Die Darstellung der Juden in der populären Kunst zur Zeit der Emanzipation 9783111586298, 9783598109713


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Inhalt
Einleitung
I. Juden und Judentum in der christlichen und populären Kunst in der voremanzipatorischen Zeit
II. Die Judenemanzipation im Spiegel des Bildes
III. Die Juden im Bilderbogen
IV. Die bildlichen Voraussetzungen der Judendarstellung
Schlußbetrachtung
Anmerkungen
Personenregister
Bild- und Standortnachweis
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Die Darstellung der Juden in der populären Kunst zur Zeit der Emanzipation
 9783111586298, 9783598109713

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Peter Dittmar

Die Darstellung der Juden in der populären Kunst zur Zeit der Emanzipation Herausgegeben vom Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin

Κ · G · Säur München · London · New York · Paris 1992

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Dittmar, Peter: Die Darstellung der Juden in der populären Kunst zur Zeit der Emanzipation : Quellen zur Antisemitismusforschung / Peter Dittmar. Hrsg. vom Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin. - München ; London ; New York ; Paris: Saur, 1992 ISBN 3-598-10971-7

Gedruckt auf säurefreiem Papier Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved Κ. G. Saur Verlag GmbH & Co. KG, München 1992 Part of Reed International P. C. L. Printed in the Federal Republic of Germany Jede Art der Vervielfältigung ohne Erlaubnis des Verlags ist unzulässig. Satz: Erika Hüsch, München Druck / Printed by grafik + druck, München Binden / Bound by Thomas Buchbinderei, Augsburg ISBN 3-598-10971-7

Inhalt

Einleitung

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I. Juden und Judentum in der christlichen und der populären Kunst in der voremanzipatorischen Zeit II. 1. 2. 3. 4.

Die Judenemanzipation im Spiegel des Bildes Die Zeit der Aufklärung Von der Französischen Revolution zur Befreiungsbewegung Der Vormärz Die Revolution von 1848

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....

55 65 72 79

III. Die Juden im Bilderbogen 1. Der Bilderbogen 2. Der Jude als Fremder

169 177

IV. 1. 2. 3.

241 253 271

Die Die Die Die

bildlichen Voraussetzungen der Judendarstellung Genre-und Porträtdarstellung Karikatur antijüdische Satire - Der häßliche Jude

Schlußbetrachtung

269

Anmerkungen

451

Personenregister

475

Bild- und Standortnachweis

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Einleitung Die Beschäftigung mit dem Phänomen des Antisemitismus, aus den Erfahrungen der jüngsten Geschichte heraus ein besonderes Anliegen der historischen Wissenschaften, führte bisher kaum zu einer solchen mit einem Bereich, der gerade für die moderne, im engeren Sinne als antisemitisch zu bezeichnende Judenfeindschaft eine zentrale Bedeutung besitzt: dem Bild. Die häufigen Hinweise in der Literatur auf antisemitische Darstellungen, auf die denunzierende visuelle Wiedergabe der Juden, sobald der Rassenantisemitismus der letzten einhundert Jahre zur Sprache kommt, weist auf die Wichtigkeit des Mediums Bild für diesen Fragenkomplex. Um so mehr empfindet man die Verweigerung, sich näher darauf einzulassen, allenfalls einige Belegbeispiele in die Untersuchung aufzunehmen, als Manko. Die Situation wird nicht befriedigender dadurch, daß der Eindruck entsteht, daß die Bilder in solchen Fällen mehr der bloßen optischen Anreicherung, zur Belebung und Steigerung der Attraktivität des Textes dienen. Auch die wenigen Veröffentlichungen, die vermeintlich die Judendarstellung zum Ausgangspunkt der Untersuchung machen, wie Eduard Fuchs' „Die Juden in der Karikatur" von 1921, gehen nicht von dieser aus, sondern fügen sie nur, mehr oder minder nach dem Prinzip der Zufallsstreuung, dem historischen Abriß bei. Eine neuere Publikation, der Katalogband „Juden in Preußen" zu der gleichnamigen Berliner Ausstellung von 1981, vereint eine Fülle von disparatem, gerade archivmäßig greifbarem, kaum identifiziertem Material (neben reichem photographischem Dokumentenmaterial) zu einem Bildband unter Beifügung knappster Begleittexte. Das Bild bleibt in all den Fällen illustrativer, schmückender Behelf, es fungiert nicht als Medium der Analyse. Im folgenden soll von dem bestimmten Ansatz des Bildes her die Zeit der Judenemanzipation in den deutschsprachigen Ländern betrachtet werden, im wesentlichen die Spanne vom letzten Drittel des 18. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. In diesem Zeitraum formte sich im Vollzug des Emanzipationsprozesses zumindest im direkten Wortsinn das moderne Judenbild aus. Die voremanzipatorische Zeit steuerte dazu, wie zu zeigen, kaum etwas bei, und die spätere journalistische Produktion in den Karikaturzeitschriften seit Mitte des 19. Jahrhunderts knüpft formal an das zuvor geschaffene Bild vom Juden an, wird zudem zunehmend uniformer in ihrer antisemitischen Tendenz. Die Judenemanzipation in dem für diesen Begriff reservierten Zeitraum verlief zwar allgemein und auf der rechtlichen Ebene, trotz Rückschlägen, positiv, der im Kaiserreich einsetzende Antisemitismus war aber in jener Zeit schon in manchem vorgebildet. Auch bildlich ist schon häufiger die dem Emanzipations- und Integrationsprozeß der jüdischen Minderheit innewohnende Labilität, das Umschlagen der Emanzipation in Antisemitismus angezeigt. Das verwendete Bildmaterial gehört vorrangig dem Bereich der populären Kunst an. Es handelt sich um Bilderbögen, satirische Zeichnungen, Karikaturen, 7

Illustrationen, verschiedentlich auch um Künstlergraphik. Vollständigkeit in der Bilderfassung oder in der Präsentation der erfaßten Bildquellen konnte nicht das Ziel sein; das vorgestellte Material hat aber auf jeden Fall dokumentarischen Charakter und ist für alle Gattungen und für jeden behandelten Themenbereich repräsentativ. Der für die vorliegenden Bildquellen verwendete Begriff der populären Kunst darf nicht dazu verleiten, hierin für den anstehenden Zeitraum ein Massenmedium zu sehen; das trifft weder quantitativ noch in Hinsicht der angesprochenen sozialen Schichten zu. Popular culture oder Volkskultur meint in unserem Fall allein die Gattungs- und Moduszugehörigkeit des Großteils des Materials, nicht im soziologischen Sinne eine Gruppenzugehörigkeit, also bestimmte Konsumentenschichten. Das nach den überkommenen ästhetischen Standards und Klassifikationsschemata dem niederen, populären Kunstbereich angehörende Bildgut weist auf der Ebene der Rezeption nicht zwangsläufig auf eine bestimmte (niedere) Schicht von Empfängern. Das gilt genauso für die Produzentenebene. „Alltagskultur", wie sie heute gerne in den Blick genommen wird, ist also nicht der eigentliche Untersuchungsgegenstand. Das soziale Feld, das von dem Material berührt und abgedeckt wird, hat eine andere Spannweite und bedingt eine andere Blickführung. Verschiedene Ansätze sind in der Untersuchung miteinander zu verknüpfen. Neben die historisch-chronologische Darlegung hat die systematische zu treten, die Querschnitte zur Erfassung der Problemzusammenhänge legt, wie eine solche, die die sozialen und geistigen Kontextbezüge, denen die Darstellungen angehören, berücksichtigt. Soll das Bild nicht auf den Rang einer Belegquelle der historischen Hilfswissenschaften reduziert werden, ist über die eindimensionale inhaltliche Befragung hinauszugehen, also auch über das, was allgemein als ikonographische Methode gilt. Erfragt werden sollen bestimmte geistige und soziale Befindlichkeiten, die sich nur so oder besonders augenfällig in diesem Medium mitteilen; oder es sind neue Akzente zu anderweitig erarbeiteten Thesen zu setzen, diese auch zu bestätigen oder zu relativieren. Eingeschlossen in diese im weiteren Sinne geschichtlich-soziale Untersuchung des Bildes ist diejenige der Funktion und des Wirkungszusammenhangs. Der Wirkungskontext des Bildes ist aus dessen Bedingungen, die stets auch das geistig-gesellschaftliche Umfeld meinen, zu erschließen. Die gesellschaftlichen Reflexe auf das Bild und der Erwartungshorizont der Konsumenten wie des oft nur fiktionalen Betrachters gehen immer schon und wieder in die bildliche Realisation mit ein und sind zudem am nichtbildlichen historischen und gegebenenfalls literarischen Material zu überprüfen und auf dieses zu beziehen. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Bild vom Juden in der vormodernen, der voremanzipatorischen Zeit, in der christlichen wie der populären Kunst, auch in der Literatur. Es mußte, bei aller Komprimierung, etwas umfangreicher angelegt werden, so daß die angegebene Zeitspanne für den Unter8

suchungszeitraum der Arbeit insgesamt fast zu einschränkend formuliert ist. Dieses Kapitel steht aber nicht nur für sich; die Ausweitung dient im besonderen dem besseren Verständnis des Bildes vom Juden - im Bild wie auch sonst in der mit der Emanzipation einsetzenden Epoche, ihren Verfahrensweisen in der Wiedergabe der Juden unter nun sehr veränderten Bedingungen. Das zweite Kapitel beleuchtet, weitgehend chronologisch verfahrend, die bildlichen Reflexe auf die Emanzipation, die historische Entwicklung von der Zeit der Spätaufklärung bis zur Revolution von 1848 aus der Sicht des Bildes. Es macht mit der Problematik, verschiedenen spezifischen Aspekten der Judenemanzipation vertraut, mit - nicht nur, aber meistens - kritischen und abwehrenden Reaktionen auf diese, die aus der neuen Situation und den überkommenen historischen Verhältnissen erwuchsen und zur Stereotypisierung tendierten oder sich schon zu einer solchen verfestigten. Das anschließende Kapitel untersucht das wichtigste bildliche Medium des Vormärz, den Bilderbogen, im Hinblick auf die Darstellungen, die Juden zum Gegenstand haben. An diesem bestimmten Fall sind die in der Zeit angelegten sozialen, sich mit der Emanzipation und durch sie vollziehenden Spannungen und die beginnende Ausschließung der Juden - ein von der früheren religiös bedingten und ständestaatlich festgelegten Außenseiterstellung der Juden wesentlich geschiedenes Phänomen - aufzuzeigen. Hierzu gehört eine genauere Bestimmung des Bilderbogens, um den entsprechenden Darstellungen in diesem und für sich ihren Ort zuweisen zu können. Auch die Rezeptionsformen sind so annäherungsweise zu bestimmen. Da jetzt für diesen Zeitraum zum erstenmal die physische Präsentation der Juden Gegenstand der Betrachtung wird, ergibt sich die Stellung dieses Kapitels zwischen dem zweiten und dem vierten auch insofern, als es die in jenem vorgenommene historische und soziale Betrachtung mit der späteren mehr bildbezogenen, systematischen verknüpft. In diesem vierten Kapitel werden die verschiedenen Entwicklungen und Trends des Judenbildes in den bildlichen Gattungen und idealtypisch vereinheitlichten Gruppen und ihre formalen Bedingungen dargelegt. Deutlich wird, daß es nicht nur ein bestimmtes (negatives) Bild vom Juden gab, sondern eine Skala von Möglichkeiten unterschiedlicher Sichtweisen. Diese unterlagen auch den jeweiligen Gegebenheiten der einzelnen Gattungen. Konformität wie Abweichungen vom Standard vermögen dabei Hinweise zu liefern. Was in den Darstellungen diesen vorgegebenen Bedingungen unterliegt, was der individuellen, momentanen Handschrift zuzuschreiben ist und was sich als Zeitausdruck zu erkennen gibt, gilt es annäherungsweise, unter Zuhilfenahme des in den vorhergehenden Kapiteln Erarbeiteten, zu trennen und anteilsmäßig zu bestimmen. Es werden hierbei die gesteckten zeitlichen Grenzen überschritten und für diese mehr allgemeinen Fragestellungen auch spätere Darstellungen herangezogen. Immer bleibt, neben dem, was sich an geistigen Gehalten und Programmen im Bild objektiviert, der anschauliche Charakter der Bilder entscheidend, die

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Frage, wie sie sich der Zeit selbst dargeboten haben, haben mögen. Zurück tritt die Biographie, die persönliche Sichtweise der Zeichner. Mit Blick auf die Literatur hatte Hans-Georg Gadamer diesen Punkt mit der Formulierung angesprochen: Es „zielt der ins Leere, der Hölderlin oder Rilke darauf prüfen will, ob sie an ihre Götter oder Engel wirklich glauben" 1 . Mehr noch als in der Literatur hat in der bildlichen Sphäre - und das gilt ganz besonders für den hier anstehenden Gegenstand - der Betrachter konstitutiv an der Erschaffung des Werkes Anteil. Die Frage nach der Intention, der pro- oder antijüdischen Einstellung, der Indifferenz dem Gegenstand gegenüber ist zu stellen, der Versuch der Rekonstruktion der Intention ist gerade für das Verständnis etwa des Bildes vom Juden im Mittelalter, das in einer ganz anderen Begriffs- und Vorstellungswelt lebte als wir es heute tun, von Wichtigkeit. Das Gemeinte aber ist noch nicht das Bild (oder die verbale oder schriftliche Äußerung) selbst und es umschließt nur in Grenzen auch das Wirkungsfeld. Hier kann jeweils nur mit großer Vorsicht eine Annäherung versucht werden, sind immer wieder Einschränkungen und am Vergleichsmaterial, bildlichem und nichtbildlichem, Überprüfungen und Neubewertungen erforderlich. Stets hat man sich der eigenen, in diesem Fall besonders belasteten zeitgenössischen Perspektive zu vergewissern, bedarf es der Frage nach der ursprünglichen, historischen Künstler- und Betrachterperspektive. Zudem lenken grelle, agitatorische Äußerungen sehr viel stärker die Aufmerksamkeit des Historikers auf sich als verhaltene, bloße spröde Notationen. Diese brauchen deswegen zur historischen Rekonstruktion des tatsächlich Gewesenen und Gedachten nicht weniger wichtig und ergiebig zu sein. Überhaupt ist zu berücksichtigen, daß Aggression, der Wunsch nach propagandistischer Wirkung und Denunziation ganz besonders nach Mitteilung drängt. Das Einvernehmen mit den Juden, der selbstverständliche oder verträgliche Umgang untereinander suchte sich eben nur selten eine Artikulation. Wenn es aber gilt, sich der historischen Perspektive zu vergewissern, heißt das nicht, daß nicht die eigene, heutige Perspektive Wesentliches zur Klärung beitragen könnte. Denn vor allem gibt es einen Punkt - wie sich in der Rückschau immer deutlicher zeigt - , von dem an die bewußte und als solche wirkende diffamierende Bildstrategie außer Frage steht. Daß deshalb diesen antijüdischen Darstellungen, auch wenn sie quantitativ in dem anstehenden Zeitraum, der Emanzipationszeit, nicht unbedingt vorherrschen, ein eigenes Gewicht zukommt und so auch in der Untersuchung zuzukommen hat, liegt an ihrem Negativpotential, an ihren, wie die Entwicklung lehrt, weitwirkenden Negativimplikationen, also ihrer Bedeutung für die Bewußtseinsbildung. Eben das läßt sich in umgekehrter Weise von den neutralen oder projüdischen oder harmlos-humorvollen Darstellungen nicht sagen. Aus der genaueren Betrachtung der gestalterischen Verfahrensweisen dieser Bilder und unter Berücksichtigung der ästhetischen Theorien und der ästhetischen Geschmacksbildung kann das negative Wirkungspotential des antijüdischen Bildes erarbeitet wer10

den - diesmal also, anders als in der Untersuchung zum Bilderbogen, aus den formal-ästhetischen Bedingungen des Mediums Bild selbst. Im Hintergrund jeder Beschäftigung mit der Geschichte der Juden in Deutschland stehen die Verbrechen des Nationalsozialismus. Das ist auch dann der Fall, wenn weiter zurückliegende Zeitabschnitte, die, wie hier, nicht unmittelbar mit diesem Geschehen zusammenhängen, Gegenstand der Betrachtung sind. Ein Teil dieses Wissens ist aber immer auch das Bewußtsein, daß die deutsch-jüdische Geschichte nicht oder nicht allein von ihrem Ende her gesehen werden darf, die Ereignisse nicht über die Jahrhunderte hinweg zu einer unumstößlichen Folgekette hin zur Katastrophe verbunden werden dürfen. Eine solche Zwangsläufigkeit des Geschehens gab es nicht. Die Herstellung eines derartigen umfassenden Schuldzusammenhangs führt zu einer eigenen Beweisführung, zu einer bestimmten Interpretation und moralischen Bewertung des historischen Materials, j a erzwingt sie geradezu. Helmuth Plessner verglich eine solche Sichtweise mit einer nur bestimmte Farben durchlassenden Vorsatzlinse, die „völlig lächerliche Resultate" zeitige 2 . Und auch die Mahnung von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, daß retrospektiv zwar alles so aussieht, „als hätte es so kommen müssen und nicht anders sein k ö n n e n . . . Aber indem man auf solche Universalität insistiert und die Fatalität des Geschehens im Begriff nochmals wiederholt, macht man sie in gewissem Sinn sich selbst zu eigen" 3 , auch eine solche Mahnung ist heute weniger denn je überholt. Wie heute an den früheren bildlichen Äußerungen Züge sichtbar werden, die zuvor nicht oder nicht so erkennbar waren, das Wissen um den Mißbrauch, der mit den Bildern geschah, unsere Sicht auf sie verändert, so bleibt die Geschichte aus ihren Bedingungen, sind die darin agierenden Menschen nach ihren in der Zeit liegenden Möglichkeiten zu beurteilen. Zu vermeiden sind Apologetik wie Verdikte von heutiger Warte aus über die Geschichte und die in ihr handelnden Menschen. Auch indem Auschwitz für die Gegenwart, für eigene politische und ideologische Zwecke benutzt wird, besteht die Gefahr der Bagatellisierung der von Beginn der Gewaltherrschaft an bestehenden schwersten, staatlichinstitutionell und weltanschaulich gelenkten Diskriminierungen und Demütigungen der Juden. 4 Das Bemühen um Sachlichkeit, als einem Bestandteil der besonderen Verantwortung gegenüber dem vorliegenden Gegenstand, veranlaßte Eva G. Reichmann 5 zu der Absicherung gegen der Verdacht der Gefühlsindifferenz. Die vorliegende Arbeit erwuchs aus einem Projekt des Zentrums für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin zum Bild von Juden und Judentum zur Zeit der Emanzipation; sie war Ende 1987 abgeschlossen. Für die großzügige Förderung des Projektes sei der Stiftung Volkswagenwerk herzlich gedankt. Der Leiter des Zentrums und dieses Forschungsvorhabens, Prof. Dr. Herbert A. Strauss, begleitete die Arbeit mit großem Engagement. Für Anregungen und fruchtbare Gespräche sei ihm ganz beson11

ders gedankt. Sehr herzlicher Dank gilt außerdem für die Durchsicht von Teilen des Manuskriptes und nützliche Hinweise Prof. Dr. Peter Bloch, Berlin, Prof. Dr. Frantisek Graus, Basel (1989 verstorben), und Dr. Hugo Wagner, Bern.

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I. Juden und Judentum in der christlichen und populären Kunst in der voremanzipatorischen Zeit

Die Neigung, heute beim Blick auf die voremanzipatorische Zeit der deutschjüdischen Geschichte das Verhältnis der nichtjüdischen Welt zu den Juden fast oder ganz ausschließlich nach der negativen Seite hin zu gewichten und die negativen Symptome herauszustreichen, zeigt sich auch in der Behandlung des historischen Materials, das der bildlichen und literarischen Sphäre angehört. Eine Gegenbalance kann dabei nicht zum Ziel haben, quasi als Korrektiv ein harmonisch geglättetes Bild dieser Beziehung zu entwerfen. Im Gegenteil ist immer im Bewußtsein zu halten, daß es dem mittelalterlichen Menschen aus seinen Voraussetzungen unbegreiflich sein m u ß t e , wie man sich der Heilsbotschaft widersetzen k o n n t e . Aus diesen Voraussetzungen und der damit ursächlich zusammenhängenden sozialen und rechtlichen Sonderstellung der Juden waren Antagonismus, Konflikt und immer stärker Unterdrückung und Zurücksetzung Teil der Realität. Dies berechtigt aber nicht, worüber die geschichtlichen Zeugnisse aufklären, ein uniformes (negatives) Bild zu entwerfen. Ursprünglich war es ja ein Mittel der Judengegner, das dann besonders die Antisemiten anwandten, in der historischen Schau allein die negativen Aspekte der Beziehung, die gegenseitige feindselige Einstellung, die vermeintliche grundsätzliche Verschiedenheit von Christen und Juden herauszustellen, um ihrem Vorgehen den Anschein des historisch Begründeten und damit die höhere Legitimation zu verschaffen. Das Verhältnis zum Judentum und zu den Juden spiegelt sich von früh an in der christlichen Kunst. Das Gewicht verlagerte sich seit dem Spätmittelalter zunehmend auf die populäre Ebene, was dem grundlegenden geistig-religiösen und sozialen Wandel, auch dem Wandel in der Kunst und unmittelbar der Entwicklung der graphischen Techniken zuzuschreiben ist. In der christlichen Kunst war das Judentum in der Form der Einbeziehung des Alten Testaments in die christliche Heilsgeschichte gegenwärtig. Für den des Lesens unkundigen mittelalterlichen Menschen bedeuteten die Bildwerke neben dem gesprochenen Wort den einzigen Zugang zu den religiösen Wahrheiten. Die Miniaturen der Buchmalerei, die Elfenbein tafeln, die Skulpturenprogramme der gotischen Kathedralen, die Bronzetüren wie die großen Glasfensterzyklen gaben - aus der Position einer selbstgewissen Institution — der Verflechtung von Altem und Neuem Bund wie dem Ringen um die Ecclesia universalis Ausdruck. In der historischen Entwicklung bedeuteten die Kreuzzüge mit den schweren Ausschreitungen gegen die Juden vor allem während des ersten Kreuzzuges eine Unterbrechung des guten oder zufriedenstellenden Einvernehmens zwischen Juden und Nichtjuden, zerstörte dieses aber nicht. Die historische Tatsache des Fortbestehens und der Erneuerung der positiven Tradition ist neben den feindseligen Reflexen auch in der bildenden Kunst nachzuweisen. Erst im Laufe des 14. Jahrhunderts erfuhr die Stellung der Juden eine spürbare Verschlechterung,

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so durch ihre nahezug vollständige Ausschließung vom Gewerbe, da sie den Zünften nicht angehören k o n n t e n , und dadurch, daß sie in das reine Geld-, vor allem Pfandleihgeschäft abgedrängt wurden. Die Pest von 1348 führte zu den antijüdischen Exzessen, die - auch wenn sich die Juden vielfach eine wirtschaftliche Position zurückerobern konnten — den Beginn ihrer endgültigen Vertreibung aus den Städten seit Ende des 15. Jahrhunderts bedeuteten. Diese Entwicklung fand mitunter im Populärbereich, sonst nur begrenzt und gebrochen und ohne daß der versöhnliche Standpunkt, hier wie sonst, gänzlich aufgegeben worden wäre,einen bildnerischen Niederschlag. Soweit also die soziale Realität aus dem Bild, vor allem den Zeugnissen der christlichen Kunst herausgelesen werden soll, sind immer die Grenzen bildlicher Aussage im Auge zu behalten. Die Bildwerke, die sich mit Kirche und Synagoge, mit Juden und J u d e n t u m auseinandersetzen, waren zunächst in ganz überwiegendem Maße solche der Kleinkunst, Miniaturen und Elfenbeintafeln. Hinzu traten gegen Ende des Hochmittelalters immer mehr die Kathedralplastik, die Glasfenster und die Tafelmalerei. Der Beziehung zwischen Altem und Neuem Bund gaben in großer Zahl die Symbolbilder mit den Personifikationen der beiden Heilsanstalten, der Ekklesia und Synagoge, Ausdruck und zwar zuerst so gut wie ausschließlich auf Kreuzigungsbildern. Dies geschah unter anderem unter dem Einfluß der theologischen Streitgespräche. 6 Zum erstenmal finden sich in der Karolingerzeit, seit etwa 850, Kirche und Synagoge zu seiten des Kreuzes; die Herrschaftsinsignien gehen dabei von der Synagoge auf die Ekklesia über. Die Synagoge kann sich auch vom Kreuz entfernen und den Blick zurückwenden. Unmittelbarer wird der Vorstellung der besiegten Synagoge vor allem seit dem 12. Jahrhundert, und in der Folge immer häufiger, Ausdruck gegeben. Die größere Polemik gegenüber früher in der Sicht auf sie ist nicht zuletzt den Kreuzzügen zuzuschreiben. Der Synagoge sind zum Zeichen ihrer Uneinsichtigkeit und der Ablösung des Alten Bundes durch den Neuen Bund die Augen verbunden, ihr fällt die Krone vom Haupt, Lanze oder Fahnenstange in ihrer Hand sind zerbrochen, die Gesetzestafeln entgleiten ihr, sie büßt — im Gegensatz zur strahlenden Erscheinung der Ekklesia — ihr königliches Gewand ein. Ihr können auch, zum Zeichen der Schuld der Juden, Dornenkrone, Schwammstab und Lanze beigegeben werden oder ein Bock als Hinweis auf das alttestamentliche Opfer. Das Verhältnis kennzeichnet aber nicht bloße Konfrontation und Feindseligkeit. Vor allem die Monumentalplastik und die großen Glasfenster führten neben dem auch hier zum Ausdruck kommenden religiösen Gegensatz in Gestalt der besiegten oder uneinsichtigen Synagoge die eschatologische Idee und den Gedanken der Concordia aus der älteren Tradition fort und verhalfen ihnen zu einem neuen, vertieften Ausdruck. 7 Von der gestalterischen Seite war hierfür Voraussetzung, daß sich seit dem 12. Jahrhundert die Ekklesia- und Synagogendarstellung nicht mehr auf das Kreuzigungsbild beschränkte. Den wesentlichen Ausgangspunkt für diese Entwicklung bildete die unter Abt Suger 1137 bis 1144 es war die Zeit kurz vor dem zweiten Kreuzzug — erneuerte Abteikirche von

