power, 139. 131 Zur verzweifelten Lage und zum Artillerieeinsatz im Bereich Upnor Castle vgl. den Bericht von Sir John Mennes an das Navy Board vom 26.  Juni 1667, in: Colenbrander 1, Nr. 367, 555–557. 132 Eine Verlustliste der englischen Marine bei Colenbrander 1, Nr. 363, 548f. 133 John Conny an Williamson, 24. Juni 1667, in: Colenbrander 1, Nr. 364, 549f. 241

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heute im Rijksmuseum in Amsterdam ausgestellt. Es war pikanterweise jenes Schiff, das Charles 1660 von den Niederlanden zur Restauration des Königreichs nach England brachte. Der Spuk in der Themse dauerte einige Tage und die niederländische Flotte segelte schließlich unbehelligt in den Kanal. De Ruyter blockierte noch einige Zeit die Themsemündung, inzwischen aber befestigten die Engländer in fast hysterischer Eile die Hafenanlagen.134 Der deutsche Historiker Hellmut Diwald, bekannt für provozierende Themen und Topoi, versah diese Operation einst mit der Überschrift „Pearl Harbor im Jahre 1667“,135 vermutlich jedoch nur um der Sensation willen, denn dieser Überfall beendete einen Krieg, er löste keinen aus. Es kam noch zu einem niederländischen Überfall mit 3 000 Marineinfanteristen auf Harwich, der jedoch von den Engländern rasch abgewehrt werden konnte.136 Dennoch, eine große Verunsicherung blieb: Man wähnte die niederländische Flotte nun überall. Sir William Batten, er überführte Teile der Flotte des Parlaments 1648 nach Holland und war Master of the Trinity House (Association of Shipmasters, von Heinrich  VIII. zur Ausbildung von Navy-Offizieren und Lotsen gegründet), machte sich in dieser Lage im Tagebuch von Samuel Pepys einen Namen: By God, I think the Devil shits Dutchmen.137

Doch beide Seiten mussten nun erkennen, dass der bewaffnete Konflikt in eine Sackgasse geraten war. Die Engländer waren über den Überfall auf ihre Werften und Festungsanlagen schockiert, durch Pest und Feuer stark verstört, zudem finanziell am Ende, und im westlichen Mittelmeer 134 Zum Überfall in der Themse vgl. Rogers, The Dutch in the Medway; sowie kurz zusammenfassend Kitson, Prince Rupert. Admiral, 226–230; Tedder, Navy, 179–190. 135 Diwald, Der Kampf um die Weltmeere, 265. 136 Dazu Deane an Pepys, 13. Juli 1667, in: Colenbrander 1, Nr. 375, 564f. 137 Pepys, Diary VIII, 345. 242

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war ihr Handel durch die Spanier und holländische Freibeuter paralysiert. Die Niederländer erkannten wiederum, dass sie nicht auf Dauer den Kanal kontrollieren konnten. So schloss man am 31. Juli 1667 in Breda Frieden. Nach Beendigung des Krieges sollte im englischen Parlament, das am 10. Oktober 1667 zusammentrat, über die Missstände der Kriegführung Rechenschaft abgelegt werden. Die operationellen Verfehlungen nach Lowestoft, die mangelnde Bezahlung der Seeleute, die personellen Fehlbesetzungen der Kapitänsposten, die mehr als dürftige militärische Aufklärung, der Überfall auf Chatham und der Abgang der Seeleute zur Handelsflotte standen auf der 14  Punkte umfassenden Agenda.138 Schwerpunkt dabei war die Teilung der Flotte, die sich fast als kriegsentscheidender Fehler erwiesen hätte – Missmanagement war es allemal. Wenngleich parlamentarische Untersuchungsausschüsse kaum Personen von Rang aus der fest etablierten Machtelite zur Rechenschaft ziehen konnten, so waren die Aussagen der Vorgeladenen für die Ursachenanalyse dennoch äußerst aufschlussreich. Zwei potenzielle Anwärter, die man verantwortlich hätte machen können, wurden am 31.  Oktober vorgeladen. Rupert und der Duke of Albemarle139 waren als Kommandanten der Flotte freilich im engeren Kreis der Verantwortungsträger. Zudem war vom Pfalzgrafen höchstpersönlich der Vorschlag gekommen, die Flotte des Duc de Beaufort abzufangen. Die zwei Flottenverantwortlichen wurden im Unterhaus freundlich empfangen, wohl wissend, dass diese Männer sich ungemeiner Popularität erfreuten – Albemarle bewährte sich als Krisenmanager in der schlimmsten Zeit Londons und der integre Calvinist Rupert vermochte seine Popularitätswerte durch bedingungslosen Einsatz zur See zu steigern. Beide Admiräle erfreuten 138 Vgl. The heads of the Miscarriages of the late warr as they lay before the Committee of Parliament, 1. November 1667, in: Colenbrander 1, Nr. 398, 594f. 139 Seine Stellungnahme vor dem Parlament in: Colenbrander  1, Nr.  399, 595– 601. 2 43

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sich zudem der Gunst des Hofes. 140 Rupert berief sich zunächst auf die – in der Tat nebulosen – Aufklärungsergebnisse hinsichtlich der französischen und niederländischen Flotten, welche besagten, dass die Franzosen in den Kanal segeln würden und die Niederländer erst in einigen Wochen auslaufen könnten.141 Allerdings bezweifelte er die Nachrichten auch zu keiner Zeit. Daraufhin, so der Pfälzer, wollte man die Flotte des Duc de Beaufort abfangen, und im Falle einer Bedrohung aus Richtung der Niederlande sollte dieser ausgegliederte Verband wieder in den heimatlichen Stützpunkt, namentlich den Downs, einlaufen. Es kam aber anders. Wider den Erwartungen griffen die Niederländer die Flotte des Duke of Albemarle an. Rupert ging jedoch in seinen Ausführungen nicht länger auf die Schuldfragen ein und sprach die Versorgungsnotlage während des Krieges an. Nach den Angaben des Pfalzgrafen waren die Holzfässer löchrig, der Proviant unzureichend und die Bierfässer nicht immer zur Gänze gefüllt. Aufgrund des mangelhaften Nachschubs musste daher die Blockade vor der Küste Hollands aufgegeben werden. Ein anderes Problem war der allgemeine Mangel an Mannschaften, da viele Matrosen den friedlicheren Dienst in der Handelsmarine vorzogen und keiner sich für die Zwangsrekrutierung, die jedoch zum englischen System gehörte, solcher Seeleute verantwortlich fühlte. Der Personalmangel war ja tatsächlich ein virulentes Problem – nur ein Beispiel: Viele Matrosen gingen zu den Kohlefrachtern, die eine privilegierte Stellung besaßen und in denen man offenbar in einem Monat so viel verdiente wie in sieben Monaten auf einem Schiff des Königs.142 Zu wenig Offiziere und Werftarbeiter, die im Seekrieg unverzichtbar sind, stellten ein zusätzliches Problem dar. Kriegsschiffe und Brander kamen für die entscheidenden Phasen des Krieges zu spät, und als sie schließlich bei den Streitkräften eintrafen, waren sie teilweise in einem kampfunfähi140 Vgl. dazu Shelley, Division, 190. 141 Vgl. Notes upon the June Fight, 1666, in: Colenbrander 1, Nr. 220, 340. 142 Vgl. Rodger, Command of the Ocean, 129. 244

Der zweite Englisch-Niederländische Seekrieg

gen Zustand. Entgegen Ruperts Warnungen und den eindeutigen Befehlen des Duke of York wurden die Verteidigungsanlagen von Harwich und Sheerness nicht weiter gesichert und ausgebaut, was letztendlich den Überfall der Flotte de Ruyters wesentlich erleichterte.143 Sein letzter Kritikpunkt an der Kriegspolitik war die Stilllegung der Flotte in den einzelnen Flottenstützpunkten.144 War das nur ein Rundumschlag zur Verteidigung der persönlichen Reputation und Ehre oder eine berechtigte Kritik über Missstände in der Kriegführung und der Flottenverwaltung? Tatsächlich hatte der Duc de Beaufort Order, Toulon zu verlassen, um sich entweder mit der französischen Flotte in Brest oder La Rochelle oder mit der niederländischen Seemacht zu vereinigen. Als man in Frankreich erfuhr, dass die niederländische Flotte mit ihren Kriegsvorbereitungen noch nicht fertig war, musste der Duc de Beaufort im Tejo Unterschlupf suchen, um nicht von den Engländern angegriffen zu werden.145 Nun hatten die beiden Admiräle, wie sie auch dem Secretary of State Sir Henry Bennet mitteilten,146 Aufklärungsergebnisse aus denen zu schließen war, dass die Vereinigung der gegnerischen Flotte bei Belle Isle geplant war. Aufgrund dieser Informationen wurde im Kriegsrat des Königs eine Teilung der Flotte für wünschenswert erachtet, davor aber sollten die Admiräle konsultiert werden, die eine Teilung ebenfalls befürworteten.147 Dieser Sachverhalt stand außer Frage. 143 Stellungnahme Ruperts zur Kriegführung von 1666, BL, MS. Add. 32 094, fol. 202–204. 144 Vgl. auch Rupert’s narrative to the House of Commons, 31. Oktober 1667, in: RMLB, Nr. 93, 286–288. 145 Vgl. dazu Shelley, Division, 180. 146 Vgl. Rupert and the Duke of Albemarle to the Lord of Arlington, Royal Charles in the Buoy of the Nore, 11. Mai 1666, in: RMLB, Nr. 5, 200. 147 Ob die Admiräle und der Council of War die Teilung zu Recht oder zu Unrecht veranlassten, ist eine viel diskutierte Frage in der Marinegeschichtsschreibung Englands. Zur allgemeinen Diskussion vgl. Shelley, Division, 190–196; Taylor, Fight, 287–289; Tedder, Navy, 151–153; RMBL, 187–189. 2 45

Die Kriege

Wer aber war nun der wahre Verantwortliche für diese Entscheidung? Militärische Entscheidungen beruhen auf Beurteilungen der Lage, wozu auch eine Beurteilung der Feindlage gehört. Diese wiederum erfolgt zu ­ upert einem beträchtlichen Teil aufgrund von Aufklärungsergebnisse. R hatte Informationen über eine französische Flotte, die sich mit der niederländischen vereinigen wollte. Diese Nachrichten wurden noch verstärkt durch Kapitän Talbot, der die französische Flotte vor Lissabon gesehen haben wollte, als diese wohl noch nicht so weit war – es war vermutlich ein spanischer Verband. Der Pfälzer hatte somit falsche Informationen und war dadurch verleitet, die Feindlage nicht richtig einzuschätzen. Marinesekretär Pepys notierte völlig zu Recht in sein Tagebuch: How bad we are at intelligence that should give the Prince no sooner notice of anything, but let him come to Dover without notice of any fight, or where the fleet were, or anything else.148

Die Franzosen – und darin bestand das Versagen der englischen Feindaufklärung – segelten vorerst nicht in Richtung Kanal und die Niederländer waren mit ihren Vorbereitungen weiter, als man annahm. Anders lautende Meldungen über die Flotte de Ruyters wurden im Rat des Königs offenbar ignoriert. Die beiden Admiräle gingen davon aus, dass man die Franzosen abfangen könnte, noch bevor de Ruyter Segel setzen würde. Die Teilung der Flotte war somit sicherlich eine kühne, aber auch problematische Entscheidung. Dennoch erscheint sie aufgrund der Informationen, welche die Entscheidungsträger hatten, verständlich, bestand doch auch, zumindest aus der Sicht des Kriegsrates, die Gefahr einer französischen Invasion. Man glaubte, die Verbände des Sonnenkönigs könnten Portsmouth und die Isle of Wight angreifen. Das war ein Grund mehr, Beaufort abzufangen. Ruperts Vorschlag war, wenn 148 Pepys, Diary VII, 149, 4. Juni 1666. 2 46

Der zweite Englisch-Niederländische Seekrieg

auch riskant, nicht unvernünftig. Er dachte in einer militärisch-rationalen Kategorie, die ein gewisses Maß an Risiko nie ausschließen kann. Ob es so auch die MPs sahen, ist letztendlich nicht feststellbar. Denn Konsequenzen für die Oberkommandierenden der Seestreitkräfte hatte die Teilung nicht. Der englische General Frank Kitson, Biograf, aber auch engagierter Verteidiger Ruperts, sieht alle Schuld beim König und – das ist wohl noch viel mehr zu befürworten – in den teilweise völlig unkorrekten Aufklärungsergebnissen über die französische und niederländische Flotte.149 Für die missliche Lage Englands zur Zeit des Krieges wurde schließlich ein anderer Sündenbock gefunden. Lordkanzler Clarendon, der aufgrund seiner antiparlamentarischen Politik stark ins Kreuzfeuer geriet, musste die Insel unter Androhung eines Hochverratsprozesses fluchtartig verlassen.150 Die Versorgung war tatsächlich eines der Hauptprobleme im zweiten Englisch-Niederländischen Krieg und wurde auch von den Herren in Westminster dementsprechend getadelt. Schon 1664 beklagte sich der Lord High Admiral persönlich über die mangelhafte Logistik der Flotte. Zunächst lag das Problem sicher in der strukturellen Einrichtung der Verproviantierung, denn nur ein Lieferant, Sir Denis Gauden, war für die Versorgung zuständig. Zudem war die Regierung ein äußerst säumiger Kunde, sodass Gauden auch aus diesem Grund den Vertrag nicht immer erfüllen konnte. Die Admiräle erkannten freilich, dass ohne eine ausreichende Verproviantierung kein Krieg zu gewinnen war. Die Seeoperationen von James am Anfang des Krieges fielen der schlechten Versorgungslage zum Opfer, vor allem fehlte es an Bier, wie der Duke of York selbst feststellen musste.151 Aufgrund der schlechten Verpflegung und Bezahlung waren Desertionen häufig. Die Kriegsmarine hatte zu wenige Matrosen, denn in der Handelsmarine war die Bezahlung besser 149 Vgl. Kitson, Rupert. Admiral, 200f. 150 Zur Absetzung und Verurteilung des Lordkanzlers vgl. Harris, Clarendon, 359–391. 151 Vgl. dazu Tedder, Navy, 117. 2 47

Die Kriege

und zudem der Dienst weitaus ungefährlicher. Das englische System der Zwangsrekrutierungen schien sich kaum zu bewähren bzw. wurde nicht konsequent umgesetzt. Die Niederländer hingegen verließen sich auf freiwillige und recht passabel bezahlte Anwerbungen. Als Samuel Pepys im Oktober 1665 Flotteninspektor für die Versorgung wurde, verbesserte sich die Situation einigermaßen, dennoch musste auch er nach dem Krieg vor dem König in Whitehall Rede und Antwort stehen.152 ­Pepys ging daran, strukturelle Veränderungen in der Versorgung der Navy vorzunehmen, obgleich er selbst zugab: I am shamed I should go about the concerning myself in a business which I understand so very little of.153

Zweifelsohne traten Verbesserungen in der Verproviantierung ein, dennoch schienen die beiden Admiräle, Rupert und Albemarle, auch in der Folge nicht zufrieden gewesen zu sein. Es lag aber weder an der Unfähigkeit der Administration Pepys noch an einem sorglosen Umgang innerhalb der Flotte, sondern am Geldmangel. Die Kosten für die Kriegsmarine explodierten, die Schulden wuchsen an, das Vertrauen auf den königlichen Sold im Dienst der Marine sank rapide. Durch dieses fehlende Vertrauen in die Liquidität der Krone war es nicht nur schwer, Männer anzuheuern, sondern auch, Schiffe aus der Handelsmarine anzumieten. Zudem verstärkten die große Seuche und einige Zeit später das Feuer in der Finanzmetropole London die prekäre finanzielle Lage des Königreichs.154 Das letzte von Rupert angesprochene Problem war die unzureichende Verteidigung der Flottenstützpunkte in der Themse und im Medway. Obwohl James Befehl erteilte, die Häfen zu sichern, 152 Pepys, Diary VII, 260. 153 Pepys, Diary VI, 315. 154 Zu den Versorgungsproblemen der englischen Flotte vgl. Tedder, Navy, 112–118 und 146–150. 2 48

Der dritte Englisch-Niederländische Seekrieg

geschah nichts, wie im Juni 1667 offenbar wurde.155 Aus diesen Gründen schlitterte England schließlich ins Debakel.

7.3.  De r dr i t t e E ng l i s c h-N i e de r l ä n di s c h e Se e k r i e g Obwohl die Mehrheit sowohl in England als auch in den Niederlanden die Tripelallianz, die aus den ehemaligen Konfliktparteien und Schweden bestand, begrüßte, konnten die Rivalitäten zwischen den beiden Handelsstaaten nicht zur Gänze ausgeräumt werden. Wie auf der Insel selbst, so gab es auch in den Kolonien genügend Konfliktherde: Letztlich waren die enteigneten englischen Kolonisten in Surinam genauso enttäuscht über den Friedensvertrag mit den Niederlanden, wie es die aus Makassar (Indonesien) ausgewiesenen holländischen Händler waren. Das eigentliche Trauma des letzten Krieges aber war zweifelsohne der Überfall auf den Medway. Diese Schmach konnte und wollte von vielen nicht vergessen werden. Zum Ärger der Engländer bot man in den Niederlanden eine geführte Tour durch die 1667 erbeutete Royal Charles an und zelebrierte auch sonst die englische Schmach zur Genüge. Unterschwellig blieb eine gewisse Abneigung gegen die „Käsehändler“ (cheesemongers), wie man die Niederländer despektierlich nannte. Zwingende Gründe für einen bewaffneten Konflikt gegen Den Haag gab es, so wurde oft genug von der Forschung festgestellt, jedoch keine.156 Daher kann in den englisch-niederländischen Beziehungen von 1668 bis 1671 generell eine deutliche Spannungsabnahme festgestellt werden. Charles II. korrespondierte aber nicht mit der allgemeinen Stimmung und verhandelte mit seinem großen Vorbild, dem französischen König

155 Vgl. dazu ebd., 181f. 156 Vgl. dazu Jones, Anglo-Dutch Wars, 179–181. 2 49

Die Kriege

Ludwig  XIV. Das Ergebnis dieser Verhandlungen war der bereits geschilderte Vertrag von Dover. Ein Vorwand für den Krieg sollte rasch gefunden werden. Eine vermeintliche Verletzung der Grußpflicht gegenüber der königlich-englischen Yacht Merlin – in Wahrheit eine reine Provokation Englands gegenüber der holländischen Kriegsmarine – im August 1671 wurde in London zum Eklat stilisiert. Der Kapitän der Merlin, mit der Gattin des englischen Botschafters Temple an Bord, verlangte die Grußpflicht einer niederländischen Kriegsflotte in deren Gewässern und eröffnete kurz darauf das Feuer auf die Kriegsschiffe. Etwas verwundert über den martialischen Auftritt des kleinen Schiffes kam kein Geringerer als Baron Willem Joseph van Ghent, der Held vom Medway, an Bord der königlichen englischen Yacht, um sich nach der Sinnhaftigkeit dieser aus seiner Sicht wohl vollkommen unnötigen Feuereröffnung zu erkundigen. Die in den Friedensverträgen festgelegte Grußpflicht niederländischer Schiffe gegenüber englischen Kriegsschiffen schien dem Holländer zu Recht nicht nachvollziehbar. Mit dieser freundlichen Geste des holländischen Admirals rechneten die Engländer wohl kaum, viel eher mit der Erwiderung des Feuers durch die Niederländer. James Rees Jones nimmt nicht zu Unrecht an, dass eine tote Dorothy Temple ein idealer Kriegsgrund gewesen wäre.157 Wie dem auch sei: Charles kühlte die bilateralen Verhältnisse wiederum ab. Sir William Temple, der Gatte der Passagierin an Bord der Merlin und ein den Niederländern freundlich gesinnter Botschafter, wurde durch den Agent Provocateur Downing, der auch schon wieder ganz konkrete Spionageaufträge seines Herren zur Aufklärung der niederländischen Flotte in der Tasche hatte,158 ersetzt. Zu Beginn des Jahres 1672 forderte der alte und neue Botschafter im Haag ein schriftliches Zugeständnis über die Grußpflicht niederländischer Schiffe 157 Ebd., 181. 158 Charles an Sir George Downing, 16. Januar 1672, in: Bryant, Letters, Nr. XXXVI, 245f. 250

Der dritte Englisch-Niederländische Seekrieg

gegenüber englischen in deren Hoheitsgewässern. Nach Ansicht der Niederländer, die sich in dieser Frage an die Vereinbarungen von Breda halten wollten, war das jedoch mehr als nur entbehrlich. Diese Reaktion der Generalstaaten schürte den Hass gegen den Verbündeten in der Tripelallianz offenbar noch mehr. Die Formalität der Grußpflicht wurde, so glaubte man zumindest in London, von der niederländischen Schifffahrt nicht ernst genug genommen. Die Regierung in Whitehall suchte nun förmlich nach Gründen, auf Kollisionskurs zu gehen.159 Charles selbst hatte sich bereits für den Krieg entschieden. Zuvor noch schlug ein Überfall auf die niederländische Smyrna-Flotte, durchgeführt von Robert Holmes (man wäre fast geneigt zu sagen: „Wer sonst?“), der wieder einmal im Vorfeld eines Krieges für Unruhe sorgen durfte, fehl. Der ineffiziente Kaperangriff durch Holmes von Portsmouth aus hatte ein wüstes, wenn auch nicht untypisches Nachspiel in England. Die einzelnen Fraktionen in der Navy schoben sich die Schuld an dem Fehlschlag mit allerlei Begründungen gegenseitig zu.160 Einige Tag nach dem Erlass der Declaration of Indulgence, die das innenpolitische Klima nachhaltig vergiftete, und genau einen Tag nach der französischen Kriegserklärung erklärte England den Generalstaaten den Krieg (28. März/7. April 1672). Charles und sein Bruder rechneten wieder einmal mit einem schnellen Sieg; das mussten sie auch, denn das Parlament, das nun aufgrund der Toleranzerklärung den Stuarts gegenüber alles andere als wohlgewogen war, wollte bereits im Oktober zusammentreten, um über diesen Waffengang zu befinden. Der König hatte guten Grund zum Optimismus. Die enorm ausgebaute französische Flotte verstärkte die englische im Seekrieg gegen 159 Vgl. dazu Anderson (Hrsg.), Journals and Narratives, 5f. Zu den Ursachen und zum Beginn des dritten Englisch-Niederländischen Krieges vgl. Boxer, Wars, 42–45; Jones, The Anglo-Dutch Wars, 179–216; Israel, Dutch Republic, 796– 806; Kennedy, Rise and Fall, 61f.; Vonk, Zeeslag, 47–137; sowie die Quellen bei Colenbrander, Bescheiden. 160 Vgl. dazu Ollard, Man of War, 178f. 251

Die Kriege

die Niederländer. Die englischen Seestreitkräfte waren ebenfalls in den Jahren nach dem zweiten Krieg modernisiert worden. Aber auch die Niederländer hatten eine beachtliche Streitmacht zur Verfügung. Zwischen 1660 und 1670 ließ de Witt ein enormes Flottenbauprogramm umsetzen. Die Schiffe waren nun fast annähernd so groß wie die englischen, oft als Zweidecker konzipiert (die englischen Schiffe der Kategorie 1 hatten drei Decks) und in Qualität und Quantität mehr als ebenbürtig.161 Vor allem im Bereich der 1 000 bis 1 500 Tonnen rüsteten die Niederländer auf. Hatte 1665 die Flotte noch 16 Schiffe zwischen 1 000 und 1 500 Tonnen, so waren 1670 bereits 29 Schiffe dieser Klasse im Stand. De Ruyter, wiederum als Oberbefehlshaber der niederländischen Flotte eingesetzt, hatte zudem einen nicht zu verachtenden Vorteil gegenüber der englischen Flotte: Im Sommer des Jahres 1671 war er mit einer Seestreitkraft von 37 Schiffen und fast allen Flaggoffizieren zur See und konnte daher seine Kader und Verbände nach seinen Vorstellungen ausbilden.162 James war, wie schon zu Beginn des zweiten Englisch-Niederländischen Krieges, Lord High Admiral und Oberkommandierender der Flotte zur See. Er lag Ende April mit den Seestreitkräften in den Downs, die französische Flotte unter dem Kommando von Jean Comte d’Estrées in Brest. Die Franzosen sollten bei der Vereinigung den „Verband Weiß“ mit einer Stärke von 30 Kriegsschiffen bilden, der „Verband Rot“ und „Verband Blau“ wurde mit jeweils 25 Schiffen von der englischen Flotte gestellt. Der Earl of Sandwich, er war inzwischen wieder rehabilitiert worden, befehligte den zweiten englischen Verband. Noch bevor de ­Ruyter die englische Flotte beim Auslaufen stören konnte, verließ diese ihren Flottenstützpunkt, um sich mit d’Estrées zu vereinigen. De ­Ruyter blockierte den King’s Channel, hörte jedoch von den anrückenden alliierten Kräften und begab sich daraufhin auf die offene See. Am 28. Mai/7. Juni 161 Vgl. dazu Glete, Navies and Nations, 189 und Tabelle auf 200f. 162 Vgl. dazu Anderson, Journals and Narratives, 4. 252

Der dritte Englisch-Niederländische Seekrieg

1672 überraschte der niederländische Vlootvoogd die Flotte von James bei Sole Bay (Southwold Bay), wo diese sich noch verproviantierte. Aufgrund mangelnder Koordination zwischen den Alliierten gelang es James nicht, die Flotten für eine gemeinsame Aktion zu konzentrieren. Die Flotte von d’Estrées schlug einen anderen Kurs ein. So kämpften der Thronfolger gegen de Ruyter und der französische Verband gegen eine Flotte aus Seeland, die der niederländische Admiral den Franzosen hinterherschickte. Die alliierte Kriegführung zur See hörte sich in der Planung besser an, als sie in der Praxis funktionierte. Doch es sollte in den weiteren Schlachten dieses Krieges noch schlimmer kommen. James stand wiederum im Mittelpunkt der Gefechte. Sein Flaggschiff wurde von mehreren Kriegsschiffen und Brandern angegriffen. Nur durch die schwere Artillerie, das massierte Feuer einer Marineinfanteriekompanie und durch seinen persönlichen Einsatz gelang es James, die Angriffe abzuwehren. Dennoch wurde die Prince (auf der über 200 Mann fielen) so stark beschädigt, dass der Thronfolger das Schiff wechseln musste. De Ruyter konzentrierte seine Kräfte bewusst auf die Schiffe der Admiräle, die er aus dem Gefecht schießen wollte, um so die englischen Formationen zu stören. Natürlich wusste der Niederländer um die Bedeutung der englischen Führungsschiffe in ihrem taktischen Konzept. Zwar endete das Gefecht von Sole Bay unentschieden, jede Seite verlor zwei Schiffe und musste über 600  Gefallene beklagen, dennoch war es ein großer strategischer Erfolg für de Ruyter, der mit unterlegenen Kräften die völlig überraschten Alliierten angegriffen hatte und diese so von weiteren Aktionen gegen sein Land im Jahre 1672 abhalten konnte. Zu diesem Zeitpunkt, Anfang Juni, war es wohl noch keinem bewusst, dass die Alliierten hier ein „window of opportunity“ versäumten. Im Juni 1672 stand Ludwig XIV. fast vor den Toren Amsterdams und die Republik hauchdünn vor dem Fall. Ein englischer Seesieg und die Anlandung von Invasionskräften (die man aber noch nicht in Bereitschaft hatte) hätte wohl eine radikale Verschärfung der Lage für Holland bedeutet. In der Seeschlacht hatte James Glück, dass der Wind einschlief und de Ruyter 253