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Saint-Denis, deren geistiges und ikonographisches Programm uns über die Zerstörungen hinaus durch die Schriften des Abtes überliefert sind und welches heute am besten in Chartres studiert werden kann. Dieses Bauwerk und seine Ausstattung, die von größter Wirkung gewesen sind, versinnbildlichten die Idee der Einheit von Altem und Neuem Bund. 8 Der in einem der Glasfenster von Saint-Denis zum Ausdruck kommenden Vorstellung, daß am Ende der Tage die Verblendung von der Synagoge fallen werde, lagen Gedanken von Bernhard von Clairvaux zugrunde, ähnlich wie dem aus der gleichen Zeit stammenden Ludus de Antichristo, dem Tegernseer Osterspiel, dem berühmtesten der Antichristspiele, das, in der ursprünglichen lateinischen Fassung, den Juden und der Synagoge ohne Feindschaft begegnet und die Synagoge den Märtyrertod sterben läßt (die spätere deutsche Version setzt dann antijüdische Akzente). Wie bei Paulus (Römer 11, 2 5 - 2 8 ) und in Erneuerung der Lehre der Kirchenväter gilt nach dieser Vorstellung nicht nur die Blindheit und die Verblendung der Juden; vielmehr stehen, auf dem Hintergrund der Weissagungen der Propheten, die eschatologische Erwartung und der Gedanke der Einheit der Heilsgeschichte im Mittelpunkt. 9 Diese Grundlagen waren wegweisend für die großen Lösungen in den Ekklesia- und Synagogen-Gruppen der Monumentalplastik des 13. Jahrhunderts, so in Straßburg, Bamberg (hier auch an den Georgenschranken), Magdeburg, Trier oder Freiburg, oder der Glasmalerei, so in der Elisabethkirche in Marburg. Die geistigen Programme waren vielfältig in den Gerichtsdarstellungen und denen zur Heilsgeschichte des Alten und Neuen Bundes der französischen Skulptur vorgebildet. In Freiburg werden in einem besonders reich ausgestalteten Programm Kirche und Synagoge „in ihrem einheitlichen Wirken am Heilsplan" und als „die zwei Entwicklungsstufen desselben einheitlichen Prinzips" vergegenwärtigt. 10 Der Augenschleier der Synagoge verhüllt nicht nur, er kann auch enthüllen; davon spricht schon der zweite Korintherbrief (3, 1 4 - 1 8 ) , und für Augustinus ist das Neue Testament nichts anderes als die Enthüllung des Alten (Vom Gottesstaat, Buch 16, Kapitel 26). Der Synagoge wird zwar die Schuld nicht genommen, sie kann aber, worauf ihre Schönheit und Würde weisen, wieder der Gnade Gottes teilhaftig werden, und wenn die Ekklesia an die Stelle der Synagoge tritt, dann als ihre Braut, dem typologischen Denken zum reinsten Ausdruck verhelfend. 1 1 Bei all diesen Beispielen handelt es sich um zentrale Werke der mittelalterlichen Kunst, von gleich hohem geistigen wie bildhauerischen Rang. Es gab aber auch andere Akzentuierungen: Mit der Einbeziehung von Ekklesia und Synagoge in die Thematik des Weltgerichts (Bamberger Fürstenportal, ehemaliger Mainzer Westlettner) und in die der klugen und törichten Jungfrauen (Magdeburg, Trier, Freiburg) konnte gleichzeitig stärker die Verblendung der Synagoge herausgestellt werden. Daß die Juden sehend werden können, einst der Synagoge die Binde oder der Schleier genommen wird, diesen Gedanken kennt andererseits auch die Miniaturmalerei. Im übrigen bestätigen die mittelalterliche Theologie und Geschichtsschreibung in reichem Maße, daß sich die Zeit nicht auf die heilsgeschichtliche

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Polemik beschränkte. 1 2 Immer ist im Verhältnis von Kirche und Synagoge die Ambivalenz, die Spannung von Gesetz und Gnade zu spüren. Anders als bei der Ekklesia waren an die Gestalt der Synagoge die unterschiedlichsten Inhalte gek n ü p f t . Auch bei der Verwendung des gleichen Attributs, etwa den Gesetzestafeln, kann der Bedeutungsgehalt ganz unterschiedlich sein. Zu beachten ist weiterhin der häufige betonte Trauergestus der Synagoge. In typologisch angelegten Handschriften, wie der Bible moralisee, fehlt schon aus den Voraussetzungen der Typologie jede Bitterkeit. Gerade in dieser Handschriftengruppe „haben sich das Bilddenken, die Mentalität der Zeit und die populäre Predigt . . . niedergeschlag e n " 1 3 . Daneben gab es, u m zu wiederholen, und zum Spätmittelalter verstärkt, eine große Zahl von Bildwerken, in denen die Synagoge das verstockte J u d e n t u m verkörpert. Schwer abzuschätzen ist, ob und wieweit die Ekklesia- und Synagogen-Darstellungen, in der Kleinkunst wie in den Monumentalwerken, auf das Verhältnis zum zeitgenössischen J u d e n t u m abfärbten. Die Werke, die Kirche und Synagoge im gemeinsamen Wirken am Heilsplan zeigen, wie diejenigen, die in strenger Dogmatik die Heilsvollmachten allein auf die Kirche übergehen lassen, vollziehen den Vorgang auf der symbolischen Ebene. Über das Verhältnis der theologisch-dogmatischen und in symbolische Zeichen umgesetzten Sphäre zu derjenigen des Alltags wissen wir sehr wenig. Ein Einwirken von jener auf diese mußte schon deshalb begrenzt bleiben, weil die quantitativ wichtigsten Bildträger, die Miniaturen und Elfenbeintafeln, nur einer kleinen geistlichen und weltlichen Eliteschicht, erst seit dem 14. Jahrhundert einem etwas größeren Kreis zugänglich waren. Die Synagoge verkörpert die alttestamentliche Lehre, nur eingeschränkt seit dem Hochmittelalter neben dem Judentum als Religion auch das jüdische Volk. Und auch hierbei ist zwischen dem gegenwärtigen und dem geschichtlichen Volk zu unterscheiden. So überlagerten sich der symbolische und historische Gehalt. Dabei ging es aber in der symbolischen Vergegenwärtigung der Ekklesia- und Synagogen-Thematik primär immer um bildliche Theologie. Sicherlich war durch eine szenisch-erzählerische Ausgestaltung des Synagogen-Motivs und die Aufnahme von Juden in den Bildzusammenhang die Verbindung zum gegenwärtigen Judentum herzustellen. So etwa, wenn in einer Miniatur der Bible moralise'e die Synagoge hilflos mitansehen m u ß , wie ein Teufel Juden fortführt oder (in einer Pariser Handschrift, nach 1400) Juden vor der Kirche knien, die Synagoge dagegen mit Binde, zerbrochener Fahne und schmerzlichem Gesichtsausdruck abseits steht. Das war in diesem Fall noch keine Polemik. Am ehesten wird eine Einbeziehung der Idee des Abfalls oder der Vertreibung der Synagoge in das gegenwärtige Denken, ihre Aktivierung für eine judenfeindliche Stimmung, also die Überführung des dogmatisch-theologischen Bildes in die antijüdische Bildpropaganda dann möglich gewesen sein, wenn das symbolische Schema durchbrochen, erweitert wurde. Das geschah zum einen im Rahmen der Umformung des starren Kruzifixschemas zum Kreuzigungsbild, zum anderen — unter Beibehaltung des überlieferten Symboltypus der Ekklesia- und Synagogen-Gruppe - durch Auf-

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nähme von in diesem Kontext weniger gebräuchlicher, diesem aber gut einzubindender Motive. Dadurch ließ sich dem eingefahrenen Sehen entgegensteuern, die abstrakte Begrifflichkeit reduzieren; die distanzierte Symboldarstellung wurde im Ansatz zu einem antijüdischen Erzählbild. Das ist der Fall, wenn auf einer Miniatur ein Teufel der Synagoge die Krone fortreißt, ein anderer einen Pfeil in ihre Augen schießt (Fenster in Bourges; Notre-Dame, Paris), sich an Stelle der Binde ein Drachen oder eine Schlange um ihre Augen windet (Steinskulptur in St. Seurin, Bordeaux), die Synagoge statt der Krone den Judenhut trägt (Essener Missale) und ihr der Beutel der Habsucht — und damit an Judas erinnernd — umgehängt ist, neben der Synagoge mit dem Bock Luxuria, die Wollust, steht (Steinskulptur am Südportal des Wormser Doms), oder auf einer Kreuzigung der Synagoge mit dem Judenhut ein Tierdämon zugeordnet ist (Stammheimer Missale). Eine Sonderform und den Höhepunkt der Polemik stellen die Darstellungen des lebenden Kreuzes des 15. und vom Anfang des 16. Jahrhunderts dar, die in wirrer Motivanhäufung allegorische Dogmatik und krassen Realismus verbinden und einen Kreuzesarm die Synagoge durchbohren lassen. Hier spielt also der Gedanke des Gerichts mit hinein. (Beispiele: Kölner Tafelmalerei, nach 1400, Castagnola; Wandmalerei von Giovanni da Modena, um 1420, San Petronio in Bologna; Portal der Marienkirche in Landshut, um 1432; Initiale A, Codex Monacensis, spätes 15. Jahrhundert, Staatsbibliothek München; Gemälde von Hans Fries, um 1510, Fribourg; Tafelmalerei, Epitaph, 1558, Breslau). Unmittelbarer als die Symbolfiguren der Kirche und Synagoge verdeutlichen die Illustrationszyklen der Buchmalerei und, in geringerem Umfang, die Tafelund Wandmalerei und die Plastik das Verhältnis der Zeit zum J u d e n t u m . Die Identifizierung ermöglichte auf Grund der Verordnung über die eigene Tracht der Juden und die Judenzeichen durch Papst Innozenz III. auf dem 4. Laterankonzil von 1215 1 4 vorrangig der Judenhut (er kam aber schon früher, seit Beginn des Hochmittelalters vor). Ihn ersetzte in Deutschland erst seit dem 15. Jahrhundert, deutlich später als in England und Frankreich, allmählich der Judenring. Zu einer Aktualisierung in judenfeindlicher Absicht boten sich am ehesten die Passionsszenen an. So sind häufiger — die Beispiele stammen aus einer großen Zahl von Hauptwerken der deutschen und österreichischen Buchmalerei des 12. bis 14. Jahrhunderts - Juden bei der Verspottung, den Pilatusszenen, der Dornenkrönung, der Gefangennahme, der Geißelung, der Kreuztragung und der Kreuzigung kenntlich gemacht. In seltenen Fällen sind Stephaton oder Longinus als Juden wiedergegeben. Die antijüdische Spitze erfährt in den Fällen eine Pointierung, die historisch gesehen, wie die Geißelung, gar keine Beteiligung von Juden zuließen. Die Handschriften, die die Juden in die Passion einbeziehen — also über die historische Selbstverständlichkeit hinaus auf ihre Identifizierung Wert legen oder den Juden die Rollen der römischen Soldaten übertragen —, nehmen sie allerdings fast durchgängig auch in Szenen auf, die nicht antijüdisch, mitunter eher positiv zu interpretieren sind. Das geschieht bei der Geburt Christi, der Darbringung im Tempel, dem Tempelgang Mariä, der Flucht nach Ä g y p t e n 1 5 , dem

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Einzug in Jerusalem (die Szene mit den Jesu begrüßenden Juden gehört zu den häufigsten überhaupt), bei Darstellungen von Mitgliedern der heiligen Sippe, bei der Geburt Mariä, dem Tempelgang Mariä, ihrer Vermählung mit Joseph, bei den Auferweckungs- und Heilungsszenen, ja bei der Kreuzabnahme, der Beweinung und der Grablegung. Daraus wäre zu folgern, daß die Juden nicht nur an ihre Verantwortung für das Leiden und den Tod Christi erinnert werden sollen, sondern daß auch der Concordia-Gedanke Gültigkeit behält. Das ist aber auch hier nicht einfach als eine bewußte und auf die eigene Zeit bezogene Haltung zu verstehen. Die Heilsgeschichte umfaßte beide Testamente; für die Zeitgenossen, also auch für die Juden, bestand die unaufhebbare Forderung, der Heilsbotschaft zu folgen. Die so auch in der Buchmalerei vermittelte Ambivalenz ist kennzeichnend für die Zeit und an den verschiedensten Äußerungen immer wieder nachzuweisen. Innerhalb der Buchmalerei gilt das gleichermaßen für die alttestamentlichen Zyklen und die Weltchroniken. Die Situation hat aus den Voraussetzungen dieses Mediums, der Buchmalerei, noch für das Spätmittelalter Gültigkeit, das in den Armenbibeln ein ausgewogenes und mehrschichtiges Bild vermittelt. Die ältesten überlieferten Handschriften der Biblia pauperum stammen vom Anfang des 14. Jahrhunderts; seit dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts fanden sie als Blockbücher große Verbreitung. Ihr Ziel bestand darin, in szenischen Gegenüberstellungen jeweils das Alte Testament typologisch dem Neuen zuzuordnen, die enge Verbundenheit der beiden Bücher und ihr gemeinsames Wirken am Heilsplan vorzuführen. Dabei handelt es sich nicht nur oder vorrangig um illustrierte Traktate, sondern auch um die Verarbeitung von in anderer Form, etwa der Monumentalmalerei, verbreiteten typologischen Programmen. Im neutestamentlichen Teil können Juden im negativen Kontext kenntlich gemacht sein, so in der Szene, in der Jesus die Wechsler aus dem Tempel treibt, in der Pilatusszene, bei der Kreuzigung, der Verratsszene, der Kreuztragung. Dem stehen Beispiele wie die Flucht nach Ägypten (nicht nur Joseph, auch ein Diener trägt den Judenhut), der Einzug in Jerusalem und wieder die Grablegung gegenüber. Es handelt sich also um das gleiche erwähnte Schema der älteren Handschriften. Zudem sind nun in den alttestamentlichen Szenen, auf die es der Biblia pauperum im eigentlichen Sinne ankam und die deshalb fast immer sehr viel größer gehalten sind als die neutestamentlichen Illustrationen, die Vertreter des Alten Testaments als Juden kenntlich gemacht. Man bezieht sie damit in das Heilsgeschehen nach der Vorstellung der christlichen Heilslehre ein. Das ist der Fall in vielen der alttestamentlichen Szenen, die als vorbildlich für die neutestamentlichen verstanden wurden (wenn der Zusammenhang o f t auch nur rein äußerlich war), für die Geburt Christi, die Taufe Christi, die Auferweckung des Lazarus, das Abendmahl, die Kreuzigung, die Himmelfahrt Christi. Der Kreuzigung wurde neben der Opferung Isaaks die Erhöhung der ehernen Schlange zugeordnet, eine Szene, die zu den beliebtesten der Biblia pauperum gehört. Hier sind fast ohne

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Ausnahme die Moses begleitenden Juden als solche kenntlich gemacht. „Wie die Juden, wenn sie die eherne Schlange betrachteten, vor den Schlangen gerettet wurden, so können auch wir, wenn wir uns an Christus wenden, vor der Schlange, d . h . dem Teufel gerettet werden." 1 6 Es besteht also auch hier eine Parallele zu den anderen und zum Teil älteren, typologisch angelegten Handschriftengruppen, wie der Bible moralisee, die sich der Polemik enthalten und Altes und Neues Testament in Gestalt der Synagoge (an deren Stelle Juden treten k ö n n e n ) und Ekklesia gegenüberstellen und aufeinanderbeziehen. Die Armenbibeln h a t t e n , auch als ikonographische Quelle, eine Bedeutung wie keine anderen Werke der mittelalterlichen Buchmalerei. Ihr Einfluß war schon im 14. Jahrhundert groß und wuchs noch beträchtlich durch die Verbreitung der Holzschnittausgaben des 15. Jahrhunderts. In den profanen Handschriften sind ebenfalls Juden in Szenen zu identifizieren, die aus dem Sinnzusammenhang nicht pejorativ gemeint sein können. So werden in Ausgaben des Sachsenspiegels aus dem 14. Jahrhundert Juden zu Pferd unter dem königlichen Schutz oder vor dem Richter mit dem Judenhut gezeigt. „Jews Standing before the judge among the persons capable to pass judgement and bear witness under his authority." 1 7 Auf einer früheren Miniatur, aus dem 12. Jahrhundert (Landesbibliothek Fulda), tragen Josephus und seine Gefolgsleute, die vor Vespasian erscheinen, Judenhüte. Und in der Großen Heidelberger Liederhandschrift aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wird der berühmte Sangspruchdichter Süßkind von Trimberg in jüdischer Tracht und mit dem Judenhut wiedergegeben. Schließlich, um noch eine ganz andere Handschriftengattung zu erwähnen, taucht in hebräischen Handschriften aus dem süddeutschen Raum, die mit einiger Sicherheit von christlichen Malern ausgeschmückt wurden 1 8 , der Judenhut auf. 1 9 In der gotischen Tafel- und Monumentalmalerei und den Glasfenstern und der Plastik findet sich die für die Erzählbilder der christlichen Buchmalerei skizzierte Situation wieder, nur in einem quantitativ reduzierten Umfang. Wegen seiner Bedeutung, wenn auch ganz isoliert dastehend, sei der Lettner des Naumburger Doms aus dem 13. Jahrhundert erwähnt, dessen Passionsszenen viele der am Geschehen Beteiligten durch Judenhüte kenntlich machen. 2 0 Die Idee der heilsgeschichtlichen Einheit vermitteln andere Werke. So tragen Judenhüte der Abraham in der Schloßkirche in Wechselberg, die Propheten an der Goldenen Pforte in Freiberg, die Juden auf einem Glasfenster mit der ehernen Schlange (Aachen, Sammlung Ludwig) und Jesse in der so bedeutenden Gestaltung des Jessebaums in dem Glasfenster von Chartres. Damit wird hier das sinnfällig gemacht, worauf schon der Römerbrief ( 1 1 , 1 8 ) hingewiesen hatte, daß die Wurzel, das J u d e n t u m , die Kirche trage. Und im Nordportal von Chartres wird Christus als dem Schöpfer der Welt (an Stelle von Gott) Moses mit dem Judenhut zur Seite gestellt. Moses ist hier nicht nur „Thistorien inspire des origines du monde, mais qui semble en etre le temoin-figure extraordinaire et unique dans l ' a r t " 2 1 . Eine ausgewogene Sicht läßt zum Teil noch die spätgotische Malerei erkennen, so der vom

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Anfang des 15. Jahrhunderts stammende Buxtehuder Altar von Meister Bertram (Hamburger Kunsthalle). Daneben sind immer wieder Fälle mit deutlich antijüdischer Tendenz ausfindig zu machen, wie die spätmittelalterliche Kreuzigung Jesu durch einen Juden auf einem Fresko der Katherinenkapelle in Landau oder die schon erwähnten, aus der allegorischen Sphäre in die Alltagspolemik geholten, auch im Tafelbild und Fresko verbreiteten Darstellungen des lebenden Kreuzes. 2 2 Über die Rezeption all dieser Werke kann auch hier nur gemutmaßt werden, und es sei die Möglichkeit einer selektiven Wahrnehmung und Verarbeitung nicht ausgeschlossen, die die in einem negativen Kontext dargestellten Juden für das zeitgenössische Judenbild aktivierbar machten, während dieser Mechanismus im umgekehrten Fall nicht oder nur in geringerem Maße griff. Die Soziologie oder Sozialpsychologie würde das wohl so ausdrücken, daß die (angenommene) größere Resonanz der antijüdischen Bilder darauf zurückzuführen sei, daß ihre Inhalte mit der kognitiven Struktur der betreffenden Rezipienten korrespondierte, während das eben bei den nicht antijüdischen Bildern nicht der Fall war. Wenn das auch überzeugend klingen mag, so müßte doch immer wieder überprüft werden, ob und in welchem Umfang solche konsistenten Strukturen in Bezug auf die Juden bestanden. Etwas verlagert stellt sich das Problem wieder für die neuere Zeit, das 19. Jahrhundert. Es sei zum Vergleich ein Blick auf die Literatur geworfen. Im Rahmen der unterschiedlichen Formen literarischer Vermittlung der Judenthematik konnte das Drama der Zeit der Judenfeindschaft unmittelbar Ausdruck geben. Zu Angriffen auf die Juden boten sich am ehesten die Fastnachtspiele und die Passionsspiele an. In jenen dienten mitunter der Schürung antijüdischer Kampagnen Szenen, die neben den jüdischen Wucherer Ritualmordbeschuldigungen und solche von Hostienschändungen aufnahmen. 2 3 Die im Spätmittelalter einen Aufschwung erlebenden Passionsspiele boten die Möglichkeit, die Juden als verstockte und bösartige Gesellen und als die Peiniger Jesu vorzuführen. Verschiedene Spiele, wie das Donaueschinger und das Alsfelder Passionsspiel, machten hiervon ausgiebig Gebrauch. Langatmig und drastisch werden die Jesu von den Juden zugefügten Schmähungen und Grausamkeiten szenisch ausgestaltet. 24 In einem Schlußwort, so im Egerer Passionsspiel nach der Verurteilung Christi am Ende des zweiten Tages, kann mit einer Wendung zum Zuschauer auf die Charakterlosigkeit und Sündhaftigkeit der Juden hingewiesen werden 2 S In einem besonderen Fall arbeitete das Passionsspiel der judenfeindlichen Stimmung direkt entgegen; das heißt aber auch, daß es dieser seine Entstehung verdankte: Es geschieht dies in dem Frankfurter Passionsspiel, das 1350 aufgeführt wurde. Das Spiel reagiert auf die jüngsten Ereignisse, die durch die Pest und die Judenbeschuldigungen ausgelösten schweren Ausschreitungen in der Stadt ein Jahr zuvor. Es versucht, der feindseligen Stimmung entgegenzuwirken und mittels der gelehrten Gespräche zwischen Kirche und Synagoge, Propheten und Juden und schließlich der Taufe von einer Gruppe von Juden durch Augustinus den Gedanken einer „friedlichen Verschmelzung des Judentums mit der christ-