Die Kriege

den Schwung des Überraschungsangriffes verlor. Sandwich, der Mentor Samuel Pepys, musste in dieser Schlacht sein Leben lassen.163 Obwohl der niederländische Oberbefehlshaber einen Erfolg verbuchen konnte, war die Lage in seiner Heimat auf das Äußerste gespannt, denn von den sieben Provinzen waren zu dieser Zeit vier bereits von den Alliierten besetzt. Der Unmut über diese Lage löste Volksaufstände aus, die in der Ermordung Johan und Cornelis de Witts kulminierten. Die einzelnen Heeresabteilungen befanden sich ebenso in einer prekären Lage, denn Männer und Waffen der Kriegsmarine mussten bereits das Landheer unterstützen und kleinere Schiffe der Flotte wurden für Patrouillentätigkeit auf dem Zuidersee abgestellt, weshalb de Ruyter nur noch defensive Operationen durchführen konnte.164 In England beriet der Kronrat die weitere Vorgehensweise der Kriegführung: Rupert und Lord Anthony Ashley Cooper, er wurde der erste Earl of Shaftesbury, traten für einen Angriff auf die niederländische Küste ein, um de Ruyter zu stellen. Doch für die Flaggoffiziere und andere erfahrene Seeleute war es in diesem Jahr schon zu spät. So entschied James im September, die Seeoperationen für das Jahr 1672 zu beenden. Die Franzosen segelten am 22. desselben Monats in Richtung Heimat.165 Ein zuvor noch angesetzter, erfolgloser Überfall auf die holländische Ostindienflotte erleichterte nicht, wie erhofft, die Kriegskasse des Königreichs. Auch der dritte Krieg trug sich nicht von selbst. Der Monarch sah nun den Konflikt mit Westminster voraus, worauf er noch einmal die Zusammenkunft der MPs auf den Februar 1673 vertagte. Der Krieg gegen die Niederlande wurde indes immer unpopulärer, die kritischen Stimmen dagegen mehrten sich. Während der Parlamentsdebatten von Februar bis April 1673 musste Charles die Indulgenzer163 Zur Schlacht bei Sole Bay vgl. Anderson, Journals and Narratives, 13–21; Lambert, Admirals, 104–108; sowie Jones, Anglo-Dutch War, 190f. 164 Zu den Vorkommnissen in den Niederlanden und zum Seekrieg aus niederländischer Sicht vgl. Troost, Stadhouder-koning Willem III, 70–132. 165 Vgl. dazu Anderson, Journals and Narratives, 22–24. 254

Der dritte Englisch-Niederländische Seekrieg

klärung zurücknehmen, da das Parlament die Geldbewilligung für den Krieg davon abhängig machte. Obwohl es seiner religiösen Toleranz zuwiderlief, war er wenig später gezwungen, dem „Gesetz zur Verhinderung von Gefahren, die sich durch papistische Rekusanten ergeben können“, dem sogenannten Test Act, zuzustimmen. Dieser Krieg und die für die Stuarts unheilvolle Declaration of Indulgence beschworen wieder einen latenten, religionspolitisch motivierten Konflikt zwischen Parlament und Monarch herauf. Der Umstand, dass beide Stuarts mit Katholikinnen verheiratet waren – Charles mit Katharina von Braganza, während der ohnehin schon zum Katholizismus konvertierte James am 30.  September 1673 Maria Beatrice d’Este heiratete –, verbesserte die unglückliche Optik freilich nicht. Die Este-Tochter war nicht nur katholisch, sie stammte auch aus einem frankophilen Ambiente. Der Vater Maria Beatrices, Alfonso IV., der mit einer Nichte Mazarins verheiratet war, unterstützte den regierenden Minister Ludwigs XIV. bis 1659 im Krieg gegen Spanien, und der französische Monarch förderte die Heirat zwischen der Prinzessin aus Modena und dem Stuart großzügig.166 Erstes Opfer der neuen Gesetze wurde der Oberbefehlshaber der Flotte, der Duke of York. Rupert von der Pfalz, in den Augen der Anglikaner ein integrer Calvinist, folgte dem königlichen Vetter als Oberbefehlshaber der alliierten Flotte.167 Der Katholik James legte am 15. Juni 1673 alle seine offiziellen Ämter nieder, jenes des Lord High Admiral sogar schon früher. Für den Calvinisten Rupert war die Annahme des Sakraments nach anglikanischem Ritus, wie im neuen Gesetz gefordert, kein Hindernis. Das Amt des Lord High Admiral wurde stillgelegt, ­Rupert bekleidete daher den Posten eines Vizeadmirals, hatte aber dennoch das alleinige operative Kommando über die Flotte.168 Stellvertretender Kommandant wurde Sir Edward Spragge, der nicht zum 166 Vgl. dazu Fraser, Charles II., 322, und Quazza, Alfonso IV. 167 Kurz zum Konflikt zwischen Parlament und König vgl. Hutton, Charles  II, 301f., und Coward, Stuart Age, 314–332. 168 Vgl. dazu Morrah, Rupert, 359. 255

Die Kriege

Favoritenkreis des Pfälzers gehörte. Eigentlich wollte Rupert Sir Robert Holmes, seinen alten Kampfgefährten aus den Tagen des Kaperkrieges, der jedoch vom König abgelehnt wurde. Die französische Flotte wurde von Vizeadmiral Jean d’Estrées und seinem Stellvertreter Konteradmiral Marquis François de Martel geführt, die angewiesen wurden, mit der englischen Flotte eng zusammenzuarbeiten.169 Ihre Gegner waren de Ruyter als Oberkommandierender Admiral, Lieutenant Admiraal ­Adriaen Bankert mit dem Verband aus Seeland und der wieder reaktivierte und rehabilitierte Cornelis van Tromp, der die Schiffe aus Amsterdam führte. Hier bemühte sich vor allem Wilhelm III. persönlich um eine Aussöhnung zwischen de Ruyter und Tromp, der als eigensinnig, arrogant und undiszipliniert, aber eben auch als guter Seemann galt. Die Verhältnisse der Schiffe und Geschütze standen eindeutig zugunsten der englisch-französischen Flotte. Jedoch war Rupert im Frühjahr 1673 noch immer verzweifelt auf der Suche nach Handwerkern und See­ leuten für seine Flotte. Es fehlte den englischen Seestreitkräften wieder einmal an Spezialisten.170 De Ruyter wollte die Initiative an sich reißen, die Themse, in der 40 englische Kriegsschiffe überwinterten, blockieren und die restliche englische Flotte in Portsmouth angreifen. Das war ein einfacher, aber auch genialer Plan de Ruyters, hätte er ihn durchführen können. Jedoch ver­ upert zögerte Nebel die Ankunft des Vlootvoogds vor der Themse, und R konnte mit einem kleinen Verband die Blockade verhindern. Ruperts Husarenstück zu Beginn der Kampfsaison sollte jedoch erst noch kommen. Bei Ebbe – dies war nach den Vorschriften des Trinity House streng verboten – führte er die gesamte Flotte aus der Themse, was ein enormes Risiko darstellte.171 Mit diesem ersten riskanten Schachzug ge169 Vgl. Instruction pour le S.r Comte d’Estrées, Viceadmiral de France, Versailles, 22. März 1673, in: Colenbrander 2, Nr. 114, 208–212. 170 Rupert an Commissioner Richard Beach, St. Michael, 29. April und 2. Mai 1673, PRO, SP 46/137/420A und 424A. 171 Vgl. dazu Jones, Anglo-Dutch Wars, 19. 256

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lang es dem Pfälzer, de Ruyters Pläne zu durchkreuzen. Die Alliierten konnten sich am 16. Mai vereinigen: 16  Friday. The Comtes d’Estrées with 24  sail of men-of-war, the least of 50 guns – 300 men. He came under Prince Rupert’s stern, struck his flag, settled his topsails and fired 13 guns. The other two Flags struck theirs at the same time,

lautete die Eintragung in Spragges Logbuch.172 Am selben Tag noch stieß der König, der sich im dritten Krieg sehr oft bei seinen Admirälen einfand, zur Flotte. Der Kriegsrat beschloss tags darauf, die niederländische Seestreitmacht anzugreifen. Am 22. Mai 1673 sichteten die Engländer de Ruyter bei Schooneveld in der Nähe von Ostende.173 Rupert wollte sich bei diesem Gefecht auf die von ihm 1666 eingeführten Instruktionen verlassen. Eine der Richtlinien legte auf ein bestimmtes Signal hin eine Angriffsformation fest: Die am schnellsten segelnden Schiffe sollten die Verfolgung des Feindes aufnehmen und bei Widerstand wiederum in die bestmögliche Formation gebracht werden. Der französische Verband schien aber Ruperts Anweisungen vor der Schlacht nicht ganz verstanden zu haben – typische Probleme einer alliierten Kriegführung. Die Gewässer vor Schooneveld waren zudem schwer zu befahren, durchsetzt von Untiefen und Kanälen. Auch Spragge wusste um die Schwierigkeiten der Gewässer vor Flandern, oft genug dienten sie der niederländischen Flotte als sicherer Unterschlupf und Ankerplatz in Zeiten der Bedrängnis. Völlig zu Recht stellte Spragge daher fest, dass man die Gefahren dieser Sandbänke in Friedenszeiten hätte erkunden sollen.174 Die einzigen Karten, welche die alliierte Flotte zur Verfügung hatte, waren ältere Kopien 172 Vgl. Spragge’s Jounal, in: Anderson, Journals and Narratives, 317. 173 Vgl. dazu ebd., 317f. 174 Vgl. ebd., 319. 257

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von den Holländern. Am 28. Mai/7. Juni kam es schließlich zur ersten Schlacht im zweiten Kriegsjahr. De Ruyter, der die topografischen Verhältnisse bestens auszunutzen wusste, ging wider Erwarten zum Angriff über. Rupert musste daraufhin seine Pläne ändern und griff ebenfalls mit der gesamten Flotte an. Sein Verband konnte jedoch keine ordentliche Formation herstellen, dadurch wurde die Waffenwirkung eingeschränkt, zudem bekam die neue Royal Charles, Ruperts Flaggschiff, Schlagseite. Der Pfälzer war während der Schlacht mit seinem Spitz-Broder Tromp beschäftigt, der in diesem Gefecht zweimal sein Flaggschiff wechseln musste. Die Dunkelheit brachte den Abbruch des Gefechts mit sich. Die niederländische Flotte kehrte zu ihrem Ankerplatz zurück und Rupert legte bei der sogenannten Austernbank Anker. Ein ganzer Kampftag war vergangen und drei Schiffe auf beiden Seiten mussten zur Überholung gebracht werden. Die Verluste waren da wie dort gering. Admiral d’Estrées beklagte sich nach dem Gefecht über den ineffizienten Einsatz seiner Brander, und dies zu Recht, denn neun seiner zehn Brander waren ins Gefecht geschickt worden, ohne dass auch nur einer von ihnen hatte Schaden anrichten können. Rupert wiederum war über Spragge und die Franzosen enttäuscht, die sich, seiner Meinung nach, nicht in die Schlacht beeilt hätten, und besonders über d’Estrées persönlich, der de Ruyter nicht angegriffen hatte. Obwohl es an diesem Tag keinen eindeutigen, statistisch belegbaren Sieger gab, hatte de Ruyter die Schlacht gewonnen, denn für ihn und für die Niederlande war jede vermiedene Niederlage bereits ein Sieg.175 Beide Flotten versuchten nun ihre Schiffe zu überholen, wobei die Niederländer in den Gewässern unweit ihrer Versorgungsstützpunkte einen unschätzbaren Vorteil hatten. Gerade der mangelnde Nachschub an Pulver und Munition sollte neben der ungünstigen Wind- und Wetterlage ein entscheidender Faktor für die zweite Konfrontation werden.176 175 Zur Schlacht bei Schooneveld vgl. Taylor, Prince Rupert and De Ruyter, 1673; und zu de Ruyters drei Seeschlachten im dritten Krieg Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland, 233–281. 176 Vgl. Spragge’s Journal, in Anderson, Journals and Narratives, 321. 258

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Rupert wechselte das Flaggschiff, er war mit der neuen Royal Charles nicht zufrieden und ging auf die Royal Souvereign.177 De Ruyters Kriegsrat beschloss, so schnell wie möglich die Initiative zu übernehmen. Die Erlaubnis des Oranier-Prinzen kam am 3./13. Juni, und am 4./14. Juni griffen die Niederländer die Alliierten an.178 Der Pfalzgraf sah den Angriff offenbar voraus, sein Stellvertreter Spragge jedoch wurde von den Gegnern überrascht.179 Der über seinen Stellvertreter verärgerte Admiral verlor die Geduld und ging alleine zum Angriff über. Er wollte de Ruyter nun in einem Tumultgefecht aufreiben. Das überraschende Vorstürmen des Oberbefehlshabers löste offenbar wiederum beim französischen Verband Irritationen aus. Während die alliierten Seestreitkräfte unter der Führung eines plötzlich vorstürmenden Ruperts keine Ordnung in ihre Reihen bringen konnten, waren de Ruyters Verbände wohlgeordnet. Sir Edward Spragge, der schließlich doch bemüht war, seine Divisionen in Formation zu bringen, wurde aufgehalten – Tromp und Spragge hatten noch eine Rechnung aus früheren Tagen zu begleichen, darum entwickelte sich ihr Gefecht zu einem reinen Duell. De Ruyter wählte einmal mehr die richtige Taktik, was auch d’Estrées erkannte, als er berichtete: It was a grand skirmish rather than a straight fight, which consumed a lot of powder, which makes me think they did not intend a decisive battle, but just gain time and waste our powder.180

De Ruyter wusste um die Schwächen des Gegners. Entsprechend wählte er eine geschickte Hinhaltetaktik, die er mit seinen seemännischen und taktischen Fähigkeiten auch durchführen konnte. Er zwang die alliierte Flotte durch seine Manöver zu einem großen Munitionsverbrauch und 177 Vgl. dazu Morrah, Rupert, 365. 178 Vgl. Spragge’s Journal, in: Anderson, Journals and Narratives, 321f. 179 Vgl. ebd., 322. 180 Zitat bei Taylor, Prince, 295. 259

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traf damit genau deren Schwachpunkt.181 De Ruyter spielte mit der Feuerdisziplin der Alliierten, die nicht widerstehen konnten, das gegnerische Feuer zu erwidern, auch wenn es auf ineffiziente Distanzen ging. Rupert beschrieb die Vorgehensweise des Niederländers, nur verkannte er seine Intention: ... at his first coming de Ruyter made a show as if he would have come very near me, but before he was within musket shot, he sprung his luff, and closed his wind as much as possibly he could, going off on a sudden for good and all, which made us suppose, he had either some extraordinary damage in his ship, or that himself was hurt …182

De Ruyter war weder verletzt noch war sein Schiff, die Zeven Provinciën, ärger beschädigt, er wollte nur das Feuer der Alliierten auf sich ziehen und ihre Munition verschossen sehen. Es war eine nachhaltige Taktik gegen eine Flotte, die den wesentlich längeren Nachschubweg hatte. Ohne eine Entscheidung herbeigeführt zu haben, verließ der Oberbefehlshaber der Niederländer den Schauplatz des Geschehens um 10 Uhr abends, Tromp folgte ihm einige Stunden später. Rupert verfolgte die niederländische Flotte bis 6 Uhr morgens, hielt einen Kriegsrat ab und lief daraufhin ebenfalls eigene Stützpunkte an. Weder die Niederländer noch die Alliierten verloren ein Schiff in der zweiten Schlacht bei Schooneveld. Die Verluste an Mannschaften waren keineswegs katastrophal, doch die Schiffe zu schwer beschädigt, als dass man an ein Weiterkämpfen hätte denken können. Wiederum war es eine unentschiedene Schlacht, und wiederum gab es dennoch einen Sieger, de Ruyter, der die Alliierten von der Küste Flanderns vertreiben konnte und die niederländische Flotte kampfbereit hielt, was in dieser Situation lebenswichtig für 181 Vgl. Legge’s Journal, in: Anderson, Journals and Narratives, 303. 182 Vgl. His Highness Prince Rupert’s Letter to the Earl of Arlington, Sovereign 5. Juni 1673, in: Anderson, Journals and Narratives, 389. 260

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die Generalstaaten war.183 Rupert war über den Ausgang der Gefechte vor Schooneveld enttäuscht, er fühlte sich von der Admiralität im Stich gelassen und gegenüber den Operationen des Duke of York benachteiligt. Als Rupert nach den Gefechten wieder nach London kam, so eine Anekdote, prügelte er in einem Wutanfall mit einem Spazierstock auf die ihn erwartenden Marinebeauftragten ein und forderte den König auf, einige Verantwortliche in der Admiralität hängen zu lassen.184 Zu ernsteren Auseinandersetzungen dürfte es zwischen James und seinem Cousin gekommen sein. Rupert, der sich in seiner Entscheidungsbefugnis vom königlichen Kriegsrat stark eingeschränkt fühlte,185 wollte mehr Kompetenzen, die er nur mühsam nach und nach bekam. Seine Funktion als Admiral and Commander-in-Chief of the fleet for the present expedition wurde bestätigt, und zusätzlich übertrug man ihm die durch James’ Niederlegung der Ämter freigewordene Funktion des First Lord of the Admiralty.186 Auf alliierter Seite entschloss man sich nun zu einer kombinierten Land- und Seeaktion. Die Entscheidung wurde am 26. Juli bei einem Kriegsrat in Gegenwart des Königs auf der Royal Sovereign getroffen. Rupert sollte rekrutierte Landstreitkräfte, die zur Invasion der Niederlande vorgesehen waren, von der Themse unter Konvoischutz nach Yarmouth und die Flotte wiederum vor Schooneveld bringen, aber not for any consideration whatsever adventure upon attacking the enemy.187 Ein Angriff durfte nur auf Befehl des Königs durchgeführt werden. Sollte die alliierte Flotte de Ruyter nicht aus den eigenen Untiefen herauslocken können, so der Plan des königlichen Kriegsrates, müsste die Insel Texel 183 Ausführlich zur zweiten Schlacht von Schooneveld vgl. Vonk, De „victorieuze“ Zeeslag op Schoneveld; zusammenfassend Taylor, Prince, 294f. 184 Zu dieser Anekdote vgl. Morrah, Rupert, 367. 185 Vgl. dazu Jones, Anglo-Dutch Wars, 203f. 186 Vgl. dazu Morrah, Rupert, 368. 187 Kriegsrat auf der Royal Sovereign, 26. Juli 1673, in: Colenbrander 2, Nr. 177, 288. Vgl. auch Taylor, Prince, 295. 261

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angegriffen und die Ostindienflotte überfallen werden.188 Der Plan war gut, doch zog de Ruyter es vor, aktiv zu werden. Er ankerte Ende Juni vor Harwich, wurde aber durch eine Krankheit an Bord seiner Schiffe gezwungen, wieder zurück in die Maas zu segeln. Dort rekrutierte er neue Matrosen. Am 17.  Juli verließ die englische Flotte Nore mit einem Landungskorps, das unter dem Kommando des lang gedienten Truppenführers Friedrich Hermann Graf von Schomberg stand. Rupert setzte die Truppen Schombergs bei Yarmouth ab und begab sich vor Schooneveld. Ende Juli kamen die beiden gegnerischen Flotten wiederum in Kontakt, es entwickelte sich aber kein Gefecht. Darauf segelte die alliierte Flotte nach Norden und ankerte in Kampfformation vor Texel (Niederländisch: Kijkduin bij Den Helder). Der Pfalzgraf selbst war nun etwas ratlos: Sollte er die Truppen anfordern, die niederländische Handelsflotte suchen oder de Ruyter in der Maas angreifen? Allzu präzise waren die Vorgaben von Charles nicht. De Ruyter blieb indessen in der Maas und wartete ab. Der Oberkommandierende der niederländischen Streitkräfte, Wilhelm, ging jedoch in die Offensive: Der Oranier befahl dem Luitenant-Admirael Generael van Hollandt en WestFrieslant, die Feinde auf das offene Meer zu jagen und die Rückkehr der niederländisch-ostindischen Flotte zu sichern. Zudem verlangten auch die VOC und die Amsterdamer Kaufleute den Schutz der heimkehrenden Handelsflotten. De Ruyter musste aus seiner Deckung heraus. Am 10./20.  August machten sich die beiden Seestreitkräfte zum Gefecht bereit. 86 alliierte Schiffe standen 60 niederländischen gegenüber. Tags darauf begann die Schlacht vor Texel.189 Rupert griff sofort die feindlichen Verbände an. De Ruyter, obwohl mit unterlegenen Kräften angetreten, schien die seit 1666 eingeführten englischen Seekriegsinstruktionen aber besser zu kennen als so mancher englische Kapitän. Es gelang 188 Instructions given to Prince Rupert by Charles  II, Royal Souveraign, 26.  Juli 1673, BL, MS. Add. 38 849, fol. 79. 189 Zur Schlacht bei Texel vgl. Taylor, Prince, 295–298; Davies, Pepys’s Navy, 262– 268. 262

Der dritte Englisch-Niederländische Seekrieg

ihm meisterhaft, die gegnerische Flotte zu teilen und ihre Überlegenheit unwirksam zu machen. Entgegen den Befehlen Ruperts ließ sich Admiral Spragge wiederum von Cornelis Tromp provozieren. Er wollte nun das Duell fortsetzen, das man in der zweiten Schlacht von Schooneveld hatte abbrechen müssen. Aus diesem Duell heraus entwickelte sich ein schweres Gefecht, in dem Spragges Flaggschiff, die Royal Prince, schwer beschädigt wurde. Als der stellvertretende Kommandant der englischen Flotte das Schiff wechseln wollte, wurde sein Boot getroffen, er selbst ertrank. Aber es war nicht nur de Ruyters seemännisches Geschick, das den Niederländern an diesem Tag den entscheidenden Vorteil einräumte, es war auch ihre überlegene Artillerie, wie ein Augenzeuge berichtete: The enemy shoots more than we do, and ply their guns faster; they shoot much pound shot, which fly so thick and cut rigging so much. When the enemy came near us, I could perceive our shot were well placed in them, but when they were at any distance, our shot often fell short.190

Es scheint, als hätte die englische Flotte ihre ureigenste Stärke, die Feuerkraft, bei Texel nicht mehr ausspielen können. Der Pfälzer selbst hatte mit seinem Verband hart zu kämpfen. Am späten Nachmittag wollte der Admiral seine Verbände in seinem Kielwasser sammeln. Er versuchte, die alliierte Flotte in Formation zu bringen. Jedoch schien d’Estrées das Signal – wiederum – falsch verstanden zu haben und behielt den Vorteil der günstigen Windlage. Diese Missachtung des Signals sollte noch ein Nachspiel haben. Fehlverhalten und Missverständnisse prägten somit die Schlacht von Texel auf alliierter Seite. Einerseits ließ sich Admiral Spragge auf ein Privatduell mit Tromp ein, andererseits brach der französische Admiral ohne den Befehl Ruperts das Gefecht ab und glaubte es am nächsten Tag fortsetzen zu können. „D’Estrées remained spectator of it – to the end of the engagement“, wie es in einer nachträglich hin190 Zitat bei Taylor, Prince, 297. 263

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zugefügten Nebenbemerkung der Flotteninstruktion für Rupert hieß.191 Die englische Flotte fühlte sich vom französischen Admiral hintergangen und verraten. Für Rupert hatten die französischen Verbündeten ganz klar die Schuld an der Niederlage.192 Die Franzosen ließen ihn, wie er es darstellte, schlicht und einfach im Stich: D’Estrées kam einem Flaggensignal, mit dem der Admiral zum Sammeln und zum Angriff aufrief, nicht nach. Warum aber kam der französische Oberbefehlshaber diesem Flaggensignal nicht nach? Hatte der französische Admiral einen geheimen Befehl seines Königs zur Schonung der eigenen Verbände oder verstand er nur das Signal als solches nicht? Waren es geheime Anweisungen aus Paris oder war alles nur ein Missverständnis?193 Für die erste Vermutung eines geheimen Befehls aus Paris zur Zurückhaltung der Flotte gibt es – wenig erstaunlich – keine Beweise, obgleich es wahrlich nicht ins politische Konzept des französischen Königs gepasst hätte, England mit einem totalen Sieg zur See zum unumschränkten Herrscher der Weltmeere zu krönen. Frankreich beabsichtigte zwar die niederländische Dominanz im Welthandel zu brechen, diese aber nicht durch eine englische Vormachtstellung zu ersetzen. Schließlich wollten auch Ludwig XIV. und Colbert im großen Rennen um die kolonialen Ressourcen ein gewichtiges Wort mitreden. So waren im Grunde die beiden Verbündeten in derselben Lage: Sowohl England als auch Frankreich trachteten nach einer massiven Schwächung der Niederländer, keiner aber wollte dem jeweils anderen die globale Vormachtstellung überlassen. Dennoch: Ein Beweis 191 Instructions given to Rupert, Royal Souveraign, 26. Juli 1673, BL, MS. Add. 38 849, fol. 79. 192 Vgl. Prince Rupert, A Brief relation of the Engagement of his Majesty’s and the King of France’s fleets under my command with the Dutch upon the 11th of August 1673 near the Texel, in: BND, 221. 193 Zu dieser Diskussion vgl. Anderson, Journals and Narratives, 52–55; Morrah, Rupert, 374f.; Taylor, Prince, 297–299; auch Ekberg, The Failure of Louis XIV’s Dutch War, 160–165. 264

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für den zurückhaltenden Einsatz des französischen Admirals sind diese Annahmen noch nicht. Die zweite darin implizierte Vermutung eines taktischen Missverständnisses erscheint jedoch ebenfalls unwahrscheinlich, denn der stellvertretende französische Admiral verstand das Signal sehr wohl: Prince Rupert, seeing us coming down with that fair wind, gave us the signal to bear into his wake. Monsr. Martell laid his sails to the west and expected Monsr. d’Estrées would advance with his whole squadron, and fall altogether with his fair wind on the body of the enemy and send his fireships among them, but instead he kept the wind, and contented himself with letting his ship fire at more than a cannon and a half distance from the enemy. Monsr. Martell saw very well how shameful this was, but having express order to attempt nothing without the order of Monsr. d’Estrées and besides having been so ill-attended that morning by the captain of his own division that he could have no assurance they would follow him, he shrugged up his shoulders, and forbade any firing from his ship.194

Der erfahrene Seeoffizier de Martel entlastete Rupert und bezichtigte seinen – ohnehin ungeliebten – Vorgesetzten der Feigheit vor dem Feind. An den französischen Botschafter in London schrieb der stellvertretende Admiral: M.r d’Estrées a deshonoré la nation ayant fait autant de mal qu’il pouvoit.195

De Martel fuhr schwere Anschuldigungen gegen den obersten Admiral seiner Flotte auf. Daraufhin musste er eine zweijährige Haft in der

194 Diese Stellungnahme von de Martel bei Morrah, Rupert, 375. 195 De Martel an Colbert de Croissy, 6.  September 1673, in: Colenbrander  2, Nr. 215, 341. 265

Die Kriege

Bastille antreten.196 Auch das regte die Fantasien in England an. Kopien seiner Stellungnahme ergingen sowohl an hochrangige französische Regierungsbeamte als auch an den Pfälzer, der dieses Schreiben gut zu instrumentalisieren wusste. Die Reaktion der Navy auf den für den französischen Admiral diskreditierenden Bericht seines Stellvertreters fiel naturgemäß sehr positiv aus: This gentleman de Martel seems by many circumstances a most gallant man, zealous of his honour, and the honour of his nation, and faithful to the utmost …,

und weiter hieß es in dieser apologetischen Beurteilung der Schlacht: … by this behaviour of d’Estrées there is ground enough to collect, that de Ruyter and the Zeeland Vice-Admiral were before hand pretty confident, that the French would not hurt them.197

Vonseiten Ruperts und der Flotte kamen also massive Beschuldigungen gegenüber Jean d’Estrées. Die Unwissenheit des französischen Admirals über die Bedeutung seines Befehls nahm ihm der Pfälzer nicht ab. Allerdings war auch mit der schlechten Koordination der einzelnen Verbände keine Entscheidungsschlacht herbeizuführen, geschweige denn zu gewinnen. Die Alliierten legten mit ihren überlegenen Streitkräften die Strategie auf eine Entscheidungsschlacht hin aus, sollten doch Truppen in Holland oder Seeland an Land gebracht werden. Nun aber muss-

196 Vgl. dazu Trout, Colbert, 146; und Seignelay an Colbert de Croissy, Nancy, 17. September 1673, in: Colenbrander 2, Nr. 222, 348f. 197 Vgl. An Exact Relation of several Engagements and Actions of His Majesty’s Fleet under the command of His Highness Prince Rupert. And of all circumstances concerning this summer’s expedition, Anno 1673. Written by a person in command in the fleet, in: Anderson, Journals and Narratives, 381f. 266

Der dritte Englisch-Niederländische Seekrieg

ten sie selbst froh sein, dass de Ruyter das Gefecht abbrach. Rupert beschrieb das Treffen in seinem Bericht folgendermaßen: The enemy, when dark night came, stood off to their coast, which I had reason to be glad of, resolving if I could avoid it not to venture a new engagement the next day, unless I could have had a better assurance not only what the Count D’Estrées but many of our own meant to do who had failed me so in this. In this battle neither English nor French lost one ship of war, neither do I think the Dutch have great reason to rejoice, and considering all things, I think it the greatest Providence ever befell me in my life that I brought off his Majesty’s fleet so.198

Schon zum dritten Mal verloren weder die Niederländer noch die Alliierten ein Schiff, zum dritten Mal ging eine Schlacht, sieht man sich nur die Statistik an, unentschieden aus. Der eigentliche Sieger aber war zweifelsohne wiederum de Ruyter und mit ihm die Niederlande. Der Vlootvoogd konnte seinem Statthalter, Wilhelm III., einen klaren Erfolg melden, und dies hieß nichts anderes, als dass er die Niederlande vor einer alliierten Landung bewahrt hatte. Schlechtes Wetter, ausgehender Proviant und Krankheiten in der englischen Flotte zwangen die Alliierten zur Umkehr. Selbst Charles war von seinem Krieg nicht mehr überzeugt: Eine Landung, so schrieb er seinem Oberbefehlshaber zur See am 13. August, wäre nun nicht mehr empfehlenswert, da die Franzosen keine Diversion zu Lande unternehmen könnten. Zudem hätten sich die Niederlande gut zur Verteidigung eingerichtet. Rupert solle auch keine Angriffe im seichten Gewässer durchführen oder die Ostindienflotte angreifen.199 Welche Optionen hatte der Admiral dann noch? Es scheint, als wollte Charles nur noch seine Flotte bewahren. Nach entschlossener 198 Vgl. Prince Rupert, A Brief relation …, in: BND, 221f. 199 Charles II. an Rupert, Whitehall, 13. August 1673, in: Colenbrander 2, Nr. 189, 297f. 267

Die Kriege

Kriegführung klang das kaum noch. Am 24. August 1673 segelte Rupert eigene Stützpunkte an. Nach der Schlacht von Texel kam es zu keiner kombinierten Aktion mehr – die Gräben zwischen den Alliierten waren einfach zu tief. Eine latente antifranzösische Stimmung machte sich nun in England breit. Im Herbst und Winter 1673/4 folgten erregte Parlamentsdebatten, in deren Zuge das CABAL-Ministerium zerfiel. Charles musste schließlich Frieden mit den Niederlanden schließen. Der Friedensvertrag von Westminster wurde am 9. Februar 1674 unterzeichnet.

7.4 .  N e be ns c h au pl ät z e Die großen Schlachten des ersten und auch der weiteren Kriege zwischen England und den Niederlanden fanden im Ärmelkanal und in der Nordsee statt. Die Kriegsgegner operierten mit ihren Flotten jedoch weltweit, sodass es Nebenschauplätze des Krieges gab. Einer dieser Nebenschauplätze des ersten Englisch-Niederländischen Seekriegs war das Mittelmeer.200 Der immer stärker werdende englische Handel mit der Levante und den Anrainerstaaten des Mittelmeers, der der ständigen Bedrohung durch Piraten, aber auch der europäischen Konkurrenz ausgesetzt war, hatte die Präsenz einer mehr oder weniger permanenten englischen Flotteneinheit in Südeuropa zur Folge. Die Niederländer waren seit 1648 ebenfalls mit einem ständigen Geschwader im Hafen von Livorno präsent. Hier galt es die Handelsroute von der Levante über Zypern, Smyrna (heute das türkische Izmir), die griechischen Inseln, Italien, die französische Mittelmeerküste bis hin nach Gibraltar zu schützen. Die niederländische Smyrna-Flotte, die Warenexporte aus dem Osmanischen Reich durchführte, sollte des Öfteren begehrtes Ziel englischer Angriffe werden. Zur Zeit des ersten Krieges waren englische 200 Vgl. dazu ausführlich Anderson, First Dutch War in the Mediterranean; sehr detailreich auch Ballhausen, Englisch-Holländische Seekrieg, 500–542. 268

Nebenschauplätze

Einheiten unter den Kapitänen Henry Appleton und Richard Badiley im Mittelmeer im Einsatz. Der Hafen von Livorno, von den Engländern „Leghorn“ genannt, stand dem Commonwealth – mit dem Einverständnis Ferdinands II., des Großherzogs von Toskana – als Stützpunkt zur Verfügung. Das erste Gefecht im Mittelmeer zwischen den beiden Kriegsrivalen fand bei der Insel Monte Christo östlich von Korsika am 27. und 28. August 1652 statt. Das Geschwader des niederländischen Commodore Johann von Galen, im Übrigen ein gebürtiger Deutscher und Verwandter des Münsteraner Bischofs Christoph Bernhard von ­Galen, von dem noch zu lesen sein wird, traf auf den Verband des nicht sonderlich talentierten, zumindest durch seine Performance im Mittelmeer umstrittenen Richard Badiley. Beide Verbände dürften nicht mehr als zehn Schiffe (zum Teil mit beschränkter Kampfkraft und aus Handelsschiffen bestehend) gezählt haben. Der englische Geschwaderführer, der einige Zeit später zum Oberbefehlshaber der englischen Mittelmeerflotte ernannt wurde, zog sich am zweiten Tag nach Longone (heute Porto Azzurro) auf Elba zurück, wo er unter dem Schutz des spanischen Gouverneurs stand. Allerdings konnte er nicht ewig die spanische Gastfreundschaft einfordern. Nur einige Wochen nach dem Gefecht bekam er mit der Beförderung zum Oberbefehlshaber den Befehl, Appleton in Livorno zu verstärken. Ebendort kam es am 4. März 1653 zum zweiten größeren Gefecht (auf die Bezeichnung Schlacht muss hier aufgrund des Vergleichs mit den Kämpfen in der Nordsee bewusst verzichtet werden) im Mittelmeer zwischen Holländern und Engländern. Das Gefecht vor der toskanischen Küste ging in die englische Geschichte unter dem Namen „Battle of Leghorn“ ein. Den Engländern wurde zum Verhängnis, dass Appleton und Badiley, der wieder einmal vor Elba kreuzte, ihre Verbände nicht zusammenführen konnten, sodass die Niederländer die beiden Geschwader separat angriffen und einen klaren Sieg davontrugen. Von Galen konnte drei englische Schiffe kapern und zwei versenken. Weiters hatten die Engländer an die 700 Mann an Gefallenen und Verwundeten zu beklagen, die Niederländer vielleicht an die 500 Tote 269

Die Kriege

und Verwundete, darunter auch der Oberbefehlshaber von Galen selbst, der wenige Tage nach dem Gefecht seiner Verwundung erlag. Unter den niederländischen Offizieren war auch der Sohn Maerten Tromps, Cornelis, der in den weiteren Kriegen als streitbarer Admiral für einiges Aufsehen sorgte. Robert Blake musste aufgrund der Lageentwicklung im Mittelmeer beträchtliche Teile der Heimflotte abstellen, die jedoch dort nie zum Einsatz kamen. Nach den Pleiten von Badiley gab das Commonwealth diesen Einsatzraum auf und verlor damit auch den Handelsraum. Während des zweiten und dritten Seekrieges zogen es die Engländer vor, ihre Mittelmeereinheiten bei Kriegsbeginn zur Heimflotte zurückzubeordern. Lediglich Konvoischutz für die aus dem Mittelmeer heimkehrenden Handelsflotten wurde durch die Navy gewährt.201 Der Eingang zur Ostsee war ein weiterer neuralgischer Raum im ersten Krieg. Am Øresund gelang es einem holländischen Geschwader mit starker dänischer Unterstützung, die Durchfahrt für alle englischen Schiffe zu sperren. Nicht ein einziges englisches Schiff passierte während des Krieges die heutige Engstelle zwischen Dänemark und Schweden, die damals ganz in der Hand der Dänen war.202 Eine sich bereits in der Ostsee befindliche englische Handelsflotte wurde kurzerhand durch die Flotte des dänischen Königs konfisziert. Die Engländer konnten somit neben dem Mittelmeerhandel auch den Ostseehandel während des Krieges abschreiben. Im zweiten Englisch-Niederländischen Seekrieg kam Amerika, vornehmlich die wirtschaftlich durch den Zucker- und Tabakanbau hochrentable Karibik und Nordamerika, in den Fokus der kriegführenden Parteien.203 Die englische Zentralgewalt hatte in ihren Dependancen in 201 Zu den weltweiten Kriegsschauplätzen vgl. Davies, Pepys’s Navy, 236–241; ­Israel, Emerging Empire, 432–439; und weiterführend die entsprechenden ­Aufsätze in Canny (Hrsg.), Origins of Empire. 202 Kurz dazu Capp, Cromwell’s Navy, 79, und Hainsworth/Churches, The ­Anglo-Dutch Naval Wars, 48f. 203 Vgl. dazu auch Rommelse, Second Anglo-Dutch War, 183. 270

Nebenschauplätze

der Karibik und in Nordamerika nicht immer einen leichten Stand, hier ließen sich die merkantilistischen Leitvorstellungen einer protektionistischen, staatlich gesteuerten Wirtschaft schwer umsetzen. Die Pflanzer mussten sich schließlich den realen Gegebenheiten anpassen. Das hieß, dass die niederländischen Transportdienste, die einfach die billigsten in der Region waren, aus ökonomischen Gründen gerne angenommen wurden. Die Pflanzer der seit 1655 englischen Insel Jamaika waren zudem gute Kunden der Sklavenhändler der niederländischen Insel Curaçao und somit gute Kunden der WIC. So ließen sich die Unternehmer auf den Karibikinseln und in Nordamerika nicht ohne Weiteres in die europäischen Rivalitäten einspannen.204 Die Einnahme Neu Amsterdams im Auftrag des Duke of York wurde bereits erwähnt. In der Karibik verließen sich die Engländer mehr auf Freibeuter als auf reguläre Flotteneinheiten der Navy – und das musste England auch, denn vielerorts gab es eigentlich nur diese sogenannten Buccaneers, die im Unterschied zu Piraten mit staatlichen Kaperbriefen ausgestattet waren, und keine regulären Truppen.205 Diese Freibeuter operierten sehr erfolgreich für ihr Heimat- oder besser gesagt Auftragsland. Besonders gefürchtet schienen die Freibeuter Jamaikas aus Port Royal gewesen zu sein. So wurden im Jahr 1665 Sint Eustatius (eine der heutigen niederländischen BES-Inseln, d. h. bijzondere gemeenten), ­Surinam (für das sich die Niederlande seit ihrer temporären Eroberung Brasiliens sehr interessierten) und Tobago (von den Niederländern ­Nieuw Walcheren genannt) genommen. St.  Eustatius wurde von den Engländern in New Dunkirk umbenannt. Der gefürchtete Freibeuter Henry Morgan, ein Star unter den Piraten, griff weiters Curaçao, seit 1634 im Besitz der WIC, an. Gerade diese Insel aus den niederländi-

204 Zu den Handelsbeziehungen in der Karibik vgl. ausführlich Schnurmann, ­Atlantische Welten, 165–206. 205 Dazu Lenman, England’s Colonial Wars, 267–272. 271

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schen ABC-Inseln (Aruba, Bonaire, Curaçao) spielte für Charles II. aufgrund des dortigen Sklavenumschlagsplatzes eine wichtige Rolle. Eine dramatische Wende erfuhr der Krieg in der Karibik206 mit der Kriegserklärung Frankreichs an England im Jahre 1666. Ludwig XIV., der vor allem in den amerikanischen Gebieten seinen merkantilen Interessen nachgehen wollte, ließ St. Eustatius, St. Christopher (nunmehr Saint Kitts: eine Insel, die unter Engländern, Spaniern, Niederländern und Franzosen seit dem 16. Jahrhundert heiß umstritten war), Tobago, Antigua (seit 1632 von den Engländern besiedelt) und Montserrat (besonders von Iren besiedelt) erobern. Besonders verlustreich verlief dabei der Kampf um St.  Christopher. Zudem sank noch eine englische Entsatzflotte aus Barbados am 15. August 1666 mit über 2 000 Mann. Damit war der englische Vormarsch in der Karibik vorerst gestoppt. Die Franzosen, die vor allem die englische Präsenz auf den Westindischen Inseln nachhaltig schwächen wollten, hinterließen bei ihrem „island jumping“ eine Spur der Verwüstung. Im Winter 1667 eroberte ein Expeditionskorps unter Kapitän Abraham Crijnssen im Auftrag der niederländischen Provinz Seeland Surinam, das ursprünglich von Barbados aus besiedelt worden war und für die Zucker‑, Kaffee- und Baumwollproduktion von Bedeutung war. In diesem Gebiet Südamerikas beherrschten die Engländer während des zweiten Krieges die ehemals niederländischen Forts Kyk-over-al und Nova Zeelandia am Berbice sowie Cayenne. Nur nebenbei und als Beispiel der ganz und gar nicht immer koordinierten Kriegführung der niederländischen Provinzen sei erwähnt, dass die Provinz Holland sich an diesem Abenteuer nicht beteiligen wollte; die Aktion ging ausschließlich von der Provinz Seeland aus und hatte auch nichts mit der WIC zu 206 Zur Geschichte der Karibik in dieser Zeit allgemein vgl. Emmer, Die karibischen Gebiete; Beckles, The ‘Hub of Empire’, in: Canny (Hrsg.), The Origins of Empire, 218–240; Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion: Die Neue Welt, 133–139; und kurz zu den Kämpfen dort Rella, Im Anfang war das Fort, 147–152. 272

Nebenschauplätze

tun. Nach der Eroberung durch die Seeländer wurde aus dem Fort Willoughby bei Paramaribo – die heutige Hauptstadt von Surinam – wieder Fort Zeelandia. Das seeländische Expeditionskorps vereinigte sich anschließend mit französischen Einheiten. Die vereinigte niederländischfranzösische Flotte konnte sich aber gegen ein englisches Geschwader im Mai 1667 vor Nevis (Insel der nördlichen Kleinen Antillen) nicht behaupten. Der französische Verband zog sich während des Gefechts zurück, Crijnssen segelte enttäuscht in Richtung Norden, wo er dem englischen Handel in der Gegend von Virginia einigen Schaden zufügen konnte – achtzehn Handelsschiffe konnten aufgebracht werden. An eine militärische Landung war jedoch nicht zu denken, dafür waren die Kolonisten in Virginia zu gut vorbereitet. Nach dem Treffen bei Nevis ging die französisch-niederländische Kooperation zu Ende. Währenddessen gelang es den Engländern, die Inseln Antigua und Montserrat wiederum unter Kontrolle zu bringen. Verstärkungen aus England griffen außerdem Martinique an, wo man der französischen Flotte schweren Schaden zufügen und das Fort zerstören konnte. Surinam konnte ebenfalls wieder unter englische Kontrolle gebracht werden. Allerdings war diese Aktion ein reiner Privatfeldzug des Gouverneurs von Barbados, William Willoughby, der Surinam als „Familienerbe“ betrachtete (man sprach ja tatsächlich vom „WilloughbyLand“) und sich persönlich daran bereichern wollte. Doch hatte sich die Wiedereroberung mit dem inzwischen in Europa abgeschlossenen Friedensvertrag von Breda zugunsten der Generalstaaten erledigt: Vertraglich vereinbarter Stichtag zur Legitimierung der jeweils getätigten Eroberungen war der 30. Mai 1667, der Willoughby-Clan eroberte Surinam aber erst im Oktober desselben Jahres. 1668 musste daher der starrköpfige Gouverneur von Barbados Surinam wieder in die Obhut der Niederlande übergeben, nicht ohne das Land vorher zu plündern und zu brandschatzen.207 Diese Vorfälle nach dem Friedensschluss hat207 Vgl. dazu Schnurmann, Atlantische Welten, 196–206. 273

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ten das Potenzial für weitere Konflikte, denn Abraham Crijnssen, der schließlich die Verwaltung von Surinam übernahm, lag bereits mit seiner Kriegsflotte vor Fort Zeelandia in Bereitschaft. Das Jahr 1672 wurde für die Niederlande auch in der Karibik ein Katastrophenjahr. Englisch-französische Verbände eroberten gleich zu Beginn des dritten Krieges Sint Maarten, Sint Eustatius, Saba und niederländische Befestigungen auf Tortola. Doch gelang es den Niederländern unter Admiral Cornelis Evertsen (der Jüngste, auch genannt Keesje de Jongste of de Duivel, da auch Johan Evertsen, sein Onkel, einen Sohn mit Namen Cornelis hatte), Sohn des gleichnamigen, in der Viertagesschlacht gefallenen Admirals, Sint Eustatius und die kleine, von der WIC kolonialisierte Insel Saba zurückzuerobern. Bei all diesen Aktionen konnten sich die Niederländer zumindest einer wohlwollenden Neutralität, vielerorts einer tatkräftigen Unterstützung der spanischen Gouverneure erfreuen, da dem spanischen König die Allianz zwischen England und Frankreich, die 1670 geschlossen wurde, geradezu ein Gräuel war. Mit dem ehemaligen Gegner aus dem Achtzigjährigen Krieg ergab sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts so eine gedeihliche Zusammenarbeit in Spanisch-Amerika. Die spanische Regierung sah die WIC als kooperativen Partner (zum Beispiel im Sklavenhandel), eine englisch-französische Allianz jedoch als akute Bedrohung für das spanische Weltsystem an. Weitere Angriffe der Niederländer auf Martinique, Montserrat, Nevis und Saint Kitts schlugen fehl. Nach den durchwachsenen Aktionen in der Karibik wandte sich die niederländische Flotte Evertsens Virginia zu. Bei Chesapeake, am 10. Juli 1673, zerstörte dieser Verband über zehn Schiffe und segelte sodann in Richtung New York weiter. Es gelang Evertsen tatsächlich, das Gebiet am Hudson River wieder unter Kontrolle der Generalstaaten zu bringen. Wie schon neun Jahre zuvor, hielt sich nun der Widerstand der Engländer in Grenzen. New York wurde unter Evertsen zu Nieuw Orange, über das ganze Gebiet wurde im Namen der Generalstaaten und des Prinzen von Oranien die niederländische Herrschaft proklamiert. Selbst die um274

Nebenschauplätze

liegenden englischen Kolonien wollten vorerst keinen Krieg gegen die wieder errichtete niederländische Enklave beginnen. Mit dem Frieden von Westminster 1674 erledigten sich alle Streitereien, die Niederländer verzichteten endgültig auf ihr Neues Amsterdam oder Neues Orange, in dem noch viele Bewohner Holländisch sprachen. New York wurde so endgültig englische Krondomäne.208 Die ohnehin schon seit Längerem krisengebeutelte WIC ging 1674 Bankrott und musste sich in beschränkterem Umfang neu gründen, existierte jedoch bis 1791 weiter.209 Und natürlich wurden diese Kriege auch von den Handelsgesellschaften in Ostasien, die sich ohnehin in einem mehr oder weniger latenten bewaffneten Konflikt befanden, ausgetragen. Im ersten Krieg gelang es der VOC sofort, ihre maritime Überlegenheit gegenüber der englischen Ostindienkompanie auszuspielen. In mehreren Gefechten blieben die Ostindiensegler der niederländischen Kompanie erfolgreich. Vor dem zweiten Krieg kam es auf dem indischen Subkontinent zu einem interessanten Machtzuwachs Englands. Mit der Heirat zwischen Charles II. und Katharina von Braganza, Tochter des portugiesischen Königs ­Johann  IV., ging Bombay (portugiesisch Bom Bahia, heute Mumbai) als erste richtige Kolonie in Indien an England über. Damit hatte England einen weiteren neuralgischen Stützpunkt gewonnen. Charles überließ die wenig gewinnträchtige Kolonie 1668 allerdings der englischen Ostindienkompanie. In Südostasien eroberte die VOC 1665 Pulo Run, ein kleine Insel der Banda-Gruppe, die im Frieden von Westminster 1654 den Engländern zugesprochen wurde und besondere Bedeutung aufgrund der Muskatnuss und der Muskatblüte hatte. Letztendlich behielten die Niederländer trotz der zeitweise erfolgreichen Instrumentalisierung lokaler Machthaber durch die Engländer gegen die VOC auch im zweiten Krieg die Oberhand in Asien. Im dritten großen Waffengang 208 Vgl. dazu Schnurmann, Atlantische Welten, 119–124; ausführlich zu den militärischen Aktionen in Amerika Shomette/Haslach, Raid on America. 209 Vgl. dazu Schmitt, Dokumente zur Geschichte der europäischen Expansion 4, 88, und Valentinitsch, Ost- und Westindische Kompanien, 65f. 275

Die Kriege

der europäischen Mächte bekam es die VOC mit dem französischen Pendant, der Compagnie des Indes Orientales, zu tun.210 Zunächst gelang es dem französischen Admiral Blanquet de la Haye Réunion unter Kontrolle zu bringen, und einige Zeit später setzte er nach Surat über und eroberte Trincomalee auf Ceylon (Sri Lanka). Doch auch die neu gegründete französische Ostindienkompanie konnte sich gegen die niederländische Handelsgesellschaft militärisch nicht durchsetzen. De la Haye musste sich wieder nach Indien zurückziehen. Die Eroberung des ehemals portugiesischen São Thomé an der indischen Koromandelküste blieb dabei nur eine kurze Episode, und im September 1674 mussten die Franzosen ihren Stützpunkt an die Niederländer übergeben. Lediglich eine kleine französische Einheit blieb in Pondicherry (heute Puducherry) am Golf von Bengalen, das dem Sultan von Bijapur abgekauft und zum Ausgangspunkt der französischen Ostindienkompanie wurde. Ansonsten wurden die Gefechte in Ostasien durch die Kriegsschiffe der beiden ostindischen Gesellschaften aus den Niederlanden und England ausgetragen. Dabei ragt eine Schlacht, jene bei Madras am 1. September 1673, heraus, die die Engländer verloren. Ein nachhaltiger Erfolg gelang dem Königreich hingegen mit dem gewonnenen Kampf um die Atlantikinsel Saint Helena. Bereits 1659 nahm die englische Ostindienkompanie die Insel in Besitz und errichtete auf ihr das Fort Jamestown. 1673 eroberten die Niederländer die strategisch für die Ostindienfahrer wichtige Insel, sie wurden jedoch von einem englischen Verband unter Captain Richard Munden vertrieben. St. Helena, das spätere letzte Exil Napoleons, verblieb im Besitz der East India Company.