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liehen Bevölkerung als Wunschbild beschwörend in das Spiel zu r ü c k e n " 2 6 . Wenn eine solche Sichtweise im Passionsspiel Ausnahme blieb, so versuchte das Prozessionsspiel allgemein, die Juden in mehr versöhnlicher Weise in das Geschehen einzubeziehen 2 7 Eingerahmt wurde die realistische Handlung der Passionsspiele, im Spätmittelalter verstärkt, von den Vor- und Nachspielen mit den Disputationen von Kirche und Synagoge. Ihre Aufgabe bestand in der Darlegung des theologischen Standpunktes der Kirche. Das betont gewählte intellektuelle Niveau eines rationalen Gesprächs verlieh dem Anspruch der Kirche, im Besitz der Wahrheit zu sein, mehr Nachdruck und damit dem Wunsch, die Juden zur Bekehrung zu bewegen — dem Ziel aller Bemühungen. Dadurch, daß die Synagoge von Juden begleitet wurde, war es dem Theater, mehr als den symbolischen und auch erzählerischen Darstellungen der bildenden Kunst, möglich, jüdische Religion und jüdisches Volk zusammen zu präsentieren und in der Handlung miteinander zu verknüpfen. Entweder lassen sich die Juden zur Taufe bewegen (wie in der Frankfurter Dirigierrolle) oder sie zeigen sich, vor allem in den späteren Dramen, den Bekehrungsversuchen unzugänglich. Ein aggressiver Ton findet sich hier seltener, so im Donaueschinger Spiel; das Alsfelder Passionsspiel ist in diesen Teilen vergleichsweise unentschieden, neben Beschimpfungen wird versucht, mittels der theologischen Diskussionen ein gelehrtes und didaktisches Niveau einzuhalten. 2 8 Aber auch im Donaueschinger Passionsspiel beschränken sich insgesamt gesehen die Auseinandersetzungen im wesentlichen auf Glaubensfragen; sie unterscheiden „mit peinlicher Sorgfalt . . . zwischen einem kleinen, am Tode Christi aktiv beteiligten und somit schuldigen Teil des jüdischen Volkes und der großen Masse dieses Volkes, das in seiner Gesamtheit indirekt sogar von eigentlicher Schuld freigesprochen wird, wobei Christus und seine Jünger ausdrücklich in den Gesamtverband des jüdischen Volkes mit einbezogen werden". 2 9 So ist das Bild vom Juden im mittelalterlichen und spätmittelalterlichen Drama, bei allem späteren Überwiegen der feindseligen Reflexe,nicht einheitlich. Den mitunter deutlichen antijüdischen Elementen in den Passionshandlungen wird häufig durch die Disputation von Kirche und Synagoge entgegengesteuert; die Atmosphäre ist hier zumindest gebrochener. Das geistliche Drama verdeutlicht bis zu einem Grade, schematisch formuliert, soviel wie den Schnittpunkt zweier Sphären: der hohen und der niederen Kultur, der gelehrten und räsonierenden und der derb-sinnlichen Volkskultur. Während das Streitgespräch argumentativ (zumindest auch) überzeugen will, einen intellektuellen Standard einhält, geben die realistischen Szenen des geistlichen, auch des weltlichen Dramas eher dem Volksglauben und seinen magischen Vorstellungen und irrationalen Abneigungen Raum. Die Disputation spiegelt die Glaubenssituation, verdeutlicht die religiös begründete Gegnerschaft wie gleichzeitig das Werben um den Glaubensgegner 3 0 , die Passionsszenen vermitteln die aus unterschiedlichen Quellen oder vordergründig unterschiedlichen Motiven sich speisende Volksmeinung. Im Passionsspiel offenbart sich somit das Nebeneinander und die Überlagerung der

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verschiedenen Sphären, Positionen und Strömungen. Allgemein ist neben den im Spätmittelalter immer stärker zum Vorschein kommenden und besonders im weltlichen Spiel sich artikulierenden materiellen Gründen der Judenfeindschaft zumindest im geistlichen Spiel der religiöse Kern nicht zu übersehen. Durchgehend findet sich die Betonung der Überlegenheit der christlichen Religion und die entsprechende Geringschätzung der jüdischen. Auch bei Hinweisen auf Materielles und die Schlechtigkeit der Juden 3 1 geschieht dies sehr o f t letztlich mit Bezug auf die religiösen Verhältnisse. Und trotz der zunehmenden antijüdischen Tendenzen im Spätmittelalter bleibt es alles in allem erstaunlich, „in welchem Maße sich zuletzt doch der echte Gottesvolkgedanke als Untergrund behauptet. Die Polemik drängt sich keineswegs überall v o r " 3 2 . Wie im Theater so spielte die Passionsthematik auch in der bildenden Kunst eine herausgehobene Rolle. Im vorliegenden Zusammenhang stellt für den Zeitraum des Spätmittelalters die spätgotische Passionsmalerei den wichtigsten Bereich dar. Daß nun im Passionsbild die Judenfeindschaft prinzipiell nicht Gegenstand der Darstellung war, sich hiervon nur in Einzelfällen Reflexe finden, bedarf einiger Erläuterung. Seit dem 15. Jahrhundert erfolgte in den nordischen Ländern, die für diese Thematik besonders in Frage k o m m e n , eine ikonographische Ausweitung der Passionsdarstellungen zu figurenreichen Szenen und eine drastische Ausmalung der Jesu zugefügten Schmach. Das geschah nicht zuletzt unter dem Einfluß des religiösen Schrifttums. Ein Einwirken auf die spätgotische Malerei erfolgte insbesondere durch die Passionstraktate, die seit dem H . J a h r h u n dert in großer Zahl in Deutschland und den Niederlanden erschienen. 3 3 Die Hauptquelle der Traktate waren dabei Ereignisse des Alten Testaments, die sich auf die Passion beziehen ließen (Isaias, Jeremias, Buch der Weisheit, die Psalmen). Dies erstaunt um so weniger, wenn man bedenkt, daß schon bei der Ausformung der Passionsgeschichte der Evangelien Texte des Alten Testaments eine wichtige Rolle gespielt h a t t e n . 3 4 Vor allem Isaias, das 1. und 53. Kapitel, konnte als Prophezeiung der Passion gelesen werden. Jesus selber hatte diesen Bezug hergestellt, indem er nach Lukas (24, 4 4 ) darauf hinwies, daß die Worte der Propheten und Psalmen durch ihn erfüllt werden müßten. Mit dem erneuten und betonten Zurückgreifen der Passionstraktate auf das Alte Testament sollten die heilsgeschichtlichen Zusammenhänge verstärkt sichtbar gemacht werden. So erweist sich auch hier die Macht des typologischen Denkens, nur überlagert von dem Wunsch, als Kontrast zu dem leidenden Jesu die ihm zugefügten Grausamkeiten in die Alltagssphäre zu ziehen. Die drastische Ausgestaltung der Passionsszenen in den Traktaten ergab sich also aus den alttestamentlichen Schriften selbst. Daß aber im späten Mittelalter, in den Texten und den Bildern, ein solches Interesse an dieser Ausschmückung der Passionsgeschichte bestand, kann nur aus dem Glauben der Zeit erklärt werden. Voraussetzung war eine vertiefte Frömmigkeit, die Jesus als Menschen begriff und als leidenden Menschen der Zeit nahebringen wollte. Diese Haltung, die zu einer neuen Form verinnerlichter Religiosität führte, war schon durch Bernhard

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von Clairvaux und die Franziskaner vorbereitet worden. Schon in der Passionsmystik des 13. Jahrhunderts war Gott als geschlagener, leidender Mensch dem Leser und Betrachter als Idealbild gegenwärtig. 35 Die Bonaventura zugeschriebenen „Meditationes vitae Christi" beschrieben das Leiden Christi in allen Einzelheiten und bereiteten damit den Weg für den späteren Passionsnaturalismus vor. Unmittelbar wirkten dann auf die Passionstraktate die deutsche Mystik und die Devotio moderna ein , 36 Diese Bewegung, die im Aufruf zur Imitatio Christi mündete, hatte sich besonders gegen die Kirche als Institution und die Theologie gewandt. Gegen ein veräußerlichtes, dem Materiellen zugewandtes Leben predigte sie eine im Alltag bewährte, in den Menschen selbst gelegte Frömmigkeit. Johan Huizinga vermittelt eine Vorstellung von der Intensität des Glaubens und der Zuwendung zu dem Leiden Christi in jener Zeit. 3 7 Der Judenfeindschaft geben die Traktate unmittelbar nicht Ausdruck. Wieweit diese Feindschaft implizit auf die Ausformung der Texte einwirkte, ist schwer zu entscheiden. Ihre eigentliche Orientierung war eine andere. Auch dann, wenn etwa die Juden als Hunde bezeichnet werden, hielt man sich, wie stets, an die Texte der Bibel selbst, in diesem Fall an den 17. Vers des 22. (21.) Psalms. Eine darüber hinausgehende Aktualisierung findet nicht statt. Das geschah erst in den erwähnten Passionsspielen. Ein Einfluß von den Passionsspielen auf die Passionsdarstellungen bestand nur in eingeschränktem Maße. Die zuweilen von der älteren, vor allem der französischen Kunstwissenschaft vertretene These, daß im Spätmittelalter das Drama in größerem Umfang auf die bildende Kunst eingewirkt habe, ist, von einigen Sonderfällen abgesehen, als unrichtig erkannt. Für manche anekdotische Details und Rollen- und Kostümanweisungen sind Wechselbeziehungen anzunehmen, und die Bühnentechniken des Theaters konnten etwa für bühnenmäßige, auf Raumillusion zielende Arrangements in der Malerei und im Relief vorbildlich gewesen sein. Auch das Nebeneinander verschiedener Handlungsabläufe kannte sowohl das Theater wie das spätgotische Kreuzigungsbild. 38 Das waren Äußerlichkeiten. Insgesamt ging es in den Passionsszenen des Theaters nicht ohne Turbulenz und burleske Komik ab; von dem Ernst, der drückenden Stimmung, dem Leiden Jesu der Passionstraktakte vermittelten sie nur wenig. 3 9 Das Bild blieb dem Text sehr viel näher. Dabei darf auch hier die Beziehung von Text zu Bild nicht zu streng und stets unmittelbar aufs neue gegeben gesehen werden; die Übernahmen waren häufig schon bildlich vermittelt. Und mehr als jeder Text vermochte die spätgotische Malerei dem Hauptanliegen der Passionsidee, der Vergegenwärtigung des Schmerzes Jesu und seiner Duldergröße im Kontrast zu der Gewalttätigkeit und Bösartigkeit seiner Peiniger, gerecht zu werden. Sie konnte noch mehr als jedes Wort die Häßlichkeit als die Erscheinung des Bösen, im Physischen die Widergöttlichkeit zur Gottähnlichkeit und -ergebenheit Jesu sinnfällig machen. Deshalb sind mit nie versiegender Phantasie und Lust die Schergen als grobe, grimassierende Raufbolde und Landsknechte und in wilder, aggressiver Gestik vorgeführt. Neben den Texten werden zur äußeren Motivbelebung Beobachtungen des alltäglichen Lebens sowie derb-triviale Realismen der

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Passionsspiele verarbeitet worden sein. Mitunter scheint sich bei der bis ins Groteske gesteigerten Mimik ein physiognomisches Interesse zu verselbständigen. Die Berichte der Bibel und die Passionstexte gingen mit den täglichen Erfahrungen eine Verbindung ein. Die Vermischung von Heiligem und Irdischem, der religiösen und der weltlichen Sphäre war ja ein typisches Merkmal der spätmittelalterlichen Frömmigkeit. Hinzu kam, daß die Passionsthemen den Malern eine besonders gute Möglichkeit boten, die neu erworbenen Mittel der Aneignung der Wirklichkeit und ihren Sinn für Realistik zu erproben. So bedingten sich das Ausdrucksverlangen der Zeit und die Entwicklung der Malerei. Die Passionsdarstellungen können also nie allein, weder stilistisch noch psychologisch, aus dem spätmittelalterlichen Naturalismus erklärt werden. Wie die Realistik nicht für sich allein stand, so diente sie auch nicht einer bloßen historischen Rekonstruktion oder Rückbindung. Die zum Spätmittelalter hin immer reichere szenische, erzählerische Vergegenwärtigung des Passionsgeschehens, am besten am Kreuzigungsbild zu beobachten, bedeutete nicht eine einfache Historisierung. 40 Die Historie blieb heilige und sinnbildliche Geschichte. Die dramatische Konfrontation des leidenden und inmitten des Pöbels einsamen Jesu mit der Häßlichkeit und Niedertracht der Henkersknechte vermittelte das Wort der heiligen Schrift, den Sinn des Opfers Christi in seinem eigentlichen Wahrheitsgehalt. Das Geschehen war auch jetzt symbolische Handlung. Daraus erklärt sich auch, daß diese Darstellungen etwas Demonstratives haben und so häufig den Eindruck von Zustandsbildern erwecken. Von der formalen Seite eröffnete der spätgotische Realismus neue Wege, dem religiösen Gefühl Ausdruck zu geben. Die Freude an der veristischen, naturalistischen Ausgestaltung der Szenen vermochte sich um so mehr auszuleben, als sie nicht funktionslos war, sondern im Dienst des Glaubens, einer vertieften Wahrheitssuche in einer von religiösen Spannungen erfüllten Zeit stand. 41 Dabei ist nicht auszuschließen, daß sich hier nicht auch mitunter eine reine sadistische Lust, eine Grausamkeit um ihrer selbst willen äußerte. Juden und Judentum als unmittelbarer Bildgegenstand oder als Bedeutungsgehalt lagen gänzlich außerhalb dieser Konzeption. Hinweise auf Juden finden sich in den Passionsdarstellungen nur ganz sporadisch. Sofern sie einmal aufgenommen sind, besitzen sie in dem expressiven Geschehen keine Bilddominanz. Daß dies so selten geschieht, erklärt sich aus den geschilderten Voraussetzungen. Selbst ein ausnahmsweise als Vorlage dienendes Passionsspiel konnte daran nichts ändern. Eine solche Beziehung ist für ein plastisches Werk historisch dokumentiert. Der Passionszyklus des alten Chorgestühls des Stephansdoms in Wien wurde um 1500 von Wilhelm Rollinger und Mitarbeitern geschaffen. Die Reliefs sind direkt, wie auch ihr Charakter vermuten läßt, von Bühnenszenen des Wiener Passionsspiels inspiriert; denn in Rollinger lagen Bildschnitzer und Theaterleiter dieses Spiels in Personalunion vor. 42 Juden sind in keine der Passionsszenen aufgenommen. Der eigentliche Träger jedoch zur Vermittlung der Passion und der Passionsfrömmigkeit war die Malerei. Die Juden sind hier vereinzelt über den

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Judenhut, häufiger über den Judenring zu identifizieren, mitunter, vor allem in Italien, über das heraldisch oder emblematisch benutzte Tierzeichen des Skorpions. Es erfolgt nun auch in Einzelfällen eine physiognomische Kennzeichnung der Juden. Ansatzweise gab es physiognomische Hinweise auf Juden schon seit der mittelalterlichen Buchmalerei mittels der Hakennase. Doch gelang in diesen Fällen in der pointierten, mehr linearen, abstrahierenden Betonung der Nase so wenig ein organisches physiognomisches Bild, daß das Merkmal Judennase mehr Zeichencharakter hatte und damit seinen attributivischen Stellenwert zu erkennen gab. Die Absicht der karikierenden physischen Negativzeichnung zeigt sich an einigen Beispielen, besonders der englischen Buchmalerei des 13. Jahrhunderts. Meistens aber erscheint, bis in die spätere populäre Graphik, das physiognomische Detail, die Hakennase, zu isoliert, als daß es zu einem physischen Bild beitragen k ö n n t e . Die Hakennase hatte für sich überhaupt keine negative Konnotation. Eher wäre, worüber die Physiognomik bis zum 18. Jahrhundert aufklärt, das Gegenteil zu sagen. Noch Carl Gustav Carus hält in seiner Charakterologie an dieser positiven Bewertung fest - und als Beispiel hierfür erwähnt er die jüdische Nase. 4 3 In überzeichneter Form dagegen war die Nase als markantes physiognomisches Merkmal ein beliebtes Mittel der Bildsatire durch alle Jahrhunderte. Die Ecce homo-Darstellung von Hans Holbein d . Ä . vom Hochaltar der Frankfurter Dominikanerkirche (Frankfurt, Städelsches Kunstinstitut) hebt rechts vorne auffallend einen tölpelhaften, geckenhaften Bauern und physiognomisch dessen Hakennase hervor. Erst seit der Spätgotik war es dem Künstler möglich, eine jüdische Physiognomie und nicht nur einzelne unverbundene Merkmale derselben wiederzugeben. Auch schriftliche Dokumente geben zumindest seit dieser Zeit entsprechende Hinweise. Guido Kisch stellt ein solches von 1451 vor, das die negative Charakterisierung einer Person mit dem erläuternden Hinweis versieht, daß sie im Äußeren und in der Art dem jüdischen Typus entsprochen habe. 4 4 Unter den Schergen Christi jedoch findet sich eine jüdische Physiognomie so gut wie nie. Juden tauchen eher als Zuschauer oder in anderen Bezügen auf. Der Nürnberger Meister reiht in seiner Ecce homo-Darstellung (Abb. 1) ganz im Hintergrund einen über den Hut kenntlich gemachten Juden unter die Zuschauer ein. Häßlich sticht nur vorne der als Gelehrter zu identifizierende Mann ab; und Kaiphas erscheint im Ornat eines Bischofs 4 5 Die gleiche Szene des Hausbuchmeisters (Abb. 2) ist bewegter, die Reaktionen der Menge lebhafter. Als Anführer schmähen vorne zwei Geistliche Jesus. Dahinter sind, mit angespannter Miene und starrem, fixiertem Blick, aber kaum verzeichnet, zwei Juden wiedergegeben. Noch weiter rückwärts gestikuliert eifernd ein Mönch. Öfters verlieh man der Judasfigur der Verratsszene jüdische Züge, aber auch hier geschieht das in sehr zurückhaltender, nicht verzerrender Weise, gleich ob es sich um das Beispiel von Wolf Huber (Alte Pinakothek München), Hans Holbein d . Ä . oder Johann Koerbecke handelt (Abb. 3 , 4 ) . Der Versuch aber, die Figur des Judas

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gewaltsam mit der Judenfeindschaft der Zeit zusammenzusehen, führt im Fall des Bildes von Koerbecke dazu, dem Maler zu unterstellen, hier seiner Vorstellung von jüdischer Bestialität Ausdruck gegeben zu haben. 4 6 Jeder unvoreingenommene Augenschein vermag augenblicklich von der Unhaltbarkeit einer solchen Bemerkung zu überzeugen. Eine kraß verzerrende Wiedergabe des Judas wurde schon deshalb vermieden, um nicht von dem eigentlichen Vorgang abzulenken, dem Konfrontationsmoment zwischen Jesus und den Schergen und dem Spannungsmoment zwischen Jesus und Judas. Das wäre aber geschehen, wenn man aus Judas einen grimassierenden Unhold gemacht hätte. Auch Szenen, die nicht zur Passion gehörten, kennen eine physische, zurückhaltende Charakterisierung der Juden. Dazu zählt die Darstellung des Hausbuchmeisters „Christus unter den Schriftgelehrten" (Abb. 5), die zwei vom Rücken gesehene Juden auf der Bank links im Vordergrund a u f n i m m t . Jan Polack dagegen verzichtet in seiner Disputationsszene des hl. Stephanus (Abb. 6) ganz auf eine physiognomische Kennzeichnung; er beläßt es bei der ihm eigenen Typencharakterisierung und greift, um einen konkreten Hinweis auf die Juden einzufügen, auf das Hilfsmittel des Judenrings zurück. Andererseits gab es auch eine physische Charakterisierung, die sich satirischer Elemente bediente. Ein solches Vorgehen kennt der Meister der Pollinger Tafeln, der die beiden Legenden der Auffindung des Kreuzes durch den Herzog Tassilo und die hl. Helena schildert. Die oberen Hälften der Flügelaußenseiten (Abb. 7) geben die Szenen wieder, wie die hl. Helena die Juden nach dem Versteck des Kreuzes Christi fragt und wie dieses Kreuz ausgegraben wird. Über die Benennung der Juden durch entsprechende Hüte hinaus lag dem Meister offensichtlich an einer physiognomischen Pointierung, wobei er auch hierin recht differenziert verfährt und nicht in eine leblos-schematische Stereotypisierung gerät. Eine deutlichere Negativtendenz (wenn bei den Pollinger Tafeln überhaupt von einer solchen gesprochen werden kann) liegt in einem anderen Fall vor. Ein Thema, das nicht allzu häufig behandelt wurde, die Beschneidung Christi, bot Jörg Ratgeb die Möglichkeit zu einer bissigen Judensatire (Abb. 8). Bei der Tafel handelt es sich um den rechten Innenflügel des Herrenberger Altars (Stuttgart, Staatsgalerie). Der die Beschneidung vornehmende Priester ist deutlich mit jüdischen Gesichtszügen, dabei in verzerrender, unschöner Weise wiedergegeben. Das trifft auch, ohne daß hier das jüdische Element dominant wäre, für den eine Grimasse schneidenden Rabbiner zu, der sich nach vorne beugt, um die Szene zu beobachten. Bedacht werden m u ß , daß Jörg Ratgeb seinen Gestalten generell gerne ein plebejisches, leicht deformiertes Aussehen gab, gleich welche Funktionen ihnen zukam. Doch läßt in diesem Fall eine solche auf den entstellten jüdischen Typus bezogene Charakterisierung, dazu in diesem thematischen Kontext, auf eine bewußte antijüdische Invektive schließen. Umgekehrt verhält es sich bei einem spätgotischen Glasfenster von Peter Hemmel. Sein Scharfzandtfenster (so genannt nach dem Auftraggeber) in der Münchner Frauenkirche, das zwischen 1488 und 1493 entstand, zeigt unter

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anderem die Darstellung im Tempel. Auf der rechten Seite dieser Szene sind hinter einem Stehpult drei Männer mit jüdischen Physiognomien wiedergegeben. Noch mehr als bei dem Rabbiner mit der Pelzkappe ist das bei den beiden anderen Gestalten der Fall (Abb. 9). Hier treten die ethnischen Merkmale hervor, wobei die Gesichtszüge ganz individuell, lebendig, ohne tendenziöse Absicht gestaltet sind. In einem anderen Fenster derselben Kirche, der Dornenkrönung (südliches Chorfenster, um 1430), wird auf die Identifizierung der beiden Schergen mittels Judenhüte Wert gelegt. Außerdem changiert die Szene mit den Schriftgelehrten, dem Synedrium, aus dem Fenster der Weiß-Scheiben der Frauenkirche, Mitte des 15. Jahrhunderts entstanden, in der Andeutung mancher Physiognomien und mit den überdimensioniert gegebenen Judenhüten ins Negative. Doch haben in diesem künstlerisch hochrangigen Werk die kraftvollen, herrischen, monumental aufgefaßten Gestalten auch etwas Imponierendes. Deutlich wiederum und ohne Verzeichnung sind in einem Glasfenster ganz anderer Provenienz, das sich in der Burg Rheineck bei Niederbreisig befindet und aus einem unbekannten Bibelfenster aus der Zeit um 1465 stammt, die Propheten Malachias und Habakuk in Tracht und Physiognomie als Juden aufgefaßt (Abb. 10). Den jüdischen Typus zu vergegenwärtigen, ohne notwendig in die negative Stereotypisierung zu verfallen, m u ß , das bleibt festzuhalten, geradezu - auch wenn diese Möglichkeit nicht allzu häufig durchgeprobt wurde — als ein besonderes Vermögen jener Zeit registriert werden — eine Fähigkeit, die der modernen, mit der Emanzipation einsetzenden Epoche zwar nicht abhanden kam, aber relativ gesehen nicht allzu häufig umgesetzt wurde. Und zwar deshalb, um vorzugreifen, weil das 19. Jahrhundert die Juden im Verlauf immer deutlicher und häufiger satirisch oder karikaturmäßig behandelte, sofern es sich aber zu einer sachlichen Registrierung bekannte, meistens auf die ethnische Charakterisierung verzichtete, wohl nicht zuletzt aus Scheu vor dem mittlerweile feststehenden Negativbild und der Sorge, sich von diesem nicht ganz lösen zu können oder sich einer mißverständlichen Interpretation ausgesetzt zu sehen. 4 7 An den verschiedenen Aufgabenstellungen und Beispielen der Stereotypisierung des Judenbildes wird das zu verdeutlichen sein. Quantitativ fallen Darstellungen mit Juden in der spätgotischen Malerei nicht sonderlich ins Gewicht. Die Entwicklung der Malerei zu einer realitätsbezogenen Wiedergabe von Welt und Mensch führte nur in seltenen Fällen zu einer bildlichen Präsentation von Juden und nur in den allerseltensten Fällen zu einem deutlichen physischen Negativbild. Die häufig in der Literatur anzutreffende Behauptung der verbreiteten, ja prinzipiellen Verhäßlichung der Juden im Bild der vormodernen Zeit entbehrt der Grundlage. 4 8 Der Sachverhalt stellt sich vielmehr so dar, daß das häufige Zurückgreifen in der Spätgotik und noch danach auf äußere, im Grunde attributivisch verstandene Mittel, wie den Judenring, angesichts des Entwicklungsstands der Malerei geradezu - unter der Voraussetzung einer judenfeindlichen Absicht — als anachronistisch eingestuft werden m u ß . In der wei-