210 Zum dritten Englisch-Niederländischen Seekrieg in Südostasien vgl. Boxer, The Third Dutch War in the East. 276

Landkrieg

7.5.  L a n dk r i e g Der erste Englisch-Niederländische Seekrieg wurde tatsächlich vornehmlich zur See ausgetragen. Im zweiten Krieg gewann der englische König den streitbaren Fürstbischof von Münster, Christoph Bernhard von Galen,211 für einen Angriff auf die Niederlande. Der Fürstbischof, von den Engländern bombing Bernhard, von den Niederländern bommen Berend genannt und im Reich unter dem Beinamen „Kanonenbischof“ oder „Bomben-Bernhard“ bekannt, war ein typisches Kind des Dreißigjährigen Krieges, das die reformierten Niederlande als den Hauptfeind und sich selbst als katholischen Außenposten des Reiches ansah. Es brauchte vermutlich nicht allzu viel an Überredungskunst der englischen Abgesandten, um von Galen zu einem Feldzug gegen die Niederlande zu überreden. Die östlichen Provinzen der Generalstaaten waren so etwas wie die natürlichen Feinde für den kriegerischen Bischof. Es war also vorerst eine klassische Win-win-Situation für die beiden Kriegsherren, die sich die Möglichkeit eines Zweifrontenkrieges ausmalen konnten. So stellte Charles Subsidien in Aussicht, die übrigens aufgrund des problematischen Finanztransfers nach Münster nur zum Teil gezahlt wurden. Laut Vertrag vom 13. Juni 1665 sollte der Kirchenfürst 20 000 Infanteristen und 10 000 Mann Kavallerie gegen 500 000 Reichsthaler sofort und 50 000 weiteren pro Monat stellen.212 Der Bischof, mit großen machtpolitischen und militärischen Ambitionen ausgestattet, ließ seine in Flandern und im Reich gemusterten Truppen im Juli in die Provinz Overijssel einmarschieren. Die Städte Enschede, Oldenzaal und Borculo fielen schnell in die Hände der Münsteraner Truppen. Den Regenten, die sich der Gefahr aus dem Fürstbistum bewusst waren, ge211 Zum Fürstbischof von Münster und zu seinem Feldzug vgl. ausführlich Brinckmann, Charles II. and the Bishop of Münster in the Anglo-Dutch War; Kohl (Hrsg.), Akten und Urkunden; Gatz, Galen, Christoph Bernhard von, in: ders., Bischöfe, 144f.; sowie Bommen Berend, hier 97–101. 212 Dazu Brinckmann, Charles II. and the Bishop of Münster, 688. 277

Die Kriege

lang es nicht, eine konkurrenzfähige Armee aufzustellen und eine einheitliche Verteidigungsdoktrin festzulegen.213 Im Osten fühlte man sich von den reichen Städten wie Amsterdam im Stich gelassen. Doch der Feldzug kam ins Stocken: An der Ijssel wurden die Münsteraner Truppen aufgehalten, ein Einschwenken in Richtung Norden brachte ebenfalls keinen Gewinn, und dann kamen noch im November die mit den Niederländern verbündeten Franzosen (wenn auch nicht in Bestform), die den ehrgeizigen, jedoch schlecht vorbereiteten Plan, England einen Küstenlandeplatz freizukämpfen, endgültig scheitern ließen. Zudem rekrutierten die Generalstaaten in deutschen Fürstentümern Soldtruppen, sodass sich die Landesverteidigung unter Johann Moritz Fürst von Nassau-Siegen, genannt „der Brasilianer“ (er war Generalgouverneur der Besitzungen der WIC in Niederländisch-Brasilien), stabilisieren konnte. „Bomben-Bernhard“ ging seinerseits ganz einfach das Geld aus, und nicht wenige Reichsfürsten, darunter vor allem Friedrich Wilhelm von Brandenburg, übten massiven diplomatischen Druck auf den Münsteraner aus. Im Jahr 1666 war der Feldzug des Fürstbischofs gescheitert. Er schloss am 18. April in Kleve zum Entsetzen der Engländer Frieden mit den Generalstaaten – zumindest vorübergehend. Im Jahr 1672 – beim nächsten Angriff auf die Niederlande – war Christoph Bernhard von Galen wieder mit dabei. Dass die einstige Militärgroßmacht der Niederlande nur mit großer Anstrengung und der Hilfe der Franzosen sowie durch englische Zahlungsunfähigkeit einem Desaster entging, veranlasste den Chronisten Lieuwe van Aitzema zum Ausspruch, man sei von einer Maus gebissen worden, die sich getraut habe, einen Löwen anzugreifen.214 Tatsächlich war das Fürstbistum Münster gewiss keine europäische Großmacht, aber auch die Zeiten der militärischen Glanztaten der Niederlande gegen die gefürchteten spanischen Tercios lagen bereits zwei Jahrzehnte zurück. 213 Vgl. dazu auch Rowen, John de Witt, 598–610. 214 Aitzema, Saken van Staet 5, 517 und 1031. 278

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Abgesehen vom Einfall der Münsteraner Truppen kam es noch zu Landungsoperationen im zweiten Englisch-Niederländischen Krieg. Die spektakulärste davon war ohne Zweifel die Operation von Robert Holmes – ein Spezialist für Überfallsaktionen, wie wir bereits gesehen haben – auf die westfriesischen Inseln Vlieland und Terschelling. Nach der Niederlage am St.-Jakobs-Tag waren die Seeverbände der Generalstaaten demoralisiert. Dies wussten die königlichen Admiräle Rupert und Albemarle auszunutzen. Ihre Flottenparade vor Scheveningen verursachte eine enorme Panik in Den Haag, sogar eine englische Invasion wurde befürchtet. Die englische Flotte segelte die holländische Küste entlang bis nach Texel, wobei ein Schiff nach dem anderen aufgebracht wurde. Von einem Angriff auf die stark befestigen Häfen von Flushing und Hellevoetsluis sowie auf das nicht leicht erreichbare Rotterdam sah man ab. Holmes unternahm im Zuge dieser Einschüchterung seine spektakuläre Überfallsaktion. Der Auftrag lautete: You are to seize what vessels you finde in the Harbour, which you are to make use of in bringing away the Booty: what are not servicable you are to sink or Burn. The common people among the local population should be spared. … that no violence be done to women or children, nor the inferior sort of people, unless in case of resistance …

Mit wenigen Fregatten, einigen Brandschiffen und 900 Mann an Landungstruppen zerstörte er vor Vlieland am 8./18. August 1666 sämtliche Lager und Schiffe, die er im Hafen finden konnte. Insgesamt mehr als 150 Handelsschiffe gingen bei dieser Aktion im wahrsten Sinne des Wortes in Rauch auf. Holmes hatte zwar den Befehl, der zivilen Bevölkerung keine Gewalt anzutun und von Brandschatzungen abzusehen, er schreckte aber dennoch nicht davor zurück. Die Aktion nahm, wie so oft in der Kriegsgeschichte, ihre eigene Dynamik an. Vlieland konnte am Tag darauf von den englischen Truppen aufgrund des schlechten Wetters nicht angelandet werden. Doch Westerschelling auf der Insel Ter279

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schelling wurde von den Engländern rücksichtslos geplündert und wie die umliegenden Dörfer verbrannt. Die Brandschatzung der friesischen Insel – das Ereignis ging später als „Holmes’ Bonfire“ verharmlosend in die Geschichte ein – war sowohl ein finanzieller (der Schaden betrug zumindest nach englischen Angaben eine Million Pfund) als auch ein enormer Prestigeverlust für die Niederländer. Es war eine Demütigung für die Seenation, und dementsprechend geschockt war man in Amsterdam.215 Robert Holmes hatte sich bei dieser Aktion wieder einmal als guter, wenn auch rücksichtsloser Kommandant erwiesen. Diesmal musste er sich jedoch nicht vor dem Tower fürchten, ganz im Gegenteil: Well done Sir Robert, bravely done I swear, Whilst we made bonfires here, you made ’em there,

hieß es in einem Gedicht zur Überfallsaktion. Die Revanche der Niederländer ließ nicht ganz ein Jahr auf sich warten. Die sogenannte Fahrt nach Chatham, der Überfall auf die englischen Docks in der Themse, war allerdings ein Seeunternehmen und keine Landungsaktion. Der große Landkrieg in Europa spielte sich während des dritten Englisch-Niederländischen Krieges ab. Dieser Krieg war ein Teil des Holländischen Krieges (1672 bis 1678/79),216 in dem der französische Monarch seine Expansionspläne auf die Republik der Vereinigten Niederlande ausweitete. Der König, ein Medienprofi der damaligen Zeit, wusste 215 Zu „Holmes’ Bonfire“ vgl. Ollard, Man of War, 148–161, der Auftrag auf 149; Tedder, Navy, 176f.; Kitson, Rupert. Admiral, 215–217; Boxer, Wars, 36; und den Bericht vom 19./20. August 1666, in: Colenbrander 1, Nr. 297, 463–465. 216 Zu den militärischen Operationen und zum politischen Hintergrund des Holländischen Krieges vgl. Lynn, The Wars of Louis XIV, 105–159; Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte, 566–583; Malettke, Hegemonie – multipolares System – Gleichgewicht, 343–377; Ekberg, The Failure of Louis XIV’s Dutch War; Sonnino, Louis XIV and the Origins of the Dutch War; sowie Schilling, Höfe und Allianzen, 216–231. 280

Landkrieg

den Feldzug pompös in Szene zu setzen.217 Begleitet von Künstlern und Geschichtsschreibern wurde dieser Feldzug zum großen Triumphzug Ludwigs stilisiert: Der gerechte König und große Kriegsheld hatte sich vorgenommen, die stolzen, überheblichen und treulosen Niederländer (eine „Krämerrepublik“ aus Sicht des französischen Königs) zu bestrafen. Undankbar waren die Niederländer in den Augen der Franzosen ja noch dazu, denn schließlich war die Tripelallianz mit England und Schweden gegen Frankreich gerichtet. Zahlreiche Gemälde und Reliefs im Schloss Versailles zeugen von den martialischen Glanztaten des Königs. Auf einem Gemälde gibt der militärisch versierte Monarch einem antiken Kriegshelden gleich seinen Generälen den Befehl zum Angriff, in einem weiteren Gemälde wird der heldenhafte Übergang über den Rhein dargestellt. Bei diesem überraschenden Übergang sollen nicht nur die Niederländer, sondern auch die Flussgötter vom Wagemut des Königs und seiner Soldaten erschrocken gewesen sein. Weiters kündeten Triumphbögen, Gedichte und Medien vom Heldentum Ludwigs, der mit den größten Kriegsmännern der Vergangenheit und Gegenwart verglichen wurde. Er wollte sich aber nicht nur als Kriegsheld stilisieren, sondern auch als Schiedsrichter der Christenheit, als Arbitre de la Chrétienté, also als einen Monarchen, der in Europa wiederum den Frieden stiften kann.218 Die Realität sah später weniger glorreich aus. Zunächst jedoch schienen die auf den Feldzug sehr gut vorbereiteten Franzosen tatsächlich unaufhaltsam zu sein: 1672 stieß ihre Kriegsmaschinerie unter den fähigsten Generälen des Königreichs, Henri de la Tour d’Auvergne, Vicomte de Turenne, und Louis  II. de Bourbon, Prinz von Condé, über das klevisch-jülische Einfallstor bis nach Utrecht vor. Ganz entgegen den militärischen Grundsätzen der damaligen Kriegführung, zuerst die befestigten Plätze entlang der Marschroute zu nehmen, wurde die Festung Maastricht überraschenderweise und sprichwörtlich links liegen gelassen. Auf eine langwierige Belagerung verzichtete 217 Vgl. zur medialen Inszenierung Burke, Ludwig XIV., 110–119. 218 Vgl. zu dieser Thematik Kampmann, Arbiter und Friedensstiftung, 215. 281

Die Kriege

Ludwig und stellte nur ein Korps zur Überwachung der Festung ab. Erst ein Jahr später, im Juni 1673, wurde Maastricht unter der Regie des großen Festungsbaumeisters Sébastien Le Prestre, Seigneur de Vauban, genommen. Turenne marschierte mit der Hauptmacht von 50 000 Mann219 sodann links des Rheins und Condé rechts des Rheins über Reichsgebiet in die Niederlande ein. Sie griffen somit über Osten an. Hier versagte die Verteidigung der uneinigen Provinzen komplett. Die demotivierte und schlecht versorgte Armee der Generalstaaten war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die kampferprobten Zeiten, als die Niederländer unter dem Städtebezwinger Friedrich Heinrich die spanischen Tercios hatten abwehren können, waren schon lange vorbei. Sowohl Führung als auch Heer schienen unter dem Druck der Franzosen auseinanderzubrechen. Die Generalstaaten standen am Rande der Katastrophe. Eine Festung nach der anderen fiel in die Hände der Franzosen. Ludwig setzte in dieser Lage zum entscheidenden Stoß in die Provinz Holland, dem Herzstück der Niederlande, an. Die Stände von Overijssel, Groningen und Friesland versagten Holland die Unterstützung und zogen ihre Regimenter zur Verteidigung in die Provinzen ab. Die Provinzen Utrecht und Geldern waren schon unter französischer Besatzung. Christoph Bernhard von Galen, diesmal vom Verbündeten tatsächlich mit hohen Subsidien bedacht, überrannte mit seinen Truppen die Ijsselstädte Kampen, Zwolle und Deventer und kam bis vor Groningen, das wochenlang bombardiert wurde.220 Die nach Westen vorstoßenden Heeresteile des Bischofs standen an der Zuidersee. So schlug auch von Galen eine englische Landungsoperation vor: Charles sollte 6 000  Mann und 12  Schiffe stellen, während er selbst die Städte Dokkum und Harlingen in Friesland einnehmen wollte.221 Aber auch diese von „Bomben-Bernhard“ angedachte Landungsoperation auf Friesland kam nicht zustande. 219 Lynn, Wars of Louis XIV, 113. 220 Vgl. dazu Bommen Berend, hier 97–101. 221 Brinckmann, Charles II. and the Bishop of Münster, 697. 282

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Einen weiteren Gesinnungsgenossen fand Ludwig XIV. im KurfürstErzbischof von Köln, Max Heinrich, Herzog von Bayern,222 der sich ebenfalls am Überfall auf die Generalstaaten beteiligte. Das vereinigte Heer der deutschen Fürsten, um ein französisches Hilfskorps verstärkt, sollte vom französischen Marschall François Henri de MontmorencyBouteville, Duc de Piney, genannt de Luxembourg, geführt werden. Doch der Münsteraner Fürstbischof mit der Vorliebe für schwere Artillerie führte seinen eigenen Krieg und ließ sich weder vom französischen Marschall noch von Max Heinrich in die operative Planung hineinreden. Es gelang ihm sogar, mit der Ritterschaft von Overijssel am 5. Juli 1672 einen Vertrag zu schließen, in dem besagte Ritterschaft Christoph Bernhard als Landesherrn annahm und ihren Austritt aus den Generalstaaten kundtat. Freilich, das war noch kein Beschluss der gesamten Provinzialstände von Overijssel, aber doch ein unerhörtes Anliegen einer nicht unwesentlichen Elite der Provinz.223 Im Spätsommer 1672 jedoch war der Erfolgslauf des Bischofs vorbei. Nach zahlreichen Eroberungen fester Plätze (darunter auch die strategisch wichtige Festung Coevorden) konnte er das wochenlang belagerte Groningen, das sich unter Einsatz der Studenten und Bürger tapfer wehrte, nicht nehmen. Christoph Bernhard, der aufgrund seiner eigenmächtigen Aktionen schon längst den Groll des französischen Königs auf sich gezogen hatte, musste die Belagerung mit schweren eigenen Verlusten abbrechen und geriet zunehmend in die Defensive. Seine Armee war geschwächt und demoralisiert. So musste er am 22. April 1674 mit den Generalstaaten in Köln Frieden schließen. Dennoch: Durch den massiven französischen Vorstoß und die beachtlichen Anfangserfolge der deutschen Alliierten wurde das Jahr 1672 222 Zum Kurfürsten von Köln, Fürstbischof von Hildesheim und Lüttich, Fürstpropst von Berchtesgaden, Fürstabt von Stablo-Malmedy vgl. Gatz, Max Heinrich, Herzog von Bayern, in: ders., Bischöfe, 301f. 223 Vgl. dazu Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte, 569–572, und Bommen Berend, hier 102–123. 283

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für die Republik zum Katastrophenjahr – het rampjaar224 – schlechthin. Die Amtsträger im Haag dachten bereits an eine Kapitulation und fertigten Gesandte zum französischen König ab. Die Oranier und mit ihnen die breite Volksmasse waren dazu allerdings nicht bereit. Volksaufstände waren die Folge, die Spannungen zwischen den oligarchischen Handelsherren und der Oranier-Partei schienen die Niederlande innenpolitisch zu zerreißen. In Holland machte sich eine Mischung aus Furcht vor den heranstürmenden Feinden, Massenpsychose, Existenzangst, Hass gegen die Regenten, Frustration über das Versagen des politischen und militärischen Systems sowie sozialer Unzufriedenheit breit. Schuldige, oder besser gesagt Sündenböcke, für die miserable Lage wurden gesucht und gefunden. Diese explosive Stimmung kostete dem bis dahin erfolgreichen Ratspensionär Johan de Witt und seinem Bruder das Leben. Tatsächlich hatte sich de Witt in der Einschätzung der Lage getäuscht. Sein Kalkül einer vernunftorientierten Friedenspolitik in Europa ging nicht auf. Dementsprechend wurden das Heer und die Grenzfortifikationen in den Niederlanden vernachlässigt. Einen ersten Mordanschlag durch Prinzgesinnte überlebte der Ratspensionär noch. Dennoch musste er zurücktreten und wurde einige Zeit später zusammen mit seinem Bruder Cornelis de Witt am 20. August 1672 vom aufgebrachten Pöbel in Den Haag bestialisch ermordet.225 Das war das Ende der „Wahren Freiheit“. Selbst der Seeheld de Ruyter, dessen Haus belagert wurde, musste in dieser aufgewühlten Lage bei einem seiner seltenen Landausflüge um sein Leben fürchten.226 Militärisch griffen die Niederländer zur Rettung des Landes auf unorthodoxe Mittel zurück. Das Wasser und viel Glück sollten die Republik 224 Zum Katastrophenjahr der Generalstaaten vgl. ausführlich die beiden Darstellungen von Roorda, Het Rampjaar 1672, und Panhuysen, Rampjaar 1672. 225 Zum Mord an den Brüdern de Witt vgl. Mörke, Der Tod der ware vrijheid, 187–210, und präzise zur Stimmungslage in den Niederlanden im Katastrophenjahr Lademacher, Geschichte der Niederlande, 119–126. 226 Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland, 250–254. 28 4

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vor der totalen Besatzung bewahren. Das Flachland entlang der Holländisch-Utrechter Grenze und auch vor Groningen wurde durch eine Öffnung der Schleusen und das Durchstechen der Deiche unter Wasser gesetzt. Die knietiefe Wasserlinie verhinderte ein Vordringen der in dieser Phase zu zögerlich vorgehenden französischen Armee. Zögerlich auch, weil sich Ludwig nicht mit vollem Nachdruck der wichtigsten Provinz Holland annahm, davor noch Utrecht, Overijssel und Geldern besetzen ließ. Das Wasser verhinderte nicht nur ein Vordringen des Heeres Ludwigs, sondern machte natürlich auch die Versorgung desselben und die Lagerung von Lebensmitteln unmöglich. Spannend wurde es noch einmal im Winter, als die waterline zufror und Condé versuchte, auf Amsterdam zu marschieren. Doch auch hier hatten die Holländer unerhörtes Glück, es setzte plötzliches Tauwetter ein. Neben der Kriegführung sollte auch die Führung der Republik nach dem Willen einiger Provinzen und der Bevölkerung gestärkt werden. So wurde der erst zweiundzwanzigjährige Wilhelm III. von Oranien,227 der 1666 im zweiten Krieg von den holländischen Ständen zum „Kind van Staat“ erklärt worden war, im Juli 1672 zum Generalkapitän und Generaladmiral der Union sowie zum Statthalter von Holland und Seeland ernannt. Der raffinierte Oranier vermochte die Verteidigung des verbleibenden Landes, vor allem dank der Unterstützung Amsterdams, effizient zu organisieren. Zudem fand sich im Kurfürsten von Brandenburg, Friedrich Wilhelm, ein aus konfessioneller und dynastischer Solidarität (er war mit Luise Henriette von Nassau-Oranien verheiratet) handelnder Reichsfürst.228 Als auch noch Kaiser Leopold I., der mit Frankreich 1671 eigentlich ein geheimes Neutralitätsabkommen geschlossen hatte, in die Koalition gegen Ludwig einstieg, ohne vorerst Frankreich den Krieg zu erklären, nahm die antifranzösische Opposition Konturen an. Offiziell unternahm man 227 Zu Wilhelm III. vgl. Roorda, Wilhelm III., 151–178, und Troost, Stadhouderkoning Willem III. 228 Vgl. dazu im Überblick Schilling, Höfe und Allianzen, 216–240, und Press, Kriege und Krisen, 416–424. 285

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die deutsche Truppenzusammenziehung am Rhein und Main zur Aufrechterhaltung der Westfälischen Friedensordnung von 1648. Drängte der brandenburgische Kurfürst zu militärischen Aktionen, so gingen es die Kaiserlichen unter dem erfahrenen Oberbefehlshaber ­Raimondo Montecuccoli, einem deklarierten Feind Frankreichs, wesentlich vorsichtiger an. Der im Dreißigjährigen Krieg geschulte Montecuccoli versuchte Schlachten zu vermeiden, und er beherrschte das taktische Manövrieren von Truppen perfekt. Den Zweck der Diversion erfüllten der kaiserliche und der kurbrandenburgische Aufmarsch allemal. Sowohl die französischen Generäle als auch von Galen waren gezwungen, ihre Kräfte nach dem neuen Bedrohungsszenario umzugruppieren. Turenne musste sich nun mit seinen Heeresteilen, immerhin über 40 000 Mann, um die deutsche Bedrohung kümmern.229 Die bischöflichen Verbündeten der Franzosen am Rhein mussten schließlich unterstützt werden. Mit dem Beitritt Spaniens, Lothringens, Kursachsens und kurzzeitig auch Kurtriers zur Allianz nahm der Krieg – mit der Kriegserklärung des Reichstags vom 28. Mai 1674 als Reichskrieg geführt – richtig Fahrt auf. Bis Anfang 1674 gelang es den Niederländern unter dem tatkräftigen Oranier und mit Unterstützung der Verbündeten, die Franzosen aus ihren Provinzen zu verjagen.230 Die Kriegsschauplätze verlagerten sich in die Spanischen Niederlande, an den Oberrhein, ins Elsass, nach Burgund und nach Südwestdeutschland. Zeitweise waren fast alle mittel- und nordeuropäischen Herrschaften mit wechselnden Bündnissen in den Holländischen Krieg eingebunden. Ein prominentes Duell abseits des Kriegstheaters am Rhein lieferten sich Kurbrandenburg, das nur vorübergehend am 6. Juni 1673 Frieden mit Frankreich geschlossen hatte, und Schweden (dazu gehört auch die mythenbehaftete Schlacht von Fehrbellin). Die insgesamt neun separaten Friedensverträge, die diesen Krieg beendeten, wurden vom August 1678 bis Oktober 1679 229 Lynn, Wars of Louis XIV, 117. 230 Dazu vgl. auch Schöffer, Niederlande, 65. 286

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meist in Nijmegen (Nimwegen) geschlossen. Für die Niederlande blieb es – zumindest in Europa – beim Status quo. Kolonial mussten die Generalstaaten allerdings auf einiges verzichten. Gehen wir aber wieder zurück zur Zeit des Englisch-Niederländischen Seekriegs: Mit der englisch-französischen Gefahr zur See musste, wie bereits erwähnt, de Ruyter fertig werden, schließlich hing auch von ihm das Schicksal der Niederlande ab. Mit seinen Seeoperationen verhinderte er die Anlandung englischer Streitkräfte und die Eröffnung einer zweiten Front aus Richtung Westen, mit der die Provinz Holland wohl nicht mehr fertig geworden wäre. Allerdings hatten die Alliierten den idealen Zeitpunkt für eine Landeoperation verpasst. Man hätte diese Operation zu Anfang Juni 1672 durchführen müssen, als Ludwigs Truppen vor den Grenzen Hollands standen und die Deiche noch nicht durchstoßen waren. Mitte und Ende Juni des Jahres öffneten die Holländer tatsächlich ihre Wasserschleusen,231 und bis September gelang es Wilhelm, Holland als fast uneinnehmbare Festung auszubauen.232 Doch im Juni 1672 gab es noch kein Landungsheer in England. Diese zweite Front sollte – wie im Vertrag von Dover vereinbart – mit englischen Soldtruppen aufgebaut werden. Als Oberbefehlshaber dieser Landungstruppe wurde der lang gediente Offizier Friedrich Hermann Graf von Schomberg (1615–1690)233 angeheuert. Der aus rheinischem Adel stammende Schomberg diente unter den Oraniern, Franzosen, Schweden und Portugiesen und stieg in Frankreich zu hohen militärischen Ehren auf. Der erfahrene Söldnergeneral, der ebenfalls bei den Generalstaaten als Oberbefehlshaber im Gespräch war, kam im Oktober 1672 zu den ersten Verhandlungen nach London und trat im Juli 1673 als Lieutenant-General seinen Dienst an. Das in England rekrutierte Landungskorps wurde an der Küste in Be231 Lynn, Wars of Louis XIV, 116f. 232 Blok, History of the People, 402. 233 Vgl. Hoppe, Schomberg, 2543–2545; ausführlich zur englischen Truppenrekrutierung Glozier, Marshal Schombert, 79–84; sowie Childs, Army of Charles II, 35–36, 78, 92, 163, 168f., 182, 237–238. 287

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reitschaft gehalten und umfasste 6 000 Mann Infanterie, wie vertraglich vereinbart, und einiges an Kavallerie. Bald schon hatte Schomberg mit schweren disziplinären Problemen in der Truppe zu kämpfen. Zu diesen Schwierigkeiten gesellte sich noch ein Ehrenstreit mit seinem Oberbefehlshaber Rupert von der Pfalz, der nicht gerade für seine noble Zurückhaltung bekannt war und das ganze Expeditionskorps für einen betrunkenen Pöbelhaufen hielt, hinzu. Am 15. Juli 1673 nahm die englische Flotte bei Gravesend das Landungskorps auf. Drei Tage später kam es zum Eklat zwischen Rupert und Schomberg. Kapitän Narbroughs Logbuch, er war Kommandant der St. Michael, gibt über den Streit Auskunft: Schomberg war auf der Greyhound, einer Fregatte, und hatte die St.-Georgs-Flagge am Marsmast gehisst. Diese Flagge durfte er jedoch nach Ruperts Ansicht nicht führen. Bestimmt war Schomberg nicht gänzlich mit den Flagggebräuchen der englischen Kriegsmarine vertraut. Der Pfalzgraf verzieh diesen Fehler jedoch nicht und ließ auf seinen Lieutenant-General das Feuer eröffnen. Als sich der Kapitän der Greyhound entschuldigen wollte, ließ ihn Rupert in Ketten legen. Der Admiral drohte zudem, das Schiff versenken zu lassen, sollte nicht sofort die Flagge eingeholt werden. Offenbar ließ sich der Oberbefehlshaber nur schwer beruhigen. Schomberg selbst war indigniert; für Rupert, der mit zunehmendem Alter in diesen Dingen immer starrsinniger und unleidlicher wurde, zudem vom Streit um Kompetenzen mit den beiden Stuarts schwer genervt war, war das Flaggensignal eine pure Beleidigung gegenüber dem obersten Flottenbefehlshaber. Eine Erfolg versprechende Ausgangsbasis für eine gedeihliche militärische Aktion war das freilich nicht. Das Verhältnis zwischen den beiden Deutschen, Rupert und Schomberg, sollte sich auch während der restlichen Kampfsaison nicht bessern. Im Gegenteil, Schomberg forderte seinen Landsmann nach dem Waffengang gegen die Niederländer zum Duell, das von Charles jedoch verboten wurde.234 Neben diesen Ehren234 Zu diesem Eklat vgl. Narbrough’s Journal, in: Anderson, Journals and Narra­ tives, 342; Morrah, Rupert, 369f.; Rebitsch, Rupert von der Pfalz, 130f. 288

Landkrieg

händel, von denen die Militärgeschichte der Neuzeit zur Genüge zu berichten weiß, gab es auch seriöse Planungen. So schlug Pfalzgraf Rupert vor, zuerst die niederländischen Seeverbände zu zerstören und danach an eine Invasion (bei Walcheren, Seeland) zu denken. Unterstützung erhielt Rupert in dieser Frage vom Duke of York, der seinem Bruder jedoch nur mühsam die Gefahren einer solchen Landungsoperation begreiflich machen konnte. Bei allen intellektuellen Vorteilen gegenüber James hatte Charles doch nicht den militärischen Instinkt seines Bruders.235 Rupert setzte nach den Beratungen die Truppen Schombergs bei Yarmouth ab und begab sich vor Schooneveld. Der Ausgang der Seegefechte mit de Ruyter ist bekannt, die englische Landungsaktion an den Küsten der Niederlande fand nie statt. Zudem war das Timing dieser Landungsoperation alles andere als gut geplant. Die französischen Truppen operierten 1673 bereits dreigeteilt: Philippe, Herzog von Orléans, der Bruder des Königs und Ehegatte der verstorbenen Madame, stand mit seinem Heer an der Maas, Condé stand noch bei Utrecht, und Turenne war am Rhein und an der Mosel beschäftigt.236 Als das Landungsheer Schombergs endlich zum Einschiffen bereit war, manövrierte Montecuccoli auf hohem taktischem Niveau Turenne bereits aus.

235 Vgl. dazu Hutton, Charles II, 304. 236 Lynn, Wars of Louis XIV, 118f. 289

8 .  F r i e de ns sc h lüs se

8 .1. 

De r F r i e de von W e s t m i ns t e r 1654

B

ereits während des ersten Krieges, vor allem nach der für die Niederländer desaströsen Schlacht von Portland, suchten die Generalstaaten das Gespräch mit dem Rump, das zunächst jedoch unannehmbare Bedingungen stellte. Cromwell, dessen Rolle bei der Entscheidung zum Krieg gegen die Niederlande – wie bei so vielen Schüsselereignissen – nicht vollends zu eruieren ist,1 hatte in Folge ein eher ambivalentes Verhältnis zum Konflikt. Ideologisch war er wohl der Meinung, dass die rein materialistische Einstellung der Niederländer und ihre unzweifelhaften Sympathien gegenüber dem Haus Oranien einen Affront gegen die göttliche Providence darstellen würden, dem von England Einhalt geboten werden müsste. Aber er war auch Realpolitiker genug, um mit der protestantischen Republik den Frieden zu suchen, zumal er an ein protestantisches Bündnis gegen die katholischen Mächte Europas dachte. Zu Beginn des Jahres 1653 sah er noch die scheinbar gemeinsamen kommerziellen Interessen der beiden Länder, wie ein zeitgenössischer Gesprächspartner berichtete: The interests of both nations, he (Cromwell, Anm. d. Verf.) said, consisted in the welfare of commerce and navigation … It would be necessary to adjust and regulate the common interests of commerce and navigation, if the two nations were to live together in harmony.2 1 So Coward, Stuart Age, 253, und weiters Hill, God’s Englishman, 127. 2 Zit. bei Junge, Flottenpolitik, 226. 291

8. Friedensschlüsse

Cromwell wollte den Frieden, wenn auch nicht um jeden Preis. Im Laufe dieser Verhandlungen legte er einen geradezu absurden, zumindest die niederländischen Intentionen total verkennenden Plan vor: Die Niederländer und Engländer sollten sich den Welthandel einfach aufteilen. Den Niederländern sollten dabei exklusive Rechte in Asien und den Engländern unter Ausschaltung Portugals und Spaniens ebensolche in der Neuen Welt eingeräumt werden.3 Weiters sah er England als die erste Seemacht mit dem Recht, jedes Schiff auf hoher See durchsuchen zu können. Die Flotten der beiden Länder sollten ohnehin in naher Zukunft vereint werden, doch vorerst musste die Kriegsmarine der Generalstaaten im Kanal limitiert werden. Die Fischereirechte in der Nordsee müssten exklusiv England zustehen. Eine Integration als Juniorpartner in eine globale englische Expansionspolitik war aber so ziemlich das Letzte, womit man sich in Den Haag anfreunden konnte. Obwohl historisch freilich vollkommen anders einzustufen, war das vor Augen stehende Beispiel der Vereinnahmung Irlands und Schottlands durch das Commonwealth nicht gerade vertrauenserweckend. Das Jahr 1653 war dann jedoch von entscheidenden Umwälzungen in England geprägt: Im April löste Cromwell das Rump auf, die Armee nominierte Abgeordnete von England, Wales, Schottland und Irland zum sogenannten Barebones Parliament,4 und im Dezember wurde Cromwell zum Lord Protector ernannt – sein endgültiger Sieg über die radikalen religiösen Gruppierungen. Damit war das interimistische Parlament Geschichte, das innenpolitische Klima kühlte sich ein wenig ab, und aus England wurde in der Folge eine Art Militärdiktatur. Als Lord Protector schloss Cromwell mit den Generalstaaten – für viele sicher überraschend und nicht für alle in England zur Freude – einen milden Frieden, der gerade von den radikalen Puritanern hart kritisiert wurde.5 3 Vgl. dazu Capp, Cromwells Navy, 83. 4 Dazu ausführlich Woolrych, Commonwealth to Protectorate. 5 Dazu Pincus, Protestantism and Patriotism, 101–167. 292

8.1.  Der Friede von Westminster 1654

Der Friede von Westminster am 5./15. April des Jahres 1654 beendete den ersten Englisch-Niederländischen Seekrieg.6 Dieser Vertragsabschluss durch Cromwell war vorrangig politisch und nicht wirtschaftlich motiviert. England hätte – trotz aller eigenen Probleme und ungeachtet der wenig erfolgreichen Kriegführung im Mittelmeer und in der Ostsee – die Macht und die Ressourcen gehabt, den Krieg fortzuführen, die Republik der Vereinigten Niederlande weiter schwer zu schädigen und den Generalstaaten schwerwiegende Konzessionen aufzubürden. Cromwell wusste jedoch, dass eine vernichtende und demütigende Niederlage das Aus für die „Wahre Freiheit“, für die Regentenherrschaft, bedeuten konnte. Vielleicht ist die Feststellung übertrieben, dass der zweijährige Seekrieg gegen das Commonwealth für die Wirtschaft der Niederlande ruinöser war als der achtzigjährige Krieg gegen Spanien. Doch die Folgen des Krieges für die Niederlande waren ohne Zweifel verheerend. Viele Handelsschiffe fielen in die Hände von Cromwells Navy. Die Regenten von Amsterdam schätzten alleine den Verlust der holländischen Handels- und Fischereischiffe auf über 1 200  Einheiten.7 Der Handel brach vorübergehend zusammen. In Dordrecht, Den Haag, Rotterdam, Alkmaar, Hoorn, Enkhuizen, Middelburg, Zierikzee, Bergen-op-Zoom und anderen Städten kam es zum Teil zu schweren Aufständen. In Amsterdam, so ein trister Bericht aus der Hauptstadt Hollands, wuchs das Gras über die einst bevölkerten Straßen, 3 000 Häuser waren verlassen, und allerorts waren Bettler zu sehen.8 Die Bevölkerung der Niederlande 6 Zum Frieden von Westminster 1654: NA, SP 108/300 Treaty of peace and alliance between the Commonwealth of England and the States General 1654 Apr 5 OS/15 NS, online unter http://www.ieg-mainz.de/ IEG-Friedensverträge: Friede von Westminster 5.  April 1654 (Zugriff: 14.  Oktober 2012). Vgl. weiters die eher kurzen Kommentare bei Jones, Anglo-Dutch Wars, 136–144; Capp, Cromwells Navy, 83–86; Israel, Dutch Republic, 720–726; Junge, Flottenpolitik, 222–233; sowie auch die Teile „The Peace with Holland“ und „The Treaty with Holland“, in: Abbott, Writing and Speeches III, 182–265. 7 Israel, Dutch Republic, 716. 8 Blok, History of the People, 205. 293

8. Friedensschlüsse

erinnerte sich in einer erfolglosen militärischen Zeit wieder an die militärischen Qualitäten des Hauses Oranien. Die Generalstaaten und Provinzialstände diskutierten während des Krieges daher heftig über die Einsetzung eines Statthalters mit militärischen Befugnissen für die Gesamtrepublik, natürlich aus dem Hause Oranien-Nassau. Die ware vrijheid Johann de Witts wackelte. Auf den Straßen vieler Städte skandierten die Menschen für Oranien. Allerdings war man auch in England froh, dass der unpopulär gewordene Krieg vorbei war. Es gab in der Endphase des Krieges sogar Meutereien auf den Schiffen des Commonwealth, und die verlässliche, religiös indoktrinierte Landarmee musste gegen Unzufriedene der Navy, die Versorgungsmissstände beklagten, eingesetzt werden. Der englische Handel mit der Ostsee kam während der Auseinandersetzungen zum Erliegen, der Sund war für die englische Schifffahrt komplett gesperrt, aus dem Mittelmeer musste sich das Commonwealth zurückziehen, in Asien behielt die VOC klar die Oberhand über die englische Ostindienkompanie, und selbst die über 1 200 – oft jedoch wenig wertvollen – erbeuteten Handelsschiffe (gegenüber etwa 350 Prisen, die an die niederländischen Admiralitäten überstellt wurden, und noch einiger Dutzend wertvoller Schiffe, die von den Niederländern erbeutet wurden9) halfen der eigenen Wirtschaft nicht sonderlich weiter. So verfolgte der politisch denkende Cromwell vor allem ein Ziel: Eine politische und militärische Rückkehr der Oranier, der Verbündeten der englischen Königsdynastie, musste unbedingt verhindert werden. Die englischen Flottenver­antwortlichen konnten sich nur zu gut an die freundliche Aufnahme der meuternden eigenen Verbände im holländischen Hafen von Hellevoetsluis erinnern. Dieses Szenario war schließlich der Ausgangspunkt des konterrevolutionären Seekriegs von Rupert. Die Niederlande sollten unter dem mächtigen Einfluss eines oranischen Statthalters keine Verbündeten des exilierten Stuarts mehr werden können, 9 Israel, Dutch Primacy, 212. 294

8.1.  Der Friede von Westminster 1654

und dazu musste eine Rückkehr des Hauses Oranien verhindert werden. Der Ausschluss des Hauses Oranien war der am heftigsten diskutierte Punkt der vorgeschlagenen Friedensvereinbarungen zwischen den Generalstaaten und dem Commonwealth. Ratspensionär de Witt wusste nur zu gut, in welch schwere innenpolitische Kontroverse er sich damit einlassen musste. Cromwell bestand jedoch auf diesen einen Punkt und handelte deshalb mit dem neuen Ratspensionär de Witt eine geheime Nebenvereinbarung aus, die sogenannte Seklusionsakte (acte van seclusie), die für alle Zeiten den Ausschluss der Oranier aus den Staatsämtern inklusive aller militärischen Funktionen vorsah. Diese geheime Vereinbarung war nur mit der Provinz Holland akkordiert, in den anderen Provinzen konnte die oranierfeindliche Bestimmung nicht durchgesetzt werden. Ganz im Gegenteil, es folgten heftige Debatten unter den Regenten der Provinzialstände über den Alleingang Hollands in einer äußerst kritischen Verfassungsfrage. Die breite oranierfreundliche Öffentlichkeit agitierte ohnehin stark gegen den Seklusionsbeschluss, den man vornehmlich dem kühlen Staatsmann de Witt anlastete.10 Die offiziellen Punkte des Friedensvertrages (33  Artikel, in Latein gefertigt) wie die Anerkennung der Navigationsakte durch die Generalstaaten, Reparationszahlungen und die Strafverfolgung der niederländischen Justiz für das Massaker von Amboina, ein Gefangenenaustausch, die Einräumung der englischen Suprematie in der Nordsee, das Streichen der Flagge und das Einholen des Mastsegels durch niederländische Schiffe, die relativ unverbindlich gehaltenen Neutralitäts- und Freundschaftsbekundungen der beiden Länder, Beistandsverpflichtungen von Handelsschiffen bei Piratenüberfällen und gegenseitige Unterstützungsabkommen der Kriegsflotten waren weit weniger spektakulär. Wie hieß es so schön: Die Engländer gewannen den Krieg, die Niederländer den Frieden. Bemerkenswert sind auf alle Fälle die oftmals erwähnten und vertraglich vereinbarten Maßnahmen gegen Rebellen und Flüchtlinge, 10 Vgl. dazu ausführlich Rowen, John de Witt, 191–237. 295

8. Friedensschlüsse

womit Cromwell natürlich in erster Linie den niederländischen Schutz englischer Royalisten aufgehoben wissen wollte – die logische Ergänzung der Seklusionsakte. Vor einer royalistischen Konterrevolution fühlte sich der Lord Protector nie sicher. Einige ökonomisch motivierte Punkte, wie Reisefreiheit sowie Handels- und Zollerleichterungen für die Kaufleute der beiden Republiken in ihren Territorien, gab es dann auch noch. Zudem wurde in London eine vierköpfige Kommission eingerichtet, die eine Erhebung der gegenseitigen Klagen der letzten Jahrzehnte durchführen sollte. Mit dem ersten Englisch-Niederländischen Seekrieg entwickelte Cromwells Regime starke weltpolitische Ambitionen. Das puritanischcalvinistische Staatengebilde England trat nun das erste Mal mit dem Anspruch auf eine internationale Führungsrolle auf, war man doch in der festen Überzeugung, „ein von Gott verliehenes überlegenes Wertund Gesellschaftssystem zu verkörpern“.11 Die Männer um Cromwell überlegten bereits, welche Monarchie als nächster Feind ins Visier geraten sollte: das aufstrebende Frankreich oder die alte, jedoch schwächelnde Weltmacht Spanien. Nach langen Diskussionen im engsten Führungskreis und im Staatsrat entschied sich Cromwell für einen Angriff auf die Kolonien Spaniens.12 Das neue Expansionsprogramm hieß „Western Design“, der Angriff auf das spanische Amerika.

8.2.  De r F r i e de von Br e da 1667 Während England unter Cromwell den ersten Krieg im Hochgefühl des Sieges beendete, schloss das Königreich den Frieden von Breda, am 21./31.  Juli 1667, als schwer angeschlagene und gedemütigte Nation. Alleine in London forderte die Pest im Jahre 1665 an die 68 000 To11 Martin, Navigationsakte, 582. 12 Vgl. dazu Junge, Flottenpolitik, 247–258. 29 6

Der Friede von Breda 1667

desopfer. Es war die nach 1603, 1625 und 1636 vierte große Epidemie in der Hauptstadt. Und 1666 brannte London; über 80 000 Menschen verloren ihr Zuhause, 80 Prozent der City lag in Schutt und Asche, an die 13 000 Häuser verbrannten.13 Der Schaden wurde von den Zeitgenossen auf die unglaubliche Summe von 7 Millionen Pfund geschätzt. Das alles ging nicht spurlos an England vorbei. Der Krieg selbst lief militärisch eigentlich gar nicht so schlecht. Von den drei großen Seeschlachten wurde nur eine verloren, die Viertagesschlacht. Aber die noch 1665 und 1666 vom Parlament zugesagten Mittel waren zu einem guten Teil aufgebraucht und das englische Steuersystem erwies sich als nicht kriegstauglich; weder wollte das Parlament 1667 in der Endphase des Krieges diese enormen Summen genehmigen, noch gab es das fiskalische Instrumentarium dafür. Schätzungen besagen, dass es der englischen Krone gelang, nur etwas über 5 Millionen Pfund für den Krieg aufzutreiben, die Niederländer hingegen konnten über 11  Millionen Pfund aufbringen, die Krone Frankreichs 9 Millionen.14 Das Zitat des kaiserlichen Feldherrn Raimondo Montecuccoli (das er eigentlich vom italienischen Condottiere Gian Giacomo Trivulzio übernahm), man brauche für die Kriegführung drei notwendige Dinge: Geld, Geld, Geld, traf freilich auch für diese Kriege zu. Abgesehen von den finanziellen Problemen waren das Königshaus und das Parlament auch politisch im letzten Kriegsjahr zutiefst gespalten. Der englische Handel verzeichnete aufgrund der militärischen Operationen zur See sowie der Pestepidemie im Finanzzentrum schwere Einbrüche. Zu all dem kam, dass eigentlich neutrale Handelszentren wie Hamburg, Lübeck, Venedig, Livorno, Genua oder auch Cádiz eine den Generalstaaten äußerst wohlwollende Haltung einnahmen.15 Als dann noch de Ruyter mit seiner Flotte in die Themse einbrach, hatte 13 Zur Pest und zum verheerenden Feuer von London vgl. Cowie, Plague and Fire, und Bell, The great fire. 14 Vgl. dazu Hutton, Charles II, 249. 15 Vgl. Israel, Dutch Republic, 772. 297

8. Friedensschlüsse

man in England vom Krieg endgültig genug. Wie vom holländischen Ratspensionär de Witt intendiert, war Charles nun aufgrund der militärischen Lage gezwungen, Frieden zu schließen. Charles wollte sich einen Bittgang ins Parlament ersparen und wies seine Delegierten in Breda an, die Verhandlungen voranzutreiben (Sondierungen und Gespräche zum konkreten Frieden waren bereits seit Herbst 1666 im Gange16 und formelle wie informelle Gespräche wurden ohnehin während des gesamten Krieges geführt17). Im Schloss von Breda waren Abgesandte der Vereinigten Niederlande, Englands, Frankreichs, Dänemarks und Schwedens (als Mediatoren) zugegen. Die Verhandlungen selbst wurden bilateral geführt. Diesmal war es de Witt, der weitsichtig genug war und keinen unverhältnismäßigen Siegfrieden diktierte. Nur zur Demonstration der niederländischen Seeüberlegenheit ließ de Ruyter noch bis zur Ratifikation des Vertrages durch Charles seine Flotte vor der englischen Küste kreuzen. Alles blieb – mehr oder weniger – beim Status quo. Die Niederländer erhielten Pulo Run und Surinam zugesprochen. Den Staatsverantwortlichen waren die Inseln in Indonesien wichtiger als die Besitzungen in Nordamerika. Weiters blieben auch die 1664 eroberten Forts an der Goldküste im Besitz der WIC. Den Engländern überließen die Generalstaaten die Neu-Niederlande, womit New York in englischer Hand blieb. Das war kein wirklich sensationeller Zugewinn für die damalige Zeit, wenngleich in Verbindung mit dem Stable Act ein wichtiger Schritt hin zur kommerziellen Erschließung Nordamerikas. Charles erkannte den Wert des Platzes durchaus. So schrieb er an seine Schwester Henrietta: Tis a place of great importance to trade, and a very good town.18

16 Vgl. dazu Huttton, Charles II, 241. 17 Vgl. dazu Rowen, John de Witt, 611–633. 18 Charles an Henrietta, Whitehall, 24. Oktober 1664, in: Bryant, Letters, Nr. XLI, 167f. 298

Der Friede von Breda 1667

Als Stichtag für die territoriale Besitznahme wurde der 20./30.  Mai 1667 festgelegt, Eroberungen danach wurden nicht mehr als rechtmäßig akzeptiert. Johan de Witt musste eine abgeschwächte Form der Navigationsakte anerkennen, bekam aber dafür einige Seerechte zugesprochen. So durften die Niederländer in ihren Schiffen Waren aus den angrenzenden Gebieten des Heiligen Römischen Reiches nach England transportieren. Die bilateral sehr freundlichen Handelsvereinbarungen des Vertrages von 1662 wurden ebenfalls im Vertragswerk von Breda festgeschrieben. So bekamen die Kaufleute volle Reise- und Handelsfreiheit in den Vertragsländern. Den für die damalige Zeit typischen und keineswegs zu unterschätzenden Fragen der Ehrbezeugung kam wiederum ein bedeutender Part zu: Niederländische Schiffe mussten vor englischen Kriegsschiffen die Flagge streichen. Aufgrund der enormen Verluste durch Kaperungen vor und während des Krieges wurde auch die Piraterie ausführlich im Friedensvertrag erwähnt. So mussten sich beide Länder bemühen, Kaperungen zu unterbinden. Prisen der beiden Nationen durften in keinen ihrer Häfen verkauft werden, Freibeuter durften durch die Hafenhändler beider Länder weder ausgerüstet noch verpflegt werden. Kaperware musste an das jeweilige Land wiederum ausgeliefert werden. Weiters legte man die obligaten Beistandsverpflichtungen sowie den Gefangenenaustausch fest und ging wiederum auf den Punkt der „Rebellen“ ein, die bekämpft, ausgeliefert oder zumindest aus dem eigenen Land ausgewiesen werden mussten. Hier hatte das Königreich vermutlich mehr Angst vor Republikanern, die Unterschlupf in den Niederlanden finden konnten, als umgekehrt die Regenten von Holland vor Anhängern des Hauses Oranien. Unmittelbar darauf schloss England die Friedensverträge mit Frankeich und Dänemark ab. Der Friede von Breda stellte einen Kompromissfrieden dar, denn die Generalstaaten bemühten sich nun um das Wohlwollen Englands, da im Süden der vormals Verbündete immer bedrohlicher wurde. Frankreich unter Ludwig XIV. expandierte, und diese herannahende Gefahr galt es 299

8. Friedensschlüsse

für die Niederländer im Auge zu behalten.19 Dem Frieden von Breda folgte das Bündnis mit England und Schweden, die sogenannte Tripelallianz vom 23. Januar 1668, die zeitweilig die Expansionspolitik Ludwigs eindämmen konnte. Doch die Karten in der internationalen Politik der Seemächte wurden im Laufe der Jahre nochmals neu gemischt.

8.3.  De r F r i e de von W e s t m i n i s t e r 1674 Auch der dritte Krieg hatte kaum angefangen, als bereits Friedenssondierungen eingeleitet wurden. Arlington und Buckingham wurden mit detaillierten Instruktionen zuerst ins französische Feldlager, dann nach Den Haag gesandt. Bei den Franzosen wollten sich die Engländer die Vereinbarungen von Dover bestätigen lassen – offenbar war Charles sich dann doch nicht so sicher über die Absichten Ludwigs.20 In Den Haag unterbreiteten die Engländer hohe Forderungen in einem demoralisiertem Land: uneingeschränkte Akzeptanz des Flaggenrechts, Geld für Fischereirechte der Niederlande in der Nordsee – in britischen Gewässern, wie man meinte –, einige Küstenstädte in Seeland und Holland, wie zum Beispiel die ehemalige englische Garnison Flushing (aus der Zeit der englischen Hilfe unter Leicester; die seeländische Bezeichnung war freilich Vlissingen, pikanterweise die Geburtsstadt des niederländischen Flottenoberbefehlshabers de Ruyter), der Oranier Wilhelm sollte Fürst in Holland werden, ein günstiges Handelsabkommen für England in

19 Zum Frieden von Breda 1667: NA, SP 108/304 Treaty of Breda 1667 May 21 OS/31 NS; vgl. den Kommentar bei Rommelse, Second Anglo-Dutch War, 184– 188; Jones, Anglo-Dutch Wars, 178; Boxer, Wars, 40–42; Wilson, Profit and Power, 141f. 20 Vgl. dazu auch Jones, Anglo-Dutch Wars, 194–196. 300

Der Friede von Westminister 1674

Asien usw.21 Der Gipfel der vorgetragenen Punkte war dann wohl der Vorschlag, dass sich niederländische Provinzen dem Schutz und Schirm der englischen Krone mit denselben Rechten wie Wales unterstellen konnten. Selbst in der katastrophalen Lage, in denen sich die Generalstaaten befanden, waren diese Forderungen alles andere als realistisch. Abgesehen davon, dass der Friedensschluss noch zwei Jahre auf sich warten ließ, muss die Stimmung in den Niederlanden im rampjaar eine äußerst merkwürdige gewesen sein. Mit God blesse the King of England and the Prince of Orange and the Deville take the States wurde die englische Delegation bei ihrer Ankunft in Holland im Sommer 1672 begrüßt, wie die Gesandten unabhängig voneinander höchst erstaunt nach London schrieben.22 In der Tat schickte der Mob ihren „Oberregenten“ de Witt samt Bruder einen Monat später zur Hölle und hob den Oranier auf den Schild. Charles selber versuchte indessen seinen lieben Neffen, wie er Wilhelm von Oranien nannte, mittels freundlichen Briefen zum Frieden zu überreden und war über die ausbleibenden Antworten des niederländischen Generalkapitäns und Generaladmirals sichtlich erstaunt.23 Dem Oranier waren die Niederlande doch – wenig überraschend – wichtiger als die in Whitehall erhoffte Familiensolidarität (er war zudem ab dem Jahr 1677 mit Maria Stuart, der ältesten Tochter von James, verheiratet). Charles war in dieser Beziehung ein typischer Monarch, der eben in den Kategorien der Dynastie- und Familiensolidarität dachte. Ab Juni 1673 verhandelten alle kriegführenden Parteien in Köln.24 Das Prozedere war typisch: Jeder beteuerte sehr salbungsvoll seinen 21 Vgl. dazu die Instruktionen für Buckingham und Arlington, die Friedensverhandlungen einzuleiten, und Arlington an Clifford, Den Haag, 5. Juli 1672, in: Colenbrander 2, Nr. 63, 141–143 und Nr. 66, 146–148. 22 Vgl. z. B. Buckingham an Clifford, Den Haag, 5. Juli 1672, in: Colenbrander 2, Nr. 67, 148f., und weitere Korrespondenzen ebd. 23 Vgl. Charles an Wilhelm von Oranien, Whitehall, 12. Juli, 31. Juli, 20. August und 20. September 1672, in: Bryant, Letters, Nr. XLVIII–LI, 257–259. 24 Zu den Friedensverhandlungen in Köln vgl. Pribram, Lisola, 636–682. 301

8. Friedensschlüsse

Friedenswillen und mehr oder weniger rechtlich elegant unterfüttert die Motive zum Krieg. Zunächst versuchte die damalige Großmacht Schweden zwischen den Parteien zu vermitteln, dann – wie es üblich war – versuchten sich viele andere Fürsten des Reiches als Friedensvermittler zu profilieren. Der kaiserliche Gesandte Lisola wiederum war tunlichst bemüht, einen separaten Friedensschluss zwischen Frankreich und den Generalstaaten zu verhindern, zumal im Jahre 1673 das Reich im Fokus der Kriegführung stand. Die Generalstaaten sollten schließlich im Krieg gegen Ludwig XIV. gehalten und die antifranzösische Koalition fest geschmiedet werden. Aber der neue starke Mann in den Niederlanden, Wilhelm, war ohnehin nicht bereit, den Kampf gegen den Sonnenkönig aufzugeben. Die Niederländer konnten es sich im Jahr 1 nach dem rampjaar bereits leisten, den Engländern die kalte Schulter zu zeigen: Der Flaggengruß gegenüber der Navy sollte zwar geleistet werden, es wurden jedoch keine Kriegsentschädigung und keine Hafenabtretungen angeboten. So blieb es vorerst beim Anbieten und Zurückweisen gestellter Friedensforderungen, der Krieg ging für alle Parteien weiter. Waren die Niederlande bei Kriegsbeginn am Boden zerstört, so sah sich England im Jahre 1674 in einer innenpolitischen Krise. Nach der erfolglosen Schlacht von Texel kam es zu keiner kombinierten Aktion der beiden Verbündeten mehr. Es war nicht nur die Stimmung zwischen den alliierten Mächten auf dem Nullpunkt angelangt, sondern auch die Stimmung im Land polarisierte sich immer mehr. Eine latente antifranzösische Einstellung machte sich nun in England breit, die noch dazu durch die von Ludwig  XIV. angeregte Heirat des Thronfolgers James mit der katholischen Maria Beatrice d’Este verstärkt wurde. Im Herbst und Winter 1673/74 folgten erregte Parlamentsdebatten, in deren Zuge das CABAL-Ministerium zerfiel. Charles musste schließlich Frieden mit den Niederlanden schließen. Der Friedensvertrag von Westminster wurde am 9./19. Februar 1674 unterzeichnet. Freilich war der Friedensschluss mit den Niederlanden ein klarer Vertragsbruch der Vereinbarun302

Der Friede von Westminister 1674

gen von Dover.25 Aber auch der Vertrag von Dover war ja wiederum ein klarer Verstoß vonseiten Englands gegen die Abmachungen der Tripelallianz – nichts Ungewöhnliches also zu dieser Zeit. Im zweiten Vertrag von Westminster (12 Artikel, in Latein gefertigt) wurde die Grußpflicht in englischen Hoheitsgewässern festgelegt (der Topwimpel vom großen Mast und das Topsegel mussten eingeholt werden), die Niederländer akzeptierten die von England intendierte Souveränität über die Meere freilich nicht; es wurden bessere Bedingungen für die englischen Siedler in Surinam verhandelt, wobei auswanderungswillige Engländer von der eigenen Marine großzügigerweise auch evakuiert werden durften; Schiedsgerichte für die Streitfälle im Ostindienhandel wurden festgelegt, und zudem erhielt der König einen Schadensersatz von 200 000 Pfund. Die Regentin von Spanien sollte bei Schwierigkeiten im Friedensprozess die Rolle des Arbiters, der Schiedsrichterin, einnehmen. Die Verhandlungen über die Commercien, wie es damals hieß, wobei vor allem der Ostindienhandel geregelt werden musste, sollten aufgrund des Zeitdrucks einige Monate später eingeleitet werden. Tatsächlich schlossen die beiden versöhnten Konkurrenten am 1. Dezember desselben Jahres einen Handelsvertrag in London ab.26 Im Großen und Ganzen jedoch blieb wiederum – wie schon beim Frieden von Breda – alles beim Alten.27 England hielt sich nach dem Friedensschluss aus dem französischniederländischen Konflikt heraus.