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teren Entwicklung der Malerei verlor dann die Passion, als sich die Frömmigkeit mit dem Manierismus und dem Barock andere Inhalte und Ausdrucksformen suchte, ihre einstige Bedeutung als Bildthema 4 9 und damit der Antijudaismus seinen künstlerischen Gegenstand, der ihm wenigstens potentiell die größte Chance zur Artikulation eingeräumt hatte. Die Populargraphik aber, an die die Vergegenwärtigung der Juden im Bild überging, verblieb, um dem Folgenden vorzugreifen, bei der äußeren Kennzeichnung und führte damit einerseits den Anachronismus in der formalen Bewältigung der Judendarstellung bis an die Schwelle der Neuzeit, wie sie andererseits davon zeugt, daß die im modernen antijüdischen Bild erreichte Qualität des Denunziatorischen der vormodernen Zeit aus ihren gesellschaftlichen Voraussetzungen noch fremd war. Seit dem A u f k o m m e n der Graphik im 15. Jahrhundert wurde es möglich, sich in moralisierender, propagandistischer und verunglimpfender Weise der bildlichen Vervielfältigung zu bedienen. In den Glaubenskämpfen zu Beginn des 16. Jahrhunderts zeigte sich zum erstenmal die Bedeutung der Bildpropaganda. Auch der Antijudaismus bediente sich des Mediums, besonders zur Zeit der frühen Hochblüte des Holzschnitts. Es sei etwa die berühmte Schedeische Weltchronik von 1493 erwähnt, die zwei der Hauptvorwürfe, den des Ritualmordes (an Simon von Trient) und der Hostienschändung (am Fall zu Passau von 1477), a u f n i m m t . Gab es auch schon im frühen Holzschnitt genreartige Darstellungen von Juden ohne jede negative T e n d e n z 5 0 , so überwogen im Verlauf der Entwicklung die Graphiken, die die Juden im Zusammenhang mit Geld- und Handelsgeschäften vorführen. Dabei trat allmählich ein Wandel von den einfachen, in naiver Holzschnittmanier gefertigten Blättern zu den reicher ausgestalteten Kupferstichen seit etwa 1600 ein, die sich gerne eines größeren motivischen und anspielungsreichen, auch allegorischen Apparats bedienten. Ausgesprochen verunglimpfend war das Judensaumotiv, das sich in Abständen durch die Jahrhunderte nachweisen läßt und sich aus der mittelalterlichen Plastik herleitet. 5 1 Es fand sich hier vor allem an Kapitellen, an Chorgestühlen, aber auch an Profanbauwerken. Seit der mittelalterlichen Literatur wurden mit dem Schwein viele negative Eigenschaften verbunden, Unkeuschheit, Sündhaftigkeit und Unmoralität allgemein. Da die Auslegungen zum Schwein auf der Grenze zwischen christlicher und mehr allgemein menschlicher Moral standen 5 2 , lag die Verwendung des Motivs für den Andersgläubigen nahe. Hinter der plastischen mittelalterlichen Judensaudarsteilung stand demnach insbesondere die Idee, daß die Juden durch den solcherart dokumentierten Vorgang das Böse in sich aufnehmen. Der negative Bedeutungsgehalt des Tieres für die Juden motivierte erst später, als diese Sinnbezüge nicht mehr durchgängig vertraut und gegenwärtig waren, wie zur Zeit der Flugblattgraphik, zusätzlich oder ausschließlich zu solchen Darstellungen. Wegen der reichen negativen Assoziationsmöglichkeit wurde das Schwein im Flugblatt, mitunter in Form des Reitmotivs, auch häufiger zur Kritik an Nichtjuden verwandt. (Andererseits kannte die mittelalterliche Kunst im Einzelfall das Reitmotiv, um das verstockte J u d e n t u m zu symbolisieren, indem die Synagoge auf einem Bock oder Esel reitet.) 28

In der Flugblattliteratur tauchen Ritualmordbeschuldigungen, ein besonders heimtückischer und folgenreicher Vorwurf, zum erstenmal im späten 15. Jahrhundert aus Anlaß der Ritualmordgeschichte des Simon von Trient auf. Auf diese entfallen denn auch der weitaus größte Teil der überlieferten Darstellungen mit der Konzentration auf den Ursprungsort des vermeintlichen Geschehens. Der tatsächlichen historischen Situation tragen aber diese sporadischen bildlichen Verweise nur unzulänglich Rechnung. Ritualmordbeschuldigen finden sich in Deutschland schon häufiger seit Anfang des 13. Jahrhunderts (in England und Frankreich noch einhundert Jahre früher); und zur Zeit der größten Judenfeindschaft im Spätmittelalter folgen solche Beschuldigungen in großer Dichte. Die Gleichrangigkeit des Motivs des Ritualmordes und desjenigen der Judensau zu Zwecken der Denunziation geht auch daraus hervor, daß beide gerne auf einem Blatt vereint sind. In bestimmten Gebieten hielten sich Ritualmordbeschuldigungen bis in die Neuzeit und fanden in dem örtlichen Umkreis ländlicher katholischer Gebiete durch graphische, plastische und malerische Mittel Unterstützung. Die mittelalterlichen, aus dem Mißbrauch der Eucharistie sich entwickelnden Vorwürfe der Hostienschändung haben bildlich eine ältere, in der Miniatur- und Tafelmalerei des 14. Jahrhunderts gründende Tradition; erste Beispiele stammen aus der Zeit um 1 3 0 0 . Hostienfrevel war dabei unabhängig von Anschuldigungen, die Juden betrafen, eine sehr verbreitete Erscheinung des Spätmittelalters. 5 3 Nur selten graphisch oder malerisch behandelt, ist auch in diesem Fall eine Wiederbelebung bis in die Neuzeit zu beobachten. Während man also bei diesem Gegenstand zur Motivierung der Judenfeindschaft auf frühere zur Legende gewordene Geschichten zurückgriff, wurden die Ritualmordbeschuldigungen neu, aus der eigenen Zeit heraus, erhoben, was ihnen eine ganz andere denunziatorische Wirkung gab. 5 4 Einen generalisierenden Charakter weisen andere auf Juden bezogene Flugblätter auf. In moralisierenden, allegorisierenden Darstellungen des 16. und 17. Jahrhunderts werden Laster und lasterhaftes Verhalten an den verschiedenen Standesvertretern oder in gleichnishafter Form mitunter unter Aufnahme von Juden exemplifiziert. In seltenen Fällen können die Juden auch allein in ihrem verwerflichen Tun vorgeführt und der Höllenstrafe überantwortet werden. Als Widersacher der wahren Kirche erscheinen die eigenen Glaubensgegner, wie die Calvinisten, zusammen mit den Türken und den Juden. Den durch ökonomische Krisen und die fortwährenden Kriegsnöte entstandenen vermehrten Geldbedarf versuchte man unter anderem mittels der Beschneidung von Münzen zu befriedigen. An diesen Praktiken, wie an den Wuchergeschäften, waren Juden, allerdings in einem noch größeren Umfang Nichtjuden beteiligt. Über dieses Verhältnis klären auch die Flugblätter auf. An das mittelalterliche Streitgespräch erinnern Holzschnitte, die disputierende jüdische und christliche Gelehrte vereinen. Ebenfalls frei von direkter, bildlich vermittelter Polemik sind die chronikartigen Darstellungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert mit Hinrichtungsszenen, Plünderungen und Vertreibungen, die Juden betreffen, und auf denen Zuschauer und

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Betroffene in panoramaartiger Anordnung als winzige Figuren wie nach Regieanweisung zu choreographischen Gebilden geordnet sind. Die Texte hierzu halten ebenfalls in der Regel den nüchternen, protokollarischen Ton bei. Mehr sachlich, registrierend, nun auch in inhaltlicher Hinsicht, sind die nach 1700 häufigeren Graphiken zu jüdischen religiösen und sonstigen Bräuchen und die Trachten-, Kaufruf- und Genredarstellungen (Abb. 1 8 2 - 1 8 9 ) . Wesentlich ist, gerade im Hinblick auf den gegen 1800 eintretenden Wandel, daß sich auch auf den kritischen und denunzierenden Flugblättern die Negativtendenz kaum unmittelbar mitteilt, sondern aus dem inhaltlichen Zusammenhang erschlossen werden m u ß ; denn die Juden selbst sind nicht negativ gekennzeichnet. Die Identifizierung erfolgt über den Judenhut, den Judenring, mitunter die Barttracht oder die Kleidung. Nur selten wird über die Hakennase andeutungsweise eine physische Kennzeichnung versucht, die aber nicht zu einem physiognomischen Bild vom Juden führt - es ist die gleiche Situation, die schon für die mittelalterliche Buchmalerei galt. Eine direkte optische Vermittlung des Gemeinten, die Demonstration der Schlechtigkeit oder Sündhaftigkeit der Juden, erfolgt — aufgrund des vertrauten, prägnanten Bildmotivs — bei den krassen Judensauund Ritualmorddarstellungen. Andere Blätter wiederum erfordern entweder eine um so größere interpretatorische Arbeit, sofern sie den Inhalt in einer überladenen allegorischen Sprache wiedergeben, oder sie verraten ihre Tendenz allein aus der Legende. In Einzelfällen erscheinen über den Judenring identifizierbare Juden in Teufelsgestalt (siehe hierzu den letzten Abschnitt dieses Kapitels). Die Flugblätter mit Judenmotiven dürfen nicht isoliert gesehen, sondern müssen qualitativ und quantitativ auf das sonstige satirische und propagandistische Bildgut bezogen werden. Daß kaum eine Berufsgruppe und kaum ein Stand in den moralisierenden Darstellungen von der Kritik ausgenommen wurde, zeigen ja schon die Blätter, die in das Gesellschaftspanorama die Juden mitaufnehmen. Insoweit wurde ihnen die gleiche Behandlung zuteil wie den Mitgliedern der Ständeordnung. Die Juden waren aber gar nicht vorrangig angesprochen. In den Lasterkatalogen, die die Laster, die menschlichen Gebrechen ordneten und bewerteten 5 5 , fehlen die Juden fast gänzlich. Allenfalls könnte generell angemerkt werden, daß bei den Ständen nur Schwächen und Auswüchse innerhalb derselben in Frage standen, die Judenkritik dagegen stärker dahin tendierte, die ganze Glaubensgemeinschaft in Sippenhaft zu nehmen. Doch daß die Kritik an den Zeiterscheinungen vorrangig die allgemeine menschliche Verderbnis meinte, gleich auf welche Gruppe oder Institution bezogen, konnte auch für die Judendarstellungen gelten. Allgemein spielt im populären Flugblatt die Satire auf Juden quantitativ eine unverhältnismäßig geringe Rolle. Noch nicht einmal ein Prozent der überlieferten Flugschriften befaßt sich mit dem Thema „Jude". Man braucht kein „quantifizierungsgeneigte(r) Historiker" 5 6 zu sein — wobei dieses Deutsch wohl eine Geringschätzung einer entsprechenden Neigung signalisieren soll —, um dieser Tatsache, zusammen mit dem inhaltlichen Befund, eine erhebliche Bedeutung zur

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Bestimmung des Stellenwerts dieser Quellen beizumessen. Und das um so mehr, als damit auch der qualitative Rang, die gleichermaßen geringe historische Bedeutung der die Juden betreffenden Flugschriften angezeigt ist. 57 Wenn also die antijüdischen Flugschriften des 16. und 17. Jahrhunderts Gegenstand der Betrachtungen sind, ist zu ihrer historischen Einordnung, wie das ja auch sonst gilt, die Gesamtsituation des Mediums, des Quellenbestandes, in inhaltlicher und quantitativer Hinsicht in Betracht zu ziehen. 5 8 Auch hier sei offengelassen, ob die aggressiven antijüdischen Blätter gegebenenfalls mitunter einen weiteren Wirkungsradius, einen intensiveren Wirkungsgrad hatten als solche, die sich nicht auf Juden bezogen. Wichtig für die Reaktion wird aber nicht zuletzt auch die jeweilige persönliche Interessenlage gewesen sein. Und die brauchte durch antijüdische Schmähungen nicht betroffen gewesen zu sein. Die ausschließliche Assoziierung von Wuchergeschäften mit Juden, wie sie heute meistens als historisches F a k t u m formuliert wird, bestand nicht. Man trug der Tatsache, daß es besonders profitsüchtige christliche Geldverleiher gab, ausgiebig Rechnung. Schriftliche, dramatische und bildliche Äußerungen hierzu gibt es in großer Zahl. „Daß die christlichen Wucherer schlimmer seien als die J u d e n " , ist eine Klage, „die bei Moralisten und Satirikern sehr häufig wiederkehrt." 5 9 Sofern diese Klage mit dem Hinweis auf die Juden erfolgt, kann daraus gefolgert werden, daß primär doch ein Vorstellungskomplex von Wucherei und Jude bestand. Die häufige explizite und kritische Registrierung des davon Abweichenden bleibt jedoch ein wichtiges F a k t u m . 6 0 Das rücksichtslose Geschäftsgebaren von christlichen Handelsfirmen und Kaufleuten wurde aber auch ohne den relativierenden Hinweis auf die Juden sehr häufig festgestellt. Anfang des 14. Jahrhunderts wurden die Lombarden wegen ihrer Geldgeschäfte aus Lüttich vertrieben 6 1 , und später erhielt der Begriff Fuggerei geradezu den Rang eines Synonyms für Wucherei. Konsequenterweise galt das entsprechend für die Fuggermütze im bildlichen Kontext. Im 17. Jahrhundert häufen sich die schriftlichen und bildlichen Belege für jede Form von materieller Betrügerei und Geldmißbrauch. Das Flugblatt beschäftigte sich mit dieser Thematik besonders gern und fand hier zu immer neuen Bildlösungen. Zur Symbolisierung des verruchten, alle Menschen betreffenden und verführenden Geldes greift man zu gräßlichen Teufelsungeheuern, zur Personifikation eines alten, verkrüppelten Mannes mit Teufelsattributen (der als Geldsiech eine stehende Figur der Zeit war), zur Allegorie einer häßlichen, der FrauWelt-Symbolik angenäherten Frauengestalt. Heftige Anklagen, Verwünschungen und Strafen gelten denjenigen, die sich unrechtmäßig oder unter Ausnützung ihrer Position bereicherten. In dieses Panorama einer verderbten Welt sind mitunter auch Juden aufgenommen. Unabhängig davon gab es manifeste Vorstellungen vom jüdischen Wucherer. Das trifft noch mehr für die frühere Zeit, das Spätmittelalter zu und hat weiter zurückliegende Wurzeln. Unter anderem hatte sich ja schon Bernhard von Clairvaux gegen den jüdischen Wucher geäußert. Im verstärkt judenfeindlichen Spät-

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mittelalter bot dann besonders die partiell herausgehobene Position der Juden im Geldhandel die dankbar aufgegriffene Möglichkeit, den religiös fundierten Antijudaismus mit ökonomischen Argumenten zu stützen und zu schüren; wie andererseits wirtschaftliche und soziale Gründe - Wirtschaftsneid, drückende Schuldenlast, Fürstenhaß - antijüdische und mitunter theologisch bemäntelte Reaktionen und Verfolgungen provozieren k o n n t e n . Ein Widerhall davon findet sich im weltlichen und geistlichen Schauspiel. So nimmt sich die Standessatire der Fastnachtspiele des 16. Jahrhunderts, neben anderen Berufsgruppen, gerne des wucherischen Juden an. Und im Passionsspiel, zeitlich vorangehend und das Fastnachtspiel beeinflussend, wird zuweilen der Gedanke des feilschenden Juden über die Figur des Judas verarbeitet. Ins Feuilletonistische dagegen führt es, wenn vom „Urbild" des jüdischen Wucherers geredet wird, hinter dem sich „die Umrisse eines anderen Urbilds abzeichneten, des von Judas Ischariot, dem Mann mit den dreißig Silberlingen". 6 3 Auch der Versuch, konkret die Judasfigur der bildenden Kunst unter der Perspektive der Judenfeindschaft der Zeit zu sehen, mißlingt, wie e r w ä h n t 6 4 , so gut wie ganz. Die häufige Zuwendung zu allen Bereichen des Materiellen, über die direkten Angriffe auf Personen und Gruppen hinaus, ergab sich schon aus der gerne vorgenommenen gleichnishaften Bearbeitung der Kritik am Reichtum. Die Darstellung zum Beispiel des reichen Mannes in Hans Holbeins Bildern des Todes meint die Wucherei allgemein (im Basler Totentanz dagegen ist der Wucherer ein Jude), keine bestimmte religiöse oder Berufsgruppe - trotz der Fuggermütze, die der reiche Mann trägt und die also seine Zuordnung zur Christengemeinschaft erforderte. Es steht dahinter die Mahnung, über den angehäuften Besitz nicht sein Seelenheil zu vergessen. Bestätigt wird das in diesem Fall durch den Hinweis im begleitenden Text der Erstausgabe von 1538 auf das 12. Kapitel von Lukas (Vers 20): „Du Narr, noch in dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und was du angehäuft hast, für wen wird es sein?". Aber diese moralische Mahnung hatte ihren Sinn und ihre Berechtigung aus den Zeitverhältnissen. Reicht u m , Materialismus, Habsucht wurden wie kein Übel der Zeit angeprangert (ein Übel, das dann später, im 17. Jahrhundert, aus den Kriegsnöten heraus eine besondere Bedrängnis bekam). „Überall klingt uns aus der Literatur und den Chroniken jener Zeit der bittere Haß auf die Reichen, die Klage über die Habgier der Großen entgegen, vom Sprichtwort bis zum frommen T r a k t a t . " 6 5 Das berührt die zentrale Frage des Verhältnisses des spätmittelalterlichen Menschen zur Kirche und zum religiösen Leben. Die Suche nach neuen Glaubensinhalten, einer vertieften Frömmigkeit — die sich in der Kunst in den Passionsbildern ihren intensiven Ausdruck geschaffen hatte - führte zu der Kritik eines veräußerlichten Lebens, deren Adressat nicht zuletzt die Kirche war. Hieraus erklärt sich, daß seit dem 14. Jahrhundert eine kritische Sicht von Papst und Kirche möglich war und sich die Belege dafür in der vorreformatorischen Zeit häuf e n . 6 6 In den konfessionellen Kämpfen des 16. Jahrhunderts trat die Frage der praktizierten Frömmigkeit immer mehr gegenüber der reinen Auseinandersetzung

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zwischen den Glaubensgegnern zurück, wenn auch das materielle Argument weiterhin eine wichtige Rolle spielte. Diese Kämpfe begleitete die Bildpolemik, die von der Bildpropaganda des dreißigjährigen Krieges wieder aufgegriffen wurde. In einer unübersehbaren Flut von Flugblättern schreckten die Parteien vor keiner, von tiefem Ressentiment getragenen Verunglimpfung und Unflätigkeit zurück. Dazu gehörte unter anderem das auf den Papst bezogene Judensaumotiv, wobei auch gerne, mittels etymologischer Annäherung, Jesuiten und Sau assoziiert wurden. 6 7 Also gerade die Zeit, die noch relativ am häufigsten antijüdische Flugblätter hervorbrachte, war primär von anderen Dingen absorbiert und wurde visuell mit ganz anderem Bildgut versorgt. Es läßt sich hieran noch die Frage anknüpfen nach der Wirkung der verleumderischen Satiren auf die Zeitgenossen, nach dem Empfinden, den Einstellungsweisen der Menschen in jener Epoche. Auf Darstellungen, die uns heute obszön und gewalttätig anmuten, reagierte eine gefühlsmäßig viel rohere und abgestumpftere Zeit sicherlich anders, gleichgültiger. 68 Die profane Dichtung des Spätmittelalters, voran das Fastnachtspiel, hatte mit Vorliebe die Zote und Motive aus dem Bereich des Analen und der Fäkalien verwendet, ohne daß daran je, von extremen Fällen abgesehen, größerer Anstoß genommen worden wäre. Erst im 19. Jahrhundert k o n n t e , das sei hier angenommen, eine Judensaudarstellung, wie sie sich als Frontispiz in der antijüdischen Publikation „Die Judenschule" von Hartwig Hundt-Radowsky von 1822 und in den weiteren Auflagen von 1823 und 1830 findet (Abb. 11), als deplaciert e m p f u n d e n werden ganz gleich, wie man zum Inhalt stand. Obwohl sich die Darstellung durch die überkommene starre Bildform als eine historische Reminiszenz zu erkennen gibt und antiquiert wirkt, erweist sie in der Art der physischen Definierung der Juden ihre Modernität. Der antijüdischen Polemik des 19. Jahrhunderts schien es in aller Regel zweckmäßiger, sich dieser neuen Möglichkeit der Denunziation über das körperliche Erscheinungsbild in einem nachvollziehbaren szenischen Zusammenhang zu bedienen, als mit den Mitteln einer überholten Bildsprache. 69 Die Möglichkeit der Historisierung als bewußt kalkulierte Strategie fiel deshalb nicht fort, ihr war jetzt erst eigentlich die Wirkung gesichert. Zur Frage der Verteufelung und sogenannten Dämonisierung der Juden sei, da sich in der modernen, mit der Emanzipation einsetzenden Epoche das Problem noch einmal stellt, im gegebenen Rahmen auf folgendes verwiesen. 70 Zur Begründung und religiös-theologischen Fundierung der Ansicht der Verteufelung der Juden und ihrer Gleichsetzung mit dem Teufel wird darauf verwiesen, daß nach der christlichen Überlieferung für Jesu die zwei unerbittlichsten Feinde der Teufel und die Juden gewesen seien, was es unvermeidlich machte, daß in der Folge ein kausaler Zusammenhang zwischen beiden hergestellt wurde. Die Verknüpfung von Teufel und Jude erfolgt im Johannesevangelium und indirekt in der Offenbarung Johannis, schon soweit sollte nicht von einer durchgehenden diesbezüglichen christlich-neutestamentlichen Überlieferung gesprochen werden.