25 Vgl. dazu den Vertrag von Dover, Punkt 5. 26 Handelsvertrag von London, 1.  Dezember 1674, online unter http://www. ieg-mainz.de/ IEG-Friedensverträge (Zugriff: 26. Oktober 2012). 27 Zum Frieden von Westminster 1674: NA, SP 108/311 Treaty between Great ­Britain and the States General, signed at Westminster 1674 Feb 9 OS/19 NS; ­Ratification of the 1674 Treaty between Great Britain and the States General 1674 Feb. 24 OS/Mar 6 NS; online unter http://www.ieg-mainz.de/ IEG-Friedensverträge: Friede von Westminster 19. Februar 1674 (Zugriff: 14. Oktober 2012). Vgl. weiters die kurzen Kommentare bei Jones, Anglo-Dutch Wars, 207–216; Boxer, Wars, 59; und Hutton, Charles, 317f. 303

8. Friedensschlüsse

Dass der Krieg vom englischen König nicht fortgesetzt werden konnte, war neben dem akuten Geldmangel und der immer größer werdenden kontinentalen Dimension des Konflikts zu einem guten Teil der für die Monarchie untragbaren Stimmung im Land geschuldet. Doch wie kam es dazu? Admiral Rupert von der Pfalz, Cousin des Königs und verantwortlich für die operative Kriegführung, fühlte sich von den Franzosen verraten und verkauft.28 Seine Rechtfertigungen der erfolglosen Seekriegführung fielen in England auf fruchtbaren Boden. Die breite Öffentlichkeit und einige Members of Parliament nahmen seine Argumentationslinie auf. Die Affäre um den französischen Verrat war hochexplosiv und sichtlich dazu angetan, eine diplomatische Verstimmung zwischen den beiden Kronen heraufzubeschwören.29 Die beiden Stuarts konnten sich nur sehr schwer mit dieser gegen das katholische Königreich Frankreich gerichteten Schelte abfinden. Monsieur le Prince Robert, der schon vor dem Krieg für den französischen Botschafter in London Colbert de Croissy als Gegner Frankreichs galt,30 war mit seinen Anschuldigungen gegen den verbündeten Admiral ein Hauptakteur in dieser Propaganda. Seine Kritik gegenüber der französischen Seekriegführung nahm wiederum eine antifranzösische Partei auf, die versuchte, die Mitglieder des Parlaments dahingehend zu instrumentalisieren.31 Das politische Establishment der Insel stand dem expansiven französischen Absolutismus ohnehin äußerst skeptisch gegenüber. Und nicht wenige der einflussreichen Herren im Parlament waren schon vor dem Krieg nie sehr glücklich über das Bündnis mit der katholischen Macht Frankreich gewesen. Die Stimmung zum Jahreswechsel 1673/74 wurde zusätzlich von der geschickt in England eingeschleusten niederländischen Propa-

28 Vgl. dazu Rebitsch, Rupert von der Pfalz, 133–136. 29 Seignelay an d’Estrées, Nancy, 17.  September 1673, in: Colenbrander  2, Nr. 221, 347. 30 Vgl. Kitson, Prince Rupert, 240. 31 Vgl. dazu Ranke, Englische Geschichte, 130. 304

Der Friede von Westminister 1674

ganda geschürt.32 Der um das Überleben der Niederlande kämpfende Wilhelm III. erwies sich nicht nur als geschickter Schlachtenlenker, er beherrschte ebenso den Propagandakrieg. Das Medium der Flugblätter und Flugschriften wurde zu einer starken niederländischen Waffe. Besonders wirkungsvoll war die Flugschrift England’s Appeal from the Private Cabal at Whitehall to the Great Council of the Nation (März 1673) des französischen Hugenotten Pierre du Moulin aus dem Mitarbeiterstab von Wilhelm. Grundtenor all dieser Propaganda war ein korruptes, antiparlamentarisches, katholisches Königshaus, das sein eigenes Volk und Parlament hintergehe, gegen die Kirche von England agiere und mithilfe Frankreichs und des angeworbenen Söldnerheeres einen politischen Umsturz plane. Das vom englischen Königshaus so geschätzte Frankreich unter Ludwig  XIV. kam damit ins Visier der politischen Medien. Eben dieses Frankreich, so hieß es, sei im Begriff, eine riesige Handels- und Seemacht zu werden. Übergriffe von Franzosen gegenüber englischen Kaufleuten seien vertuscht, die Klagen gegenüber der niederländischen Ostindienkompanie hingegen frei erfunden worden.33 Weitere antifranzösische Schriften folgten. Und natürlich spielte auch das konfessionelle Argument eine Rolle. Französische Maßnahmen zur Rekatholisierung in den eroberten Gebieten der Niederlande nahm man in England mit großer Sorge zur Kenntnis. Gleiches fürchtete eine breite Öffentlichkeit für England durch die Stuarts. Zu allem Überfluss wurde ja während des Krieges die Konversion des voraussichtlichen Thronfolgers James – „a nightmare to many Protestants“34 – zum katholischen Glauben publik. In den Augen vieler Engländer erhielt so die Motivlage des Krieges gegen die calvinistischen Niederlande an der Seite der katholischen Macht Europas eine völlig neue Perspektive.35 32 Dazu ausführlich Haley, William of Orange. 33 Vgl. Schulin, Handelsstaat, 195. 34 Hutton, Charles II, 318. 35 Dazu auch die Ausführungen von Hutton, Charles II, 308f. 305

8. Friedensschlüsse

So konnten die antipapistischen und antikatholischen Reflexe und Emotionen der englischen Gesellschaft wieder bestens bedient werden. Mit dem Test Act, dem Ausschluss von Katholiken aus öffentlichen Ämtern, reagierte das Parlament scharf auf die Toleranzpolitik des Königs, die als reine politische Maßnahme gesehen wurde. Der bereits erwähnte Historiker Steven Pincus betont dabei vor allem die englische Furcht vor der Errichtung einer französischen Universalmonarchie und die englische Abneigung gegen den französischen Absolutismus. Der englische Antikatholizismus spielte seiner Meinung nach eine wesentlich kleinere Rolle in den antifranzösischen Gefühlen auf der Insel.36 Es war wohl eine gut passende Mischung aus Ablehnung eines politischen Systems à la française und der schon traditionellen Antipathie gegen den Katholizismus – egal, ob von Rom oder aus Frankreich kommend bzw. in Irland existierend. Große Teile der Kaufmannschaft standen ebenfalls für eine antifranzösische Politik.37 Bereits nach dem zweiten Krieg gegen die Generalstaaten sahen einflussreiche Kreise in England nicht die Niederlande, sondern das unter der fachmännischen Ägide Jean Baptiste Colberts expandierende Königreich als den kommenden Konkurrenten im Welthandel. Der wohl bedeutendste Praktiker des merkantilistischen Wirtschaftsstils in Frankreich wurde im Februar des Jahres 1669 Staatssekretär des Königlichen Hauses (secrétaire d’Etat de la maison du Roi), ein Amt, das nachträglich mit den Agenden der Marine in allen Provinzen versehen wurde. Vor allem der von ihm angekurbelte Ausbau der französischen Flotte und Verbesserungen in der Infrastruktur der Marine beunruhigten neben dem latenten handelspolitischen Konflikt zutiefst.38 Der Umstand, dass das Parlament seit 1671 keine Sitzung mehr abgehalten hatte, verstärkte im Kriegsjahr 1673 den Vorwurf, der König hege absolutistische Ambitionen, zusätzlich. Noch vor dem Friedens36 Vgl. dazu Pincus, From Butter Boxes to Wooden Shoes. 37 Vgl. dazu ebd., 195–198. 38 Vgl. dazu Kennedy, Rise and Fall, 62f. 30 6

Der Friede von Westminister 1674

schluss mit den Niederlanden bemühte sich daher die Regierung, die Kritik an der französischen Kriegführung und Flotte zu unterdrücken. Dies hatte aber einen kontraproduktiven Effekt für das bereits unpopulär gewordene Kabinett Charles II. zur Folge. Der Glaube an den französischen Verrat zur See verbreitete sich aufgrund der wirkungsvollen medialen Propaganda auch rasch in der breiten Öffentlichkeit: Every seamans wife having an account of it from her husband of their having been betrayed by the French.39

Es gehörte zum politischen Tagesgespräch, dass die Allianz mit den weithin ungeliebten Franzosen gelöst werden müsste, sollte England nicht ruiniert werden. Die auf dem Kontinent expandierende Macht Frankreich avancierte während des dritten Englisch-Niederländischen Krieges eindeutig zum neuen Gegner in der globalen Welthandelsstellung.40 Der Krieg ging für England nicht aufgrund eines unbezwingbaren Gegners verloren, sondern aufgrund eines untragbaren Verbündeten.

Abb. 1 39 Zitat bei Boxer, Wars, 59. 40 Vgl. Pincus, From Butter Boxes to Wooden Shoes, 356f. 307

9.  E r i n n e ru ng sk u lt u r u n d Da r s t e l lu ng

J

ede Nation hat – freilich aus einer antiquierten, überlebten Perspektive betrachtet – ihr Heldenzeitalter. Für die Habsburgermonarchie war es das Zeitalter der Türkenkriege und das 18. Jahrhundert, das große Jahrhundert, wie es von einem Historiker genannt wurde.1 Für Spanien ist es das 16. und 17. Jahrhundert, das Siglo de Oro. Frankreich verstand sich vor allem unter Napoleon Bonaparte als Grande Nation. In den Niederlanden nannte man das 17. Jahrhundert das Gouden Eeuw, das Goldene Zeitalter,2 das mit dem Unabhängigkeitskrieg von Spanien und den Seekriegen gegen England zusammenfiel. Großbritannien bedeckte mit seinem globalen Empire zu Ausgang des 19. Jahrhunderts rund ein Viertel des Planeten – das größte Imperium, das man je gesehen hatte.3 Aus diesen Epochen heraus entstanden nationale und militaristische Mythen, die erst seit einiger Zeit gezielt von der Geschichtswissenschaft und anderen geisteswissenschaftlichen Disziplinen relativiert, oder besser gesagt: dekonstruiert werden. Politisch freilich werden die nationalen Heldenmythen immer noch bei sich bietenden Anlässen instrumentalisiert. Betrachtet man die Englisch-Niederländischen Seekriege, so wurden diese mehr in den Niederlanden und weniger in Großbritannien rezipiert. Der englische Historiker James Rees Jones stellte fest, dass die Englisch-Niederländischen Seekriege des 17. Jahrhunderts kaum Spuren 1 Mikoletzky, Österreich – Das große 18. Jahrhundert. 2 Vgl. immer noch Prak, The Dutch Republic in the Seventeenth Century, mit dem Untertitel: The Golden Age. 3 Dazu Wende, Das britische Empire, 125; zur Geschichte des Empires auch Black, British Seaborne Empire. 309

Erinnerungskultur und Darstellung

im nationalen Bewusstsein Großbritanniens wie auch in der Geschichtsschreibung außerhalb der Niederlande hinterlassen haben – geschweige denn, dass sie als Analysemodell für andere kriegführende Staaten, wie das Deutsche Kaiserreich vor dem Ersten Weltkrieg, gedient hätten.4 Der Marinehistoriker J. D. Davies konstatierte ebenfalls den frappanten Unterschied in der Betrachtung dieser Epoche zwischen den Niederlanden und England.5 Für England stellen die Seekriege, die Zeit zwischen der Abwehr der spanischen Armada 1588 und dem Krieg zur See gegen Napoleon, ein maritim eher peinliches Zeitalter dar – vollkommen unbrauchbar zur Herstellung einer kollektiven oder nationalen Identität. Entsprechend hatten sie für England bemerkenswerterweise keine Bedeutung für die kollektive oder auch individuelle Erinnerung. Kaum ein Schiff der britischen Seestreitmacht wurde nach den Admirälen oder Schlachten dieser Zeit benannt. Tunlichst achtet man in der Navy auf Political Correctness. Die englischen Admiräle aus der Zeit der Seekriege, wie Robert Blake, Rupert von der Pfalz oder gar James II., waren freilich keine Identifikationsfiguren wie Horatio Nelson. Blake war der Mann des Commonwealth und Cromwells, somit aus einer suspekten Zeit stammend. James war der ungeliebte, mit absolutistischen Tendenzen verbrämte Katholik und König, der bei der niederländischen Invasion von 1688 die Insel fluchtartig verließ. Rupert, für den sich die britische Historiografie immer sehr interessiert hat (jüngst der jüngere Bruder von Lady Diana, Charles Spencer, mit seinem Werk „Prince ­Rupert – The Last Cavalier“) und der aufgrund seiner sonstigen Geschäfte als Namenspatron von Kanada bis England durchaus präsent ist,6 galt mehr als illustrer deutscher Abenteurer denn als nationaler Seeheld. Die Männer der zweiten Reihe, zum Beispiel George Monck, immerhin the Restorer of the Monarchy, Edward Montagu oder der angriffslustige 4 Jones, Anglo-Dutch Wars, 3. 5 Davies, Pepys’s Navy, 280. 6 Die relevante Literatur hierzu bei Rebitsch, Rupert von der Pfalz. 310

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Robert Holmes, sind bestenfalls Insidern der Marinegeschichte bekannt. An den großen öffentlichen Plätzen, an den Erinnerungsorten, sind die Seekriege gegen die Niederlande nicht wahrnehmbar. Die für England siegreichen Schlachten von Scheveningen/Texel, Lowestoft oder der St. James’s Day Fight wurden nicht zu Namensgebern großer Plätze wie Trafalgar. In Bridgwater, Somerset, dem Geburtsort von Robert Blake, gibt es ein kleines Blake-Museum,7 und im Ort findet sich sogar eine Statue des General-at-Sea. Mit den 55 Metern der Nelson’s Column im Herzen Londons kann die Statue im kleinen Bridgwater freilich nicht mithalten. Eine schön gearbeitete Marmorstatue in der Kirche von Yarmouth auf der Isle of Wight erinnert an Robert(us) Holmes.8 Zwei Teilnehmer an der Schlacht von Solebay, Clement Cottrell und Charles Harbord, die in dieser Schlacht gefallen sind, haben ein schönes Grabmal in der Westminster Abbey. Mit einer staatlich-öffentlichen Erinnerungskultur hat dieses Grabmal allerdings nichts zu tun – es wurde von Harbords Vater in Auftrag gegeben. Bestimmt findet man bei längerer Suche auch den einen oder anderen Straßennamen, der nach einem der Exponenten der Seekriege benannt ist. Man darf den beiden britischen Historikern jedoch darin recht geben, dass die drei Englisch-Niederländischen Seekriege zumindest in England – und das aus nachvollziehbaren Gründen – nicht zu den zentralen Identifikationspunkten populärhistorischer Erinnerungskultur geworden sind. Allerdings trifft dieser Befund nicht mehr auf die geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung zu, denn immerhin stammen die besten und auch ausführlichsten Analysen zu den Kriegen, wie jene von James Rees Jones, der somit den von ihm kritisierten Zustand zum Teil selbst behoben hat, aus England oder aus dem anglophonen Raum. Sind aber in den Niederlanden die Seekriege des 17. Jahrhunderts tatsächlich prominenter ausgewiesen als in England? Im Scheepvaart7 http://www.bridgwatermuseum.org.uk/ (Zugriff 31. Mai 2012). 8 Davies, Pepys’s Navy, 283. 311

Erinnerungskultur und Darstellung

museum von Amsterdam9 wird den Kriegen im Rahmen des Goldenen Zeitalters und im Anschluss zur wesentlich breiteren VOC-Ausstellung ein kleiner Raum gewidmet, eine zusammenhängende Geschichte der Seekriege wird nach den Grundsätzen neuer Museumspädagogik jedoch nicht präsentiert. Man bekommt lediglich einige – zweifelsfrei interessante – Happen serviert. Maerten Tromp und Michiel de Ruyter treten als die beiden Seehelden hervor, nach ihnen sind auch zwei Partyräume benannt. Im Rijksmuseum zu Amsterdam, das im Jahre 2013 wieder seine vollständige Kollektion präsentiert, sind die Seekriege in die niederländische Kolonialgeschichte eingebettet. (Auch das Royal Museum Greenwich – vergleicht man wieder mit England – stellt die Seekriege vor allem durch die bekannten Gemälde, auf die noch einzugehen sein wird, zur Schau.10) Admiral Michiel Adrianszoon de Ruyter hat wenige Jahre nach seinem Tod ein monumentales Grabmal in der Nieuwe Kerk von Amsterdam erhalten. Das vom bekannten flämischen Bildhauer Rombout Verhulst geschaffene Grabmonument ist in der Tat eine imposante Erinnerung an den deklarierten Seehelden der Niederlande. Verhulst führte im Übrigen auch das Grabmal Admiralleutnants Willem Joseph van Ghents, des Helden von Medway, im Utrechter Dom aus. In der Gruft de Ruyters sind ungarische Fahnen zu sehen – Erinnerung an die 26 von de Ruyter aus spanischer Gefangenschaft in Neapel befreiten ungarischen Prediger reformierter und lutherischer Konfession. So steht auch ein De-Ruyter-Standbild im ungarischen Debrecen.11 Der aus Essen stammende und im Mittelmeer eingesetzte Admiral Johann van Galen hat ebenso wie de Ruyter in der Neuen Kirche von Amsterdam sein Grabmal. De Ruyter ist jedoch ohne Zweifel der große Star unter den niederländischen Admirälen. Zahlreiche Schiffe der 9 http://www.hetscheepvaartmuseum.nl/ 10 http://www.rmg.co.uk/ 11 Siehe Prud’Homme van Reine, Rechterhand van Nederland, 314, und Vonk, De „victorieuze“ Zeeslag, 78, zum Standbild in Vlissingen 76. 312

Erinnerungskultur und Darstellung

Handels- und Kriegsmarine sind nach ihm benannt. In Vlissingen, seiner Geburtsstadt, steht ein großes und beeindruckendes De-Ruyter-Denkmal, das dortige Zeeuws Maritiem MuZEEum12 informiert über den großen Sohn der Hafenstadt, und auch sonst ist sein Name allgegenwärtig. Bei einer Umfrage des Radiosenders Katholieke Radio Omroep (KRO) wurde der Vlootvoogd zum siebtgrößten Niederländer gewählt, nach der Fußballlegende Johan Cruyff und noch vor Anne Frank. Den ersten Platz belegte in dieser Abstimmung aus dem Jahre 2004 der umstrittene und polarisierende Politiker Pim Fortuyn, der 2002 von einem militanten Umwelt- und Tierschützer erschossen wurde.13 Übrigens gibt es auch hier einen wenngleich medial an den Haaren herbeigezogenen Bezug zum 17. Jahrhundert: Manche Medien in den Niederlanden verglichen die Ermordung Fortuyns mit jener der beiden de-Witt-Brüder im Jahr 1672 – Politmorde sind eben selten in den Niederlanden. Freilich sollte man solche Abstimmungen nicht allzu ernst nehmen, und die Wahl des exzentrischen Rechtspopulisten Fortuyn zum größten Niederländer aller Zeiten wurde sogar als „Skandal“ bezeichnet. Dennoch zeigt die Platzierung de Ruyters, dass sich der Seemann aus dem 17. Jahrhundert immer noch einer beträcht­ lichen Popularität in den Niederlanden erfreut. Sein Vorgänger im Oberkommando der Marine, Maerten Tromp, ist ebenfalls ein gefeierter Seeheld der Niederländer – der zweite Mann hinter de Ruyter, wenn man so will. Die Generalstaaten bereiteten dem bekennenden Anhänger des Hauses Oranien ein feierliches Begräbnis. Er fand in der Oude Kerk von Delft (und nicht in der Nieuwe Kerk, in der viele Mitglieder des Hauses Oranien-Nassau begraben liegen) seine letzte Ruhestätte und ein sehr schönes Grabmal. Auch hier ließ man sich 12 http://www.muzeeum.nl/ 13 http://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/aktuelles/archiv/2004/november/­ 1117fortuyn.html (Zugriff: 4.  Juni 2012); vgl. auch die zusammenfassende Darstellung zu Pim Fortuyn bei Driessen, Geschichte der Niederlande, 266–272, wie die Sternnote auf 270. 313

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nicht lumpen, und die Crème de la Crème der Handwerker marschierte auf: Jacob van Campen, der das Amsterdamer Rathaus entwarf, gestaltete das Grabmal 1658 mit Rombout Verhulst und Willem de Keyser in der alten Delfter Kirche. Dort lag bereits ein weiterer Seeheld der Niederlande, Piet Hein, der Eroberer der spanischen Silberflotte, begraben, und einer der bekanntesten Maler der Niederlande, Jan Vermeer, sollte 1675 folgen; allerdings erinnert im Gegensatz zu den prächtigen Monumenten der beiden Admiräle nur eine bescheidene Steinplatte an den heute so populären „Handwerker“ Vermeer. Im bekannten Prinsenhof zu Delft, in dem Wilhelm von Oranien erschossen wurde und der sich nur einige Schritte entfernt von der alten Kirche befindet, gibt es zudem eine kleine Ausstellung zu Admiral Tromp. Sein Admiralskollege, der nicht immer glücklich agierende Witte de With, erhielt ein prächtiges Grabmal in der Laurenskerk Rotterdam. Auch Tromp wurde wie de Ruyter zum Traditionsnamen in der niederländischen Marine. Somit sind die beiden militärischen Hauptakteure des Krieges immer noch bekannt. Allerdings ist die Geschichte der drei Seekriege oft in die Betrachtung des Goldenen Zeitalters eingebunden, also viel mehr ein Teil dieser oftmals als glanzvolle Epoche bezeichneten Zeit. Die Kriege als solche, außerhalb dieses Kontextes, fanden selbst in den Niederlanden keine herausragende Betrachtung. Wahrhaft reichen Niederschlag haben die Englisch-Niederländischen Seekriege in der bildenden Kunst, vornehmlich in der Malerei, hinterlassen. Es gibt unzählige Gemälde, Zeichnungen, Illustrationen und Skizzen zu den Schlachten, Schiffen und Personen des Krieges, die nicht nur im National Maritime Museum in Greenwich (Royal Museums Greenwich), im Schifffahrtsmuseum oder im Rijksmuseum in Amsterdam zu finden sind:14 Zu den bedeutendsten Malern dieses 14 Vgl. dazu die Künstlerporträts und Lebensläufe der diversen Künstler sowie die Gemälde in Giltaij/Kelch, Heeren der Meere – Meister der Kunst; dort auch der quellenkritische Beitrag von Remmelt Daalder, Seegeschichte auf Gemälden – Seebilder als historische Quelle, 37–44; weiters gut kommentierte Bilder in Davies, Pepys’s Navy, und Boxer, Wars. 314

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­Genres zählen die beiden aus Leiden stammenden Willem van de Velde, Vater und Sohn, die zuerst in den Niederlanden malten, 1672 jedoch in die Dienste Charles II. traten. Im ersten Krieg war Willem der Ältere in einem kleinen Boot, in einer sogenannten Galjot, als Augenzeuge bei der Seeschlacht bei Ter Heide dabei und bildete sein Schiff im Schlachtgetümmel ab. Überhaupt war van de Velde des Öfteren bei Seeschlachten zugegen, die er dynamisch und detailreich in Szene zu setzen wusste (zum Beispiel die Schlacht von Lowestoft). Willem der Jüngere malte die Seeschlacht von Texel/Kijkduin wie auch die Verbrennung der Royal James beim Überfall der Niederländer auf die Themse. Das letztgenannte Bild zeigt neben dem brennenden Schiff auch de Ruyters Flaggschiff De Zeven Provinciën, das des Öfteren auf Gemälden festgehalten wurde, im Kampf mit der Royal Sovereign. Alle beide – wie sehr viele ihrer Kollegen – hatten ohne Zweifel gute Kenntnisse über den Schiffsbau und über die Nautik, womit die Kunstwerke wertvolle Quellen für Marinehistorikerinnen und ‑his­toriker (und nicht nur für diese) sind. Authentische Quellen zur Rekonstruktion des ereignisgeschichtlichen Verlaufs sind diese Bilder dennoch in sehr vielen Fällen nicht. Obgleich die Maler die Details bestens kannten, gab es doch Interpretationsfreiheit im eigenen Sinne oder im Sinne des Auftraggebers. So lassen sich die großen Überblickdarstellungen, also jene Bilder, die aus einer Vogelperspektive gemalt wurden, nur sehr bedingt zur Rekons­ truktion taktischer Abläufe der Schlachten verwenden, zumal sie nur Momentaufnahmen darstellen und nicht selten idealisiert in Szene gesetzt wurden. Dennoch: Eine Zeichnung wie zum Beispiel jene von van de Velde d. Ä. zur Schlacht von Lowestoft oder auch zur Schlacht von Schooneveld kann einen lebhaften Eindruck vom oft wirren Schlachtgeschehen, in dem sich die taktischen Formationen aufgelöst haben, vermitteln. Oft hatten die Bilder auch andere Zwecke: Die Darstellung der Gefechte und die gekonnte Inszenierung der Person in Porträts sollten Ruhm und Ehre der eigenen Person verkünden. Dementsprechend wurden sie in Szene gesetzt. 315

Erinnerungskultur und Darstellung

Weitere bekannte Schlachtenbilder – neben denen der van de Veldes – stammen von Jan Abrahamsz Beerstraaten (Schlacht bei Scheveningen), Heerman Witmont (Gabbard), Willem Hermansz van Diest (Livorno/ Leghorn), Reinier Zeeman (Livorno), Abraham Storck (Viertagesschlacht) und Ludolf Backhuysen (Viertagesschlacht). Die Thematik des niederländischen Überraschungsangriffes auf Chatham 1667 wurde des Öfteren aufgegriffen, so von Willem Schellinks (Der Zug nach Chatham im Jahr 1667), Pieter Cornelisz van Soest (Eroberung der Royal Charles), Jeronimus van Diest (Die Aufbringung des englischen Admiralschiffes Royal Charles), Jan de Baen (Cornelis de Witt als Sieger vom Medway) und Jan van Leyden (Die brennenden Royal Oak, Loyal London und Royal James). Im Übrigen hat sich ebenfalls der britische Schriftsteller und Dichter Rudyard Kipling dieses Themas 1911 in dem Gedicht The Dutch on the Medway angenommen. Für ihn waren vornehmlich König Charles  II., dessen Verschwendungssucht und die gleichzeitige Vernachlässigung der Seeleute Schuld für das Desaster. Neben den Seeschlachten wurden freilich auch die Fürsten, Politiker und Militärs porträtiert – von den zahlreichen Personendarstellungen sei hier nur das Bild Admiral Michiel de Ruyters von Ferdinand Bol genannt. Auch die Abreise des seeländischen Admirals Abraham Crijnssen, der im Dezember 1666 aus dem Veerse Gat (ehemaliger Meeresarm in Seeland zwischen Noord-Beveland und Walcheren) zur militärischen Intervention in Südamerika und Westindien in See stach, wurde von Lieve Verschuier (Die Abreise von Abraham Crijnssen nach Westindien im Jahr 1666) festgehalten. Die Aufzählung der Kunstwerke zu den drei Seekriegen im 17. Jahrhundert ließe sich freilich problemlos fortsetzen. Die für die Quellenkritik wichtigen Fragen der Entstehungsgeschichte und der Auftraggeber sind bei Weitem nicht bei jedem Bild geklärt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sehr oft Behörden, wie Stadtverwaltungen und die Admiralitäten, das Fürstenhaus oder die kriegführenden Akteure selbst, aber auch deren Verwandte die Auftraggeber waren, wenn das Bild ohnehin nicht für den Markt angefertigt wurde, also keine Auftragsarbeit war. 316

Erinnerungskultur und Darstellung Rudyard Kipling, The Dutch in the Medway15

2 If wars were won by feasting, Or victory by song, Or safety found in sleeping sound, How England would be strong! But honour and dominion Are not maintained so. They’re only got by sword and shot, And this the Dutchmen know! The moneys that should feed us You spend on your delight, How can you then have sailor-men To aid you in your fight? Our fish and cheese are rotten, Which makes the scurvy grow-We cannot serve you if we starve, And this the Dutchmen know! Our ships in every harbour Be neither whole nor sound, And, when we seek to mend a leak, No oakum can be found; Or, if it is, the caulker, And carpenters also, For lack of pay have gone away, And this the Dutchmen know! 15 Songs written for C. R. L. Fletcher’s “A History of England”, 1911, in: http://www. theotherpages.org/poems/kipli06.html (Zugriff: 5. August 2012). 317

Erinnerungskultur und Darstellung Mere powder, guns, and bullets, We scarce can get at all; Their price was spent in merriment And revel at Whitehall, While we in tattered doublets From ship to shop must row, Beseeching friends for odds and ends And this the Dutchmen know! No King will heed our warnings, No Court will pay our claims Our King and Court for their disport Do sell the very Thames! For, now De Ruyter’s topsails Off naked Chatham show, We dare not meet him with our fleet And this the Dutchmen know!