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Die Abneigung gegen die Juden bei Johannes aber meint keine prinzipielle Verteufelung und Verworfenheit der Juden; Johannes nennt die Juden nicht Teufelssöhne, „weil sie Juden sind, sondern weil sie ,Werke' t u n , wie sie dem Teufel gemäß sind und von ihm intendiert werden. Täten sie das, was Gott getan haben will, so wären sie eben Gottes ,Kinder'." 7 1 So bleiben die Juden „Glieder der f a m i l i a " 7 2 , deren Vater Jesu ist. Auch bei abweichender Akzentuierung wird bet o n t , daß die johanneischen Formulierungen keinen Antisemitismus bedeuten, sondern den Wunsch ausdrücken, den „Absolutheitsanspruch des Christentums theologisch zu fixieren"73. In der religionsgeschichtlichen Entwicklung verunklärten sich diese Zusammenhänge; die gnostische und manichäische Tradition konnte das ihre dazu beitragen. Und natürlich b o t sich prinzipiell den Judengegnern die nur zu gerne genutzte Möglichkeit, Johannes gegen die Juden auszuspielen, Sätze zu isolieren und zu verabsolutieren, für das Ganze zu nehmen. Auch Paulus mußte sich (und m u ß es sich bis heute) gefallen lassen,daß einige Formulierungen herausgegriffen, aus der historischen Situation und der heilsgeschichtlichen Konzeption zu verstehende antijüdische Polemiken entstellt und ganz anderen Zielen zugeführt, daß Paulus' tief verwurzelter eschatologischer Glaube, die Betonung der Zusammengehörigkeit von Juden- und Christentum, ignoriert wurden. 7 4 Sicherlich wird es immer wieder irrationale, aus dem magischen Sakramentalismus zu erklärende Abneigungen gegen die Juden gegeben haben. Die Voraussetzungen hierfür ergaben sich aus dem naheliegenden Sachverhalt, daß sich Kirche und Synagoge im Mittelalter als zwei sakramentale Heilsanstalten verstanden, „von denen jede im Namen des wahren Gottes zu handeln vorgibt und von denen darum jede die andere dem Teufel preisgibt". 7 5 Im Neuen Testament wie im christlich-abendländischen Denken insgesamt k o m m t dem Teufel als Widersacher Gottes, als Feind und Versucher der Menschen und als Symbol des stets aufs neue drohenden Abfalls der Welt von Gott ein zentraler Platz zu. Das gute und das böse Prinzip bedingen sich, was die unaufhebbare Dualität von Gott und Teufel begründet. 7 6 Aus der Tatsache, daß der Mensch den steten Anfeindungen des Bösen ausgesetzt ist, ergab es sich, daß der Teufel zur Kennzeichnung und als Assistenzfigur jeden Gegners, den man mit den bösen Mächten im Bunde wähnte oder wähnen wollte, benutzt wurde. Von einer solchen Zuordnung waren die Juden nicht ausgenommen; sie erfolgte in diesem Fall wegen ihrer Verweigerung, den Wahrheitsanspruch der Kirche anzuerkennen, im gegebenen Fall besonders gern. Die Taufe aber befreite in aller Regel den Anders- oder Nichtgläubigen - und das galt prinzipiell genauso für die Juden - augenblicklich von seinem negativen Sonderstatus. „While neither language nor general law nor social considerations placed any obstacle in the way of a full assimilation of the Jews, such assimilation was never accomplished. For the medieval Jew it was attainable only through conversion to Christianity." 7 7 Und: „The sole ground for antagonism against t h e m [die Juden] was their refusal to recognize Christ and to accept his teachings." 7 8 So konnten die Juden nicht

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allgemein die Inkarnation des Teuflischen gewesen sein. Die Gestalt des Teufels blieb immer austauschbar in ihrer Funktion der verstärkenden Negativzeichnung jedes Verworfenen oder zu Verführenden oder der jeweiligen Gegenpartei. Schon allein aus der ihm zukommenden - herausragenden - Stellung als Verkörperung des Prinzips des Bösen konnte der Teufel nicht qualitativ mit einer Person oder Gruppe zur Deckungsgleichheit gelangen. Für den Umgang des Mittelalters mit dem Teufel liefert das Schauspiel, vor allem das geistliche Drama, reiches Anschauungsmaterial. Breit wird hier die Doppelrolle des Teufels vorgeführt: Er ist Urheber und Beförderer aller Sünden und der Richter über die Sünder. 7 9 Da alles Böse auf den Teufel zurückzuführen ist, zeigte man die verwerflich handelnden Personen in unterschiedlichsten szenischen Arrangements 8 0 mit Vorliebe als vom Teufel verführt. Um Juden mit Teufeln szenisch zu verknüpfen, waren die Möglichkeiten beschränkt. In den Passionsszenen wiegelt mitunter das Teufelsgesindel die Juden gegen Christus auf. 8 1 In einen engeren Zusammenhang bringen das Fritzlaer Passionsspiel und die Frankfurter Dirigierrolle Teufel und Juden. Dies erfolgt dadurch, daß beide Gruppen getrennt und aufeinander bezogen agieren. Und im Luzerner Passionsspiel tanzen die Teufel vor der Hölle und die Juden vor dem Goldenen Kalb. 8 2 Am deutlichsten k o m m t das Verhältnis der Zeit zum Teufel in den Teufelsspielen zum Ausdrück, die sich in der Regel den Höllenfahrtsszenen der Osterspiele oder der Passionsspiele anschlossen. Sie dienten der Mahnung, sich der steten Verführbarkeit durch das Böse bewußt zu bleiben. In dem vollkommensten der Teufelsspiele, dem zum Redentiner Osterspiel, werden zur Beute des Teufels und entsprechend mit schweren Strafen belegt neben der Geistlichkeit so gut wie alle Berufsgruppen. 8 3 Andere Teufelsspiele vermehren noch die Zahl der Verworfenen; so fehlt im Innsbrucker Osterspiel als Opfer Luzifers und seiner teuflischen Helfershelfer vollends kaum noch ein Vertreter der höheren und niederen Stände. 8 4 Juden fehlen in all diesen Spielen. Zwarkönnen Juden, wie im Rheinauer Weltgerichtsspiel, zusammen mit Christen und Heiden am Jüngsten Tag in die Hölle geführt werden; aber ein „religiöses Vorurteil gegen die Juden . . . ist unter den Teufeln nicht a n z u t r e f f e n " 8 5 . Das lag vorrangig an den neutestamentlichen Voraussetzungen, auf denen die Teufelsszenen basierten, und der damit verbundenen Bedeutung der Teufelsrolle etwa beim Sturz der Engel, bei der Versuchung Christi, der Höllenfahrt Christi, der Wiederbevölkerung der Hölle, beim Jüngsten Gericht. In den Osterspielen selbst nehmen die Juden vor allem ihren klassischen Part in der Auferstehungsszene wahr, wo sie Pilatus um eine Grabwache bitten. Dabei werden sie in ihrer „geschäftigen Angst", daß Jesu doch auferstehen könnte oder auferstanden sein könnte, mit viel Ironie als verstörte und lavierende Gesellen vorgeführt. 8 6 Eine solche auch sonst im Drama verbreitete Haltung gegenüber den Juden war kaum aus Furcht geboren, eher aus dem Gefühl der Überlegenheit, aber auch einer gewissen Akzeptanz dieser Gruppe. Charakteristisch für die Behandlung der Juden in den Teufelsszenen der Dramen ist auch das Alsfelder

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Spiel. In der ersten Fassung dieses besonders judenfeindlichen Spiels wird grell die Rolle der Juden als Schergen Jesu ausgebreitet, nachdem sie schon zuvor sein Wirken abfällig kommentierten. Zu den Passionsszenen gehört auch das Teufelsgesindel, das die Juden zu ihrem Tun anstachelt. Dabei geht es recht turbulent zu, und der burlesken Komik wird breiter Raum gegeben. Für die folgenden Aufführungen erstellte man eine neue Fassung des Dramas, um zu Lasten dieser Szenen die Auftritte der Teufel in anderen Bezügen zu vermehren. Nun gewannen die neuen Teufelsszenen mit den eindringlichen Moralpredigten einen beklemmenden Ernst. 88 Auch ein Blick auf das historische und nichtdramatische literarische Material zum Teufel läßt eher auf eine Unterrepräsentanz der Juden — im Vergleich zu den Anfeindungen, denen sie im Spätmittelalter ausgesetzt waren, — in diesem Kontext schließen. In dem zweibändigen Quellenwerk von Gustav Roskoff über die Geschichte des Teufels finden sich in der Fülle des ausgebreiteten Materials nur sporadische Hinweise auf Juden. Zu diesen gehören, daß die Juden zur Zeit der Pest und der Pogrome, als sie der Brunnenvergiftung beschuldigt und damit für den schwarzen Tod verantwortlich gemacht wurden, ihr, ihnen unterstelltes, unheilvolles Werk zuweilen im Dienst des Teufels verrichteten. 89 Diese Greuelmärchen wurden eben bewußt zur Rechtfertigung und Verschärfung der bestimmten antijüdischen Kampagnen in die Welt gesetzt. Einen guten Einblick in die legendenartigen Erzählungen gewährt die Quellensammlung von Joseph Klapper „Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und lateinischem Urtext" von 1914, die, basierend auf einer Handschrift aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, 211 Erzählungen enthält. In zehn davon kommen Juden vor (wobei sie fast immer, nachdem sie frevlerische Taten begangen haben, durch ein nachfolgendes Marienwunder bekehrt werden) und in einer der Legenden, der bekannten Theophilussage, werden Jude und Teufel in einem Nebenmotiv erzählerisch verknüpft, indem jener den Pakt zwischen dem Bischof Theophilus und dem Teufel vermittelt. In vierzig weiteren Erzählungen dieser Sammlung treibt der Teufel sein Unwesen, ohne daß hier Juden noch einmal Erwähnung fänden. In anderen Volkssagen mochte es vorkommen, daß ein jüdischer Wucherer, der, vom Teufel fortgeschleppt, der Höllenpein überantwortet wird, diese um einen Grad intensiver erdulden mußte als seine nichtjüdischen Leidensgenossen. 90 Im 16. Jahrhundert, einer Zeit verstärkter Dämonenfurcht, war die literarische Bearbeitung des Teufels- und Dämonenglaubens vom geistlichen Schauspiel und vom älteren Fastnachtspiel insbesondere auf die Teufelsbücher übergegangen. Auf der Teufelsliteratur lastete mehr als im früheren Drama „von Beginn an . . . die furchtbar bedrückende, bohrende metaphysische Auffassung, daß .niemand seiner Sünden Straff entfliehe' " 9 1 . Diese Teufelsbücher fanden eine ungewöhnliche Verbreitung; ihre Streuung muß „eine für die damaligen Verhältnisse exorbitant hohe und dichte gewesen sein... Nur bei solchen Voraussetzungen lassen sich zeitgenössische Urteile über den bedrohlichen Grad der unter der Bevölkerung herrschenden, lang anhaltenden Dämomanie erklären." 92 Die Juden

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allerdings sparte diese Literatur aus. Daß das Wirken des Teufels auch im Drama des 16. Jahrhunderts an Intensität gewinnt, erklärt sich auch hier nicht zuletzt aus dem verschärften Gegensatz von alter und neuer Lehre. Um jeder Sünde und jedem Stand einen entsprechenden Teufel zuzuordnen, schuf man ein ganzes Arsenal von Spezial- und Unterteufeln, so im Frankfurter „Theatrum diabolorum" von 1575. 9 3 Andere Quellen des 16. Jahrhunderts, die dem protestantischen Schrifttum zuzuzählenden Teufelserzählungen, geben ein vergleichbares Bild. Diese Erzählungen sind in einer sehr großen Zahl überliefert; eine Zusammenstellung führt nicht weniger als 849 solcher Legenden auf. 9 4 Der Teufel, der in vielerlei Gestalt auftritt, sich auf allerlei Zauberpraktiken und eine große Schar von Zaubergesellen stützen kann, rächt grausam die Vergehen und Freveltaten der Menschen, stürzt sie gar ganz unmotiviert ins Unglück. In zwei Fällen gehören Juden zu den Opfern des Teufels und in zwei anderen übernehmen sie selber assistierend als Zauberer eine negative Aufgabe. Was den Bildbereich betrifft, so sei an die Ausführungen zum Bild vom Juden in der profanen und christlichen Kunst erinnert und zusätzlich folgendes angemerkt: Der Teufel und der Dämonenglaube regten in der europäischen Kunst die bildliche Phantasie zu einer unübersehbaren Fülle von Gestaltäußerungen an. Die Voraussetzungen lagen in der Bibel wie in der Kirche selbst. „Die ganze Disziplin und Technik der katholischen Kirche strebte, die Schrecken der diesseitigen und jenseitigen Strafen und die Mittel der Kirche, gegenüber der göttlichen Strafgerechtigkeit, zu vermehren. Spezialisierte Lehren von den mannigfachen Strafen der Hölle und des Fegefeuers waren den Sünden angepaßt . . . Dieser Apparat jenseitiger Strafen wurde durch Dichtung und bildende Kunst dem mittelalterlichen Menschen vertraut und sinnlich glaubwürdig gemacht." 9 5 An Drastik und Unmittelbarkeit war dabei das Bild dem Wort überlegen. Nach dem ersten Höhepunkt zur Zeit der Romanik und der Gotik, die die Kathedralen mit dämonenhaften Wesen, mit Teufeln und tierhaften Gestalten, bevölkerten, treten die Nachfolge vorrangig die Malerei, die Graphik und die Buchillustration an, mit ihren Höllenvisionen, den Versuchungsszenen, den Gerichtsdarstellungen, solchen von dämonischen Ungeheuern aller Art, von Hexen- und Zauberpraktiken - wobei immer wieder die Frau als die „eternelle complice du d e m o n " 9 6 erscheint —, von heidnisch-magischen Bräuchen. Hinweise auf Juden sind in diesem ganzen Komplex eine irrelevante Größe. Bei den Darstellungen, die auf biblische Quellen zurückgehen, war das ja — genauso wie im Drama - gar nicht anders zu erwarten; das gilt aber auch aus den genannten Voraussetzungen für die Darstellungen, die dem Aberglauben und der Dämonenfurcht der eigenen Zeit Ausdruck gaben. Das Werk, das die christlich-mittelalterliche Gedankenwelt zusammenfaßt und die gewaltigsten Höllenvisionen enthält, Dantes „Göttliche Komödie", spart die Juden gänzlich aus diesem Bereich aus, um dafür im weiteren Verlauf „die Concordia in immer neuen Allegorien und Sinnbildern" 9 7 zu feiern. In den zahlreichen Gerichtsdarstellungen sind Juden nur selten zu identifizieren, sofern das aber der Fall ist, damit ja nur ihre Gleichbehandlung, ihre Zugehörigkeit zur

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Solidargemeinschaft der Verdammten dokumentiert wird. Zu den vereinzelten Beispielen gehören Miniaturen aus französischen Bilderbibeln, wo etwa ein Jude, der sich der Ecclesia widersetzt, von einem Teufel ergriffen wird, in einem anderen Fall Christus selbst die Sünder in die Hölle stößt, unter ihnen eine Schar von Juden. Auch auf der Höllendarstellung aus dem Hortus Deliciarum der Herrad von Landsberg, u m 1170 entstanden, ist ausnahmsweise eines der vielen Kompartimente für die Verdammten den Juden vorbehalten. Die Isolierung solcher Einzelmotive gibt gar keinen Sinn. Wie die Bilderbibeln insgesamt als typologischen Grundgedanken die Idee der Zusammengehörigkeit der beiden Religionen betonten, so ist der Hortus Deliciarum außer von den großen mittelalterlichen Enzyklopädien von den christlichen Hoheliedkommentaren geprägt, wozu die Vorstellung der endzeitlichen Bekehrung der Synagoge gehört. So war nicht, hier wie sonst, das Schicksal der Juden als Mörder Christi und als vermeintliche Bundesgenossen des Teufels ewige Verdammnis. Die Erbsünde, die dem Erlösungswerk Christi ihren Sinn verlieh, lastete auf allen Menschen. Insofern bestand kein Unterschied zwischen Juden und Christen. In die Hölle konnte nur der k o m m e n , dem auch prinzipiell der Weg der Gnade offenstand (oder offengestanden hätte). 9 8 Ebensowenig ist über das äußere Erscheinungsbild eine Interdependenz von Teufel und Jude, als Zeichen der inneren Verwandtschaft, zu formulieren. Darüber darf auch die Übertragung von Teufelsattributen auf die Juden in manchen populären Graphiken nicht hinwegtäuschen. Erfolgt eine Verteufelung der Juden etwa mittels Hörnern, so dient hier ein Zeichen, die Hörner, als bloßes austauschbares attributivisches Mittel zur Steigerung der Invektive. Die Hörner sind ein integraler Bestandteil des Begriffs Teufel, aber nicht des Begriffs Jude und auf diesen nur im gegebenen Fall zu übertragen. Entsprechend wurde mitunter in der religiösen propagandistischen Graphik während der Glaubenskämpfe bis in die Zeit des dreißigjährigen Krieges der Gegner als Teufel gezeigt. (Solche Darstellungen finden sich nur deshalb nicht allzu häufig, weil es einfacher und bildwirksamer war, der attackierten Person die Menschengestalt zu belassen und sie mit teuflischen Ungeheuern zu umgeben oder das menschliche Antlitz zur bösen grotesken Maske zu entstellen.) Physiognomisch ist eine Abhängigkeit zwischen Teufel und Jude genauso wenig zu konstatieren. Da der Teufel mit jeder Person und jedem Stand assoziiert wurde, auf der Bühne in den unterschiedlichsten Masken agierte und den Verdammten oder Besessenen zugeordnet war und Juden ohnehin in der vormodernen Zeit nur in den geringsten Fällen über das Körperbild zu definieren versucht wurden - aus all diesen Gründen kann formengeschichtlich und formentypologisch keine Verbindung zwischen Teufel und Jude hergestellt werden. Auch die historische Entwicklung der äußeren Gestalt des Teufels und der Auffassung von d i e s e r " liefert hierfür keine Anhaltspunkte. Andererseits kannte schon das Mittelalter, um zu e r i n n e r n 1 0 0 , die Beschreibung jüdischer, aus der Realität gezogener, aber tendenziös umgeformter physiognomischer Merkmale.

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In den hier vorliegenden Komplex gehört die Antichristthematik. Sie enthält die Idee, daß das satanische Prinzip noch einmal als widergöttliche Macht, bevor sie von Christus endgültig überwunden wird, in die Welt treten könnte. Ihre Wurzeln liegen im Neuen Testament selbst, vor allem in der Offenbarung Johannis. In einer Zeit verstärkter Endzeiterwartung, wie dem 15. Jahrhundert, fielen solche Gedanken auf fruchtbaren Boden und fanden in Antichristspielen und allgemeinen Weltgerichtszyklen, die aus den geistlichen Schauspielen hervorgingen, literarisch-dramatischen Ausdruck. Und es lag nahe, über die Person des Antichrist auch gegen das Judentum ins Feld zu ziehen und die Juden in seinem Dienst und als seine getreuesten und eifrigsten Gefolgsleute vorzuführen. Zur Schürung der judenfeindlichen Stimmung also eigneten sich solche Szenen gegebenenfalls besonders gut. So mußten bei der Aufführung des Antichristspiels von 1469 in Frankfurt sogar Schutzmaßnahmen für das Judenviertel getroffen werden. 101 Auch die Fastnachtspiele setzten in der Bearbeitung der Antichristthematik mitunter äußerst judenfeindliche Akzente, allen voran das verbreitete Spiel vom „Herzog von Burgund" 1 0 2 . Bildliche, illustrative Belege sind selten. So kann in den umfangreichen Zyklen der in Blockbüchern zusammengefaßten Traktate vom Antichrist und den fünfzehn Zeichen auch einmal ein Zauberer, bei dem der Antichrist in die Lehre geht, ein Jude sein. Der im Schauspiel ausgebreitete Antichriststoff vermag sich in seinem erzählerischen und dramatischen Reichtum keinen vergleichbaren Ausdruck im Bild zu schaffen. Es bleibt deshalb für diesen Zusammenhang ohne Bedeutung. Daß nun in manchen Fällen die Antichristspiele als Hebel zur Aufwiegelung, als antijüdisches Instrument und zur Steigerung antijüdischer Ressentiments benutzt wurden, ist nicht mit einer davon losgelösten prinzipiellen Dämonisierung der Juden gleichzusetzen, einer „Urangst" ihnen gegenüber, als wenn sie - eine gedrückt lebende Minderheit — als apokalyptische Reiter übers Land gezogen und „mit dem Wüten des Urbösen in der Endzeit" 1 0 3 zusammen geschaut worden wären. Als Ausgeburt des Bösen und damit als Inkarnation des Antichrist erkannte man im Laufe der Geschichte immer wieder andere Mächte. Der Ursprung und die spätere Verwendung der Antichristthematik verdeutlichen das. Der Urtypus der Antichristspiele, der Ludus de Antichristo aus der Mitte des 12. Jahrhunderts 1 0 4 , bezieht die Antichristthematik in allgemeiner Form auf die Zeitverhältnisse 105 und setzt die höchsten weltlichen Repräsentanten mit dem Antichrist gleich. Eine solche Gleichsetzung findet sich seitdem, und auf die Geistlichkeit ausgedehnt, immer wieder. 106 Dieser Gebrauch war schon im Neuen Testament vorgebildet. Das Antichristdenken in der Apokalypse bezog sich unter anderem auf das römische Weltreich, das Priestertum des Kaiserkults, den Nero redivivius (Domitian). Und bei Paulus und Johannes weist der antichristliche Widersacher auf den innerchristlichen Konflikt; das Judentum ist hier nicht angesprochen. 107 Das wird auch in der Auslegung durch Augustinus dieser neutestamentlichen Passagen ganz deutlich (Gottesstaat, Buch 20, Kapitel 19). In schweren Zeiten fand der Antichristgedanke vermehrt Zuspruch, wie in Italien zur Zeit

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der Pest 1 3 4 8 . 1 0 8 Ihre größte Ausprägung aber erfuhr die Antichristidee in der reformatorischen schriftlichen und bildlichen Polemik, die den Papst oder die ganze Kirche der Komplizenschaft mit dem Antichrist oder als dessen Inkarnation bezichtigte. Die Propagandawirkung eschatologischer Vorstellungen für die Reformationszeit, in der „die Kirche als Reich des Antichrist, Luther dagegen als Engel der Apokalypse" erschien, war außerordentlich 1 0 9 . Die Juden standen außerhalb dieses Konflikts. Sie sind allenfalls im Ausnahmefall, wie in dem Holzschnitt von Wilhelm Pleydenwurff aus der Schedeischen Weltchronik und ohne bildpropagandistisch ins Gewicht zu fallen, in der Schar der den Endchrist Erwartenden zu identifizieren. Auf die gegenwärtigen Juden wird hier mit diesem für die Bildkomposition und -konzeption akzessorischen Element nicht Bezug genommen; es handelt sich mehr um eine letzte Reminiszenz an das Antichristspiel, das als solches für die Reformationspolemik keine Rolle mehr spielte. Dagegen — und folgerichtig für die auch für die Reformationszeit nicht selten geltende, über die Antithetik von Gesetz und Gnade hinausführende Betonung der Zusammengehörigkeit von Altem und Neuem Testament — konnte es vorkommen, daß die Ankündigung des Endes des Papst-Antichrist von seiten der Reformatoren auf die göttliche Rache an den Peinigern des Volkes Israel (nach Jeremias 14) bezogen wurde. 1 1 0 Das Beispiel ist kennzeichnend für den Entwicklungsstand und die veränderte Situation in jener Zeit - trotz der Verfolgungen und Vertreibungen der Juden und der Tatsache, daß die geistigen Kräfte von den Glaubenskämpfen absorbiert waren. Sicherlich war in dieser Zeit, um festzuhalten, die Toleranzschwelle gegenüber Juden besonders niedrig, der Intensitätsgrad der Verteufelung hier des öfteren stärker als in anderen Fällen, der das Mittelalter beherrschende und sich immer neue Inhalte suchende Glaube an dunkle Mächte über die Figur des Juden leichter freizusetzen. Es handelte sich um die übliche grundsätzliche Situation, daß stets die Andersgläubigen, diejenigen, die nicht der eigenen Kaste und dem eigenen Kult angehörten, schnell der Verteufelung anheimfielen. 1 1 1 Die sakramentale Abneigung wird dazu beigetragen haben, daß irrationale Ängste und die gerne in die Bezirke des Unheimlich-Dämonischen abschweifende Phantasie hier öfters greifen konnten. 1 1 2 Im Guten wie im Bösen galten die Sakramente als mächtige Zaubermittel 1 1 3 ; „der Zaubermißbrauch der Eucharistie (war) ein während des ganzen Mittelalters weit verbreitetes L a s t e r " 1 1 4 . Folgerichtig erlebte, als im 15. Jahrhundert verstärkt der Glaube an dunkle Mächte im Zusammenhang mit den Sakramenten einsetzte, auch die Beschuldigung gegenüber den Juden der Hostienschändung einen großen Aufschwung, wie solche Anschuldigungen im Einzelfall auch in der im Grunde anders orientierten Legendenpolemik des 16. Jahrhunderts vorkommen k o n n t e n l l s . Dazu kam möglicherweise mitunter das Empfinden einer Andersartigkeit der jüdischen Geisteswelt 1 1 6 , was dann den Missionsbemühungen eine zusätzliche Vergeblichkeit gegeben und Aggression und Bitterkeit weiter geschürt hätte. Und fast zwangsläufig war es, daß, ähnlich wie im Fall der Angehörigen der sogenannten unehrlichen Berufe (deren Ver-

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femung ebenfalls einen sakral-magischen Kern aufwies 1 1 7 ) und vor allem der Frau, die Judenschaft meistens insgesamt der Verurteilung anheimfiel, weniger eine individuelle Differenzierung erfolgte. Überhaupt suchte und fand man in der Krisen- und Umbruchzeit des Spätmittelalters verstärkt Schuldige, allen voran die Kirche, auch Teufels- und Antichristgestalten, die Frau, die Juden, die Gestirne. 1 1 8 Das Bewußtsein des mittelalterlichen Menschen aber war nicht beherrschend besetzt von der Vorstellung vom Juden als teuflisches, dämonisches Wesen. Eine die Juden betreffende Okkupierung des Bewußtseins bestand schon generell, unabhängig der Inhalte, nicht. Mitunter gerieten die Juden sicherlich ihren Gegnern zu einer satanischen Gegenmacht. An sich aber waren die Vorstellungsbezirke dieser zentral bewegenden Frage vom Reich und der Herrschaft de£ Bösen, des Satans, des Antichrist, des Fürsten der Welt, der Frau Welt — der „Dämonie Welt", wie man sie genannt hat 1 1 9 — ganz anders besetzt. Gerade das Johannesevangelium, um nur einen Ausgangspunkt zu nennen, erwähnt gleich an mehreren Stellen als Gegenmacht zum Reich Gottes den „Fürsten dieser Welt", der zweite Korintherbrief nennt diesen, außer Satan, sogar den Gott dieser Welt (4, 4). Die Dämonisierung der Juden, oder was man als solche ausgibt, im Mittelalter bezeichnet in der Regel das, was für jene Zeit selbst in den extremen Äußerungen ihre Verworfenheit aus theologischen und religiösen Gründen war oder der Schürung und Rechtfertigung bewußt kalkulierter Kampagnen galt. Daneben ging eine andere Sicht auf Juden und J u d e n t u m bis in das Spätmittelalter und die Reformationszeit nicht verloren. Auf die durchgehende Ambivalenz im Verhältnis war im Verlauf immer wieder hinzuweisen. Die soziale Realität der Juden allerdings war zum Spätmittelalter fortschreitend durch eine besonders drückende Lage gekennzeichnet. Das Arbeiten nun der Judengegner mit Mitteln bestimmter Verteufelung und Dämonisierung — Erscheinungen, die im 17. und 18. Jahrhundert nach den Vertreibungen der Juden aus den Städten im Spätmittelalter gesamt gesehen k a u m noch in Erscheinung traten - taucht in anderer Weise und unter veränderten Bedingungen wieder seit dem 19. Jahrhundert auf. Dazu gehörte das große Interesse, den teuflischen und verteufelten, unheimlichen Juden für die eigene Polemik als historisches Fakt neu zu konstituieren. Auf die diesem Vorgehen zugrundeliegenden Mechanismen wird später zurückzukommen sein.

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Abb. 1: Nürnberger Meister, Ecce homo (Bamberger Altar), Tempera auf Holz, 1429, 225,0 χ 127,0 cm (München, Bayerisches Nationalmuseum)

Abb. 2: Meister des Hausbuchs, Ecce homo (Passionsaltar), Tempera auf Holz, um 1480, 131,5 χ 76,5 cm (Freiburg, Augustinermuseum)

Abb. 3: Hans Holbein d.Ä., Der Verrat des Judas - Die Gefangennahme Christi (Hochaltar der Frankfurter Dominikanerkirche), Tempera auf Holz, 1515,166,0 χ 150,5 cm (Frankfurt, Städelsches Kunstinstitut)

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Abb. 4: Johann Körbecke, Der Verrat des Judas (Marienfelder Altar), Öl auf Eichenholz, 1457, 89,0 χ 61,7 cm (Münster, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte

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Abb. 5: Meister des Hausbuchs, Christus unter den Schriftgelehrten, Tempera auf Holz, um 1505,128,0 χ 74,0 cm (Mainz, Landesmuseum)

Abb. 6: Jan Polack, Disputation des hl. Stephanus vor dem Hohen Rat (Weihenstephaner Hochaltar), Holz, um 1484,151,1 χ 126,0 cm (München, Alte Pinakothek)

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Abb. 7: Meister der Pollinger Tafeln, Die hl. Helena fragt die Juden nach dem Versteck des Kreuzes (vom Außenflüge] des Kreuzaltars aus Polling), Holz, um 1450, je 219,0 χ 87,5 cm (München, Alte Pinakothek)

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Abb. 41: Ausschreitungen gegen die Juden in Wreschen, kolorierte Lithographie, 1848, 22,6 χ 35,7 cm (München, Bayerisches Nationalmuseum)

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Abb. 59: Emanzipation, kolorierte Lithographie, 1848,28,2 χ 19,2 cm (Bamberg, Staatsbibliothek)

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Abb. 60: Philipp Veit, Dringender Antrag, Federlithographie, 1849,32,6 χ 25,8 cm (München, Staatliche Graphische Sammlung)

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Abb. 61: Edward von Steinle, Folgen der Emanzipation, Federlithographie, 1848,21,8 χ 24,4 cm (Frankfurt, Historisches Museum, Graphische Abteilung)

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Abb. 62: Die Juden legen die mittelalterlichen Vorurteile ab, Federlithographie, 1848/1849, 30,5 χ 23,9 cm (München, Staatliche Graphische Sammlung)

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Abb. 63: Das einige Deutschland, kolorierte Federlithographie, 1848,46,0 χ 36,2 cm (Köln, Kölnisches Stadtmuseum)

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Abb. 64: Fragen der Zeit, Lithographie, 1848,35,9 χ 27,2 cm (Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung)

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Abb. 65: Emanzipation der Juden, Lithographie, 1848, 27,5 χ 18,5 cm (Wien, Historisches Museum)

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Abb. 66: Habts Acht!, Lithographie, 1848,20,2 χ 28,5 cm (Wien, Historisches Museum)

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Abb. 76: Folgen der Emanzipation, 2. Bild: Diensteifer, kolorierte Lithographie, 1848, 27,2 χ 31,2 cm (Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung)

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Abb. 78: August Pettenkofen, Gespräch unter Juden, Lithographie, 1848, 20,6 χ 16,6 cm (Wien, Historisches Museum)

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Μ Abb. 79: August Pettenkofen, "Wai! Standrecht!", Lithographie, 1848,21,5 χ 16,5 cm (Wien, Historisches Museum)

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Die Revolutionsfabrikanten in Deutschland.

SSSiCtt. ru&iger Urtitlfgana f>af «j ft φ $ctaMgrficn anb ftranjeftaanb Rraajofta, ivclrtjc bin 3?rubcrfümpf in Sim auf bem WetuifTta proacrid unb ciu^tfi^if imsc« >£. (Wc^t.) fiafen, lrartn tt, bit uurii (jitrfca«ferfie^tntfTWtf't2ft;iiwfiänbnif, »tnn nUfet mcr.lafct, fo ic4? ;n r;rfc«&mj'd;cr ©cifc ausbeuten »ajii i;at'f«. ('iieff, 3 )

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Abb. 87: Ernst Schalk, Ein syrischer Bock, Lithographie, 1843,25,9 χ 21,1 cm (München, Staatliche Graphische Sammlung)

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Abb. 88: Anton Zampis, Satirische Chronik von Wien, Lithographie, 1848, 44,5 χ 29,0 cm (Wien, Historisches Museum)

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Abb. 89: B. Bachmann-Hohmann, Hans Jörge] und Konsorten, Federlithographie, 1848, 23,8 χ 37,5 cm (Wien, Historisches Museum)

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Abb. 90: Franz Schmidt der Judenfresser, Flugblatt Wien 1848 (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Flugblättersammlung)

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Abb. 91: Nix zu handeln?, Flugblatt Wien 1848 (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Flugblättersammlung)

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III. Die Juden im Bilderbogen

1. Der Bilderbogen Der Bilderbogen war das einzige bildliche Medium, das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts breitere Schichten der Bevölkerung erreichte. Erst seit Mitte des Jahrhunderts trat ihm mit der periodisch erscheinenden illustrierten Zeitschrift ein mächtiger und bald dominierender Konkurrent an die Seite. Wegen der Bedeutung des Bilderbogens im Vormärzzeitraum für das Judenbild ist eine nähere Beschäftigung mit dem Medium, um den Judendarstellungen hierin ihren Platz zuweisen zu können, erforderlich. Der Bilderbogen läßt sich als ein Einblattdruck bezeichnen, bei dem die bildliche Darstellung gegenüber dem Text dominiert, dieser aber eine für das Verständnis des Bildes stützende Funktion einnehmen kann. Davon ließe sich das illustrierte Flugblatt absetzen, das neben dem Bild einen ausführlichen Text trägt 185 oder zumindest einer Gruppe entsprechender Darstellungen angehört und sich in der Regel durch seine politisch-propagandistische Absicht auszeichnet. Für den Bilderbogen ist neben der äußeren Erscheinung entscheidend, daß er eine von den Stilkonventionen der Hochkunst abweichende schlichte Mitteilungsform besitzt (aber auch mannigfache Anleihen bei jener machen kann), preisgünstiger als künstlerische Graphik ist und sich an einen größeren, sozial niederen Käuferkreis wendet. Der populären Druckgraphik ist er somit hinsichtlich seiner Formensprache wie seiner Verbreitung in weiten Bevölkerungsschichten zuzurechnen. Die populäre Druckgraphik läuft parallel mit der Entwicklung der graphischen Drucktechniken seit dem 15. Jahrhundert. Zuerst dominierte in der populären Graphik der Holzschnitt, seit dem 17. Jahrhundert waren es der Kupferstich und die Radierung, die die Blüte der graphischen Drucktechniken in diesem und vor allem im 18. Jahrhundert begründeten. Diese Entwicklung kam auch dem Bilderbogen zugute; er verlor aber nun, bedingt durch die neue Technik, etwas seinen derben, ursprünglichen Charakter, der die Holzschnittgraphik kennzeichnete. Die Grenzen zur künstlerischen Graphik wurden jetzt - hinsichtlich des Charakters, des Preises und der Art der Verteilung — fließend, ebenso die zwischen den einzelnen Abnehmerkreisen. Die teure künstlerische Graphik im engeren Sinne, die sich auch gerne literarischer, historischer und mythologischer Themen bediente und damit zu ihrer Rezeption eines bestimmten Bildungsstandards bedurfte, blieb weitgehend den großbürgerlichen und adeligen Kreisen vorbehalten. 1 8 6 Die aufstrebenden bürgerlichen Schichten partizipierten ebenfalls daran, konzentrierten sich aber im wesentlichen auf die etwas günstigeren Drucke; es waren vor allem die „Kupferbögen" oder „Billigen Kupfer", die mit ihren beliebten Genreszenen, Landschaftsmotiven und religiösen Themen weitere

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Verbreitung fanden. Stilistisch und inhaltlich stehen viele dieser Blätter, so die Kaufruf- und Genredarstellungen, schon in engem Zusammenhang mit dem Bilderbogen des folgenden Jahrhunderts. Dieser wurde im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts zum überwiegenden Teil weiterhin als kolorierter Kupferstich vertrieben. Nur Gustav Kühn brachte schon seit den späten zwanziger Jahren seine Neuruppiner Bilderbogen als Lithographien heraus, eine Technik, die allmählich alle anderen verdrängen sollte. Die seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstehenden lithographischen Großbetriebe gaben dem Medium wiederum ein anderes Gesicht. Nur mit einiger Vorsicht kann schon dem Bilderbogen des Vormärz der Stellenwert eines Massenmediums zugesprochen werden. In der Literatur wird hier nicht selten mit falschen und verfälschenden Angaben operiert. Dazu gehört, daß vermeintlich das ganze Jahrhundert in die Bilderbogenthematik einbezogen ist, wenn tatsächlich nur die zweite Jahrhunderthälfte den Untersuchungszeitraum bildet, was zwangsläufig zu einem verzerrenden Bild der Frühzeit führt. Was die Auflagenhöhe betrifft, so kann man zum Beispiel bei den französischen Kupferstichen der Revolutionszeit von einer durchschnittlichen Auflage von 500 Abzügen ausgehen 187 , während die Blätter der ostfranzösischen Offizinen in der ersten Jahrhunderthälfte eine Auflage bis 2000 Exemplare pro Stück, nur selten darüber hatten 1 8 8 . Hierbei handelte es sich um Holzschnitte, eine Technik, an der Frankreich lange festhielt. Die kolorierten Kupferstiche des deutschen Vormärz dürften eine Auflagenhöhe von 1000 bis allenfalls 2000 Exemplaren gehabt haben. Das trifft sogar noch für die Lithographien des Neuruppiner Verlages zu. Gustav Kühn brachte von 1825 bis 1835 insgesamt höchstens 500 Bilderbogen in einer durchschnittlichen Stückzahl von etwa 2000 Exemplaren heraus. Nach dem Aufschwung des Verlages seit der Jahrhundertmitte bewegte sich die Auflagenzahl (von ganz wenigen in besonders hoher Auflage vertriebenen Blättern abgesehen) in einer Größenordnung von 10000 bis 2 0 0 0 0 Stück. 189 Allerdings gibt die Auflagenhöhe des einzelnen Blattes noch keinen hinreichenden Eindruck über die Verbreitung der Bilderbogengraphik insgesamt; die Anzahl der gedruckten Einzelbögen und der Verlage gilt es mitzuberücksichtigen. So bestand zum Beispiel in Nürnberg im Vormärz eine ungewöhnliche Konzentration von Verlagen, die Hunderte von Personen für die Kolorierung der Bögen beschäftigten. 190 Eine andere Frage ist die, wie weit der vormärzliche Bilderbogen, das einzelne Exemplar, eine größere Aufmerksamkeit auf sich lenkte als die spätere Bilderbogenware und diese Aufmerksamkeit eine größere Anzahl von Personen einschloß, weil er eben rarer war, die einzelnen Abnehmer in viel geringerem Umfang als später mit Bildgut versorgt wurden. Das heißt, durch die Singularität des Bildmediums (als Populargraphik) und die quantitative Beschränktheit der Produktion dürfte der multiplikatorische Effekt und die Intensität der Zuwendung beträchtlich gewesen sein. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte der Bilderbogen seinen Charakter. Der Höhepunkt des Bilderbogens in den fünfziger und sechziger Jahren erfolgte zu einer Zeit, als mit den illustrierten Periodika das Medium auf den Markt

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drängte, das ihn mehr und mehr als überholt erscheinen ließ. Zunächst versuchten die Verlage sich den Gegebenheiten anzupassen und durch höhere Auflagen, ein verbessertes Vertriebssystem und eine veränderte künstlerisch-formale und äußere Gestaltung konkurrenzfähig zu bleiben. Unter anderem wurden die Bilderbogen nun häufiger, parallel zu den weiterbestehenden billigen Auflagen, auf stärkerem Karton gedruckt und mit einem gezeichneten bildmäßigen Rahmen versehen 191 , damit ihr Wandbildcharakter betont wurde und sie als Gemäldeersatz dienen konnten. Auch eine tatsächliche Rahmung war üblich. 192 Damit hatte der Bilderbogen für die unteren Schichten die Rolle übernommen, die in den bürgerlichen Haushalten (und dies schon seit dem 18. Jahrhundert) je nach finanziellem Vermögen der Originalgraphik, der Reproduktionsgraphik und jetzt auch den Öldrucken zukam. Damit ist nun tatsächlich der ursprüngliche Begriff des Bilderbogens problematisch geworden. 193 Die Annäherung an andere Bildmedien und der Funktionswandel drückte sich auch darin aus, daß jetzt verstärkt Themen der Malerei aufgenommen wurden. Die gerne herangezogene Passage eines Chronisten als Beleg für die weite Ausstrahlung des elsässischen Verlages Wenzel aus Wissembourg in den süddeutschen Raum ist gerade in dieser Hinsicht aufschlußreich: „Warum überschwemmt denn dieser Wissembourger die bayerischen Almhütten mit seinen Bildern? Und noch dazu scheint er sich ganz eigens dafür eingerichtet zu haben, denn er druckt und malt die beliebtesten Heiligen und die interessantesten Bilder aus dem Gemsjäger-, Sennen-, Fischer- und Bauernleben, die wir seit dreißig Jahren auf dem Münchener Kunstverein und sonst in Oel gesehen." 194 Der Verlag stellte also seine Produktion zum Teil speziell auf die Wünsche seiner Abnehmer ein und orientierte sich in Thema und Ausführung immer mehr an der gängigen zeitgenössischen Malerei. Die Konsumentenschichten des vormärzlichen Bilderbogens lassen sich nur annäherungsweise bestimmen. Der wichtigste Abnehmer dürfte das städtische Bürger- und Kleinbürgertum gewesen sein. Die Blüte der Graphik im 18. Jahrhundert, auch der populären, war den bürgerlichen Schichten zu danken gewesen. Die mindere Papier- und Druckqualität des nachfolgenden Bilderbogens und die weitere inhaltliche und formal-gestalterische Vereinfachung kamen verstärkt neuen Käuferschichten zugute. Diese Situation verschob sich für die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts verstärkt in Richtung auf das Kleinbürgertum; vereinzelt wurden dabei auch schon die ländlichen Unterschichten angesprochen. Daß aber auch noch das gehobene Bürgertum und der Adel den Bilderbogen zumindest zur Kenntnis nahmen, belegen verschiedene Äußerungen etwa von Theodor Fontane. Die Unterschichten dagegen partizipierten erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts in großem Umfang am Bilderbogen, als er zur lithographischen Massenware geworden war. Auch der populäre Kupferstich des Vormärz, also der uns hier vorrangig interessierende Bilderbogen, hatte noch seinen Preis gehabt - die „billigen Kupfer" waren dies eben nur im Vergleich mit der teuren Künstlergraphik gewesen. Auch der Charakter der Bilderbogenware und die Art der Distribution bewirkten, daß vorrangig das Bürgertum und das aufstrebende Kleinbürgertum als eigentliche

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Abnehmer in Frage kamen. 195 Dabei muß man sich außerdem vergegenwärtigen, daß in jenem Zeitraum nur ein Viertel der Bevölkerung in Orten mit 1000 oder mehr Einwohnern wohnte, die große Masse also der auf dem flachen Land lebenden Bevölkerung noch in der Vormärzzeit von dem hier in Frage stehenden Bildmedium weitgehend ausgeschlossen blieb. Gustav Kühn brachte auch deshalb seit den zwanziger Jahren, neben seinem sonstigen Programm wie Moritate, Schaustelle rplakate und anderes, Bilderbogen als Lithographien heraus (ohne daß diese vorerst marktbeherrschend wurden), weil ihm die Nürnberger Bogen zu teuer waren. 196 Daß aber der (niedrige) Preis die Absatzhöhe allein nicht zu beeinflussen vermochte, sondern daß dazu bestimmte soziale und technische Voraussetzungen erfüllt sein mußten, wird aus dem erst später einsetzenden großen Aufschwung der Firma deutlich. Für uns sind diese Feststellungen auch deshalb wichtig, weil Darstellungen mit Juden auf früheren, in der Kupferstichtechnik erstellten Bilderbogen häufiger sind als auf den späteren lithographischen Billigdrucken, obwohl diese in ganz anderen Mengen vertrieben wurden. Für den Bereich der Literatur ist die Situation insoweit vergleichbar, als das Massenleserpublikum sich ebenfalls erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts herausbildete. Der gewaltige Aufschwung der Presse seit der Aufklärung, des Zeitungsund Zeitschriftenwesens, kam im Vormärz noch zum ganz überwiegenden Teil dem bürgerlichen städtischen Publikum zugute. Die ländliche (und großenteils auch die kleinstädtische) Bevölkerung hielt in jener Zeit an den überlieferten Lesestoffen, wie Bibel, Gesangbuch, Predigtsammlung und Kalender, fest 197 oder an den nun verstärkt vertretenen populären religiösen oder profanen Drucken in Form von Billigheften. Von der Buchlektüre war dieses Publikum aus sozialen und allein aus Preisgründen so gut wie ausgeschlossen. Als Medium der Bildübermittlung, zur Verbreitung von populärem Bildgut, kamen diese Druckwerke mit Ausnahme mancher Kalender — schon generell, aus technischen Gründen — nicht in Frage. Das Bürgertum, gewisse intellektuelle Schichten desselben, hatte noch aus einem anderen Grund Interesse am vormärzlichen Bilderbogen. Mit der romantischen Zuwendung zum Volkshaften und Volkstümlichen und damit, wie man glaubte, zu den Wurzeln der eigenen Vergangenheit wurde auch dem Bilderbogen Beachtung geschenkt. In ihm erkannte man den reinsten Ausdruck des sittlichen, politischen und religiösen Lebens des Volkes. 198 Eine geistige Elite sanktionierte also ästhetisch, was für breitere Schichten der notwendige (und erwünschte) Ersatz für die etablierte Kunstproduktion war. 199 Die Annäherung war demnach jedesmal eine entgegengesetzte: Während die Romantiker am Bilderbogen das vermeintlich Originäre, Ursprüngliche, die formal ungelenke Sprache schätzten, gründete die Liebe der tatsächlichen Konsumenten zum Bilderbogen darin, daß er das Vertraute, Nachvollziehbare vermittelte. Die jetzt gepflegten Formenmittel des Bilderbogens entsprachen aber tatsächlich einem weiteren künstlerischen Bedürfnis der Zeit. So bediente sich zum Beispiel auch Gottfried Schadow in einer Reihe satirischer Blätter der Sprache der Populargraphik. Aus allem kann

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geschlossen werden, daß die intellektuellen bürgerlichen Schichten die Entwicklung des Mediums aufmerksam verfolgten. Wenn ihre Wertschätzung mitunter aus einem bürgerlichen Superioritätsgefühl heraus eine gewisse ironische, auch herablassende Färbung besaß, so nahmen sie das Medium insofern noch ernster als die eigentlichen Adressaten, als sie in ihm den Ausdruck wahrhaften volkshaften Empfindens sahen. Diese Sicht wies aber mehr auf die Idealvorstellung vom Bilderbogen, der ein Großteil der Produktion nur noch bedingt entsprach. Der mit betont schlichten, ungelenken Mitteln arbeitende Holzschnittbilderbogen, der am Anfang der Entwicklung steht, wurde fast synonym genommen für das, was mit Bilderbogen gemeint war. Der spätere Kupferstich bediente sich einer ansprechenderen, weniger spröden Formensprache, ohne deshalb auf die ursprünglichen Vereinfachungen und Archaismen gänzlich zu verzichten. Nicht nur wegen seines höheren Preises und der damit zwangsläufig gegebenen Einschränkung in der Verteilung, auch deshalb, weil er in seiner größeren stilistischen Geschmeidigkeit zu einer anderen Geschmackssphäre tendierte, wurde wiederholt der Versuch der Erneuerung des ursprünglichen populären Holzschnitts gemacht. Dieser Versuch seiner Aktivierung - in den Bilderbogen, den Kalendern, bei den Illustrationen der Trivialliteratur — erfolgte also nicht allein aus den erwähnten ästhetischen Gründen, sondern auch aus dem tatsächlichen Wunsch, so wenig man damit das wirkliche Konsumentenverhalten traf, nach größerer Volkstümlichkeit. Muten manchmal die Ergebnisse, die bemühte Einfachheit, gestellt und artifiziell an, so stand dahinter doch die Überzeugung, damit der Volkssprache näher zu sein. In der Literatur lassen sich hierfür Parallelen aufzeigen. So bekennt Berthold Auerbach: „Ich will fortan auch für das sogenannte niedere Volk schreiben, unmittelbar für die Bauern; es fehlt ihnen ein Mann, der ihrem Herzen Luft macht." 2 0 0 Daß aber im Bereich des Bildlichen keine neuen Archaismen den Weg zum „Volk", zum Massenpublikum, bereiteten, belegt deutlich die weitere Entwicklung. Die schon in der populären Kupferstichgraphik angelegte freiere zeichnerische Ausführung kam seit der Jahrhundertmitte in der lithographischen Massenware mit ihrem erzählerischen und sentimentalen Genrerealismus voll zum Durchbruch. Damit löste man sich entschieden von dem, was auch nach formalen Kriterien, bei allem historischen Wandel, ein Charakteristikum des Bilderbogens gewesen war. Die Kriterien seiner Bestimmung mündeten jetzt in die Frage nach seinem Stellenwert für den bildlichen Massenkonsum. Aber erst die Anwendung in der künstlerischen Praxis,erst die,schon in der Romantik eingeleitete, ästhetische Nobilitierung der populären Drucke durch die bildende Kunst Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts unterminierte endgültig den Anspruch des Bilderbogens als eigenständige Bildform. Wenn der Bilderbogen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, um ihn im folgenden näher zu charakterisieren, ein anschaulicher Spiegel der Zeit gewesen ist, und das verstärkt durch seine Konkurrenzlosigkeit als populäres Bildmedium, dann trifft das nur eingeschränkt hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse,

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um so stärker für die Bewußtseinshaltung, die geistige Verfassung zu. Zu den üblichen Themen des vormärzlichen Bilderbogens gehörten Szenen aus dem Alltagsleben, den zentralen Ereignissen des menschlichen Lebens, Darstellungen der verschiedenen Stände und Berufe, Herrscherdarstellungen, Abenteuer- und Schauergeschichten, Schilderungen von Katastrophen und Kriegen, religiöse Darstellungen. Anders als noch im 18. Jahrhundert, als die reine Neugierde an der Vielfalt der Erscheinungen und der Reiz der optischen Präsentation an sich die Themenvielfalt und ihre Vermittlung bestimmt hatten, kam nun ein didaktisches und moralisch-belehrendes Element hinzu. Ökonomische Überlegungen und volkserzieherische Ambitionen gingen in den Vorstellungen der Bilderbogenverleger eine Synthese ein. Eine besonders klare und einfache Formensprache bedingte wesentlich die Rezeption. Die Mittel waren eine tendenzielle Flächigkeit, die Reduzierung der Tiefenerstreckung, das Vermeiden von verunklärenden Überschneidungen und Raumbeziehungen und groß auf einer Vorderbühne agierende Personen. Dabei wurde auf eine verhältnismäßig weitgehende zeichnerische Ausgestaltung Wert gelegt, um eine Identifizierung mit den Trägern der Handlung und ein Nachvollziehen des Geschehens zu erleichtern — eine zu abstrakte, antinaturalistische, aber auch überladene, allegorisierende Darstellungsweise hätte dies verhindert. In dieser Bildstrategie kam der Kolorierung (die mittels Schablonen erfolgte) ein besonderer Stellenwert zu. Die kräftigen, leuchtenden, unverbundenen nebeneinander gesetzten Farben verliehen dem Bilderbogen eine große visuelle Attraktivität, wie sie zugleich die Inhalte neutralisierten. Der Bilderbogen überführte das Dargestellte in eine heitere Unverbindlichkeit. Zwar wurde vom Anspruch her die Totalität der Welt vermittelt, anschaulich Realität wiedergegeben, doch blieb diese im Grunde ausgespart zugunsten der Evozierung einer jeder Spannung enthobenen Scheinwelt. Selbst die Darstellung von Aktualitäten, von Katastrophen und Kriegsereignissen, verlor in dieser Umsetzung jede Drastik und wurde Teil einer kaleidoskopartigen, konfliktenthobenen Gesamtschau der Welt. Der Bilderbogen erfüllte für den Konsumenten verschiedene Aufgaben. Er diente der Information, der Unterhaltung, der Belehrung und der religiösen Erbauung, wobei die Grenzen zwischen den verschiedenen Funktionen zwangsläufig fließend sind und ein Bilderbogen mehrere Funktionen übernehmen kann. 201 Doch wesentlich für ein Verständnis des Mediums und seiner Aufnahme sind die Themen und die umschriebenen Ausdruckswerte selbst, ist die Frage nach der hier gegebenen Art der Umsetzung von Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit, die ganze Vielfalt der Erscheinungen und Ereignisse, fand nur gefiltert und geschönt in den Wohnstuben Eingang. Alles was den moralischen, religiösen und politischen Konventionen hätte entgegenlaufen, als Norm Verletzung hätte angesehen werden können, blieb ausgespart. Es lag hier ein geschlossenes System vor, in dem alles seinen Platz hatte. Das vermittelte Weltbild war so eminent statisch und zeugte von einem Denken in starren Ordnungszusammenhängen und zyklischen Vorstellungen. Gesellschaftliches Leben wurde nicht prozessual begriffen. Der Bilderbogen wollte affirmativ den Grundkonsens mit dem Bestehenden - und also mit

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dem Überkommenen — gewahrt wissen. 202 Das gilt, auch wenn zum Beispiel der führende Bilderbogenverleger Friedrich Campe in Nürnberg der restaurativen Biedermeierlichkeit fern stand und vernunftgläubiger Aufklärer blieb. Diese Charakterisierung des Bilderbogens läßt sich ohne Einschränkung für den Großteil der in jener Zeit vertriebenen Literatur übernehmen, für die erwähnten Kalender, Traktate, die populäre Literatur insgesamt. 2 0 3 Damit entsprach dieses Medium ganz der Stimmung, die mit dem Begriff des Biedermeier umschrieben ist. Es gab dieser Ausdruck wie es sie beförderte. Die Gängelung korrespondierte eben doch mit einem Bedürfnis. Wenn in den Zusammenhäilgen populärer Kunst immer wieder von dem immensen Wunsch nach Bildkonsum gesprochen wird, so kann ein solches elementares Bildbedürfnis für sich nicht den Anspruch des Selbstverständlichen erheben. Man kann aber mit einiger Sicherheit feststellen, daß es diese Art von bildlicher Vermittlung war, die den großen Zuspruch bedingte. Das heißt, es handelte sich bei dem Bilderbogen um kein Surrogat und im engeren Sinne auch nicht um Manipulation. Die Korrespondenz von Angebot und Erwartungshaltung bezieht sich auch darauf, daß sich in der Zeit tiefgreifende soziale und politische Umbrüche anbahnten, ein Bewußtsein davon bestand und sich daraus der Wunsch nach Rückzug in eine konfliktenthobene, befriedete Welt entwickelte. Die Sicherheit wurde beschworen, weil sie nicht mehr selbstverständlich war. Erst auf dem Hintergrund einer Labilität, dem Gefühl der Auflösung des Vertrauten und Festgefügten rechtfertigt sich das Medium und erklärt sich seine Wirkung. So ist der Bilderbogen letztlich nur insoweit ein Spiegel des sittlichen, politischen und religiösen Lebens des Volkes, als er Einblick in das Zeitbewußtsein liefert, das diesem hier vorgeblich ausgebreiteten Volksleben zugrunde liegt. Diese allgemeinen Bemerkungen zum Bilderbogen sind Voraussetzung für ein Verständnis der als populäre Drucke erschienenen Darstellungen von Juden. Ihre Anzahl mag absolut gesehen nicht allzu hoch erscheinen; unter den beschriebenen Voraussetzungen des Mediums, die eine Integrierung solcher Darstellungen keineswegs von selbst nahelegten, bekommen die Blätter ein anderes Gewicht. Sie sind in mehrfacher Hinsicht aufschlußreich. Am ehesten ist die Übernahme von Judenmotiven bei denjenigen Themen nachzuvollziehen, die einer älteren Bildtradition angehörten. Es sind dies solche, die überlieferte, kaum einer Modifizierung unterworfene Sujets aus dem Alltagsleben im schlichten Mitteilungsstil wiedergaben und die unmittelbar dem Genre entstammten und im allegorischen Bilddenken wurzelten (Abb. 103). Die Juden sind in diesen Fällen kaum als solche kenntlich gemacht und nur über Attribute oder den Bildzusammenhang zu identifizieren. Folglich besteht auch hier, zumindest von der Bildanschaulichkeit her, keine Wertung, allenfalls implizit durch den moralisierenden Charakter des Dargestellten. Ähnlich, hinsichtlich der Abhängigkeit von einer älteren Bildüberlieferung, verhält es sich mit den Blättern, die in der Holzschnittechnik (oder als diese imitierende Lithographien) ausgeführt sind. Es wurde auf den Versuch der

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Erneuerung der alten Technik für die Populargraphik hingewiesen. Üblicherweise fehlte bei den in dieser Manier ausgeführten Darstellungen das tendenziöse Element, war ein solches allenfalls mit Hilfe eines gewissen interpretatorischen Aufwandes in die Bilder hineinzulegen. Gute Beispiele sind die Schweizer Kalender oder die Illustrationen zu Johann Peter Hebel (Abb. 9 2 - 9 5 ) . Auch spätere Hebel-Illustrationen bewahren noch in ihrem erzählerischen Duktus etwas von jener Einfachheit (Abb.98—101). In den Bilderbogen jedoch, die die Holzschnittmanier übernehmen (Abb. 102), teilt sich die kritisch-wertende Absicht auch bildlich mit, wie es die tatsächlich alte Holzschnittgraphik kaum (nur bei thematisch eindeutigen Sujets) auszudrücken vermocht oder gewollt hätte. Solche Blätter blieben aber selten, da der Zeit mittlerweile andere zeichnerischformale Mittel zu Gebote standen, hinter die man nicht zurückfallen konnte, wollte man nicht eine wesentliche Einbuße an Ausdrucksmöglichkeiten in Kauf nehmen. Bei der archaisierenden Technik setzte sich eben, trotz mancher satirischer Anreicherung, die graphisch ungelenke Manier als dominanter Bildeindruck fest, der das Betrachterinteresse auf den formalen, ästhetischen Aspekt lenkte. Daß sich aber im Bilderbogen auch in dieser Technik der negative Reflex durchsetzte, wirft ein Schlaglicht auf die Situation der Judendarstellung in diesem Medium. Den Hauptbestand der Bilderbogen mit solchen Themen machen denn auch die Blätter aus, die sich weitgehend der üblichen Sprache des Mediums bedienten, sich dabei aber einer eindeutigen Tendenz verschrieben. Damit hoben sie sich nun entschieden von der sonstigen Bilderbogenproduktion ab. Der Bilderbogen war kein satirisches Medium, er war nicht auf Kritik und Auseinandersetzung mit einem Gegner ausgerichtet. Ausnahmen, wie die antinapoleonischen Angriffe von 1815, sind aus der besonderen historischen Situation zu verstehen. Der im Bilderbogen suggerierte Schein des schönen Lebens war nur durch den Verzicht auf Negativbilder und Konfrontation aufrechtzuerhalten. Die Form der Karikatur und der Satire war ihm deshalb zwangsläufig fremd. Überhaupt gebrach es ihm, bedingt durch das Fehlen jeder Distanz zu seinen schablonierten Denkmustern, die nur die ungebrochene Adaption kannten, an Humor und Ironie. Es ist sehr zweifelhaft, ob die satirische Graphik im Bilderbogen F u ß gefaßt hätte, wenn nicht die Karlsbader Beschlüsse die Meinungsäußerung stark geknebelt hätten. Die wenigen kritischen Satiren jener Zeit entsprangen gerade der Reaktion auf diese Maßnahmen. Die satirische Abstinenz war vielmehr ein Wesensmerkmal des Bilderbogens und bestand unabhängig von dem Zwang äußerer Bedingungen. Diese Grundvoraussetzungen des Bilderbogens wurden mit den antijüdischen Satiren durchbrochen. Die Resonanz hierauf ist aus den Gegebenheiten des Mediums, vor dem Hintergrund eines sonst durchgängig gewahrten und beschworenen harmonischen Weltverständnisses zu rekonstruieren. Um nun der Negativtendenz der Darstellungen, die Juden zum Gegenstand haben, Geltung zu verschaffen, mußte in diesen Fällen die Bilderbogensprache - die im Kern unangetastet blieb — erweitert werden, da ja ihre üblichen Ausdrucksmittel eine

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Neutralisierung jeder Realistik bewirkten. Deshalb griffen die Zeichner in diesen Fällen zur negativen Typenbestimmung auf satirische Mittel der zeichnerischen Normverletzung zurück; der inhaltliche Zusammenhang sicherte zusätzlich das Verständnis für die beabsichtigte Tendenz. Wenn bei vielen Darstellungen die negative Stoßrichtung außer Zweifel steht, so ist sie von der Wirkung her auch für solche Blätter anzunehmen, die sich durch keine besondere visuelle Schärfe auszeichnen, weil auch sie sich nicht dem Kontext, wie noch im einzelnen zu erläutern, der sonstigen Produktion fügten.

2. Der Jude als Fremder Die Tragweite des Wandels des Bildes vom Juden, wie er sich im Laufe des späteren 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts vollzieht und im Bilderbogen sich zum erstenmal deutlich niederschlägt, wird aus dem Vergleich mit den vormodernen, im Anfangskapitel erläuterten Darstellungen ersichtlich. Dieses Bild erfährt nun einen neuen Stellenwert. Die Zeit der Aufklärung, der Frühphase der Emanzipation, war auch in bildlich-formaler Hinsicht eine erste Phase des Umbruchs, alte und neue Darstellungsweisen lagen im Widerstreit miteinander. Das gilt für die allgemeine Graphik wie für die populäre. Bestimmte auf die Juden bezogene Vorkommnisse und Einzelkritiken bekommen in der weiteren Entwicklung, in der die Juden mehr und mehr physisch präsent werden, den Wert des bloß Symptomatischen. Sie sekundieren das Konzept, das dazu dient, als wesensmäßig begriffene Konstanten herauszuarbeiten. Der Umgang im Bilderbogen mit den thematischen Anregungen macht das erstmals ganz deutlich, etwa mit denjenigen des Theaters. An erster Stelle ist hier Sessas Stück „Unser Verkehr" von 1813 zu nennen (Abb. 104-115). In der Posse des Arztes und Schriftstellers Karl Borromäus Alexander Sessa 204 , die Anregungen der zahlreichen Stücke mit jüdischer Thematik von Julius von Voß verarbeitete, wird eine Reihe stereotyper jüdischer Figuren in einer losen szenischen Abfolge unter dem Leitthema der Emanzipation und des sozialen Aufstiegs karikierend vorgeführt und verächtlich gemacht. Der Grundtenor ist dabei die materialistische und berechnende Denkungsart der Juden. Mehr aber als die Voßschen Figuren sind diejenigen Sessas mit Leben erfüllt, führen sie keine Rollen vor, sondern sich selbst. Das macht unter antijüdischen Prämissen das Interesse der Bühnen und der Zeichner an dem Stück verständlich. Nach seiner Uraufführung noch im Jahr seines literarischen Erscheinens in Breslau mußte es auf Grund heftiger Proteste der örtlichen jüdischen Gemeinde abgesetzt werden, kam aber in der Folge in einer geglätteten, reduzierten Fassung in verschiedenen Städten zur Aufführung. Ab 1819 wurde es dann wiederholt und mit großem Erfolg trotz des weiteren heftigen Widerstands der jüdischen Gemeinden auf vielen deutschen Bühnen aufgeführt. Das zeitliche Zusammentreffen mit den Hep-Hep-Unruhen kann als symptomatisch gelten wie auch der

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ungewöhnliche und anhaltende Erfolg des Stückes. Noch Anfang der sechziger Jahre erschien eine Neuauflage der Posse mit einer Frontispizzeichnung von Theodor Hosemann (Abb. 113), und andere Autoren wurden zu Nachfolgewerken, Erzeugnissen gleich minderen Charakters, animiert. Die Voraussetzungen für eine wirkungsvolle bildliche Umsetzung, die mit den frühen Aufführungen einsetzt, waren soweit von literarischer Seite gegeben. Sofern in den literarischen Vorlagen das tendenziöse Element fehlte, schuf auch das sich darauf stützende Bild diese Tendenz nicht ohne weiteres aus sich heraus. So vermochte der behäbige Humor etwa der Krähwinkelpossen, der sogenannten Krähwinkeliaden, den als Krähwinkelbildern erschienenen Darstellungen mit Juden (Abb. 119, 120) nicht ihre Harmlosigkeit zu nehmen. (Dabei gehörte das Hantieren mit Worten, um das Wörtlichnehmen der Dinge und Begriffe der Juden und ihre angebliche Begriffsstutzigkeit zu verdeutlichen — also ganz nach dem Schema der Krähwinkeliaden —, zu den beliebten Mitteln der schon aggressiveren antijüdischen Witzzeichnung.) Doch mußte, damit diese Umsetzung von „Unser Verkehr" in das Medium der Populargraphik, in eine nichtliterarische Wirklichkeit, gelang, der Bühnencharakter der Szenen verringert werden. Die Problemstellung läßt sich gut an zwei unterschiedlichen Darstellungen desselben Motivs nachvollziehen (Abb. 107, 108): Einmal handelt es sich um die Illustrierung einer Bühnenszene mit reicher Kulissenandeutung, das anderemal zwar um den gleichen Vorgang, bei dem aber dank des Verzichts auf entsprechende Accessoires der Bühnencharakter deutlich reduziert ist. Für die gänzlich als freie Straßenszenen wiedergegebenen Darstellungen trifft diese Beobachtung in einem noch stärkeren Maße zu. Eine solche Herauslösung aus dem Zusammenhang des Literarisch-Fiktiven bedeutete einen entscheidenden Gewinn an Realitätsgehalt. Wenn andererseits durch Titel und Legenden die Verbindung zu dem wohlbekannten Sessa-Stück gewahrt blieb, konnte das der Absicherung der negativen Stoßrichtung nur dienlich sein. So vermochte die in der Bildwirklichkeit liegende Eigenmacht den assoziativen Bezug zurückzuleiten: Die Darstellungen demonstrierten, wie eine literarische Schilderung durch die Wirklichkeit bestätigt wurde. 205 Diese von dem Sessa-Stück angeregten Darstellungen konnten wiederum zur Illustration antijüdischer Literatur benutzt werden, wobei die Tatsache, daß diese Literatur in Nürnberg, dem Zentrum der Bilderbogenproduktion, entstand, hierfür nicht unwesentlich gewesen sein wird. Seit den späten zwanziger Jahren schrieb der aus einer Nürnberger Patrizierfamilie stammende Assessor und spätere Landrichter Johann Friedrich von Holzschuher unter dem Pseudonym Itzig Feitel Stern eine Reihe von antijüdischen Schriften, die sich der verschiedensten literarischen Gattungen, wie der Erzählung, des possenhaften Gedichts, der Anekdote und der Skizze bedienten. 206 Die meisten Bändchen erschienen in den dreißiger Jahren und waren rasch vergriffen; später kamen vermehrte Neuauflagen heraus. In den fünfziger Jahren wurde sogar noch einmal eine, nicht zu Ende geführte, Gesamtausgabe geplant. In jüdischer, verzerrter Mundart, aus guter Kenntnis jüdischer Sprachgewohnheiten und jüdischen Witzes, schildert Holzschuher

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die Juden als skrupellos, aufdringlich, der nichtjüdischen Umwelt wesensfremd; ihr Bemühen um Emanzipation und Aufstieg wird wie in Sessas „Unser Verkehr" verspottet, aber mit mehr Humor und Situationskomik als dort. Den einzelnen Ausgaben waren jedesmal Illustrationen beigegeben. Einige sind direkt älteren Bilderbogen aus dem Umkreis des Sessa-Stücks entnommen (Abb. 135-139), was zu dem Inhalt korrespondierte, andere bauen darauf auf, tragen aber mehr den illustrativen Erfordernissen Rechnung (Abb. 140—144). Die erzählerische Manier mit der Betonung des literarischen Bezugs nimmt fast durchweg den Darstellungen, trotz der physiognomischen Charakterisierung der Juden, die Schärfe; das antijüdische Element äußert sich aber verschiedenlich deutlich genug. Für die Interpretation war aber hier, wie so häufig in vergleichbaren Fällen, der persönliche Standort des Betrachters und Lesers nicht unwesentlich. Deutlicher Spott in Bild und Wort und vom Konzept her sicherlich beeinflußt durch die antijüdische Satire kam dann von jüdischer Seite selbst: In seiner wohl in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts entstandenen beliebten Serie „Gedichte und Scherze in jüdischer Mundart" karikierte der jüdische Theaterverleger Eduard Bloch in eigener Sache. Was inhaltlich für die auf dem Sessa-Stück fußende Graphik galt, traf ebenso für die sonstigen Darstellungen von Juden im Bilderbogen zu: Die Kritik konzentrierte sich darauf, den Juden ihr Geld- und Geschäftsgebaren und, soweit sie an den emanzipatorischen Errungenschaften durch einen schnellen sozialen Aufstieg partizipierten, ihr parvenuhaftes, anmaßendes, dabei nicht rollenadäquates Verhalten vorzuwerfen; zuweilen sind sie einfach der bequeme Anlaß zum Spott (Abb. 1 1 6 - 1 3 4 ) . Am Beispiel der „Aufklärung" betitelten Darstellung (Abb. 21) konnte das schon für das späte 18. Jahrhundert aufgezeigt werden. So umfaßte die Bildmotivik und -polemik die ganze Skala an Rollen - und Berufsvorstellungen vom alten Hausierer und Bettler bis zum Typus des nouveau riche. Daß man sich dabei in vielem in vertrauten, in der Vergangenheit schon häufiger beschrittenen Bahnen bewegen konnte, vereinfachte das Verfahren und gab den Vorwürfen durch die suggerierte historische Kontinuität eine neue Qualität der jetzt als wesensmäßig definierten jüdischen Eigenschaften. Und anders als früher ließ sich nun in diesem thematischen Umfeld die ganze Bandbreite charakterlicher Negativwertungen unterbringen. Die äußeren sozialen Bedingungen und die vorrangig beruflichen Aktivitäten der Juden legitimierten dieses Vorgehen. Zum einen wurde das Anknüpfen an ältere Stereotype schon dadurch erleichtert, daß die Zahl der jüdischen Geldverleiher und Hausierer im Vormärz noch beträchtlich war. 207 Und folgerichtig war es, daß sich der soziale Aufstieg der Juden in der Sphäre der ihnen vertrauten Tätigkeiten, auf dem Weg vom Trödel- und Hausierhandel über den Kleinhandel zum wohlsituierten Geschäftshandel vollzog. 208 Jüdische Bankhäuser und Handelshäuser spielten seit Anfang des 19. Jahrhunderts als Finanziers für die verschiedenen Bereiche der Staatsverwaltung und für den aufkommenden Kapitalismus eine erhebliche Rolle, und auch der allgemeine wirtschaftliche Aufstieg der Juden

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verlief, besonders seit den vierziger Jahren, deutlich überproportional im Vergleich zu der sonstigen bürgerlichen Gesellschaft. Auch eine ganz konkrete Beziehung zum Geld war für die Mehrzahl der Juden charakteristisch, bedeutete es für sie doch so viel wie ein „Notanker, der ihr in vorbürgerlichen Zeiten als einziger Hort der stets gefährdeten Sicherheit und der persönlichen Freiheit gegolten hatt e " 2 0 9 . Materieller, selbst bescheidener Wohlstand galt für die Juden so viel wie ein Symbol, als Garant für die neu erworbene Unabhängigkeit. Dieses Hervortreten des ökonomisch-materiellen Aspekts als Bedingung relativer Unabhängigkeit erwies sich allerdings überhaupt als typisch für das bürgerliche Selbstverständnis seit dem 18. Jahrhundert. 2 1 0 Natürlich war die antijüdische Polemik nicht daran interessiert, solche Überlegungen für ein differenziertes Bild jüdischer Erscheinung zu berücksichtigen. Zeichnerisch hätten sie sich ohnehin kaum artikulieren lassen; das bildliche Medium beförderte auch hier die simplifizierende, agitierende Schwarzweißzeichnung. Wichtiger aber als die Fragen der Thematik und der äußeren Begründung der antijüdischen Polemik erscheinen solche, die die neue Art der Präsentation der Juden betreffen. Damit war auch eine inhaltliche Verschiebung verbunden. Die Juden werden jetzt in ihrer physischen Erscheinung präsent. Die zu ihrer Charakterisierung verwendeten satirischen Mittel zeigen sie „anders" in negativ wertendem Sinne. Im Vergleich zum üblichen Programm und zu der üblichen Sprache des Bilderbogens lag hier ein deutlicher Konventionsbruch vor. Nur im Fall der Juden wurde der Konsens aufgekündigt; nirgends sonst findet sich ein negatives Bild von anderen Gruppen. Soziale Randfiguren, wie Landstreicher, Räuber, Zigeuner, wurden zeichnerisch nicht denunziert. Sie spielen den Part pittoresker Kontrastfiguren zum Geordneten, Etablierten, ohne letztlich aus dieser Welt herauszufallen. Die Juden dagegen werden als eine Gruppe gegenwärtig, die sich außerhalb der als gültig erachteten Sozialordnung befindet. Wenn man das an Hand ihres Verhaltens, des Gebarens und der Gestik, demonstrierte, noch unterstützt durch die Erfahrungen des Theaters, konnte man sich dabei sogar auf die Realität berufen, da innerhalb der kurzen Zeitspanne der Emanzipation eine gänzliche Anpassung an die nichtjüdische Umwelt nicht zu erwarten war. 2 1 1 Bildeten die Entstellungen der Realität einen Teil der Satire, so traten sie schnell an ihre Stelle selbst. Der erzählerisch-inhaltliche Zusammenhang wurde sekundär; mit dem szenischen Moment wird vielmehr jüdische Art und jüdisches Verhalten an sich vorgeführt und das heißt: bloßgestellt. Diese physische und über das Gebaren (und in den Legenden durch die Sprache) demonstrierte ausschließende Gruppenzugehörigkeit der Juden ist der Grund dafür, daß sie im Bilderbogen nicht dem Tabu der Infragestellung wie alle anderen Personen und Gruppen unterlagen. Hier war die sonst gehandhabte Strategie, dem Mechanismus der Immunisierung nicht unähnlich, die aus der Bilderbogenwelt ein stimmiges, geschlossenes System machte, aufgehoben, ohne daß man das als einen Konventionsbruch e m p f u n d e n hätte. Das erklärt auch, daß selbst drastische Darstellungen Eingang finden konnten (Abb. 125), wo doch die

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Pedanterie in moralischen Fragen im Umkreis des Bilderbogens notorisch war. 212 Das alles geschah auf dem Hintergrund eines dezidiert erzieherischen Anspruchs, was zu der Überlegung führt, welche erzieherischen Vorstellungen oder Wirkungen bei den antijüdischen Satiren beabsichtigt oder stillschweigend in Kauf genommen wurden. Eingedenk des Konsenses zwischen Herstellern und Konsumenten des Bilderbogens, der Tatsache, wie sehr er Ausdruck der Zeit war, drückte sich in diesem Medium so etwas wie die öffentliche Meinung aus. Ein Bestandteil davon war das Verdikt über die Juden. Der Bilderbogen schuf öffentliche Meinung wie er ein Forum für die Artikulation derselben war. Diese negative physische Vergegenwärtigung der Juden in dem beschriebenen Kontext einer im Bilderbogen manifesten gesitteten Welt läßt auf die Wirkung schließen, ihren Intensitätsgrad ermessen. Das vormoderne Bild vom Juden besaß (mit Ausnahme der Judensaudarsteilungen und solcher von Ritualmordbeschuldigungen) kein annähernd vergleichbares Negativpotential. Die allgemeine Bestimmung des Bildes durch die Semiotik als ein Zeichensystem erscheint besonders in solchen Fällen einsichtig, in denen der Bildinhalt nicht unmittelbar transportiert wird, sondern durch den denkenden, nach vollziehenden Prozeß zusammengefügt werden muß. Dazu gehörte der ganz überwiegende Teil der früheren Darstellungen von Juden der christlichen und populären Kunst, die durch Attribute, Symbole, durch erzählerische und allegorische Mittel den Inhalt darlegten. Das Zeichen ist hier noch nicht seine Bedeutung. Bei den modernen, hier in Frage stehenden Darstellungen vermittelt das visuelle Zeichen mittels der physischen Vergegenwärtigung unmittelbar, zumindest sehr viel unmittelbarer als zuvor, den Bildinhalt. Die Aussage, die Absicht, die Wertung, erschließt sich jetzt auf direktem Wege, sie springt sofort ins Auge; es bedarf keiner Entzifferung, keiner Erläuterung und weiteren Befragung. Zeichen und Bedeutung sind identisch geworden. Der Unterschied ist dabei nicht nur ein formaler der zeichnerischen Gegebenheiten, besteht nicht bloß im jeweils unterschiedlichen zeichnerischen Rüstzeug. Mit der individuellen Definierung der Juden ist auch eine soziale mitgegeben. Den vormodernen Darstellungen, die über die religiöse und wirtschaftliche Kritik den Bezug nicht ausweiteten, fehlte der soziale Kontext und damit die Folie für den sozialen Vergleich. Jetzt erst haben die Bilder eine gesellschaftliche Dimension, die die Ausschließung ermöglichte, sie kenntlich machen konnte. Das Verhältnis von Realität und Bild war also im vormodernen und modernen Judenbild ein anderes. Die Juden bildeten früher, über einen langen Zeitraum hinweg, aus religiösen Gründen keinen integralen Bestandteil der Gesellschaft, sie galten als Fremde mit gewährtem Gastrecht. In einer Zeit, wie der vormodernen, die stark vom korporativen, gemeinschaftlichen Geist getragen war, fiel eine solche Sonderstellung besonders ins Gewicht (sie galt aber auch für viele nichtjüdische Gruppen); sie war Teil des Leitbildes der Gesellschaft und ihrer Ordnung. Mit der Emanzipation wurden die sozialen Schranken nach und nach abgebaut. Bestanden auch noch zahlreiche Einschränkungen fort und verlief der

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soziale Aufstieg und die Integrierung der Juden regional sehr unterschiedlich, so war doch der umfassende Verbürgerlichungsprozeß ein Faktum. Ein großer Teil der Juden glich sich in der Sprache, den Sitten, dem Alltagsleben, in all den Gewohnheiten, die sich im Laufe der weiteren Entwicklung aus den gleichen Pflichten und, wenn oft erst nur formell, den gleichen Rechten ergaben, der Umwelt an. Es mochte ein gewisser Sondercharakter erkenntlich bleiben und von den Juden selbst, besonders (aber auch das keineswegs immer) auf dem Lande, so empfunden und gepflegt werden — durch die Zugehörigkeit zur jüdischen Gemeinde, die Beschränkung auf bestimmte Berufszweige, die engen Familienbande der wesentliche Vorgang ist der, daß die Juden jetzt ein Teil der Gesellschaft wurden, der auch die Produzenten und Konsumenten der Bilderbogen angehörten. Der Verbesserung der Bedingungen und des Miteinanders stand die Tatsache gegenüber, daß sich allmählich aus den veränderten Verhältnissen seit der Restaurationszeit neue Formen der Ablehnung entwickelten und mit überlieferten Vorstellungen einer Pariaexistenz der Juden verbanden. Die neue soziale Nähe provozierte um so mehr dazu, ein Anderssein der Juden aus der veränderten Erfahrung heraus zu formulieren. Als die Gesellschaft die Bedingung der Ausschließung aufhob, die Juden als einzelne in Erscheinung traten und in den Integrationsprozeß einbezogen wurden, galt es, sie aufs neue zu stigmatisieren und als Kollektiv kenntlich zu machen. So korrespondierten die gesellschaftlichen Veränderungen und die Erweiterung der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten, die der Reaktion auf jene Veränderungen zu einem Ausdruck verhalfen. Der Jude wird nun in seiner Nähe als Fremder gezeigt, und dieses Anderssein ist nichts Äußerliches. Die Unterschiede werden als wesensmäßig, als tatsächlich existierend suggeriert, sie werden sinnfällig und unmittelbar nachvollziehbar im physischen Erscheinungsbild. Das Bild hat sich also hier eine eigene Ausdrucksform geschaffen, die dem Zustand auf der Ebene der öffentlichen Diskussion in der Restaurationszeit entspricht, als der von der Aufklärungsbewegung bis zu einem Grade erzielte Konsens der öffentlichen Meinung durchbrochen und eine „emanzipationskritische Öffentlichkeit" 2 1 3 hergestellt wurde (wobei „kritisch" hier negativ, im Sinne von Ablehnung gemeint ist). Aber das Bild kann, wie kaum ein zweites Medium, diese Bewußtseinshaltung in einer Weise festhalten, der eine schon entlarvende antizipatorische Qualität zuerkannt werden muß. Es ist daraufhingewiesen worden, daß die Juden nach christlichem Verständnis als einzige Nichtchristen nicht zugleich Heiden sind. Das machte sie, mochten sie sich noch so sehr zu integrieren und zu assimilieren versuchen, zu Häretikern. 214 Darin liegt die „Tragödie der Nähe", daß die Feinde der Juden darauf abzielten, „die ganz Ähnlichen als die ganz Anderen zu entlarven" 2 1 s . Zu denken ist dabei auch an das immer wieder bemühte, so gut wie nur der modernen Zeit bekannte antijüdische Argument, daß die Taufe aus den Juden noch keine Christen mache (an Ausnahmen, wie etwa die Regelung im Spanien des 13. und 14. Jahrhunderts, sei erinnert). Daß dieses Phänomen nicht nur im religiösen Umfeld

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seine Bedeutung hatte und daß seinen theologischen Wurzeln für das 19. Jahrhundert k a u m noch Gewicht zukam, dafür sind die satirischen Blätter ein instruktiver Beleg. Die religiöse Erfahrung wird für diesen Prozeß in der einen oder anderen Weise weiterhin eine Rolle gespielt haben. 2 1 6 Doch das religiöse Argument meinte jetzt mehr als dieses selbst, galt nur noch selten für sich; es sekundierte und scheinlegitimierte die nun entscheidend im Sozialen und im biologischen Rassismus gründenden Abwehrreaktionen gegen die vermeintliche Fremdheit der Juden. Schon seit dem 16. Jahrhundert trat, worüber auch die Flugblätter aufklärten, die religiös fundierte Judengegnerschaft gegenüber den weltlichen Argumenten zurück, mit dem Ergebnis eines immer stärkeren „Schwinden(s) der theologischen Begründung des Judenhasses" 2 1 7 . Für den Bildbereich trifft dies im 19. Jahrhundert fast ausschließlich zu. Innerhalb der Gesamtproduktion der Bilderbogen bildeten religiöse Darstellungen eine Themengruppe unter vielen. Unter den Darstellungen mit Juden finden sich religiöse Motive und findet sich eine religiöse Argumentation so gut wie nirgends. Die antijüdische Theater- und Prosadichtung bestätigt diese Beobachtung. Was die übrige literarische Sphäre betrifft, so beschränkten sich die Leseerfahrungen der kleinbürgerlichen und unteren Schichten auf die traditionelle Wiederholungslektüre, wie dem erwähnten religiösen Schrifttum, wobei in die kleinbürgerlichen Schichten allmählich die sogenannte extensive Lektüre, die aufklärerisches und literarisches Bildungsgut umfaßte, Eingang fand. 2 1 8 Für die Schichten oder Personen, deren Bildung nicht den christlichen Erfahrungshorizont überstieg, mag ihr Antijudaismus - sofern er bestand - noch vorrangig in dem alten theologischen Gegensatz von J u d e n t u m und Christentum seine Wurzeln gehabt haben. Für sich allein hatte dieser Gegensatz kaum noch Tragfähigkeit. Wenn hier für bestimmte ländliche, vor allem katholische Gebiete noch am ehesten Einschränkungen zu machen sind, so ist für das allgemeine Verhältnis nicht zu übersehen, daß sich auch gerade außerhalb der Städte eine neue, positive Wechselbeziehung zwischen Juden und Nichtjuden (Christen) entwickelte. „Insbesondere in den Dörfern besserte sich das Verhältnis der Konfessionen in auffallender Weise." 219 Begriff und Vorstellung vom Juden wurden im 19. Jahrhundert immer mehr säkularisiert. 220 Seit Beginn des Jahrhunderts mehren sich die Belege, die die Juden als einem anderen Volk, einem anderen Stamm zugehörig beschreiben und diesem Punkt für die Unterscheidung von Juden und Nichtjuden ein vorrangiges Gewicht beimessen. Die nationale und christliche Restauration und die auch hierdurch intensivierte theologische Auseinandersetzung können diesen Sachverhalt nur zeitweilig verdecken. Zu der vermeintlich sachlichen historischen Bibelkritik gesellte sich zunehmend eine kritische und offen ablehnende Sicht auf das Alte Testament. Immer aber ist dabei das gegenwärtige J u d e n t u m und sind die gegenwärtigen Juden in ihrem wesensmäßigen Anderssein gemeint oder zumindest auch gemeint. Es sei nur eine prominente Stimme erwähnt, Arthur Schopenhauer,

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der in seinen 1851 erschienenen „Parerga und Paralipomena" in extenso die seiner Ansicht nach dem Christentum tiefe Fremdheit des Alten Testaments darlegt und auch den Gegenwartsbezug herstellt: „Das Vaterland des Juden sind die übrigen Juden . . . Ihre Religion, von Hause aus mit ihrem Staate verschmolzen und eins, ist dabei keineswegs die Hauptsache, vielmehr nur das Band, welches sie zusammenhält, der point de ralliemment und das Feldzeichen, daran sie sich erkennen." 221 Schon das fast durchgängig verwendete, in Gewichtung und Bedeutung gänzlich ungleiche Gegensatzpaar Jude-Christ, das schon allein deshalb in den meisten Fällen unzulässig ist, weil es sich nur bei dem zweiten Begriff um einen konfessionellen handelt, suggeriert die Existenz zweier uniformer religiöser Einheiten und eine fundamental religiös determinierte Gegnerschaft, die der historischen Realität in keiner Weise gerecht wird. Zudem gab es tief verwurzelte interkonfessionelle Spannungen und Abneigungen. 222 Wenn einerseits eine Reform des Judentums und eine Aufhebung des Sondercharakters der jüdischen Gemeinden als Voraussetzung einer erfolgreichen Eingliederung der Juden gefordert wurde 223 , so zeigt andererseits der stete Hinweis darauf, daß auch ein getaufter Jude ein Jude bleibe, wie wenig das religiöse Element für sich noch dominierte, wie sehr andere, nichtreligiöse Begründungen dahinterstanden. Damit hatte sich die Situation gegenüber den früheren Jahrhunderten entscheidend geändert, als die tiefe Irritation im religiösen Gegensatz gründete, dessen Fortfall in aller Regel die Aufhebung der sozialen Schranken nach sich zog. Spielte die Religion in den Emanzipationsdebatten eine nicht unerhebliche Rolle, so war ausschlaggebend, daß sie von den Judengegnern mehr und mehr nur als Teil des allgemeinen, als unabänderlich begriffenen und einer Aufnahme in die nichtjüdische Gemeinschaft hinderlichen Charakters aufgefaßt wurde. 224 Gabriel Riesser beklagte, daß die inhumane Gesinnung gegenüber den Juden sich auf einem Boden zeige, der „zu neun Zehnteilen" der Religion entfremdet sei. 225 Religiöse Argumente behielten häufig, wie mitunter schon im Spätmittelalter, ihren Stellenwert als Vorwand für anders gelagerte Ressentiments, wie Konkurrenzneid, um von diesen abzulenken. Pointiert hatte es Heinrich Heine ausgedrückt: Die Judenfeindschaft trage im 19. Jahrhundert nicht mehr eine „düster fanatische Mönchsmiene, sondern die schlaffen aufgeklärten Züge eines Krämers, der sich ängstigt, im Handel und Wandel von dem israelitischen Geschäftsgeist überflügelt zu werden" 2 2 6 . Wenn Heine damit auch das Feld der Ursachen der Judenfeindschaft zu sehr einschränkt, weist er auf den wichtigsten Aspekt für seine äußere Begründung im Bild. Die Beispiele machen deutlich, daß im Umfeld der Thematik der jüdischen materialistischen Denkungsart eine große Variationsbreite an Gestaltungsmöglichkeiten bestand. Im Rahmen dieser eingeschränkten Blickwendung demonstrierten denn auch die Zeichner ihr erfinderisches Geschick. Wenn erst die Art der optischen Präsentation der Juden der bildlichen Diffamierung die entscheidende Stoßkraft verlieh, so waren die über den Text der Legenden laufenden Verunglimpfungen von zusätzlichem Gewicht und das vor allem dann, wenn sie

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vermeintlich argumentativ vorgingen. Die steten Wiederholungen unwahrer Behauptungen, denunzierender Beschuldigungen unterstützten wirkungsvoll die bildlich-visuelle Sphäre. Dazu gehörte konsequenterweise, daß die dargelegten Eigenschaften der Juden, ihr wucherisches, materialistisches Gebaren, als angeboren erscheinen. Hier gibt es wieder deutliche Parallelen zum Theater. In manchen humoristisch-satirischen oder dezidiert judenfeindlichen Stücken seit Anfang des 19. Jahrhunderts herrschte das Motiv des wucherischen Juden vor und drängte das zum Teil noch fortbestehende aufklärerische Theater zurück. (Ein ausgesprochen penetrantes Beispiel ist Achim von Arnims Schauspiel „Halle und Jerusalem" von 1811.) Damit hatten sich die pädagogischen Bemühungen des Dramas seit dem späteren 18. Jahrhundert im Umkreis und in der Nachfolge von Lessings „Nathan dem Weisen", das den hochherzigen Juden einführte, auch in dieser Hinsicht als illusorisch erwiesen. Im Bild stützten sich gegenseitig die Argumente. Die inhaltliche Agitation baute auf der visuellen auf, sie nahm die Darstellungen als Plattform für die im engeren Sinne auf das Wirtschaftsverhalten der Juden bezogene, im weiteren Sinne politische und moralische Verurteilung. Oft ist sogar das negative Potential dem Wort allein überlassen, und es gibt Darstellungen, die durch ihre Legenden besonders bösartig sind. So möchte ein Bilderbogen (Abb. 131) die geschilderte Situation jüdischer Hartherzigkeit als sachlich registrierend und damit als eine schonungslose Demaskierung ausgeben. Die Denunziation verläuft hier, da es der Darstellung an satirischen Mitteln gebricht, ausschließlich über das Medium der Sprache; sie ist keine inhärente bildliche Eigenschaft. Die Wichtigkeit des Bildes liegt in solchen Fällen vorrangig darin, daß es als Blickfang dazu animiert, nach der Art der angebotenen Mitteilung zu fragen; es eignete sich so als Vehikel einer antijüdischen Propaganda besser als ein reiner Text. Das Deutsch, das die Juden in den Legenden sprechen, verstärkte den Negativeffekt. Der Verzicht auf den besonderen Dialekt oder die Sprache der Juden hatte ja als eine der Bedingungen ihrer Aufnahme in die nichtjüdische Gemeinschaft gegolten. Über die Identifizierung hinaus sollte das Judendeutsch in den bildlichen Satiren immer zugleich die Funktion erfüllen, die Träger der Sprache verächtlich zu machen. Dieses Verfahren war im Prinzip schon im geistlichen und weltlichen Schauspiel des Mittelalters angewandt worden. Aber die hier verwendete hebräisierte Sprache wird, da sie tatsächlich viel fremder klang als der Dialekt der Juden im 19. Jahrhundert, nicht den unangenehmen Klangeffekt des verballhornten Judendeutsch gehabt haben. Erst durch die Nähe dieser Sprache zum Hochdeutsch und den hierdurch immer mitgegebenen Vergleich konnte man sich an ihr reiben. Diese Methode verfing um so stärker in einer Zeit, die, auf Herder und der Romantik aufbauend (deren Ahnen bis in die deutsche Mystik zurückreichen), der Sprache einen ganz besonderen Stellenwert beimaß und sie als Ausdruck des Volksgeistes beschrieb. Die mythische Überhöhung der eigenen Sprache förderte zwangsläufig den Ethnozentrismus.

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Allerdings erkannte die Zeit in dem Deutsch der Juden auch Klangabstufungen. Die Wirkung scheint von dem Kontext, in dem es gesprochen wurde, abhängig gewesen zu sein. Börne berichtet, wie sehr etwa das jüdische Kauderwelsch von Schewa, der Hauptfigur von Richard Cumberlands Schauspiel „Der Jude", in einer Aufführung einen anrührenden, mitleiderregenden Effekt bewirkte. 227 Doch bleibt festzuhalten, daß der Rassenantisemitismus seit Mitte der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts — erinnert sei an Richard Wagner — in seine Argumentation auch die Sprache miteinbezog, indem er das Deutsch der Juden als weiteren Beleg der Fremdheit und des Verharrens auf einer niederen und moralisch verwerflichen Kulturstufe des jüdischen Volkes auffaßte. Damit war, wie im Fall der Taufe, festgelegt, daß die Übernahme der deutschen Sprache die bestehenden Wesensunterschiede nur notdürftig kaschieren, aber nicht aufheben konnte. Das Neue jedoch der antijüdischen Bildsatire lag in etwas anderem. Die Situation hat sich, um fürs erste zusammenzufassen, gegenüber den Darstellungen der zurückliegenden Jahrhunderte grundsätzlich verschoben. Waren früher die Juden, von den wenigen, meistens spätgotischen Ausnahmen abgesehen, nur über den attributivischen Umweg und über die Kleidung zu identifizieren gewesen und das Kritikwürdige an ihrem Tun religiös oder wirtschaftlich begründet worden, so wird die Kritikwürdigkeit jetzt als Faktum genommen und über die physische Erscheinung demonstriert, allenfalls noch durch bilderzählerische, exemplifizierende Mittel abgesichert. Äußere Belege, wie das Geschäftsgebaren der Juden, gelten als Exemplum, als ein instruktiver Beleg ihrer Schlechtigkeit, aber nicht als das einzige Feld oder gar als die Verursachung dafür. Die Schlechtigkeit war, so verdeutlichen es die Bilder, in ihnen selbst begründet. Diese Vorstellung erfährt nach den ersten formal bewältigten Lösungsversuchen in der frühemanzipatorischen Zeit im Bilderbogen der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts seine systematische Ausführung. Die bewußte außerbildliche Verwertung dieser neuen Form der antijüdischen Strategie erfolgte überwiegend zeitverschoben, ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Als Ludolf Holst 1821 sein pseudowissenschaftliches antijüdisches Pamphlet „Judentum in allen dessen Teilen" schrieb und in seinem sechsten Abschnitt auch das „Judentum in physischer Hinsicht" einer Betrachtung unterzog, meinte er damit lediglich die Lebensgewohnheiten der Juden; rassische, das Körperbild miteinbeziehende Begründungen erfolgten an keiner Stelle. 228 Wenige Jahrzehnte später hätte der Rassenantisemitismus in einem solchen thematischen Umfeld die hier an frühen Beispielen des Bildes gezeigten denunziatorischen Möglichkeiten nicht mehr ungenutzt gelassen.

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Abb. 92: Das theure Faß, Holzschnitt, aus: Basler Hinkender Bote, 1829 (Basel, Seminar für Volkskunde der Universität Basel)

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Abb. 93: Die jüdischen Rekruten, Holzschnitt, aus: Zürcher Kalender, 1830 (Basel, Seminar für Volkskunde der Universität Basel)

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Abb. 94: Der Thalhauser Galgen, Holzschnitt, aus: Johann Peter Hebel, Der Rheinländische Hausfreund, 1815

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Abb. 95: Die zwei Postillione, Holzschnitt, aus: Johann Peter Hebel, Der Rheinländische Hausfreund, 1811

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Abb. 96: Der Kornwucherer, Holzschnitt, aus: Der Rheinische Hinkende Bote, Straßburg 1820 (Bielefeld, Calender Cabinet)

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Abb. 97: Bekenntnis eines frommen Israeliten, Lithographie, um 1848,26,5 χ 20,8 cm (Bamberg, Staatsbibliothek)

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Abb. 98: Gleiches mit Gleichem, aus: Johann Peter Hebel, Die Schwanke des Rheinländischen Hausfreundes, Stuttgarter Ausgabe 1842

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Abb. 100: Wie einmal ein schönes Roß ..., aus: Johann Peter Hebel, Die Schwanke des Rheinländischen Hausfreundes, Stuttgarter Ausgabe 1842

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Abb. 101: Schlechter Gewinn, aus: Johann Peter Hebel, Die Schwanke des Rheinländischen Hausfreundes, Stuttgarter Ausgabe 1842

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Abb. 102: Die beiden Väter, Holzschnitt, um 1830,17,2 χ 16,4 cm (Hamburg, Staatsarchiv)

197

Abb. 103: Johann Michael Voltz, Das Gesicht, Kupferstich, um 1810, 21,5 χ 15,8 cm (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung)

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Abb. 104: Unser Verkehr. 1. Auftritt, kolorierter Kupferstich, 1820/1825,14,9 χ 20,3 cm (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung)

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Abb. 105: Unser Verkehr. 2. Auftritt, kolorierter Kupferstich, 1820/1825,14,7 χ 20,2 cm (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung)

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Abb. 106: Johann Michael Voltz, Unser Verkehr, kolorierter Kupferstich, um 1820, 15,6 χ 20,9 cm (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung)

201

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Abb. 107: Auf Begehr - Unser Verkehr. 1. Szene, kolorierter Kupferstich, um 1815, 16,5 χ 20,8 cm (Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe)

202

Abb. 108: Unser Verkehr. 1. Auftritt, kolorierter Kupferstich, 1814/15,15,2 χ 13,0 cm (Frankfurt, Historisches Museum, Graphische Abteilung)

203

Abb. 109: Unser Verkehr. 8. Auftritt, kolorierter Kupferstich, um 1815,14,9 χ 12,9 cm (Berlin, Berlin Museum)

204

Abb. 110: Unser Verkehr - Albert Wurm und Ludwig Devrient, kolorierter Kupferstich, 1815,23,9 χ 14,9 cm (Berlin, Berlin Museum)

205

Abb. I l l : Unser Verkehr in anderer Manier, Lithographie, 1830/1840,19,5 χ 24,3 cm (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung)

206

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Abb. 112: Der Verkehr mit dem Fleischer, Lithographie, 1830/1840, 14,0 χ 11,5 cm (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung)

207

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Abb. 2 7 3 : Hosen und Tornister, in: Fliegende Blätter, 3 6 . Bd., 1860/1862, Nr. 8 6 9

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„ £ e r f d ) , m i gib ft SDu deiner Xoc^ter mit $ur (Sfyaffene ( £ o % t t ) ? " Abb. 274: Die große Mitgift, in: Fliegende Blätter, 25. Bd., 1857, Nr. 595

424

Abb. 275: Börsenspekulanten, in: Fliegende Blätter, 15. Bd., 1851/1852, Nr. 343

425

Abb. 276: Jakob Homburg, Ich alter ehrlicher Schmul, Radierung, um 1780,19,8 χ 14,2 cm (Coburg, Kunstsammlungen der Veste Coburg)

426

Abb. 277: Polnischer Jude, Illustration aus: Taschenbuch für die Kinder Israels, Berlin 1804 (aus: Eduard Fuchs, Die Juden in der Karikatur, 1921, Abb. 78)

427

Abb. 278: Johann Heinrich Ramberg, Raskammjuden, Feder, 1805/1807,24,7 χ 39,6 cm (Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum)

428

Abb. 279: Johann Adam Klein, Jüdische Händler und Soldaten, Radierung, 1819,16,2 χ 21,7 cm (Hamburger Kunstballe, Kupferstichkabinett)

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