2

Abb. 2 318

10.  E x k u r s: De r v i e rt e E ngl isc h-­ N i e de r l ä n disc h e Se e k r i e g

D

er dritte Englisch-Niederländische Seekrieg war nicht die letzte militärische Konfrontation der beiden Seemächte. Über einhundert Jahre später standen sich wiederum niederländische und englische Seestreitkräfte auf den Weltmeeren gegenüber.1 Allerdings hatten sich mittlerweile die Kräfteverhältnisse drastisch verschoben. England hatte sich als europäische Großmacht etabliert, intervenierte bei sämtlichen europäischen Kriegen des 18. Jahrhunderts (außer im Polnischen Erbfolgekrieg) aus einer sicheren insularen Stellung heraus und war die Siegermacht des Siebenjährigen Krieges. Die ohne Zweifel immer noch wirtschaftlich nicht unbedeutenden Niederlande (vor allem im Finanzsektor) mit seinen Kolonien steckten in einer tiefen gesellschaftlichen und politischen Krise und galten schon lange nicht mehr als die innovative Kraft Europas. In vielen wirtschaftlichen Bereichen zeigte die Tendenz bereits über ein Jahrhundert lang stark nach unten. Das politische System der Niederlande wirkte antiquiert, die Regentenkaste abgeschlossen und erstarrt. Dieser einstmals moderne ständische Anachronismus hatte sich nun tatsächlich überlebt. Nicht der niederländisch-reformierten Kirche Angehörende waren immer noch von öffentlichen Ämtern, von hohen militärischen Funktionen, von führenden Stellen in der Bank von Amsterdam oder hohen Posten in der VOC ausgeschlossen. Der oranische Statthalter Wilhelm V., der unter Einfluss seines ehemaligen 1 Vgl. dazu ausführlich Schulte Nordholt, The Dutch Republic and American Independence; kurz Israel, Dutch Republic, 1095–1112; Lademacher, Geschichte der Niederlande, 172–206. 319

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Vormunds Ludwig Ernst von Braunschweig-Wolfenbüttel stand, passte vielen nicht in das aufgeklärte Konzept der damaligen Zeit. Auch in der internationalen Machtpolitik gehörten die Niederlande nicht mehr zu den ersten Staaten. Längst hatte sich im 18. Jahrhundert ein System des Gleichgewichts (Balance of Power) der sogenannten Pentarchie der großen Mächte Frankreich, England, Österreich, Preußen und Russland etabliert. Nur noch diese fünf Mächte gaben in Europa den Ton an.2 Eine Adelsrepublik wie Polen wurde zur Dispostionsmasse, die Niederlande segelten „im Kielwasser Englands“3 und wurden dann doch aufmüpfig. Doch auch England hatte ein großes Problem: Die Unabhängigkeitsbestrebung der Kolonien in Nordamerika. Die dreizehn nordamerikanischen Kolonien erklärten am 4. Juli 1776 in Philadelphia ihre Sezession von England.4 Der bewaffnete Konflikt, bekannt als Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg, begann bereits ein Jahr zuvor. Die Ideen der amerikanischen Declaration of Independence mit ihrer starken Betonung der Menschen- und Grundrechte stießen in den Niederlanden wie auch in vielen anderen Teilen Europas auf starken Widerhall. Das Zeitalter der demokratischen Revolution, wie es der amerikanische Historiker Robert  R. Palmer nannte, brach nun auch in der Republik der Vereinigten Niederlande an. So waren die Sympathien vieler Niederländer auf amerikanischer Seite, nur die Oranier und ihre Anhänger standen traditionell aufseiten des englischen Königshauses – viele Oranier dieses Jahrhunderts waren ja mit englischen Prinzessinnen verheiratet. Im Zuge der Auseinandersetzung mit England entstand eine neue politische Bewegung jenseits der Prinz- und Staatsgesinnten in den Niederlanden, „die Patrioten“ genannt. Die nicht homogen ausgerichtete neue Strömung orientierte sich an den Idealen der Aufklärung und der Amerika2 Vgl. dazu nur Duchhardt, Balance of Power und Pentarchie. 3 Schilling, Höfe und Allianzen, 282. 4 Vgl. dazu die gute Überblickdarstellung zur britischen Außenpolitik von Scott, British foreign policy. 320

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nischen Revolution. Sie wurde eine richtungsweisende Komponente für die Etablierung einer modernen Demokratie in den Niederlanden, trat aber auch militant in Form von bewaffneten Freikorps in Erscheinung. Zuerst in Utrecht, dann in anderen Städten gelang ihnen die politische Partizipation an verschiedenen Stadtmagistraten. Meistens konnten die Patrioten weder mit den altetablierten Regenten und schon gar nicht mit dem Statthalter aus dem Hause Oranien etwas anfangen. Oranje boven war nicht das Motto dieser revolutionären Bewegung. Die alte, vorrevolutionäre europäische Ordnung in der Gestalt preußischer Interventionstruppen vertrieb die Patrioten, doch mit der französischen Revolutionsarmee kamen sie 1795 zurück, errichteten die sogenannte Batavische Republik und begruben das alte System der Generalstaaten für immer.5 Zurück aber wieder zu den Kriegswirren der beginnenden 1780erJahre: Die Generalstaaten erkannten im Jahre 1782 als zweites europäisches Land nach Frankreich (dem Verbündeten der amerikanischen Sezessionisten) die Rechtmäßigkeit des Continental Congress an. Ein formelles Kriegsbündnis mit den Amerikanern, mit Frankreich und Spanien jedoch gingen die Staatsverantwortlichen nicht ein. Neben aller Sympathie für die Revolution spielte natürlich auch der Handel wiederum eine wichtige Rolle. Die Kaufmannselite der Generalstaaten sah – wie schon bei den Kriegen zuvor – eine politisch neutrale Haltung bei Beibehaltung der Handelsbeziehungen mit den kriegführenden Staaten als sehr lukrativ an. Vor allem der Waffenhandel mit den britischen Kolonien in Nordamerika, die selbstverständlich einen großen Bedarf an Waffen und Munition hatten, stellte sich als äußerst gewinnbringend dar. Das Kriegstheater an der nordamerikanischen Ostküste wurde als neuer Markt erschlossen. Und eine Schwächung des zu übermächtig gewordenen Handelskonkurrenten Großbritannien konnte ja aus Sicht der neidisch gewordenen holländischen und seeländischen Handelsolig5 Vgl. dazu Palmer, Zeitalter der demokratischen Revolution, 349–366. 321

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archie nicht schaden. Damit fing das Spiel, das bereits in den Seekriegen des vorigen Jahrhunderts zu beobachten war, wieder an. Niederländische Schiffe wurden von der britischen Kriegsmarine unter Generalverdacht des Waffenhandels mit dem Feind gestellt, aufgebracht und durchsucht, die Ladungen wurden konfisziert. Rechtliche Grundlage für diese „Kontrabande-Strategie“ war immer noch die handelspolitisch motivierte, protektionistische Gesetzgebung aus dem 17. Jahrhundert. Und tatsächlich lieferten niederländische Waffenhändler vornehmlich von der karibischen Insel St.  Eustatius militärisches Gerät an die „Rebellen“ nach Nordamerika. Die Niederländer erhielten beste Kolonialware dafür. Ebenfalls mit den kriegführenden Staaten Frankreich und Spanien wurde weiterhin reger Handel getrieben. Schon 1777 stellte die britische Regierung deshalb ein strenges, für einen souveränen Staat inakzeptables Ultimatum an Den Haag, die Waffentransporte aus der Karibik einstellen zu lassen und überdies den Gouverneur von St. Eustatius abzuberufen. Bereits vor der offiziellen Kriegserklärung eröffnete die britische Kriegsmarine das Feuer auf einen niederländischen Konvoi mit Kurs auf die Westindischen Inseln und zwang ihn in den Hafen von Plymouth. Die Stimmung auf beiden Seiten des Kanals war wiederum auf Waffengang eingestellt. Offiziell erklärte die britische Regierung im Dezember 1780 der Republik der Vereinigten Niederlande den Krieg. So sehr man Antipathien gegen die Engländer in dieser Zeit pflegte, so schlecht war man auf einen kriegerischen Konflikt vorbereitet. Die niederländische Kriegsflotte war in den letzten Jahrzehnten geradezu vernachlässigt worden und sah sich der englischen Marine in allen Bereichen unterlegen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: England hatte im Jahre 1780 117 Linienschiffe zur Verfügung, die Niederlande 26.6 Alleine im Januar des darauffolgenden Jahres kassierten die britischen Seestreitkräfte und englischen Freibeuter über 200 niederländische Schiffe und Ware im Wert von 15 Millionen Gulden. Einige hun6 Siehe die Tabelle bei Rodger, Command of the Ocean, 608. 322

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dert niederländische Schiffe wurden in verschiedenen Häfen rund um den Globus blockiert. Im Jahr 1781 hatte die Kriegsmarine der Generalstaaten nur 33 Schiffe, darunter 11 Linienschiffe, zur Verfügung.7 Der Einkauf von Kampffahrzeugen zur See bei den neutralen Ostseestaaten Dänemark und Schweden scheiterte an der englischen Kontrolle. Somit nahm das für die Niederlande sich weltweit abspielende Desaster seinen Lauf. St. Eustatius wurde von den Engländern erobert und geplündert, vor allem die jüdische Bevölkerung der Insel wurde Opfer des britischen Überraschungsangriffs. Die westafrikanischen Küstenforts der WIC fielen mit Ausnahme des Forts Elmina (ein wichtiger, aus den Händen der Portugiesen eroberter Stützpunkt des Gold- und Sklavenhandels im heutigen Ghana) in britische Hände. Auch die Kolonien in Guyana sowie handelsstrategisch neuralgische Stützpunkte in Indien und Ceylon gingen verloren. So erlitt die einst erfolgreiche VOC schmerzliche Verluste durch die weltweiten Kriegshandlungen. Lediglich Surinam und das stark befestigte Curaçao vermochten die Briten nicht zu nehmen. Einige der Eroberungen in Südamerika und Asien wurden im Laufe des Krieges von den Franzosen wieder zurückerobert und den Niederländern übergeben. Es war sicher Frankreich zu verdanken, dass die Katastrophe für die Generalstaaten nicht noch größere Ausmaße annahm. Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass die einzige größere Seeschlacht, die Schlacht auf der Doggerbank (eine große und langgestreckte, abschnittsweise nur 13 Meter unter dem Meeresspiegel auf der Höhe von Yorkshire liegende Untiefe in der Nordsee), am 5.  August 1781 unentschieden endete. Allerdings war diese Seeschlacht nicht mit jenen aus den drei ersten Seekriegen vergleichbar. Sieben englische Linienschiffe und sechs Fregatten unter Vizeadmiral Sir Hyde Parker (wobei die Flotten zur Zeit Nelsons im Allgemeinen wesentlich kleiner waren als in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts) bekämpften eine in etwa 7 Zum militärischen Verlauf des Konflikts vgl. Rittmeyer, Seekriege und Seekriegswesen 2, 320–322. 323

Exkurs: Der vierte Englisch-­Niederländische Seekrieg

gleich starke niederländische Flotte unter Vizeadmiral Johan Arnold Zoutman. Der Kampf, der etwa vier Stunden dauerte, wurde in bester Kiellinienformation geführt. Nach heftigem Schusswechsel zog sich die niederländische Flotte in die heimischen Häfen zurück. Die Briten, etwas unmotiviert, nahmen die Verfolgung nicht auf. Schon alleine die Verlustzahlen – bei den Engländern an die 470 Tote und Verwundete, bei den Niederländern etwa 540 Mann an Toten und Verwundeten – zeigen, dass diese Begegnung bei Weitem nicht die Dimension der maritimen Waffengänge des 17. Jahrhunderts hatte. Die Schlacht auf der Doggerbank war freilich alles andere als eine Haupt- oder gar Entscheidungsschlacht im Zuge des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Es war das zufällige Aufeinandertreffen zweier Konvoibegleitungen, die sich hier duellierten, wobei das Geschwader von Hyde Parker größtenteils mit veralteten Schiffen ausgestattet war – die modernen britischen Seestreitkräfte jener Zeit hatten sich um die französische Flotte zu kümmern, die der ersten Seemacht allerorts schwerwiegend zusetzte. Dieses Treffen, das von den Niederländern als Sieg gefeiert wurde, war der letzte Auftritt der niederländischen Kriegsmarine im vierten Englisch-Niederländischen Seekrieg. Von da an blieben die Admiräle zum Leidwesen ihrer politischen Führung und immer unter Hinweis auf die katastrophale Unterlegenheit gegenüber der britischen Kriegsmarine in ihren Häfen und riskierten nichts. Nicht einmal der Statthalter als Oberbefehlshaber der niederländischen Flotte konnte seine Admiräle zum Auslaufen überreden, wo doch ein Befehl hätte genügen müssen. Peinlich für die einstige Seemacht wurde der kollektive Ungehorsam des Offizierskorps, als sich die niederländische mit der französischen Marine zu einer gemeinsamen Aktion vereinigen sollte. Vizeadmiral Lodewijk van Bylandt, bestimmt alles andere als ein neuer Michiel Adriaenszoon de Ruyter, erklärte die Flotte für nicht einsatzbereit (wie immer), sodass eine koordinierte Aktion mit den französischen Verbänden nicht zustande kam. Die daraufhin eingesetzte Untersuchungskommission ließ sich gehörig Zeit. Offenkundig war aber: Die Heldengeschichte des 32 4

Exkurs: Der vierte Englisch-­Niederländische Seekrieg

niederländischen Seekriegswesens erlebte im vierten Krieg keine Fortsetzung. Insgesamt gesehen hatten jedoch auch die Briten einen schweren Stand. Die maßlose Überdehnung ihrer Kräfte und der enorme Truppen- und Schiffsbedarf für das amerikanische Kriegstheater eröffnete der neuen Seemacht Frankreich zahlreiche Angriffspunkte auf britische Stellungen weltweit. So konnten die Franzosen spektakuläre Erfolge in Südamerika und Asien feiern. Schließlich war Großbritannien der große Verlierer des weltweit ausgefochtenen Krieges. Im Frieden von Paris, der am 3. September 1783 unterzeichnet wurde, musste England die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika anerkennen. Am gleichen Tag unterzeichneten die britischen Unterhändler in Versailles die Friedensabkommen mit Frankreich und Spanien. Tags davor war mit der Republik der Vereinigten Niederlande ein Vorfriede geschlossen worden, bei dem sich die Franzosen nicht mehr als Anwalt der Niederländer engagiert hatten. Dieser Vorfriede war die Basis des Friedens von Paris, der am 30. Mai 1784 zwischen Großbritannien und den Niederlanden unterzeichnet wurde. Der von den Engländern eroberte Handelsstützpunkt Negapatnam (Nagapattinam an der Koromandelküste) ging endgültig an das Königreich über, die VOC musste den Briten künftig freie Fahrt in allen von ihr kontrollierten Gewässern und Gebieten gewähren. Zudem wurde den englischen Handelsgesellschaften freier Handel mit Teilen Ostindiens gestattet. Das alles klang noch recht harmlos, de facto jedoch war der vierte Englisch-Niederländische Krieg für die Republik ein politisches und wirtschaftliches Desaster.

325

11.  E pi l o g

W

elche Auswirkungen, welche historischen Folgen hatten nun die drei Seekriege auf England und auf die Niederlande? Bedeuteten sie den Aufstieg Englands zur ersten Seemacht und den Niedergang der Niederlande? Jedenfalls, so konstatierte einer der besten Kenner der Geschichte der Republik der Vereinigten Niederlande, Jonathan I. Israel, befand sich die Handelsnation von 1647 bis 1672 im Zenit, und nach 1672 ging es – wenn auch langsam – bergab.1 Auf alle Fälle ist dabei bemerkenswert, dass die ersten beiden Kriege gegen England in die Periode des ökonomischen Höhepunkts fallen. Mit Beginn des dritten Krieges wurde nach dem Periodenmodell Israels ihr Abstieg eingeläutet. Noch etwas ist bemerkenswert: Die Friedensschlüsse in Westminster und Breda waren keineswegs von großen Landübertragungen geprägt, sieht man von der Übergabe Neu Amsterdams an die Engländer ab. Zudem war das von den Engländern umbenannte New York in den 60er-Jahren des 17. Jahrhunderts einer von vielen kleineren Handelsstützpunkten in der Neuen Welt. Die heutige Bedeutung der Weltmetropole konnte sich damals noch kein Mensch ausmalen. Einer der Parameter, um den „Erfolg“ von Kriegen zu messen, ist ohne Zweifel der Landgewinn. Dahingehend stehen uns also keine bedeutsamen Bewertungskriterien zur Verfügung. Und auch sonst sind die Auswirkungen alles andere als offensichtlich. 1673 – also mitten im dritten Krieg und bereits ein Jahr nach dem sogenannten Katastrophenjahr – schrieb der englische Botschafter William Temple:

1 Israel, Dutch Primacy, 197–291. 327

Epilog

Die Vereinigten Provinzen erregen den Neid einiger, die Furcht anderer und die Bewunderung aller ihrer Nachbarn.2

Trotz der verlorenen Kriege gehörten die Niederlande noch im 18. Jahrhundert zu den reichsten Staaten Europas. England wiederum, das man gewiss nicht als glänzenden Sieger des dritten Krieges bezeichnen kann, stieg stetig, wenn auch vorerst nicht spektakulär auf. Die drei Seekriege oder besser gesagt die ihnen jeweils folgenden Friedensschlüsse zwischen den führenden Handelsnationen England und der Niederlande brachten somit weder den sofortigen Abstieg der Generalstaaten als handelspolitisch weltweit agierende Potenz noch den kometenhaften Aufstieg des Inselkönigreichs zur unangefochtenen Nummer 1 des Welthandels: Britannia rules the waves konnte man in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts noch nicht intonieren. Kann man also den zusammenfassenden Bemerkungen zur Forschungslage von James Rees Jones folgen? „Those wars were immoral, economically senseless and best forgotten as part, even a formative part, of the corrupt old order which had now been replaced by liberal principles and practices.“3

Abgesehen davon, dass man wohl vielen Kriegen mit den moralischen Standards von heute das Prädikat „sittenwidrig“ und „wirtschaftlich sinnlos“ zuweisen kann, wird durch Jones die Systemfrage aufgeworfen. Der Paradigmenwechsel kam in der Tat 1688, ironischerweise durch eine niederländische Invasion. Der oft bevorzugte Topos „Glorious Revolution“ hat jedoch wahrhaft edleren und geschichtsträchtigeren Klang als „Invasion“. In einer aktuellen, viel diskutierten Monografie zu diesem Jahr 1688 wurde der „Tatbestand“ einer „Invasion“ stark in

2 Zitat bei Duchhardt, Barock und Aufklärung, 7. 3 Jones, Anglo-Dutch Wars, 5. 328

Epilog

Abrede gestellt:4 Zu stark war laut Steven Pincus, Verfasser der ebenfalls polarisierenden Studie über die ersten beiden Seekriege, die englische Unterstützung im finanziellen, politischen und militärischen Bereich für Oranien und zu schwach die heimische Unterstützung für James, als dass man von einer ausländischen Invasion sprechen könnte. Er spricht viel mehr von einem „joint Anglo-Dutch venture against James II’s regime“. Abgesehen von dieser zumindest eigenwilligen Definition einer militärischen Invasion, sprechen alleine die Fakten eine klare Sprache: Der oranische Statthalter Wilhelm III., seit 1677 mit Maria Stuart verheiratet, bereitete schon seit geraumer Zeit durch geschicktes Networking seine Einflussnahme auf die englische Politik vor und betrieb eine massive Propaganda mittels Flugschriften. Diplomatisch war die Aktion mit dem Kaiser und den deutschen Fürsten abgesichert.5 Sein Ziel war es, nach der Gewinnung des englischen Throns das Inselkönigreich in seine antifranzösische Koalition einzuspannen. Ludwig XIV. stellte freilich nach wie vor eine immense Bedrohung für die Niederlande dar. Im Herbst allerdings waren die Kräfte des Roi Soleil andernorts gebunden bzw. wurden von der späten und hochriskanten Operation des Oraniers überrascht. Im November kam der Niederländer mit annähernd 500  Schiffen und einem national gemischten Söldnerheer von 20 000 Soldaten (darunter freilich auch Engländer) nach England. Ein „protestantischer Wind“, so sagte man, führte den Oranier und seine Flotte nach Torbay an der Lyme Bay im Südwesten Englands. Weder die englische Navy noch das an die 40 000 Mann starke Heer des Stuarts leisteten bemerkenswerten Widerstand. Der regierende König und Schwiegervater James II. verlor die Nerven und floh von der Insel, niederländische Soldaten besetzten London, und alle englischen Regimenter wurden aus der Stadt gewiesen.6 Das sich in Aufruhr befindliche London wurde von 4 Pincus, 1688, 221–253, bes. 251f. und Zitat auf 229. 5 Dazu auch Troost, Stadhouder-koning Willem III., 195–258. 6 Zum ereignishistorischen Ablauf der Invasion vgl. nur Ashley, The Glorious ­Revolution, und Jones, Revolution of 1688. 329

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den Truppen Wilhelms beruhigt. In England konnte man daraus die Glorreiche Revolution machen, denn schließlich waren weite Teile des politischen Establishments und vermutlich auch der Bevölkerung mit dem Katholiken James und seiner Politik unzufrieden. Die Geburt seines Sohnes James Francis Edward 1688 schürte wiederum die Furcht vor einer dauerhaften katholischen Dynastie. Ob James tatsächlich eine flächendeckende Rekatholisierung des Landes vorhatte, ist mehr als fraglich, doch die personalpolitischen Maßnahmen, die er in seiner dreijährigen Regierungszeit tätigte, ließen durchaus den Verdacht aufkommen. Seine Tochter Maria, eine fromme Anglikanerin aus erster Ehe, und sein Schwiegersohn Wilhelm, ein Calvinist, die bereits als Thronprätendenten gehandelt wurden, erfreuten sich in England eines wesentlich größeren Zuspruchs. So kam es im Vorfeld dieser oranischen Invasion zu einer Art von „Einladungsschreiben“ sieben englischer Magnaten, das zwar sehr vage und vor allem sehr vorsichtig formuliert war, aber dennoch die Bitte einer Intervention Wilhelms enthielt. Die militärische Invasion ermöglichte die politische Revolution, die sie selbstverständlich auch war, wie Steven Pincus sehr nachdrücklich eingefordert hat.7 Für ihn stellt der Umbruch der Jahre 1688/89 sogar die erste moderne Revolution der Geschichte dar, wobei er sie keinesfalls als „aristokratischen Staatsstreich“ (wie auch schon öfter in der Literatur festgestellt) sieht. Über die Charakterisierung der Glorious Revolution als erste moderne Revolution der Menschheit lässt sich diskutieren. Die Vorgänge von 1688 waren aber ohne Zweifel Ausdruck der Ablehnung einer zentralisierten, bürokratischen, katholisch-absolutistischen Monarchie nach französischem Vorbild, die James, so unterstellte man ihm, zu etablieren suchte. Sie entsprachen zudem der Annahme des niederländischen Vorbilds einer auf Konsens basierenden politischen Einstellung, die an den Prinzipien der Freiheit der Meinungsäußerung und der Freiheit des Handels orientiert waren. Mit der Bill of Rights im folgenden Jahr 7 Pincus, 1688. 330

Epilog

wurde die parlamentarische Monarchie in England eingeführt.8 Das zu dieser Rechtsverordnung dazugehörende Toleranzgesetz, das allen protestantischen Dissenters Religionsfreiheit einräumte, ohne freilich die Monopolstellung der anglikanischen Kirche anzutasten und ohne auch nur irgendwelche Zugeständnisse an die Katholiken zu machen, war der konfessionellen Situation in den Niederlanden nicht ganz unähnlich. Es gab eine privilegierte Religion, Toleranz gegenüber anderen und ein tiefes Unbehagen gegenüber Katholiken, die aufgrund des Ausschlusses von allen öffentlichen Ämtern zu Bürgern zweiter Klasse degradiert wurden – selbst in der „Glorreichen“ Revolution hatte die Toleranz ihre Grenzen. Dieser oft auch als „konservative Revolution“ bezeichnete Umbruch war eine Revolution von oben, eine Revolution durch das politische Establishments Englands, wenngleich es auch im Zuge der Landung Wilhelms zu einer breiteren Mobilisierung der Massen kam.9 Der „Anglo-Dutch Moment“ von 1688 und den folgenden Jahren,10 wie dieser Einschnitt auch genannt wird, ist zweifellos ein Meilenstein für die weitere Entwicklung Großbritanniens. Die Vertreibung des ­Stuart-Königs James II., die Inthronisierung des Oraniers Wilhelm III. als König von England (und freilich seiner Gattin als Königin) und die Implementierung der parlamentarischen Monarchie sowie die Übernahme typisch niederländischer wirtschaftspolitischer Maßnahmen und Regierungstechniken waren von großer Bedeutung. Man muss dabei nicht unbedingt so weit gehen wie die englische Historikerin Lisa Jardine, die ihrer hauptsächlich kulturwissenschaftlich angelegten Studie „Going Dutch“11 den ausdruckstarken Untertitel „How England Plundered Holland’s Glory“ gegeben hat. Die Engländer wurden nicht zu 8 Vgl. Schröder, Revolutionen Englands, 232–241. 9 Dazu wiederum Pincus, 1688, 228–251. 10 Zu dieser Thematik vgl. die instruktiven Aufsätze in Israel, The Anglo-Dutch Moment, und kurz ders., Emerging Empire, 440–444. 11 Jardine, Going Dutch; in der Thematik bereits wesentlich umfassender Wilson, Holland and Britain. 331

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Holländern, eine Plünderung war es wohl ebenso wenig. Und selbstverständlich hatte dieser Meilenstein, das punktuelle Ereignis, eine längere Vorgeschichte. Dieser Prozess war ein sehr komplexer und auch langfristiger. Natürlich kam mit Wilhelm von Oranien viel niederländisches Kapital und Fachwissen nach England, das dem Inselkönigreich enorme Impulse gab. Auch war vieles, das aus Holland kam, den Engländern bereits vertraut, und so konnten sie sich mit einem König aus den Niederlanden leichter anfreunden. Selbst für den heute als typisch englisch angesehenen Gartenbau waren die Niederlande Vorbild und Lehrmeister. Aber einen recht einseitigen Wissenstransfer gab es selbstverständlich schon vor der Inthronisierung des Oraniers und seiner Stuart-Gattin. Sir George Downing, gleichermaßen Diplomat wie Spion im Haag, kann an dieser Stelle als gutes Beispiel genannt werden. Er beobachtete vor allem die Steuerpolitik der Generalstaaten ganz genau – die Einhebung hoher außerordentlicher Steuern, und zwar Verbrauchssteuern, und die Ansetzung möglichst niedriger Zölle. Mit diesen Steuern finanzierten die Holländer und Seeländer den militärischen Begleitschutz für die wertvollen Handelsschiffe (worauf Downing immer explizit hinwies). Das Ineinandergreifen der Flotten‑, Fiskal- und Handelspolitik der Niederlande schien ihm vorbildlich zu sein. Der Diplomat und Abgeordnete plädierte daher leidenschaftlich in vielen Ausschüssen im Parlament zu Westminster, in denen er nicht selten den Vorsitz führte, für eine Reform der englischen Finanz- und Steuerpolitik nach niederländischem Muster. Er war als Mitglied des Committee of Trade and Plantations aktiv an der wirtschaftspolitischen Gesetzgebung, wie zum Beispiel bei der Novelle des Navigation Acts der Restauration und beim Staple Act von 1663, beteiligt, und er war die treibende Kraft zur Neustrukturierung des öffentlichen Kreditwesens in England, das das Finanzsystem der Monarchie kriegstauglicher machen sollte. Diese Reformen waren eine wichtige Grundlage für die weiteren Neuerungen unter Wilhelm  III. Weiters trat er für die Ansiedlung qualifizierter holländischer Textilfacharbeiter in England ein und stellte Überlegungen zu neuen Gesetzen für 332

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die Nordseefischerei an.12 Die Rolle George Downings, des Namensgebers der Straße des englischen Premierministers, für den Prozess des sogenannten „Anglo-Dutch Statebuildings“ darf daher keineswegs unterschätzt werden. Das ökonomische und fiskalische Vorbild der Niederlande ist evident für den englischen Fortschritt. England lernte von den Niederlanden im Laufe des 17. Jahrhunderts, und niederländisches Know-how in Industrie und Handel kamen auf die Insel. Die englische Wirtschaft und Gesellschaft war in der Zeit der drei Seekriege und den folgenden Jahren daher großen Veränderungen unterworfen. So stellte Pincus in seiner Betrachtung zum historischen Kontext des Jahres 1688 fest: „England had indeed followed the Dutch economic path to modernity. And like the Dutch, foreign trade provided the stimulus to English economic modernization.“13 Die Niederlande selbst gerieten ab 1670 in eine Abwärtsspirale. Der erste offensichtliche Grund dafür war aber nicht die englische Bedrohung zur See, sondern die französische zu Land. Der Angriff Ludwigs XIV. 1672 mit 120 000 Mann blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Provinzen. Einen weiteren massiven Schlag versetzte dem Land der Spanische Erbfolgekrieg, dessen Kosten die verbündeten Engländer den Niederländern geschickt aufzubürden wussten. Mit den Kriegen gegen die französische Übermacht verschuldete sich die Republik nachhaltig. Neben der französischen Bedrohung kamen andere wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Gründe für den Abwärtstrend dazu: Die Konkurrenten England und Frankreich holten auf, übernahmen die Methoden der Niederländer und überholten sie. Selbst die niederländische Paradekompanie, die VOC, verlor gegenüber der British East India Company, die mit neuen Produkten und freien Handelsgesetzen punkten konnte, an Boden. Die niederländische Innovation ging mit der Zeit verloren, gewisse Trends im Welthandel wurden verschlafen. Die reiche Oberschicht, die sich zunehmend herme12 Vgl. dazu Scott, Good Night Amsterdam, 334–356, vor allem 349–356. 13 So Pincus, 1688, 90. 333

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tisch isolierte, interessierte sich immer weniger für den Handel. Kapital wurde in anderen Bereichen investiert. Die Hochsteuerpolitik kippte im 18. Jahrhundert und drosselte die Produktion. Das Pro-Kopf-Einkommen in Holland verminderte sich im demselben Jahrhundert um annähernd ein Sechstel, während in Großbritannien enorme Zuwachsraten verzeichnet werden konnten. Es gäbe genügend weitere Ursachen, die von der Wirtschafts- und Sozialgeschichte herausgearbeitet wurden, aufzuzählen, um den Niedergang der Handelsgroßmacht zu erklären. Einzig Amsterdam (wenngleich von London als die Welthandelsmetropole überflügelt) blieb eine Konstante im internationalen Finanz- und Kreditgeschäft, und von den Kolonien blieben Niederländisch-Ostindien sowie die ABCInseln den Niederländern erhalten.14 So hatte das Königreich der Niederlande im 19. Jahrhundert zwar kein Kolonialreich mehr, jedoch eine „intensiv verwaltete Kolonie“, immerhin die zweitwichtigste europäische Besitzung in Asien und Afrika.15 Für Großbritannien bedurfte es weiterer außenpolitischer wie militärischer Erfolge auf dem Kontinent und in den Kolonien im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts, um das Empire zu errichten – wobei in diesem Zusammenhang nur auf den Spanischen Erbfolgekrieg, den Siebenjährigen Krieg und auf den für das Land so wichtigen ökonomischen Prozess der „Industriellen Revolution“ verwiesen werden soll. Natürlich gab es auch beträchtliche Rückschläge, wie zum Beispiel den Verlust der nordamerikanischen Kolonien. Erst im 19. Jahrhundert, mit der Eroberung des indischen Subkontinents, war Großbritannien mit Abstand die erste Weltmacht.

14 Vgl. zum Abstieg der Niederlande Israel, Dutch Primacy, 292–404; zu den Gründen des Aufstiegs wie auch des Niedergangs Schilling, Geschichte der nördlichen Niederlande; sehr intensiv hat sich Ormrod, The rise of commercial empires, mit dem wechselseitigen Aufstieg und Niedergang der beiden Seemächte auseinandergesetzt. 15 Osterhammel, Verwandlung, 635. 334

Epilog

Eines aber ist unbestreitbar: In den drei Seekriegen gegen die Generalstaaten der Niederlande, die an mehreren Kriegsschauplätzen weltweit ausgetragen wurden, meldeten die Engländer lautstark ihren Anspruch auf die Dominanz im Welthandel und somit auch auf ein globales Empire an.16 Zu Recht weist die deutsche Historikerin Claudia Schnurmann darauf hin, dass man bei allen macht- und handelspolitischen Ambitionen noch kein stringent durchgeplantes und verfolgtes Konzept eines einheitlichen Kolonialreiches in London hatte. Und dieser Befund dürfte bis ins 19. Jahrhundert hinein gelten. Nicht ganz zu Unrecht und freilich nicht ganz frei von Ironie attestierte der britische Historiker John Robert Seeley, das Britische Empire sei in einem Augenblick der Geistesabwesenheit („in a fit of absentmindedness“) entstanden,17 womit er wohl auch nichts anderes sagen wollte, als dass selbst im 19. Jahrhundert der große theoretische Masterplan gefehlt hatte. Man brauchte aber auch keinen ausgeklügelten Masterplan für ein globales Imperium, um hochgreifende Ziele zu verfolgen. Strategische Detailplanung und strategisches Management gehörten nicht unbedingt zum politischen Repertoire des 17. Jahrhunderts. Viel war bei der Errichtung des Imperiums dem Augenblick des günstigen Moments und dem skrupellosen Instinkt engagierter und profit- wie machtorientierter Leute geschuldet. The trade of the world is too little for us two, therefore one must down,18

bemerkte eben George Cock, wie bereits erwähnt. Diese Aussage war symptomatisch für die Einstellung weiter Kreise in England. Wie sehr auch immer wirtschaftliche, politische und konfessionell-ideologische Argumente für die Machteliten in London ausschlaggebend waren, der Konkurrent auf den Weltmeeren musste geschwächt werden. Da16 Schnurmann, Vom Inselreich zur Weltmacht, 116–129. 17 Dazu Osterhammel, Verwandlung, 637; Münkler, Imperien, 20; und Wende, Empire, 213. 18 Pepys, Diary V, 35. 335

Epilog

für brauchte man nicht nur eine starke Wirtschaft und eine engagierte Handels- und Finanzelite, sondern auch das juristische und militärische Instrumentarium. Beides wurde in der Zeit der Seekriege entwickelt. Die Navigationsakte des Commonwealth und die nachfolgenden Verordnungen im restaurierten Königreich, die noch lange Zeit die Rechtsgrundlage für die merkantilistische Politik blieben, konnten nur mit einer starken Flotte durchgesetzt werden. Die Grundlage für die starke Kriegsflotte wurde in der Zeit der Republik gelegt, die Stuarts trugen viel zur Professionalisierung des Seekriegswesens bei.19 Damit war ein Instrumentarium der Staatsbildung für die weitere Monopolisierung der Gewalt und den weiteren Ausbau des Empires geschaffen. War der Dreißigjährige Krieg Ausgangspunkt der stehenden Heere oder, wie es Johannes Burkhardt genannt hat, der „stehengebliebenen Heere“ Kontinentaleuropas,20 so war der englische Bürgerkrieg Ausgangspunkt für ein englisches „Profiheer“ und die Seekriege zwischen England und den Niederlanden waren entscheidend für die Etablierung einer „standing navy“.21 Und nicht nur das: Man kann, wie es der amerikanische Militärhistoriker James Scott Wheeler neuerlich hervorgehoben hat, die Zeit des englischen Bürgerkriegs und der drei Seekriege mit guten Gründen als einen umfassenden Transformationsprozess begreifen.22 War England zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch eine Randmacht mit unterentwickelter Kriegsmarine und unterentwickeltem Heer, so präsentierte man sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts in einer komplett anderen Verfassung. Die englische Marine war überall auf den Weltmeeren in einer dominanten Stellung zu finden, und das englische Heer war ein umworbener Partner und entscheidender Faktor im europäischen 19 Vgl. dazu den guten Überblick von Davies, Pepys’s Navy. 20 Burkhardt, Der Dreißigjährige Krieg, 213–225. 21 Vgl. dazu die groß angelegte These – der Konnex zwischen Staatsbildungsprozess und Ausbau einer stehenden Flotte – des schwedischen Historikers Jan Glete, Navies and Nations, bes. 6–9 und zu den „standing navies“ 180–206. 22 Vgl. dazu die ausgezeichnete Studie von Wheeler, The making of a World Power. 336

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Mächteringen wie auch in Nordamerika geworden. Dieser Professionalisierungsschub war nur durch die Etablierung eines leistungsfähigen und effizienten Finanzwesens zur Finanzierung von Heer und Marine, durch eine starke Wirtschaft sowie durch die enorme Verbesserung von Administration, Logistik und Personal möglich. Das alles erfolgte freilich nicht von einem Tag auf den anderen, oder besser gesagt von 1688 auf 1689 mit der Glorreichen Revolution. Es war eine nachhaltige Phase der militärischen und administrativen Entwicklung, die vom Bürgerkrieg bis zum dritten Englisch-Niederländischen Seekrieg ging. Diese fiskalischen und militärischen Maßnahmen waren ohne Zweifel eine der nachhaltigsten Auswirkungen der Konfrontationen der beiden Handelsmächte. Die Englisch-Niederländischen Seekriege waren nicht der Grund für den Niedergang der Handelsmacht der Niederlande, sie waren jedoch ein funkelnder Mosaikstein im Aufstieg der kommenden Weltmacht England.

337

12.  A n h a ng

12.1.  V e r z e ic h n i s de r A bk ü r z u ng e n u n d Sig l e n Abb.

Abbildung

Add.

Additional

ADB

Allgemeine Deutsche Biographie

ADM

Records of the Admiralty, Naval Forces, Royal Marines

AHR

American Historical Review

Anm.

Anmerkung

BL

British Library, London

BND

Hattendorf, British Naval Documents

Bodley

Bodleian Library, Oxford

DBI

Dizionario Biografico degli Italiani

EHR

English Historical Review

EIC

East India Company

HZ

Historische Zeitschrift

IHS

Innsbrucker Historische Studien

MSS.

Manuscripts

MIÖG

Mitteilungen des Instituts für Österreichische ­Geschichtsforschung

MÖStA

Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs

MPs

Members of Parliament

NA

The National Archives, Kew

NDB

Neue Deutsche Biographie

ÖMZ

Österreichische Militärische Zeitschrift

RMLB

Powell/Timings, The Rupert and Monck Letter Book 339

Anhang

PRO

Public Record Office, Kew (seit 2003 integriert in NA)

SP

State Papers

Pepys, Diary

Latham, Robert C./Mathews, William (eds.), Samuel Pepys. The Diary. A new and complete transcription. 11 vols. Los Angeles–London 1970–1983.

TRE

Theologische Realenzyklopädie

WIC

West-Indische Compagnie

VOC

Verenigde Oostindische Companie

ZHF

Zeitschrift für Historische Forschung

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367

13. Pe r son e n r e gis t e r

A

Beerstraaten, Jan Abrahamsz  316

Alba, Duque de, Fernando Álvarez de

Bellings, Richard  134

Toledo y Pimentel  44

Bennet, Sir Henry, Earl of

Albemarle, Duke of, siehe Monck,

Arlington  86, 93, 124, 134, 213,

George

219, 220, 221, 225, 227, 228, 229,

Alexander VI.  19 Appleton, Henry  269

230, 231, 233, 245, 260, 300, 301 Berkeley, Charles, Earl of

Arlington, siehe Bennet, Sir Henry

Falmouth  219

Arminius, Jacobus  53

Berkeley, John  93

Arundell, Henry of Wardour  134

Bethlen, Gábor, Fürst von

Ashley Cooper, Anthony, Earl of Shaftesbury  9, 93, 102, 134, 254

Siebenbürgen  24 Blake, Robert  30, 121, 146, 165, 166,

Auersperg, Johann Weikhard von,  40

180, 187, 196, 197, 198, 200, 201,

Ayscue, Sir George  107, 108, 180, 198, 218, 232

202, 203, 205, 206, 209, 270, 310 Bol, Ferdinand  316 Borch, Gerard Ter  46, 63 Buckingham, 1. Duke of, George

B Backhuysen, Ludolf  316 Badiley, Richard  201, 269, 270

Villiers  27, 300, 301 Butler, James, Duke of Ormonde  161,

Baen, Jan de  316 Bankert, Adriaen  256

163, 166 Bylandt, Lodewijk van  324

Barebone, Praise-God  68 Barents, Willem  20

C

Batten, Sir William  158, 159

Cabot, John  19

Beaufort, François Duc de  226, 227,

Calvin, Jean  51, 71

236, 243, 244, 245, 246

Campen, Jacob van  147 369

Personenregister

Carteret, Sir George  102, 225

Cromwell, Oliver  28, 29, 30, 31, 36,

Cato, Marcus Porcius  9

67, 68, 69, 72, 73, 75, 78, 112,

Charles I.  27, 64, 65, 68, 72, 81, 157,

121, 126, 133, 150, 154, 161, 165,

158, 163, 166, 179, 196

166, 178, 203, 211, 241, 292, 293,

Charles II.  29, 39, 41, 67, 69, 70, 74,

294, 295, 296

81, 89, 105, 112, 121, 124, 125,

Cromwell, Richard  36

126, 127, 128, 129, 130, 131, 133,

Cruyff, Johan  313

134, 135, 155, 156, 161, 162, 176,

Cuyp, Albert  63

184, 191, 203, 215, 216, 219, 220, 223, 240, 242, 249, 250, 251, 254,

D

255, 262, 267, 268, 272, 275, 277,

Deane, Richard  165, 187, 203, 206,

282, 288, 289, 298, 300, 301, 302, 307, 315

207, 242 De Ruyter, siehe Ruyter, Michiel

Christian IV., König von Dänemark  22, 25

Adriaenszoon de D’Estrées, Jean  252, 253, 256, 258,

Clarendon, 1. Earl of, Edward

259, 263, 264

Hyde  33, 102, 123, 124, 134, 135,

Diest, Jeronimus van  316

161, 220, 225, 226, 227, 247

Diest, Willem Hermansz van  316

Clifford, Sir Thomas  134, 231, 301

Dorislaus, Isaac  118

Cock, George  113, 335

Downing, George  86, 102, 122, 126,

Coen, Jan  89 Colbert, Jean-Baptiste  38, 95, 113, 132, 136, 177, 178, 264, 306 Condé siehe Louis II. de Bourbon

127, 213, 216, 219, 220, 221, 332 Drake, Francis  20, 90 Dryden, John  90 Dyck, Anton van  80

Cottrell, Clement  311 Court, Pieter de la  121

E

Coventry, Sir William  102, 226, 228,

Egmont, Lamoral, Graf von  45

229, 241

Elisabeth I., Königin von England  20,

Crijnssen, Abraham  272, 273, 316

26, 63, 71, 73, 77

Crofts, William  93

Elisabeth, Königin von Böhmen  26

Croissy, Charles Colbert de  134, 265,

Erasmus von Rotterdam  52

266, 304 370

Personenregister

Evertsen, Cornelis van, de Oude  230,

Ghent, Willem Joseph van  236, 239,

233, 235 Evertsen, Cornelis van, Sohn von Cornelis, de Oude  274 Evertsen, Cornelis van, Sohn von Johan  274

241, 250, 312 Gomarus, Franciscus  53 Gresham, Thomas  77 Grotius, Hugo  53, 179 Gustav II. Adolf, König von

Evertsen, Jan  235 Evertsen, Johan  170, 207, 274

Schweden  22, 36, 61 Guzmán, Ramiro Núñez Felípez de,

Ewen, Thomas  229

Herzog von Medina de las Torres  34

F Fawkes, Guy  73

H

Ferdinand II., Großherzog von

Hals, Frans  63

Toskana  269

Harbord, Charles  311

Ferdinand III.  25

Harrison, Thomas  69

Floriszoon, Pieter  208

Haye, Blanquet de la  276

Fortuyn, Pim  313

Hein, Piet  92, 170, 199, 314

Frank, Anne  313

Heinrich Kasimir von Nassau  50

Friedrich Heinrich von Oranien  48,

Heinrich VIII., König von

282 Friedrich III., König von Dänemark  35, 218, 221

England  71, 242 Helst, Bartholomeus van der  63 Henrietta, auch Henriette-Anne  125,

Friedrich V., Kurfürst von der

127, 130, 133, 134, 155, 216, 219,

Pfalz  22, 26, 81 Friedrich Wilhelm, Kurfürst von

298 Henrietta Maria, Königin von

Brandenburg  35, 278, 285

England  28, 65 Holmes, Sir Robert  180, 212, 213, 214, 216, 236, 237, 238, 251, 256,

G Galen, Christoph Bernhard von  277, 278, 282, 286

279, 280, 311 Honthorst, Gerard (Gerrit) van  80

Galen, Johann von  269, 270, 312

Hudson, Henry  21

Gauden, Sir Denis  247

Huizinga, Johan  53 371

Personenregister

Huygens, Christiaan  62

Keyser, Willem de  314

Huygens, Constantijn  62

Kipling, Rudyard  316

Hyde, Anne  220

Kolumbus, Christoph  19

Hyde, Edward siehe Clarendon L Lauderdale, John, 1. Duke of

J James Francis Edward, Sohn von James II.  330

Maitland  134 Leicester, Earl of, Robert Dudley  26,

James (II.), Duke of York, König von England  39, 70, 74, 81, 101, 123,

300 Leopold I.  33, 34, 37, 39, 41, 130,

124, 177, 180, 186, 188, 189, 192,

136, 285

212, 214, 217, 219, 220, 228, 229,

Leyden, Jan van  316

247, 248, 252, 253, 254, 255, 261,

Lisola, Franz Paul von  37, 130, 302

289, 302, 305, 310, 329, 330

Lobkowitz, Wenzel Eusebius  39

James I., König von England  26, 62, 63, 64, 71, 89, 109, 157

Locke, John  9 Louis II. de Bourbon, Prinz von

Jermyn, Henry  93

Condé, Herzog d‘Enghien  281,

Johann IV., König von Portugal  92, 166, 275

282, 285, 289 Ludwig Ernst von Braunschweig-

Johann Moritz von Nassau-Siegen  278 Johann VII. von Nassau-Siegen  60

Wolfenbüttel  320 Ludwig XIII., König von

Johann VI. von Nassau-Dillenburg  45 Juan José de Austria  34

Frankreich  65, 95 Ludwig XIV., König von Frankreich  9, 28, 31, 34, 37, 38, 39, 40, 41, 50,

K

61, 129, 130, 131, 132, 133, 134,

Karl II., König von Spanien  33, 135

135, 136, 147, 148, 184, 223, 250,

Karl V.  19, 147

253, 255, 264, 281, 282, 283, 285,

Karl X. Gustav, König von

287, 299, 300, 302, 305, 329, 333

Schweden  35, 36

Luise Henriette von Nassau-

Katharina von Braganza, Königin von England  32, 255, 275

Oranien  285 Luther, Martin  51, 71

372

Personenregister

M

Moulin, Pierre du  305

Magalhães, Fernão de  20

Mun, Thomas  105

Maria Anna, Königin von Spanien  33

Myngs, Christopher  232

Maria Beatrice d’Este (von Modena)  255, 302 Maria Stuart, Königin von England  301, 329, 330 Maria Theresia, Königin von Frankreich  34

N Napoleon Bonaparte  276, 309, 310 Nelson, Horatio  310, 323 Nes, Aert van  236 Newton, Isaac  80

Martel, François Marquis de  256, 265

Nicholls, Richard  181, 214, 215

Max Heinrich von Bayern  283

Nidhart, Johann Eberhard  34

Mazarin, Jules  28, 30, 36, 133, 177, 255 Monck, George, Duke of Albemarle  69, 93, 105, 187, 188,

O Oates, Titus  75 O’Brien, Murrough, 1. Earl of

206, 209, 210, 211, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233,

Inchiquin  163 O’Brien, Willam, Earl of

235, 236, 239, 243, 244, 245, 279 Montagu, Edward, Earl of Sandwich  93, 213, 217, 218, 220,

Inchiquin  32 Oldenbarnevelt, Johan van  47, 53 Ormonde, Duke of, siehe Butler, James

222, 223, 252, 254, 310 Montecuccoli, Raimondo  286, 289, 297 Montmorency-Bouteville, François Henri de, Duc de Piney  283 Montmorency, Philipp von, Graf von

P Parker, Hyde  323 Pauw, Adriaen  27, 120, 173, 196 Penn, William  187, 211, 218 Pepys, Samuel  113, 127, 128, 213,

Hoorn  45 Morgan, Henry  271

223, 224, 229, 240, 242, 246, 248 Philippe, Herzog von Orléans  133,

Moritz I. von Oranien  47, 48, 53, 60 Moritz II. von Oranien  49

289 Philipp II., König von Spanien  26, 44,

Morrice, William  226

45, 147

373

Personenregister

Philipp IV., König von Spanien  33

258, 259, 260, 261, 262, 263, 267,

Popham, Edward  165

287, 289, 297, 298, 312, 314, 315,

Pride, Thomas  66

316

R

S

Rainborough, Thomas  159, 160

Sandwich, Earl of siehe Montagu,

Raleigh, Walther  20 Rembrandt, Harmenszoon van Rijn  63 Richelieu, Armand-Jean du Plessis  95,

Edward Schellinks, Willem  316 Schiller, Friedrich  44 Schomberg, Friedrich Hermann Graf

177 Rich, Robert, Earl of Warwick  158, 159, 161 Robinson, Henry  106

von  262, 287, 288, 289 Schönborn, Johann Philipp von  40 Selden, John  179 Shaftesbury siehe Ashley Cooper,

Rupert von der Pfalz  28, 81, 101, 109,

Anthony

123, 124, 157, 161, 162, 163, 164,

Soest, Pieter Cornelisz van  316

165, 166, 167, 176, 180, 181, 186,

Spencer, Charles Edward Maurice, 9.

188, 191, 213, 214, 217, 218, 220, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230,

Earl of  310 Spragge, Sir Edward  225, 257, 258,

231, 232, 233, 235, 240, 243, 244,

259, 263

245, 246, 248, 254, 255, 256, 257,

Steen, Jan  63

258, 259, 260, 261, 262, 263, 264,

St. John, Oliver  117, 153

265, 266, 267, 268, 279, 288, 289,

Storck, Abraham  316

304, 310

Strickland, Walter  117, 118, 145, 154

Ruysdael, Jacob  63

Stuyvesant, Peter  214

Ruysdael, Salomon  63 Ruyter, Michiel Adriaenszoon de  14,

T

15, 170, 171, 180, 181, 184, 189,

Tasman, Abel  21

190, 193, 198, 199, 203, 207, 208,

Teddeman, Sir Thomas  222

213, 214, 219, 221, 230, 231, 232,

Temple, Dorothy  250

234, 235, 236, 238, 239, 241, 242,

Temple, Sir William  136, 250, 327

245, 246, 252, 253, 254, 256, 257,

Trivulzio, Gian Giacomo  297 374

Personenregister

Tromp, Cornelis  15, 170, 190, 220,

Wassenaer Obdam, Jacob van  36, 170

231, 233, 234, 235, 258, 259, 260,

Wilhelm Friedrich von Nassau  50

263

Wilhelm I. von Oranien  45, 48, 314

Tromp, Maerten Harpertszoon  15,

Wilhelm II. von Oranien  28

120, 121, 146, 168, 170, 171, 185,

Wilhelm III. von Oranien  50, 78, 132,

191, 196, 198, 199, 201, 202, 203,

256, 300, 301, 305, 330, 331, 332

204, 205, 206, 209, 210, 235, 312,

Wilhelm V. von Oranien  319

314

Wilhelm Ludwig von Nassau-

Turenne, Vicomte de, Henri de la Tour d’Auvergne  282, 286, 289

Dillenburg  60 Willoughby, William  273 With, Witte de  25, 169, 170, 197, 199, 200, 207, 209, 211, 314

V Vane, Sir Henry  187

Witmont, Heerman  316

Vauban, Sébastien Le Prestre, Seigneur

Witt, Cornelis de  170, 254, 284, 313,

de  282 Velde, Willem van de, der Ältere  63,

316 Witt, Johann de  37, 121, 122, 135,

315, 316

168, 169, 170, 189, 203, 208, 209,

Velde, Willem van de, der Jüngere  63,

213, 216, 220, 221, 223, 234, 236,

315, 316

237, 238, 239, 252, 254, 284, 294,

Verhulst, Rombout  312, 314

295, 298, 299, 301, 313

Vermeer, Jan  63, 314 Verschuier, Lieve  316

Z

Vondel, Joost von den  62, 104

Zeeman, Reinier  316 Zoutman, Johan Arnold  324

W Wallenstein, Albrecht von  25 Warwick siehe Rich, Robert

375

RobeRt Rebitsch

Wallenstein biogR afie eines MachtMenschen

Albrecht von Wallenstein (1583–1634): Den Namen umgibt etwas Rätselhaftes, Unheimliches, auch Respekteinflößendes. Generationen von Historikern haben sich mit dem Kriegsmann beschäftigt, die Bewertungen reichen vom Verräter bis zum Friedensstifter. Der deutsche Dichter Friedrich Schiller hat ihm ein nachhaltiges monumentales literarisches Denkmal geschaffen. Dieses Buch betrachtet die verschiedenen Facetten des Machtmenschen Albrecht von Wallenstein. Wallenstein war mehr als ein Feldherr, er war ein sozialer Aufsteiger, ein Politiker, ein Prunk liebender Landes- und Bauherr, ein Kunstmäzen und Stifter, ein Ökonom und Kapitaljongleur, ein Mentor und Gönner. Zudem wird die Leistung Wallensteins als Militär analysiert und der letzte Akt der Tragödie kurz und informativ dargestellt. Nur in dieser Gesamtheit ist der Aufstieg und Niedergang Wallensteins zu begreifen. 2010. 254 S. Gb. 12 S/w-Abb. 135 x 210 mm. ISbN 978-3-205-78583-5

»[E]rfreulich konzentrierte Biografie […]. Wer Schillers ›Wallenstein‹ sieht, sollte vorher Rebitsch lesen. Er wird sich durch und durch gut informiert fühlen.« Die Welt böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, 1010 wien. t : + 43(0)1 330 24 27-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar