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German Pages [630] Year 2015
Sebastian Bode
Die Kartierung der Extreme Die Darstellung der Zeit der Weltkriege (1914 – 1945) in aktuellen europäischen Geschichtsatlanten
Mit zahlreichen Abbildungen
V& R unipress
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8471-0356-1 ISBN 978-3-8470-0356-4 (E-Book) Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ó 2015, V& R unipress in Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Druck und Bindung: CPI buchbuecher.de GmbH, Birkach Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
Inhalt
Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Einleitung . . . . . . . . . . . 1.1. Zum Stand der Forschung 1.2. Thema und Fragestellung 1.3. Methodisches Vorgehen .
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2. Die Reflexion des Untersuchungsgegenstands »Zeit der Weltkriege« im Kontext von Geschichtswissenschaft und Lehrmittelforschung . . 2.1. Die Zeit der Weltkriege – Charakter, Periodisierung und Gewichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Kriegsdarstellungen im Fokus der Lehrmittelforschung – Historische und aktuelle Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Visualisierung von Geschichte in Karten – Methodische Ansätze zur Analyse von Raummedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Raum und Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1. Raum und Geschichtswissenschaft . . . . . . . . . . . . 3.1.2. Raum und Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3. Raum und Historisches Lernen . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Die Geschichtskarte als Medium der visuellen Kommunikation und Raumkonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1. Die Geschichtskarte und ihr Referenzpunkt . . . . . . . 3.2.1.1. Die Geschichtskarte und Kartenkritik . . . . . . 3.2.1.2. Die visuelle Sprache der Geschichtskarte . . . . 3.3. Die Karte als kartographisches Konstrukt: Elemente der Geschichtskarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1. Kartenzeichen/Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2. Generalisierung/Synthetisierung . . . . . . . . . . . . . 3.3.3. Maßstab/Ausschnitt/Projektion . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
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4. Geschichtsatlanten im europäischen Vergleich . . . . . . . . . . . . . 4.1. Einflussfaktoren auf die Entstehung von Geschichtsatlanten in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1. Die Bedeutung von Zulassungsverfahren, Lehrplänen und Geschichtspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2. Verlage zwischen Traditionsbildung und internationaler Verflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3. Nutzungskontexte und didaktische Zielsetzung als wichtige Faktoren der Atlasgestaltung . . . . . . . . . . 4.2. Geschichtsatlanten in Europa seit 1990 . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1. Methodische Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2. Zwischen Schule und Nachmittagsmarkt: Zielgruppen von Geschichtsatlanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3. Die raumdimensionale Orientierung von Geschichtsatlanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4. Die inhaltliche Gliederung und epochale Schwerpunktsetzung von Atlanten . . . . . . . . . . . . 4.2.5. Der Atlas als Medienmix: Multimodalität und Geschichtsatlanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.3.4. Farbgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Die Geschichtskarte im Kontext geschichtsdidaktischer Reflexionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1. Die (Geschichts-)karte als Medium des Unterrichts 3.4.2. Die Geschichtskarte und Multimodalität . . . . . .
5. Die Zeit der Weltkriege im Kontext der Gesamtstruktur europäischer Geschichtsatlanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Die allgemeine Gewichtung der Zeit der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Die Einbettung der Zeit der Weltkriege in die Visualisierung von Weltgeschichte in Schulgeschichtsatlanten . . . . . . . . 5.3. Die Gewichtung von Teilaspekten innerhalb der Zeit der Weltkriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Auffällige nationale Gewichtungen innerhalb der Zeit der Weltkriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5. Die »Nicht-Berücksichtigung« von Teilbereichen der Zeit der Weltkriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6. Gewichtungen in der allgemeinen raumdimensionalen Perspektivierung der Zeit der Weltkriege . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
6. Die Zwischenkriegszeit als Schlüssel zur Zeit der Weltkriege – Die sektorale Gewichtung der Raumdarstellung in europäischen Geschichtsatlanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Die sektorale Gewichtung der Zwischenkriegszeit als zentrales Selektionskriterium kartographischer Darstellung . . . . . . . 6.2. Die Zwischenkriegszeit als Ausdruck von »Katastrophe« oder »Fortschritt« – Die sektorale und raumdimensionale Analyse der Epoche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1. Die sektorale Vielfalt der Zwischenkriegszeit – Gewichtungen und Besonderheiten . . . . . . . . . . . . 6.2.2. Inhaltliche Schwerpunktsetzungen als Teil kausaler Zusammenhänge in Gestaltung der Zeit der Weltkriege . 6.2.3. Die Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten – Ein Epochenbild zwischen »Katastrophe« und »Fortschritt« . . . . . . . . . . . . . 7. Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege: Perspektiven im Spektrum von National- und Globalgeschichte . . . 7.1. Die Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten – Leitgedanken zu ihrer räumlichen Perspektivierung . . . . . . 7.2. Erster Weltkrieg: Europazentrierung und/oder postkoloniale Perspektiven? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1. Schwerpunkte in der Raumperspektivierung des Ersten Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2. Die Europakarte und der Kriegsschauplatz des Ersten Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3. Europa im Fokus des Betrachters – Die Kombination von Europa-, National- und Schauplatzkarten . . . . . . 7.2.3.1. Der räumlich begrenzte Blick auf den Weltkrieg – Die Westfront im Zentrum der Betrachtung . . 7.2.3.2. Der Raum des lokalen Kriegsgeschehens – Intensivierung der Darstellung? . . . . . . . . . 7.2.3.3. Der Raum der eigenen Geschichte im Fokus – Nationale Perspektivierung . . . . . . . . . . . . 7.2.4. Der Blick außerhalb Europas in der Darstellung des Ersten Weltkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.4.1. Der globale Raum als Anhängsel – Weltkarten in Ergänzung des weltumspannenden Geschehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
7.2.4.2. Andere Räume? – Die Betrachtung außereuropäischer Ereignisse durch Schauplatzkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.4.3. Europakarten in der Betrachtung außereuropäischer Ereignisse – Das »Silencing« in der Raumdarstellung . . . . . . . . . . . . . . 7.3. Der Geschehensraum des Zweiten Weltkriegs – Nationaler, europäischer oder globaler Krieg? . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1. Schwerpunkte in der Raumperspektivierung des Zweiten Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2. Der Zweite Weltkrieg in seiner räumlichen Dimensionierung im Atlas . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2.1. Schauplatz Europa: Der eigene Kontinent im Fokus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2.2. Schauplatz der eigenen Erinnerung – Der räumlich begrenzte Blick in nationaler Darstellung des Zweiten Weltkriegs . . . . . . . 7.3.2.3. Der gemeinsame Ort des Weltkriegs im Kartenausschnitt jenseits der Nationalgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2.4. Kriegsschauplätze außerhalb Europas – Die globale Dimension des Zweiten Weltkriegs . . . 8. Grausame Objektivität oder angemessene Sachlichkeit? – Die Visualisierung des Holocaust in europäischen Geschichtsatlanten . . 8.1. Optionen und Muster der Holocaustvisualisierung – die historische Entwicklung in europäischen Geschichtskarten (ein Rückblick) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2. Optionen und Muster der Holocaustvisualisierung – Kartographische Darstellungsmöglichkeiten und multimodale Ergänzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1. Die Visualisierung des Holocaust im Atlas – Konzentrations- und Vernichtungslager . . . . . . . . . 8.2.2. Die Visualisierung des Holocaust im Atlas – Deportation und Transport . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.3. Die Visualisierung des Holocaust im Atlas – Das Spektrum multimodaler Ergänzungen . . . . . . . . . .
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Inhalt
8.3. Der Raum des Holocaust – Der Genozid als Thema innerhalb und außerhalb der Kriegsdarstellung des Geschichtsatlas . . . . 8.3.1. Der Holocaust als Teil des Zweiten Weltkriegs – Die Dimensionierung des Völkermords im Rahmen der Kriegsdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.2. Der Holocaust in seiner von den Ereignissen des Weltkriegs abgekoppelten Betrachtung – Der Völkermord in europäischer oder räumlich begrenzter Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Die Weltkriegsgeschichte in Geschichtsatlanten – Kartenspezifische Darstellungsformen thematischer Einzelaspekte im transnationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1. Kriegsgeschichte im Atlas: Von militärhistorischen Geschichtskarten und Generalsstabskarten . . . . . . . . . . . 9.2. Kartensprache auf dem Prüfstand: Die Möglichkeiten der kartographischen Darstellung der Weltkriege . . . . . . . . . . 9.2.1. Traditionelle Bilder von Kriegsgeschichte – Die Kartierung des Weltkriegsgeschehens durch geometrisch-abstrakte Kartenzeichen . . . . . . . . . . 9.2.2. Das visuelle Spektrum der Weltkriege – Die Kartierung des Kriegsgeschehens durch symbolische- und bildhafte Kartenzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.3. Die Weltkriege in Britischrot und Preußischblau – Farbkonventionen im Atlas . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3. Grenzen in der kartographischen Darstellung von Kriegsgeschichte – Die Aufgabe und Bedeutung von Kartenergänzungen im Atlas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Grenzdarstellungen und Geschichtskultur – Geschichtskarten aus (Ost-) Mitteleuropa und ihre vielschichtigen Kontexte . . . . . . . 10.1. Die Abbildung von Grenzen in Geschichtskarten – Die Reflexion unterschiedlicher Darstellungsebenen . . . . . . . . 10.1.1. Der Raum des visuell Darstellbaren – Grenzdarstellungen auf Geschichtskarten (Ebene I) . . 10.1.2. Die Raumerzählung als Teil historischer Sinnbildung – die Grenzdarstellung in der Abbildung von Geschichte (Ebene II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2. Kontroverse Grenzdarstellungen im Schnittfeld von Geschichtskarte und Geschichtskultur – Karten und ihre sozio-kulturellen Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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10 11. Fazit – Die Darstellung der Zeit der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1. Die Heterogenität des Korpus europäischer Geschichtsatlanten . 11.2. Die Historische Perspektivierung der Zeit der Weltkriege – Analyse der raumdimensionalen Kartengestaltung und deren sequenzieller Folge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3. Darstellungsoptionen in der kartenmethodischen Gestaltung: Möglichkeiten und Grenzen in der Darstellung der Zeit der Weltkriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4. Ausblick und Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Inhalt
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Anlagen Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Atlas-, Schulbuch- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . .
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Onlineressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Danksagung
Die vorliegende Untersuchung ist das Ergebnis der von mir als wissenschaftlichem Mitarbeiter verfassten Dissertation, die einen Teilbereich des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts »Geschichtsatlanten in Europa – Konstruktion und didaktischer Gebrauch raumbezogener Geschichtsdarstellungen im transnationalen Vergleich« am Lehrstuhl für die Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universität Gießen darstellt. Für die geduldige Beratung im Schaffensprozess, konstruktive Gespräche, vielfältige Anregungen sowie schließlich das Erstgutachten möchte ich vor allem Prof. Dr. Vadim Oswalt meinen Dank aussprechen, der mit der Idee für das DFGProjekt an seinem Lehrstuhl die ausführlichen Erhebungen überhaupt erst möglich gemacht hat. Daneben hat Prof. Dr. Peter Haslinger als ständiger Unterstützer des DFGProjekts ebenso Anteil an dieser Arbeit, sein Engagement ging weit über das Zweitgutachten hinaus. Als Direktor des Herder-Instituts und Professor für die Geschichte Ostmitteleuropas waren seine Hinweise wie auch sein Einsatz für die Studien genauso wie seine Expertise in thematischen und methodischen Fragen besonders wertvoll. Da ich nicht alle Personen namentlich aufführen kann, die dem DFG-Projekt sowie der Dissertation mit Rat und Tat beiseite standen, sei vor allem auf die Mitarbeiter des Historischen Instituts, speziell der Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universität Gießen verwiesen. Herausstellen möchte ich an dieser Stelle Mathias Renz, der als Kollege und Diskussionspartner im DFG-Projekt für viele Inspirationen sorgte und mit seiner helfenden Hand auch zum Gelingen dieser Arbeit beitrug. Zu Dank bin ich zudem auch den studentischen Hilfskräften des DFG-Projekts verpflichtet. Insbesondere Caroline Clormann und Christian Zeuch unterstützten im Entstehungsprozess dieser Arbeit immer wieder mit wertvollen Ideen und Einsatzbereitschaft. Daneben standen zahlreiche Übersetzer, Berater und Multiplikatoren jederzeit hilfreich für Anmerkungen und länderspezifische Fragen bereit. Darüber hinaus gebührt mein Dank für die Beratung und Recherche von
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Danksagung
Materialien Mitarbeitern und Personal des Herder-Instituts in Marburg, des Georg-Eckert Instituts für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig, des Gießener Zentrums Östliches Europa sowie der Universitätsbibliothek der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Die Schlusskorrektur übernahm Waltraut Carty, der ich dafür ebenfalls sehr dankbar bin!
1.
Einleitung
»Karten sind zeit- und ortsgebunden, schweben nicht im abstrakt-luftleeren Raum, sondern stehen in einem bestimmten historischen und kulturellen Kontext.«1
Insbesondere für die Kartierung des »Zeitalter[s] der Extreme«2 auf Geschichtskarten scheint diese Feststellung mehr als zutreffend, denn kaum eine andere Epoche der Weltgeschichte beeinflusst den Transport und die Manifestation von gegenwärtigen Raum- und Geschichtsbildern nachhaltiger. Neben der Zeit als grundkategoriale Dimension historischen Denkens rückt in der Untersuchung von Kartenmedien speziell die Kategorie »Raum« in den Mittelpunkt. Im Rahmen der geschichtswissenschaftlichen Diskussion über den »Raum« und seine Repräsentationsformen gilt der »spatial turn« als eine wichtige Voraussetzung für die »Historisierung des Raumes«, da ohne diesen Schritt grundlegende Dimensionen der Vorstellungswelt der Akteure und ihr Zugang zum »Raum« versperrt bleiben.3 Somit haben hinsichtlich der transnationalen Erforschung von raumbezogenen Geschichtsdarstellungen vor allem Aspekte zur »Wiederkehr des Raumes«4 sowie zur »Diskussion grundlegender Fragen des Raums im historischen Lernen«5 besondere Bedeutung. Dabei ist die Geschichtskarte aber nicht nur für den Schulunterricht als das zentrale Medium der Raumvisualisierung anzusehen, da sie durch ihr omnipräsentes Auftreten 1 Schlögel, Karl: Im Raume lesen wir die Zeit. Über Zivilisationsgeschichte und Geopolitik. Wien 2003, S. 91. 2 Vgl. Hobsbawm, Eric: Age of extremes. The short twentieth century, 1914 – 1991. London 1994, im Folgenden wird die deutsche Ausgabe von 2007 zitiert: Hobsbawm, Eric: Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. München 2007. 3 Vgl. Schneider, Ute: Tordesillas 1494 – Der Beginn einer globalen Weltsicht, in: Saeculum 54 (2003) 1, S. 62; Schlögel, Karl: Kartenlesen, Augenarbeit. Über die Fälligkeit des spatial turn in den Geschichts- und Kulturwissenschaften, in: Kittsteiner, Heinz Dieter (Hrsg.): Was sind Kulturwissenschaften? 13 Antworten. München 2004, S. 261 – 283. 4 Osterhammel, Jürgen: Die Wiederkehr des Raumes: Geopolitik, Geohistorie und historische Geographie, in: Neue politische Literatur 43 (1998) 3, S. 374 – 397. 5 Oswalt, Vadim: Das Wo zum Was und Wann. Der »spatial turn« und seine Bedeutung für die Geschichtsdidaktik, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 61 (2010) 4, S. 220 – 234.
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Einleitung
auch außerhalb des Klassenzimmers für die Geschichtskultur insgesamt Relevanz besitzt.6 Sie verkörpert neben dem Text eine genuin eigene Darstellungsform von Geschichte und erlaubt deshalb nicht nur die Nutzung als historische Quelle für interpretative Verfahren. Denn besonders die hohe »Veranschaulichungskraft« der Karte konfrontiert den Menschen mit räumlichen Repräsentationen zur Geschichte und kann Vorstellungen zu historischen Gesichtspunkten in Form von Raum- und Geschichtsbildern prägen.7 Die Beschäftigung mit Geschichtskarten bedarf deshalb eines breiten interdisziplinären Ansatzes, um im Kontext einer vergleichenden Analyse die Entschlüsselung der vielschichtigen medialen Gestalt (formale Decodierung) von kartographischen Darstellungen auch im Zusammenhang einer historisch-visuellen Narration (Zeit der Weltkriege) zu gewährleisten.8 Daneben interessiert genauso die Einbettung von Karten in Geschichtsatlanten sowie deren Entstehung und Gestaltung (Genese).
1.1. Zum Stand der Forschung Eingang in geschichtswissenschaftliche Forschungen haben Atlanten und Karten in der Vergangenheit meist nur als Quelle gefunden, während man sie als historiographisches Medium bisher kaum beachtete.9 Deshalb ist auch die 6 Oswalt, Vadim: Die Macht der Visualisierung historischer Räume – Die Karte als Medium der Geschichtskultur in Europa, in: Handro, Saskia; Schönemann, Bernd (Hrsg.): Raum und Sinn. Die räumliche Dimension der Geschichtskultur. Berlin 2014, S. 195 – 210. 7 Vgl. Schraut, Sylvia: Kartierte Nationalgeschichte. Geschichtsatlanten im internationalen Vergleich 1860 – 1960. Frankfurt/Main 2011, S. 12. 8 Vgl. u. a. Harley, John Brian: Deconstructing the Map; in: John Brian; Laxton, Paul (Hrsg.): The New Nature of Maps. Essays in the History of Cartography. Baltimore 2001, S. 149 – 168. 9 Vgl. Dipper, Christof: Stadt, Land, Volk. Historische Atlanten und die Schaffung der deutschen Nation, in: Archiv für Kulturgeschichte 91 (2009) 2, S. 360 – 380; Schultz, Hans-Dietrich: Das Kartenbild als Waffe im Geographieunterricht der Zwischenkriegszeit, in: Kartographische Nachrichten 58 (2008) 1, S. 19 – 27; Schultz, Hans-Dietrich: Sie wussten, was sie taten! Die propagandistische »Kraft der Karte« in der deutschen Schulgeographie der Zwischenkriegszeit, in: Tzschaschel, Sabine (Hrsg.): Visualisierung des Raumes: Karten machen – die Macht der Karten. Leipzig 2007, S. 13 – 39; Schneider, Ute: Kartographie als imperiale Raumgestaltung. Alexander (Sndor) Radûs Karten und Atlanten, in: Zeithistorische Forschungen: Bestandteil des Portals Zeitgeschichte-online 3 (2006) 1, S. 79 – 94; Schlögel: Kartenlesen, Augenarbeit, S. 261 – 283; Vollmar, Rainer : Die Vielschichtigkeit von Karten als kulturhistorische Produkte, in: Unverhau, Dagmar (Hrsg.): Geschichtsdeutung auf alten Karten. Archäologie und Geschichte. Wiesbaden 2003, S. 381 – 395; Schlögel, Karl: Kartenlesen, Raumdenken. Von einer Erneuerung der Geschichtsschreibung, in: Merkur 56 (2002) 4, S. 308 – 318; vgl. u. a. die Monographien: Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Lehn, Patrick: Deutschlandbilder. Historische Schulatlanten zwischen 1871 und 1990 – ein Handbuch. Köln 2008; Schneider, Ute: Die Macht der Karten. Eine Geschichte der Kartographie vom Mittelalter bis heute. Darmstadt 2006; Barber, Peter : The map book. London 2005; Gugerli,
Zum Stand der Forschung
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konkrete Darstellung von Geschichte in Karten, insbesondere von wichtigen thematischen Aspekten, wie etwa der Zeit der Weltkriege, von Geschichtswissenschaftlern noch nie eingehend untersucht worden. Auf dem Gebiet der Geschichtsdidaktik beschäftigten sich bis dato lediglich kleinere Ansätze mit der Konstruktion und dem didaktischen Gebrauch von raumbezogenen Geschichtsdarstellungen.10 Eine umfassende Analyse, die über die Betrachtung der methodischen Einsatzmöglichkeiten von Geschichtskarten im historischen Lernen hinausreicht, widerfuhr Raummedien bislang nicht.11 Dieser Forschungslücke Rechnung tragend beschäftigt sich die vorliegende Untersuchung einerseits mit dem wissenschaftlich kaum berücksichtigten Thema des transnationalen Vergleichs von Geschichtsatlanten als Bildungsmedien.12 Andererseits sollen aus der Perspektive der mediendidaktischen ForDavid; Speich, Daniel: Topografien der Nation: Politik, kartographische Ordnung und Landschaft im 19. Jahrhundert. Zürich 2002; Thrower, Norman J.W.: Maps and Civilization. Cartography in Culture and Society. Chicago 1999; Herb, Guntram Henrik: Under the map of Germany. Nationalism and propaganda 1918 – 1945. London 1997; Black, Jeremy : Maps and history. Constructing images of the past. New Haven 1997; Black, Jeremy : Maps and Politics. London 1997; Edney, Matthew H.: Mapping an Empire. The Geographical Construction of British India, 1765 – 1843. Chicago 1997; Winichakul, Thongchai: Siam mapped: a history of the geo-body of a nation. Honolulu 1994 sowie folgende Sammelbände: Haslinger, Peter ; Oswalt, Vadim (Hrsg.), Kampf der Karten. Propaganda- und Geschichtskarten als politische Instrumente und Identitätstexte in Europa seit 1918. Marburg 2012; Tzschaschel, Sabine (Hrsg.): Visualisierung des Raumes: Karten machen – die Macht der Karten. Leipzig 2007; Dipper, Christof; Schneider, Ute; Behringer, Wolfgang (Hrsg.): Kartenwelten: der Raum und seine Repräsentation in der Neuzeit. Darmstadt 2006; Harley ; Laxton (Hrsg.): The New Nature of Maps. 10 Vgl. Oswalt, Vadim: Wie Geschichte zweidimensional wird. Aus der Werkstatt eines Autors; in: Dipper ; Schneider (Hrsg.): Kartenwelten, S. 26 – 41; vgl. auch Moser, Jana: Wie Geschichte in Karten kommt. Der Atlas zur Geschichte und Landeskunde von Sachsen, in: Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften (2009) 3, S. 96 – 109. 11 Vgl. Raisch, Herbert: Die Karte – ein vernachlässigtes Medium der Geschichtsdidaktik. Kategoriale Kartenarbeit – ein möglicher Ansatz, in: Schönemann, Bernd (Hrsg.): Geschichtsbewusstsein und Methoden historischen Lernens. Weinheim 1998, S. 169 – 185; Hantsche, Irmgard: Geschichtskarten – Ein Medium zwischen Objektivität und tendenziöser Beeinflussung, in: Süssmuth, Hans (Hrsg.): Geschichtsunterricht im vereinten Deutschland. Auf der Suche nach Neuorientierung. Baden-Baden 1991, S. 257 – 273; Hantsche, Irmgard: Karten im Schulgeschichtsbuch, in: Internationale Schulbuchforschung 19 (1997) 4, S. 383 – 398; Sauer, Michael: Karten und Kartenarbeit im Geschichtsunterricht, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 51 (2000) 1, S. 37 – 46; Sauer, Michael: Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik. Seelze 2004, S. 204 – 212. 12 Vgl. Kamusella, Tomasz: School history atlases as instruments of nation-state making and maintenance: a remark on the invisibility of ideology in popular education, in: Journal of educational media, memory, and society 2 (2010) 1, S. 113 – 138; Mittag, Detlev : Geschichtsbilder in Schulgeschichtsatlanten. Ein diachroner und synchroner Vergleich. Berlin 1997; Mittag, Detlev : Schulgeschichtsatlanten – eine Quelle ethnozentrischer Selbstbilder, in: Internationale Schulbuchforschung 21 (1999) 3, S. 217 – 234; Wolf, Armin: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder ; in: Internationales Jahrbuch für Geschichts- und Geographie-Unterricht 13 (1970/71), S. 64 – 101; Buhr, Her-
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Einleitung
schung und mit Blick auf Gesamteuropa mittels eines dekonstruktivistischen Zugriffs Besonderheiten und Muster aufgedeckt werden, die über kartenmethodische, aber auch über externe Einflüsse auf die Gestaltung von Raummedien aufklären. Ansätze zur Friedenserziehung werden im Anschluss an den thematischen Schwerpunkt vorgestellt. Daneben soll die in der Geschichtsdidaktik entwickelte Theoriebildung zur Geschichtskultur helfen, den Geschichtsatlas und seine kartographischen Darstellungen als Grenzgänger zwischen schulischem Gebrauch und allgemeinen Bildungsbedürfnissen zu verorten.13 Ziel ist es vor allem, Geschichtskarten und -atlanten angesichts der Hinwendung zu Fragen von »Raum« und »Geschichte« im sogenannten »spatial turn« als bisher viel zu wenig beachtete Medien zu erschließen, um über eine alternative Form der Kommunikation von »Geschichte« neben dem Text aufzuklären. Dekonstruktivistische Ansätze in der Kartentheorie Die Diskussion um die »Macht der Karten« wird in erster Linie von Kartentheoretikern wie den britischen Historikern John Brian Harley und Jeremy Black sowie den amerikanischen Geographen Denis Wood oder Mark Monmonier bestimmt. Sie versuchen einerseits, das Medium als wichtiges Kommunikationsmittel neben dem Text zu dekodieren, andererseits möchten sie die relevanten Faktoren von externen Einflüssen, die auf das kartographische Bezugssystem im Spektrum sozio-kultureller Referenzen sowie Intentionen und Perspektiven der Kartenmacher einwirken, freilegen. Dekonstruktivistische Gedanken haben daher erheblichen Einfluss auf den methodischen Zugang in der Erforschung von Geschichtskarten, da sie wichtige Impulse zum Zugriff auf die mediale Gestalt von Karten geben. Diese werden als »selective representations of reality«14 verstanden. Denis Wood begründet dies damit, dass in Wirklichkeit in allen Karten Grundannahmen und gesellschaftliche Konventionen stecken.15 Karten besitzen demnach nicht nur eine eigenständige Kodierung, die wie ein Text interpretiert werden kann, sondern sind auch als Medien voller Botschaften und Ideologien mit hohem Manipulationscharakter anzusehen. Durch diese Einflussnahme beherrschen Karten vor dem Hintergrund vermeintlicher »Neutralität« die Weltsicht der Nutzer, was als wichtiger Faktor in die Erschließung von Geschichtskarten im »Historischen Lernen« einzubeziehen ist.16
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mann de: Kriterien zur Beurteilung von Geschichtsatlanten, in: Schallenberger, Ernst-Horst (Hrsg.): Zur Sache Schulbuch: Das Schulbuch – Aspekte und Verfahren zur Analyse. Kastellaun 1973, S. 195 – 206. Vgl. Oswalt: Die Macht der Visualisierung historischer Räume, S. 195 – 210. Vgl. Black: Maps and Politics, S. 11. Wood, Denis: Die Macht der Karten, in: Spektrum der Wissenschaft 11 (1993), S. 66 – 72; Wood, Denis: The power of maps. London 1993. Vgl. Monmonier, Mark: Eins zu einer Million. Basel 1996, S. 123 f; Harley : Deconstructing the Map, S. 163.
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Geschichtskarten und -atlanten als Forschungsgegenstand der Geschichtswissenschaft Bereits 1931 schrieb der deutsche Historiker Erich Keyser der Geschichtskarte eine besondere Rolle zu, denn diese mache, so Keyser, »langatmige Beschreibungen überflüssig und sollte daher, nachdem ihre Technik zu hoher Vollkommenheit ausgebildet ist, an geeigneter Stelle dem Text vorgezogen werden«.17 Die Wertschätzung für das Medium schlug jedoch eine ganz andere Richtung ein, denn bis auf wenige Ausnahmen verließ die Karte als Mittel der historischen Darstellung vor allem in Deutschland aufgrund der propagandistischen Instrumentalisierung in der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus schlagartig das Blickfeld des Interesses. So blieben Äußerungen zur historisch-thematischen Kartographie auf einzelne Beiträge beschränkt. Im Jahr 1968 hielt der ostdeutsche Historiker Rudi Ogrissek wichtige Gesichtspunkte zur Gestalt und Methodik von Geschichtskarten fest und verwies vor allem auf den darstellenden Charakter der »Geschichtskarte«, den er damit ausdrücklich vom Quellencharakter der »Historischen Karte« abgrenzte.18 Gleichwohl fand die Begeisterung für Raumvisualisierungen in der Geschichtswissenschaft nur wenig Resonanz. Dementsprechend wurde auch eine vergleichende Analyse zur Darstellung von Geschichte in aktuellen Geschichtskarten und Geschichtsatlanten bisher nie in Betracht gezogen.19 Vielmehr interessierten Historiker im Umgang mit »Geschichtsatlanten« Aspekte des »Zeitgeist[s]«.20 Dadurch wurde das Medium »zur« Geschichte in vergangenen Kontexten überwiegend in vielfältigen Untersuchungen als Quelle »für den Einfluss des jeweiligen zeithistorischen politischen Hintergrundes auf das nationale Geschichtsbild und die Wahrnehmung anderer Länder in Raum und Zeit«21 durchleuchtet. Dabei stand zumeist die Annahme im Mittelpunkt, dass Geschichtsatlanten die Aufgabe zufalle, »Geschichtsbilder zu prägen, und […] [sie] dabei gleichzeitig selbst Ausdruck sich wandelnder geschichtlicher Auf17 Vgl. Keyser, Erich: Die Geschichtswissenschaft. Aufbau und Aufgaben. München 1931, S. 216. 18 Vgl. Ogrissek, Rudi: Die Karte als Hilfsmittel des Historikers. Leipzig 1968, S. 25. 19 Vgl. Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 360 – 380; Black, Jeremy : Sources for the Mapping of history : The Case of historical Atlases, in: Archives, the journal of British Record Association 110 (2004), S. 9 – 23; Black, Jeremy : Mapping the Past: Historical Atlases, in: Orbis 2 (2003), S. 277 – 293; Black, Jeremy : Historical atlases. Recent works and general reflections, in: Francia 22 (1995) 2, S. 153 – 157. 20 Vgl. Schraut, Sylvia: Sind Geschichtsatlanten »objektiv«?, in: Damals 6 (2000), S. 44 – 45. 21 Schraut, Sylvia: Geschichtsatlanten im Spannungsverhältnis von Zeitgeist, aktuellem politischem Geschehen und Geschichtswissenschaft, in: Brunner, Kurt; Heinz, Markus (Hrsg.): 10. Kartographiehistorisches Colloquium. Bonn 2008, S. 299.
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fassungen«22 sind, die darüber hinaus in Vermittlungsvorgängen »ethnozentrisch zu deutende Selbstbilder«23 wiedergeben. Diverse, häufig diachron angelegte Studien zielen in diesem Zusammenhang darauf ab, dass Geschichtsatlanten die Möglichkeit besitzen, die »zeittypischen, grundlegenden Geschichtsauffassungen«, die »geschichtswissenschaftlichen Kenntnisse« sowie die »vorrangigen Geschichtsmethoden«24 der Vergangenheit und die damit verbundenen raumbezogenen Vorstellungen ganzer Generationen abzubilden.25 Hingegen wurden synchrone Untersuchungen zur themenbezogenen Darstellung von Geschichte, insbesondere der vielschichtigen Zeit der Weltkriege in Geschichtskarten und -atlanten bisher noch nicht vorgenommen. Wichtige aktuelle Studien zu Geschichtsatlanten in nationaler wie transnationaler Perspektive liefern Silvia Schraut, Jeremy Black, Christof Dipper und Patrick Lehn.26 Speziell zur Gestalt und Wirkung von Propagandakarten der Zwischenkriegszeit äußern sich Guntram Herb und Hans-Dietrich Schultz.27 Dabei nahmen und nehmen einige Arbeiten neben der Betrachtung exemplarischer Atlasproduktionen sowie deren Wandelbarkeit auch die Erschließung ganzer Ländersamples sowie vereinzelt vergleichend Veröffentlichungen aus verschiedenen Ländern in den Fokus.28 Die bisherigen Arbeiten nutzten in22 Lehn: Deutschlandbilder, S. 1. 23 Vgl. Mittag: Schulgeschichtsatlanten – eine Quelle ethnozentrischer Selbstbilder, S. 217 – 234; Mittag: Geschichtsbilder in Schulgeschichtsatlanten. 24 Schraut: Geschichtsatlanten im Spannungsverhältnis von Zeitgeist, aktuellem politischem Geschehen und Geschichtswissenschaft, S. 299. 25 Vgl. Lehn: Deutschlandbilder ; hierzu auch Kötter, Heinrich: Der Schulatlas – ein Produkt seiner Zeit, in: Kartographische Nachrichten 39 (1989) 3, S. 81 – 89; Black, Jeremy : Historiographical Review. Historical Atlases, in: The Historical Journal 37 (1994) 3, S. 643 – 667. 26 Vgl. Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Dipper: Stadt, Land, Volk, S. 360 – 380; Lehn: Deutschlandbilder ; Dipper, Christof: Was vom Nationalsozialismus bleibt. Der Geschichtsatlas und die Bewältigung der Vergangenheit, in: Dipper ; Schneider; Behringer (Hrsg.): Kartenwelten, S. 193 – 213; Black: Maps and History ; Black: Sources for the Mapping of history, S. 9 – 23; Black: Mapping the Past, S. 277 – 293. 27 Vgl. Schultz: Das Kartenbild als Waffe im Geographieunterricht der Zwischenkriegszeit; Schultz: Sie wussten, was sie taten; Herb: Under the map of Germany. 28 Vgl. Schraut, Sylvia: »… can hardly be overstated«. Der Kalte Krieg in amerikanischen Schulgeschichtsatlanten (1947 – 1960), in: Unverhau, Dagmar (Hrsg.): Geheimhaltung und Staatssicherheit. Zur Kartographie des Kalten Krieges. Berlin 2009, S. 415 – 428; Schraut: Geschichtsatlanten im Spannungsverhältnis von Zeitgeist, aktuellem politischem Geschehen und Geschichtswissenschaft, S. 297 – 304; Wolf, Armin: Zum Deutschland-Bild in Geschichtsatlanten des 19. Jahrhunderts, in: Unverhau (Hrsg.): Geschichtsdeutung auf alten Karten, S. 255 – 285; Schraut: Sind Geschichtsatlanten »objektiv«?; Hantsche, Irmgard: Friedrich Wilhelm Putzger und der Putzger. Zur Anfangsgeschichte eines Historischen Atlas, in: Internationale Schulbuchforschung 19 (1997) 1, S. 5 – 34; Dörflinger, Johannes: Geschichtsatlanten vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, in: Wolff, Hans (Hrsg.): Vierhundert Jahre Mercator, vierhundert Jahre Atlas: »Die ganze Welt zwischen zwei Buchdeckeln«. Weissenhorn 1995, S. 179 – 198; Wolf, Armin: What can the history of historical Atlases teach? Some lessons from a century of Putzger’s »Historical Schulatlas«, in:
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haltliche Bestandsaufnahmen und den Rückgriff auf Kontextanalysen sowie die Strategie der Lokalisierung von Perspektivierungen, um mit deren Hilfe transportierte Raum- und Geschichtsbilder freizulegen. Transnationale Erforschung von Geschichtsatlanten Vergleichende Untersuchungen zu aktuellen Geschichtsatlanten und Geschichtskarten haben unter Einbeziehung von exemplarischen historischen Themen auf transnationaler-europäischer Ebene noch nicht stattgefunden, dabei ist gerade dieser Gegenstand in Anbetracht der geographischen und politischen Identitätsfindung Europas nach 1990 von besonderer Relevanz. Betrachtet man die geringe Zahl von Forschungsbeiträgen, die sich mit dem transnationalen Vergleich von Geschichtskarten auseinandersetzen, so zeigt sich dieses Feld als methodisch noch wenig entwickelt. Der Zugriff erfolgte bislang anhand sehr partieller Kriterien, die meist nur die Perspektive von Geschichte in der Ermittlung des Kartenausschnitts und die Häufigkeit der behandelten Themen erfassten. Einzelne interessante Reflexionen werden kurz vorgestellt: In einem im Jahr 2010 veröffentlichten Aufsatz vertritt der polnische Kulturwissenschaftler Tomasz Kamusella29 mit Bezugnahme auf die Arbeiten des amerikanischen Historikers Paul Robert Magosci30 die These, dass gerade in Betrachtung von Geschichtsatlanten der zentraleuropäischen Staaten die Unterscheidung zwischen bürgerlichen und ethnischen Nationalstaaten im Hinblick auf Staatlichkeit und deren Legitimation berücksichtigt werden müsse. Schulgeschichtsatlanten bieten demnach einen Rahmen, um Schüler und Studenten mit den Gedanken eines ethnolinguistischen Nationalismus zu beeinflussen. Die Sprache diene dabei im Atlas als wichtiges Instrument der staatlichen Legitimation, um scheinbar manipulativ die nationale Geschichte verständlich zu machen.31 Kamusellas Studie veranschaulicht deutlich die Probleme, mit der international vergleichende Studien zu kämpfen haben, da sie im Bereich der Instrumentalisierung von Bildungsmedien durch die Politik beziehungsweise durch nationalistische Strömungen umfangreiche Recherchen hinsichtlich Hintergründen und Entstehungsprozessen erbringen müssen. Der Aufsatz kann den Gegenstand der Einbindung nur in kleinem Rahmen freilegen, bereichert allerdings die Forschung mit interessanten Hinweisen auf KorrelaCartographica 28 (1991) 2, S. 21 – 37; Wolf, Armin: 100 Jahre Putzger. 100 Jahre Geschichtsbild in Deutschland; (1877 – 1977), in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 11 (1978), S. 701 – 718. 29 Vgl. Kamusella: School history atlases as instruments of nation-state making and maintenance, S. 113 – 138. 30 Magocsi, Paul Robert (Hrsg.): Historical Atlas of Central Europe. A History of East Central Europe. London 2002. 31 Kamusella: School history atlases as instruments of nation-state making and maintenance, S. 130.
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tionen im Spannungsfeld vom Raummedien, Bildung und Politik (Geschichtspolitik). Der Forschungsgewinn des Vergleichs besteht vor allen Dingen im Herausstellen der Beziehungen zwischen ethnographischem Nationalismus und themenbezogenen, an historischen Diskursen orientierten Bildungsinhalten, die ihren Niederschlag nach 1990 in Geschichtsatlanten der hauptsächlich mittelund ostmitteleuropäischen Staaten fanden. Bereits 1997 verwies der deutsche Geschichtswissenschaftler Detlev Mittag mit seiner Dissertationsschrift auf die Konditionierung »ethnozentrischer Geschichtsbilder« in Schulgeschichtsatlanten der Gegenwart.32 Neben der Überprüfung der Perspektivität des »Putzger : Historischer Weltatlas« in älteren und jüngeren Auflagen beleuchtet Mittag in einem synchronen Vergleich die »Geschichtsbilder« eines französischen, dänischen, britischen, italienischen, japanischen, niederländischen, polnischen und türkischen Schulgeschichtsatlas.33 Mittag versucht durch die sogenannte »quantitative Perspektivitätsanalyse« Rückschlüsse auf Geschichtsbilder der Atlashersteller zu ziehen, kann allerdings lediglich spekulative Ergebnisse zur Hauptaussage der Kartenwerke liefern, da er seine Argumentation nur auf die räumliche Dimensionierung der Darstellung im Atlas und die grobe Untersuchung der Thematik aufbaut.34 Mittags Untersuchung zeigt, dass Analysen sehr schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn sie sich an rein formalen Analysekriterien orientieren. So ist zum Beispiel die Raumzentrierung einer Karte nur ein Indikator bei ihrer Interpretation, die ohne Kontextualisierung weitgehend ohne Aussagekraft bleibt. Lediglich die Feststellung erscheint relevant, dass Kartenwerke häufig »Interpretationsangebote aus nationaler Sicht enthalten« und dass sich europäische sowie insbesondere universalgeschichtliche Sichtweisen oft unterordnen oder gar fehlen.35 Die schmale Bilanz der Arbeit liegt daher einerseits an der geringen Anzahl der untersuchten Atlanten, die keine aussagekräftigen Darstellungsmuster im Hinblick auf »ethnozentrische Selbstbilder« widerspiegeln, andererseits gehen die Kontextanalysen nur auf formale-gestalterische Aspekte ein und erlauben keinen tieferen Einblick in Hintergründe und Rahmungen. In einer älteren Arbeit aus dem Jahr 1970 unterzog der deutsche Historiker Armin Wolf eine Auswahl von Geschichtsatlanten aus 22 Staaten aus den 1950erund 1960er-Jahren der Frage, inwieweit sich in den Publikationen das Bild der »Europäischen Geschichte« widerspiegelt.36 Allerdings wurden die Geschichtsatlanten in diesem Zusammenhang nur 32 Vgl. Mittag: Geschichtsbilder in Schulgeschichtsatlanten; Mittag: Schulgeschichtsatlanten – eine Quelle ethnozentrischer Selbstbilder, S. 217 – 234. 33 Vgl. Mittag: Geschichtsbilder in Schulgeschichtsatlanten, S. 104 ff. 34 Ebd.: S. 222 ff. 35 Ebd.: S. 285 ff. 36 Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder.
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oberflächlich auf Inhalte aus zwölf Epochen und angeschlossenen Themenkomplexen hin untersucht. Eine Interpretation der Visualisierungen im Kontext instruktionaler Rahmungen, Einflüsse von Diskursen oder didaktischer Bedingungen sowie die Herausstellung nationaler Besonderheiten in der Darstellung von Geschichte konnte Wolf mit seiner internationalen Auswahl an Veröffentlichungen nicht liefern. Wolfs Studie war vor über vierzig Jahren der erste Versuch, in kleinem Rahmen einen inhaltlichen Überblick über die internationale »Geschichtsatlantenlandschaft« zu bekommen. In Anbetracht der Begrenztheit der vergleichenden Untersuchung bearbeitete Wolf eine beachtliche Anzahl an Kartenwerken, die alle auf formale Aspekte und die inhaltliche Erwähnung einer Themenauswahl von der Früh- bis zur Zeitgeschichte hin überprüft wurden, aber kaum mehr als eine oberflächliche Akzentuierung »staatengeschichtlich« geprägter Geschichte in größtenteils europäischem sowie nationalem Blickwinkel herausstellte. Die inzwischen nicht mehr aktuellen Ergebnisse können zwar für die vorliegende Arbeit im Abgleich diachroner Entwicklung genutzt werden, stellen aber nicht mehr als einen ersten Versuch dar, aus der Perspektive der »Gegenwart« Geschichtsatlanten vielfältig zu vergleichen. Der Blick auf die übrige Forschungsliteratur lässt schnell erkennen, dass sich die zumeist älteren Beiträge hauptsächlich mit der leicht nachvollziehbaren Grundlagenforschung auf der formalen Ebene der Geschichtsatlanten beschäftigen und daher auf die oberflächliche Deutung der Inhalte begrenzt bleiben. So entwickelte Hermann de Buhr 1973 Kriterien zur qualitativen Beurteilung von Geschichtsatlanten, die Fragen zur wissenschaftlichen Genauigkeit und Objektivität formulierten und in einer Rückschau ebenfalls Gewichtungen innerhalb des Eingangs von »politischer Geschichte« sowie »nationaler Perspektivierung« feststellten.37 1977 unterzog Norbert Ohler eine Auswahl von in den 1960er- und 1970erJahren publizierten Atlanten westeuropäischer Herkunft einer qualitativen Bewertung.38 Ohlers Empfehlungen verwiesen mit Blick auf die »zukünftige« Gestaltung von Geschichtsatlanten auf formale Aspekte und markierten den verstärkten Eingang von »Kriegsgeschichte«.39 Gerade die Forschungsbeiträge de Buhrs und Ohlers zeigen deutlich, dass eine Grundlagenforschung zum Ge37 Vgl. Buhr : Kriterien zur Beurteilung von Geschichtsatlanten, S. 195 – 206. 38 Vgl. Ohler, Norbert: Historische Atlanten – Tendenzen und Neuerscheinungen. Eine Auswahlbibliographie, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 2 (1977), S. 141 – 162 sowie Ohler, Norbert: Thesen und Empfehlungen zur Erarbeitung von Geschichtskarten und Geschichtsatlanten; in: Mitteilungsblatt des Arbeitskreises für Historische Kartographie 27 (1987), S. 52 – 58. 39 Ebd.: S. 149 ff. Eine allgemeine Beurteilung zum Thema Schulatlas liefert: Kötter : Der Schulatlas – ein Produkt seiner Zeit, S. 81 – 89.
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genstand Geschichtsatlas offenbar vorhanden ist, jedoch in Anbetracht der Aktualität und der Fokussierung der Äußerungen an keine nennenswerten Ergebnisse angeschlossen werden können. An die Studie Kamusellas kann für die Staaten Zentraleuropas mit eindeutigem Erkenntnisgewinn angeknüpft werden, da dieser wichtige Ergebnisse zum Verhältnis von Nationalgeschichte, der Regelung der Bildung durch Curricula/ Lehrpläne und der Produktion von spezifischen Schulgeschichtsatlanten aufzeigt. Mittags Beitrag ist nur hinsichtlich der Analyse des Kartenausschnitts von Bedeutung. Die Arbeiten Wolfs, de Buhrs und Ohlers sind lediglich zur Standortbestimmung im Hinblick auf formal-gestalterische und inhaltliche Aspekte nutzbar. Keine der genannten Studien bezieht genauere Kontextanalysen mit ein oder sucht nach externen Einflussfaktoren, die über eine oberflächliche Betrachtung der Lehrpläne hinausgehen und damit den breiten Bereich der instruktionalen Rahmung betrachten. Geschichtskarten als Gegenstand geschichtsdidaktischer Reflexion Die Geschichtskarte ist in geschichtsdidaktischer Perspektive von großer Relevanz, da sie Anknüpfungspunkte zu gestalterischen, inhaltlichen sowie unterrichtsmethodischen Hintergründen bietet. Allerdings erweckte die methodische Diskussion zur Geschichtskarte in der Geschichtsdidaktik in der Vergangenheit immer wieder den Anschein, dass die Karte als Medium des Unterrichts ausschließlich Vermittlungsaspekten zu dienen habe. Daneben hat die Geschichtsdidaktik mit ihrem Fokus auf Multiperspektivität und Kontroversität im Bezug auf das Raummedium auch auf dessen Perspektivität hingewiesen.40 Dennoch nimmt der Gegenstand der Kartenarbeit bis heute einen Hauptteil der Auseinandersetzung ein, weshalb forschungsrelevante Beiträge bis auf wenige Ausnahmen nur auf unterrichtsmethodischen Äußerungen oder einfachen Darstellungen zur Charakteristik von Geschichtskarten basieren. Die Beiträge und Untersuchungen der Geschichtsdidaktik zur Geschichtskarte gliedern sich auf vier Ebenen, die allerdings im Hinblick auf eine methodische Analyse der Geschichtskarte unterschiedlich gewichtet werden müssen. Dass umfangreichere Arbeiten, wie etwa die Studien des DDR-Didaktikers Hans-Joachim Fiala – Geschichtskarten erfuhren in der DDR eine intensive Berücksichtigung – oder Eberhard Schwalms, bereits älteren Datums sind, zeigt,
40 Vgl. Hantsche: Geschichtskarten – Ein Medium zwischen Objektivität und tendenziöser Beeinflussung, S. 257 – 273; Sauer, Michael: Zwischen Deutung und Manipulation. Kritischer Umgang mit Geschichtskarten, in: Geschichte Lernen 59 (1997), S. 53 – 58.
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dass Geschichtskarten in der geschichtsdidaktischen Forschung einer intensiveren Beschäftigung bedürfen.41 Als grundlegend und zur Einführung in das allgemeine Verständnis der Geschichtskarte und somit zur ersten Ebene gehörig sind Aussagen zur Kartenproduktion und zum Entwurf von Geschichtskarten anzusehen, die speziell der Beitrag Vadim Oswalts zur Arbeit eines Kartenautors darstellt.42 Zu diesem Gegenstand sind leider nur wenige Arbeiten erschienen und erleichtern deshalb nur vereinzelt die Kontextanalysen der Untersuchung, um Hintergründe im Entstehungsprozess von raumbezogen Medien zur Geschichte zu recherchieren. Die zweite Ebene bilden handlungsleitende Reflexionen zum Medium Karte in Lehrprozessen beispielsweise von Christina Böttcher oder Werner Vathke.43 Diese Vorarbeiten können zwar zur grundsätzlichen Standortbestimmung des Mediums Karte im Bereich ihrer Bausteine und Elemente herangezogen werden, haben allerdings im Bereich der Analyse der Vermittlungs- und Kommunikationsfunktion nur geringe Aussagekraft. Auf der dritten Ebene stellen Fachartikel zur Arbeit und zum Umgang mit Karten im Geschichtsunterricht einen maßgeblichen Anteil in der Literatur dar.44 Hier helfen Äußerungen von Irmgard 41 Vgl. Schwalm, Eberhard: Zur Verwendung der Geschichtskarte im Unterricht, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 11 (1960), S. 340 – 357; Schwalm, Eberhard: Instrumentelle und kognitive Lernziele bei der Kartenarbeit im Geschichts- und Politikunterricht, in: Süssmuth, Hans (Hrsg.): Historisch-politischer Unterricht – Medien. Stuttgart 1973, S. 70 – 132; Fiala, Hans-Joachim: Die Karte im Geschichtsunterricht. Berlin 1967; vgl. auch Quirin, Heinz: Vom Wesen der Geschichtskarte, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 5 (1954), S. 598 – 609 u. 653 – 663. 42 Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 26 – 41; vgl. auch Moser : Wie Geschichte in Karten kommt, S. 96 – 109. 43 Vgl. Böttcher, Christina: Umgang mit Karten, in: Mayer, Ulrich; Pandel, Hans-Jürgen; Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht. Schwalbach/ Ts. 2004, S. 225 – 254; Böttcher, Christina: Theoretische und praktische Aspekte zur Schulgeschichtskartographie, in: Kartographische Schriften 8 (2003), S. 41 – 68; Böttcher, Christina: Die Karte; in: Pandel, Hans-Jürgen; Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts. 2007, S. 170 – 196; Vathke, Werner : Kartenarbeit, in: Pandel, Hans-Jürgen; Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts. 1985, S. 145 – 167. 44 Vgl. Raisch: Die Karte – ein vernachlässigtes Medium der Geschichtsdidaktik, S. 169 – 185; Raisch, Herbert: Kartenarbeit. Kartenkompetenzen als Qualifikation historischen Lernens, in: Praxis Geschichte 21 (2008), S. 29 – 32; Raisch, Herbert: Weniger ist oft mehr! Grundlagen der Kartenarbeit im Geschichtsunterricht, in: Praxis Geschichte 4 (1999), S. 4 – 11; Mayer, Ulrich: Umgang mit Geschichtskarten, in: Geschichte Lernen 59 (1997), S. 19 – 25; Hantsche: Geschichtskarten – Ein Medium zwischen Objektivität und tendenziöser Beeinflussung, S. 257 – 273; Hantsche: Karten im Schulgeschichtsbuch, S. 383 – 398; Hantsche, Irmgard: Geschichtskarten im Unterricht, in: Geschichte Lernen 59 (1997), S. 5 – 12; Böttcher, Christina: Die Darstellung von Zeit in Geschichtskarten, in: Geschichte lernen 10 (1997), S. 48 – 52; Sauer : Zwischen Deutung und Manipulation, S. 53 – 58; Sauer: Karten und Kartenarbeit im Geschichtsunterricht, S. 37 – 46; Sauer: Geschichte unterrichten, S. 204 – 212; Herzig, Katrin: Deutschland nach 1945. Eine vergleichende Kartenarbeit zu den Folgen
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Hantsche, Ulrich Mayer und Michael Sauer die Rezeption des Mediums zu durchleuchten und Hinweise auf mögliche Korrelationen zwischen Instruktion und Rezipienten zu geben. Einzelne Beiträge beschäftigen sich zum Beispiel speziell mit der Problematik, dass Geschichtskarten nie völlig »objektiv« sein können, »ideologische Gegebenheiten« spiegeln und eventuell sogar einen »manipulativen« Charakter besitzen.45 Forschungsbeiträge zur Beurteilung von Geschichtskarten als Transformatoren von historischen Informationen und darüber hinaus als Träger komplexer narrativer Sinnbildungsstrukturen bilden die vierte und wichtigste Ebene in der Erforschung des Kartenmediums. Eine Untersuchung in systematischer Form ist zum Beispiel bisher nur fragmentarisch zur Kartierung des Holocaust vorgenommen worden.46 Der Überblick über den Forschungsstand in der Geschichtsdidaktik lässt sofort erkennen, dass das Fach die Geschichtskarte in ihr Forschungsfeld zwar mit einbezieht, die Auseinandersetzung bisher allerdings zum Teil nur im Bereich der Unterrichtsmethodik erfolgt ist und sich nicht systematisch mit der Frage nach Konstruktion und Funktion der Karten und ihrer damit verbundenen Entstehung und themenbezogenen Gestaltung auseinandergesetzt hat. Auch die Beschäftigung mit der Kategorie »Raum« und dem Verhältnis zur Geschichte verläuft vor diesem Hintergrund eher zurückhaltend. Insbesondere die aktuellen Studien Vadim Oswalts bieten im Untersuchungskontext eine grundlegende Basis.47 Äußerungen zu Entwurf, Konstruktion und Produktion von Geschichtskarten sind genauso selten wie Forschungsbeiträge zur Methodik und Wirkung. Außerdem fehlt es im Bereich geschichtsdidaktischer Reflexion im Bezug auf Geschichtskarten völlig an die unterschiedlichen wissenschaftsrelevanten Teilbereiche kombinierenden Analysen. Eine Anzahl von Einzelstudien zu den Aspekten Kartenproduktion, Karteneinsatz sowie Unterrichtsmethodik und den für das Kartenverständnis wichtigen Kategorien »Raum«, »Thema« und von Krieg, Flucht und Vertreibung im Nachkriegsdeutschland, in: Praxis Geschichte 5 (2008), S. 38 – 42; Wagener, Elmar : Kartenarbeit. (K)ein Stammplatz im Geschichtsunterricht, in: Praxis Geschichte 5 (2008), S. 4 – 9; Gemein, Gisbert; Redmer, Hartmut: Karteneinsatz im Geschichtsunterricht. Teil 1, in: Geschichte für heute – Zeitschrift für historischpolitische Bildung 4 (2008), S. 59 – 73. 45 Vgl. Hantsche: Geschichtskarten – Ein Medium zwischen Objektivität und tendenziöser Beeinflussung, S. 257 – 273; Sauer : Zwischen Deutung und Manipulation, S. 53 – 58. 46 Vgl. Bode, Sebastian; Renz, Mathias: Die Kartierung des Nicht-Kartierbaren. Die Visualisierung des Holocaust in aktuellen europäischen Geschichtskarten, in: Haslinger, Peter ; Oswalt, Vadim (Hrsg.): Kampf der Karten. Propaganda- und Geschichtskarten als politische Instrumente und Identitätstexte in Europa seit 1918. Marburg 2012, S. 288 – 311. 47 Oswalt: Das Wo zum Was und Wann, S. 220 – 233; Oswalt, Vadim: Raum und historisches Lernen. elaborierte Konzepte zu einer basalen Dimension geschichtlichen Denkens, in: Kotte, Eugen (Hrsg.): Kulturwissenschaften und Geschichtsdidaktik. München 2011, S. 199 – 218.
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»Geschichtskultur« sind zwar zum Teil vorhanden,48 eine alle Aspekte vereinende internationale Vergleichsstudie zu einem »visuellen Bildungsmedium« fehlt indes. »Visuelle Medien« erhielten im Bereich der Didaktik in jüngster Zeit zwar immer mehr Aufmerksamkeit, ihre intensive Betrachtung verlangt allerdings auch nach einer methodisch-medialen Untersuchung.49 So steht diesbezüglich die komplexe Kommunikation von »multimodalen Narrationen« in Bildungsmedien zur Debatte. Diese Ansätze enthalten wichtige Impulse für die Analyse von Geschichtskarten, da sie so innerhalb eines umfangreichen Zeichensystems analysiert werden können. Ebenso Relevanz besitzen auch die Beziehungen von Karten, Texten und Bildern in Geschichtsatlanten. Einzelne Studien haben sich bereits mit dem multimodalen Zusammenspiel von Elementen in Schulbüchern auseinandergesetzt, an die diese Arbeit anknüpfen wird.50 Ansätze zur Reflexion »multimodaler Strukturen« fokussieren vor allem die Einbindung von »visuellen Medien« in Lehrmitteln. Die Erforschung von Bildungsmedien legt außerdem den gesamten Bereich der Beschäftigung mit Geschichtsschulbüchern sowie die Bemühungen zu ihrer transnationalen Erforschung frei. Auch hier wird die Untersuchung zur Standortbestimmung auf aktuelle Beiträge etwa zum Thema »Erinnerung« oder »Grenzen«, »Räume« sowie »Europa« zurückgrei-
48 Vgl. Haslinger, Peter ; Oswalt, Vadim: Raumkonzepte, Wahrnehmungsdispositionen und die Karte als Medium von Politik und Geschichtskultur, in: Haslinger ; Oswalt (Hrsg.): Kampf der Karten, S. 1 – 12; Oswalt, Vadim: Die Macht der Visualisierung historischer Räume – Die Karte als Medium der Geschichtskultur in Europa; Bendick, Rainer : Wo liegen Deutschlands Grenzen? Die Darstellung des Deutschen Reiches in deutschen und französischen Schulkarten vor und nach dem Ersten Weltkrieg; in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 51 (2000) 1, S. 17 – 36; Schultz, Hans-Dietrich: Land – Volk – Staat. Der geografische Anteil an der »Erfindung« der Nation, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 51 (2000) 1, S. 4 – 16; Thiele, Dagmar : Deutschlandkarten im Vergleich. Darstellungen in Schulatlanten der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, in: Lehren und Lernen 10 (1989), S. 32 – 52. 49 Vgl. Pandel, Hans-Jürgen: Bildinterpretation. Schwalbach/Ts. 2008; Grafe, Edda; Hinrichs, Carsten: Visuelle Quellen und Darstellungen, in: Günther-Arndt, Hilke (Hrsg.): GeschichtsDidaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin 2008, S. 92 – 124; Pandel; Schneider (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. 50 Vgl. Leeuwen, Theo van: The Schoolbook as a Multimodal Text, in: Internationale Schulbuchforschung 14 (1992) 1, S. 35 – 58; Kühberger, Christoph: Multimodale Narration. BildText-Graphik-Kommunikation in Schulgeschichtsbüchern, in: Heinze, Carsten (Hrsg.): Das Bild im Schulbuch. Bad Heilbrunn 2010, S. 43 – 55; Weidenmann, Bernd: Multicodierung und Multimodalität im Lernprozess, in: Issing, Ludwig J.; Klimsa, Paul (Hrsg.): Information und Lernen mit Multimedia und Internet. Lehrbuch für Studium und Praxis. Weinheim 2002, S. 45 – 65; Pandel, Hans-Jürgen: Was macht ein Schulbuch zu einem Geschichtsbuch? Ein Versuch über Kohärenz und Intertextualität, in: Handro, Saskia; Schönemann, Bernd (Hrsg.): Geschichtsdidaktische Schulbuchforschung. Berlin 2006, S. 15 – 37; Handro, Saskia; Schönemann, Bernd (Hrsg.): Visualität und Geschichte. Geschichtskultur und historisches Lernen. Münster 2010; Pettersson, Rune: Bilder in Lehrmitteln. Baltmannsweiler 2010.
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fen.51 Im Gegensatz zu Geschichtsatlanten ist die Forschungslage für Schulgeschichtsbücher gerade mit Blick auf vergleichende Ansätze um einiges günstiger, was vor allem aus den Leistungen des Zentrums für Internationale Schulbuchforschung (Georg-Eckert-Institut) in Braunschweig resultiert. Allerdings erfolgen von dort nur sehr punktuell Betrachtungen mit europäischer Perspektive zum Gebrauch von Karten, Bildern etc. in Lehr- und Lernmitteln.52 Ebenfalls unbearbeitet ist bisher der Gegenstand der »Friedenserziehung« innerhalb der Analyse von Karten und Atlanten. Auch in diesem Zusammenhang werden als Grundlage einzelne Forschungsbeiträge aufgegriffen, die Überblickscharakter besitzen, in das Thema einführen53, Arbeitsbereiche frei51 Vgl. Helgason, Thorsteinn; Lässig, Simone (Hrsg.): Opening the mind or drawing boundaries? History texts in Nordic schools. Göttingen 2010; Dimou, Augusta (Hrsg.): »Transition« and the politics of history education in Southeast Europe. Göttingen 2009; Karl, Lars; Polianski, Igor J. (Hrsg.): Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im neuen Russland. Göttingen 2009; Helmedach, Andreas (Hrsg.): Pulverfass, Powder Keg, Baril de Poudre? Südosteuropa im europäischen Geschichtsschulbuch. Braunschweig 2007; Maier, Robert (Hrsg.): Zwischen Zählebigkeit und Zerrinnen. Nationalgeschichte im Schulunterricht in Ostmitteleuropa. Georg-Eckert-Institut für Internationale Schulbuchforschung. Hannover 2004; Stöber, Georg (Hrsg.): Grenzen und Grenzräume in der deutschen und polnischen Geschichte. Scheidelinie oder Begegnungsraum? Deutsch-Polnische Schulbuchkonferenz der Historiker. Hannover 2000; Becher, Ursula A. J.; Hartung, Matthias (Hrsg.): Grenzen und Ambivalenzen. Analysen zum Deutschlandbild in den Niederlanden und in niederländischen Schulbüchern. Frankfurt/Main 1996; Pingel, Falk (Hrsg.): Macht Europa Schule? Die Darstellung Europas in Schulbüchern der Europäischen Gemeinschaft. Frankfurt/Main 1995; Fritzsche, K. Peter (Hrsg.): Schulbücher auf dem Prüfstand. Perspektiven der Schulbuchforschung und Schulbuchbeurteilung in Europa. Frankfurt/Main 1992. 52 Vgl. Grindel, Susanne: »…so viel von der Karte von Afrika britisch rot zu malen als möglich«: Karten kolonialer Herrschaft in europäischen Geschichtsschulbüchern des 20. Jahrhundert, in: Haslinger ; Oswalt (Hrsg.): Kampf der Karten, S. 258 – 287; Grindel, Susanne: Kolonialismus im Schulbuch als Übersetzungsproblem: deutsche, französische und englische Geschichtslehrwerke im Vergleich, in: Geschichte und Gesellschaft 38 (2012), S. 272 – 303; Popp, Susanne: Europaweit gemeinsame Bilder? Anmerkungen zu europaweiten Präferenzen im Bildinventar aktueller Schulbücher, in: Schönemann, Bernd; Voit, Hartmut (Hrsg.): Europa in historisch-didaktischen Perspektiven. Idstein 2007, S. 210 – 234. 53 Noddings, Nel: Peace education. How we come to love and hate war. Cambridge 2012; Pingel, Falk: Geschichtsdeutung als Macht? Schulbuchforschung zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis- und politischer Entscheidungslogik, in: Journal of educational media, memory, and society 2 (2010) 2, S. 93 – 112; Behler, Gabriele: Verständigung wächst aus Verstehen. Zur historischen und aktuellen Dimension der internationalen Schulbucharbeit, in: Becher, Ursula A. J. (Hrsg.): Internationale Verständigung. 25 Jahre Georg-Eckert-Institut für Internationale Schulbuchforschung in Braunschweig. Hannover 2000, S. 27 – 32; Pingel, Falk: Schulbücher. Ein Medium der Friedenserziehung, in: Brincks, Claudia (Hrsg.): Kultur des Friedens. Ein neues UNESCO-Projekt zur Erhaltung des Weltfriedens. Bonn 1998, S. 63 – 72; Grosser, Alfred: Aufklärung als Friedensarbeit, in: Becher (Hrsg.): Internationale Verständigung, S. 17 – 20; Djurovic´, Arsen; Matthes, Eva (Hrsg.): Freund- und Feindbilder in Schulbüchern. Concepts of friends and enemies in schoolbooks. Bad Heilbrunn 2010; Wintersteiner, Werner ; Spajic´-Vrkasˇ, Vedrana; Teutsch, Rüdiger (Hrsg.): Peace education in Europe. Visions and experiences. Münster 2003.
Zum Stand der Forschung
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legen54 und speziell auf das weite Feld der Instruktion und Intention von Lehrmitteln zwischen »politischem Legitimationsinteresse und Identifikationsbedürfnis einerseits sowie historischer, geographischer und politischer Bewusstseinsbildung andererseits«55 verweisen.56 Geschichtsatlanten im Spannungsfeld der Geschichtskultur Im Alltag begegnen uns Geschichtskarten mittlerweile in vielfältigen Zusammenhängen. Neben der Schule (Schulbuchkarte, Wandkarte, digitale Karte etc.) treten Karten besonders in populären Medien wie Zeitschriften, Fernsehen oder Internet omnipräsent in Erscheinung. Auch Geschichtsatlanten fungieren als Grenzgänger der Geschichtskultur, da sie als »Mischung aus räumlicher Anschaulichkeit, weltgeschichtlicher Gesamtschau, ästhetischer Gestaltung und enzyklopädischer Qualität« Teil von innerschulischen, aber auch außerschulischen Vermittlungskontexten sind. Insbesondere die Analyse westeuropäischer Atlasproduktionen legt eine zunehmende Aufhebung der Trennung zwischen Schulatlanten und dem kommerziellen Buchmarkt (»Nachmittagsmarkt«) frei. Geschichtsatlanten stellen deshalb ein sehr »nutzungsvariables geschichtskulturelles Medium« dar, das sowohl Schüler, Lehrer, historisch Interessierte, Studierende als auch Historiker nutzen.57 Mit Blick auf Provenienz und Verbreitung kann die Analyse der Geschichtsatlanten einen wichtigen Beitrag zur Geschichtskulturforschung leisten. Das betrifft einerseits das Medium an sich, aber auch die jeweilige Gestaltung im Atlasinneren, was speziell vor dem Hintergrund der Analyse multimodaler Bezüge wichtig erscheint. So gelten zum Beispiel Fotos zum Holocaust als »mediale Objektivierungen historischen Geschehens«58 gesellschaftlicher Vergangenheitsbewältigung, die auch in unterschiedlichen Kontexten in den Geschichtsatlanten Europas zum Einsatz kommen. Das Konzept der Geschichtskultur legt in dieser Studie die Reichweite von kartographischen Produkten frei, sodass sich an exemplarischen Beispielen Korrelationen von Kartendarstellungen und deren öffentliche Manifestationen 54 Chiari, Bernhard: Militärgeschichte: Erkenntnisgewinn und Praxis, in: Ziemann, Benjamin (Hrsg.): Perspektiven der historischen Friedensforschung. Essen 2002, S. 286 – 300. 55 Jeismann, Karl Ernst: Geschichte als Horizont der Gegenwart. Über den Zusammenhang von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive. Paderborn 1985, S. 184. 56 Vgl. Döbert, Hans (Hrsg.): Die Schulsysteme Europas. Baltmannsweiler 2004. 57 Oswalt: Die Macht der Visualisierung historischer Räume – Die Karte als Medium der Geschichtskultur in Europa. 58 Knoch, Habbo: Die Tat als Bild. Fotografien des Holocaust in der deutschen Erinnerungskultur. Hamburg 2001, S. 25; vgl. Brink, Cornelia: Ikonen der Vernichtung. Öffentlicher Gebrauch von Fotografien aus nationalsozialistischen Konzentrationslagern nach 1945. Berlin 1998.
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Einleitung
beziehungsweise die Bereiche der Publikation von Atlanten aufzeigen lassen. Wichtig sind hierbei die grundlegenden Beiträge zur Definition und Charakterisierung von Geschichtskultur, die die deutschsprachige Geschichtsdidaktik auf Basis breiter Erörterung liefert.59 Hingegen ist zu beachten, dass die Vorstellungen von Geschichtskultur außerhalb Deutschlands variieren können, so wird der Gegenstand etwa in Frankreich unter dem Dach von »Erinnerungskultur« geführt.60 Geschichtskultur als wichtige Kategorie der Geschichtsdidaktik knüpft in dieser Untersuchung an die Konzepte der deutschen Geschichtsdidaktiker Jörn Rüsen und Hans-Jürgen Pandel an. Rüsen definiert Geschichtskultur »als praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewußtsein im Leben einer 59 Vgl. Rüsen, Jörn: Was ist Geschichtskultur?, in: Füßmann, Klaus; Rüsen, Jörn (Hrsg.): Historische Faszination. Geschichtskultur heute. Köln 1994, S.3 – 26; Rüsen, Jörn: Historische Orientierung. Über die Arbeit des Geschichtsbewusstseins, sich in der Zeit zurechtzufinden. Köln 1994, S. 211 – 234; Pandel, Hans-Jürgen: Geschichtskultur als Aufgabe der Geschichtsdidaktik: Viel zu wissen ist zu wenig, in: Oswalt, Vadim; Pandel, Hans-Jürgen (Hrsg.): Geschichtskultur. Die Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart. Schwalbach/Ts. 2009, S. 19 – 33; Pandel, Hans-Jürgen: Geschichtsunterricht nach PISA. Kompetenzen, Bildungsstandards und Kerncurricula. Schwalbach/Ts. 2005; Schönemann, Bernd: Geschichtskultur als Wiederholungsstruktur, in: Geschichte, Politik und ihre Didaktik – Beiträge und Nachrichten für die Unterrichtspraxis, 3/4 (2006), S. 182 – 191; Schönemann, Bernd: Geschichtsdidaktik und Geschichtskultur ; in: Mütter, Bernd; Schönemann, Bernd; Uffelmann, Uwe (Hrsg.): Geschichtskultur. Theorie – Empirie – Pragmatik. Weinheim 2000, S. 26 – 58; Schönemann, Bernd: Geschichtsdidaktik, Geschichtskultur, Geschichtswissenschaft; in: Günther-Arndt, Hilke (Hrsg.): Geschichts-Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin 2003, S. 11 – 22; Demantowsky, Marko: Geschichtskultur und Erinnerungskultur – zwei Konzeptionen des einen Gegenstandes. Historischer Hintergrund und exemplarischer Vergleich, in: Geschichte, Politik und ihre Didaktik 33 (2005), S. 11 – 20; Hasberg, Wolfgang: Erinnerungskultur – Geschichtskultur, Kulturelles Gedächtnis – Geschichtsbewusstsein. Zehn Aphorismen, in: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 3 (2004), S. 198 – 207. 60 Das Konzept der »Erinnerungskultur« fand erst im Laufe der 1990er-Jahre Eingang in die Geschichtswissenschaft. Die Erforschung der »Erinnerungskulturen« begann wie die Entwicklung von deren Theorien parallel zur Konjunktur der Erinnerung in den 1980er-Jahren. Grundlegende Ansätze zur sozialen Gedächtnisforschung sind indessen älter und finden sich in Arbeiten von Friedrich Nietzsche, Aby Warburg und Maurice Halbwachs. Die Rolle des Wegbereiters in den 1980er-Jahren kam in der Erforschung von »Geschichte« und »Erinnerung« der französischen Geschichtswissenschaft zu, wofür sich vor allem das Gemeinschaftswerk unter der Leitung des Historikers Pierre Nora – »Lieux de M¦moire« – heranziehen lässt, vgl. Nora, Pierre: Zwischen Geschichte und Gedächtnis. Berlin 1990; FranÅois, Etienne: Pierre Nora und die »Lieux de m¦moire«, in: Nora, Pierre (Hrsg.): Erinnerungsorte Frankreichs. München 2005, S. 7 – 14; Carrier, Peter : Pierre Noras »Les Lieux de M¦moire« als Diagnose und Symptom des zeitgenössischen Erinnerungskultes, in: Echterhoff, Gerald; Saar, Martin (Hrsg.): Kontexte und Kulturen des Erinnerns. Maurice Halbwachs und das Paradigma des kollektiven Gedächtnisses. Konstanz 2002, S. 141 – 162 sowie zur Einordung Erll, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Eine Einführung. Stuttgart 2005.
Thema und Fragestellung
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Gesellschaft«, was ebenso im »Gesamtbereich der Aktivitäten des Geschichtsbewußtseins« greifbar wird.61 Rüsen liefert damit eine grundlegende Definition von Geschichtskultur, die Pandel über eine stark kulturwissenschaftliche Ausrichtung der Didaktik als »historisch-kulturelle Bildung« erweitert. »Geschichtskultur ist die Art und Weise, wie eine Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit und ihrer Geschichte umgeht«62, so Pandel. Eine Trennung zwischen historischer Vermittlung als akademische wissenschaftliche oder didaktisch kontrollierte schulische Veranstaltung und populären Artikulationen historischer Vermittlung sollte in der existierenden Form nicht aufrecht erhalten werden. Vielmehr sollte schulisches Lernen Geschichtskultur zum Gegenstand seiner Bemühungen machen. Einflussnahmen auf Geschichtskultur liegen in beide Richtungen vor.63 Korrelationen zwischen Geschichtsatlanten und Geschichtskultur sind deshalb zumindest exemplarisch zu verdeutlichen.
1.2. Thema und Fragestellung Der Überblick über bisherige Ansätze zur Geschichtskartenanalyse und zum transnationalen Vergleich von Bildungsmedien macht klar, an welche Überlegungen diese Untersuchung anschließt und wo sie diese systematisch erweitern beziehungsweise neue Wege gehen will. Wenn im Folgenden erstmals eine thematisch zentrierte vergleichende Untersuchung zur Darstellung der Zeit der Weltkriege von 1914 bis 1945 anhand von Geschichtsatlanten aus 37 europäischen Ländern unternommen wird, dann werden dabei unterschiedliche methodische Aspekte zusammengeführt: Thematische Ebene Das »Katastrophenzeitalter« (1914 – 1945), so lautet die epochale Umschreibung des britischen Historikers Eric Hobsbawm in seiner universalhistorischen Betrachtung »Zeitalter der Extreme«,64 besitzt eine außergewöhnlich prägende Bedeutung. Der Zeitraum brachte in seiner Wirkung von »Krieg« und »Gewalt« große Einschnitte und Paradigmenwechsel mit sich, die sowohl das Ende der europäischen Hegemonie in der Welt als auch in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Perspektive die Überwindung des »Eurozentrismus« einläutete. Die im Verlauf der letzten zwanzig Jahre vermittelten Raum- und Geschichtsbilder zum Zeitalter der Weltkriege sind gerade hinsichtlich der sich 61 Vgl. Rüsen: Was ist Geschichtskultur, S. 5; Rüsen, Jörn: Geschichtskultur, in: Bergmann, Klaus (Hrsg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik. Seelze-Velber 1997, S. 38. 62 Pandel: Geschichtsunterricht nach PISA, S. 128. 63 Vgl. Pandel: Geschichtskultur als Aufgabe der Geschichtsdidaktik, S. 19 – 33. 64 Vgl. Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme.
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verändernden geopolitischen Situation sowohl in Diskussionen zum »europäischen Einigungsprozess« als auch vor dem Hintergrund aktueller globaler Entwicklungen von besonderer Relevanz.65 Beispielsweise versprachen sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion viele ost- und ostmitteleuropäische Staaten mit einer Aufnahme in die Gemeinschaft Europas politische Stabilität und wirtschaftlichen Wohlstand. Die Erweiterung der EU um die damaligen »Transformationsländer« hatte eine Neuausrichtung des Raumkonzepts Europa angestoßen, wirkte sich aber auch auf die Wiederbelebung nationalistischer, teilweise revisionistischer Geschichtsbilder aus, was speziell Fragen zur Anerkennung von Grenzen und deren historischem Hintergrund hervorbrachte.66 Daneben ließen Debatten zu Samuel Huntingtons »Kampf der Kulturen«,67 Jean Rufins »neuem Limes«68 oder Karl Schlögels »Grenzland Europa«69 ebenfalls Gedanken zum Aufbau alter und neuer Feindbilder entstehen.70 Der transnationale Vergleich von Geschichtsatlanten ermöglicht über die Herausstellung von kartographischen Darstellungsmöglichkeiten europäische Gemeinsamkeiten und Divergenzen in Betrachtung der Historie mit Blick auf »Selbst- und Fremdbilder«71 sowie der Konstruktion von »Identitäten«72 zu lokalisieren. Dabei bieten historische beziehungsweise erinnerungskulturelle Perspektiven auf ein durch besondere Kontroversität gekennzeichnetes Thema aus der unmittelbaren Zeitgeschichte eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten. Die Diskussion der jüngsten Vergangenheit als »Streitgeschichte« beschäftigt alle europäischen Gemeinwesen.73 So stellen etwa die Auseinandersetzungen mit dem 65 Altrichter, Helmut; Bernecker, Walther L.: Geschichte Europas im 20. Jahrhundert. Stuttgart 2004, S. 322 ff.; Wirsching, Andreas: Der Preis der Freiheit. Geschichte Europas in unserer Zeit. München 2012, S. 226 ff. 66 Vgl. u. a. Fürst, Heiko: Über die Grenzen: Die ungarische Nation als Konfliktfaktor, in: Osteuropa 61 (2011) 12, S. 255 – 264; Ostermann, Patrick (Hrsg.): Der Grenzraum als Erinnerungsort: über den Wandel zu einer postnationalen Erinnerungskultur in Europa. Bielefeld 2012. 67 Huntington, Samuel: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. Hamburg 2006. 68 Rufin, Jean-Christophe: Das Reich und die neuen Barbaren. Frankfurt/Main 1993. 69 Schlögel, Karl: Die Mitte liegt ostwärts. Europa im Übergang. München 2002. 70 Vgl. Menzel, Ulrich: Globalisierung versus Fragmentierung. Frankfurt/Main 2001. 71 Matthes, Eva: Freund- und Feindbilder in Schulbüchern. Einleitung, in: Djurovic´ ; Matthes (Hrsg.): Freund- und Feindbilder in Schulbüchern, S. 9 – 18. 72 Schmale, Wolfgang: Geschichte der europäischen Identität, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 58 (2008) 1/2, S. 14 – 19. 73 Vgl. Sabrow, Martin; Jessen, Ralph; Große-Kracht, Klaus (Hrsg.); Zeitgeschichte als Streitgeschichte. Große Kontroversen seit 1945. München 2003; Nützenadel, Alexander; Schieder, Wolfgang (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven der Forschung in Europa. Göttingen 2004; Danyel, Jürgen; Kirsch, Jan-Holger ; Sabrow, Martin (Hrsg.): 50 Klassiker der Zeitgeschichte. Göttingen 2007; Cannadine, David: Making history now and then. Discoveries, controversies and explorations. Basingstoke 2008.
Thema und Fragestellung
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Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust für viele europäische Staaten komplexe Debatten dar, die nicht nur in Ländern sogenannter »Täternationen« (etwa Deutschland) kontrovers diskutiert werden.74 Unterschiedliche Aspekte im Spannungsfeld von Besatzung, Befreiung bis hin zur Kollaboration kommen in Ländern wie zum Beispiel Belgien, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Norwegen, aber auch Lettland, Litauen, Polen, Russland, der Tschechischen Republik, Ukraine und Weißrussland zur Sprache.75 Ebenso bestehen vielfältige Divergenzen zum Ersten Weltkrieg.76 Starke nationalgeschichtliche Vermittlungsbedürfnisse und -ansprüche finden sich genauso im Kontext der Zwischenkriegszeit wieder, wo insbesondere der Umgang mit der »Pariser Friedensordnung«, der »Minderheitenfrage« oder die Interpretation der politischen sowie wirtschaftlichen »Krisenzeit« reichhaltige Debatten nach sich zieht.77 Gerade die Analyse des nationalen Bezugsrahmens gestattet unter den Aspekten von Bildungspolitik, Erinnerungskultur etc., mögliche Deutungen und Erklärungen von Raum- und Geschichtsbildern herauszustellen. Einflussnahmen auf das Produkt Geschichtsatlas, die über unterschiedliche Akteure auf das Medium einwirken, sind deshalb zu lokalisieren. In Anbetracht der spezifischen Logik der Darstellungs- und Aussageweisen von Geschichtskarten im vielschichtigen Spektrum der Zeit der Weltkriege lassen sich Perspektiven freilegen, die durch eine Inhaltsanalyse genaue Auskünfte zu Mustern, Signifikanzen oder Schwerpunktsetzungen ermöglichen. Gerade der Vergleich der Kartenabbildungen zur Geschichte der ersten Hälfte 74 Vgl. Assmann, Aleida: Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. München 2006; Haslinger, Peter : Erinnerungskultur und Geschichtspolitik in der historischen Forschung zum östlichen Europa, in: Zeitenblicke 6 (2007) 2, S. 1 – 11; Wolfrum, Edgar : Geschichte als Politikum – Geschichtspolitik. Internationale Forschungen zum 19. und 20. Jahrhundert, in: Neue politische Literatur 41 (1996) 3, S. 376 – 401 sowie die Beiträge in: Schmid, Harald (Hrsg.): Geschichtspolitik und kollektives Gedächtnis. Erinnerungskulturen in Theorie und Praxis. Göttingen 2009; Fröhlich, Claudia; Heinrich, HorstAlfred (Hrsg.): Geschichtspolitik. Wer sind ihre Akteure, wer ihre Rezipienten?. Stuttgart 2004; Cornelißen, Christoph; Klinkhammer, Lutz; Schwentker, Wolfgang (Hrsg.): Erinnerungskulturen, Deutschland, Italien und Japan seit 1945. Frankfurt/Main 2004. 75 Vgl. Flacke, Monika (Hrsg.): Mythen der Nationen. 1945 – Arena der Erinnerungen. 2 Bde. Mainz 2004; Brumlik, Micha; Sauerland, Karol (Hrsg.): »Umdeuten, verschweigen, erinnern«. Die späte Aufarbeitung des Holocaust in Osteuropa. Frankfurt/Main 2010; Kurilo, Olga (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg im deutschen und russischen Gedächtnis. Berlin 2006. 76 Vgl. Fischer, Fritz: Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18. Düsseldorf 1961; Mombauer, Annika: The origins of the First World War. Controversies and consensus. Harlow 2002; Horne, John; Kramer, Alan: Deutsche Kriegsgreuel 1914. Die umstrittene Wahrheit. Hamburg 2004. 77 Vgl. Carr, Edward H.: The twenty years’ crisis, 1919 – 1939. An introduction to the study of international relations. London 1939; Overy, Richard J.: The inter-war crisis 1919 – 1939. Harlow 2007; Fischer, Conan: Europe between democracy and dictatorship, 1900 – 1945. Chichester 2011.
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des 20. Jahrhunderts ermöglicht besondere Aufklärung über raumdimensionale Perspektiven und Akzentuierungen. Daneben bietet die Untersuchung der historiographischen Betonung insbesondere in Atlasteilen die Möglichkeit, inhaltliche Gestaltungen, Konzeptionen und Kausalitäten zu beurteilen und miteinander zu vergleichen und auf die Epochenentwürfe der Geschichtswissenschaft (»Katastrophenzeitalter«, »Kontinent der Gewalt« usw.) hin zu überprüfen.78 Die Zeitspanne von 1914 bis 1945 hat durch die umfassenden Umwälzungen militärischer Konfrontationen, Grenzziehungen und einer über mehrere Jahrzehnte andauernden ideologischen (bipolaren) Teilung der Welt in Machtblöcke sowohl in Europa als auch weltweit ihre Spuren hinterlassen.79 Dementsprechend soll die räumliche und inhaltliche Dimensionierung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bezüglich ihres Eingangs in Raummedien eine umfassende Beurteilung erfahren, die überdies zur Verwendung von Perspektiven jenseits eurozentrischer beziehungsweise nationaler Blickwinkel Aufklärung geben kann.80 Gerade in der Geschichtswissenschaft ist vor diesem thematischen Hintergrund eine Darstellungsanalyse im transnationalen Vergleich noch nicht erfolgt. Die friedenspädagogische Dimension des Themas gibt der Untersuchung noch zusätzliche didaktische Relevanz. Schließlich zeigt eine bereits lang andauernde Diskussion, wie sehr gerade Kriegsdarstellungen Teil der Erzeugung von einseitigen Selbst- und Fremdbildern sind und zur Herbeiführung neuer Konflikte beitragen können. Deshalb richtet sich in der vergleichenden Erforschung von Bildungsmedien der Blick auf friedenspädagogische Ansätze, um über die allgemeine Bedeutung der Epoche der Weltkriege aktuelle raumbezogene Darstellungen zur Geschichte einer allgemeinen Standortbestimmung zu
78 Vgl. Diner, Dan: Das Jahrhundert verstehen. Eine universalhistorische Deutung. München 1999, S. 16; Berghahn, Volker R.: Europa im Zeitalter der Weltkriege. Die Entfesselung und Entgrenzung der Gewalt. Frankfurt/Main 2002; Mazower, Mark: Der dunkle Kontinent. Europa im 20. Jahrhundert. Berlin 2000; Sheehan, James: Kontinent der Gewalt. Europas langer Weg zum Frieden. München 2008. 79 Vgl. Altrichter ; Bernecker : Geschichte Europas im 20. Jahrhundert, S. 190 ff. sowie Liebau, Heike; Bromber, Katrin; Lange, Katharina; Hamzah, Dyala; Ahuja, Ravi: Introduction, in: Liebau, Heike (Hrsg.): The world in world wars. Experiences, perceptions and perspectives from Africa and Asia. Leiden 2010, S. 1 – 25. 80 Vgl. Morrow, John Howard: The impact of the two world wars in a century of violence. Washington, D.C. 2011; Segesser, Daniel Marc: Der Erste Weltkrieg in globaler Perspektive. Wiesbaden 2010; Sondhaus, Lawrence: World War One. The global revolution. Cambridge 2010; Storey, William Kelleher: The First World War. A concise global history. Lanham 2009; Weinberg, Gerhard L.: A world at arms. A global history of World War II. Cambridge 2006; Strachan, Hew : The First World War. A new illustrated history. London 2006; Neiberg, Michael S.: Fighting the Great War. A global history. Cambridge 2005.
Thema und Fragestellung
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unterziehen.81 Dabei ermöglicht die Sicht auf die Selbstwahrnehmung und die Positionierung der »Anderen« aufschlussreiche Erkenntnisse über die Konstruktion von und den Umgang mit Raum- und Geschichtsbildern. Im Forschungsfeld der Lehrmittelrevision fanden bisher komparative Studien nur in begrenztem Maßstab statt. Der Fokus in der Betrachtung des Zeitalters der Weltkriege liegt somit einerseits auf der Lokalisierung homogener Muster in Form standardisierter Inhalte (»Kanon«), die sich in ihrer Ausprägung und Anlehnung nicht nur an einseitigen wissenschaftlichen oder nationalen Diskursen,82 sondern auch an europäischen Entwürfen ausrichten und damit möglicherweise »gemeinsame« Orientierungspunkte der Vergangenheit widerspiegeln.83 Andererseits helfen Eingrenzungen von Besonderheiten oder Ausprägungen in der Geschichtsschreibung zur Erklärung signifikanter Kartenabbildungen, um Betonungen und Perspektivierungen im Vergleich herauszustellen und zu deuten oder sogar mögliche »Geschichtsklitterungen, Stereotype, Feindbilder, nationalistische Selbstüberhebung […] [oder] Abwertung des anderen aufzudecken«.84 Aspekte zur Betrachtung standortgebundener Visualisierungen betonen das Gewicht der Markierung von Elementen der Friedenserziehung im transnationalen Kartenvergleich. Für eine geschichtskulturelle Verortung von Kartenmedien ist außerdem auf die Gestalt des Geschichtsatlas als Grenzgänger zwischen schulischen und außerschulischen Vermittlungsbedürfnissen zu verweisen. Da die Untersuchung hier speziell die Betrachtung von zum Beispiel besonders auffälligen Sichtweisen und Abbildungen in Geschichtskarten fokussiert, ist im Rahmen dieser Arbeit die Lokalisierung der Schnittflächen von Akzentuierungen in der Geschichte und ihrem Einfließen in Karten, die auch außerhalb des Bildungssektors rezi81 Vgl. Marienfeld, Wolfgang: Schulbuchanalyse und Schulbuchrevision: Zur Methodenproblematik, in: Internationales Jahrbuch für Geschichts- und Geographie-Unterricht 17 (1976), S. 47 – 58. 82 Vgl. Hirschfeld, Gerhard: Der Erste Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 54 (2004) 29/30, S. 3 – 12; Schreiber, Gerhard: Der Zweite Weltkrieg in der internationalen Forschung. Konzeptionen, Thesen und Kontroversen, in: Michalka, Wolfgang (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg. Analysen, Grundzüge, Forschungsbilanz. Weyarn 1997, S. 3 – 24; Plowright, John: The causes, course and outcomes of World War Two. Histories & Controversies. Basingstoke 2007. 83 Vgl. Altrichter ; Bernecker : Geschichte Europas im 20. Jahrhundert; James, Harold: Geschichte Europas im 20. Jahrhundert. Fall und Aufstieg 1914 – 2001. München 2004; Salewski, Michael: Geschichte Europas. Staaten und Nationen von der Antike bis zur Gegenwart. München 2000; Le Goff, Jacques: Die Geschichte Europas. Weinheim 2000; Craig, Gordon Alexander : Geschichte Europas 1815 – 1980. Vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart. München 1983. 84 Vgl. Wolff, Karin: Schulbuchkritik – auch ein Beitrag zur Qualität, in: Becher (Hrsg.): Internationale Verständigung, S. 36 – 40.
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piert werden, besonders relevant. Daher findet der Bereich der geschichtskulturellen »Performanz« von Kartendarstellungen Berücksichtigung, der in der Arbeit in exemplarischen Einschüben Verbindungen zwischen Atlaskarte und öffentlicher kartographischer Manifestation veranschaulicht. Gleichwohl bilden Atlanten eine Mehrheit an Material zur Analyse von Karten sowie jeweiliger multimodaler Kontexte in kontroverse oder nationalgeschichtlich begründete historische Diskurse, um mit Blick auf die Rolle von Raummedien als Transformatoren von Geschichte eine »Erinnerungs- und Zeigefunktion« und damit auch besondere Ausprägungen und Formen ihrer Erscheinung (Modifikation) herauszustellen. Medial-methodische Ebene Neben der inhaltsbezogenen Analyse der Darstellung der Zeit der Weltkriege sind verschiedene mediale Gesichtspunkte im transnationalen Vergleich durch eine komplexe Schwerpunktsetzung motiviert. Medial-methodische Ansatzpunkte dienen diesbezüglich zur Erschließung der Geschichtskarte als Visualisierungsform. Dabei stehen vorwiegend Aspekte zur Erklärung externer und interner Faktoren im Einfluss auf die Kartenvisualisierungen in europäischen Geschichtsatlanten im Mittelpunkt. Jede Geschichtskarte transportiert Wissen zu einem festen Zeitpunkt und einem festgelegten Ort. Sie beruht damit vor allem auf einem gewissen Blickwinkel und einer besonderen Darstellungsweise, die damit nicht nur den Schlüssel zum Sehen und Verstehen der abgebildeten Welt darstellt, sondern auch über Auffassungen und Absichten derer informiert, die ein bestimmtes Bild von der Welt mit dem Medium selbst vermitteln wollen (Autor, Gesellschaft, sozio-kulturelle Rahmensetzung etc.).85 Die Einflüsse gilt es im Visualisierungskontext so weit wie möglich aufzuzeigen. Diesbezüglich steht gerade die Beurteilung des umfangreichen Repertoires kartographischer Werkzeuge und Methoden im Mittelpunkt. Die gemeinsame Wirkung von Farben, Signaturen, chorographisch-darstellerischen Mitteln und der Sprache bei der Konstitution des Sinns einer Karte erfordert die intensive Analyse zur Erschließung kartenspezifischer Aussagen. So erlaubt beispielsweise der Blick auf Ausschnitt, Zentrierung und Projektionsform eine Einschätzung zur raumdimensionalen Gestaltung von Geschichte im Atlas. Insgesamt hilft vor allem die Bewertung der Verknüpfung von Zeichensystemen zur Konstituierung von spezifischen historischen Aussageweisen zu raum-zeitlichen Gesichtspunkten und zur »Raumerzählung«. Einen wichtigen Gegenstand bilden in der Untersuchung deshalb sowohl die semiotische Binnenstruktur von Geschichtskarten als auch Fragen zur Multimodalität, da das 85 Vgl. Wood: The power of maps, S. 116.
Thema und Fragestellung
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vielschichtige Zusammenspiel der »Kartensprache« im Aufeinandertreffen und der Verbindung unterschiedlicher Symbolsysteme Aussagen generiert, die sich nur unter Berücksichtigung multimodaler Bezüge erschließen. Speziell Geschichtsatlanten, die Sequenzen von Karten enthalten, bieten historische Raumerzählungen an, die zu bestimmten Schlüsseldaten oder Phasen der Geschichte, zum Beispiel Weltkriege, Zwischenkriegszeit, Holocaust etc., als wichtiger Teil einer »historischen Narration« gesehen werden können. In Anlehnung an die Ansätze eines »narrativistischen Paradigmas«86 bestimmt daher als Grundgedanke der jeweilige Bezug von Karten auf tradierte »Narrationen« in Ausbildung einer Aussage die Kartenanalyse. Die Überlegung, dass in der Rezeption des Raummediums die Kartenbotschaft immer in eine verbalisierte Information (»Erzählung«) überführt wird, ist deshalb außerordentlich hilfreich. Letztlich obliegt allerdings ausschließlich dem Kartennutzer die Deutungshoheit, denn »inwieweit Karten durch Deutungen und Erklärungen zum Verstehen führen, hängt in hohem Maße von [seiner] kognitiven und pragmatischen Kompetenz […] ab«.87 Gleiches gilt für die Entschlüsselung der unterschiedlichen Erzählebenen, denn nur der Betrachter kann die Karte aufgrund seiner individuellen »mental map« und seiner Kenntnis der »Grammatik« (kartographisches Repertoire) zum »Sprechen« bringen. Deshalb sind insbesondere Fragen zu den Möglichkeiten der Darstellung der vielschichtigen Ereignisse und Prozesse des Zeitalters der Weltkriege relevant, die die Geschichtskarten im Spannungsfeld von »sachlicher« Abbildung und »emotionsgeladener« Veranschaulichung visualisieren. Geschichtskarten bilden scheinbar relativ »objektiv« Sachverhalte und Geschehnisse der Vergangenheit ab, weshalb in einigen Fällen diskutiert werden muss, ob über die »Nüchternheit« des Mediums möglicherweise die Dramatik beziehungsweise die Tragweite der zu vermittelnden Geschichte verloren geht und damit auch die »Authentizität« und »Faktizität« der Kartenabbildungen schwindet. Da häufig mehr als eine Karte zu einem historischen Gegenstand in Geschichtsatlanten zur Verfügung steht und auch der Gang durch die Geschichte in Form einer »Raumerzählung« erfolgt, kann hinsichtlich des Einfließens von 86 Vgl. Pandel, Hans-Jürgen: Historisches Erzählen. Narrativität im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts. 2010, S. 7ff; Rüsen, Jörn: Historische Sinnbildung durch Erzählen. Eine Argumentationsskizze zum narrativistischen Paradigma der Geschichtswissenschaft und der Geschichtsdidaktik im Blick auf nicht-narrative Faktoren, in: Internationale Schulbuchforschung 18 (1996) 4, S. 501 – 543; White, Hayden: Das Problem der Erzählung in der modernen Geschichtstheorie, in: Rossi, Pietro (Hrsg.): Theorie der modernen Geschichtsschreibung. Frankfurt/Main 1987, S. 57 – 106; White, Hayden: Metahistory. The Historical Imagination in Nineteenth-Century Europe. Baltimore 1973. 87 Böttcher : Theoretische und praktische Aspekte zur Schulgeschichtskartographie, S. 56.
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Ansätzen der »Kohärenz« davon ausgegangen werden, dass auch innerhalb der Atlasveröffentlichungen die Raummedien untereinander in multimodaler Beziehung stehen.88 Weiterungen und Ergänzungen im Atlas können natürlich auch über andere Elemente erfolgen. Die Beziehungen von Karten, Bildern und Texten sind im medialen Erscheinungskontext von Geschichtsatlanten von besonderer Relevanz und gelten deshalb ebenso für die Analyse von Geschichtsbildern als unerlässlich. Gerade im Spektrum der Betrachtung vielschichtiger Zeiträume wie zum Beispiel der Zwischenkriegszeit bieten Kartenfolgen in manchen Atlanten über die Reihung von historischen Gesichtspunkten und raumdimensionaler Perspektivierung dem Rezipienten eine kausale »Erzählung« der Geschehnisse und Abläufe der Weltkriegsepoche, die unter Umständen helfen können, Ursachen und Wirkungszusammenhänge zu erklären oder anschließende Atlasteile einzuleiten sowie zurückliegende Abschnitte zu begründen. Insgesamt ist es das Ziel dieser Untersuchung durch die Verbindung von thematischer Schwerpunktbildung mit medial-methodischer Reflexion die spezifische Logik der Darstellungs- und Aussageweisen von Geschichtskarten in ihren Möglichkeiten und Grenzen besser zu durchdringen. Deshalb möchte die Arbeit hinsichtlich der Analyse von europäischen Geschichtsatlanten zusammenfassend folgende Fragen in den Blick nehmen: – Inwieweit sind Schwerpunkte in der Darstellung des Zeitraums von 1914 bis 1945 in europäischen Geschichtsatlanten erkennbar? – Welches Bild der Epoche wird in den Atlaspublikationen durch die räumliche Dimensionierung aber auch die sektorale Perspektivierung vermittelt? – In welchem Maß besitzen Kartenfolgen in einzelnen Teilabschnitten Einfluss auf das Verständnis der Epoche beispielsweise im Umgang mit dem Bild des »Katastrophenzeitalters«89 ? – Inwiefern lassen sich über die Betrachtung konventionalisierter Muster und thematischer Schwerpunktsetzungen in Karten Bezüge auf tradierte »Narrationen« oder etwa Diskurse nachweisen? – Inwieweit ermöglichen die standortgebundenen Darstellungen den Vergleich von Raum- und Geschichtsbildern zur Lokalisierung von Wertmustern, Ideologien, einseitigen Selbst- und Fremdbildern oder zeigen sie im Sinne 88 Vgl. Pandel: Was macht ein Schulbuch zu einem Geschichtsbuch?, S. 15 – 39; Rüsen, Jörn: Das ideale Schulbuch. Überlegungen zum Leitmedium des Geschichtsunterrichts, in: Internationale Schulbuchforschung 14 (1992) 3, S. 237 – 250. 89 Vgl. Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme, S. 15 ff.; Sheehan: Kontinent der Gewalt, S. 95 ff.; Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte: 1914 – 1949. Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten. München 2003, S. 985; Mayer, Arno J.: Adelsmacht und Bürgertum. Die Krise der europäischen Gesellschaft 1848 – 1914. München 1984, S. 313 f.
Methodisches Vorgehen
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multiperspektivischer Ansätze eine größtenteils wertneutrale Visualisierung und fördern Perspektiven des friedlichen Miteinanders? – Welche Kennzeichen und Reichweiten besitzen kartographische Darstellungen zum Zeitalter der Weltkriege in der Geschichtskultur?
1.3. Methodisches Vorgehen Die relevanten methodischen Fragen aus unterschiedlichen Disziplinen werden im ersten Teil der Arbeit für die Analysen zusammengeführt. Die Strategie in der Erschließung von Geschichtsatlanten stützt sich deshalb auf ein weites Instrumentarium, das für die Bearbeitung des komplexen Analysegegenstands die Bereiche von historischer Fachwissenschaft, Geschichtsdidaktik, Kartographie, Semiotik und Medienwissenschaften umfasst. Die Studie setzt bewusst einen thematischen Schwerpunkt, um mittels fachwissenschaftlich-hermeneutischer Verfahren inhaltliche Bezüge vergleichend zu erforschen. Auf einer zweiten Ebene helfen Produktanalysen in der methodischen Betrachtung von Atlanten und Karten als Medien der Visualisierung von Geschichte. Neben der Untersuchung inhaltlicher Gesichtspunkte wird speziell die Relevanz von Raumdarstellungen in der historischen Forschung vor dem Hintergrund des »spatial turns« in das Blickfeld der Arbeit gerückt. Dabei verweist die Argumentation auf die besondere Beschaffenheit von Raummedien. Geschichtskarten veranschaulichen in zweidimensionaler Verknüpfung zeitliche, räumliche und inhaltliche Aspekte historischer Sachverhalte über ein Thema sowie einen fest fixierten Blickwinkel. Im Gegensatz zur allgemeinen linearen textuellen Kommunikation in der Geschichtswissenschaft zeichnen sie sich insbesondere dadurch aus, »durch ihre synchrone Darstellungsweise parallele Zustände im Raum abzubilden«90. Darüber hinaus erlaubt die Betrachtung des Kartenmediums im Spektrum von didaktischen Anknüpfungspunkten eine grundsätzliche Verortung im Bereich von Lehrmitteln. Bei der Kategorie Raum im historischen Lernen handelt es sich generell um ein unterschätztes Konzept, was die Beschäftigung mit Karten und Atlanten im Unterricht in den Mittelpunkt einer wichtigen didaktischen Auseinandersetzung rückt.91 Daneben unterstützen Aspekte der Kartenmethodik genauso wie medienwissenschaftliche Gedanken die umfassende Erschließung von Karten und Atlanten in transnationaler Perspektive. Des Weiteren bedient sich die Untersuchung auch der »Prozessanalyse«, die an exemplarischen Beispielen durchgeführt wird und Fragen zur Entstehung des 90 Oswalt: Das Wo zum Was und Wann, S. 231. 91 Vgl. Oswalt: Raum und historisches Lernen, S. 202.
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Einleitung
Mediums klärt. Karten werden im gesellschaftlich-kulturellen Kontext erforscht. Besonders wichtig sind hier Hintergründe bezogen auf die externen Faktoren, die auf die Karte sowie ihre Entstehung einwirken, wie der Einfluss des Autors, des Verlags, der Lehrpläne, der Curricula oder ähnliche instruktionale Vorgaben, die im Rahmen von Bildungs- und Geschichtspolitik etc. auftauchen.92 Die Ansätze der Dekonstruktion in der Kartentheorie sind in Anbetracht der Auswertung der quantitativen Daten im Spektrum von Kartenproduktion, sozioökonomischen Rahmenbedingungen und der Intention der Kartenmacher ein notwendiger Analyseschritt.93 Ebenso kann sich auf diese Weise der Rolle von Atlanten und Kartenbildern als Medien der Geschichtskultur genähert werden. Die Untersuchung von Geschichtskarten erfolgt im Hauptteil im Sinne einer synchronen produktorientierten Perspektive, um die vergleichende Erforschung von aktuellen Lehrmitteln auf dem Gebiet von Raummedien zur Geschichte weiter voranzutreiben. Dabei wird die Betrachtung diachroner Aspekte nur begrenzt zur Klärung bestimmter Entwicklungen von Darstellungsmustern und Traditionen in der Kartenabbildung (Militärgeschichte, Holocaust) herangezogen. Insgesamt bedient sich die Analyse unterschiedlicher Aspekte zur Erhebung des thematischen Rahmens »Zeit der Weltkriege«. Hierfür wird ein Wechsel von qualitativen und quantitativen Untersuchungsverfahren gewählt: Durch quantitative Verfahren wird zum einen die Repräsentativität über eine breite empirische Basis gesichert. Die qualitativen Erhebungen ermöglichen zum anderen Feinanalysen von Darstellungsmustern. Im Kern des empirischen Zugriffs stehen Techniken der qualitativen Inhaltsanalyse, die es erlauben, durch Kategorisierung und Typenbildung eine Fülle an medialem Material einzuordnen, zu vergleichen und Darstellungsmodi durch Typisierungsdimensionen (Unterscheidung von Prototypen und extremen Ausprägungen) besser zu konturieren.94 Die Zuordnung des Materials zu bestimmten inhaltlichen Aspekten, die Abfrage von Hintergründen über Kontextanalysen und die Herausstellung von Darstellungsmustern mit Blick auf Betonungen oder Perspektivierungen dienen demgemäß als Grundlage für die entscheidenden medienanalytischen Schritte zur Erschließung des europäischen Atlasbestands in einer vergleichenden Un-
92 Vgl. Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit; Wolfrum: Geschichte als Politikum – Geschichtspolitik, S. 376 – 401; Schmid (Hrsg.): Geschichtspolitik und kollektives Gedächtnis; Fröhlich; Heinrich (Hrsg.): Geschichtspolitik. 93 Black: Maps and History ; Wood: The power of maps; Harley : Deconstructing the map. 94 Vgl. Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, Weinheim 2008; Gropengießer, Harald: Qualitative Inhaltsanalyse in der fachdidaktischen Lehr- und Lernforschung, in: Mayring, Philipp (Hrsg.): Die Praxis der qualitativen Inhaltsanalyse. Weinheim 2008, S. 172 – 190.
Methodisches Vorgehen
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tersuchung. Die Zugänge erfolgen über Verfahren, die sich an die sozialwissenschaftliche Schulbuchforschung anlehnen.95 Das Vorgehen der Untersuchung bewegt sich innerhalb des Materials von der Makro- in die Mikroebene. So blickt die Arbeit zuerst auf die Beurteilung des Gesamtkorpus (1), schließt dann an die Betrachtung der Zeit der Weltkriege im Rahmen einer Einbettung innerhalb der weltgeschichtlichen Strukturierung der Kartenwerke an (2). Der Hauptaspekt liegt insgesamt in der komparativen Betrachtung der Ausgestaltung des Analysezeitraums im Spektrum seiner inhaltlichen und raumdimensionalen Erscheinung im Atlas (3), was durch thematische sowie medial-methodische Feinanalysen eine Erweiterung findet (4). Für den einheitlichen Zugriff auf den außerordentlich vielschichtigen und heterogenen Untersuchungskorpus (365 Geschichtsatlanten) sowie des daraus resultierenden Atlassamples aus 37 Ländern ist ein möglichst breiter und interdisziplinärer Ansatz gefordert, um die komplexe Struktur und das Gefüge des Mediums Geschichtsatlas im transnationalen Rahmen vergleichend zu analysieren. Im ersten Schritt wird deshalb die Auswahl von Geschichtsatlanten erschlossen und unter unterschiedlichen Gesichtspunkten auf eine Vergleichbarkeit geprüft (1). Dabei erfolgt die Betrachtung des gesamten Korpus der europäischen Geschichtsatlanten nebst Herausstellung von Zielgruppen, räumlichen und epochalen Schwerpunktsetzungen sowie des Aspekts der Multimodalität. Zunächst geht die Arbeit von einer Erfassung und Klassifizierung des gesamten Korpus aus, der nur zum Teil spezifisch für Bildungszwecke bestimmt ist und zum Teil der Bildungslogik einzelner Länder folgt. Denn die Auswahl von Geschichtsatlanten ist insgesamt sehr variabel an der Schnittstelle zwischen schulischen Bildungsintentionen und allgemeiner Geschichtsvermittlung zu verorten. Zur groben Orientierung erfolgt im Anschluss ein Überblick zur allgemeinen Bedeutung und Lokalisierung der Zeit der Weltkriege im Rahmen einer weltgeschichtlichen Gliederung in europäischen Geschichtsatlanten (2). Die Relevanz der Zeitspanne im Atlasgefüge sowie der Zusammenhang von Aufbau und Struktur der Produktionen soll so herausgearbeitet werden. Daran knüpft ein Hauptgegenstand der Arbeit an, der auf dem Abgleich sektoraler Akzentuierungen des Zeitraums 1914 bis 1945 vor dem Hintergrund historiographischer Epochenentwürfe (»Narrationen«) und Intentionen sowie der Lokalisierung des Einfluss von Kartenfolgen (3) beruht. Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt liegt in der raumdimensionalen Erschließung des Zeitalters 95 Vgl. Weinbrenner, Peter : Grundlagen und Methodenprobleme sozialwissenschaftlicher Schulbuchforschung; in: Olechowski, Richard (Hrsg.) Schulbuchforschung. Frankfurt/Main 1995, S. 21 – 45.
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Einleitung
der Weltkriege sowie einzelner Teilaspekte im Bezug auf nationale, europäische oder globale Geschichtsbilder. Um die qualitativen Aussagen der Kartenanalyse quantitativ zu untermauern, findet flankierend die Frequenz- und Raumanalyse in der Untersuchung von Geschichtskarten in Geschichtsatlanten Anwendung.96 Sowohl empirische Daten zur sektoralen als auch zur globalen, europäischen und nationalen Visualisierung der Weltkriegsepoche ermöglichen Rückschlüsse auf vorhandene Darstellungs- und Bedeutungsschwerpunkte, die Interpretationen im Hinblick auf Raum- und Geschichtsbilder beziehungsweise den Einfluss von Deutungsmustern respektive besondere historische Diskurse zulassen.97 Schließlich interessiert in diesem Zusammenhang, welche Relevanz Dinge wie beispielsweise Ausschnitt, Zentrierung oder Projektionsform in den Teilerzählungen der Atlaspublikationen auch im Einfluss auf die Gesamtdarstellung haben. Über inhaltliche Bestandsaufnahmen erschließt sich so durch die Reflexion von »Krieg« und »Gewalt« sowie durch den Abgleich mit verschiedenen Epochenentwürfen, deren markantestes ausdrücklich das »Katastrophennarrativ« darstellt, die gesamte Bilanz der Epoche. Damit ermöglicht der Ansatz eine differenzierte Bewertung der Optionen und Grenzen der Darstellung der Zeit der Weltkriege in allen Geschichtsatlanten. Feinanalysen dienen im Anschluss der besseren Konturierung der Kartensprache in thematischen Kontexten (4). Deshalb erfolgt eine Überprüfung der Atlasmedien zu einzelnen inhaltlichen Gesichtspunkten im Schnittfeld von thematischem Gegenstand und kartographischer Realisation. Insbesondere Perspektivierung und Ausgestaltung von Geschichte gilt es in der vorliegenden Arbeit zu betrachten und daneben die Variationsbreite kartenmethodischer Darstellungsoptionen zu beleuchten. Im Ganzen erlaubt zudem die Untersuchung des Einflusses von didaktischen Reduktionen, Generalisierungen und beigefügten Ergänzungen auf die Kartenaussage in einer transnationalen Medienanalyse die Aufklärung über den Konstruktcharakter von Geschichtskarten. Die Konstruktivität der Kartendarstellungen sowie multimodale Relationen von einzelnen Elementen erscheinen also in Geschichtsatlanten als signifikante Analyseobjekte in der vergleichenden Untersuchung des Weltkriegszeitalters. Demzufolge ist der Hinweis auf die Spannung zwischen Kartensprache und Darstellungsintentionen wichtig. Dabei gilt es beispielsweise herauszustellen, wo sich Atlanten an bereits bestehenden oder besonders auffälligen Mustern orientieren und wo die Darstellung im Sinne einer abstrahierenden Abbildung 96 Vgl. Marienfeld: Schulbuchanalyse und Schulbuchrevision, S. 47 – 58. 97 Vgl. Furrer, Markus: Einführende Bemerkungen zu Kriegsnarrativen im Schulgeschichtsbuch, in: Furrer, Markus (Hrsg.): Kriegsnarrative in Geschichtslehrmitteln. Schwalbach/ Ts. 2009, S. 7 – 15.
Methodisches Vorgehen
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zurückgenommen wird. Speziell Farben stellen einen wichtigen Bestandteil in der Visualisierung von Kriegsparteien in Geschichtskarten dar, wobei sich Ansätze verschiedener europäischer Atlasprojekte zwischen traditioneller Darstellung und pragmatischer Veranschaulichung bewegen. Hinsichtlich des Einflusses eines multimodalen Zusammenspiels verschiedener Atlaselemente betrachtet die Studie die Gestaltungsmöglichkeiten und Gewichtungen in der Konzeption von Geschichtsatlanten. Die Analyse multimodaler Bezüge ist insgesamt äußerst kompliziert und bedarf weiterer Erforschung. Vielfältige Ergänzungen (Texte, Bilder etc.) flankieren in den europäischen Atlasproduktionen in nicht unbedeutender Zahl die Geschichtskarten und beeinflussen insbesondere über die Beiordnung von visuellen Elementen, wie Illustrationen oder Fotos, die Vermittlung von Geschichte. Die Gestaltung von Atlasseiten über Bilder ist dabei vor allem auch mit Blick auf geschichtskulturelle Aspekte interessant, da gerade massiv verbreitete Fotografien im Spektrum von »Kanonisierung« und »kollektiver Deutung« in der Öffentlichkeit zirkulieren. Daneben interessieren ebenso Fallbeispiele im Feld von geschichtskulturellen Modulationen von Kartendarstellungen sowie ihrer Reichweite innerhalb der Geschichtskultur. Einige Kartendarstellungen verweisen beispielsweise auf die Macht bestimmter historischer Raumkonzepte der jeweiligen, meist nationalen Geschichtskultur. Sie spiegeln auf diese Weise Intentionen und Zuschreibungen der Gesellschaft wider, in der sie entworfen und rezipiert werden. Vor diesem Hintergrund ist die Kontroversität einzelner Visualisierungen im Kartenbild deutlich sichtbar, wobei sich vor allem die Verbreitung von Geschichtsbildern in den Kartenwerken offenbart. Die Bezugnahme von Geschichtskarten auf Diskurse wird im Verlauf der Studie punktuell betrachtet und um Aspekte zu Geschichtsatlanten als Medien zwischen schulischen und alltäglichen Bildungsbedürfnissen erweitert. Denn letztlich soll eine Vorurteile sowie einseitige Selbst- und Fremdbilder berücksichtigende Analyse der Atlasproduktionen mit Blick auf »friedenspädagogische« Ansätze den vergleichenden Blick auf die Erinnerung an das Zeitalter der Weltkriege im gesamten Europa öffnen. So ist vor dem Hintergrund des wertfreien Eingangs von »Krieg« und »Gewalt« in der Lokalisierung von spezifischen Formen der Visualisierung (»Typisierung«) exemplarisch zu überprüfen, wie historische Gesichtspunkte mittels der dargestellten Ereignisse kartographisch präsentiert werden und wie sie sich in die Gesamterzählung von Geschichtsatlanten einbetten. Es gilt zu klären, ob vor dem Hintergrund des Vergleichs von standortbezogenen Darstellungen von einem vorurteilsfreien und Feindbilder abbauenden Umgang mit Geschichte im Sinne einer »Friedenserziehung« gesprochen werden kann. Dabei erfolgt die Beurteilung von Geschichtskarten im Spannungsfeld von Identifikation und Legitimation bis hin zur Mythenbildung (»geographischer und politischer Bewusstseinsbildung«).
2.
Die Reflexion des Untersuchungsgegenstands »Zeit der Weltkriege« im Kontext von Geschichtswissenschaft und Lehrmittelforschung
In vielen historiographischen Entwürfen erscheint die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts als eine durch Kriege und Krisen geprägte Zeitspanne europäischer Geschichte. So nutzen neben etablierten Studien auch immer wieder aktuelle Epochenbilder ein sogenanntes »Defizitnarrativ«. In diesen Darstellungen überwiegen Gedanken zur »Krise« und »Gewalt«, zudem fehlen positive Gesichtspunkte wie Fortschrittsaspekte oder Modernisierungstendenzen. Daneben werden auch relevante Perspektivwechsel, die besonders globale Blickwinkel einbeziehen, in vielen Studien wenig beachtet. Im folgenden Teil der Arbeit ist es deshalb wichtig, einen Eindruck über das allgemeine Verständnis des Zeitalters der Weltkriege zu erlangen, um inhaltliche Gewichtungen und insbesondere räumliche Perspektivierungen zum Untersuchungsgegenstand in den Geschichtsatlanten besser beurteilen zu können. Die Zeit der Weltkriege wird daher im folgenden Abschnitt auf Periodisierungen und Charakterisierungen durchleuchtet, die beispielsweise in der Geschichtsschreibung in die Entwürfe »Zweiter Dreißigjähriger Krieg«,98 »Katastrophenzeitalter«,99 »Zeitalter des Hasses«100 oder »der dunkle Kontinent«101 beziehungsweise »Kontinent der Gewalt«102 münden. Die Vergegenwärtigung von Konzepten hilft einerseits speziell die Bedeutung der historischen Wirkungsmacht eines Europas als »Ganzes« in Auffassung und Wahrnehmung der »Epoche« nachzuzeichnen und andererseits über die Lokalisierung einzelner erinnerungskultureller Aspekte im Zeitraum von 1914 bis 1945 Besonderheiten oder sogar Muster in der Darstellung von Geschichte freizulegen. In der Analyse von Geschichtskarten dienen diese Erkenntnisse vor allem zur Aufdeckung von signifikanten Raum- und Geschichtsbildern. Neben einer Einschätzung zur Schwerpunktlagerung und Dimensionierung 98 99 100 101 102
Wehler : Deutsche Gesellschaftsgeschichte, S. 985. Hobsbawm: Zeitalter der Extreme, S. 15 ff. Ferguson, Niall: The war of the world. History’s age of hatred. London 2007, S. 647 ff. Mazower : Der dunkle Kontinent, S. 14 f. Sheehan: Kontinent der Gewalt, S. 95 ff.
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Die Reflexion des Untersuchungsgegenstands »Zeit der Weltkriege«
der Zeitperiode erfolgt ein kurzer Überblick zur Entwicklung der Lehrmittelforschung im Kontext einer »Friedenspädagogik« von der Weimarer Republik bis in die Gegenwart. Damit wird eine Verbindung zu aktuellen Ansätzen und Überlegungen der Revision von Bildungsmedien hergestellt, die so in der Betrachtung von »kriegerischen Auseinandersetzungen« im transnationalen Vergleich eine Herausstellung von möglichen Stereotypen sowie signifikanten Selbst- und Fremdbildern in Geschichtslehrmitteln ermöglicht.
2.1. Die Zeit der Weltkriege – Charakter, Periodisierung und Gewichtungen Die Zeitspanne von 1914 bis 1945 hat insbesondere durch die umfassenden kriegerischen Auseinandersetzungen der Weltkriege und den daraus resultierenden territorialen Umwälzungen in Europa sowie der über mehrere Jahrzehnte andauernden bipolaren Teilung der Welt in Machtblöcke ihre Spuren hinterlassen. Dabei prägt die Erinnerung an Krieg, Gewalt und das damit verbundene millionenfache Leid das »europäische Gedächtnis« bis heute.103 Speziell Kriege haben eine Schlüsselfunktion für das »kollektive Gedächtnis« und die »Erinnerungskultur« einer Gesellschaft.104 Das »Katastrophenzeitalter« spielt in der europäischen Geschichte eine besondere Rolle. Eric Hobsbawm verdeutlicht in seiner universalhistorischen Studie »Zeitalter der Extreme«105 die großen Veränderungen in wirtschaftlicher, politischer und kultureller Hinsicht sowie dem einschneidenden Wandel, der sowohl das Ende der Hegemonie Europas in der Welt als auch das Ende des »Eurozentrismus« bedeutete. Es gilt im Folgenden, die außergewöhnliche Relevanz des Zeitraums zu charakterisieren, um die unterschiedlichen Themen an Karten richtig einordnen und interpretieren zu können. Insgesamt herrscht zur Betrachtung des Zeitalters der Weltkriege in der Geschichtswissenschaft auch transnational weitgehend Konsens. So bestehen für die meisten Staaten übereinstimmende Entwürfe, die sich in ihrer Ausprägung und Anlehnung nicht an einseitigen wissenschaftlichen oder politischen Diskursen in nationalen oder abweichenden europäischen Perspektiven orientieren.106 Andererseits hilft das 103 Vgl. Berghahn: Europa im Zeitalter der Weltkriege; Diner : Das Jahrhundert verstehen; Sheehan: Kontinent der Gewalt. 104 Speitkamp, Winfried: Einleitung, in: Berding, Helmut; Heller, Klaus; Speitkamp, Winfried (Hrsg.): Krieg und Erinnerung. Fallstudien zum 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 2000, S. 9. 105 Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme. 106 Vgl. Hirschfeld: Der Erste Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung, S. 3 – 12; Offenstadt, Nicolas: Der Erste Weltkrieg im Spiegel der Gegenwart.
Die Zeit der Weltkriege – Charakter, Periodisierung und Gewichtungen
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Aufspüren kontroverser Geschichte (Diskurse), signifikante Darstellungen in den Geschichtsatlanten zu erklären.107 Die mit dem Begriff »Zeit der Weltkriege« charakterisierte Epoche der Jahre von 1914 bis 1945 erscheint evident, wirft aber bei näherer Betrachtung mehrere Fragen auf. Es handelt sich bei den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts zweifellos um zwei sehr unterschiedliche, durch eine lange und konfliktreiche Zwischenkriegsphase getrennte Konflikte, die sich für manche Historiker gleichwohl als ein zusammenhängender, über »dreißigjähriger europäischer Bürgerkrieg« darstellt.108 Die Mobilisierung von Gewalt hinterließ rund um den Globus deutliche Spuren, kostete geschätzt mehr als 80 Millionen Menschen das Leben und prägt die politische Landkarte Europas bis in die Gegenwart.109 Die Dimension der Destruktivität hatte im Ersten Weltkrieg ein bis dahin unvorstellbares Ausmaß erreicht, das der Zweite Weltkrieg mit seinen Verheerungen in Europa, Afrika und Asien wiederum in den Schatten stellte.110 Die große Bedeutung lässt sich allein schon über die Bezeichnung der Zeitspanne herleiten, die häufige Verwendung von Begrifflichkeiten wie »Epoche« oder »Zeitalter«
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Fragestellungen. Debatten. Forschungsansätze, in: Bauerkämper, Arnd; Julien, Elise (Hrsg.): Durchhalten! Krieg und Gesellschaft im Vergleich 1914 – 1918. Göttingen 2010, S. 54 – 77; Krumeich, Gerd; Hirschfeld, Gerhard: Die Geschichtsschreibung zum Ersten Weltkrieg, in: Hirschfeld, Gerhard; Krumeich, Gerd; Renz, Irina (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Paderborn 2003, S. 304 – 315; Winter, Jay ; Prost, Antoine: The Great War in history. Debates and controversies, 1914 to the present. Cambridge 2006; Schreiber : Der Zweite Weltkrieg in der internationalen Forschung. Konzeptionen, Thesen und Kontroversen, S. 3 – 24; Salewski, Michael: Europa zwischen den Kriegen, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 51 (2000) 12, S. 746 – 770; Plowright: The causes, course and outcomes of World War Two. Vgl. u. a. Kronenberg, Volker : Zeitgeschichte, Wissenschaft und Politik. Der »Historikerstreit« – 20 Jahre danach. Wiesbaden 2008; Cannadine: Making history now and then sowie Sabrow ; Jessen; Große-Kracht (Hrsg.): Zeitgeschichte als Streitgeschichte; Nützenadel; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem; Danyel; Kirsch; Sabrow (Hrsg.): 50 Klassiker der Zeitgeschichte. Vgl. Nolte, Ernst: Der europäische Bürgerkrieg, 1917 – 1945. Nationalsozialismus und Bolschewismus. Berlin 1987; Traverso, Enzo: Im Bann der Gewalt. Der europäische Bürgerkrieg 1914 – 1945. München 2008; Wehler : Deutsche Gesellschaftsgeschichte; Furet, FranÅois: Das Ende der Illusion. Der Kommunismus im 20. Jahrhundert. München 1998. Vgl. Berghahn, Volker R.: Gewalt von Krieg zu Krieg, in: Krumeich, Gerd (Hrsg.): Nationalsozialismus und Erster Weltkrieg. Essen 2010, S. 379 – 393; Thoss, Bruno: Die Zeit der Weltkriege – Epochen als Erfahrungseinheit, in: Thoss, Bruno; Volkmann, Hans Erich (Hrsg.): Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg – Ein Vergleich: Krieg, Kriegserlebnis, Kriegserfahrung in Deutschland. Paderborn 2002, S. 7 – 30; Bergien, Rüdiger : Vorspiel des Vernichtungskrieges? Die Ostfront des Ersten Weltkrieges und das Kontinuitätsproblem, in: Groß, Gerhard P.: Die vergessene Front. Der Osten 1914/1915. Ereignis, Wirkung, Nachwirkung. Paderborn 2006, S. 393 – 408. Vgl. Berghahn: Europa im Zeitalter der Weltkriege; Traverso, Enzo: Moderne und Gewalt. Eine europäische Genealogie des Nazi-Terrors. Köln 2003; Möller, Horst: Europa zwischen den Weltkriegen. München 1998.
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Die Reflexion des Untersuchungsgegenstands »Zeit der Weltkriege«
taucht hier auf, obwohl es sich im historischen Sinne gar nicht um einen größeren, epochenbildenden Abschnitt handelt.111 Die Geschichte der Weltkriege berührt alle europäischen Staaten und beeinflusst sie bis heute. Auch die Zwischenkriegszeit trägt mit ihren Revolutionen, politischen Umbrüchen sowie Bürgerkriegen und Krisen auf dem Weg in die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs zur allgemeinen Beurteilung des Zeitabschnitts als einer »gewaltsamen« oder »krisenhaften« Epoche bei. Die Krise bestimmt den gesamten Erfahrungszeitraum, auf Kontinuitäten zwischen einzelnen Ereignissen sowie Korrelationen derselben verweisen vor allem die universalhistorisch angelegten Studien.112 In Einordnung in ein allgemeines epochales Gefüge lässt sich insgesamt festhalten, dass Europa – oder vielmehr seine Staaten – um die Wende zum 20. Jahrhundert auf dem Gipfel ihrer Macht standen. So betont der Historiker Helmut Altrichter bezogen auf die Zäsurerfahrung der Weltkriegsepoche, dass Europa mit der Ankunft in der Moderne auf dem Höhepunkt seiner Wirkungsmacht die Führungsrolle eingebüßt hatte.113 Bereits die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg stellte die Verhältnisse mit dem Aufstieg der USA und der Sowjetunion zu Weltmächten auf den Kopf und war deshalb als Schnitt im Rückblick auf den europäischen Fortschritt der Jahrhundertwende und damit auf die bessere Zeit vor den Kriegen umso prägender. So besteht gerade vor dem Hintergrund der Zäsurerfahrung ein Bedürfnis, die historischen Wurzeln in die Betrachtung einer gemeinsamen, europäischen »Identität« beziehungsweise »Geschichte« einzubeziehen.114 Der Historiker Wolfgang Schmale erkennt beispielsweise in den Diskussionen um die europäische Identität das Resultat einer langen wechselvollen Geschichte.115 In Anlehnung an die These Hayden Whites, dass Europa in erster Linie als historische Kultur verstanden werde, und zwar nicht als eine unter vielen, sondern als »die im Kulturvergleich einzige, die sich grundlegend durch Historizität auszeichne«,116 hält Schmale mit Blick auf diese gemeinsamen Wurzeln eines »kulturellen Erbes« fest, dass »die Kriege des 20. Jahrhunderts, der Holocaust, Genozide, ethnische Säuberungen, Antisemitismus, Rassismus, Vertreibungen, staatliche 111 Vgl. Rüsen, Jörn: Zeit deuten. Perspektiven – Epochen – Paradigmen. Bielefeld 2003; Blumenberg, Hans: Aspekte der Epochenschwelle. Cusaner und Nolaner. Frankfurt/Main 1982. 112 Vgl. Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme; Diner: Das Jahrhundert verstehen; Mazower : Der dunkle Kontinent. 113 Altrichter ; Bernecker : Geschichte Europas im 20. Jahrhundert, S. 7. 114 Vgl. Schmale, Wolfgang: Geschichte Europas. Wien 2001. 115 Vgl. Schmale, Wolfgang: Geschichte und Zukunft der Europäischen Identität. Stuttgart 2008, S. 32 f. 116 White, Hayden: The discourse of Europe and the search for a European identity, in: Strth, Bo (Hrsg.): Europe and the other and Europe as the other. Brüssel 2000, S. 67 – 86.
Die Zeit der Weltkriege – Charakter, Periodisierung und Gewichtungen
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Verbrechen in autoritären, diktatorischen Regimen, […] durchaus Thema des öffentlichen Europadiskurses und – selbstverständlich – der historischen Forschung [sind]«117. Die kriegerischen Auseinandersetzungen auf dem europäischen Kontinent und die damit verbundene »brutale Gewalt« sind somit gerade für die Europäer identitätsstiftend und in ihrer Konsequenz Garant für die heutige Friedensordnung und für eine transnationale Integration. So handelten die Gründungsväter der EU aus dem expliziten Wunsch heraus, die Wiederholung der historischen Katastrophen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch Schaffung von Gemeinsamkeiten jenseits des Nationalstaats zu verhindern. Das soll allerdings nicht heißen, dass die Anwendung von »Gewalt« in der Zeit der Weltkriege, die größtenteils auf Machterwerb und Machterhalt abzielte, eine Erfindung der letzten hundert Jahre darstellte. Krieg bestimmte schon immer die europäische Geschichte.118 Im Hinblick auf die Brutalisierung der europäischen Gesellschaften durch die Weltkriege muss deshalb dahingehend differenziert werden, dass die verbreitete kollektive Zäsurerfahrung sich dabei nicht so sehr aus einem epochalen Bruch seit 1914 ableitete, sondern vielmehr aus der Tatsache, dass die imperiale Aggressivität der europäischen Moderne zum ersten Mal von der geographischen und sozialen Peripherie der Kolonien in das bürgerliche europäische Zentrum zurückschlug.119 Der britische Historiker Eric Hobsbawm erkennt in seinem Urteil über das Jahr 1914 eine Zunahme an Gewalt und umschreibt diese Selbstzerstörung in ihrer Ganzheit wie folgt: »Die Totalität der Kriegsanstrengungen und die Entschlossenheit beider Seiten, Krieg ohne Grenzen und zu welchem Preis auch immer zu führen, wurden zum Markenzeichen. Ohne diese Fakten wäre die wachsende Brutalität und Unmenschlichkeit des 20. Jahrhunderts nur schwer zu erklären. Denn, dass es seit 1914 zu immer mehr Barbarei gekommen war, daran ist unseligerweise kein ernsthafter Zweifel möglich«.120 Hobsbawm bilanziert für das »Katastrophenzeitalter« Krieg, Gewalt und Verbrechen: »Einunddreißig Jahre« geprägt von »Völkermord«, »Massensterben« an den Fronten sowie »Verschleppung, Zwangsvertreibung und Unterjochung durch Zwangsarbeit als Folge der kriegerischen Aggressionen«. Die Zwischenkriegszeit forderte eben-
117 Schmale: Geschichte und Zukunft der Europäischen Identität, S. 32 f.; Schmale: Geschichte der europäischen Identität, S. 14 – 19; vgl. auch Schmale: Geschichte Europas. 118 Vgl. Howard, Michael: Der Krieg in der europäischen Geschichte. Oxford 1976. 119 Vgl. Reimann, Aribert: Der Erste Weltkrieg – Urkatastrophe oder Katalysator, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 54 (2004) 29/30, S. 38; Berghahn: Gewalt von Krieg zu Krieg, S. 379 – 393. 120 Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme, S. 72.
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Die Reflexion des Untersuchungsgegenstands »Zeit der Weltkriege«
falls unzählige Opfer in Bürgerkriegen und durch die imperialen Expansionen der »autoritären Machtstaaten«.121 Der Historiker Bruno Thoss erklärt zu Hobsbawms Skizze des Zeitalters, dass es »wirkungs- und erfahrungsgeschichtlich […] durchaus Sinn [macht], Qualität und Quantität dieser gewaltdominierten ersten Hälfte des ›kurzen 20. Jahrhunderts als Zeit der Katastrophen‹ zu analysieren, wirkten doch die Erfahrungen der ersten Jahrhunderthälfte wie eine ›Katharsis‹ für die erst danach erfolgreichen Neuansätze in der zweiten Nachkriegszeit«.122 Auch der italienische Publizist Domenico Losurdo123 unterstreicht die Geschlossenheit des Zeitabschnitts und knüpft an die umfassende Festsetzung einer Epoche der Zeit der Weltkriege an, die – ähnlich wie Enzo Traverso124 im Anschluss an Arno J. Mayer125 – von einem »Zweiten Dreißigjährigen Krieg« spricht und dabei vom Jahr 1914 mit Beginn des Ersten Weltkrieges unter Einbeziehung der sogenannten Zwischenkriegszeit bis zum Kriegsende 1945 rechnet. Bereits 1947 beschäftigte sich der belgische Historiker Albert Muller in einer Arbeit mit dem Begriff vom »Zweiten Dreißigjährigen Krieg«. In den 1950er-Jahren verglich der französische Geschichtsphilosoph Raymon Aron den Krieg von »1618 bis 1648« mit dem Weltkriegsgeschehen von 1914 bis 1945 und führte damit den Begriff in die geschichtswissenschaftliche Deutung der Epoche beider Weltkriege ein.126 In der Diskussion um den Beginn der »Katastrophenzeit« kritisiert Domenico Losurdo vor allem die beiden Historiker Ernst Nolte127 und FranÅois Furet128 und erklärt, diese würden den Ersten Weltkrieg als Auslöser der Russischen Revolution von 1917 übergehen und erst 1917 als Ausgangspunkt für ihre umstrittenen These vom »Europäischen Bürgerkrieg« wählen, um ausschließlich Bolschewismus und Nationalsozialismus als konfliktträchtig aufeinander beziehen zu können.129 Hingegen spricht bezüglich der Beurteilung des Ersten Weltkriegs 121 Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme, S. 74 f.; vgl. auch Carr, Edward H.: Grundlagen eines dauernden Friedens. Zürich 1943. 122 Thoss: Die Zeit der Weltkriege – Epochen als Erfahrungseinheit, S. 7. 123 Vgl. Losurdo, Domenico: Kampf um die Geschichte. Der historische Revisionismus und seine Mythen. Köln 2007. 124 Vgl. Traverso: Im Bann der Gewalt. Enzo Traverso ist ein italienischer Historiker und Journalist. 125 Vgl. Mayer, Arno J.: Der Krieg als Kreuzzug. Das Deutsche Reich, Hitlers Wehrmacht und die »Endlösung«. Hamburg 1989. Der Begriff taucht bereits auf in: Mayer: Adelsmacht und Bürgertum. 126 Muller, Albert: La seconde guerre de trente ans, 1914 – 1945. Brüssel 1947; Aron, Raymond: Les guerres en chane. Paris 1951; zur Deutung vgl. Hirschfeld: Der Erste Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung, S. 3 f. 127 Nolte: Der europäische Bürgerkrieg, S. 4. 128 Furet: Das Ende der Illusion, S. 14. 129 Vgl. Losurdo: Kampf um die Geschichte, S. 12. Zur Periodisierung der Zeitgeschichte, vgl.
Die Zeit der Weltkriege – Charakter, Periodisierung und Gewichtungen
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als »great seminal catastrophe of this century«130 allein die Wirkungsmacht des Zeitraums für die Geschlossenheit der Spanne von 1914 bis 1945, was sich vor allem über die Besonderheit der Ausnahmezeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als »schrecklichstes Kapitel der Menschheitsgeschichte«131 erklären lässt und von vielen Historikern daher als zusammenhängende Einheit gefasst wird.132 So stehen insbesondere die universalhistorischen Entwürfe von Eric Hobsbawm, Dan Diner oder Mark Mazower für allgemeingültige Betrachtungen mit gesamteuropäischer Relevanz jenseits nationaler oder ideologischer Überlegungen, die beispielsweise weit über die deutsche Selbstreflexion hinaus das Bild von Katastrophen und Krisen zum generellen Leitmotiv für die Darstellung der Geschichte der Zeit von 1914 bis 1945 erheben.133 Neben Eric Hobsbawm sieht der britische Historiker Mark Mazower das 20. Jahrhundert in zwei Hälften geteilt: die eine dominiert vom Krieg, die andere kennzeichne ein friedlicher Charakter.134 Gerade die erste Hälfte erscheint für Mazower als eine Epoche der Katastrophen und der Brutalität auf dem »dunklen Kontinent« Europa, »dessen Bewohner zwischen Toleranz und rassistischer Ausrottungspolitik dreier rivalisierender Ideologien (liberale Demokratie, Kommunismus und Faschismus) hin und her schwankten«.135 Von selbigem Leitgedanken geprägt ist der Historiker Dan Diner in seinem umfassenden Entwurf »Das Jahrhundert verstehen«, in dem er das 20. Jahrhundert in zwei Hälften teilt: »die eine, die der Katastrophen, die schließlich sein historisches Antlitz prägen sollte, und die zweite, die zumindest für den Westen als beherrschende Zivilisation im Zeichen von Prosperität und Wohlfahrt steht«136. Für Diner wurde »die Zivilisation Europas in einen Kosmos der Zer-
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Rothfels, Hans: Zeitgeschichte als Aufgabe, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1 (1953), S. 1 – 8. Kennan, George F.: Bismarcks europäisches System in der Auflösung: Die französischrussische Annäherung 1875 – 1890. Frankfurt/Main 1981, S. 12; vgl. auch: Schulin, Ernst: Die Urkatastrophe des zwanzigsten Jahrhunderts, in: Michalka, Wolfgang (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg. Wirkung, Wahrnehmung, Analyse. Weyarn 1997, S. 3 – 27. Winkler, Heinrich August: Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914 – 1945. München 2011, S. 11. Vgl. Wehler : Deutsche Gesellschaftsgeschichte: 1914 – 1949; Winkler : Geschichte des Westens; Beaupr¦, Nicolas: Les grandes guerres. 1914 – 1945. Paris 2012; Comellas, Jos¦ Luis: La guerra civil europea, 1914 – 1945. Madrid 2010; Traverso: Im Bann der Gewalt; Berghahn: Europa im Zeitalter der Weltkriege. Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme; Diner : Das Jahrhundert verstehen; Mazower : Der dunkle Kontinent; zur Diskussion: Thoss: Die Zeit der Weltkriege – Epochen als Erfahrungseinheit, S. 7; Davis, Belinda: Experience, Identity, and Memory : The Legacy of World War I, in: The journal of modern history 75 (2003) 1, S. 111 – 131. Mazower : Der dunkle Kontinent, S. 8; Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme, S. 15 f. Berghahn: Europa im Zeitalter der Weltkriege, S. 11. Diner : Das Jahrhundert verstehen, S. 17.
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störung gestürzt – einer Zerstörung, die dem 20. Jahrhundert ihr Signum aufprägte«137. Die Präsenz von Krieg und Krise macht damit für alle drei Historiker wie für überhaupt viele Überblicksdarstellungen den geschlossenen Charakter der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich. Aspekte des Fortschritts, die einem »Defizitnarrativ« entgegenstehen, etwa in Beschäftigung mit der Überwindung gesellschaftlicher Missstände oder der kulturellen und technischen Modernisierung finden sich dagegen nur selten.138 Die Einheit des »Zeitalters« wird überdies dadurch unterstrichen, dass auch der Zwischenkriegszeit ein holistischer Charakter zugeschrieben werden könne, der sich durch die Kontinuität von Krisenhaftigkeit und Gewalt auszeichne und nicht allein eine Nachkriegszeit, sondern ebenso sehr eine Vorkriegszeit darstelle.139 Grundsätzlich erklärt der deutsche Historiker Gunter Mai zur Zeit zwischen den Weltkriegen, dass diese »von einer verwirrenden Kumulation Gewalt begünstigender Konstellationen geprägt war«.140 Mais Ansicht nach ging die Krisenhaftigkeit zum Ersten auf die zunehmenden Auswirkungen und Kosten des »beschleunigten Strukturwandels auf dem Weg zu einer industriell-urbanen Massengesellschaft« zurück. Zum Zweiten habe sich die Häufung der »Krisen in Wirtschaft, Gesellschaft, Staat und Kultur vor dem Hintergrund des verbreiteten Krisenbewusstseins und der real erfahrbaren globalen Wirtschaftskrisen durch parlamentarische Formen der Konsensbildung und Interessenwahrnehmung« als schwer steuerbar erwiesen. Zum Dritten habe der verzögerte Ausbau einer kulturellen Vermittlung zwischen den sich voneinander entfernenden Lebensbereichen Arbeit, Familie und Freizeit, zwischen tradierten Gewohnheiten und neuen Anforderungen zu einem aussichtslosen Aufbegehren gegen die Veränderungen der Moderne geführt, was sich »in sozialer Entfremdung, ethnischkultureller Entwurzelung, weltanschaulicher Heimatlosigkeit und gesellschaft137 Diner : Das Jahrhundert verstehen, S. 39. 138 So schildert der englische Historiker Gordon A. Craig in seiner Beurteilung der Zeit von 1914 – 1945 neben dem Krieg auch Dinge des zivilisatorischen Fortschritts, vgl. Craig: Geschichte Europas 1815 – 1980, S. 351 ff.; der deutsche Historiker Gunther Mai beschreibt die Zwischenkriegszeit als Suche nach einer »Versöhnung mit der Moderne« zwischen Fortschritt und Katastrophe, vgl. Mai, Gunther : Europa 1918 – 1939. Mentalitäten, Lebensweisen, Politik zwischen den Weltkriegen. Stuttgart 2001, S. 18 ff.; bei Eric Hobsbawm findet sich das Kapitel »Die Künste 1914 – 1945«, vgl. Hobsbwam: Das Zeitalter der Extreme, S. 228 ff. sowie Bernecker, Walther L.: Europa zwischen den Weltkriegen 1914 – 1945. Stuttgart 2002, S. 390 ff. 139 Möller : Europa zwischen den Weltkriegen; Mai: Europa 1918 – 1939; Bernecker : Europa zwischen den Weltkriegen 1914 – 1945; Overy : The inter-war crisis 1919 – 1939; Carr : The twenty years’ crisis, 1919 – 1939; Graml, Hermann: Europa zwischen den Kriegen. München 1976; einen Überblick zur Historiographie liefert: Salewski: Europa zwischen den Kriegen, S. 746 – 770. 140 Mai: Europa 1918 – 1939, S. 13 f.
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lichem Werteverfall« geäußert habe.141 Gerade die gesellschaftliche Krise könne als stärkstes Bindeglied eines Zusammenhangs der Zeit von 1914 bis 1945 gesehen werden, der die Zwischenkriegszeit einschließt beziehungsweise wichtige Korrelationen erkennt, da besonders die Entgrenzung der Gewaltausübung und die Beliebigkeit der Feindbilder diesen Zeitabschnitt kennzeichneten. Die Projektionsflächen waren vielfältig, über den »Kapitalismus, den Sozialismus, den Liberalismus oder den Internationalismus bis hin zum Judentum«,142 so Mai. Die Folgen waren blutige Revolutionen und Bürgerkriege, die wachsende Begeisterung für totalitäre Weltanschauungen aus denen der totale Staat als Souverän und die Durchsetzung hegemonialer Ansprüche durch Gewalt resultierte.143 Gleichwohl war die Zeit nach den Pariser Vorortverträgen sowohl durch die Entspannung der internationalen Beziehungen der revolutionären »Vierzehn Punkte«144 Woodrow Wilsons als auch durch die in Wissenschaft und Technik erfolgten Neuerungen und Innovationen geprägt. Die Technisierung vieler Lebensbereiche führte unter anderem zur Verkehrsexplosion durch die aufkommende Motorisierung sowie zu den letzten großen Entdeckungsreisen.145 Des Weiteren kamen insbesondere in den 1920er-Jahren vielfältige Errungenschaften und Entwicklungen in den Bereichen der Politik, Wirtschaft und Kultur hinzu, wie zum Beispiel allerorts erfolgende Reformen auf dem Weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau, im Wahlrecht oder die Modernisierung des Berufs- und Alltagslebens.146 Umso überraschender ist dagegen bei der 141 Mai: Europa 1918 – 1939, S. 14. 142 Ebd. 143 Vgl. Bracher, Karl Dietrich: Das 20. Jahrhundert als Zeitalter der ideologischen Auseinandersetzungen zwischen demokratischen und totalitären Systemen, in: Jesse, Eckhard (Hrsg.): Totalitarismus im 20. Jahrhundert. Eine Bilanz der internationalen Forschung. Bonn 1999, S. 137 – 151; Hornung, Klaus: Das totalitäre Zeitalter. Bilanz des 20. Jahrhunderts. Berlin 1993. 144 Vgl. Knock, Thomas J.: To end all wars. Woodrow Wilson and the quest for a new world order. Princeton 1995. 145 Vgl. u. a. Laak, Dirk van: Verkehr und Infrastruktur in der Zeit der beiden Weltkriege, in: Roth, Ralf; Schlögel, Karl (Hrsg.): Neue Wege in ein neues Europa. Geschichte und Verkehr im 20. Jahrhundert. Frankfurt/Main 2009, S. 141 – 155; Becker, Frank: Autobahnen, AutoMobilität. Die USA, Italien und Deutschland im Vergleich, in: Hardtwig, Wolfgang (Hrsg.): Politische Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit 1918 – 1939. Göttingen 2005, S. 23 – 59; Pichler, Franz: Aufsätze zur Geschichte der Radio- und Funktechnik. Von der drahtlosen Telegraphie von Maconi bis zum Radiobasteln nach dem 2. Weltkrieg. Linz 2012; Agar, Jon: Science in the 20th Century and Beyond. Chichester 2012; Trefil, James S.: Science in world history. London 2012; Groß, Dominik: Medizin im 20. Jahrhundert. Fortschritte und Grenzen der Heilkunde seit 1900. München 2008; Lainema, Matti; Nurminen, Juha: Die Entdeckung der Arktis. Stuttgart 2010; Rose, Lisle Abbott: Explorer. The life of Richard E. Byrd. Columbia 2008; Bryant, John; Cones, Harold N.: Dangerous crossings. The first modern polar expedition, 1925. Annapolis 2000. 146 Vgl. Mai: 1918 – 1939; Bernecker : Europa zwischen den Weltkriegen; Gusy, Christoph (Hrsg.): Demokratie in der Krise: Europa in der Zwischenkriegszeit. Baden-Baden 2008.
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Betrachtung sämtlicher Überblicksdarstellungen, dass in der Charakterisierung des Zeitalters kaum Modernisierungstendenzen oder Fortschrittsaspekte berücksichtigt werden, wobei bisher auch den Potenzialen der Zwischenkriegszeit wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Positive Gesichtspunkte bleiben in den vorgestellten Grundrissen zur Epoche größtenteils unerwähnt. Die negative Konnotation der Betrachtungen zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nimmt auf diese Weise die Deutungshoheit der gesamten Zeitspanne inklusive der Zeit zwischen den Kriegen ein und lässt dabei mehrheitlich Hintergründe zur Differenzierung vermissen. In der Geschichtswissenschaft herrscht über die allgemeingültige Einschätzung der Zwischenkriegszeit als Abschnitt der politischen sowie wirtschaftlichen Instabilität und Ausnahmesituation zwar weitgehend Konsens,147 völlig ausblenden lassen sich Aspekte des Fortschritts allerdings nicht.148 Es bestehen wahrscheinlich gerade deshalb Unsicherheiten im genaueren Umriss der Zeit der Weltkriege, die vor allem in der Wahrnehmung und der Korrelationen von Ereignissen begründet liegen und die mit Blick auf eine gemeineuropäische Perspektive auch ganz spezifische nationale Sichtweisen widerspiegeln können. Große Relevanz besitzt die Periode insbesondere für die Staaten Ostmitteleuropas und des Baltikums, fällt doch die Konstituierung beziehungsweise Wiederbelebung einer Vielzahl von Staaten in die Zwischenkriegszeit. Auch die Datierung der Zeit zwischen den Weltkriegen ist nicht für alle europäischen Staaten gleich. In einigen Ländern wird die Zeitspanne abhängig von wichtigen Ereignissen der nationalen Vergangenheit definiert, ihr Ende etwa markiert beispielsweise in den Niederlanden sowie in vielen anderen europäischen Staaten der Einmarsch deutscher Truppen. Diese Besonderheit soll hier nur am Rande erwähnt werden, um auf mögliche Überschneidungen und Betonungen in der Beschäftigung mit Zeitschnitten hinzuweisen und darüber hinaus festzuhalten, dass sich infolge ganz individueller Wahrnehmungen und Erfahrungen der Geschichte in jedem Land die Bilanz des »Interbellums« anders darstellt. So ergeben sich unterschiedliche Deutungen der zwanzigjährigen Periode, die in Deutschland zum Beispiel in zwei Hälften geteilt wird, vgl. auch Gerstner, Alexandra; Könczöl, Barbara; Nentwig, Janina (Hrsg.): Der Neue Mensch. Utopien, Leitbilder und Reformkonzepte zwischen den Weltkriegen. Frankfurt/ Main 2006; Elpers, Susanne; Meyer, Anne-Rose (Hrsg.): Zwischenkriegszeit. Frauenleben 1918 – 1939. Berlin 2004 oder der Bericht von Marcus, Paul: Zwischen den Kriegen. Aus Berlins glanzvollsten Tagen und Nächten. Berlin 2013 sowie Bouvet, Vincent; Durozoi, G¦rard: Paris between the wars. Art, style and glamour in the crazy years. London 2010. 147 Vgl. Möller : Europa zwischen den Weltkriegen; Graml: Europa zwischen den Weltkriegen; Fischer : Europe between democracy and dictatorship, 1900 – 1945; Hornung: Das totalitäre Zeitalter ; Mommsen, Hans: Die Krise der parlamentarischen Demokratie und die Durchsetzung autoritärer und faschistischer Regime in der Zwischenkriegszeit, in: Jahrbuch für europäische Geschichte 1 (2000), S. 51 – 69. 148 Vgl. Craig: Geschichte Europas 1815 – 1980; Mai: 1918 – 1939; Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme; Bernecker : Europa zwischen den Weltkriegen.
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wobei die erste für die Zeit der Weimarer Republik149, die zweite hingegen für die Herrschaft der Nationalsozialisten150 steht. Im Ganzen sind in Anbetracht eines einheitlichen Zugriffs gerade universalhistorische Ansätze als Grundgerüst von Nutzen,151 da die Darstellungen zu einer gemeinsamen und umfassenden Historie auf breiter Basis den Vergleich medialer Äußerungen zur Geschichte transnational ermöglichen. Die nationalen Besonderheiten sowie die Nennung von Modernisierungstendenzen werden allerdings nicht ignoriert, denn diese sollen helfen, in der Analyse bestimmte Muster und Erklärungen in der Vermittlung des Zeitalters der Weltkriege herauszustellen, die möglicherweise in den Kartendarstellungen der Geschichtsatlanten Europas auftauchen. Präferenzen und Defizite zur Perspektivierung der Weltkriege in der Historiographie sind hingegen als Anhaltspunkte leicht zu lokalisieren: Die »Westfront« als Hauptschwerpunkt des Ersten Weltkriegs gilt als Synonym für die brutalen Schlachten des Grabenkriegs in Angriff und Verteidigung und eine Technisierung des Kriegsgeschehens durch Gas, Maschinengewehr und Tanks in den Kampfzonen in Belgien und Frankreich. Der Krieg im Westen ist inzwischen auch in der Erinnerungskultur omnipräsent.152 Die breite Alltagskultur erinnert in Form von Denkmälern, Ausstellungen und Museen153 an die Kämpfe in
149 Vgl. Kolb, Eberhard: Die Weimarer Republik. München 2009; Kluge, Ulrich: Die Weimarer Republik. Paderborn 2006; Möller, Horst: Die Weimarer Republik. Eine unvollendete Demokratie. München 2004. 150 Vgl. Hildebrand, Klaus: Das Dritte Reich. München 2009; Broszat, Martin: Der Staat Hitlers. Grundlegung und Entwicklung seiner inneren Verfassung. Wiesbaden 2007; Frei, Norbert: Der Führerstaat. Nationalsozialistische Herrschaft 1933 bis 1945. München 1997. 151 Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme; Diner : Das Jahrhundert verstehen; Mazower : Der dunkle Kontinent. 152 Krumeich, Gerd: »Konjunkturen der Weltkriegserinnerung«, in: Rother, Rainer (Hrsg.): Der Weltkrieg 1914 – 1918. Ereignis und Erinnerung. Wolfratshausen 2004, S. 68 – 73; Alter, Peter : Der Erste Weltkrieg in der englischen Erinnerungskultur, in: Berding; Heller ; Speitkamp (Hrsg.): Krieg und Erinnerung, S. 113 – 126; Rother, Rainer ; Bavendamm, Gundula; Burchardi, Kristiane: Erinnerung und Erfahrung. Die langen Schatten des Ersten Weltkrieges – Zur Ausstellung »Der Weltkrieg 1914 – 1918. Ereignis und Erinnerung«, in: Rother (Hrsg.): Der Weltkrieg 1914 – 1918, S. 14 – 21; Korte, Barbara; Paletscheck, Sylvia; Hochbruck, Wolfgang: Der Erste Weltkrieg in der populären Erinnerungskultur. Einleitung, in: Korte, Barbara; Paletscheck, Sylvia; Hochbruck, Wolfgang (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg in der populären Erinnerungskultur. Essen 2008, S. 7 – 24; Mick, Christoph: Der vergessene Krieg. Die schwierige Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in Osteuropa, in: Rother (Hrsg.): Der Weltkrieg 1914 – 1918, S. 74 – 81; Winter, Jay : Remembering war. The Great War between memory and history in the twentieth century. New Haven 2006. 153 Hier ganz besonders hervorzuheben: der begehbare Trench im Imperial War Museum in London. Internetauftritt des Imperial War Museum Online abrufbar unter : URL: http:// www.iwm.org.uk/ [Stand: 30. 10. 2012], vgl. Londey, Peter ; Steel, Nigel: Der Erste Weltkrieg als nationaler Erinnerungsort. Das »Imperial War Museum« in London und das »Australian
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»Verdun«, »Passchendaele« und an der »Somme«.154 Umfangreiche Studien setzen sich mit verschiedenen Aspekten des Krieges an der »Westfront« auseinander.155 Dagegen steht im Zweiten Weltkrieg die »Ostfront« als entscheidender Kriegsschauplatz zur Herbeiführung Deutschlands bedingungsloser Kapitulation im Mittelpunkt der historischen Forschung.156 Die Verbrechen der nationalsozialistischen Rassenideologie in Verbindung mit einem mit hohen Menschenverlusten geführten militärischen Konflikt lassen sich insbesondere an der Front im Osten festmachen. Der räumliche Fokus in der Visualisierung wichtiger Ereignisse und Abläufe scheint vor diesem Hintergrund der Gewichtung der historischen Betrachtung im Atlas genauso vorbestimmt. Osteuropa wird somit zum Hauptschauplatz von Krieg, Gewalt und millionenfachen Tod.157 Im Hinblick auf die Perspektivierung des Krieges in Europa spielt dementsprechend speziell der Holocaust eine besondere Rolle. So resultieren etwa aus der Einbeziehung des Gegenstands vielfältige räumliche Anknüpfungspunkte zwischen nationaler und universeller Bedeutung, die sich im engen Kontext mit dem militärischen Konflikt von 1939 bis 1945 verbinden beziehungsweise aus seiner Eskalation erfolgen.158 Der generelle Blick auf die aktuelle Forschungsliteratur zum Holocaust zeigt, dass der Ort des Völkermords an den europäischen Juden unweigerlich mit dem Raum als solchem und im Besonderen mit dem Raum des Zweiten Weltkriegs
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War Memorial« in Canberra, in: Korte; Paletscheck; Hochbruck (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg in der populären Erinnerungskultur, S. 27 – 46. Prost, Antoine: Verdun, in: Nora (Hrsg.): Erinnerungsorte Frankreichs, S. 253 – 278; Petermann, Sandra: Rituale machen Räume. Zum kollektiven Gedenken der Schlacht von Verdun und der Landung in der Normandie. Bielefeld 2007; Krumeich, Gerd: Verdun: ein Ort gemeinsamer Erinnerung, in: Möller, Horst; Morizet, Jacques (Hrsg.): Franzosen und Deutsche. Orte der gemeinsamen Geschichte. München 1996, S. 162 – 184; Wolff, Leon: In Flanders Fields. Passchendaele 1917. London 1959. Vgl. Gilbert, Martin: Somme. The Heroism and Horror of War. London 2007; Münch, Matti: Verdun. Mythos und Alltag einer Schlacht. München 2006; Horne; Kramer : Deutsche Kriegsgreuel 1914; Krumeich, Gerd: Der Mensch als »Material«. Verdun, 21. Februar bis 9. Septmber 1916, in: Förster, Stig; Pöhlmann, Markus; Walter, Dierk (Hrsg.): Schlachten der Weltgeschichte. Von Salamis bis Sinai. München 2004, S. 295 – 305. Vgl. Overy, Richard J.: Die Wurzeln des Sieges. Warum die Alliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen. Stuttgart 2000, S. 13; Overy, Richard J.: Russlands Krieg. 1941 – 1945. Reinbek 2011; Hartmann, Christian: Unternehmen Barbarossa. Der deutsche Krieg im Osten 1941 – 1945. München 2011; Kershaw, Ian: Wendepunkte. Schlüsselentscheidungen im Zweiten Weltkrieg 1940/41. München 2010. Vgl. Snyder, Timothy : Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin 1933 – 1945. München 2011. Vgl. Aly, Götz: »Endlösung«. Völkerverschiebung und der Mord an den europäischen Juden. Frankfurt/Main 2005; Longerich, Peter : Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. München 1998; Friedlander, Henry : Der Weg zum NS-Genozid. Von der Euthanasie zur Endlösung. Berlin 1997; Mayer: Der Krieg als Kreuzzug.
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verbunden ist.159 Vor allem der deutsche Historiker Götz Aly hat in seinen Publikationen auf die engen Verknüpfungen zwischen kriegsbedingter nationalsozialistischer Raumeroberungs- und Beuteideologe sowie massenhafter Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in Europa hingewiesen.160 Aber auch die an die Ausdehnung des Kontinents geknüpfte »Organisation« oder vielmehr »Logistik des Holocaust« wird mittlerweile verschiedenen Betrachtungen unterzogen.161 Der amerikanische Historiker Timothy Snyder erklärt in seiner jüngst erschienenen Studie zum Terror und Völkermord von Faschismus und Stalinismus, dass sich die genozidalen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs im Zusammenhang mit kriegerischer Gewalt und rassistischer Vernichtung in einem übergeordneten räumlichen Rahmen, den »Bloodlands«, verorten lassen.162 Daneben verweisen weitere grundlegende Studien ebenfalls auf die räumliche Dimension des »Völkermords an den europäischen Juden«.163 Insgesamt sind vielfältige Blickwinkel auf das Geschehen der Weltkriegsepoche möglich. Doch wie ist es um die Orte neben den Hauptperspektiven zur Darstellung weltumspannender Aspekte in den Äußerungen zur Geschichte beider Konflikte bestellt? Eine aktuelle Studie umschreibt die Defizite der historiographischen Forschung zu den Weltkriegen in wenigen Sätzen: »While the two great conflicts of 1914 – 1918 and 1939 – 1945 are usually conceived of as ›world wars‹ in Western historiography, their history has largely not been written as global history. Europe, North America and, to some extent, Japan still dominate the international discourse about these wars. The academic establishments of the former two world regions have provided the dominant conceptual frameworks and their national spaces have constituted the principal geographical units of research.«164 Viele geschichtswissenschaftliche Betrachtungen fokussieren zumeist den europäischen Raum, der lediglich in Seitenblicken also bestenfalls fragmentarisch durch den Einschub weltweiter Zusammenhänge ergänzt wird.165 Zwar gibt 159 Vgl. Snyder: Bloodlands; Aly, Götz: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. Frankfurt/Main 2006; Aly, Götz; Heim, Susanne: Vordenker der Vernichtung. Auschwitz und die deutschen Pläne für eine neue europäische Ordnung. Frankfurt/Main 2004. 160 Aly : Endlösung; Aly : Hitlers Volksstaat; Aly ; Heim: Vordenker der Vernichtung. 161 Gottwaldt, Alfred: Die »Logistik des Holocaust« als mörderische Aufgabe der Deutschen Reichsbahn im europäischen Raum, in: Roth; Schlögel (Hrsg.): Neue Wege in ein neues Europa, S. 261 – 280; Polino, Marie-NoÚlle: Der Zusammenhang von Transport und Vernichtung. Ein ungelöstes Problem für Historiker, in: Roth; Schlögel (Hrsg.): Neue Wege in ein neues Europa, S. 281 – 300. 162 Snyder: Bloodlands. 163 Vgl. Longerich: Politik der Vernichtung; Friedlander : Der Weg zum NS-Genozid; Gilbert: Never again. 164 Liebau; Bromber ; Lange; Hamzah; Ahuja: Introduction, S. 1. 165 Vgl. Stevenson, David: 1914 – 1918: The History of the First World War. London 2004;
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es im Kontext einer aufkommenden Beschäftigung mit Globalgeschichte mittlerweile Initiativen, die postkoloniale Perspektiven und globale Geschehnisse gezielt lokalisieren. Sie liefern so im Vergleich zu einer geschlossenen europäischen Sichtweise wichtige Erkenntnisse, wodurch sie ebenso weiternde Aspekte zum Blick auf die globale Relevanz von Zeiträumen widerspiegeln. Dennoch erscheint in vielen Studien die räumliche Dimensionierung der Weltkriege reduziert und verkürzt. Zwar sind Ansätze zur umfassenden Erforschung des Ersten und Zweiten Weltkriegs in Afrika und Asien neben der Auseinandersetzung mit europäischen, atlantischen sowie pazifischen Schauplätzen für beide Konflikte166 vorhanden, hingegen eröffnen sich aber auch immer wieder von der Forschung unberührte neue historische Geschehensräume.167 Der Erste Weltkrieg bietet beispielsweise der Geschichtsschreibung, gerade durch seine enge Bindung an das koloniale »Zeitalter des Imperialismus« als dessen Kulminationspunkt, vielfältige Möglichkeiten der globalen Betrachtung jenseits des Eurozentrismus. Trotz der historiographischen Orientierung auf Europa geben inzwischen einzelne Arbeiten168 und kleinere Aufsätze im Umfang von Sammelbänden Auskunft zum außereuropäischen Kriegsschauplatz.169
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Salewski, Michael: Der Erste Weltkrieg. Paderborn 2003; Berghahn, Volker R.: Der Erste Weltkrieg. München 2003; Ferguson, Niall: The pity of war. Explaining World War I. London 1999; Becker, Jean Jacques; Krumeich, Gerd: La Grande guerre. Une histoire franco-allemande. Paris 2008; Mommsen, Wolfgang J.: Der Erste Weltkrieg. Anfang vom Ende des bürgerlichen Zeitalters. Frankfurt/Main 2004; Becker, Jean-Jacques: La PremiÀre Guerre mondiale. Paris 2003; Müller, Rolf-Dieter : Der Zweite Weltkrieg: 1939 – 1945. Stuttgart 2004; Schmidt, Rainer F.: Der Zweite Weltkrieg. Die Zerstörung Europas. Berlin 2008; Thoss; Volkmann (Hrsg.): Erster Weltkrieg – Zweiter Weltkrieg. Vgl. Morrow : The impact of the two world wars in a century of violence; Segesser : Der Erste Weltkrieg in globaler Perspektive; Sondhaus: World War One; Storey : The First World War ; Weinberg: A world at arms; Strachan: The First World War ; Neiberg: Fighting the Great War ; Kuhn, Dieter : Der Zweite Weltkrieg in China. Berlin 1999. Vgl. Morgenrath, Birgit; Rössel, Karl (Hrsg.): »Unsere Opfer zählen nicht«. Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg. Berlin 2005; vgl. auch Ahuja, Ravi; Liebau, Heike; Roy, Franziska (Hrsg.): When the war began we heard of several kings. South Asian prisoners in World War I Germany. Neu Dehli 2011; Dijk, Kees van: The Netherlands Indies and the Great War, 1914 – 1918. Leiden 2007. Vgl. Paice, Edward: Tip and run. The untold tragedy of the Great War in Africa. London 2007; Strachan, Hew : The First World War in Africa. Oxford 2004; Segesser : Der Erste Weltkrieg in globaler Perspektive; Sondhaus: World War One; Storey : The First World War ; Neiberg: Fighting the Great War ; Page, Melvin E.: Africa and the First World War. London 1987. Vgl. Michels, Stefanie: Totale Mobilmachung in Afrika. Der Erste Weltkrieg in Kamerun und Deutsch-Ostafrika, in: Bauerkämper; Julien (Hrsg.): Durchhalten, S. 238 – 259; Förster, Stig: Der globalisierte Krieg. Der Erste Weltkrieg war nicht nur eine europäische Katastrophe, in: Burgdorff, Stephan; Wiegrefe, Klaus; Andresen, Karen (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg. Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. München 2004, S. 198 – 210; Förster, Stig: Vom europäischen Krieg zum Weltkrieg, in: Hirschfeld; Krumeich; Renz (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, S. 242 – 248; Petter, Wolfgang: Der Kampf um die deutschen Kolonien, in: Michalka (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg, S. 392 – 411.
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Auch Autoren größerer Studien integrieren mittlerweile Kapitel zum weltumspannenden Ausmaß der »Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts« in ihre Untersuchungen.170 Dennoch wird in der Forschung beispielsweise »der afrikanische Kontinent als Ort des bewaffneten Konflikts […] bis heute [als] eine ›vergessene Front‹ oder eine ›unerzählte Tragödie‹ bezeichnet«.171 Neben Europa und dem Pazifik wirkte sich auch der Zweite Weltkrieg wenn nicht direkt, vor allem indirekt auf die Kolonialgebiete vieler beteiligter Staaten aus (Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Niederlande, USA). In Anbetracht einschlägiger Blickwinkel der Geschichtsschreibung ist aber zu vermuten, dass in der Beschäftigung mit dem Konflikt von 1939 bis 1945 größtenteils immer noch der europäische Kontinent im Mittelpunkt des Interesses steht.172 Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg wird hingegen durch den »riesigen« Kriegsschauplatz in Asien und im Pazifik zumindest eine Teilperspektive von außereuropäischen Geschehnissen regelmäßig berücksichtigt. Besonders der Krieg zwischen Japan und den USA besitzt in der Kontextualisierung mit europäischen Aspekten eine hohe Relevanz.173 In der allgemeinen Betrachtung der räumlichen Verortung des Zweiten Weltkriegs durch die Historiographie lassen sich deshalb Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede im Vergleich zum Ersten Weltkrieg festmachen. Dass Teile der historischen Forschung Europa im Zentrum des Interesses verorten, ergibt sich schon aus der traditionellen Bevorzugung der eigenen Perspektive.174 Daneben interessieren durch die Erschließung neuer Felder der Geschichtswissenschaft zum Beispiel Arbeiten mit Ansätzen und Methoden zur Untersuchung von mikro- und sozialhistorischen Phänomenen.175 Ferner knüpfen sich an Gesichtspunkte innerhalb Europas oft »memoriale Räume« und Erinnerungsorte. Die Hinwendung zu globalen Blickwinkeln musste allerdings nicht wie im Kontext des Ersten Weltkriegs in 170 Vgl. Strachan: The First World War ; Keegan, John: The First World War. London 1999; Howard, Michael: The First World War. A very short introduction. Oxford 2007. 171 Michels: Totale Mobilmachung in Afrika, S. 238. 172 Vgl. Schmidt: Der Zweite Weltkrieg; Müller : Der Zweite Weltkrieg; vor allem im Kontext der Universalgeschichten von Hobsbawm, Diner, Mazower, Berghahn. Bei Winkler wird das globale Kriegsgeschehen ausgeblendet. 173 Aktuelle Studien zum Zweiten Weltkrieg beschäftigen sich mit dem Teilaspekt »Krieg im Pazifik«: Keegan, John: The Second World War. London 1997; Schreiber, Gerhard: Der Zweite Weltkrieg. München 2005; Weinberg: A world at arms; Boog, Horst; Wegner, Bernd: Der globale Krieg. Die Ausweitung zum Weltkrieg und der Wechsel der Initiative, 1941 – 1943. Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Stuttgart 1990. 174 Vgl. Schreiber : Der Zweite Weltkrieg in der internationalen Forschung, S. 3 – 24. 175 Vgl. Neitzel, Sönke; Welzer, Harald: Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben. Frankfurt/Main 2011; Kershaw, Ian: Das Ende. Kampf bis in den Untergang – NSDeutschland 1944/45. München 2011; Hirschfeld, Gerhard (Hrsg.): Die Deutschen an der Somme. 1914 – 1918; Krieg, Besatzung, verbrannte Erde. Essen 2006; Horne; Kramer : Deutsche Kriegsgreuel 1914.
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den letzten zehn Jahren erst komplett neu erfolgen, denn europäische Autoren publizierten nach 1945 unterschiedliche Beiträge zum afrikanischen oder pazifischen Geschehen, über die ein Bewusstsein für den Krieg in anderen Teilen der Welt hergestellt wurde.176 Gleichwohl blieben vor diesem Hintergrund verschiedene Schauplätze unbeachtet. Untersuchungen zur Geschichte des Konflikts in Regionen der Erde, die von den etablierten Blickwinkeln abweichen, wie zum Beispiel China177 oder ganz allgemein der »Dritten Welt«178 finden sich daher selten. Interessant sind demnach genauso Arbeiten, die als Darlegungen zur Weltkriegsgeschichte die globale Perspektive auf der Ebene einer Weltgeschichte berücksichtigen.179 Vertreter des Paradigmas »Globalgeschichte« haben gleichfalls Bedeutung für die Studie, da sie an bestimmten Schnittstellen Besonderheiten zum Raumbezug von Geschichte lokalisieren können.180 Universale Sichtweisen sind allerdings keineswegs immer Ausdruck eines gemeinsamen europäischen Geschichtsbildes, sondern besitzen häufig eine deutliche nationalgeschichtliche Färbung.181 Deshalb haben in vielen Abhandlungen zur Zeit
176 Vgl. Kennedy, Paul: Der Kampf im Pazifik. München 1981; Liddell Hart: Liddell Harts Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Düsseldorf 1972; Churchill, Winston S.: Die Sturmflut aus Japan. Der Zweite Weltkrieg. Bern 1951; Churchill, Winston S.: Die Befreiung Afrikas. Der Zweite Weltkrieg. Bern 1951. 177 Kuhn: Der Zweite Weltkrieg in China; Dabringhaus, Sabine: Der lange Krieg zur Befreiung des Volkes. China und der Zweite Weltkrieg, in: Martin, Bernd; Kuß, Susanne (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg in Europa und Asien. Grenzen, Grenzräume, Grenzüberschreitungen. Freiburg 2006, S. 215 – 230. 178 Vgl. Morgenrath; Rössel (Hrsg.): »Unsere Opfer zählen nicht«. 179 Vgl. Iriye, Akira; Maier, Charles S.; Osterhammel, Jürgen; Rosenberg, Emily S. (Hrsg.): 1870 – 1945: Weltmärkte und Weltkriege. München 2012; Liebau (Hrsg.): The world in world wars; Segesser : Der Erste Weltkrieg in globaler Perspektive; Sondhaus: World War One; Storey : The First World War ; Neiberg: Fighting the Great War ; Feinstein, C. H.; Temin, Peter ; Toniolo, Gianni: The world economy between the world wars. Oxford 2008; Weinberg: A world at arms. 180 Vgl. Vgl. Ansätze in Geschichtsdidaktik und Fachwissenschaft: Popp, Susanne; Forster, Johanna (Hrsg.): Curriculum Weltgeschichte. Globale Zugänge für den Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts. 2008; Cajani, Luigi: World history. Weltgeschichte = Histoire mondial. Schwalbach/Ts. 2005; Schissler, Hanna; Soysal, Yasemin Nuhog˘lu (Hrsg.): The nation, Europe, and the world. Textbooks and curricula in transition. New York 2005; Conrad, Sebastian; Eckert, Andreas; Freitag, Ulrike (Hrsg.): Globalgeschichte: Theorien, Ansätze, Themen. Frankfurt/Main 2007; Osterhammel, Jürgen: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. München 2011; Darwin, John: Der imperiale Traum. Die Globalgeschichte großer Reiche 1400 – 2000. Frankfurt/Main 2010; Bayly, Christopher A.: The birth of the modern world, 1780 – 1914. Global connections and comparisons. Malden, MA 2004; Conrad, Sebastian; Randeria, Shalini; Sutterlüty, Beate (Hrsg.): Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften. Frankfurt/Main 2002. 181 Vgl. Popp, Susanne: Auf dem Weg zu einem europäischen »Geschichtsbild«. Anmerkungen
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der Weltkriege auch Aspekte der Nationalgeschichte besondere Relevanz, die in ihrer Wirkungskraft die noch immer bestehenden Defizite eines europäischen Geschichtsbewusstseins offenbaren.182 Wichtig sind daher neben der europäischen Perspektive in der näheren Reflexion der Ereignisse einzelne Studien, die spezielle nationale Standpunkte als Variante berücksichtigen beziehungsweise länderspezifische Besonderheiten innerhalb der Weltkriegsgeschichte herausstreichen.183 Viele Einzelstudien zeigen einen nationalen Fokus oder beleuchten eine bestimmte Perspektive des Geschehens. Diese Informationen helfen, im Kontext der Untersuchung weiter Aufschluss über besondere Diskurse oder zur Entstehung eines gesamteuropäischen Bilderkanons, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 54 (2004) 7/8, S. 23 – 31. 182 Vgl. Jarausch, Konrad H.: Zeitgeschichte zwischen Nation und Europa. Eine transnationale Herausforderung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 54 (2004) 39, S. 3 – 10. 183 Vgl. u. a. zur Vielfalt der historischen Forschung: Mombauer : The origins of the First World War ; Duroselle, Jean-Baptiste: La Grande Guerre des FranÅais. Perrin 1994; Ypersele, Laurence van: Belgien im »Grande Guerre«, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 54 (2004) 29/ 30, S. 21 – 29; Rochat, Giorgio: Die italienische Historiographie zum Ersten Weltkrieg, in: Michalka (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg, S. 972 – 990; Janz, Oliver : Zwischen Konsens und Dissens. Zur Historiographie des Ersten Weltkriegs in Italien, in: Bauerkämper; Julien (Hrsg.): Durchhalten, S. 195 – 213; Jerˇbeck, Rudolf: Die österreichische Weltkriegsforschung, in: Michalka (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg, S. 953 – 971; Connelly, Mark: »Never such innocence again«, Großbritannien und das Jahr 1914, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 54 (2004) 29/30, S. 13 – 20; Schulz, Oliver : »Ungeordnete Verhältnisse« und entgrenzter Krieg. Das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg, in: Bauerkämper ; Julien (Hrsg.): Durchhalten, S. 260 – 280; Romsics, Ignc: Der Friedensvertrag von Trianon. Herne 2005; Feinstein; Temin; Toniolo: The European economy between the world wars; Mantelli, Brunello: Kurze Geschichte des italienischen Faschismus. Berlin 1998; Schieder, Wolfgang: Der italienische Faschismus. 1919 – 1945. München 2010; Bernecker, Walther L.; Brinkmann, Sören: Kampf der Erinnerungen. Der Spanische Bürgerkrieg in Politik und Gesellschaft; 1936 – 2008. Nettersheim 2008; Ueberschär, Gerd R.; Bezymenskij, Lev A. (Hrsg.): Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941. Die Kontroverse um die Präventivkriegsthese. Darmstadt 2011; Bömelburg, Hans-Jürgen (Hrsg.): Der Warschauer Aufstand 1944. Ereignis und Wahrnehmung in Polen und Deutschland. Paderborn 2011; Turski, Marian (Hrsg.): Polish witnesses to the Shoah. London 2010; Młynarczyk, Jacek Andrzej; Böhler, Jochen (Hrsg.): Der Judenmord in den eingegliederten polnischen Gebieten 1939 – 1945. Osnabrück 2010; Gross, Jan Tomasz: Nachbarn. Der Mord an den Juden von Jedwabne. München 2001; Hürter, Johannes; Zarusky, Jürgen; Grossman, Vasiliı˘ Semenovich (Hrsg.): Besatzung, Kollaboration, Holocaust. Neue Studien zur Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. München 2008; Steinberg, Maxime: La pers¦cution des Juifs en Belgique (1940 – 1944). Bruxelles 2004; Rousso, Henry : Frankreich und die »dunklen Jahre«. Das Regime von Vichy in Geschichte und Gegenwart. Göttingen 2010; Klarsfeld, Serge; Meyer, Ahlrich: Vichy – Auschwitz. Die »Endlösung der Judenfrage« in Frankreich. Darmstadt 2007; Doessant, Serge: Le d¦sastre de 1940. De l’Union sacr¦e Vichy. Paris 2010; Valode, Philippe: Les hommes de P¦tain. Paris 2011; Richard, Thibault: France. Mai-juin 1940, l’ampleur d’un d¦sastre. Paris 2010; Andersen, Palle: Dansk viden 1941 – 1945 om Holocaust. Belyst ved den illegale presse. Odense 2010; Taylor, A. J. P.: The origins of the Second World War. Harmondsworth 1991; Durand, Yves: Les Causes de la deuxiÀme guerre mondiale. Paris 1992; Grandhomme, Jean-NoÚl: La Seconde Guerre mondiale en France. Rennes 2004.
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bestimmte Positionen und Darstellungsmuster in der Visualisierung von Geschichte zu geben.184 Insgesamt soll die Herausstellung einzelner Modifikationen zur globalen Darstellung der »Weltkriegsepoche« aufdecken, wie unterschiedliche Schwerpunkte von Geschichtsschreibung Eingang in Geschichtsatlanten erhalten. Nur so lassen sich in der Analyse gemeinsame und abweichende Darstellungsformen im transnationalen Vergleich von Atlaspublikationen freilegen. Umfassende europäische Gesamtgeschichten, die über den Zeitraum der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinausgreifen, erscheinen daher für den Versuch einer Typisierung der Epoche eher problematisch, da sie zu sehr verallgemeinern, sich weit umfassenden Zusammenhängen unterwerfen oder nur bestimmte Blickwinkel wiedergeben.185 Schwierig sind ebenfalls Studien, die sich gezielt mit der Begriffsgeschichte, der historischen Identität, dem kulturellen Erbe oder dem europäischen Bewusstsein auseinandersetzen.186 Als besonders hilfreich erweisen sich jedoch Versuche, über einfache Gemeinsamkeiten wie Orte oder Personen von gemeinsamer, verbindlicher Erinnerungskultur187 zu sprechen, wodurch über die Form und Gestalt des Andenkens Perspektivierungen und Ausprägungen in Atlanten erklärt werden können. Orte wie Verdun, Stalingrad, die Strände der Normandie, Hiroshima oder Auschwitz bilden Schwerpunkte der Erinnerung. Diese Erinnerungsorte besitzen eine besonders aufgeladene, symbolische Bedeutung, die für eine jeweilige Gruppe identitätsstiftende Funktion hat.188 Mit Bezugnahme auf das Konzept der »Erinnerungsorte« von 184 Vgl. allein zur Fischer-Kontroverse: Fischer: Griff nach der Weltmacht; Jarausch, Konrad H.: Der nationale Tabubruch. Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik in der FischerKontroverse, in: Sabrow ; Jessen; Große-Kracht (Hrsg.); Zeitgeschichte als Streitgeschichte, S. 20 – 40; Schöllgen, Gregor : Griff nach der Weltmacht? 25 Jahre Fischer-Kontroverse, in: Historisches Jahrbuch 106 (1986), S. 386 – 406; Schöllgen, Gregor (Hrsg.): Flucht in den Krieg? Die Außenpolitik des kaiserlichen Deutschland. Darmstadt 1991. 185 Vgl. Davies, Norman: Europe. London 1997; Salewski: Geschichte Europas; Schwanitz, Dietrich: Die Geschichte Europas. München 2003; Seibt, Ferdinand: Die Begründung Europas. Ein Zwischenbericht über die letzten tausend Jahre. Bonn 2005. 186 Vgl. Schmale: Geschichte Europas; Altrichter ; Bernecker : Geschichte Europas im 20. Jahrhundert; James: Geschichte Europas im 20. Jahrhundert; Craig: Geschichte Europas 1815 – 1980; Liedtke, Rainer : Geschichte Europas. Von 1815 bis zur Gegenwart. Paderborn 2010. 187 Vgl. Jarausch: Zeitgeschichte zwischen Nation und Europa, S. 4. 188 Vgl. Prost: Verdun; Petermann: Rituale machen Räume; Münch: Verdun; Krumeich: Verdun; Krumeich: Der Mensch als »Material«; Overy : Russlands Krieg; Ulrich, Bernd: Stalingrad. München 2005; Wegner, Bernd: Der Mythos »Stalingrad« (19. November 1942 – 2. Februar 1943), in: Krumeich, Gerd; Brandt, Susanne (Hrsg.): Schlachtenmythen. Ereignis, Erzählung, Erinnerung. Köln 2003, S. 183 – 197; Ueberschär, Gerd R.: Orte des Grauens. Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Darmstadt 2003; Reichel, Peter : Auschwitz, in: FranÅois, Etienne; Schulze, Hagen (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte, Teil 1. München 2002, S. 600 – 621; Assmann, Aleida: Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des
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Pierre Nora189 sowie weiteren Studien zum Gegenstand lokaler »Erinnerung«190 kann für viele europäische Staaten festgehalten werden, dass »Erinnerungsorte« auch hinsichtlich ihrer visuellen Abbildung insbesondere im Bereich der Bildungsmedien einer Untersuchung bedürfen. Speziell die »Medialisierung« von Geschichte interessiert im Fokus von »Erinnerung« und »Gedächtnis«,191 da sie »im Alltag in vielerlei Ausprägungen erscheint und diese oft mächtiger auf das Geschichtsbewusstsein einwirken als die klassischen Bildungsinstitutionen«.192 Gleichwohl hat jedes der europäischen Gemeinwesen aber auch seine eigenen Geschichten und Erinnerungen. Diese Erzählungen sind mehr oder weniger an sogenannte »Master Narratives« angelehnt, die sich der europäischen Geschichte aus verschiedenen Perspektiven nähern.193 Die Einheit der Epoche ergibt sich somit für Europa aus dem Umstand, dass der Blick auf die »Katastrophen des 20. Jahrhunderts« die kollektiven, aber auch die individuellen Spuren sichtbar werden lässt, die dieser Zeitraum hinterlassen hat. Aus einer gemeineuropäischen Perspektive kann die Betrachtung auf die enorme Wirkungskraft von Krieg und Gewalt in der Epoche der Weltkriege erfolgen, welche sich zweifelsfrei auf den gesamten europäischen Kontinent
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kulturellen Gedächtnisses. München 2010; vgl. auch Corum, James S.: Deutschlands erste entscheidende Niederlage im Zweiten Weltkrieg. Die Luftschlacht um England, 10. Juli bis 31. Oktober 1940, in: Förster ; Pöhlmann; Walter (Hrsg.): Schlachten der Weltgeschichte, S. 306 – 324 oder Waechter, Matthias: Ein »neues Verdun«. Die Schlacht von Bir Hakeim (Juni 1942) und der Mythos des Gaullismus, in: Krumeich; Brandt (Hrsg.): Schlachtenmythen, S. 165 – 182. FranÅois: Pierre Nora und die »Lieux de m¦moire«, S. 9 ff. Carcenac-Lecomte, Constanze: Wie nationales Gedächtnis »verortet« wird: Französische Gedächtnis- und Deutsche Erinnerungsorte, in: Bios: Zeitschrift für Biographieforschung 2 (2002), S. 110 – 121; FranÅois, Etienne: Erinnerungsorte zwischen Geschichtsschreibung und Gedächtnis. Eine Forschungsinnovation und ihre Folgen, in: Schmid (Hrsg.): Geschichtspolitik und kollektives Gedächtnis, S. 23 – 37; Carrier : Pierre Noras »Les Lieux de m¦moire« als Diagnose und Symptom des zeitgenössischen Erinnerungskultes; FranÅois; Schulze (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte. Vgl. Paul, Gerhard: Von der historischen Bildkunde zur Visual History. Eine Einführung, in: Paul, Gerhard (Hrsg.): Visual History. Ein Studienbuch. Göttingen 2006, S. 7 – 37; Paul, Gerhard: Die visuelle Geschichte und der Bildkanon des kulturellen Gedächtnisses, in: Paul, Gerhard (Hrsg.): Das Jahrhundert der Bilder II. 1949 bis heute. Göttingen 2008, S. 14 – 39; Paul, Gerhard: Der Bildatlas – ein Streifzug durch unser kulturelles Gedächtnis, in: Paul, Gerhard (Hrsg.): Das Jahrhundert der Bilder I. 1900 bis 1949. Göttingen 2008, S. 9 – 13. Oswalt, Vadim: Historisches Lernen zwischen Heterogenität und Standardisierung, in: Buschkühle, Carl-Peter (Hrsg.): Bildung zwischen Standardisierung und Heterogenität. Ein interdisziplinärer Diskurs. Wiesbaden 2009, S. 174. FranÅois, Etienne: Meistererzählung und Dammbrüche. Die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg zwischen Nationalisierung und Universalisierung, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 13 – 28.
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auswirkte und deshalb allgemein als »Selbstzerstörung« und »Untergang Europas« beschrieben wird.194 Die damit verbundenen Betrachtungen der Geschichte anderer Erdteile und die sich daraus ergebenden globalen Perspektiven dürfen allerdings nicht ausgeblendet werden und sollten bei dem Vergleich der Geschichtsatlanten mit den relevanten Überblicksdarstellungen und Studien Berücksichtigung finden.
2.2. Kriegsdarstellungen im Fokus der Lehrmittelforschung – Historische und aktuelle Perspektiven Schulbuchrevision dient dem Abbau von Geschichtsklitterung, Stereotypen, Feindbildern, nationalistischer Selbstüberhebung und der Abwertung des »Anderen«. Der folgende historische Abriss zur Erforschung von Bildungsmedien erfolgt in diesem Teil der Arbeit vorwiegend aus deutscher Perspektive. Der Abschnitt legt diesbezüglich exemplarisch institutionelle und personelle Entwicklungslinien von der Vergangenheit bis in die Gegenwart frei, um dadurch die Anbindung des Vergleichs von Geschichtsatlanten an die lange Tradition der Lehrmittelrevision zur transnationalen Verständigung sowie an die aktuelle internationale Schulbuchforschung zu gewährleisten.195 Lehrmittel sind seit jeher umstritten. Das zeigen etwa die nach dem Zweiten Weltkrieg begonnenen Verständigungen zur internationalen Konsensbildung über geschichtliche Diskussionen und Diskurse in Geschichtslehrmitteln sowie das daraus resultierende Bemühen zur Verhinderung des Aufbaus einseitiger nationaler Geschichtsbilder in Verbindung mit Stereotypen- und Feindbilderentwicklung, wie etwa die deutsch-polnische Schulbuchkommission.196 Ein Blick in die Geschichte dokumentiert, dass gerade im 19. und bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts die Inhalte der Lehrwerke sowohl in nationaler als auch ethnographischer Weise geprägt waren. Die ideologische Funktion von Schulbuchtexten diente beispielsweise direkt vor dem Ersten Weltkrieg in Frankreich und in der Zwischenkriegszeit insbesondere in Deutschland der intensiven Mobilmachung der Massen.197 In Folge der tiefgreifenden traumatischen Er194 Vgl. Berghahn, Volker R.: Sarajewo, 28. Juni 1914. Der Untergang des alten Europa. München 1997; Bernecker : Europa zwischen den Weltkriegen 1914 – 1945, S. 13. 195 Die Bemühungen in der internationalen Schulbuchforschung im Rahmen der Arbeiten Georg Eckerts und des gleichnamigen Instituts sind seit 1945 in Europa maßgeblich. Die Relevanz der Beleuchtung der deutschen Perspektive erscheint somit gegeben, vgl. die Beiträge in: Becher (Hrsg.): Internationale Verständigung. 196 Vgl. Pingel: Schulbücher, S. 63 – 72. 197 Vgl. Bendick, Rainer : Kriegserwartung und Kriegserfahrung. Der Erste Weltkrieg in deutschen und französischen Schulbüchern (1900 – 1939/1945). Pfaffenweiler 1997.
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fahrungen des Ersten Weltkrieges fand die Beschäftigung mit Schulbüchern ideologischer Prägung zum ersten Mal systematisch Aufmerksamkeit nach 1918, und zwar sowohl auf politischer als auch auf wissenschaftlicher Ebene.198 Die Anfänge in der transnationalen Erforschung von Bildungsmedien Die schulreformerische Aufklärung in Deutschland prägte maßgeblich der Berliner Lehrer Siegfried Kawerau, der zu Beginn der 1920er-Jahre in führender Position an der Arbeit des »Bundes Entschiedener Schulreformer« mitwirkte.199 Schon in ihren programmatischen Forderungen bezüglich der Revolutionsphase 1918/19 bestand der Bund darauf, »zum Zwecke einer völligen Umgestaltung der Lese- und Geschichtsbücher […] amtliche Kommissionen zu bilden«.200 Gerade Kawerau wollte diese Aufbruchsstimmung, die in der Beschäftigung der Schulreformer mit Lehrmitteln vorherrschte, aufgreifen, um mit neuen Ideen und internationalem Weitblick positive Impulse für eine vorurteilsfreie und Feindbilder abbauende transnationale Verständigung zu setzen.201 Im Ganzen sollte sich die Politik der Völkerversöhnung durch Verträge und Zusammenarbeit im Völkerbund eine pädagogische Grundlage durch Erziehung zur Verständigung geben. Man verlangte darum nicht nur den Abbau von Unwahrheiten, zu denen auch das Verschweigen wichtiger, aber für das eigene Volk ungünstiger Tatsachen gerechnet wurde, sondern auch die »Vermeidung doppelter Moral, die Herabwürdigung ganzer Völker und die positive Behandlung der Völkerbundfrage«.202 Der Schulbuchvergleich sollte eine Annäherung und eine friedliche Auseinandersetzung der Staaten untereinander auf der Basis der Lehrmittel unterstützen und zu einer Schulbuchrevision führen.203 Dennoch trug die Institution Schule und mit ihr die Mehrheit der Lehrer in Deutschland in der Zwischenkriegszeit gezielt dazu bei, die nachwachsenden Generationen in eine Begriffs- und Gedankenwelt einzugewöhnen, die sich dem Wiederaufstieg zum imperialen Machtstaat verschrieben hatte.204 Die damals als »Gesinnungsfächer« bezeichneten Unterrichtsdisziplinen wie Geschichte oder 198 Vgl Jeismann: Geschichte als Horizont der Gegenwart, S. 204; vgl. auch Huhn, Jochen: Geschichtsdidaktik in der Weimarer Republik, in: Bergmann, Klaus; Schneider, Gerhard (Hrsg.): Gesellschaft, Staat, Geschichtsunterricht. Beiträge zu einer Geschichte der Geschichtsdidaktik und des Geschichtsunterrichts von 1500 – 1980. Düsseldorf 1982, S. 218 – 260. 199 Vgl. Huhn, Jochen: Georg Siegfried Kawerau (1886 – 1936), in: Quandt, Siegfried (Hrsg.): Deutsche Geschichtsdidaktiker des 19. und 20. Jahrhunderts. Wege, Konzeptionen, Wirkungen. Paderborn 1978, S. 300. 200 Ebd.: S. 298. 201 Vgl. Hasberg, Wolfgang: Siegfried Kawerau (1886 – 1936), in: Fröhlich, Michael (Hrsg.): Die Weimarer Republik. Portrait einer Epoche in Biographien. Darmstadt 2002, S. 298. 202 Jeismann: Geschichte als Horizont der Gegenwart, S. 206. 203 Vgl. Pingel: Schulbücher, S. 64. 204 Vgl. Herb: Under the Map of Germany, S. 65 ff.
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Geographie haben kaum einer Verständigungs- und Friedenserziehung gedient, vielmehr wurde mit »Texten und suggestiven Karten ein aggressiver Kulturdünkel und Revanchismus gepflegt, der einem neuen Ostimperialismus den Weg bereiten half«.205 Neben Siegfried Kawerau plädierten auch Geographen wie Georg Lukas oder Paul Knospe dafür, den Unterricht an der neuen Realität auszurichten und Frieden zu vermitteln.206 Ein Bruch in den friedenspädagogischen Bemühungen des »Bundes Entschiedener Schulreformer« ist mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zu verzeichnen. Das angeschobene Nachdenken über Reformen dämmten die nationalsozialistischen Funktionäre ein und machten die auf Neugestaltung abzielenden Initiativen flächendeckend rückgängig. Darüber hinaus wurden von Reformern eingeführte Lehrbücher wie auch Literatur in Lehrer- und Schülerbibliotheken in den ersten Jahren nach 1933 aus dem Verkehr gezogen.207 Somit verschwanden ernsthafte Gegenpositionen der Schulreform in der Diskussion um Geschichtsvermittlung im Dritten Reich, aktive Gegner wie Kawerau starben an den Folgen von Haft und Schikane.208 Zwar traten unterrichtsmethodische Änderungen nur begrenzt in Kraft, gravierender waren hingegen die didaktischen und ideologischen Änderungen. Der politische Erziehungsanspruch des Nationalsozialismus schloss vor allem den Anspruch auf Vermittlung eines völkisch-rassistischen Geschichtsbildes mit ein, das den Bestrebungen der reformerischen Initiativen um friedlichen Ausgleich völlig entgegen lief.209 Der Zweite Weltkrieg warf die Bildungspolitik in Deutschland zurück auf den Stand der Anfangsjahre der Weimarer Republik. Die Ausgangsposition nach 1945 war daher für einen bildungspolitischen Neuanfang entsprechend schlecht, trotzdem wurde von verschiedenen Personen und Institutionen schnell mit der Schaffung einer geeigneten Basis zur Lehrmittelrevision begonnen. Erst die Reflexion über die auslösenden Faktoren zweier Weltkriege brachte die Einsicht in die Notwendigkeit, sich einer allgemeinen Aufklärung über Fremd- und Selbstbilder zuzuwenden. Statt Feindbilder zu schaffen und damit einseitigen Urteilen über Personen, Gruppen oder Völkern verhaftet zu bleiben, 205 Schultz: Sie wussten, was sie taten, S. 34, vgl. auch Schultz: Das Kartenbild als Waffe im Geographieunterricht der Zwischenkriegszeit, S. 19 – 27. 206 Schultz: Das Kartenbild als Waffe im Geographieunterricht der Zwischenkriegszeit, S. 34. 207 Vgl. Genschel, Helmut: Geschichtsdidaktik und Geschichtsunterricht im nationalsozialistischen Deutschland, in: Bergmann; Schneider (Hrsg.): Gesellschaft, Staat, Geschichtsunterricht, S. 286. 208 Vgl. Hasberg: Siegfried Kawerau (1886 – 1936), S. 302. 209 Vgl. Genschel: Geschichtsdidaktik und Geschichtsunterricht im nationalsozialistischen Deutschland, S. 287.
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versuchten Pädagogen und Fachwissenschaftler schließlich in vielen internationalen Konferenzen, Empfehlungen für die Gestaltung von Schulbüchern zu erarbeiten.210 Auch der deutsche Historiker und Pädagoge Georg Eckert hatte miterlebt, in welch direkter und eindeutiger Weise in der Zwischenkriegszeit die jungen Generationen in Europa zur Feindseligkeit gegen andere Völker und Staaten erzogen wurden. Am konkretesten fassbar schien die Beeinflussung durch Schulbücher, die die Möglichkeit besitzen, umfassend ein einseitiges Geschichtsbild und stereotype Auffassungen über andere Nationen oder Gruppen von Menschen zu transportieren.211 Nach 1945 versuchte insbesondere die UNESCO die Arbeit der transnationalen Aufklärung und Annäherung über Bildungsmedien erfolgreich zu gestalten. Georg Eckert engagierte sich als Vorsitzender der Deutschen UNESCO-Kommission für die internationale Verständigung, baute ein internationales Schulbuchinstitut auf und brachte dadurch neue Impulse in den Bereich der Schulbuchforschung. Dieses Engagement führte schließlich zu einer Wiederaufnahme der Schulbuchrevision. Eine Kultur des Vergleichs und der Anerkennung der prinzipiellen Gleichheit, wie sie der Völkerbund in den 1920er-Jahren in den ersten Schritten zur internationalen Schulbuchrevision angestrebt hatte, konnte sich erst im Zuge vielfältiger grenzüberschreitender Kooperationen entfalten.212 Die Arbeit des »Internationalen Schulbuchinstituts« verlangte nach dem Tode Eckerts im Jahr 1975 ein Umdenken in der Aufgabenstellung und Beurteilung des Untersuchungsgegenstands213, was sich in der Verlagerung der Analyse von der »pragmatisch ausgerichteten Schulbuchrevision hin zu umfassender Schulbuchforschung« äußerte.214 Eine Neuorientierung entstand in der verbesserten Entwicklung der relevanten Forschungs- und Wissenschaftszweige, nicht zuletzt in der Didaktik, vor allem aber in der Wandlung des Bildungsmediums Schulbuch selbst. Gerade in den 1970er-Jahren beruhten die Bemühungen der internationalen Schulbuchforschung auf der Rücksichtnahme aktueller Trends und Tendenzen der Wissenschaft, sodass im Rahmen der »didaktischen Wende« das Schulbuch zwar »einerseits seine traditionell dominierende Stellung im Unterrichtsgeschehen […] auf Kosten konkurrierender Unterrichtsmedien eingebüßt hat, andererseits [aber] bei der Vielfalt neuer In-
210 211 212 213 214
Vgl. Jeismann: Geschichte als Horizont der Gegenwart, S. 181. Vgl. Behler : Verständigung wächst aus Verstehen, S. 27 – 32. Pingel: Schulbücher, S. 64, 68. Jeismann: Geschichte als Horizont der Gegenwart, S. 182. Riemenschneider, Rainer : Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, in: Bergmann (Hrsg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik, S. 574.
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formationsmöglichkeiten in und außerhalb der Schule eine veränderte didaktische Funktion [gewann]«.215 Die Erfahrungen der internationalen Schulbuchforschung zeigen, dass bilaterale oder multilaterale vergleichende Schulbuchanalyse sowie die Erarbeitung von Vorschlägen zur Korrektur von Mängeln, Fehlern oder Vorurteilen ins Zentrum der Arbeit rücken, die Aufgaben aber über die Schulbuchrevision weit hinausgehen.216 Unter der Leitung des Georg-Eckert-Instituts wurden Strategien erarbeitet, mit deren Hilfe die FachwissenschaftIer, Didaktiker, Pädagogen und Sozialwissenschaftler das Medium Schulbuch einer Vielzahl von Fragestellungen unterziehen und somit grundlegende Erkenntnisse in der Schulbuchforschung gewinnen können. Von Interesse ist hier insbesondere, dass die Wirkung von Schulbüchern nur zu begreifen ist, wenn man dieses Unterrichtshilfsmittel »im Rahmen des gesamten Lehrplans« sieht, seinen Einsatz im Unterricht und seine »Bedeutung für den Lernprozess« kennt und weiß, auf »welche Weise und mit welchen Zielen« mit ihm gearbeitet wird.217 Außerdem sind die »Entstehungsbedingungen der Schulbücher und die Sachzwänge« relevant, unter denen ihre Autoren arbeiten.218 Entscheidende Schritte in der Arbeit der internationalen Schulbuchforschung verkörpern vor allem die »Deutsch-Französische Vereinbarung über strittige Fragen europäischer Geschichte (1951)«, »Veröffentlichungen zur Geschichte und Geographie Europas«, »die Empfehlungen für Schulbücher der Geschichte und Geographie in der Bundesrepublik Deutschland und in der Volksrepublik Polen (1972/76)« und die »Deutsch-Israelischen Schulbuchempfehlungen für Geschichte und Geographie (1985)«.219 Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Wiedervereinigung Deutschlands ist der internationalen Schulbuchrevision vereinzelt ihr Existenzrecht abgesprochen worden, da sich die großen ideologischen Gegensätze des »Kalten Krieges« aufgelöst hätten und damit offenkundig kein Bedarf an Aufklärung mehr bestünde.220 Doch an die Stelle des alles beherrschenden bipolaren Gegensatzes der Systeme ist eine Vielzahl neuer Nationalismen getreten. Dabei tritt das »Bewusstsein für regionale Zugehörigkeiten« in den Vordergrund, welches deutlich ein »verantwortliches Handeln im Sinne globaler Zusammenhänge« überstrahlt. Demgegenüber werden aktuelle, neue Bereiche und Abgrenzungen vorgenommen, die zwar nicht mit negativer oder feindlicher Intention wie noch in den 215 216 217 218 219 220
Riemenschneider : Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, S. 574. Vgl. Jeismann: Geschichte als Horizont der Gegenwart, S. 183. Vgl. Jeismann: Geschichte als Horizont der Gegenwart, S. 183. Ebd. Riemenschneider : Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, S. 572 f. Vgl. Pingel: Schulbücher, S. 67.
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1980er-Jahren erfolgen, jedoch durchaus offenbaren, dass »sich die Perspektive auf die jeweils anderen verengt und das Eigenbild überhöht wird«.221 Aspekte der Lehrmittelforschung heute Die international vergleichende Schulbuchforschung bewegt sich seit ihren ersten Tagen »in einem Spannungsverhältnis zwischen Wissenschaft, Politik und pädagogischer Praxis«.222 Daneben bestehen die Ziele der Aufklärungsarbeit in den Vorhaben, »wissenschaftliche Grundlagen für die Gestaltung von Schulbüchern zu schaffen, die möglichst vorurteilsfrei und ausgewogen über andere Länder und Kulturen berichten«.223 Über unterschiedliche Initiativen und Projekte wird auf schulische Lehrmittel eingegangen, die der friedenspädagogischen Zielsetzung dienen sollen, »um Konfliktpotentiale zwischen Nationen, Ländern und Kulturen zu mindern bzw. Einstellungen bei den Schülern zu fördern, die friedliche Lösungen von Interessenkonflikten und die Akzeptanz kultureller Unterschiede ermöglichen«.224 Die politischen Verflechtungen und Einbindungen von Projekten der Schulbuchforschung und -revision wissenschaftlich zu beurteilen, erscheint aus diesem Grund umso wichtiger, da Lehrmittel als Träger und Transformatoren von Vorurteilen und Feindbildern aber auch als Instrument der Friedenspädagogik in den letzten Jahren wieder verstärkt in den Fokus von Wissenschaft, Pädagogik und Politik gerückt sind. Speziell internationale Organisationen haben die Wichtigkeit einer friedensorientierten Grundbildung in Konflikt- und Post-Konfliktsituation für die gesellschaftliche Stabilisierung herausgehoben und Kriterienkataloge für möglichst erfolgreiche Bildungsintervention in Krisengebieten aufgestellt. Neue Projekte internationaler Schulbuchrevision entstehen somit dort, wo die Kommunikation zwischen Konfliktparteien sich als dauerhaft problematisch darstellt und die Projektergebnisse explizit dazu beitragen sollen, die Partner selbst ins Gespräch zu bringen, Barrieren zu überwinden und Autoren von Schulbüchern neue Ziele aufzuzeigen.225 »International vermittelte Schulbuchrevision« erfolgt aktuell in umfassender Form nicht nur in »Schulbuchkommissionen« zwischen gleichgestellten Kooperationspartnern oder in von »wissenschaftlichen Institutionen oder Nicht-Regierungsorganisationen (NRO) eingerichteten Schulbuchprojekten«, vielmehr betrifft ihr Aktionsradius je nach transnationaler Konfliktlage und der Bereitschaft von Ak-
221 222 223 224 225
Pingel: Schulbücher, S. 68. Pingel: Geschichtsdeutung als Macht, S. 93. Ebd. Ebd. Ebd.: S. 96.
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teuren auch die Arbeit »von internationalen Organisationen wie der UNESCO, dem Europarat, UNDP, USAID, der Weltbank etc.«.226 Internationale Schulbuchrevision und UNESCO agieren seit Ende des Zweiten Weltkriegs in enger Partnerschaft und gehören seit dem Beginn einer internationalen Verständigung auf der Basis von Lehrmitteln zusammen. Am Anfang dieser bis heute fortdauernden Zusammenarbeit und Verbindung stand die Erkenntnis, dass Schulbücher, hauptsächlich solche für Fächer wie Geschichte, Geographie und Sozialkunde, in der Vergangenheit zumeist nicht der Friedenserziehung dienlich gewesen waren.227 Eine Verbesserung von Lern- und Lehrmitteln hat demzufolge den Auftrag, vor allem den Transport und die Vermittlung von Ideologien, nationalen Wertmustern und den Einfluss politischer Trends zu verhindern. Ein wissenschaftlicher Ansatz soll dabei sicherstellen, dass der Revisionsprozess möglichst objektiv und nach rationalen Kriterien erfolgt. Diesbezüglich haben die Anstrengungen einer vergleichenden wissenschaftlichen Forschung grundsätzliche Erkenntnisse freizulegen, die »in der Analyse der Schulbuchdarstellungen, dem Vergleich der analytischen Befunde mit den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung sowie der Ausarbeitung von Empfehlungen zur Revision der Bücher« liegen.228 In den Worten des Geschichtswissenschaftlers Falk Pingel tragen »Geschichtsbücher dazu bei, die Gegenwart durch die Vergangenheit zu legitimieren und damit Orientierungen auch für die Zukunft vorzugeben«.229 Dabei lässt die »Darstellung eines Konflikts, der die Belange der jeweils eigenen Nation oder des eigenen Staates betrifft«, den Rezipienten der Lehrmittel häufig »gar keine Wahl einer eigenen Beurteilung und selbständigen Interpretation« so Pingel.230 Die in Lehrmitteln präsentierten Angebote geben den Schülern daher kaum Spielraum, da sich diese »nicht außerhalb ihrer eigenen Nation, ihres Staates, ihrer Kultur stellen wollen«. Schüler verinnerlichen die angebotenen Sichtweisen, die im Extremfall einen kriegerischen Schlagabtausch begründen beziehungsweise keine Strategien oder Lösungen einer partnerschaftlichen Konfliktvermittlung bereithalten.231 Aus diesem Grund vermitteln Geschichtslehrbücher jenes Bild der Geschichte, das die Gesellschaft der heranwachsenden Generation präsentieren möchte. Daraus lässt sich wiederum begründen, dass das, was Schulgeschichtsbücher an Wissen, aber auch an Botschaften und Ideologien transportieren, immer auch politisch oder vielmehr staatlich vermittelt ist. Bis heute wird Geschichte als Gegenstand des staatlichen Geschichtsunter226 227 228 229 230 231
Pingel: Geschichtsdeutung als Macht, S. 96. Pingel: Schulbücher, S. 63. Pingel: Geschichtsdeutung als Macht, S. 93 f. Pingel: Schulbücher, S. 63. Ebd. Ebd.
Kriegsdarstellungen im Fokus der Lehrmittelforschung
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richts in einem Großteil der Länder der Welt hauptsächlich als Nationalgeschichte und nicht als »Menschheitsgeschichte« respektive »Welt- oder Globalgeschichte« gelehrt.232 Die Nähe zur eigenen Nationalgeschichte ist das leitende inhaltliche Auswahlkriterium. Perspektiven der Nationalgeschichte strukturieren große Teile der Darstellung in Curricula und Schulbüchern und machen oft auch noch den größten quantitativen Anteil aus.233 Die Betrachtung der Geschichte anderer Kontinente und seiner Einwohner wird dabei zumeist nur am Rande berührt oder bleibt gänzlich unerwähnt, so zum Beispiel der Umgang mit Afrika oder Asien im Kontext der Weltkriege.234 In Betrachtung der These des Philosophen Ernest Gellners, dass es Nationen und Nationalismus an sich nicht gibt, sondern dass diese Ergebnisse historischpolitischer Prozesse sind und damit erst geschichtswissenschaftlich erklärt werden können, erhalten Analysen von Geschichtsdarstellungen in Lehrmitteln gerade bei kontroversen Themen ein spezifisches Gewicht.235 Denn die Geschichte einer Nation und der mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht verbundene geschichtliche Schulunterricht waren und sind demzufolge ein entscheidendes Fundament des modernen Nationalstaates, welches somit zu einem wichtigen Träger von Identitätsvermittlung wurde.236 Der Geschichtsdidaktiker Markus Furrer erklärt in diesem Zusammenhang, dass »Kriegsnarrative […] Bestandteil der großen Meistererzählungen [waren und sind], die beim Aufbau nationaler Identitätskonstruktionen (nation building) eine wesentliche Rolle gespielt haben. Kriegsnarrative bilden so wichtige Bezugspunkte einer gemeinsam geteilten Erfahrung der Nation als Solidargemeinschaft mit ihren Ein- und Ausgrenzungsmechanismen«.237 Die Geschichten dieser Gemeinschaften bilden eine eigene Erzählung, die in Lehrplänen und Geschichtsbüchern zu Hauptaustragungsorten der Auseinandersetzung und zwischenstaatlichen Positionierung werden. Das Thema »Krieg« und »Gewalt« spielt in dieser Debatte eine überaus bedeutende Rolle, denn »Kriegsnarrative waren und sind ein unerlässliches Instrument, Kriege zu einem historischen Ereignis zu machen, ihnen Sinn zu verleihen, sie in Frage zu stellen oder sie in ihrer inneren Logik, in ihrer Funktions- und Wirkungsweise zu erforschen«238. 232 Vgl. Pingel, Falk: Unterricht über den Holocaust. Eine kritische Bewertung der aktuellen pädagogischen Diskussion, in: Pingel, Falk (Hrsg.): Grenzgänger. Aufsätze von Falk Pingel = Transcending Boundaries. Göttingen 2009, S. 167 f. 233 Vgl. Pingel: Unterricht über den Holocaust, S. 168. 234 Vgl. Popp; Forster (Hrsg.): Curriculum Weltgeschichte. 235 Gellner, Ernest: Nationalismus und Moderne. Hamburg 1995. 236 Furrer : Einführende Bemerkungen zu Kriegsnarrativen im Schulgeschichtsbuch, S. 8. 237 Ebd.: S. 9. 238 Frank, Susi K.: Einleitung: Kriegsnarrative, in: Borissova, Natalia; Frank, Susi K.; Kraft, Andreas (Hrsg.): Zwischen Apokalypse und Alltag. Kriegsnarrative des 20. und 21. Jahrhunderts, Bielefeld 2009, S. 7 – 39.
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Die Reflexion des Untersuchungsgegenstands »Zeit der Weltkriege«
Bei Einflüssen von Wissenschaft und Politik auf inhaltliche Bezugspunkte in Schulbuch und Unterricht werden die grundlegenden Problemlagen in der Auseinandersetzung mit »Krieg« und »Gewalt« konkret, denn eine Fülle von Indikatoren wirkt sich auf die Vermittlung der Geschichte der Weltkriege und somit auch auf die Gestaltung und Konzeption von Lehrmitteln aus. Unterschiedliche Interessen treffen in diesem Punkt aufeinander und blockieren eine umfassende Auseinandersetzung, denn »Krieg« und »Gewalt« bilden seit jeher einen Hauptorientierungspunkt in Lehrmitteln. So lehnen sich manche Schulbücher auch heute noch an traditionelle Formen der Vermittlung von Geschichte als »Kriegsgeschichte« an und berücksichtigen verhältnismäßig selten kulturgeschichtliche oder auch wirtschafts- und sozialgeschichtliche Sichtweisen im Rahmen von Fortschritt und Modernisierung. Dass diese Praxis generell ein bewährtes Handlungsmotiv war, zeigt die bei Historikern beliebte und etablierte Staaten- und Militärgeschichte, die auch den Hauptanteil am Unterricht nach 1945 bildete.239 Bis in die 1960er-Jahre hinein waren Kriege wesentlicher Bestandteil einer auf die Nationalgeschichte ausgerichteten »Erzählung«, welche meist nur Kriegsgeschichte und die damit verbundene Geschichte der Heerführer vermittelte, die oft mit Stereotypen und Feindbildern besetzt waren.240 Erst die internationale Schulbuchforschung ermöglichte es in einer mühevollen Entwicklung, »Geschichtsklitterungen, nationalistische Selbstüberhebung und Abwertung des anderen aufzudecken und durch sachgerechte Darstellungen zu ersetzen«.241 Die gesellschaftlichen Umbrüche Ende der 1960er-Jahre, die auch in der Geschichtswissenschaft zu Perspektiv- und Positionswechseln führten, verschoben die Akzente von festen Blickwinkeln im Geschichtsunterricht zugunsten der »sozialen Dimension«. Doch trotz der Hinwendung zu sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtlichen Bezügen, lassen sich die Gewalterfahrungen der Weltkriege für den Geschichtsunterricht nicht einfach ausblenden.242 Die »Gewalt« ist ein wesentlicher Bestandteil der Erzählung der Geschichte des 20. Jahrhunderts und prägt seit jeher das menschliche Handeln. Die Präsenz von »Gewalt« und militärischen Konflikten nach 1990 hat außerdem »Kriegsgeschichte« als historischem Erkenntnisgegenstand zu neuer Aufmerksamkeit verholfen. Aspekte der »Gewalt« erscheinen in den dargestellten historischen Ereignissen in den unterschiedlichsten Konstellationen und betten sich in die Gesamterzählung der Zeit der Weltkriege ein.243 Facetten von »Krieg« und »Gewalt« äußern sich zudem in einzelnen Teilerzählungen, die aber insgesamt 239 240 241 242 243
Vgl. Furrer: Einführende Bemerkungen zu Kriegsnarrativen im Schulgeschichtsbuch, S. 7. Ebd. Wolff: Schulbuchkritik – auch ein Beitrag zur Qualität, S. 37. Furrer : Einführende Bemerkungen zu Kriegsnarrativen im Schulgeschichtsbuch, S. 7. Vgl. u. a. die Beiträge in: Ziemann (Hrsg.): Perspektiven der historischen Friedensforschung.
Kriegsdarstellungen im Fokus der Lehrmittelforschung
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Auswirkung auf die Gesamtdarstellung der Epoche der Weltkriege haben und über die Funktion des Kriegsnarratives eine Schlüsselfunktion in der »Erinnerung« einnehmen. Die Betrachtung des Zeitalters der Weltkriege ist gegenwärtig eines der Schwerpunktthemen in der Vermittlung der Geschichte der Neuzeit. Heute konzentriert sich in den europäischen Staaten fast die Hälfte der Geschichtslehrpläne für Schüler von Schulen des Sekundarbereichs auf das 19. und 20. Jahrhundert.244 Außerdem rückt ein Bewusstsein für die jüngste Vergangenheit in den meisten Bildungsplänen auch die Geschehnisse des Ersten Weltkriegs vermehrt in den Fokus, sodass wichtige Entwicklungen und Korrelationen im Anschluss an die Jahre zwischen den beiden Weltkriegen, dem Zweiten Weltkrieg, der Aufbauphase der Nachkriegszeit und der Ära des Kalten Krieges einbezogen werden.245 Gerade die Darstellung und Einbettung von kriegerischen Ereignissen in Lehrmitteln stellt an Autoren von Schulgeschichtsbüchern hohe Anforderungen. So wird die Geschichte des 20. Jahrhunderts in vielen Produktionen vom Krieg bestimmt, speziell den beiden Weltkriegen und den in der Periode des »Kalten Krieges« nachfolgenden kriegerischen Auseinandersetzungen in der »Dritten Welt«.246 Als Auslöser der Konflikte tauchen dabei zumeist die Totalitarismen Faschismus und Kommunismus in der Geschichtsvermittlung auf. Beispielsweise enthalten die meisten Schulbücher, die sich mit dem 20. Jahrhundert befassen, ein Kapitel über den Faschismus, der sich besonders durch die gewaltsame Durchsetzung seiner Ideologie auszeichnete und in den kriegerischen Konflikt des Zweiten Weltkriegs mündete. Der Faschismus wird häufig als »Phänomen« gedeutet, »das nach dem Ersten Weltkrieg in Italien entstand und kurz danach in leicht abgewandelter Form als Nationalsozialismus in Deutschland auftrat« und damit europaweit die »Krise der Demokratie« kennzeichnet.247 Eine Auseinandersetzung mit dem Faschismus ist somit für viele Länder vorhanden und kann in der transnationalen Analyse Aufklärung über Darstellungsmuster und Betrachtungsmöglichkeiten geben. Die Schulbuchforschung hat sich mittlerweile umfassend mit der Vermittlung von Nationalsozialismus und Faschismus befasst und fördert auch im internationalen Vergleich interessante Erkenntnisse zum Eingang in Lehrmittel zu Tage.248 Daneben zeigen 244 Stradling, Robert A.: Die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts im Unterricht. Projekt »Lernen und Lehren der Geschichte Europas des 20. Jahrhunderts«. Straßburg 2003, S. 13. 245 Ebd. 246 Furrer : Einführende Bemerkungen zu Kriegsnarrativen im Schulgeschichtsbuch, S. 7. 247 Stradling: Die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts im Unterricht, S. 45. 248 Vgl. Rathenow, Hanns-Fred; Weber, Norbert H. (Hrsg.): Nationalsozialismus und Holocaust. Historisch-politisches Lernen in der Lehrerbildung. Hamburg 2005; Borries, Bodo von: Nationalsozialismus in Schulbüchern und Schülerköpfen. quantitative und qualitative Annäherungen an ein deutsches Trauma-Thema, in: Bernhardt, Markus (Hrsg.): Bilder –
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Die Reflexion des Untersuchungsgegenstands »Zeit der Weltkriege«
Recherchen, dass es ebenso in einigen europäischen Ländern Äußerungen der Lehrmittelforschung zum generellen Themenspektrum »Zeit der Weltkriege« gibt.249 Allerdings vergleichen nur wenige Studien Staaten in Bezug auf Inhalte und Lehrmittel. Insgesamt stellen sie in ihrer Gesamtheit lediglich einen ersten Schritt zur Aufklärung im Rahmen des Vergleichs von Bildungsmedien dar.250 Des Weiteren liefern Untersuchungen zu aktuellen Schulbüchern mit starkem Interesse an der Erforschung nationalstaatlicher und europäischer Geschichtsbilder Hinweise auf Bildungspolitik, sozio-kulturelle Hintergründe und die Einflüsse verschiedener Diskurse auf die oft staatlich gelenkte LehrmittelproWahrnehmungen – Konstruktionen. Reflexionen über Geschichte und historisches Lernen. Schwalbach/Ts. 2010, S. 135 – 151; Popp, Susanne: Nationalsozialismus und Holocaust im Schulbuch: Tendenzen der Darstellung in aktuellen Geschichtsschulbüchern, in: Paul, Gerhard; Schoßig, Bernhard (Hrsg.): Öffentliche Erinnerung und Medialisierung des Nationalsozialismus: eine Bilanz der letzten dreißig Jahre. Göttingen 2010, S. 98 – 115; Fuchs, Eduard; Pingel, Falk; Radkau, Verena (Hrsg.): Holocaust und Nationalsozialismus. Innsbruck 2002; Davies, Ian: Holocaust Education in der Lehrerbildung Englands, in: Rathenow ; Weber (Hrsg.): Nationalsozialismus und Holocaust, S. 271 – 280. 249 Vgl. Cajani, Luigi: Italien und der Zweite Weltkrieg in den Schulgeschichtsbüchern, in: Cornelißen; Klinkhammer ; Schwentker (Hrsg.): Erinnerungskulturen, S. 269 – 284; Reviakin, Alexander : Die Darstellung des Ersten Weltkriegs in alten sowjetischen und neuen russischen Schulgeschichtsbüchern; in: Internationale Schulbuchforschung 22 (1999) 3, S. 315 – 332; Ruchniewicz, Krzysztof: Die Darstellung des Holocaust in polnischen Geschichtsbüchern, in: Rathenow ; Weber (Hrsg.): Nationalsozialismus und Holocaust, S. 243 – 256; Ruchniewicz, Krzysztof: Polnische Schulbücher für Geschichte und Politik. Staat und Gesellschaft als konkurrierende Motive nationalgeschichtlicher Betrachtung, in: Maier (Hrsg.): Zwischen Zählebigkeit und Zerrinnen, S. 49 – 60; Furrer, Markus: Die Weltkriege des 20. Jahrhunderts und ihre Funktion im nationalen Narrativ von Schweizer Geschichtslehrmitteln, in: Furrer (Hrsg.): Kriegsnarrative in Geschichtslehrmitteln, S. 149 – 165; Furrer, Markus: Die Nation im Schulbuch. Zwischen Überhöhung und Verdrängung; Leitbilder der Schweizer Nationalgeschichte in Schweizer Geschichtslehrmitteln der Nachkriegszeit und Gegenwart. Hannover 2004; Jirsek, Zdeneˇk: Die Darstellung des Holocaust in tschechischen Geschichtsbüchern, in: Rathenow ; Weber (Hrsg.): Nationalsozialismus und Holocaust, S. 257 – 269; Benesˇ, Zdeneˇk: Das Bild des Zweiten Weltkriegs in tschechoslowakischen und tschechischen Geschichtsschulbüchern, in: Maier, Robert (Hrsg.): Tschechen, Deutsche und der Zweite Weltkrieg. Von der Schwere geschichtlicher Erfahrung und der Schwierigkeit ihrer Aufarbeitung. Hannover 1997, S. 123 – 144; Dolezel, Heidrun: Die Tschechoslowakei während des Zweiten Weltkriegs in der Darstellung tschechischer Schulbücher nach 1989, in: Maier (Hrsg.): Tschechen, Deutsche und der Zweite Weltkrieg, S. 145 – 160; Dischl, Jonas: »Vichy« in französischen Lehrmitteln – eine Analyse zum aktuellen Diskurs in Frankreich, in: Furrer (Hrsg.): Kriegsnarrative in Geschichtslehrmitteln, S. 97 – 115; Dunk, Hermann von der : Die Niederlande und die Konfrontation mit dem Nationalsozialistischen Deutschland, in: Becher ; Hartung (Hrsg.): Grenzen und Ambivalenzen, S. 25 – 44. 250 Vgl. Gauger, Jörg-Dieter : Deutsche und Polen im Unterricht. Schwalbach/Ts. 2008; Maier, Robert: Der Zweite Weltkrieg in deutschen und russischen Geschichtsschulbüchern, in: Furrer (Hrsg.): Kriegsnarrative in Geschichtslehrmitteln, S. 81 – 95; Fuchs, Karin: Die Darstellung des Zweiten Weltkriegs in Bildern – Schweizer Schulgeschichtsbücher im internationalen Vergleich, in: Furrer (Hrsg.): Kriegsnarrative in Geschichtslehrmitteln, S. 117 – 129.
Kriegsdarstellungen im Fokus der Lehrmittelforschung
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duktion.251 Eine Zementierung von Geschichtsbildern über die Konstruktion bestimmter, wertender Erzählungen in Lehrmitteln ist daher nicht auszuschließen (vgl. Kapitel 4). Geschichtsschulbücher sind europaweit das zentrale Medium des Unterrichts. Sie dienen der Vermittlung von Geschichte und fördern den Umgang mit historischem Wissen. Schulbücher zur Geschichte sind jedoch oft Gegenstand oder Austragungsort von Diskussionen und Kontroversen, was sich auch in aktuellen Trends und Methodendiskussionen der Lehrmittelforschung widerspiegelt.252 Die Betrachtung aktueller Auseinandersetzungen zum Transport von Identitäten, Weltbildern, Zuschreibungen, Ideologien und Hierarchien in Lehrmitteln wirft Fragen nach dem Kern nationaler, sozialer oder kultureller Zuschreibungen auf. In der Selbstreflexion unserer Kultur, aber auch unserer Bildung spiegeln sich unsere Lebensverhältnisse und distanzieren uns nahezu automatisch von jedem, der außerhalb unserer Grenzen lebt.253 Besonders Geschichtsatlanten sind dazu prädestiniert ein Bild unserer selbst zu enthalten und verlangen deshalb eine genaue Untersuchung. Dabei lehnt sich die Analyse an die Gedanken der Schulbuchforschung an, um im Spektrum von einfacher Perspektivierung bis hin zu Defiziten oder Fehldarstellungen Selbst- und Fremdbilder zu identifizieren und in ein Verhältnis zu setzen. Deshalb geht es
251 Vgl. Jilge, Wilfried: Nationale Geschichtsbilder in ukrainischen Geschichtslehrbüchern. Am Beispiel der Darstellung der Kiever Rus’; in: Osteuropa 50 (2000) 7, S. 1233 – 1253; Dimou, Augusta: »What’s in a name?« The Untold Story of South Eastern Europe in Greek History Textbooks, in: Helmedach (Hrsg.): Pulverfass, Powder Keg, Baril de Poudre, S. 265 – 282; Cajani, Luigi: Von Lepanto bis zum Zusammenbruch Jugoslawiens – eine Reise durch die italienischen Geschichtsschulbücher für die Oberstufe, in: Helmedach (Hrsg.): Pulverfass, Powder Keg, Baril de Poudre, S. 173 – 198; Cajani, Luigi: Das Bild Europas in italienischen Schulbüchern für die Fächer Geschichte, Geographie und Staatsbürgerkunde, in: Pingel (Hrsg.): Macht Europa Schule, S. 123 – 192; Ritzer, Nadine »Die Existenz eines Volkes wird nicht diskutiert…« Krieg im Dienst der rumänischen Unabhängigkeit, in: Furrer (Hrsg.): Kriegsnarrative in Geschichtslehrmitteln, S. 167 – 187; Strbac, Marko: Die Darstellung des jugoslawischen Bürgerkriegs in kroatischen Schulbüchern, in: Furrer (Hrsg.): Kriegsnarrative in Geschichtslehrmitteln, S. 189 – 199; Jeismann, Michael: Nationalgeschichte als Illustration des Europäischen. Die Darstellung Europas in französischen Schulgeschichtsbüchern, in: Pingel (Hrsg.): Macht Europa Schule, S. 105 – 122; Kolinsky, Eva: Europa als Abstieg. Eine Untersuchung zum Europabild im Schulbuch für den Geschichtsunterricht in Großbritannien, in: Pingel (Hrsg.): Macht Europa Schule, S. 217 – 261; Fenselau, Klaus: Deutschlandbilder des 20. Jahrhunderts. Eine Analyse niederländischer Geschichtsbücher, in: Becher ; Hartung (Hrsg.): Grenzen und Ambivalenzen, S. 153 – 168; Pleitner : Europa – die unitas mulitplex. 252 Vgl. Repoussi, Maria; Tutiaux-Guillon, Nicole: New trends in history textbook research: issues and methodologies toward a school historiography, in: Journal of educational media, memory, and society 2 (2010) 1, S. 154 – 170. 253 Pingel: Schulbücher, S. 70.
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Die Reflexion des Untersuchungsgegenstands »Zeit der Weltkriege«
auch um die »Anerkennung von unterschiedlichen Interessen und gegensätzlichen Bewertungen«.254
254 Pingel: Schulbücher, S. 70.
3.
Die Visualisierung von Geschichte in Karten – Methodische Ansätze zur Analyse von Raummedien
Die Besonderheit in der Erschließung von »aktuellen« Geschichtskarten und -atlanten liegt vor allem darin, dass es sich nicht um eine Quellenanalyse, sondern um eine Darstellungsanalyse handelt.255 Hinsichtlich der allgemeinen medialen Transformation von Geschichte ist deshalb zu beachten, dass sich kartographische Abbildungen im Gegensatz zur allgemeinen linearen textuellen Kommunikation der Geschichtswissenschaft durch synchrone Veranschaulichung parallel im Raum ablaufender Ereignisse auszeichnen.256 Die Potenziale des Mediums werden in der Visualisierung von Geschichte allerdings nicht vollständig ausgeschöpft. So betont der amerikanische Historiker David J. Staley, dass Geschichtswissenschaftler visuelle Medien als alternative Form der Darstellung genauso nutzen sollten wie den Text.257 Geschichtskarten stehen demnach für eine zweidimensionale Verknüpfung zeitlicher, räumlicher und inhaltlicher Aspekte, in der historische Sachverhalte über ein »Thema« sowie einen festen »Blickwinkel« Platz in einem Kartenbild finden. Karten besitzen zudem die Eigenschaft, je nach Bedarf, Aspekte in bestimmten Zeitschnitten oder Zeitpunkten zu visualisieren. Signifikante Merkmale liegen deshalb insbesondere in ihrer Selektivität respektive Konstruktivität, die die räumliche Dimensionierung von Geschichte und somit die Perspektive des Betrachters bestimmen. Insgesamt versuchen Geschichtskarten, retrospektiv historische Zustände, Ereignisse und Prozesse abzubilden und nutzen dafür das komplexe Zusammenspiel verschiedener Darstellungsebenen, womit ein ausführlicher Vergleich nur über die Überführung in einen Text beziehungsweise Sprache durchgeführt werden kann. Für die Erschließung von 255 Geschichte kann mit Bezug auf die Gedanken Paul Kirns drei Auffassungen einschließen: sie umfasst das »Geschehen an sich«, die »Darstellung des Geschehens« und die »Wissenschaft vom Geschehen«, vgl. Kirn, Paul: Einführung in die Geschichtswissenschaft. Berlin 1952, S. 8. 256 Oswalt: Das Wo zum Was und Wann, S. 231. 257 Vgl. Staley, David J.: Computers, visualization, and history. How new technology will transform our understanding of the past. Armonk 2003, S. 35 ff.
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Die Visualisierung von Geschichte in Karten
Geschichtskarten ist daher das Verhältnis von Raum und historischer Narration relevant, denn nur über die Vergegenwärtigung der basalen Prinzipien historischer Konstruktion wird das Medium transnational vergleichbar.258 Geschichte realisiert und manifestiert sich gewohnheitsgemäß auf dem Gebiet der Sprache.259 Daher muss sich die Analyse der Wissensvermittlung in Geschichtsatlanten auch der vielschichtigen Methode der visuellen Kommunikation des Mediums widmen. Geschichtsschreibung ist »Erzählung«, denn es geht bei ihr um die Sinnkonstruktion von Vergangenem, die durch eine narrative Struktur gekennzeichnet ist.260 In Geschichtsatlanten wird die »Erzählung« vom Betrachter selbst über Karten und Atlasteile konstituiert, da sich Geschichte in »Plot-Form« erst über die Rezeption von Informationen aus der inhaltlichen Struktur der Atlaskonstruktion induzieren lässt. Die Herausgeber legen durch ihre Konzeption und Strukturierung des Atlas zwar bestimmte »Erzählungen« nahe, jedoch bleibt zum Beispiel völlig offen, ob der Rezipient nur einzelne Karten betrachtet oder Kartenfolgen zu einem sinnhaften Zusammenhang verbindet. Aus der Analyse von strukturellen Aspekten lässt sich insofern mittelbar auf die Erzählungen schließen, auf die sie verweisen. So kann beispielsweise mit Blick auf die Geschichtskarte und ihre Bestandteile wie Titel, Legende etc. auch von einer Art »Mini-Erzählung« gesprochen werden. Um nun der Analyse von Geschichtskarten und -atlanten einen systematischen Rahmen zu geben, werden verschiedene Zugänge zu diesem vielschichtigen Medium vorgestellt. Dabei spielen vor allem Verfahren eine Rolle, die sich an die Erkenntnisse der »sozialwissenschaftlichen Schulbuchforschung«261 nach Peter Weinbrenner anlehnen. Die Methode unterscheidet dabei drei Stufen der Analyse und schließt damit an die in diesem Kapitel präsentierten methodischen Grundlagen und Anmerkungen an: Im Mittelpunkt der Medienanalyse steht die »Produktanalyse«, da sie die Untersuchung der Karte als Medium zur Darstellung von Geschichte als Mittel der visuellen Kommunikation ermöglicht. Die produktorientierte Erforschung von Raummedien konzentriert sich im Rahmen qualitativer und quantitativer empirischer Verfahren auf die selektive Gestalt der Geschichtskarte, wobei inhaltliche, zeitliche und räumliche Gesichtspunkte herangezogen werden können. Die Betrachtung der kartographischen Elemente der »Kartensprache« sowie der semiotischen Binnenstruktur des Mediums selbst münden in die 258 Vgl. Oswalt: Raum und historisches Lernen, S. 216. 259 Vgl. Pandel: Historisches Erzählen, S. 7ff; Rüsen: Historische Sinnbildung durch Erzählen, S. 501 f. 260 Vgl. White: Das Problem der Erzählung in der modernen Geschichtstheorie; White: Metahistory. 261 Vgl. Weinbrenner : Grundlagen und Methodenprobleme sozialwissenschaftlicher Schulbuchforschung.
Raum und Geschichte
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Herausstellung von Visualisierungstypen und Darstellungsmustern, die anhand exemplarischer Themen durch Zuspitzung eine europaweite Charakterisierung inhaltlich relevanter historischer Geschehnisse erlaubt (Weltkriegsgeschichte, Holocaust, Grenzen etc.). Durch die Erstellung von Prototypen mittels typisierender Strukturierung lassen sich zudem Betonungen und Möglichkeiten in der Kartendarstellung freilegen, die über inhaltsanalytische Verfahren in vielfältiger Weise in die Untersuchung einfließen.262 Dabei können beispielsweise Querschnittsanalysen zu bestimmten Aspekten, wie raumdimensionale Perspektiven (Weltkriege) oder sektorale Gestaltung (Zwischenkriegszeit), einen europäischen Normtyp bestimmen, welcher mit Hilfe systematischer Strukturierung klassifiziert und ausgewertet werden kann. Daneben bedient sich die Untersuchung am Rande auch der »Prozessanalyse«, die an exemplarischen Beispielen durchgeführt wird und Fragen zur Entstehung des Mediums klärt. Karten werden in ihrem gesellschaftlich-kulturellen Kontext erforscht. Besonders wichtig sind hier Hintergründe bezogen auf die externen Faktoren, die auf die Karte beziehungsweise ihre Entstehung einwirken, wie der Autor, der Verlag, die Lehrpläne, die Curricula oder ähnliche instruktionale Vorgaben, die im Rahmen von Bildungs- und Geschichtspolitik auftauchen. Darüber hinaus erfolgt durch Kontextanalysen zur Einbettung der Kartenaussagen in bestimmte »Narrationen« der erörternde Blick auf die Einordnung in das Forschungsfeld Geschichtskultur, wobei die Arbeit insbesondere dem Atlas als Medium zwischen schulischer Bildung und allgemeiner Geschichtsvermittlung Aufmerksamkeit schenkt. Ein dritter Zugang gibt über den Rückgriff auf Kontexte zur »Wirkungsanalyse« anhand der exemplarischen Auswahl von Ländern Auskünfte zu Kartenintentionen sowie möglichen Raum- und Geschichtsbildern. In einzelnen Ländersamples ermöglicht zum Beispiel der Blick auf die Geschichtsschreibung oder vielmehr Erinnerungskultur Bezüge zwischen Kartenbild und Diskursen aufzuzeigen.
3.1. Raum und Geschichte Der erste Teil des Kapitels soll zunächst darüber aufklären, welche Bedeutung die Kategorie Raum für die Geschichtswissenschaft und in diesem Zusammenhang für die Darstellung von Geschichte in Karten hat. Die Diskussion um die Positionierung der Geschichtswissenschaft zum Raum ist mittlerweile auch in Deutschland deutlich vorangeschritten263 und stellt beispielsweise in der geo262 Vgl. Mayring: Qualitative Inhaltsanalyse, S. 90 f. 263 Vgl. Döring, Jörg; Thielmann, Tristan: Einleitung: Was lesen wir im Raume? Der spatial
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Die Visualisierung von Geschichte in Karten
politischen Diskussion um die traditionelle Vorstellung von der »Macht des Raums« aktuelle Bezüge her.264 Die räumliche Dimensionierung historischer Ereignisse und Prozesse, insbesondere die Verbindung zwischen »Raum und Zeit als Grundkategorien des historischen Denkens«,265 müssen in Anbetracht ihrer wissenschaftlichen Relevanz reflektiert werden.266 Speziell bei der Kategorie Raum im historischen Lernen handelt es sich um ein generell unterschätztes Konzept.267 Gleichwohl spielt die Auseinandersetzung mit Raummedien in der Geschichtsdidaktik eine wichtige Rolle.
3.1.1. Raum und Geschichtswissenschaft Die Beschäftigung mit kulturellen und geographischen Räumen hat sich in den letzten zehn Jahren in der deutschen Geschichtswissenschaft fest etabliert. So stellt der Historiker Karl Schlögel als einer der bedeutendsten Vertreter für ein »Raumparadigma« fest, dass die »Verräumlichung des Geschichtsdenkens […] seit langem fällig bzw. längst in vollem Gange«268 ist. Diese in der Geschichtswissenschaft ausgiebig geführte Diskussion geht in die Geschichte des Fachs als »spatial turn« ein und bezeichnet damit den einfachen Gedanken einer gesteigerten Aufmerksamkeit für die räumliche Dimension geschichtlichen Handelns und Geschehens.269 Seit Ende der 1980er-Jahre beschäftigt der »spatial turn« die Geschichtswissenschaft, doch bereits die Diskussionen unter deutschsprachigen Historikern um die sogenannte »Wiederentdeckung des Raumes«270 implizieren die historische Vorbelastung in der akademischen Auseinandersetzung mit der Kategorie Raum und den damit in Verbindung stehenden Forschungsfragen. Die Raum-
264
265 266 267 268 269 270
turn und das geheime Wissen der Geographen, in: Döring, Jörg; Thielmann, Tristan (Hrsg.): spatial turn. Das Raumparadigma in den Kultur- und Sozialwissenschaften. Bielefeld 2009, S. 7 – 45. Vgl. Maresch, Rudolf: Die Macht des geografischen Raums. Auch nach gut hundert Jahren sind Halford J. Mackinders Aussagen zum »geografischen Drehpunkt der Geschichte« von überraschend aktueller politischer Relevanz, in: Journal of New Frontiers in Spatial Concepts 2 (2010), S. 73 – 79. Vgl. Rüsen, Jörn: Vorwort, in: Geppert, Alexander C. T.; Jensen, Uffa; Weinhold, Jörn (Hrsg.): Ortsgespräche. Raum und Kommunikation im 19. und 20. Jahrhundert. Bielefeld 2005, S. 8; Oswalt: Raum und historisches Lernen, S. 199. Vgl. Osterhammel: Die Wiederkehr des Raumes, S. 374 – 395; Weigel, Sigrid: Zum »topographical turn«. Kartographie, Topographie und Raumkonzepte in den Kulturwissenschaften, in: Kultur Poetik 2 (2002) 2, S. 151 – 165. Vgl. Oswalt: Raum und historisches Lernen, S. 202. Schlögel: Kartenlesen, Augenarbeit, S. 264. Ebd.: S. 264. Osterhammel: Die Wiederkehr des Raumes, S. 374 f.
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abstinenz der Geschichtswissenschaft war eine Folge der Instrumentalisierung der »Geopolitik« durch die Nationalsozialisten und ließ selbst nach 1945 lange Zeit keine wissenschaftliche Reflexion des Begriffs zu.271 Die ideologische Vereinnahmung zur Begründung des Anspruchs auf eine Revision des Versailler Vertrags begann hingegen bereits nach dem Ersten Weltkrieg, in dessen Rahmen es ebenso zu einer umfassenden propagandistischen Nutzung von Karten kam.272 Insgesamt ereignete sich durch völkischen und nationalsozialistischen Missbrauch die Unterbrechung einer langen Denktradition, deren Wurzeln bis auf die zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewonnenen Erkenntnisse Immanuel Kants und Johann Gottfried Herders zurückgingen, daneben aber auch auf die »politische Geographie« eines Friedrich Ratzels gründeten.273 Der Raumbegriff sowie die Beschäftigung mit Fragen zum Raum ist aus diesem Grund einerseits besonders in Bezug auf das Gewicht der Kategorie für die Geschichtswissenschaft, andererseits aber auch in Beleuchtung der Rezeption des Raumes durch den Menschen selbst aufschlussreich (Kognition). Seit Kant und Herder gehörte es zu den »Grundsätzen der Geschichtswissenschaft«, dass diese es mit »Raum und Zeit« zu tun habe.274 Beide definierten damit einen geschichtlichen Raum und eine geschichtliche Zeit im Horizont der eigenen Historisierung. In der aktuellen Diskussion bezeichnet Jörn Rüsen Raum als »eine Fundamentalkategorie jeder kulturwissenschaftlichen Erkenntnis«.275 Rüsen schränkt dagegen mit Blick auf die Besonderheit dieses Verhältnisses ein, dass im historischen Denken die Zeit die Dimension des Raumes dominiere. Raum und Zeit werden in ihrer allgemeinen Betrachtung seit dem 18. Jahrhundert aufeinander bezogen, nicht aber Raum und Geschichte. Wie der deutsche Historiker Reinhart Koselleck erklärte, hat »Geschichte« jedoch ganz offensichtlich mit der Kategorie Raum zu tun, weshalb letztere eine Grundkonstante darstelle.276 Unsicherheiten in dieser Auseinandersetzung liegen darin begründet, so Koselleck, dass »eine gründliche historische Begriffsgeschichte des Begriffes ›Raum‹ fehlt«.277 Auch der französische Geschichts271 Vgl. Dipper: Stadt, Land, Volk, S. 360 ff.; Koselleck, Reinhart: Zeitschichten. Studien zur Historik. Frankfurt/Main 2000, S. 80. 272 Vgl. Schultz: Das Kartenbild als Waffe im Geographieunterricht der Zwischenkriegszeit; Schultz: Sie wussten, was sie taten. 273 Vgl. Osterhammel, Jürgen: Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaats. Studien zu Beziehungsgeschichte und Zivilisationsvergleich. Göttingen 2001, S. 151 ff.; Schultz, HansDietrich: Herder und Ratzel: Zwei Extreme, ein Paradigma, in: Erdkunde, Archiv für wissenschaftliche Geographie 52 (1998) 2, S. 127 – 143; Kost, Klaus: Die Einflüsse der Geopolitik auf Forschung und Theorie der Politischen Geographie von ihren Anfängen bis 1945. Bonn 1988. 274 Koselleck: Zeitschichten, S. 80. 275 Vgl. Rüsen: Vorwort, S. 7. 276 Koselleck: Zeitschichten, S. 78 – 96. 277 Ebd.: S. 79.
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philosoph Michel Foucault hält fest, dass »wir […] vielleicht noch nicht zu einer praktischen Entsakralisierung des Raumes gelangt [sind]«.278 Eine Annäherung an den Gegenstand »Geschichte im Raum« ist daher in der Geschichtswissenschaft schon aus begriffsgeschichtlichen Gründen sowie aufgrund ihrer Anlehnung an die Traditionen des klassischen Historismus, der die Veränderung im zeitlichen Nacheinander, nicht im Nebeneinander dachte und die Geographie ignorierte, durch große Zurückhaltung gekennzeichnet.279 Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Abneigung deutscher Historiker bis in die 1980er-Jahre, die Raumkategorie in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu gebrauchen, was sich beispielsweise auch auf die Visualisierung von Geschichte in Karten auswirkte. Spielten Geschichtskarten für die deutsche Geschichtsdidaktik nach dem Zweiten Weltkrieg recht schnell wieder eine Rolle,280 so verzichtet die Fachwissenschaft bis heute größtenteils auf die Veranschaulichung historischer Sachverhalte in Geschichtskarten.281 Im Gegensatz zur komplizierten – durch Brüche gekennzeichneten – deutschen Auseinandersetzung mit der Kategorie Raum stehen lange anglo-amerikanische und französische Wissenschaftstraditionen, die sich bis heute kontinuierlich und interdisziplinär gezielt mit geopolitischen Ansätzen und Fragestellungen zur Kategorie Raum auseinandersetzen.282 So sind beispielsweise Einflüsse des 278 Foucault, Michel: Andere Räume, in: Wentz, Martin (Hrsg.): Stadt-Räume. Frankfurt/Main 1991, S. 67. 279 Koselleck: Zeitschichten, S. 78 – 96; Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit, S. 38 ff.; Osterhammel, Jürgen: Geschichte, Geographie, Geohistorie, in: Küttler, Wolfgang; Rüsen, Jörn; Schulin, Ernst (Hrsg.): Geschichtsdiskurs. Die Epoche der Historisierung. Frankfurt/ Main 1997, S. 264. 280 Vgl. Schwalm: Zur Verwendung der Geschichtskarte im Unterricht, S. 340 – 357; Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 193 – 213. 281 Allein der Blick auf Einführungen zum Studium der Geschichte belegt diesen Gegenstand, vgl. Brandt, Ahasver von: Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. Stuttgart 2007, S. 28. Von Brandt spricht in seinem Kapitel »Historische Geographie« von der »Historischen Karte«, meint aber die Geschichtskarte. Diese Unklarheit gilt auch für die Einführung von Jordan, vgl. Jordan, Stefan: Einführung in das Geschichtsstudium. Stuttgart 2005, S. 75. Andere Einführungen erörtern zwar das Thema »Historische Geographie«, erwähnen aber nicht die damit in Verbindungen stehenden Geschichtskarten oder beschränken sich auf »Altkarten«, vgl. dazu: Fehn, Klaus: Historische Geographie in: Goertz, Hans-Jürgen (Hrsg.): Geschichte. Ein Grundkurs. Hamburg 1998, S. 394 ff. sowie Boshof, Egon; Düwell, Kurt; Kloft, Hans: Grundlagen des Studiums der Geschichte. Eine Einführung. Köln 1994, S. 274 ff. Keine Erwähnung findet das Thema in: Borowsky, Peter ; Vogel, Barbara; Wunder, Heide: Einführung in die Geschichtswissenschaft I: Grundprobleme, Arbeitsorganisation, Hilfsmittel. Opladen 1989; Schulze, Winfried: Einführung in die Neuere Geschichte. Stuttgart 2002. 282 Vgl. u. a. Mahan, Alfred Thayer: The Influence of Sea Power upon History, 1660 – 1783. New York 1890; Mackinder, Halford John: The scope and methods of geography and the geographical pivot of history : being papers read to the Royal Geographical Society on 31 Jan. 1887. London 1951; Vidal de la Blache, Paul Marie Joseph: Principes de g¦ographie
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Begründers der französischen Schule der »G¦opolitique« Paul Vidal de la Blache283 sowie des Annales-Historiker Fernand Braudel,284 der die geographische Gegebenheiten mit historisch-politischen Zusammenhängen verknüpfende Disziplin der »Geopolitik« konsequent in seine Studien mit einbezog,285 auf die gegenwärtige französische Geschichtswissenschaft unübersehbar.286 Die Kategorie Raum spielt auch für die Geschichtswissenschaft Großbritanniens und der Vereinigten Staaten, wiederum mit starker Bindung an die Disziplin der »Politischen Geographie«, eine große Rolle.287 Forschungsfragen zum Raum werden über Fächergrenzen hinweg diskutiert. Der Umgang mit der Geographie sorgt gerade in der Abkehr von der eurozentrischen Geschichtsschreibung der Zyklenmodelle des Aufstiegs und Niedergangs von Kollektiven eines Paul Kennedys288 oder Arnold J. Toynbees289 für keinerlei Berührungsängste. Die Einbeziehung vom Raum als Kategorie in die Auseinandersetzung mit historischen Geschehnissen und Abläufen erscheint selbstverständlich, was auch im Bereich der Kartographie von Geschichte deutlich wird. So ist der Einfluss der Geschichtswissenschaft auf Geschichtsatlanten zum Beispiel in Großbritannien überaus groß und nicht nur auf Spezialatlanten reduziert. An vielen Atlasproduktionen beteiligen sich renommierte Historiker wie etwa Richard Overy, John Keegan, Jeremy Black oder Martin Gilbert.290
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humaine. Publi¦s d’aprÀs les manuscrits de l’auteur par Emmanuel de Martonne. Paris 1922; Mackinder, Halford John: Britain and the British seas. London 1904; Spykman, Nicholas John: The Geography of the Peace. New York 1944; zur Disziplin: Fröhlich, Stefan: Amerikanische Geopolitik. Von den Anfängen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Landsberg 1998. Vidal de la Blache: Principes de g¦ographie humaine. Braudel, Fernand: La M¦diterran¦e et le monde m¦diterran¦en l’¦poque de Philippe II. 3 vols. Paris 1949. Vgl. Piltz, Eric: »Trägheit des Raums«. Fernand Braudel und die Spatial Stories der Geschichtswissenschaft, in: Döring; Thielmann, (Hrsg.): Spatial turn, S. 75 – 102. Vgl. Lacoste, Yves; Lorot, Pascal: La g¦opolitique et le g¦ographe. Paris 2010; Lacoste, Yves: G¦opolitique. La longue histoire d’aujourd’hui. Paris 2009; Chauprade, Aymeric: G¦opolitique. Constantes et changements dans l’histoire. Paris 2007; Raffestin, Claude; Lopreno, Dario; Pasteur, Yvan: G¦opolitique et histoire. Lausanne 1995; Lorot, Pascal: Histoire de la g¦opolitique. Paris 1995. Vgl. u. a. Le Donne, John P.: The grand strategy of the Russian Empire, 1650 – 1831. Oxford 2004; James, Lawrence: The rise and fall of the British Empire. New York 1996; Carter, Francis W.; Norris, H. T.: The changing shape of the Balkans. London 1996; Kissinger, Henry : Diplomacy. New York 1995; Agnew, John A.; Corbridge, Stuart: Mastering space. Hegemony, territory and international political economy. London 1995. Kennedy, Paul: The rise and fall of the great powers. Economic change and military conflict from 1500 to 2000. New York 1987. Toynbee, Arnold Joseph: A study of history. Abridgement of volumes I – VI. London 1949. Vgl. Overy, Richard (Hrsg.): Complete History of the World. Times Books Limited, London 2008; Overy, Richard (Hrsg.): Historical Atlas of the Third Reich. Penguin Books, London 2006; Keegan, John (Hrsg.): Atlas of World War II. Collins, London 2006; Black, Jeremy (Hrsg.): World History Atlas: Mapping the Human Journey. Dorling Kindersley, London
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Verbindungslinien zwischen Fachwissenschaft und Geschichtskartographie finden sich auch in Frankreich, wobei in diesem Kontext besonders der Mediävist aus der Annales-Schule Georges Duby zu nennen ist, der durch seine starke Raumorientierung in Atlasveröffentlichungen zur Weltgeschichte auf sich aufmerksam machte.291 Die Berücksichtigung geopolitischer beziehungsweise räumlicher Aspekte und Einflussnahmen auf die Geschichtswissenschaft bestimmen auch in Ost- sowie Ostmitteleuropa politische und historische Denktraditionen.292 Im Rückblick auf die seit Ende der 1980er-Jahre angeschobenen Entwicklungen293 halfen die gerade im deutschen Kontext geführten Diskussionen um den »spatial turn«, die Tradition des Historismus mit seiner Fixierung auf die »Große Politik« zu überwinden und nationale Vorbelastungen bei der Beschäftigung mit der Kategorie Raum größtenteils hinter sich zu lassen.294 Der deutschen Geschichtswissenschaft ermöglicht eine großflächige wissenschaftliche Auseinandersetzung in der Diskussion um den »Raum«, neue Forschungsfelder zu erschließen, die sich nicht mehr über Aspekte einer »nationalhistorischen Selbstbezogenheit« sowie eines »Germano-« respektive »Europazentrismus« definieren. Vor allem die Studien des deutschen Historikers Jürgen Osterhammel zeigen, dass alle Regionen der Erde historiographisch in eine »Globalgeschichte« genannte Geschichtswissenschaft integriert werden können.295
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2005; Overy, Richard (Hrsg.): Atlas of 20th Century History. Collins, London 2004; Black, Jeremy (Hrsg.): Illustrated Atlas of Warfare – Renaissance to Revolution 1492 – 1792. Univ. Press, Cambridge 1996; Gilbert, Martin (Hrsg.): Atlas of World War I. Oxford Univ. Press, London 1994; Gilbert, Martin (Hrsg.): The Routledge Atlas of the Holocaust. Routledge, London 1982. Vgl. u. a. Duby, Georges: Atlas historique. Larousse, Paris 2010. Vgl. u. a. Eberhardt, Piotr : Problematyka geopolityczna ziem polskich. Warszawa 2008; Markowski, Tadeusz; Stasiak, Andrzej: Rola polskiej przestrzeni w integruja˛cej sie˛ Europie. The role of Polish space in integrating Europe. Warszawa 2007; Dupcsik, Csaba: A Balkn k¦pe Magyarorszgon a 19 – 20. szzadban. Budapest 2005; Micu, Gabriel: Basarabia, Romnia s‚ i geopolitica Marilor Puteri (1914 – 1947). Chis‚ ina˘u 2011. Vgl. Dünne, Jörg: Forschungsüberblick »Raumtheorie«. 2005 Online verfügbar unter URL: http://www.raumtheorie.lmu.de/Forschungsbericht4.pdf [Stand: 20. 10. 2012]; Döring, Jörg: Spatial turn, in: Günzel, Stephan (Hrsg.): Raum. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart, Weimar 2010, S. 90 – 99; Weigel: Zum »topographical turn«; Osterhammel: Die Wiederkehr des Raumes; Bachmann-Medick, Doris: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. Reinbek 2006, S. 284 – 328. Osterhammel: Die Wiederkehr des Raumes, S. 375; Osterhammel, Jürgen: Raumbeziehungen. Internationale Geschichte, Geopolitik und historische Geographie, in: Loth, Wilfried; Osterhammel, Jürgen (Hrsg.): Internationale Geschichte. Themen–Ergebnisse–Aussichten. München 2000, S. 291. Vgl. Osterhammel: Die Verwandlung der Welt; Osterhammel, Jürgen: Die Entzauberung Asiens. Europa und die asiatischen Reiche im 18. Jahrhundert. München 2010; Osterhammel, Jürgen: Weltgeschichte. Stuttgart 2008; Osterhammel, Jürgen; Petersson, Niels P.: Geschichte der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen. München 2003.
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Diese globale Perspektivierung von Geschichte soll allerdings nicht die Vernachlässigung aller regionalen und nationalen Gesichtspunkte nach sich ziehen. Sie erlaubt vielmehr, eine »Geschichte in weltbürgerlicher Absicht« zu schreiben, die »nicht nach Antworten von globaler Gültigkeit sucht«, sondern »ihre Fragen […] in einem universalen Horizont stellt«.296 Gefordert wird deshalb die Wende hin zu einer »Weltgeschichtsschreibung«, in der sich Geschichte »in Form der gelebten Raumbezüge« darstellt und die sich von der »alten teleologischen und eurozentrischen Universalgeschichte abgrenzt«.297 Unter diesen Aspekt fielen in den letzten Jahren auch die Bemühungen um die Entwicklung von Konzepten für eine global- und weltgeschichtliche Perspektivierung des Geschichtsunterrichts. Die Ansätze eines »Curriculums Weltgeschichte« sollen die Prozesse der Globalisierung in umfassender Weise in der schulischen Bildung verankern und Schülern abseits von nationalhistorischen Lehrplänen eine angemessene Orientierung in einer global durchdrungenen Lebenswelt ermöglichen.298 Auch für die Debatte um die Zeit der Weltkriege bedeuten neue Blickwinkel, Ereignisse und Prozesse in vielschichtige Raumkontexte zu stellen und Geschichte jenseits der nationalen und europäischen Perspektive aus einer anderen Sicht zu betrachten. Mittlerweile setzt sich eine Fülle von Studien explizit mit dem globalen Charakter des Zeitalters der Weltkriege auseinander299 oder beziehen umfassendere Arbeiten weltgeschichtliche Aspekte in ihre Analysen mit ein.300 Der »spatial turn« gilt als die Aufforderung an die Historiker, »Raum und Territorium als Dimension der Analyse ernst zu nehmen«.301 Eine allgemeingültige Raum-Definition kann hinsichtlich der Fülle von Konzepten und Modellen in der Debatte um die Kategorie Raum nicht geliefert werden. In Anbetracht der Vielzahl von Ansätzen, die alleine die Kulturwissenschaften hervorgebracht haben, kann hingegen als allgemeiner Konsens festgehalten werden, dass »sich zunehmend die Vorstellung eines kommunikativen, dynamischen und relationalen Raumbegriffes durch[setzt], der sich an den symbolischen 296 Vgl. Osterhammel: Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaats. 297 Middell, Matthias: Der spatial turn und das Interesse an der Globalisierung in der Geschichtswissenschaft, in: Döring; Thielmann (Hrsg.): Spatial turn, S. 103 – 123. 298 Popp, Susanne; Forster, Johanna: Vorwort, in: Popp; Forster (Hrsg.): Curriculum Weltgeschichte, S. 5 – 13. 299 Vgl. Iriye; Maier ; Osterhammel; Rosenberg (Hrsg.): 1870 – 1945: Weltmärkte und Weltkriege; Liebau (Hrsg.): The world in world wars; Morrow : The impact of the two world wars in a century of violence; Segesser : Der Erste Weltkrieg in globaler Perspektive; Sondhaus: World War One; Storey : The First World War ; Neiberg: Fighting the Great War. A global history ; Weinberg: A world at arms; Feinstein; Temin; Toniolo: The world economy between the world wars. 300 Strachan: The First World War ; Keegan: Der Erste Weltkrieg; Förster : Der globalisierte Krieg, S. 198 – 210. 301 Osterhammel: Raumbeziehungen, S. 308.
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Kodierungen und Semantisierungen von Raumdarstellungen orientiert«.302 Die Betrachtung der Kategorie Raum ist auf die kommunikative Korrelation von dessen Wahrnehmung, Vorstellung und Gestaltung gerichtet und nimmt im Kontext der Darstellung, Beschreibung oder Imagination von Raum eine äußerst bedeutungsvolle Rolle ein.303 Es handelt sich also nicht um den leeren Raum, der für den Untersuchungskontext zur neuen Beschreibungskategorie wird. Vielmehr sind es nach dem Konzept einer »imaginären Geographie«304 von Edward Said Überschneidungen durch die Gleichzeitigkeit von ungleichen Räumen und Territorien, die durch Aufladung mit imperialen Einschreibungen, versteckten Hierarchien, deplatzierten Erfahrungen, Kontinuitätsbrüchen sowie Konstruktionen des »Anderen« und Projektionen von Gegenbildern gekennzeichnet sind.305
3.1.2. Raum und Karten Im weitesten Sinne veranschaulicht eine Karte abstrakte, raumbezogene Daten und nur schwer formulierbare raumdimensionale Zusammenhänge mit dem Ziel, diese für den Betrachter leicht verständlich zu machen.306 Es überrascht somit kaum, dass für die Analyse von Geschichtskarten bestimmte Aspekte, die sich aus der Diskussion um den »spatial turn« ableiten lassen, betrachtet werden müssen, um grundsätzliche Besonderheiten des Raummediums aufzuzeigen und auf Probleme und Berührungsängste in der Untersuchung von Raum und Geschichte hinzuweisen.307 Der deutsche Geschichtswissenschaftler Karl Schlögel spricht in diesem Zusammenhang vom »Schrecken der Gleichzeitigkeit« für den Historiker. Dieser ist »zeitorientiert«, ja sogar »zeitfixiert«, so Schlögel, und hat vor allem ein Problem damit, wie er das Nebeneinander und die Gleichzeitigkeit seiner zu erzählenden Geschichte darstellen soll. Schlögel sieht das Grundproblem in der »Koexistenz des Diversen im Raume, wo einem für das Narrativ doch nur die 302 Michalsky, Tanja: Raum visualisieren. Zur Genese des modernen Raumverständisses in Medien der Frühen Neuzeit, in: Geppert; Jensen; Weinhold (Hrsg.): Ortsgespräche, S. 288. 303 Michalsky : Raum visualisieren. S. 288. 304 Said, Edward W.: Culture and imperialism. New York 1994; Gregory, Derek: Edward Said’s Imaginative Geographies, in: Crang, Mike; Thrift, N. J. (Hrsg.): Thinking Space. London 2000, S. 302 – 348. Der amerikanische Literaturtheoretiker palästinensischer Herkunft Edward W. Said erklärt in seiner Arbeit »Orientalism«, dass der »Orient«, scharf zugespitzt, ein Konstrukt des »Westens« sei, vgl. Said, Edward W.: Orientalism. New York 1978. 305 Vgl. Bachmann-Medick: Cultural Turns, S. 292. 306 Vgl. Ogrissek: Die Karte als Hilfsmittel des Historikers, S. 9 ff. 307 Vgl. Weigel: Zum »topographical turn«, S. 151 ff.; Osterhammel: Die Wiederkehr des Raumes, S. 374 ff.
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Sequenz, das Nacheinander zur Verfügung steht«.308 Gleichzeitigkeit berge eine besondere Herausforderung für die Darstellung der Geschichte, so Schlögel, denn Sprache könne nicht allgemein verständlich das Gleichzeitige veranschaulichen.309 Die Sprache beziehungsweise ihre Äußerung im Text kann deshalb nur räumlich und zeitlich aufeinanderfolgend in einzelnen Sequenzen erzählen, was durch gleichzeitiges Sprechen unmöglich ist. Schlögel hält daher fest, dass »Gleichzeitigkeit im Raume […] sich nur zeichnerisch, bildnerisch darstellen [lässt], eben als Karte, wenn auch um den Preis der Reduktion auf die Dimension der Fläche und der statischen Fixierung«.310 Auch Vadim Oswalt erklärt mit Blick auf die Möglichkeiten der Abbildung grundlegender Darstellungsmodi wie Raum und Zeit, dass raumbezogene Darstellungen zur Geschichte offenbar bestens geeignet seien, »durch ihre synchrone Darstellungsweise parallele Zustände im Raum abzubilden«.311 Die Karte habe gegenüber der Linearität des Textes den besonderen Vorteil, so Oswalt, in der Visualisierung von prägnanten Raumbezügen einen »synchronen Eindruck zeitlicher Handlungsorte«312 entstehen zu lassen, über die die Aspekte räumlicher Bedingtheit der Geschichte in das Zentrum der Aufmerksamkeit gelange und ein anderer Zugang zur Geschichte entstehe.313 Dass über Geschichte im Raum gesprochen werden kann, bedeute deshalb, so Schlögel »vom Nebeneinander all dessen zu sprechen, was in einem bestimmten Zeitraum oder zu einem bestimmten Datum präsent, kopräsent, koexistent ist, von der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen«.314 Gerade die Geschichte der Weltkriege spielt sich wie keine andere Geschichte im Raum ab und bedarf deswegen der Visualisierung in Karten. Das Zeitalter der Weltkriege spiegelt außerdem den eminent raumdimensionalen Blick der Europäer auf ihre eigene Geschichte wider, die sich im Gegensatz zum 19. Jahrhundert von der Peripherie der Kolonien auf den europäischen Kontinent zurückverlagert, welcher zum Schauplatz des Endes ihrer Vormachtstellung in der Welt (»Eurozentrismus«) wurde. Über ein besseres Verständnis der Kategorie Raum lässt sich die Geschichte der Zeit der Weltkriege als europäische, aber auch als globale Geschichte leichter vergegenwärtigen. Dass diese mehr ist als die Addition von Nationalgeschichten, soll vor allem der transnationale Vergleich zeigen, der allerdings auch die Frage nach einer europäischen Geschichte in Differenz und Zusammenspiel zur außereuropäischen Welt stellt. Gedanken zu 308 309 310 311 312 313 314
Schlögel: Kartenlesen, Raumdenken, S. 514. Ebd. Ebd. Oswalt: Das Wo zum Was und Wann, S. 231. Ebd.: S. 232 f. Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 38. Schlögel: Kartenlesen, Raumdenken, S. 514.
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den Bezugspunkten »Raum« und »Europa« wurden zum Gegenstand der Geschichte der Europäer als einer Geschichte Europas bereits mehrfach aufgegriffen und kenntlich gemacht. Es gilt daher, »Europa als historische Landschaften, als Schlachtfeld, als Zitadelle, als Fluchtpunkt, als Zone der verbrannten Erde, als System der Lager, als Topographie des Terrors, […]«315 zu begreifen. Von großer Relevanz hinsichtlich der erwähnten Bandbreite historischer Verortung sind daher die Topographien der Erinnerung vor dem Hintergrund einer »Raum« gewordenen Vergangenheit im »Gedächtnis- oder Erinnerungsort«, einem Konzept, das als erfolgreichste Verschränkung von Raum und Geschichte gilt.316
3.1.3. Raum und Historisches Lernen Der historische Raum als feste Größe ist nicht bestimmbar, da Räume definiert werden müssen, um ihr Innen und Außen zu unterscheiden. Daneben wird die Dimension Raum in ihrer Konnotation selbst als zeitlos charakterisiert.317 Angeordnete Konstellationen im Raum sind durch ihre Verortung verankert und erhalten in der räumlichen Repräsentation einen statischen Charakter. Vadim Oswalt schlägt deshalb vor, Raum als umfassende Kategorie zu bezeichnen, die im historischen Lernen über die Rezeption von Raumbezügen große Relevanz für das Verständnis von Zusammenhängen und Bedingungen von Geschichte hat. Eine Typologie der Raumbezüge im historischen Lernen Oswalts erlaubt infolgedessen, Anknüpfungspunkte aufzuzeigen, »an die sich geschichtsmethodische Fragen, Darstellungsmodi, die Gliederung des Unterrichts oder auch die Gestaltung von Curricula anschließen lassen«318. Der sektoral gegliederte Raum setzt sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in Beziehung zu verschiedenen Aspekten der Geschichte wie Politik, Herrschaft, Wirtschaft, Religion etc. und teilt sie gleichsam in horizontale Schichten.319 Die dimensionale Gliederung von Räumen reicht von Mikro- bis zu Makroräumen, die sich in den Raumdimensionen als Regional-, Landes-, National-, Kontinental- und Weltgeschichte äu315 Schlögel: Kartenlesen, Augenarbeit, S. 282. 316 Vgl. u. a. Nora (Hrsg.): Erinnerungsorte Frankreichs; FranÅois; Schulze (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte; Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München 2000; Assmann: Erinnerungsräume; Nora: Zwischen Geschichte und Gedächtnis; Halbwachs: Das kollektive Gedächtnis. 317 Schlottmann, Antje: Rekonstruktion alltäglicher Raumkonstruktionen. Eine Schnittstelle von Sozialgeographie und Geschichtswissenschaft, in: Geppert; Jensen; Weinhold (Hrsg.): Ortsgespräche, S. 107 – 136. 318 Vgl. Oswalt: Das Wo zum Was und Wann, S. 226. 319 Ebd.: S. 227.
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ßern.320 Der verflochtene Raum enthält Beziehungs- und Wahrnehmungsebenen, die über die Verflechtungsgeschichte transnationale, transkulturelle und historische Großräume verbindende Perspektiven einbeziehen.321 Der historische Handlungs- und Ereignisraum reflektiert das historische Geschehen im Nacheinander geschichtlicher Abfolgen, die in einem Nebeneinander von Handlungen und Handlungsräumen lokale Verortung finden, dabei aber nicht nur den Container von starrer Geschichte bezeichnen, sondern auch Bezüge zu Entwicklungen und Prozessen herstellen.322 Der Naturraum als Bedingungs- und Gestaltungsraum menschlicher Existenz bezeichnet den Prozess des Wandels, bei dem der Raum im historischen Mittelpunkt steht und in seiner Wirkung auf und in seiner Formung durch den Menschen Betrachtung findet.323 Der Mentalraum beschreibt neben globalen Perspektiven zum Raum eine Fülle von sozialen Bedeutungszuschreibungen und raumgebundenen mentalen Sichtweisen, die einem historischen Wandel unterliegen und die gebunden sind an Konzepte von Macht, Herrschaft und Besitz.324 Der deutsche Historiker Theodor Schieder attestierte der Kategorie Raum im historischen Denken einen relativen Charakter, da alle räumlichen und zeitlichen Dimensionen der Geschichte in einem relativen Verhältnis zueinander stünden325 und somit im Rückschluss darauf die Aspekte menschlicher Raumwahrnehmung eine Brücke zu Fragen des Geschichtsbewusstseins darstellten. Der Begriff Geschichtsbewusstsein bezeichnet den Zusammenhang von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive. Da Geschichte nicht als Abbild vergangener Realität, sondern nur als ihre aus Zeugnissen erstellte, auswählende und deutende Rekonstruktion ins Bewusstsein treten kann, ist Geschichtsbewusstsein die Art, in der Vergangenheit in Vorstellung und Erkenntnis gegenwärtig ist.326 Ziel des Geschichtsunterrichts ist die Ausbildung des historischen Lernens und Denkens und damit zugleich des Denkens in den erkenntnistheoretischen Kategorien, die alle Beschäftigung mit dem Historischen und dessen Deutungen bedingen.327 Gerade deshalb wird im
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Vgl. Oswalt: Das Wo zum Was und Wann, S. 229. Ebd. Ebd.: S. 230. Ebd. Ebd. Schieder, Theodor: Geschichte als Wissenschaft: Eine Einführung. München 1965, S. 76. Vgl. Jeismann, Karl-Ernst: Geschichtsbewusstsein – Theorie, in: Bergmann (Hrsg.): Handbuch Geschichtsdidaktik, S. 42 f.; Pandel: Geschichtsunterricht nach PISA, S. 8 ff.; Rüsen, Jörn: Geschichtsbewusstsein. Psychologische Grundlagen, Entwicklungskonzepte, empirische Befunde. Köln 2001; Schönemann, Bernd; Meyer, Robert (Hrsg.): Geschichtsbewußtsein und Methoden historischen Lernens. Weinheim 1998. 327 Vgl. Martens, Matthias: Implizites Wissen und kompetentes Handeln. Die empirische
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Untersuchungskontext auch auf Kartenbilder außerhalb von Lehrmitteln und damit dem Schulunterricht hingewiesen. Geschichtskulturelle Verarbeitungsformen historischen Wissens sind nach Hans-Jürgen Pandels Darlegung wissenschaftlich, didaktisch, simulativ, rhetorisch, diskursiv kontrafaktisch aber auch imaginativ.328 Daneben soll die Aufmerksamkeit insbesondere auf den Begriff der historisch-geographischen Imagination gelenkt werden, der die Fähigkeit zur Vorstellungsbildung und Vorstellungsreflexion meint und auf die »zentrale Rolle der Imaginationen« im Prozess des historischen Denkens hinweist.329 Die Abhängigkeit von historischem Denken und geographischer Imagination gründet laut Vadim Oswalt auf zwei Bedingungen: (1) »sich zu Räumen in Beziehung zu setzen und Vorstellungen zu ihnen zu entwickeln«; (2) »dass die historische Sinnbildung an Räumen entsteht, indem Orte und Regionen mit Namen und Bedeutungen belegt werden«.330 Historische Raumwahrnehmungen sind oft Teil eines Selbst- und Fremdkonzepts, daher bedürfe der Raum auch einer starken Reflexion in seiner mentalen Dimension. »Raum bedeutet im historischen Denken vor allem das, was in der Erinnerung Raum einnimmt«,331 so Oswalt. Im Blick auf den Gegenstand der historischen Imagination lassen sich von inneren Bildern und Vorstellungen Verbindungslinien zur kognitiven Verortung von Raumbildern herstellen. Die Auseinandersetzung mit Geschichte wird von einer Fülle »innerer Vorstellungen« begleitet, die »vom lenkenden Bewusstsein kaum zu beeinflussen ist«. Jedoch können Rezeptionsprozesse von Geschichte ohne ein Vorstellungsvermögen nicht getätigt werden. Darüber hinaus erscheinen für das »Verstehen und Erklären von geschichtlichen Zusammenhängen und Bedeutungen« innere Bilder unbedingt notwendig.332 Dazu gehört auch die Wahrnehmung des Raumes und im interdisziplinären Konzept mentaler Karten auch die Imagination von Geschichte im räumlichen Zusammenhang.333
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Rekonstruktion von Kompetenzen historischen Verstehens im Umgang mit Darstellungen von Geschichte. Göttingen 2010, S. 22. Pandel: Geschichtsunterricht nach PISA, S. 42 f. Oswalt: Raum und historisches Lernen, S. 213, im Anschluss an den amerikanischen Geschichtswissenschaftler Samuel S. Wineburg vgl. Wineburg, Samuel S.: Die psychologische Untersuchung des Geschichtsbewußtseins, in: Straub, Jürgen (Hrsg.): Erzählung, Identität und historisches Bewußtsein. Die psychologische Konstruktion von Zeit und Geschichte. Erinnerung, Geschichte, Identität I. Frankfurt/Main 1998, S. 320 f. Ebd.: S. 214. Ebd.: S. 215. Vgl. Schörken, Rolf: Imagination und geschichtliches Verstehen, in: Fauser, Peter ; Wulffen, Dorothee von (Hrsg.): Einsicht und Vorstellung. Imaginatives Lernen in Literatur und Geschichte. Seelze 1999, S. 123 – 139; Braun, Christa von: Historische Imagination. Bild, in: Bergmann (Hrsg.): Handbuch Geschichtsdidaktik, S. 67 – 71. Vgl. Wagner, Kirsten: Kognitiver Raum: Orientierung – Mental Maps – Datenverwaltung, in: Günzel (Hrsg.): Raum, S. 240 ff.
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Für den Geschichtsunterricht besonders interessant ist es, dass Karten die mentale Verortung von Inhalts- und Raumstrukturen befördern. In der Wissenschaft der Kartographie bezeichnen diese intern produzierten Raumbilder Gedächtniskarten, die entsprechend ihrer wissenschaftlichen Herkunft sowohl in der Literatur als auch umgangssprachlich als »mental maps« bezeichnet werden.334
3.2. Die Geschichtskarte als Medium der visuellen Kommunikation und Raumkonstruktion In der Vergangenheit wurden Karten oft eingesetzt, um territoriale Ansprüche visuell zu untermauern.335 Der Geograph Hans-Dietrich Schultz geht sogar soweit, das Kartenbild als »Waffe« zu bezeichnen.336 Schultz bezieht sich dabei auf den deutschen Geographieunterricht der Zwischenkriegszeit und erklärt, dass damals völkische Kreise mit simplen kartographischen Mitteln die »Ungerechtigkeit« der Siegermächte gegenüber dem deutschen Volk visualisierten. Ansprüche auf »verlorenes« Territorium ergaben sich wie von selbst und so ließen sich auf diese Weise noch viel größere Raumvisionen – ein Anrecht auf die Kolonisierung des europäischen Ostens – »für ein leistungsstarkes Volk ohne Raum« erheben.337 Über ihre vielfältigen Gestaltungselemente erlauben Karten die unterschiedlichsten Möglichkeiten der Einflussnahme, was bis zur »Suggestion« reichen kann. Doch auch ohne diesen Vorsatz transportieren Karten Weltbilder, Hierarchien und Zuschreibungen.338
3.2.1. Die Geschichtskarte und ihr Referenzpunkt Gedanken zur Erschließung innerer und äußerer Einflüsse auf das Kartenmedium bilden im folgenden Teil einen Schwerpunkt der Betrachtung. Kartendarstellungen gelten als kartographische Modelle, in denen sich auch bestimmte Intentionen, Absichten oder Ideologien widerspiegeln.339 Die Ansätze der kritischen Kartentheorie haben deshalb erheblichen Einfluss auf den methodi334 Böttcher : Die Karte, S. 171; vgl. auch Downs, Roger M.; Stea, David: Kognitive Karten. Die Welt in unseren Köpfen. New York 1982. 335 Vgl. u. a. Schneider : Kartographie als imperiale Raumgestaltung, S. 79 – 94. 336 Schultz: Das Kartenbild als Waffe im Geographieunterricht der Zwischenkriegszeit, S. 19 – 27. 337 Schultz: Sie wussten, was sie taten, S. 13 – 39. 338 Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 35. 339 Vgl. Harley : Deconstructing the Map; Wood: The Power of Maps.
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schen Zugang der Erforschung von Geschichtskarten. Daneben werden einzelne Ansätze zur Beurteilung des visuellen Charakters von Karten kurz vorgestellt, wobei die Analyse hinsichtlich der Betrachtung von Zeichensystemen unter Heranziehung von Erkenntnissen der Semiotik340 und Kartosemiotik341 die besondere Qualität der Kommunikation freilegen soll. Verschiedene interdisziplinäre Ansätze lassen sich zudem zur außerordentlichen Funktion von Karten als visuelle Medien beispielsweise zum Verständnis non-propositionaler Aussageebenen heranziehen.342 3.2.1.1. Die Geschichtskarte und Kartenkritik Kartographen, Geographen, aber auch Historiker beteiligten sich ab Ende der 1980er-Jahre an einer Diskussion um die Entwicklung von Ansätzen einer »kritischen Kartographie«, die das Verständnis von Karten und die Praxis der Kartenherstellung durch eine poststrukturalistische Kritik erweiterten und damit an Aspekte des klassischen »Dekonstruktivismus« anschlossen.343 Anstatt Karten als grafische Abbilder der Wirklichkeit zu begreifen, bei denen lediglich die Güte der zugrunde liegenden Daten differenziert zu betrachten ist, erkannten die Dekonstruktivisten in Raummedien machtvolle Akteure der sozialen Konstruktion von Wirklichkeit. Ausgangspunkt für eine »kritische Kartographie«, die sich vor allem in den anglo-amerikanischen Wissenschaftsdisziplinen der Geographie- und Geisteswissenschaften sammelte, bildeten in erster Linie Arbeiten des britischen Kartenhistorikers John Brian Harley344 und des amerikanischen Geographen Denis Wood.345 Beide legten die Grundlage für sehr unterschiedliche theoretische und methodische Studien. Gemein ist den meisten 340 Vgl. Peirce, Charles S.: Phänomen und Logik der Zeichen. Frankfurt/Main 2005; Eco, Umberto: Einführung in die Semiotik. München 2002. 341 Vgl. u. a. Nöth, Winfried: Kartosemiotik und das kartographische Zeichen, in: Zeitschrift für Semiotik 20 (1998) 1/2, S. 25 – 41; Schmauks, Dagmar : Landkarten als synoptisches Medium, in: Zeitschrift für Semiotik 20 (1998) 1/2, S. 7 – 25. 342 Vgl. Bredekamp, Horst; Fischel, Angela; Schneider, Birgit; Werner, Gabriele: Bildwelten des Wissens, in: Bildwelten des Wissens 1 (2003) 1, S. 9 – 20; Abel, Günter : Zeichen- und Bildinterpretation, in: Bildwelten des Wissens 1 (2003) 1, S. 89 – 102. 343 Die Ansätze einer auf »Dekonstruktion« beruhenden Kartentheorie orientieren sich u. a. an folgenden Arbeiten: Derrida, Jacques: De la grammatologie. Paris 1967; Foucault, Michel: Les Mots et les choses. Une arch¦ologie des sciences humaines. Paris 1966; Berger, Peter E.; Luckmann, Thomas: The Social Construction of Reality. A treatise in the sociology of knowledge. New York 1966. 344 Harley : Deconstructing the Map, S. 149 – 168; Harley, John Brian: Maps, Knowledge and Power, in: Harley ; Laxton (Hrsg.): The New Nature of Maps, S. 51 – 82. 345 Wood: The Power of Maps; Wood, Denis; Fels, John; Krygier, John: Rethinking the Power of Maps. New York 2010; Wood, Denis; Fels, John: The Natures of Maps. Cartographic Constructions of the Natural World. Chicago 2008; Wood, Denis; Kaiser, Ward L.; Abramms, Bob: Seeing through Maps. Many Ways to see the World. Oxford 2006.
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Arbeiten der »kritischen Kartographie« jedoch eine mehr oder weniger poststrukturalistische und konstruktivistische Grundperspektive. Demnach werden Karten als »selective representations of reality«346 verstanden. Denis Wood begründet dies damit, dass in Wirklichkeit in allen Karten Grundannahmen und gesellschaftliche Konventionen stecken.347 Wood koppelt die Dekonstruktion von Karten und die Arbeit an der Aufdeckung darunter liegender Macht- und Herrschaftsformationen mit dem Gedanken, dass Karten eben auch anderen Interessen als den hegemonialen dienen können und ebenso als Medium der Kritik und Emanzipation oder des Protests denkbar sind, sei es durch das Kartieren von Unterdrücktem, Manipuliertem und Verschwiegenem, durch »counter-mappings« oder durch moderne Techniken ästhetischer und kreativer Bearbeitung von Karten.348 Ein weiterer Vertreter der »kritischen« Kartentheorie ist der amerikanische Geograph Mark Monmonier. Dieser bezeichnet insbesondere aktuelle Karten als höchst manipulative Objekte.349 Karten besitzen Monmonier zufolge nicht nur eine eigenständige Kodierung, die wie ein Text interpretiert werden kann, sondern sind auch als Medien voller Botschaften und Ideologien mit hohem Manipulationscharakter anzusehen. Durch diese Einflussnahme beherrschen Karten die Weltsicht der Nutzer, so Monmonier.350 Das Urteil des Kartenhistorikers John Brian Harley zur Objektivität von Karten lautet ganz ähnlich: »the map is never neutral«.351 Harley tritt für ein ikonologisches und semiologisches Verständnis der Natur der Karte ein und übt einflussreiche Kritik an der angeblichen Neutralität und Wissenschaftlichkeit der kartographischen Praxis. Karten gelten im Rahmen ihrer alltäglichen Anwendung und Nutzung als Muster wissenschaftlicher Genauigkeit, was in der gegenwärtigen Technisierung der Gesellschaft durch »GPS« und »google.maps« geradezu universale Glaubwürdigkeit erlangt hat. John Brian Harley rief schon vor über zwanzig Jahren dazu auf, dem Irrglauben an Wissenschaftlichkeit und Technik entgegenzutreten. Harley hielt 1989 in einem wegweisenden Aufsatz fest, dass es die Aufgabe postmoderner Kulturwissenschaft sei, Karten der gezielten Dekonstruktion zu unterziehen.352 Er eröffnet seine Argumentation damit, die Karte im foucaultschen Sinne als »Text« zu betrachten, »dessen Schrift sich des Projektionssystems, des Ausschnitts und der Zentrierung bedient, vor allem aber aus Linien, 346 347 348 349 350 351 352
Vgl. Black: Maps and Politics, S. 11. Vgl. Wood: Die Macht der Karten, S. 66 – 72. Wood; Fels; Krygier: Rethinking the Power of Maps, S. 111 ff. Vgl. Monmonier : Eins zu einer Million, S. 123 ff. Ebd. Vgl. Harley : Deconstructing the Map, S. 163. Ebd.: S. 149 – 168.
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Färbung und Drucktypen besteht«.353 Von besonderer Bedeutung sei, dass die »Rhetorik der Neutralität«,354 wie Harley in Anlehnung an den Kommunikationswissenschaftler Robin Kinross formuliert, aufgelöst werden müsse.355 Ein Nachweis, dass Karten »Objektivität« nur vortäuschen, ergebe sich schließlich über das Hinterfragen der Annahme, dass die Gestaltung und Herstellung von Karten ein sozialer Prozess sei, der sich als wertfreier Transformationsvorgang von wissenschaftlichen Tatsachen und Belegen in den Wissensspeicher Karte verschleiert. Genau dieser besondere Charakter verleihe der Karte Macht, so Harley.356 Im Sinne der Überlegungen von Foucault urteilt Harley daher am Ende seines Aufsatz: »Maps are authoritarian images«.357 Karten bringen also eine ganz besondere Logik mit sich, was bedeutet, dass es sich bei ihnen um eine sehr spezifische Form von Wissensspeicher handelt, der über die Eigenschaften eines einfachen Textes weit hinausgeht. Harley machte deshalb auf die Bedeutung von Abstraktion, Formalisierung, Eindeutigkeit und Visualität des Raummediums aufmerksam, die eine bestimmte Vorstellung von den Orten in der Welt erschaffen. Die Stärke von Karten ist eine durch sie erfolgende hochgradig komplexitätsreduzierende Verkoppelung von Raum und sozialen Kategorien, gerade auch weil sie räumliche, soziale und temporale Kategorien fixieren, vereinheitlichen und abgrenzen. Karten bewirken daher eine generelle Reduktion vielschichtiger Erscheinungen auf überschaubare Kategorien und klar abgegrenzte räumliche Einheiten.358 Die Ansätze der »Dekonstruktivisten« haben erheblichen Einfluss auf den methodischen Zugang der vergleichenden Analyse von Geschichtskarten und -atlanten, da sie wichtige Impulse zum Zugriff auf die mediale Gestalt und die gesellschaftliche Konstruktion von Karten liefern. Neben erinnerungskulturellen Kontexten und instruktionalen Hintergründen (etwa Bildungspolitik) sind genauso Traditionen oder etwa Verlagspolitiken ein wichtiger Referenzpunkt der Analyse. Die Studie versucht speziell in Kapitel vier, aber auch in den Folgekapiteln vielfältige Einflüsse auf Karten und Atlanten offenzulegen. Der alleinige Blick auf die formale Gestalt und das Datenmaterial und den vermeintlichen Wissensgehalt sind nicht ausreichend und bedürfen über die grundsätzlichen Ansätze der »kritischen Kartentheorie« hinaus einer Erweiterung.359
353 Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 362. 354 Harley : Deconstructing the Map, S. 159, 168. 355 Harley bezieht sich auf die Äußerungen von Kinross zur Autorität von Zugfahrplänen, vgl. Kinross, Robin: The »Rhetoric of Neutrality«, in: Design Issues, 2 (1985) 2, S. 18 – 30. 356 Vgl. Harley : Deconstructing the Map, S. 164. 357 Ebd.: S. 168. 358 Vgl. Harley : Maps, Knowledge and Power, S. 69 ff. 359 Vgl. Vollmar : Die Vielschichtigkeit von Karten als kulturhistorische Produkte, S. 381 – 395.
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3.2.1.2. Die visuelle Sprache der Geschichtskarte Die Abbildung sowie damit verbunden die Kommunikation von Wissen spielt in der modernen Wissenschaft eine wichtige Rolle und besitzt die Aufmerksamkeit vieler Forschungsdisziplinen (kognitive Psychologie, Philosophie, Kunst etc.). Die Ergebnisse verschiedenster Fachrichtungen lassen sich daher zur Analyse von Geschichtskarten heranziehen, handelt es sich doch bei Raummedien ebenfalls um eine komplexe Form der Wissensproduktion. Im Zeichencharakter der Karte finden sich beispielsweise über einen Text hinausgehende Informationen, die in der Darstellung selbst nicht sichtbar sind, die dem Rezipienten über die Visualität aber als eindeutig erscheinen. Vor allem das hohe Maß an Verdichtung, Synthetisierung sowie Symbolisierung von Wissen erlaubt dem Wissensspeicher Karte einen vielschichtigen Kommunikationsprozess, der allerdings auch hinterfragt werden muss. Kartenvisualisierungen werden deshalb in einem propositionalen und nicht-propositionalen Modus wahrgenommen, das heißt, ihre symbolischen Elemente sind nur teilweise in linguistische Konzepte übersetzt. Ein großer Teil ihrer Botschaft wird non-verbal aufgenommen und erinnert an bildliche Muster. Der Kunsthistoriker Gottfried Boehm geht zum Beispiel von einer Logik der Bilder aus, die ebenfalls analog zur Karte eine »konsistente Erzeugung von Sinn aus genuin bildnerischen Mitteln« erschafft und diese »nicht länger der Sprache unterwirft«.360 Der Rückgriff auf Bild-, Zeichen- und Wissenstheorien, der in anspruchsvoller Weise der Ikonizität, der Bildhaftigkeit wie auch der Sprach- und Textförmigkeit von visuellen Medien gerecht wird, schafft die Voraussetzungen für eine Methode der Interpretation und Analyse von Geschichtskarten, die die Eigenart und Spezifik von Bildmedien mit einschließt und ihrer Ikonizität im Unterschied zum Text auf die Spur kommt.361 Deutungsansätze finden sich somit in der semiotischen beziehungsweise semiologischen Theorie und Methodologie von Charles S. Peirce362, Jacques Bertin363 und Umberto Eco364. Vor allem die Semiotik365 und Kartosemiotik366 haben im Aufspüren des besonderen visuellen Charakters von Geschichtskarten Relevanz. Die Zeichentheorie (Semiotik) befasst sich etwa mit den Zeichen, die die zu transportie360 Boehm, Gottfried: Jenseits der Sprache? Anmerkungen zur Logik der Bilder, in: Maar, Christa; Burda, Hubert (Hrsg.): Iconic Turn. Die neue Macht der Bilder. Köln 2004, S. 28, 30. 361 Vgl. Harley : Maps, Knowledge and Power, S. 53. 362 Peirce: Phänomen und Logik der Zeichen. 363 Bertin, Jacques: Graphische Semiologie. Diagramme, Netze, Karten. Berlin 1974. 364 Eco: Einführung in die Semiotik. 365 Die Semiotik ist die Lehre von Zeichen und Zeichensystemen, vgl. u. a. Peirce: Phänomen und Logik der Zeichen; Eco: Einführung in die Semiotik. 366 Vgl. u. a. Nöth: Kartosemiotik und das kartographische Zeichen; Schmauks: Landkarten als synoptisches Medium.
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renden Wissensbestände (Information) repräsentieren. Die Bedeutung der Semiotik ist für die Kartenanalyse hoch einzuschätzen, da sie von einem offenen, also nicht nur auf Sprache reduzierten Zeichenbegriff ausgeht.367 Ihre Beschreibung der Willkürlichkeit der Zeichen lässt die Sinnbeziehungen zwischen Zeichen und Bezeichnetem einzig durch die bei der Schaffung der Karte genutzten Kodierungen definieren. Das Ziel liegt daher in der Analyse der Bedeutung der Funktionen von Zeichen als »Zeichen«. In Anlehnung an die Theorie des »triadischen Zeichenmodells« des amerikanischen Mathematikers und Philosophen Charles S. Peirce geht die Kartosemiotik davon aus, dass eine Dreiecksrelation zwischen den drei Korrelaten Objekt – Zeichenträger – Interpretant (Kognition) besteht. Speziell in der Darstellung von Vernichtungslagern zur Visualisierung des Holocaust oder etwa in der Abbildung der Weltkriege wie auch der sich Friedensschlüssen anschließenden Grenzziehungen – also immer wenn das Kartenzeichen direkt Einfluss auf die Vorstellungen des Betrachters nimmt – ist die Vergegenwärtigung dieser Beziehung für die Analyse wichtig (Kapitel 8 – 10). Zunächst ist das zu kartierende Objekt mit seinen formalen optischen Merkmalen zu nennen, da das Kartenzeichen auf dieses direkt oder indirekt Bezug nimmt. Das »Repräsentamen« als Zeichenträger bezeichnet das visuell vom Individuum Wahrnehmbare, wie beispielsweise die Signatur von Lagern des Holocaust im Kartenbild. Außerdem nimmt das Kartenzeichen direkt oder indirekt Bezug auf das zu kartierende »Objekt« mit seinen formalen optischen Merkmalen der Gestalt etwa der Kennzeichnung von Konzentrations- und Vernichtungslagern. Der »Interpretant« steht hingegen für die Art und Weise der Zeicheninterpretation in der Deutung des generellen Gegenstands durch den Nutzer. In der Relation ist der »Interpretant« somit einem komplexen Kommunikationsprozess ausgesetzt.368 In diesem Kontext dürfen Jacques Bertins Studien (»Grafische Semiologie«)369 nicht vergessen werden. Sie riefen dazu auf, Karten vor allem als ein monosemiotisches System zu betrachten, in dem eindeutig definierte Elementarzeichen für eine Grundstruktur sorgen. Bei der Suche nach Invarianten und Variablen des kartographischen Zeichensystems stieß er auf die acht Variablen des grafischen Bildes, durch die eine Darstellung in der Variation des Inhalts verändert werden kann (Größe, Muster, Form, Farbe, Richtung, Helligkeitswert sowie zwei Dimensionen der Ebene).370 Insbesondere mit Blick auf die nähere Erläuterung der »Sprache der Karte« sind diese Erkenntnisse wichtig. 367 368 369 370
Vgl. Peirce: Phänomen und Logik der Zeichen, S. 64 ff. Ebd.: S. 121 ff. Vgl. Bertin: Grafische Semiologie. Bertin, Jacques; Scharfe, Wolfgang: Graphische Darstellungen und die graphische Weiterverarbeitung der Information. Berlin 1982, S. 186 ff.
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Darüber hinaus trug der italienische Medienwissenschaftler und Philosoph Umberto Eco Grundgedanken zur Zeichentheorie bei, die diesen Abschnitt abschließen und direkt an bisherige Aspekte anknüpfen sollen. Er erklärte etwa, »daß unter jedem Kommunikationsprozess […] Regeln – oder Codes – existieren und daß diese auf irgendeiner kulturellen Übereinkunft beruhen«371. Somit gelte es als eindeutig, so Eco, dass »die kommunikative Dialektik zwischen Codes und Botschaften und die konventionelle und kulturelle Natur der Codes nicht Entdeckungen sind, die die Semiotik erst machen muß, sondern die Voraussetzung, auf der sie gründet, und die Hypothese, die sie leitet«.372 Kartenzeichen sind demzufolge auch in einem übertragenen Sinn zu deuten und werden in der Kartographie häufig mit Signaturen oder Symbolen gleichgesetzt.373
3.3. Die Karte als kartographisches Konstrukt: Elemente der Geschichtskarte Jede Analyse von Geschichtskarten muss sich mit dem kartographischen Zeichenrepertoire, den Bausteinen der Karte, den Generalisierungen und Synthetisierungen sowie mit den gezielten Auswirkungen von Maßstab und Projektionsform in der Darstellung von Geschichte auseinandersetzen. Des Weiteren interessiert das farbliche Design von Geschichtskarten im Spektrum von Besonderheiten, Konventionen und Traditionen. Geschichtskarten sind der Gruppe der (chorographisch-)thematischen Karten zuzuordnen.374 Neben dem Kartentitel, er beschreibt den Kartengegenstand zumeist in räumlicher und zeitlicher Hinsicht, sind als Grundelemente der Karte die Zeichenlegende sowie Kartenzeichen und -symbole zu nennen.375
3.3.1. Kartenzeichen/Text Das Bild einer Karte setzt sich aus verschiedenen Flächen, Linien, Zeichen und Symbolen zusammen. Die Karte selbst wird gemeinhin als Mittel der Information und Kommunikation oder als eine besondere Art von Informationsspeicher
371 372 373 374 375
Eco: Einführung in die Semiotik, S. 20. Ebd. Nöth: Kartosemiotik und das kartographische Zeichen, S. 26. Vgl. Ogrissek: Die Karte als Hilfsmittel des Historikers, S. 28. Vgl. Ogrissek, Rudi: Theoretische Kartographie. Eine Einführung. Gotha 1987, S. 83.
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angesehen, in dem sich unter dem Begriff der Signaturen vielfältige Kartenzeichen, aber auch unterschiedliche Symbole sammeln.376 Die grafischen Gestaltungselemente enthalten Zeichen aus zwei Zeichensystemen, nämlich grafische und textuelle Elemente. Durch Kartenzeichen können Aussagen über reale Objekte und Erscheinungen symbolisiert werden. Dabei machen sie ausgewählte Merkmale, Orte und andere räumliche Informationen auf der Karte sichtbar.377 Sie dienen als eine Art grafischer Code für das Speichern und Abrufen von Daten in einem zwei-dimensionalen geographischen Bezugssystem. Kartenzeichen treten als ikonische und indexikalische Zeichen auf.378 Die wichtigsten Kategorien bilden dabei die Signaturen und die Flächenkartenzeichen. Eine Klassifikation von Kartenzeichen findet sich im Standardwerk »Kartographie« von Günter Hake, Dietmar Grünreich und Liqiu Meng, die diese nach ihrer Gestalt wie folgt unterteilen: »bildhafte Signaturen (Bilder von Objekten in schematischer bis individueller Darstellung), symbolhafte Darstellungen (abstrahierte Sinnbilder der Objekte), geometrische (abstrakte) Signaturen und die Darstellungen von Buchstaben, Ziffern, Zahlen, Unterstreichungen«.379 In der Praxis stoßen diese vier (morphologischen) Kartenzeichentypen bei Kartenanalysen und -vergleichen schnell an ihre Grenzen, da die eindeutige Abgrenzung zwischen ihnen sehr unscharf ist, besonders zwischen bildhaften und symbolischen Kartenzeichen. Im Wesentlichen ergibt die Zusammenstellung eine Typisierung für die Kartenanalysen und -vergleiche – insbesondere in Kapitel acht bis zehn – nach (1) geometrischen- (abstrakten) und (2) bildhaftsymbolischen (konkreten) Kartenzeichen. Punkte, Linien und Flächen erscheinen in Karten als die Hauptbausteine jeglichen grafischen Ausdrucks, somit unterscheidet man prinzipiell zwischen drei Arten von Signaturen: Punktsignatur zur Kennzeichnung der geographischen Position von Landmarken oder Ortschaften, Liniensignatur zur Veranschaulichung der Länge und des Verlaufs von Flüssen oder Straßen und Flächensignatur zur Darstellung der Form und Ausdehnung von Staaten oder Städten. Generell können Kartensignaturen nach »Größe, Form, Helligkeit, Füllung, Orientierung, Farbe und dem Grad ihrer Abstraktheit« variieren.380 Pfeilsignaturen treten besonders markant als Richtungsangaben in der Abbil376 Ogrissek: Die Karte als Hilfsmittel des Historikers, S. 46 ff. 377 Vgl. Monmonier : Eins zu einer Million, S. 37. 378 Vgl. Koch, Wolf Günther : Zum Wesen der Begriffe Zeichen, Signatur und Symbol in der Kartographie, in: Kartographische Nachrichten 48 (1998) 3, S. 89 – 96. 379 Hake, Günter ; Grünreich, Dietmar ; Meng, Liqiu: Kartographie. Visualisierung raumzeitlicher Informationen. Berlin 2002, S. 122. 380 Monmonier : Eins zu einer Million, S. 39; Böttcher : Theoretische und praktische Aspekte zur Schulgeschichtskartographie, S. 59.
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dung von Militärgeschichte, Liniensignaturen als Grenzdarstellungen zur Markierung des staatlichen Territoriums hervor. Nicht immer tragen sie allerdings zu einem besseren Kartenverständnis bei, denn gerade hier können Design und Farbwahl für Irritationen sorgen. Der Blick auf aktuelle Geschichtskarten macht deutlich, dass speziell Grenzdarstellungen auch heute noch Einflüsse von klassischen Propagandakarten der Zwischenkriegszeit aufweisen. Genauso veranschaulichen Ortssignaturen recht gut, welches Spektrum an Informationen und Strukturen hinter einem schlichten Kartenzeichen stecken kann. So wird beispielsweise das größte Vernichtungslager im Zweiten Weltkrieg, Auschwitz-Birkenau, nur als eine Signatur unter vielen visualisiert. Die Signatur auf der Karte erlaubt kaum, Aussagen über die Bedeutung des Ortes zu treffen. Die Beschränkung auf grafische Zeichen und nur wenige verbale Eintragungen zwingt in der Gestaltung der Geschichtskarte in hohem Maße zur Abstraktion. Dies führt zu einem starken Grad der Auswahl und Vereinfachung von Informationen. Für einen Historiker ist in diesem Zusammenhang der Wegfall aller Daten- und Informationsquellen ungewohnt. Die Herkunft des Wissens taucht auf der Karte nicht mehr auf und bedeutet einen Verzicht auf jegliche Belege oder Zitate.381 Deshalb enthalten fast alle Karten interne textuelle Elemente unterschiedlicher Funktion, welche die grafisch dargestellten Objekte identifizieren.382
3.3.2. Generalisierung/Synthetisierung Die Frage nach Signaturen und Beschriftungen der Geschichtskarte ist allerdings mit dem wohl wichtigsten kartographischen Prinzip verbunden – der Generalisierung. »Eine gute Karte beschönigt oder verschweigt die Wahrheit, um es dem Kartenbenutzer zu erleichtern, das Wichtigste zu erkennen«, so erklärt Mark Monmonier den vereinfachenden Auswahlcharakter der Generalisierung.383 Durch die Maßstabsverkleinerung schrumpft jede geometrisch exakte Wiedergabe eines Objekts immer mehr zusammen, woraus sich die Notwendigkeit zur Generalisierung ergibt.384 Die dreidimensionale Realität erscheint derart vielschichtig und reich an Einzelheiten, dass sie nicht zur Gänze und übersichtlich auf ein »zweidimensionales maßstabsgetreues graphisches Modell« übertragen werden kann.385 Die umfassende und eindeutige Rezeption einer Karte erfordert »die De381 382 383 384 385
Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 35 f. Vgl. Schmauks: Landkarten als synoptisches Medium, S. 13. Monmonier : Eins zu einer Million, S. 45. Vgl. Hake; Grünreich; Meng: Kartographie, S. 166. Monmonier : Eins zu einer Million, S. 45.
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tailerkennbarkeit, die Eindeutigkeit der Darstellung sowie die Entschlüsselung der dargestellten Objekte«. Eine allgemeine Lesbarkeit hängt daher insgesamt »von der graphischen Gestaltung, d. h. der Generalisierung, der Wahl der Signaturen und der Farbgebung, sowie von der graphischen Qualität« der Visualisierung ab.386 Generalisierung meint aber nicht nur, dass Linien oder Umrisse vereinfacht dargestellt werden, sondern dass dadurch ganze Inhalte Veränderungen unterliegen können.387 Die Selektion des »Darzustellenden« im Bereich der Gestaltung der Geschichtskarte kann neben der Frage der historiographisch-thematischen Informationen auch die Topographie beziehungsweise die Ausführlichkeit der geographischen Angaben betreffen.388 Gleichwohl besteht für Geschichtskarten die Notwendigkeit der Auswahl, denn nur durch Generalisierungen können in der Kartographie von Geschichte historische Inhalte in Raum und Zeit verständlich übermittelt werden. Nach Rudi Ogrissek erfolgt die Auswahl in drei Bereichen: »sachliche Selektion (Thema), zeitliche Selektion (Zeit) und räumliche Selektion (Raum)«.389 Beispiele im Themenkontext des Zeitalters der Weltkriege werden eine ganze Reihe an Generalisierungen zeigen. Nach Differenzierungen oder gar qualitativen Aussagen über das Leben der Soldaten im Schützengraben des Ersten Weltkriegs sucht man in Geschichtskarten vergebens. Auch genauere Informationen zu den sogenannten »Deportationen« des Holocaust können den Karten infolge der stark generalisierten Darstellung nur bedingt entnommen werden (Kapitel 8 und 9). Geschichtskarten sind aber auch ein gutes Beispiel für Synthetisierungen, denn gerade sie verbinden Raum-, Zeit- und Sachinformationen. Eine Synthetisierung erfolgt im Zusammenfließen von Information an Punkten oder Linien, wie zum Beispiel Städten oder Grenzen, wobei vielfältige Zuordnungen zumeist über Farb- und Zahlensignaturen und entsprechende Hintergrundinformationen im Kartenbild oder etwa der Atlasseite entstehen.
3.3.3. Maßstab/Ausschnitt/Projektion Der historische Raum wird in Geschichtskarten besonders über die Aspekte Maßstab, Ausschnitt und Projektion bestimmt. Problematisch für die Analyse der Perspektive als Teil wichtiger Hintergrundinformation in europäischen Geschichtsatlanten ist deshalb vor allem die Menge an unterschiedlichsten 386 Kohlstock, Peter : Kartographie. Eine Einführung. Paderborn 2004, S. 16. 387 Vgl. Hüttermann, Armin: Kartenlesen, (k)eine Kunst. Einführung in die Didaktik der Schulkartographie. München 1998, S. 22. 388 Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 34. 389 Ogrissek: Die Karte als Hilfsmittel des Historikers, S. 11.
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Welt-, Europa- beziehungsweise sonstigen Ausschnittkarten. Der geometrische Raumbezug beruht bei einer Karte auf ihrer Projektion als einem die Realität verkleinernden Maßstab. In der Regel sind Karten kleiner als das zu visualisierende reale Objekt. Deshalb verrät der Maßstab einer Karte, in welchem Verhältnis zur Wirklichkeit sich die Verkleinerung darstellt. Unabhängig von den Fähigkeiten des Kartennutzers, Entfernungen zu schätzen oder komplizierte Umrechnungen im Kopf auszuführen, stellt die einfache Maßstabsleiste eine Skala mit Entfernungsangaben bereit, die auf den jeweiligen Zweck und Geltungsbereich der Karte abgestimmt ist.390 Nur unter Berücksichtigung des Maßstabs können die historischen Gegebenheiten und Dimensionen der Geschichte, wie zum Beispiel der Zweite Weltkrieg im Pazifik, richtig eingeschätzt werden, denn allein die Wahrnehmung der großen Distanz über die Karte lässt die damit verbundenen Entbehrungen und Schicksale der Kriegshandlungen erahnen. In Verbindung mit dem Maßstab und Kartenausschnitt stehen auch Fragen nach der Kartenprojektion oder vielmehr dem Kartennetzentwurf.391 Die Projektionen von Karten visualisieren »die gekrümmte, dreidimensionale Erdoberfläche auf eine flache, zweidimensionale Ebene […] und können daher den Kartenmaßstab beträchtlich verzerren«. Speziell der Globus gilt »als ein verzerrungsfreies Modell der Erde«, wobei der »Maßstab an allen Punkten und in allen Richtungen« gleich bleibt. Hingegen sind »auf der ebenen Karte manche Entfernungen gedehnt und andere verkürzt, sodass der Maßstab von Ort zu Ort und oft sogar in verschiedene Richtungen variieren kann«.392 Die Kartographie versucht in der Abbildung in der Ebene diesem Problem auf unterschiedliche Art und Weise zu begegnen. Eine geeignete Hilfskonstruktion stellt ein Kegel dar, »der die Kugel in einem Parallelkreis berührt oder in zwei Parallelkreisen schneidet, d. h. Kegelachse und Erdachse fallen zusammen«.393 Aus diesem Gegenstand gehen die Begriffe kegelige oder echte Abbildungen hervor, welche auch »die ›eigentliche‹ Kegelabbildung oder konische Abbildung, sowie ihre Grenzfälle, die Zylinderabbildung und die unmittelbare Darstellung in die Ebene (Azimutalabbildung)«394 einschließen. Besonders Weltkarten sind von dem Problem der kartographischen Wie390 Monmonier : Eins zu einer Million, S. 22. 391 Nach Hake, Grünreich und Meng bilden Kartennetzentwürfe »die Netzlinien und Punkte eines Koordinatensystems von der mathematisch definierten Oberfläche eines Weltkörpers (Urbild) so in die Ebene (Abbild) ab, dass dort eine geeignete geometrische Grundlage […] für kartographische Darstellungen entsteht« vgl. Hake; Grünreich; Meng: Kartographie, S. 53. 392 Monmonier : Eins zur einer Million, S. 22 f. 393 Kohlstock: Kartographie, S. 26. 394 Ebd.
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dergabe der Erdoberfläche in zweidimensionaler Ebene betroffen, aber auch auf die Visualisierung der europäischen oder räumlich begrenzten Perspektive kann sich der Kartennetzentwurf auswirken. Manche Kartenprojektionen eignen sich für die manipulative Darstellung von Größenverhältnissen besonders gut, indem sie kleine Flächen größer und große Gebiete noch riesiger erscheinen lassen. Kein Kartennetzentwurf ist für Suggestion und Propagandazwecke so häufig herangezogen worden wie die im 16. Jahrhundert von dem niederländischen Kartographen Gerhard Mercator entworfene und nach ihm benannte Projektion. Die Mercator-Projektion war aufgrund ihrer Winkeltreue die erste, besonders für die Seefahrt brauchbare, Weltkarte der Neuzeit.395 Ihr Nachteil liegt aber in ihrer Projektionsart der »wachsenden Breiten«, was heißt, dass sie nur in der Nähe des Äquators die Flächentreue der Länder gewährleistet, mit zunehmenden Breitengraden jedoch die Länder erheblich größer darstellt als sie in Wirklichkeit sind. Mercator rückte auf diese Weise Europa ins Zentrum seines Kartenbildes und trug damit zumindest »kartographisch« zur eurozentrischen Sichtweise auf die Welt bei. Neben ihrem technischen Nutzen gewann die Mercatorprojektion allerdings immer wieder auch für politische Propagandazwecke Bedeutung, zum Beispiel, um die kommunistische Gefahr aus dem Osten in Karten des »Kalten Krieges« zu übertreiben. Weltkarten, die die Länder und Kontinente in einem realistischen Größenverhältnis zueinander zeigten, gab es immer wieder. Diese Entwürfe waren aber oft nur flächentreu und entsprachen nicht der geographischen Lage. 1974 nahm der deutsche Historiker Arno Peters die Kritik an der europazentrierten und politisch im Zuge der Dekolonisation der Dritten Welt äußerst umstrittenen Mercator-Karte zum Anlass, seine eigene lage- und flächentreue Weltkarte vorzustellen.396 Aus der Diskussion um das »richtige« Bild der Erde resultierte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Überdenken der Weltkartendarstellung, was zahlreiche Anstrengungen zur Anfertigung einer politisch korrekten Weltkarte dokumentieren.397 So findet man beispielsweise ein Umdenken in der McArthur-Weltkarte (1979), einer sogenannten Upside-Down-Karte, in der die Welt auf dem Kopf steht und der Kontinent Australien auf der Südhalbkugel das Zentrum einnimmt.398 Die Vorstellung von Projektionsformen soll auf die Möglichkeiten in der Abbildung der Weltkriege im Atlas einstimmen, denn Geschichtskarten geben mit der Verwendung eines Netzentwurfs immer auch eine bestimmte Perspektive der Kartenmacher wieder. Die Frage nach verwendeten Kartennetzent395 396 397 398
Vgl. Kohlstock: Kartographie, S. 30. Vgl. Monmonier : Eins zu einer Million, S. 135; Black: Maps and History, S. 199. Vgl. Wood; Kaiser ; Abramms: Seeing through maps, S. 55. Vgl. Wood: Die Macht der Karten, S. 71.
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würfen ist daher nicht einfach und schon gar nicht nach simplem Augenschein zu beantworten. Verlässliche Zuordnungen ließen sich nur durch Kartometrie, also Ausmessen, bestimmen. Wirklich zuverlässige Angaben erhält man nur durch zugehörige Verlagsunterlagen zum Redaktionsprozess. Eine Projektion selbst zu rechnen, ist für ein Verlagsprodukt in der Regel viel zu aufwendig, weshalb die Redaktion im Herstellungsprozess aus Kostengründen häufig lieber auf Standards zurückgreift beziehungsweise Entwürfe immer wieder nachnutzt. In Atlanten wird zum Beispiel für thematische Weltkarten bevorzugt auf die Planisphäre nach Oskar Winkel (1874 – 1953) zurückgegriffen. Seine sogenannte Winkel-Tripel-Projektion ist ein im Jahr 1921 publizierter Kartennetzentwurf für die gesamte Erdoberfläche, der einen Kompromiss zwischen Flächen- und Winkeltreue darstellt und aus diesem Grund zu den am meisten verwendeten Weltkartenprojektionen gehört.399 In guten Atlasprodukten sollten die verwendeten Projektionen vermerkt sein. Eine Überprüfung des gesamten Samples ergab allerdings, dass Hinweise dieser Art in Geschichtsatlanten eher unüblich sind. Die kursorische Durchsicht belegte Winkel-Projektionen für Weltkarten in einer Vielzahl von untersuchten Atlanten, Ausnahmen bildeten Frankreich, Norwegen und Schweden, Polen, Russland, aber auch Großbritannien. Hier fanden sich zudem auch MercatorNetzentwürfe sowie flächentreue Abbildungen wie etwa Mollweide-Projektionen oder in Anlehnung an die Arbeiten Arno Peters modifizierte Gall-Projektionen. Eine große Ausnahme im Umgang mit Kartennetzentwürfen stellt in diesem Zusammenhang der britische »Atlas of modern world history«400 von Derek Heater und Haydn Middleton dar, denn dieser nennt für die verwendeten Geschichtskarten jeweils die Projektionsform und nimmt somit direkt auf bestimmte Ansichten und Sachverhalte der Raumdimensionierung unter Berücksichtigung der Kartenmethodik Bezug. In Verbindung mit dem Element der Projektion beeinflusst die Wahl des Kartenausschnitts die Betrachtung von Karten, da es genauso möglich ist, durch Manipulation etwa in Begrenzung des Blickwinkels die Wirklichkeit zu verzerren. Hier wird wiederum deutlich, dass die Konzipierung eines Atlas hochgradig von der Perspektive des Autors abhängig ist. Gerade die Anhäufung nationaler Perspektivierungen in einigen Geschichtsatlanten mittels Inselkarten geben oft nur einen Einblick auf die eigene Vergangenheit wieder, das Schicksal der »Anderen« bleibt häufig unerwähnt.401 Kartennetzentwurf, Kartenausschnitt und Maßstab tragen somit ent-
399 Vgl. Wood; Kaiser ; Abramms: Seeing through maps, S. 57 f. 400 Heater, Derek; Middleton, Haydn (Hrsg.): Atlas of modern world history. Oxford Univ. Press, Oxford 1991. 401 So findet sich in einer Vielzahl von osteuropäischen Geschichtsatlanten die massive Ansammlung von Nationalkarten als Inselkarten (siehe Statistik Kapitel 4). Vor diesem Hin-
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Die Visualisierung von Geschichte in Karten
scheidend zum Erscheinungsbild der Geschichtskarte bei und prägen den Blick auf die räumliche Dimension von Geschichte.
3.3.4. Farbgebung Farben sind seit jeher ein wichtiges, fast unentbehrliches Darstellungsmittel der Kartographie. Im Gegensatz zu einer rein dekorativen Farbgebung in Mittelalter und Früher Neuzeit werden auf heutigen wissenschaftsorientierten Karten alle Farben informativ verwendet. Die Wahl der Kartenfarben erfolgt nach konventionellen, farbpsychologischen und ästhetischen Aspekten.402 Mit Bedeutung aufgeladene Farben steigern die Identifizierbarkeit von Kartenelementen, etwa in der Kenntlichmachung verschiedener Staaten auf politischen Karten.403 Speziell Farben sind in der Lage eine »irrationale, emotionale Wirkung« hervorzurufen, die ein anderes Bild und einen anderen Gesamteindruck von der Flächengröße, »der flächenbesitzenden Kraft« der visualisierten territorialen Fläche erzeugt. Autoren von Karten nehmen auf diese Weise dort Einfluss, wo »mittels Farbe Aufmerksamkeit erregt werden soll«, wo sie das Interesse des Kartenlesers konzentrieren und wo sie es vermindern möchten.404 Eindeutige kräftige Farben und durchgezogene Linien erschaffen beispielsweise in Karten das Bild geschlossener territorialer Einheiten »ungeteilter Souveränität und fester, nach außen abgegrenzter Staatlichkeit«.405 Jeremy Black untersuchte unterschiedliche internationale Atlasproduktionen nach 1945 und erkannte in der Vorgehensweise der Kartengestaltung immer wiederkehrende Muster. Kräftige Farben repräsentieren territoriale Geschlossenheit, schwache markieren dagegen etwa unsichere Grenzen oder unklare Sachverhalte, so Black.406 Die Farbgebung von Geschichtskarten ist offensichtlich eines der auffälligsten und zugleich problematischsten Gestaltungsmerkmale. Farben besitzen große Affinität zu den realen Objekten oder zu farbpsychologischen Empfindungen.407 Die Sozialwissenschaftlerin Eva Heller hielt bereits Ende der 1980er-Jahre in einer umfassenden Studie zur allgemeinen Farbwahrnehmung fest, dass Farben
402 403 404 405 406 407
tergrund zeigen Inselkarten zumeist nur das »eigene« Territorium ohne jeweilige Umgebung bzw. Nachbarn. Vgl. Schmauks: Landkarten als synoptisches Medium, S. 13; Böttcher : Theoretische und praktische Aspekte zur Schulkartographie, S. 56. Vgl. Black: Maps and History, S. 218. Vgl. Kem¦nyfi, Rûbert: Karten machen – Macht der Farben. Zur Frage der Visualisierung des ungarischen nationalen Raumes, in: Tzschaschel (Hrsg.): Visualisierung des Raumes, S. 58. Vgl. Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 363. Black: Maps and History, S. 220. Vgl. Böttcher : Die Karte, S. 187.
Die Karte als kartographisches Konstrukt: Elemente der Geschichtskarte
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psychologische, symbolische, kulturelle, politische, traditionelle und kreative Wirkungen haben.408 Zur Genese der Wahrnehmung im Schulunterricht stellt Irmgart Hantsche fest, dass bereits jedes Grundschulkind lerne, dass auf physischen Karten die Farbe »grün« für Tiefland, »braun« für Gebirge und »blau« für Gewässer steht.409 Farberfahrungen der physischen Karten zeigen sich auch deutlich am Beispiel von sandgelben Farbtönen für Wüsten. Der Einfluss einer Farbe als Kartensymbol kann aber auch im Gegensatz zu »ihrer Rolle als Landschaftsmetapher« stehen, da die Farbsymbolik in diesem Punkt häufig mehr auf Konvention als auf Wahrnehmung beruht.410 An diesem Punkt nutzen Kartenmacher rein konventionelle und damit auch stark kulturabhängige Farbbedeutungen wie etwa die Verwendung von »Rot« für kommunistische Länder oder das berühmte »Empire-Rot« zur Kennzeichnung des britischen Kolonialreiches auf Karten.411 Farben wurden und werden also oft »als Vehikel zum Transport von Wertorientierungen« gebraucht.412 Erst durch die suggestive Farbgebung in Propagandakarten konnten Karten sogar zielgerichtet als »politische Waffe« eingesetzt werden.413 Im Kontext von Schulkartographie weist Michael Sauer darauf hin, dass die Farbdarstellung auf Geschichtskarten zwar problematisch sei, aber dennoch gerade für die Neuzeit auch bestimmte Leitfäden traditionell verwendet werden. So nutzt beispielsweise der »Putzger : Historischer Weltatlas« »blau« für Preußen-Deutschland, »lila« für Frankreich und »grün« für Russland.414 Hier können insbesondere emotionale Reaktionen der bewussten oder unabsichtlichen Verwendung von Farbe als Mittel der positiven oder negativen Charakterisierung von Merkmalen ausgelöst werden. Über die Auswirkungen subjektiver Reaktionen des Kartenbetrachters auf Farbe ist bisher wenig bekannt.415 Das farbpsychologische Empfinden spielt in dieser Arbeit hauptsächlich in der Gegenüberstellung der Lager der Weltkriege oder in der generellen Abgrenzung oder Zuordnung in landesspezifischen Kontexten eine nicht zu unterschätzende Rolle416, denn Farben erlauben so ganz unterschiedliche Reaktionen hervorzurufen beziehungsweise auf die Kartenaussage einzuwirken.417 408 Heller, Eva: Wie Farben wirken. Farbpsychologie, Farbsymbolik, kreative Farbgestaltung. Reinbek 1989. 409 Hantsche: Geschichtskarten im Unterricht, S. 7. 410 Monmonier : Eins zu einer Million, S. 44, 238. 411 Vgl. Schmauks: Die Landkarte als synoptisches Medium, S. 13. 412 Vgl. Böttcher : Die Karte, S. 188. 413 Schultz: Das Kartenbild als Waffe im Geographieunterricht der Zwischenkriegszeit, S. 20. 414 Sauer : Karten und Kartenarbeit im Geschichtsunterricht, S. 43. 415 Monmonier : Eins zu einer Million, S. 236 f. 416 Heller : Wie Farben wirken. 417 Erwin Riedenauer beschreibt Kartenfarben als »laut«, »störend«, »beißend«, »aggressiv« oder aber auch »wärmend« sowie »beruhigend« etc., vgl. Riedenauer, Erwin: Zur Funktion
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Die Visualisierung von Geschichte in Karten
Sie können so ganz bewusst zum Werkzeug der Kartengestaltung werden. Emotionale oder auch kulturell bedingte Assoziationen haben daher einen enormen Einfluss auf das Kartenlesen.418
3.4. Die Geschichtskarte im Kontext geschichtsdidaktischer Reflexionen Die mediendidaktische Forschung bedarf im Zeichen der zunehmenden Visualisierung von Geschichte einer Ausweitung auf weitere Mediengattungen.419 Im Unterschied zur Fachwissenschaft bezieht die Geschichtsdidaktik die Geschichtskarte zwar in ihr Forschungsfeld mit ein, die Auseinandersetzung erfolgte bisher allerdings nur unterrichtsbezogen und setzte sich nicht systematisch mit der Frage nach Konstruktion, visueller Gestalt und Funktion von Karten auseinander.420 Deshalb sollen Ansätze zur Kategorisierung421 und zum Gebrauch422 von Medien im Wissenserwerb zunächst Hilfestellungen mit Blick auf die Beurteilung der medialen Gestalt von Karten in der Geschichtsvermittlung geben.423 Zum Schluss des Kapitels wird auf die Besonderheit der Gestalt von Geschichtskarten in Anlehnung an J. T. Mitchells Theorie vom »Medienmix«424 sowie im Kontext der Schulbuchforschung auf die vielfältigen Möglichkeiten der Kombinationen und Bezüge etwa zwischen textuellen und grafischen Elementen in Lehrmitteln verwiesen.425
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der Farbe in der historischen Karte, in: Zeitschrift für Bayrische Landesgeschichte 40 (1977), S. 924 f. Monmonier : Eins zu einer Million, S. 236. Vgl. Oswalt, Vadim: Geschichtsdidaktische Forschung, in: Mayer, Ulrich; Pandel, HansJürgen; Schneider, Gerhard; Schönemann, Bernd (Hrsg.): Wörterbuch Geschichtsdidaktik. Schwalbach/Ts. 2006, S. 84 f. Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird; Schwalm: Zur Verwendung der Geschichtskarte im Unterricht; Quirin: Vom Wesen der Geschichtskarte. Vgl. Handro; Schönemann (Hrsg.): Visualität und Geschichte; Heinze (Hrsg.): Das Bild im Schulbuch; Pettersson: Bilder in Lehrmitteln sowie Grafe; Hinrichs: Visuelle Quellen und Darstellungen; Hantsche: Karten im Schulgeschichtsbuch. Vgl. Pandel; Schneider (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Raisch: Die Karte – ein vernachlässigtes Medium der Geschichtsdidaktik; Mayer: Umgang mit Geschichtskarten; Hantsche: Karten im Schulgeschichtsbuch; Hantsche: Geschichtskarten im Unterricht; Böttcher : Die Karte; Sauer : Karten und Kartenarbeit. »All media are always and already mixed media«, vgl. Mitchell, William J.T.: There are no visual media, in: Grau, Oliver (Hrsg.): MediaArtHistories. Cambridge 2007, S. 398. Vgl. Leeuwen: The Schoolbook as a Multimodal Text, S. 35 – 58; Kühberger : Multimodale Narration, S. 43 – 55; Stöckl, Hartmut: Die Sprache im Bild, das Bild in der Sprache: zur Verknüpfung von Sprache und Bild im massenmedialen Text. Konzepte, Theorien, Analysemethoden. Berlin 2004.
Die Geschichtskarte im Kontext geschichtsdidaktischer Reflexionen
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3.4.1. Die (Geschichts-)karte als Medium des Unterrichts »Die Karte soll bildhaft machen!« Mit dieser Bemerkung umschrieb Eberhard Schwalm bereits in den 1960er-Jahren die Aufgabe der Geschichtskarte im Unterricht, die als anschauliches Hilfsmittel ein »geschichtliches Thema« mit »bekannten Dingen aus der Erdkunde« verknüpfen solle.426 Karten erscheinen im Rahmen der schulischen Wissensvermittlung unter dem Dach der Medien. Dass gerade visuelle Medien im Geschichtsunterricht sehr beliebt sind, lässt sich nicht nur bei Lernenden, sondern auch bei Lehrenden feststellen.427 Der Begriff »Medium« als Bezeichnung für gegenständliche Transformatoren von Informationen taucht in den deutschsprachigen Fachdidaktiken erstmals Ende der 1950er-Jahre auf, um sich im schulischen Kontext mit dem Phänomen der Massenmedien auseinanderzusetzen.428 Medien sind heutzutage fester Bestandteil der Geschichtsdidaktik und gehören zum Bereich der Methodik historischen Lernens. Aus didaktischer Sicht werden Karten häufig als visuelle Medien bezeichnet. Eine Systematisierung der visuellen Medien unterscheidet dabei in der praktischen Anwendung zwischen bildlichen Quellen und bildlichen Darstellungen, die im Geschichtsunterricht Verwendung finden.429 Bildmedien haben somit eine doppelte Funktion, was sich sowohl in der »Konstruktion von Gegenwart« als auch in der »Formatierung von Geschichte« äußert.430 Folgt man der Einteilung in Darstellungen und Quellen, so führt dies zu einem wichtigen Gesichtspunkt im Umgang mit dem Medium Karte, denn die Differenzierung weist auf den oft missverstandenen Unterschied zwischen »Geschichtskarten als Medien zur Geschichte« und »Historische[n] Karten als Quellen aus der Geschichte« hin.431 Insgesamt übernehmen grafische und visuelle Medien beim Wissenserwerb eine Vielzahl von Aufgaben, zum Beispiel dienen sie einem affektiven, motivationalen oder kognitiven Zweck und besitzen zudem Ersatz-, Aktivierungs- und 426 Schwalm: Zur Verwendung der Geschichtskarte im Unterricht, S. 343. 427 Vgl. u. a. die Beiträge in: Pandel; Schneider (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht; Popp, Susanne; Sauer, Michael; Alavi, Bettina; Demantowsky, Marko; Paul, Gerhard (Hrsg.): Zeitgeschichte – Medien – historische Bildung, Göttingen 2010 sowie Hantsche: Karten im Schulgeschichtsbuch, S. 384. 428 Pandel, Hans-Jürgen: Medien, in: Mayer; Pandel; Schneider ; Schönemann (Hrsg.): Wörterbuch Geschichtsdidaktik, S. 135. 429 Vgl. Grafe; Hinrichs: Visuelle Quellen und Darstellungen, S. 94. 430 Paul, Gerhard: Die (Zeit-) Historiker und die Bilder. Plädoyer für eine Visual History, in: Handro; Schönemann (Hrsg.): Visualität und Geschichte, S. 20. 431 Vgl. Böttcher : Karte, S. 113 f.; Sauer : Geschichte unterrichten, S. 204; Böttcher : Theoretische und praktische Aspekte zur Schulgeschichtskartographie, S. 47.
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Konstruktionsfunktionen im Feld des Geschichtsunterrichts. Völlig unabhängig von ihrer unterstützenden Aufgabe im historischen Lernen ist es allerdings umso wichtiger, dass Schüler Fähigkeiten erwerben, die es ihnen ermöglichen, Medien richtig zu »lesen« beziehungsweise mediale Kodierungen richtig zu entschlüsseln.432 Der Erwerb von Kompetenz umfasst, neben den allgemein notwendigen Voraussetzungen zum Verstehen von Unterrichtsmedien, vor allem auch die Fähigkeit, historische Methoden der Erschließung und Interpretation gezielt zu nutzen.433 Speziell im Umgang mit Geschichtskarten spricht man daher vom Erwerb einer Kartenkompetenz.434 Genaue Kenntnisse zu Hintergründen (Kartenarbeit) und instruktionalen Rahmungen (Curricula) sind europaweit hingegen nur schwer auszumachen. Der Blick auf verschiedene Nutzungskontexte stellt daher besonders in Kapitel vier einen wichtigen Schritt hinsichtlich der Verwendung von Karten und Atlanten in Europa dar. Der Gebrauch von Karten als Unterrichtsmedien besitzt im transnationalen Vergleich möglicherweise vollkommen verschiedene Ein- und Anbindungen. Alles in allem spielen Geschichtskarten im Unterricht neben dem Atlas vor allem in Schulbüchern, auf Wandkarten, in Folienordnern, in Lernprogrammen oder als digitale Karten für »White Boards«, in Computerprogrammen respektive Anwendungen im Internet eine Rolle.435
3.4.2. Die Geschichtskarte und Multimodalität In Anlehnung an die Theorien J. T. Mitchells erinnert die Gestalt der Geschichtskarte an einen »Medienmix«, denn aus der Vielzahl von Kommunikationskanälen entsteht eine Botschaft.436 Die Entschlüsselung der vielschichtigen Gestalt der Geschichtskarte sowie der damit verbundene Wissenstransfer verlangen daher ein breites Instrumentarium. Bei der Suche nach Erschließungsansätzen interessieren deshalb neben dem Feld der Geschichtsdidaktik auch sprach- und kommunikationswissenschaftliche Gesichtspunkte. In diesem Zu432 Grafe; Hinrichs: Visuelle Quellen und Darstellungen sowie Pettersson: Bilder in Lehrmitteln. 433 Vgl. zur Medienkompetenz Verband der Geschichtslehrer Deutschlands (Hrsg.): Bildungsstandards Geschichte. Rahmenmodell Gymnasium 5 – 10. Jahrgangsstufe. Schwalbach/Ts. 2007. 434 Böttcher : Umgang mit Karten; Sauer, Michael: Zur »Kartenkompetenz« von Schülern. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 61 (2010) 4, S. 234 – 248. 435 Sauer : Geschichte unterrichten, S. 206; Oswalt, Vadim: Neue Medien als Herausforderung an den Geschichtsunterricht, in: B. MV NS RP. Landesverbände BW (Hrsg.): Neue Perspektiven des Geschichtsunterrichts. Schwalbach/Ts. 2003, S. 23 – 33. 436 Vgl. Mitchell: There are no visual media, S. 395 – 406.
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sammenhang sind insbesondere linguistische Theorien der Multimodalität437, die mittlerweile auch in die didaktische Forschung eingehen,438 für die Auseinandersetzung mit den Potenzialen von kartographischen Darstellungen sowie ikonographischen Deutungen des Bildes439 von großem Nutzen. Letztere finden auch in schulischen Kontexten bereits Anwendung.440 Mit Bezug auf die genannten Ansätze lassen sich Wechselbeziehungen beispielsweise in der Nutzung verschiedener symbolhafter Signaturen in der Raumdarstellung des Holocaust durch die Lokalisierung von Visualisierungsmustern auf der Mikro-Ebene (Karte) entschlüsseln, die als einzelne Sinneinheiten innerhalb einer Karte historische Ereignisse und Abläufe darstellen (Kapitel 8). Genauso erscheinen auch auf der Makro-Ebene (Atlas) von Atlasseite oder -kapitel zum Beispiel über Plotstrukturen von Einzelabschnitten mediale Korrelationen, die Einfluss auf den Prozess der Wissensgenerierung besitzen. So wird die Zwischenkriegszeit beziehungsweise die Zeit der Weltkriege in Atlanten zumeist durch eine Vielzahl von Geschichtskarten (Ausschnitt/Gegenstand) gestaltet, die in der Gesamtbetrachtung der Epoche alle aufeinander Bezug nehmen (Kapitel 6). Des Weiteren ermöglichen ebenso Untersuchungen zur Kombination von textuellen und grafischen Elementen Hinweise auf in Karten und Atlanten kommunizierte Botschaften und Geschichtsbilder sowie die Persistenz von Visualisierungen, die möglicherweise auf Korrelationen zwischen Identitäten, Diskursen und den kartographischen Darstellungen verweisen (Kapitel 8 – 10).441 Der Blick auf die Gesamtheit der Medienauswahl und -anordnung ist wichtig, weil verschiedene Bezüge zwischen unterschiedlichen Medien und Zeichensystemen eine sinnstiftende Funktion aufweisen. Dementsprechend hat auch der 437 Vgl. Kress, Gunther R.; Leeuwen, Theo van: Multimodal discourse. The modes and media of contemporary communication. London 2001; Bucher, Hans-Jürgen: Multimodales Verstehen oder Rezeption als Interaktion. Theoretische und empirische Grundlagen einer systematischen Analyse der Multimodalität, in: Diekmannshenke, Hajo; Klemm, Michael; Stöckl, Hartmut (Hrsg.): Bildlinguistik. Theorien – Methoden – Fallbeispiele. Berlin 2003, S. 123 – 156; Bucher, Hans-Jürgen: Multimodalität – eine Universalie des Medienwandels. Problemstellungen und Theorien der Multimodalitätsforschung, in: Bucher, Hans-Jürgen; Gloning, Thomas; Lehnen, Katrin (Hrsg.): Neue Medien – neue Formate – Ausdifferenzierung und Konvergenz in der Medienkommunikation. Frankfurt/Main 2010, S. 41 – 79. 438 Kühberger : Multimodale Narration; Pandel: Was macht ein Schulbuch zu einem Geschichtsbuch. 439 Bredekamp; Fischel; Schneider : Bildwelten des Wissens; Abel: Zeichen- und Bildinterpretation; vgl. auch Panofsky, Erwin: Ikonographie und Ikonologie. Köln 2006. 440 Pandel: Bildinterpretation; Handro; Schönemann (Hrsg.): Visualität und Geschichte. Weidenmann: Multicodierung und Multimodalität im Lernprozess. 441 Besonders wichtig erscheinen als Bausteine im Atlas, neben den seriellen Beziehungen der Geschichtskarten untereinander, vor allem Altkarten, Bildquellen, Verfasser- und Autorentexte, Fremdtexte, Statistiken und Arbeitsanweisungen.
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»rhetorische Code« der Geschichtskarte Relevanz, denn ihr Nutzungskontext ist immer durch intrasignifikante und extrasignifikante Verweise gekennzeichnet.442 In der Betrachtung sogenannter »modaler« Beziehungen, in denen Geschichtskarten auftauchen, besitzen demzufolge zwei Aspekte besondere Bedeutung: einerseits interessiert die Binnenstruktur des Mediums selbst, andererseits erscheint der Gegenstand Karte im medialen Zusammenhang von zum Beispiel Atlas, Schulbuch oder Computerprogramm. In aktuellen Diskussionen zur Kommunikation von Medien steht der Begriff der »Multimodalität« im Mittelpunkt. Der Geschichtswissenschaftler Christoph Kühberger sieht in der Kohäsion des Schulbuchs eine »visuelle Organisation und Gestaltung der unterschiedlichsten Bausteine einer multimodalen Narration«.443 Der Linguist Theo van Leeuwen erkennt ebenfalls eine »multimodale Sinnstruktur«444 in jedem Schulbuch, bei der die Bedeutung erst durch die implizit oder explizit hergestellten Referenzen zwischen den einzelnen Elementen konstituiert wird. Mit der Differenzierung der Textsorten im Schulbuch und der zunehmenden Verwendung von Bildern stellt sich das Problem des didaktischen Arrangements der einzelnen Elemente. In der Kombination ergeben sich Möglichkeiten, wechselseitige Bezüge herzustellen, es entstehen so aber auch ungewollte Zusammenhänge, auf die die Bücher verweisen.445 Die französischen Geschichtswissenschaftler Maria Repoussi und Nicole Tutiaux-Guillon sehen schließlich in der Gesamtheit der Kommunikation von Lehrmitteln mit dem Rezipienten die Überführung sämtlicher Informationen über Schrift und Bilder in einen multimodalen Text. Repoussi und TutiauxGuillon erklären, dass insbesondere visuellen Medien im Verbund mit Text einen neuen (multimodalen) Inhalt schaffen.446 Daneben besitzen Hans-Jürgen Pandels Untersuchungen zum Aspekt der »Erzählung« im Schulbuch Relevanz, wobei speziell textlinguistische Ansätze der Intertextualität und Kohärenz einzelner Elemente des Lehrmittels in den Fokus rücken. Der Begriff Intertextualität meint für Pandel dabei nicht nur TextText-, sondern auch Text-Bild-Beziehungen, die im Konzept der Kohärenz in der besonderen »Verknüpfung von Textelementen über die Semantik zu einem narrativen Zusammenhang« erscheinen.447 Pandel erklärt, dass die einzelnen sprachlichen Mittel in einem Zusammenhang stehen müssen, um eine »historische Erzählung« zu ergeben. Der Begriff der Kohärenz bezieht sich dabei auf 442 443 444 445
Vgl. Wood: Power of Maps, S. 116. Kühberger : Multimodale Narration, S. 45. Leeuwen: The Schoolbook as a Multimodal Text, S. 35 – 58. Vgl. Heinze, Carsten: Das Bild im Schulbuch. Zur Einführung, in: Heinze (Hrsg.): Das Bild im Schulbuch, S. 10. 446 Repoussi; Tutiaux-Guillon: New trends in history textbook research, S. 154 – 170. 447 Pandel: Was macht ein Schulbuch zu einem Geschichtsbuch, S. 16.
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die inhaltliche Konzeption eines Textes und die Entfaltung seines Themas. Ähnliche Zusammenhänge einer Kodierung ergeben sich auch für die Binnenstruktur der Karte. Über die Herausarbeitung von Mustern in der Kartenanalyse können möglicherweise Erkenntnisse im Bezug auf Intertextualität und Narrativität in Geschichtskarten und -atlanten ermittelt werden.448 Zieht man hier die moderne Kommunikationswissenschaft zu Rate, so weitet sich der Begriff »Multimodalität« sogar noch weiter aus. Dem Medienwissenschaftler Hans-Jürgen Bucher zufolge sind neben Bild und Text, auch Design, Typographie, Farben, Grafiken, Piktogramme oder operationale Zeichen in Mischformen der verschiedensten Kommunikationsmodi und Kanäle als multimodale Kommunikationsformen zu bezeichnen.449 Mit der Auffassung »all texts are multimodal«450 gehen die Linguisten Gunther Kress und Theo van Leeuwen noch einen Schritt weiter. Sie verstehen »Multimodalität« beziehungsweise »multimodale Texte« als eine Kombination unterschiedlicher Zeichenmodalitäten (Bild, Sprache, Ton), die gemäß ihrer semiotischen Ressourcen (zum Beispiel Farbgebung, Semantik, Geräusche) als ganzheitliche Kommunikate zum Einsatz kommen und als solche auch in der Analyse zu behandeln sind. Kress und Van Leeuwen definieren demnach »Multimodalität« als »the use of several semiotic modes in the design of a semiotic product or event, together with the particular way in which these modes are combined – they may for instance reinforce each other«.451 In Betrachtung der medialen Gestalt der Geschichtskarte ist es daher zunächst hilfreich, diese nicht als Text zu definieren, denn das Raummedium besitzt neben textuellen Elementen auch grafische Visualisierungen.452 Für die nähere Untersuchung der Binnenstruktur der Geschichtskarte bieten sich besonders Theorien zur Betrachtung ihrer semiotischen Struktur an, die in der Lage sind, unterschiedliche Ausprägungen der Auswahl an Zeichen verschiedener Codes möglichst gleichartig und integrativ zu behandeln.453 Die Botschaft der Karte setzt sich demzufolge aus einem breiten Repertoire an Buchstaben-
448 Vgl. Rüsen: Historische Sinnbildung durch Erzählen; White: Das Problem der Erzählung in der modernen Geschichtstheorie. 449 Vgl. Bucher : Multimodales Verstehen oder Rezeption als Interaktion, S. 123; Bucher : Multimodalität – eine Universalie des Medienwandels, S. 41 – 79. 450 Kress, Gunther ; Leeuwen, Theo van: Front Pages. The Critical Analysis of Newspaper Layout, in: Bell, Allan; Garrett, Peter (Hrsg.): Approaches to media discourse. Oxford 1998, S. 187. 451 Kress; Leeuwen: Multimodal discourse, S. 20. 452 Vgl. Schmauks: Die Karte als synoptisches Medium, S. 11. 453 Vgl. Fix, Ulla: Zugänge zu Stil als semiotisch komplexer Einheit. Thesen, Erläuterungen und Beispiele, in: Jakobs, Eva-Maria; Rothkegel, Annely (Hrsg.): Perspektiven auf Stil. Tübingen 2001, S. 115.
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und Ziffernsignaturen, Beschriftungen etc. sowie verschiedene Zeichentypen, Icons, Piktogrammen etc. zusammen. Für das Verständnis des Zusammenspiels von textuellen und grafischen Elementen sind gleichwohl die textlinguistischen Studien des Linguisten Hartmut Stöckel zu Bild und Sprache im multimodalen Text und visueller Kommunikation wichtig.454 Im Hinblick auf die Relationen von Modalitäten in der visuellen Rezeption lokalisiert Stöckl Sprache-Bild-Texte in inhaltlicher als auch in gestalterischer Hinsicht.455 Materielle Bilder werden demnach mit sprachlichen Texten – verbunden über die Integration ihrer verschiedenen kommunikativen Zeichensysteme – zu einem formalen System der Kommunikation vereinigt. Das gelinge nur über die Erkenntnis, so Stöckel, dass materielle (oder visuelle) Bilder zwangsläufig mentale (oder innere) Bilder und sprachliche Bilder nach sich ziehen oder vielmehr voraussetzen.456 Demnach sind Geschichtskarten multimodal, das heißt, sie entstehen im komplexen Zusammenspiel mehrerer Zeichenmodalitäten (Schrift, Farbe, Bild, Typographie/Layout etc.) und ihrer gestalterischen Ressourcen. Methodisch notwendig ist daher eine Betrachtung der Gesamterscheinung des Kartenbildes und ihrer multisemiotischen Strukturen. Die Frage, wie im Miteinander der Zeichensysteme ein kohärentes Ganzes entsteht und wie Brücken und Schaltstellen zwischen den »Einzelelementen« erschaffen werden, steht dabei im Vordergrund, »Kohärenz« ist das zentrale Thema. Die Bezüge innerhalb der Binnenstruktur stellen einen unerlässlichen Schwerpunkt in der Kommunikation des Mediums dar, welche nur über das mediale Zusammenspiel aller Kartenelemente als Gesamtaussage herausgearbeitet werden können. Die Verknüpfungen, die zwischen den einzelnen Kartenelementen bestehen, werden somit über die Analyse von Aspekten der Intertextualität beziehungsweise Multimodalität erschlossen (Kapitel 8 – 10).
454 Vgl. Stöckl: Die Sprache im Bild, das Bild in der Sprache, S. 20. 455 Ebd.: S. 21. 456 Ebd.: S. 45.
4.
Geschichtsatlanten im europäischen Vergleich
Das Fundament für die bereits eingeführte »Dekonstruktion« kartographischer Objekte bilden Erkenntnisse zur gesellschaftlichen Konstituierung von Wissen und Macht als soziales Phänomen.457 Die Gedanken der kritischen Kartentheorie lassen sich gezielt auf Geschichtskarten und Geschichtsatlanten übertragen, denn sie geben bei genauer Betrachtung Aufklärung über sozio-kulturelle Hintergründe und Entstehungszusammenhänge in der Spiegelung von Identitäten, Weltbildern, Hierarchien oder speziellen Zuschreibungen.458 Einflussfaktoren auf die Konzeption und Produktion der europäischen Geschichtsatlanten werden im ersten Teil des Kapitels behandelt. Dabei nimmt die Untersuchung instruktionale Kontexte wie Zulassungsverfahren, Bildungspläne oder Curricula in den Blick und versucht durch die Prüfung kultureller Hintergründe und Nutzungsaspekte, wie zum Beispiel der Einfluss von Erinnerungs- und Geschichtspolitik, von Verlags- und Marktinteressen sowie von Hinweisen zum Gebrauch im Unterricht, weitere Einzelheiten im Spannungsfeld der Entstehung und Nutzung von Karten und Atlanten auszuloten. Darüber hinaus ist ebenso das Medium selbst von Bedeutung, sodass sich die Auswahl von europäischen Geschichtsatlanten einer umfassenden Sichtung bezüglich besonderer Merkmale, Gemeinsamkeiten und Unterschiede unterzieht. Im zweiten Teil des Kapitels erfolgen grundsätzliche Einschätzungen und Beurteilungen zur aktuellen Landschaft von Geschichtsatlanten in Europa. Aspekte der Zielgruppen von Kartenwerken stehen in diesem Zusammenhang genauso im Fokus wie Gesichtspunkte zur Klassifikation von Raumbezug und Inhaltsgliederung. Abschließend beleuchtet ein Abschnitt zur medialen Gestalt von Geschichtsatlanten den Gegenstand der Medienkombination hinsichtlich der Potenziale der Darstellung von Geschichte im Atlas (Karte, Text, Bild etc.). Schon im Abstecken des Radius der Kontextanalyse ist ersichtlich, dass die 457 Vgl. Harley : Deconstructing the map; Wood: Maps and Power ; Monmonier: Eins zu einer Million, vgl. auch Berger ; Luckmann: The Social Construction of Reality. 458 Vgl. Harley, John Brian: Maps and the Columbian Encounter. Milwaukee 1990, S. XII.
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Geschichtsatlanten im europäischen Vergleich
Erhebung relevanter Hintergründe und Einflüsse auf die Produktion von Geschichtsatlanten nur exemplarisch geschehen kann. Eine Eingrenzung der Erfassung von Informationen zur Gestaltungs- und Entstehungs- sowie Nutzungsgeschichte der Veröffentlichungen aller europäischen Länder erscheint daher nötig.459 Aber auch bei der Entschlüsselung des Mediums selbst sind vielfältige Charakteristika und Besonderheiten zu beachten. In Anbetracht der Vielfalt europäischer Geschichtsatlanten fallen in diesem Zusammenhang besonders die inneren Merkmale wie Strukturierung und Gliederung, die Vielschichtigkeit der Kartenbilder und ihre mediale Einbettung in Atlasseiten und -kapitel auf. Das hat zum einen mit der Komplexität der enthaltenen Geschichtskarten zu tun, die sich deutlich von den zielgerichteten Kartenvisualisierungen in Schulbüchern unterscheiden, zum anderen stehen Geschichtskarten in Atlasproduktionen meist nicht allein, sondern sind in Kontexte von Bildern, Texten und Statistiken usw. eingebettet.460
4.1. Einflussfaktoren auf die Entstehung von Geschichtsatlanten in Europa Die Konzeption und Produktion von Geschichtsatlanten ist in den einzelnen europäischen Staaten einer Vielzahl von Einflussfaktoren unterworfen, die nicht nur von Land zu Land, sondern oftmals auch von Produktion zu Produktion individuell variieren. Für jedes Land oder jede Produktion die genauen Hintergründe darzustellen, wäre kaum möglich und würde den Rahmen der Studie sprengen. Deshalb beschränkt sich die Untersuchung auf ausgesuchte Länderbeispiele, die repräsentativ für die Entstehung sowie die Nutzung von Atlasveröffentlichungen in Europa sind.
4.1.1. Die Bedeutung von Zulassungsverfahren, Lehrplänen und Geschichtspolitik Zu den wichtigsten greifbaren Informationen zählen unter anderem Vorgaben, die in Form von Zulassungsverfahren oder bildungspolitischen beziehungsweise curricularen Instruktionen auftauchen. Daneben müssen Faktoren wie Erinnerungs- und Geschichtspolitik als Ein459 Vgl. Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder, S. 64. 460 Vgl. Hantsche: Karten im Schulgeschichtsbuch; Sauer : Karten und Kartenarbeit im Geschichtsunterricht; Leeuwen: The Schoolbook as a Multimodal Text.
Einflussfaktoren auf die Entstehung von Geschichtsatlanten in Europa
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flüsse auf Atlasproduktionen einzelner Länder in die Analyse einbezogen werden (Praktiken, Diskurse, politische Initiativen etc.). Darüber hinaus interessieren insbesondere Aspekte zu transnationalen Nutzungskontexten sowie zum Entwurf und zur Herstelllung von Geschichtskarten und Geschichtsatlanten. Eindeutige Belege für den Einfluss von Politik auf die Entstehung von Atlanten kann die Arbeit indes nur bedingt liefern. Sie sind im Einzelnen schwer nachweisbar, da direkte Bezüge auf geschichtspolitisch motivierte Vorgaben, implizite Deutungsmuster, Darstellungskonventionen oder Zwänge, die etwa auch aus Verlagsstrategien erwachsen, in den meisten Fällen nachträglich kaum dokumentiert werden können.461 Anhaltspunkte ergeben sich hier aus erinnerungskulturellen Zusammenhängen, Initiativen allgemeiner Vergangenheitsbewältigung oder aus Verbindungen im geschichtskulturellen Raum. Das Konzept der »Erinnerungskultur« besitzt demzufolge für das Verständnis des Einfließens von Vergangenheit in historiographische Publikationen große Relevanz, ist aber im transnationalen Vergleich für den Großteil der Produktionen ebenso wenig genau bestimmbar wie nachzuvollziehen.462 Exemplarische Erhebungen helfen hier weiter. Da in der Geschichtskarte nichts begründet werden muss, ist eine Ableitung einzelner geschichtskultureller Bezüge vor allem dort möglich, wo sich Atlanten direkt auf curriculare Vorgaben beziehen.463 Normative Instruktionen staatlicher Institutionen schaffen Klarheit über unterschiedliche Einflüsse auf Produktion, Umgang und Einsatz der Geschichtsatlanten. Staatliche Genehmigungsverfahren/Lehrmittelzulassung Administrative Zulassungsverfahren für Lehrmittel sind in den Ländern Europas kein Standard. Betrachtet man allein den deutschen Hintergrund, so wäre es einfach, vom Bildungsmedium Geschichtsatlas auf eine offiziell anerkannte Wahrnehmung von Geschichte zu schließen. Die Annahme eines bestehenden homogenen Wechselverhältnisses zwischen Staat und Schulbuch ist allerdings in den meisten Ländern nur bedingt zutreffend. So werden in Polen, wo der Geschichtsunterricht ab der fünften Klasse obligatorisch erteilt wird,464 ausschließlich Lehrmittel zugelassen, wenn sie mit der 461 Vgl. u. a. Black: Mapping the Past; Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird. 462 Vgl. Erll: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen; Demantowsky : Geschichtskultur und Erinnerungskultur – zwei Konzeptionen des einen Gegenstandes; Oswalt: Historisches Lernen zwischen Heterogenität und Standardisierung, S. 173 f. 463 Vgl. Schönemann: Geschichtskultur als Wiederholungsstruktur ; Pandel: Geschichtsunterricht nach PISA; Pandel: Geschichtskultur als Aufgabe der Geschichtsdidaktik; Rüsen: Was ist Geschichtskultur. 464 Die im Jahr 2002 in Polen durchgeführte Schulreform brachte im Bereich der Bildung neue Lehrprogramme sowie Schulbücher. Die Reform sah eine sechsjährige Grundschule und im Anschluss ein dreijähriges Gymnasium oder ein dreijähriges Lyzeum vor. Die Schulen der
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Geschichtsatlanten im europäischen Vergleich
Lehrplangrundlage übereinstimmen beziehungsweise die Autoren bestimmter Lehrbücher von staatlicher Seite eine Empfehlung bekommen.465 Das Ministerium für Nationale Bildung (»Ministerstwo Edukacji Nardowej«) spricht lediglich eine Eignung zu und koordiniert somit die Zulassung über ein Lehrplanfundament (»podstawa programowa«), die inhaltliche Ausgestaltung bestimmen hingegen die Schulen selbst.466 In Frankreich nimmt der Staat nur geringen Einfluss auf die Genehmigung und Einführung von Lehrmitteln. Schulbücher werden beispielsweise für jede Fachrichtung von einer »groupe ministeriel d’analyse des moyens d’enseignement« geprüft, um Lehrern zusätzliche Informationen und Orientierungshilfe zu den Lehrwerken zu geben.467 Auch in Italien gibt es für Bildungsmedien kein besonderes Zulassungsverfahren. In beiden Ländern können daher Schulen oder Fachkonferenzen von Lehrern – in Italien sogar Gremien unter Hinzuziehung von Eltern (»consigli di classe«) – weitgehend frei entscheiden, welche Schulbücher und Materialien die Bildung der Schüler begleiten sollen.468 Allerdings erstellen die italienischen und französischen Schulbuchverlage die Unterrichtsmedien immer auch unter Berücksichtigung des jeweiligen nationalen Lehrplans, in Frankeich bieten etwa die »instructions ministerielles« eine Orientierung.469 Des Weiteren gibt es auch in Großbritannien470 keine Bestimmungen, die in Form von autorisierenden Verfahren Lehrmittel für den Unterricht genehmigen.471 In Griechenland gehen dagegen Lehrmittel nur über staatlich gefasste Be-
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höheren Bildung enden beide mit dem Abitur. Das Fach Geschichte selbst wurde im Zuge der Reform in einen Block mit der polnischen Sprache und der Gesellschaftskunde integriert. Geschichte als einzelnes Unterrichtsfach gibt es nur noch an den Gymnasien und Lyzeen, vgl. Ruchniewicz: Polnische Schulbücher für Geschichte und Politik, S. 49 – 60; Hörner, Wolfgang: Polen, in: Döbert (Hrsg.): Die Schulsysteme Europas, S. 392 – 407. Vgl. Centkowski, Jerzy : Die Reform der historisch-sozialkundlichen Bildung der Grundschule in Polen, in: Erdmann, Elisabeth; Maier, Robert; Popp, Susanne (Hrsg.), Geschichtsunterricht international. Bestandsaufnahme und Visionen. Hannover 2006, S. 57 f. Hörner : Polen, S. 396 f. Brandts, Evelyne: Europa in ausgewählten Geographielehrbüchern Frankreichs, in: Pingel (Hrsg.): Macht Europa Schule, S. 96; Rutar, Sabine: En passant: Südosteuropa im französischen Schulbuch, in: Helmedach (Hrsg.): Pulverfass, powder keg, baril de poudre, S. 145. Cajani, Luigi: History Didactics in Italy, in: Erdmann, Elisabeth; Hasberg, Wolfgang (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 2. Schwalbach/Ts. 2011, S. 15; Albrecht, Stefan: Byzanz in deutschen, französischen und englischen Schulbüchern, in: Helmedach (Hrsg.): Pulverfass, powder keg, baril de poudre, S. 26. Vgl. BaquÀs, Marie-Christine: L’enseignement de l’histoire en France: du cút¦ de la noosphÀre, in: Erdmann; Maier; Popp (Hrsg.): Geschichtsunterricht international, S. 15 – 34. Mit Großbritannien sind immer die Gemeinwesen England, Nordirland, Schottland und Wales gemeint, wobei z. B. Schottland ein eigenes Curriculum vorweisen kann, was seinem englischen Pendant, dem »National Curriculum«, allerdings weitgehend entspricht. Vgl. Albrecht: Byzanz in deutschen, französischen und englischen Schulbüchern, S. 31.
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schlüsse in das Bildungssystem ein. Aktuell für den Schulunterricht zugelassene Geschichtsatlanten für die Bereiche Antike und Mittelalter vom Verlag Dimitrakos wurden bereits 1927 vom zuständigem Ministerium für den schulischen Unterricht vorgeschlagen.472 Gesteuert wird die zentrale Einführung von Lehrmitteln durch das staatliche »Pädagogische Institut«. Dabei handelt sich um eine selbstständige Behörde des Unterrichtsministeriums, die über »alle Fragen der Unterrichtsgestaltung (wie zum Beispiel Lehrpläne, Schulbücher und Leistungsbeurteilung) eine Gutachterkompetenz ausübt«.473 Schulbücher und Materialien für den Unterricht werden nur vom »Pädagogischen Institut« produziert und nach Genehmigung durch das Bildungsministerium an die Schüler verteilt.474 Der Blick auf die einzelnen europäischen Länder offenbart also im Wesentlichen zwei Möglichkeiten der offiziellen Autorisierung von Lehrmitteln: Entweder erfolgt die Auswahl über freie Verfahren an den einzelnen Schulen oder die Genehmigung wird im Rahmen staatlicher Zulassungsverfahren erteilt.475 Für Deutschland stehen im vorliegenden Untersuchungskontext die meisten Informationen zu staatlichen Regelungen zur Verfügung, die schulische Inhalte sowie die Zulassung von Lehr- und Lernmaterialien festlegen. Das föderale System der Bundesrepublik Deutschland verortet die Hoheit über die Bildungspolitik bei den Bundesländern. Die schulische Bildung in der Primarstufe sowie der Sekundarstufen I und II wird daher von den jeweiligen Landesregierungen gelenkt. Die Länder regeln durch Gesetze, Erlasse und Verordnungen den rechtlichen Rahmen für die Schulbuchzulassung. Die Auswahl und Zulassung von Schulbüchern und anderen Lehrmitteln findet somit auf Länderebene in den jeweiligen Kultus- oder Wissenschaftsministerien statt.476 Die Geneh472 Der Beschluss ist in beiden Atlanten abgedruckt: De¯me¯traku, D.; Karolidu, Paulu (Hrsg.): Istorikos Atlas; Teuchos 1, Lukopulu. Athen 1985; De¯me¯traku, D.; Karolidu, Paulu (Hrsg.): Istorikos Atlas; Teuchos 2, Lukopulu. Athen 1985. 473 Xochellis, Panos; Kesidou, Anastasia: Griechenland, in: Döbert (Hrsg.): Die Bildungssysteme Europas, S. 189; Repoussi, Maria: History Education in Greece, in: Erdmann, Elisabeth; Hasberg, Wolfgang (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 1. Schwalbach/Ts. 2011, S. 354 f. 474 Vgl. Katsimardos, Vassilios: Migration und interkulturelle Erziehung und Bildung in Griechenland. Berlin 2010, S. 74. 475 Eine freie Auswahl von Lehr- und Lernmaterialien erfolgt zumeist durch Schulen oder Lehrerkonferenzen in Belgien, Dänemark, Estland, Großbritannien, Irland, den Niederlanden, Spanien, der Tschechischen Republik und Ungarn. Einschränkungen durch administrative Genehmigungsverfahren findet man in Bulgarien, Griechenland, Lettland, Litauen, Österreich, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien und Türkei, vgl. u. a. die Beiträge in: Erdmann; Maier ; Popp (Hrsg.): Geschichtsunterricht international; Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 1; Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 2; vgl. auch Eurypedia – URL: http:// eacea.ec.europa.eu/education/eurydice/eurypedia_de.php [Stand: 30. 10. 2012]. 476 Vgl. Stöber, Georg: Schulbuchzulassung in Deutschland: Grundlagen, Verfahrensweisen
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migung erfolgt in der Regel über ein förmliches Begutachtungsverfahren. Eine Zulassung wird erteilt, wenn die Lehrmittel allgemeinen Verfassungsgrundsätzen und Rechtsvorschriften entsprechen, darüber hinaus müssen sie eine didaktische und lehrplankonforme sowie sprachliche Eignung besitzen. In den meisten Bundesländern erfolgen die speziellen Genehmigungsverfahren für neue Schulbücher und Unterrichtsmaterialien durch Ministerien oder Landesinstitute, nur Berlin, Hamburg, das Saarland und Schleswig-Holstein verzichten auf ein zentrales Vorgehen. Einige Bundesländer halten sich in ihren Schulgesetzen die Möglichkeit eines Zulassungsverfahrens offen, im Falle des Saarlands wurden die Kompetenzen auf die einzelnen Schulleitungen übertragen.477 (Siehe Anlage 4.1.) Im Ganzen ermöglichen die zugelassenen Geschichtsatlanten den direkten Ländervergleich für die Bundesrepublik Deutschland.478 Schwerpunkte konnten bei der Genehmigung einzelner Atlasproduktionen nicht festgestellt werden, mehr noch zeigte die bundesweite Verteilung deutliche Differenzen. Insgesamt kann man von einer recht heterogenen Abdeckung durch die drei großen deutschen Schulbuchverlage »Klett«, »Cornelsen« und »Westermann« sprechen, da auch die Zuordnung anhand der Schulform nicht auf einzelne Geschichtsatlanten beschränkt bleibt. Der Verlag Klett besitzt dabei aufgrund seiner Veröffentlichungen »Geschichte und Geschehen – Atlas«, »Perthes Atlas Geschichte« sowie »Taschenatlas Deutsche Geschichte« und »Weltgeschichte« ein besonders vielfältiges Programm. Genehmigt sind die Publikationen im Großteil für alle Schulformen der deutschen Länder.479 Der Klassiker »Putzger : Historischer Weltatlas« aus dem Hause »Cornelsen« ist beispielsweise in seinen verschiedenen Auflagen und Versionen in vielen Bundesländern zugelassen, vorwiegend jedoch für die Gymnasialstufe.480 Ebenso erscheint der Braunschweiger
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und Diskussionen. Georg-Eckert-Institut für Internationale Schulbuchforschung Braunschweig, in: Eckert. Beiträge 3 (2010), S. 3 – 7. Online verfügbar unter URL: http:// www.edumeres.net/urn/urn:nbn:de:0220 – 2010 – 00146 [Stand: 30. 10. 2012]. Stöber : Schulbuchzulassung in Deutschland, S. 4. Vgl. Teistler, Gisela: Verzeichnis der zugelassenen Schulbücher für die Fächer Geographie, Geschichte, Sozialkunde (Politik) in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. v. Georg-Eckert-Institut für Internationale Schulbuchforschung. Braunschweig 1996 – 2009. Online verfügbar unter URL: http://www.gei.de/index.php?id=425#c1163 [Stand: 30. 10. 2012]. Vgl. Oswalt, Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas mit CDROM. Klett Verlag, Stuttgart 2009; Oswalt, Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich (Hrsg.): Perthes Atlas: Geschichte. Klett-Perthes Verlag, Gotha 2006; Oswalt, Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich (Hrsg.): Taschen-Atlas Weltgeschichte: Europa und die Welt. Klett-Perthes Verlag, Gotha 2006; Oswalt, Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich (Hrsg.): Taschen-Atlas Deutsche Geschichte. Klett-Perthes Verlag, Gotha 2004. Vgl. Bruckmüller, Ernst; Hartmann, Peter Claus Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, Bayern. 103. Aufl., Cornelsen, Berlin 2007; Bruckmüller, Ernst; Hartmann, Peter Claus Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, Kartenausg., 103. Aufl., Cornelsen, Berlin 2006;
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Verlag »Westermann« mit seinem »Geschichtsatlas« im Kontext der Zulassungsverfahren einzelner Länder. Die im Atlas gesetzten Schwerpunkte zielen allerdings vielmehr auf Haupt-, Real- und Gesamtschulen ab.481 Darüber hinaus sind noch die vier fächerübergreifenden Produktionen »Alexander-Kombiatlas«, »Diercke Drei«, »Menschen-Zeiten-Räume« und »Trio-Atlas« zu nennen, die in Abdeckung gleich mehrerer Fächer in der bundesrepublikanischen Bildungslandschaft ebenfalls häufig genehmigt werden.482 Dagegen tauchen die Veröffentlichungen »Geschichtsatlas« vom »Bayerischen Schulbuchverlag« und »dtv-Atlas Weltgeschichte« vom »Deutschen Taschenbuch Verlag« als autorisierte Lehrmittel nur in wenigen Ländern auf. Letzterer ist allerdings verbindliches Lehrmittel im Fach Geschichte in Lehrplänen einiger Schweizer Kantone.483 Die Zulassung von Geschichtsatlanten wird in Deutschland demnach weitgehend über instruktionale Verfahren geregelt, die die Gestaltung und Konzeption der Kartenwerke auf Seiten der Verlage indirekt beeinflussen. Insgesamt kann man als Einflussfaktoren auf die Produktion vieler europäischer Geschichtsatlanten festhalten, dass Richtschnur und Hauptorientierungspunkt Lehrpläne, curriculare Bestimmungen oder auch Bildungsstandards darstellen. Lehrpläne/Curriculare Richtlinien484 Dass Lehr- und Bildungspläne in besonderer Weise auf Bildungsmedien einwirken, zeigt sich bereits in der Beschäftigung mit den jeweiligen Zulassungsverfahren einzelner Länder Europas. Denn egal ob Schulen, Lehrer oder Lehrmittelverlage Inhalte bestimmen, verbindliche curriculare Vorgaben und lehrplankonforme Richtlinien wirken zumeist entscheidend auf die Auswahl und die Gestaltung von Lehrmitteln. Ein von administrativen Bestimmungen absolut freier Markt von Unterrichtsmedien ist nirgendwo gegeben.
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Bruckmüller, Ernst; Hartmann, Peter Claus Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas. 103. Aufl., Cornelsen, Berlin 2001. Vgl. Birkenfeld; Bode; Zahn (Hrsg.): Westermann Geschichtsatlas. Vgl. Michael, Thomas (Hrsg.): Diercke Drei: Universalatlas Erdkunde, Geschichte, Wirtschaft, Politik. Westermann, Braunschweig 2009; Norkowski, Theo (Hrsg.): Menschen Zeiten Räume – Atlas für Hessen: Erdkunde, Geschichte, Sozialkunde. Cornelsen, Berlin 2006; Forster, Christa (Hrsg.): Trio-Atlas: Erdkunde, Geschichte, Sozialkunde (Ausgabe für Hessen). Schroedel, Braunschweig 2006; Knippert, Ulrich (Hrsg.): Alexander-Kombiatlas: Erdkunde, Geschichte, Sozialkunde, Wirtschaft. Klett-Perthes, Gotha 2003. Vgl. Landesschulkommissionsbeschluss betreffend die Lehrpläne im Kanton Appenzell vom 1. August 2005. Online verfügbar unter URL: http://www.gymnasium.ai.ch/gym/ Documents/Lehrplaene/Lehrplan.pdf [Stand: 30. 10. 2012]. Lehrpläne/Richtlinien werden hier als Sammelausdruck verwendet, obwohl die Benennung in den einzelnen europäischen Ländern variiert (Curriculum, Bildungspläne, Rahmenrichtlinien, Rahmenpläne, curriculare Vorgaben etc.).
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So besagen die Regelungen im Falle Griechenlands, dass mit dem Blick auf die Zulassungsverfahren von Schulbüchern direkte staatliche Instruktionen Einfluss auf die Medien im historischen Lernen besitzen. Die administrative Lenkung erscheint im griechischen Bildungssystem allumfassend, denn der Geschichtsunterricht wird unter den herrschenden Bildungsbedingungen hauptsächlich von den drei Faktoren Geschichtslehrplan, Geschichtsschulbuch und Geschichtslehrer bestimmt.485 Die Konzeption und Gestaltung der Curricula und Lehrpläne aller Schulstufen und -arten erfolgt in Griechenland genau wie für die Lehrmittel über das »Pädagogische Institut«.486 Es gilt ein einheitlicher Lehrplan, die Abschlussprüfungen der einzelnen Schulstufen werden zentral abgenommen. Im Kontext des Bildungsplans sind vor allem zwei Einzelfaktoren besonders kennzeichnend: zum einen die Zielsetzung des Faches sowie zum anderen die Auswahl und Sequenzierung des Lehrstoffs. Einen wesentlichen Teil der Charakteristik stellt hinsichtlich der Lernziele und deren Staffelung die auffallend große Betonung nationaler Aspekte dar, die sich in der Gewichtung bestimmter inhaltlicher Gesichtspunkte (zum Beispiel Antike) auch in der Gestaltung von Geschichtsatlanten in Form der Publikation von Atlasheften zu einzelnen Epochen wiederfindet.487 Griechische Geschichtsatlanten stehen deshalb exemplarisch für einen staatlichen Zugriff auf Lehrmittel, der auf mehreren Ebenen erfolgt. Daneben können Bildungspläne sowie Bildungsstandards über die Einbettung in einen speziellen »Rahmen« erheblichen Einfluss auf die Gestaltung und Produktion von Geschichtsatlanten ausüben. Eine starke curriculare Anbindung von Geschichtsatlanten ist im Bildungsprogramm der Niederlande verankert, denn durch die Vorgabe eines »Geschichtskanons« liefern einzelne Bestandteile des Bildungsplans wichtige Anhaltspunkte zur Erklärung der Karten- und Atlasgestaltung.488 Der »Canon van Nederland« ist eine aus thematischen Informationssträngen bestehende Zusammenfassung der Geschichte der Niederlande für den Schulunterricht, die im Auftrag des niederländischen Bildungsministeriums von der 485 Vgl. Kesidou, Anastasia: Die europäische Dimension der griechischen und baden-württembergischen Lehrpläne und Schulbücher der Sekundarschule. An den Beispielen Geographie, politische Bildung, Geschichte und Literatur. Frankfurt/Main 1999, S. 193. 486 Vgl. Xochellis; Kesidou: Griechenland, S. 189. 487 Vgl. Repoussi: History Education in Greece, S. 329 ff.; Kesidou: Die europäische Dimension der griechischen und baden-württembergischen Lehrpläne und Schulbücher der Sekundarschule, S. 193. 488 Vgl. Siedhoff, Felix: Der Kanon der niederländischen Geschichte. Eine Untersuchung zum Bedürfnis nach Identität, Gemeinschaft und Bürgersinn. Münster 2011; Popp, Susanne: Geschichtliches Überblickswissen aufbauen – ein konzentrisch-longitudinales Geschichtscurriculum aus den Niederlanden, in: Erdmann; Maier ; Popp (Hrsg.): Geschichtsunterricht international, S. 269 – 301.
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»Commissie Ontwikkeling Nederlandse Canon« konzipiert wurde.489 Im August 2009 erfolgte die amtliche Aufnahme des Kanons in die niederländischen Lehrpläne der Grund- und weiterbildenden Schulen. Seitdem geben vierzehn Leitlinien zu fünfzig chronologisch geordneten Themen einen Überblick über die Geschichte der Niederlande und legen damit gleichzeitig kulturelle und gesellschaftliche Inhalte des schulischen Geschichtsunterrichts fest. In Form einer Leitfadengeschichte für Lehrer soll der Kanon speziell Schülern eine Orientierung geben, um über einen historischen Bezugsrahmen ein Basiswissen zur Geschichte der Niederlande zu vermitteln.490 Insbesondere die konzeptionelle Gestaltung wurde in den Niederlanden kontrovers diskutiert, vor allem an »einer möglichen Festigung des Bewusstseins nationaler Identität« wurde Kritik geäußert, da der Rahmenplan sich möglicherweise als »goldenes Erbgut« der Niederlande verstehe, multikulturelle Aspekte und Kolonialvergangenheit hingegen vernachlässige.491 Aber auch als didaktisches Instrument ist der Kanon umstritten, weil er angeblich alle Themenfelder linear abhandelt und nicht an bestehende curriculare Verankerungen anknüpft.492 Durch die thematische Anbindung der »50 Fenster der niederländischen Geschichte« wie zum Beispiel die »Hanse«, die »Niederländische OstindienKompanie«, »Sklaverei« sowie die »Weltkriege« oder etwa »Anne Frank« erfolgt in inhaltlicher Reihenfolge der Eingang des Kanons in die Gestaltung des Geschichtsatlas. Auch der Atlas orientiert sich am gestaffelten Gliederungsprinzip einzelner historischer Schlaglichter. Der im Jahr 2008 erschienene »De Bosatlas van de Geschiedeniscanon«493 als mediale Realisation der niederländischen Geschichte in Geschichtskarten kann geradezu beispielhaft als Korrelat des Curriculums betrachtet werden. Dass ein Kerncurriculum in Form eines Rahmenplans in die Produktion weiterer Geschichtsatlanten einfließen kann, zeigt das Beispiel einer finnischen Publikation aus dem Jahr 2008.494 Der Taschenatlas zur »Geschichte Finnlands« 489 Siedhoff: Der Kanon der Niederländischen Geschichte, S. 35. 490 Drie, Jannet van: »When was that date?« Building and assessing a frame of reference in the Netherlands, in: Teaching history/The Historical Association 137 (2009), S. 14 – 22. 491 Adams, Theodoor : Ein Kanon für Frau Antje. Zur Debatte in den Niederlanden, in: Kulturpolitische Mitteilungen 115 (2006) IV, S. 18; Wilschut, Arie: Ein Referenzrahmen für den Unterricht im Fach Geschichte, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 60 (2009) 11, S. 641. 492 Vgl. Boxtel, Carla van; Grever, Maria: Between disenchantment and high expectations: History education in the Netherlands, 1968 – 2008, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 2, S. 102; Wilschut: Ein Referenzrahmen für den Unterricht im Fach Geschichte, S. 641. 493 Nordhoff Atlasproducties: De Bosatlas van de Geschiedeniscanon – eerste editie. Nordhoff, Groningen 2008. 494 Finnlands aktuelles Kerncurriculum für die Gemeinschaftsschule trat im Jahr 2004 in Kraft, vgl. Denzin, Christian: Lernen von Finnland? – Bildungsstandards und die Kanonfrage in
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ist für die Bedürfnisse von finnischen Schülern konzipiert und orientiert sich dabei ebenfalls an einem »Rahmen« der wichtigsten Daten der nationalen Geschichte.495 Im umfangreichen Themenfeld »general world history and Finland’s national history«496 des Kerncurriculums steht der Atlas damit als Ergänzung komplementär zum zeitgleich veröffentlichten Atlas zur Weltgeschichte.497 Auch in Finnland bestimmt ein Lehr- beziehungsweise Rahmenplan die schulischen Inhalte.498 So offenbart der Blick auf die Beziehungen zwischen curricularen Vorgaben und Lehrmitteln doch deutliche Ausprägungen, als besonders kennzeichnend erscheint, wie im niederländischen Beispiel, die spezielle Betonung der nationalen Geschichte. Eine besondere Vielfalt curricularer Bestimmungen findet sich in Polen. Auf der Basis von ministeriellen Richtlinien für den Geschichtsunterricht hat das polnische Bildungsministerium über siebzig Schulcurricula zugelassen, die sich jedoch nach Abzug von Abwandlungen für verschiedene Schultypen derzeit auf ungefähr dreißig verschiedene Lehrpläne beschränken.499 Zustande gekommen ist diese Vielfalt dadurch, dass die Inhalte der polnischen Lehrpläne lediglich mit dem ministeriellen Inhaltsminimum übereinstimmen müssen. Dieses Mindestmaß wurde in den einzelnen Bildungsetappen uneinheitlich beschrieben und schuf die Möglichkeit für eine Fülle von Lehrplänen.500 Der Pluralismus von curricularen Bestimmungen beziehungsweise Lehrplänen besteht auch für die Schulbücher Polens, denn neben dem einst staatlichen Verlag »WSiP« (Wydawnictwa Szkolne i Pedagogiczne – Schul- und Pädagogische Verlage) domi-
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Europas Vorzeigeland, in: Erdsiek-Rave, Ute; John-Ohnesorg, Marei (Hrsg.): Bildungskanon heute. Berlin 2012, S. 149 – 154. Das Editorial betont die Ausrichtung auf den Schulgebrauch: »Suomen historian taskuatlas on tarkoitettu erityisesti koulujen tarpeisiin, …«, in: Jokinen, Jukka; Rantatupa, Heikki; Rautiainen, Matti (Hrsg.): Suomen historia. ISVet, Keuruu 2008, S. 3. Das Geschichtscurriculum für Gymnasien in Finnland aus dem Jahr 2003 besteht aus vier verpflichtenden Kursen (»Man, Environment and Culture«, »European Man«, »International Relations«, und »Turning Points in Finnish history«) und zwei optionalen Fortgeschrittenenkursen (»central lines of development in Finland’s history up to the end of the Swedish regime« und »characteristics of one or several cultures outside Europe, focusing on the interaction between cultures«), vgl. Virta, Arja; Nikander, Esko: Historical Education, Historical Culture and the Didacticts of History in Finland, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 1, S. 261 – 263; Virta, Arja: Recent Developments in History Teaching in Finland, in: Erdmann; Maier ; Popp (Hrsg.): Geschichtsunterricht international, S. 325 ff. Vgl. den Atlas zur Weltgeschichte als Ergänzung zum nationalen Atlas: Stegner, Willi (Hrsg.): Euroopan ja Maailman historia. ISVet, Gotha 2008. Vgl. Kansanen, Pertti: Finnland, in: Döbert (Hrsg.): Die Bildungssysteme Europas, S. 142 – 154. Vgl. Rosenbaum, Sebastian: Nationale Aspekte in den gegenwärtigen polnischen Geschichts-Schul-Curricula, in: Maier (Hrsg.): Zwischen Zählebigkeit und Zerrinnen, S. 26. Vgl. Zielin´ski, Adam: Geschichtsunterricht in der Republik Polen, in: Erdmann; Maier ; Popp (Hrsg.): Geschichtsunterricht international, S. 362.
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nieren mittlerweile private Unternehmen den Markt von Bildungsplänen sowie Lern- und Lehrmitteln (zum Beispiel »Arka«, »Demart«, »Roz˙ak« oder »Nowa Era«).501 Die Diversität und weitreichende Gliederung von Vorgaben ergibt sich zudem aus der verlagsinternen Konzeption von Bildungsmaterialien. So erklärt der Lehrmittelforscher Adam Zielin´ski, dass die Verlage sich »mit kompletten Lernsets zum Zulassungsverfahren des Ministeriums [melden], das zumeist aus einem Lehr- und Arbeitsbuch, einem Lehrplan und einem Lehrerhandbuch besteht«.502 Darüber hinaus verfassen viele Autoren von Bildungsmedien gezielt einen Lehrplan für ihr Lehrbuch.503 Überprüft wird die Vielzahl curricularer Regelungen in erster Linie hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit der Programmbasis, in einem zweiten Schritt erfolgt die Kontrolle der didaktischen und sprachlichen Eignung der Lehrwerke und Lehrpläne. Schwankungen insbesondere des Inhalts sind vor diesem Hintergrund möglich und stellen die Frage nach den Einflüssen der Autoren von Lehrplänen und Unterrichtsmedien. Äußerungen aus dem Feld der Schulbuchforschung weisen beispielsweise daraufhin, dass in Kreisen der Verfasser von Schulcurricula und Schulbüchern »eine relativ starke Präsenz von neokonservativen Autoren auffällig«504 sei. Der Blick in die Geschichtsatlanten gibt nähere Aufklärung über mögliche curriculare Einwirkungen. So erklären Hinweise im Editorial der Atlanten von »Nova Era«, »Polskie Przedsie˛biorstwo Wydawnictw Kartograficznych« oder »Wydawnictwo Demart«, dass die jeweiligen Produkte »für den Einsatz in Schulen durch das Ministerium für Bildung empfohlen« werden und im »Einklang mit den Lehrplänen« stehen.505 Aber auch im Kontext der Verwendung
501 Vgl. Rosenbaum: Nationale Aspekte in den gegenwärtigen polnischen Geschichts-SchulCurricula, S. 26. 502 Zielin´ski: Geschichtsunterricht in der Republik Polen, S. 362. 503 Ebd. 504 Rosenbaum: Nationale Aspekte in den gegenwärtigen polnischen Geschichts-Schul-Curricula, S. 26; vgl. auch Ruchniewicz: Polnische Schulbücher für Geschichte und Politik, S. 49 – 60. 505 So findet man etwa im Atlas von Piłat und Trzcionkowski folgenden Hinweis: »Der Inhalt dieser Publikation ist im Einklang mit dem Lehrplan für die Klasse I, II und III des Gymnasiums erstellt…«; vgl. in: Piłat, Zbigniew ; Trzcionkowski, Lech (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum. Wydawnictwo Demart, Warschau 2004; alle Atlanten von Demart verweisen auf Lehrpläne, vgl. Piłat, Zbigniew ; Trzcionkowski, Lech: Atlas Historyczny ; Gimnazjum; Wydanie uzupełnione i rozszerzone. Wydawnictwo Demart, Warschau 2006; Piłat, Zbigniew : Atlas historyczny ; szkoła podstawowa. Wydawnictwo Demart, Warschau 2004; Piłat, Zbigniew ; Trzcionkowski, Lech: Atlas historyczny ; Dla klasy 5 – 6. Wydawnictwo Demart, Warschau 1998; Piłat, Zbigniew : Atlas historyczny ; Dla klasy 4. Wydawnictwo Demart, Warschau 1998; Panfil, Tomasz; Piłat, Zbigniew : Atlas historyczny ; Dla klasy 7 – 8. Wydawnictwo Demart, Warschau 1998; Empfehlungen des Bildungsministeriums in: Gawrysiak, Jacek (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci;
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eines »Lernsets« von Lehrplan und Schulbuch erscheinen Hinweise zur Verbindung von Richtlinien und Bildungsmedium, was beispielsweise die Ankündigungen von Geschichtsatlanten des Lehrmittelverlags »Roz˙ak« belegen.506 Der Verlag weist neben dem Stufenbezug für jeden Geschichtsatlas die Eignung als Ergänzung zu zugehörigen Schulbüchern und Wandkarten aus. Da alle bisherigen Lehrpläne Polens ein umfassendes Verzeichnis der Geschichtsinhalte besitzen und sie darüber hinaus »Hinweise (manchmal auch Anforderungen) zu deren Strukturierung, zur Konstruktion des schulischen Geschichtsbildes oder zur Reihenfolge der Behandlung einzelner Teile (manchmal sogar Themen)«507 beinhalten, kann vor allem angesichts der Konzeptionierung stufenspezifischer Atlashefte sowie des damit verbundenen überdurchschnittlich hohen Anteils an Nationalgeschichte vom Einfluss curricularer Richtlinien ausgegangen werden. Das Curriculum steuert in Polen die konzeptionellen Inhalte des Atlas, strukturiert den Einsatz der Bildungsmedien in Lern- und Lehrkontexten und spiegelt so die nationale Geschichtsvermittlung wider. Genauso lassen sich in Großbritannien Verbindungslinien zwischen Geschichtsatlanten und Rahmenplan nachweisen. Seit dem Ende der 1980er-Jahre bilden die maßgeblichen Inhalte und Regelungen des Geschichtsunterrichts in England, Wales und Nordirland das »National Curriculum«,508 dessen zentrales Ziel es ist, den Erwerb von »historical knowledge« an Lernende zu vermitteln.509 Das »National Curriculum« wurde seinerzeit als ein landesweites Curriculum für Grundschulen und weiterführende staatliche Schulen nach dem »Education Reform Act« von 1988 eingeführt.510 Darüber hinaus wird seitdem das Fach Geschichte mit dem Abschluss der Sekundarstufe I in einem einheitlichen Examen geprüft, dem GCSE (General Certificate of Secondary Education).511 Somit wurden dem Fach Geschichte über ein nationales Programm ein einheitlicher Rahmen und eine verbindliche, homogene Struktur gegeben. Die allgemeinen Rahmenrichtlinien des Programms sind in vier »Key Stages« der Entwicklung gegliedert. Die »Key Stages« werfen einen Blick auf die britische Geschichte, die allerdings lehrplangemäß durch europäische (»A European history study«) und
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Szkoła Podstawowa. Nowa Era, Warschau 2009; Gawrysiak, Jacek (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci; Liceum. Nowa Era, Warschau 2008. Vgl. Błaut, Michał: Ilustrowany Atlas Historyczny ; Dla Klas IV – VI. Roz˙ak, Danzig 2006. Auch für alle angebotenen Geschichtsatlasprodukte des Verlags »Nowa Era« wird die Eignung im Kontext von Schulbüchern und Wandkarten ausgeschrieben. URL: http:// www.nowaera.pl/ [Stand: 30. 10. 2012]. Zielin´ski: Geschichtsunterricht in der Republik Polen, S. 362. Vgl. Aldrich, Richard: Introduction, in: Aldrich, Richard (Hrsg.): History in the National Curriculum. London 1991, S. 1 – 7. Lee, Peter : Historical knowledge and the National Curriculum, in: Aldrich (Hrsg.): History in the National Curriculum, S. 39 – 65. Vgl. Phillips, David: England und Wales, in: Döbert: Die Schulsysteme Europas, S. 120. Vgl. Kolinsky : Europa als Abstieg, S. 218.
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globale Gesichtspunkte (»A world history study«) und einen politik- und sozialgeschichtlichen Hintergrund ergänzt werden.512 Die allgemeine Ausrichtung des britischen Geschichtsunterrichts auf einheitliche Unterrichtsmodule im Kontext des »National Curriculums« veranlasste den Lehrmittelmarkt, sich in der Konzeption der Bildungsmedien stark am Rahmenplan zu orientieren. Besonders gut ist dies am Thema »Wir und die Anderen«513 in den Geschichtsschulbüchern ablesbar.514 Auch wenn in Großbritannien nur wenige Schulgeschichtsatlanten produziert werden, so erscheint zumindest im »Philip’s History Atlas« die im National Curriculum vorgenommene Unterscheidung von »British History« und »European and World History«.515 So wird die Berücksichtigung von Weltgeschichte hier ebenfalls deutlich, die im curricularen Kontext zur kolonialen Vergangenheit des Vereinigten Königreichs in vielfältigen Themenfeldern wie zum Beispiel »black history, post colonial history, […]« auftaucht.516 In Frankreich hingegen nehmen curriculare Bestimmungen und Rahmenpläne nur insofern Einfluss auf die Lehrmittelproduktion, als dass sie als Eckpfeiler bestimmte Gebiete und Inhalte des Lernstoffs abstecken, an denen sich die Hersteller von Unterrichtsmedien orientieren.517 Aufgrund der zentralen Struktur des Schulwesens gelten die vom nationalen Erziehungsministerium erlassenen Lehrpläne einheitlich für ganz Frankreich inklusive der französischen Überseegebiete. Die Lehrpläne werden demzufolge vom »MinistÀre de I’¦ducation nationale« (»Bildungsministerium«) und mit Unterstützung des »Conseil national des programmes« (»nationaler Rat für Lehrpläne«) und des 512 History in National curriculum for England, Northern Ireland and Wales, S. 17. URL: http://education.gov.uk/schools/teachingandlearning/curriculum/nationalcurriculum2014 [Stand: 30. 04. 2013]. 513 Die Unterscheidung erfolgt einerseits zwischen »British history on the one hand and world history, but especially European history, on the other«. Andererseits wird betont: »The division between ,us‹ (Britain) and ,Europe‹ (continental Europe) is paramount and clear«, vgl. Ihrig, Stefan: No More Eastern Questions Asked – South Eastern Europe as Just Another European Periphery in British History Textbooks, in: Helmedach (Hrsg.): Pulverfass, powder keg, baril de poudre, S. 121. 514 Vgl. die Schulbücher von: McBride, Jim; Madden, Finbar (Hrsg.): History for CCEA GCSE. Hodder & Stoughton, London 2003; Walsh, Ben (Hrsg.): Essential modern world history. Murray, London 2001; Hewitt, Tony ; Shuter, Jane (Hrsg.): Modern world history for AQA specification B. Heinemann, Oxford 2001; Culpin, Christopher (Hrsg.): Making history. World history from 1914 to the present. Collins Educational, London 2001; Chandler, Malcolm (Hrsg.): The Home Front, 1914 – 18. Heinemann Educational, Oxford 2001; Shephard, Colin; Reid, Andy ; Shephard, Keith (Hrsg.): Peace and war. Murray, London 1995; Culpin, Christopher ; Fisher, Peter (Hrsg.): Britain, 1750 – 1900; The 20th century world. Collins Educational, London 2001. 515 Vgl. Edmonds, Jane; King, Jannet; Lintott, Hazel (Hrsg.): Philip’s history atlas; 2000 years of world and british history. Philip’s, London 1998. 516 Haydn, Terry : History teaching in the United Kingdom, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing –mapping – bridging diversity. Part 2, S. 319 – 343. 517 Vgl. BaquÀs: L’enseignement de l’histoire en France, S. 18 ff.
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»Conseil superieur de l’¦ducation« (»Höherer Bildungsrat«) für das ganze Land verbindlich entworfen.518 Da die zentralistische Orientierung des französischen Schulsystems durch homogene Richtlinien eine grundsätzliche Ähnlichkeit aller zugelassenen Lehrwerke nach sich zieht,519 stimmen auch bei den französischen Geschichtsatlanten grundlegende Gliederungspunkte, inhaltliche Auswahl und die Perspektivwechsel zwischen nationalem und globalem Blickwinkel in fast allen Produktionen überein. Der Schulbuchforscher Falk Pinkel erklärt, dass »in Frankreich […] das Curriculum offenbar den größten Einfluss auf die Gesamtstrukturierung des Inhalts der Schulbücher aus[übt]. Die Großkapitel und oft auch ihre Unterteilungen ähneln sich zwischen den verschiedenen Verlagsreihen am meisten«.520 Besonders bei Kombiatlanten kann auf die unterrichtsspezifische Ausrichtung der Geschichtsatlanten geschlossen werden, da Geschichte und Geographie in Frankreich seit den 1970er-Jahren zusammen in einem Fach unterrichtet werden.521 Im Gegensatz zur einheitlichen Ausrichtung von Lehrplänen und Lehrmitteln in Frankreich ist das Bildungswesen in Ungarn dezentral organisiert. In der Bildungspolitik ersetzt der durch individuelle lokale Curricula ergänzte sogenannte »Nationale Grundlehrplan« seit 1988 die zentralen Lehrpläne der Zeit des »Kalten Krieges«.522 Seit 2001 unterstützt ein »Rahmenplan« die eingeleiteten Reformen, allerdings war es in Ungarn bisher schwierig, Rahmenrichtlinien mit Lehrbüchern und Unterrichtshilfsmitteln in Einklang zu bringen.523 Darüber hinaus entstand durch die Privatisierung des Lehrmittelmarkts im Laufe der 1990er-Jahre ein breit gefächertes Angebot an Schulbuchreihen und Unterrichtsmaterialien. Die Lehrmittelwahl in Ungarn ist mittlerweile frei, wobei im Jahr 2004 ein Gesetz zur Regelung der Zulassung erlassen und 2006 modifiziert wurde, das die Genehmigungspflicht von Unterrichtsmaterialien sukzessive lockerte.524 In vielen Geschichtsatlanten aus dieser Zeit findet sich noch der 518 Albrecht: Byzanz in deutschen, französischen und englischen Schulbüchern, S. 26. 519 Vgl. Rutar : En passant: Südosteuropa im französischen Schulbuch, S. 145. 520 Pingel, Falk: Europa im Schulbuch – Einleitung, in: Pingel (Hrsg.): Macht Europa Schule, S. XXV. 521 Vgl. Brandts: Europa in ausgewählten Geographielehrbüchern Frankreichs, S. 95 – 104; Tutiaux-Guillon, Nicole: French Paradox. Meaningful yet uncertain History Didactics, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 1, S. 272 f. 522 Kozma, Tams; R¦bay, Magdolna: Ungarn, in: Döbert (Hrsg.): Die Bildungssysteme Europas, S. 596. 523 Vgl. Fischer-Dardei, Agnes; Szabo, Marta: Geschichtsunterricht auf den verschiedenen Stufen des ungarischen Schulwesens, in: Erdmann; Maier ; Popp (Hrsg.): Geschichtsunterricht international, S. 101 – 115. 524 Vgl. Fischer-Dardai, Agnes: The Teaching of History in Hungary at the Beginning of the 21st Century – Position and perspectives. Hungary, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping –bridging diversity. Part 1, S. 396.
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Hinweis auf die Zulassung durch das ungarische Bildungsministerium.525 Die aktuellen Lehrpläne fordern, dass die Behandlung der National- und Weltgeschichte zu gleichen Anteilen erfolgen soll. Speziell die Abhandlung der Weltgeschichte erscheint in Schulbüchern jedoch stark auf Europa, vor allem Westund Mitteleuropa bezogen.526 Auch in Geschichtsatlanten besteht eine deutliche Europaorientierung.527 Die heterogene Wirkung von Bildungsstandards auf die Lehrmittelproduktion bestätigt der Blick auf die breite Auswahl schulformbezogener und stufenspezifischer Geschichtsatlanten. Des Weiteren kann man eine Aufteilung in Atlanten mit nationaler und globaler Perspektive festhalten, was besonders die Berücksichtigung des curricularen Raumbezugs in den Kartenwerken widerspiegelt. Die Einbeziehung curricularer Standards in die Produktion von Bildungsmedien ergibt sich daher auch für den verhältnismäßig freien Lehrmittelmarkt in Ungarn. Als Orientierungshilfe für den Lehrmittelmarkt können auch die Lehrpläne der Bundesländer in Deutschland verstanden werden. Zwar gibt es im Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland weder verbindliche nationale Bildungsstandards528 noch ein Geschichtscurriculum, allerdings gelten für jedes Bundesland verbindliche Bildungspläne für das Unterrichtsfach Geschichte, die als Richtschnur für die Erstellung von Lehrmitteln dienen und auf diese Weise Aussehen und Inhalte beeinflussen.529 Die Erkenntnis zur indirekten Einfluss525 Vgl. Papp-Vry, Ýrpd: K¦pes tört¦nelmi atlasz. Cartographia, Budapest 2006; Papp-Vry, Ýrpd: Köz¦piskolai tört¦nelmi atlasz. Cartographia, Budapest 2006; Papp-Vry, Ýrpd: Tört¦nelmi atlasz. Cartographia, Budapest 2005; Papp-Vry, Arpd: Tört¦nelmi atlasz; a 12 – 16 ¦ves tanulûk szmra. Cartographia, Budapest 1998. 526 Fischer-Dardai, Agnes; M.-Csaszar, Zsuzsanna: Das Balkanbild in ungarischen Schulbüchern für Geschichte und Geographie, in: Helmedach (Hrsg.): Pulverfass, powder keg, baril de poudre, S. 201. 527 Im ostmitteleuropäischen Vergleich erscheinen in ungarischen Geschichtsatlanten prozentual relativ häufig Welt- (21 %) und Europarten (42 %), der Anteil an Nationalkarten ist im Verhältnis eher gering (37 %). 528 Der Verband der Geschichtslehrer Deutschlands hat Bildungsstandards für die gymnasiale Sekundarstufe I formuliert, in: Verband der Geschichtslehrer Deutschlands (Hrsg.): Bildungsstandards Geschichte. Darüber hinaus gibt es Diskussionen zu Kerncurricula auf Länderebene. 529 So erklären Bernd Schönemann und Karl-Ernst Jeismann die Wirkung von Lehrplänen und Richtlinien auf Lehrmittel folgendermaßen: »Das didaktische Bedingungsgefüge des Unterrichts läßt sich auf verschiedenen Ebenen untersuchen und darstellen; seinen normativen Ausdruck erhält es in den Richtlinien und Lehrplänen. Diesen amtlichen Vorgaben kommt auch deshalb eine große Bedeutung zu, weil sie in zunehmendem Maße zum verbindlichen Maßstab für den Aufbau und die inhaltliche Gestaltung von Schulbüchern geworden sind«; in: Jeismann, Karl Ernst; Schönemann, Bernd: Geschichte amtlich. Lehrpläne und Richtlinien der Bundesländer : Analyse, Vergleich, Kritik. Frankfurt/Main 1989, S. 7. Joachim Rohlfes sieht auch eine Beeinflussung in die andere Richtung, vom Lehrmittel auf einen sogenannten »heimlichen Lehrplan«, vgl. Rohlfes, Joachim: Lehrpläne-Richtlinien-Curricula, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 48 (1997) 9, S. 561.
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nahme scheint auf viele europäische Staaten in einer abschließenden Gesamtbeurteilung übertragbar. Die Bildungssysteme Europas sind zwar in ihrer Entstehung und geschichtlichen Entwicklung unter dem Einfluss der unterschiedlichsten politischen, rechtlichen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen gewachsen. In einem Vergleich aller europäischen Bildungssysteme werden aber auch gemeinsame Grundlagen sichtbar. Diese werden vor allem in der »staatlichen Bildungssouveränität« manifest, die das Bildungswesen in ganz Europa als Wirkungsfeld des modernen Staates kennzeichnet.530 Lehrpläne sind das traditionelle staatliche Steuerungsinstrument für die Schule.531 Der Blick auf Gesamteuropa zeigt ein komplexes Bild mit vielfältigen Gemeinsamkeiten. Zwar unterliegt die Genehmigung der Lehrmittel nur zum Teil zentralen staatlichen Einrichtungen, häufiger aber wirken sich Lehrpläne, Rahmenrichtlinien und Curricula auf die Gestalt und inhaltliche Konzeption von Bildungsmedien aus, weil sie für viele Verlage als Gradmesser für die Tauglichkeit im Unterricht gelten und über die Konformität mit Standards überhaupt erst in das Blickfeld von Lehrern, Schulen und Behörden rücken.532 Geschichtspolitik/Erinnerungskultur Das Wissen um den Einfluss erinnerungskultureller Praktiken und Manifestationen533, beispielweise im Rahmen von Geschichtspolitik534, auf jegliche Produktion von (Bildungs-)Medien, ist für die Beschäftigung mit Geschichtsatlanten von großer Bedeutung, denn der Umgang mit medial rezipierter Geschichte innerhalb und außerhalb des schulischen Unterrichts ist heutzutage omnipräsent und entsprechend prägend.535 Die Auseinandersetzung mit der Vergan530 Mitter, Wolfgang: Ausblick: Der Weg der Schulen Europas in die Zukunft, in: Döbert (Hrsg.): Die Schulsysteme Europas, S. 641. 531 Vgl. Pandel: Geschichtsunterricht nach PISA, S. 66. 532 Vgl. Mitter : Ausblick: Der Weg der Schulen Europas in die Zukunft, S. 642. 533 Vgl. Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit; Assmann, Aleida: Geschichte im Gedächtnis. Von der individuellen Erfahrung zur öffentlichen Inszenierung. München 2007; Kühberger, Christoph: Erinnerungskulturen als Teil des historisch-politischen Lernens, in: Forum Politische Bildung: Informationen zur Politischen Bildung (Hrsg.): Erinnerungskulturen. Innsbruck 2010, S. 39 – 42. 534 »Geschichtspolitik« erscheint im Konzept des Historikers Edgar Wolfrum synonym zu den Begriffen »Erinnerungspolitik« oder »Vergangenheitspolitik«. Er erklärt dazu, dass »mit Geschichtspolitik […] die von verschiedenen Akteuren getragene und mit unterschiedlichen Interessen befrachtete politische Nutzung von Geschichte in der Öffentlichkeit [gemeint ist], um mobilisierende, politisierende oder legitimierende Wirkungen in der politischen Auseinandersetzung zu erzielen«, vgl. Wolfrum: Geschichte als Politikum – Geschichtspolitik, S. 377. Zur Einordnung des Konzepts als Teildimension von Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur : Schönemann: Geschichtskultur als Wiederholungsstruktur, S. 185 f.; vgl. auch die Beiträge in: Fröhlich; Heinrich (Hrsg.): Geschichtspolitik. 535 Vgl. Pingel: Geschichtsdeutung als Macht, S. 93 – 112; Sauer, Michael: Zeitgeschichte – Medien – Historische Bildung. Einführung in das Tagungsthema, in: Popp; Sauer ; Alavi;
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genheit erfolgt dabei zumeist im Bereich von Aufklärung und Multiperspektivität, kann aber auch Gesichtspunkte der Manipulation, Banalisierung und Mythologisierung (Geschichtsklitterung) beinhalten.536 Die Lokalisierung soziokultureller Einflüsse in verschiedenen europäischen Geschichtsatlanten kann über die Herausstellung bestimmter Formen der Visualisierung Einblicke in die mediale Aufbereitung von Geschichte sowie Erklärungen zur Formulierung und Popularisierung von vielfältigen Geschichtsbildern liefern.537 Dabei liegt der Fokus speziell auf den Wechselwirkungen zwischen inhaltlichen Erscheinungen und Darstellungsmustern sowie der normativen Umsetzung der gesellschaftspolitisch relevanten Praktiken oder Diskurse durch die am Herstellungsprozess beteiligten Gruppen. In den meisten europäischen Staaten wird in Medien »Erinnerung« beziehungsweise »Vergangenheit« öffentlich verhandelt.538 Durch diese »Vergangenheitsreferenz« erscheinen Medien als kulturelle Tatsachen, die sie damit zu Objekten der »Geschichtskultur« machen, worüber sich beispielsweise im Geschichtsatlas gegebenenfalls Erkenntnisse zu Akzentuierungen, Themenauswahl und Blickwinkeln erschließen.539
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Demantowsky ; Paul (Hrsg.): Zeitgeschichte – Medien – historische Bildung, S. 25 – 36; Leggewie, Claus: Zur Einleitung. Von der Visualisierung zur Virtualisierung des Erinnerns, in: Meyer, Erik (Hrsg.): Erinnerungskultur 2.0. Kommemorative Kommunikation in digitalen Medien. Frankfurt/Main 2009, S. 9 – 28. Vgl. Jeismann: Geschichte als Horizont der Gegenwart, S. 241 f.; Bergmann, Klaus: Multiperspektivität, in: Bergmann (Hrsg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik, S. 301 – 303; Popp; Sauer ; Alavi; Demantowsky ; Paul (Hrsg.): Zeitgeschichte – Medien – historische Bildung; Oswalt; Pandel (Hrsg.): Geschichtskultur ; Furrer (Hrsg.): Kriegsnarrative in Geschichtslehrmitteln. Vgl. Fritz, Regina; Sachse, Carola; Wolfrum, Edgar (Hrsg.): Nationen und ihre Selbstbilder. Postdiktatorische Gesellschaften in Europa. Göttingen 2008; Bock, Petra; Wolfrum, Edgar (Hrsg.): Umkämpfte Vergangenheit. Geschichtsbilder, Erinnerung und Vergangenheitspolitik im internationalen Vergleich. Göttingen 1999; Gehrke, Hans-Joachim (Hrsg.): Geschichtsbilder und Gründungsmythen. Würzburg 2001; Haslinger : Erinnerungskultur und Geschichtspolitik in der historischen Forschung zum östlichen Europa, S. 1 – 11; Ferro, Marc: Geschichtsbilder. Wie die Vergangenheit vermittelt wird: Beispiele aus aller Welt. Frankfurt/Main 1991. Vgl. Popp: Nationalsozialismus und Holocaust im Schulbuch, S. 98 – 115; Frevert, Ute; Schmidt, Anne: Geschichte, Emotionen und die Macht der Bilder, in: Geschichte und Gesellschaft, 37 (2011) 1, S. 5 – 25; Assmann: Erinnerungsräume; Erll, Astrid: Medium des kollektiven Gedächtnisses. Ein (erinnerungs-) kulturwissenschaftlicher Kompaktbegriff, in: Erll, Astrid; Nünning, Ansgar (Hrsg.): Medien des kollektiven Gedächtnisses. Konstruktivität, Historizität, Kulturspezifität. Berlin 2004, S. 3 – 22; Wolfrum, Edgar : Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Der Weg zur bundesrepublikanischen Erinnerung 1948 – 1990. Darmstadt 1999; Assmann, Aleida; Frevert, Ute: Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit. Vom Umgang mit deutschen Vergangenheiten nach 1945. Stuttgart 1999. Hans-Jürgen Pandel sieht in Objekten der Geschichtskultur kulturelle Tatsachen, welche sich dadurch definieren, »dass sie gegenwärtige rhetorische, ästhetische, simulative und literarische Hervorbringungen sind, die sich auf Ereignisse und Begebenheiten der Ver-
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Daneben kann auch die Formel vom »Europa als Erinnerungsgemeinschaft«540 die Betrachtung einzelner Hintergründe der medialen Vergegenwärtigung von Geschichte beleuchten, um im Vergleich Fragen nach europaweit auftauchenden Mustern der Visualisierung aufzudecken, die sich etwa in den transnationalen Gedächtnisorten des Holocaust (zum Beispiel Auschwitz – Kapitel 8) oder der Weltkriege (zum Beispiel Verdun, Normandie – Kapitel 7) wiederfinden.541 Nichtsdestoweniger tauchen in der Vermittlung von Gedächtniskultur und Geschichtspolitik wiederholt Aspekte der Nationalgeschichte auf,542 was der Blick in Geschichtsatlanten zur Perspektive von Inhalten als Gegenstand verschiedener Untersuchungen bereits eindeutig zeigte.543 Das Konzept der »Erinnerungskultur« gilt mittlerweile als Leitbegriff der modernen Kulturgeschichtsforschung. In Deutschland erscheint es seit dem Ende des 20. Jahrhunderts häufig als Alternative zum mittlerweile anachronistischen Begriff der »Vergangenheitsbewältigung«.544 Daneben sprechen aktuelle Reflexionen in deutlicher Abgrenzung zum nicht abschließbaren Prozess der »Vergangenheitsbewältigung« unterdessen von »Vergangenheitsbewahrung«, »Vergangenheitsvergegenwärtigung« oder »Vergangenheitsaufarbeitung«.545
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gangenheit beziehen«, vgl. Pandel: Geschichtskultur als Aufgabe der Geschichtsdidaktik, S. 27. Vgl. Assmann, Aleida: Auf dem Weg zu einer europäischen Gedächtniskultur? Wien 2012; Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit; vgl. auch Kühberger, Christoph (Hrsg.): Europäische Geschichtskultur – Europäische Geschichtspolitik. Vom Erfinden, Entdecken, Erarbeiten der Bedeutung von Erinnerung und Geschichte für das Verständnis und Selbstverständnis Europas. Innsbruck 2009; Buchinger, Kirstin; Gantet, Claire; Vogel, Jakob (Hrsg.): Europäische Erinnerungsräume. Frankfurt/Main 2009. Vgl. Assmann: Erinnerungsräume, S. 328; Kon´czal, Kornelia: Europäische Erinnerungsorte. Berichte von einer Baustelle, in: Kühberger (Hrsg.): Europäische Geschichtskultur – Europäische Geschichtspolitik, S. 56 ff.; Petermann: Rituale machen Räume, S. 185 ff. Vgl. Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen; Fritz; Sachse; Wolfrum (Hrsg.): Nationen und ihre Selbstbilder ; Baumann, Gabriele; Müller, Nina: Vergangenheitsbewältigung und Erinnerungskultur in den Ländern Mittelost- und Südosteuropas. Berlin 2006; Haslinger : Erinnerungskultur und Geschichtspolitik in der historischen Forschung zum östlichen Europa. Vgl. Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Lehn: Deutschlandbilder; Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt; Bendick: Wo liegen Deutschlands Grenzen; Mittag: Geschichtsbilder in Schulgeschichtsatlanten; Hantsche: Geschichtskarten – Ein Medium zwischen Objektivität und tendenziöser Beeinflussung. Cornelißen, Christoph; Klinkhammer, Lutz; Schwentker, Wolfgang: Nationale Erinnerungskulturen seit 1945 im Vergleich, in: Cornelißen; Klinkhammer ; Schwentker (Hrsg.): Erinnerungskulturen, S. 12; Schmid, Harald: Von der »Vergangenheitsbewältigung« zur »Erinnerungskultur«, in: Paul; Schoßig (Hrsg.): Öffentliche Erinnerung und Medialisierung des Nationalsozialismus, S. 171 – 202; Assmann; Frevert: Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit, S. 147. Vgl. Assmann; Frevert: Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit, S. 146; Sabrow, Martin: Das Unbehagen an der Aufarbeitung. Zur Engführung von Wissenschaft Moral und Politik in der Zeitgeschichte, in: Schaarschmidt, Thomas (Hrsg.): Historisches Erinnern und Gedenken im Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert. Frankfurt/Main 2008, S. 13.
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Allerdings darf in der transnationalen Betrachtung die Erinnerung und Aufarbeitung von »Vergangenheit« nicht aus dem »jeweiligen nationalen Kontext« gerissen werden.546 Denn es zeigt sich, dass zum Beispiel in den Ländern Mittelost- und Südosteuropas »regionale, politische und generative Unterschiede […] sich quer durch die Gesellschaften [ziehen] und […] den betreffenden nationalen Diskurs [prägen]«.547 Die erinnerungskulturellen Anknüpfungspunkte können für die einzelnen Länder nicht synchronisiert werden, darum versteht sich der Großteil aktueller Arbeiten zum Gegenstand auch als »(Neu-) Verfertigung und Popularisierung von Meistererzählungen mit meist nationalem Geltungsanspruch«.548 Über die Manifestation in Medien stellen »Erinnerungskulturen« als Teil von »Geschichtskultur« eine besondere memoriale Form der Vermittlung von Geschichte dar, zudem sind sie durch ihre sozialen Trägergruppen gekennzeichnet.549 Im Rahmen von »Erinnerungskulturen« sind daher neben vielfältigen historischen Bezugspunkten ebenso viele geschichtskulturelle Produkte (Bücher, Zeitschriften, Reden, Ausstellungen etc.) wichtig, die an verschiedene Aspekte der Vergangenheit erinnern.550 Medien dienen in diesem Zusammenhang als »Vermittlungsinstanzen und Transformatoren zwischen individueller und kollektiver Dimension des Erinnerns«.551 Darüber hinaus ist ebenfalls von einer besonders großen »Reichweite der politischen Präsentation von Geschichte« auszugehen, da über vielfältige Möglichkeiten der Einflussnahme Inhalte vermittelt werden.552 In Geschichtsatlanten lassen sich diesbezüglich erinnerungskulturelle Wirkungen und geschichtspolitische Einflüsse ablesen, die insbesondere für den thematischen Untersuchungszeitraum des Zeitalters der Weltkriege für einzelne exemplarische Atlasproduktionen festgehalten werden können.553 Am Rande sei 546 Baumann; Müller: Vergangenheitsbewältigung und Erinnerungskultur in den Ländern Mittelost- und Südosteuropas, S. 4. 547 Ebd.: S. 4. 548 Haslinger : Erinnerungskultur und Geschichtspolitik in der historischen Forschung zum östlichen Europa, S. 3. 549 Vgl. Oswalt, Vadim; Pandel, Hans-Jürgen: Einführung, in: Oswalt; Pandel (Hrsg.): Geschichtskultur, S. 8 f. 550 Vgl. Kühberger : Erinnerungskulturen als Teil des historisch-politischen Lernens, S. 40. 551 Erll: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen, S. 123. 552 Edgar Wolfrum erscheint dafür »ein privilegierter Zugang zu den Medien, Medienpräsenz, Redundanz sowie die zur Verfügung stehenden Informationsapparate der Parteien und verschiedener Institutionen« verantwortlich, vgl. Wolfrum, Edgar : Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland 1949 – 1989. Phasen und Kontroversen, in: Bock; Wolfrum (Hrsg.): Umkämpfte Vergangenheit, S. 55 – 81. 553 Der eindeutige Nachweis des Eingangs von Erinnerungskultur und Geschichtspolitik kann zumeist nur für eine exemplarische Anzahl von Geschichtsatlanten erbracht werden. Oft tauchen speziell Akzentuierungen und Perspektivierungen nur in einzelnen Kartenwerken
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darauf hingewiesen, dass Spezialatlanten die »vergegenwärtigende« Bedeutung von Themenfeldern im Kontext ihrer Visualisierung in Geschichtsatlanten unterstreichen. Dazu gehören hauptsächlich kriegerische Auseinandersetzungen und damit verbundene Bezüge wie etwa »Flucht und Vertreibung«.554 Ferner tauchen natürlich auch außerhalb der Zeitspanne von 1914 bis 1945 vielfältige Themenspektren im erinnerungskulturellen beziehungsweise geschichtspolitischen Kontext auf, die jeweils signifikant in Veröffentlichungen der in die Ereignisse und Abläufe involvierten Länder eine Abbildung finden (Entdeckungen, Kolonialismus, Dreißigjähriger Krieg etc.).555 Außergewöhnlich sind mit Blick auf die sozio-kulturellen Hintergründe von »Erinnerung« und »Gedenken« vor allem die Geschehnisse und Entwicklungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die durch die Beschäftigung mit Krieg, Völkermord, territorialem Verlust, Flucht und Vertreibung eine besondere gesellschaftliche Brisanz mit sich bringen.556 So bieten manche Geschichtsatlanten aus Spanien beispielsweise ausführliche Visualisierungen des »Bürgerkriegs von 1936 – 1938«557, die über das übliche Maß der Darstellung des in vielen euro-
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auf und sind eher selten im gesamten Sample von Geschichtsatlanten eines Landes zu lokalisieren. Daneben muss darauf hingewiesen werden, ab wann Geschichte speziell über erinnerungskulturelle und geschichtspolitische Einflüsse in Geschichtsatlanten auftaucht und ab wann historische Sachverhalte schlicht als standardisiertes Wissen verarbeitet werden. Konventionalisierte Inhalte sind fast in jedem europäischen Geschichtsatlas enthalten. In diesem Zusammenhang sei auf die inhaltliche Konzeption und Gliederung der europäischen Geschichtsatlanten in Kapitel 4.2. verwiesen. Vgl. auch Popp: Auf dem Weg zu einem europäischen »Geschichtsbild«, S. 23 – 31. Hierbei sei besonders auf die Produktion des Atlas »Flucht und Vertreibung« hingewiesen, der in Folge der deutsch-polnischen Verständigung im Jahr 2008 in Polen und 2010 in Deutschland erschien, vgl. Hryciuk, Grzegorz; Sienkiewicz, Witold (Hrsg.): Wysiedlenia wype˛dzenia i ucieczki 1939 – 1959; Atlas ziem Polski. Demart, Warschau 2008; Hryciuk, Grzegorz; Sienkiewicz, Witold (Hrsg.): Zwangsumsiedlung, Flucht und Vertreibung 1939 – 1959. Atlas zur Geschichte Ostmitteleuropas. Demart, Warschau 2010. Weitere Beispiele zur Geschichte der Weltkriege: Keegan: Atlas of World War II; Overy : Historical Atlas of the Third Reich; Gilbert: Atlas of World War I. Vgl. Blanchard, Pascal; Bancel, Nicolas: Culture post-coloniale, 1961 – 2006. Traces et m¦moires coloniales en France. Paris 2011; Tombs, Robert; Vasse, Maurice: L’histoire coloniale en d¦bat en France et en Grande-Bretagne. Bruxelles 2010; Leonhard, Jörn; Renner, Rolf G. (Hrsg.): Koloniale Vergangenheiten – (post-)imperiale Gegenwart. Berlin 2010; FranÅois, Etienne: Der Dreißigjährige Krieg und der Westfälische Frieden als Orte der Erinnerung, in: Duchhardt, Heinz; Veit, Patrice; Monnet, Pierre (Hrsg.): Krieg und Frieden im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Theorie, Praxis, Bilder. Mainz 2000, S. 297 – 311. Auch in diesem Zusammenhang erscheinen Spezialatlanten, vgl. u. a. Espino Lûpez, Antonio (Hrsg.): Atlas histûrico del colonialismo. Editorial Sntesis, Madrid 2010. Das besondere Interesse am Themenspektrum »Krieg« und »Gewalt« zeigen die Atlanten vor allem durch die Akzentuierung der Neuzeit, insbesondere der Geschichte der Weltkriege (Siehe Kap. 4.2.). Vgl. Bernecker ; Brinkmann: Kampf der Erinnerungen; Sondergeld, Birgit: Spanische Erinnerungskultur. Die Assmann’sche Theorie des kulturellen Gedächtnisses und der Bürgerkrieg 1936 – 1939. Wiesbaden 2010.
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päischen Atlanten fest etablierten Themas hinausgehen. Hier fallen die ausführlichen Abbildungen des Konflikts ins Auge (mehrere Geschichtskarten zeigen einzelne Phasen des Konflikts),558 die bis zur ausgefallenen Informationsvermittlung reichen (etwa die Visualisierung des Lebenswegs Francos).559 Deutsche Geschichtsatlanten widmen sich unter memorialen Aspekten eingehend den vielschichtigen Gesichtspunkten und Korrelationen zwischen Holocaust und Zweitem Weltkrieg.560 Sie dokumentieren zum Beispiel das komplexe Lagersystem in Mitteleuropa im Vergleich zu anderen Produktionen sehr genau und stellen zudem Verbindungen zur Entwicklung der Vernichtungspolitik her (»Die Vernichtung der europäischen Juden 1939 – 1945«).561 In Atlanten aus Polen und Russland werden ebenfalls die Ereignisse und Umstände des Zweiten Weltkriegs stark hervorgehoben, insbesondere die jeweiligen nationalen Kriegsanstrengungen und Opfer (»Vernichtung des polnischen Volks durch die Besatzer – 1939 – 1945«).562 In britischen und französischen Veröffentlichungen stehen hingegen die Entbehrungen und Verhältnisse im »Großen Krieg«563 (»Trench Warfare: Battle of the Somme 1916«) im Mittelpunkt der Darstellung. Besonders auffallend sind im Kontext des Ersten Weltkriegs ungarische Produktionen, in denen speziell die Folgen des Krieges aufgrund von politischen Veränderungen und territorialem Verlust der Pariser Vorortverträge Berücksichtigung finden (»Territoriums- und Bevölkerungs558 Pro Ruiz, Juan (Hrsg.): Atlas Histûrico. Ediciones SM, Madrid 2005, S. 128 f. 559 De Cortzar, Fernando Garca (Hrsg.): Atlas de historia de espaÇa. Planeta, Barcelona 2007, S. 476 – 495. 560 Vgl. Hoffmann, Detlef: Vom Kriegserlebnis zur Mythe. Deutschland, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 151 – 172; Berg, Nicolas: Der Holocaust und die westdeutschen Historiker. Erforschung und Erinnerung. Göttingen 2003 sowie Reichel, Peter ; Schmid, Harald; Steinbach, Peter (Hrsg.): Der Nationalsozialismus. Die zweite Geschichte: Überwindung, Deutung, Erinnerung. Bonn 2009. 561 Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas, S. 175. Die Kartierung von Einsatzgruppen und mobilen Tötungseinheiten mit Bezugnahme auf die Tötungszentren der Aktion T4 findet sich nur in den Atlanten von Vadim Oswalt und Hans-Ulrich Rudolf, vgl. Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas, S. 175 sowie Overy (Hrsg.): Complete History of the World, S. 299. 562 Kosmala, Beate: Lange Schatten der Erinnerung: Der Zweite Weltkrieg im kollektiven Gedächtnis. Polen, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 509 – 540; Scherrer, Jutta: Siegesmythos versus Vergangenheitsaufarbeitung. Sowjetunion/Russland, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 619 – 670, vgl. Olczak, Elz˙bieta; Tazbir, Julia (Hrsg.): Atlas historyczny ; Szkoła ´srednia; Od 1939 roku, Wydawnictwo. Demart, Warschau 2001, S. 30. 563 Vgl. Alter : Der Erste Weltkrieg in der englischen Erinnerungskultur, S. 113 – 126. In diesem Zusammenhang sei besonders auf die vielschichtigen Perspektivwechsel Europa, Westfront und Grabenkrieg im »Philip’s Geschichtsatlas« hingewiesen, vgl. Edmonds; King; Lintott (Hrsg.): Philip’s history atlas, S. 40 f. Auch französische Geschichtsatlanten nutzen mehrere Perspektiven zum Beispiel im Kontext von »Verdun«, vgl. Carton, Jean-Luc; Lambin, JeanMichel (Hrsg.): Atlas des collÀges; toutes les cartes des programmes d’histoire-g¦ographie. Hachette, Paris 2000, S. 58.
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verlust von Ungarn um 1920«).564 Sie werden allgemein als »Schauplätze der Geschichte des Ungarntums« betrachtet.565 Ein ausdrückliches Andenken an die historischen Aspekte der Neuordnung Europas in der Zwischenkriegszeit erfolgt generell in den Staaten Ostmitteleuropas und des Balkans. Die am Weltkrieg beteiligten Länder sowie die Staatsneugründungen des »Cordon sanitaire« stellen in Abbildung der damaligen Verhältnisse entweder die (wieder-)gewonnene Souveränität (etwa für Rumänien »Die Große Vereinigung«566 oder für Tschechien »Ethnische Probleme und Grenzkonflikte in der Tschechoslowakei 1918 – 19«567) oder großflächige Gebietsabtretungen (zum Beispiel Bulgarien »Migration der bulgarischen Bevölkerung 1912 – 1926«568) in den Vordergrund, wobei in den Kartenwerken bezüglich Bevölkerungsgruppen und Minderheiten oftmals geopolitische Prägungen, alte Geschichtsbilder oder nationale Identitäten zu erkennen sind.569 Speziell in der Beschäftigung mit den bilateralen und Bürgerkriegs-Konflikten des »Interbellums« tauchen Raumideologien, Mentalitäten und Perspektiven in den Geschichtsatlanten auf, die neben der Veranschaulichung von Kampfhandlungen sowie dem Gewinn und Verlust von Territorium den nationalen Blick auf das eigene Staatsgebiet prägen.570 In diesem
564 Papp-Vry (Hrsg.): K¦pes tört¦nelmi atlasz, S. 35. 565 Fischer-Dardai; M.-Csaszar : Das Balkanbild in ungarischen Schulbüchern für Geschichte und Geographie, S. 199; zur Historiographie vgl. Klimû, Ýrpd v.: Zeitgeschichte als moderne Revolutionsgeschichte. Von der Geschichte der eigenen Zeit zur Zeitgeschichte in der ungarischen Historiographie des 20. Jahrhunderts, in: Nützenadel; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem, S. 289 f.; Romsics: Der Friedensvertrag von Trianon. 566 Perovici, Minodora (Hrsg.): Istoria Romniei; atlas s¸colar ilustrat. Corint, Bukarest 2007, S. 50 f.; zur Bedeutung von Krieg im »Kontext« der Lehrmittel in Rumänien vgl. Ritzer : »Die Existenz eines Volkes wird nicht diskutiert …«, S. 167 – 187; zur Historiographie vgl. Schmidt-Rösler, Andrea: Rumänien nach dem Ersten Weltkrieg. Die Grenzziehung in der Dobrudscha und im Banat und die Folgeprobleme. Frankfurt/Main 1994. 567 Jezˇkov, Dagmar ; Mandelov, Helena (Hrsg.): Deˇjiny 20. stolet; deˇjepisn¦ atlasy pro zkladn sˇkoly a vceleta gymnzia. Kartografie Praha, Prag 2002, S. 23; zur Historiographie vgl. Schulze Wessel, Martin: Zeitgeschichtsschreibung in Tschechien. Institutionen, Methoden, Debatten, in: Nützenadel; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem, S. 307 – 328; Haslinger, Peter : Zeit- und Alteritätsbezüge in Staatsgründungsdiskursen: Das Beispiel der Ersten Tschechoslowakischen Republik, in: Gehrke (Hrsg.): Geschichtsbilder und Gründungsmythen, S. 325 – 348. 568 Krasimir, Andreev (Hrsg.): Atlas istoria 9 Klas. Kartografia EOOG, Sofia 2007, S. 51. 569 Vgl. Kem¦nyfi: Karten machen – Macht der Farben, S. 55 – 67; Kyaw, Natalja: Kroatien – Balkan oder Mitteleuropa? Das Balkan- und Südosteuropa-Konzept in kroatischen Geschichtslehrbüchern, in: Helmedach (Hrsg.): Pulverfass, powder keg, baril de poudre, S. 231 – 242. 570 Vgl. Kaser, Karl (Hrsg.): Europa und die Grenzen im Kopf. Wieser-Enzyklopädie des europäischen Ostens. Klagenfurt 2003; Lemberg, Hans (Hrsg.): Grenzen in Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert. Aktuelle Forschungsprobleme. Marburg 2000; Segert, Dieter : Die Grenzen Osteuropas. 1918, 1945, 1989 – drei Versuche im Westen anzukommen. Frankfurt/Main 2002.
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Zusammenhang finden insbesondere im Kontext Ostmittel- und Südosteuropas unterschiedliche Konflikte Eingang in einzelne Kartenabbildungen. Betrachtungen zur europäischen Neuordnung nach 1919 veranschaulichen die Geschichte demnach nicht nur über die für diese Zwecke häufig verwendeten Europa- und Mitteleuropakarten, sondern werden in einigen Staaten zusätzlich an eine nationale Perspektive angebunden und weichen damit deutlich von konventionalisierten Darstellungsmustern zur Geschichte der Zwischenkriegszeit ab. Die im Anschluss an den Ersten Weltkrieg und die russische Revolution erfolgenden Auseinandersetzungen im polnisch-ukrainischen Krieg, im polnisch-sowjetischen Krieg und im polnisch-litauischen Krieg fließen speziell in Kartenwerke Polens (»Die Kämpfe um die Grenzen Polens«)571, aber auch in die Atlaspublikationen seiner damaligen Kontrahenten (»Unabhängigkeitskämpfe Litauens«)572 ein. Jedoch verweisen vor allem polnische Produktionen in der Darstellung der Konflikte mit den Nachbarn auf den »Gründungsmythos« der zweiten Republik.573 Zusätzlich treten Kartenvisualisierungen zum ungarischrumänischen Krieg, zum estnischen Freiheitskrieg (»Unabhängigkeit Estlands«574), zum finnischen Bürgerkrieg (»Finnischer Bürgerkrieg«575) und zum griechisch-türkischen Krieg (»Der Krieg in Kleinasien«576 ; »Fronten im türkischen Befreiungskrieg«577) fast ausschließlich in Publikationen der jeweils beteiligten Konfliktparteien auf.578 (vgl. Kapitel 6) Es lassen sich nicht für sämtliche dieser Konflikte begründete Nachweise des zielgerichteten Eingangs von Geschichte über das Spannungsfeld von »Erinnerung«, »Mythenbildung« und politisch beeinflusster Geschichtsschreibung in die Atlasveröffentlichungen festhalten. Jedoch ist die besondere Bedeutung und soziokulturelle Relevanz der jeweiligen historischen Geschehnisse für die sie 571 Horubała, Leokadia; Kurzbauer-Zaniewska, Maria; Lewandowska, Krystyna (Hrsg.): Atlas historyczny do gimnazjum. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 1999, S. 43 (dt. Titel: »Geschichtsatlas für das Gymnasium«). 572 Latisˇenka, Aru¯nas (Hrsg.): Naujausiuju laiku istorijos atlasas 10 klasei. Briedis, Wilna 2006, S. 6 f. 573 Wilkiewicz, Zbigniew R.: Die großen nationalen Mythen Polens, in: Bizeul, Yves (Hrsg.): Politische Mythen und Rituale in Deutschland, Frankreich und Polen. Berlin 2000, S. 59 – 72. Zur Historiographie vgl. Borodziej, Włodzimierz: Geschichte Polens im 20. Jahrhundert. München 2010, S. 97 – 188; Kornat, Marek: Polen zwischen Hitler und Stalin: Studien zur polnischen Außenpolitik in der Zwischenkriegszeit. Berlin 2012. 574 Kriiska, Aivar: Eesti ajaloo atlas. Avita, Talin 2007, S. 101 ff. 575 Pederby, Bo; Sandberg, Robert (Hrsg.): Historian kartasto. Otava, Helsingissä 2004, S. 44. 576 Siolas, Angelos G.: Geo-istorikos scholikos atlas 2; Apû to Mesaþna ¦o¯s te¯ sy´nkrone¯ epoche¯. Ekdosis A. Siola – E. Alexiu, Athen 2007, S. 68. 577 Unat, Faik Res¸it (Hrsg.): Tarih atlası; Yeni basım. Kanaat Yayınları, Istanbul 1999, S. 55. 578 Zum türkisch-griechischen Konflikt und seinen Nachwirkungen, vgl. Heraclides, Alexis: The Greek-Turkish conflict in the Aegean. Imagined enemies. Houndmills, Basingstoke, Hampshire 2010.
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betreffenden (Teil-) Öffentlichkeiten hervorzuheben.579 Hier muss einerseits auf die besondere Prägekraft von »Krieg« und »Gewalt« in militärischen Konflikten hingewiesen werden, die im Spektrum von Erinnerungs- und Gedächtniskultur in vielfältigen Manifestationen auftauchen.580 Andererseits gehört die Abhandlung des Zeitalters der Weltkriege zu einem Themenkanon, der in vielen europäischen Geschichtsatlanten auftaucht (etwa Zweiter Weltkrieg).581 Allerdings gibt es in einigen Ländern spezifische Verbindunglinien zwischen Historie und gesellschaftlich-kulturellem Gedächtnis, aus denen wiederum besondere Darstellungsmuster oder vielmehr auffallende Formen der Visualisierung durch Einfluss von Wertmustern, Geschichtsbildern und Ideologien entstehen.582 Eine gesamteuropäische Debatte entfachte sich zum Beispiel an der Frage, ob es ein europäisches Geschichtsbewusstsein geben könne, in dem der kommunistische wie auch der nationalsozialistische Terror einen Platz haben, ohne dass dies die unterschiedlichen Erfahrungs- und Leidenshorizonte der Menschen verfälscht oder relativiert. Einige Historiker sprechen in diesem Zusammenhang von »erinnerungskulturellen Trennlinien«, die Europa durchziehen.583 Zugang zur Geschichtskultur findet die über erinnerungskulturelle oder geschichtspolitische Initiativen vermittelte Geschichte durch vielfältige Akteure oder Instanzen (Wissenschaftler, Politiker, Institute etc.), die über unterschiedliche Kanäle Inhalte zum Beispiel in Diskursen beziehungsweise Kontroversen584 an die Öffentlichkeit vermitteln und in unterschiedlichem Maß 579 Vgl. Bizeul, Yves: Theorien der politischen Mythen und Rituale, in: Bizeul (Hrsg.): Politische Mythen und Rituale in Deutschland, Frankreich und Polen, S. 15 – 42; Berek, Mathias: Gutes oder schlechtes Erinnern? Die Notwendigkeit des Politischen in der Erinnerungskultur, in: Hahn, Hans-Henning; Hein-Kircher, Heidi; Kochanowska-Nieborak, Anna (Hrsg.): Erinnerungskultur und Versöhnungskitsch. Marburg 2008, S. 71 – 85; Assmann: Geschichte im Gedächtnis. 580 Vgl. Speitkamp: Einleitung, S. 9 – 13; FranÅois: Meistererzählung und Dammbrüche, S. 13 – 28. 581 Vgl. Echternkamp, Jörg; Martens, Stefan: Der Weltkrieg als Wegmarke einer europäischen Geschichte?, in: Echternkamp, Jörg; Martens, Stefan (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg in Europa. Erfahrung und Erinnerung. Paderborn 2007, S. 1 – 34; Meyer, Henning: Die Bedeutung von Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs für die Herausbildung einer europäischen Erinnerungskultur, in: Kühberger (Hrsg.): Europäische Geschichtskultur – Europäische Geschichtspolitik, S. 87 – 99; Jarausch: Zeitgeschichte zwischen Nation und Europa, S. 3 – 10; Popp: Auf dem Weg zu einem europäischen »Geschichtsbild«, S. 23 – 31; Speth, Rudolf: Europäische Geschichtsbilder heute, in: Bock; Wolfrum (Hrsg.): Umkämpfte Vergangenheit, S. 159 – 175. 582 Vgl. Gehrke, Hans-Joachim: Geschichtsbilder und Gründungsmythen, in: Gehrke (Hrsg.): Geschichtsbilder und Gründungsmythen, S. 9 – 22; Berger, Stefan: Narrating the nation. Die Macht der Vergangenheit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 58 (2008) 1/2, S. 7 – 13. 583 Vgl. Troebst, Stefan: Postkommunistische Erinnerungskulturen im östlichen Europa. Bestandsaufnahme, Kategorisierung, Periodisierung = Postkoministyczne kultury pamie˛ci w Europe Wschodniej: stan, kategoryzacja, periodyzacja. Wrocław 2009, S. 7. 584 Vgl. Sabrow ; Jessen; Große-Kracht (Hrsg.); Zeitgeschichte als Streitgeschichte; Nützena-
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sogar auf die Produktion von Medien einwirken (zum Beispiel Bildungspolitik).585 Ein passendes Beispiel für den Einfluss der Politik im Zusammenhang von Bildung und »Erinnerung« ist der Erlass von »Erinnerungsgesetzen« in Frankreich und Spanien. In Spanien soll diesbezüglich der Opfer von Bürgerkrieg und Franco-Diktatur gedacht werden. In Frankreich begann die gesetzliche Regelung des »Erinnerns« 1990 mit dem nach seinem Initiator benannten »Loi Gayssot«, das die Leugnung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe stellte.586 Im Jahr 2001 verfügte die Pariser Nationalversammlung, die Verschleppung und massenhafte Tötung von Armeniern zur Zeit des Osmanischen Reichs insbesondere im Ersten Weltkrieg als »Genozid« zu bezeichnen. Die Initiative bemächtigte sich in der Folge auch der Erinnerung an die Sklaverei und den Sklavenhandel, was gleichwohl im Jahr 2005 durch das Vorhaben der gesetzlichen Regelung eines beschönigenden Gedenkens an den französischen Kolonialismus ad absurdum geführt wurde.587 Solche Initiativen wirken sich erkennbar auf die Gestaltung von Lehrmitteln aus, was in Frankreich etwa die Kartierung des Völkermords an den Armeniern in Geschichtsatlanten zeigt.588 Die Bundesrepublik Deutschland verabschiedete zwar bisher kein eindeutiges Erinnerungsgesetz, allerdings wird die Leugnung des Holocaust seit 1994 mit Gefängnis- oder Geldstrafen geahndet. Darüber hinaus entstehen innerhalb der Länder Europas durch die Arbeit von Institutionen und Einrichtungen im Spannungsfeld von Politik und Bildung verschiedene Initiativen im Bereich der Gestaltung und Vermittlung von Geschichte. So üben etwa in Polen staatliche Organisationen und Institute vielfältigen Einfluss auf die Darstellung von Geschichte aus. Ein wichtiger Akteur, der die Medialisierung der Geschichte im Kontext politischer Einflussnahme mitbestimmt, ist das 1998 berufene »Institut für Nationales Gedenken (Instytut Pamie˛ci Narodowej – IPN)« in Warschau.589 Das Institut spielt bei Interessen-
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del; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem; Danyel; Kirsch; Sabrow ; Marti (Hrsg.): 50 Klassiker der Zeitgeschichte. Vgl. Hessenauer, Heike: Die Produktion von Schulbüchern. Zwischen rechtlichen Vorgaben und unternehmerischem Kalkül, in: Handro; Schönemann (Hrsg.): Geschichtsdidaktische Schulbuchforschung, S. 265 – 283; Bühl-Gramer, Charlotte: Rahmenbedingungen der Schulbuchproduktion in Italien, in: Handro; Schönemann (Hrsg.): Geschichtsdidaktische Schulbuchforschung, S. 283 – 297. Vgl. Schulze, Winfried: Erinnerung per Gesetz oder »Freiheit für die Geschichte«, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 59 (2008) 1/2, S. 364 – 381. Vgl. Petter, Dirk: Die koloniale Vergangenheit als Deutungsreservoir in den politischen Debatten um das französische Erinnerungsgesetz vom Februar 2005, in: FrankreichJahrbuch (Hrsg.): Deutsch-Französisches Institut 23 (2010), S. 91 – 104. Vgl. u. a. Vallaud, Pierre (Hrsg.): Atlas Historique. Perrin, Paris 1999, S. 87. Das Institut für Nationales Gedenken (IPN) ist eine staatliche Einrichtung in Polen, die sich
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konflikten immer wieder eine kontroverse Rolle und positioniert sich dabei zumeist deutlich zugunsten des Schutzes und Erhalts des polnischen Patriotismus. Für Aufsehen sorgte vor allem die umstrittene Stellungnahme des IPN bei der Untersuchung des 1941 von Polen an jüdischen Bürgern begangenen »Massakers von Jedwabne«. Das Institut reagierte damit im Jahr 2001 auf die vom polnisch-amerikanischen Historiker Jan Tomasz Gross publizierte Studie »Nachbarn«.590 Polens Rolle beim »Mord an den Juden von Jedwabne« beherrschte die öffentliche Diskussion.591 Die gesamte Debatte verweist klar erkennbar darauf, dass die Darstellung und Vermittlung von Geschichte in Polen politisch besonders aufgeladen ist. Gerade im Kontext von Opfermythos und Nationalgeschichte besitzt die Vergangenheit im Bewusstsein der polnischen Bevölkerung eine große Relevanz (»Opferkonkurrenz«).592 So stehen in Geschichtsatlanten zum Zweiten Weltkrieg eher die Entbehrungen und Verluste der polnischen Nation (inklusive jüdischer Bevölkerung) als die Opfer des jüdischen Volks im Vordergrund (vgl. Kapitel 8.3.1.).593 Gleichwohl gibt es Tendenzen, die Politisierung – zumindest des Schulunterrichts der Geschichte – zu entschärfen. So liegt etwa der Schwerpunkt im neuen Lehrprogramm für die Mittelschule (»Gimnazjum«) auf der neuesten Geschichte und nicht mehr auf der stark akzentuierten polnischen Nationalgeschichte. Eine über nationalstaatliche Interessen hinausgehende Bedeutung besitzen Einrichtungen mit internationalem Fokus, die im Bereich der Bildung einen wichtigen Beitrag zur internationalen Verständigung leisten (GEI, Euro-Clio, UNESCO etc.). Bereits in Kapitel zwei wurde neben der Bedeutung von internationalen Institutionen auch auf das in Deutschland ansässige »Georg-EckertInstitut für internationale Schulbuchforschung« verwiesen. Das Institut hat durch seine Arbeit der bi- und multilateralen Erforschung von Lehrmitteln großen Einfluss auf die Landschaft von Bildungsmedien, erstellt Gutachten, gibt
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mit den Hinterlassenschaften und der Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit beschäftigt. Außerdem erstreckt sich das Tätigkeitsfeld des IPN auf die deutsche und sowjetische Besatzung im Zweiten Weltkrieg und die in dieser Zeit begangenen Verbrechen an polnischen Bürgern. Das Institut tritt zum Beispiel selbst als Herausgeber von Geschichtsatlanten auf, vgl. Wnuk, Rafal (Hrsg.): Atlas Polskiego Podziemia Niepodległos´ciowego 1944 – 1956 (the Atlas of the Independence Underground in Poland 1944 – 1956). Instytut Pamie˛ci Narodowej, Inowrazlaw 2007. Bömelburg, Hans-Jürgen: Die polnische Erinnerung an die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg in der III. Republik, in: Kochanowski, Jerzy ; Kosmala, Beate (Hrsg.): Deutschland, Polen und der Zweite Weltkrieg. Geschichte und Erinnerung. Potsdam 2009, S. 107. Gross: Nachbarn; vgl. auch die Beiträge in Engelking, Barbara; Hirsch, Helga (Hrsg.): Unbequeme Wahrheiten. Polen und sein Verhältnis zu den Juden. Frankfurt/Main 2008. Hölzlwimmer, Regina: 60 Jahre Erinnerung an den Krieg und Krieg um die Erinnerung. Das Beispiel Polen, in: Fritz; Sachse; Wolfrum (Hrsg.): Nationen und ihre Selbstbilder, S. 120 f. Vgl. u. a. Olczak, Elz˙bieta; Tazbir, Julia (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci. Wydawnictwo Demart, Warschau 2004, S. 72 f.
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Empfehlungen und tritt beispielsweise als Schulbuchzentrum des Europarates in Erscheinung.594 Insgesamt kennzeichnet die »staatliche Bildungssouveränität« in ganz Europa das Wirkungsfeld des modernen Staates. In vielen Ländern spielt somit die Politik im Spannungsfeld von Bildung und »Erinnerung« eine wichtige Rolle. In Griechenland und der Türkei werden beispielsweise – wie bereits im ersten Teil des Kapitels genauer besprochen – Inhalte und Aussehen der Schulbücher zentral verwaltet und an eine strikte Gesetzgebung gebunden. Einen Einblick in die Konzeption und Gestaltung der Lehrwerke zu erhalten, ist schwierig. Um bestehende Probleme aus dem Weg zu räumen, vereinbarte die bilaterale Politik Griechenlands und der Türkei im Mai 2010, dass negative Botschaften und Geschichtsbilder, die die Staaten ihren Schülern über den jeweils anderen per Schulbuch vermittelten, in Zukunft gestrichen werden sollten. Das Bild Griechenlands in türkischen Schulbüchern etwa war bis dahin stark vom Kennzeichen der Gefahr für Zypern und den türkischen Staat geprägt. Ein Treffen beider Staatsführungen in Athen leitete die Überwindung langjähriger Rivalitäten zwischen beiden Ländern ein. Des Weiteren planten beide Staaten, in jährlichen Konsultationen kontroverse Themen und Spannungen zu besprechen.595 Eine starke nationale Perspektivierung des griechisch-türkischen Konflikts konnte in Atlanten beider Länder lokalisiert werden (vgl. Kapitel 6.2.1.).
4.1.2. Verlage zwischen Traditionsbildung und internationaler Verflechtung Mit der Herausbildung der modernen Geographie als Wissenschaft Ende des 18. sowie zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist speziell die Etablierung des Verlagswesens für kartographische Produkte verbunden. Der Einzug von Atlanten markiert den Beginn der regelmäßigen Arbeit mit Kartenmaterialien im Klassenzimmer.596 Zwar waren für Unterrichtszwecke konzipierte Atlanten bereits seit dem frühen 18. Jahrhundert in Benutzung, die umfangreiche schulische Verwendung in großen Auflagen wurde allerdings erst mit der Entwicklung von 594 Vgl. Becher (Hrsg.): Internationale Verständigung. 595 Vgl. auf der Internetplattform »edumeres.net«, »Versöhnung zwischen Griechenland und der Türkei: Ende der Feindseligkeiten in Schulbüchern«. Online verfügbar unter URL: http://www.edumeres.net/de/information/home/post/browse/29/article/versoehnung-zwi schen-griechenland-und-tuerkei-keine-feindseligkeiten-in-schulbuechern-mehr.html?tx _ttnews[backPid]=13& cHash=1112beac49 [Stand: 30. 10. 2012]. 596 Vgl. Brogiato, Heinz Peter : »An dem Knochen wird von vielen genagt«. Zur Entwicklung der geographischen Schulatlanten im 19. Jahrhundert, in: Internationale Schulbuchforschung 19 (1997) 1, S. 35 – 66; Kötter: Der Schulatlas – ein Produkt seiner Zeit, S. 81 – 89; Schultz, Hans-Dietrich: Die deutschsprachige Geographie von 1800 bis 1970. Ein Beitrag zur Geschichte ihrer Methodologie. Berlin 1980.
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neuen technischen Verfahren des Druckes und der Papierproduktion gegen Ende des 19. Jahrhunderts möglich.597 Mit dem Beginn der Moderne entstanden überall in Europa neue Verlagshäuser, die die Kartographie noch stärker ins Blickfeld der Menschen rückten. Mit »Harper Collins« (1813) und »George Philip and Son« (1834) im Königreich Großbritannien, dem Verlag »Eduard Hölzel« (1844) in Österreich, »W.E.J. Tjeenk Willink« (1838) und »Wolters-Noordhoff« (1836) in den Niederlanden, »Larousse« (1852) und »Hachette« (1826) in Frankreich, »Bonnier« (1837) in Schweden, »Instituto Geografico de Agostini« (1901) in Italien entstanden auf dem Gebiet der Lehrmittel sowie speziell für geographisch-topographische Atlanten zugkräftige Unternehmen, die auch in der Sparte der Entwicklung von Geschichtsatlanten tätig werden sollten.598 Insbesondere in Deutschland kam es zur Gründung zahlreicher Verlage, die Produkte im Sektor der Kartographie vertrieben, wie zum Beispiel »Perthes« in Gotha (1785), »Berghaus« in Potsdam (1848), »Velhagen & Klasing« in Bielefeld (1833) sowie die »Akademie der Wissenschaften, Schleuen« (1761) und »Reimer« (1822) in Berlin. Ferner gründeten sich in Braunschweig der Verlag »Westermann« (1838), in Weimar »Bertuch« (1804), in Hildburghausen das »Bibliographische Institut« (1826) und in Leipzig der Verlag »Brockhaus« (1805). Hinzu kamen in Frankfurt am Main »Jäger und Ravenstein« (1830), in Stuttgart »Cotta« (1659) und in Freiburg »Herder« (1801).599 Den deutschen Schulatlasmarkt dominierten in der Zeit von 1870 bis 1900 vor allem fünf Verlage: »Perthes«, »Westermann«, »Wagner & Debes«, »Velhagen & Klasing« sowie »Reimer«.600 Angesichts eines derart ausgeprägten Verlagswesens ist es kaum verwunderlich, dass in Deutschland bald eine massive Produktion von Geschichtsatlanten einsetzte, die Ende des 19. Jahrhunderts an Vielfalt europaweit kaum zu überbieten war.601 Der Verlag »Perthes« in Gotha veröffentlichte von 1817 bis 1831 als erstes deutsches Privatunternehmen einen modernen Weltatlas, den »Stielerschen Handatlas«, der aus topographischen Übersichtskarten aller Teile der Erde be-
597 Vgl. Lehn: Deutschlandbilder, S. 12; Brogiato: »An dem Knochen wird von vielen genagt«, S. 36 – 38. 598 Vgl. Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Black: Maps and History ; Mollier, Jean-Yves; Dubot, Bruno: Histoire de la librairie Larousse, 1852 – 2010. Paris 2012; Birsak, Lukas: Die österreichischen Schulatlanten des Verlages Ed. Hölzel, in: Mayer, Ferdinand (Hrsg.): Schulkartographie. Wien 1992, S. 234 – 241. 599 Vgl. Neumann, Joachim: Entwicklungslinien deutscher Kartographiegeschichte, in: Kartographische Nachrichten 43 (1993) 2, S. 43; vgl. auch Lehn: Deutschlandbilder. 600 Lehn: Deutschlandbilder, S. 17. 601 Vgl. Schraut: Kartierte Nationalgeschichte, S. 50 ff.
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stand. Ebenfalls bei »Perthes« brachte Heinrich Berghaus von 1838 bis 1848 mit dem »Physikalischen Weltatlas« den ersten thematischen Weltatlas heraus.602 Auch der Bedarf an Kartendarstellung zur Geschichte nahm durch die steigende Relevanz des Geschichtsunterrichts im Zuge der säkularen Emanzipierung des Faches im 19. Jahrhundert immer mehr zu. So etablierten Verlagshäuser deshalb in vielen europäischen Ländern Geschichtskartenwerke als Medien für den Geschichtsunterricht. Die Atlanten wiesen gegenüber den bisher veröffentlichten Produktionen zur Geschichte vielfältige Neuerungen auf, da sie aktuelle Bezüge hatten und nicht mehr vorwiegend biblische und antike Inhalte behandelten. Im Ganzen lieferten sie eine bis in die Gegenwart reichende nationale Staatengeschichte im Kontext von Politik und Krieg ohne religiöse Einflüsse.603 Die im Zuge wachsender Beliebtheit steigenden Publikationszahlen brachten Geschichtsatlanten Ende des 19. Jahrhunderts ein Massenpublikum ein. Die in dieser Periode entstandenen Veröffentlichungen für den Schul- aber auch Alltagsgebrauch stammen von Verlagshäusern oder Verlegern unter anderem aus Bulgarien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland, der Schweiz, Ungarn, dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland.604 Mit Blick auf die inhaltliche Genese von Geschichtsatlanten von den Anfängen bis zur Gegenwart gibt der deutsche Historiker Christof Dipper allerdings zu bedenken, dass sich in aktuellen Publikationen ein »viel größerer Traditionsüberhang als bei anderen Genres der Publikation historischen Inhalts« finde.605 So ist eine Haftung an traditionellen Gestaltungsprinzipien im weiteren Verlauf zu überprüfen. Der Geschichtsatlas begegnet uns in Europa in unterschiedlichen Zusammenhängen. Dabei erscheint er als geschichtskulturelles Produkt alltäglicher Wissensvermittlung in Buchhandlungen, Büchereien und Bibliotheken, aber vor allem in der Schule.606 Kartenwerke werden überall in Europa von Verlagen entwickelt und publiziert.607 Wichtig in der Auseinandersetzung mit dem At602 Vgl. Kupck, Ivan: Alte Landkarten. Von der Antike bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Hanau 1992, S. 214 f. 603 Lehn: Deutschlandbilder, S. 17 ff.; Schraut: Kartierte Nationalgeschichte, S. 15. 604 Vgl. Black: Maps and History, S. 69 ff.; Dörflinger : Geschichtsatlanten vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, S. 179 – 198 sowie eine Bibliographie von Atlanten, in: Badziag, Astrid; Mohs, Petra; Zögner, Lothar ; Meinecke, Wolfgang (Hrsg.): Schulatlanten in Deutschland und benachbarten Ländern vom 18. Jahrhundert bis 1950. Ein bibliographisches Verzeichnis. München 1982. 605 Vgl. Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 376 f. 606 Vgl. Oswalt: Die Macht der Visualisierung historischer Räume – Die Karte als Medium der Geschichtskultur in Europa. 607 Das Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen bietet eine Verlinkung auf sämtliche Verlagswebseiten weltweit. Allein für die fünf bevölkerungsreichsten euro-
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lasmedium ist deshalb auch der Blick auf Besonderheiten, Traditionen und Ausrichtungen der Verlagslandschaft Europas. Viele Verlagshäuser besitzen eine weit zurückreichende Geschichte, die insbesondere in diachroner Perspektive aufschlussreiche Auskünfte über Einflüsse, Entwicklung und Gestaltung von Geschichtsatlanten geben. Oft wird zum Beispiel durch eine verlagsinterne Aufbereitung verlagseigener Kartensammlungen für eine aktuelle Anpassung an die Gebrauchskontexte der Kartennutzer gesorgt. Demzufolge weisen viele Atlasprojekte über Jahrzehnte nur wenige Überarbeitungen und Veränderungen auf, einzelne Visualisierungen bestimmen somit die Geschichtsbilder mehrerer Generationen.608 Im Blick auf ganz Europa zeigen sich deutliche Besonderheiten und individuelle Wege in der Atlasentwicklung, da für jedes Gemeinwesen ganz unterschiedliche Beziehungen zwischen Verlag, Produktion und Medium Geschichtsatlas gelten. Im Großteil der untersuchten Länder folgt die Verlagsarbeit bei der Entwicklung und Konzeption von Geschichtsatlanten speziellen Traditionen und Prozessen. Vor allem die Länder Westeuropas weisen in diesem Zusammenhang bestimmte Charakteristika auf, die die nationale Geschichtsatlasproduktion prägen (Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Österreich, Spanien). Beispielhaft ist in diesem Zusammenhang die britische, deutsche und französische Verlagslandschaft mit einer breiten Palette an Atlasmedien, die zudem vor dem Hintergrund einer Erfolgswelle von kartographischen Produkten mehrere Zielgruppen als Abnehmer ansprechen (etwa auch durch Altkarten »The Map Book«609 oder »A History of the World in Twelve Maps«610).611 Unter den vielfältigen Publikationen befindet sich auch eine große Auswahl an Kinder- und Spezialatlanten sowie an Bildbänden und Chroniken, (unter anderem »Kinderatlas Geschichte : Menschen, Länder, Epochen«612, »Petit atlas historique des temps modernes«613, »Masters of the
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päischen Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Russland) ließ sich die Zahl von knapp 12.000 Verlagseinrichtungen ermitteln, vgl. URL: http://digilink.digibib.net/cgi-bin/links.pl [Stand: 30. 10. 2012]. So wird beispielsweise im »Westermann – Atlas zur Weltgeschichte« auf Geschichtskarten zum Holocaust im Zeitraum von 1963 bis 1990 nicht zwischen Konzentrations- und Vernichtungslager unterschieden, vgl. Lehn: Deutschlandbilder, S. 478 ff. Barber: The Map book. Brotton, Jerry : A history of the world in twelve maps. London 2012. Vgl. Staley : Computers, visualization, and history ; Spieß, Christian: Zeitgeschichte in populären Geschichtsmagazinen, in: Popp; Sauer ; Alavi; Demantowsky ; Paul (Hrsg.): Zeitgeschichte – Medien – historische Bildung, S. 61 – 76; Ullrich, Volker : Zeitgeschichte als Strategie. Zur Präsentation von Geschichte in den Printmedien, in: Horn; Sauer (Hrsg.): Geschichte und Öffentlichkeit, S. 179 – 185. Albertz, Anuschka; Blakert, Elisabeth (Hrsg.): Kinderatlas Geschichte; Menschen, Länder, Epochen. Schwager & Steinlein Verlag GmbH, Köln 2008. H¦lie, J¦rúme (Hrsg.): Petit atlas historique des temps modernes. Colin, Paris 2007.
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battlefield«614, »Atlas of World War II«615). Auf diese Weise ergibt sich eine »Allgegenwart von Geschichte«,616 wobei das Kartenmedium häufig als omnipräsenter Vermittler dient, denn das Interesse, Historisches im Raum zu verorten, ist groß. Die umfassende Präsenz hat auch mit der generellen Bedeutung und Wirkungskraft von Geschichte im Zusammenhang mit erinnerungskulturellem Gedenken im jeweiligen Landeskontext zu tun, da viele Staaten auf eine bedeutende kartographische Tradition verweisen können, die sich in erster Linie auf die Abbildung des eigenen Staates beziehungsweise der für sie wichtigen Ereignisse der Geschichte bezieht.617 Vergleichbares gilt für einzelne Staaten Osteuropas (Bulgarien, Polen, Russland, die Tschechische Republik, Ungarn). Aufgrund von Karten- und Verlagstraditionen zirkulieren dort ebenso vielfältige Atlanten. Allein die Ausprägung eines dynamischen Buchmarkts und die lineare Entwicklung der Kartenwerke unterscheidet sie von den westeuropäischen Beispielen. Des Weiteren ist eine Gruppe von Staaten zu berücksichtigen, in denen traditionelle Hintergründe bisher keine große Rolle spielten, die allerdings über eine recht umfassende nationale Produktion von Karten verfügen (Dänemark, Griechenland, Lettland, Kroatien, Litauen, Norwegen, Rumänien, Serbien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Türkei, Ukraine). Eine dritte Gruppe bilden die Länder, in denen nur eine minimale bis gar keine Publikation von Geschichtsatlanten nationaler Provenienz erfolgt. Dort werden vermehrt Übersetzungen von Produktionen aus dem Ausland angeboten (zum Beispiel Albanien, Estland, Finnland, Schweiz). Genauso wie bildungspolitische Rahmenvorgaben in manchen Ländern wichtige Auskünfte und Hinweise zum Verständnis der Kartengestaltung geben, können auch flankierende Untersuchungen zur Arbeit von Verlagen sowie zur Publikation von Kartenwerken im Hinblick auf transnationale Kartenadaptionen und die damit in Verbindung stehende internationale Verbreitung von Kartenbildern sehr aufschlussreich sein. Der Historiker Jeremy Black hat darauf hingewiesen, dass die Herausgeber von Geschichtsatlanten nicht selten auf bereits publiziertes Material anderer Atlasprojekte zurückgreifen und dass verschiedene Atlanten häufig nur neu arrangierte und zusammengestellte Abdrucke von bereits veröffentlichten Arbeiten sind, die durch Übersetzungen und einige individuell zugeschnittene Geschichtskarten auf das gewünschte Ziel614 Thompson, Julian: Masters of the battlefield. The world’s greatest military commanders and their battles, from Alexander the Great to Schwarzkopf. London 2007. 615 Jordan; Wiest (Hrsg.): Atlas of World War II. 616 Vgl. Bergmann, Klaus: »So viel Geschichte wie heute war nie« in: Bergmann, Klaus: Geschichtsdidaktik. Beiträge zu einer Theorie historischen Lernens. Schwalbach/Ts. 2008, S. 13 – 31. 617 Vgl. Black: Maps and history, S. 27 ff.
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publikum, zum Beispiel für die Geschichte eines Landes, abgestimmt wurden.618 Daher tauchen weltweit Atlasprojekte auf, die durch Bearbeitung und Anpassung einer internationalen Vielfalt an Nutzern angeboten werden. Durch die weitreichende Veröffentlichung verschiedener Atlasprojekte finden deshalb möglicherweise auf dem Weg der Adaption signifikante Geschichtsbilder und Darstellungsmuster Verbreitung. Mit Blick auf die Gesamtheit aller untersuchten Geschichtsatlanten spielen Adaptionen vor allem in skandinavischen und westeuropäischen Ländern eine große Rolle. Insgesamt konnten für 22 Staaten Adaptionen recherchiert werden. Die Atlasveröffentlichungen sowie ihre Verflechtungen über Verlage und Autoren sind dabei äußerst vielfältig. (siehe Anlage 4.2.) Viele Atlanten werden als kommerzielle Produkte europaweit publiziert und somit zirkuliert auch die Persistenz von Kartenbildern über nationale Grenzen hinweg. Arbeiten des britischen Kartenautors John Haywood konnten für den gesamten skandinavischen Raum sowie für Deutschland nachgewiesen werden. Darüber hinaus tauchen die von Haywood entworfenen Karten in verschiedenen kompilatorischen Zusammenhängen auf, die über diverse europäische Verlage (»Cassell«, »Oxford University Press«, »Penguin Books«) Eingang in allgemeine mehrbändige, aber auch in einbändige weltgeschichtliche Atlaskartenwerke finden. In diesem Punkt ist auch die Nachnutzung von Geschichtskarten relevant, die insbesondere innerhalb der Verlagshäuser in neue Auflagen aber auch in neu strukturierte Atlasprojekte eingehen und die im Übrigen, wie folgendes Beispiel zeigt, auch an andere Verlage veräußert werden können (»Westermann«, »Bassermann«, »Könemann«). So erschien im Jahr 1998 unter dem Namen des renommierten Atlas »Völker Staaten und Kulturen« des Verlags »Westermann«,619 das fast vollständige »Kartenwerk« des britischen Autors John Haywood.620 Daneben adaptieren bereits bestehende Atlasprojekte die Arbeit von Autoren nicht nur für einzelne Geschichtskarten, sondern Verlage sorgen im kommerziellen Bereich der Publikation von Geschichtsatlanten auch für eine umfassende Verbreitung vollständiger Produktionen. So wurde im Jahr 2008 mit dem »Klett –
618 Vgl. Black: Maps and History, S. 144 f.; Black: Historiographical Review, S. 662. 619 Erstmals 1956 von Hans-Erich Stier als kleinste Ausgabe des »Atlas zur Weltgeschichte« publiziert und bis 1979 immer wieder überarbeitet aufgelegt, vgl. Aner, Ekkehard; Stier, Hans Erich (Hrsg.): Völker, Staaten und Kulturen. Ein Kartenwerk zur Geschichte. Westermann, Braunschweig 1956. 620 Haywood, John; Grube, Jochen (Hrsg.): Völker, Staaten und Kulturen. Ein universalhistorischer Atlas. Westermann, Braunschweig 1998.
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Taschenatlas zur Weltgeschichte« ein kompletter Atlas vom finnischen Verlag »ISVet« übernommen und in finnischer Übersetzung veröffentlicht.621 In Großbritannien kann man von einer regelrechten Flut von populären Atlasproduktionen für den Buchhandel sprechen, die über große Verlagshäuser verbreitet und auch im Ausland publiziert werden. Des Weiteren veröffentlichen die Verlage vielfältige Atlasproduktionen in englischer Sprache im populären Sektor, die teilweise sogar verlagsintern in enger Verbindung mit Schulbuchproduktionen stehen. Die »Octopus Publishing Group Limited«, zu der die renommierten Verlage »Cassell Illustrated« und »Philip’s Publishing«622 gehören, nimmt dabei einen Großteil des Marktes für Geschichtsatlanten für sich in Anspruch und ist mit seinen Erzeugnissen aus dem Hause »Philip’s« auch in der Produktion von Schulatlanten tätig. Der Verlag »Cassell« dagegen veröffentlicht im Bereich der wissenschaftlich-populären Produkte zahlreiche Atlaskartenwerke unter der Ägide namhafter Historiker, die in verschiedenen Varianten und Abwandlungen eine sehr hohe Verbreitung finden.623 Die Kartenwerke von »Philip’s« bestimmten schon ab dem frühen 20. Jahrhundert mit zwei Geschichtsatlanten den einschlägigen englischen Schulbuchmarkt. Nicht zuletzt trug der Historiker Ramsay Muir durch seine Autorenschaft zur überaus großen Popularität der Atlasprojekte bei, da er mit Publikationen erster Atlanten das zumeist junge Publikum mit den in der Gesellschaft verankerten Vorstellungen zur britischen (Erfolgs-)Geschichte versorgen konnte, die ganz im Sinne einer eurozentrischen Perspektive des Geschichtsverlaufs unter dem Einfluss des nationalistischen britischen Geschichtsbildes der damaligen Zeit stand.624 Die zugkräftigsten Publikationen waren der »Philip’s – A New School Atlas of Modern History« und »Philip’s – New Historical Atlas for Students«, die erstmals 1911 veröffentlicht wurden und in ihrer Konzeption bis in die 1960er-Jahre
621 Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Taschen-Atlas Weltgeschichte; Stegner (Hrsg.): Euroopan ja Maailman historia. 622 Philip’s ist einer der bekanntesten Verlage Großbritanniens für Karten, Atlanten und Begleithefte. Führende Produkte wie der Klassiker »Philip’s Modern School Atlas«, der momentan in seiner 96. Auflage erscheint, sowie dem »Philip’s Universal Atlas of the World« begründen die lange Tradition des Verlags. Alle Atlanten für Kinder und Jugendliche von Philip’s erfüllen die Anforderungen der nationalen Bildungsvorgaben sowie Schottlands nationale Richtlinien. Online verfügbar unter URL: http://www.octopusbooks.co.uk/ schoolatlases [Stand: 30. 10. 2012]. 623 Cunliffe, Barry (Hrsg.): Cassell’s Atlas of World History. Cassell, London 2001; Barratt, Edward; Catchpole, Brian; Haywood, John (Hrsg.): The Cassel Atlas of World history : The Modern World 1783 – 2000: Volume Three. Cassell, London 2000. 624 Jeremy Black charakterisiert die Atlanten dieser Epoche mit den Worten: »Thus the atlases of the period were nationalist, imperialist and didactic, with a clear emphasis on territoriality« vgl. Black: Maps and history, S. 67 sowie Schraut: Kartierte Nationalgeschichte, S. 288.
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hinein größtenteils unverändert blieben.625 Diese bereits zur damaligen Zeit mit umfangreichen rund 50 Seiten und 120 beziehungsweise 150 Geschichtskarten ausgestatteten kostengünstigen Lehrwerke zählten zu den beliebtesten Atlasproduktionen Großbritanniens.626 Sie dominierten mehr als ein halbes Jahrhundert den englischen Markt für Schulgeschichtsatlanten und wurden in zahlreichen Auflagen bis in die 1980er-Jahre immer wieder publiziert.627 Die Produktion »A New School Atlas of Modern History« erschien schon bei Erstveröffentlichung mit einer 17-seitigen Erläuterung, die sich explizit an Lehrer und Schüler aller Schulformen richtete. Der ausführlichere und umfangreichere »New Historical Atlas for Students« wurde in handlichem Format speziell für Lehrer und Studenten konzipiert.628 Weitere wichtige Verlage auf dem Feld der Geschichtsatlasproduktion in Großbritannien sind »Dorling Kindersley«, »Harper Collins« und »Oxford University Press«.629 Ihre Publikationen besitzen zumeist europäische Reichweite.630 Für Skandinavien kann ebenfalls von einer umfassenden Publikation von Schulgeschichtsatlanten durch zentrale Verlage gesprochen werden. Die Verlagsgruppe »Bonnier AB« ist ein internationales Medienunternehmen mit Sitz in Stockholm.631 Den Schwerpunkt des 1843 gegründeten Unternehmens bilden Buch- und Zeitschriftenverlage, die über eine eigene Lehrmittelsparte (»J.W. Cappelens Forlag«) Schweden und Norwegen mit Atlasproduktionen sowie Arbeitsheften versorgen.632 Zudem werden Atlasproduktionen des norwegischen »J.W. Cappelens Forlag« für den italienischen Markt adaptiert. Eine noch umfassendere Verbreitung im skandinavischen Raum haben die Atlasproduktionen des Verlags »Liber AB«. Der Verlag ist Schwedens führender Lehrmittel- und Schulbuchlieferant mit einem breiten Angebot an Lehrbüchern und anderen Lehrmaterialien, wie zum Beispiel Karten zu diversen Themen und 625 626 627 628 629
Schraut: Kartierte Nationalgeschichte, S. 288 Vgl. Black: Maps and History, S. 99. Vgl. Schraut: Kartierte Nationalgeschichte, S. 288. Ebd.: S. 294. Vgl. Black (Hrsg.): World History Atlas; Overy (Hrsg.): Complete History of the World; Barraclough, Geoffrey ; Stone, Norman (Hrsg.): The Times Atlas of World History. Times Books Limited, London 1997; Keegan (Hrsg.): Atlas of World War II; Overy (Hrsg.): Atlas of 20th Century History ; Gilbert: The Routledge Atlas of British History ; Gilbert: The Routledge Atlas of the Holocaust. 630 Vgl. u. a. Black, Jeremy : Atlas der Weltgeschichte. Dorling Kindersley, München 2010. 631 Rund 180 Gesellschaften in Europa, Russland und den USA gehören zur Bonnier-Gruppe vgl. Informationen zur Verlagsgruppe Bonnier AB sind online verfügbar unter URL: http:// www.bonnierutbildning.se/m2/Grundskolan-6-9/Historia/Historia/Fordjupning/Bon niers-Historiska-Atlas/ [Stand: 30. 10. 2012]. 632 J.W. Cappelen Forlag war eines der ältesten Verlagshäuser in Norwegen. Das Haus J.W. Cappelen Publishing wurde 1829 von Jørgen Wright Cappelen gegründet und 1987 vom schwedischen Medienkonzern Bonnier übernommen.
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für verschiedene Niveaus, von der Vorschule bis zur Universität. Geschichtsatlanten gehören genauso zum Programm von »Liber AB« wie zugehörige Arbeitshefte. Das Unternehmen »Liber AB« steht daneben zusammen mit den angegliederten oder kooperierenden Verlagen »Geografforlaget«633, »Almqvist & Wiksell Förlag«634 und »Otava Publishing Company«635 für eine länderübergreifende Zusammenarbeit an Geschichtsatlanten für Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden.636 Die auf ganz Skandinavien abzielende Veröffentlichungspolitik, die einerseits auf den Gegenstand der gemeinsamen Geschichte zurückgreifen und andererseits auf einer engen Kooperation der Kartenautoren aufbauen kann, ist als Besonderheit festzuhalten. Die große Atlastradition in Deutschland wurde bereits angesprochen. Die von den deutschen Verlagen publizierten Atlasprodukte lassen sich in vielfältigen internationalen Veröffentlichungskontexten nachweisen. So kann für deutsche Atlasveröffentlichungen eine flächendeckende, eventuell sogar die größte Anzahl an Adaptionen in ganz Europa festgehalten werden. An der Spitze steht einer der wohl am weitesten verbreiteten Geschichtsatlanten der Welt: Der »dtvAtlas Weltgeschichte« liefert mit einer Kombination aus Kartenwerk und Geschichtschronologie für viele Nutzer die ideale Kombination von textlichen Fakten und visuellen Darstellungen. Der von den Historikern Hermann Kinder und Werner Hilgemann herausgegebene und auf zwei Bände angelegte Atlas erschien erstmals 1964 beim »Deutschen Taschenbuch Verlag« unter dem Titel »Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution«. Zwei Jahre später folgte der zweite Teil, der die Geschichte bis zur Gegenwart behandelt. Der Geschichtswissenschaftler Eberhardt Schwalm bemerkte in einer Besprechung des Atlas in der Zeitschrift des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands im Jahr 1969, dass »diese neuartige Kombination einer Art Ploetz mit so eindrucksvoller
633 Geografforlaget ist ein Schulbuchverlag aus Kopenhagen, der sein Kerngeschäft seit 1975 mit Lehr- und Lernmitteln für die Primar- und Sekundarstufe betreibt. Informationen sind online verfügbar unter URL: http://www.geografforlaget.dk [Stand: 30. 10. 2012]. 634 Der Almqvist & Wiksell Förlag AB wurde im Jahr 1923 in Stockholm als Tochtergesellschaft der Almqvist & Wiksell Printing AB gegründet. Nach mehrmaligem Besitzerwechsel gehört der Verlag seit 1990 der Liber Gruppe. Informationen sind online verfügbar unter URL: http://www.liber.se/ [Stand: 30. 10. 2012]. 635 Die Otava Publishing Company ist ein Verlag, der seit 1890 Literatur in finnischer Sprache publiziert. Heute ist Otava mit Sitz in Helsinki einer der größten allgemeinen Verlage in Finnland. Informationen sind online verfügbar unter URL: http://www.otava.fi/ [Stand: 30. 10. 2012]. 636 Vgl. Pederby, Bo; Sandberg, Robert (Hrsg.): Historien I Kartor. Almqvist & Wiksell, Stockholm 2005; Pederby, Bo; Sandberg, Robert (Hrsg.): Historian kartasto. Otava, Helsingissä 2004; Pederby, Bo; Valle, Kre (Hrsg.): Historisk Atlas. Almqvist & Wiksell, Stockholm 2001; Henningsen, Karsten (Hrsg.): Historisk Atlas. Geografforlaget, Brenderup 2000.
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Kartographie [jeden] fasziniert«637. Auch seine internationale Verbreitung durch die Übersetzung in nicht weniger als 20 Sprachen (darunter Englisch, Niederländisch, Lettisch, Estnisch, Bulgarisch, Hebräisch) sowie immer wieder neue Publikationsvorhaben in unterschiedlichen Ländern (Taiwan, Türkei) trugen dazu bei, dass der Atlas zu einem der erfolgreichsten Produkte auf dem Gebiet von Geschichtsatlanten wurde. Der »dtv-Atlas Weltgeschichte« ist einer der meistverkauften Atlas-Titel überhaupt, der sich mit insgesamt mehr als 12,6 Millionen Bänden der Reihe als Verkaufsschlager auch innerhalb des Verlages etablierte (Stand 2007). Das umfassende Gesamtwerk befindet sich derzeit in der 40. Auflage.638 Ein ebenfalls transnational zirkulierendes Atlasprodukt aus Deutschland stellt der erstmals 1877 von »Velhagen & Klasing« in Leipzig veröffentlichte »Historische Weltatlas« des Lehrers Friedrich Wilhelm Putzger dar.639 Die Kartentradition des »Putzger« erstreckt sich über 130 Jahre.640 Bereits umgehend nach Veröffentlichung des ersten »Putzger«641 erfolgten erste Adaptionen.642 Nach dem Zweiten Weltkrieg erschien die 63. Auflage des »Historischen Schulatlas« 1954 als erste Nachkriegsausgabe. Im Februar desselben Jahres wurde zudem der Verlag »Velhagen & Klasing« an Franz Cornelsen verkauft. In der Folgezeit erlebte der »Putzger« vielfältige Überarbeitungen und beständige Neuauflagen sowie Adaptionen. Der Umfang des Geschichtsatlas wuchs von 26 Seiten im Jahr 1877 auf 144 Seiten in der Nachkriegszeit. Der von »Cornelsen« herausgegebene Atlas wird aktuell in Übersetzungen in Ländern wie Tschechien, Polen, Israel und den USA publiziert und ist speziell in Österreich und in der Schweiz als Lehrmittel in Gebrauch.643 Mittlerweile beträgt das Gesamtvolumen des »Putzger« 312 Seiten. Im Jahr 2011 veröffentlichte »Cornelsen« den Atlas in 104. Auflage, 2010 kam eine Chronik-Edition auf den Markt.644 Völlig unabhängig von Einflüssen der internationalen Verlagslandschaften, 637 Schwalm, Eberhard: Literaturbericht. Karten und Atlanten, Geographische und kartographische Neuerscheinungen, Historische Geographie, Stadtprobleme, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 20 (1969), S. 295. 638 Vgl. Schreiber, Klaus: Rezension zu »dtv-Atlas zur Weltgeschichte«, in: Informationsmittel IFB. Online verfügbar unter URL: http://www.ifb.bsz-bw.de [Stand: 30. 10. 2012]. 639 Vgl. Lehn: Deutschlandbilder, S. 49. 640 Vgl. Hantsche: Friedrich Wilhelm Putzger und der Putzger, S. 16. 641 Putzger, Friedrich Wilhelm (Hrsg.): F. W. Putzger’s historischer Schul-Atlas zur alten, mittleren und neuen Geschichte: in siebenundzwanzig Haupt- und achtundvierzig Nebenkarten. Velhagen & Klasing, Bielefeld, Leipzig: 1877. 642 Veröffentlichungen erfolgten in Österreich (ab 1877), Kroatien (1902), Polen (ab 1900), der Schweiz (1923), Tschechien (1896), den USA (ab 1911), vgl. Wolf: 100 Jahre Putzger, S. 715. 643 Lehn: Deutschlandbilder, S. 384 ff. 644 Bruckmüller, Ernst; Ackermann, Michael (Hrsg.): Putzger. Historischer Weltatlas. 104. Aufl. Cornelsen, Berlin 2011; Kasper, Ralf; Schwarzrock, Götz (Hrsg.): Putzger; Atlas und Chronik zur Weltgeschichte. Cornelsen, Berlin 2009.
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stellt sich die polnische Produktion von Atlanten insbesondere für die Sparte der Lehrmittel dar. In diesem Zusammenhang muss allerdings der radikale Schnitt mit der Entstehung eines freien Buchmarkts seit Ende des »Kalten Krieges« beachtet werden. Erst die politischen Veränderungen in Polen nach 1989 haben auf dem Schulbuchmarkt die freie Konkurrenz eingeführt, die fast vollständig die Monopolstellung des staatlichen Pädagogik- und Schulbuchverlags »Wydawnictwa Szkolne i Pedagogiczne« (WSiP) und des staatlichen Wissenschaftsverlags »Panstwowe Wydawnictwo Naukowe« (PWN) beseitigten. Der »WSiP«-Verlag als staatliches Unternehmen mit langjähriger Tradition gibt Lehrmittel und Lehrpläne heraus. Der Schulbuchmarkt wird allerdings heutzutage von einer Vielzahl von privaten Verlegern bestimmt, was auch für die Produktion von Geschichtsatlanten gilt. Die wichtigsten Verlage sind »Nowa Era«, »Juka«, »Wiking«, »Gdanskie Wydawnictwo Os wiatowe«, »Roz˙ak«, »Arka«, »Znak« und »Demart«.645 Fast alle Verlagshäuser bieten komplette Lernsets an, wobei sie neben den Schulbüchern, Atlanten und Arbeitsheften auch zugehörige Lehrpläne veröffentlichen. Insgesamt wird eine große Menge an polnischen Geschichtsatlanten publiziert, und dennoch bestimmen zwei Verlage aus dem Feld der Kartographie den Markt, die in der Produktion von Kartenmaterial und Atlanten renommierten Unternehmen »Demart« und »Polskie Przedsie˛biorstwo Wydawnictw Kartograficznych« (PPWK).646 Eine ganz besondere internationale Vernetzung der Lehrmittelproduktion ist hingegen für Frankreich zu beobachten. So bedienen einheimische Verlage neben dem gesamten französischen Markt ebenso französische Schulen in der Schweiz, in Belgien und in Übersee.647 Es gibt etwa zwanzig französische Schulbuchverlage, die Bücher sowie Geschichtsatlanten für etwa zehn Millionen Schüler erstellen. Dabei teilen sich mehrere große Verlage den Markt. Häuser wie »Hachette«, »Bordas«, »Belin«, »Colin«, »Nathan«, »Bertrand-Lacoste«, »Hatier«, »Magnard« und »Êditions Br¦al« repräsentieren einen Querschnitt der aktuellen französischen Lehrmittelverlagslandschaft.648 Ähnliche Verhältnisse lassen sich für das Gefüge von Verlagsunternehmen in Belgien, Italien und Spanien nachweisen. Insgesamt sind zahlreiche Unternehmen im Lehr- und Lernmittelbereich 645 Vgl. Rosenbaum: Nationale Aspekte in den gegenwärtigen polnischen Geschichts-SchulCurricula, S. 26. 646 Das Unternehmen Demart gründete sich 1992. Das Verlagshaus PPWK besteht seit 1951. Informationen zu den Verlagen Polskie Przedsie˛biorstwo Wydawnictw Kartograficznych (PPWK) und Wydawnictwo Demart sind Online verfügbar unter : URL: http:// www.ppwk.pl/; http://www.demart.com.pl/ [Stand: 30. 10. 2012]. 647 Vgl. Rutar : En passant, S. 145. 648 Vgl. Albrecht: Byzanz in deutschen, französischen und englischen Schulbüchern, S. 26; Jeismann: Nationalgeschichte als Illustration des Europäischen, S. 121.
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tätig, so zum Beispiel für Bulgarien der Verlag »Kartografia EOOG«, für Kroatien »Hrvatska ˇskolska Kartografija« und »sˇkolska knjiga«, für Moldawien »Cartdidact«, für Lettland »Zvaigzne ABC«, für Litauen »Bredis« und »Sˇviesa«, für Rumänien »Corint« und »Editura didactica˘ s¸i pedagogica˘«, für Russland »Izdat. Dom Drofa«, »Dom Novyj Ucˇebnik«, »Ast Press« und »FGUP PKO Kartografija«, für Serbien »Zavod za Udzˇbenike«, für Slowenien »DZS«, für die Tschechische Republik »Kartografie Praha«, für die Slowakische Republik »VK¢ Harmanec«, für Ungarn »Cartographia« und »Stiefel« und für die Ukraine »Mapa«. Der kursorische Blick auf die Verlagslandschaft in Europa zeigt, dass es sich bei Geschichtsatlanten um Produkte handelt, die einerseits traditionell stark im nationalen Raum verankert sind, andererseits aber durch einen transnationalen Buchmarkt weite Verbreitung finden können. Darüber hinaus entstehen für einzelne Atlasprojekte immer wieder internationale Kooperationen, die somit nicht nur über das Angebot, sondern schon in der Konzeption und Gestaltung des Kartenwerks universale Ansätze verfolgen und sich damit neben den zahlreichen Geschichtsatlanten mit nationalem Zuschnitt positionieren. Allerdings ist mit Verweis auf die Aussage von Jeremy Black, dass viele Atlanten durch die schlichte Anpassung einzelner Teile reproduziert und publiziert werden, einzuschränken, dass gezielt transnational angelegte Atlasprojekte, die sich an einem gemeinsamen, europäischen Geschichtsbild orientieren, kaum bis gar nicht vorhanden sind.649 Ein großes Problem besteht in diesem Punkt darin, dass das nationale Engagement in der Kartographie von Geschichte und die Umsetzung von Kartenprojekten nicht europaweit identisch sind, dass sich Möglichkeiten und Erkenntnisse allein schon auf dem Feld der Geschichtswissenschaft unterscheiden. Hinzu kommen spezifische Verlagsinteressen, unterschiedliche Motivationen, kartographische Traditionen beziehungsweise raumdimensionale Perspektiven. Daher treten bereits auf der Ebene der Vermittlung von Inhalten Differenzen zu Tage. Konkrete Kooperationen entstehen daher meist nur dort, wo gemeinsame kulturelle Hintergründe wie Sprache und Geschichte zur Deckung gebracht werden. Als Beispiele zu nennen sind hier der deutsche, englische und französische Sprachraum, in denen Atlasprojekte Grenzen überschreiten (zum Beispiel »Putzger : Historischer Weltatlas«). Eine interessante Kooperation in diesem Zusammenhang ist diejenige zwischen Tschechischer und Slowakischer Republik unter der Leitung der Herausgeberin Helena Mandelov, wobei der slowakische »Novovek I, Dejepisn¦ Atlasy pre zkladn¦ sˇkoly a osemrocˇn¦ Gymnzi«650 vom Verlag »VK¢ Harmanec« und der tschechische »Novoveˇk I, 649 Vgl. Black: Historiographical Review, S. 662. 650 Mandelov, Helena (Hrsg.): Novovek I – Dejepisn¦ Atlasy pre zkladn¦ ˇskoly a osemrocˇn¦ Gymnzi. VK¢ Harmanec, Harmanec 1997.
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Deˇjepisn¦ atlasy pro zkladn ˇskoly a vceleta gymnzia«651 vom Verlag »Kartografie Praha« auf zwei komplett voneinander getrennten Schulbuchmärkten veröffentlicht werden. Aufbau und Gestaltung der Kartenwerke decken sich im Großen und Ganzen. Durch die Umarbeitung und Anfügung einzelner Nationalkarten wurde der Gang durch die Geschichte auf die besonderen Bedürfnisse beider Länder zugeschnitten. Für Osteuropa stellt diese Verbindung eine Ausnahme dar. Das Feld der europäischen Verlage, die in der Produktion und Herausgabe von Geschichtsatlanten tätig sind, kann somit als äußerst heterogen bezeichnet werden, denn neben den klar dem schulischen sowie eindeutig dem allgemeinen Buchmarkt zuzuordnenden Verlagsprodukten gibt es auch vielfältige Mischformen, die europaweit, teilweise sogar weltweit, Verbreitung finden. Abschließend sei angemerkt, dass für Verlage neben vielen anderen Erwägungen immer, und nicht zuletzt, kommerzielle Aspekte ausschlaggebend sind, die sich mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit ihrer Produkte auf Gestaltung und Inhalte der Atlanten auswirken.652
4.1.3. Nutzungskontexte und didaktische Zielsetzung als wichtige Faktoren der Atlasgestaltung Hinweise auf die unterrichtsbezogene Nutzung von Atlanten im Schulalltag erhält man zum Beispiel aus der Gestalt des Atlas, aus Anleitungen zur Kartenarbeit im Medium selbst, in Lehrplänen oder in der didaktischen Literatur zum Karteneinsatz.653 Geschichtskarten finden sich in unterschiedlichen Präsentationsformen und in verschiedenen schulischen Kontexten, insbesondere in Schulbüchern, Wandkarten, Folien aber auch Geschichtsatlanten.654 Die Kartenarbeit stellt daher im Hinblick auf die Kategorie Raum im historischen Lernen einen wichtigen Schwerpunkt des Geschichtsunterrichts dar.655
651 Mandelov, Helena; Jezˇkov, Dagmar (Hrsg.): Novoveˇk I – Deˇjepisn¦ atlasy pro zkladn sˇkoly a vceleta gymnasia. Kartografie Praha, Prag 1998. 652 Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 27; Moser : Wie Geschichte in Karten kommt, S. 104. 653 Zur Nutzung von Geschichtsatlanten des außerschulischen Bereichs finden sich Hinweise unter Punkt 4.1.2. und 4.2.2. in der Umschreibung des Verlagswesens sowie Zielgruppen. 654 Vgl. Sauer : Karten und Kartenarbeit im Geschichtsunterricht, S. 40 f. 655 Vgl. Raisch: Die Karte.
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Karteneinsatz im Geschichtsunterricht Geschichtskarten werden als Unterrichtsmedien in Deutschland wie in vielen anderen Ländern Europas erst in den weiterführenden Schulen eingesetzt.656 Für den Schüler kommen daher im Vergleich zu seinem ersten Kontakt mit topographischer Kartenarbeit während des Sachunterrichts der Grundschule nun historische Informationen aus Politik, Wirtschaft und Kultur ebenso wie Raumstrukturen aus der Vergangenheit hinzu.657 Im Anschluss an die Klassenstufe fünf werden Kartenverständnis und Raumorientierung stetig erweitert und vertieft. Der Zugang zur Karte wird dann entweder über analytische, ganzheitliche oder synthetische Verfahren eröffnet.658 Dass Schüler Geschichtskarten erst mit Eintritt in die Sekundarstufe I kennlernen, hat nicht allein mit dem ab Klasse fünf einsetzenden Geschichtsunterricht zu tun, sondern liegt vor allem in der komplizierten Struktur von Geschichtskarten begründet.659 Die besondere Qualität des Mediums basiert darauf, dass geographische Karten nur den Raum darstellen, Geschichtskarten diesen noch um die Dimension des menschlichen Handelns in der Zeit erweitern (»dynamische Entwicklung«).660 Trotz der Komplexität von Karten wird auf die Arbeit mit ihnen im Geschichtsunterricht nur selten einführend vorbereitet.661 Dennoch werden Geschichtskarten zur Vermittlung in verschiedenen Unterrichtskontexten genutzt. Eine nicht repräsentative Befragung von Geschichtslehrern aus verschiedenen europäischen Ländern bestätigt die Einschätzung, dass Lehrkräfte Kartenarbeit nur beiläufig bis gar nicht behandeln, sie Geschichtskarten aber trotzdem in das historische Lernen einbeziehen. So wird der Geschichtskarte im Schulbuch die höchste Relevanz zugemessen, in nationalen Kontexten kommt vielerorts bevorzugt der Geschichtsatlas zum Einsatz.662 Für die Dekodierung von Wissen in Geschichtskarten ist eine ausgereifte Kartenkompetenz unumgänglich. Sie verlangt die systematische Ausbildung und Verinnerlichung von Fähigkeiten mit dem Ziel, »angemessene Raumvorstellungen für historische Sachverhalte herauszubilden« sowie die »Komplexität 656 Ausnahmen stellen hier Polen, die Slowakische Republik, Slowenien und die Tschechische Republik dar, wo direkt auf die Grundschule zugeschnittene Atlanten in Gebrauch sind. Für Bulgarien, Kroatien, Lettland, Litauen, Portugal, Russland, Serbien, Ungarn und Weißrussland ließen sich Geschichtsalanten ab Klassenstufe 5 feststellen. 657 Vgl. Böttcher : Die Karte, S. 192; Hütterman: Kartenlesen, S. 9. 658 Vgl. Vathke: Kartenarbeit, S. 157. 659 Vgl. Hantsche: Geschichtskarten im Unterricht, S. 5. 660 Ebd. 661 Vgl. Sauer : Karten und Kartenarbeit im Geschichtsunterricht, S. 37. 662 Es handelt sich hierbei um eine nicht repräsentative Befragung im Rahmen des DFGProjekts »Geschichtsatlanten in Europa« aus dem Jahr 2011, bei dem knapp 50 Geschichtslehrer und Geschichtswissenschaftler in verschiedenen europäischen Ländern zum Geschichtskarten- und Geschichtsatlasgebrauch befragt wurden.
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der jeweiligen Phänomene deutlich zu machen« und die »Speicherung der Informationen als Gedächtniskarten anzubahnen«.663 Sechs Handlungsfelder erfordern die Ausbildung von Kartenkompetenz, die sich in Orientierung am Kartenblatt, Karten lesen, Karten auswerten, Karten verstehen, Karten zeichnen und den Kartenvergleich aufgliedern und somit einerseits die Ausbildung theoretischer und methodischer Kartenkompetenz sowie andererseits den Umgang mit »Historischen Karten« beinhalten.664 Die Befragung von verschiedenen europäischen Geschichtslehrern zur Einschätzung von Kompetenzen von Lehrern und Schülern ergibt ein geteiltes Bild. So schätzen zum Beispiel belgische, finnische, litauische und polnische Lehrkräfte ihre eigenen Fähigkeiten bezüglich der Integration von Karten in den Unterricht als gut ein, wobei lediglich die Kompetenzen von Schülern in Litauen und Polen als ebenfalls gut bewertet werden. Dagegen beurteilten belgische, italienische, niederländische, moldawische, türkische und ungarische Lehrkräfte die Befähigung ihrer Schüler im Umgang mit Geschichtskarten als eher gering. Wie so viele andere Kompetenzen muss auch die Kartenkompetenz in der Schule erst systematisch vermittelt werden.665 Daher sollten im ersten Schritt der Kartenarbeit im Unterricht die Karten selbst im Mittelpunkt stehen.666 Angesichts der Schwierigkeiten bei der Dekodierung von Karteninformationen ist zudem eine allmähliche Heranführung der Schüler an komplexere Arbeitsaufträge in altersgemäßer Abstufung sinnvoll. Die erste Voraussetzung für eine erfolgreiche Aneignung von genügend Sachkenntnis ist das »Orientieren« auf der Karte, die entsprechenden Arbeitsschritte im Unterricht sind vororientiertes Suchen, Zeigen und Benennen von Karteninhalten. Schätzungen, Messungen und Vergleiche von Lagen, Richtungen, Entfernungen und Flächengrößen tragen zur Orientierung auf der Karte bei. Zum Auswerten der Karte dienen zunächst mündliche, zeichnerische und tabellarische Methoden, um die Karte nach Teilaspekten untersuchen zu können und ihren Aussagegehalt zu ermitteln.667 Gestalterische Elemente des Schulgeschichtsatlas, die auf eine Nutzung hinweisen Verlage konzipieren ihre Publikationen über die Gestaltung von Inhalt, Layout und Umfang zielgerichtet für den schulischen Gebrauch. Mit Blick auf die 663 Böttcher : Umgang mit Karten, S. 228. 664 Ebd.: S. 229. 665 Vgl. Oswalt: Das Wo zum Was und Wann, S. 221; zu Kompetenzen insgesamt vgl. Pandel: Geschichtsunterricht nach PISA; Oswalt: Historisches Lernen zwischen Heterogenität und Standardisierung, S. 167 – 193. 666 Vgl. Vathke: Kartenarbeit, S. 159. 667 Ebd.: S. 159 – 160.
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Konzeption von Atlasproduktionen verweist allein der spezifische Zuschnitt des Kartenwerks auf die Wahrscheinlichkeit einer Nutzung im Geschichtsunterricht. Die Einbindung von Karten in die Vermittlung von historischem Wissen erfolgt also zumeist dort, wo Verlage jahrgangs- und/oder stufenspezifische Atlanten, Atlashefte für den Unterricht unter anderem mit Arbeitsaufträgen beziehungsweise mit gezielten Anleitungen zur Kartenarbeit produzieren, was auf die meisten osteuropäischen Veröffentlichungen zutrifft.668 In Westeuropa, wo eher kompaktere und umfangreichere Produktionen auftauchen, kann bereits aus der Erscheinungsform des Atlas abgeleitet werden, dass der Einsatz im Unterricht seltener erfolgt oder eine gezielte Kartenarbeit aufgrund der komplexen Gestalt nur in höheren Klassenstufen stattfindet (Bedeutungsverlust). Oft zeigt allein der Blick auf Design und Seitenzahl des Atlas, welche Zielrichtung die Kartenautoren verfolgen. Die meisten Atlashefte für den Schulgebrauch erscheinen im Abgleich der Konzeption über Leitfarben, Texte, Bilder, Grafiken, Zeitleisten als handliche Lehrwerke, die der Gestalt und dem Aufbau von Schulbüchern recht nahe kommen respektive zahlreiche Atlanten in ihrer Funktion als Ergänzung dazu zu sehen. Der russische Atlas »Neuste Geschichte des 19. Jahrhunderts; 8. Klasse«669 vom Verlag »Ast Press« weist im Eingang auf die Möglichkeiten der Kartenarbeit hin, die im Zusammenhang mit dem Schulbuch in den Unterricht einfließen soll. So erklärt der Einführungstext, dass der Atlas »ausführliche Karten zu den behandelten Themen der Jahrgangsstufe« enthalte und dass die Karten und Texte die Aufgabe hätten »zugehörige Lehrbücher des Kurses Neuste Geschichte des XIX. Jahrhunderts« zu illustrieren und zu ergänzen. Die Umrisskarten und die darin enthaltenen Übungsaufgaben würden zudem ermöglichen, das »Wissen aus dem besuchten Kurs zu vertiefen und zu verfestigen«. Darüber hinaus befähige die Nutzung von Kontrollprüfaufgaben den Lehrer, die Lernziele des Schülers zu überprüfen, sodass dieser selbst sein »Wissen und seine Fähigkeiten im kreativen Arbeiten mit dem Atlas und dem Lehrbuch« unter Beweis stellen könne.670 Die russischen Geschichtsatlanten des Verlags »Ast Press« sind somit im festen Gerüst eines »Lernsets« im Unterricht verankert. Nutzungskontexte ergeben sich somit häufig über die Anbindung an das Schulbuch oder das Instrument der Lernzielkontrolle.671 668 Jahrgangs- oder stufenspezifische Atlanten ließen sich für Bulgarien, Georgien, Griechenland, Italien, Kroatien, Litauen, Lettland, Polen, Russland, Serbien, Slowakei, Tschechien, Ukraine und Ungarn recherchieren. 669 Kolpakov, Sergej V.; Ponomarev, Michail V. (Hrsg.): Atlas Novaja istorija XIX veka; 8 klass. Ast Press, Moskau 2007. 670 Kolpakov ; Ponomarev (Hrsg.): Atlas Novaja istorija XIX veka; 8 klass, S. 1. 671 In der nicht repräsentativen Befragung im Rahmen des DFG-Projekts »Geschichtsatlanten in Europa« aus dem Jahr 2011 ließ sich für den Geschichtskarteneinsatz von russischen
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Im Gegensatz dazu dient der tschechische Atlas »Geschichte des 20. Jahrhunderts«672 vom Verlag »Kartografia Praha« nicht ausdrücklich als Ergänzung in der Auseinandersetzung mit dem Schulbuch, sondern formuliert auf Basis einer eigenständigen Informationsvermittlung zahlreiche Fragen und Arbeitsaufträge zur Analyse der Kartendarstellungen. Als Zielgruppen sind Schüler der »Grundschule« und des »mehrjährigen Gymnasiums« ausgewiesen. Jeden Kartenteil im Atlas leitet ein kurzer Einführungstext ein, woraufhin ein Wechselspiel von Fragen und die »genaue Betrachtung« von Karten die Arbeit mit dem Atlas bestimmen soll. Einen besonderen Faktor stellen hier multimodale Bezüge dar, die durch die Aneinanderreihung verschiedenster Medienformen (textuell und visuell) auf mehreren Seiten – über die Schaffung von Sinnzusammenhängen in einzelnen Kapiteln – Einfluss auf die Informationsentnahme und somit auch auf die Beantwortung der Fragen nehmen. Zahlreiche Illustrationen, Bilder, Fotos und Diagramme flankieren die Geschichtskarten und wirken auf diese Weise auf die Kartenarbeit ein. Ein vierseitiger Abschnitt betrachtet zum Beispiel die Endphase des Zweiten Weltkriegs. Die Überschrift des Abschnitts lautet »Der Weg zum Sieg über Faschismus und Nazismus«, daneben stellen ein Text und fünf Illustrationen wichtige Hintergründe und Geschehnisse vor (Reichstag, 30. April 1945, Torgau, 25. April 1945, Hiroshima, 6. August 1945, Normandie, 6. Juni 1944 und das Bild eines Konzentrationslagers). Im Anschluss folgen dreizehn detaillierte Fragen mit zumeist raumdimensionalem Bezug, die mit Hilfe von dreizehn Karten über einfaches Suchen, Zeigen und Benennen von Karteninhalten eine schnelle Erarbeitung von Antworten ermöglichen sollen. Gefragt wird etwa, wo die wichtigsten »Verhandlungen« der Anti-Hitler-Koalition stattfanden oder welche Teile Europas die »Rote Armee« befreite. Durch diese vorstrukturierte Kartenarbeit des tschechischen Atlas ergeben sich indirekte Hinweise auf Nutzungskontexte und methodische Einführung, da elementare Voraussetzungen für eine erfolgreiche Aneignung von Fähigkeiten in entsprechenden Arbeitsschritten für den Unterricht, unter anderem das »Orientieren« auf der Karte, im Medium selbst verankert sind.673 (K.abb. 4.1.) Auf einen besonderen Aspekt der Kartenarbeit weisen Übungsatlanten hin.674 Diese Atlashefte mit begrenztem Umfang sind speziell für die Kartenarbeit konzipiert und formulieren gezielt Fragen, die nicht nur schriftlich fixiert werden, sondern auch das kartographische Objekt einbeziehen. Auf sogeLehrern die Präferenz des Schulbuchs vor dem Geschichtsatlas ermitteln. Anschaffung und Einsatz des Atlas liegt im Ermessen des Lehrers. 672 Jezˇkov, Dagmar ; Mandelov, Helena: Deˇjiny 20. stolet; deˇjepisn¦ atlasy pro zkladn sˇkoly a vceleta gymnzia. Kartografie Praha, Prag 2002. 673 Vgl. Vathke: Kartenarbeit, S. 159. 674 Übungsatlanten mit Konturkarten usw. konnten für Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Portugal und Schweden recherchiert werden.
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nannten »Stummen Karten« erscheint ein topographisches Grundgerüst mit unterschiedlich stark reduzierten Informationen, dass durch Hinzufügen von Beschriftung und Benennung unterschiedlicher Gegenstände ergänzt werden kann. Gleiches gilt auch für »Kartenskizzen« oder »Kartogramme«, die häufig eine vereinfachte Darstellung ausgewählter raum-zeitlicher Strukturen grafisch reduziert und ohne maßstäbliche Exaktheit wiedergeben. Diese Karten strukturieren so in Reduzierung der Fülle und Verflechtungen von Informationen historische Ereignisse und Prozesse für das Langzeitgedächtnis der Rezipienten.675 Des Weiteren motivieren sie durch ihre Gestaltung zur selbsttätigen Frage- und Problemstellung.676 Ferner ermöglicht auch das Anfertigen eigener Karten eine vertiefende Auseinandersetzung mit kartographischem Material. So lassen sich durch das Einbeziehen von Texten und statistischen Darstellungen historische Informationen umsetzen und kartographisch darstellen. Darüber hinaus können auch Erweiterungen und Ergänzungen von Karten durch zusätzliche Eintragungen erfolgen.677 Eine aktive Beteiligung bei der Arbeit mit Karten versprechen sich auch die Autoren des Übungsatlas »Histûria e geografia de Portugal« vom Verlag »Lisboa Ed.«.678 Der Atlas, der als Ergänzung zu Schulbuch und Folienordner spezielle Übungsfragen und Lückentexte zu verschiedenen Karten zur Geschichte Portugals bereithält, soll besonders raumdimensionale Aspekte vermitteln und die Entdeckungen Portugals in den Mittelpunkt rücken. Vor dem Hintergrund der portugiesischen Kolonialvergangenheit erfolgt so eine globale Betrachtung von Geschichte im Kontext einer gezielten Kartenarbeit. Der schwedische Übungsatlas des Verlags »Bonniers« erklärt schon im Titel seine Aufgabe, denn er dient als »Kompass till Bonniers Historiska Atlas«.679 Dabei richtet sich die Veröffentlichung an Schüler wie Lehrer, die in Form einer aktiven Kartenarbeit im Verbund mit der Formulierung von konkreten Aufgabenstellungen mit dem Geschichtsatlas arbeiten möchten. »Stumme Karten« begleiten den Gang durch die Geschichte, wobei Schweden ein separater Abschnitt gewidmet wird. Außerdem enthält das Atlasheft Arbeitsanweisungen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, die textlich oder durch Eintragung in 675 676 677 678
Vgl. Raisch: Weniger ist oft mehr, S. 4. Ebd.: S. 4. Vgl. Sauer : Karten und Kartenarbeit im Schulunterricht, S. 44. Im Klappentext werden die Vorzüge des Atlas vorgestellt, die neben der Beteiligung und besonderen Veranschaulichung der Entdeckungen besonders die Kompetenzen im Umgang mit Karten würdigen. Der Atlas hält sogar einen Bewertungsbogen zur Kartenarbeit bereit, vgl. Amorim, Ana; Lobato, Maria Jo¼o; Vargas, Beatriz (Hrsg.): Histûria e geografia de Portugal; Atlas e friso cronolûgico. Lisboa Ed., Lissabon 2004. 679 Petterson, Micael (Hrsg.): För Grundskolan: Kompass till Bonniers Historiska Atlas. Bonnier Utbildning Förlag, Stockholm 2003; zur Ergänzung von: Fowelin, Peter ; Stamsø, May Britt (Hrsg.): Bonniers historiska atlas. Bonnier utbildning, Stockholm 2000.
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die Karte beantwortet werden sollen, so zum Beispiel die Kennzeichnung des Bündnissystems vor dem Ersten Weltkrieg in einer Europakarte.680 Der Ergänzungsband will insbesondere Arbeitsmaterial bereitstellen, mit dem die Schüler historische Kenntnisse vertiefen, Perspektiven erweitern, aber auch Fähigkeiten aufbauen, die eine Verortung von Geschichte ermöglichen. In den Mittelpunkt von Nutzungskontexten rücken also zielgerichtete Aufgaben zu Kartenabbildungen in Geschichtsatlanten, die den Erwerb von Kompetenzen fördern. Geschichtskarten stellen in der Informationsvermittlung Zusammenhänge zwischen Sehen, Aufnehmen und Verarbeiten her, fassen Ganzheiten zusammen und nehmen Gruppierungen vor. Denn Karten zeigen Verflechtungen, Mehrschichtigkeiten, Dynamiken und Prozesse, die erst dekodiert werden müssen. Für die Erklärung und Problemlösung ergibt sich daraus, dass die kartographische Kompetenz »den Aufbau des Denkens in Beziehungsgefügen und modellartigen Teilsystemen« fördert. Die gedächtnisstützende Funktion erlaubt dem Karten-Nutzer den Aufbau eines raum-zeitlichen Koordinatensystems, das den kognitiven Karten beziehungsweise den bereits erwähnten »mental maps« entspricht.681 Aus den Aspekten von Kartenarbeit und -kompetenzen lassen sich daher grundlegende Funktionen von Geschichtskarten ableiten, die eine allgemeine Gültigkeit besitzen und sich oft in der Gestalt und Konzeption von Atlanten niederschlagen. Anleitungen zur Kartenarbeit im Geschichtsatlas Im Eingang einiger Geschichtsatlanten geben kleinere Abschnitte im Rahmen kurzer Einführungen konkrete Anleitungen zur Kartenarbeit. Dabei werden zumeist zusammenfassend wichtige Aspekte zum Gebrauch des Atlas erläutert (Gliederung und Strukturierung der Themen, Zeichensystem, Orientierung an Leitfarben etc.). Andere Veröffentlichungen gehen hingegen noch einen Schritt weiter und weisen neben der Einführung in die Gestalt des Kartenwerks auch auf Gesichtspunkte zur vertieften Analyse sowie zur Aneignung besonderer Fähigkeiten bei der Arbeit mit Geschichtskarten (Interpretieren von Geschichtskarten, Vorstellung von Kartenkompetenzen etc.) hin. So enthält zum Beispiel die 104. Auflage des »Putzger : Historischer Weltatlas«682 aus dem Jahr 2011 ein umfassendes Einführungskapitel zur Kartenarbeit. Zu Beginn der kurzen Übersicht gibt der »Putzger« Einblick in seine eigene Vergangenheit (»Geschichte des Geschichtsatlas«), um in einem zweiten Schritt die Kartenmethodik im Kontext von »Historischen Karten« (»Der Wandel des Weltbildes in Altkarten«) zu betrachten. Daran schließt das Kernthema, die Beschäftigung mit Ge680 Petterson (Hrsg.): För Grundskolan: Kompass till Bonniers Historiska Atlas, S. 18 f. 681 Vgl. Raisch: Weniger ist oft mehr, S. 4. 682 Bruckmüller ; Ackermann (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas.
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schichtskarten, an (»Die Interpretation von Geschichtskarten«), das anhand eines Kartenbeispiels überblicksartig »Kartenzeichen«, »Kartenkompetenzen« sowie »Arbeitsschritte und Arbeitsfelder der Karteninterpretation« vorstellt.683 So wird dem Nutzer des Geschichtsatlas einführend ein Basiswissen zur Kartenarbeit vermittelt, das neben wesentlichen Grundelementen kartographischer Darstellung in Geschichtskarten auch die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Interpretation des Kartenmediums bereit hält. Solche doch recht umfassenden Vorbemerkungen sind allerdings eher selten. Kurze Einführungen gibt es dagegen häufiger.684 Eine Einweisung in die Benutzung des Kartenwerks liefert zum Beispiel der »kleine Geschichtsatlas«685 des slowenischen Verlags »Modrijan«. Gleich auf der ersten Seite werden Hinweise zur Karteninterpretation geliefert. Ein Beispiel etwa erklärt den Umgang mit Leitfarben (Farbrahmen gibt den Zeitraum an), Kartentiteln, Beschriftungen, der Legende und hilft sogar bei der Einbeziehung der Bildelemente. Darüber hinaus machen die Herausgeber deutlich, dass die »thematischen Karten den Anforderungen des Geschichtsunterrichts« angepasst seien und sich »auf politische, wirtschaftliche und kulturelle Ereignisse« konzentrieren. Der Text zur Einleitung verweist insbesondere auf das Nebeneinander in der Vermittlung »wichtiger Meilensteine in der Geschichte der Zivilisation und allgemeinen kulturellen Entwicklung«, wobei auch der Aspekt der Generalisierung zu berücksichtigen sei. Die Aufgabe eines Kurzüberblicks besteht somit darin, dem Nutzer den Einstieg in die Arbeit mit dem Geschichtsatlas wesentlich zu erleichtern, was allein durch die Aufklärung über die Ausrichtung des Atlasdesigns oder Kartenbestandteile für bestimmte Zielgruppen – zumeist Schüler – erfolgen kann. Zur Erschließung von Nutzungskontexten sind diese Einlassungen ebenfalls sinnvoll, da sie über Intentionen und Adressaten des Gebrauchs von Geschichtsatlanten aufklären. Solche Hinweise finden sich zum Beispiel auch im niederländischen »Bosatlas zur Weltgeschichte«686 des Verlags »Wolters-Nordhoff«, wobei an diesem Beispiel besonders deutlich wird, dass der Herausgeber traditionell in der Herstellung von allgemein-geographischen Atlanten verwurzelt ist. Der »Bosatlas« erläutert, ähnlich wie topographische Kartenwerke, ein System zur Erschließung 683 Die Geschichtswissenschaftler Christina Böttcher und Patrick Lehn sorgen im Eingang des Putzger mit einer kurzen Einführung in die »Kartenarbeit« für einen kompetenten Einstieg in den Atlas, vgl. Bruckmüller; Ackermann (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, S. 10 – 15. 684 So geben einzelne Geschichtsatlanten aus Deutschland, Kroatien, Litauen, Polen, Slowenien und Ungarn anhand von Kartenbeispielen eine kurze Einführung in die Kartenarbeit. 685 Weber, Tomazˇ (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas. Modrijan, Ljubljana 2005, S. 2. 686 Kuipers, R.A.; Hooff, A.J.L. van (Hrsg.): Bosatlas van de Wereldgeschiedenis. WoltersNordhoff, Groningen 1997.
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des Inhalts, wobei verschiedene Werkzeuge vorgestellt werden, um möglichst schnell an Informationen des Wissensspeichers zu gelangen. Die Betonung von Hilfsmitteln liegt vor allem auf der Einführung in die »Allgemeine Legende« zu Beginn des Atlas sowie der Gliederung von Inhaltsrastern nach Räumen und thematisch-temporalen Eckpunkten.687 Eine Aufgabe der Kartenarbeit im »Bosatlas« besteht insbesondere darin, sich mit Rückgriff auf Karten vor dem Hintergrund von Geschichte eine »erdräumliche« Orientierung zu verschaffen. Der Überblick über die verschiedenen Einführungen zur Kartenarbeit in Geschichtsatlanten legt klar die Zielrichtung von Ansätzen zum Erwerb von Kompetenzen frei, die zumeist in schulischen Kontexten zwischen Primarstufe und Sekundarstufe erfolgt. Die üblicherweise knappen Vorbemerkungen verweisen auf Intentionen und Adressaten, die konkrete Umsetzung der Arbeitsvorschläge im Unterricht muss jedoch offen bleiben. Kartennutzung in Lehrplänen Lehr- und Bildungspläne sollten genauere Hinweise zu Nutzungskontexten liefern, da diese allgemein verbindlich sind und insbesondere über die Vermittlung von Kompetenzen Aufklärung geben können. Konkrete Hinweise auf die Arbeit mit Geschichtsatlanten beziehungsweise auf die Kartenarbeit und ihre Nutzungskontexte sind zum Beispiel in den Bildungsplänen der deutschen Bundesländer vorhanden. So finden sich im Lehrplan des Landes Niedersachsen Bemerkungen zur allgemeinen Erkenntnisgewinnung (Informationsentnahme aus einer Geschichtskarte), aber auch zum Aufbau von Kartenkompetenz (Lagebestimmung, Interpretieren, Unterscheidung, Historische Karte usw.).688 Des Weiteren erläutern die Richtlinien der Länder Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Einzelheiten zum Erwerb methodischer Kompetenzen in der Entnahme und Überprüfung von Informationen aus Geschichtskarten im Rahmen der Sekundarstufe I (Anwendung von Verfahren zur Auswertung von Geschichtskarten). In wenigen Fällen weisen die Bildungspläne auf eine Kartennutzung im Kontext von thematischen Gesichtspunkten hin, die dann zumeist vor dem Hintergrund gestiegener Anforderungen in höheren Klassenstufen erscheint (Saarland, Sachsen). Auch wenn die Arbeit mit Geschichtskarten sich vielfach in deutschen Bildungsplänen wiederfindet, so müssen als häufige Nutzungskontexte für räumliche Medien zur Geschichte wohl eher die Formen Schulbuch und Folienkarte genannt werden, allein schon deswegen, da in der veränderten Lehr687 Vgl. Kuipers; Van Hoof (Hrsg.): Bosatlas van de Wereldgeschiedenis, S. 5. 688 Das Kerncurriculum kann als PDF-Datei vom Niedersächsischen Bildungsserver (NIBIS) heruntergeladen werden. Online verfügbar unter URL: http://www.cuvo.nibis.de [Stand: 30. 10. 2012].
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mittellandschaft heutzutage Schulen oder Schüler selbst kaum noch Geschichtsatlanten anschaffen. Die Suche nach Hinweisen zur Nutzung von und Arbeit mit Geschichtskarten im Zusammenhang mit Geschichtsatlanten erwies sich mit Blick auf die große Diversität des Bildungssektors in Europa als äußerst schwierig, trotz zahlreicher Gemeinsamkeiten vor allem hinsichtlich staatlicher Einflüsse. Mehrheitlich werden daher lediglich Anweisungen zur Kartennutzung in deutschen Lehrplänen berücksichtigt, da sich aus einem exemplarischen Blick auf einzelne Curricula verschiedener europäischer Staaten keine Hinweise auf die konkrete Anwendung von Kartenmaterial ergeben haben. Beispielsweise ließen sich für Großbritannien, die Schweiz und Spanien über eine Sichtung von Lehrplänen keine Informationen zur Kartenarbeit gewinnen. Die Befragung einzelner Geschichtslehrer und Geschichtswissenschaftler ergab europaweit die Präferenz der Nutzung von Geschichtskarten in Schulbüchern noch vor dem Atlas. Wird ein Kartenwerk zur Geschichte im Unterricht benutzt, dann häufig zur Veranschaulichung von Nationalgeschichte (Belgien, Bulgarien, Finnland, Litauen und Polen).689 Die Nutzungskontexte von Karten und Atlanten sind insgesamt in Europa breit gefächert. Gleichwohl finden Instruktionen zu Geschichtsatlanten sowie einer gezielten Kartennutzung und -arbeit europaweit nur selten Eingang in staatliche Vorgaben oder Bildungspläne.
4.2. Geschichtsatlanten in Europa seit 1990 Die europäischen Geschichtsatlanten werden im Folgenden über Zielgruppen, konzeptionelle sowie mediale Gesichtspunkte erschlossen.
4.2.1. Methodische Vorbemerkungen Die Auswahl der Staaten in der vergleichenden Analyse von Geschichtsatlanten erfolgt als systematischer Zugriff mit Fokus auf Europa. Im Sinne eines offenen Europabegriffs wird keine Abgrenzung im Hinblick auf die geographischen Grenzen Europas vorgenommen. Des Weiteren berücksichtigt die Studie die sehr unterschiedlichen politischen und sozioökonomischen Rahmenbedin689 In der nicht repräsentativen Befragung im Rahmen des DFG-Projekts »Geschichtsatlanten in Europa« aus dem Jahr 2011 ließ sich für den Einsatz von Geschichtsatlanten eine Präferenz der nationalen Geschichte für Belgien, Bulgarien, Finnland, Litauen und Polen feststellen.
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gungen in den jeweiligen Staaten, die insbesondere noch deutlich auf die ehemalige Teilung in West und Ost verweisen. Außerdem vermeidet die Erhebung die oftmals kritisierte einseitige Berücksichtigung der großen Staaten vor den kleinen europäischen Ländern, deren Perspektiven dezidiert gleichrangig berücksichtigt werden, was in bisherigen Arbeiten nicht die Regel war. Außer den vier Kleinstaaten San Marino, Vatikanstaat, Monaco und Liechtenstein, die keine eigenen Geschichtsatlanten produzieren, sowie Staaten, für die sich keine Atlasprojekte ermitteln ließen, wie zum Beispiel Island, Malta und Zypern, wurden folgende europäische Länder in die Untersuchung einbezogen: Albanien, Armenien, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Mazedonien, Moldawien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn und Weißrussland. Damit steckt der Vergleich der Geschichtsatlanten seine Länderauswahl gleich anhand mehrerer Faktoren ab: Die Auswahl wird nicht allein auf das geographische Europa beschränkt, sondern schließt Länder mit ein, die nicht als rein europäisch gelten (1). Sie ergänzt sich zudem um Staaten, die trotz ihrer Lage in Asien beispielweise durch institutionelle Zugehörigkeit (Europarat, EU etc.) eine enge Beziehung zu Europa aufweisen (2). Israel bleibt aufgrund seiner sehr speziellen Thematik unberücksichtigt (3). Durch die umfassende räumliche Ausweitung der geographischen Provenienz des Bestands von Geschichtsatlanten ist es möglich, auf unterschiedliche Besonderheiten und Charakteristika in der aktuellen Entwicklung Europas einzugehen und vielfältige Anfragen an das Material zu stellen. So gibt der Korpus möglicherweise Hinweise auf das Selbstbild der ehemaligen Staaten Jugoslawiens, auf Aspekte in der geopolitischen Neuorientierung der ostmitteleuropäischen Staaten oder auf die Entwicklung der Europäischen Union. Europa wird geographisch nicht räumlich isoliert oder begrenzt gedacht, denn auch in der Geographie »schwankt der Europabegriff in Abhängigkeit von den Kriterien räumlich zwischen den Extremen eines regional begrenzten KleinEuropas und einer Ausweitung ins Globale«.690 Gleichfalls bleiben kulturhistorische Grenzen unberücksichtigt (Huntington, Rufin oder Schlögel),691 ebenso wie politische oder wirtschaftliche Barrieren (politisches System, Währung
690 Schultz, Hans-Dietrich: Welches Europa soll es denn sein? Anregungen für den Geographieunterricht, in: Internationale Schulbuchforschung 25 (2003) 3, S. 247. 691 Vgl. Huntington: Kampf der Kulturen; Rufin: Das Reich und die neuen Barbaren; Schlögel: Die Mitte liegt ostwärts.
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etc.),692 sodass beispielsweise auch Geschichtsatlanten aus Armenien, Georgien, Russland oder der Türkei im Untersuchungskorpus erscheinen. Die Analyse verfolgt schließlich eine multilaterale europäische Perspektive, die gleichberechtigt kleine und große beziehungsweise einflussreiche Staaten und Staaten mit geringem Gewicht in den Blick nimmt. Der Zeitrahmen begründet sich aus der Vorgabe, alle aktuell für das historische Lernen zur Verfügung stehenden Geschichtsatlanten in die Studie einzubeziehen. Aufgrund der seit 1990 veränderten geopolitischen Situation kamen daher ausschließlich Geschichtsatlanten mit einem Erscheinungsjahr von 1990 bis zur Gegenwart in Betracht, die in ihrer Konzeptionierung bereits auf die weltpolitischen Umbrüche der Auflösung der bipolaren Systemgegensätze eingehen. Mit der Zäsur des Jahres 1990 wird von umfassenden Auswirkungen auf die inhaltliche Gestaltung von Medien zur Geschichte ausgegangen, was sich gerade im Kontext der geopolitischen Darstellung von Territorien und Grenzen in der Produktion von Geschichtsatlanten widerspiegelt. Diese Annahme bestätigt zudem die Entstehung einer großen Zahl an Geschichtsatlanten in Ostmitteleuropa seit dem Ende des »Kalten Krieges«. Der Hauptfokus des Vergleichs soll auf der synchronen Analyse aktueller Geschichtsatlanten liegen, diachrone Ansätze werden nur in einzelnen exemplarischen Kontexten von Ländern verfolgt, wo infolge intensiver Publikationstätigkeit auf einen umfangreichen Korpus zurückgegriffen werden kann. Das Zusammentragen des Untersuchungsbestands verlangte extensive Recherchen in verschiedenen Sammlungen und Bibliotheken.693 Im Anschluss an die bibliographische Erfassung und Klassifikation von 365 Geschichtsatlanten aus 37 Staaten erfolgte in einem zweiten Schritt die digitale Speicherung des Korpus von ca. 3.500 Geschichtsatlaseinzel- und doppelseiten mit dem thematischen Schwerpunkt »Zeit der Weltkriege 1914 – 1945« in einer Datenbank.694 Auf der Grundlage dieses Wissensspeichers ermöglichte die datenbankgestützte Verknüpfung der Atlasseiten mit einem auf Raum-, Zeit-, Sach-, und Darstellungsebenen basierenden Schlagwortregister die Erschlie692 Vgl. Marsh, David: The euro. The battle for the new global currency. London 2011; Aldcroft, Derek Howard: The European economy 1914 – 2000. London 2001. 693 Vor allem in der Universitätsbibliothek der Justus-Liebig-Universität in Gießen war schon vor Projektbeginn eine große Auswahl an Geschichtsatlanten vorhanden, darüber hinaus fanden sich Kartenwerke im Georg-Eckert-Institut in Braunschweig, im Herder Institut in Marburg sowie in der Staatsbibliothek in Berlin. Einzelne Teile der Sammlung wurden auch über Fernleihe bestellt, um den Bestand zu ergänzen. Darüber hinaus bot das Internet über verschiedene Online-Buchportale und Web-Shops die Möglichkeit, den Bestand durch Ankauf beträchtlich zu erweitern. 694 Der untersuchte Bestand von Geschichtsatlanten zum Thema »Zeit der Weltkriege« stützt sich auf umfangreiches und repräsentatives Material, kann aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
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ßung der umfangreichen Atlasseitensammlung. Darüber hinaus erfolgten umfassende Übersetzungen einzelner Kartenbestandteile (Kartenüberschrift, Kartenlegende) und begleitender Informationen (Inhaltsverzeichnisse, Bildunterschriften, Arbeitsanweisungen etc.). Außerdem wurde für die Zuordnung der zahlreichen Übersetzungen (28 Sprachen) ein Raster für die Geschichtskarten entwickelt, worüber die Bedeutung einzelner Kartensegmente, Zeichen und Legenden sowie Texte direkt nachvollzogen werden konnte. Jede Atlasseite erhielt auf diese Weise in der Datenbank eine Anbindung an ihre Übersetzung, was die vergleichende Analyse erleichterte. Zur systematischen Durchdringung der Vielfalt von Atlanten in Europa ist im nächsten Schritt eine allgemeine Erschließung hinsichtlich Adressaten beziehungsweise Zielgruppen (4.2.2.) nötig. Daneben betrachtet die Analyse die inhaltliche Konzeption in Bezug auf räumliche (4.2.3.) und epochale (4.2.4.) Schwerpunktsetzungen. Dies zeigt schon an, dass Geschichtsatlanten, wiewohl als Medium gesamteuropäisch nachweisbar, doch sehr differenziert betrachtet werden müssen. Zuletzt erfolgt der Blick auf das multimodale Zusammenspiel verschiedener Atlaselemente, der vor allem die Fülle von medialen Einflussfaktoren in der Rezeption von Geschichtsatlanten offenbart (4.2.5.). Im weiteren Verlauf wird deshalb eine Typisierung nach unterschiedlichen Aspekten vorgenommen, die für die folgende inhaltliche Analyse gattungsspezifische Charakteristika entwickelt. Da die Auswahl des für die Untersuchung relevanten Korpus sich aus allen verfügbaren europäischen Schulgeschichtsatlanten sowie einer kleineren Zahl von in Europa erhältlichen »allgemeinen« Geschichtsatlanten des öffentlichen Buchmarkts zusammensetzt, ergibt sich für die Beurteilung und Strukturierung des Materials eine breite konzeptionelle Basis. Die Ausweitung des Untersuchungskorpus auf den allgemeinen Buchmarkt resultiert überwiegend aus dem Umstand, dass nicht alle europäischen Staaten für den Schulgebrauch konzipierte Atlanten herstellen oder für die Öffentlichkeit publizieren und insbesondere der thematische Gegenstand der Untersuchung, »Zeit der Weltkriege«, in Spezialatlanten außerordentlich häufig auftaucht.695 Außerdem erscheinen – vorrangig in Westeuropa – Schulatlasproduktionen auch im freien Buchhandel, die Grenzen zwischen schulischer und allgemeiner Ausrichtung sind daher in einigen Fällen fließend. Dementsprechend lässt sich unter Einbeziehung des Buchhandels eine flächendeckende Berücksichtigung von Geschichtsatlanten aus allen europäischen Staaten ge-
695 Es ließen sich ca. zwanzig Spezialatlanten zu den Gesichtspunkten Erster und Zweiter Weltkrieg, Holocaust, Flucht und Vertreibung etc. recherchieren, die zum Teil übersetzt als Adaption in mehreren Ländern erhältlich sind.
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währleisten.696 Auf diese Weise werden Kartenwerke aus der Alltagskultur als Elemente der Geschichtskultur in die Untersuchung integriert.
4.2.2. Zwischen Schule und Nachmittagsmarkt: Zielgruppen von Geschichtsatlanten In Anbetracht einer strukturierenden Typisierung der Geschichtsatlanten, die sich an der Zielgruppe und der Intention des Produkts orientiert, soll jeweils eine kurze Charakterisierung der Adressaten die Atlasproduktionen voneinander abgrenzen. Schulgeschichtsatlanten und »allgemeine« Geschichtsatlanten In der Klassifizierung nach Zielgruppen werden als Schulgeschichtsatlanten die durch bildungspolitische Instruktionen geprägten Lehrmittel bezeichnet, deren Gestaltung durch staatliche Zulassungsverfahren oder die Bezugnahme auf Lehrpläne und Bildungsstandards geregelt wird. Diese Kartenwerke richten sich vom Zuschnitt her an Schüler und Studenten als Rezipienten.697 Die Klassifikation von Schulgeschichtsatlanten in Europa ergab: 1) Jahrgangs- und schulformübergreifende Geschichtsatlanten 2) Geschichtsatlanten für bestimmte Jahrgangsstufen und/oder Schulformen 3) Kontur- bzw. Übungsatlanten 4) Kombi-Atlanten (Geschichte, Geographie/Erdkunde, Politik/Sozialkunde und Wirtschaft) 5) Begleithefte von Schulgeschichtsbüchern Die Konzeption von Schulgeschichtsatlanten ist im europäischen Vergleich nicht einheitlich, denn viele der Publikationen sind in ihrem Zuschnitt unterschiedlich gestaltet. Geschichtsschulatlanten aus den Ländern Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Norwegen, Schweden und Spanien haben größtenteils keine Einschränkung in ihrer Ausrichtung auf Schulstufe oder Schulform (1). Diese Publikationen decken mit Blick auf die Adressaten, der thematischen Orientierung beziehungsweise ihrer variablen Verortung zwischen schulischen und allgemeinen Bildungsbedürfnissen, ein breites Zielpublikum ab, welches teilweise auch weit über den Bereich der Schule hinausgehen kann. 696 Vgl. die Publikation von Bertin, Jaques; Vidal-Naquet, Pierre (Hrsg.): Histoire de l’humanit¦, de la Pr¦histoire la fin du XXe siÀcle. Hachette, Paris 1992 in Deutschland, Großbritannien, Italien und Schweden. 697 Geschichtskarten aus 293 Geschichtsatlanten, die eine nachgewiesene schulische Verwendung in 36 Staaten finden.
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In den Ländern Bulgarien, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Russland, Serbien, der Slowakischen Republik, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Ukraine bilden staatliche Instruktion und curriculare Rahmenbedingungen einen Hauptgegenstand in der Konzeption von Schulgeschichtsatlanten, denn viele dieser Veröffentlichungen besitzen einen stufenspezifischen oder schulformabhängigen Zuschnitt (2). Die starke Ausrichtung an Zielen und Inhalten historischen Lernens lässt sich oft beim ersten Durchblättern an einer dem Alter der Nutzer und der Schulform angemessenen inhaltlich-thematischen Komposition ablesen. Die Atlanten beinhalten zumeist eine aufeinander abgestimmte Anzahl von Überblicks- und Detailkarten, Bildern und Texten. Auch werden Diagramme und Zeitleisten in die Gestaltung mit einbezogen sowie in der Zusammenstellung der Wissensdaten auf eine ausgeglichene Mischung der verschiedenen Atlasteile geachtet. Arbeitsaufträge und Zusammenfassungen einzelner Abschnitte runden diese unterrichtsgerechte Konzeptionierung ab. Die Schulgeschichtsatlanten sind eindeutig auf den Unterricht zugeschnitten. Die Verlage publizieren sie meist als großformatige Hefte, die im Umfang oft nicht über 40 Seiten hinausgehen. Die Texte und die Bebilderung in den Atlanten folgen in ihrer jahrgangsspezifischen Orientierung vorwiegend den auf die Zielgruppe abgestimmten Mustern. Die Gestaltung der räumlichen Betrachtung wirkt mit Blick auf den Schüler abgewogen, teilweise auch didaktisch reduziert und generalisiert. Eine solche Ausrichtung findet man im westeuropäischen Sample eher selten, was neben dem inhaltlichen Zuschnitt ebenso auf den Bedeutungsverlust des klassischen Schulatlas in Westeuropa hinweist (vgl. 4.1.3.). Daneben soll in einigen Ländern die Raumorientierung von Geschichte zusätzlich in Übungsatlanten trainiert werden. In den baltischen Staaten Lettland und Litauen sowie in Polen, Russland und Schweden dienen in Übungsheften zusammengefasste »Konturkarten« oder auch »stumme Karten« zur Ausbildung unterschiedlicher Kompetenzen im Umgang mit Geschichtskarten (3). Ein fächerübergreifendes Lehrmittel für den Einsatz im Erdkunde- sowie Geographie- und Geschichtsunterricht stellen die sogenannten »Kombi-Atlanten« dar, welche je nach Adressat oft auch um die Themenfelder Politik, Wirtschaft und Sozialkunde erweitert werden (4). »Kombi-Atlanten« erscheinen aktuell hauptsächlich in Deutschland und Frankreich. Sie werden für Kombinationsfächer erstellt, um mit Rückgriff auf Geschichtskarten sowie unterschiedliche topographische und thematische Karten ein universell einsetzbares Lehrmittel für die Verknüpfung verschiedener Ergänzungsfächer bereitstellen zu können, da diese in manchen Schulformen beziehungsweise nach bestimmten bildungspolitischen Vorgaben oft zusammengefasst unterrichtet werden.698 Der Kombi-Atlas bündelt somit die wichtigsten Hintergründe zu 698 BaquÀs: L’enseignement de l’histoire en France, S. 15 – 34.
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Thematiken des jeweiligen fachlichen Gegenstands. Ein möglicher Vorteil der »Kombi-Atlanten« liegt im Blick über die Grenzen der einzelnen Disziplinen, der dem Rezipienten einen breiteren Einblick in die präsentierten Themenfelder erlaubt. Als zumeist konzeptionell stark vereinfachte Form von Schulgeschichtsatlanten können Atlanten in Form von Begleitheften bezeichnet werden. Neben den Kartenwerken, die als Lehrmittel für sich allein stehen, ließen sich zum Beispiel für Kroatien,699 Polen700 und Russland701, aber auch für Italien702 und Frankreich703 Geschichtsatlanten ermitteln (5), die als Ergänzung zu Schulbüchern dienen beziehungsweise im Rahmen von sogenannten »Lernsets« angeboten werden.704 Allein auf dem italienischen Schulbuchmarkt finden sich zwölf Begleitwerke aus vier verschiedenen Reihen von Schulbüchern. Diese Begleitbände verstehen sich als Supplement, die ausschließlich Kartenmaterial beinhalten, den Schulbüchern in handlichem Format beigefügt sind und sich somit in ihrer Intention ebenfalls an Jahrgang und Schulform der Rezipienten anlehnen. Auch der Blick auf die inhaltliche Konzeption der Schulgeschichtsatlanten legt im Vergleich der zahlreichen Veröffentlichungen auf dem europäischen Atlasmarkt weitere Ausprägungen frei. Zu berücksichtigen ist besonders der Bereich der Alltagskultur, der über die Vielfalt der kommerziellen Publikationen von Geschichtsatlanten in Europa aufklärt. Zu Beginn des Kapitels wurde bereits darauf hingewiesen, dass Geschichtsatlanten aus dem Feld des allgemeinen Buchhandels als Elemente von Geschichtskultur im außerschulischen Bereich rezipiert werden und sich deshalb die Veröffentlichung dieser Produkte speziell auf die Freizeitkultur ausrichtet. Da besonders in westeuropäischen Geschichtsatlanten keine klaren Abgrenzungen zwischen Schulgeschichtsatlanten und »allgemeinen« Geschichtsatlanten (II) bestehen, sind Einteilungen und 699 Erdelja, Kresˇimir ; Stojakovic´, Igor: Tragom prosˇlosti. Sˇkolska Knjiga, Zagreb 2007. (Ist in vier Teilen sowie jeweils zugehörigem Atlasband erschienen). 700 Für alle angebotenen Geschichtsatlasprodukte von »Nowa Era« wird die Eignung im Kontext von Schulbüchern und Wandkarten des Verlags ausgewiesen, vgl. u. a. Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci. 701 Der Verlag »Ast-Press Schkola« gibt vollständige »Lernsets« von Atlanten, Umrisskarten und Kontrollaufgaben für Geschichte heraus, vgl. u. a. Kolpakov, Sergej V.; Ponomarev, Michail V.; Tyrin, S. V. (Hrsg.): Atlas Istorija Drevnego mira; 5 klass. Ast Press, Moskau 2007. 702 Dazu zählen Atlanten als Begleitwerk zu folgenden Schulbuchproduktionen: »I tempi della storia« und »Storia del mondo«, beide mehrbändig von Alberto De Bernardi und Scipione Guarracino (Edizioni Scolastiche Bruno Mondadori), »I territori della storia« von Marco Manzoni und Francesca Occhipinti. 703 Le Callennec, Sophie: Histoire: cycle 3. Hatier, Paris 2006 (beinhaltet einen Atlasband). 704 Für Frankreich, Italien, Polen, Russland und Schweden sind Veröffentlichungen von Geschichtsatlanten im Rahmen von »Lernsets« belegbar.
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Zuordnungen nicht eindeutig markiert. Allerdings erlaubt der Blick auf Aussehen, Gestaltung und Umfang der Kartenwerke eine grobe Klassifizierung.705 Die Klassifikation von allgemeinen Geschichtsatlanten ergab: 1) Geschichtsatlanten zur Weltgeschichte mit hohem wissenschaftlichem Standard 2) thematische Spezialatlanten 3) populärwissenschaftliche Geschichtsatlanten 4) Kindergeschichtsatlanten Geschichtsatlanten für den allgemeinen Buchmarkt werden in vielfältigen Varianten produziert und häufig mit weltgeschichtlichen beziehungsweise unterschiedlichen thematischen Zielrichtungen im Handel angeboten. Verlage veröffentlichen die Kartenwerke meist in umfangreicher Seitenzahl und in einem optisch auffälligen Layout. Von wissenschaftlichen Atlanten zur Weltgeschichte (1) über thematische Spezialatlanten (2) bis hin zu einfachen populärwissenschaftlichen Produktionen für den sogenannten »Nachmittagsmarkt« (3), bedienen diese Publikationen ein weites Feld an Adressaten. Militärhistorische Kompendien sind mit Blick auf die zahlreichen aktuellen Veröffentlichungen besonders beliebt,706 allerdings zeigen die in Großbritannien und Deutschland publizierten Kinderatlanten (4),707 dass jede Altersklasse als potenzielle Zielgruppe in Frage kommt. Die Konzeption von Atlanten mit weltgeschichtlichem Zuschnitt ist inhaltlich an kein besonderes Käuferpublikum gekoppelt und soll durch die kompilierende Zusammenstellung von universalhistorischen Daten und Fakten, wie im Falle der Kartenwerke aus dem Hause »Ploetz« oder »Brockhaus«, im Allgemeinen alle Leser ansprechen.708 Dass gerade Nachschlagewerke über separate Projekte 705 Der Korpus von Publikationen aus insgesamt 15 Ländern besteht aus 27 Spezialatlanten und 53 Geschichtsatlanten mit allgemeinem Zuschnitt sowie sieben Kinderatlanten. 706 Gilbert, Martin (Hrsg.): The Routledge atlas of the Second World War. Routledge, London 2009; Gilbert (Hrsg.): The Routledge atlas of the First World War; Buffetaut, Yves; Legoff, Fabrice (Hrsg.): Atlas de la PremiÀre Guerre mondiale. 1914 – 1918, la chute des empires europ¦ens. Êditions Autrement, Paris 2008; Jordan; Wiest (Hrsg.): Atlas des Zweiten Weltkrieges – Vom Polenfeldzug bis zur Schlacht um Berlin; Birken, Andreas; Gerlach, Hans-Henning (Hrsg.): Atlas und Lexikon zum Ersten Weltkrieg. Philathek Verlag, Königsbronn 2002. 707 Adams, Simon (Hrsg.): Coppenraths Atlas der Weltgeschichte – Die Moderne – Eine Zeitreise in Bildern von 1800 n. Chr. bis zur Gegenwart. Coppenrath, Münster 2008; Blakert, Elisabeth; Albertz, Anuschka (Hrsg.): Kinderatlas Geschichte – Menschen, Länder, Epochen. Schwager & Steinlein Verlag GmbH, Köln 2008; DeMarco, Neil (Hrsg.): The children’s atlas of world history. Horus Editions, London 1997; Worsnop, I. R. (Hrsg.): A first history atlas – the past maps, stories and pictures. Schofield & Sims, Huddersfield 1996. 708 Lemke, Bernd; Pirke, Klaus; Rumpf, Jörg; Salamon, Dirk (Hrsg.): Der große Ploetz Atlas zur Weltgeschichte. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009; Hotz, Jürgen (Hrsg.): Der
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mittlerweile vermehrt Karten in die Wissensvermittlung einbeziehen, unterstreicht den enzyklopädischen Charakter des Geschichtsatlas. Der Universalatlas stellt daher einen Großteil der allgemeinen Produktionen dar. Die Gestaltung der Atlasseiten kennzeichnet meist eine auffällige farbige Illustration und eine reiche Bebilderung. Die Publikationen wirken vom Layout ansprechend und mit ihren einfachen Titeln, zum Beispiel »Atlas zur Weltgeschichte«, als Wissensspeicher allwissend. Oft rückt aber gerade bei den »bunten« Produktionen für den »Nachmittagsmarkt« die Qualität der Geschichtskarten in den Hintergrund. Meist stehen Grafiken und Bilder im Zentrum. Die Geschichtskarten weisen bisweilen grobe Mängel oder Fehler auf, weshalb einige Darstellungen durch die Herstellung falscher Zusammenhänge zu Missverständnissen führen. In der Veröffentlichung »Historical Atlas of the Napoleonic Era« von Angus Konstam weichen beispielsweise Kartendarstellung und Kartenüberschriften teilweise gravierend voneinander ab, was neben gestalterischen Mängeln in der Konzeption der Geschichtskarten vor allem die Gesamtstruktur von Kartenfolgen und darüber transportierte Sinnzusammenhänge in Geschichtsatlanten beeinflusst und zu immensen Verständnisschwierigkeiten führt.709 Von den »Low-Budget«-Produktionen des »Nachmittagsmarkts« unterscheiden sich deutlich die traditionsreichen Atlasprodukte, denn diese entstehen größtenteils unter kartographischer beziehungsweise wissenschaftlicher Beratung und bedienen ein vor allem karteninteressiertes Zielpublikum. Häufig gehören renommierte Historiker den Autorenteams an, mit deren Hilfe insbesondere im englisch- und französischsprachigen Raum traditionsreiche Verlage umfassende Kompendien mit wissenschaftlicher Anbindung erstellen. Viele dieser Atlasprojekte besitzen zudem eine große Zahl an Kartenabbildungen, voluminöse Textergänzungen und ausuferndes Bildmaterial, was sich oft in einem enormen Seitenumfang und traditionell großem Format äußert.710 Einige Atlanten werden auch als edle Jubiläums- oder Sonderausgaben (»Putzger : Historischer Weltatlas«, »Times Atlas« etc.) aufwendig produziert und haben daher eine monumentale Erscheinung. Für den Käufer bedeuten diese luxuriösen Veröffentlichungen allerdings einen hohen Kaufpreis. Die Kartenwerke haben die Aufgabe, ein möglichst breites, karteninteressiertes Publikum anzusprechen, neben dem hochwertigen Kartenmaterial steht wiederum die Wissenschaftlichkeit eindeutig im Vordergrund. Brockhaus – Atlas zur Geschichte – Epochen, Territorien, Ereignisse. F.A. Brockhaus GmbH, Mannheim 2007. 709 Konstam, Angus (Hrsg.): Historical Atlas of the Napoleonic Era. The Lyons Press, Guilford 2003. 710 Die Atlastradition geht zurück auf Ortelius, Abraham: Theatrum orbis terrarum. Gedruckt zu Nuermberg durch Johann Koler anno MDLXXII. Hrsg. v. Ute Schneider. WBG, Darmstadt 2012.
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Ein weiteres Feld stellt die Vielzahl von Spezialatlanten dar, die allerdings in ihrer Ausrichtung mit Blick auf Zielgruppe und Inhalte von den Werken mit allgemeinem Zuschnitt erheblich abweichen. Das Publikum dieser Bände ist an der Betrachtung eines spezifischen Themas interessiert (Kolonialismus, Weltkriege, Holocaust etc.) und möchte durch Geschichtskarten einen Einblick in thematische Einzelheiten erhalten. Die Spezialatlanten tragen auf diese Weise wissenschaftlich fundiertes Wissen zusammen, da der Leser zur Klärung seiner raumbezogenen Fragen, die ein ausgewähltes historisches Thema betreffen, detailliertere, ausführliche Informationen verlangt. Die Nutzer von Spezialatlanten heben sich daher klar von den Käufern ab, die sich anhand eines Überblickswerks in der Art eines »Atlas zur Weltgeschichte« kurz, knapp und optisch aufbereitet zur Geschichte unterschiedlicher Epochen und Themen informieren möchten. Die Adressaten von Spezialatlanten verfügen hingegen meist über ein historisches Basiswissen, das über den Kauf dieser besonderen Atlaskompendien erweitert werden soll. Die Kinderatlanten können in diesem Zusammenhang als das große »generalisierte« Gegenteil der ausführlichen Spezialatlanten betrachtet werden, denn die Kompendien für die jungen Kartenleser verwenden ein stark vereinfachtes und reduziertes Kartenbild, welches häufig durch kurze Texte, Bilder und andere piktographische Zusätze ergänzt wird. Der Aspekt der Motivation der Kinder für Geschichtskarten steht bei diesen Produktionen deutlich im Vordergrund, allerdings laden die reichlich farbig illustrierten und minimalisierten Abbildungen stark zur Fehlinterpretation ein, die im vermehrten Rückgriff auf fiktionale Elemente unter dem Vorwand einer kindgerechten Präsentation im Atlas für Verwirrung sorgen. Auf eine faktische Vermittlung von »Historischem« wird angesichts der hierfür nötigen komplizierten Kartengestaltung verzichtet, obwohl Ansätze für eine Kartenarbeit mit jüngeren Schülern durchaus vorhanden sind. Allein die genauere Betrachtung deutscher und englischer Kartenwerke für Kinder bestätigt den Eindruck der weitgehend reduzierten Möglichkeiten über die vielfache Nutzung bündelnder visueller Elemente. Der Wert von Kinderatlanten für die Heranführung junger Menschen an die Arbeit mit raumbezogenen Lehrmitteln ist somit als sehr gering einzuschätzen, was auch für den Einsatz in einer zielgerichteten Kartenarbeit oder -analyse im Geschichtsunterricht gilt.
4.2.3. Die raumdimensionale Orientierung von Geschichtsatlanten In enger Beziehung zur Ausrichtung auf den Adressaten steht auch der Raumbezug, welcher sozusagen den Blickwinkel des Betrachters eines Geschichtsatlas bestimmt. Atlanten besitzen die Möglichkeit, den gesamten Globus, einzelne Kontinente
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sowie räumlich begrenzte Schauplätze oder kleine regionale Einheiten abzubilden. Der Zuschnitt von Geschichtskarten in Welt-, Europa- oder Nationalkarten gibt somit Auskunft über die Schwerpunkte in der Perspektivierung von Geschichte, die sich für die gesammelten Geschichtsatlanten in folgenden Kategorien darstellt: Raumdimensionale Klassifikation aktueller europäischer Geschichtsatlanten über : 1) Weltgeschichte (globaler Raumbezug) 2) Nationalgeschichte (nationalzentrierter Raumbezug) 3) lokale oder temporal-thematische Eingrenzung (konkreter Raumbezug) Ein Hauptgewicht in europäischen Schulgeschichtsatlanten bildet die Betrachtung der Weltgeschichte, die sich allerdings nach groben Einschätzungen in ihrer raumdimensionalen Abbildung und Lesart zumeist auf den eigenen Kontinent ausrichtet. Ein erster Schritt versucht zunächst aufgrund des signifikanten Zeitschnitts in der Erhebung von aktuellen Atlanten mögliche Perspektivierungen der Länder Westeuropas und des Postkommunismus herauszustellen.711 Gerade die nord-, west- und südwesteuropäischen Staaten wie Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Spanien sowie Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden bieten Schülern mehrheitlich umfangreiche Schulgeschichtsatlanten mit universalhistorischem Zuschnitt an. Charakteristisch für fast alle nationalen Atlassamples ist der hohe prozentuale Anteil an Europakarten (50 %) im Vergleich zur Verwendung der Welt- (19 %) oder Nationalkarte (31 %).712 Der europäische Kontinent steht demzufolge oft in der weltgeschichtlichen Darstellung aller Veröffentlichungen im Mittelpunkt. Durch die Verknüpfung verschiedener Blickwinkel wird Europa in ein Zusammenspiel von globaler und nationaler Perspektive eingebunden. Eine Ausnahme zeigt beispielsweise die Atlasauswahl der Niederlande, wo über den verbindlichen Einfluss von Standards im Rahmen des »Canons der Niederlande«, wie bereits im ersten Teil des Kapitels erwähnt, Nationalgeschichte im Schulatlas »De Bosatlas van de Geschiedeniscanon«713 ausführliche Darstellung findet. Auch der Verlag »Klett« publiziert mit dem »Taschen-Atlas –
711 Die Untersuchung berücksichtigt Geschichtsatlanten ab dem Jahr 1990. Eine quantitative Überprüfung von Atlanten aus West- und Osteuropa verweist über den Abgleich der Verwendung von Welt-, Europa- oder Nationalkarten möglicherweise auf homogene Ausprägungen oder Unterschiede. 712 Zum durchschnittlichen prozentualen Anteil der drei Formate Welt-, Europa- und Nationalkarte in allen verfügbaren Geschichtsatlanten siehe Anlage 4.3. 713 Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon.
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Deutsche Geschichte«714 in Deutschland eine Produktion mit nationalgeschichtlicher Orientierung.
Abbildung 4.1.: Gegenüberstellung der Raumpräferenz von Geschichtsatlanten aus West- und Osteuropa – Verhältnis von Welt- Europa- und Nationalkarten (in %).
Eine andere Priorisierung ist in Veröffentlichungen aus Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa zu beobachten, wo nationale Aspekte (59 %) im Gegensatz zur globalen (9 %) oder kontinentalen (32 %) Perspektive in Schulgeschichtsatlanten ein stärkeres Gewicht haben.715 Allerdings liefern wiederum Produktionen aus Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russland und Ungarn beides: Nationalgeschichte und Weltgeschichte. Die Ausrichtung auf die eigene Geschichte ist in den meisten Staaten curricular verankert und äußert sich schon im Atlastitel, wie zum Beispiel die Produktion »Mic atlas de istorie a Romniei« (»Kleiner Atlas der Geschichte von Rumänien«) vom Verlag »Corint« zeigt.716 Um den Schülern eine ausgewogene Betrachtung der Geschichte zu ermöglichen, werden die Nationalatlanten oft durch separate Geschichtsatlanten mit dem Schwerpunkt »Weltgeschichte« ergänzt. Das rumänische Beispiel wird etwa durch die Veröffentlichung »Istorie universala˘ ; atlas s¸colar ilustrat« (»Weltgeschichte; illustrierter Schulatlas«)717 erweitert. Dass der Stellenwert der natio714 Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Taschen-Atlas – Deutsche Geschichte. 715 Zum durchschnittlichen prozentualen Anteil der drei Formate Welt-, Europa- und Nationalkarte in allen verfügbaren Geschichtsatlanten siehe Anlage 4.3. 716 Teodorescu, Bogdan (Hrsg.): Mic atlas de istorie a Romniei – Atlase Corint. Corint, Bukarest 2007. 717 Perovici, Minodora (Hrsg.): Istoria Romniei – atlas s¸colar ilustrat. Corint, Bukarest 2007.
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nalen Geschichte gegenüber der Weltgeschichte in vielen Staaten Ost- und Ostmitteleuropas insgesamt höher ist, lässt sich demnach aus der Bezeichnung sowie der Fülle von Publikationen ableiten. So zeigen auch russische Produktionen bereits im Titel ihre nationale Anbindung, wie zum Beispiel der Atlas »Russland und die Welt«718 oder die zahlreichen Veröffentlichungen zur »vaterländischen Geschichte«. Eine Vielzahl von Geschichtsatlanten kennzeichnet entsprechend sichtbar den nationalen Raumbezug. So lassen sich für Estland, Lettland, Litauen, Kroatien, Polen, Rumänien, Moldawien, Russland, Tschechische Republik, Ukraine und Weißrussland schon anhand des Atlastitels eindeutige nationale Ausrichtungen ableiten. Dass die Einbeziehung von Nationalgeschichte kein reines Phänomen der osteuropäischen Kartenwerke darstellt, veranschaulicht ebenso die Benennung belgischer, deutscher, englischer, finnischer oder auch niederländischer Publikationen. Allerdings ist die Schwerpunktlagerung für den Bereich der umrissenen Staaten Osteuropas klar erkennbar : 67 Veröffentlichungen haben einen explizit nationalen Bezug.719 Im Gegensatz dazu benennen 31 belgische, britische, deutsche, französische, italienische und spanische Produktionen genauso deutlich ihre universale beziehungsweise weltgeschichtliche Orientierung.720 Daneben versucht eine Minderheit von Schulgeschichtsatlanten aus verschiedenen Ländern gleich mehrere Positionen in einem Werk zu verarbeiten. So wird neben der nationalen Perspektive oft der europäische und/oder der weltgeschichtliche Blickwinkel behandelt. Die Fokussierung auf mehrere Horizonte in der Konzeption kann für Produktionen aus Albanien, Belgien, Frankeich, Großbritannien und Kroatien festgehalten werden.721 718 Saplin, Andrej I.; Saplina, Elena V. (Hrsg.): Atlas Okruzˇajusˇcˇij mir, obsˇcˇestvo, 1 – 4 klassy. Drofa, Moskau 2008; Volubuev, Oleg Vladimirovicˇ (Hrsg.): Atlas klassy 10 – 11 – Rossija i mir. Drofa, Moskau 2005. 719 Anzahl der im Atlastitel deklarierten nationalen Atlanten vom gesamten Bestand an Schulgeschichtsatlanten: Für Estland 1 von 2; für Lettland 4 von 8; für Litauen 8 von 16; für Kroatien 4 von 14; für Polen 10 von 41; für Rumänien 4 von 9; für Moldawien 3 von 3; für Russland 22 von 52; für Tschechien 3 von 10; für die Ukraine 3 von 3; für Weißrussland 5 von 5. 720 Anzahl der im Atlastitel deklarierten universalen Atlanten vom gesamten Bestand an Schulgeschichtsatlanten: Belgien 3 von 9; Deutschland 9 von 21; Großbritannien 5 von 5; Frankreich 6 von 13; Italien 6 von 17; Spanien 2 von 7. 721 Hoti, Izber (Hrsg.): Atlas i histories – pÚr shkollat nÚntÚvjeÅare dhe tÚ mesme. Albas, Tirana 2005; Genicot, L¦opold; Georges, Jean; Bruneel, Alfred (Hrsg.): Atlas Historique; Les grandes ¦tapes de l’Histoire du Monde et de la Belgique. Didier Hatier, Namur 2002; Maldague, Vincent; Moens, Muriel; Patart, Christian; Stanus, Bernard (Hrsg.): Nouvel Atlas d’histoire – Visions panoramiques de l’Europe et du monde. de boeck, Brüssel 2003; Delobbe, Georges (Hrsg.): Atlas Historique; Trois mill¦naires en Europe et en France. pemf, Paris 2001; Lebrun, FranÅois (Hrsg.): Atlas du monde; histoire et g¦ographie du monde; la France, l’Europe, le monde en 200 cartes. Hachette, Paris 2001; Edmonds, Jane; King, Jannet; Lintott, Hazel (Hrsg.): Philip’s history atlas – 2000 years of world and british history.
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Die meisten »allgemeinen« Geschichtsatlanten besitzen einen weltgeschichtlichen Zuschnitt und verwenden eine ausgewogene Mischung von Karten, die die unterschiedlichsten Beziehungen von Raum und Geschichte visualisieren. Der Fokus liegt häufig auf einem überregionalen Blickwinkel, da im Großteil der Veröffentlichungen Europa- oder Weltkarten als »Grundperspektive« durch die Erzählung im Atlas führen. In allgemeinen Atlanten nimmt der Anteil von Europakarten 43 %, der von Weltkarten rund 25 % ein.722 Die Divergenz in der Raumpräferenz zu Schulatlanten ist vor allem darin begründet, dass die Produktionen für mehrere Zielgruppen konzipiert werden und teilweise einzelne Publikationen in verschiedenen Übersetzungen in ganz Europa Verbreitung finden. Die Raumausrichtung der Karten lehnt sich daher an eine universale Betrachtung der Geschichte an. Diesen Befund bestätigt auch die Benennung der Atlanten, da fast alle Veröffentlichungen des freien Buchmarkts die Bezeichnung »Weltatlas« oder »Universalatlas« tragen.723 Abweichungen zur weltgeschichtlichen Schwerpunktlagerung offenbaren hier nur Geschichtsatlanten aus Polen.724 Von einer eindeutig nationalen oder weltgeschichtlichen Perspektive abweichend, besitzen einzelne Geschichtsatlanten einen konkreten lokalen beziehungsweise temporal-thematischen Bezug. Darunter fallen besonders Spezialatlanten und Kartenwerke, die sich auf bestimmte kontinentale Regionen und Räume von mehreren Ländern ausrichten, wie zum Beispiel im »The Palgrave Concise historical Atlas of Eastern Europe«,725 im Atlas »South Eastern Europe in Maps«726 oder im »Historical Atlas of Central Europe«.727 Die Atlanten betrachten die wechselhafte territoriale Geschichte des zentraleuropäischen Raums, wobei die regionale Perspektive eine besonders intensive Fokussierung erfährt.728
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Philip’s, London 1998; Najbar-Agicˇic´, Magdalena; Rendulic´, Ivica; Agicˇic´,Damir (Hrsg.): Povijesni zemljovidi 7 (Hratska, Europa, Svijet). Profil International d.o.o., Zagreb 2006. Der Anteil von räumlich begrenzten Detail- oder Ausschnittkarten, die weder der Weltnoch der Europakarte zugeordnet werden konnten, liegt bei etwa 32 %. Beispielsweise werden über 90 % der britischen Geschichtsatlanten als »Atlas of World History« oder »World Atlas of the Past« benannt. Eine ähnlich hohe Quote kann für Deutschland festgehalten werden, hier ist es der »Atlas der/zur Weltgeschichte« oder »Weltgeschichtsatlas«. Die Gewichtung liegt für Weltkarten bei knapp 6 %, für Europakarten bei rund 29 % und für Nationalkarten bei circa 65 %, vgl. u. a. Sienkiewicz, Witold (Hrsg.): Historia S´wiata – Atlas Ilustrowany. Demart, Warschau 2007; Sienkiewicz, Witold; Olczak, Elz˙bieta (Hrsg.): Ilustrowany Atlas – Historii Polski. Demart, Warschau 2006. Cox, Harold E.; Hupchick, Dennis P. (Hrsg.): The Palgrave Concise historical Atlas of Eastern Europe. Palgrave, Hampshire 2001. Kocsis, Kroly (Hrsg.): South Eastern Europe in Maps. Mackensen, Budapest 2007. Magocsi, Paul Robert (Hrsg.): Historical Atlas of Central Europe: From the early fifth century to the present. Thames & Hudson, London 2002. Crampton, Richard; Crampton, Ben (Hrsg.): Atlas of Eastern Europe in the Twentieth
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In diese Kategorie fallen nur wenige Schulgeschichtsatlanten, da nur in seltenen Fällen etwa Regionalatlanten in den Geschichtsunterricht einbezogen werden.729 In Kartenwerken mit speziellem Raumbezug wird über lokale Blickwinkel die entsprechende räumliche Anbindung hergestellt, Schwerpunktlagerungen sind in kontinental-begrenzter, nationaler oder globaler Perspektive möglich.730 Weiterhin nehmen Spezialisierungen im Rahmen historischer Längs- oder Querschnitte verschiedene historische Ereignisse und Prozesse in den Fokus, wie beispielsweise Atlanten, die allein die Zeit der Weltkriege, das Dritte Reich, den Nationalsozialismus, Flucht und Vertreibung, die russische oder jüdische Geschichte oder den Holocaust behandeln.731 Auch besondere zeitliche Eingrenzungen tauchen unter den Veröffentlichungen auf, wie zum Beispiel der Atlas »Warfare – Renaissance to Revolution 1492 – 1792« von Jeremy Black oder der »Atlas of 20th Century History« von Richard Overy.732 Spezialatlanten erlauben vor allem die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven, die es dem Betrachter ermöglichen, den Blick auf die Geschichte und somit die eigene Positionierung im Raum zu verändern. Gerade viele Atlanten mit regionalem Schwerpunkt bieten nur begrenzt Europa- oder Weltkarten beziehungsweise großmaßstäbige Karten zur Einleitung oder als Zusammenfassung und Einordnung in überregionale historische Kontexte an.733 So können Geschichtskarten in Spezialatlanten beispielsweise breite thematische Teilbereiche von Krieg oder Flucht und Vertreibung visualisieren und auf diese Weise räumlich begrenzte Geschehnisse und Abläufe in größeren Zusammenhängen
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Century. Routledge, London 1996; Hupchick, Dennis P.; Cox, Harold E. (Hrsg.): The Palgrave Concise historical Atlas of Eastern Europe. Palgrave, Hampshire 2001. Vgl. Hantsche, Irmgard (Hrsg.): Atlas zur Geschichte des Niederrheins. Pomp, Essen 2004; Salvisberg, Andr¦ (Hrsg.): Historischer Atlas der Region Basel. Geschichte der Grenzen. Merian, Basel 2010. Vgl. Mcevedy, Colin (Hrsg.): The Penguin Atlas of African History. Penguin Books, London 1995; Zuzief, Artur (Hrsg.): Atlas ethnopolititschkoi istorii Kawkas 1774 – 2004. Wlasikafkaskii Institut, Moskau 2006. Vgl. Gilbert (Hrsg.): Atlas of World War I; Keegan (Hrsg.): Atlas of World War II; Gilbert, Martin (Hrsg.): The Routledge Atlas of Russian History. Routledge, London 2007; Gilbert, Martin (Hrsg.): The Routledge Atlas of Jewish History. Routledge, London 2006; Dalziel, Nigel (Hrsg.): The Penguin Historical Atlas of the British Empire. Penguin, London 2006; Fischer, Ferenc (Hrsg.): A Megosztott Vilg: Tört¦nelmi-Politikai Atlasza 1941 – 1991. PSZM, Budapest 1996; Dohnke, Kay (Hrsg.): Nationalsozialismus in Norddeutschland. Europa Verlag, Hamburg 2001; Sienkiewicz, Witold; Hryciuk, Grzegorz (Hrsg.): Wysiedlenia wype˛dzenia i ucieczki 1939 – 1959 – Atlas ziem Polski. Demart, Warschau 2008. Overy (Hrsg.): Historical Atlas of the Third Reich. Black (Hrsg.): Warfare – Renaissance to Revolution 1492 – 1792; Overy (Hrsg.): Atlas of 20th Century History ; vgl. auch Merienne, Patrick (Hrsg.): Atlas Historique du Monde; de 1944 nos jours. Editions Quest-France, Rennes 2006. Vgl. Dohnke (Hrsg.): Nationalsozialismus in Norddeutschland; Hantsche (Hrsg.): Atlas zur Geschichte des Niederrheins; Salvisberg (Hrsg.): Ein historischer Atlas der Region Basel.
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verorten.734 Das System der Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlager im Zweiten Weltkrieg oder die dem Völkermord an den europäischen Juden vorausgegangene Entrechtung durch die Arisierung jüdischer Geschäfte und Firmen oder die Emigration der Verfolgten im Kartenbild sind hier nur einige Beispiele.735 Die Möglichkeiten von Spezialatlanten erscheinen bezüglich des Spiels mit der Wahl der Perspektive unbegrenzt. Ein enger regionaler Raumbezug wird daher auch in der Behandlung von räumlich-territorialen Aspekten deutlich sichtbar. Den meisten Spezialatlanten ist es deshalb möglich, über thematische und/oder zeitliche Aspekte unterschiedliche Bezüge zum Raum herzustellen, die sich zumeist nicht nur auf die Perspektive der europäischen Betrachtung (Europakarte) beschränken, sondern häufig über Detailkarten mit kleinem Raumausschnitt Geschichte in räumlich-begrenzter Dimension darstellen.736 Die Beurteilung der inhaltlichen Ausrichtung der 365 Geschichtsatlanten ergibt zusammenfassend für 189 Produktionen einen universalhistorischen Schwerpunkt, 105 lassen sich den nationalzentrierten Veröffentlichungen zurechnen, 71 Kartenwerke haben einen konkreten Raumbezug vor dem Hintergrund lokaler, zeitlich-thematischer Anbindung (oder einen temporalen Raumbezug im Kontext zeitlicher Eingrenzung).737 Im Ganzen fließen in die Analyse welt- wie nationalgeschichtliche Atlanten ein, denn die Erschließung kann nur über den Abgleich aller möglichen Perspektiven (Welt-, Europa- und Nationalkarte) genaue Aussagen zur Darstellung des Themas Zeit der Weltkriege machen.738 In verschiedenen vergleichenden Studien setzte sich die Analyse von Geschichtsatlanten bereits mit Zentrierungen und Präferenzen in der Raumdarstellung der verwendeten Geschichtskarten auseinander. Der Rückgriff auf 734 Vgl. Birken; Gerlach (Hrsg.): Atlas und Lexikon zum Ersten Weltkrieg; Overy (Hrsg.): Historical Atlas of the Third Reich; Keegan (Hrsg.): Atlas of World War II; Hryciuk; Sienkiewicz (Hrsg.): Wysiedlenia wype˛dzenia i ucieczki 1939 – 1959. 735 Dohnke (Hrsg.): Nationalsozialismus in Norddeutschland. S. 52ff,; 102 ff. 736 Zuzief (Hrsg.): Atlas ethnopolititschkoi istorii Kawkas 1774 – 2004; Sienkiewicz; Hryciuk (Hrsg.): Wysiedlenia wype˛dzenia i ucieczki 1939 – 1959 – Atlas ziem Polski. 737 Die Zahl von 105 Atlanten mit nationalem Bezug ergibt sich aus der Auszählung von Nationalkarten im Korpus der Schulgeschichtsatlanten. Ein Atlas wurde als »national« bewertet, wenn die Anzahl an Nationalkarten die Zahl an Welt- und Europakarten überschritt. 738 Die Analyse geht davon aus, dass allein über den direkten Vergleich von Atlanten zur jeweils Welt- oder Nationalgeschichte kaum Konventionen oder Ausprägungen lokalisiert werden können. Es werden alle verfügbaren Atlanten betrachtet, um vor allem quantitativ im Abgleich mit qualitativen Erhebungen Muster und Perspektivierungen freizulegen. So sagt die Publikation von Welt- und Europakarten noch nichts über genaue Raumpräferenzen aus. Erst die Einbeziehungen von Nationalkarten verweist auf relevante Standpunkte. Zudem nimmt gerade die Nationalgeschichte bildungspolitisch immer noch ein Hauptgewicht in fast allen europäischen Ländern ein.
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eine Methode, die die Bewertung des Raumbezugs eines umfangreichen Materialkorpus gestattet, ist indes nur in Ansätzen vorhanden.739
Abbildung 4.2.: Globaler, nationalzentrierter und temporal-thematischer Raumbezug der europäischen Geschichtsatlanten (Anzahl von Atlanten).
Eine Orientierung gibt die Studie Detlef Mittags zur »Perspektivitätsanalyse« europäischer Geschichtsatlanten, um in der Raumdarstellung einzelne Gewichtungen von allen enthaltenen Welt-, Europa- und Nationalkarten zu ermitteln.740 Die Vielfalt an Ausprägungen in der kartographischen Gestaltung, die sich in den verschiedenartigen Zuschnitten der thematischen und der zeitlichen Gestaltung sowie dem Verschwimmen von Nationalgeschichte und Weltgeschichte in den Geschichtsatlanten widerspiegelt, erschwert allerdings eine grundsätzliche Typologisierung. Generell ermöglichen der Blick auf die Anzahl von Kartenformaten sowie die Orientierung des Raumausschnitts verwendeter Karten eine Einschätzung der jeweiligen Ausrichtung der Kartenwerke, die besonders Unterschiede zwischen nationaler und globaler beziehungsweise kontinentaler Präferenz aufzeigen soll. Ein Blick auf die Gewichtung von Raumperspektiven in Atlasproduktionen exemplarischer Länderbeispiele erlaubt somit grobe Muster und Optionen der Kartendarstellung zu bestimmen. Außerdem werden die vielfältigen Ausprä739 Vgl. Mittag: Geschichtsbilder in Schulgeschichtsatlanten; Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder, S. 64 – 101. 740 Vgl. Mittag: Geschichtsbilder in Schulgeschichtsatlanten, S. 177 ff.
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gungen der Geschichtskarten in einem Vergleich von ost- und westeuropäischen Produktionen noch einmal genauer gegenübergestellt. Zum Abgleich der Perspektivierungen kommen in der Auswertung zur Ermittlung fester Bezugsgrößen nur Visualisierungen, die sich eindeutig dem Zuschnitt einer Welt-, Europaoder Nationalkarte zuordnen lassen. Berücksichtigt werden also nur Kartenformate oberhalb der Nationalkarte. Abbildungen mit begrenztem Raumbezug finden zunächst wegen ihrer außerordentlichen Diversität keine Berücksichtigung. In der Begutachtung exemplarischer Ländersamples werden nun einzelne Präferenzen und Ausprägungen in der raumdimensionalen Ausrichtung französischer, litauischer, polnischer, schwedischer und slowenischer Kartenwerke vorgestellt: Europakarten stehen in französischen Geschichtsatlanten deutlich im Mittelpunkt. Das Verhältnis in der Wahl des Raumzuschnitts entspricht in etwa dem westeuropäischen Durchschnitt. Dabei widmet sich das aus dreizehn Atlanten bestehende Sample mit insgesamt 22 % Welt-, 47 % Europa- und 31 % Nationalkarten den Epochen Ur-/Frühgeschichte, Antike, Mittelalter und Neuzeit. Somit wird fast durchschnittlich die Hälfte der Hauptkarten pro Atlas für die europäische Perspektive verwendet. Im Gang durch die Epochen sind ebenso inhaltliche Präferenzen zu beobachten, denn in französischen Schulgeschichtsatlanten setzen sich knapp 59 % des Gesamtvolumens eines Atlas mit der Neuzeit auseinander. Im Ganzen bildet die Neuere und Neueste Geschichte den Schwerpunkt, woraus folgt, dass die europäische Perspektive in der kartographischen Visualisierung der jüngsten Geschichte ein Hauptgewicht in Atlanten einnimmt (Frühe Neuzeit 13 %; Moderne 46 %). An der Konzeption der französischen Publikationen fällt auf, dass sich die Kartenwerke in ihrer Gestaltung im Vergleich zu anderen Produktionen Westeuropas unverkennbar auf den Schulgebrauch ausrichten. Eine instruktionale Verankerung des Blickwinkels »Europa« liegt somit nahe.741 Die dominante Ausrichtung auf den eigenen Kontinent tritt teilweise mehr oder weniger stark auch in anderen westeuropäischen Veröffentlichungen auf. So veranschaulichen skandinavische Atlanten ebenfalls klare Europazentrierungen im Raumbezug. Schweden ist von allen skandinavischen Ländern das Land, für das die größte Zahl an Atlaspublikationen recherchiert werden konnte. Der hohe Ausstoß schwedischer Geschichtsatlanten liegt vor allem an den in Schweden ansässigen Verlagen mit Lehrmittelschwerpunkt, die ganz Skandinavien mit Kartenwerken versorgen. Von sieben schwedischen Produktionen sind fünf den Schulatlanten zuzurechnen, welche alle auch die Zeit von 1914 bis 1945 behandeln. Die Veröffentlichungen verwenden keinen gesonderten Schul- oder Jahrgangsbezug und besitzen eine weltgeschichtliche Ausrichtung. Das Sample deckt die Ab741 Vgl. Jeismann: Nationalgeschichte als Illustration des Europäischen, S. 105 – 122.
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handlung aller Epochen mit insgesamt 11 % Welt-, 44 % Europa- und 45 % Nationalkarten für die Zeitalter Ur-/Frühgeschichte, Antike, Mittelalter und Neuzeit ab. Auch im schwedischen Sample nimmt die Neuzeit (57 %) ein Hauptgewicht ein. Auffällig ist allerdings die durchweg starke Perspektivierung nationaler Blickwinkel in den Geschichtsatlanten. Nationalkarten belegen damit das große Interesse an der eigenen Vergangenheit im Kontext des europäischen und globalen Geschehens einer Weltgeschichte. Schwerpunkte der schwedischen Geschichte beruhen auf dem Mittelalter (zum Beispiel Wikinger) und der Frühen Neuzeit (zum Beispiel Wasa-Dynastie). Diese Akzentuierungen übersteigen allerdings nicht die Zahl an Welt- und Europakarten, führen also nicht zu einer Dominanz des »Nationalen« in der raumdimensionalen Fokussierung der schwedischen Geschichtsatlanten. Gleichwohl verweist der Einblick in das schwedische Curriculum auf die große Bedeutung von Nationalgeschichte.742 Ein weiteres Beispiel für die Ausprägung besonderer Präferenzen im Raumbezug stellen 30 Atlasveröffentlichungen aus Polen dar. Die Geschichtsatlanten sind zumeist stufen- beziehungsweise schulspezifische Publikationen, nur wenige erscheinen in einem jahrgangs- oder schulformunabhängigen Rahmen. Nahezu alle Atlanten nehmen Bezug auf die Nationalgeschichte, weshalb nur Ausnahmen deutliche Ansätze einer universalgeschichtlichen Betrachtung ausbilden. Eine thematische oder zeitliche Einschränkung lässt sich ebenfalls lediglich für einzelne Produktionen herausstellen. In der Gesamtzahl der polnischen Atlanten erfolgt die Betrachtung der Epochen prozentual durch insgesamt 8 % Welt-, 34 % Europa- und 58 % Nationalkarten. Somit beruht ein Gewicht auf nationalen Blickwinkeln im Gegensatz zu globalen und europäischen Aspekten. Auch im polnischen Sample verweist der Abgleich einzelner Zeitperioden auf eine Akzentuierung der Neuzeit mit etwa 66 % des Atlasumfangs. Geht man von einer gleichmäßigen Verteilung der Visualisierungen aus, so besitzen Nationalkarten in polnischen Atlanten insbesondere für die jüngste Vergangenheit (Moderne 52 %) eine hohe Relevanz. Der kursorische Blick in die Geschichtsatlanten veranschaulicht, dass die Produktionen vielfältige Detailkarten mit nationalem Raumausschnitt verwenden, die infolgedessen besondere Bedeutung für die Analysen zur Darstellung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben. Eine Erklärung liefert die auf Polen ausgerichtete Geschichtspolitik,743 was Analysen einzelner Schulge-
742 Vgl. Hammerlund, Karl-Gunnar : Beyond the Book Cover. Curriculum Goals and Learning Materials, in: Helgason; Lässig (Hrsg.): Opening the mind or drawing boundaries, S. 107 – 120. Hammerlund gibt den Gebrauch von Karten im schwedischen Geschichtsunterricht in einer Befragung zur Nutzung von Unterrichtsmaterialien mit 65,5 % der Lehrerschaft an (»2003 evaluation of the Swedish compulsory School«). 743 Rafal Stobiecki spricht einen »Polonozentrismus« als Schwäche der polnischen Ge-
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schichtsbücher und Lehrmaterialien in verschiedenen Studien bereits belegen.744 Europa als Kontinent einer gemeinsamen »Historie« wird demnach keine so große Bedeutung beigemessen wie im Gegensatz dazu der Nationalgeschichte.745 Beziehungen zur Weltgeschichte werden nur vereinzelt hergestellt und erfolgen häufig nur in Form eines ergänzenden Seitenblicks. Die Beschäftigung mit dem Baltikum lenkt den Blick auf die vielfältige Verlagslandschaft Litauens, die eine große Anzahl von Geschichtsatlanten mit unterschiedlicher Ausrichtung hervorbringt. Somit kann der litauische Atlasbestand speziell in der Analyse des Raumbezugs als sehr aufschlussreich und repräsentativ charakterisiert werden. Einige Atlanten offenbaren bereits die raumdimensionale Lagerung im Titel wie zum Beispiel der »Lietuvos istorijos atlasas« (»Litauischer Geschichtsatlas«), die wie im Falle der polnischen Publikationen ein Muster für die Kategorisierung ihrer Provenienz erkennen lassen.746 Alle 16 litauischen Veröffentlichungen sind Schulatlanten und auf Jahrgang und Schulform zugeschnitten. Sie behandeln fast ausnahmslos die Zeit der Weltkriege. Dabei teilen sich die Geschichtsatlanten in Kartenwerke mit einerseits weltgeschichtlichem und andererseits nationalgeschichtlichem Schwerpunkt. Hinsichtlich des Raumbezugs nutzt die Atlasauswahl in der Abhandlung des gesamten Epochenspektrums 8 % Welt-, 28 % Europa- und 66 % Nationalkarten. In litauischen Atlasproduktionen besitzt die gesamte Neuzeit (Frühe Neuzeit 11 %; Moderne 50 %) einen hohen Stellenwert und stellt knapp 61 % des Gesamtvolumens. Nationale Blickwinkel stehen in litauischen somit genauso wie in polnischen Geschichtsatlanten im Mittelpunkt. Die Perspektivierung von Nationalgeschichte in Bildungsmedien erschließt sich in Litauen über curriculare Standards sowie Rahmenpläne. Die starke Bildungsplanung des Landes hat damit erkennbar Einfluss auf die Gestaltung der Atlasveröffentlichungen.747
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schichtswissenschaft an, vgl. Stobiecki, Rafal: Die Zeitgeschichte in der Republik Polen seit 1989/90, in: Nützenadel; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem, S. 345. Vgl. Ruchniewicz: Polnische Schulbücher für Geschichte und Politik; Rosenbaum: Nationale Aspekte in den gegenwärtigen polnischen Geschichts-Schul-Curricula; Nasalska, Ewa: Die Präsenz des Nationalen in der Darstellung der deutsch-polnischen Grenze und der Zwangsumsiedlung der Deutschen aus Polen in polnischen Geschichtslehrbüchern, in: Maier (Hrsg.): Zwischen Zählebigkeit und Zerrinnen, S. 69 ff.; Maier, Robert (Hrsg.): Die Präsenz des Nationalen im (ost-)mitteleuropäischen Geschichtsdiskurs. Hannover 2002. Vgl. Anklam, Eva; Grindel, Susanne: Europa im Bild – Bilder von Europa. Europarepräsentationen in deutschen, französischen und polnischen Geschichtsschulbüchern in historischer Perspektive, in: Heinze (Hrsg.): Das Bild im Schulbuch, S. 93 – 108; Kühberger, Christoph: Die Geschichte der europäischen Union in Schulgeschichtsbüchern. Reflexionen zur normativen Triftigkeit anhand von deutschen, polnischen und österreichischen Beispielen, in: Kühberger (Hrsg.): Europäische Geschichtskultur – Europäische Geschichtspolitik, S. 143 – 159. Gaucˇas, Petras (Hrsg.): Lietuvos istorijos atlasas. Leidykla VAGA, Wilna 2001. Vgl. Christophe, Barbara: Geschichtsunterricht zwischen Kanonisierung und Kompe-
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Aber auch geschichtspolitische Ansprüche werden an Akzentuierungen deutlich. So ist der hohe Anteil an Nationalgeschichte zum Teil über den Einfluss einer nationallitauischen Geschichtspolitik erklärbar, die in der Auseinandersetzung um eigene und europäische Geschichtsbilder eine bedeutende Rolle spielt.748 Eine Ausnahme im Zuschnitt von Karten in Geschichtsatlanten stellt im Osteuropasample Slowenien dar, denn in der Konzeption der drei verfügbaren Kartenwerke bilden Welt- und Europakarten zusammengenommen mit 61,5 %749 einen Schwerpunkt. Nationalkarten treten mit 38,5 % wie in vielen westeuropäischen Geschichtsatlanten in den Hintergrund. Die Sichtung der slowenischen Auswahl ermöglicht auch hinsichtlich des Designs und der Gestaltung von Kartenelementen signifikante Übereinstimmungen zu westeuropäischen Atlanten herauszustellen.750 Alle slowenischen Schulgeschichtsatlanten bieten in weltgeschichtlicher Ausrichtung einen kompletten Gang durch die Geschichte. Zwei Produktionen sind unabhängig von Stufen- und Schulform entworfen, wobei der »Zgodovinski atlas za osnovno ˇsolo (»Geschichtsatlas für die Grundschule«)« einen klaren Schulbezug aufweist. Der inhaltliche Schwerpunkt der slowenischen Auswahl liegt ebenfalls in der Neuzeit, vorwiegend werden 19. und 20. Jahrhundert stark akzentuiert (Moderne 55 %), was auf diese Weise ebenso die betonte Verwendung von Europakarten zur unmittelbaren Darstellung der Neusten Geschichte betrifft.751 Das Beispiel Slowenien macht damit exemplarisch die Heterogenität der gesamten Atlasauswahl in Europa fest, verweist insgesamt aber auch auf standardisierte Gemeinsamkeiten. Die Ergebnisse der Auswertung des länderspezifischen Atlassamples ergeben unterschiedliche Präferenzen im Raumbezug. Einen stärkeren Fokus auf die
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tenzorientierung. Einige Überlegungen zu Deutschland und Litauen, in: Erdsiek-Rave; John-Ohnesorg (Hrsg.): Bildungskanon heute, S. 143 – 148. Eine nicht-repräsentative Fragebogenerhebung des DFG-Projekts »Geschichtsatlanten in Europa« im Jahr 2011 unter zehn litauischen Geschichtslehrern stützt den Befund der starken curricularen Anbindung von Geschichtskarten und -atlanten im Unterricht. Vgl. Nikzˇentaitis, Alvydas: Die Epoche der Diktaturen. Erinnerungskonkurrenz in Litauen, in: Osteuropa: Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens 58 (2008) 6, S. 159 – 166. Die Verteilung in den drei Atlanten beläuft sich auf 16 % Weltkarten und 45,5 % Europakarten. Vgl. die Darstellungen zum Holocaust in: Weber (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas; Weber, Tomazˇ (Hrsg.): Sˇolski Zgodovonski Atlas. DZS, Ljubljana 2002; Kastelic, Zlata; Lavbicˇ-Saje, Zvonka; Rihtarsˇicˇ, Mateja; Weis, Ksenja (Hrsg.): Zgodovinski atlas za osnovno sˇolo. DZS, Ljubljana 1999. Nach Revision des Curriculums »Geschichte« im Zeitraum von 2006 bis 2008 soll in Slowenien der Anteil von Welt- und Europäischer Geschichte 60 % und der von Nationalgeschichte 40 % betragen, vgl. Brodnik, Vilma: Revision of History Curricula in the Republic of Slovenia (2006 – 2008), in: Dimou (Hrsg.): »Transition« and the politics of history education in Southeast Europe, S. 71 – 90.
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Abbildung 4.3.: Raumbezug einzelner Ländersamples im Gang durch die Epochen – Verhältnis von Welt-, Europa- und Nationalkarten (in %).
Nationalgeschichte legen insbesondere osteuropäische Geschichtsatlanten. Dies ist aber nicht durchgängig der Fall, wie das Beispiel Slowenien zeigt. Schwerpunkte äußern sich in osteuropäischen Veröffentlichungen über die Betonung nationaler Aspekte im Anschluss an die zielgerichtete Konzeptionierung von Schulatlanten (Nationalatlas/Weltatlas). Neben Bildungsplänen erfolgen Einflussnahmen aber auch durch die Geschichtspolitik. Daneben offenbaren westeuropäische Produktionen unterschiedliche Ausprägungen europäischer und globaler Dimensionen, wobei das Verhältnis der raumdimensionalen Perspektivierung, wie anhand französischer und schwedischer Beispiele erläutert, jeweils mehr oder weniger nationale Eindrücke einbeziehen kann. Hierbei ist besonders auf die raumdimensionale Diversität der verschiedenen Samples hinzuweisen, die aus spezifischen Raumbezügen im Kontext curricularer Anbindung resultiert. Angesichts der Geschichtsvermittlung in Geschichtsatlanten macht sich deshalb die vielfältige Ausprägung von instruktionalen Vorgaben der Bildungspolitik der europäischen Länder durchaus bemerkbar. Einflüsse erscheinen hier facettenreich und mit Bezug auf vielerlei Zusammenhänge verschiedenartig ausgeprägt, wie zum Beispiel einerseits die Wirkung jeweiliger nationaler Traditionen,752 andererseits aber auch die Gewichtung europäischer sowie auch universeller oder vielmehr globaler Sichtweisen.753 752 Vgl. Pingel: Europa im Schulbuch – Einleitung, S. X. 753 Vgl. Popp, Susanne: Weltgeschichte im Geschichtsunterricht? Geschichtsdidaktische Überlegungen zum historischen Lernen im Zeitalter der Globalisierung, in: Popp; Forster (Hrsg.): Curriculum Weltgeschichte, S. 68 ff.; Westheider, Rolf: Europa ist nicht Europa.
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Gerade Schulgeschichtsatlanten bilden wegen ihrer instruktionalen beziehungsweise curricularen Anbindung ein weites Feld, denn nicht alle europäischen Veröffentlichungen entstehen unter denselben Voraussetzungen oder unterstehen identischen Einflüssen und Regelungen. Deshalb ergeben sich europaweit erhebliche Unterschiede in der Schulatlasproduktion, die hauptsächlich an der inhaltlichen Gestaltung sowie der raumdimensionalen Gestaltung der Geschichtskarten sichtbar sind. Größere Diskrepanzen in der Perspektivierung lassen sich für die Mehrheit der Geschichtsatlanten des freien Buchmarkts hingegen nicht festhalten. Die zumeist universalen Geschichtsatlanten sind in ihrer raumdimensionalen Orientierung im Gegensatz zu Schulgeschichtsatlanten recht homogen konzipiert, was vor allem eine allgemeine Ausrichtung auf breite Käuferschichten mit sich bringt. Sie prägen primär europäische und weltgeschichtliche Blickwinkel. Neben dem Raumbezug ist für die Charakterisierung der Vielfalt der europäischen Geschichtsatlanten auch deren inhaltlicher Aufbau wichtig. In diesem Zusammenhang rückt vor allem die Gliederung der Epochen und deren Anteile in der Gewichtung des Atlas in den Mittelpunkt.
4.2.4. Die inhaltliche Gliederung und epochale Schwerpunktsetzung von Atlanten In der Analyse von Geschichtsatlanten besitzen speziell die inhaltliche Gliederung sowie die epochale Schwerpunktsetzung besondere Relevanz. Dabei fällt sofort die deutliche Akzentuierung der Staats- und Militärgeschichte ins Auge.754 Auf den Mangel an Darstellungen zum Beispiel zur Kultur-, Wissenschafts- oder Technikgeschichte deutet bereits die Durchsicht der Inhaltsverzeichnisse vieler Veröffentlichungen hin. So ist zu vermuten, dass die vielfältigen Perspektivwechsel der Geschichtswissenschaft nur minimalen Eingang in die Atlasentwicklung finden.755
Zur Geschichte einer verhinderten Identität. Die Darstellung Europas in ausgewählten Geschichtsbüchern der Bundesrepublik Deutschland, in: Pingel (Hrsg.): Macht Europa Schule?, S. 47 ff. 754 Vgl. Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 378 f.; Buhr : Kriterien zur Beurteilung von Geschichtsatlanten, S. 200 f. 755 Vgl. Kocka, Jürgen: Mode und Wahrheit in der Geschichtswissenschaft. Wandlungen der letzten Jahrzehnte, in: Leviathan: Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaft 38 (2010) 2, S. 213 – 225; Iggers, Georg G.: Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein kritischer Überblick im internationalen Zusammenhang. Göttingen 2007, S. 61 ff.; Daniel, Ute: Clio unter Kulturschock. Zu den aktuellen Debatten der Geschichtswissenschaft, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 48 (1997) 4, 5/6, S. 195 – 219 und 259 – 278.
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Der Historiker Armin Wolf untersuchte bereits zu Beginn der 1970er-Jahre eine größere Anzahl europäischer Geschichtsatlanten hinsichtlich ihrer inhaltlichen Gestaltung. Dabei erhob er Gewichtungen in der Berücksichtigung von Epochen vor dem Aspekt der Auswahl unterschiedlicher thematischer Bezüge. Wolf fragte nach einem »mehr oder weniger üblichen Kanon« von Karten und nahm die »Darstellung bestimmter Einzelheiten« in den Blick.756 Zur raumdimensionalen Fokussierung erklärte Wolf in seinem damaligen Urteil, dass in Geschichtsatlanten die »Weltgeschichte überwiegend europäisch, die Geschichte Europas vornehmlich national«757 gesehen werde. Darüber hinaus seien Perspektiven häufig infolge eines Übergewichts von Europa- und Nationalkarten stark von europäischen und nationalstaatlichen Blickwinkeln beeinflusst.758 Außerdem hätten die Erhebungen ergeben, dass das »Geschichtsbild der historischen Atlanten […] staatengeschichtlich geprägt [wurde]«759 und die »Zahl der territorialgeschichtlichen Karten diejenige der kirchen-, religions-, kunst-, sozial-, wirtschafts-, rechts- und verfassungsgeschichtlichen Karten weit [übertraf]«.760 Dieser Befund bestätigt sich auch mit Blick auf die aktuellen Geschichtsatlanten. Im Übrigen werden die Epochen der europäischen Geschichte in den Atlanten »ungleichmäßig« behandelt, so Wolf. Die Studie lokalisierte verschiedene Europakarten, die gewissermaßen als Kanon häufig in den Geschichtsatlanten auftauchten (»Das Reich Karls des Großen«, »Das Reich Karls V.«, »Das Reich Napoleons«, »Die Ordnung nach dem Wiener Kongreß«, »Vorabend und Verlauf des Ersten Weltkrieges«, »Die Ordnung nach dem Pariser Vorortfrieden« und »Vorabend und Verlauf des Zweiten Weltkrieges«).761 In der Eingrenzung von Schwerpunkten ließ sich zudem in Wolfs Untersuchung die untergeordnete Bedeutung von Antike und Mittelalter in den europäischen Atlanten herausstellen und damit eine deutliche Gewichtung der Neuzeit ausmachen. Abschließend hielt Wolf fest, dass »überwiegend ein Geschichtsbild sichtbar wird, das die einzelnen Nationen als die entscheidenden Träger des historischen Prozesses ansieht«.762 756 Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder, S. 65. 757 Ebd.: S. 85. 758 Zur curricularen Verankerung von Perspektiven in der Gegenwart vgl. Schissler, Hanna: »Der eurozentrische Blick auf die Welt«, in: Internationale Schulbuchforschung 25 (2003) 1/ 2, S. 155 – 166. 759 Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder, S. 85. 760 Ebd. 761 Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder, S. 87. 762 Ebd.: S. 89.
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Vergleicht man die Ergebnisse der Studie mit den Geschichtsatlanten der Gegenwart, ergeben sich zahlreiche Parallelen und Gemeinsamkeiten, obwohl die Untersuchung Wolfs mittlerweile über 40 Jahre zurückliegt. Zwar unterliegen Atlasprojekte immer wieder Eingriffen und damit Überarbeitungen, doch werden auch einige grundsätzliche Darstellungsvarianten und -muster weiter fortgeschrieben. Ein Grund für die Persistenz von Kartenbildern mag möglicherweise auch die Wirtschaftlichkeit von Atlasprojekten sein, denn viele Karten werden für Neuauflagen redaktionell nur wenig verändert oder überarbeitet (das betrifft besonders Karten zu den Epochen Antike und Mittelalter).763 Im Ganzen zeigt die Durchsicht der Inhaltsverzeichnisse vieler Atlasproduktionen, dass die Auswahl von Inhalten auch heute noch erkennbar begrenzt bleibt. Multiperspektivische oder universalhistorische Ansätze finden nur in geringem Maße Abbildung im Atlas. Darüber hinaus dominieren nationalgeschichtliche Bezüge teilweise noch immer viele Darstellungen. Einen genauen Abgleich sämtlicher Epochen aller Geschichtsatlanten Europas kann diese Untersuchung nicht leisten. Durch kursorische Überprüfung erscheint eine Inhaltsbestimmung anhand der Gestaltung der Epochen überblicksartig zwar möglich, die genauen sektoralen Lagerungen können allerdings nur geschätzt werden. Die Analysen zur Visualisierung des Zeitalters der Weltkriege werden im nächsten Kapitel genauere Aufklärung zu sektoralen Schwerpunkten liefern. Grundsätzlich ist der Aufbau von Geschichtsatlanten von großer Bedeutung. Deshalb interessiert hier speziell die inhaltliche Struktur und Gliederung von Geschichte. So besteht in den meisten Atlanten eine innere Grundordnung mit Blick auf die Epochen und daran gebundene Schwerpunkte im Rahmen einer zeitlich-thematischen Einteilung (Chronologie). In einigen wenigen Veröffentlichungen erfolgt aber auch eine Konzeption über raumdimensionale Gliederungsprinzipien.764 Daneben sind hinsichtlich der Abfolge einzelner Themenfelder in Geschichtsatlanten (Zeitalter des Imperialismus, Erster Weltkrieg usw.) hauptsächlich Formen der Sequenzierung von Karten von Interesse. Zwei Vorgehensweisen tauchen hierbei auf: In diachroner Gliederung ruht der Fokus in der Abfolge von Geschichtskarten konstant auf einem raumdimensionalen Blickwinkel mit unterschiedlichem Zeitbezug. So lassen sich in der sequenziellen 763 Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 27 f. Der Kartennachweis im »Putzger : Historischer Weltatlas« von 2011 nennt zum Beispiel immer noch den bereits 1968 verstorbenen deutschen Historiker Erich Keyser als Autor, sodass davon ausgegangenen werden kann, dass Karten über mehrere Jahrzehnte unverändert in neuen Auflagen nachgenutzt werden. 764 349 Geschichtsatlanten besitzen eine chronologisch-thematische Gliederung, nur 15 Publikationen bieten eine räumliche Inhaltsstrukturierung.
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Aneinanderreihung von verschiedenen Zeitebenen Veränderungen darstellen, die auf diese Weise spezifische Aussagen über Dauer und Wandel signifikanter Räume ermöglichen. In synchroner Anordnung fokussieren Geschichtskarten dagegen in unterschiedlichen Raumausschnitten einen festen Zeitraum, wodurch für den Betrachter die Möglichkeit des Zugriffs auf unterschiedliche Perspektiven von Geschichte besteht. Generell nutzen demnach viele Geschichtsatlanten eine chronologische Periodisierung der Geschichte zur allgemeinen Strukturierung.765 Atlanten betrachten so die Geschichte in einer zeitlich-thematischen Einteilung des Nacheinander. Die Methode des In-der-Zeit-»Voranschreitens«, die sich inhaltlich zumeist an die epochale Reihenfolge (Epochenchronologie) hält, ist allerdings in einer raumschematischen Gliederung von Atlanten nicht möglich. Die wohl auffälligsten Alternativen zur Inhaltseinteilung von Geschichtsatlanten findet man in den französischen Produktionen von Georges Duby sowie in den Veröffentlichungen von John Haywood und Jeremy Black. Black spricht zum Beispiel in seiner Atlaspublikation »World History Atlas« ausdrücklich von der Auseinandersetzung mit einzelnen »Geschichtsräumen«.766 Die Ordnung entsteht aus einer Verschränkung von Raum und Zeit, wobei raumdimensionale Aspekte im Vordergrund stehen und damit die Gliederung und Anordnung des Inhalts bestimmen. In der Strukturierung dieser Atlanten erscheint deshalb die Betrachtung geordnet nach Raumbezügen. Die Vermittlung von Geschichte ergibt sich auf globaler, europäischer und nationaler beziehungsweise räumlichbegrenzter Ebene. Ein Nachteil liegt vor allem darin, dass Verweise auf vielfältige raumdimensionale Gesichtspunkte fehlen.767 Hingegen kann als großer Vorteil besonders die Darstellung von Geschichte in globalen Zusammenhängen genannt werden, die in den meisten konventionellen Visualisierungen von Geschichte nur bedingt Platz findet.768 Im Vordergrund stehen der Gebrauch von Weltkarten zu verschiedenen Themen in separaten Atlaskapiteln und die nach Räumen gestaffelte diachrone Gegenüberstellung von Geschichte.769 In den 765 Über die Einteilung der Geschichte in die Zeitalter (»Epochen«) Antike, Mittelalter und Neuzeit herrscht größtenteils Konsens. Die Ausweitung von Epochen (z. B. der Wechsel vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit in Russland) bleibt unberücksichtigt, denn der Blick auf die Gestaltung der Periodisierung hat in allen Atlanten weitgehend Übereinstimmungen ergeben, vgl. Jäger, Friedrich: Epochen als Sinnkonzepte historischer Entwicklung, in: Rüsen (Hrsg.): Zeit deuten, S. 313 – 354. 766 Vgl. Black: World History Atlas. 767 Ein In-die-Räume-»Hineinzoomen« ist in diesen Atlanten in Folgen von Weltkarten über Europakarten bis hin zu Schauplatz-, National- und Detailkarten nicht möglich. 768 Vgl. Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Lehn: Deutschlandbilder. 769 Vgl. Black (Hrsg.): World History Atlas; Duby (Hrsg.): Atlas historique; Duby, Georges (Hrsg.): Grand Atlas historique. Larousse, Paris 2008; Duby, Georges (Hrsg.): Atlas Historique Mondial. Larousse, Paris 2006.
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Geschichtsatlanten von John Haywood erlauben etwa Weltkarten einen Einstieg in die jeweiligen Epochen oder Zeitabschnitte, die sich nach raumdimensionalen Gesichtspunkten ordnen. Die einzelnen Kapitel sind jeweils nach Kontinenten sortiert (»Europe«, »The Americas«, »Asia and Australia«, »The Middle East and Africa«), damit über temporale Anbindungen bestimmte Zeitschichten betrachtet werden können. Die Vorteile liegen deutlich auf der Raumperspektive von Geschichte und lassen die Chronologie der Ereignisse und Prozesse teilweise in den Hintergrund treten.770 Schulgeschichtsatlanten nutzen fast durchgängig das Nacheinander im Gang durch die Geschichte, somit besitzt der Großteil der europäischen Auswahl eine chronologisch-thematische Einteilung des Inhalts. Zeitliche Gewichtungen lassen sich beispielsweise schon an der Konzeption ganzer Atlasreihen ablesen. Speziell Geschichtsatlanten für den Schulgebrauch aus Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Russland, Serbien, der Slowakischen Republik und der Tschechischen Republik, aber auch Griechenland oder Italien weisen oft eine Einteilung oder Staffelung ihrer Atlashefte nach Epochen sowie besonders relevanten Zeiträumen auf.771 Inhaltliche Präferenzen zeigen sich auch in der Betrachtung von epochalen Schwerpunktsetzungen, sind doch Antike und Mittelalter in vielen Kartenwerken deutlich unterrepräsentiert. Hingegen beschäftigt sich eine Vielzahl von Produktionen ausführlich mit der Neueren und Neuesten Geschichte. Der bereits im Kontext des Raumbezugs angesprochene Punkt der Akzentuierung der Neuzeit soll mit Blick auf Inhalte noch genauer differenziert werden. Gewichtungen einzelner Epochen lassen sich allein an der eingeräumten Seitenzahl bemessen. Der Anteil aller europäischen Geschichtsatlanten für den Schulgebrauch zur Neuzeit liegt bei 62 %, davon 15 % zur Frühen Neuzeit und 47 % zur Neuesten Zeit (Moderne). Die übrigen Epochen folgen mit 20 % für Mittelalter, 11,5 % für Antike und 6,5 % für Ur- und Frühgeschichte. Dass die Hauptaspekte in der Themen- und Zeitwahl in der Neuzeit liegen, aber dennoch differenziert werden müssen, veranschaulichen bereits einzelne exemplarische Beispiele. Die Atlanten Frankreichs behandeln die Neueste Zeit mit einem Anteil von ungefähr 46 % des Gesamtumfangs, in slowenischen Atlanten sind es sogar 55 %. Die Geschichtsatlanten westeuropäischer Provenienz 770 Vgl. Haywood, John (Hrsg.): The Ancient World – earliest times to 1 BC – Volume 1. Oxford Univ. Press, London 2004; Haywood, John (Hrsg.): The Medieval World – AD 1 to 1492 – Volume 2. Oxford Univ. Press, London 2004; Haywood, John (Hrsg.): The age of discovery – 1492 to 1815 – Volume 3. Oxford Univ. Press, London 2004; Haywood, John (Hrsg.): Modern Times – 1815 to the present – Volume 4. Oxford Univ. Press, London 2004. 771 Bulgarien: 2 Reihen; Kroatien: 6 Reihen: Lettland: 4 Reihen; Litauen: 4 Reihen; Polen: 7 Reihen; Rumänien: 3 Reihen; Russland: 7 Reihen; Serbien: 1 Reihe; Slowakische Republik: 2 Reihen; Tschechische Republik: 3 Reihen, Ukraine: 1 Reihe, Ungarn: 4 Reihen.
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nehmen in Erhebung des Umfangs der Teilepoche Neueste Zeit eine Gewichtung von 47 % vor. Der Umfang der Neuzeit liegt in Westeuropa bei insgesamt 63 %. Für die Auswahl von Veröffentlichungen aus Ostmittel- und Osteuropa ließ sich eine ebenso starke Akzentuierung der Neuzeit von 61 % festhalten. Die Untersuchung von polnischen Schulgeschichtsatlanten ergab, dass sich sogar 66 % des Atlasinhalts der Epoche widmen (Moderne 52 %). Für alle Kartenwerke osteuropäischer Herkunft wurde zum Vergleich ein Seitenanteil von 48 % für die Moderne ermittelt. Eine abgekoppelte Beurteilung der inhaltlichen Konzeption der »allgemeinen« Geschichtsatlanten bestätigt mit Blick auf mögliche Akzentuierungen die Gewichtungen der vorangehenden Befunde. So verteilen sich die Epochen Urund Frühgeschichte (8 %), Antike (9 %), Mittelalter (20 %) sowie Neuzeit (63 %) etwa im Rahmen der Schulatlasproduktionen auf den Gesamtumfang dieser Atlanten.
Abbildung 4.4.: Gewichtung der Epochen in europäischen Geschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Seitenzahl (Mittelwert Schulatlanten und »allgemeine« Atlanten in %).
Zieht man nun beide Gruppen von Geschichtsatlanten zur Aufgliederung des inhaltlichen Volumens heran, ergibt sich für den Gesamtbestand folgende Gewichtung: Ur-/Frühgeschichte 7 %, Antike 11 %, Mittelalter 20 % und Neuzeit 62 %. Die Wirkungsmacht und Bedeutung der Neuzeit (Schwerpunkt Moderne) für Europa wird somit allein gemessen am dargebotenen Umfang auch auf dem
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Gebiet aller Geschichtsatlanten deutlich und unterstreicht den hohen Stellenwert etwa in einem generellen quantifizierenden Vergleich der übrigen Epochen.772 Auf eine intensive Beschäftigung mit der Neuzeit verweisen auch die umfangreichen Binnengliederungen innerhalb der Atlanten, was sich einerseits in der Strukturierung von Zeitspannen, andererseits aber auch in den vielfältigen Publikationen von epochenspezifischen Atlasheften äußert.773 Gerade in der Einteilung der Neuzeit fallen besondere Unterschiede in der Gliederung einzelner Atlasproduktionen auf. Beispielsweise reicht in russischen Schulgeschichtsatlanten die Epoche des Mittelalters bis in das 16. Jahrhundert.774 Gleichwohl gibt es auch andere Ausprägungen in der Gewichtung. Atlasreihen aus Griechenland verteilen die Epochen auf drei beziehungsweise zwei Atlashefte, wobei sie die Neuzeit mit 47 % klar unterdurchschnittlich behandeln. Die Einzelbände der dreiteiligen Ausgabe widmen sich Antike, Mittelalter und Neuzeit mit gleicher Seitenzahl.775 Insbesondere die Betrachtung eines zweiteiligen Kompendiums setzt mit der Einteilung in die Bände »Von der Prähistorie bis zum byzantinischen Reich«776 und »Vom Mittelalter zur heutigen Epoche«777 einen eindeutigen Schwerpunkt, sodass die Antike mit 26 % im Verhältnis erkennbar über dem europäischen Durchschnitt berücksichtigt wird. Portugiesische Produktionen legen ihr Hauptgewicht speziell auf die Epoche des Mittelalters (30 %) sowie der Frühen Neuzeit (26 %). An den portugiesischen Geschichtsatlanten wird sichtbar, dass sich in einigen Ländern in der Gestaltung der Inhalte innerhalb des Zeitraums der Neuzeit beträchtliche Differenzen ausmachen lassen. Geschichtsatlanten aus Bulgarien, Estland, Litauen, Kroatien, Polen, Russland, der Tschechischen Republik, der Slowakischen Republik und
772 Der Anteil von 20 % Mittelalter am Gesamtvolumen der europäischen Geschichtsatlanten ist signifikant, lässt sich allerdings aus dem dieser Epoche beigemessenen Gewicht der ostmitteleuropäischen Staaten, vor allem gegenüber der »Antike« und/oder der »Vor- und Frühgeschichte«, erklären. 773 Mit Publikationen aus Kroatien (5), Lettland (3), Litauen (5), Polen (5), Russland (27), der Slowakischen Republik (3) und der Tschechischen Republik (5) bietet das Sample insgesamt 53 verschiedene Atlasbände zur Neuzeit an. 774 Vgl. u. a. Myksimov, I. I.: Atlas istoria rossii – S drevnejsˇich vremen do XVI veka. Drofa, Moskau 2009; Volkova, Elena Vasil’evna; Klokov, Valerij A.; Ponomarev, Michail V.: Atlas istoria rossii, S drevnejsˇych vremen do nacˇala XVI veka – 6 klass. Dom Novyj Ucˇebnik, Moskau 2008; Kolpakov, Sergej V.; Ponomarev, Michail V.: Atlas Istorija Rossii s drevniejsˇich vremen do nacˇala XVI veka – 6 klass. Ast Press, Moskau 2007. 775 De¯me¯traku, D.; Karolidu, Paulu (Hrsg.): Istorikos Atlas; Teuchos 1. Lukopulu, Athen 1985; De¯me¯traku, D.; Karolidu, Paulu (Hrsg.): Istorikos Atlas; Teuchos 2. Lukopulu, Athen 1985; De¯me¯traku, D.; Karolidu, Paulu (Hrsg.): Istorikos Atlas; Teuchos 3. Lukopulu, Athen 1985. 776 Siolas, Angelos G. (Hrsg.): Geo-istorikos scholikos atlas 1; Apû te¯n Prostoria sto Byzantio. Ekdosis A. Siola – E. Alexiu, Athen 2001. 777 Siolas, Angelos G. (Hrsg.): Geo-istorikos scholikos atlas 2; Apû to Mesaþna ¦o¯s te¯ sy´nkrone¯ epoche¯. Ekdosis A. Siola – E. Alexiu, Athen 2007.
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Ungarn legen ihr Gewicht deutlich auf die Neueste Zeit.778 Dagegen präsentieren die Atlanten aus Frankreich, Italien, Portugal und Spanien die Frühe Neuzeit weitaus umfassender.779 (siehe Anlage 4.4.) Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass belgische, britische, deutsche, französische sowie spanische Geschichtsatlanten auf gezielte Zeitzuschnitte oder Gewichtungen bestimmter Perioden oder Epochen verzichten. Des Weiteren kommt die Publikation spezifischer Einzelbände in diesen Ländern eher selten bis gar nicht vor. Dass eine Präferenz auf der Darstellung der neuzeitlichen Geschichte liegt, wird allerdings auch anhand der Gliederung und des Gesamtumfangs von Produktionen sichtbar.780 Beispielweise liefert der dtv-Atlas zur Weltgeschichte eine umfassende Universalhistorie in zwei Bänden mit ungefähr gleichem Gesamtvolumen, wobei Teil 1 die Geschichte »Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution«781 und Teil 2 die Epoche »Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart«782 behandelt. Die Raffung beziehungsweise starke Verdichtung von Geschichte stellt insbesondere für Atlasreihen für den Schulgebrauch ein spezifisches Charakteristikum im Gang durch die Epochen dar. In den Produktionen Litauens, Polens, Russlands, der Slowakischen Republik und der Tschechischen Republik erscheinen, wie das slowakische Beispiel »Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin 1. Dl – PraveˇkStrˇedoveˇk (Geschichtlicher Weltatlas; 1. Band; Vorgeschichte bis Mittelalter)«783 zeigt, mit der Verwendung großer Zeitschnitte Epochen wie die Ur-/Frühgeschichte, die Antike und das Mittelalter über mehrere Jahrhunderte zusammengefasst in einem schmalen Atlasband.784 Durch Komprimierung wird eine
778 Der Anteil der Neuesten Zeit ist im Verhältnis zur Frühen Neuzeit bei den osteuropäischen Schulgeschichtsatlanten etwa drei- bis viermal so hoch. 779 Der Anteil der Neuesten Zeit ist hier im Verhältnis zur Frühen Neuzeit nur etwa doppelt so hoch. 780 Vgl. die Seitenzahlen der Epochen im dtv-Atlas; Band 1: Frühgeschichte: 34 Seiten, Antike: 61 Seiten, Mittelalter : 121 Seiten, Frühe Neuzeit: 57 Seiten; Band 2: Neueste Geschichte: 339 Seiten. 781 Hilgemann, Werner ; Kinder, Hermann (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 1; Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2003. 782 Hilgemann, Werner ; Kinder, Hermann (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2; Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2003. 783 Vgl. Vasˇek, Jaroslav (Hrsg.): Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin 1. Dl – Praveˇk-Strˇedoveˇk. Kartografie Praha, Prag 1995; Vasˇek, Jaroslav (Hrsg.): Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin 2. Dl – Strˇedoveˇk-Novoveˇk. Kartografie Praha, Prag 1996; Mandelov, Helena (Hrsg.): Pravek Starovek: Dejepisn¦ Atlasy pre zkladn¦ ˇskoly a viacrocˇn¦ Gymnzi. VK¢ Harmanec, Harmanec 1996; Mandelov, Helena (Hrsg.): Stredovek – Dejepisn¦ Atlasy pre zkladn¦ ˇskoly a osemrocˇn¦ Gymnzi. VK¢ Harmanec, Harmanec 1997. 784 Teilbände für Vor- und Frühgeschichte, Antike und Mittelalter ließen sich für folgende
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Reduzierung der Inhalte vorgenommen, die sich allerdings ebenso in den kompakten Atlasheften finden, die die Geschichte von den Hochkulturen bis zur Gegenwart auf wenigen Seiten beschreiben. Allein für Polen785 und Russland786 ließen sich mehrere Atlasreihen ermitteln, die auf wenigen Seiten durch alle Epochen gehen.787 Aber auch die entgegengesetzte Methode ist in der inhaltlichen Gestaltung zum Beispiel hinsichtlich des Zweiten Weltkriegs zu beobachten. In polnischen Atlanten werden etwa wichtige Ereignisse des Konflikts in ganzen Atlasteilen ausführlich abgehandelt788, während das Beispiel Russlands sogar veranschaulicht, dass einzelne wichtige historische Gesichtspunkte in der nationalen Wahrnehmung unter dem Titel der »Vaterländischen Geschichte«789 eingehend betrachtet werden. Über die Verkleinerung des Zeitschnitts in Atlanten werden somit unterschiedliche Gesichtspunkte in den Blick genommen, was bis zu einer abgekoppelten Betrachtung einzelner historischer Teilaspekte führen kann. So sind polnische Schulgeschichtsatlanten, die den Zeitraum der Zeit der Weltkriege herausgreifen, schon fast im Sektor Spezialatlanten anzusiedeln.790 Eine weitere Besonderheit in der differenzierten Aufteilung in mehrere Atlasbände und damit verbundener Gewichtung von Epochen bilden die bereits erwähnten italienischen Geschichtsatlanten, die als Begleithefte zu Geschichtsschulbüchern publiziert werden. Sie bedienen als Supplemente hauptsächlich die Geschichte der Neuzeit, wobei zum Beispiel in der Produktion »I territori della storia« die Zeit vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart in drei Bände unterteilt wird. Die Ergänzungen zur Veröffentlichung »Storia del mondo« spalten sich dagegen in die »Geschichte der mittelalterlichen Welt«, »Geschichte
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Länder recherchieren: Griechenland (2), Italien (3), Kroatien (2), Lettland (1), Litauen (4), Polen (4), Russland (16), Slowakischen Republik (3) und Tschechischen Republik (4). Dreizehn polnische Atlashefte decken auf wenigen Seiten das gesamte Epochenspektrum ab. Sieben russische Atlashefte decken auf wenigen Seiten das gesamte Epochenspektrum ab. Vgl. Hajkiewicz, Izabela (Hrsg.): Atlas historyczny – Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci – Gimnazjum. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 2001; Soroko-Cjupa, Oleg S.; Artemov, Viktor V.; Tjuljaeva, Tamara I. (Hrsg.): Sˇkol’nyj atlas po zarubezˇnoj istorii s drevniejsˇich vremen do nasˇich dnej. Prosvesˇcˇenie, Moskau 2002. Olczak, Elz˙bieta; Tazbir, Julia (Hrsg.): Atlas historyczny – Szkoła ´srednia Od 1939 roku. Wydawnictwo Demart, Warschau 2001. Vgl. Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas otecˇestvennaja istorija – 5 klass. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2001; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; otecˇestvennaja istorija – XX vek. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2007; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; otecˇestvennaja istorija – S drevniejsˇich vremen do konca XVIII veka. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2008; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; otecˇestvennaja istorija – XIX vek. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2009. Vgl. Olczak, Elz˙bieta; Tazbir, Julia (Hrsg.): Atlas historyczny – Szkoła s´rednia Od 1939 roku. Wydawnictwo Demart, Warschau 2001; Krycin´ski, Stanisław ; Tazbir, Julia (Hrsg.): Atlas historyczny – 1815 – 1939. Wydawnictwo Demart, Warschau 2000.
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der neuzeitlichen Welt« und die »Geschichte der zeitgenössischen Welt« auf.791 Insbesondere die feine Gliederung der Neuzeit orientiert sich in vielen Geschichtsatlanten an länderspezifischen Aspekten und unterstreicht damit die große nationalgeschichtliche Relevanz der Zeitspanne. Im Gegensatz dazu werden die meisten Geschichtsatlanten des freien Buchmarkts im Handel als Wissensspeicher mit universalhistorischem Anspruch veröffentlicht. So folgen zum Beispiel die Gliederungen der Atlanten von »Times«, »Ploetz« oder »Brockhaus« der allgemeinen Chronologie der Epochen.792 Hinsichtlich einer Schwerpunktlagerung greifen die Publikationen der Alltagskultur ebenso vorrangig Inhalte der Neueren und Neuesten Geschichte auf. Die intensive Behandlung neuzeitlicher Themen lässt sich hier auch an der umfangreichen Binnengliederung der einzelnen Geschichtsatlanten nachvollziehen.793 Gleichwohl stehen in den meisten Veröffentlichungen universale Aspekte im Vordergrund. Im Ganzen verweist der Großteil der Atlasproduktionen in der Gliederung der Neuzeit auf unterschiedliche Gewichtungen. Thematische oder zeitliche Schwerpunkte in Schulgeschichtsatlanten sind beispielsweise durch spezifische Faktoren bedingt, obwohl deutliche Tendenzen in der Gewichtung der Moderne auszumachen sind. Eine nationalgeschichtliche Ausrichtung lässt sich für spezifische Zuschnitte in Atlanten des ost- und ostmitteleuropäischen Raums registrieren. Insgesamt kann zur Lagerung der Epochen in europäischen Geschichtsatlanten eine klare Schwerpunktsetzung im Bereich der Neuesten Geschichte beobachtet werden, die sich in verschiedenen Differenzierungen auf unterschiedlichste Art und Weise und im nationalen Kontext sogar auch in extremen Ausprägungen äußern kann.
4.2.5. Der Atlas als Medienmix: Multimodalität und Geschichtsatlanten Im Rückgriff auf die methodische Rahmung der Analyse ist davon auszugehen, dass innerhalb jeder Atlasveröffentlichung die Raumdarstellungen untereinan791 Vgl. De Bernardi, Alberto; Guarracino, Scipione (Hrsg.): Storia del mondo 1 – Atlante storico – Storia del mondo medieval. Edizioni Scolastiche Bruno Mondadori, Mailand 1993; De Bernardi, Alberto; Guarracino, Scipione (Hrsg.): Storia del mondo 2 – Atlante storico – Storia del mondo modern. Edizioni Scolastiche Bruno Mondadori, Mailand 1990; De Bernardi, Alberto; Guarracino, Scipione (Hrsg.): Storia del mondo 3 – Atlante storico – Storia del mondo contemporaneo. Edizioni Scolastiche Bruno Mondadori, Mailand 1993. 792 Barraclough; Stone (Hrsg.): The Times Atlas of World History ; Lemke; Pirke; Rumpf; Salamon (Hrsg.): Der große Ploetz Atlas zur Weltgeschichte; Hotz (Hrsg.): Der Brockhaus. 793 Haywood, John (Hrsg.): The Cassell Atlas of the 19th Century World 1783 – 1914. Cassell, London 1998; Haywood, John (Hrsg.): The Cassell Atlas of the Modern World 1914–Present. Cassell, London 1998.
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Geschichtsatlanten im europäischen Vergleich
der in multimodaler Beziehung stehen. Geschichtsatlanten greifen häufig auf mehr als nur eine Karte zu einem bestimmten historischen Thema zurück und auch der Gang durch die Geschichte in Form von Kartenfolgen erfolgt vor dem Hintergrund der »Kohärenz«.794 Daneben tauchen in vielen Publikationen konzeptionelle Weiterungen wie zum Beispiel visuelle, grafische oder textuelle Elemente auf. Die Beziehungen von Karten, Bildern, Grafiken und Texten sind deshalb im medialen Erscheinungskontext von Geschichtsatlanten von besonderer Relevanz und gelten für die Analyse von Raum- und Geschichtsbildern ebenfalls als unerlässlich. Multimodale Beziehungen zwischen Atlaselementen können generell auf einzelnen Seiten, aber auch darüber hinaus in ganzen Atlaskapiteln, in sogenannten Kartensequenzen entstehen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob Geschichtskarten selbst untereinander oder mit anderen Medienformen zusammen eine Botschaft vermitteln. Treten Geschichtskarten in Sequenzen auf, kann die Präsentation von Geschichte auf einer diachronen oder synchronen Darstellungsweise beruhen.795 Die Klärung des Einflusses eines multimodalen Zusammenspiels einzelner Elemente in Geschichtsatlanten dient somit erstens als wichtige Ergänzung zur inhaltlichen Erschließung der Kartenwerke und zweitens dem Verständnis der vielschichtigen Kommunikation von Atlasmedien.796 Wie im Schulgeschichtsbuch so werden auch in den Schulgeschichtsatlanten Europas vermehrt textuelle, grafische und visuelle Bausteine benutzt, allerdings bildet im Atlas die Geschichtskarte das Zentrum der Inhaltsgestaltung. Mit Blick auf die Schulbücher sind nur in wenigen Kartenwerken für den Schulgebrauch Quellen oder Arbeitsanweisungen enthalten (beispielsweise Polen, Slowakische und Tschechische Republik). Die einzelnen Elemente des Geschichtsatlas, wie Begleittexte, Fotos, Zeitleisten, Diagramme oder Illustrationen, verteilen sich einerseits recht unterschiedlich auf allgemeine und schulische Produkte, andererseits sind die jeweiligen nationalen Besonderheiten und Zielgruppen in der Atlasgestaltung zu berücksichtigen. Das heißt, es gibt Publikationen, die sich eng am Medium Schulbuch orientieren, Werke, die sich aus dem klassischen Aufbau des traditionellen Geschichtsatlas zu einem umfangreichen Produkt des Buchhandels entwickelten, oder stark an eine Chronik angelehnte Veröffentlichun-
794 Vgl. Pandel: Was macht ein Schulbuch zu einem Geschichtsbuch; Rüsen: Das ideale Schulbuch. 795 So werden entweder in einer Abfolge von Karten mit konstantem Raumausschnitt verschiedene Zeitebenen oder unterschiedliche Raumperspektiven in einem festen Zeitraum betrachtet. 796 Vgl. Kress; Leeuwen: Multimodal discourse; Leeuwen, Theo: The Schoolbook as a Multimodal Text; Kühberger : Multimodale Narration.
Geschichtsatlanten in Europa seit 1990
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gen, die in Umfang und Ausführlichkeit oftmals äußerst monumental ausfallen können. Zunächst soll eine Erhebung zur Atlaskonzeption klären, um welche Elemente es sich insbesondere bei der Einbettung von Geschichtskarten in multimodale Kontexte handelt. Darüber hinaus legt die Lokalisierung von Präferenzen die bevorzugten Begleitmedien im Zusammenspiel mit den Kartenabbildungen frei. Die Begutachtung sämtlicher Geschichtsatlanten des Samples ergab eine heterogene Verteilung der ergänzenden Elemente, die vereinfacht in Schulgeschichtsatlanten und »allgemeine« Geschichtsatlanten aufgegliedert werden.
Abbildung 4.5.: Medienfrequenz in europäischen Geschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Atlasauswahl (in %).
Nur wenige Produktionen verzichten gänzlich auf die Verwendung von Fließtexten und zusätzlichem visuellem Material. Geschichtsatlanten, die auf einer reinen Kartendarstellung beruhen, finden sich nur in knapp einem Viertel der Schulgeschichtsatlanten und in jedem zehnten der »allgemeinen« Atlanten. Bevorzugt werden Fließtexte in klassischen Produktionen für den freien Buchmarkt verwendet. Bei den Schulatlasveröffentlichungen nimmt dagegen nur rund die Hälfte aller Kartenwerke die unterstützende Hilfe des Textes in Anspruch. Das mag einerseits am generellen Zuschnitt der ausschließlichen Benutzung von Kartenmaterial dieser Atlanten liegen, andererseits wirkt sich möglicherweise auch die Verwendung als Ergänzung zum Schulbuch in einem »Lernset« auf den reduzierten Umfang schriftlicher Erläuterungen aus. Die Zahl der Atlanten für den Schulgebrauch, die sich auf kartographische Darstellungen
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Geschichtsatlanten im europäischen Vergleich
beschränken, ist dementsprechend hoch. Auffällig erscheint, dass Schulgeschichtsatlanten im Vergleich zu »allgemeinen« Atlanten insgesamt nur selten die Unterstützung durch ein Leitsystem oder andere Mittel der Orientierung, zum Beispiel Zeitleisten, benötigen, obwohl diese Elemente didaktisch als ideale Ergänzung zur Visualisierung des Atlas passen würden. Hingegen werden Diagramme und Statistiken oftmals im Kontext von Geschichtskarten in Atlasproduktionen beider Typen gebraucht. Eine besonders beliebte Form der Flankierung von Geschichtskarten im Geschichtsatlas sind neben grafischen auch visuelle Ergänzungen. Speziell Bildquellen, aber auch Illustrationen, Schaubilder und Grafiken tauchen häufig als Weiterung, manchmal sogar als sogenannter »Blickfang« auf, worüber die Aufmerksamkeit des Betrachters direkt auf den Gegenstand des Kartenthemas gelenkt werden soll. Im Feld der Beifügung von visuellem Material liegen die »allgemeinen« Publikationen bei knapp 40 %, von den Atlanten für den Schulgebrauch nutzt dagegen nur etwa jeder fünfte Atlas Weiterungen dieser Form. Die genauen Aufgaben der einzelnen Kartenergänzungen sind verschieden und lassen sich lediglich auf grobe Charakterisierungen zusammenfassen. Außerdem tauchen für Geschichtsatlanten eher untypische Besonderheiten auf, wie zum Beispiel die Verwendung von Quellen oder Illustrationen und Zeichnungen, die ihr eigenes multimodales Zusammenspiel mit der Karte ausbilden. Grundsätzlich ergeben sich auf Atlasseiten Beziehungen zu verschiedenen Medienformen, die im Bereich der Gestaltung durch Kontextualisierung Einfluss auf die Rezeption nehmen. Hier interessieren die über die Aufeinanderfolge von Karten in Serien hergestellten Botschaften in der Geschichtsvermittlung, die unter anderem durch Thema, Perspektive und Anordnung gelenkt werden und daher vor allem der Analyse des Raumbezugs durch die Unterscheidung in Detail-, Insel-, Ergänzungs-, und Überblickskarten sowie Verkleinerung und Vergrößerung von Kartenausschnitten eine hohe Bedeutung zukommen lassen. Ferner werden in vielen Geschichtsatlanten Karten durch Texte ergänzt. Das kann die Konzeption so weit beeinflussen, dass ausführliche enzyklopädische Ausführungen und Anmerkungen die Abbildungen im Atlas flankieren (etwa dtv-Atlas Weltgeschichte, Ploetz). Der Text soll vor allem Begründungen und Erklärungen zu wichtigen historischen Ereignissen und Prozessen liefern, um gegebenenfalls Hintergründe zu erläutern und auf diese Weise Kartenabbildungen argumentativ zu unterstützen. Außerdem wird die »Statik des Kartenbildes« – zeitliche Erstreckung und zeitlicher Wandel sind nur schwer zu veranschaulichen – mittels diachroner Verweise, zum Beispiel Eintragungen, durchbrochen. Zeitleisten erlauben speziell die Verortung der Geschichtskarten in der Chronologie der Epochen. Außerdem helfen sie zu verhindern, dass der historische Prozess im Kartenbild als eine feststehende Größe wahrgenommen wird.
Geschichtsatlanten in Europa seit 1990
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Schaubilder und Diagramme präsentieren demgegenüber umfangreiches Datenmaterial (zum Beispiel zur Wirtschaftsgeschichte, Militärgeschichte) und setzen diese Fakten in Beziehung zur Kartenabbildung. Da den Autoren im Entwurf von Karten keine Belege zur Verfügung stehen, sind es insbesondere Daten, die die Glaubwürdigkeit des Gezeigten stützen und für eine Begründung des Gegenstands sorgen. In manchen Fällen fließen die Informationen sogar in die Geschichtskarte ein und werden somit im Kontext von signifikanten Zeichen und qualitativen Angaben im Kartenbild berücksichtigt (zum Beispiel Opferzahlen).797 Überdies tauchen im Geschichtsatlas häufig historische Fotos als Ergänzungen zur Geschichtskarte auf. Fotos erzeugen in diesem Zusammenhang Authentizität und projizieren wichtige Schlaglichter der Geschichte in die Kartenabbildung. Sie besitzen Quellencharakter und lassen dem Betrachter Raum für Assoziationen.798 Diese Fotos oder ihnen nachempfundene Illustrationen sorgen als Ergänzungen für Eindrücke vom historischen Gegenstand, die über die Kartensprache kaum vermittelt werden können. Die Einschübe beziehen so zum Beispiel im Kontext von »Krieg« das Leiden von Menschen in die Betrachtung mit ein, wobei sie über die emotionalisierende Wirkung in der Abbildung die besonderen Verhältnisse beziehungsweise die Dramatik der Geschichte verdeutlichen, um dem Rezipienten gleichsam ein Gespür für Hintergründe und Gegebenheiten zu liefern. Daneben finden sich oft Abbildungen von historischen Gemälden, Stadtansichten oder aber auch Gelände- oder Lageplänen, die den maßstäblichen Blickwinkel noch einmal verringern. Diese Bilder stellen wichtige Bezüge zur Verinnerlichung des Raums her (»mental map«), um dem Rezipienten weitere Informationen zum Schauplatz der historischen Ereignisse und Abläufe bereitzustellen und auf diese Weise eine grundlegende mehrperspektivische Betrachtung zu ermöglichen. Darüber hinaus sind Illustrationen, Grafiken und sonstige Abbildungen gerade bei jungen Kartennutzern ein häufig verwendetes Stilmittel in der Flankierung von Geschichtskarten, was zwar einerseits die Motivation bei der Kartenarbeit fördert, andererseits aber auch eindeutigen Einfluss auf die Aussagen nimmt. Im Rahmen dieser Erweiterungen geht die Kontextualisierung so weit, dass einzelne Bilder als Elemente auf der Karte platziert werden, so zum Beispiel die Köpfe von Staatsoberhäuptern als jeweilige Repräsentanten der europäi-
797 Sauer, Michael: Die Zeitleiste, in: Pandel; Schneider (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht, S. 197 – 211. 798 Vgl. Sauer, Michael: Fotografie als historische Quelle, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 53 (2002) 10, S. 570 – 593.
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Geschichtsatlanten im europäischen Vergleich
schen Staaten in einem griechischen Geschichtsatlas oder die Nutzung von »Comicstrips« zum Zweiten Weltkrieg in einem polnischen Atlas.799 (K.abb. 4.2.) Illustrationen in Nachempfindung historischer Personen und/oder Ereignissen finden sich vermehrt gerade in schul- und jahrgangstufenbezogenen Geschichtsatlanten. Der Geschichtsatlas erzeugt in der Verflechtung von Kartenzeichen, Illustrationen, Bildern, Fotos, aber auch der Farbgebung, das heißt im Design sowie im Layout und der sequenziellen Modellierung von inhaltlichthematischen Abfolgen, die Ausbildung bestimmter Aussagen, die die Sinnbildung der Kartennutzer beeinflussen. Der Atlas kommuniziert also über verschiedene Kanäle mit dem Rezipienten. Die visuellen Elemente sollen dabei die Authentizität der Karte erhöhen. Sie versuchen im Rahmen der konzeptionellen Möglichkeiten die Beweiskraft der Raumdarstellung zu stützen, um damit den Rezipienten stärker an das Geschehen heranzuführen.
799 Siolas (Hrsg.): Geo-istorikos scholikos atlas 2, S. 61; Kobylin´ski, Szymon; Smyl, Teresa (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 4. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 1998, S. 19.
5.
Die Zeit der Weltkriege im Kontext der Gesamtstruktur europäischer Geschichtsatlanten
Ob im Unterricht, im Schulbuch oder in der Fernsehdokumentation, die »Erzählung« ist die zentrale Form der Darstellung von Geschichte.800 Geschichte realisiert und manifestiert sich gewohnheitsgemäß auf dem Gebiet der Sprache. Der Zeitraum von 1914 bis 1945 lässt sich auch im Atlas durch die Abbildung verschiedener Ereignisse auf einzelnen Karten bis hin zu Kartenfolgen in die zeitdurchschreitende Form der »Erzählung« übertragen. Insofern legt die Analyse von Ausprägungen, Schwerpunkten und thematischen Zusammenhängen in Atlanten zunächst strukturelle Aspekte frei, aus denen sich wiederum mittelbar auf die »Erzählungen« schließen lässt, auf die sie verweisen. Die folgenden Überlegungen sollen daher über die verschiedenen Optionen in der Gliederung von Themen (Reihenfolge, Anordnung etc.) und der konzeptionellen Gestaltung von Inhalten (Themenauswahl, Kartengestaltung etc.) genauen Aufschluss geben. Zur groben Orientierung erfolgt in diesem Abschnitt ein Überblick zur allgemeinen Ausbildung der Geschichte der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten, der die Relevanz der Zeitspanne im Zusammenhang von Aufbau, Struktur und Blickwinkel der Atlasproduktionen herausstellt. Die folgenden Kapitel (6.–10. Kapitel) blicken dann speziell auf einzelne thematische Punkte, die vor dem Hintergrund unterschiedlicher Akzentuierungen (Themen-, Raum- und Medienanalyse) den Rahmen der Analyse bilden.
800 Vgl. Pandel: Historisches erzählen, S. 7; Pandel, Hans-Jürgen: Wer erzählt für wen Geschichte? Geschichten von Sklaven und Sklavenhändlern, in: Schreiber, Waltraud (Hrsg.): Geschichts-Erzählung und Geschichts-Kultur. München 2001, S. 12.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
5.1. Die allgemeine Gewichtung der Zeit der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten Für die Analyse der Zeit der Weltkriege lassen sich insgesamt 338 europäische Geschichtsatlanten, umfassende Gesamtkompendien wie mehrteilige Atlasreihen, heranziehen. Alle Veröffentlichungen räumen dem Zeitalter von 1914 bis 1945 umfangreichen Platz ein,801 denn durchschnittlich 15 % vom gesamten Seitenvolumen aller Atlasproduktionen beschäftigen sich mit der Zeitspanne.802 Die Wirkungsmacht und Bedeutung der Zeit der Weltkriege wird somit allein gemessen am dargebotenen Umfang auch auf dem Gebiet der Geschichtsatlanten deutlich und unterstreicht den hohen Stellenwert etwa in einem generellen quantifizierenden Vergleich zur Akzentuierung der Epochen Vor- und Frühgeschichte, Antike, Mittelalter oder Neuzeit.803 Die überaus hohe Anzahl von durchschnittlich 18 Geschichtskarten pro Atlas für die Abhandlung des Themas bestätigt diesen Befund.804 Ein erster Blick auf die konzeptionelle Gestaltung der Kartenwerke lässt erkennen, dass die Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für den Großteil der europäischen Atlanten zunächst grob in die drei Themenblöcke Erster Weltkrieg, Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg unterteilt werden kann. Im inhaltlichen Aufbau nutzen viele Atlanten im Gang durch die Geschichte das chronologische Nacheinander, nur wenige Veröffentlichungen orientieren sich in ihrer Konzeption an einer räumlichen Ordnung. Die Analyse von Atlanten verschiedener Zielgruppen soll erste Ergebnisse verfestigen. Schulgeschichtsatlanten Welchen Stellenwert besitzt der Zeitraum von 1914 bis 1945 in Schulgeschichtsatlanten? Rund 14 % des Seitenvolumens europäischer Schulatlanten 801 286 Schulgeschichtsatlanten und 52 »allgemeine« Geschichtsatlanten behandeln die Zeit der Weltkriege. 802 Die europäischen Geschichtsatlanten beschäftigen sich auf insgesamt 4.718 Seiten mit der Zeit der Weltkriege bei einer Gesamtzahl von 32.648 Seiten. Davon entfallen etwa 17 von 114 Seiten des durchschnittlichen Gesamtvolumens pro Atlas auf die Zeit der Weltkriege. Prozentual im Verhältnis zur übrigen Weltgeschichte sind das ca. 15 %. Die Neuzeit gliedert sich in 14,5 % Frühe Neuzeit und 32,5 % Neuere und Neueste Zeit ohne die Zeit der Weltkriege auf. 803 Der hohe Anteil von 20 % Mittelalter am Gesamtvolumen der Geschichtsatlanten Europas ist signifikant, lässt sich aber aus dem der Epoche beigemessenen Gewicht der ostmitteleuropäischen Staaten, vor allem gegenüber der Antike und/oder der Vor-/Frühgeschichte, erklären. 804 3.363 Geschichtskarten in Schulgeschichtsatlanten und 987 Geschichtskarten in »allgemeinen« Geschichtsatlanten behandeln die Zeit der Weltkriege. Insgesamt befassen sich somit 4.350 Karten mit dem Zeitabschnitt, das sind durchschnittlich 18 Geschichtskarten in jedem Atlas.
Die allgemeine Gewichtung der Zeit der Weltkriege
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Abbildung 5.1.: Gewichtung der Zeit der Weltkriege innerhalb des Epochenspektrums von europäischen Geschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Seitenzahl (Mittelwert aller europäischen Atlanten in %).
beschäftigen sich mit der Spanne der Zeit der Weltkriege und auch die Anzahl von durchschnittlich 17 Kartendarstellungen pro Publikation lässt auf eine umfangreiche Auseinandersetzung schließen.805 Im Vergleich des Seitenumfangs zur Gewichtung der Epochen knüpfen die Ergebnisse der Atlanten für den Schulgebrauch an den Gesamtbefund an.806 Von 286 Schulgeschichtsatlanten berücksichtigen zunächst 124 Publikationen als Gesamtveröffentlichungen im Gang durch alle Epochen die drei Teilabschnitte der Zeit der Weltkriege. Dazu kommen 76 Schulatlasproduktionen in der Kategorie Reihenband (Reihenbände beschäftigen sich epochen- und/oder themenbezogen nur mit einem Teilbereich der Weltgeschichte), die die Neueste Zeit und damit den Untersuchungszeitraum betrachten. Einige Kartenwerke behandeln sogar nur ein Teilstück der Zeit der Weltkriege. So beschäftigen sich beispielsweise polnische und russische Atlanten gesondert mit Einzelaspekten, wie etwa der »Geschichtsatlas – Für die 7. und 8. Klasse«807 vom Verlag »PPWK« in der Abhandlung vom »Weg in den Krieg« und Zweitem Weltkrieg oder der »Atlas – Vaterländische Geschichte – 805 286 Schulgeschichtsatlanten behandeln auf 3.395 von 23.573 Seiten die Zeit der Weltkriege, das sind etwa 20 von 127 Seiten des durchschnittlichen Gesamtvolumens pro Atlas. 806 Die Gewichtung der Epochen ergibt für die Abhandlung der Vor-/Frühgeschichte 6,5 %, der Antike 11,5 %, des Mittelalters 20 % und der Neuzeit 62 % (davon 14 % Zeit der Weltkriege). Die Neuzeit teilt sich in 14,5 % Frühe Neuzeit und 33,5 % Neuere und Neueste Zeit ohne die Zeit der Weltkriege. 807 Kurzbauer-Zaniewska, Maria (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 7 – 8. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 1998.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
20. Jahrhundert«808 vom Verlag »FGUP PKO Kartografija« in Betrachtung des »Großen Vaterländischen Kriegs«. Hier wird speziell die Relevanz von Atlanten mit nationalem Fokus deutlich. Um nun für die weiteren Erhebungen von einheitlich konzipierten Geschichtsatlanten sprechen zu können und klare Ergebnisse zu erhalten, werden im Folgenden alle einzelnen Teilbände der Atlasreihen zu einer Publikation zusammengefasst. Als Bestand ergibt sich vor diesem Hintergrund eine Gesamtzahl von 200 Schulgeschichtsatlanten zum Thema der Zeit der Weltkriege für 36 europäische Länder.809 Diese Zahl ist dahingehend zu differenzieren, dass sich für manche Länder zahlreiche Produktionen, für einige andere Länder hingegen nur wenige Veröffentlichungen erheben ließen. Aus diesem Grund kann das zur Analyse zur Verfügung stehende Seitenvolumen zu den Teilabschnitten der Geschichte der Weltkriege im Vergleich der Samples leicht variieren. Dennoch findet sich für fast jedes europäische Land mit Schulgeschichtsatlanten ein Kartenbeitrag zu den Abschnitten Erster Weltkrieg, Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg. Die Mehrheit besitzt eine weltgeschichtliche Ausrichtung, gleichwohl sind auch Atlanten mit nationalen Ausprägungen von Bedeutung.810
»Allgemeine« Geschichtsatlanten Die Atlasproduktionen des allgemeinen Buchmarkts beschäftigen sich ebenfalls auf ungefähr 15 % des Seitenumfangs811 mit der Darstellung der Zeit der Weltkriege. Gemessen am Gesamtvolumen kann man deshalb auch im Bereich der Alltagskultur rein quantitativ von einer ausgiebigen Betrachtung der Weltkriegsepoche und einer Bestätigung des Gesamtbefunds sprechen. Im Vergleich dazu liegt zum Beispiel der Anteil des gesamten Mittelalters in dieser Auswahl bei knapp 20 %. Die Übereinstimmung spiegelt sich außerdem in der hohen Zahl von Geschichtskarten wider. Die durchschnittliche Menge von Raumvi808 Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; otecˇestvennaja istorija; XX vek. FGUP PKO Kartografija. Moskau 2007. 809 Anzahl der Atlanten in Klammern: Albanien (1), Armenien (1), Belgien (9), Bulgarien (6), Dänemark (1), Deutschland (15), Estland (2), Finnland (3), Frankreich (13), Georgien (1), Griechenland (3), Großbritannien (4), Italien (9), Kroatien (8), Lettland (6), Litauen (10), Mazedonien (2), Moldawien (2), Niederlande (3), Norwegen (2), Österreich (3), Polen (24), Portugal (1), Rumänien (9), Russland (20), Schweden (5), Schweiz (1), Serbien (1), Slowakische Republik (2), Slowenien (3), Spanien (6), Tschechische Republik (5), Türkei (4), Ukraine (1), Ungarn (10), Weißrussland (4). 810 Zur Auswahl von Atlanten siehe Kapitel 4.2. sowie zur Verteilung auf einzelne Teilaspekte Anlage 5. 811 52 »allgemeine« Geschichtsatlanten behandeln auf 1.323 von 9.075 Seiten (15 %) die Zeit der Weltkriege. Das sind etwa 25 von 175 Seiten des durchschnittlichen Gesamtvolumens pro Atlas.
Einbettung der Zeit der Weltkriege in die Visualisierung von Weltgeschichte
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sualisierungen pro Kartenwerk liegt ebenfalls im Bereich der Schulproduktionen.812 Der »Cassell Atlas of The Modern World; 1914–Present«813 von John Haywood zeigt beispielhaft, dass auch in der Zusammenstellung von »allgemeinen« Veröffentlichungen Atlasreihen vorhanden sind.814 Die mehrteiligen Kompendien orientieren sich in ihrer Konzeption allerdings an allgemeinen inhaltlich-zeitlichen Zuschnitten und sprechen im Gegensatz zu Atlasproduktionen für den Schulgebrauch keine spezifische Zielgruppe an. Im Bereich der »allgemeinen« Geschichtsatlanten beschäftigen sich daher unter Einbeziehung aller enthaltenen Atlasreihen 41 Publikationen aus 13 Ländern in einem mehrheitlich weltgeschichtlichen Zuschnitt mit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.815 Insgesamt lassen sich 241 Veröffentlichungen als Band in einer Atlasreihe oder als umfassendes Gesamtwerk verteilt auf 37 Staaten zum Zeitalter der Weltkriege heranziehen, die den Atlasvergleich über eine Analyse von temporalen, sektoralen und raumdimensionalen Aspekten ermöglichen.
5.2. Die Einbettung der Zeit der Weltkriege in die Visualisierung von Weltgeschichte in Schulgeschichtsatlanten Schulgeschichtsatlanten bilden das Hauptgewicht (83 %) der europäischen Atlasauswahl. Relevanz besitzt speziell die Frage nach der Einbettung der Zeit der Weltkriege in die im Atlas visualisierte (Welt-)Geschichte. Besondere Akzentuierungen von Inhalten und Perspektiven werden in Schulatlanten auf diese Weise freigelegt.816 Für den thematischen Untersuchungsrahmen wird eine Kontextualisierung aller Geschichtsepochen der jeweils nationalen Veröffentlichungen vorgenommen. Exemplarische Beispiele sorgen in diesem Zusammenhang für einen transparenten Blick auf das Material. Anhand des jeweiligen Seitenvolumens lassen sich in den nationalen Samples Auffälligkeiten bei der Betonung (stark, durchschnittlich, gering) der Spanne von 1914 bis 1945 gegenüber der thematischen Gewichtung der Epochen der Weltgeschichte ermitteln, die einen ersten Anhaltspunkt für die Deutung von 812 52 »allgemeine« Geschichtsatlanten nutzen 995 Karten, das sind im Durchschnitt etwa 19 pro Atlas. 813 Haywood (Hrsg.): The Cassell Atlas of The Modern World. 814 Eine polnische, eine deutsche sowie drei britische Atlasreihen sind im Korpus enthalten. 815 Aserbaidschan (1), Dänemark (1), Deutschland (9), Frankreich (2), Großbritannien (16), Irland (1), Italien (2), Niederlande (1), Österreich (1), Polen (3), Schweden (2), Spanien (1), Ungarn (1). 816 Viele westeuropäische Atlasproduktionen des allgemeinen Buchhandels stimmen in Konzeption und Gestaltung mit den dort publizierten Schulgeschichtsatlanten überein.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
Schwerpunktlagerungen darstellen. Besondere Aufmerksamkeit bei der Auswertung wird dem historischen, geographischen und kulturellen Hintergrund der Länderbeispiele gewidmet. Für Länder wie Belgien, Deutschland, Frankreich, Kroatien und Russland zeigt sich bezüglich der Gesamtheit von Atlasproduktionen eine dem allgemeinen Durchschnitt entsprechende Gewichtung (14,5 %) im Kontext der weltgeschichtlichen Epocheneinteilung. Typisch ist folgendes Gesamtgliederungsprinzip eines kroatischen Geschichtsatlas, welches sich für eine Vielzahl europäischer Produktionen nachweisen lässt und in dem im Zusammenhang einer Betrachtung der Weltgeschichte die Zeit der Weltkriege einen zentralen Ankerpunkt darstellt. Der kroatische »Geschichtsatlas für Grundschulen« vom Verlag »Hrvatska ˇskolska Kartografija besitzt in der Ausrichtung eine allgemeingeschichtliche Konzeption, die um nationale Perspektiven zu einzelnen Themen ergänzt wird.817
Abbildung 5.2.: Gewichtung der Zeit der Weltkriege in Schulgeschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Seitenzahl in nationalen Samples (in %) I.
Raumdimensionale Blickwinkel deckt der kroatische Atlas auf vielfältige Weise ab, zum Beispiel wechseln die Perspektiven im Gang durch die Geschichte zwischen nationalen, europäischen und globalen Blickwinkeln (»Europa zur Zeit der Völkerwanderung«, »Kroatien im Verlauf des 10. Jahrhunderts« oder »Die Welt in den Jahren 1914 – 1918«). Die Atlasproduktion beschäftigt sich auf acht Seiten zu Einzelthemen mit dem Zeitalter der Weltkriege und folgt wie viele 817 Haiman, Snjezˇana; Müller, Vera (Hrsg.): Povijesni Atlas za osnovnu sˇkolu. Hrvatska sˇkolska Kartografija, Zagreb 2007.
Einbettung der Zeit der Weltkriege in die Visualisierung von Weltgeschichte
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andere Geschichtsatlanten dabei einer klassischen Chronologie.818 Der Anteil der Zeit von 1914 bis 1945 liegt gemessen am Gesamtvolumen bei 15 %, was in etwa dem Durchschnitt aller europäischen Geschichtsatlanten entspricht. Neben der für viele Produktionen üblichen Akzentuierung in der Epochen- und Themengewichtung besitzt der Atlas außerdem eine begrenzte sektorale Argumentation in den einzelnen Themenblöcken, die gleichwohl teilweise über die Fokussierung auf eine reine Militär- und Staatengeschichte hinausgeht. Der kroatische Atlas aus dem Jahr 2007 steht daher exemplarisch für ein häufiger auftauchendes Muster einer in Teilen ausgewogenen, konventionalisierten Darstellung der Zeit der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten. Daneben wirkt er über die universelle Ausrichtung zur Erklärung einer möglichen Ost-West-Präferenz entgegen.819 Das Beispiel verweist darüber hinaus auf die Einführung vielfältiger Sichtweisen in kroatischen Lehr- und Lernmitteln der letzten zehn Jahre.820 Der Befund zur sektoralen und raumdimensionalen Ausrichtung bestätigt damit die Aussagen zu der seit dem Jahr 2000 vor allem über Lehrmittel stattfindenden Modernisierung der schulischen Geschichtsvermittlung in Kroatien, die unter anderem durch die Einbindung verschiedener Blickwinkel die Dominanz der Nationalgeschichte überwinden möchte.821 Abweichend davon stellt sich die Akzentuierung des Zeitalters der Weltkriege im Kontext der gesamten Weltgeschichte in Schulatlanten aus Litauen, Polen und Ungarn dar, denn die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts taucht in litauischen, polnischen und ungarischen Publikationen rein quantitativ auffallend umfangreicher auf. Genauso findet sich die besondere historische Relevanz des Zeitraums 1914 bis 1945 in deren Lehr- und Lernmitteln wieder, die außerdem bis heute dort die öffentliche Diskussion beispielsweise zur geopolitischen Lage der Gemeinwesen bestimmt. Eine Ursache für die herausragende Darstellung der Zeit der Weltkriege in litauischen, polnischen und ungarischen Atlanten ist möglicherweise die große erinnerungs- beziehungsweise geschichtskulturelle Relevanz, da in diesen Ländern einerseits die historisch-territorialen Nachwirkungen bis in die Gegenwart wirksam sind sowie andererseits der Zeitabschnitt als Sinnbild für die eigene wechselvolle Vergangenheit im Spannungsfeld von
818 Die Gewichtung der Epochen ergibt für die Abhandlung der Vor-/Frühgeschichte 9,6 %, der Antike 11,5 %, des Mittelalters 25 % und der Neuzeit 54 % (davon 15 % Zeit der Weltkriege). 819 Vgl. 4.2.3. zur raumdimensionalen Gewichtung innerhalb der europäischen Geschichtsatlanten. 820 Vgl. Kyaw : Kroatien – Balkan oder Mitteleuropa?, S. 231 – 242. 821 Vgl. Koren, Snjezˇana; Baranovic´, Branislava: What Kind of History Education do we have after Eighteen Years of Democracy in Croatia? Transition, Intervention, and History Education Politics (1990 – 2008), in: Dimou (Hrsg.): »Transition« and the politics of history education in Southeast Europe, S. 91 – 140.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
»Krieg« und »Gewalt« steht.822 Eine besonders intensive Auseinandersetzung mit der Weltkriegsgeschichte und ihrer räumlichen Perspektivierung findet in Produktionen von Staaten statt, deren eigene, nationale Erinnerungskultur durch die enge Anbindung an Ereignisse und Entwicklungen der Epoche bestimmt wird. Hinweise lieferten bisher Korrelationen im Rahmen eines instruktionalen Einflusses auf Lehrmittel, verschiedene Beispiele werden im weiteren Verlauf der Untersuchung zusätzliche Befunde zur Stützung dieser Feststellung freilegen. Direkte Rückschlüsse auf die jeweiligen nationalen Geschichtsbilder sind mittels dieser Erhebung nicht möglich, da fast jede Atlasproduktion einen gewissen Anteil an Nationalgeschichte transportiert. Allerdings lassen sich Tendenzen in der Ausrichtung der Lehrmittel feststellen, die mit Blick auf einzelne nationale Beispiele doch deutliche Schwerpunktlagerungen aufweisen. Wie weit solche Akzentuierungen reichen können, zeigt das folgende polnische Beispiel, das schon allein durch seine Gewichtung des Zeitraums 1914 bis 1945 im Gesamtkontext der Weltgeschichte eine eindeutige Aussage macht. Der polnische »Geschichtsatlas – Vom Altertum bis zur Gegenwart«823 vom Verlag »Demart« stellt in der Visualisierung des Zeitalters der Weltkriege ein Extrembeispiel dar und liegt mit 42 % Seitenanteil selbst im polnischen Vergleich klar über dem Durchschnitt.824 Der Geschichtsatlas deckt als Lehrmittel für den Schulgebrauch zwar das gesamte Spektrum der Epochen ab, konzentriert sich dabei aber im chronologischen Voranschreiten auf die Nationalgeschichte und fokussiert dadurch vorrangig relevante Gesichtspunkte der Vergangenheit Polens. Oft verlieren sich deshalb weiternde Gesichtspunkte der Weltgeschichte ohne jegliche Zuordnung in der Masse von nationalen Ereignissen, zunehmend vor allem in der Abhandlung der Neuzeit. Nationale und allgemeingeschichtliche Sachverhalte werden zwar im gesamten Atlas in Einzelabschnitten aneinandergereiht, der Blick auf die eigene Geschichte erscheint hingegen übermächtig und wird zusätzlich dadurch intensiviert, dass sich die Darstellung in dieser Veröffentlichung stark an die Militärgeschichtsschreibung anlehnt. Die Betrachtung militärischer Konflikte erfolgt hauptsächlich im Kontext der polnischen Nationalgeschichte und nimmt damit gemessen am Gesamtvolumen einen großen Platz 822 Vgl. Kovcs, Êva; Seewann, Gerhard: Der Kampf um das Gedächtnis. Ungarn, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 817 – 845; Fischer-Drdai: The Teaching of History in Hungary at the Beginning of the 21st Century – Position and perspectives, S. 371 – 401; Kohrs, Michael: Von der Opfer- zur Täterdebatte. Litauen, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 693 – 718; Sˇetkus, Benediktas: Historical Education in Lithuania, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity, S. 35 – 62. 823 Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci. 824 Die Gewichtung der Epochen ergibt für die Abhandlung der Vor-/Frühgeschichte 1 %, der Antike 5 %, des Mittelalters 12 % und der Neuzeit 82 % (davon 42 % Zeit der Weltkriege).
Einbettung der Zeit der Weltkriege in die Visualisierung von Weltgeschichte
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ein.825 Die Titel zu den verschiedenen Themenabschnitten im Atlas verweisen bereits auf den Überhang an Militärgeschichte (»Der Krieg gegen den Deutschen Orden im Jahre 1331«, »Polnisch-russischer Krieg, 26. Mai – 21. Oktober 1831« usw.). Sie tauchen größtenteils im nationalen Zusammenhang auf und heben die bedeutende Rolle militärischer Konfrontation in der polnischen Geschichte besonders für Ereignisse des Zeitalters der Weltkriege hervor, zum Beispiel »Der polnisch-bolschewistische Krieg (1919 – 1920)«, »Polen an den Fronten des Zweiten Weltkriegs« usw. Durch die einseitige Themenstreuung und Perspektivierung werden allerdings, gemessen an der Darstellung in ausgewogeneren Produktionen, Ereignisse und Abläufe offensichtlich nur unter ausgewählten Gesichtspunkten betrachtet. Zusammenhänge zeigen sich lediglich in singulären nationalen und militärhistorischen Kontexten, die in seltenen Fällen um Aspekte zur »politischen Geschichte« ergänzt werden. Eine derartige Betrachtung hat daher den Anschein einer Leitfaden-Geschichte, die die eigene Vergangenheit als »Kampf« in den Mittelpunkt stellt und lückenlos an die Geschichte der Weltkriege anschließt.826 Der große Einfluss historischer Konfliktsituationen auf die Darstellung der eigenen Vergangenheit wird im Rahmen starker national-räumlicher Fokussierung gerade in diesem Atlas besonders eindeutig. Zwar stellt er im Hinblick auf Gewichtungen ein sehr extremes Beispiel dar, kennzeichnet aber dennoch die Präferenzen der polnischen Auswahl.827 Dass sich die eigene, nationale Vergangenheit gerade in Produktionen für den Schulgebrauch verankert, kann vor allem bezüglich der Weltkriegsepoche für viele der untersuchten europäischen Länder, beispielsweise auch für Deutschland und Frankreich festgehalten werden.828 Speziell für einzelne Kartendarstellungen lassen sich konkrete Beziehungen zwischen der Betonung im Atlas und ihrem sozio-kulturellen Gedenken herstellen, die vor allem aus dem »kollektiven Gedächtnis« eine nationalgeschichtliche Anbindung erhalten.829 Hin825 Vgl. Brynkus, Jûzef; Trojan´ski, Piotr : Historical Education – Historical Culture – History Didactics in Poland. Poland, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity, S. 117 – 148. 826 Vgl. Rosenbaum: Nationale Aspekte in den gegenwärtigen polnischen Geschichts-SchulCurricula. 827 Vgl. Ruchniewicz: Polnische Schulbücher für Geschichte und Politik; Kochanowski, Jerzy : Der Kriegsbeginn in der polnischen Erinnerung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 59 (2009) 36/37, S. 6 – 13; Bömelburg: Die polnische Erinnerung an die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg in der III. Republik. 828 Vgl. Radtke, Frank-Olaf: Der postnationale Staat, seine Schule und seine Schulbücher, in: Radtke, Frank-Olaf; Höhne, Thomas; Kunz, Thomas (Hrsg.): Bilder von Fremden. Was unsere Kinder aus Schulbüchern über Migranten lernen sollen. Frankfurt/Main 2005, S. 11 – 24; Furrer : Einführende Bemerkungen zu Kriegsnarrativen im Schulgeschichtsbuch, S. 19 ff. 829 Vgl. Assmann, Jan: Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität, in: Assmann, Jan:
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
weise auf Wechselbeziehungen ergeben sich für eine Vielzahl von Ländern, wobei bemerkt werden muss, dass die Erinnerungskultur als Faktor der Einflussnahme sich unterschiedlich stark auf die Darstellungen in Schulgeschichtsatlanten auswirken kann. Als Kontrast zu Produktionen, die die »Epoche der Weltkriege« in den Mittelpunkt stellen, sind Veröffentlichungen aus Armenien, Italien, Portugal, Spanien und der Türkei zu nennen. Sie berücksichtigen im Vergleich zu allen anderen europäischen Veröffentlichungen die Abhandlung des Spektrums von Vor- und Frühgeschichte bis zur Neuzeit den Zeitraum von 1914 bis 1945 auf deutlich weniger Seiten. Beispielsweise nimmt der Bürgerkrieg in Spanien (1936 bis 1938) im europäischen wie auch im spanischen Kontext eine bedeutende Rolle ein. Für die europäische Geschichte besitzt vor allem das Ereignis als Auftakt zum Zweiten Weltkrieg besondere Relevanz.830
Abbildung 5.3.: Gewichtung der Zeit der Weltkriege in Schulgeschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Seitenzahl in nationalen Samples (in %) II.
In der Geschichtsschreibung Spaniens ist der Krieg genauso ein wichtiges Stück nationaler Vergangenheit.831 Der Blick in spanische Atlanten präsentiert Kultur und Gedächtnis. Frankfurt/Main 1988, S. 9 – 19; Erll: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. 830 Vgl. Bernecker, Walther L.: Krieg in Spanien 1936 – 1939. Darmstadt 2005, S. 47 ff.; Minehan, Philip B.: Civil war and world war in Europe. Spain, Yugoslavia, and Greece, 1936 – 1949. Basingstoke 2011. 831 Vgl. Sondergeld: Spanische Erinnerungskultur ; Bernecker, Walther L.; Brinkmann, Sören:
Einbettung der Zeit der Weltkriege in die Visualisierung von Weltgeschichte
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dagegen einen eher verhaltenen Umgang. So thematisiert der Schulgeschichtsatlas »Atlas Histûrico« vom Verlag »Ediciones SM832 den Zeitabschnitt von 1914 bis 1945 auf lediglich zwölf von 142 Seiten. Der Atlas folgt in mehrheitlich überregionaler Perspektive einer klassischen chronologisch-epochalen Periodisierung von 7 % Frühgeschichte, 12,5 % Antike, 19 % Mittelalter, 22 % Frühe Neuzeit und 39 % Neueste Zeit, wobei dem Zeitalter der Weltkriege gemessen am inhaltlichen Gesamtvolumen nur 8 % der Seiten zugesprochen werden. Im Ganzen erhält der Bürgerkrieg in den spanischen Geschichtsatlanten eine weitgehend angemessene Würdigung, da sie die Ereignisse detailliert in die Zeit zwischen den Kriegen integrieren und zudem viele relevante Erklärungen zur historischen Situation liefern. Eindeutig lässt sich allerdings eine Betonung der Frühen Neuzeit mit einem über sieben Prozentpunkte höheren Anteil im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt (14,5 %) aller Atlanten feststellen. Die deutliche Präferenz ist durch den Eingang von Kolonialgeschichte in die Geschichtsatlanten Spaniens bedingt, die für die Nationalgeschichte insgesamt eine große Rolle spielt. Im Blick auf Schwerpunktlagerungen sticht in spanischen Atlanten besonders der Zeitraum vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts heraus. Der Gang durch die Geschichte des Kolonialismus nimmt im Atlas immerhin 40 % des Gesamtvolumens ein. Der Atlas vom Verlag »Ediciones SM« beschäftigt sich zum Beispiel mit dem Thema »Spanien als Weltmacht«, er beschreibt ausführlich die Blütezeit unter den Habsburgern im 16. und 17. Jahrhundert, den Verfall des Weltreiches unter französischem Einfluss im 18. Jahrhundert und den Verlust des Status einer Kolonialmacht (1898) am Ende des 19. Jahrhunderts.833 Das Gewicht der Darstellung der Zeit der Weltkriege ist somit nur relational geringer, da der Teil der weltgeschichtlichen Darstellung im Atlas zugunsten der nationalen Kolonialgeschichte zurückgenommen wird. Untersuchungen zum Stellenwert von Nationalgeschichte im spanischen Geschichtsunterricht bestätigen diese Vermutung.834 Im schulischen Kontext wird zwar seit den 1990erJahren vermehrt die Vermittlung europäischer und globaler Perspektiven betrieben, ein Festhalten an eindimensionalen historischen Gesichtspunkten ist jedoch nach wie vor unverkennbar.835
832 833 834 835
Zwischen Geschichte und Erinnerung. Zum Umgang mit der Zeitgeschichte in Spanien, in: Nützenadel; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem, S. 78 – 106. Pro Ruiz (Hrsg.): Atlas Histûrico, S. 121 – 132. Vgl. Bernecker, Walther L.: Spanische Geschichte. Vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. München 2006. Vgl. Prats, Joaquin; Valls, Rafael: The Teaching of History in Spain – Current Situation, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 1, S. 261 – 287. Vgl. Pereyra, Miguel A.; Luzûn, Antonio: Europe in Spanish Textbooks – a Vague Image in the Space of Memory, in: Schissler ; Nuhog˘lu Soysal (Hrsg.): The nation, Europe, and the world, S. 163 – 190.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
Erste wichtige Ergebnisse zur inhaltlichen Konzeption von Schulgeschichtsatlanten sind infolgedessen schon mit Blick auf die Gewichtung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im quantitativen Verhältnis zum Gesamtvolumen der Kartenwerke ermittelbar und veranschaulichen, dass sich über Tendenzen zum Umfang der Visualisierungen erste Annahmen zu inhaltlichen Schwerpunktlagerungen treffen lassen. Im Folgenden wird die genauere Betrachtung von Darstellungen und Kontexten eine konkretisierende Deutung ermöglichen.
5.3. Die Gewichtung von Teilaspekten innerhalb der Zeit der Weltkriege Die kursorische Durchsicht zur Gliederung von Themen in allen Atlaspublikationen ließ bereits Differenzierungen im Hinblick auf Bündelungen und thematische Gruppierungen einzelner Abschnitte erkennen. Zunächst wird allerdings aufgrund der vielseitigen Anwendbarkeit am Grundmuster einer Dreiteilung der Periode der Weltkriege festgehalten, um in einem ersten Abgleich unterschiedliche Gewichtungen zwischen den Bereichen Erster Weltkrieg, Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg herauszustellen. Ein erster Blick auf die Inhaltsstruktur der Kartenwerke verrät bereits, dass sich mit der Gliederung in die Phasen zweier Weltkriege und deren Zwischenkriegszeit in vielen Geschichtsatlanten deutlich die in der Geschichtswissenschaft weitgehend anerkannte Geschlossenheit des Zeitraums von 1914 bis 1945 widerspiegelt.836 Für Beispiele aus 33 Ländern lassen sich Darstellungen zu allen drei Teilabschnitten erheben. Nicht alle Geschichtsatlanten decken als Einzelband oder Atlasreihe in ihrer inhaltlichen Konzeption das Zeitalter der Weltkriege komplett ab. So betrachtet eine armenische Atlasreihe den Gang durch die Geschichte lediglich bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Ebenso behandeln einzelne Produktionen aus Westeuropa nur bestimmte Zeitspannen, wie zum Beispiel im »Atlas Historique du Monde; de 1944 nos jours«837 vom Verlag »Editions Quest-France«. Aus diesen Prämissen ergeben sich im Rahmen der Analyse aller Geschichtsatlanten erste Gewichtungen innerhalb des Zeitraums 1914 bis 1945, die sich in der Gegenüberstellung der Themenblöcke in einer minimalen Unterrepräsentation des Zweiten Weltkriegs gegenüber dem Ersten Weltkrieg und der Zeit zwischen den Kriegen äußert. Aussagen über eine konkrete Fokussierung erlaubt dieser Abgleich jedoch nicht, da er lediglich auf der konzeptionellen 836 Vgl. Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme; Diner: Das Jahrhundert verstehen; Mazower : Der dunkle Kontinent. 837 Merienne, Patrick (Hrsg.): Atlas Historique du Monde; de 1944 nos jours. Editions QuestFrance, Rennes 2006.
Die Gewichtung von Teilaspekten innerhalb der Zeit der Weltkriege
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Natur der Publikationen beruht.838 Die genaue Schwerpunktlagerung innerhalb des Zeitalters der Weltkriege lässt sich deshalb nur an dem den einzelnen Themenblöcken zugestandenen Seitenumfang ablesen.839 So fällt bereits in der Untersuchung der Seitenzahlen die Zwischenkriegszeit eindeutig aus dem eher homogenen Bild heraus, da man dem »Interbellum« im Gegensatz zu den Weltkriegen weitaus mehr Platz im Atlas einräumt. Auch der Vergleich der Weltkriege untereinander zeigt, dass dem Ersten Weltkrieg weit weniger Raum zugebilligt wird als dem Zweiten. Die Zeit zwischen den Kriegen nimmt somit etwa 47 % des Gesamtumfangs ein, gefolgt vom Zweiten Weltkrieg mit rund 35 %, der Erste Weltkrieg liegt bei einem Seitenvolumen von knapp 18 %.840 Die Diskrepanz zwischen dem auf dem Seitenumfang beruhenden Befund und der Auswertung der Konzeption wird dadurch deutlich. Da in der Analyse von Geschichtsatlanten besonders die räumliche Darstellung von Geschichte im Mittelpunkt steht, lässt sich vor allem anhand der Anzahl von Geschichtskarten eine Gewichtung in der Abbildung des Zeitraums 1914 bis 1945 ablesen. Denn neben dem Seitenvolumen zeigt sich bei der quantitativen Verwendung von Geschichtskarten ebenfalls eine klare Betonung der Zwischenkriegszeit vor dem Zweiten und schließlich dem Ersten Weltkrieg.841 Aus dem Abgleich von Schulgeschichtsatlanten und »allgemeinen« Geschichtsatlanten ergibt sich eine die vorangegangenen Befunde stützende Tendenz, die die vorrangige Präsenz der Zeit zwischen den Kriegen unterstreicht.842 Aus der Gegenüberstellung der einzelnen Teilabschnitte offenbart sich in der Verwendung von Geschichtskarten, dass im Verhältnis zu einer Abbildung zum Ersten Weltkrieg für die Zwischenkriegszeit drei und für den Zweiten Weltkrieg zwei Kartenabbildungen genutzt werden. Die Zeit zwischen den Kriegen beansprucht etwa 48 % der Geschichtskarten im Rahmen des Gesamtvolumens, der Zweite Weltkrieg knapp 35 % und der Erste Weltkrieg rund 17 %. Daraus ist abzuleiten, dass auch im Hinblick auf Geschichtskarten der Zwischenkriegszeit 838 Verteilung der Teilbereiche für alle 241 Atlanten: 217 Atlanten beschäftigen sich mit dem Ersten Weltkrieg, 222 mit der Zwischenkriegszeit und 211 mit dem Zweiten Weltkrieg (siehe Anlage 5.1.). 839 Gesamtseitenzahl für alle untersuchten Atlanten: 834 Seiten behandeln den Ersten Weltkrieg, 2.177 Seiten die Zwischenkriegszeit und 1.645 Seiten den Zweiten Weltkrieg. 840 Schulgeschichtsatlanten behandeln auf 652 Seiten den Ersten Weltkrieg, »allgemeine« Geschichtsatlanten auf 182 Seiten. Die Zwischenkriegszeit zeigen Schulatlanten auf 1.558 Seiten sowie »allgemeine« Produktionen auf 619 Seiten. Der Zweite Weltkrieg erscheint auf 1.186 Seiten in Schulatlanten und auf 459 Seiten in »allgemeinen« Atlanten. 841 Im Ganzen behandeln alle Geschichtsatlanten auf 735 Geschichtskarten den Ersten Weltkrieg, auf 2075 Karten die Zwischenkriegszeit und auf 1477 Karten den Zweiten Weltkrieg. 842 In Schulgeschichtsatlanten behandeln 585 Geschichtskarten den Ersten Weltkrieg, 1620 die Zwischenkriegszeit und 1158 den Zweiten Weltkrieg. In »allgemeinen« Geschichtsatlanten behandeln 150 Karten den Ersten Weltkrieg, 455 die Zwischenkriegszeit und 319 den Zweiten Weltkrieg.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
Abbildung 5.4.: Anteil der Geschichtskarten zu den Teilbereichen der Zeit der Weltkriege – Verhältnis der für die Darstellung genutzten Gesamtzahl von Karten (in %).
– sowie mit Abstand dem Zweiten Weltkrieg – weitaus mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird als dem Ersten Weltkrieg und die Ergebnisse zur Gewichtung des Seitenvolumens weitgehend bestätigt werden. Anhaltspunkte für diese doch deutliche Diskrepanz in der Repräsentation der Weltkriege einerseits und dem großen Umfang in der Auseinandersetzung mit der Zwischenkriegszeit andererseits, liefern unterschiedliche Aspekte. Eine Ursache könnte das aktuelle Interesse an besonders zeitgemäßen Themen des Zeitalters der Weltkriege sein, die über Fokussierungen und Trends der Wissenschaft aber auch infolge von gesellschaftlichen Impulsen verstärkt in Geschichtsatlanten berücksichtigt werden.843 Beispielsweise maßen Historiker wie auch die Öffentlichkeit in Deutschland bis vor einigen Jahren noch dem Zweiten Weltkrieg mehr Relevanz bei als dem Ersten Weltkrieg. Hingegen hatte der »Große Krieg« für Franzosen und Briten schon immer eine zentrale Bedeutung.844 Unter Umständen hat auch die Erschließung neuer Bereiche der Geschichtsschreibung845 einen Anteil an der voluminösen Gestalt der Zwischen-
843 Vgl. Kocka: Mode und Wahrheit in der Geschichtswissenschaft; Kronenberg: Zeitgeschichte, Wissenschaft und Politik; Danyel; Kirsch; Sabrow (Hrsg.): 50 Klassiker der Zeitgeschichte; Nützenadel; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem; Sabrow ; Jessen; Große-Kracht (Hrsg.): Zeitgeschichte als Streitgeschichte. 844 Vgl. Hirschfeld: Der Erste Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung; Schreiber : Der Zweite Weltkrieg in der internationalen Forschung. 845 Vgl. Laak: Verkehr und Infrastruktur in der Zeit der beiden Weltkriege; Becker : Autobahnen, Auto-Mobilität; Hardtwig (Hrsg.): Politische Kulturgeschichte der Zwischen-
Auffällige nationale Gewichtungen innerhalb der Zeit der Weltkriege
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kriegszeit, da diese der Forschung – gerade in der Formulierung breit gefächerter Erklärungszusammenhänge – weitaus mehr Spielraum bietet als etwa die Beschäftigung mit den Weltkriegen. Vor allem die besondere historische Charakteristik des Zeitraums zwischen den Weltkriegen liefert für die Darstellung von Geschichte vielfältige Möglichkeiten, die sich in Atlanten ganz individuell für jedes Land unter verschiedenen Gesichtspunkten darstellt. Der Einfluss von Nationalgeschichte kann zum Beispiel entscheidend auf die Gestaltung einwirken. Viele der Faktoren, die sich auf die inhaltliche Schwerpunktlagerung in Geschichtsatlanten auswirken können, äußern sich möglicherweise in soziokulturellen Kontexten eines Landes, beispielweise über erinnerungskulturelle Priorisierungen846 in der Kommunikation von Geschichtsbildern.847 Des Weiteren können hier bildungspoltische Faktoren in Wechselwirkung mit staatlichen Instruktionen Lehr- und Lernmitteln beeinflussen. Gerade Aspekte zur Zwischenkriegszeit gehen so eventuell über Richtlinien, die öffentliche Diskussion oder memoriale Hintergründe in die Atlanten ein.848
5.4. Auffällige nationale Gewichtungen innerhalb der Zeit der Weltkriege Die Untersuchung des Umfangs der einzelnen Themenblöcke und die Erhebung des Verhältnisses der Abschnitte untereinander fördern in nationaler Perspektive unterschiedliche Gewichtungen zu Tage. Präferenzen zeigen sich besonders signifikant im Abgleich der Blöcke zur generellen Gewichtung des Volumens von Seiten und Geschichtskarten. In der direkten Gegenüberstellung der Zeiträume liegt Kroatien hinsichtlich des Seitenvolumens dicht am Gesamtdurchschnitt, was sich an einem recht knappen Umfang zum Ersten Weltkrieg im Gegensatz zu einer recht ausführlichen Präsentation der Zwischenkriegszeit, mit Abstand gefolgt vom Zweiten kriegszeit 1918 – 1939; Hardtwig, Wolfgang (Hrsg.): Utopie und politische Herrschaft im Europa der Zwischenkriegszeit. München 2003. 846 Vgl. Korte; Paletschek; Hochbruck (Hrsg.): Der erste Weltkrieg in der populären Erinnerungskultur ; Krumeich: »Konjunkturen der Weltkriegserinnerung«; Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen; Maier (Hrsg.): Die Präsenz des Nationalen im (ost)mitteleuropäischen Geschichtsdiskurs. 847 Vgl. Kamusella: School history atlases as instruments of nation-state making and maintenance; Kem¦nyfi: Karten machen – Macht der Farben. 848 Vgl. Rohlfes: Lehrpläne-Richtlinien-Curricula; Van Drie: »When was the date?«; Rosenbaum: Nationale Aspekte in den gegenwärtigen polnischen Geschichts-Schul-Curricula; Dimou (Hrsg.): »Transition« and the politics of history education in Southeast Europe; Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity ; Schissler ; Soysal (Hrsg.): The nation, Europe, and the world.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
Weltkrieg, im Atlas ablesen lässt.849 Die bereits vermutete Ausrichtung der aktuelleren kroatischen Veröffentlichungen an weit verbreiteten Mustern der allgemeinen Darstellung jenseits der Nationalgeschichte ergibt sich also auch aus der Gewichtung innerhalb des historischen Untersuchungszeitraums,850 wobei sich dies im Vergleich des Volumens von Geschichtskarten verändert: Der Zweite Weltkrieg (46 %) hat hier deutlich mehr Umfang und übertrifft sogar leicht die Zwischenkriegszeit (44 %). Speziell Atlanten aus Belgien und Großbritannien weichen im Abgleich des Seitenvolumens mit einem überaus hohen Anteil zur Zwischenkriegszeit und einer prozentualen Angleichung der Weltkriege weitgehend vom durchschnittlichen Typ aller Geschichtskartenwerke ab. Die deutschen Produktionen entsprechen hingegen dem allgemeinen Durchschnitt.851 Allerdings ändert sich auch dieser Befund in Betrachtung der Anzahl von Geschichtskarten, da deutsche Atlanten hier ebenso Akzentuierungen in der Zeit zwischen den Weltkriegen besitzen. Insbesondere der Zweite Weltkrieg wirkt somit im Abgleich von Geschichtskarten stark unterrepräsentiert, obwohl der Konflikt in der Relevanz – zum Beispiel hinsichtlich der nationalen Erinnerungskulturen852 – für alle drei Länder gemeinhin als sehr bedeutend gilt. Im Ganzen sind deshalb Karten zur Zwischenkriegszeit in belgischen, britischen und deutschen Geschichtsatlanten in großem Umfang vertreten, was einerseits auf eine vielschichtige Betrachtung sowie andererseits auf eine über mehrere Blickwinkel erfolgende, facettenreiche Abhandlung der Zeit von 1919 bis 1939 schließen lässt. Die Untersuchung des entsprechenden Bildungssektors der drei Länder kann in diesem Zusammenhang eventuell helfen, die jeweiligen Betonungen im nationalen Kontext zu verorten. Für alle drei Länder gilt, dass sich anhand der Lehrpläne in der historischen Bildung ein deutlicher inhaltlicher Schwerpunkt zur Zeit der Weltkriege festmachen lässt. Daraus kann allerdings nicht die Dominanz der Zwischenkriegszeit in den Kartenwerken erklärt werden.853 Hin-
849 Vgl. Seitenvolumen Kroatien: Erster Weltkrieg 17 %, Zwischenkriegszeit 47 %, Zweiter Weltkrieg 36 %. 850 Vgl. Koren; Baranovic´ : What Kind of History Education do we have after Eighteen Years of Democracy in Croatia. 851 Vgl. Seitenvolumen Belgien: Erster Weltkrieg 18 %, Zwischenkriegszeit 57 %, Zweiter Weltkrieg 25 %; Großbritannien: Erster Weltkrieg 18 %, Zwischenkriegszeit 59 %, Zweiter Weltkrieg 23 %; Deutschland: Erster Weltkrieg 22 %, Zwischenkriegszeit 47 %, Zweiter Weltkrieg 31 %. 852 Vgl. Beyen, Marnix: Der Kampf um das Leid. Belgien, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 67 – 94; Connelly, Mark: We can take it! Britain and the memory of the Second World War. Harlow 2004; Hoffmann: Vom Kriegserlebnis zur Mythe. 853 Vgl. dazu die Bildungspläne der deutschen Bundesländer. Online verfügbar unter : URL: http://www.bildungsserver.de/Bildungsplaene-der-Bundeslaender-fuer-allgemeinbildende-Schulen-400.html; sowie das Curriculum für England und Wales unter : National Cur-
Auffällige nationale Gewichtungen innerhalb der Zeit der Weltkriege
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sichtlich vermuteter komplexer Perspektivierung ergeben sich für Deutschland keine Auffälligkeiten, im Gegenteil konnte ein Festhalten an nationalen Blickwinkeln konstatiert werden.854 Belgische Curricula sprechen sich zwar eindeutig für breit gefächerte Ansätze in der Vermittlung von historischen Fakten und Zusammenhängen aus, ob sich dies auf Atlanten auswirkt, bleibt in Anbetracht von Einzelbeispielen zu überprüfen.855 Und auch in Großbritannien wurde 2007 ein Curriculum verabschiedet, das als »Schlüsselkonzepte« neben britischer und europäischer Geschichte auch die Beschäftigung mit Weltgeschichte vorschreibt, woraus allerdings nur punktuell auf eine möglichst vielfältige sektorale Reflexion des historischen Gegenstands unter Hinzuziehung unterschiedlicher raumdimensionaler Aspekte geschlossen werden kann.856 Konkretisierungen ergeben sich daher erst über einen genaueren Blick auf einzelne Samples. Besonders auffallend im Vergleich der Schwerpunktlagerungen innerhalb der Teilbereiche zur Geschichte der Weltkriege sind polnische und russische Geschichtsatlanten, da diese dem Zweiten Weltkrieg deutlich mehr Platz einräumen als dem Ersten. Das Verhältnis von Seiten und Geschichtskarten liegt im Abgleich beider Weltkriege in polnischen Produktionen knapp beim vierfachen beziehungsweise doppelten Umfang.857 In russischen Veröffentlichungen sticht vor allem die hohe Zahl an Kartenvisualisierungen hervor.858 Im Ganzen übertreffen die Geschichtskarten zum Zweiten Weltkrieg in beiden Samples jeweils auch das Volumen des »Interbellums« und nehmen damit knapp 43 % sowie 52 % des Platzes des gesamten »Zeitalters« ein. In den Samples belgischer, britischer, deutscher und italienischer Atlanten liegen dagegen der Erste und der Zweite Weltkrieg gemessen am Kartenumfang viel dichter beieinander. Die Präferenzen polnischer und russischer Atlasproduktionen lassen sich über die besondere Bedeutung des militärischen Konflikts
854
855 856 857 858
riculum online, URL: http:// education.gov.uk/schools/teachingandlearning/curriculum/ nationalcurriculum2014 [Stand: 30. 04. 2013]. Vgl. Erdmann, Elisabeth; Hasberg, Wolfgang: Historical Culture, History Didactics and History Teaching in Germany, in: Erdmann, Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 1, S. 291 – 328; Kuss, Horst: Geschichtsunterricht und Lehrplan – Lehrplananalyse und Lehrplankritik, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 48 (1997) 9, S. 533 – 549; Rohlfes, Joachim: Lehrpläne –Richtlinien – Curricula; Jeismann; Schönemann: Geschichte amtlich. Vgl. Wever, Bruno de; Vandepitte, Paul; Jadoulle, Jean-Louis: Historical education and didactics of history in Belgium. Belgium, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 1, S. 45 – 90. Vgl. Haydn: History teaching in the United Kingdom; Crawford, Keith: Constructing national memory. The 1940/41 Blitz in British history textbooks, in: Internationale Schulbuchforschung 23 (2001) 9, S. 323 – 338. Vgl. Seitenvolumen Polen: Erster Weltkrieg 13 %, Zwischenkriegszeit 37 %, Zweiter Weltkrieg 50 %. Vgl. Seitenvolumen Russland: Erster Weltkrieg 16 %, Zwischenkriegszeit 40 %, Zweiter Weltkrieg 43 %.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
Abbildung 5.5.: Anteil der Geschichtskarten zu den Teilbereichen der Zeit der Weltkriege in nationalen Samples (Verhältnis der zur Verfügung stehenden Karten in %).
(Erinnerungskultur) und die damit verbundene Einbindung in den Bildungssektor erklären (etwa Lehrpläne).859 Für Russland können zum Beispiel kleinere Studien zu Schulbüchern die Gewichtung bestätigen.860 Der Blick auf die Anzahl von Geschichtskarten in den einzelnen Bereichen der Zeit der Weltkriege differenziert in einigen Samples die Befunde zum Seitenvolumen der Themenblöcke. Dies zeigt sich etwa an einer deutlichen Akzentuierung der Zwischenkriegszeit in deutschen Atlanten sowie in der verstärkten Betrachtung des Zweiten Weltkriegs in französischen und kroatischen Produktionen.861 Auch die Betonung des Konflikts in Geschichtsatlanten aus Frankreich erlaubt die Herstellung umfangreicher Bezüge zum Spannungsfeld von Curricula und Erinne-
859 Vgl. Scherrer : Siegesmythos versus Vergangenheitsaufarbeitung; die Beiträge in: Kochanowski; Kosmala (Hrsg.): Deutschland, Polen und der Zweite Weltkrieg; Böhning, Peter : Deutschland und Polen von der nationalsozialistischen Machtergreifung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges – die Darstellung dieses Zeitraumes in polnischen Schulbüchern, in: Jacobmeyer, Wolfgang (Hrsg.): Deutschland und Polen von der nationalsozialistischen Machtergreifung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Braunschweig 1986, S. 11 – 31. 860 Vgl. Reviakin: Die Darstellung des Ersten Weltkriegs in alten sowjetischen und neuen russischen Schulgeschichtsbüchern; Maier : Der Zweite Weltkrieg in deutschen und russischen Geschichtsschulbüchern. 861 Vgl. Seitenvolumen Frankreich: Erster Weltkrieg 17 %, Zwischenkriegszeit 48 %, Zweiter Weltkrieg 35 %.
Die »Nicht-Berücksichtigung« von Teilbereichen der Zeit der Weltkriege
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rungskultur.862 Eine besondere Signifikanz des Zweiten Weltkriegs im »kollektiven Gedächtnis« eines Landes kann auch für Kroatien festhalten werden.863 In litauischen Atlanten herrscht im Blick auf die Zahl von Kartenvisualisierungen eine weniger große Dominanz des Zweiten Weltkriegs.864 Die Anzahl von Geschichtskarten zur Zwischenkriegszeit liegt in litauischen Produktionen knapp über dem Anteil zum Zweiten Weltkrieg, allerdings wird der militärische Konflikt immer noch eindeutig über dem europäischen Durchschnitt (35 %) in Karten repräsentiert. Auch für die Geschichte Litauens besteht ein besonders enger Bezug zur Geschichte des Zweiten Weltkriegs, der sowohl in Schwerpunktsetzungen von Lehrmitteln als auch am Eingang in Curricula sichtbar wird.865 Zusammenfassend resultiert aus der Verteilung der Geschichtskarten, dass dem Ersten Weltkrieg in allen nationalen Samples durchgehend weniger Relevanz zugeschrieben wird und die Schwerpunkte entweder deutlich auf der Zwischenkriegszeit oder dem Zweiten Weltkrieg liegen. Bis auf wenige Ausnahmen finden in allen Samples alle drei Teilbereiche Berücksichtigung.
5.5. Die »Nicht-Berücksichtigung« von Teilbereichen der Zeit der Weltkriege Bereits die Auswertung des Anteils der Zeit der Weltkriege am inhaltlichen Gesamtvolumen der Geschichtsatlanten hat ergeben, dass einige nationale Samples andere Epochen der Geschichte betonen und dem Zeitraum von 1914 862 Tutiaux-Guillon: French Paradox; Aldebert, Jacques: La Seconde Guerre mondiale dans les manuels scolaires, in: Kantin, Georges; Manceron, Gilles (Hrsg.): Les Echos de la m¦moire. Tabous et enseignement de la Seconde Guerre mondiale. Paris 1991, S. 262 – 269; Ernst, Sophie (Hrsg.): Quand les m¦moires d¦stabilisent l’¦cole. M¦moire de la Shoah et enseignement. Lyon 2008; vgl. auch Hudemann, Rainer : Histoire du Temps pr¦sent in Frankreich. Zwischen nationalen Problemstellungen und internationaler Öffnung, in: Nützenadel; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem, S. 175 – 200; Rousso: Frankreich und die »dunklen Jahre«; Klarsfeld; Meyer : Vichy – Auschwitz; Hirschfeld, Gerhard; Marsh, Patrick (Hrsg.): Kollaboration in Frankreich. Politik, Wirtschaft und Kultur während der nationalsozialistischen Besatzung 1940 – 1944. Frankfurt/Main 1991. 863 Vgl. Sundhaussen, Holm: Konstruktion, Dekonstruktion und Neukonstruktion von »Erinnerungen« und Mythen. Jugoslawien und seine Nachfolgestaaten, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 373 – 426; Radonic´, Ljiljana: Revisionismus und Vergangenheitspolitik in Kroatien – die Europäisierung des Holocausts, in: Kühberger (Hrsg.): Europäische Geschichtskultur – Europäische Geschichtspolitik, S. 75 – 86. 864 Vgl. Seitenvolumen Litauen: Erster Weltkrieg 22 %, Zwischenkriegszeit 33 %, Zweiter Weltkrieg 45 %. 865 Vgl. Kohrs: Von der Opfer- zur Täterdebatte; Christophe: Geschichtsunterricht zwischen Kanonisierung und Kompetenzorientierung.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
bis 1945 wenig bis gar keine Beachtung schenken. Die Ausnahmen in der unterschiedlichen Berücksichtigung der Zeitabschnitte sind daher besonders interessant. So behandeln beispielsweise türkische Geschichtsatlanten die Geschichte der Weltkriege stark verkürzt und richten ihren Schwerpunkt auf nationale Aspekte wie den Zerfall des Osmanischen Reiches und den Aufbau der Republik nach dem Ersten Weltkrieg.866 Der Zweite Weltkrieg bleibt hingegen gänzlich unbeachtet. Dass die Veröffentlichungen die jüngsten historischen Geschehnisse vernachlässigen, liegt in der stark reduzierten Behandlung von Zeitgeschichte im türkischen Geschichtsunterricht und einer damit verbundenen Ausrichtung auf die eigene Geschichte.867 Die nationale Fokussierung lässt sich in diesem Zusammenhang vor allem in Betrachtung der bis zum Jahr 2008 erschienenen türkischen Geschichtsschulbücher bestätigen, in welchen zu 95 % die Präsentation von Geschichte im Gang durch die Epochen mit Blick auf die eigene Vergangenheit erfolgt.868 Auch portugiesische Produktionen blenden die Darstellung des Zweiten Weltkriegs aus.869 Wie im Falle der Türkei kann dieser Befund unter anderem auf die nationale Orientierung des Geschichtsunterrichts zurückgeführt werden, die die Beschäftigung mit der Historie anderer Länder vernachlässigt.870 Aus diesem Grund stehen in portugiesischen Geschichtsatlanten gemessen am Umfang vorwiegend die Epochen Mittelalter und Frühe Neuzeit im Vordergrund, die Neuzeit erfährt nur eine knappe Betrachtung, wodurch die Ereignisse der Weltkriege in den Hintergrund treten.871 Für Veröffentlichungen aus Armenien und Georgien ergibt sich ein ähnliches Bild, denn die Zeit von 1939 bis 1945 wird in ihnen nicht behandelt. Dieser 866 Vier türkische Geschichtsatlanten behandeln den Ersten Weltkrieg (zusammen: 14 Seiten) und die Zwischenkriegszeit (zusammen: 14 Seiten), der Zweite Weltkrieg findet hingegen keine Beachtung. 867 Vgl. Aktekin, Semih: History Education in Turkey, in: Aktekin, Semih (Hrsg.): Teaching history and social studies for multicultural Europe. Ankara 2009, S. 23 – 39. Mit der modernen Geschichte (Zeitgeschichte) kommen türkische Schüler erst in der Klassenstufe 12 in Berührung. Allerdings ist in dieser Stufe der Geschichtsunterricht nur optional, denn wenn sich ein Schüler beispielsweise auf Natur- oder Sprachwissenschaften spezialisiert, entfallen der Geschichtsunterricht und somit auch die Beschäftigung mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts. 868 Vgl. Aktekin: History Education in Turkey, S. 26 f. 869 Von vier portugiesischen Geschichtsatlanten beschäftigt sich nur einer mit dem Ersten Weltkrieg (2 Seiten) und der Zwischenkriegszeit (2 Seiten), der Zweite Weltkrieg findet hingegen keine Beachtung. 870 Vgl. Melo, Maria do C¦u de: History Education in Portugal. A brief overview, in: Erdmann; Hasberg (Hrsg.): Facing – mapping – bridging diversity. Part 1, S. 149 – 174. 871 Portugal ist eines der wenigen Ländersamples, in dem in Anbetracht der Seitenzahlen deutliche Schwerpunkte auf dem Mittelalter (30 %) und der Frühen Neuzeit (26 %) liegen und sich nur schwache Fokussierungen einzelner Zeitabschnitte zur Neuesten Zeit (13 %) im Geschichtsatlas ergeben.
Die »Nicht-Berücksichtigung« von Teilbereichen der Zeit der Weltkriege
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Abbildung 5.6.: Anteil der Teilbereiche der Zeit der Weltkriege in nationalen Samples – Besonderheiten (Verhältnis der zur Verfügung stehenden Karten in %).
Befund muss allerdings vor dem Hintergrund der geringen Anzahl von Atlanten betrachtet werden.872 Auch in Armenien ist offensichtlich die nationale Ausrichtung historischen Lernens und die daraus abgeleitete geringe Bedeutung der Zeit der Weltkriege ausschlaggebend.873 Im Ganzen lässt sich bis auf vier Länder für alle europäischen Staaten ein durchgängiges Interesse an allen Themenblöcken des Zeitalters der Weltkriege inklusive des Zweiten Weltkriegs festhalten,874 denn für alle übrigen Länder sind Geschichtsatlanten nachweisbar, die entweder geschlossen die gesamte Epoche oder einzelne Felder des Zeitraums von 1914 bis 1945 in Ergänzung zueinander abdecken. Eine Gewichtung einzelner Teilabschnitte lässt sich hingegen in der Betrachtung des Gesamtkorpus noch nicht klar herausstellen. Deshalb erscheint eine genauere Betrachtung der einzelnen Teilbereiche sowie die Beschäftigung mit nationalen Samples durchaus sinnvoll und ermöglicht darüber hinaus weitere Differenzierungen in der Schwerpunktlagerung von Geschichtsatlanten.
872 Für Armenien wurden zwei Atlanten ermittelt, für Georgien nur eine Produktion. Die Geschichtsatlanten behandeln nur den Ersten Weltkrieg und die Zwischenkriegszeit. 873 In Armenien muss am Ende der Schulzeit eine staatliche Prüfung in Armenisch, Mathematik und armenischer Geschichte abgelegt werden, vgl. Bandau, Susanne; Ganjalyan, Davit: Armenien, in: Döbert (Hrsg.): Die Bildungssysteme Europas, S. 54 – 66. 874 Für 33 von 37 Ländern kann eine komplette Abdeckung des Atlassamples für die Teilbereiche Erster Weltkrieg, Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg nachgewiesen werden.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
5.6. Gewichtungen in der allgemeinen raumdimensionalen Perspektivierung der Zeit der Weltkriege Die Betrachtung des Raums ist in der europäischen Geschichtsschreibung seit jeher an ihre Provenienz gekoppelt, denn der eigene Kontinent steht noch immer in einer Vielzahl von Studien im Mittelpunkt des Interesses. Auch die Diskussionen zum »spatial turn« haben in der Geschichtswissenschaft bisher nur vereinzelt zu einem Umdenken in der Fokussierung des Raums von Geschichte geführt.875 Insbesondere zur Geschichte der Zeit der Weltkriege bilden umfassende Abhandlungen zu Europa mehrheitlich das Zentrum.876 Einen monumentalen Beitrag dieser Art lieferte zuletzt Heinrich August Winklers 2011 erschienener Band zur »Geschichte des Westens«.877 Ältere Analysen zur inhaltlichen Konzeption von Geschichtsatlanten lokalisieren vergleichbare Sichtweisen zur »Weltkriegsepoche«.878 Es überrascht daher kaum, dass zu Winklers Studie beachtliche Parallelen hinsichtlich sektoraler (Militär- und Staatengeschichte) und raumdimensionaler (Europa und Nordamerika) Gestaltung bestehen. Allein der Titel verweist auf die Ausrichtung des Autors in Hinwendung auf West- und Mitteleuropa, die lediglich um eingestreute Perspektivwechsel auf die relevanten Nationalstaaten erweitert wird. Reflexionen mit außereuropäischem Blickwinkel sind auf die USA und Japan reduziert. Demzufolge stellt sich die Frage, ob sich in der Perspektivierung des Raums aktueller Atlasveröffentlichungen ebenfalls eine Beschränkung auf West- und Mitteleuropa ergibt, die sich mit einer inhaltlichen Präferenz für Staaten- und Militärgeschichtsschreibung verbindet. Oder lassen sich in den Kartenwerken globale Perspektivierungen ablesen, die die postulierte »europäische Tragödie« im Zusammenspiel mit einer komplexen Historiographie widerlegen? Im Folgenden soll ein Blick auf die gesamte Auswahl von Geschichtsatlanten genauere Aufklärung über raumdimensionale Gewichtungen und inhaltliche Besonderheiten geben, um in den anschließenden Kapiteln die allgemeinen Ergebnisse zur Schwerpunktlagerung innerhalb des Untersuchungszeitraums 1914 bis 1945 in der Analyse der Teilbereiche Erster Weltkrieg, Zwischen-
875 Vgl. Osterhammel: Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaats; Osterhammel: Wiederkehr des Raumes; Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit; Oswalt: Das Wo zum Was und Wann. 876 Vgl. Mazower : Der dunkle Kontinent; Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme; James: Geschichte Europas im 20. Jahrhundert. 877 Vgl. Winkler : Geschichte des Westens. 878 Vgl. Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder.
Gewichtungen in der allgemeinen raumdimensionalen Perspektivierung
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kriegszeit und Zweiter Weltkrieg mit Beispielen zu Darstellungsmustern, Differenzierungen und signifikanten Auffälligkeiten zu unterfüttern. Für alle (241) in Europa recherchierten Geschichtsatlanten gilt, dass sich die raumdimensionale Beschäftigung mit der Zeit der Weltkriege in vier Kartengattungen gliedert: Welt- und Europakarten dienen zur Visualisierung des globalen sowie europäischen Blicks auf die Geschichte, nationale Kartenabbildungen betrachten vornehmlich Gesichtspunkte der jeweiligen Nationalgeschichte. Zur vierten Gattung zählen alle anderen, räumlich begrenzten Detailund Schauplatzkarten. Dazu gehört die detaillierte Betrachtung kleiner Orte und Regionen wie beispielweise die Abbildung der Stadt Verdun (Detailkarte), der belgisch-französische Grenzraum im Ersten Weltkrieg (Regionalkarte) oder etwa die kontinentale Fokussierung des asiatisch-pazifischen Kriegsschauplatzes im Zweiten Weltkrieg (Schauplatzkarte). Die Perspektivierung und somit der Blick auf den Raum im Atlas sind für den Betrachter von großer Bedeutung, da sich ein historischer Gegenstand in seiner geographischen Verortung unterschiedlich abbilden lässt, eine Nationalkarte ganz andere Dinge zeigt und kontextualisiert als Europa- oder Weltkarten. Schwerpunktlagerungen in der Raumperspektivierung innerhalb des Zeitraums von 1914 bis 1945 sollen deshalb weitere Befunde offenlegen und bestehende Einschätzungen zur Darstellung von Geschichte in Atlanten bestätigen oder differenzieren. Jede Form der Reflexion von Geschichte fokussiert einen bestimmten Raum. Deshalb lassen sich gerade über raumdimensionalen Präferenzen von Geschichtskarten interessante Akzentuierungen und Sichtweisen vor dem Hintergrund eines europäischen Vergleichs herausstellen. Aus einer allgemeinen Perspektivanalyse für alle Geschichtsatlanten können erste Eindrücke hinsichtlich raumdimensionaler Betonungen zu den drei Themenblöcken der Weltkriegsepoche gewonnen werden. Daneben muss klar sein, dass es der Betrachter in den meisten Geschichtsatlanten, zum Beispiel bei der Visualisierung der Zeit zwischen den Kriegen, mit mehreren, aneinandergereihten Geschichtskarten aus verschiedenen räumlichen Blickwinkeln zu tun hat. Obige Aufstellung erlaubt allerdings nur ein grobes Urteil zu häufig genutzten Perspektivierungen in der Kartenabbildung der Zeit der Weltkriege. Dennoch kann festgehalten werden, dass durch die Auswahl und Abfolge unterschiedlicher raumdimensionaler Darstellungsperspektiven die Betrachtung des »Zeitalters« bestimmt wird. Die Zwischenkriegszeit wird eindeutig von zwei Raumdimensionen dominiert, denn in der Abhandlung des Zeitraums bestimmen National-, Detail- oder Schauplatzkarten die Darstellung.879 Welt- und Europakarten treten zumindest
879 Insgesamt ergeben sich für alle Geschichtsatlanten zur Zwischenkriegszeit 644 National-
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
Abbildung 5.7.: Raumperspektive der Zeit der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten – Gewichtung aller für die Darstellung genutzten Karten (in %).
quantitativ in den Hintergrund. Hier macht ein genauerer Blick in den Atlas auf die Relevanz von Europakarten in Kartenfolgen aufmerksam, denn die europäische Dimension wird mit knapp 20 % zumeist als zusammenfassende Orientierungshilfe zu Beginn von Sequenzen gebraucht. In der Präsentation der Weltkriege nehmen Europakarten in Geschichtsatlanten dagegen auch rein zahlenmäßig eine bestimmende Rolle ein. Vor allem in der Abbildung des Ersten Weltkriegs fällt die Berücksichtigung des Kontinents im Gegensatz zu anderen Teilbereichen deutlich auf. Die Nutzung von National-, Detail- oder Schauplatzkarten folgt mit leichtem Abstand. Auch im Blick auf den Zweiten Weltkrieg ergibt sich eine Präferenz für Europa, allerdings liegt diese im gesamten Abgleich knapp hinter der nationalen und leicht vor den räumlich begrenzten Blickwinkeln.880 Auffälligkeiten zeigen die Atlanten in der raumdimensionalen Ausrichtung der Weltkriege im Gebrauch von Europakarten sowie National- und Schauplatzkarten in Kartenfolgen, wobei hier das Verhältnis im Gegensatz zur Zwischenkriegszeit ausgeglichener erscheint. Weltkarten werden in allen drei Teilbereichen der Zeit der Weltkriege nur äußerst selten eingeschoben. Daraus lässt sich allerdings noch nicht auf eine grundsätzliche Absage an eventuelle
karten und 877 Detailkarten sowie Schauplatzkarten, dazu im Vergleich 145 Weltkarten und 409 Europakarten. 880 Insgesamt ergeben sich für alle Geschichtsatlanten zum Ersten Weltkrieg 246 Europakarten und 200 Nationalkarten, dazu im Vergleich zum Zweiten Weltkrieg 461 Europakarten und 493 Nationalkarten.
Gewichtungen in der allgemeinen raumdimensionalen Perspektivierung
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Strategien der Kartenwerke zur umfassenden Darstellung von Weltgeschichte jenseits europäischer Betrachtungsweisen schließen. Die gezielte Betrachtung der globalen Dimension in der Visualisierung der Weltkriege muss beispielsweise im Vergleich beider Konflikte klar voneinander differenziert werden. In der Präsentation des Ersten Weltkrieges erfolgt nur selten die Darstellung der weltumspannenden Auswirkungen mittels Weltkarten. Sie ergänzen lediglich in wenigen Fällen die umfassende historische Betrachtung. Eine erste oberflächliche Einschätzung zum Ersten Weltkrieg belegt zumindest anhand der Nutzung von Weltkarten keine hohe Relevanz globaler Zusammenhänge in europäischen Atlanten. Allerdings erlaubt allein eine vertiefende inhaltliche Analyse von sowohl Welt-, als auch Detail- und Schauplatzkarten, den Einfluss globalgeschichtlicher Aspekte abzuschätzen. Genauso sind globale Standpunkte in Anbetracht der geringen Zahl von Weltkarten im Kontext der Abhandlung des Zweiten Weltkriegs äußerst begrenzt. Perspektivwechsel ergeben sich aber auch hier möglicherweise durch Detail- oder Schauplatzkarten.881 Eine erste Beurteilung der Ergebnisse gestattet zunächst eine grobe Einschätzung zu raumdimensionalen Präferenzen der drei Teilabschnitte, die im Falle der kriegerischen Großkonflikte die europäische Perspektive einnimmt und mit Blick auf Kartenfolgen generell eine Kombination von Europa-, Detail- und Schauplatzkarte offenbart. Die Berücksichtigung globaler Blickwinkel scheint hier ebenfalls möglich. In der Raumorientierung visualisieren die Geschichtskarten zur Zwischenkriegszeit zwar europäische Blickwinkel, die Mehrheit der Produktionen fokussiert hingegen nationale Sichtweisen oder gesonderte räumlich begrenzte Schauplätze. Bei der Darstellung der Zwischenkriegszeit ist deshalb häufig eine Kombination von einer Europakarte mit mehreren National-, Detail- oder Schauplatzkarten zu erwarten. Eine erste Einordnung stellt somit Gewichtungen in den Einzelabschnitten des Untersuchungszeitraums heraus, zudem ermöglicht der Überblick, oberflächliche Akzentuierungen in der Kombination von Geschichtskarten freizulegen. Es lassen sich aus dem allgemeinen Überblick zur raumdimensionalen Lagerung der Publikationen Darstellungsbetonungen in den europäischen Geschichtsatlanten lokalisieren, die sich immer auch an Visualisierungskonventionen im Rahmen von historiographischen Erkenntnissen, memorialen Schwerpunkten sowie sonstigen sozio-kulturellen Einflüssen knüpfen. Diese Verbindungslinien sollten stets berücksichtigt werden. Da sich gerade in Bezug auf den Raum des Zeitalters von 1914 bis 1945 verschiedene Fragen zur Perspektivierung ergeben, sollen im Folgenden 881 Insgesamt ergeben sich für alle Geschichtsatlanten zum Ersten Weltkrieg 73 Weltkarten und 206 Detail- und Schauplatzkarten, dazu im Vergleich zum Zweiten Weltkrieg 101 Weltkarten und 433 Detail- und Schauplatzkarten.
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Die Zeit der Weltkriege im Kontext
raumdimensionale Muster und Präferenzen der Weltkriegsgeschichte herausgestellt werden. Speziell für die Zwischenkriegszeit werden inhaltliche Aspekte mit dem Ziel überprüft, eine Epochenbilanz im Spektrum von »Katastrophennarrativ« und »Modernisierungsaspekten« herauszufiltern.
6.
Die Zwischenkriegszeit als Schlüssel zur Zeit der Weltkriege – Die sektorale Gewichtung der Raumdarstellung in europäischen Geschichtsatlanten
»Der Kampf um die Moderne, für oder gegen diese, war der Kernkonflikt der Zwischenkriegszeit«.882 Das Zitat des deutschen Historikers Gunther Mai umschreibt recht treffend den wesentlichen Charakter der Zeitspanne zwischen den beiden Weltkriegen. In der Geschichtswissenschaft herrscht über den oft auch als »zwanzigjährige Krise«883 bezeichneten Abschnitt »von Krieg zu Krieg«884 weitgehend Konsens885, allerdings lassen sich Aspekte des Fortschritts nicht völlig ausblenden.886 Gleichwohl steht neben der europäischen Perspektive zumeist immer noch die traditionell starke Haftung an Staaten- und Militärgeschichte im Mittelpunkt der historischen Forschung.887 Demzufolge legt sich das 882 Mai: Europa 1918 – 1939, S. 10. 883 Bereits in der zeitgenössischen Rückschau wurden die Krisen der 1920er und 1930er Jahre betont. Die Veröffentlichung des britischen Historikers Edward H. Carr im Juli 1939 »The Twenty Years’ Crisis« strich insbesondere die Krise der internationalen Beziehungen und das Scheitern des Völkerbundes heraus, vgl. Carr : The Twenty-Years’ Crisis, 1919 – 1939. 884 Winston S. Churchill betrachtet in seinen Memoiren den Zeitraum von 1919 bis 1939 als Vorspiel zum »Zweiten Weltkrieg«, in: Churchill, Winston S.: Von Krieg zu Krieg: 1919 – 1939. Bern 1948. 885 Hornung: Das totalitäre Zeitalter; Mommsen: Die Krise der parlamentarischen Demokratie und die Durchsetzung autoritärer und faschistischer Regime in der Zwischenkriegszeit. 886 Vgl. Craig: Geschichte Europas 1815 – 1980, S. 351 ff.; Mai: 1918 – 1939, S. 18 ff.; Hobsbwam: Das Zeitalter der Extreme, S. 228 ff.; Gerstner ; Könczöl; Nentwig (Hrsg.): Der Neue Mensch; Elpers; Meyer (Hrsg.): Zwischenkriegszeit. 887 Die Präferenzen von Geschichtswissenschaft liegen nach wie vor in vielen Ländern im Bereich von Militär- und Staatengeschichte, vgl. u. a. Haupt, Heinz-Gerhard; Kocka, Jürgen (Hrsg.): Comparative and transnational history. Central European approaches and new perspectives. New York 2009; Budde, Gunilla-Friederike; Conrad, Sebastian; Janz, Oliver (Hrsg.): Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien. Göttingen 2006. Gleichwohl eröffneten sich in der Vergangenheit immer wieder neue Forschungsperspektiven. In Deutschland erfolgte zum Beispiel in den 1960er Jahren die Herausbildung einer als »Historische Sozialwissenschaft« interpretierten Sozialgeschichte der »Bielefelder Schule«, die in das Programm einer Gesellschaftsgeschichte mündete, vgl. Kocka: Mode und Wahrheit in der Geschichtswissenschaft; Daniel, Ute: Kompendium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schlüsselworte. Frankfurt/Main. 2006; Daniel: Clio unter Kulturschock; Kocka, Jürgen: Sozialgeschichte. Begriff, Entwicklung, Probleme. Göttingen 1986.
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Die Zwischenkriegszeit als Schlüssel zur Zeit der Weltkriege
Profil des »Katastrophenzeitalters«888 über jegliche Form von Errungenschaften und Entwicklungen der Bereiche Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Damit stellt sich mit Blick auf das »historische Lernen« die Frage, ob die Ereignisse der »Extreme« und »Katastrophe« ebenso deutlich in Geschichtsatlanten Europas im Vordergrund stehen.889 Die Gestaltung der Zwischenkriegszeit wird somit zum wichtigen Schlüssel der Inhaltsanalyse, denn Atlasautoren beeinflussen durch die inhaltliche Auswahl die Bilanz der Epoche. Vor dem Hintergrund von einseitigen Selbst- und Fremdbildern sowie in Berücksichtigung friedenspädagogischer Grundlagen ist von ganz besonderer Relevanz, inwiefern die Atlanten dem Nutzer die gewaltsamen Auswüchse des Zeitalters der Weltkriege vor Augen führen und inwieweit sie dabei Seitenblicke auf Fortschrittspotenziale sowie Modernisierungsgedanken zulassen. Da Karten die Raumorientierung von Vergangenheit betonen, berücksichtigt die Analyse auch die Perspektivierung des »Interbellums«, um genauso die Möglichkeiten und Betonungen in der Atlasgestaltung zu lokalisieren. Die Zeit zwischen den Weltkriegen erscheint für die exemplarische Analyse sektoraler Schwerpunktlagerung sowie medialer Strukturierung allein angesichts des hohen Volumens an Geschichtskarten nahezu ideal.890 Die Visualisierung der Zwischenkriegszeit beruht in vielen Atlasproduktionen auf einem breiten inhaltlich-thematischem Spektrum ganz im Gegensatz zur Darstellung der Weltkriege. Die Geschichtskarten betrachten Themen neben der militärischen und politischen Geschichte, die sich in unterschiedlicher räumlicher Dimension innerhalb und außerhalb Europas abbilden. Daneben versucht die Analyse Ansätze zur Erklärung von Ursache und Wirkung in Anbetracht der Kontextualisierung historischer Geschehnisse in Kartenfolgen zu bestimmen. Dieser Schritt soll speziell die Optionen in der Konzeption von Geschichtsatlanten veranschaulichen und die damit verbundenen Variationen in der Wissensvermittlung beleuchten. Außerdem dient eine zweite Ebene zur Erschließung der »Epochenbilanz« als Maßstab für den vorurteilsfreien und emanzipatorischen Umgang mit den Themen »Krieg« und »Gewalt« in Atlanten. Die Untersuchung greift zum Zwecke der Einheitlichkeit auf den als allgemeingültig definierten Zeitraum von 1918 bis 1939 als Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zurück. Alle europäischen Geschichtsatlanten orientieren sich an dieser Gliederung.891 888 Vgl. Hobsbwam: Das Zeitalter der Extreme, vgl. auch Mayer: Der Krieg als Kreuzzug. 889 Vgl. Pingel: Schulbücher, S. 68. 890 Siehe Kapitel fünf zum Umfang der Zwischenkriegszeit im Vergleich zu den Weltkriegen (Seiten/Karten). Im Sample der Geschichtsatlanten widmen sich zumeist mehrere Geschichtskarten in Sequenzen der Zwischenkriegszeit. 891 Die Erhebungen zur inhaltlichen Konzeption schließen das gesamte Atlassample ein. Ex-
Sektorale Gewichtung der Zwischenkriegszeit als zentrales Selektionskriterium
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6.1. Die sektorale Gewichtung der Zwischenkriegszeit als zentrales Selektionskriterium kartographischer Darstellung Die lange Zeit vorherrschende Dominanz von Staaten- und Militärgeschichte in der Historiographie findet sich bis heute in der Gestaltung von Geschichtsatlanten wieder (Vgl. Kapitel 4). Das Interesse für alternative Bereiche wie zum Beispiel Technik-, Wissenschafts-, Alltags- und Kulturgeschichte ist angesichts verschiedener Untersuchungen, die in den letzten Jahrzehnten zur generellen Inhaltslagerung der Geschichtskartographie durchgeführt wurden, weiterhin deutlich reduziert.892 Im Ganzen stellt gerade der Geschichtsatlas in seiner inhaltlichen Orientierung ein sehr traditionelles Medium dar, weshalb besonders Atlasproduktionen mit langer Geschichte an etablierten Formen der inhaltlichen Gestaltung festhalten.893 Innerhalb der Geschichtswissenschaft erfolgen die Auseinandersetzungen mit den verschiedenen Bereichen der Historiographie immer auch vor dem Hintergrund von Konjunkturen und Moden.894 So ist zum Beispiel das große Interesse für »kulturgeschichtliche« Aspekte in der historischen Forschung der letzten Jahre in der Analyse der Zeit der Weltkriege genauso zu berücksichtigen895 wie etwa die mögliche Hinwendung auf globalgeschichtliche Sichtweisen.896 Zunächst scheint die Methodik der strukturellen Gliederung von Inhalten in Geschichtsatlanten relevant. Generell gilt für alle Produktionen, dass die inhaltliche Struktur der Kartenwerke eine bestimmte Abfolge bedingt. Jede Veröffentlichung besitzt in der Abbildung der Epochen eine Sequenz von Themen, die durch die Zusammenstellung von aussagekräftigen Gesichtspunkten in Geschichtskarten repräsentiert werden. Die in den Kartendarstellungen euro-
892 893
894 895 896
emplarische Beispiele ergeben sich aus Schwerpunktbildungen und Signifikanzen in der Auswahl von europäischen Geschichtsatlanten. Darüber hinaus besitzen die Produktionen aus den Staaten Ostmitteleuropas und des Baltikums aufgrund des historiographischen Kontexts besondere Relevanz. Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder, S. 65; Black: Maps and History ; Lehn: Deutschlandbilder; Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Mittag: Geschichtsbilder in Schulgeschichtsatlanten. So ist die Erstellung neuer Karten kostenaufwendig und die Nachnutzung alter Karten daher oft eine ganz pragmatische Entscheidung, vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 28; Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 378 f; Black: Maps and History, S. 204 f; Buhr : Kriterien zur Beurteilung von Geschichtsatlanten, S. 200 f. Hübinger, Gangolf: Die »Rückkehr« der Kulturgeschichte, in: Cornelißen, Christoph (Hrsg.): Geschichtswissenschaften. Eine Einführung. Frankfurt/Main 2000, S. 162 – 175. Vgl. Bachmann-Medick: Cultural Turns, S. 29 ff.; Iggers: Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert, S. 61 ff.; Daniel: Kompendium Kulturgeschichte; Daniel: Clio unter Kulturschock. Vgl. Osterhammel: Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaats; Middell: Der Spatial turn und das Interesse an der Globalisierung in der Geschichtswissenschaft; Schlögel: Kartenlesen, Augenarbeit; Oswalt: Das Wo zum Was und Wann.
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Die Zwischenkriegszeit als Schlüssel zur Zeit der Weltkriege
päischer Atlanten visualisierten Inhalte lassen sich verschiedenen sektoralen Bereichen von Geschichte (zum Beispiel Militär-, Politik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte) zuordnen. Der Weg zur Analyse der Gewichtung und Gruppierung von Themen in charakteristische Abfolgen (von Atlasseiten und in Atlaskapiteln) führt deshalb genauso zu einer grundlegenden Betrachtung der Methode der inhaltlichen Konzeptionierung und »Sequenzierung« von Geschichte im Medium Geschichtsatlas (chronologisch oder räumlich). Eine entscheidende Rolle spielen deshalb Kartenfolgen, die die »Erzählung« über das Auftreten von sektoralen und raumdimensionalen Gesichtspunkten in verschiedenen Atlasteilen steuern und dirigieren. Durch inhaltliche Differenzierungen, Veränderungen des Raumbezugs mittels Unterscheidung in Detail-, Insel-, Ergänzungs-, und Überblickskarten sowie Verkleinerung und Vergrößerung von Kartenausschnitten oder die Integration von medialen Ergänzungen in bestimmte Abschnitte der Geschichtsatlanten, treten in der Visualisierung verschiedene Akzentuierungen auf, die in der Darstellung von Sachverhalten dementsprechend unterschiedlich gelagerte Aussagen produzieren. Die Gestalt der Zwischenkriegszeit im Geschichtsatlas ist vielfältig. Das lässt sich insbesondere an Kartenfolgen ablesen, denn die Visualisierung von Geschichte im Atlas tritt selten in einer einzigen Geschichtskarte als geschlossenes Thema an den Rezipienten heran. Ganze Serien von aufeinanderfolgenden Kartendarstellungen können unterschiedliche Themenkomplexe behandeln (Frieden, Revolution, Wirtschaft usw.). Auf diese Weise werden über mehrere Seiten – unter anderem auf gesonderte thematische Abschnitte verteilt – feste Sinnzusammenhänge gebildet, die die Vermittlung von Geschichte im Atlas konstituieren (etwa ökonomische und politische Krise). Eine festgelegte sektorale Abfolge bedingt vor diesem Hintergrund die Darstellung der Zeit zwischen den Kriegen, die sich bei näherer Betrachtung über die Betonung der verschiedenen inhaltlich-thematischen Aspekte auch auf die Abhandlung des gesamten Zeitalters der Weltkriege auswirkt. Aus dieser Bedingung folgt, dass sich die Begutachtung der inhaltlichen Strukturierung der Zwischenkriegszeit als Indikator für eine positive oder negative »Epochenbilanz« erweist. Deshalb ist in einem ersten Schritt in Überprüfung des Verhältnisses der Anbindung von Inhalten zu klären, ob sich die Zwischenkriegszeit in Geschichtsatlanten bewusst auf die »Katastrophe« von Krieg und Völkermord ausrichtet, da sie mögliche Kausalbeziehungen für die Erklärung von Zusammenhängen und Abläufen im Zeitraum von 1914 bis 1945 liefert. Oder legt die Analyse der sektoralen Gewichtung eventuell »Modernisierungspotenziale« frei, die neben dem Krieg auch den Fortschritt zeigen, wodurch die Bilanz der Periode nicht nur negativ ausfällt? In der Betrachtung der inhaltlichen Konzeption von Atlanten muss zudem auch auf das sogenannte »Silencing« in Geschichtskarten verwiesen werden.
Sektorale Gewichtung der Zwischenkriegszeit als zentrales Selektionskriterium
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Denn einerseits bestimmt die sektorale Auswahl die Darstellung der Zwischenkriegszeit, andererseits ergeben sich aber auch über das »Verschweigen« bestimmter Aspekte beziehungsweise die fehlende Berücksichtigung von Sachverhalten interessante Sichtweisen, die sich möglicherweise auf das Gesamtbild des Zeitalters der Weltkriege auswirken (zum Beispiel: Wie wirkte sich die Massenmotorisierung auf den Menschen aus? Wie viele Opfer forderte die »Spanische Grippe«?). Die Analyse der Zwischenkriegszeit in Atlanten richtet zunächst den Blick auf die sektorale Vielfalt. Die Zuordnung und Auszählung von Geschichtskarten unter die verschiedenen Dächer von Geschichtsschreibung ermöglichen ein differenziertes Bild.897 Es wurden alle Karten des 241 Atlanten umfassenden Samples einbezogen. Im Ganzen liegt das quantitative Hauptgewicht mehrheitlich auf der Staatenund Militärgeschichte, seltener auf der Wirtschaftsgeschichte. Andere Felder wie Technik- oder Kulturgeschichte tauchen nur in wenigen Atlasproduktionen auf. So bestätigt sich die Annahme der nach wie vor vorherrschenden traditionellen Ausrichtung vieler Geschichtsatlanten. Dennoch ließen sich verschiedene Produktionen mit abweichenden inhaltlichen Schwerpunktlagerungen ermitteln. Die signifikanten Beispiele werden deshalb in der folgenden Feinanalyse hinsichtlich Ausprägungen und Abbildungsmöglichkeiten besonders beleuchtet. Die Zwischenkriegszeit wird im Großteil der Geschichtsatlanten Europas zwar mit einer Fülle von Geschichtskarten veranschaulicht, allerdings ist für die Mehrheit der Atlanten nur eine begrenzte Nutzung unterschiedlicher sektoraler Aspekte898 und raumdimensionaler Blickwinkel899 festzuhalten. Dabei greift die Untersuchung im nächsten Schritt vor allem die inhaltliche Reflexion der abgebildeten Geschichte ganzer Atlasabschnitte (Sequenzen) auf, ob Erklärungen und kausale Zusammenhänge über signifikante Kartenfolgen in ein räumlichepochales Beziehungsgefüge eingehen. Der Blick auf Schwerpunktlagerungen der europäischen Geschichtsatlanten offenbarte zwar kleinere Unterschiede von Publikation zu Publikation. Allerdings ergab die genaue inhaltliche Überprüfung der Atlasveröffentlichungen, dass alle Produktionen mehrheitlich ein
897 Die in der Datenbank unter verschiedenen Themenfeldern gesammelten Geschichtskarten wurden dem jeweiligen sektoralen Bereich zugeordnet. 898 Geschichtskarten transportieren sektorale Gesichtspunkte zumeist separat, d. h. zu jedem Aspekt von Geschichtsschreibung erscheinen häufig gesonderte Kartendarstellungen in Geschichtsatlanten. 899 Insgesamt zeigen in Anbetracht aller verwendeten Karten zur Visualisierung der Zwischenkriegszeit 8 % eine globale Perspektive, 21 % eine europäische Perspektive, 33 % eine nationale Perspektive sowie 38 % einen auf einen räumlich begrenzten Schauplatz beschränkten Fokus (Zur Auswertung der raumdimensionalen Perspektivierung nationaler Samples siehe Anlage 6.).
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Die Zwischenkriegszeit als Schlüssel zur Zeit der Weltkriege
Grundgerüst von staats- und militärgeschichtlichen Gesichtspunkten für die Abhandlung des Zeitalters der Weltkriege verwenden.900
Abbildung 6.1.: Die Vielfalt der Epoche – Sektorale Inhalte in der Darstellung der Zwischenkriegszeit (Durchschnitt aller europäischen Atlanten in %).
Nur in Ausnahmen offenbaren Atlanten neben der eindeutigen Präferenz von Staats- und Militärgeschichtsschreibung Gedanken, die sich über die Abbildung politischer Modernisierung und technischer Errungenschaft sowie kultureller, meist nationaler Besonderheiten von dem über die »Weltkriege« postulierten »Katastrophennarrativ« abheben. So gehen in zahlreichen Veröffentlichungen auch vielfältige Mischformen der Darstellung in die »Erzählung« ein. Geschichtsatlanten nutzen dabei in abgeschwächter Form politische und militärische Gesichtspunkte, die jedoch häufig durch andere Aspekte, zum Beispiel zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte – in Ausnahmen zur Technik-, Wissenschaftsoder Kulturgeschichte – erweitert werden.901 Daneben sind die Wechsel zwischen europäischem und begrenztem, nationalem Blickwinkel in einigen Sam-
900 Die Geschichtsatlanten Europas berücksichtigen fast durchgehend Staaten- und Politikgeschichte. Sie betrachten mit etwa 55 % die Militärgeschichte (u. a. im Kontext von Bürgerkriegen, Revolutionen). 901 Die Geschichtsatlanten Europas behandeln 42 % Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 12 % Kulturgeschichte, 7 % Wissenschafts- und Technikgeschichte sowie 4 % sonstige. Dabei ist zu beachten, dass sich einzelne Schwerpunkte in Geschichtsatlanten nicht ausschließlich einem Sektor zuordnen lassen, sondern Überschneidungen auftreten können, siehe die »Russische Revolution«.
Die sektorale und raumdimensionale Analyse der Epoche
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ples deutlich ausgeprägter.902 Akzentuierungen in der räumlichen Visualisierung der Zwischenkriegszeit ergeben sich deshalb auf zwei Ebenen, denn neben Welt- und Europakarten bestimmen speziell National- und Detailkarten beziehungsweise Schauplatzkarten die Darstellungen.903 Vor allem die europäische Dimension als Überblickskarte dient zumeist als Einleitung in eine Kartenfolge zur Orientierung. An die Betrachtung der sektoralen Breite schließen in einem weiteren Schritt Erhebungen zu möglichen Kartenfolgen. Betonungen von zahlreich auftauchenden Kombinationen in der Abfolge von thematischen Gesichtspunkten, die sich beispielsweise unter den Stichworten wie »Russische Revolution« »Pariser Vorortverträge« oder »Spanischer Bürgerkrieg« finden, werden für die Gesamtheit aller Atlanten sowie für einzelne nationale Samples differenziert herausgestellt.
6.2. Die Zwischenkriegszeit als Ausdruck von »Katastrophe« oder »Fortschritt« – Die sektorale und raumdimensionale Analyse der Epoche Geschichtskarten zur Zwischenkriegszeit wurden aus der Gesamtauswahl von Geschichtsatlanten den einzelnen sektoralen Aspekten zugeordnet. Im folgenden Abschnitt blickt die längsschnittartige Analyse deshalb exemplarisch auf Ausprägungen und Muster der inhaltlichen Atlasgestaltung und befasst sich ausführlich mit den Möglichkeiten der Geschichtskartographie.
6.2.1. Die sektorale Vielfalt der Zwischenkriegszeit – Gewichtungen und Besonderheiten In der Darstellung der Zwischenkriegszeit ist die Abhandlung einer Vielzahl von sektoralen Aspekten grundsätzlich möglich. So münden etwa einzelne Geschehnisse und Entwicklungslinien des Ersten Weltkriegs in die Zwischenkriegszeit, genauso bedingen Ereignisse des »Interbellums« wiederum den Fortgang der Geschichte. Da Atlanten aber nicht alles abbilden können, ergeben 902 Einen hohen Anteil an Nationalkarten im Verhältnis zu Europakarten weisen die Samples aus Deutschland, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Österreich, Polen, Rumänien, der Tschechischen Republik und Ungarn auf. 903 Insgesamt ergeben sich für alle Geschichtsatlanten zur Zwischenkriegszeit 644 Nationalkarten und 877 Detailkarten oder Schauplatzkarten, dazu im Vergleich 145 Weltkarten und 409 Europakarten.
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Die Zwischenkriegszeit als Schlüssel zur Zeit der Weltkriege
sich zur Zwischenkriegsperiode unterschiedliche inhaltliche Varianten und Lagerungen (Verdichtungen), was zum Beispiel Darstellungen zu den »Pariser Vorortverträgen« oder zur »Russischen Revolution«, aber auch seltenere Gesichtspunkte wie der »polnisch-sowjetische Krieg« zeigen. Die Möglichkeiten in der Visualisierung des Zeitraums von 1919 bis 1939 sind vielfältig und reichen von einzelnen Karten zur Politik-, Staaten- und Territorialgeschichte bis zu einer Begutachtung der Ereignisse und Abläufe in Berücksichtigung von unter anderem wirtschafts-, sozial- oder auch wissenschafts-, technik- und kulturgeschichtlichen Aspekten. Beispiele zur sektoralen Vielfalt sollen im folgenden Schritt die Optionen von Geschichtskarten zur Abhandlung der Zwischenkriegszeit kurz skizzieren. Die Staaten- und Politikgeschichte der Zwischenkriegszeit und ihre Darstellung zwischen Fortschritt und Krise Der Bereich der Staaten- und Politikgeschichte904 ist in der Abhandlung des Zeitraums von 1919 bis 1939 der wohl umfangreichste und besitzt damit ganz besondere Relevanz sowohl in der Darstellung der Zwischenkriegszeit als auch in Betrachtung des gesamten Zeitalters der Weltkriege. Die europäischen Geschichtsatlanten liefern vielfältige Hintergründe zu politischen Akteuren (Politiker, Parteien, Gruppierungen, Staaten etc.) in nationalen, europäischen aber auch globalen Kontexten, die sich über verschiedene inhaltliche Themenfelder und Schwerpunkte erstrecken, zum Beispiel Institutionen, Staatenbildung, Kolonisation, Friedens- Staatenpolitik (Internationale Beziehungen). Vor allem politikgeschichtliche Gesichtspunkte wie zum Beispiel »Revolutionen« oder »Bürgerkriege« werden in Geschichtsatlanten aus Europa häufig beleuchtet. Die Historiographie verortet etwa die »Russische Revolution« an der Nahtstelle zwischen Erstem Weltkrieg und Nachkriegszeit. Sie ergibt sich als direktes Resultat aus den Handlungen des Weltkriegs und reicht in ihrer Entwicklung bis weit in die Zwischenkriegszeit.905 »Bürgerkrieg« und »Revolution« in Russland werden in ihren folgenreichen Auswirkungen in Kartenwerken zur Geschichte oft thematisiert. Sie erscheinen allerdings in unterschiedlicher Dimensionierung und in einigen Produktionen auch an von der Chronologie abweichender Stelle. Gerade für die Gestaltung von Kartenfolgen besitzen die revolutionären Ereignisse und Prozesse besondere Bedeutung, denn in einigen Produktionen wird damit bereits der Beginn der »Krisenzeit« markiert (Kommunismus/Faschis904 Politische Geschichte oder Politikgeschichte ist eine Art der Geschichtsschreibung, die den Staat und die politisch handelnden Personen in den Mittelpunkt seiner Betrachtung stellt, vgl. dazu Borowsky, Peter : Politische Geschichte, in: Goertz (Hrsg.): Geschichte, S. 475 – 488. 905 Vgl. Overy : The inter-war crisis 1919 – 1939; Carr, Edward H.: The Russian revolution. From Lenin to Stalin (1917 – 1929). London 1979.
Die sektorale und raumdimensionale Analyse der Epoche
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mus). Die Lokalisierung der »Revolution« in Geschichtsatlanten gibt deshalb interessante Hinweise zum Fokus und zur strukturellen Gliederung des Zeitraums zwischen den Weltkriegen. In der Mehrheit der europäischen Atlanten wird die Karte zur »Russische Revolution« in Abfolgen zu Beginn der Zwischenkriegszeit eingeschoben. Dabei veranschaulicht der Ausschnitt oft Osteuropa, selten ganz Europa. Exemplarisch steht hierfür die Kartenabbildung im deutschen Schulatlas »Geschichte und Geschehen«906 vom Verlag »Klett«, der die revolutionären Ereignisse noch vor den Pariser Friedensverhandlungen präsentiert. Im lettischen »Geschichtsatlas für Schulen«907 vom Verlag »Zvaigzne ABC« schließt hingegen die Karte zur »Revolution« direkt an die Betrachtung der »Versailler Friedensordnung« an. Demgegenüber wird in einigen anderen Produktionen das revolutionäre Geschehen aus der Chronologie herausgelöst und gesondert behandelt. Im Atlas von John Haywood richtet sich dabei der Fokus auf den asiatischen Kontinent und die damit verbundenen Auswirkungen der Revolution auf das Ende der imperialen Machtpolitik des zaristischen Russlands und die Gründung der Sowjetunion.908 Aber auch in Geschichtsatlanten, die das Nacheinander nutzen, kann die raumdimensionale Perspektivierung der Ereignisse vom Blickwinkel anderer Produktionen abweichen. So visualisiert die Karte »La Vague R¦volutionnaire en Europe (1917 – 1923)«909 im »Atlas des collÀges« vom Verlag »Hachette« den gesamten Kontinent und eröffnet damit dem Betrachter eine völlig alternative Sichtweise auf das »Revolutionsgeschehen«, die über die begrenzten Abbildungen der meisten Atlanten hinausgeht. (K.abb. 6.1.) Gesichtspunkte zur »Russischen Revolution« besitzen in der Erweiterung des Kartenausschnitts eine vollkommen andere Reichweite und ermöglichen im Atlas den Abgleich mit weiteren Europakarten, die etwa die Entwicklung des internationalen Systems sowie das politische Handeln der europäischen Länder nachzeichnen. Daneben treten in einzelnen Geschichtsatlanten unter dem Punkt der Staatenund Politikgeschichte gerade im Kontext von »Revolutionen« und »Bürgerkriegen« wichtige Aspekte auf, über die die Mehrheit der Atlasproduktionen schweigt. Beispielsweise zeigen polnische Geschichtskarten den »Großpolnischen Aufstand von 1918/1919«, deutsche sowie die Mehrheit der europäischen Atlanten zur Zwischenkriegszeit hingegen nicht. Daher ist auf die Motivation (Instruktion) bei der Zusammenstellung von Perspektiven und Themen in Ge-
906 907 908 909
Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas, S. 164. Busˇs; Goldmanis (Hrsg.): Ve¯stures Atlants skola¯m, S. 50. Vgl. u. a. Haywood (Hrsg.): Weltgeschichtsatlas, S. 204 f. Carton, Jean-Luc; Lambin, Jean-Michel (Hrsg.): Atlas des collÀges; toutes les cartes des programmes d’histoire-g¦ographie. Hachette, Paris 2000, S. 61.
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schichtsatlanten hinzuweisen, aus der sich besondere Ausprägungen, Gewichtungen, aber auch Generalisierungen/Reduktionen ergeben. Raum- und Geschichtsbilder sind insbesondere vor dem Hintergrund der Abbildung territorialer Neuordnung der direkten Nachkriegszeit deutlich erkennbar. Ein Thema, das fast alle europäischen Geschichtsatlanten berücksichtigen, ist die »Pariser Friedensordnung« als Teil der politischen Geschichte der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Dabei visualisieren Geschichtskarten den Einfluss der »territorialen Bestimmungen« der Friedensverträge auf die nationalstaatliche Gestaltung Europas. Zusatzinformationen bezüglich der Auswirkungen der Verhandlungen auf Bevölkerung oder Wirtschaft geben lediglich wenige Karten wieder. Einige bilden etwa Flüchtlingsströme oder Reparationszahlungen ab.910 Viele Atlasproduktionen veranschaulichen die »neue Staatenordnung« nach den Verträgen von Versailles, Saint-Germain, Neuilly-sur-Seine, Trianon und SÀvres durch eine Europakarte,911 wobei die Bestimmungen für Deutschland im europäischen Vergleich insgesamt im Vordergrund stehen. Die Folgen für Österreich, Ungarn, Bulgarien und die Türkei sowie deren Nachfolgestaaten finden dagegen eher in Kontexten nationaler Publikationen Erwähnung. Daneben erfolgt zumeist als Ergänzung die Begutachtung einzelner Länder durch Inselkarten.912 Mittels nationalem Länderfokus wird in einer Vielzahl von Geschichtskarten die Neuordnung und territoriale Umgestaltung der Verlierermächte sowie deren Nachfolgestaaten besprochen. In der temporalen Reichweite beschränken sich die kontinentalen Überblicksdarstellungen häufig auf einen kurzen Zeitabschnitt, mehrheitlich auf das Jahr des Friedensschlusses 1919 beziehungsweise die direkte Nachkriegszeit bis maximal Mitte der 1920er-Jahre. Der italienische Atlas vom Verlag »Bulgarini« steht etwa mit der Karte »L’Europa dopo la pace di Versailles, 1919«913 exemplarisch für eine Vielzahl von Publikationen, die sich bezogen auf den europäischen Kontinent mit den Veränderungen und den direkten Folgen der Friedensverträge beschäftigen. (K.abb. 6.2.) Vereinzelt wird in Europakarten der Zeitschnitt sogar auf die Gesamtspanne oder zumindest große Teile des »Interbellums« ausgedehnt. Im belgischen »Atlas Historique« vom Verlag »Hatier« etwa blickt die Karte »L’Europe 1919 – 1937«914 nicht nur auf die Nach- sondern die gesamte Zwischenkriegszeit. Über massive Generalisierungen werden die Gebietsverhältnisse auf dem Kontinent 910 Baselli (Hrsg.) Atlante Storico (De Agostini), S. 107; Bruckmüller ; Hartmann (Hrsg.): Putzger: Historischer Weltatlas, S. 160. 911 150 Atlanten behandeln die »Pariser Friedensordnung« auf einer Europakarte. 912 158 Atlanten behandeln die »Pariser Friedensordnung« auf einer Insel-/Nationalkarte. 913 Dellamonica, Umberto; Enrici Nicolý, Rosa (Hrsg.): Atlante storico; Allegato al corso: La storia. Bulgarini, Florenz 1993, S. 89. 914 Bruneel; Genicot; Georges (Hrsg.): Atlas Historique, S. 42.
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grob skizziert und temporal auf die 1920er- und 1930er-Jahre bezogen. (K.abb. 6.3.) Europadarstellungen mit langem Zeitschnitt bewältigen in diesem Zusammenhang die komplexe Auseinandersetzung mit der territorialen Gestaltung des Kontinents in einer einzigen Geschichtskarte, wobei sich meistens der Zeitraum von 1919 entweder bis zum Beginn der aggressiven NS-Außenpolitik 1936 oder direkt bis zum Kriegsbeginn 1939 erstreckt. Diese Karten sind schwerlich nur allein im Stande die Verhältnisse der Zwischenkriegszeit abzuhandeln. Dagegen werden insgesamt in allen Darstellungsversuchen deutlich territoriale Aspekte hervorgehoben. Manche Kartenabbildungen setzen sich mit den »Grenzstreitigkeiten« und »Nationalitätenkonflikten« im Europa der Zwischenkriegszeit auseinander.915 So visualisieren zum Beispiel einige französische Atlanten unter den Stichworten »FrontiÀre Contest¦e«916 oder »Zone Contest¦e«917 den Gegenstand »umstrittener« Grenzen, womit die Kartenautoren ein in der Historiographie viel diskutiertes Thema aufgreifen.918 Neben der Einbeziehung von Minderheitenkarten erörtern Kartenabbildungen auf diese Weise einzelne Konfliktherde im Rahmen komplexer Wirkungszusammenhänge der Zeit der Weltkriege.919 Dabei rücken hier geopolitische Ansätze vor dem Hintergrund raumdeterministischer Denkweisen ins Zentrum, die, wie etwa in einem Ansatz des britischen Historikers Norman Davies, im Spektrum von »Kulturgrenzen« und »Europa Konzepten« insbesondere durch das Aufzeigen von Störungs- oder auch Verwerfungszonen (»East West Fault-Lines in Europe«) Ursachen vielfältiger territorialer Spannungen lokalisieren möchten.920 Demzufolge gerät vor allem die Neugestaltung Ostmitteleuropas im Anschluss an die Pariser Friedensverhandlungen als eine kulturelle aber auch scheinbar natürliche Nahtstelle ins Zentrum, die in der Zwischenkriegszeit ein besonders hohes Konfliktpotenzial beherbergte. Diese Angebote wirken im Rahmen von Geschichtsatlanten aller915 Vgl. u. a. Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte, S.440; Henningsen (Hrsg.): Historisk Atlas, S. 43; Bjørklund (Hrsg.): Historisk skoleatlas, S. 39. 916 Vallaud (Hrsg.): Atlas Historique, S. 69. 917 Carton; Lambin (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 60. 918 Vgl. Graebner, Norman A.; Bennett, Edward M.: The Versailles Treaty and its legacy. The failure of the Wilsonian vision. Cambridge 2011; Kolb, Eberhard: Der Frieden von Versailles. München 2005; MacMillan, Margaret: Paris 1919. Six month that changed the world. New York 2003; Dülffer, Jost; Krumeich, Gerd (Hrsg.): Der verlorene Frieden. Politik und Kriegskultur nach 1918. Essen 2002; Krumeich, Gerd (Hrsg.): Versailles 1919. Ziele, Wirkung, Wahrnehmung. Essen 2001. 919 Über Geschichtskarten werden so »Grenzräume« im Rahmen von Sprachzugehörigkeiten oder Ethnien visualisiert. Vgl. zum Gegenstand Haslinger, Peter ; Puttkamer, Joachim von (Hrsg.): Staat, Loyalität und Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa 1918 – 1941. München 2007; Leiserowitz, Ruth (Hrsg.): Die unbekannten Nachbarn. Minderheiten in Osteuropa. Berlin 2008. 920 Vgl. Davies: Europe, S. 18.
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dings nur allzu banal und verwirren den Betrachter mehr, als dass sie ihn über die Problematiken von »Nationalitätenkonflikten« aufklären. Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte auf Grundlage der Pariser Friedensordnung die Schaffung sowie Wiederherstellung zahlreicher Gemeinwesen, die aus dem Deutschen Kaiserreich, den ehemaligen Großreichen Österreich-Ungarn, Russland und dem Osmanischen Reich in Ost- und Südosteuropa entstanden.921 Gerade in ostmittel- sowie südosteuropäischen Geschichtsatlanten wechseln deshalb häufig die Perspektiven in Karten zum »Interbellum« zwischen eigenem Territorium und dem Gebiet des jeweiligen Nachbarn. Sie richten im Kontext der Erlangung staatlicher Souveränität (Pariser Vorortverträge) den räumlich begrenzten Blick auf die Nationalgeschichte, was in einer Vielzahl von Atlasproduktionen in Ergänzung zur Europakarte in Abbildung der direkten Nachkriegszeit geschieht.922 So finden sich in kroatischen Geschichtsatlanten mehrperspektivische Betrachtungsweisen, die neben dem europäischen Fokus insbesondere räumliche Aspekte der nationalen Vergangenheit beleuchten. In einigen Produktionen werden zwar auch gesondert die territorialen Abtretungen Deutschlands und Österreich-Ungarns abgebildet, einen Schwerpunkt der Visualisierung im Kontext der eigenen Geschichte bilden hingegen deutlich die Ergebnisse der Verhandlungen von Trianon. Die abgekoppelten Momentaufnahmen zur Entstehung des jugoslawischen Staats zeigen zum Beispiel die Atlanten vom Verlag »Sˇkolska knjiga« gleich in mehreren Karten.923 Die gezielte Einzelbetrachtung der neu entstanden Gemeinwesen ist allerdings nicht nur auf Blickwinkel mit nationaler Provenienz begrenzt. So visualisieren die französischen Geschichtsatlanten Georges Dubys ebenfalls die territoriale Grenzziehung ostmittel- und südosteuropäischer Länder nach 1919.924 Duby betrachtet im »Atlas Historique« neben der europäischen Sicht »L’Europe de 1919 1923« speziell die Brennpunkte der Zeit zwischen den Kriegen wie zum Beispiel »Nouvelles frontiÀres de l’Europe central (1919/1921)« oder »Formation de la Turquie contemporaine (1920/1939)«. Daneben liefert er in Inselkarten gesonderte Beiträge zu staatlichen Neuordnungen von Bulgarien, Österreich,
921 Vgl. MacMillan: Paris 1919. 922 83 Atlanten aus Ost- und Ostmitteleuropa liefern Nationalkarten zu den »Pariser Friedensverträgen«. 923 Vgl. »Der Staat der Slowenen, Kroaten und Serben (29. Oktober – 1. Dezember 1918)« und »Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (1918 – 1921)« in: Kanisˇki, Tomislav ; Ponosˇ, Tihomir ; Velagic´, Zoran (Hrsg.): Povijesni atlas za 8. razred osnovne sˇkole. Sˇkolska knjiga, Zagreb 2001, S. 14. 924 In manchen Atlanten reichen die in der Geschichtskarte behandelten Gesichtspunkte bis weit in die Zwischenkriegszeit hinein oder sogar bis zum Zweiten Weltkrieg bzw. der Grenzziehung nach 1945.
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Ungarn, Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei sowie Griechenland und Jugoslawien.925 (K.abb. 6.4.) Außerdem behandelt eine nicht unbedeutende Zahl von europäischen Geschichtsatlanten in modifizierter Perspektive die Beschlüsse der Pariser Friedensverhandlungen, wodurch Deutschland über den Ausschnitt in den Mittelpunkt des Kartenbildes rückt.926 Die Folgen und Auswirkungen der Versailler Bestimmungen für Deutschland betrachtet beispielweise die Geschichtskarte mit der bedeutungsvollen Kartenüberschrift »Germany made to pay for the war«927 im britischen »Atlas of modern history«. Allein der Titel verweist auf die Dramatik des Friedensschlusses und versucht neben weiteren Visualisierungen, wie etwa »Germany begins to stir, 1920 – 1936«928, Erklärungszusammenhänge und Begründungen für die Ereignisse der Zwischenkriegszeit zu liefern, die der Geschichtsatlas aus den Ergebnissen des Ersten Weltkriegs ableitet und als Ursachen und Begründung für die Katastrophe des »kommenden« Krieges in der Argumentation aufgreift. (K.abb. 6.5.) Zusammenhänge der europäischen Neuordnung im Zuge der Pariser Vorortverträge veranschaulichen ebenso einige Visualisierungen zum »Zerfall des Osmanischen Reiches«, die von der Betrachtung des Bosporus und des Balkans sowie Kleinasiens bis zu großmaßstäbigen Kartendarstellungen des Mittelmeerraumes und Vorderasiens reichen.929 Geschichtskarten zum »Osmanischen Reich« tauchen europaweit in einer Reihe von Atlanten auf, neben türkischen auch in belgischen, britischen, deutschen, französischen, italienischen, kroatischen, lettischen, litauischen, polnischen, russischen, slowakischen, spanischen und tschechischen Produktionen. Die Wahl von Ausschnitt und Maßstab steht dabei in vielen Visualisierungen im Vordergrund, was sich entweder an Abbildungen zum Mittelmeerraum930 oder Teilen Asiens931 ablesen lässt. Speziell die Geschichtsatlanten der Türkei bieten in der Abbildung der osmanischen Geschichte unterschiedliche Perspektiven, die neben dem reduzierten Blick auf das Staatsgebiet der türkischen Republik sowie Europa, Vorderasien oder Nordafrika auch viel umfassendere Blickwinkel einbeziehen. So zeigt etwa der »Große Geschichtsatlas« stark kontrastierend einerseits eine Karte 925 Duby (Hrsg.): Atlas historique, S. 268 – 278. 926 32 Atlanten beschäftigen sich im Kartenausschnitt »Deutschland« mit den Versailler Bestimmungen. 927 Heater, Derek; Middleton, Haydn (Hrsg.): Atlas of modern world history. Oxford Univ. Press, Oxford 1991, S. 23. 928 Heater ; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 32. 929 47 Atlanten behandeln auf gesonderten Karten den Zerfall des »Osmanischen Reiches«. 930 Busˇs, Oja¯rs; Goldmanis, Juris (Hrsg.): Ve¯stures Atlants skola¯m. Zvaigzne ABC, Riga 2004, S. 51. 931 Noja, Tea; Tavasani, Patrizia (Hrsg.): Atlante di storia. Mondadori Scuola, Mailand 2000, S. 61.
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der Türkei in ihren heutigen Grenzen nach dem Vertrag von Lausanne 1923, andererseits den Einfluss türkischer Sprache und Kultur in größter Ausdehnung auf den afrikanischen, asiatischen und europäischen Kontinent, gleichsam als »großtürkische Vision« nationaler Geschichte.932 (K.abb. 6.6.) Alles in allem setzen sich viele europäische Atlasveröffentlichungen mit der Auflösung des Sultanats auseinander, was insbesondere mit Blick auf die Kontextualisierung der territorialen Neugestaltung Europas sowie den in der Folge entstehenden Konflikten wichtig erscheint. In gleicher Weise knüpfen in einigen Atlanten Karten zur Idee des Völkerbunds an, die ebenso relevante Schwerpunkthemen zur staatlichen Neuordnung des europäischen Kontinents liefern. Aufbauend auf den Grundlagen des Völkerrechts und ersten Gedanken des Institutionalismus entfachten 1918 die »Vierzehn Punkte« des US-Präsidenten Thomas Woodrow Wilson die Debatte zur Befriedung der Welt. Der Zusammenschluss aller Staaten mündete in der Gründung der internationalen Institution des Völkerbunds.933 Der Völkerbund als überstaatlicher Nationenverbund der Friedensschaffung und -lenkung taucht als eigenständiges Thema in Geschichtsatlanten ebenfalls unter dem Dach der Politikgeschichte auf. Die Darstellung erfolgt, wie beispielsweise im »Bosatlas van de Wereldgeschiedenis« mit »De Volkenbond 1920 – 1945«,934 ausschließlich auf Weltkarten, wobei zumeist anhand der Abbildung von Mitgliedstaaten, Mandatsgebieten, Kolonien und dem Ausscheiden aus dem Bund das größte Problem der internationalen Organisation bereits sichtbar wird: das Fehlen eines konstanten Engagements der Großmächte, vor allem der »neuen« Weltmächte USA und Russland sowie der Mangel in der Verfolgung gemeinschaftlicher Interessen zum Erhalt einer stabilen staatlichen Grundordnung.935 Betrachtet man die sequenzielle Anordnung der Karten in der Kapitelgestaltung, so erscheint im Atlas die Darstellung zum Völkerbund oft direkt nach den Pariser Vorortverträgen. Der Völkerbund wird somit chronologisch der ersten Hälfte der Zwischenkriegszeit zugeordnet, was zumindest den positiven Charakter des Themas weitaus stärker unterstreicht als eine Platzierung im Rahmen der Schilderung von Krise und Zusammenbruch im Jahrzehnt vor dem Zweiten Weltkrieg. So verortet etwa der spanische Schulgeschichtsatlas »Atlas Histûrico« vom Verlag »Ediciones SM«936 die Weltorganisation in einer Zeit des Fortschritts. Unter dem Titel »Welt und Nachkriegsordnung« wählt die Redaktion des Atlas in Veranschaulichung unterschiedlicher sektoraler Schwerpunkte Dag˘tekin, Hüseyin (Hrsg.): Genel Tarih Atlasi. Inkilp Kitabevi, Istanbul 1989, S. 63 – 66. Vgl. Mai: Europa 1918 – 1939, S. 216 ff. Kuipers; Hooff (Hrsg.): Bosatlas van de Wereldgeschiedenis, S. 28. Vgl. Gareis, Sven Bernhard; Varwick, Johannes: Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen. Opladen 2006, S. 100 ff. 936 Pro Ruiz (Hrsg.): Atlas Histûrico, S. 125.
932 933 934 935
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globale und europäische Perspektiven, damit sich der Betrachter auf verschiedenen Ebenen ausführlich mit territorialen Veränderungen (»La Europa de Versalles (1919 – 1923)«), ersten Bestrebungen der Dekolonisation (»El nuevo mapa del mundo (hacia 1920)«) und dem Aufbau des Völkerbunds (»Le Sociedad de naciones«), aber auch mit Errungenschaften wie dem Frauenwahlrecht (»El voto femenino«) auseinandersetzen kann.937 (K.abb. 6.7.) Im Abschnitt »1930er-Jahre« erfolgt jedoch der Blick auf die Verflechtung von Wirtschaftskrise und demokratischer Krise (»La gran depresiûn en el mundo: el desempleo«, »Democracias y Dictaduras en los aÇos treinta«), wobei die außenpolitischen Aktionen des faschistischen Deutschlands gesondert in den Blick genommen werden (»La expansiûn de la alemania nazi«). Vor allem die Beschäftigung mit dem Frauenwahlrecht stellt in der inhaltlichen Analyse eine signifikante Besonderheit dar.938 Dabei verweist die Kartendarstellung auf die Optionen von Geschichtskarten, sich speziell in der Auseinandersetzung mit der Politikgeschichte der Zwischenkriegszeit mit demokratischen Grundrechten zu befassen. Fortschritt zeigen im Kontext von internationalen Beziehungen ebenfalls Karten zu den Genfer Konventionen und den Haager Abkommen, die jedoch nur in wenigen Geschichtsatlanten abgebildet werden. Neben der Weltkarte »Der Völkerbund 1920 – 1939« betrachtet beispielsweise der »Große Atlas zur Weltgeschichte« von Westermann auf zwei separaten Weltkarten »Genfer Konventionen und Haager Abkommen nach dem 1. und 2. Weltkrieg«.939 (K.abb. 6.8.) Die besondere Bedeutung demokratisch-freiheitlicher Aspekte der Periode des »Interbellums« wird auf diese Weise deutlich, welche die Geschichtsatlanten zumindest über die Darstellung von Organisation und Mitgliedern einer internationalen Friedensordnung auf gemeinschaftlicher Basis in Augenschein nehmen und mittels Ergänzungen hinsichtlich der Vereinbarungen zur Durchsetzung eines humanitären Völkerrechts sowie eines festgeschriebenen Umgangs mit Kriegsgefangenen und Bestimmungen zur Verwendung besonderer Waffen erweitern.940 Der Zusammenschluss aller Staaten zu einer internationalen Gemeinschaft visualisiert somit ein demokratisch-idealistisches Fort-
937 Ebd.: S. 124 f. 938 Die Historiographie hat hier in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, vgl. Rodrguez-Ruiz, Blanca; Rubio-Marin, Ruth (Hrsg.): The struggle for female suffrage in Europe. Voting to become citizens. Leiden 2012; Karl, Michaela: Die Geschichte der Frauenbewegung. Stuttgart 2011. 939 Aner (Hrsg.): Westermann, S. 152; vgl. auch Devos, W.; Geivers, Rik (Hrsg.): Atlas Historique Erasme. Êrasme, Namur 1990, S. 73. 940 Vgl. Kalshoven, F.; Zegveld, Liesbeth: Constraints on the waging of war. An introduction to international humanitarian law. Cambridge 2011.
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schrittsdenken, das der in Atlasproduktionen auftauchenden »Krise der Demokratie« entgegentritt. Das Thema Völkerbund dient darüber hinaus in Kartenfolgen als Bindeglied, das von der europäischen Perspektive der Revolutionen, Bürgerkriege und Folgen des Krieges auf die globale Ebene der transnationalen Dependenzen überleitet, um weltgeschichtliche Ereignisse wie die Wirtschaftskrise, die chinesische Revolution und ihre Nachwirkungen oder die imperialistische Politik Japans im asiatisch-pazifischen Raum zu thematisieren. Die Schilderung der internationalen Beziehungen kann daher in einigen Geschichtsatlanten Europas als eindeutiger Ausdruck einer Globalgeschichte aufgefasst werden.941 Genauso besitzt der Völkerbund vor dem Hintergrund der Dekolonisation Relevanz, denn imperiale Aspekte spielen für die weltgeschichtliche Darstellung der Zwischenkriegszeit eine bedeutende Rolle. Demzufolge widmet sich eine Reihe von Karten der Auflösung der Kolonialreiche der europäischen Großmächte. Die Visualisierung globaler Aspekte zur kolonialen Herrschaft in der Zeit zwischen den Kriegen erfolgt zu zwei Dritteln auf Weltkarten, wie zum Beispiel in »Die Welt nach dem Ersten Weltkrieg«942 im slowenischen »Kleinen Geschichtsatlas« oder in kontinentaler Variante mit der Karte »Afrika 1939«943 im »dtv-Atlas zur Weltgeschichte«.944 (K.abb. 6.9.) In vielen Atlasproduktionen rückt daher die Kolonialgeschichte in das Blickfeld der Betrachtung.945 Manche Kartenautoren knüpfen dabei an die nationale »Vergangenheitsbewältigung« an. Deutliche Aspekte einer Aufarbeitung finden sich in den Produktionen ehemaliger Kolonialmächte wie Belgien, Frankreich, den Niederlanden oder Großbritannien. Der Blick auf globale Ereignisse und Abläufe der »kolonialen« Politik erfolgt beispielweise mehrperspektivisch in belgischen Geschichtsatlanten. Dabei erstrecken sich die temporalen Zuschnitte der Karten von der Zwischenkriegszeit bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, wodurch vielfältige Gesichtspunkte auftreten, die den Globus, aber auch gesondert Afrika (Schauplatzkarten zum Kongo) und Asien (Pazifik, China) im Kontext von Dekolonisierung und nationaler Selbstbestimmung betrachten.946 (K.abb. 6.10.) 941 942 943 944
Vgl. Osterhammel: Raumbeziehungen, S. 287. Weber (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas, S. 60. Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte, S. 456. 68 Geschichtsatlanten behandeln das Thema »Kolonialismus« in der Zwischenkriegszeit. Die Mehrzahl von Atlanten betrachtet erst nach dem Zweiten Weltkrieg die Geschichte der Kolonien. 945 Vgl. Nieuwenhuyse, Karel van: Tussen buit en baat. Congo in het interbellum. Leuven 2009; Hochschild, Adam: Schatten über dem Kongo. Die Geschichte eines der großen, fast vergessenen Menschheitsverbrechen. Stuttgart 2000. 946 Vgl. Devos; Geivers (Hrsg.): Atlas Historique Erasme, S. 79; Hayt, Franz (Hrsg.): Atlas d’histoire. de boeck, Brüssel 2003. S. 116 f.; Grommen, Jos; Hayt, Franz; Janssen, Roger ;
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Ebenso verweisen britische Geschichtsatlanten im Spektrum von »imperialer Herrschaft« und »Dekolonisation« auf koloniale Aspekte der Zeit zwischen den Weltkriegen. Der Atlas »Complete History of the World« von Richard Overy liefert diesbezüglich interessantes Kartenmaterial. Im Zeitzuschnitt von 1919 bis 1941 visualisiert Overy über das Thema »Political Domination and Economic Rule«947 koloniale Besitztümer der europäischen Großmächte im Spannungsfeld von »Imperialismus« und »wirtschaftlicher Depression«. Britische Produktionen befassen sich hier vornehmlich mit der eigenen Geschichte, da sie umfassende Darstellungen zur Gestalt und Auflösung des »Empire« in die Kartenfolgen zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einstreuen. Damit markieren sie im Rahmen von instruktionalen Richtlinien die große Bedeutung des Themas in britischen Lehrmitteln.948 Auch französische Produktionen beschäftigen sich mit globalen Aspekten im Rahmen von »Dekolonisation«. Im »Atlas Historique« vom Verlag »Perrin« tauchen neben dem Zerfall des Osmanischen Reiches Geschichtskarten zum »Aufstand der Rif-Kabylen« in Marokko und zum »langen Marsch« im Bürgerkrieg in China auf, wobei speziell der nordafrikanische Schauplatz die eigene Vergangenheit im Zusammenhang einer »Fremdherrschaft« auf anderen Kontinenten betrachtet.949 (K.abb. 6.11.) Anknüpfungspunkte an die kontroverse Debatte über den gesellschaftlichen Umgang mit der Kolonialgeschichte in Frankreich liegen hier durchaus nahe.950 Darüber hinaus widmen sich in der Visualisierung der Zeit zwischen den Weltkriegen viele Geschichtskarten dem asiatisch-pazifischen Raum. Sie behandeln hauptsächlich die imperiale Politik Japans sowie die Revolution in China, dabei beleuchten die Karten pazifische, ostasiatische und südostasiatische Schauplätze. Die Beschäftigung mit der Staatengeschichte »Chinas« und »Japans« erfolgt somit in den meisten Atlanten in Bezug auf internationale Krisenlagen und Konflikte im Kontext der politischen Entwicklung im »Fernen Osten«. Hinsichtlich der Lokalisierung von Auffälligkeiten ist hier besonders zu bemerken, dass die Kartenfolgen mit den Spannungen in Asien auf globaler Ebene die »Krise der Demokratie« einleiten. Dabei entstehen in Ausweitung der japanische Expansion im chinesischen, indonesischen, malaysischen und in-
947 948 949 950
Manet, Albert (Hrsg.): Atlas van de algemene en Belgische geschiedenis. VAN IN, Wommelgem 2005, S. 108 f.; Geivers, Rik (Hrsg.): Nieuwe Historische Atlas. de boeck, Antwerpen 2005, S. 110; Adams, Xavier : Historische Atlas. VAN IN, Wommelgem 2005, S. 57; Patart, Christian (Hrsg.): Atlas d’Histoire Hayt. de boeck, Brüssel 2006, S. 117. Overy (Hrsg.): Complete History of the World, S. 284. Vgl. Mish, Carsten: Die Dekolonisation des Empire in britischen Geschichtsbüchern seit 1947, in: Internationale Schulbuchforschung 30 (2008) 3, S. 741 – 762. Vallaud (Hrsg.): Atlas Historique, S. 70. Vgl. Petter : Die koloniale Vergangenheit als Deutungsreservoir in den politischen Debatten um das französische Erinnerungsgesetz vom Februar 2005, S. 91 – 104.
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dochinesischen Raum neben den Revolutionswirren in China Kartenabbildungen zu vielfältigen regionalen Konflikten, die infolgedessen mit einzelnen Geschehnissen oft bis weit in den Zweiten Weltkrieg hineinreichen. Visualisiert werden häufig Zeitschnitte, die über die Grenzen der Zwischenkriegszeit hinausgehen. Die Geschichtsatlanten veranschaulichen in außereuropäischer Perspektive einerseits Visualisierungen zum »langen Marsch« (»La longue marche, Oct. 1934 – Oct. 1935«), die wie im französischen »Atlas Historique Mondial« in der Zeit zwischen den Weltkriegen auftauchen.951 Andererseits präsentiert der »dtv-Atlas: Weltgeschichte« in größerer zeitlicher Absteckung durch die Geschichtskarte mit dem Titel »China 1918 – 1941«952 einen breiten historischen Querschnitt, der die Revolution im Kontext von Bürgerkrieg und chinesischjapanischem Krieg abbildet. Andere Darstellungen erweitern dagegen ihren Ausschnitt, um möglichst umfassend die Errichtung der japanischen Hegemonie im asiatisch-pazifischen Raum einzufangen. Der italienische »Atlante Storico« vom Verlag »Mondadori« verdeutlicht zum Beispiel das Ausgreifen auf das asiatische Festland, was Farbschraffen und Pfeilsignaturen in zeitlicher Anordnung unterstreichen.953 Eine ebenfalls umfassende Betrachtung zur japanischen Expansion liefert der polnische Geschichtsatlas vom Verlag »PPWK«, wobei sich der Kartenausschnitt auf weite Teile Chinas, Südostasiens und den Pazifik ausdehnt. Neben der chinesischjapanischen Auseinandersetzung lenkt die Abbildung »Ostasien 1931 – 1941«954 dabei schon den Blick auf die Gebiete der hegemonialen Aneignung Japans während des Zweiten Weltkriegs. (K.abb. 6.12.) In Sequenzen verweisen die Karten demzufolge auf die globale Qualität der Krise und des bevorstehenden militärischen Konflikts und ergänzen damit die europäische Dimension um weltumspannende Gesichtspunkte zur Stützung der negativen Bilanz der Epoche. Geschichtskarten zum Themenfeld »Krise der Demokratie« stellen in einer Vielzahl europäischer Geschichtsatlanten zwar außenpolitische Aspekte zum Verfall der demokratischen Ordnung dar. Alternativen der Politik oder Hintergründe zu totalitären Machtstrukturen visualisieren sie jedoch nur äußerst selten. In diesem Zusammenhang verkürzen die Kartenredakteure im Zuschnitt auf die 1930er-Jahre oft die Sicht auf den europäischen Kontinent. Viele Geschichtskarten legen so ein Gewicht auf die direkte Zeit vor dem Zweiten 951 Duby, Georges (Hrsg.): Atlas Historique Mondial. Larousse, Paris 2006, S. 194. 952 Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 450. 953 Malaguti, Franco; Nozzoli, Daniele; Sinigaglia, Luigi (Hrsg.): Atlante storico; Il mondo contemporaneo. Edizioni Scolastiche Bruno Mondadori, Mailand 1990, S. 23. 954 Daniluk, Andrzej; Konarski, Jan (Hrsg.): Atlas historyczny ; dla szkûł s´rednich. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 2000, S. 74.
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Weltkrieg und beziehen zudem nur selten die Etablierung faschistischer Machtstrukturen der frühen 1920er-Jahre mit ein, wie etwa die Abhandlung des »Faschismus in Italien«, die speziell in der Historiographie eine große Rolle spielt.955 Die Analyse von italienischen Atlasveröffentlichungen zeigt, dass nur wenige Kartenwerke das Thema in die Kartensequenz zur Zwischenkriegszeit einordnen, was zum Beispiel unter der Kapitelüberschrift »L’Italia e L’Europa fascista« des »Schulgeschichtsatlas« vom Verlag »Bulgarini« in Verknüpfung mit Diagrammen zum Thema Wahlen sowie der gesellschaftlichen Zusammensetzung der »Partito Nazionale Fascista« erfolgt.956 (K.abb. 6.13.) Dagegen findet in den italienischen Publikationen häufiger der Kolonialismus Italiens Berücksichtigung. Im Atlas »Weltgeschichte« vom Verlag »de Agostini« werden ausschließlich die hegemonialen Interessen in Afrika visualisiert.957 Die Geschichte des Faschismus in Italien wird so teilweise in Atlanten ausgesperrt oder auf eine europäische Ebene gehoben, was indes generell für den Großteil von Atlanten in Europa gilt. Die faschistische Bewegung in Italien, die für autoritäre Politiker vieler Länder insgesamt eine Vorreiterolle einnahm, wird so zu einer politischen Strömung unter vielen. Der Punkt wirkt speziell für die Beziehungszusammenhänge des Zeitalters der Weltkriege dramatisch, da gerade die totalitären Spielarten der Krisenzeit »Faschismus« und »Kommunismus« genauer Erklärung bedürfen.958 Die Mehrheit der Geschichtsatlanten markiert hingegen die Abhandlung von Regierungsformen im Jahrzehnt vor dem Zweiten Weltkrieg. Das Hauptgewicht richtet sich dabei auf die Außenpolitik der autoritären Staaten, deren »Strategie und Taktik der totalitären Außenpolitik […] zur bloßen Erweiterung der innerstaatlichen Machtergreifungsmethoden im internationalen Raum wurde«.959 955 Vgl. Schieder : Der italienische Faschismus. 1919 – 1945; Mantelli: Kurze Geschichte des italienischen Faschismus, vgl. auch Reichardt, Sven; Nolzen, Armin (Hrsg.): Faschismus in Italien und Deutschland. Studien zu Transfer und Vergleich. Göttingen 2005. 956 Dellamonica, Umberto; Enrici Nicolý, Rosa (Hrsg.): Atlante storico; Allegato al corso: La storia. Bulgarini, Florenz 1993, S. 90 f. 957 Vgl. Vaighi, Maria (Hrsg.): Atlante Storico Del Mondo (De Agostini). Instituto Geografico de Agostini, Novara 2005, S. 168 f. Einzelne Abbildungen bis hin zu Kartenfolgen zur Aggression in Afrika nutzen allerdings nicht nur italienische Produktionen, sondern zum Beispiel auch belgische, britische, deutsche, französische, litauische, norwegische, polnische, rumänische, russische, schwedische, slowenische und ungarische Geschichtsatlanten. 958 Vgl. Hornung: Das totalitäre Zeitalter ; Furet: Das Ende der Illusion; Baberowski, Jörg: Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt. München 2012; Wippermann, Wolfgang: Faschismus. Eine Weltgeschichte vom 19. Jahrhundert bis heute. Darmstadt 2009; Lee, Stephen J.: European dictatorships, 1918 – 1945. London 2008; Bauerkämper, Arnd: Der Faschismus in Europa. 1918 – 1945. Stuttgart 2006; Paxton, Robert O.: Anatomie des Faschismus. München 2006; Payne, Stanley G.: Geschichte des Faschismus. Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung. Berlin 2001. 959 Hornung: Das totalitäre Zeitalter, S. 235.
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Die Geschichtskarten zeichnen im Vergleich zunächst ein recht homogenes Bild der auf Expansion bauenden Staaten. Die Thematisierung antidemokratischer Umwälzungen und außenpolitischer Aktionen der totalitären Mächte wird in Hinführung zum Weltkrieg in Geschichtsatlanten sehr häufig thematisiert960 und zumeist auf Europakarten abgebildet.961 Einen guten Eindruck von der Gestalt dieser Geschichtskarten vermittelt der »Atlas du monde« von FranÅois Lebrun. Die Geschichtskarte »Fascismes et fronts populaires en europe en 1938« zeigt im europäischen Überblick die Konkurrenz der Ideologien Kommunismus und Faschismus sowie Staatsformen am Vorabend des Zweiten Weltkriegs.962 Eine abweichende Perspektivierung antidemokratischer Bündnisse und der Verwicklungen der totalitären Staaten in kriegerische Auseinandersetzungen nutzt der ungarische Geschichtsatlas vom Verlag »Cartographia« mit der Geschichtskarte »Hborfflk 1931 – 1939«963. Im Mittelpunkt der Abbildung steht einerseits der »Antikominternpakt« von 1936 zwischen Deutschland, Italien und Japan, andererseits aber auch der kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geschlossene deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt vom August 1939. Die Geschichtskarte rückt Asien ins Zentrum, wobei Europa, Nordostafrika und der Pazifik die Peripherien bilden, die mit Äthiopien, der Mandschurei und Spanien die internationalen Krisenherde darstellen. (K.abb. 6.14.) Die Kartenabbildung wirkt insgesamt ungewöhnlich, denn sie visualisiert weniger die Herausforderung der Demokratien als vielmehr die Ausrichtung des Antikominternpakts gegen die Sowjetunion. Der Atlas liefert somit über die internationale Verflechtung der totalitären Mächte eine von vielen Produktionen abweichende Begründung für den Ausbruch des Weltkriegs. Häufiger werden dagegen die von den totalitären Mächten diktierten internationalen Beziehungen und Bündnisabsprachen in Europa dargestellt. Dabei verweisen die Geschichtskarten zumeist auf Ereignisse zur Außenpolitik des Deutschen Reichs, wie zum Beispiel der Anschluss von Österreich oder das Münchener Abkommen sowie der Hitler-Stalin-Pakt. Die Herausforderung der Demokratien veranschaulicht zum Beispiel der schwedische Atlas »Historien I Kartor« von Verlag »Almqvist & Wiksell« in zwei Europakarten. Dabei werden die Regierungsformen der europäischen Länder vorgestellt und mit der Außenpolitik der totalitären beziehungsweise autoritären Staaten abgeglichen
960 143 Geschichtsatlanten behandeln im Kontext »Krise der Demokratie« die außenpolitische Entwicklung und Expansion der totalitären Staaten. 961 103 Geschichtsatlanten nutzen für die Darstellung der »Krise der Demokratie« eine Europakarte. 962 Lebrun (Hrsg.): Atlas du monde, S. 51. 963 Ýrpd (Hrsg.): K¦pes tört¦nelmi atlasz, S. 37.
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(Deutschland, Italien und Spanien), wobei allerdings die Aktionen der Sowjetunion unbeachtet bleiben.964 (K.abb. 6.15.) Der genaue Fokus vieler Visualisierungen in Geschichtsatlanten liegt somit vor allem auf der Abbildung der Durchsetzung der hegemonialen Politik der Diktaturen, die im deutlichen Kontrast zum Handeln der Demokratien steht. Allerdings zeigen nur einzelne Visualisierungen neben der europäischen auch die globale Dimension der Expansionspolitik der totalitären Staaten.965 Die Zwischenkriegszeit kann in europäischen Geschichtsatlanten entsprechend als ein Verbund von ineinandergreifenden historischen Ereignissen bezeichnet werden, die in ihrer Zusammenstellung Sinnzusammenhänge ausbilden, die die »Erzählung« des Zeitalters der Weltkriege ausformen. Viele Geschichtsatlanten greifen oft nur oberflächlich den für die Zwischenkriegsepoche charakteristischen Gegensatz von »kommunistischem« und »faschistischem« Totalitarismus auf, denn sie besitzen kaum Spielraum, um ausführliche Entwicklungen und Hintergründe nachzuzeichnen.966 Die Zwischenkriegszeit wird in europäischen Geschichtsatlanten mehrheitlich unter dem Motto der »Krise der Demokratie« gestaltet, denn viele Karten beschränken sich lediglich auf einfache außenpolitische Zusammenhänge an den Übergängen zu den Weltkriegen. Positive Aspekte wie etwa die Gleichberechtigung von Mann und Frau als politisch mündige Bürger oder die Schaffung internationaler Organisationen zur Verhinderung von Kriegen bilden dagegen die Ausnahme. Die Einschätzung von Fortschritt und Krise ist zwar in manchen Publikationen präsent, wird allerdings nur in wenigen Fällen ausdrücklich eingebunden. Die Schwerpunkte beruhen vor allem auf der Errichtung der Nachkriegsordnung ab 1919 sowie dem Scheitern der Demokratieidee in den 1930er-Jahren. Dabei betrachten viele Atlanten das Schicksal der Epoche allein über die Nennung von Regierungsformen, an welche sie häufig die Aspekte militärischer Konfrontation als letztes Mittel der zwischenstaatlichen Auseinandersetzung anbinden.967 Relevante Hintergründe und Zusammenhänge zum Verständnis des Handelns der totalitären Staaten fehlen in fast allen Atlanten. Die Staatengeschichte der »Krise« bestimmt zwischen »Demokratie« und »Diktatur« den gesamten Abschnitt der 964 Pederby, Bo; Sandberg, Robert (Hrsg.): Historien I Kartor. Almqvist & Wiksell, Stockholm 2005, S. 45. 965 Vgl. Weber, Tomazˇ (Hrsg.): Sˇolski Zgodovonski Atlas. DZS, Ljubljana 2002, S. 47. 966 Vgl. Lee: European Dictatorships; Payne: Geschichte des Faschismus; Schieder : Der italienische Faschismus vgl. zur Historiographie Jesse, Eckhard: Die Totalitarismusforschung im Streit der Meinungen, in: Jesse (Hrsg.): Totalitarismus im 20. Jahrhundert, S. 9 – 40; Nolte: Der europäische Bürgerkrieg; Furet: Das Ende der Illusion. 967 Vgl. Mommsen: Die Krise der parlamentarischen Demokratie und die Durchsetzung autoritärer und faschistischer Regime in der Zwischenkriegszeit; Gusy (Hrsg.): Demokratie in der Krise; Hardtwig (Hrsg.): Utopie und politische Herrschaft im Europa der Zwischenkriegszeit.
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Zwischenkriegszeit und visualisiert auf diese Weise als stark generalisierter Baustein die Zeit der Weltkriege. Globalgeschichtliche Seitenblicke sind in einigen Produktionen zwar eindeutig vorhanden (»Geschichte Asiens«), werden aber nur minimal ausgefaltet. Die Militärgeschichte der Zwischenkriegszeit – Der Kampf um die Demokratie zwischen Bürgerkrieg und Revolution Neben Politik- und Staatengeschichte ist Militärgeschichte ein inhaltlicher Schwerpunkt in europäischen Geschichtsatlanten.968 Abbildungen zur Militärgeschichte befassen sich dabei einerseits mit historischen Ereignissen und Abläufen gesamteuropäischer Bedeutung, andererseits visualisieren Nationalkarten einzelner Samples die militärische Eskalation kleinerer bis mittlerer Konflikte. Dies gilt vor allem für die verschiedenen geographisch begrenzten Auseinandersetzungen im Kontext der Neuordnung Europas nach dem Ersten Weltkrieg, wie beispielsweise der polnisch-sowjetische, der litauisch-sowjetische, der ungarisch-rumänische oder der griechisch-türkische Krieg. Speziell in Geschichtsatlanten der in diese Nachkriegskonflikte direkt involvierten Länder erscheinen die militärischen Auseinandersetzungen häufig in separaten Karten. Dass Abbildungen zu Regionalkonflikten auch in Atlanten nicht einbezogener Länder auftauchen, zeigen dagegen Geschichtskarten zum griechisch-türkischen Krieg in einer Vielzahl von Veröffentlichungen.969 Kartendarstellungen zum Krieg sind allein über die Tragweite der Ereignisse und den umfangreichen Kontext im Spannungsfeld der territorialen Revision der Pariser Nachkriegsordnung zu erklären.970 Daneben stehen ebenso die Lösung von Minderheitenproblematiken durch einen großangelegten Bevölkerungsaustausch und Umsiedlungen zur Debatte, was unter anderem zwei Kartenabbildungen im deutschen »Putzger : Historischer Weltatlas« mit den Titeln
968 In den 1980er Jahren erfolgte in der historischen Erforschung von gewaltsamen Auseinandersetzungen eine Hinwendung zur Alltagsgeschichte, was im weiteren Verlauf in eine »Historische Friedensforschung« mündete. Ein Einfluss auf Geschichtskarten ist zu prüfen, vgl. Krumeich, Gerd: Militärgeschichte für eine zivile Gesellschaft, in: Cornelißen (Hrsg.): Geschichtswissenschaften, S. 178 – 193; Krumeich, Gerd: Kriegsgeschichte im Wandel, in: Hirschfeld, Gerhard; Krumeich, Gerd; Renz, Irina (Hrsg.): »Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch«. Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkriegs. Essen 1993, S. 11 – 24. 969 Den griechisch-türkischen Konflikt behandeln neben griechischen und türkischen Atlanten auch Produktionen aus Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kroatien, Litauen, den Niederlanden, Polen, der Schweiz und Spanien. 970 Zum türkisch-griechischen Konflikt und seinen bis in die Gegenwart wirkenden Folgen, vgl. Heraclides: The Greek-Turkish conflict in the Aegean.
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»Verteilung und Umsiedlung der griechischen und türkischen Minderheiten 1919« und »Der türkisch-griechische Krieg 1920 – 1922« verdeutlichen.971 Der griechisch-türkische Krieg, der sich im Rahmen des sogenannten »türkischen Befreiungskriegs« vom Mai 1919 bis zum Oktober 1922 hauptsächlich im anatolischen Teil des auf Grundlage des Vertrags von SÀvres aufgelösten Osmanischen Reiches zutrug, veränderte die Situation in der Türkei nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wesentlich. Denn als Folge der Niederlage des griechischen Militärs revidierte der Vertrag von Lausanne 1923 die nach dem Ersten Weltkrieg verhandelten Gebietsabtretungen in Südosteuropa und Kleinasien und legalisierte die umfassenden Vertreibungen und Umsiedlungen von Griechen und Türken.972 Der Blick auf griechische und türkische Geschichtsatlanten offenbart in der Aufarbeitung der ungeheuren Relevanz des folgenreichen Schlagabtauschs ein ernüchterndes Bild, da die jeweils eigene Perspektive der Geschichte die Darstellung dominiert. Die Geschichtskarten beschäftigen sich lediglich mit den territorialen Bestimmungen der Verträge von SÀvres und Lausanne und sprechen nicht von den internationalen Folgen, den Konsequenzen für den »Kriegsgegner«, ganz zu schweigen von den Auswirkungen der umfangreichen Bevölkerungsbewegungen und Massenumsiedlungen.973 (K.abb. 6.16.) Die Analyse der Zwischenkriegszeit legt somit vielfältige Sichtweisen von Geschichte frei. Zunächst eher unbedeutende Aspekte bekommen auf den zweiten Blick weitreichende Bedeutung im Spektrum eines »Wir« und »die Anderen«. Dabei verbinden sich vor allem Momente zur Revision der »Pariser Friedensordnung« im Zusammenspiel mit Minderheitsproblematiken, was als häufig auftauchendes Muster in vielen Atlanten eingeht und auf eine mögliche Stützung kausaler Kontexte im Rahmen einer Konflikteskalation hinweist. Daneben erscheinen auch zu anderen Nachkriegskonflikten Visualisierungen in einer nicht unerheblichen Zahl von Publikationen, die zum Beispiel den von 1919 bis 1921 andauernden polnisch-sowjetischen Krieg veranschaulichen.974 In diesem Krieg war Polen einerseits im Osten an der Wiederherstellung des historischen Grenzverlaufs von 1772 interessiert, andererseits bestanden seitens der Sowjetunion Bestrebungen die eigene Einflusssphäre nach Westen auszu971 Vgl. Bruckmüller ; Hartmann (Hrsg.): Putzger, S. 160 f. 972 Vgl. Möller : Europa zwischen den Weltkriegen, S. 31; Mai: Europa 1918 – 1939, S. 78 f. 973 De¯me¯traku; Karolidu (Hrsg:): Istorikos Atlas, S. 30 f.; Siolas (Hrsg.): Geo-istorikos scho˘ I˙TI˙M (Hrsg.): Tarih Atlasi. I˙SKELE EG ˘ I˙TI˙M, Istanbul 2006, likos atlas 2, S. 66 – 68; Iskele EG S. 60 – 63; Dag˘tekin (Hrsg.): Genel Tarih Atlasi, S. 62 – 67; S¸irin, Veli (Hrsg.): AÅiklamali Tarih Atlasi. Özyürek Yayinevi, Istanbul 1999, S. 50 f.; Unat, Faik Res¸it (Hrsg.): Tarih atlasi; Yeni basim. Kanaat Yayinlari, Istanbul 1999, S. 54 f. 974 Den polnisch-sowjetischen Konflikt behandeln neben polnischen (16) und russischen (7) Kartenwerken auch Produktionen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, der Slowakischen Republik, der Tschechische Republik und Ungarn.
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dehnen. Im Rahmen der Untersuchung stechen insbesondere die Abbildungen polnischer und russischer Publikationen hervor, da alle Karten in erster Linie die Kämpfe zwischen dem polnischen Militär und den Streitkräften Sowjetrusslands aus nationaler Perspektive visualisieren. Dabei behandeln sämtliche russische Karten die militärische Auseinandersetzung als Teil der umfassenden Gründung und Ausbildung der UdSSR (Vaterländische Geschichte und Weltgeschichte).975 Atlasveröffentlichungen aus Polen betrachten wiederum detaillierte Kriegsgeschichte, die mit nationalem Kartenausschnitt einzelne Schauplätze wie die »Schlacht von Warschau« darstellen und dabei nur selten einen Blick auf die Revolution in Russland werfen.976 (K.abb. 6.17.) Die Standortgebundenheit in der Ausgestaltung des Raumzuschnitts von Geschichte in nationaler Anbindung wird hier nur allzu deutlich. So visualisiert etwa die französische Veröffentlichung »Atlas Historique« von Georges Duby in der Karte »La Guerre Polono-Sovi¦tique (1920)«977 allein den polnisch-sowjetischen Konflikt als direkte Folge des Ersten Weltkriegs ohne nationale Perspektivierungen. In ungarischen und rumänischen Geschichtsatlanten taucht speziell der Nachkriegskonflikt zwischen Ungarn und Rumänien auf, wobei ähnlich dem polnisch-sowjetischen Krieg vorwiegend der Streit um Gebietsveränderungen im Zuge der Pariser Neuordnung eine militärische Konfrontation in Ostmitteleuropa auslöste. Im Schlagabtausch um territoriale Machterweiterung standen sich die Räterepublik Ungarn und das Königreich Rumänien von April bis August 1919 gegenüber. Beide Staaten beanspruchten die von ihren Volksgruppen bewohnten Regionen des untergegangenen Kaiserreichs Österreich-Ungarn. Der Blick auf die Auseinandersetzung erfolgt ausnahmslos auf Geschichtskarten mit nationalem Kartenausschnitt (»Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg«978, »Ungarn«979, »Die Teilnahme Rumäniens am Ersten Weltkrieg: 1918 – 19«980), um vor allem die territoriale Situation der Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg zu umschreiben. Dabei ergänzen rumänische und ungarische Atlas-
975 Saplin, Andrej I.; Saplina, Elena V. (Hrsg.): Atlas Okruzˇajusˇcˇij mir ; obsˇcˇestvo; 1 – 4 klassy. Drofa, Moskau 2005, S. 24 f.; Polunkina, N. N. (Hrsg.): Atlas Istorija Rossii. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2005, S. 36 f.; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; otecˇestvennaja istorija; XX vek. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2007, S. 10 f. 976 Vgl. Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 50; Krycin´ski; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; 1815 – 1939, S. 40 f.; Piłat; Trzcionkowski (Hrsg.): Atlas Historyczny, S. 93. 977 Duby (Hrsg.): Grand Atlas historique, S. 95. 978 Ýrpd (Hrsg.): K¦pes tört¦nelmi atlasz, S. 35. 979 Ajtay, Agnes (Hrsg.): Tört¦nelmi atlasz; a köz¦piskolak szmra. Kartogrfiai Vllalat, Budapest 1992, S. 40. 980 Teodorescu, Bogdan (Hrsg.): Mic atlas de istorie a Romniei; Atlase Corint. Corint, Bukarest 2007, S. 34.
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redaktionen die Kartendarstellungen häufig um Abbildungen zur allgemeinen Aufschlüsselung von Minoritäten und Volksgruppen.981 (K.abb. 6.18.) Gewinn und Verlust werden somit über die Veranschaulichung von ethnischen Zugehörigkeiten oder territorialen Ansprüchen begründet, wobei sich die Perspektiven ebenfalls nur auf das »Wir« und nicht auf die »Anderen« beziehen. Des Weiteren zeigen insbesondere Produktionen aus dem Baltikum und Skandinavien die nationale Verwicklung in verschiedene Konflikte der Nachkriegszeit auf Geschichtskarten mit ähnlichem Zuschnitt.982 In der Beurteilung staats- und politikgeschichtlicher Gliederungsaspekte wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Bürgerkrieg in Spanien in Anbetracht seiner Lokalisierung in europäischen Geschichtsatlanten auch unter dem Dach der »Krise der Demokratie« eingeordnet werden könnte. Eine genaue Analyse der Geschichtskarten lässt jedoch vorwiegend die dominierende Darstellung militärischer Ereignisse und Abläufe in Abbildungen zu dieser Auseinandersetzung erkennen. Die Abhandlung des Spanischen Bürgerkriegs von 1936 bis 1939 gehört zu den zentralen Themen in europäischen Geschichtsatlanten. Erklärbar wird die Relevanz, ganz abgesehen von den Folgen für die iberische Halbinsel, über die allgemeine historische Bedeutung für die politische Entwicklung Europas am Ende 1930er-Jahre. Macht- und Politikinteressen, aber auch das Scheitern der internationalen Gemeinschaft im Zuge amerikanisch-britischer AppeasementPolitik lassen sich vor dem Hintergrund der sich gegenüberstehenden Lager und der in den Konflikt intervenierenden europäischen Mächte ablesen. Der Bürgerkrieg diente als »Versuchsfeld« für die Erprobung neuer Waffen wie dem Flugzeug und ermöglichte bezogen auf die politischen Verhältnisse in Europa weitere Macht- und Kraftproben im Kalkül der totalitären Staaten am »Vorabend des Zweiten Weltkrieges«. In seiner historiographischen Bedeutung stellt der Konflikt daher so etwas wie eine »Ouvertüre« zum 1939 ausbrechenden Zweiten Weltkrieg dar. In der Perspektivierung der Fronten im Spanischen Bürgerkrieg zeichnen sich angesichts der Intervention einzelner Großmächte vor allem
981 So erscheint im rumänische Atlas von Bogdan Teodorescu eine Karte zur Situation der Ethnien in den historischen Provinzen auf der Grundlage der Volkszählung von 1930, siehe Teodorescu (Hrsg.): Mic atlas de istorie a Romniei, S. 36. Auch im ungarischen Atlas von Papp-Vry visualisieren Karten die Verteilung von Ethnien, siehe Papp-Vry (Hrsg.): K¦pes tört¦nelmi atlasz, S. 34. 982 Vgl. Kriiska, Aivar (Hrsg.): Eesti ajaloo atlas. Avita, Talin 2007, S. 101 ff.; Latisˇenka (Hrsg.): Naujausiuju laiku istorijos atlasas 10 klasei, S. 6 ff.; Latisˇenka, Aru¯nas (Hrsg.): Lietuvos istorijos atlasas. Briedis, Wilna 2007, S. 20 ff.; Pederby, Bo; Sandberg, Robert (Hrsg.): Historian kartasto. Otava, Helsingissä 2004, S. 44; Pederby ; Sandberg (Hrsg.): Historien I Kartor, S. 44; Jokinen, Jukka; Rantatupa, Heikki; Rautiainen, Matti (Hrsg.): Suomen historia. ISVet, Keuruu 2008, S. 192 f.
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hinsichtlich des Aufeinandertreffens verschiedener Ideologien im übertragenen Sinne bereits die Lager des Zweiten Weltkriegs ab.983 Die Auseinandersetzung zwischen der demokratisch gewählten Volksfrontregierung der Zweiten Spanischen Republik und den rechtsgerichteten Putschisten unter General Franco ist insbesondere wegen des ihm eingeräumten Platzes in den Atlasproduktionen Europas interessant, da dem spanischen Bürgerkrieg oft eine separate Karte zugestanden wird und der Konflikt somit eigenständig als Teil von Kartenfolgen zur Zwischenkriegszeit auftaucht. Die Visualisierung komplexer Gesichtspunkte und Sachverhalte können hingegen auch die einzelnen Kartenabbildungen nur begrenzt leisten. Es ist zwar zunächst mit Blick auf die Parteien des Bürgerkriegs und ihre Unterstützer besonders aufschlussreich, dass fast jede Veröffentlichung den Konflikt separat visualisiert und dabei den reduzierten Ausschnitt der iberischen Halbinsel wählt. Vielschichtige Hintergründe der Auseinandersetzung sind hingegen, wenn möglich, lediglich beigeordneten Texten zu entnehmen. Selten zeigen Atlasprojekte sogar Kartenfolgen zu Spanien, wobei diese Entwicklungen in kurzen Zeitschnitten zur iberischen Halbinsel wie etwa im »dtvAtlas: Weltgeschichte«984 mit der Unterteilung in »Das Alzamiento Nacional (1936)« und »Der Spanische Bürgerkrieg (1936 – 1939)« gegenüberstellen. Durch die Visualisierung von »heftig umkämpften Gebieten« sowie der Gebietsgewinne der Bürgerkriegsparteien und der Intervention ausländischer Mächte (symbolische Schiffssignaturen) vermitteln die Karten ebenfalls nur einen Überblick über das Kriegsgeschehen. Das Kartenbild reduziert die Information auf ein Minimum, erst der Text gibt genauere Hinweise auf die Qualität des Krieges und das Eingreifen der intervenierenden Länder. Viele Atlasproduktionen platzieren den Bürgerkrieg am Ende der Zwischenkriegszeit, was zum Beispiel im slowenischen Geschichtsatlas vom Verlag »Modrijan« mit der separaten Karte »Spanischer Bürgerkrieg in den Jahren 1936 – 1939«985 veranschaulicht wird. (K.abb. 6.19.) Hingegen nutzen nur wenige Geschichtsatlanten eine Europakarte zur Abbildung der internationalen Verflechtung des Bürgerkriegs, indem sie das Geschehen insgesamt in eine Abbildung zur Krise der europäischen Ordnung wie zum Beispiel im norwegischen »Historisk skoleatlas« vom Verlag »Cappelen«
983 Vgl. Collado Seidel, Carlos: Der Spanische Bürgerkrieg. Geschichte eines europäischen Konflikts. München 2010; Beevor, Antony : Der spanische Bürgerkrieg. München 2008; Graham, Helen; Quatmann, Christian: Der Spanische Bürgerkrieg. Ditzingen 2008; Schauff, Frank: Der Spanische Bürgerkrieg. Göttingen 2006; Bernecker : Krieg in Spanien 1936 – 1939; Thomas, Hugh; Der spanische Bürgerkrieg. Berlin 1962. 984 Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 438 f. 985 Weber (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas, S. 69.
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integrieren.986 Die Darstellung »Hitlers und Mussolinis Eroberungen vor dem 2. Weltkrieg – Spanischer Bürgerkrieg«987 zeigt den Zusammenhang zwischen dem Auftreten der autoritären Mächte im Bürgerkriegskonflikt und einer auf Machterweiterung bestehenden Expansionspolitik. Im italienischen Geschichtsatlas vom Verlag »Minerva« fokussiert die Europakarte noch viel drastischer die Intervention. Lediglich mittels spärlicher Pfeil- und Farbsignaturen werden auf einer stark vereinfachten Karte mit dem Titel »Der Krieg in Spanien«988 die auf Seiten der Republikaner und der Frankisten intervenierenden Mächte visualisiert, wobei das Kriegsgeschehen und die Verortung der Bürgerkriegsparteien selbst keine Berücksichtigung finden. Die Kartendarstellungen machen deutlich, wie allein über den Ausschnitt und die Verwendung von Farbe und Signaturen Kartenautoren über die Vermittlung von Informationen entscheiden. Im Ganzen lassen viele Atlasredaktionen über verschiedene Themenfelder kriegerische Konflikte und Kampfhandlungen in die Kartenwerke einfließen. Überschneidungen zwischen Politik- und Staatengeschichte sowie der Militärgeschichte tauchen in diesem Zusammenhang häufig auf und weisen ausdrücklich auf die damit verbundenen Schwerpunktlagerungen in der Atlasgestaltung hin. So lässt sich das Beispiel »Russische Revolution« unter den Dächern Politik- und Militärgeschichte verorten. Ähnlich wie in der Darstellung der Ereignisse auf der iberischen Halbinsel bilden sich die Geschehnisse der Revolution in Russland auch in signifikanten Darstellungen ab. So erfolgt in diesem Kontext die Abhandlung von Revolutionen und Bürgerkriegen in vielen Atlanten in kanonisierten Kartenausschnitten, die über begrenzte Raumabbildungen zu politischen und militärischen Ereignissen jeweils als Verbindungslinien zu den Weltkriegen dienen. Einen weiteren Scharnierpunkt betrachten die europäischen Geschichtsatlanten außerhalb Europas im chinesisch-japanischen Krieg an der Schwelle zum Zweiten Weltkrieg.989 Gerade die kleinteilige Darstellung von Kriegs-/Militärgeschichte stützt auf diese Weise in Geschichtsatlanten die »Bilanz« eines »Zeitalters der Extreme«, was sich vor allem an den Konflikten ablesen lässt, die sich Kriegen anschließen, aber auch in Kriege hineinführen. Eine konkrete Thematisierung der Opfer fehlt zumeist genauso wie Optionen zur Vermeidung militärischer Konflikte im Kontext der Befriedung der Welt, wie dies beispielsweise in der Darstellung zur 986 Bjørklund, Oddvar (Hrsg.): Historisk skoleatlas. Cappelen, Oslo 1995, S. 40, vgl. u. a. Menin, Tiberio (Hrsg.): Dalla preistoria all’et contemporanea; nuovo atlante storico. Minerva Italica, Mailand 1998, S. 247; Vasˇek (Hrsg.) Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin; 2, S. 32. 987 Bjørklund, Oddvar (Hrsg.): Historisk skoleatlas. Cappelen, Oslo 1995, S. 40. 988 Menin, Tiberio (Hrsg.): Dalla preistoria all’et contemporanea; nuovo atlante storico. Minerva Italica, Mailand 1998, S. 247. 989 Siehe auch die Abhandlung Chinas und Japans im Punkt Politik- und Staatengeschichte.
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Einrichtung der Institution des Völkerbunds geschieht. Im Bereich der Militärgeschichte tauchen Kriegseinhegung und Friedenskonsolidierung nur am Rande weniger Produktionen auf und können deshalb dem gewaltsamen Profil der Weltkriegsepoche in Atlanten nicht als klares Gegengewicht entgegentreten. Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Zwischenkriegszeit – Ökonomie zwischen Fortschritt und Krise Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Gesichtspunkte finden sich in vielen Geschichtsatlanten, die damit das Bild der Zwischenkriegszeit im Rahmen einer komplexen Visualisierung differenzieren.990 Die ökonomischen Faktoren und Dependenzen der Industriestaaten werden dabei in Geschichtskarten meist im Rahmen von über Europa hinausgehenden Zusammenhängen visualisiert, da die Darstellungen zur »Weltwirtschaftskrise« oft Bezüge zur Geschichte der Vereinigten Staaten herstellen. Das Thema Wirtschaft schließt demzufolge in einzelnen Veröffentlichungen entweder strukturell an globale Ereignisse politischer Geschichte (zum Beispiel Völkerbund) an oder nimmt in der Chronologie (Kartenfolge) am Übergang in die 1930er-Jahre erstmals außereuropäische Faktoren in Augenschein.991 Eine Verbindung zwischen amerikanischem und europäischem Kontinent wird zumeist über eine Kartenfolge erzeugt, wie zum Beispiel in einer Kartensequenz (»The Great Depression«) im britischen »Philip’s history atlas«992. In einer Vielzahl von Geschichtsatlanten veranschaulichen ähnlich angelegte Abfolgen die Krise der globalen Ökonomie und variieren dabei nur minimal in der Perspektivierung. (K.abb. 6.20.) Daneben beschäftigen sich einige Publikationen mit der Industrialisierung der Sowjetunion. Allerdings tauchen in diesem Bezugsrahmen weniger die Faktoren der »Krise« auf als vielmehr längerfristige Entwicklungslinien, die in kausaler Betrachtung einer verspäteten Industrialisierung auf den Zweiten Weltkrieg und vor allem auf die bipolare Teilung der Welt im »Kalten Krieg« hinweisen. Diesen Prozess zeigen zum Beispiel Kartendarstellungen des spanischen Atlas vom Verlag »Ediciones SM«,993 die allerdings weniger für Fortschritt als vielmehr für die »Utopie« des Bolschewismus in Russland stehen.994 Dem990 Der Bereich von Wirtschafts- und Sozialgeschichte untersucht die Kausalität von historischen Entwicklungslinien der Ökonomie in Zusammenhang mit vielfältigen Kulturveränderungen und nimmt insbesondere gesellschaftliche Wandlungsprozesse in den Blick, vgl. Pierenkemper, Toni: Wirtschaftsgeschichte, in: Cornelißen (Hrsg.): Geschichtswissenschaften, S. 194 – 205. 991 99 Geschichtsatlanten thematisieren wirtschaftliche Aspekte der Zwischenkriegszeit. 992 Edmonds; King; Lintott (Hrsg.): Philip’s history atlas, S. 44 f. 993 Fernndez, Esther-Carriûn (Hrsg.): Atlas Histûrico. Ediciones SM, Madrid 2002, S. 123. 994 Vgl. Beyrau, Dietrich: Das bolschewistische Projekt als Entwurf und soziale Praxis, in: Hardtwig (Hrsg.): Utopie und politische Herrschaft im Europa der Zwischenkriegszeit, S. 13 – 40.
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gegenüber preisen russische Visualisierungen (»Entstehung und Entwicklung der UdSSR in den 20er-/30er-Jahren d. XX. Jh.«995) zur sowjetischen Wirtschaft der 1920er- und 1930er-Jahre noch eindeutig die Errungenschaften des wirtschaftlichen Aufbaus unter Stalin. (K.abb. 6.21.) Neben russischen und spanischen Atlanten beleuchten auch belgische, britische, deutsche, litauische, polnische und tschechische Atlanten die Wirtschaft der Sowjetunion. Nationale Perspektiven zur Wirtschaftsgeschichte sind dazu in verschiedenen Geschichtsatlanten unterschiedlichster Herkunft lokalisierbar (Litauen, Österreich, Polen, Tschechien). Sie verbinden damit in Kartenfolgen zur Zwischenkriegszeit neben der Erlangung staatlich-territorialer auch die Entfaltung ökonomischer Souveränität.996 Exemplarisch veranschaulicht ein tschechischer Geschichtsatlas vom Verlag »Kartografie Praha« gleich in mehreren Karten einheimische »Kohleförderung, Hütten- und Bauindustrie«, »Chemieindustrie«, »Glasindustrie und Porzellanherstellung«, »Rüstungsindustrie« sowie »Landwirtschaft, Zuckerfabriken, Brennereien und Brauereien«, um über das nationale Leistungsvermögen der Zeit von 1918 bis 1939 aufzuklären.997 Daneben blicken einige Atlasproduktionen über den europäischen Kontinent hinaus, indem sie über die Abhandlung der Auflösung der »alten« Imperien die Wirtschaftsleistung der Dominions, Mandatsgebiete und Protektorate einbeziehen. Kartenabbildungen zur Verbesserung von Lebensbedingungen (zum Beispiel Bildung), zur Aufgabe der Kolonialreiche, aber auch bestehender Abhängigkeiten erlauben gleichwohl eine geteilte Bewertung der Periode. Einerseits zeigen die Visualisierungen die Errungenschaften des freiheitlichen Fortschritts der Nachkriegszeit, andererseits werden auch Ausbeutung sowie Entbehrungen von Aufständen und Revolten gegen die Kolonialherren zum Ausdruck gebracht. In der Auswahl von Geschichtskarten sind in diesem Zusammenhang vor allem zwei Abbildungen relevant: So skizziert die Geschichtskarte »Afrika 1939«998 im deutschen »dtv-Atlas: Weltgeschichte« den wirtschaftlichen Schaden infolge der Ausbeutung des afrikanischen Kontinents, nennt allerdings im Begleittext die Fortschritte in der Loslösung von kolonialstaatlicher Abhängigkeit und bei der Modernisierung von Bildung und Gesellschaft. Die Abbildung mit dem Titel »Colonial Empires: Crisis and Conflict«999 im britischen »Atlas of 20th 995 Volubuev, Oleg Vladimirovicˇ (Hrsg.): Atlas klassy 10 – 11; Rossija i mir. Drofa, Moskau 2005, S. 40 f. 996 Zur Historiographie vgl. u. a. Haslinger, Peter : Nation und Territorium im tschechischen politischen Diskurs. 1880 – 1938. München 2010. 997 Semotanov, Eva (Hrsg.): Atlas cˇesky´ch deˇjin; 2. dl – od r. 1618. Kartografie Praha, Prag 2003, S. 49 – 52. 998 Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 456 f. 999 Overy (Hrsg.): Atlas of 20th Century History, S. 48 f.
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Century History« vom Verlag »Harper Collins« geht hingegen in seiner Perspektivierung Afrikas und Asiens vor allem auf das großflächige Aufbegehren im Zuge wirtschaftlicher Unterwerfung ein. (K.abb. 6.22.) Die Reflexion der ökonomischen Verhältnisse außerhalb Europas ist in der gesamten Auswahl von Geschichtsatlanten indes eine große Ausnahme. Viele Atlasprojekte behandeln dagegen Wechselwirkungen zur »Wirtschaftkrise« von amerikanischem und europäischem Kontinent. Dabei ergeben sich hinsichtlich der inhaltlichen Konzeption der Zwischenkriegszeit Hinweise auf ein multifaktorielles Beziehungsgefüge. Der italienische Geschichtsatlas von Giovanni Baselli vermittelt beispielsweise die Verbindung von Politik und Wirtschaft in breiter Ausfaltung, da neben den territorialen Veränderungen infolge der Pariser Friedensverhandlungen (»I trattati di pace«) vornehmlich unterschiedliche Gesichtspunkte der ökonomischen Krise betrachtet werden (»Regimi politici e conflitti sociali in Europa dal 1922 al 1939«).1000 Ebenso wird dem Aufkommen des Faschismus in Italien ein besonderer Platz eingeräumt, was durch Visualisierungen zum Scheitern der demokratischen Ordnung in Europa in Verbindung mit der Thematisierung des Ausgangspunktes der Weltwirtschaftskrise in den USA (»La Grande Crisi«1001) den direkten Bezug zwischen wirtschaftlicher und politischer Krise zusätzlich betont (»Crisi politiche ed economiche fra le due guerre«).1002 Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte besitzt in europäischen Geschichtsatlanten einen hohen Stellenwert, was speziell Kartenfolgen zur Zwischenkriegszeit zeigen. Allerdings sind überwiegend negative Teilaspekte in Abbildung relevanter Wirkungszusammenhänge von Bedeutung, die über die Abhandlung ökonomischer Verhältnisse in verschiedenen Veröffentlichungen einen ausgefalteten Ansatz zur Erklärung und Begründung von Prozessen im Zeitalter der Weltkriege liefern. Das »Katastrophennarrativ« wird daher vor dem Hintergrund einer »Ausnahmesituation« eher gestützt als hinterfragt, da Wirtschaft zumeist im Spektrum der »Krise« und nicht etwa der »Modernisierung« erscheint, was auch für die Seitenblicke zur Sowjetunion der 1920er- und 1930erJahre sowie zur Ökonomie der »Dritten Welt« gilt.1003
1000 »Friedensverträge«, »Politische Regime und soziale Konflikte in Europa 1922 – 1939«, in: Baselli, Giovanni (Hrsg.): Atlante Storico (De Agostini). Instituto Geografico de Agostini, Novara 2004, S. 108. 1001 »Die Weltwirtschaftskrise«, in: ebd.: S. 109. 1002 »Politische und wirtschaftliche Krisen der Zwischenkriegszeit«, in: ebd.: S. 108. 1003 Vgl. Beyrau: Das bolschewistische Projekt als Entwurf und soziale Praxis; Conrad, Sebastian; Randeria, Shalini: Geteilte Geschichte – Europa in einer postkolonialen Welt, in: Conrad; Randeria; Sutterlüty (Hrsg.): Jenseits des Eurozentrismus, S. 9 – 50.
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Die Kulturgeschichte als Teil von Modernisierungstendenzen im Geschichtsatlas In der inhaltlichen Analyse von Atlasveröffentlichungen richtet sich das Interesse besonders auf kulturgeschichtliche Äußerungen, die jenseits traditioneller Staaten- oder Militärgeschichte die Vielfalt des »Interbellums« belegen sollen. Dabei ist Kulturgeschichte im Allgemeinen nicht nur auf die Vergangenheit von Kultur zu reduzieren.1004 Gleichwohl ließen sich in der gesamten Atlasauswahl zumeist nur wenige Gesichtspunkte zur Geschichte von Kunst, Literatur und Musik lokalisieren.1005 Das gilt einerseits allgemein für den Eingang in das gesamte Epochenspektrum der Veröffentlichungen, andererseits aber auch speziell für den Hintergrund der Zeit der Weltkriege. Ein Mangel an Kulturgeschichte tritt somit über die Haftung an traditionellen Themen der Staaten- und Militärgeschichte in europäischen Atlanten nur allzu deutlich hervor. Obwohl die Geschichtswissenschaften in den letzten Jahren eindeutige Schwerpunkte auf die Erforschung vielfältiger Fragestellungen im Bereich von Kulturgeschichte formuliert haben, zeigen Geschichtsatlanten hinsichtlich der Einbeziehung neuester Erkenntnisse kaum Spuren. Aktuelle Studien fördern zur Zwischenkriegszeit im Rahmen der Zeit der Weltkriege immer wieder interessante Ergebnisse zutage1006, die allerdings fast gar nicht in die Konzeption und Gestaltung von Geschichtskarten eingehen.1007 Mögliche Modernisierungstendenzen und Fortschrittsgedanken im Bereich Kulturgeschichte, die einer »negativen Bilanz« entgegentreten könnten, bleiben in europäischen Geschichtsatlanten daher größtenteils unberücksichtigt. Insgesamt besitzt die Periode zwischen den Kriegen lediglich in Bereichen von Kultur und Bildung einzelne Anknüpfungspunkte.1008 Beobachtungen können vom ästhetischen Alltagsleben des Menschen über die Veränderung von Le1004 Kulturgeschichte ist nach der Auffassung des Kulturethnologen Clifford Geertz als universal zu verstehen, vgl. Geertz, Clifford: The Interpretation of Cultures. New York 1973, S. 5. 1005 Der Fokus von Kulturgeschichte kann hingegen im Sinne der Vertreter einer »Neuen Kulturgeschichte« als relativ »offen« bezeichnet werden, vgl. Daniel: Kompendium Kulturgeschichte; Daniel: Clio unter Kulturschock; Burke, Peter ; Bischoff, Michael: Was ist Kulturgeschichte? Frankfurt/Main 2005; Budde, Gunilla-Friederike; Mergel, Thomas; Welskopp, Thomas (Hrsg.): Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft. Beiträge zur Theoriedebatte. München 1997. 1006 Vgl. Bauerkämper (Hrsg.): Durchhalten; Hardtwig (Hrsg.): Politische Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit 1918 – 1939; Hardtwig, Wolfgang (Hrsg.): Ordnungen in der Krise. Zur politischen Kulturgeschichte Deutschlands 1900 – 1933. München 2007. 1007 Die »Außenseiterrolle« der Kulturgeschichte in der Geschichtskartographie hielt der Historiker W. Schmid bereits 1986 in einem Aufsatz fest, vgl. Schmid, Wolfgang: Karten zur Kunst- und Kulturgeschichte. Probleme–Methoden–Perspektiven, in: Mitteilungsblatt des Arbeitskreises für Historische Kartographie 26 (1986), S. 18 – 35; vgl. auch Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 379. 1008 Vgl. Mai: 1918 – 1939, S. 91 ff.; Bernecker : Europa zwischen den Weltkriegen 1914 – 1945, S. 390 ff.
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bensverhältnissen durch kulturelle Einflüsse bis hin zu Bestandsaufnahmen von gesellschaftlichen Äußerungen in Kunst und Musik reichen.1009 Durch den Ersten Weltkrieg wurden zwar herkömmliche Vorstellungen von »Modernisierung« und »Fortschritt« vor allem mit Blick auf kulturelle Belange in Frage gestellt, dennoch zeigte sich »angesichts der individuellen wie der kollektiven Krisenerfahrung der Wille, die Moderne durch ,Rückkehr‹ zu überschaubarer Lebensordnung zu zähmen«1010. Das führte, so der Historiker Gunther Mai, zu einer »Dynamisierung des Modernisierungsprozesses, der wider Willen, sowohl auf Seiten der Regierenden wie der Regierten« herrschte. Der »krisenhafte Charakter« der Zwischenkriegszeit steht somit in europäischen Geschichtsatlanten für ein Paradoxon, da die Epoche auch Bilder jenseits von »Krieg«, »Gewalt« und »Zerstörung« hervorbringt: Der niederländische »De Bosatlas van de Geschiedeniscanon« ist eine der wenigen Ausnahmen, die zwischen einer Europakarte zum Ersten Weltkrieg (»De Eerste Wereldoorlog in Europa«) sowie einer Welt- und Europakarte zur großen wirtschaftlichen Depression (»Europa 1919 – 1937«; »De Crisisjaren 1929 – 1939«) zwei Darstellungen zur Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit in europäischer (»Kunststromingen in het begin van de 20e Eeuw«) sowie nationaler Dimension (»De Stijl«)1011 heranziehen.1012 (K.abb. 6.23.) Insbesondere die Beiträge zur Kulturgeschichte im Atlas zum niederländischen Kanon verweisen deshalb deutlich auf die Verbindung von über die Instruktion fest verankerten Lehrplaninhalten und inhaltlicher Atlaskonzeption, dass die Geschichte der Zeit der Weltkriege nicht nur von Krieg und Krise bestimmt wird. Im belgischen »Atlas van de algemene en Belgische geschiedenis« wird im europäischen Blickwinkel unter dem Titel »Europese cultuur in de 20ste eeuw«1013 die Verbreitung der kunstgeschichtlichen Epochen Jugendstil, Expressionismus und Bauhaus betrachtet. Zudem kartieren die Autoren die Darstellung der Hauptzentren großer Filmproduktionen. Einen Schritt weiter geht ebenfalls eine belgische Produktion: Der »Atlas Historique Erasme« betreibt die Visualisierung von kulturgeschichtlichen Aspekten noch weitaus umfangreicher. Die Europakarte »Philosophie, langues et lettres en Europe (19e–20e si¦cle)«1014 visualisiert neben bedeutenden Strömungen, Schulen und Vertretern 1009 Vgl. Elpers; Meyer (Hrsg.): Zwischenkriegszeit; Gerstner ; Könczöl; Nentwig (Hrsg.): Der Neue Mensch; Bouvet; Durozoi: Paris between the wars; Marcus: Zwischen den Kriegen. 1010 Vgl. Mai. 1918 – 1939, S. 9. 1011 »De Stijl« ist der Name einer 1917 in Leiden gegründeten niederländischen Künstlervereinigung. 1012 Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 38. 1013 »Europäische Kultur im 20. Jahrhundert«, in: Grommen; Hayt; Janssen; Manet (Hrsg.): Atlas van de algemene en Belgische geschiedenis, S. 114. 1014 »Philosophie, Sprachen und Literatur in Europa (19.–20. Jahrhundert)«, in: Devos; Geivers (Hrsg.): Atlas Historique Erasme, S. 66.
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der Literatur und Philosophie auch wichtige Musik- und Kunstzentren des 19. und 20. Jahrhunderts sowie die Anbindung an einzelne Sprachgruppen. In Belgien ist vermutlich wie in den Niederlanden eine bildungspolitische Verankerung ästhetischer Aspekte in Curricula oder Bildungsplan für das Auftauchen von Kulturgeschichte im Atlas verantwortlich. Kulturgeschichtliche Gesichtspunkte erscheinen in anderen Produktionen hingegen vor allem im nationalen Kontext von Geschichtskarten. Viele Abbildungen visualisieren die Organisation und Verbreitung von öffentlichen Bildungsinstitutionen wie Schulen und Universitäten, aber auch Theatern oder Bibliotheken. So veranschaulicht der lettische Geschichtsatlas vom Verlag »SIA« im nationalen Ausschnitt »Bildungseinrichtungen 1936/1937« sowie die Verbreitung von Theatern, Bibliotheken, Kinos und Museen und damit verbundenen Tätigkeitsorten von Künstlern und Intellektuellen. Zudem beleuchtet die Atlasdoppelseite Bilder und Kurzportraits der »bedeutendsten lettischen Kulturschaffenden der 1920er- 1930er-Jahre«.1015 (K.abb. 6.24.) Die gezielte Darstellung von Bildungsinstitutionen sowie die Verortung von Kunst und Kultur lassen sich auch in polnischen, slowenischen, slowakischen und tschechischen Atlasproduktionen lokalisieren. Speziell Publikationen einzelner osteuropäischer Länder betrachten auf diese Weise Hintergründe zur kulturellen Entwicklungsgeschichte ihrer Länder. Die Geschichtskarten zeigen die Verteilung von Bildungseinrichtungen und -zentren sowie die Orte und Werke berühmter Persönlichkeiten des kulturellen Lebens, wie Maler, Künstler, Schriftsteller, Dichter und Musiker. Diese Skizze der nationalen kulturellen Intelligenz ist besonders vor dem Hintergrund des Friedens von 1919 äußerst relevant, da die Kultur gerade für die Staaten in Ostmitteleuropa als Inbegriff souveräner Identitätsstiftung und erinnerungskultureller Kristallisationspunkt der eigenen Vergangenheit gilt.1016 Die Veranschaulichung kultureller Gesichtspunkte erfolgt ähnlich wie die Gestaltung von Volkstums- und Sprachenkarten zur Abgrenzung gegenüber den »Anderen« und zur Symbolisierung der staatlichen Unabhängigkeit, die sich deshalb vor allem in Geschichtsatlanten mit nationalem Zuschnitt wiederfindet. Insgesamt ist es Geschichtskarten zwar möglich, die kulturellen Potenziale der Zeit von 1919 bis 1939 zu visualisieren, allerdings wird in den Geschichtsatlanten kaum davon Gebrauch gemacht. Die Fortschrittsgedanken und Errungenschaften von Bildung, Kunst und Kultur werden somit im Bereich der gesellschaftlichen Weiterentwicklung nur bedingt dargestellt. Die Atlasprojekte ergreifen zudem nicht die Möglichkeiten des Anschlusses an kulturwissenschaftliche Fragen, die die historische Forschung mittlerweile bietet. Die 1015 Turlajs, Ja¯nis (Hrsg.): Latvijas Ve¯stures Atlants. SIA, Riga 2005, S. 44 f. 1016 Vgl. FranÅois: Pierre Nora und die »Lieux de m¦moire«, S.18.
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Schaffung eines Gegengewichts zum »Katastrophennarrativ« bleibt somit auch im Hinblick auf Kulturgeschichte ungenutzt. So begutachten etwa auch nur Ausnahmen Aspekte im Sinne einer »Neuen Kulturgeschichte«.1017 Des Weiteren zeigt sich, dass die Betrachtung komplexer Hintergründe in unterschiedlichen Perspektiven erfolgen kann, wobei europäische und nationale Perspektiven grundsätzlich die Verbreitung und Herkunft von kultureller Wertschätzung und Identifikation präsentieren. Wissenschafts- und Technikgeschichte als Teil von Fortschritt im Geschichtsatlas In europäischen Geschichtsatlanten finden sich zur Geschichte der Zwischenkriegszeit, vergleichbar mit dem geringen Eingang von Kulturgeschichte, nur wenige wissenschafts- und technikgeschichtliche Aspekte.1018 Teilweise werden die Bereiche der Kultur-, Technik- und Wissenschaftsgeschichte auch in einem Kartenbild zusammengefasst. Der Blick auf die Wissenschafts- und Technikgeschichte birgt ebenfalls im Gegensatz zur »Katastrophenzeit« stützenden Politik- und Staatengeschichte ein großes Potenzial an möglichen Modernisierungstendenzen und Fortschrittsgedanken. Entwicklungslinien des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts prägen die Geschichte nach Ende des Ersten Weltkriegs in vielfältigen Bereichen, die vorwiegend durch die Erfolge in Technik, Medizin und Naturwissenschaften von einfachen Erfindungen der Nachrichtentechnik (beispielsweise erste Fernsehsendungen) über die Revolutionierung des Verkehrswesens bis hin zu letzten Entdeckungsreisen reichen.1019 Da die Betrachtung von Wissenschafts- und Technikgeschichte nur in wenigen europäischen Geschichtsatlanten erfolgt, bieten sich auch in diesem Bereich lediglich Ansätze der negativen Bilanz der Zeit der Weltkriege entgegenzutreten. So weisen zum Beispiel einzelne kartographische Abbildungen im »dtv-Atlas: Weltgeschichte« konkret auf den zivilisatorischen Fortschritt der Epoche hin, wobei sich die Darstellungen zu Erdräumen außerhalb Europas durch die Visualisierung von Entdeckungsreisen mit der Beseitigung der letzten »weißen 1017 So zeigt zum Beispiel der Putzger »Antikriegsbewegungen in Europa (1914 – 1917)«, vgl. Bruckmüller; Hartmann (Hrsg): Putzger : Historischer Weltatlas, S. 157. 1018 Während die Technikgeschichte die Mittel, Wege und Bedingungen untersucht, unter denen sich der technische Wandel vollzieht, versucht die Wissenschaftsgeschichte, generell historische Prozesse der Entstehung und Entwicklung von Wissenschaft nachzuzeichnen, vgl. Rusinek, Bernd-A.: Technikgeschichte im Atomzeitalter, in: Cornelißen (Hrsg.): Geschichtswissenschaften, S. 247 – 258; Timm, Albrecht: Einführung in die Wissenschaftsgeschichte. München 1973, S. 11 f. 1019 Laak: Verkehr und Infrastruktur in der Zeit der beiden Weltkriege; Becker : Autobahnen, Auto-Mobilität; Agar : Science in the 20th Century and Beyond; Trefil: Science in world history ; Groß: Medizin im 20. Jahrhundert; Lainema; Nurminen: Die Entdeckung der Arktis; Rose: Explorer ; Bryant; Cones: Dangerous crossings.
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Flecken« beschäftigen. Die Geschichtskarten »Die Erforschung der Arktis« und »Die Erforschung der Antarktis« visualisieren die letzten großen Polarexpeditionen, die mit Hilfe von für damalige Verhältnisse modernsten Transportmitteln durchgeführt wurden.1020 (K.abb. 6.25.) Insbesondere die Fortschritte in der Flugzeugtechnik werden deutlich, wobei die Kartendarstellungen die Flüge in der Polarregion den Fahrten der ersten Entdeckungsmissionen (Expeditionen Shackletons, Scotts und Amundsens) gegenüberstellen. Darüber hinaus ergänzt der Textteil des »dtv-Atlas: Weltgeschichte« in einer Chronologie wichtige Daten zu den Polarexpedition bis zum Zweiten Weltkrieg, die zudem von einer generellen Aufstellung zu Erfindungen aus den Bereichen der Physik, Biologie, Chemie und Medizin sowie der Verkehrs- und Nachrichtentechnik begleitet wird.1021 Die Erforschung der Polarregionen scheint bei den Kartenautoren in Europa ein beliebtes Thema zu sein, denn auch der tschechische Atlas »Geschichte des 20. Jahrhunderts« vom Verlag »Kartografie Praha« liefert dazu Karten. Die Produktion nutzt außerdem zwei Abbildungen zur »Erforschung der Antarktis 1929« und zur »Erforschung der nördlichen Polargebiete 1926«, um sich mit den Flügen von Byrd, Ellsworth, Amundsen, Ckalov und Nobile, den Erkundungen von Mawson und Rilser-Larsen sowie dem »Drift« des Eisbrechers »Sedov« auseinanderzusetzen.1022 Darüber hinaus bietet die tschechische Produktion insgesamt eine breite Auswahl an Geschichtskarten zu technischen, wissenschaftlichen und kulturellen Errungenschaften im Kontext des Fortschritts der Zwischenkriegszeit, wobei Kartenabbildungen in nationaler Perspektive überwiegen.1023 Die wohl interessanteste Darstellung zeigt eine Europakarte mit dem Titel »Wissenschaft, Kunst und Lebensstil in Europa in den 1920er- 1930er-Jahren«, die auch kulturgeschichtliche Faktoren als Beispiel der zivilisatorischen Weiterentwicklung einbezieht.1024 (K.abb. 6.26.) Dazu werden bedeutende Orte des »kulturellen Geschehens« und der »wissenschaftlichen Entdeckungen« beleuchtet, wobei die Geschichtskarte neben dem Blick auf berühmte »Bauten der Architektur der Moderne« (u. a. Bauhaus-Architektur, Gebäude von Le Corbusier) vor allem auf Errungenschaften wie die Entdeckung des Penicillins 1928 in London sowie den Ausgangspunkt des ersten interkontinentalen Flugs 1925 in Paris oder auf die Tradition der seit dem Jahr 1901 erfolgenden Verleihung der Nobelpreise in 1020 Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 458. 1021 Ebd.: S. 459. 1022 Jezˇkov, Dagmar ; Mandelov, Helena (Hrsg.): Deˇjiny 20. stolet; deˇjepisn¦ atlasy pro zkladn sˇkoly a vceleta gymnzia. Kartografie Praha, Prag 2002, S. 26. 1023 Im Spektrum von Kultur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte kommt es teilweise zu Überschneidungen, vgl. Semotanov (Hrsg.): Atlas cˇesky´ch deˇjin. 1024 Jezˇkov; Mandelov (Hrsg.): Deˇjiny 20. Stolet, S. 30.
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Stockholm hinweist. Wichtige kulturelle Errungenschaften wie die Schaffung der internationalen Schriftstellervereinigung »PEN« 1921 in London oder die »Verkündung des surrealistischen Manifest« 1924 in Paris tauchen ebenso auf wie die Austragungsorte erster »internationaler Theater und Filmfestivals« (Salzburg 1920 und Venedig 1932). Außerdem widmet sich die Kartenabbildung wegweisenden technischen Neuerungen der Epoche, so beispielsweise in der Verortung des »Beginns des Rundfunks« durch die »Gründung der BBC« 1922 in London oder der Lokalisierung der im selben Jahr stattgefundenen »Welturaufführung des ersten Tonfilms« in Berlin. Die Austragungsorte der olympischen Sommer- und Winterspiele der Neuzeit komplettieren den eindrucksvollen Rundumblick auf die Geschehnisse abseits von Staaten- und Politikgeschichte. Betrachtet man die Einbettung der Karte im Atlas, so steht sie in starkem Kontrast zur Darstellung der Politik im Europa der Zwischenkriegszeit (»Nicht-demokratische Regierungsformen«). Bilder zu berühmten zeitgenössischen Persönlichkeiten (Albert Einstein, Pablo Picasso etc.) sowie Fotos zur »europäischen Architektur« (u. a. Gewerkschaftshaus von Le Corbusier in Moskau 1933) flankieren und stützen die Absicht der Kartenautoren, neben der »Schreckensbilanz« der Epoche auch den Fortschritt zu offenbaren. Damit stellt der tschechische Atlas den Geschichtskarten zu »Krieg« und »Krise« wichtige Gesichtspunkte gegenüber, in denen über die Verortung von Errungenschaften aus den Bereichen von Wissenschaft und Kultur Modernisierungstendenzen und Fortschrittsentwicklungen ersichtlich werden. Die Atlasveröffentlichung wählt hierfür unterschiedliche räumliche Perspektiven (außereuropäisch, europäisch und national), wodurch in Betrachtung der Faktorenbündelung zur »Katastrophenzeit« ein nur in wenigen Geschichtsatlanten abgebildeter Kontrast entsteht. Insgesamt berücksichtigen nur wenige Geschichtsatlanten wissenschaftsund technikgeschichtliche Gesichtspunkte, obwohl durchaus Potenziale zur ausgewogeneren Gestaltung der Zwischenkriegszeit vorhanden sind. Die Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Technik zeigt nur allzu deutlich, wie beispielweise im Zusammenspiel mit kulturgeschichtlichen Hintergründen im tschechischen Geschichtsatlas vom Verlag »Kartografie Praha«, dass über die Perspektivierung von Tendenzen und Entwicklungen der Modernisierung wertvolle Ergänzungen zur Gestaltung des »Interbellums« herangezogen werden können. Technik- und Wissenschaftsgeschichte in kartographischen Darstellungen zur Visualisierung von menschheitsgeschichtlichen Fortschrittsaspekten nehmen daher eindeutigen Einfluss auf die zumeist klaren Wirkungszusammenhänge, die in vielen Atlasproduktionen durch die Anhäufung von »Kriegen« und »Krisen« fortwährend von einer »Katastrophe« in die Nächste überleiten. Fazit: Im Ganzen schärft die Analyse der Zwischenkriegszeit in europäischen
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Geschichtsatlanten den Blick auf eine Epoche mit wechselvollem Charakter, da einerseits Modernisierungstendenzen (Friedenssicherung/Völkerbund) zwar klar sichtbar werden, allerdings die Krise der internationalen Politik, kriegerische Konflikte, Revolutionen und vielfach auch das Bild einer zusammenbrechenden Wirtschaft sämtliche Fortschrittsperspektiven überdecken.1025 Der Fokus richtet sich fast immer auf die territoriale Neugliederung weiter Teile des europäischen Kontinents,1026 was in vielen Veröffentlichungen zusätzlich in die Darstellung bilateraler Grenzkonflikte, revolutionärer Unruhen (Bürgerkriege), wirtschaftlicher und sozialer Konflikte sowie der Expansion der »revisionistischen Staaten« mündet.1027 Die Krise des demokratischen Staatengefüges als europäisches Phänomen und das Scheitern der internationalen Friedensordnung als Ursache des außenpolitischen Drucks der totalitären Staaten blenden in vielen Geschichtsatlanten direkt zum Zweiten Weltkrieg über.1028 Die Beschäftigung mit den politischen Auswüchsen des »Faschismus« und »Kommunismus« in den sogenannten totalitären Staaten erscheint lediglich ergänzend in der Nennung von Regimen, genaue Erklärungen dazu fehlen.1029 Die inhaltliche Beschaffenheit der Zwischenkriegszeit kann deshalb anhand der untersuchten Atlasproduktionen nach wie vor als Wechselspiel zwischen Militär- und Staatsgeschichte bezeichnet werden, womit sich die Ansätze der kartographischen Visualisierungen in diachroner Beurteilung der Atlasproduktionen Europas vielfach nicht auf der Höhe der Zeit befinden.1030 Nur wenige Publikationen bieten in Anlehnung an den Fortschritt der Geschichtswissenschaft der letzten Jahrzehnte eine ausgewogene Mischung an inhaltlichen Aspekten an und lassen damit weiternde Hintergründe in die Ausfaltung der Zwischenkriegsepoche einfließen.1031 Aber selbst hier dürfen Kartenautoren nicht den Anschluss an die Geschichtswissenschaft verlieren.1032 Gleiches gilt auch im Rückblick auf
1025 155 Atlanten behandeln den »Pariser Friedensschluss«, 123 zeigen die »Krise der Demokratie« und 109 die »Russische Revolution«. 1026 Vgl. MacMillan: Paris 1919; Kolb: Der Frieden von Versailles. 1027 99 Atlanten behandeln die »Weltwirtschaftskrise«, 72 den »Spanischen Bürgerkrieg«, 68 die »Dekolonisation«, 46 das »Osmanische Reich«, 46 die »Krise in Asien«, 29 den »Völkerbund«. 1028 Vgl. Carr : The twenty years’ crisis; Möller : Europa zwischen den Weltkriegen; Mai: Europa 1918 – 1939; Graml: Europa zwischen den Kriegen; Hornung: Das totalitäre Zeitalter ; Overy : The inter-war crisis; Lee: European dictatorships, 1918 – 1945; Overy, Richard J.: The road to war. London 2009. 1029 127 Schulatlanten und 24 »allgemeine« Atlanten behandeln Aspekte zu den »totalitären« Staaten. 1030 Vgl. Lehn: Deutschlandbilder ; Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Black: Maps and History. 1031 Vgl. Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 378 f. 1032 So ist es wünschenswert, dass Geschichtsatlanten in Zukunft beispielsweise Aspekte einer
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die Frage der Herausstellung von Aspekten zur Konfliktlösung (zum Beispiel Völkerbund), die im Kontext einer »Friedenserziehung« hinter den Erwartungen zurückbleiben. Zwar werden über die Darstellung keine Vorurteile aufgebaut, jedoch fördern die oftmals stark vereinfachenden und verallgemeinernden Visualisierungen die Herausbildung von stereotypen Selbst- und Fremdbildern, die sich zudem im Zusammenhang von nationaler Selbstbeschreibung eines »Wir und die Anderen« (Ethnien, Sprachen etc.) verstärkt herausschälen.1033 Gerade die Betrachtung von Politik in der Zwischenkriegszeit weist klare Fronten auf. Das soll nicht heißen, dass die Bereiche von Staats- und Politikgeschichte nur negative Gesichtspunkte transportieren (so ist beispielsweise die Kartierung zur Einführung des »Frauenwahlrechts« ein klarer Fortschrittsaspekt) und kultur-, wissenschafts- und technikgeschichtliche Hintergründe nur »heilbringende« Verhältnisse veranschaulichen (vgl. etwa die Entwicklungen in der Kriegstechnik). Es geht vielmehr um die Ausschöpfung der Potenziale der Geschichtsschreibung, die zumeist ungenutzt bleiben und vielfältige wichtige historische Aspekte durch das »Verschweigen« unter den Tisch fallen lassen.1034 Um nun zumindest die Faktorenbündelung auf dem Gebiet der Militär-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte weiter freizulegen, nimmt die Analyse im Folgenden einzelne thematische Schwerpunkte in den Blick. Dabei richtet sie das Hauptgewicht auf die Kombination von dominierenden Karteninhalten, um über einen quantifizierenden Abgleich die Gestaltung von Kartenfolgen in kausalen Wirkungszusammenhängen und damit die Bilanz des Zeitalters der Weltkriege weiter zu erforschen.
6.2.2. Inhaltliche Schwerpunktsetzungen als Teil kausaler Zusammenhänge in Gestaltung der Zeit der Weltkriege Die Untersuchung verschiedener Bereiche von Geschichte im Atlas ließ bereits erkennen, dass sich durch Gewichtungen und Differenzierungen die Inhaltsstruktur der Zwischenkriegszeit in eine Gruppe von häufig auftauchenden historischen Themen sowie in eine Gruppe von ergänzenden Gesichtspunkten aufschlüsselt. Im Ganzen kann hinsichtlich inhaltlicher Darstellung der meisten europäischen Geschichtsatlanten nicht von einer sektoralen Vielfalt gesprochen werden, »Neuen Kulturgeschichte« aufgreifen (u. a. Alltags-, Mentalitäts-, Geschlechter-, Mikrogeschichte). 1033 Vgl. Hansen, Georg: Funktion und Funktionalisierung von Vorurteilen – Abgrenzungsbedürfnisse und Selbstfindungsprozesse, in: Becher ; Hartung (Hrsg.): Grenzen und Ambivalenzen, S. 57 – 67. 1034 Zum »Silencing« in der Kartographie vgl. Monmonier : Eins zu eine Million, S. 114.
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Abbildung 6.2.: Die Vielfalt der Epoche – Thematische Akzentuierung in der Darstellung der Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten (in Anzahl von Atlanten).
vielmehr zeigt das Gros der Kartenfolgen zur Zwischenkriegszeit einen Kanon an thematischen Aspekten der Militär-, Staaten- und Wirtschaftsgeschichte. Wenige Atlasautoren erweitern die Zwischenkriegszeit um technik-, wissenschafts- oder kulturgeschichtliche Elemente. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der Platz in den Geschichtsatlanten Europas oftmals begrenzt ist und nicht vielmehr als eine Hand voll Karten zur Schilderung des »Interbellums« bereitstehen. Die Analyse der Geschichtskarten ließ speziell unter dem Dach der Militärund Politikgeschichte eine Themenballung erkennen. Es dominieren in der Feinanalyse »neun« Themenschwerpunkte, die zwar inhaltliche Gesichtspunkte in unterschiedlicher Weite fassen, aber dennoch einen Überblick über die Gestaltung der Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten geben können. Dabei greifen fast alle Aspekte die im Punkt zuvor bereits herausgearbeitete »negative Bilanz« des Zeitalters der Weltkriege auf, um über unterschiedliche Bündelungen von Faktoren Entwicklungen zu begründen und zu erklären. Ein Thema, das die Zeitspanne von 1918 bis 1939 dominiert, ist die Beschäftigung mit der »Pariser Friedensordnung«. In der gesamten Auswahl der untersuchten Geschichtsatlanten, die die Zeit zwischen den Kriegen behandeln, widmet sich die Mehrheit der Publikationen den Darstellungen zur Neugestaltung Europas nach dem Ersten Weltkrieg.1035 Des Weiteren fallen auch die große 1035 201 Geschichtsatlanten beschäftigen sich mit der »Pariser Friedensordnung«.
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Anzahl von Abhandlungen zu den Themen »Russische Revolution«1036, »Weltwirtschaftskrise«1037 sowie »Krise der Demokratie in Europa«1038 ins Auge. Diese vier Themenschwerpunkte ergeben das Grundgerüst für die inhaltliche Konzeption der Zwischenkriegszeit vieler europäischer Geschichtsatlanten. In der Untersuchung von Kartenfolgen und ihrer räumlichen Dimensionierung lässt sich zudem ein Schwerpunkt »Europa« insbesondere für das Zusammenspiel von Karten zur »Pariser Friedensordnung« und der »Krise der Demokratie« festhalten, da mit insgesamt 102 Abfolgen die meisten Geschichtsatlanten Sequenzen dieser Art anlegen. Schlüssig erscheint vor allem die Verknüpfung mit Blick auf den Zeitzuschnitt, da unter beiden Dächern Ereignisse versammelt sind, die jeweils in der ersten sowie der zweiten Hälfte der Zeit zwischen den Kriegen stattfinden. Ferner verweisen die Atlanten damit gezielt auf die Neuordnung Europas sowie den daran anschließenden Problemen des internationalen Staatensystems, wobei viele Darstellungen bereits in der Visualisierung der »Pariser Friedensordnung« auf die Konflikte der direkten Nachkriegs- , aber auch der generellen Zwischenkriegszeit blicken (zum Beispiel »Minderheitenkarten«, »Karten zur territorialen Beschneidung der Verlierer«) und damit in der Abbildung der Beschlüsse des Jahres 1919 unmittelbar auf die »Krise« der Epoche deuten. Überdies zeigen sich oft Verbindungen von »Russischer Revolution« und »Pariser Friedensordnung«, die 92 Atlanten nutzen. Dieser Gegenstand ist von besonderem Interesse, da hier eine thematische Gewichtung zu Gunsten der ersten Hälfte der Zwischenkriegszeit erfolgt. Schwerpunkte liegen auf der Überleitung vom »Krieg« durch die »Revolution« zur »Krise«. Die Verbindung von »Pariser Friedensordnung« und »Weltwirtschaftskrise« ziehen 86 Atlaspublikationen. Die Relevanz von ökonomischen Faktoren in der Gestaltung der Zwischenkriegszeit wird somit von vielen Geschichtsatlanten aufgegriffen und thematisiert. Die Schwäche der »Pariser Friedensordnung« bringen viele Publikationen mit den wirtschaftlichen Problemen der Nachkriegszeit zusammen und nehmen damit direkten Bezug auf einzelne Versuche der geschichtswissenschaftlichen Forschung die katastrophalen Folgen des »Scheiterns« zu erklären.1039 Aufschlussreich sind in diesem Kontext vor allem die Betrachtungen zur »Geschichte der USA«, wobei weltumspannende Geschehnisse zumeist in europäischer Perspektive betrachtet werden und dabei vornehmlich die Kausalität von »globaler Wirtschaftkrise« und dem »Scheitern der internationalen 1036 1037 1038 1039
129 Geschichtsatlanten beschäftigen sich mit der »Russischen Revolution«. 99 Geschichtsatlanten beschäftigen sich mit der »Weltwirtschaftskrise«. 143 Geschichtsatlanten beschäftigen sich mit der »Krise der Demokratie in Europa«. Vgl. Graml: Europa zwischen den Kriegen, S. 237 ff.; Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme, S. 115 ff.; Hildebrand, Klaus: Das vergangene Reich. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler, 1871 – 1945. Stuttgart 1995, S. 445 ff.
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Politik der 1930er-Jahre« für Europa eine große Rolle spielen.1040 Das veranschaulicht ebenso häufig die Kombination des Themenfelds »Wirtschaftskrise« mit der in der Chronologie in der zweiten Hälfte der Zwischenkriegszeit angesiedelten »Krise der Demokratie in Europa« in insgesamt 77 Atlanten. Zur Ermittlung weiterer Zusammenhänge in Faktorenbündeln erfolgt die quantitative Begutachtung der Schwerpunkte, über welche sich in der Zusammenstellung mehrerer Themen spannende Ansichten ergeben. Die Auswahl »Russische Revolution«, »Pariser Friedensordnung« und »Krise der Demokratie« taucht im Kontext der Analyse in 77 Geschichtsatlanten auf. Nimmt man in die Themenauswahl den Aspekt der »Weltwirtschaftskrise« hinzu, so lassen sich 47 Produktionen ermitteln. Jeder fünfte Geschichtsatlas visualisiert die Zwischenkriegszeit anhand dieser vier Themenbereiche. Dabei weisen die inhaltlichen Schwerpunkte der europäischen Geschichtsatlanten deutlich auf die »krisenhafte« Gestalt des Zeitalters der Weltkriege, wobei über Zusammenhänge von »wirtschaftlicher Rezession« und Machtentfaltung sowie Expansion der totalitären Staaten die »Zerstörung der demokratischen Ordnung« als letzte Instanz zur Verhinderung eines Weltkriegs erklärt und begründet werden soll. Zu einer weiteren Gruppe gehören die thematischen Gesichtspunkte, die zwar den »krisenhaften« Charakter der Zwischenkriegszeit stützen, aber in der quantitativen Gesamtbetrachtung der Kartenwerke nur untergeordnet berücksichtigt werden. Meistens ergänzen sie als beispielhafte Einzelaspekte die Überblicksabbildungen. So erscheint der »Zerfall des Osmanischen Reiches« häufig exemplarisch abgekoppelt von der kontinentalen Dimension. Die »Expansion Japans« und der »Spanische Bürgerkrieg« tauchen ebenfalls getrennt von der europäischen Perspektive der »Krise der Demokratie« auf. Eine zahlenmäßig eher geringe, aber dennoch eindeutig nachweisbare Berücksichtigung ergibt sich somit für die Auseinandersetzung mit dem »Zerfall des Osmanischen Reiches«1041 sowie für die Kartierung des »Völkerbunds«1042, die die Atlanten oft im Zusammenspiel mit der Neuordnung und Umgestaltung Europas nach dem Ersten Weltkrieg visualisieren. Gleichwohl zeigt eine nicht unerhebliche Anzahl von Geschichtskarten auch außereuropäische Perspektiven, zum Beispiel Hintergründe zur »Kolonisation« oder »Dekolonisation«1043 in Afrika und Asien sowie Einzelheiten zur »Revolution in China« oder zur »Expansion Japans«.1044 Damit machen sie einerseits auf 1040 Vgl. Ziebura, Gilbert: Weltwirtschaft und Weltpolitik 1922/24 – 1931. Zwischen Rekonstruktion und Zusammenbruch. Frankfurt/Main 1984, S. 107 ff.; Einen kurzen Forschungsüberblick gibt es bei Möller: Europa zwischen den Weltkriegen, S. 180 ff. 1041 48 Geschichtsatlanten beschäftigen sich mit dem »Zerfall des Osmanischen Reiches«. 1042 29 Geschichtsatlanten beschäftigen sich mit dem »Völkerbund«. 1043 68 Geschichtsatlanten beschäftigen sich mit der »Dekolonisation«. 1044 46 Geschichtsatlanten beschäftigen sich mit der »Krise in Asien«.
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Abbildung 6.3.: Die Vielfalt der Epoche – Kombination einzelner Themenfelder in Kartenfolgen zur Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten (in Anzahl von Atlanten).
die veränderte weltpolitische Lage aufgrund der Schwächung der »alten Kolonialmächte«, andererseits, aber auch auf das globale Scheitern des internationalen Staatensystems und die Probleme der Institution »Völkerbund« aufmerksam. Die »Krise« der Zwischenkriegszeit ist in den europäischen Geschichtsatlanten allgegenwärtig, zudem wird beispielsweise in fast jeder dritten Atlasveröffentlichung der Auseinandersetzung unter internationaler Beteiligung im »Spanischen Bürgerkrieg«1045 Platz eingeräumt. Die fünf ergänzenden Gliederungsaspekte gehören durch ihr unregelmäßiges Auftauchen zwar zur Gruppe der nur partiell berücksichtigten historischen Gesichtspunkte, dienen allerdings in vielen Atlaspublikationen als wertvolle Anschauungsobjekte zur Verdeutlichung des »krisenhaften« Charakters der Zeitperiode. In der Kombination mit dem Grundgerüst (»Russische Revolution«, »Pariser Friedensordnung«, »Weltwirtschaftskrise« und »Krise der Demokratie«) finden sich für die Einbettung des »Zerfalls des Osmanischen Reichs« 17 Atlanten, in Verbindung mit dem Aspekt »Völkerbund« 14 Atlanten, in Ergänzung der Betrachtung zur »Krise in Asien« 21 Atlanten sowie für die Erweiterung »Dekolonisation« 28 Atlanten. 27 Geschichtsatlanten berücksichtigen in der Verknüpfung mit dem Grundgerüst den »Spanischen Bürgerkrieg«. Im Ganzen verweist die Staffelung von Schwerpunkten auf die Konventionalisierung von Inhalten in europäischen Geschichtsatlanten. So ergibt sich zwar in der Abhandlung der Zwischenkriegszeit über verschiedene Kombina1045 72 Geschichtsatlanten beschäftigen sich mit dem »Spanischen Bürgerkrieg«.
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tionsmöglichkeiten in Kartenfolgen ein kleiner Spielraum, den einige Atlasproduktionen vielfältig nutzen, dennoch erscheint ein größtenteils homogenes Bild der Epoche, das in der Bilanz den Charakter der »Katastrophenzeit« in fast allen Atlanten Europas widerspiegelt.
6.2.3. Die Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten – Ein Epochenbild zwischen »Katastrophe« und »Fortschritt« Der Blick auf die Kombinationsmöglichkeiten von Karten zur Erklärung kausaler Gesichtspunkte der Zwischenkriegszeit macht gerade die Besonderheit von Geschichtsatlanten deutlich, da nur durch Kartenfolgen (Sequenzierung) und die darüber vermittelte Geschichte klare Sinnzusammenhänge und damit ein Bild des Zeitalters entstehen. Dabei interessieren insbesondere die über Gestaltung und Reihung von Kartenserien hergestellten Aussagen zum »Katastrophenzeitalter« oder Aspekte, die davon abweichend auf Modernisierungsprozesse im »Interbellum« hinweisen. Dabei wird bei der Analyse der Zeit der Weltkriege in vielen europäischen Geschichtsatlanten die starke Verallgemeinerung und Zuspitzung (Generalisierung/Reduktion) von Inhalten offenbar, da auch die Zwischenkriegszeit in der inhaltlichen Gestaltung zumeist homogen strukturiert ist und darüber hinaus in der raumdimensionalen Perspektivierung im Vergleich der Kartenwerke untereinander ebenfalls nur vereinzelt Besonderheiten auftauchen. In den folgenden Punkten werden nun die gesammelten Ergebnisse gebündelt und vor dem Hintergrund der »Epochenbilanz« in Geschichtsatlanten beleuchtet. Monokausale und multifaktorielle Erklärungsansätze zum Verständnis der Epoche Eine entscheidende Rolle in der Beschäftigung mit Kartenfolgen im Spektrum von Standardisierung und Generalisierung spielt die Vermittlung der Begründung von Ursachen, die auf die Entstehung von Ereignissen und Prozessen bezogen werden können. So erlaubt die Feinanalyse ein Urteil darüber, inwieweit die Aspekte der Zwischenkriegszeit beispielweise als Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs präsentiert werden. Der Blick fällt daher speziell auf die thematische Ausgestaltung des Atlas, die entweder monokausale oder multifaktorielle Erklärungsansätze für die Zeit der Weltkriege bietet. Die Bündelung von Faktoren zur Schilderung der Zwischenkriegszeit erfolgt in europäischen Geschichtsatlanten hauptsächlich durch Kartenfolgen zur »Katastrophenepoche«. Modernisierungsansätze werden dagegen nur in wenigen Atlasveröffentlichungen gezeigt, genauso wie etwa Hintergründe zur Entwicklung von Bildung oder gesellschaftlich-soziale Wandlungen wie zum Bei-
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spiel Frauenemanzipation, politischer Fortschritt in Schaffung der internationalen Organisation des Völkerbunds sowie generelle Modernisierung in den Bereichen von Wissenschaft, Technik und Kultur.1046 In der Vergangenheit zogen Geschichtswissenschaftler insbesondere Demokratie- als auch Faschismus- oder Modernisierungstheorien zur Erklärung der Entwicklung Europas in der Zeit zwischen den Weltkriegen heran.1047 Dabei wurde oft nur auf einzelne Faktoren oder Faktorenbündel zurückgegriffen, deren kausale Verknüpfung Antworten auf die Frage geben sollten, unter welchen Bedingungen das politische System zwischen den Weltkriegen zusammenbrach.1048 Eine genaue Auseinandersetzung mit den Totalitarismen der Epoche liefern die Atlasproduktionen nicht, sondern beschränken sich zumeist nur auf deren Herausstellung und Verortung. Kartenautoren versuchen den Weg in die »Katastrophe« des Zweiten Weltkriegs oftmals über die Visualisierung einer »Krisenzeit« durch die strukturelle Bündelung thematischer Aspekte in Kontexte zu begründen und zu erklären. Viele Atlasprojekte folgen deshalb überschaubaren Ansätzen zur Übermittlung einfacher Informationen (Didaktische Reduktion in der Geschichtsvermittlung). Bildungspläne und Curricula sind in einem Großteil der untersuchten Länder die Grundlage von Atlasinhalten, an die sich zum Beispiel auch die Berücksichtigung der Raumdimensionen knüpft. Viele der gesichteten Geschichtskarten sind daher für den Schulgebrauch konzipierte, generalisierte Abbildungen, die sich durch Aufbereitung und Zuspitzung besonders an die Zielgruppen von Schülern und Studenten mit geringen Vorkenntnissen richten. Auf diese Weise werden die Kartenvisualisierungen zum Zeitalter der Weltkriege häufig auf ein Minimum an Informationen reduziert, um über die Vermittlung einfacher historischer Sachverhalte ein anschauliches Bild der Epoche wiederzugeben. Dementsprechend fehlt vor allem für vielfältige sektorale Gesichtspunkte, aber auch für umfangreiche Perspektivwechsel in der Konzeption von Atlasproduktionen generell der Platz. Folglich bilden Militär- und Staatengeschichte noch immer den Hauptbestandteil der Abhandlung von Geschichte in Karten. Lediglich die umfangreichen Produktionen großer Verlage aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien oder Spanien wie zum Beispiel der »Atlante
1046 Vgl. das Kapitel 6.2.1. zum Auftauchen von Modernisierungsaspekten in der Geschichtsschreibung zur Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten. 1047 Vgl. Wippermann, Wolfgang: Totalitarismustheorien. Die Entwicklung der Diskussion von den Anfängen bis heute. Darmstadt 1997; Berg-Schlosser, Dirk; Mitchell, Jeremy (Hrsg.): Conditions of democracy in Europe, 1919 – 39. New York 2000; Berg-Schlosser, Dirk; Mitchell, Jeremy (Hrsg.): Authoritarianism and democracy in Europe, 1919 – 39. New York 2002. 1048 Vgl. Bernecker : Europa zwischen den Weltkriegen 1914 – 1945, S. 32.
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Storico« vom Verlag »de Agostini« liefern in Verknüpfung von politischer und ökonomischer Krise einen multifaktoriellen Erklärungsansatz.1049 Spezialatlanten sowie viele Geschichtsatlanten für den Buchmarkt zeigen hingegen, dass detailliertere Produktionen, die zumeist ein Fachpublikum bedienen, deutlich mehr Gesichtspunkte der Geschichte berücksichtigen können und bei der Thematisierung der Zwischenkriegszeit die Faktorenbündelung zur Erklärung von Umständen eindeutig erweitern. Diese Kartenwerke stellen allerdings im gesamten Feld nur einen kleinen Teil der Publikationen und somit lediglich Ausnahmen dar.1050 Dagegen reduzieren die Schulgeschichtsatlanten in der Abhandlung der Zeitspanne zwischen den Weltkriegen die thematischen Gesichtspunkte auf einzelne Faktoren, was einen Gang durch die Geschichte mit wenigen generalisierten Schritten in überschaubaren Wirkungszusammenhängen erlaubt. Durch Reduktionen verdichten sich aber auch Ereignisse, was bei mangelnder Kartenkompetenz zu fatalen Fehldeutungen führen kann. Ein zusammenfassender Blick auf die Gestaltung der Zwischenkriegszeit in allen europäischen Geschichtsatlanten veranschaulicht, dass neben der Gruppe von konventionalisierten Hauptaspekten (Russische Revolution, Pariser Friedensordnung etc.) sich auch immer wieder Sachverhalte finden, die den Themenkanon an wichtigen Punkten exemplarisch ergänzen, um über wenige Seitenblicke die Faktorenbündelung auszuweiten (Spanischer Bürgerkrieg, China etc.). Die Analyse von Perspektivierungen der Zeit zwischen den Weltkriegen legt zudem häufig europäische Blickwinkel frei, die in der Mehrheit der Produktionen durch nationale Sichtweisen beziehungsweise gesonderte räumlich begrenzte Aspekte und Schauplätze Erweiterung finden. Vor dem Hintergrund von Kartenkombinationen bieten viele Atlanten Sequenzen von einer Europakarte und mehreren National-, Detail- oder Schauplatzkarten. Unabhängig von der quantitativen Erwähnung der Themen kann also festgehalten werden, dass alle Gesichtspunkte – vom Grundgerüst bis zu den Ergänzungen – die sequenzielle Gliederung der Zwischenkriegszeit prägen. Verschiedene thematische Schwerpunkte bestimmen in unterschiedlicher Kombination die Betrachtung in Geschichtsatlanten, wobei Blickwinkel von europäisch bis räumlich begrenzt beziehungsweise national vorherrschen. Dabei ist vor allem eine konzeptionelle Besonderheit vieler Geschichtsatlanten besonders ausgeprägt: dass die Zwischenkriegszeit in ein Gerüst von Erklärungsansätzen zum 20. Jahrhundert eingebunden wird, das sich viel zu 1049 Baselli (Hrsg.): Atlante Storico, S. 108 ff. 1050 Vgl. Overy (Hrsg.): Complete History of the World; Overy (Hrsg.): Atlas of 20th Century History ; Overy (Hrsg.): Historical Atlas of the Third Reich; Black (Hrsg.): World History Atlas; Gilbert, Martin (Hrsg.): The Routledge Atlas of British History. Routledge, London 2004.
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starr in den Gesamtentwurf von »Katastrophenzeitalter« und darauf folgendem »Kalten Krieg« und insofern in ein deutlich veraltetes Modell zur Beschreibung der vergangenen hundert Jahre einordnet.1051 Tendenzen zum historischen Determinismus in Geschichtsatlanten Der Vergleich von europäischen Geschichtsatlanten zur Geschichte der Zwischenkriegszeit verweist hauptsächlich auf die große Schwäche der Raumdarstellungen für historische Sachverhalte nur schwer Begründungen oder Erklärungen zu liefern. Demzufolge ergeben sich gerade in der dichten Epoche von 1914 bis 1945 über die stark generalisierten Geschichtskarten Tendenzen zum »historischen« Determinismus, der Ursachen und Ursprünge im Bereich einer scheinbar klaren Vorherbestimmung sucht. Das Nacheinander des Atlas ist für deterministische Gedanken überaus empfänglich, da gerade dort einfache Erklärungsansätze und Hinweise zum Verständnis der Ereignisse und Prozesse in unmittelbarer Hinführung zum Krieg und Völkermord beitragen möchten. So visualisieren einige Atlasautoren im internationalen Staatensystem der 1930er-Jahre die Konflikte, die in der Kartendarstellung teilweise die einzelnen Lager des Weltkriegs vorwegnehmen, sich allerdings im Falle eines abweichenden Verlaufs der Geschichte ganz anders darstellen würden (so etwa die Rolle der Sowjetunion). Der »Spanische Bürgerkrieg« gehört zum Beispiel in europäischen Geschichtsatlanten zu den in der Erklärung der »Krise« häufig bemühten Themen der Zwischenkriegszeit. Speziell auf die historiographische Bedeutung des Konflikts als Vorspiel zum 1939 ausbrechenden Zweiten Weltkrieg wird nachdrücklich verwiesen.1052 So kann die Abbildung des Bürgerkriegs als erstes Aufdecken der Fronten in der »Erzählung« des Geschichtsatlas bezeichnet werden, die direkt auf den folgenden militärischen Großkonflikt hindeutet. Darüber hinaus lässt sich in manchen Produktionen allein mit Blick auf die Gesamtheit von Gliederungsaspekten zur Zwischenkriegszeit angesichts der Anordnung ausgewählter Faktoren und Ereignisse zum Ablauf von Geschichte die Tendenz zu »deterministischen« Sichtweisen erkennen. Schon allein die Wahl von Kartenüberschriften zu diesbezüglichen Darstellungen wie beispielsweise »Origini della questione tedesca«1053, »Germany begins to stir«1054 1051 Vgl. Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme; Mazower : Der dunkle Kontinent; Diner : Das Jahrhundert verstehen. 1052 Vgl. u. a. Bernecker : Krieg in Spanien 1936 – 1939; Beevor: Der spanische Bürgerkrieg. 1053 »Ursprünge der deutschen Frage« vgl. Baselli (Hrsg.): Atlante Storico, S. 107; Vaighi (Hrsg.): Atlante Storico Del Mondo, S. 161 Kartenüberschrift auch in der ungarischen Übersetzung des Atlas von Vaighi, vgl. Kiadû, Felelo¯s (Hrsg.): Nagy K¦pes Tört¦nelmi Vilgatlasz. Athenaeum, Budapest 2003, S. 131. 1054 Vgl. Heater; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 32.
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oder »Overture to the Second World War«1055 in europäischen Geschichtsatlanten sind dafür ein klares Zeichen. Einige Atlanten rücken die zwanzig Jahre des Friedens zwischen den Weltkriegen sowie die damit verbundene »Krise« in einen engen Beziehungszusammenhang, der zwangsläufig in die Katastrophe von »Krieg« und »Völkermord« führen musste, da die Bestimmungen des »Versailler Vertrags«, der »wirtschaftliche Ausnahmenzustand der ausgehenden 1920er- und beginnenden 1930er-Jahre«, die »Expansion Japans« oder der Konflikt in »Spanien« keine andere Möglichkeit des Verlaufs von Geschichte zuließen. Bereits der »Friedensschluss von 1919« erscheint in einzelnen Darstellungen, wenn nicht direkt dann indirekt, als Ursache für den Erfolg des »Nationalsozialismus« sowie die »Versailler Revision« als unmittelbaren »Auslöser der nationalsozialistischen Machtpolitik« und das »Kollabieren der internationalen Staatenordnung«, wobei die Entfesselung des Weltkriegs zur Durchsetzung der faschistischen Ideologie als unmittelbares Ergebnis dieses Beziehungsgeflechts interpretiert werden kann. Hintergründe zu den totalitären Regimen bieten die meisten Atlasproduktionen hingegen nur selten. Begrenzung des »Katastrophennarrativs« durch Modernisierungsaspekte? – Ausblick Zu den Themen, die in die Karten zur Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten eingehen, ordnen sich nur in Ausnahmen Gesichtspunkte der Modernisierung oder des menschheitsgeschichtlichen Fortschritts. Kartenbilder einer Erfolgsgeschichte werden daher selten in Atlanten abgebildet, wie beispielweise die »Einführung des Frauenwahlrechts«, die »Erkundung der Polarregionen«, die »Erfindung von wegweisenden Technologien der Verkehrsund Nachrichtentechnik« sowie die Verbreitung von »kunstgeschichtlichen Stilrichtungen« oder der »Architektur«. Geschichtskarten zur Fortschrittsentwicklung und Modernisierung, die zivilisatorisch als positiv und zukunftsweisend bewertet werden können, stehen in der Betrachtung der Zeitperiode in einer Minderheit und setzen damit lediglich einen schwachen Kontrast zur omnipräsenten Negativbilanz der Zeit zwischen den Weltkriegen, die wie die Revision der »Pariser Friedensordnung«, die »Weltwirtschaftskrise« oder die »Krise der internationalen Beziehungen« deutlich das Hauptgewicht ausmachen. Speziell die Kartenfolgen richten sich demzufolge auf den Gegenstand »Krise« aus. Im Ganzen veranschaulichen die Atlasautoren über Geschichtskarten häufig ein Wechselspiel von Militär- und Staatengeschichte in europäischer Perspektive. Daraus resultiert zur Beurteilung der Entwicklung von Geschichtsatlanten, dass sie sich größtenteils nicht an aktuellen Standpunkten und Erkenntnissen 1055 Vgl. Overy (Hrsg.) Atlas of 20th Century History, S. 68.
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der Geschichtswissenschaft orientieren.1056 Demnach beleuchten nur wenige Publikationen aktuelle Trends und Entwicklungen der historischen Forschung. Das gilt einerseits für die Abhandlung vielfältiger Bereiche der Historiographie (sektorale Auswahl), andererseits aber auch für die Überwindung eurozentrierter Sichtweisen (Welt- und Globalgeschichte).1057 Insbesondere die Ausweitung von Blickwinkeln ist als die große Stärke von Geschichtsatlanten zu bezeichnen, wird aber zu wenig genutzt. Die Visualisierung von Geschichte im Raum bleibt somit auch in aktuellen Atlanten viel zu sehr den traditionellen Ansätzen nationaler und europäischer Perspektivierung verhaftet. Moderne Atlasproduktionen sollten demgegenüber bei der Gestaltung verschiedene Faktoren berücksichtigen, um eine multiperspektivische sowie sektoral ausgewogene Darstellung zur Geschichte der Zeit der Weltkriege zu gewährleisten. Eine multifaktorielle inhaltliche Gestaltung erscheint für die Visualisierung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wichtig, da die Beschäftigung mit Fortschrittsaspekten und Themen abseits von Militär- und Staatengeschichte eine Abkehr vom reinen »Defizitnarrativ« erlaubt und damit Blickwinkel jenseits der Krisengeschichte auf dem eigenen Kontinent öffnet. In diesem Zusammenhang sind die zu »kartierenden« Beispiele endlos: zum Beispiel können Beiträge im Bereich von Kultur und Bildung zur Alphabetisierung des Menschen oder im Kontext von Verkehrs- und Technikgeschichte zum Beginn der Massenmotorisierung sowie zur Revolutionierung des Alltags durch Radio und Fernsehen, aber auch zur Medizingeschichte wie die Darstellung der globalen Auswirkungen der »Spanischen Grippe« interessante Eindrücke zur »Weltkriegsepoche« liefern.1058 Doch auch im Feld der Geschichtsschreibung selbst ist mit Blick auf die Gegenwart auf viel weiter reichende Entwicklungslinien zu achten, die sich nicht nur an der Eingliederung in die Geschichte des 20. Jahrhunderts (»Zeit der 1056 Vgl. Lehn: Deutschlandbilder ; Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Black: Maps and History. 1057 Vgl. Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 378 f. 1058 Nur der »Putzger« behandelt die Geschichte von Seuchen und Krankheitsepidemien. Allerdings erscheinen die Kartendarstellungen zur Moderne nicht in der Epochenchronologie und damit nicht in die Kartenfolgen zur Zwischenkriegszeit. Die 103. Auflage von 2001 bietet eine Karte zu epidemischen Krankheiten »Die Influenza in Europa 1918« im Unterkapitel »Europa im Spätmittelalter«, vgl. Bruckmüller ; Hartmann (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, S. 83. Die 104. Auflage von 2011 verweist ausdrücklich auf eine längsschnittartige Betrachtung von »Seuchen vom 19. Jahrhundert bis heute«, u. a. auch mit der Visualisierung »Die Influenza in Europa 1918«, allerdings ebenfalls im Kapitel »Mittelalter«, vgl. Bruckmüller, Ernst; Ackermann, Michael (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas. 104. Aufl. Cornelsen, Berlin 2011, S. 100. Hinweise auf diese Darstellungen gibt es in den Kapiteln der Neuzeit nicht.
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Weltkriege«, »Die Welt des Kalten Krieges«) ausrichten, sondern sich darüber hinaus auch am 21. Jahrhundert orientieren. Speziell globale Gesichtspunkte sowie eine außereuropäische Geschichte wären damit angesprochen. Globale Blickwinkel müssen hinsichtlich aktueller Ereignisse in Afrika und Asien unbedingt berücksichtigt werden, um stärker auf die Entwicklung ehemaliger Kolonial- und Mandatsgebiete eingehen und um überdies Räume, die im heutigen Kontext an Bedeutung gewonnen haben, ebenfalls historisch erschließen zu können (zum Beispiel Indien, Pakistan, China sowie der afrikanische Kontinent).1059 Daneben sollten zukünftige Geschichtsatlanten auch auf die Faktoren erzieherischer Praxis im Spektrum von Friedenserziehung (Friedenspädagogik) eingehen, da sie als Raummedien für eine Integration und eine transnationale Verständigung in Europa maßgebende Inhalte transportieren.1060 So werden die Aspekte »Krise« und »Gewalt« in europäischen Atlanten zwar eingehend betrachtet und als Umstand der Staaten- und Politikgeschichte in die Gesamterzählung einer raumbezogen Geschichtsdarstellung zur Zeit der Weltkriege eingebettet. Eine genauere Auseinandersetzung mit der Krise selbst und ihren Ursachen und genauen Wurzeln (Faschismus, Totalitarismus etc.) sowie das Aufzeigen von Alternativen der Geschichte erfolgt allerdings nur selten.1061 Dabei wird in der Analyse ganz besonders deutlich, dass Atlaspublikationen bezüglich ihrer inhaltlichen Optionen im Schatten historiographischer Traditionen stehen. Denn Geschichtskarten zeichnen häufig ein immer noch unverändertes, ja fast schon deterministisches Bild der Epoche nach, in dem die Welt scheinbar ausweglos von Krieg zu Krieg taumelte und das keine Möglichkeiten der Konfliktlösung und Abwendung des gleichsam vorherbestimmten Schicksals in der Vergangenheit offenbart. Speziell die Gedanken zur Wahrnehmung eines friedlichen Ausgleichs verschwinden vor dem Hintergrund der internationalen Beziehungen der Zwischenkriegszeit. So wirkt infolge der postulierten Schwäche des »Appeasements« der »Krieg als letztes Mittel der Politik« als einziger Ausweg. Vorurteile wie auch Zuschreibungen bauen die Abbildungen in den europäischen Geschichtsatlanten zwar nicht ausdrücklich auf, jedoch zeigen sich durch starke Vereinheitlichung und Verallgemeinerung in einzelnen Karten 1059 Vgl. Osterhammel: Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaats; Bright, Charles; Geyer, Michael: Globalgeschichte und die Einheit der Welt im 20. Jahrhundert, in: Conrad; Eckert; Freitag (Hrsg.): Globalgeschichte, S. 53 – 81; Osterhammel; Petersson: Geschichte der Globalisierung. 1060 Vgl. Pingel: Schulbücher, S. 68. 1061 Vgl. Helmedach, Andreas; Radkau, Verena: Lernen und Erinnern – Holocaust, Völkermord und staatliche Gewaltverbrechen im 20. Jahrhundert, in: Internationale Schulbuchforschung 25 (2003) 1, S. 203 – 213.
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pauschalisierende Bilder von Nachbarn oder ehemaligen Kriegsgegnern (Nationalkarten), die ohne eine entsprechende Kontextualisierung unmittelbar zu einer »Stereotypisierung« führen können.1062 Die Erzeugung einseitiger Geschichtsbilder wird von den Kartenautoren dabei bewusst in Kauf genommen, teilweise stellen sie sogar historische Entwicklungen offensichtlich in Frage. Insbesondere die Geschichtsatlanten einiger ostmitteleuropäischer Staaten verwenden in der Darstellung territorialer Verhältnisse und eigener Ansprüche stark verallgemeinernde National- und Minderheitenkarten, die zum Teil die Macht bestimmter historischer Raumkonzepte in der jeweiligen, meist nationalen Geschichtskultur, in der sie entworfen und rezipiert werden, widerspiegeln. Die Karten sind demzufolge oft stark standortgebunden und zeigen in der Perspektivierung kaum alternative Richtungen auf. Die in Geschichtskarten entworfenen Selbst- und Fremdbilder müssten deshalb in der Reflexion von Geschichte vielmehr eine Vielfalt innerhalb und außerhalb Europas anstatt starrer Abgrenzung nachzeichnen. Zudem sollte der Gebrauch nationaler wie auch europäischer Perspektiven nicht mehr nur im Bereich der Militärgeschichte erfolgen, sondern unterschiedliche sektorale Gesichtspunkte ausleuchten, um damit zum Kennenlernen von Kultur und Wissenschaft und weniger der Kriegsgeschichte beizutragen.1063 Daneben wären zum Beispiel auch Karten zur Kulturgeschichte des Krieges (wie zum Beispiel Kriegsalltag) von großem Nutzen, da sie ganz andere Sichtweisen und Eindrücke von Konfliktsituationen visualisieren.
1062 Vgl. Hahn, Hans-Henning; Scholz, Stephan (Hrsg.): Stereotyp, Identität und Geschichte. Die Funktion von Stereotypen in gesellschaftlichen Diskursen. Frankfurt/Main 2002; Hahn; Hein-Kircher ; Kochanowska-Nieborak (Hrsg.): Erinnerungskultur und Versöhnungskitsch. 1063 Vgl. Mütter, Bernd: Stereotypen und historisches Lernen, in: Hahn; Scholz (Hrsg.): Stereotyp, Identität und Geschichte, S. 155 – 171.
7.
Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege: Perspektiven im Spektrum von Nationalund Globalgeschichte
»Schlachten entscheiden Kriege, Kriege verändern die Geschichte«, der prägende Einfluss von Militärgeschichte auf die Geschichtsschreibung wird über dieses klare Zitat besonders deutlich.1064 Die Ereignisse und Prozesse, die die Weltkriege im 20. Jahrhundert bestimmten, erwuchsen aus den Orten der militärischen Konfrontation und besitzen daher eine räumliche Dimension. Die Schauplätze des Ersten und Zweiten Weltkriegs finden umfangreichen Eingang in die Geschichtsatlanten Europas. Die Weltkriege werden in Geschichtskarten intensiv betrachtet, da sie vor allem den Krieg am Ort selbst, die Auseinandersetzung zwischen Kriegsparteien in Zeit und Raum als hochkonzentriertes Ereignis festhalten. Vor diesem Hintergrund lässt sich besonders auf die Relevanz des Raums in der Darstellung von Kriegsgeschichte verweisen. Im weiteren Verlauf des Kapitels erlaubt die Beleuchtung der Kartengestalt die raumdimensionale Betrachtung beider militärischer Großkonflikte, was in der Erhebung genauere Informationen über Gewichtungen und Besonderheiten in der Visualisierung der Weltkriege freilegt. Dabei richtet sich der Fokus speziell auf die Raumperspektivierung, die durch die Lokalisierung von Visualisierungsmustern – über separate oder mehrere Geschichtskarten – in exemplarischen Analysen erfolgt. Die Auswahl und Zusammenstellung der Ländersamples und Einzelbeispiele lässt sich dabei an drei Kriterien festmachen: Der Vergleich erfolgt entlang einer möglichst repräsentativen Anzahl von Geschichtsatlanten aus nationalen Samples mit einem engem sowie weniger relevanten historischen Bezug zur Zeit der Weltkriege und den einzelnen Teilaspekten. Um die Untersuchung auch mit Blick auf die Provenienz besonders breit anzulegen, erfolgen die Erhebungen aus einer möglichst vielfältigen Auswahl von Geschichtsatlanten aus verschiedenen Samples innerhalb Europas.
1064 Förster, Stig; Pöhlmann, Markus; Walter, Dierk: Die Schlacht in der Geschichte, in: Förster ; Pöhlmann; Walter (Hrsg.): Schlachten der Weltgeschichte, S. 9.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
7.1. Die Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten – Leitgedanken zu ihrer räumlichen Perspektivierung Wie zu Beginn der Studie bereits festgestellt wurde, erfolgt die aktuelle Auseinandersetzung mit beiden Weltkriegen immer noch überwiegend aus europäischer sowie unter Hinzuziehung der USA und Japan aus atlantischer beziehungsweise pazifischer Perspektive. Insgesamt mangelt es der Vielzahl von aktuellen Überblicksstudien an alternativen Blickwinkeln zum Beispiel zu Afrika oder Asien.1065 Die Geschichtswissenschaft hat sich in den letzten Jahren bemüht, sich von europazentrierten Betrachtungsweisen loszulösen1066, umso interessanter ist es deshalb gerade die an den Raum gebundene Weltkriegsgeschichte in Geschichtsatlanten zu untersuchen. Daneben besitzt die Ermittlung von konventionalisierten Darstellungen und signifikanten Sichtweisen hinsichtlich der Abbildung des eigenen Kontinents und anderer Erdteile ebenso ein erinnerungskulturelles Interesse. Für die Analysen stellen sich nunmehr folgende Fragen: Wo liegen generell die raumdimensionalen Schwerpunkte in der Kartenvisualisierung beider Weltkriege? In wieweit fokussieren Geschichtsatlanten eine Periode der Geschichte, die bisher als typisch europäisch abgehandelt wurde, in globaler Dimension? Da die Abbildung eines Raumes nicht unbedingt seine angemessene Berücksichtigung miteinschließt, wird zudem dem Problem nachgegangen, wie Geschichtsatlanten und -karten besonders für das Historische Lernen die Forderung nach globaler Perspektive einlösen. Inwiefern zeigen Weltkarten überhaupt einen globalen Geschehensraum oder rücken möglicherweise andere Formate ein? Daher wird auch der Gedanke überprüft, ob sich nicht sogar in der Fokussierung europäischer Aspekte aus der Verflechtungsgeschichte weltumspannende Gesichtspunkte von Ereignissen, Abläufen und Dependenzen ergeben. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit der Kartierung von Kolonialtruppen an der Westfront des Ersten Weltkriegs.1067 1065 Vgl. Stevenson: The First World War ; Salewski: Der Erste Weltkrieg; Berghahn: Der Erste Weltkrieg; Ferguson: The pity of war ; Becker ; Krumeich: La Grande guerre; Mommsen: Der Erste Weltkrieg; Müller: Der Zweite Weltkrieg; Schmidt: Der Zweite Weltkrieg. 1066 Vgl. Liebau (Hrsg.): The world in world wars; Ahuja; Liebau; Roy (Hrsg.): When the war began we heard of several kings; Morgenrath; Rössel (Hrsg.): »Unsere Opfer zählen nicht«; Morrow : The impact of the two world wars in a century of violence; Segesser : Der Erste Weltkrieg in globaler Perspektive; Sondhaus: World War One; Storey : The First World War ; Weinberg: A world at arms; Strachan: The First World War ; Neiberg: Fighting the Great War ; Kuhn: Der Zweite Weltkrieg in China; Dijk: The Netherlands Indies and the Great War. 1067 Vgl. Jenkinson, Jacqueline: All in the Same Uniform? The Participation of Black Colonial Residents in the British Armed Forces in the First World War, in: The journal of Imperial
Erster Weltkrieg: Europazentrierung und/oder postkoloniale Perspektiven?
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Im Ganzen liegt das Interesse in der Auslotung von Mustern und Optionen in der räumlichen Visualisierung von Geschichte. Besonders interessant ist dabei, dass Karten Orte nennen und verschweigen können ohne die Auswahl zu begründen. Kartenmethodische Aspekte sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung, denn vor allem die Wahl von Ausschnitt, Zentrierung und Projektionsform nimmt Einfluss auf die raumdimensionale Gestaltung der Darstellung. Im Kontext beider Konflikte soll zudem die Rolle der Akzentuierung von Orten und Räumen im Rahmen von Kartenfolgen in Geschichtsatlanten untersucht werden. Die allgemeinen Erhebungen in Kapitel fünf haben bereits angedeutet, dass sich im europäischen Vergleich zur Perspektivierung der Weltkriege in der gesamten Auswahl viele Übereinstimmungen in der Darstellungsmethode ergeben. Europakarten stehen demnach im Mittelpunkt der militärischen Konflikte. Weltkarten sind quantitativ im Sample unterrepräsentiert. Nationalkarten sowie Detail- und Schauplatzkarten nehmen einen großen Platz in Geschichtsatlanten ein. Von einer Kombination aus europäischen, nationalen und räumlich begrenzten Blickwinkeln ist in der Herausstellung von Kartenfolgen daher am häufigsten auszugehen. Die Atlasteile zu den Weltkriegen wirken allein auf Grund ihrer Raumdimensionierung im Erscheinungsbild vieler Geschichtsatlanten einheitlich. Der Ansatz gilt auch für die inhaltlich-thematische Abhandlung beider Weltkriege, die größtenteils aus militärhistorischer Sicht erfolgt und nur selten abweichende Standpunkte beleuchtet. Die grobe Richtung der Analyse zielt zunächst auf die Erschließung der Raumorientierung in der kartografischen Abbildung des Ersten Weltkriegs ab, daran knüpft in einem Abgleich die genaue Verortung des Zweiten Weltkriegs an.
7.2. Erster Weltkrieg: Europazentrierung und/oder postkoloniale Perspektiven? Den Krieg von 1914 bis 1918 bezeichneten schon Zeitgenossen als »Großen europäischen Krieg«, doch der Weltkrieg war nicht nur eine europäische Katastrophe, denn die Auseinandersetzung besaß globalen Charakter und wurde auf dem afrikanischen und asiatischen Kontinent aber auch zur See, zum Beispiel im Atlantik oder im Indischen Ozean, ausgetragen.
and Commonwealth history 40 (2012) 2, S. 207 – 231; Xu, Guoqi: Strangers on the Western Front. Chinese workers in the Great War. Cambridge 2011; Roy, Kaushik (Hrsg.): The Indian Army in the Two World Wars. Leiden 2011.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
Speziell zur Analyse des Ersten Weltkriegs werden daher die Leitfragen präzisiert: Wo liegen die Schwerpunkte der räumlichen Darstellung? Tauchen Schauplätze in Kleinasien, im Libanon, Syrien und Palästina, den deutschen Kolonien in Afrika und Asien in Geschichtsatlanten auf ? Beispielsweise steht in Lehrplänen und Schulbüchern Deutschlands, Englands und Frankreichs die Betrachtung des Ersten Weltkriegs oft in einer Kontinuität von Kolonialismus und Imperialismus. Ergeben sich über diesen Zusammenhang besondere Sichtweisen zum Konflikt in Lehrmitteln? Generell werden Blickwinkel und Muster in der räumlichen Visualisierung des Ersten Weltkriegs untersucht. Außerdem erfolgt die Analyse von Kartenfolgen in der Auseinandersetzung mit Schauplätzen inner- und außerhalb Europas.
7.2.1. Schwerpunkte in der Raumperspektivierung des Ersten Weltkriegs Einen ersten Hinweis zur raumdimensionalen Schwerpunktlagerung der Weltkriege liefert die im Gesamtsample analysierte häufige Verwendung von Europakarten (vgl. Kapitel 5). Karten zum europäischen Kontinent verschaffen dem Betrachter einen Überblick zu den einzelnen Kriegsschauplätzen. Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Räumen und Orten des Konflikts können so herausgestellt werden. Die Nutzung von Europakarten erfolgt für den Ersten Weltkrieg im Abgleich mit dem Zweitem Weltkrieg pro Atlas viel konsequenter und durchgängiger.1068 Die Betrachtungen zum Kriegsgeschehen in Europa finden je nach Darstellungsansatz zumeist durch Karten zu einzelnen Schwerpunkten (nationale Aspekte, Besonderheiten der Kriegsgeschichte, Erinnerungsorte) eine individuelle Ergänzung. Vor diesem Aspekt lässt sich ein Verhältnis von Europakarte zur Welt-, National- sowie Schauplatz- und Detailkarte definieren, das vor allem im Falle der Kombination (Kartenfolge) mit nationalen und räumlich begrenzten Dimensionen dicht beieinander liegt.1069 Zunächst sollen über den Blick auf einzelne Ländersamples die Ergebnisse zur Lagerung der Raumschwerpunkte in der Betrachtung des Ersten Weltkrieges bestätigt und erweitert werden.1070 1068 Vgl. Kapitel 5.6. 1069 Die Betrachtung des Ersten Weltkriegs erfolgt in europäischen Geschichtsatlanten durch 10 % Weltkarten, 34 % Europakarten, 28 % Nationalkarten, 28 % Detailkarten oder Schauplatzkarten. 1070 Die Auswahl der nationalen Samples bestimmen verschiedene Gesichtspunkte: Es werden Blickwinkel der Besiegten/Mittelmächte (Deutschland) sowie der Sieger/Entente (Belgien, Frankreich) betrachtet. Daneben interessieren Länder, die nach dem Krieg neu entstanden sind (Polen, Litauen), sowie die die durch Revolutionen einen besonderen Status besitzen
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Die Begutachtungen zur raumdimensionalen Akzentuierung von Geschichtsatlanten einzelner exemplarischer Länderbeispiele bekräftigen den vorhandenen Befund der vorrangigen Nutzung von Europakarten und deren vielfache Kombination mit National- und Schauplatz- sowie Detailkarten. Weltkarten treten quantitativ in den Hintergrund. Davon heben sich besonders litauische und polnische Geschichtsatlanten ab, denn sie nutzen für die Darstellung oft nationale Blickwinkel. Für russische und schwedische Veröffentlichungen ergeben sich eine Vielzahl von Schauplatz- und Detailkarten, wobei im schwedischen Sample vermutlich aufgrund der ebenfalls hohen Zahl von Europakarten Kartenfolgen europäischer und räumlich begrenzter Perspektiven im Vordergrund stehen. Deutsche sowie französische Atlanten verwenden Weltkarten regelmäßig, sie tauchen allerdings aufgrund der Dominanz des europäischen Blickwinkels immer nur als Ergänzung in einer Kartenreihe auf. Globale Blickwinkel resultieren in einigen nationalen Zusammenstellungen noch aus Kartenfolgen von Europa- und Schauplatzkarten oder aus erweiterten Abbildungen des europäischen Kriegsgeschehens über die Ausdehnung des Kartenausschnitts, die beispielsweise Kleinasien mit einbeziehen. Vor dem Hintergrund der bisherigen Erhebungen offenbaren sich daher neben separat auftretenden Europakarten mehrere Möglichkeiten der raumdimensionalen Gewichtung, die in Kombinationen von europäischer Perspektive mit globalen, nationalen beziehungsweise räumlich begrenzten Blickwinkeln die Fokussierung inner- wie außereuropäischer Gesichtspunkte des Konflikts vornehmen.
7.2.2. Die Europakarte und der Kriegsschauplatz des Ersten Weltkriegs Die europäische Dimension dominiert die Darstellung des Ersten Weltkriegs. Bereits 1970 hielt Armin Wolf in einer Untersuchung europäischer Geschichtsatlanten fest, dass »Europa als Ganzes« in der Darstellung des Ersten Weltkrieges eine »erhebliche Beachtung findet«.1071 Viele Geschichtsatlanten beschränken daher die Abhandlung des Geschehens auf den eigenen Kontinent. Die Europakarte tritt entweder als Einzelkarte,1072 wie beispielweise im litauischen (Russland). Auch neutrale Staaten haben Bedeutung (Schweden). Wichtig ist zudem eine ausreichende Breite im Material, d. h. die Begutachtung einer größeren Zahl von Geschichtsatlanten ermöglicht, auf ausgewogene empirische Daten zurückzugreifen (Zur Auswertung des gesamten Materials siehe Anlagen 7.1.). 1071 Vgl. Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder, S. 78. 1072 Die separate Abbildung (Europakarte) erfolgt in 39 Schulatlanten und 12 »allgemeinen« Atlanten.
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Abbildung 7.1.: Die Raumperspektive des Ersten Weltkriegs in europäischen Geschichtsatlanten (Verhältnis der Welt-, Europa-, National- und Schauplatzansicht in %).
»Schulatlas Weltgeschichte«1073 vom Verlag »Sˇviesa« (K.abb. 7.1.), oder in Kombination mit einem ergänzenden nationalen, räumlich begrenzten oder globalen Blickwinkel zur Geschichte auf (siehe unten). Die Europadarstellungen beschäftigen sich überwiegend mit den Bündniskonstellationen, den Frontverläufen, der geografischen Einordnung von Offensiven sowie dem allgemeinen Blick auf verschiedene Kriegsschauplätze. Das »Schlachtfeld Europa« wird dabei meistens in einen Zeitschnitt von 1914 bis 1918 gefasst. Abfolgen von Europakarten zur intensiveren Visualisierung der Konfliktentwicklung – etwa in einem »Kartenfilm« – sind hingegen äußerst selten.1074 Das besondere an der kontinentalen Darbietung liegt im Charakter der Karte möglichst viele Informationen zu mehreren Kriegsschauplätzen zu unterschiedlichen Zeitpunkten verteilt auf den ganzen europäischen Raum nebeneinander in einer Abbildung darzustellen. Diesbezüglich ist allerdings in vielen Produktionen zu beobachten, dass sich die europäische Perspektive auf Westeuropa ausrichtet (Zentrierung/Raumausschnitt) und zum Beispiel Teile Skandinaviens ignoriert werden. Zudem gelangen Nordafrika und das angrenzende Vorderasien nur selten in den Blick. 1073 Vgl. Gaucˇas, Petras; Pilipaitis, Albinas (Hrsg.): Visuotine˙s istorijos atlasas mokykloms. Sˇviesa, Wilna 2004, S. 48. 1074 Vgl. Blasselle, Ren¦; Serryn, Pierre (Hrsg.): Atlas Bordas geographique et historique. Bordas, Paris 1993, S. 28; Krycin´ski; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; 1815 – 1939, S. 32 f; Sienkiewicz, Witold (Hrsg.): Historia S´wiata; Atlas Ilustrowany. Demart, Warschau 2007, S. 288 f; Roszkowski, Wojciech; Scwarc, Andrzej; Tazbir, Julia (Hrsg.): Wielki Atlas Historyczny. Demart, Warschau 2008, S. 92 f.
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Gerade in Geschichtsatlanten, in denen die Europakarte ohne Ergänzung anderer Karten auftritt, stößt die Visualisierung in der Präsentation der Weltkriegsgeschichte an ihre Grenzen. Die Darstellung hat die Aufgabe für den gesamten Kriegsverlauf – für unterschiedliche Orte, Ereignisse und Abläufe – ein möglichst geschlossenes Bild des Konflikts wiederzugeben. Sie bleibt allerdings in Europakarten oft auf den Kontinent respektive einzelne Teile begrenzt, denn globale Perspektiven des Weltkriegs gelangen zumeist nur über Ergänzungen in Kartenfolgen mit außereuropäischem Fokus in das Blickfeld des Betrachters.
7.2.3. Europa im Fokus des Betrachters – Die Kombination von Europa-, National- und Schauplatzkarten Die Kombination von Europa- und Schauplatzkarte, die einerseits das europäische und andererseits das räumlich begrenzte Kriegsgeschehen innerhalb des europäischen Kontinents visualisiert, stellt eine häufig auftauchende Kartenfolge in Geschichtsatlanten dar.1075 Der Fokus wird dadurch neben Europa auch auf einen begrenzten Raumausschnitt beziehungsweise signifikanten Schauplatz gelenkt. 7.2.3.1. Der räumlich begrenzte Blick auf den Weltkrieg – Die Westfront im Zentrum der Betrachtung Vor dem Hintergrund des Konflikts von 1914 bis 1918 lässt sich die klare Reihung von Geschichtskarten insbesondere an der zahlreich erscheinenden Verbindung von europäischem Kriegsschauplatz und Westfront veranschaulichen.1076 Andere räumlich begrenzte Abbildungen zum Kriegsgeschehen beschäftigen sich zum Beispiel mit dem Krieg im Osten, dem Balkan und den Dardanellen, sie sind allerdings sehr selten. Kartendarstellungen zur Westfront besitzen einen kleineren Raumausschnitt als Europakarten und bilden hauptsächlich den lokalen Krieg in Belgien sowie den Grenzregionen Frankreichs und Deutschlands ab. In Form dieser regionalbegrenzten Detailvisualisierung werden unterschiedliche militärische Operationen betrachtet, die sich größtenteils mit dem zeitlichen Rahmen einzelner Aspekte der kriegerischen Auseinandersetzung, dem Verlauf und dem Vorrücken und Zurücknehmen der Fronten beschäftigen. Die Orte des Weltkriegs, die als Synonyme für die Schlachten in 1075 Den Ersten Weltkrieg behandeln in der Kombination von Europa- und Schauplatzkarte 128 Schulatlanten sowie 16 »allgemeine« Atlanten. 1076 81 Schulatlanten sowie 16 »allgemeine« Atlanten betrachten in Kombination von Europaund Schauplatzkarte speziell mit Schwerpunkt Westfront den Ersten Weltkrieg.
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Angriff und Verteidigung, für die Brutalisierung und Technisierung stehen, sind dabei von besonderer Bedeutung, denn kaum eine Karte zur Kampfzone in Belgien und Frankreich kommt ohne die Namen der Städte, Flüsse und Regionen aus, die für die Schrecken des Krieges stehen. Die einzelnen Raumausschnitte in den Abbildungen der in Kombination auftretenden Karten ermöglichen dem Betrachter zwei Blickwinkel auf den Konflikt: Die Europakarte gibt eine grobe Einordnung zur europäischen Dimension. Der Blick auf die Karte zur Westfront erlaubt vertiefend die elementaren Aspekte des Geschehens und die Geographie des begrenzten Raums wahrzunehmen. Der belgische »Historische Atlas«1077 vom Verlag »VAN IN« stellt geradezu klassisch den Ersten Weltkrieg in Schauplatz- und Europakarte dar. Beide Abbildungen haben den gleichen Zeitschnitt »1914 – 1918«, der räumlich begrenzte Ausschnitt zeigt den Krieg im Westen, die europäische Perspektive beleuchtet den Gesamtverlauf des Konflikts. (K.abb. 7.2.) Dem Raum der Westfront wird in der Betrachtung des Ersten Weltkriegs in der Verkleinerung des Blickwinkels besondere Bedeutung zugemessen, was allerdings in der Analyse der Provenienz aller Visualisierungen über den Fokus einer reinen westeuropäischen Sichtweise hinausgeht.1078 So ergibt sich auch für Länder, bei denen allein aus historisch-geographischem Hintergrund die Gewichtung der Ostfront in der Darstellung naheliegt, wie beispielsweise Russland, ebenfalls eine häufige Berücksichtigung der Westfront.1079 Die Kombination von Europakarte und Westfrontkarte unterstreicht vor allem den hohen Stellenwert der Perspektive in der Auseinandersetzung mit dem »Krieg im Westen«. Diese Präferenz des Blicks findet sich ebenso über ganz Europa verteilt in Lehrplänen, Schulbüchern aber auch in der Geschichtsschreibung wieder.1080 Im Kontext des Ersten Weltkriegs kann man deshalb vom konventionalisierten Auftauchen einer Karte zur Westfront in Geschichtsatlanten sprechen, in der sich komplexe historische Gegenstände manifestieren. Über den Schlieffen Plan, den Stel1077 Adams (Hrsg.): Historische Atlas, S. 51. 1078 29 Geschichtsatlanten aus Ostmittel- und Osteuropa (Albanien, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen Polen, Russland, Serbien, der Slowakischen Republik, Slowenien, der Tschechischen Republik und Ungarn) wählen die Perspektive Westfront in Kombination mit einer Europakarte. 1079 Vgl. Ponomareva, Michail V. (Hrsg.): Atlas; Mir v XX veke; 9 – 11 klassy. Izdat. Dom Drofa, Moskau 1998, S. 2 f. 1080 Vgl. u. a. Brandt, Susanne: Vom Kriegsschauplatz zum Gedächtnisraum: Die Westfront 1914 – 1940. Baden Baden 2000; Brandt, Susanne: Bilder von der Zerstörung an der Westfront und die doppelte Verdrängung der Niederlage, in: Hirschfeld, Gerhard; Krumeich, Gerd; Langewiesche, Dieter (Hrsg.): Kriegserfahrungen. Studien zur Sozialund Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkrieges. Essen 1997, S. 439 – 454; Mütter, Bernd: Sedan und Verdun – zwei Erinnerungsorte für Franzosen und Deutsche. Perspektiven einer europäischen Geschichtskultur als Aufgabe der Erwachsenenbildung, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 57 (2006) 12, S. 700 – 718.
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lungskrieg (»The static front«, »La guerre de position« etc.), die blutigen Schlachten an den geschichtsträchtigen Orten Verdun, Somme etc. sowie die deutsche Niederlage im Jahr 1918 erscheinen vielfältige Ereignisse und Prozesse, die als Inbegriff für den Verlauf aber auch für den Krieg selbst stehen, im Symbol der Westfront.1081 Hinweise auf verflechtungsgeschichtliche Aspekte zu kolonialen Hintergründen des Kriegsgeschehens präsentieren hingegen nur Ausnahmen von einzelnen britischen Atlaspublikationen. Im »Routledge Atlas of British History«1082 von Martin Gilbert werden auf der Karte »The western front 1914 – 1918« die Streitkräfte des britischen Empires der Herkunft nach aufgelistet und so in den Schauplatz der Westfront integriert. Gilbert vermittelt mit seiner Nennung indischer, südafrikanischer, kanadischer, australischer und neuseeländischer Kontingente sowie chinesischer (»Chinese Labour Corps«) und südafrikanischer (»South African Native Labour Corps«) Arbeitseinheiten ein Stück Kolonialgeschichte, welche sonst nirgendwo in Atlanten auftaucht und auch in der Geschichtsschreibung eher selten erscheint.1083 (K.abb. 7.3.) So weisen beispielsweise französische oder belgische Atlanten wie auch das europäische Sample insgesamt weder in Karten noch in ergänzenden Texten die Erwähnung von kolonialen Einheiten aus. Im Ganzen versucht der Geschichtsatlas über den Zuschnitt von Kartendarstellungen einzelne Hintergründe zu räumlich begrenzten Blickwinkeln aufzugreifen und auf die Gesamtbetrachtung des Ersten Weltkrieges zu projizieren. Verstärkt werden viele Visualisierungen zur Westfront dadurch, dass sich in einem großen Teil der Atlasproduktionen selbst in Europakarten Schwerpunktlagerungen zum »Krieg im Westen« ergeben. Dagegen werden davon abweichende Perspektiven und Aspekte etwa durch die Wahl des Kartenausschnitts nur wenig berücksichtigt. 7.2.3.2. Der Raum des lokalen Kriegsgeschehens – Intensivierung der Darstellung? Die intensive Betrachtung der Westfront ergibt sich auch aus Abfolgen von Europakarten und Kartendarstellungen mit akzentuiertem lokalem Raumausschnitt. Diese Kombination erfolgt zwar nur in einer kleinen Auswahl von Ge1081 Vgl. Bull, Stephen: Trench: A history of trench warfare on the Western front. Oxford 2010; Hooton, Edward R.: War over the trenches: air power and Western Front campaigns, 1916 – 1918. Hersham 2010; Ulrich, Bernd; Ziemann, Benjamin (Hrsg.): Frontalltag im Ersten Weltkrieg: ein historisches Lesebuch. Essen 2008. 1082 Gilbert (Hrsg.): The Routledge Atlas of British History, S. 101. 1083 Jenkinson: All in the Same Uniform?; Xu: Strangers on the Western Front; Roy (Hrsg.): The Indian Army in the Two World Wars.
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schichtsatlanten, sie stellt aber beispielhaft die große Bedeutung des »Krieges im Westen« in der Beschäftigung mit dem gesamten Konflikt heraus.1084 So lassen sich zum Ersten Weltkrieg in einigen Geschichtsatlanten neben den klassischen Abbildungen zum europäischen Kriegsschauplatz und zur Westfront begrenzte Detaildarstellungen lokalisieren, die häufig einen geographischen Bezug zum Geschehen herstellen (»La bataille de Verdun en 1916«, »Trench Warfare: Battle of the Somme«, »Verdun 1916: Stellungskrieg und Materialschlacht«).1085 (K.abb. 7.4.) Der »Raum des Krieges« auf der Mikroebene steht in diesen Darstellungen im Mittelpunkt, indem die Karte meistens Schützengräben, Truppenverteilungen und Niemandsland visualisiert und sich damit in Kontrast zur stark vereinfachenden Überblicksabbildung der Europakarte setzt. In einigen Produktionen wird dieses Arrangement noch zusätzlich um eine Visualisierung zur Westfront ergänzt. Neben der Aneinanderreihung verschiedener Raumausschnitte, die in das Kriegsgeschehen der Westfront eintauchen, werden in einigen Atlanten zusätzlich topographische Gegebenheiten von Schauplätzen hervorgehoben. Die Autoren unterstreichen so die hohe erinnerungskulturelle Bedeutung der Kartenabbildungen.1086 (K.abb. 7.5.) Insbesondere Lehrmittel oder selbst Curricula greifen die Relevanz von bedeutsamen historischen Orten des Weltkriegs auf. Englische und französische Schulbücher integrieren beispielweise in ihre Darstellungen Kapitel zu den Kriegsschauplätzen. Besonders unter dem Stichwort »Trench Warfare« oder »L’enfer de tranch¦es« werden die Bedingungen und das alltägliche Leben an besonderen Orten des »Großen Kriegs« thematisiert.1087 Das National Curriculum, der französische Lehrplan oder die Bildungspläne der deutschen Bundesländer erwähnen ausdrücklich in Verbindung mit den Namen Verdun, Somme, Flandern etc. »das veränderte Gesicht […] der Materialschlachten des Ersten Weltkrieges«1088 und thematisieren die neue »Dimension des Krieges«.1089 In Frankreich erfolgt sogar die Aufklärung am Ort selbst, da für
1084 Insgesamt 12 Geschichtsatlanten nutzen die Kombination von Europa- und Detailkarte. 1085 Vgl. Lambin; Villette (Hrsg.): Atlas des colleges, S. 72; Edmonds; King; Lintott (Hrsg.): Philip’s history atlas, S. 41; Knippert; Wagner (Hrsg.): Alexander, S. 69. 1086 Carton; Lambin (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 58 f. 1087 Vgl. u. a. Alazard, JoÚlle; Marseille, Jacques (Hrsg.): Le monde, l’Europe, la France: 1850 – 1945. Nathan, Paris 2007, S. 202 ff.; Shephard, Colin (Hrsg.): Discovering the past, Britain & the Great War. Murray, London 1995, S. 115; Walsh, Ben: History in Focus – Modern World History. Murray, London 2002, S. 12 ff. 1088 Vgl. Lehrplan für NRW, S. 28. Die Lehrpläne der deutschen Bundesländer sind vom Bildungsserver (DIPF) abrufbar. Online verfügbar unter URL: http://www. bildungsserver.de [Stand: 30. 10. 2012]. 1089 Vgl. Lehrplan für Hessen, S. 32 (Quelle siehe oben).
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französische Schüler eine Reise nach Verdun Pflichtbestandteil der vierten Gymnasialklasse ist.1090 Verdun entwickelte sich für Frankreich auf vielfältige Art und Weise zu einem »historischen Ort der Erinnerung«, der zum »heroischen Symbol« für den »Großen Krieg« wurde.1091 In Großbritannien dient die Darstellung der SommeSchlacht als Musterbeispiel für ein kollektives Gedenken.1092 Für Deutschland steht der Ort Verdun ebenfalls für historische Erinnerung, allerdings jenseits jeglicher nationaler Tradition sondern eher im friedlichen Kontext einer gemeinsamen europäischen Zukunft.1093 Dass Geschichtskarten daher auch in der räumlichen Visualisierung von Erinnerungsorten einen hohen Stellenwert besitzen und sich über Kartenfolgen Wechselbeziehungen zwischen europäischer und lokaler Dimension ergeben, wird somit deutlich. In dieser Form der Aneinanderreihung von Karten fokussiert die Perspektivierung des Weltkrieges vornehmlich den kartographisch angebundenen Raum des Schlachtfelds in Europa, um darüber Anschluss an die Alltags- und Erinnerungsgeschichte des Krieges zu finden. Gerade vor diesem Hintergrund erscheint dem Betrachter die Geschichtskarte zum Krieg an der Westfront sehr verführerisch, da sie ihm ermöglicht, sich vor den lokalen Erinnerungskonzepten von Nora, Schulze und FranÅois auf eine Reise in die Vergangenheit zu begeben, die eng mit geographischen Bezugsgrößen verbunden ist.1094 Allerdings bleiben weltumspannende Auswirkungen und Verknüpfungen des Konflikts auf diese Weise größtenteils unberücksichtigt, da sich der Weltkrieg durch die gezielte historische Betrachtung in Geschichtsatlanten stark europäisch – vielmehr westeuropäisch – fokussiert und sich in den regionalen Darstellungen keine Hinweise auf globale Kontexte – auch nicht innerhalb einer Verflechtungsgeschichte – ergeben.
7.2.3.3. Der Raum der eigenen Geschichte im Fokus – Nationale Perspektivierung In vielen Atlanten werden nationale Blickwinkel über die Kombination von Europa- und Nationalkarte visualisiert. Durch die Abbildung begrenzter Schauplätze richten einzelne italienische, lettische, polnische, rumänische, 1090 Vgl. Petermann: Rituale machen Räume, S. 104. 1091 Prost: Verdun, S. 253 – 278. 1092 Vgl. Londey ; Steel: Der Erste Weltkrieg als nationaler Erinnerungsort; Alter: Der Erste Weltkrieg in der englischen Erinnerungskultur ; Korte, Barbara; Schneider, Ralf; Sternberg, Claudia: Der Erste Weltkrieg und die Mediendiskurse der Erinnerung in Großbritannien. Autobiographie, Roman, Film; (1919 – 1999). Würzburg 2005. 1093 Vgl. Krumeich: Verdun: ein Ort gemeinsamer Erinnerung; Mütter : Sedan und Verdun – zwei Erinnerungsorte für Franzosen und Deutsche. 1094 Vgl. Carcenac-Lecomte: Wie nationales Gedächtnis »verortet« wird, S. 120.
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slowenische, slowakische und tschechische Atlasproduktionen den Fokus auf die Nationalgeschichte.1095 Über das Verhältnis des Raumbezugs lassen sich in der Abfolge europäischer und nationaler Perspektiven Gemeinsamkeiten zu bereits analysierten Darstellungsvariationen von Detail- oder Schauplatzkarte herstellen, die sich nur über den spezifischen Zuschnitt des jeweiligen Atlas unterscheiden. Der italienische »Atlante Storico Del Mondo« vom Verlag »De Agostini« liefert neben einer Europakarte mit dem Titel »La Grande Guerra in Europa (1914 – 18)« zur Orientierung eine ergänzende Geschichtskarte zur »Il fronte italiano«, die mit kleinem Raumausschnitt den Gebirgskrieg in den Alpen visualisiert.1096 Für die slowenische Produktion »kleiner Geschichtsatlas«1097 vom Verlag »Modrijan« lässt sich ebenfalls die Fokussierung von europäischem und nationalem Kriegsschauplatz festhalten, da die Veröffentlichung die Gesamtdarstellung des Konflikts mit der Geschichtskarte »Austrijisko-Italijanska Fronta« aus einem nationalen Blickwinkel ergänzt. Im Kontext dieser Beispiele ist ein spezieller Bezug zur italienischen und slowenischen Geschichte gegeben, weil der Krieg gebunden an den besonderen geografischen Raum der Alpen abgehandelt wird. Für Italien und Slowenien stellt die Abbildung des Gebirgskrieges an der Alpenfront einen wichtigen nationalen Bezugspunkt dar,1098 der über den Kartenausschnitt den Konflikt in den erinnerungskulturellen Raum rückt und sich deshalb auch in allen Geschichtsatlanten beider Länder wiederfindet. Weitere Verknüpfungen von europäischer und nationaler Perspektive sind unter anderem im litauischen »Naujuju laiku istorijos atlasas« (Atlas zur modernen Geschichte)1099 von Aru¯nas Latisˇenka in Abbildung des Baltikums auf der Karte »Erster Weltkrieg 1914 – 1918«, im rumänischen »Atlas istoric s¸colar« (Schulgeschichtsatlas)1100 von Lidia Stanciu mit der Visualisierung »Rumänien während des Ersten Weltkrieges« oder im slowakischen Atlas »Novovek II« (Moderne II)1101 von Helena Mandelov mit der Karte »Die Slowakei während des Ersten Weltkrieges« vorhanden. Signifikant und einmalig erscheint die 1095 Insgesamt 42 Schulatlanten und zwei »allgemeine« Atlanten nutzen die Kombination von Europa- und Nationalkarte. Französische und belgische Beispiele sind hier gesondert zu betrachten. 1096 Vaighi (Hrsg.): Atlante Storico Del Mondo, S. 156. 1097 Weber (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas, S. 59. 1098 Vgl. Janz: Zwischen Konsens und Dissens, S. 210; auch Kuprian, Hermann J. W.; Überegger, Oswald (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg im Alpenraum. Erfahrung, Deutung, Erinnerung. Bozen 2005. 1099 Latisˇenka, Aru¯nas (Hrsg.): Naujuju laiku istorijos atlasas 9 klasei. Briedis, Wilna 2004, S. 26. 1100 Stanciu, Lidia (Hrsg.): Atlas istoric s¸colar. Cartographia, Cluj-Napoca 2006, S. 25. 1101 Mandelov, Helena (Hrsg.): Novovek II; Dejepisn¦ Atlasy pre zkladn¦ ˇskoly a osemrocˇn¦ Gymnzi. VK¢ Harmanec, Harmanec 1999, S. 47.
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Darstellung im »De Bosatlas van de Geschiedeniscanon«,1102 der im Kontext des niederländischen Bildungsplans die Flüchtlingsproblematik im Ersten Weltkrieg kartiert. Die Visualisierung von Flüchtlingsbewegungen an der niederländisch-belgischen Grenze gibt zudem indirekt einen Hinweis auf ein Stück Geschichte des Konflikts, die sich hingegen in keinem Atlas findet, denn der Elektrozaun, der die Flucht aus dem von Deutschland besetzten Belgien in die Niederlande lebensgefährlich machte, wird nie dargestellt.1103 (K.abb. 7.6.) Eine große Anzahl von Geschichtskarten mit nationalem Blickwinkel setzt sich in polnischen Publikationen mit dem Ersten Weltkrieg oder vielmehr mit den sich dem Konflikt anschließenden Ereignissen zur Staatsgründung auseinander. In diesem Zusammenhang tauchen mehrere Nationalkarten in einer Abfolge im Atlas auf. So zeigen Karten etwa Visualisierungen zum polnischen Militär an verschiedenen Fronten1104, zum Königreich Polen1105 sowie der speziellen Thematisierung militärischer Auseinandersetzung im Kontext der russischen Revolution und der »Wiedergeburt des polnischen Staates«.1106 Diese Ereignisse und Abläufe stehen für eine kleinteilige Beschäftigung mit dem militärischen Konflikt in Perspektivierung der eigenen Geschichte, welche die für europäische Geschichtsatlanten übliche Darstellung des Konflikts durch eine Europakarte mit einer Vielzahl von Nationalkarten erweitert. Die Beschäftigung mit dem Ersten Weltkrieg wirkt dennoch sehr knapp und dient vielmehr als Auftakt zum eigentlich wichtigen Ereignis, der Gründung der polnischen Republik. Diesen Befund bestätigt auch der Blick auf die polnische Geschichtsschreibung.1107 Ähnliche Auseinandersetzungen mit dem Ersten Weltkrieg finden sich in Geschichtsalanten anderer ostmitteleuropäischer Staaten (Tschechische Republik, Slowakische Republik oder Ungarn). Erinnerungskulturelle Bezüge wie im Falle Polens liegen als Intention zur Kartengestaltung ebenfalls nahe. Die Verbindung von Europakarte und nationalen Gesichtspunkten verknüpft daher unter dem lokalen Blickwinkel den »Nahraum« der eigenen Vergangenheit mit der europäischen Dimension des Ersten Weltkriegs. Die in dieser Abfolge erfolgende Betrachtung konzentriert sich mehrheitlich auf nationale Belange 1102 Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 36. 1103 Hirschfeld, Gerhard: »Let op, Levensgevaar«. Der Elektrozaun an der belgisch-niederländischen Grenze, in: Burgdorff; Wiegrefe; Andresen (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg, S. 97 – 100. 1104 Vgl. Krycin´ski; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; 1815 – 1939, S. 36 f; Panfil; Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 7 – 8, S. 28 f. 1105 Vgl. Sikorski; Zaremba (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum, S. 60. 1106 Vgl. Daniluk; Konarski (Hrsg.): Atlas historyczny ; dla szkûł s´rednich, S. 70. 1107 Vgl. Traba, Robert: Der vergessene Krieg 1914 – 1918. Deutsche und Polen, in: Lawaty, Andreas; Orłowski, Hubert (Hrsg.): Deutsche und Polen. Geschichte, Kultur, Politik. München 2003, S. 53 – 60.
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von Geschichte. Der europäische und vor allem der weltumspannende Rahmen und die damit in Verbindung stehenden Perspektiven der »Anderen« treten in den Hintergrund. Fast jeder Geschichtsatlas integriert eine Europakarte in seine Darstellung zum Ersten Weltkrieg, zudem bildet eine große Zahl von Geschichtskarten mit räumlich begrenzter Perspektive als Ergänzung einzelne europäische Schauplätze ab. Somit offenbart die bisherige Untersuchung eine klare Akzentuierung Europas in der Gesamtheit aller Kartenwerke. Im Ganzen markieren die zahlreichen Visualisierungen zur Westfront eine eindeutige Schwerpunktlagerung auf dem Kontinent. Inwieweit nun globale Aspekte durch kartenspezifische Ausrichtung die Darstellung anreichern, wird im folgenden Abschnitt untersucht.
7.2.4. Der Blick außerhalb Europas in der Darstellung des Ersten Weltkrieges Die Auseinandersetzungen des Ersten Weltkriegs besitzen in Geschichtsatlanten auch eine globale Dimension. Wichtige Schauplätze stellen vor allem die deutschen Kolonien in Afrika und Asien sowie der Krieg auf den Ozeanen dar. Daneben rücken die Aktionen des Osmanischen Reiches in Teilen Vorderasiens mit in den Fokus der außereuropäischen Auseinandersetzung.1108 Dass sich diese Perspektivierungen in der Geschichtschreibung dem europäischen Blickwinkel immer noch nachordnen, wurde bereits erwähnt.1109 Die bisherigen Analysen haben ergeben, dass Europa speziell Westeuropa in vielen Atlasproduktionen im Mittelpunkt der Abhandlung des Ersten Weltkriegs steht. Dass genauso globale Aspekte in Geschichtsatlanten berücksichtigt werden, lässt sich an den folgenden drei Optionen zur Visualisierung außereuropäischer Gesichtspunkte veranschaulichen. Dabei ergänzen die Atlasautoren ihre Europakarten in der Abfolge um Welt- und/oder Schauplatzkarten. Zudem ergibt sich vereinzelt die Ausweitung der europäischen Dimension über die Vergrößerung des Ausschnitts von Europakarten, um Kriegsschauplätze in Asien und Afrika zu visualisieren.
1108 Vgl. Förster : Der globalisierte Krieg; Förster : Vom europäischen Krieg zum Weltkrieg; Petter : Der Kampf um die deutschen Kolonien; Thorau, Peter : T.E. Lawrence – Mythos und Wirklichkeit. Der arabische Aufstand und das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg, in: Saeculum Jahrbuch für Universalgeschichte 52 (2001) 1, S. 55 – 71; Celiker, Fahri: Turkey in the First World War, in: Revue Internationale d’Histoire Militaire 46 (1980), S. 163 – 203. 1109 Vgl. Strachan: The First World War ; Keegan: The First world War; Howard: The First World War.
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7.2.4.1. Der globale Raum als Anhängsel – Weltkarten in Ergänzung des weltumspannenden Geschehens Weltkarten zum Ersten Weltkrieg sind im Vergleich zu anderen Kartenformen in europäischen Geschichtsatlanten relativ stark unterrepräsentiert. Außerdem stehen sie in Atlasproduktionen selten separat, sondern treten fast immer in Kombination mit Europakarten auf. Kartenfolgen stellen in Geschichtsatlanten ein ideales Mittel dar, die weltumspannenden Aspekte des Weltkriegs neben der reinen europäischen Sicht hervorzuheben. Eine mögliche Variante in der globalen Darstellung des Konflikts erfolgt deshalb in der Aneinanderreihung von Europa- und Weltkarten.1110 Im Ganzen konfrontieren die Weltansichten den Betrachter mit zusammenfassenden Aspekten, wie die internationalen Bündniskonstellationen, die Lokalisierung der deutschen Kolonien, die punktuelle Verortung militärischer Auseinandersetzung sowie die Feststellung der Kapitulation der deutschen Kolonialtruppen. Daneben beleuchten manche Atlanten spezifische inhaltliche Gesichtspunkte, die im Spannungsfeld von wirtschaftlicher Dependenz und Seekriegsführung über Weltkarten räumlich präsentiert werden. Gleichwohl reduzieren sich die Abbildungen der Weltansichten häufig auf einfache Informationen (Generalisierung). Dabei nutzen sie meistens einen kleinen Maßstab zur überschaubaren Verortung der Weltkriegsgeschichte. Insbesondere der Gebrauch von Winkel-Tripel-, aber auch Mercator-, seltener modifizierte Robinson-, Gall- oder Mollweide-Projektionen fokussiert das Kartenbild zusätzlich auf Europa. Exemplarisch für diese stark generalisierten Weltdarstellungen ist dabei die farbliche Einteilung der sich gegenüberstehenden Lager von Entente und Mittelmächten.1111 Der polnische »Geschichtsatlas; 1815 – 1939« vom Verlag »Demart« visualisiert diesen Kontrast in der Weltkarte »Politische Ordnung der Welt« sehr anschaulich.1112 (K.abb. 7.7.) Geschichtskarten mit weitaus emphatischerem Titel, wie beispielsweise »A Global Tragedy«1113 oder »Der imperialistische Weltkrieg«1114, werden zwar in der Umschreibung des Konflikts konkreter, beschränken sich allerdings ebenfalls nur auf die Visualisierung der Konfliktparteien beziehungsweise Bündniskonstellationen. Atlantik und Pazifik rücken dagegen nur in Ausnahmen ins Blickfeld der 1110 Der Anteil von Weltkarten am gesamten Kartenvolumen beträgt 10 %. Nur in sieben Atlanten werden Weltkarten separat genutzt (ohne Europakarte). Die Kombination von Europa- und Weltkarte zeigen 47 Schulatlanten und 7 »allgemeine« Atlanten. 1111 Vgl. u. a. Bruneel; Genicot; Georges (Hrsg.): Atlas Historique, S. 41; Kanisˇki; Velagic´ (Hrsg.): Povijesni atlas za 7, S. 50; Lambin; Villette (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 73. 1112 Krycin´ski; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; 1815 – 1939, S. 31. 1113 Heater; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 21. 1114 Polunkina, N. N.; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; Novaja istorija; s 1870 goda do 1918 goda. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2009, S. 16.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
globalen Betrachtung, indem einige Darstellungen den Kreuzer- und U-Bootkrieg veranschaulichen. Ein signifikantes Beispiel stellt die Karte »The war on the oceans« im »Atlas of modern world history«1115 vom Verlag »Oxford Univ. Press« dar, die im Gegensatz zu vielen anderen Weltkarten die deutschen Besitzungen im Pazifik als Kern der Betrachtung des Geschehens rund um den Globus wählt. Vor diesem Hintergrund rücken völlig unübliche Schauplätze wie die Inseln im Zentral- und Südpazifik sowie die deutsche Basis Tsingtau auf dem chinesischen Festland in den Mittelpunkt. Über die deutliche Akzentuierung kolonialer Aspekte im englischen Lehrplan ist diese Zentrierung einer globalen Ansicht möglicherweise zu erklären.1116 (K.abb. 7.8.) Im Zentrum der Weltkarten stehen hingegen zumeist Europa und Afrika, was aus der Zentrierung, aber auch der Verwendung von Mercator- oder WinkelTripel-Projektionen in Geschichtsatlanten resultiert. So wird über die globale Perspektive der Ort der Rivalität der Großmächte in den Blick genommen. Der Fokus Afrika zeigt besonders die Kolonialbesitzungen der sich gegenüberstehenden Lager als Ausgangspunkt des Weltkriegs. Vor allem zahlreiche deutsche Atlasproduktionen nutzen häufig im Kontext des Ersten Weltkriegs Projektionen und Zentrierungen zur Hervorhebung Europas auf Weltkarten. Die Darstellungen im »Ploetz«, »Putzger« und »dtv-Atlas« beschränken sich lediglich auf die Abbildung der »Mächtegruppen im Ersten Weltkrieg«. Dabei gehen die Kartenmacher vom Westermann-Atlas besonders ungenau vor, da sie den Schwerpunkt in der Kartenabbildung »die Welt im Herbst 1918« auf das Ende des Krieges richten, aber trotzdem Eintragungen zum deutschen Kolonialreich und zum Frieden von Brest-Litowsk vornehmen.1117 Die deutsche Niederlage wirkt durch die Flächenfärbung überraschend, denn die Karte betrachtet in maximaler Ausdehnung den Einflussbereich der Mittelmächte. (K.abb. 7.9.) Wie in vielen Atlanten, so steht auch hier die Weltkarte hinsichtlich der Abfolge nicht im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern ist der Europakarte als globale Zusammenfassung des Konflikts nur beigeordnet. Die weltumspannende Dimension des Ersten Weltkriegs dient deshalb in den untersuchten Geschichtsatlanten oftmals nur als Supplement. Neben der geringen Zahl von Weltkarten ist vor allem das Zusammenspiel von europäischen und globalen Gesichtspunkten für dieses Urteil ausschlaggebend. Speziell die Beispiele zur Analyse des Informationsgehalts von Weltkarten zeigen, dass globale Blickwinkel in der Abbildung in Geschichtsatlanten nur einen ergänzenden Charakter 1115 Heater; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 19. 1116 Vgl. Mish: Die Dekolonisation des Empire in britischen Geschichtsbüchern seit 1947, S. 741 – 762. 1117 Ackermann; Bruckmüller ; Hartmann (Hrsg.): Putzger: Historischer Weltatlas, S. 157; Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas, S. 406; Lemke; Pirke; Rumpf; Salamon (Hrsg.): Der große Ploetz Atlas zur Weltgeschichte, S. 180; Aner (Hrsg.): Westermann, S. 149.
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besitzen und nicht über eine Unterstützung der europäischen Perspektive hinausgehen. Zudem ordnen sich Weltkarten in der Abfolge der Europakarte unter, sie erscheinen meist verkleinert als Einschub (Maßstab), was sich allein am Inhalt der meist stark generalisierten Visualisierungen festmachen lässt. Nur selten gehen die Abbildungen über die Darbietung der Bündniskonstellationen hinaus. Eine Globalgeschichte des Ersten Weltkriegs geben Weltkarten daher nur eingeschränkt wieder. Die deutlich geringe Anzahl von Weltkarten in europäischen Geschichtsatlanten kann nur aus den bereits benannten traditionellen Motiven der Historiographie resultieren an die viele Lehrpläne heute noch anschließen. Neue Erkenntnisse zum Weltkrieg sind somit über globale Ansichten bisher nur marginal in Atlanten eingegangen.
7.2.4.2. Andere Räume? – Die Betrachtung außereuropäischer Ereignisse durch Schauplatzkarten Geschichtsatlanten besitzen weitere Möglichkeiten Orte und Räume außerhalb Europas in die Darstellung des Ersten Weltkriegs zu integrieren.1118 In der Abfolge von Europa- und Schauplatzkarten fokussieren einige Abbildungen vor allem Kleinasien und greifen über den Libanon, Syrien und Palästina bis auf Nordafrika aus. Besonders die politischen Geschehnisse und Militäraktionen des Osmanischen Reiches werden auf diese Weise betrachtet, die so über die Abfolge neben der europäischen Dimension in den Fokus des Konflikts gelangen. Da diese Form der Visualisierung gerade Kleinasien in das kontinentale Blickfeld des Kriegs einbezieht, sollte sich eigentlich die Koppelung der europäischen und asiatisch-afrikanischen Raumperspektive besonders in standortgebundenen türkischen Geschichtsatlanten zeigen. Allerdings nutzt keine der ermittelten Atlasproduktionen aus der Türkei diese spezifische Kartenfolge, da alle Veröffentlichungen in der Betrachtung des Konflikts die europäische Perspektive einnehmen ohne den Seitenblick auf Asien zu lenken. Dass Kartendarstellungen in Samples einiger Länder, die oft einen Schwerpunkt auf die Nationalgeschichte legen, hingegen hin und wieder den Blickwinkel auf die eigene Geschichte überschreiten, veranschaulichen folgende Beispiele: Die Verbindung von europäischem und räumlich begrenztem Blickwinkel im Ausblick auf Teile Vorderasiens visualisiert der polnische »Geschichtsatlas für die 7. und 8. Klasse«1119 vom Verlag »Demart«. Die dimensionale Ausdehnung der Karte »Der Nahe Osten während des Ersten Weltkriegs« im Atlas reicht in der Abhandlung militärischer Aktionen des Osmanischen Reiches 1118 Die Kombination von Europa- und Schauplatzkarten mit außereuropäischem Blickwinkel zeigen 27 Schulatlanten und 3 »allgemeine« Atlanten. 1119 Panfil; Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 7 – 8, S. 27.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
vom Kaukasus bis hin zum Suezkanal und schließt die gesamte arabische Halbinsel mit ein. (K.abb. 7.10.) Auch im »Großen Atlas zur Weltgeschichte«1120 von Westermann ergänzen die Autoren die Darstellungen zum Krieg in Europa und zur Westfront mit einer Geschichtskarte zum »Vorderen Orient« und fokussieren damit alternative Gesichtspunkte außerhalb Europas. Doch im Hinblick auf die gesamten Abbildungen zur außereuropäischen Betrachtung des Weltkrieges ist ein absoluter Mangel an Kartenbeiträgen zum afrikanischen Kontinent zu verzeichnen. Einige wenige Atlanten nehmen in Ausweitung des Spektrums über eine Kartenfolge auch separat Afrika in den Blick und befassen sich mit dem Konflikt vor dem Hintergrund der deutschen Kolonien. Im russischen Schulatlas zur »ausländischen Geschichte von der Antike bis zum 21. Jahrhundert«1121 vom Verlag »Drofa« wird die europäische Dimension des Konflikts um eine Karte zum afrikanischen Kontinent ergänzt, die sich mit der Auseinandersetzung zwischen Entente-Truppen und deutschem Militär in Togo, Kamerun, dem östlichen und südwestlichen Afrika beschäftigt. Neben dem europäischen Konflikt beziehen die Autoren auf diese Weise auch die Kolonialgebiete in die Abbildung des Ersten Weltkriegs ein. Eine Erklärung für die Berücksichtigung Afrikas liegt möglicherweise in der Perspektivierung der russischen Bildungsmedien, die sich, wie auch der Geschichtsunterricht selbst, in die »Geschichte Russland« und »Weltgeschichte« aufteilen.1122 Die Abbildung von Afrika taucht neben einem weiteren Atlas aus Russland nur noch in einer britischen Produktion auf, was diese Art von Kartenkombination in europäischen Atlanten äußerst selten macht. (K.abb. 7.10.) 7.2.4.3. Europakarten in der Betrachtung außereuropäischer Ereignisse – Das »Silencing« in der Raumdarstellung Eine dritte Möglichkeit zumindest teilweise in der Abbildung des Ersten Weltkriegs außereuropäische Aspekte zu berücksichtigen, besteht in der Erweiterung des Zuschnitts von Europakarten. Einige Geschichtsatlanten vergrößern ihren Blickwinkel über die Ausdehnung der Perspektive auf Kleinasien, Syrien, Libanon, Palästina und Nordafrika.1123 Nicht über eine Folge von Darstellungen, sondern über die Ausdehnung des Kartenausschnitts erfolgt so eine Ausweitung der Betrachtung auf die Ereignisse und Abläufe, die vorrangig die Rolle des 1120 Aner (Hrsg.): Westermann, S. 148. 1121 Martynova, T. I. (Hrsg.): Atlas ˇskol’nika; zarubezˇnaja istorija s drevniejsˇich vremen do nacˇala XXI v. Drofa, Moskau 2008, S. 96. 1122 Vgl. Reviakin: Die Darstellung des Ersten Weltkriegs in alten sowjetischen und neuen russischen Schulgeschichtsbüchern, S. 326 ff. 1123 Die Ausweitung des Raumausschnitts der Europakarte erfolgt in 30 Geschichtsatlanten.
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Osmanischen Reiches im Weltkrieg beleuchten. Gerade in der Einbeziehung der Kriegsschauplätze Vorderasiens und Nordafrikas sollte sich daher die Ausdehnung des Blickwinkels besonders in türkischen Geschichtsatlanten zeigen. Doch für die Erweiterung der Perspektive ergeben sich in Atlasproduktionen aus der Türkei ebenfalls keine Darstellungen. Im Gegenteil, sie begrenzen vielmehr den Kartenausschnitt der Europakarten auf Kleinasien, alles was sich südlich vom türkischen Kerngebiet befindet wird nicht visualisiert. Zudem veranschaulichen die Geschichtsatlanten kein chronologisches Kriegsgeschehen, sondern konzentrieren sich in der Darstellung völlig auf den europäischen Blickwinkel, was über den Verzicht von Zeitschnitten die Abbildung auf ein »vorher« und »nachher« reduziert. Im »Geschichtsatlas«1124 von Verlag »Kanaat Yayinlari« nutzen die Autoren zwei Kartendarstellungen: »Europa zu Beginn des Ersten Weltkriegs (1914)« und »Europa am Ende des Ersten Weltkriegs (1923)«. Die zeitliche Ausdehnung und die Europazentrierung in der Abhandlung verweist auf einen verhaltenen Umgang mit dem Ersten Weltkrieg. (K.abb. 7.11.) Diese schwache Präsenz in der türkischen Erinnerung belegt ebenso der Blick auf die Geschichtsschreibung, da auch dort der Konflikt von dem »Krieg nach dem Krieg« und der Rolle Kemal Atatürks im Kontext der Gründung der türkischen Republik eindeutig verdrängt wird.1125 Doch die Geschichtsatlanten verschweigen auf diese Weise noch viel mehr, denn der Völkermord an den Armeniern verschwindet völlig, was dem offiziellen türkischen Umgang mit dem heiklen Thema entspricht.1126 Hingegen nutzen vor allem belgische, deutsche, französische und polnische Geschichtsatlanten die Möglichkeit einer Ausweitung des Raumausschnitts, um in einer Überblickskarte Schauplätze des Ersten Weltkriegs außerhalb Europas zu beleuchten. Ein ganz besonderes Kartenbild zeigt in diesem Kontext der französische »Atlas Historique«1127 vom Verlag »Hachette«, der zum einen die Perspektive auf Asien und Afrika ausdehnt und zum anderen die Abbildung um neunzig Grad dreht. So platzieren die Kartenmacher im Norden die Westfront und im Süden den Orient. (K.abb. 7.12.) Die Karte visualisiert dementsprechend ein einheitliches Bild der Mittelmächte. Darüber hinaus erhält der Krieg in Europa seine Bindung an die Auseinandersetzungen seiner kolonialen Vorgeschichte wie etwa im Streit der europäischen Großmächte um den Bau der
1124 Unat, Faik Res¸it (Hrsg.): Tarih atlasi; Yeni basim. Kanaat Yayinlari, Istanbul 1999, S. 52 f. 1125 Vgl. Schulz: »Ungeordnete Verhältnisse« und entgrenzter Krieg, S. 260 – 280; Aktekin: History Education in Turkey ; S. 23. 1126 Vgl. Bozarslan, Hamit: Der Genozid an den Armeniern als Herausforderung. Erinnerung, nationale Identität und Geschichtsschreibung in der Türkei, in: Buchinger ; Gantet; Vogel (Hrsg.): Europäische Erinnerungsräume, S. 267 – 280. 1127 Lebrun (Hrsg.): Atlas Historique, S. 45.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
Bagdadbahn.1128 Der Faktor eines nicht nur auf Europa begrenzten Konflikts wird daher in dieser Darstellung deutlich betont. Vielen Europakarten zum Ersten Weltkrieg mangelt es an der Einbeziehung außereuropäischer Gesichtspunkte. Das französische Beispiel stellt vielleicht nicht den Idealfall der Visualisierung dar, einen Hinweis auf alternative Schauplätze sowie die koloniale Vorgeschichte können hingegen europäische Kartenwerke auf diese Weise liefern. Zur Visualisierung des Ersten Weltkriegs nutzt eine überwiegende Mehrheit der Geschichtsatlanten die europäische Perspektive, die sich zwar häufig in der Abfolge um räumlich begrenzte Geschichtskarten erweitert, aber im Gesamtzusammenhang immer den Schwerpunkt auf den Kriegsschauplatz in Europa belässt. Einige Geschichtsatlanten beschäftigen sich zwar abweichend vom europäischen Fokus mit vielfältigen Aspekten rund um den Globus (Asien, Afrika etc.), was aber nur als Supplement im Kontext der Geschichte des eigenen Kontinents geschieht. Deshalb stellen Welt- oder Schauplatzkarten zur globalen, asiatischen oder afrikanischen Perspektive des Konflikts immer nur Ergänzungen des Kriegsgeschehens in Europa dar, die zudem nur in wenigen Publikationen in Erscheinung treten. Insbesondere im Hinblick auf den Aspekt der Kartenfolge kann daher festgehalten werden, dass sich viele Europakarten in Kombination mit Detail- und Schauplatzkarten herausstellen lassen, diese allerdings mehrheitlich die europäische Perspektive unterstützen. Besonders signifikant ist das Zusammenspiel in europäischen Geschichtsatlanten im Kontext der Darstellung der Westfront. Da die Fokussierung Westeuropas in Verbindung von europäischen und räumlich begrenzten Blickwinkeln zur Abhandlung des gesamten Kriegsgeschehens relativ umfassend erfolgt, kann fast schon von einer kanonisierten Betrachtung des »Weltkriegs« in allen europäischen Atlaspublikationen gesprochen werden, die somit den Schauplatz der Kriegsentscheidung fest einbezieht.1129 Daneben finden sich zwar weitere innereuropäische Perspektivierungen, wie beispielweise Abbildungen zur Ostfront, die allerdings nur begrenzt in die Geschichtsatlanten integriert werden.1130 Interessant erscheint in Anbetracht von signifikanten Kartenabbildungen, dass sich nur die Staaten, die als souveräne Parteien am Konflikt teilnahmen, ausführlich mit dem Krieg im Osten beschäftigen (Bulgarien, Rumänien, Russland, Serbien). Andere begrenzte Dar1128 Vgl. Joll, James: The origins of the First World War. Harlow 2000, S.185 f.; Neitzel, Sönke: Kriegsausbruch. Deutschlands Weg in die Katastrophe 1900 – 1914. München 2002, S. 138 f. 1129 Vgl. Schwabe, Klaus: Das Ende des Ersten Weltkriegs, in: Hirschfeld; Krumeich; Renz (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, S. 293 – 303. 1130 Vgl. Strachan, Hew : Die Ostfront, in: Groß (Hrsg.): Die vergessene Front, S. 11 – 26.
Erster Weltkrieg: Europazentrierung und/oder postkoloniale Perspektiven?
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Abbildung 7.2.: Die Raumperspektive des Ersten Weltkriegs – Wahl der Kartendarstellung in Ergänzung zur Europakarte (Anzahl von Kartenfolgen in Atlanten vom Gesamtsample).
stellungen tauchen zum Großteil im nationalen Fokus auf, wie zum Beispiel die Alpenfront in italienischen oder slowenischen Produktionen. Aufgrund der Provenienz der Atlanten können solche auffälligen Raumperspektivierungen zwar einfach erklärt werden, genaue Intentionen im Rahmen von Lehr- und Bildungsplänen lassen sich allerdings nur vermuten. Insgesamt bestimmen die Kartenwerke über die Wahl von Zentrierung/Ausschnitt die räumliche Gewichtung in der Betrachtung der Geschichte des Weltkriegs. Die Kartenautoren regulieren die Blickwinkel der Darstellung über das Arrangement des Ausschnitts, was beispielweise, wie im Fall von türkischen Geschichtsatlanten im Zusammenspiel von Raum- und Zeitschnitt, zum »Verschweigen« von Informationen führen kann.1131 Insgesamt wird vor allem eine Standortgebundenheit an den Projektionsformen des überwiegenden Teils der genutzten Weltkarten ersichtlich, da sie hauptsächlich Europa in den Mittelpunkt stellen. In einer allgemeinen Beurteilung der räumlichen Dimensionierung von Karten und Kartenreihen ergibt sich für viele Atlanten in der Abbildung des Ersten Weltkriegs, dass sich Detailund Schauplatzkarten mehrheitlich mit grob-schematisiertem Blick auf das Kriegsgeschehen in Ergänzung zur Europadarstellung ausrichten. Die räumlich begrenzte Abbildung eines europäischen Schauplatzes vollzieht sich dabei 1131 Vgl. Hantsche: Geschichtskarten – Ein Medium zwischen Objektivität und tendenziöser Beeinflussung.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
häufig durch die Einnahme eines zielgerichteten Fokus, der zumeist aus erinnerungskulturellen Bezügen resultiert. Die Abbildungen zur Westfront besitzen im transnationalen Spektrum ein allgemeines, durchgehendes Gewicht, wodurch insbesondere die »memoriale« Bedeutung in der Verortung europaweit hervortritt. Eine Zuordnung zur Europakarte in Kartenfolgen erfolgt auch für Welt- und Schauplatzkarten mit außereuropäischem Fokus. Einschübe zu Afrika tauchen hingegen nur in Beifügung von britischen, polnischen und russischen Produktionen auf, um in Verknüpfung mit der Hauptkarte die Abhandlung des Konflikts zu unterstützen. Lediglich in wenigen Produktionen finden ebenso Darstellungen zum Schicksal von Kolonialtruppen im Rahmen einer Verflechtungsgeschichte eine Erwähnung, da Kartierungen der Kontingente nur als Ausnahmen auf einzelnen Europa- und Westfrontkarten erscheinen. Der Blick der Europäer auf die »Anderen« im Rahmen der Geschichte des Ersten Weltkriegs wird daher im Durchschnitt nur in wenigen Publikationen genutzt. Eine Globalgeschichte des Ersten Weltkriegs können europäische Geschichtsatlanten im Rahmen der vorgestellten Ansätze nicht liefern. Sie beschränken den universalen Ansatz zumeist auf gegenüberstellende oder einordnende Gesichtspunkte. Der Erste Weltkrieg wird infolgedessen in europäischen Geschichtsatlanten größtenteils als europäischer Konflikt veranschaulicht, dessen räumliche Schwerpunkte über standardisierte Visualisierungen zumeist kontinentale Blickwinkel und dabei vorwiegend die Betrachtung der Westfront darstellen. Nationale Perspektiven spielen in der Abhandlung nach wie vor eine große Rolle.
7.3. Der Geschehensraum des Zweiten Weltkriegs – Nationaler, europäischer oder globaler Krieg? Auch die Geschichtskarten zum Zweiten Weltkrieg beleuchten hauptsächlich reine Militärgeschichte. Damit beschränken sie die Betrachtung des Krieges lediglich auf einzelne inhaltliche Facetten, was vor allem im Kontext der »Schrecken des Krieges« einen unkontroversen Umgang ermöglicht.1132 Dennoch offenbart die Abhandlung des Zweiten Weltkriegs in noch viel größerem Umfang sozio-kulturelle Einflüsse (Erinnerungskultur, Bildungspolitik etc.) auf die Gestaltung von Karten sowie die Darstellung im Atlas als im Vergleich dazu die Abbildung des Ersten Weltkriegs. Der Zweite Weltkrieg war bis zur Mitte des Jahres 1941 ein auf Europa begrenzter Krieg, der durch den Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion weiter 1132 Vgl. Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 198.
Der Geschehensraum des Zweiten Weltkriegs
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eskalierte und mit der Ausweitung auf Afrika und Asien im »weltpolitischen Szenenwechsel 1940/41«1133 vor allem über den Konflikt zwischen Japan und den USA zu einer globalen Auseinandersetzung anwuchs.1134 Der Krieg in Asien und dem Pazifik weicht in seiner Gestalt in vielen Punkten vom Krieg in Europa ab. Während der europäische Schauplatz von Beginn bis zum Kriegsende überwiegend das Festland darstellte, ergab sich für den südostasiatischen Kontinent und den weit ausgedehnten pazifischen Ozean mit seinen unzähligen Inseln eine Mischung aus See- und Landkrieg. Auch das Ende des Krieges in Asien grenzt sich deutlich von der Auseinandersetzung in Europa ab, fokussiert sich die Niederlage Japans doch überwiegend auf die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki.1135 Den bedeutendsten Schauplatz in Europa eines durch grausame Rassenideologie aufgeladenen Krieges stellt hingegen die Ostfront dar.1136 Die Abbildung des Zweiten Weltkriegs erfolgt in europäischen Geschichtsatlanten im Vergleich zum Ersten Weltkrieg vor eindeutig abweichendem Hintergrund einer in weiten Teilen Europas und der Welt geführten intensiven militärischen Konfrontation, die sich um den Faktor Völkermord eines ideologisch geführten Krieges erweitert. Europäische und weltumspannende Gesichtspunkte, die vordergründig einerseits für den Betrachter die gewohnten, andererseits aber auch die ungewohnten Sichtweisen widerspiegeln (auffällige Nationalgeschichte), sind wiederum von besonderem Interesse. Die Untersuchung stellt deshalb hinsichtlich der Perspektivierung des Zweiten Weltkriegs die Frage, inwieweit sich in der Darstellung von Ereignissen und Abläufen innerhalb und außerhalb Europas Schwerpunktlagerungen zu bestimmten Schauplätzen und Regionen etablieren. Raumausschnitt, Zentrierung und Projektionsform spielen hier wiederum eine besondere Rolle, da gerade kartenmethodische Aspekte die Kartenvisualisierung deutlich beeinflussen.
7.3.1. Schwerpunkte in der Raumperspektivierung des Zweiten Weltkriegs Der im Eingang gesetzte Blick der Untersuchung auf relevante Studien zum Zweiten Weltkrieg (zur Berücksichtigung von außereuropäischen Aspekten) hat gezeigt, dass globale Gesichtspunkte zumindest in Teilaspekten vieler Äußerungen Beachtung finden. Diesen Befund gilt es für Geschichtsatlanten zu überprüfen und mit einzelnen Varianten in der Darstellung von Karten abzu1133 Winkler : Geschichte des Westens, S. 921. 1134 Vgl. Schreiber : Der Zweite Weltkrieg in der internationalen Forschung, S. 13. 1135 Vgl. u. a. Dräger, Kathrin: Hiroshima und Nagasaki als Endpunkte einer Konflikteskalation. Ein Beitrag zur Debatte über die Atombombenabwürfe. Marburg 2009. 1136 Vgl. Overy : Die Wurzeln des Sieges; Overy : Russlands Krieg.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
gleichen. So beschränkt sich etwa die Beschäftigung mit weltgeschichtlichen Blickwinkeln im Kontext des Ersten Weltkriegs auf die Visualisierung der kolonialen Besitzungen des deutschen Kaiserreichs sowie auf den Aktionsradius des Osmanischen Reiches. Im Gegensatz dazu ist in der Abhandlung des Zweiten Weltkriegs der asiatisch-pazifische Kriegsschauplatz in seiner Dimensionierung wie auch seiner historischen Bedeutung in kartographischen Darstellungen von besonderem Interesse. Aus einem ersten Abgleich zur Raumpräferenz in der Abhandlung des Zweiten Weltkriegs resultiert, dass zumeist eine konstante Abbildung über Europakarten in allen Atlanten erfolgt. Die Nutzung von Geschichtskarten in nationaler und räumlich begrenzter Dimension bewegt sich allerdings im selben quantitativen Rahmen wie die europäische, dagegen treten globale Kartenformate eher unterrepräsentiert auf. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob sich über die Betrachtung nationaler Samples zur Raumgewichtung des Zweiten Weltkriegs erste Einschätzungen zu Perspektivierungen bestätigen oder erweitern lassen.1137 Inwieweit nimmt Europa die Rolle des Hauptkriegsschauplatzes ein, und wie verteilen sich auf dem Kontinent Schwerpunktlagerungen von Orten und Räumen? Über welche Form der Kartendarstellung wird eventuell auf globaler Ebene ein mit dem europäischen Konflikt vergleichbarer Schauplatz veranschaulicht? Der Blick auf einzelne Ländersamples zeigt bereits erkennbare Parallelen zum Ersten Weltkrieg, dass im Vergleich von Geschichtsatlanten die Abhandlung des Zweiten Weltkriegs mehrheitlich die europäische Dimension bestimmt. Zur Darstellung des Krieges nutzen viele Atlasprojekte eine oder häufig sogar mehrere Europakarten. Besonders deutsche, französische, italienische und schwedische Geschichtsatlanten greifen in der Wahl der Perspektive im Gegensatz zu anderen Kartenformaten oft auf Europakarten zurück (Kartenfolgen). Gleichwohl besitzen insgesamt auch nationale Aspekte in den meisten Atlasproduktionen durchgehend viel mehr Bedeutung als im Kontext des Ersten Weltkriegs. Vor allem deutsche, französische, polnische und russische Kartenwerke legen im direkten Vergleich deutlich den Fokus auf die eigene Geschichte, dagegen bleibt der Gebrauch von Nationalkarten in litauischen Veröffentli1137 Die Auswahl der nationalen Samples bestimmen verschiedene Gesichtspunkte: Es interessieren Blickwinkel der Besiegten/Achsenmächte (Deutschland/Italien) sowie der Sieger/ Alliierten (Frankreich). Daneben interessieren Länder, die eine besonders intensive Bindung an den Krieg haben (Polen, Russland) sowie Länder mit signifikanter Besatzungszeit (Litauen). Auch neutrale Staaten haben Bedeutung (Schweden). Wichtig ist zudem eine ausreichende Breite im Material, d. h. die Begutachtung einer größeren Zahl von Geschichtsatlanten ermöglicht auf ausgewogene empirische Daten zurückzugreifen (Zur Auswertung des gesamten Materials siehe Anlagen 7.2.).
Der Geschehensraum des Zweiten Weltkriegs
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Abbildung 7.3.: Die Raumperspektive des Zweiten Weltkriegs in europäischen Geschichtsatlanten (Verhältnis der Welt-, Europa-, National- und Schauplatzansicht in %).
chungen in der Gegenüberstellung beider Weltkriege durchgehend hoch. Die Nutzung von Nationalkarten in italienischen Atlanten sinkt indessen. Ebenso besitzt der Blick auf signifikante Räume durch Detail- und Schauplatzkarten in Geschichtsatlanten aus Frankreich, Russland und Schweden deutlich weniger Relevanz. Für Publikationen aus Deutschland, Litauen und Polen wird das Format jedoch weitgehend oft herangezogen oder erhöht sich sogar. Die Verwendung von Weltkarten nimmt im Vergleich zum Krieg von 1914 bis 1918 allerdings quantitativ etwas ab. Auffällig ist hingegen, dass litauische und schwedische Produktionen im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg Weltkarten überhaupt nutzen. Insgesamt erfolgt der Rückgriff auf Weltkarten zur Abhandlung des Zweiten Weltkrieges nur selten. Dagegen besitzt der begrenzte Fokus in Form von Schauplatzkarten für die außereuropäische Betrachtung ein durchgehend hohes Gewicht. An den ersten Überblick schließt die Frage an, mit welchen Kartenfolgen die Atlanten den Zweiten Weltkrieg visualisieren und wo die Betonungen liegen. Die Vermutung, dass sich die Schwerpunkte in ganz Europa verstreuen, würde auf eine größere Vielfalt von Kartenformaten hindeuten. Hinzu kommt die gezielte Fokussierung des Kriegs im Pazifik. Eine weitere Möglichkeit der Ermittlung von Gewichtungen in der räumlichen Abbildung bietet die Konzentration auf den Ort der Kriegsentscheidung, da sich beispielsweise die Abbildung der Westfront im Kontext des Ersten Weltkriegs als eine elementare Perspektive in der Darstellung herausgestellt hat. Demzufolge müssten sich in Atlanten Geschichtskarten im Raumausschnitt auf die Niederlage der Achsenmächte kon-
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zentrieren, zum Beispiel in Europa in Ausrichtung auf die Ostfront (Stalingrad) oder wichtige Ereignisse im »Westen« (Normandie), aber auch auf Schauplätze außerhalb Europas, etwa in Afrika (Tunesien, Libyen etc.), Asien (u. a. China, Korea) oder dem Pazifik (Pearl Harbour, Midway Inseln, Okinawa etc.). Da die Verteilung von Blickwinkeln zum Konflikt im Sample der Geschichtsatlanten wie in der Analyse des Ersten Weltkriegs auf absehbare Akzentuierungen des europäischen Kontinents hinausläuft, wird davon ausgegangen, dass die Europakarte auch für die Abhandlung des Zweiten Weltkriegs ein Hauptgewicht darstellt. Daneben etablieren sich allerdings über Kartenfolgen zum Beispiel die Schauplätze des japanisch-amerikanischen Kriegs sowie weitere relevante Räume inner- und außerhalb Europas (Ostfront, Afrika etc.). Vier Formen zur Perspektivierung des Weltkriegs werden aus diesem Grund herausgestellt, um Muster und Betonungen in der raumdimensionalen Gestaltung der Geschichtsatlanten freizulegen.
7.3.2. Der Zweite Weltkrieg in seiner räumlichen Dimensionierung im Atlas Europa prägt den Blick auf den Zweiten Weltkrieg vieler Geschichtsatlanten. Darüber hinaus wird die Betrachtung des Konflikts über vielfältige Kartendarstellungen ergänzt (Kartenfolgen). Zunächst wird die europäische Dimension des Weltkriegs genauer überprüft, um speziell den kontinentalen Geschehensraum, aber auch die Besonderheiten, zum Beispiel in der Abfolge von Europakarten, zu erklären. Darauf folgt die Lokalisierung der vielfältigen Darstellungsoptionen von Geschichtskarten, die durch Ergänzung von begrenzten Gesichtspunkten und Geschehensräumen unterschiedliche Akzentuierungen vornehmen und damit ein Spektrum von nationaler bis zu globaler Schwerpunktlagerung abdecken.1138 Deshalb werden besonders Schauplatzkarten auf außereuropäische Aspekte durchleuchtet. Der Gebrauch von Weltkarten nimmt im Vergleich zum Ersten Weltkrieg leicht ab, damit ist allein durch die Nutzung der »Weltdarstellung« zunächst von keiner größeren Bedeutung globaler Perspektiven auszugehen. Gleichwohl bleibt zu berücksichtigen, dass Ereignisse außerhalb Europas sich nicht zwangsläufig ausschließlich auf Weltkarten abbilden. Die Untersuchung unterzieht die Geschichtskarten zum Zweiten Weltkrieg daher einer inhaltlichen Prüfung. Es gilt zu klären, ob die Karten zumindest in Ansätzen eine Globalgeschichte des Konflikts liefern, die über die reine 1138 Die im Folgenden untersuchten Ländersamples werden durch die Auswahl weiterer interessanter Länderbeispiele ergänzt. Der Zugriff liegt vor allem in der besonderen historischen Bedeutung des Konflikts begründet (siehe oben). So erweitert sich die Untersuchung um Geschichtsatlanten aus Großbritannien, Rumänien, die Slowakische Republik, Spanien und die Tschechische Republik.
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Aufklärung zu Mächtekonstellationen hinausgeht. Oder dienen sie ebenfalls nur als Supplement zur Unterstützung der europäischen Perspektive? Alle möglichen Formen der Kartendarstellung des Weltkriegs durchlaufen eine raumdimensionale Identifizierung, die infolgedessen auch die Auswirkungen auf die Sequenzierung von Geschichtskarten mit einschließt.
7.3.2.1. Schauplatz Europa: Der eigene Kontinent im Fokus Der Zweite Weltkrieg wird in allen europäischen Geschichtsatlanten mindestens auf einer überwiegend sogar auf mehreren Europakarten abgebildet. Insbesondere Kartenfolgen heben so Europa als Hauptschauplatz hervor. Daneben können Europakarten auch Orte außerhalb des Kontinents einbeziehen. Dabei dehnen sie beispielsweise den Kartenausschnitt auf Nordafrika aus, um das dortige Kriegsgeschehen in den Gesamtkontext zu integrieren. Im Ganzen reicht der Kartenausschnitt vorwiegend von der iberischen Halbinsel bis hinter den Ural sowie vom Nordkap bis in den Norden Afrikas (Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten). Zudem werden häufig die gesamte Türkei respektive weite Teile Vorderasiens berücksichtigt. Inhaltlich transportieren die Europakarten weitgehend Militärgeschichte, oft erweitert um einzelne Elemente zur Staatengeschichte. Die europäische Dimension erlaubt eine konzentrierte Überblicksdarstellung der Ereignisse und Abläufe des Weltkriegs, die sich zeitlich in mehrere Phasen teilen.1139 Durch die Komplexität des Kriegsgeschehens betreiben viele Atlasautoren die Abhandlung des Zweiten Weltkriegs über die Teilung in Zeitabschnitte auf mehreren Europakarten. Diese Signifikanz hielt Armin Wolf bereits 1970 in seiner Atlasanalyse fest.1140 So ergibt sich über den Gebrauch einer temporalen Einteilung für die aktuellen Europadarstelllungen des Weltkriegs in vielen Kartenwerken eine zweiteilige Präsentation. Hierfür steht exemplarisch der italienische »Atlante Storico«1141 vom Verlag »De Agostini«, der in Abbildung des Kontinents auf zwei Geschichtskarten mit den Titeln »Der Höhepunkt des Nazifaschismus in Europa (1939 – 1942)« und »Die Befreiung Europas (1942 – 45)« ausführlich den Zweiten Weltkrieg betrachtet. (K.abb. 7.13.) Die Karten orientieren sich dabei in der Teilung des Konflikts zum einen am Vordringen des nationalsozialistischen Deutschlands und seiner Verbündeten bis ins Jahr 1942 (der größten Ausdehnung des Machtbereichs) 1139 Die Teilung des Zweiten Weltkrieges in zwei Europakarten erfolgt in insgesamt 69 Geschichtsatlanten (52 Schulatlanten/17 »allgemeine« Atlanten). Daneben tauchen in einigen Atlanten noch ergänzende Europakarten zum Thema »Blitzkrieg« auf. 1140 Vgl. Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder, S. 81. 1141 Baselli (Hrsg.): Atlante Storico (De Agostini), S. 112 f.
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und zum anderen an der Herbeiführung der Niederlage der Achsenmächte durch die Alliierten. Eine weniger gebräuchliche Variante zur Darstellung des Weltkriegs stellt hingegen die Verwendung einer einzelnen Europakarte dar (zum Beispiel in Atlanten aus Großbritannien, Rumänien, Spanien). Vor allem spanische Atlasproduktionen verzichten auf die Gliederung des Konflikts in mehrere Phasen und nutzen nur eine Karte zur Visualisierung der militärischen Auseinandersetzung. Die Autoren des »Atlas Histûrico« vom Verlag »Ediciones SM1142 wählen im Zuschnitt den Blick auf das gesamte Europa sowie die für die Veranschaulichung wichtiger Kriegsschauplätze relevanten Regionen Nordafrikas und Asiens. (K.abb. 7.14.) Die Geschichtskarte mit dem Titel »Der Krieg in Europa und im Mittelmeerraum« erfasst im Zeitschnitt von 1939 bis 1945 einzelne Ereignisse und Abläufe, zeigt in der Flächenfärbung die militärischen Erfolge sowie in den Pfeilsignaturen die militärische Niederlage des nationalsozialistischen Deutschlands. Besonders signifikant ist, dass erst in Kombination mit beistehendem Text und Zeitleiste die erste Phase des Krieges im Kartenbild in einem zeitlichen Zusammenhang erscheint. Das Problem bei dieser Abbildung des Kriegsverlaufs liegt deutlich in der räumlichen Darstellung von Geschehnissen in verschiedenen Zeitebenen. Der Raum des Zweiten Weltkriegs ist temporal mehrfach belegt, die Geschichtskarte muss sich deshalb mit verschiedenen kartenmethodischen Varianten zur Darstellung des Nacheinander im Nebeneinander behelfen. Die Auswahl von Information stellt somit einen wichtigen Punkt in der Generalisierung von Geschichtskarten dar, um historische Gesichtspunkte möglichst übersichtlich in Geschichtsatlanten zu präsentieren und nicht zu überfrachten. Gleichwohl wirken die spanischen Darstellungen zum Zweiten Weltkrieg distanziert, was sich möglicherweise aus den besonderen historisch-politischen Hintergründen des nicht am Krieg beteiligten Landes ergibt.1143 Spanische Geschichtsatlanten, die ansonsten den Platz Spaniens in der Geschichte klar herausstreichen, wirken in diesem Zusammenhang eher ungenau und reduziert.1144 Die Atlasautoren stellen zum Beispiel das eigene Staatsgebiet in allen Europakarten zum Zweiten Weltkrieg im Status ausdrücklich als »neutral« dar. Die besondere Beziehung zu den Achsenmächten bleibt hingegen unklar und der genaue Status des Landes während des Konflikts vollkommen unerwähnt (Hilfeleistungen an die Achse, Diplomatie, Flüchtlinge aus den besetzten Gebieten etc.). Die Europakarte verschweigt auf diese Weise
1142 Pro Ruiz (Hrsg.): Atlas Histûrico, S. 130. 1143 Vgl. Brinkmann, Sören; Peralta Ruiz, Vctor : Weder Täter noch Opfer? Spanien, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 757 – 772. 1144 Siehe auch Kapitel fünf zur Gewichtung der Zeit der Weltkriege in spanischen Geschichtsatlanten.
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gerade im nationalen Kontext die Rolle Spaniens in der Geschichte des Weltkriegs. Die europäische Perspektive ist daher vor dem Hintergrund des Zeitraums von 1939 bis 1945 in der Gesamtheit aller Atlanten als ein äußerst komplexes Gebilde zu betrachten. Neben der reinen Militärgeschichte widmen sich Europakarten zum Weltkrieg in einschließender Abhandlung zudem den Themen Holocaust, Umsiedlung, Vertreibung, Partisanen, Wirtschaft, Opfer etc. Die Rezeption einer Geschichtskarte kann angesichts der temporalen Einteilung noch weitaus komplizierter werden, wenn Veröffentlichungen versuchen mit einer Kartendarstellung noch viel größere Zeitspannen zu visualisieren.1145 Die Betrachtung von Europakarten zum Zweiten Weltkrieg birgt daher vielfältige Herausforderungen, die unter anderem durch Generalisierung und Synthetisierung aber auch über die Wahl verschiedener raum-zeitlicher Ebenen in den Kartendarstellungen entstehen. Zur Entschlüsselung der hochkonzentrierten Abbildungen ist Kartenkompetenz eine Grundvoraussetzung. Der Einfluss von Kartenausschnitt, Zentrierung und Projektion Die Visualisierung des Konflikts in Europa kann sich allein durch die Wahl des Raumausschnitts und der Zentrierung in manchen Atlasproduktionen erheblich unterscheiden. Speziell deutsche Geschichtsatlanten zeigen interessante Abwandlungen im Rahmen der Kartendarstellung des Zweiten Weltkriegs. Für die Abbildung des Konflikts nutzen zwar alle Produktionen durchgängig Europa als Geschehensraum, doch auch durch die Zentrierung der europäischen Perspektive ergeben sich Betonungen, die neben dem Gebrauch von Nationalkarten die eigene Geschichte mehr oder weniger stark fokussieren. Die Europakarten in deutschen Atlanten wirken stark deutschlandzentriert, was vornehmlich über die Beschneidung des Blickwinkels durch den verkleinerten Raumausschnitt und die Platzierung Deutschlands im Zentrum der Geschichtskarten deutlich wird. Dass Deutschland oder vielmehr das besetzte Mitteleuropa im Mittelpunkt der Betrachtung des Zweiten Weltkriegs auftaucht, veranschaulichen beispielsweise dtv-Atlas sowie der »Große Geschichtsatlas« von Westermann. Über die Verlagerung des Blickwinkels auf das Deutsche Reich und Ostmitteleuropa rückt auch im »Putzger« und den Klett-Produktionen die besondere Relevanz des Kriegsschauplatzes in den Fokus der europäischen Dimension des Konflikts, über welchen sich häufig zudem die Verbindung zum Holocaust herstellt.1146 (K.abb. 7.15.) 1145 Vgl. zum Beispiel den Zeitschnitt 1933 bis 1945 der Europakarte in: Haywood, John (Hrsg.): Modern Times – 1815 to the present – Volume 4. Oxford Univ. Press, London 2004, S. 36 f. 1146 Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas, S. 476; Aner (Hrsg.): Westermann, S. 157; Acker-
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Der Krieg in »Osteuropa« besitzt in der deutschen Erinnerung eine große Bedeutung,1147 die sich insbesondere auch in den Bildungsplänen der Bundesländer über verschiedene Anknüpfungspunkte wie zum Beispiel nationalsozialistischer Rassekrieg1148 oder die Vernichtung der europäischen Juden1149 widerspiegelt.1150 Daneben nimmt vor allem der »Mythos Stalingrad«1151 in erinnerungskulturellen Motiven eine nicht unbedeutende Rolle ein. Bezogen auf Perspektivierungen in Lehrmitteln sei auf den Schulbuchforscher Robert Maier hingewiesen, der in deskriptiver Analyse einer kleinen Auswahl von deutschen Schulbüchern feststellt, dass die genutzten Geschichtskarten ebenfalls Deutschland im Zentrum platzieren und andere relevante Perspektiven unberücksichtigt bleiben.1152 Eigene ergänzende Untersuchungen zur Kartendarstellung des Zweiten Weltkriegs in Geschichtsschulbüchern aus Deutschland bestätigen diesen Befund.1153 Die Zentrierung Deutschlands meint hier natürlich auch Teile des heutigen Ostmitteleuropas. Daher verweisen neben deutschen vor allem auch Produktionen Polens, Rumäniens, der Slowakischen und Tschechischen Republik auf eine ostmitteleuropäische Ausrichtung in der europäischen Dimensionierung des Weltkriegs. So zentrieren die Atlasprojekte dieser Staaten den Geschehensraum des Krieges in Zentral- und Osteuropa, wie zum Beispiel der rumänische Atlas vom Verlag »Corint«1154 mit der Karte »Teilnahme Rumäniens am 2. Weltkrieg«. (K.abb. 7.16.) Auch in einigen lettischen, litauischen und französischen Geschichtsatlanten sowie den russischen Produktionen zur »Vaterländi-
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mann; Bruckmüller ; Hartmann (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, S. 172 f; Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas, S. 178 f. Vgl. u. a. Hoffmann: Vom Kriegserlebnis zur Mythe, S. 151 – 172. Vgl. Snyder : Bloodlands; Aly : Hitlers Volksstaat; Aly, Götz; Herbert, Ulrich (Hrsg.): Nationalsozialistische Vernichtungspolitik 1939 – 1945. Neue Forschungen und Kontroversen. Frankfurt/Main 2001; Heer, Hannes; Naumann, Klaus (Hrsg.): Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 – 1944. Hamburg 1995. Vgl. Aly : Endlösung; Friedlander : Der Weg zum NS-Genozid; Longerich: Politik der Vernichtung. Die Bildungspläne der Bundesländer nehmen konkret Bezug auf den Vernichtungskrieg im Osten, vgl. u. a. Lehrplan Geschichte für Hessen (Gymnasium), S. 28. Online verfügbar unter URL: http://www.bildungsserver.de/ [Stand: 30. 10. 2012]. Vgl. Ulrich: Stalingrad; Förster, Jürgen: Zähe Legenden. Stalingrad, 23. August 1942 bis 2. Februar 1943, in: Förster ; Pöhlmann; Walter (Hrsg.): Schlachten der Weltgeschichte, S. 325 – 337; Wegner, Bernd: Der Mythos »Stalingrad«. (19. November 1942 – 2. Februar 1943), in: Krumeich; Brandt (Hrsg.): Schlachtenmythen, S. 183 – 197. Vgl. Maier : Der Zweite Weltkrieg in deutschen und russischen Geschichtsschulbüchern, S. 88. Eine Durchsicht der aktuellen Geschichtsschulbücher Anno, Forum Geschichte, Geschichte und Geschehen, Kursbuch Geschichte, Schauplatz Geschichte, Zeit für Geschichte, Zeitlupe sowie Zeitreise bestätigte Maiers Befund. Perovici (Hrsg.): Istoria Romniei – atlas ¸scolar ilustrat, S. 58 f.
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schen«1155 und »Russischen Geschichte«1156 lassen sich Gewichtungen des osteuropäischen Schauplatzes ablesen. Die Schwerpunktlagerung in der europäischen Perspektive erklärt sich hauptsächlich über den signifikanten Bezug zu den Orten des nationalen Gedenkens,1157 da dort, wo der Krieg besonders intensiv stattfand, sich bis heute auch die Erinnerung an die Geschehnisse erhalten und sich auf diese Weise raumdimensionale Präferenzen ausbilden.1158 Ein Beleg für die Fokussierung mag auch die jüngste Feststellung Timothy Snyders sein, dass sich speziell im geografisch klar umrissenen Gebiet Osteuropas der millionenfache Mord von Menschen ereignete.1159
7.3.2.2. Schauplatz der eigenen Erinnerung – Der räumlich begrenzte Blick in nationaler Darstellung des Zweiten Weltkriegs Nationalkarten finden zur Abhandlung des Zweiten Weltkriegs in europäischen Geschichtsatlanten sehr häufig Verwendung. Deshalb verweisen die Atlasautoren im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg auch viel öfter auf die lokale Verortung von Nationalgeschichte in Verbindung mit der europäischen Perspektive. Daneben werden die Kartenwerke von zahlreichen Abbildungen zu allgemeinen für alle Länder gleichermaßen bedeutsamen historischen Orten ergänzt. So zeigen sich in der Addition zahlreiche Kartendarstellungen, die verschiedene räumlich begrenzte Schwerpunkte und Schauplätze in der Betrachtung des europäischen Konflikts markieren. Die lokale Lagerung gemeinsamer sowie nationaler Perspektivierungen beruht auf vielfältigen Aspekten, die zum Beispiel wichtige Schauplätze der Ostfront (»Stalingrad«, »Kursk«) oder die Landung in der Normandie bis hin zu Orten in Großbritannien (»Luftschlacht um England«), den Niederlanden (»Flüchtlinge an der Grenze«), Italien (»Monte Cassino«) über den Balkan bis nach Osteuropa einschließen. Durch die Fokussierung verschiedenster Schauplätze ist deshalb davon auszugehen, dass sich der Konflikt möglicherweise in seiner räumlichen Gewichtung auf Fixpunkte in ganz Europa verteilt und ein signifikanter begrenzter Schwerpunkt, wie beispielsweise die Westfront in der Darstellung des Ersten Weltkriegs, nicht auftritt. Im Kontext des Zweiten Weltkriegs lassen sich in einer Reihe von Geschichtsat1155 Vgl. Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; otecˇestvennaja istorija; XX vek, FGUP PKO Kartografija, Moskau 2007, S. 18 f. 1156 Vgl. Polunkina, N. N. (Hrsg.): Atlas Istorija Rossii, FGUP PKO Kartografija, Moskau 2005, S. 44 f. 1157 Vgl. Meyer: Die Bedeutung von Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs für die Herausbildung einer europäischen Erinnerungskultur. 1158 Vgl. FranÅois: Meistererzählung und Dammbrüche; Kurilo (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg im deutschen und russischen Gedächtnis. 1159 Vgl. Snyder : Bloodlands.
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lanten Perspektivierungen zu verschiedenen nationalen Vergangenheiten lokalisieren, die regelmäßig in größerer Zahl auftauchen und damit Einfluss auf die Gesamtbetrachtung des Konflikts nehmen. Äußerungen zur Nationalgeschichte1160 beziehungsweise Erinnerungskultur1161 des Zweiten Weltkriegs fällt in vielen europäischen Ländern eine besondere Relevanz zu, was sich etwa auch am Eingang in Lehr- und Bildungspläne1162 ablesen lässt. Die umfangreiche Verteilung von Schauplätzen und lokalen Erinnerungsorten zur Geschichte über ganz Europa wirkt demnach zunächst plausibel.1163 Das massive Auftreten nationaler Perspektivierungen in den verschiedenen europäischen Atlasproduktionen bedeutet allerdings nicht, dass sich in diesen kein Platz mehr für andere Blickwinkel befindet. Jeder Geschichtsatlas besitzt eine mehr oder weniger starke nationale Färbung. Ein deutliches Übermaß an umfassender Betrachtung der eigenen Geschichte taucht mehrheitlich nur in wenigen »national« ausgewiesenen Veröffentlichungen auf. In den meisten allgemeinen Kartenwerken mischen sich dagegen räumlich begrenzte Blickwinkel mit europäischen und globalen Aspekten. Viele Publikationen ermöglichen deshalb vornehmlich einen Überblick über die Ereignisse und Prozesse des Zweiten Weltkriegs. Nationale und regionale Schauplätze des Konflikts werden dem Rundblick zumeist angeschlossen oder in die Abfolge von Visualisierungen integriert, um länderbezogene Hintergründe schließlich unterschiedlich ausführlich auszufalten. Einzelne Beispiele sollen im Folgenden helfen die Methode der Atlanten im Umgang mit verschiedenen räumlich begrenzten Visualisierungsformen in der Präsentation des Konflikts zu erschließen. Speziell in französischen Atlanten nutzen die Autoren neben dem Blick auf Europa und die Welt National- und Schauplatzkarten für eine vielschichtige Abhandlung des Zweiten Weltkriegs. Die Betrachtung des nationalen Geschehensraums in der Zeit von 1940 – 1944 stellt sich allerdings im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg vor dem Hintergrund eines komplexen Erinnerungsdiskurses als äußerst kontrovers dar. Die breitgefächerte Abhandlung des Zweiten Weltkriegs offenbaren bereits die Kartentitel, die vor allem unterschiedliche raumdimensionale Horizonte herausstreichen. Nationale sowie räumlich begrenzte, europäische und globale Aspekte treten in unterschiedlichen Kontexten zum 1160 Vgl. Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen. 1161 Vgl. Echternkamp; Martens (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg in Europa. 1162 Vgl. Furrer (Hrsg.): Kriegsnarrative in Geschichtslehrmitteln; Maier (Hrsg.): Tschechen, Deutsche und der Zweite Weltkrieg; Jacobmeyer (Hrsg.): Deutschland und Polen von der nationalsozialistischen Machtergreifung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 1163 Die besondere Relevanz des Zweiten Weltkriegs im Bereich der Bildung ließ sich über Recherchen zum Bildungssystem sowie zur Erinnerungskultur u. a. über eine Befragung von Lehrern und Geschichtswissenschaftlern für folgende Länder festhalten: Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Litauen, Niederlande, Polen, Russland, Slowakei, Tschechien, Ungarn.
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Zweiten Weltkrieg auf (»La guerre en Europe«, »Lib¦ration de L’Europe et Front Germano-Sovi¦tique«, »Le Monde en Guerre en 1942«), wobei hauptsächlich die Abbildungen zu Frankreich auffällig sind, wie zum Beispiel »La campagne de France, mai–juin 1940«, »La France occup¦e«, »La France 1940 – 1944«, »La d¦barquement de Normandie«, »La France lib¦r¦e«, »La lib¦ration de la France« usw. Besonders prägnant in der Begutachtung der zahlreichen nationalen Ergänzungen zum Kriegsverlauf in Europa ist jedoch, dass die Zeit der Besatzung zwar häufig in die Geschichtskarte aufgenommen wird, hingegen die Abhandlung des Vichy-Regimes fast gänzlich verschwindet. Nur der 2010 veröffentlichte Atlas von Georges Duby spricht ausdrücklich im Kartentitel von »La France sous Vichy (1940/1944)«, während ein angefügter Text genauere Angaben zum autoritären und repressiven Charakter der »Republik« macht.1164 Einige Atlanten beschränken sich auf die Benennung Vichy-Frankreichs im Kartenbild (»Etat FranÅais de Vichy«) oder markieren die Stadt und weisen auf die endgültige Besetzung der südlichen Landesteile in der Legende hin.1165 Allerdings macht eine Vielzahl von Geschichtskarten in der Abbildung des Gebietes selbst darauf aufmerksam, dass es sich um eine »zone libre«1166 oder »zone non occup¦e«1167 handelt. Erläuterungen zu allgemeinen Hintergründen der »unbesetzten Zone« fehlen genauso wie spezielle Hinweise auf die Kollaboration von Teilen der Zivilbevölkerung und der französischen Behörden sowie der Rolle der »Judenpolitik« im »Etat franÅais«.1168 Ebenso mangelt es in der Betrachtung der außereuropäischen Komponente des Vichy-Regimes. Weder in den nationalen noch in den globalen Darstellungen ergeben sich Anhaltspunkte auf die Zugehörigkeit und den Status der Kolonien.1169 Die Darstellung Vichy-Frankreichs in Geschichtskarten bleibt auf diese Weise in den französischen Geschichtsatlanten eher unbestimmt und vage. Die Veröffentlichungen verschweigen mehrheitlich die damit verbundenen Teile der Weltkriegsgeschichte und füllen den Raum der Abbildung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg stattdessen mit der Vermittlung von positiv besetzen Themen, wie zum Beispiel die Eroberung von Teilen Frankreichs durch die R¦sistance im »Atlas des ¦coles; histoire, g¦ographie«1170 vom Verlag »Hatier« oder die häufig in Geschichtskarten dargestellte Teilnahme französischer Truppen an der Befreiung Europas auf der Karte »La d¦barque1164 Duby (Hrsg.): Atlas historique, S. 291. 1165 Lambin; Villette (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 81; Vallaud (Hrsg.): Atlas Historique, S. 74; Merienne (Hrsg.): Atlas Historique du Monde, S. 13. 1166 Carton; Lambin (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 63. 1167 Blasselle; Serryn (Hrsg.): Atlas Bordas geographique et historique, S. 32. 1168 Vgl. Rousso, Henry : Vichy. Frankreich unter deutscher Besatzung 1940 – 1944. München 2009; Klarsfeld; Meyer: Vichy – Auschwitz. 1169 Zur globalen Darstellung Vichy-Frankreichs in französischen Atlanten siehe weiter unten. 1170 Le Callennec (Hrsg.): Atlas des ¦coles, S. 22.
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ment en Provence«1171 im Atlas vom Verlag »Perrin«.1172 Besonders über die Zentrierung Frankreichs im Rahmen der Befreiung Europas durch die Alliierten ergibt sich, wie auch in den Geschichtskarten zum »Großen Krieg« in der Mythisierung der »Front franÅais« oder »Verduns«, eine Erfolgsgeschichte des Durchhalte- und Siegeswillens der Nation auf französischem Boden, die im Zusammenspiel mit der europäischen Dimensionierung negative Aspekte des Konflikts beiseiteschiebt. Dieses Motiv zeigt zum Beispiel die Karte mit dem Titel »Lib¦ration de la France et de l’Europe occidentale«.1173 Des Weiteren lassen sich auch erinnerungskulturell bedeutsame Orte außerhalb Europas lokalisieren, wie beispielweise die Kartierung Bir Hakeims in Nordafrika,1174 was in der Gesamtbetrachtung aller räumlichen Ebenen die Erfolgsgeschichte des Weltkriegs vervollständigt.1175 (K.abb. 7.17.) Hieraus resultiert die Frage, ob sich der unkontroverse Eindruck insgesamt für alle Lehrmittel festhalten lässt. Die kursorische Durchsicht französischer Geschichtsschulbücher schließt teilweise an die Befunde an, in einigen Fällen sind die Kartendarstellungen sogar identisch. Allerdings werden in französischen Schulbüchern problematische Gesichtspunkte der eigenen Geschichte weniger »verschwiegen« als dass die positiven Aspekte deutlich überwiegen.1176 Eine externe Analyse kommt in Betrachtung des französischen Schulgeschichtsbuches »Histoire 1 re ES-L-S« zu einem ähnlichen Ergebnis. Der Geschichtswissenschaftler Jonas Dischl erklärt hierzu, dass sich das Lehrwerk nur wenig mit einem Vichy-Diskurs auseinandersetzt. Stattdessen thematisiert das Schulbuch gezielt und überproportional häufig den Gegenstand des »France libre« sowie die Aktionen der R¦sistance und blendet daneben vielmehr die negativen Aspekte der französischen Geschichte aus.1177 Den französischen Geschichtsatlanten soll in ihrer Bewertung nicht die Qualität in der Visualisierung der europäischen sowie globalen Dimension des Konflikts abgesprochen werden, allerdings ergeben sich für die Betrachtung der nationalen Gesichtspunkte mehrere Defizite. In Frankreich hat das Gedächtnis an den Zweiten Weltkrieg während eines 1171 Vallaud (Hrsg.): Atlas Historique, S. 75. 1172 In sieben französischen Atlanten wird die Teilnahme französischer Kontingente an der Befreiung Europas im Kartenbild erwähnt. 1173 Duby (Hrsg.): Grand Atlas historique, S. 104. 1174 Blasselle; Serryn (Hrsg.): Atlas Bordas geographique et historique, S. 32; Lambin; Villette (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 79. 1175 Vgl. Waechter : Ein »neues Verdun«, S. 165 – 182. 1176 Vgl. Lambin, Jean-Michel (Hrsg.): Histoire 1re – ES, L, S. Hachette. Paris 2007; Gasnier, Thierry (Hrsg.): Histoire 1re L, ES, S. Br¦al. Rosny-sous-Bois 2007; Alazard, JoÚlle; Marseille, Jacques (Hrsg.): Le monde, l’Europe, la France: 1850 – 1945. Nathan. Paris 2007; Peltier, Christian (Hrsg.): Histoire du XXe siÀcle – 1res et term. Agricoles. educagri. Dijon Cedex 2001. 1177 Vgl. Dischl: »Vichy« in französischen Lehrmitteln – eine Analyse zum aktuellen Diskurs in Frankreich, S. 110 f.
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halben Jahrhunderts tiefgreifende Veränderungen erfahren,1178 was die schulische Vermittlung des Konflikts aber auch eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Gesichtspunkten Krieg, Besatzungszeit und Holocaust betrifft.1179 Das Thema Vichy wird in diesem Zusammenhang in Frankreich immer noch kontrovers diskutiert. Die Auseinandersetzung polarisiert die französische Gesellschaft zwischen Mitverantwortung des französischen Staates am Völkermord an den Juden und inoffizieller Verteidigung Vichy-Frankreichs.1180 Vor diesem Hintergrund erklärt sich der Befund, dass die Darstellung des VichyRegimes in französischen Geschichtsatlanten entweder gar nicht oder nur sehr ungenau erscheint. Dem Betrachter wird über die mangelhafte Visualisierung und das Verschweigen von Informationen im Kartenwerk in der Beurteilung der Geschehnisse genügend Platz eingeräumt, um diesen Teil der französischen Geschichte auszuklammern oder teilweise sogar zu bagatellisieren. Stattdessen werden positiv »besetzte« Gesichtspunkte ganz im Verständnis des »Freien Frankreichs« aufgeführt, um den nationalen Raum im Zweiten Weltkrieg neben der globalen, aber vor allem der europäischen Dimension im Rahmen einer Erfolgsgeschichte der »Siegermacht« abzubilden. Verschiedene Hintergründe wie die Mythisierung der R¦sistance oder die umstrittene Rolle Phillipe P¦tains in der französischen Weltkriegsgeschichte sind nach wie vor Mittelpunkt von Diskussionen.1181 Obwohl das Vichy-Regime im aktuellen französischen Geschichtsdiskurs offen zur Debatte steht,1182 nehmen die Geschichtskarten und -atlanten nur begrenzt Stellung, was gerade in der Abbildung des nationalen Raums im Kontext der eigenen Geschichte mangelhaft wirkt. Nicht nur in französischen Geschichtsatlanten wird die besondere Bedeutung von Nationalgeschichte für die Darstellung des Zweiten Weltkriegs deutlich. Desgleichen zeigen sich in Visualisierungen aus Polen ausgeprägte Einflüsse erinnerungskultureller Inhalte. Dabei steht besonders der nationale Raum von Geschichte im Vordergrund. Bereits die Benennung von Geschichtskarten und Gliederungspunkten in polnischen Schulatlasproduktionen weist auf die enge Verbundenheit zwischen nationalem und europäischem Geschehensraum hin. Alle polnischen Atlaspublikationen nutzen für die Abhandlung des Zweiten 1178 Vgl. Rousso, Henry : Vom nationalen Vergessen zur kollektiven Wiedergutmachung, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 227. 1179 Vgl. Ernst (Hrsg.): Quand les m¦moires d¦stabilisent l’¦cole. 1180 FranÅois, Etienne: Die späte Debatte um das Vichy-Regime und den Algerienkrieg, in: Sabrow ; Jessen; Große-Kracht (Hrsg.): Zeitgeschichte als Streitgeschichte, S. 265. 1181 Vgl. Jurt, Joseph: Die Mythisierung der R¦sistance in der französischen Nachkriegsgesellschaft, in: Martin; Kuß (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg in Europa und Asien, S. 204 ff.; Vast, C¦cile: L’identit¦ de la R¦sistance. §tre r¦sistant de l’occupation l’aprÀs-guerre. Paris 2010. 1182 Vgl. Burrin, Philippe: Vichy. Die Anti-Republik, in: Nora (Hrsg.): Erinnerungsorte, S. 134 – 156.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
Weltkriegs Europakarten, ergänzen allerdings die Betrachtung durch eine große Zahl von Nationalkarten. In zahlreichen Veröffentlichungen finden Schlüsselbegriffe aus der Erinnerungskultur Polens Eingang in die Kartenabbildung.1183 Der Gegenstand zeigt sich bereits umfangreich an Kartenüberschriften: »Polnischer Verteidigungskrieg«1184, »Polen an den Fronten des Zweiten Weltkriegs«1185, »Der Kampf gegen den deutschen Besatzer«1186, »Vernichtung des polnischen Volkes durch die Besatzer«1187, »Der Holocaust auf polnischem Gebiet«1188, »Widerstandsbewegung auf polnischem Gebiet«1189 oder »Warschauer Aufstand«.1190 Die Geschichtskarten visualisieren überwiegend in Abfolgen nationale Aspekte des Konflikts, wobei neben der Betrachtung Polens besonders signifikant die europäische Perspektive in der Fokussierung der polnischen Streitkräfte an verschiedenen Kriegsschauplätzen in die Darstellung mit einfließt. (K.abb. 7.18.) Weltkrieg und Besatzung bilden für Polen eine historische Erfahrung, die das Geschichtsbewusstsein und das kollektive Gedächtnis prägte, aber auch weiterhin beeinflusst.1191 Der Einfluss der nationalen Militärgeschichte auf die polnische Erinnerungskultur ist immens und erfolgt seit 1945 über unterschiedlichste Kanäle: Über Politik, Bildung aber auch den Bereich der Alltagskultur durch Printmedien, Denkmäler und Filme etc.1192 Besonders in Büchern und Bildbänden wurde an den Weltkrieg und den Kampf gegen die deutschen Besatzer erinnert. Dass die polnische Nation als Gründungsmitglied der siegreichen Anti-Hitler-Koalition mit militärischen Streitkräften fern der besetzten Heimat an vielen Fronten kämpfte – in Afrika und an verschiedenen Fronten Europas und nicht zuletzt bei der Eroberung Deutschlands –, fließt neben historiographischen Betrachtungen und Schulbüchern genauso in Geschichtsatlanten mit ein. Speziell die Einsatzorte polnischer Kontingente und des Widerstands spielen in Karten eine große Rolle, die neben dem polnischen
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In 15 polnischen Geschichtsatlasproduktionen finden sich diese Schlüsselbegriffe. Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 54 f. Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 128 f. Panfil; Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 7 – 8, S. 49. Olczak, Elz˙bieta; Sienkiewicz, Witold (Hrsg.): Ilustrowany Atlas; Historii Polski; Tom 5; Okres II wojny s´wiatowej. Demart, Warschau 2007, S. 30. Roszkowski, Wojciech; Scwarc, Andrzej; Tazbir, Julia; Tazbir, Janusz; Wipszycka-Bravo, Ewa (Hrsg.): Wielki Atlas Historyczny. Demart, Warschau 2008, S. 145. Błaut (Hrsg.): Ilustrowany Atlas Historyczny ; Dla Klas IV – VI, S. 76 f. Sikorski; Zaremba (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum, S. 75. Vgl. Kranz, Tomasz: Die Rolle der NS-Verbrechen in der Gedenkkultur Polens, in: Rathenow ; Weber (Hrsg.): Nationalsozialismus und Holocaust, S. 231 – 241; Bömelburg: Die polnische Erinnerung an die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg in der III. Republik, S. 101 – 108. Vgl. Kosmala: Lange Schatten der Erinnerung, S. 509 – 540.
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Territorium den Kampf auch an anderen umkämpften Schauplätzen des Krieges verorten, wie etwa Arnheim, Monte Cassino, Narvik oder Tobruk.1193 Publikationen zur polnischen Militärgeschichte, wie beispielsweise von Zbigniew Załuski aus dem Jahr 1969 »Die Polen an den Fronten des Zweiten Weltkrieges«,1194 genauso wie einzelne Beiträge zur »deutschen Besatzung«1195 oder zum »Warschauer Aufstand«1196 seien hier nur als exemplarische Beispiele für Einflüsse auf die Kartengestalt erwähnt. Der Zweite Weltkrieg wird bis heute vor allem mit Blick auf die militärischen Geschehnisse ebenso unter dem Einfluss unterschiedlichster populärer Manifestationen der Geschichtskultur in der polnischen Gesellschaft tradiert (zum Beispiel Comics).1197 Die hohe Relevanz belegt auch der Blick auf den Bereich der Bildung. Dass Kerncurriculum beinhaltet ein eigenes Kapitel mit allgemeinen und weiterführenden Informationen zum Zweiten Weltkrieg, lediglich ein Unterkapitel beschäftigt sich genauer mit dem Thema Holocaust, was insbesondere auf die nachgeordnete Bedeutung des Völkermords an den Juden im Kontext des militärischen Konflikts verweist.1198 Im Ganzen zeigt die Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg in polnischen Geschichtsatlanten eine enge Anbindung an die nationale Geschichte. Begründungen resultieren hier vor allem aus der Erinnerung an den Weltkrieg, die in der polnischen Gesellschaft eine hohe Bedeutung besitzt und beispielsweise über curriculare Bestimmungen großen Einfluss auf Lehrmittel nimmt.1199 Die Faktoren Erinnerungskultur und Geschichtspolitik wirken sich in diesem Zusammenhang bestimmend auf polnische Lehrmittel zur Geschichte aus. Der Blick in polnische Schulgeschichtsbücher bestätigt das große Gewicht von Nationalgeschichte. Die Einbindung des nationalen Raumes in die Darstellung der Weltkriegsgeschichte ist deshalb im europäischen Vergleich für Polen als sehr hoch einzuschätzen. Auch in russischen Geschichtsatlanten spielt der Zweite Weltkrieg als vermeintliches Spiegelbild des erinnerungskulturellen Interesses verschiedener gesellschaftspolitischer Akteure eine bedeutende Rolle.1200 Die Weltkriegsge1193 Gawrysiak Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 24 f. 1194 Załuski, Zbigniew : Die Polen an den Fronten des Zweiten Weltkrieges. Warschau 1969. 1195 Łuczak, Czesław : Polscy robotnicy przymusowi w Trzeciej Rzeszy podczas II wojny s´wiatowej. Poznan 1974. 1196 Jewsiewicki, Władysław : Powstanie Warszawskie 1944. okiem polskiej kamery. Warszawa 1989. 1197 Vgl. Kosmala: Lange Schatten der Erinnerung, S. 509. 1198 Vgl. Ruchniewicz: Die Darstellung des Holocaust in polnischen Geschichtsbüchern, S. 245. 1199 Vgl. Ruchniewicz: Polnische Schulbücher für Geschichte und Politik, S. 49 – 60. 1200 Die Geschichtswissenschaftlerin Galina Zvereva zählt zu den Akteuren, die in Russland Einfluss auf Unterrichtsmedien nehmen den politischen und öffentlichen Bereich von
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schichte gilt in der russischen Erinnerung als »Schlüsselereignis im historischen Gedächtnis der Russen«.1201 Die große Relevanz des Krieges lässt sich im Sample russischer Geschichtsatlanten allein an der Anzahl der Kartendarstellungen ablesen, die eine Menge von 50 % des Kartenanteils am Gesamtvolumen der Zeit der Weltkriege einnimmt.1202 Wenn allerdings in Russland in der Geschichte des 20. Jahrhunderts vom Krieg gesprochen wird, dann ist damit der »Große Vaterländische Krieg« gemeint, der sich auf diese Weise begrifflich von der europäischen Wahrnehmung des Konflikts trennt. Diese Unterscheidung im Hinblick auf die eigene Geschichte stellt vor allem die besondere nationale Bedeutung des Konflikts heraus und findet sich ebenso in russischen Lehrmitteln wieder. Die Atlasproduktionen werden in ihrer für den russischen Geschichtsunterricht üblichen Ausrichtung, wie die Schulbücher, auf zwei voneinander getrennte Kurse zur Geschichte Russlands und zur Weltgeschichte konzipiert.1203 So findet sich einerseits in Schulgeschichtsatlanten zur Weltgeschichte ein Abschnitt über den Zweiten Weltkrieg und andererseits in den Kartenwerken zur russischen Geschichte Visualisierungen über den »Großen Vaterländischen Krieg«. Die Gewichtung von raumdimensionalen Aspekten zum Weltkrieg offenbart, dass die nationalgeschichtlichen Atlanten gemäß ihrer Orientierung die Nationalgeschichte stark hervorheben, die weltgeschichtlichen Produktionen aber neben Darstellungen zu globalen Schauplätzen ebenso nationale Perspektiven einbeziehen. Im Schulatlas zur »ausländischen Geschichte«1204 vom Verlag »Drofa« bestimmt eine Europakarte den Blick auf die Weltgeschichte beziehungsweise Geschichte der »Anderen«, die allerdings eine Verschiebung des Zentrums auf Ostmitteleuropa aufweist. Zudem wird die Darstellung um eine Karte zum Krieg im Osten ergänzt. (K.abb. 7.19.) Weitere universale Atlasproduktionen bestätigen den Befund dieser Ausrichtung, wie zum Beispiel in den Atlanten vom Verlag
1201 1202
1203 1204
Medien, Kultur und Bildung, vgl. Zvereva, Galina: Die Konstruktion einer Staatsnation. Geschichtslehrbücher für das neue Russland, in: Karl; Polianski (Hrsg.): Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im neuen Russland, S. 87 – 118. Scherbakowa, Irina: Zerrissene Erinnerung. Der Umgang mit Stalinismus und Zweitem Weltkrieg im heutigen Russland. Göttingen 2010, S. 7. Ein Indiz hierfür stellt allein die umfangreiche Publikation verschiedener stufen- oder jahrgangsbezogener Ausgaben und Auflagen von Geschichtsatlanten dar, in denen der Zweite Weltkrieg Erwähnung findet: für Russland sind das 19 Atlanten (101 Geschichtskarten). Vgl. Maier : Der Zweite Weltkrieg in deutschen und russischen Geschichtsschulbüchern, S. 90. Martynova, T. I. (Hrsg.): Atlas ˇskol’nika; zarubezˇnaja istorija s drevniejsˇich vremen do nacˇala XXI v. Drofa, Moskau 2008, S. 104 f.
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»FGUP PKO Kartografija«.1205 Die Visualisierung Europas wird in der Kartenfolge durch die Verkleinerung des Raumausschnitts und die Zentrierung von Osteuropa nach Osten verschoben, wichtige Aspekte des russischen Kriegsgeschehens erleben dadurch eine Intensivierung. Einschübe von einzelnen Karten mit unterschiedlicher räumlicher Eingrenzung, zum Beispiel zur Ostfront, Moskau etc. verstärken diese Akzentuierung. Abbildungen zum asiatisch-pazifischen Geschehen dienen genauso wie Weltkarten, beispielweise im Atlas »Geschichte der Zivilisation der Welt«1206 vom Verlag »Drofa«, nur als Ergänzungen, die in weltgeschichtlichen Produktionen den Konflikt nur sporadisch komplettieren und sogar mit dem Blick auf das Eingreifen russischer Truppen in Asien um eine nationale Fokussierung erweitern. Im Ganzen bieten daher die russischen Geschichtsatlanten zur Weltgeschichte zwar eine breite Betrachtung des Konflikts über mehrere Blickwinkel an, gleichwohl verweisen aber gerade diese Perspektivierungen vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs auf nationale Verdichtungen und Betonungen. Speziell in Geschichtsatlanten zum »Vaterländischen Krieg« fokussieren die Atlasautoren den nationalen Raum. Perspektivwechsel sind hier eher selten, denn die Publikationen verfolgen eine vorrangig russische Sichtweise auf den Zweiten Weltkrieg. Eine große Zahl nationaler Atlasproduktionen zur Geschichte Russlands bezieht Europakarten in die Betrachtung ein. Allerdings verwenden einzelne Veröffentlichungen zum »Großen Vaterländischen Krieg« gar keine europäische Perspektive, wodurch zum Beispiel die Kartenfolge im Atlas vom Verlag »Dom Novyj Ucˇebnik« eine deutliche Gewichtung Osteuropas und Asiens vornimmt.1207 Im Geschichtsatlas werden allein Kartenzuschnitte in osteuropäischer Dimension genutzt, um den Konflikt von 1941 bis 1945 zu beleuchten. Dabei reduziert sich die Betrachtung des Weltkriegs lediglich auf die nationale Perspektive. So taucht das nationalsozialistische Deutschland als Gegner der Sowjetunion mit seinem Territorium in einer aus vier Karten bestehenden Folge erst auf der letzten Abbildung auf. Die Kriegsanstrengungen der sowjetischen Verbündeten sowie der Blick auf andere relevante Schauplätze und Orte, wie zum Beispiel Westeuropa, Afrika, Pazifik etc. werden sogar völlig ausgespart. Neben großen Überblickskarten betonen russische Geschichtsatlanten zusätzlich detaillierte Schauplätze und Orte von besonderer Bedeutung im Kontext der Darstellung des Kampfes gegen das nationalsozialistische Deutschland. Die 1205 Polunkina, N. N.; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; Novejsˇaja istorija zarubezˇnych stran. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2005, S. 10 f. 1206 Martynova, T. I. (Hrsg.): Atlas klas 10 – 11; Istorija mirovych civilizacij. Drofa, Moskau 2005, S. 50. 1207 Klokov, Valerij A.; Ponomarev, Michail V.; Volkova, Elena Vasil’evna (Hrsg.): Atlas istoria rossii; XX – nacˇalo XXI veka; dlja 9 klassa. Dom Novyj Ucˇebnik, Moskau 2005, S. 14 ff.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
Erinnerung an das russische Schicksal im Krieg gipfelt in nationalen und weltgeschichtlichen Atlasproduktionen in detailgenauen Abbildungen von entscheidenden Schlachten wie zum Beispiel Moskau1208 oder Stalingrad1209 (Generalsstabskarte). Angefügt werden zudem Karten zum russisch-finnischen Krieg oder zum Krieg der Sowjetunion gegen Japan1210 auf dem asiatischen Festland.1211 Die räumliche Fokussierung der nationalen Vergangenheit erfolgt dementsprechend durchgängig in russischen Lehrmitteln am Ort der Entscheidung und unterstreicht so die besonders große Bedeutung des historischen Ereignisses als Symbol der »Größe« und vor allem der »Einheit« der Nation.1212 Auch wenn der Krieg in der russischen Bevölkerung von Generation zu Generation an Relevanz verliert, so bleibt er doch für den Staat und vor allem für staatliche Bildungsinstitutionen ein wichtiges gesellschaftlich integratives Moment, welches den Konflikt weiterhin im kollektiven Gedächtnis verankert.1213 So stellte sich der Krieg allein über die Masse an kollektiven und kulturellen Formen des Gedenkens und Erinnerns (Historiographie, Kunst, Kino etc.) in den letzten beiden Jahrzehnten als ungemein prägend dar. Allerdings ergeben sich in der Analyse der postsowjetischen Historiographie zum »Großen Vaterländischen Krieg« grundsätzlich Zweifel, dass »die Fortsetzung der sowjetischen Siegesikonographie, die Fortschreibung des Mythos vom homogenen Siegervolk unter Führung Stalins, die oberflächlichen Revisionsversuche im erinnerungskulturellen Gegendiskurs und die nach wie vor mangelnde Auseinandersetzung mit der Shoah«1214 eine differenzierte Auseinandersetzung möglich gemacht haben. Für das Lehrmittel Geschichtsatlas, wie auch im gleichen thematischen Kontext für Schulgeschichtsbücher, lassen sich diese Befunde bestätigen. Für russische Geschichtsatlanten sind besonders die Abbildung nationaler Räume über Zentrierungen oder die Wahl des Kartenausschnitts von Relevanz. Die Kriterien der Verortung gehen einher mit der thematischen Selektion der Geschichtskarten. Insgesamt ist daher von einer kanalisierten Betrachtung des Zweiten Weltkriegs 1208 Talonkin, M. A. (Hrsg.): Atlas istoria rossii; XX vek – nacˇalo XXI veka. Drofa, Moskau 2008, S. 19. 1209 Kolpakov, Sergej V.; Ponomarev, Michail V. (Hrsg.): Atlas Istorija Rossii s drevniejsˇich vremen do nacˇala XXI veka; klass 10 – 11. Ast Press, Moskau 2007, S. 55. 1210 Samsonova, Aleksandr I. (Hrsg.): Atlas; Istorija Rossii; XX vek; 9 – 11 klassy. Izdat. Dom Drofa, Moskau 1998, S. 13. 1211 Vgl. Hasegawa, Tsuyoshi: Racing the enemy. Stalin, Truman, and the surrender of Japan. Cambridge 2005. 1212 Vgl.: Maier : Der Zweite Weltkrieg in deutschen und russischen Geschichtsschulbüchern, S. 90. 1213 Vgl. Scherrer : Siegesmythos versus Vergangenheitsaufarbeitung, S. 619 ff. 1214 Hösler, Joachim A.: Der »Große Vaterländische Krieg« in der postsowjetischen Historiographie, in: Karl; Polianski (Hrsg.): Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im neuen Russland, S. 246.
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in russischen Geschichtsatlanten zu sprechen, die den Mythos um den »Großen Vaterländischen Krieg« vor allem im nationalen Raum thematisieren und nur über Ergänzungen zur »Weltgeschichte« auf andere Perspektiven erweitern. Die Betrachtung unterschiedlicher Atlassamples zur raumdimensionalen Ausrichtung von Geschichtskarten hat zum Zweiten Weltkrieg zunächst im Vergleich zum Ersten Weltkrieg eine Verschiebung von einer gemeinsamen lokalen Schwerpunktlagerung (Westfront) auf vielfältige – an verschiedene Kontexte gebundene – Gewichtungen erbracht. Neben den ausführlich analysierten Beispielen aus Frankreich, Polen und Russland ergeben sich auch für Belgien, Großbritannien, Italien, Kroatien, Rumänien, die Slowakische und Tschechische Republik sowie Ungarn nationale Bezugspunkte, die im Spannungsfeld von Erinnerung und Geschichtsvermittlung stehen. Dabei kann die Dimensionierung des Zweiten Weltkriegs ganz unterschiedliche Ausmaße annehmen. Die Darstellung des Weltkriegs im eigenen Land erfolgt zum Beispiel im italienischen Atlas vom Verlag »De Agostini«1215. Hingegen rücken bestimmte Regionen und Räume, beispielweise der »Espace Belge 1940«, in der belgischen Produktion vom Verlag »de boeck«1216 in den Fokus. Die Konfrontation mit dem Raum des Luftkriegs zeichnet der britische »Atlas of 20th Century History« vom Verlag »Collins«1217 nach. Daneben zeigt die Beschäftigung mit einzelnen Schauplätzen und Orten in ungarischen Geschichtsatlanten vom Verlag »Cartographia«1218 wie Kartenautoren die Detailabbildung der »Schlacht um Budapest« visualisieren. 7.3.2.3. Der gemeinsame Ort des Weltkriegs im Kartenausschnitt jenseits der Nationalgeschichte Die Geschichtskarten zum Zweiten Weltkrieg sollen nun dahingehend untersucht werden, ob sich möglicherweise über nationale Bezüge hinaus transnationale Schauplätze in der Darstellung des Konflikts ergeben, die so etwas wie einen gemeinsamen Bezugspunkt in der Beschäftigung mit dem Krieg darstellen. Ein erster Anknüpfungspunkt der Analyse resultiert aus der bisherigen Eruierung von besonderen Orten und Regionen, wie zum Beispiel die Normandie oder Stalingrad. Allerdings ist zu überprüfen, inwieweit diese lokalen Geschehensräume in Atlasproduktionen aus ganz Europa auftauchen und inwiefern diese Abbildungen möglicherweise besondere raumdimensionale Aspekte des Krieges einbeziehen. 1215 1216 1217 1218
Vaighi (Hrsg.): Atlante Storico Del Mondo (De Agostini), S. 173. Patart (Hrsg.): Atlas d‹Histoire Hayt, S. 130. Overy (Hrsg.): Atlas of 20th Century History, S. 89. Papp-Vry (Hrsg.): Tört¦nelmi atlasz, S. 36; Ýrpd (Hrsg.): Köz¦piskolai tört¦nelmi atlasz, S. 85.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
Die Betrachtung der Normandie erfolgt in französischen Atlanten überdurchschnittlich häufig. Eine mögliche Erklärung der besonderen Sicht resultiert aus dem Gegenstand des Moments der Befreiung, um darüber auch die eigene Rolle im Konflikt zu begründen und zu erweitern.1219 Des Weiteren ist die Bedeutung des »Jour J« in der französischen Erinnerung überaus groß.1220 Doch nicht nur für Frankreich erscheint dieser Schauplatz des Krieges wichtig. Die explizite Darstellung der Normandie zeigt sich in 27 europäischen Geschichtsatlanten, in den Produktionen Albaniens, Belgiens, Bulgariens, Deutschlands, Estlands, Frankreichs, Großbritanniens, Mazedoniens, der Niederlande, Polens, Russlands, Sloweniens, der Tschechien Republik und Ungarns. In der räumlichen Dimensionierung wird zumeist der Süden Großbritanniens, der Ärmelkanal und der Norden Frankreichs abgebildet, wodurch zum Beispiel der Atlas »Geschichte des 20. Jahrhunderts1221 vom Verlag »Kartografie Praha« einen wichtigen Teil des Krieges separat visualisiert. Davon abweichende Visualisierungsversuche verkleinern entweder den Ausschnitt der Geschichtskarte und reduzieren somit den Blickwinkel auf die Normandie oder vergrößern den Fokus der Landungsoperationen auf ganz Westeuropa, um etwa über die Ausdehnung des Zeitschnitts – wie zum Beispiel im slowenischen Atlas vom Verlag »DZS«1222 – die Vorgeschichte und die Auswirkungen der Landung zu schildern. (K.abb. 7.20.) Hinweise auf Verflechtungen oder Hintergründe – bis auf die Nennung der US-amerikanischen Kontingente – erschließen sich jedoch nur selten. Hingegen verweist der Ort der Normandie indirekt auf die Geschichte außerhalb Europas. Die Eröffnung der Front in der Normandie durch die Alliierten im Westen, die 1944 unter großen Menschenverlusten die Befreiung weiter Teile Europas einleitete, stellt für die Erinnerungskulturen der Länder der vormals West-Alliierten eine große Bedeutung für das bestehende und immer wieder »reformulierte kollektive Gedächtnis« dar.1223 Das Gedenken »soll als mahnende Erinnerung der Vergangenheit dienen und zugleich als ein auf die Zukunft gerichteter Botschafter fungieren«.1224 Der Ort der Normandie als Symbol des Auftakts zur Befreiung ist einerseits leicht kartografisch darzustellen und dient andererseits auf diese Weise in einigen Geschichtsatlanten zur Visualisierung der Übernahme der Initiative der Alliierten in Westeuropa. Ge1219 Vgl. Grandhomme: La Seconde Guerre mondiale en France, S. 105 ff. 1220 Die Landung in der Normandie wird in Politik, Kultur und Bildung vielfältig erinnert, vgl. u. a. Meyer, Henning: Der Wandel der französischen »Erinnerungskultur« des Zweiten Weltkriegs am Beispiel dreier »Erinnerungsorte«: Bordeaux, Caen und Oradour-surGlane. Augsburg 2006. 1221 Jezˇkov, Dagmar ; Mandelov, Helena (Hrsg.): Deˇjiny 20. stolet; deˇjepisn¦ atlasy pro zkladn sˇkoly a vceleta gymnzia. Kartografie Praha, Prag 2002, S. 41. 1222 Kastelic; Lavbicˇ-Saje; Rihtarsˇicˇ ; Weis (Hrsg.): Zgodovinski atlas za osnovno sˇolo, S. 45. 1223 Petermann: Rituale machen Räume, S. 79. 1224 Ebd.: S. 224.
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rade in Russland, Großbritannien, den Vereinigten Staaten oder Frankreich hat die Erinnerung an die Niederringung des NS-Deutschlands mit den jährlichen Gedenkfeiern zum 8. Mai und zur alliierten Landung in der Normandie eine feste und ritualisierte Tradition ausgebildet.1225 Das Gedenken wird auf diese Weise insbesondere über die mediale Manifestation des besonderen Ortes im Raum von Geschichtskultur (Museen, Filme etc.) geprägt und beeinflusst somit über unterschiedliche sozio-kulturelle Kanäle die Abbildung von Geschichte in Geschichtsatlanten. Im Gegensatz zum »D-Day« und der damit verbundenen Landung der WestAlliierten in der Normandie steht die Schlacht um Stalingrad nicht direkt in Verbindung mit der Befreiung Europas, sondern markiert neben Moskau (1941) und Kursk (1943) den Höhepunkt in der Herbeiführung der Niederlage der deutschen Wehrmacht durch die Rote Armee.1226 Das Besondere am Kriegsschauplatz Stalingrad ist rückblickend deshalb nicht die militärhistorische Bedeutung – die Schlacht war weder kriegsentscheidend noch gehörte sie zu den verlustreichsten –, sondern die propagandistische Instrumentalisierung des Ortes, was sich im Aufeinandertreffen von einem rücksichtslosen und ideologiebeladenen Vernichtungskrieg und einem ebenso prestigeträchtig und verlustreich geführten Abwehrkampf manifestierte. Die Schlacht an der Wolga wandelte sich nach 1945 zu dem im mittel- und osteuropäischen Gedächtnisraum bekanntesten Ort des Zweiten Weltkriegs,1227 fand aber auch in der Geschichte der westeuropäischen Staaten seinen festen Platz.1228 Speziell in der Verteidigung des eigenen Landes verbindet sich die russische »Erinnerung« am Ort Stalingrad mit dem Mythos des »Siegers«.1229 Dass sich wiederum ein indirekter Verweis auf den globalen Krieg ergibt, offenbart in diesem Zusammenhang, dass Stalingrad auch außerhalb Deutschlands und der Sowjetunion zu einem Symbol des Zweiten Weltkriegs geworden ist. So wie Auschwitz für den Völkermord oder Hiroshima für die nukleare Massenvernichtung stehen, so bezeichnet Stalingrad – wie es der deutsche 1225 Vgl. Sabrow, Martin: Den Zweiten Weltkrieg erinnern, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 59 (2009) 36/37, S. 14; Geyer, Martin H.: Im Schatten der NS-Zeit. Zeitgeschichte als Paradigma einer (bundes-) republikanischen Geschichtswissenschaft, in: Nützenadel; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem, S. 25 – 53. 1226 Vgl. Wegner : Der Mythos »Stalingrad«, S. 185. 1227 Vgl. Arnold, Sabine R.: Stalingrad im sowjetischen Gedächtnis. Kriegserinnerung und Geschichtsbild im totalitären Staat. Bochum 1998, vgl. auch Hellbeck, Jochen (Hrsg.): Die Stalingrad-Protokolle. Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht. Frankfurt/ Main 2012. 1228 Vgl. Glantz, David M.; House, Jonathan M.: Armageddon in Stalingrad. September–November 1942. Lawrence 2009; Lopez, Jean: Stalingrad, la bataille au bord du gouffre. Paris 2008; Beevor, Antony : Stalingrad. London 1998; Lannoy, FranÅois de; Bernage, Georges; Zaganesco, Georges: La bataille de Stalingrad. Bayeux 1996. 1229 Vgl. Wegner : Der Mythos »Stalingrad«, S. 185 ff.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
Historiker Jürgen Förster formuliert – »die Übersteigerung soldatischen Kämpfens um seiner selbst willen«.1230 Allerdings zeigte sich insbesondere im Deutschland der Nachkriegszeit, dass gerade durch die Nachwirkungen der intensiven nationalsozialistischen Propaganda – in der Herausbildung eines Schlachtenmythos – »Stalingrad« im Bewusstsein der deutschen Nation eine feste Verankerung besaß und auf diese Weise die Formel des »heldenhaften Opfergangs der 6. Armee« überlebte.1231 Über den medialen Niederschlag, aber auch die Umformung des Mythos Stalingrad im Kontext der Wiederbewaffnung in der jungen bundesrepublikanischen Gesellschaft entwickelte sich eine memoriale Kultur des Gedenkens, die in die breite öffentliche Auseinandersetzung mit dem Erinnerungsort Stalingrad der Gegenwart mündete.1232 Geschichtskarten zum Schauplatz Stalingrad liefern 26 Geschichtsatlanten aus Bulgarien, Deutschland, Estland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Polen, Russland, Slowenien, der Tschechischen Republik und Ungarn. Dabei erfolgt die Darstellung zumeist in Kombination von Schauplatz- und Europakarte. So besitzt zum Beispiel der »Times Atlas of World History«1233 eine charakteristische Kartenfolge. In der Dimensionierung der Geschichtskarte werden zumeist die Stadt selbst und die topografischen Gegebenheiten des Umlands abgebildet. Deutsche, polnische und russische Veröffentlichungen nutzen hingegen die Karte auch in Verbindung mit einer begrenzten Abbildung Osteuropas zum Zweiten Weltkrieg. Die Kartenfolge unterstreicht an dieser Stelle die besondere Bedeutung des Krieges gerade für die direkt involvierten Länder, was zum Beispiel die Sequenz von Geschichtskarten zum Krieg in Osteuropa im »dtv-Atlas«1234 deutlich zeigt. Der Ort Stalingrad wird in erster Linie durch seine historische Strahlkraft aus einer Mischung von Mythenbildung und Erinnerung über die verschiedensten Arten medialer Tradierung (Literatur, Film etc.) zu einem besonderen Ort der Geschichtskultur, wodurch er ebenso über die Koppelung an die Bereiche Politik und Bildung seinen Weg in Geschichtsatlanten und Schulbücher findet.1235 1230 Förster : Zähe Legenden, S. 325. 1231 Ulrich: Stalingrad, S. 110. 1232 Vgl. Ulrich, Bernd: Stalingrad, in: FranÅois; Schulze (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte. Teil 2, S. 332 – 348. 1233 Barraclough, Geoffrey ; Stone, Norman (Hrsg.): The Times Atlas of World History. Times Books Limited, London 1989, S. 273. 1234 Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 484. 1235 In den Bildungsplänen der deutschen Bundesländer findet der Ort »Stalingrad« Erwähnung. Darüber hinaus erfolgt konkret die Thematisierung der »Schlacht um Stalingrad« in deutschen Schulgeschichtsbüchern, zum Teil nebst Kartenmaterial (Anno, Zeitreise, Geschichte und Geschehen etc.). Online abrufbar unter URL: http://www.bildungsserver.de/ [Stand: 20. 10. 2012].
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Die europäischen Geschichtsatlanten visualisieren zum Zweiten Weltkrieg zwar durchaus noch weitere transnationale Geschehensräume, allerdings sind diese weitaus schwächer als die bisherigen Beispiele in der Gesamtheit aller Publikationen verwurzelt. Auch die Orte »Normandie« und »Stalingrad« erscheinen nicht durchgehend in allen Atlanten. Sie sind zwar erinnerungskulturell vielfältig verankert, allerdings nicht vollkommen frei von nationaler Anbindung, was somit zu dem Schluss kommen lässt, dass sich im Großen und Ganzen kein relevanter begrenzter Ort oder Schauplatz ergibt, der in allen europäischen Geschichtsatlanten auftaucht. Im Ganzen tritt daher lediglich für Zentral- und Osteuropa eine leichte Schwerpunktlagerung auf, die die Darstellungen zur Ostfront erzeugen. Hinsichtlich aller Erklärungsansätze bleibt jedoch immer zu bedenken, dass die Einbindung verschiedener historischer Orte und Räume immer auch vor dem Hintergrund konzeptioneller Bedürfnisse und inhaltlicher Notwendigkeiten erfolgt.
7.3.2.4. Kriegsschauplätze außerhalb Europas – Die globale Dimension des Zweiten Weltkriegs In fast jedem dritten der ausgesuchten europäischen Geschichtsatlanten wird der Zweite Weltkrieg in Weltkarten abgebildet.1236 Weltkarten dienen wiederum hauptsächlich als zusammenfassende Ergänzungen, die einfache Hintergrundinformationen (Bündnisse, Eroberungen) zu weltumspannenden Gesichtspunkten des Konflikts liefern. Dabei nutzen die Atlasautoren zur Abhandlung des Zweiten Weltkriegs häufig die Kombination von Welt- und Europakarte,1237 wobei sich oft die globale Ebene dem europäischen Blickwinkel unterordnet. Allerdings beschäftigen sich die Darstellungen zu den Schauplätzen rund um den Globus im Gegensatz zum »Ersten Weltkrieg« weniger mit dem Verweis auf koloniale Besitzungen, sondern vielmehr mit der Ausdehnung des Machtbereichs der Achsenmächte.1238 Zudem erfolgt Gegenüberstellung von Kriegsanstrengungen und Verlusten1239 sowie die Betrachtung von wirtschaftlichen Aspekten.1240 Genauso besitzt die mit der Versorgungslage in Verbindung stehende Seekriegsführung Relevanz.1241 Die Visualisierung von Bündniskonstellationen 1236 72 Weltkarten behandeln im gesamten Sample den Zweiten Weltkrieg. 1237 Die Kombination von Europakarte und Weltkarte zeigt sich in insgesamt 51 Geschichtsatlanten. 1238 Haywood (Hrsg.): The Cassell Atlas of the Modern World; 1914–Present, S. 3 – 4. 1239 Overy (Hrsg.): Atlas of 20th Century History, S. 93. 1240 Bruckmüller, Ernst; Putzger, Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Historischer Weltatlas; zur allgemeinen und österreichischen Geschichte. ÖBV & hpt, Wien 2000, S. 80 – 81. 1241 Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 130.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
der Kriegsparteien ist dabei in der Form der globalen Darlegung im Vergleich beider Weltkriege identisch.1242 In Anbetracht dieser Möglichkeiten ergeben sich nur vereinzelt Abweichungen. Eine Ausnahme bildet beispielsweise der spanische Geschichtsatlas vom Verlag »Ediciones SM«.1243 Die Weltkarte veranschaulicht zwar ebenfalls nur in Ergänzung zur europäischen Dimension den Weltkrieg. Sie blickt allerdings neben den Bündnissen auch auf die diplomatischen Treffen der Alliierten von Quebec 1941 bis nach Potsdam 1945 und liefert zugehörige Hintergrundinformationen. (K.abb. 7.21.) Die Kartierung von Verhandlungen und Konferenzen der Anti-Hitler-Koalition ist hingegen nicht singulär, Weltkarten zu den Konsultationen zeigt zum Beispiel der »Atlas of modern world history«1244 vom Verlag »Oxford Univ. Press« oder der Atlas »Geschichte des 20. Jahrhunderts«1245 vom Verlag »Kartografie Praha«. Insgesamt haben Weltkarten zum Zweiten Weltkrieg daher größtenteils die Aufgabe elementare Hintergründe global gegenüberzustellen. Hingegen verweisen nur wenige Publikationen wie der »Taschenatlas Weltgeschichte«1246 vom Verlag »Klett« in ihren Weltkarten auf die Einbeziehung von Schauplätzen außerhalb Europas, die abseits der gewohnten Betrachtung des Zweiten Weltkriegs liegen (Äthiopien, Burma, Thailand). Eine genauere Erklärung der globalen Geschichte liefern sie zwar ebenfalls nicht, binden aber zumindest den Schauplatz kartographisch an. Dass Weltkarten die europäische Perspektive auf den Zweiten Weltkrieg ergänzen, zeigen Samples aus ganz Europa.1247 Somit wird der Blick auf den Zweiten Weltkrieg in der Kartenfolge einerseits über den kontinentalen Blickwinkel, andererseits durch den Einschub globaler Gesichtspunkte bestimmt. Der Einfluss von Zentrierung, Ausschnitt und Projektion auf Weltkarten Zur globalen Betrachtung des Zweiten Weltkriegs bieten sich vielfältige Möglichkeiten die Ereignisse und Abläufe der Auseinandersetzung im Nebeneinander darzustellen. Die Wahl der Projektion und die Anordnung von Karten kann dabei die Sicht auf den Konflikt eindeutig prägen. Schauplätze rund um den Globus sind für das weltumspannende Verständnis des Kriegsgeschehens von Bedeutung. 1242 1243 1244 1245 1246 1247
Bruneel; Genicot; Georges (Hrsg.): Atlas Historique, S. 44. Fernndez (Hrsg.): Atlas Histûrico, S. 126. Heater; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 41. Jezˇkov; Mandelov (Hrsg.): Deˇjiny 20. stolet, S. 41. Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Taschen-Atlas Weltgeschichte, S. 180 f. Weltkarten bilden die Ergänzung zu Europakarten in Atlanten aus: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland, Großbritannien, Italien, Kroatien, Mazedonien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Serbien, der Slowakischen Republik, Slowenien, Spanien, der Tschechischen Republik und Ungarn.
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Das folgende Beispiel zeigt zunächst, dass Weltkarten oft in verkleinertem Maßstab eine Europakarte flankieren und somit den Konflikt auf dem Kontinent im weltumspannenden Zusammenhang verorten. Die Visualisierung im norwegischen »Cappelens Geschichtsatlas«1248 verdeutlicht wiederum die raumdimensionale Ausrichtung. Speziell das Nacheinander von Europa- und Weltkarte sowie die an eine Mercator-Projektion angelehnte Weltkarte rücken Europa betont ins Zentrum. In der Begutachtung der Größenverhältnisse lässt sich die Hervorhebung der Nordhalbkugel beispielweise gut an der Abbildung Skandinaviens ablesen, wobei dies zudem belegt, dass Betonungen im Kartenbild auch immer auf die Provenienz der Atlanten verweisen.1249 Eine Vielzahl von Geschichtsatlasproduktionen wählt für den Mittelpunkt von Karten über Zentrierung und Projektion den europäischen Kontinent, was insbesondere die Mercator-, aber auch die Winkel-Tripel-Netzentwürfe vieler aktueller Geschichtskarten zeigen. Die Projektionsform verweist damit nur allzu deutlich auf die eurozentrische Akzentuierung der meisten Weltkarten in europäischen Atlasveröffentlichungen, die sich beispielsweise im französischen »Atlas d’histoire«1250 vom Verlag »Hatier«, im spanischen »Atlas histûrico«1251 vom Verlag »Vicens Vives« oder im rumänischen »Atlas s¸colar de istorie universala˘«1252 vom Verlag »Editura didactica˘ s¸i pedagogica˘« findet. (K.abb. 7.22.) Eine Variante in der globalen Abbildung des Zweiten Weltkriegs veranschaulichen französische Geschichtsatlanten vom Verlag »Hachette«, die zum Beispiel in der Karte »Le monde en 1942«1253 im »Atlas des collÀges« oder im Beitrag »La guerre de 1939 – 1945 dans le Monde« im »Atlas Historique«1254 sowie im »Atlas du Monde«1255 hervortreten. (K.abb. 7.23.) In den stark an die französische Schule der Kartografie angelehnten Weltkarten erfolgt die Betrachtung des Konflikts in Bezug auf eine senkrechte polare Azimutalprojektion, die die Abbildungsebene auf den Nordpol legt und damit die Erdoberfläche durch Parallelprojektion auf einer Ebene visualisiert. Allerdings versucht diese Abwandlung statt einer Halbkugel den gesamten Erdball abzubilden. Dabei wird das Bild insgesamt auf Europa senkrecht gekippt, wodurch der Kontinent im Fokus der Visualisierung erscheint. Auch der Krieg im Atlantik rückt in dieser Darstellung mit in das Sichtfeld, allerdings wirkt der Schauplatz auf der anderen 1248 1249 1250 1251 1252
Stamsø, May Britt (Hrsg.): Cappelens historiske atlas. Cappelen, Oslo 2004, S. 58 f. Vgl. Monmonier: Eins zu einer Million, S. 22 f. Le Callennec (Hrsg.): Atlas d’histoire. Hatier, Paris 2006, S. 30. Obiol, Joan Roig (Hrsg.): Atlas histûrico. Vicens Vives, Barcelona 1998, S. 172 f. Ba˘lan, Angela Mihaela; Ionit¸a˘, Ovidiu Cristian; Scurtu, Ioan (Hrsg.): Atlas s¸colar de istorie universala˘. Editura didactica˘ s¸i pedagogica˘, Bukarest 2006, S. 58 (dt. Titel: Schulatlas der Weltgeschichte). 1253 Carton; Lambin (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 64. 1254 Lebrun, FranÅois (Hrsg.): Atlas Historique. Hachette, Paris 2000, S. 49. 1255 Lebrun (Hrsg.): Atlas du monde, S. 53.
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Raumdimensionale Aspekte in der Visualisierung der Weltkriege
Seite des Globus verzerrt und abseits des Geschehens. Das Spiel mit dem Blick auf den Weltkrieg lässt kartografische wie auch geopolitische Einflüsse auf die Produktionen erkennen, die sich in diesem Zusammenhang in einer in Europa weit verbreiteten Atlasveröffentlichung des französischen Kartographen Jacques Bertin wiederfindet. Bertin nutzte bereits 1987 im »Atlas Historique«1256 eine Pol-Projektion zur weltumspannenden Darstellung des Zweiten Weltkriegs und erlaubt damit den Rückschluss auf den Einfluss der in Frankreich bedeutenden geopolitischen wie auch geographischen Tradition unterschiedliche Aspekte in raumdimensionale Betrachtungen einzubeziehen. Allerdings offenbaren diese Perspektivierungen ebenso Europapräferenzen. Gleichzeitig zeigen sich in manchen Veröffentlichungen durch die alternativen Möglichkeiten in der globalen Visualisierung des Konflikts auch vollkommen andere Blickwinkel. So stellen einige Atlasautoren den asiatischen und pazifischen Geschehensraum in den Mittelpunkt von Weltkarten. Diese Kartendarstellungen tauchen beispielsweise im italienischen »Atlante storico«1257 vom Verlag »Bruno Mondadori«, in Georges Dubys »Atlas historique«1258 vom Verlag »Larousse« oder im »Atlas Historique du Monde«1259 vom Verlag »Editions Quest-France« auf. Bei Letzteren belegt die Ausrichtung wiederum den Eingang signifikanter Blickwinkel in französische Atlaspublikationen. So nutzen hier die Kartenmacher ebenfalls einen globalen Fokus und orientieren sich an der Mercator-Projektion in der Abbildung der Kontinente, rücken aber den asiatisch-pazifischen Kriegsschauplatz ins Zentrum. Die europäische Dimension des Konflikts wie auch der Atlantik geraten in dieser Visualisierung völlig aus dem Blickfeld. Die Rolle der Kriegsgegnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Japan gewinnt hingegen deutlich an Relevanz. Beide Weltkarten treten allerdings im Zusammenspiel mit einer Europakarte auf, was die raumdimensionale Orientierung der Atlanten ausgeglichen gestaltet und unterschiedliche Perspektiven auf die Betrachtung des Zweiten Weltkriegs zulässt. Im Gegensatz zur Zentrierung des asiatisch-pazifischen Geschehens visualisieren finnische und schwedische Geschichtsatlanten1260 von Bo Pederby den amerikanischen Kontinent im Zentrum der Kartenabbildung. (K.abb. 7.24.) Der Einfluss der Vereinigten Staaten auf 1256 Der Atlas wurde zum Beispiel in Deutschland, Großbritannien, Italien und Schweden veröffentlicht, vgl. Bertin, Jacques; Vidal-Naquet, Pierre (Hrsg.): Atlas Historique: Histoire De L’humanite De La Prehistoire a Nos Jours. Hachette, Paris 1987; vgl. hier Bertin, Jacques; Vidal-Naquet, Pierre (Hrsg.): Historischer Bild-Atlas – Daten und Fakten zur Weltgeschichte. Orbis Verlag, München 1991, S. 282 f. 1257 Malaguti; Nozzoli; Sinigaglia (Hrsg.): Atlante storico, S. 24 f. 1258 Duby (Hrsg.): Atlas historique, S. 289. 1259 Merienne (Hrsg.): Atlas Historique du Monde, S. 2. 1260 Vgl. Pederby ; Sandberg (Hrsg.): Historian kartasto, S. 47; Pederby ; Sandberg (Hrsg.): Historien I Kartor, S. 47; Pederby, Bo (Hrsg.): Libers Historiska Atlas. Liber Kartor, Stockholm 2005, S. 57.
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beide Kriegsschauplätze wird durch die Zentrierung des Kontinents besonders akzentuiert. Die skandinavischen Produktionen bedienen somit über die Variation von Europa- und Weltkarte verschiedene Blickwinkel, bleiben aber den gewohnten Sichtweisen der Historiographie verbunden.1261 Der außereuropäische Konflikt in seiner Realisation jenseits von Weltkarten Die vielfachen Perspektivwechsel und Ergänzungen zum Kriegsgeschehen außerhalb Europas resultieren in den untersuchten Atlaspublikationen hingegen aus Schauplatzwechseln beziehungsweise räumlich begrenzten Geschichtskarten. Zahlreiche Atlasautoren nutzen Kartendarstellungen des asiatisch-pazifischen Kriegsschauplatzes zur Erweiterung der europäischen Sichtweise. Der Blick richtet sich infolgedessen zum einen auf den eigenen Kontinent und zum anderen auf die Abbildung des Krieges in Asien und dem Pazifik. Das belegen insbesondere die Kartenfolgen von Europa- und Schauplatzkarten. Das Kriegsgeschehen außerhalb Europas wird über Schauplatzkarten im Vergleich zum Ersten Weltkrieg viel deutlicher in den Atlas eingeflochten, was vor dem Hintergrund der Betrachtung eines globalen Konflikts die Mehrperspektivität der Darstellungen klar hervortreten lässt. Der mazedonische »Istoriski Atlas«1262 vom Verlag »USHRM« verknüpft in einer Abfolge den europäischen mit dem außereuropäischen Blickwinkel und stellt geradezu stellvertretend für viele Atlasproduktionen eine häufig auftauchende Kartenfolge in der Abhandlung der militärischen Auseinandersetzung dar. (K.abb. 7.25.) Der Atlas greift dabei neben zwei Europakarten auch auf zwei Schauplatzkarten (Asien/Pazifik) für die zusammenfassende Darstellung des Weltkriegs zurück und teilt auf diese Weise Ereignisse und Abläufe inner- und außerhalb Europas in zwei Phasen (1941 – 1942; 1942 – 1945). Der Geschichte der Expansion Japans fällt hingegen im temporalen Zusammenhang in einigen Geschichtsatlanten unterschiedliche Berücksichtigung zu. Viele Kartenautoren begrenzen die Abbildung auf die Zeitspanne der Auseinandersetzung zwischen den Vereinigten Staaten und Japan im Pazifik (1941 – 1945). Andere Visualisierungen dehnen dagegen die Betrachtung auf die umfangreiche Vorgeschichte des Konflikts aus, was von der Zwischenkriegszeit in der japanisch-chinesischen Auseinandersetzung bis zur Beschäftigung mit den ersten hegemonialen Bestrebungen Japans in Asien reichen kann. Diese Ausweitung veranschaulicht zum Beispiel der tschechische »Atlas Neuzeit«1263 vom 1261 Vgl. Loftsdûttir, Kirstn: Deconstructing the Eurocentric Perspective: Studying »Us« and the »Other« in History Textbooks, in: Helgason; Lässig (Hrsg.): Opening the mind or drawing boundaries, S. 21 – 32. 1262 Cakarjanevski, Gorgi; Cepreganov, Todor ; Jotevski, Vasil; Todoroska, Katerina (Hrsg.): Istoriski Atlas. USHRM, Skopje 2002, S. 145 f. 1263 Vasˇek (Hrsg.): Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin, S. 36.
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Verlag »Kartografie Praha« oder der belgische Atlas vom Verlag »VAN IN«.1264 Das gesamte Ausmaß der Auseinandersetzung zwischen China und Japan gerät jedoch in vielen Geschichtsatlanten völlig aus dem Blick, da viele Produktionen auf die Abhandlung der komplexen Hintergründe verzichten. Der Zweite Weltkrieg teilt sich für China in drei Phasen: 1937 – 1939, 1939 – 1941 und 1941 – 1945.1265 Eine umfassende Berücksichtigung des Konflikts zeigen allerdings nur wenige Produktionen. So erweitern manche Atlasautoren ihre Visualisierung um eine Darstellung zur Konfrontation zwischen Japan und China (1931 – 1945), wie beispielsweise im spanischen »Atlas histûrico integral SPES«1266 oder im britischen »Philip’s History Atlas«.1267 Aufgrund der geringen Beachtung Chinas durch die Historiographie widmen sich allerdings nur wenige europäische Atlanten ausführlich dem dortigen Kriegsgeschehen. Die chinesisch-japanische Episode des Krieges wird meist auf die Veranschaulichung der japanischen Eroberungen auf dem asiatischen Festland reduziert, genauere Informationen zur Besatzung und Ausbeutung des Landes erhält der Betrachter nur selten. Folglich besteht ebenso kaum Interesse an der Kartierung der chinesischen Kriegsanstrengungen, denn die Geschichtskarten beleuchten vorrangig die militärische Auseinandersetzung zwischen Japan und den USA. Im Zentrum vieler Abbildungen stehen daneben vor allem die Atombombenabwürfe als Orte der Kriegsentscheidung des japanisch-amerikanischen Kriegsgeschehens, die sich oft als kleine Signaturen auf einem riesigen Schlachtfeld verorten.1268 Insgesamt stellen europäische wie auch asiatisch-pazifische Perspektiven in vielen Atlanten im Zusammenspiel einzelner Karten in Sequenzen die Gesamtbetrachtung des Konflikts dar, was sich insbesondere in der Gegenüberstellung zweier in der Geschichtsschreibung fest etablierter Blickwinkel äußert (der Konflikt zwischen Deutschland und der Anti-Hitler-Koalition sowie zwischen Japan und den USA). Dennoch ist auch auf die Nachteile der Visualisierung des asiatisch-pazifischen Schauplatzes durch räumlich begrenzte Ausschnittkarten hinzuweisen. Das weltumspannende Ausmaß des Konflikts rund um den Globus bleibt unbetont, der Atlantik fällt völlig aus der Betrachtung und auch China wird oftmals nur ab 1941 einbezogen. Angesichts der Frequenz globaler Geschehensräume gehen im Vergleich zum Ersten Weltkrieg die Kartenvisualisierungen zur japanischen Expansion in Asien und im Pazifik über den Status der Ergänzung hinaus. Globale Zusam1264 Grommen; Hayt; Janssen; Manet (Hrsg.): Atlas van de algemene en Belgische geschiedenis, S. 110. 1265 Vgl. Kuhn: Der Zweite Weltkrieg in China, S. 44 ff. 1266 Torres-Soca, Marti (Hrsg.): Atlas histûrico integral SPES. VOX, Barcelona 1998, S. 62. 1267 Edmonds; King; Lintott (Hrsg.): Philip’s history atlas, S. 51. 1268 Zum Verhältnis von historischem Gegenstand und kartographischer Darstellung siehe Kapitel 9.
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menhänge werden so zusätzlich zu Europa- und Weltkarten regelmäßig in einer Vielzahl von Geschichtskarten zum asiatisch-pazifischen Raum abgebildet.1269 Vor dem Hintergrund von Perspektivwechseln visualisieren die Atlanten in Kartenfolgen so neben den Ereignissen auf dem eigenen Kontinent auch Aspekte vom Krieg in Asien und im Pazifik.1270 Insgesamt ist im Hinblick auf die Nutzung räumlich begrenzter Perspektiven deshalb einerseits von einer Verteilung der relevanten Schauplätze und Gesichtspunkte innerhalb Europas auszugehen, andererseits erfolgt eine außereuropäische Schwerpunktlagerung im Kontext der Fokussierung des asiatisch-pazifischen Schauplatzes. Andere Orte und Teile des Globus, die »Dritte Welt«, von der lateinamerikanischen Küste und Nordafrika über den Nahen Osten und Indien bis nach Südostasien waren ebenfalls vom Krieg betroffen,1271 tauchen aber weitaus seltener in den Kartenvisualisierungen auf (vgl. Atlanten von Klett). Interessant sind vor dem Aspekt der Visualisierung von Schauplätzen außerhalb Europas vor allem ungewöhnliche und abweichende Darstellungsvarianten des Kriegsgeschehens, die die Orte der militärischen Auseinandersetzung aus einer anderen Perspektive betrachten als es Europäer durch ihre Sehgewohnheiten bisher kennen. Beispielhaft dafür sind die Abbildungen der globalen Dimension des Zweiten Weltkriegs, wie es zum Beispiel die Autoren im »Atlas des collÀges«1272 vom Verlag »Hachette« zeigen. (K.abb. 7.26.) Auch in diesem Visualisierungsansatz wird der Krieg in zwei Phasen geteilt, die die Ereignisse in den Karten »Les victoires de l’Axe 1939 – 1942« sowie »Les victoires de l’alli¦es 1942 1945« betrachten. Im Ausschnitt bilden sie jeweils Europa, Nordwestafrika, Asien und den Pazifik ab, wobei das Zentrum der Karte den asiatischen Kontinent veranschaulicht. Der europäische und asiatisch-pazifische Kriegsschauplatz rückt für den Betrachter in dieser »Transversen-Projektion« viel dichter zusammen als in Weltkarten, was zudem auch aus der Wahl Asiens als Zentrum der Darstellung resultiert. Die Dimensionierung des Krieges und die Ausdehnung des Machtbereichs der Achsenmächte wirken durch den Verzicht auf die Betrachtung des amerikanischen Kontinents sowie weiter Teile Afrikas viel umfassender und bedrohlicher. Asien wird somit zum Mittelpunkt des Konflikts. Allerdings hat diese Form der Darstellung noch einen ganz anderen Effekt, denn es erspart den französischen Kartenmachern die Abbildung der außereuropäischen Gebiete des Vichy-Regimes, dessen historische Auseinandersetzung in Lehrmitteln – wie oben bereits ausgeführt – doch immer noch deutlich 1269 Die Kartenabbildung des asiatisch-pazifischen Raums erfolgt auf 103 Schauplatzkarten (83 Schulatlanten/20 »allgemeine« Atlanten«). 1270 Die Kombination von Europakarte und Schauplatzdarstellung (Asien/Pazifik) erfolgt in 75 Schulatlanten und in 15 »allgemeinen« Atlanten, also in insgesamt 90 Geschichtsatlanten. 1271 Vgl. Morgenrath; Rössel (Hrsg.): »Unsere Opfer zählen nicht«. 1272 Lambin; Villette (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 78 f.
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distanziert erfolgt. Die französischen Besitzungen in Nordafrika und Asien erscheinen in fast allen Atlanten in den Farben der West-Alliierten und wohl deshalb im übertragenen Sinne als Teil des »France libre«. Der Status der Kolonien in den Jahren 1941/42 bleibt hingegen ungeklärt. Gleichwohl präsentieren sich hier neue Perspektiven. Darüber hinaus werden außereuropäische Kriegsschauplätze vor dem Hintergrund alternativer Blickwinkel zum Beispiel zu Afrika wenig beachtet. Durch die Ausweitung des Ausschnitts von Europakarten auf Nordafrika thematisieren die Kartenmacher die relevanten Bereiche des Kontinents in der europäischen Dimension zumeist nur »am Rand«.1273 In manchen Produktionen treten hingegen separat räumlich begrenzte Visualisierungen zum Geschehensraum auf, wie zum Beispiel die Eingrenzungen des Blickwinkels auf Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten in britischen, deutschen, französischen, litauischen, polnischen und russischen Publikationen zeigen. Die Mehrzahl von Atlanten aus diesen Samples visualisiert Nordafrika wegen des relevanten Bezugs zur Nationalgeschichte, da Kontingente an der militärischen Auseinandersetzung in Afrika teilnahmen. Das macht die Perspektivierung der Karten allein aus historiographischen Gründen nachvollziehbar. Der tschechische Geschichtsatlas vom Verlag »Kartografie Praha«1274 ist hier eine Ausnahme, denn die Betrachtung des Weltkriegs in Europa, die auch Teile Nordafrikas mit einschließt, wird um eine kleine Karte mit dem Titel »Ostafrika« ergänzt, die auf diese Weise einen eher unbeachteten Teil des Konflikts beleuchtet. (K.abb. 7.27.) Die Abbildung des separaten afrikanischen Kontinents visualisieren europäische Atlasproduktionen nur äußerst selten, sie ermöglichen eine genauere Veranschaulichung des Weltkriegs lediglich auf Welt- oder Schauplatzkarten. Außerdem tritt Afrika vermehrt in Geschichtskarten mit Zeitschnitten hervor, die entweder die Zeit vor oder nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen von Dekolonisation betrachten. Hier bilden ganz besonders polnische Geschichtsatlanten die Ausnahme. Mehrere Veröffentlichungen vom Verlag »PPWK«, die eine Afrikakarte im Kontext des Konflikts aufführen, widmen sich dem Gegenstand wie zum Beispiel der »Weltatlas zur Geschichte« sowie der »Geschichtsatlas für das Gymnasium« und der »Geschichtsatlas für die Mittelschule«.1275 (K.abb. 7.28.)
1273 Bis auf wenige Ausnahmen zeigen Europakarten zum Zweiten Weltkrieg im Kartenausschnitt immer Nordafrika sowie für den Kriegsverlauf relevante Bereiche in Vorderasien. Ausnahmen sind hier zum Beispiel Atlanten aus Bulgarien, Litauen, Polen und Russland. 1274 Vasˇek (Hrsg.): Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin, S. 34. 1275 Wolski, Jûzef (Hrsg.): Atlas historyczny ´swiata. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 1998, S. 146; Horubała; Kurzbauer-Zaniewska; Lewandowska (Hrsg.): Atlas histo-
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Der Zeitschnitt wird im »Geschichtsatlas für das Gymnasium« mit »1939« festgelegt, die Darstellung erstreckt sich allerdings in der Abhandlung von Ereignissen und Abläufen auf die Zeit des gesamten Krieges, genauso wie die Geschichtskarte im »Geschichtsatlas für die Mittelschule«, die ihren Fokus mit 1939 – 1941 bestimmt. Im »Weltatlas zur Geschichte« beziehen die Autoren darüber hinaus die umfassende Dekolonisation Afrikas nach 1945 mit ein und weiten die Zeitspanne von 1939 bis 1965 aus. Besonderheiten liegen in diesen Veröffentlichungen zum einen in der genauen Beschäftigung mit Status und Zugehörigkeit der Kolonien hinsichtlich der Dekolonisation des afrikanischen Kontinents, womit sich Weltkarten im Kontext des Krieges nur marginal auseinandersetzen, und zum anderen in der ausführlichen Betrachtung der militärischen Konfrontation, die auch die Feindseligkeiten zwischen Italien und Großbritannien 1940 – 1941 in Äthiopien miteinschließt. Dieser Aspekt erfolgt in anderen Visualisierungen ebenfalls selten. Erst der Blick auf die Kartensequenz erlaubt einen Gedanken zur Intention der Kartenabbildungen, denn alle Atlanten nehmen im Anschluss an die Afrikakarte auf nationale Belange Bezug. Angefügt werden jeweils räumlich begrenzte Abbildungen zum Kriegsschauplatz im Norden des Kontinents, die sich ausführlich mit der Teilnahme polnischer Kontingente (u. a. SBSK) am Kriegsgeschehen in Afrika beschäftigen. In der Betrachtung der Kartenfolgen verweist die Art der Darstellung auch hier auf eine kleinteilige Beschäftigung mit dem Weltkrieg, die neben der europäischen Dimension, eine Karte zum Krieg zwischen Japan und den USA und der asiatisch-pazifischen Dimension auch für die afrikanische Perspektive des Konflikts eine Visualisierung bereitstellt. Der Krieg in Afrika besitzt über die Verbindungslinie zur eigenen Vergangenheit in polnischen Geschichtsatlanten eine besondere Relevanz, was besonders die zahlreichen Geschichtskarten zum nordafrikanischen Geschehen bestätigen. Die Darstellung der Militärgeschichte im Kontext des Zweiten Weltkrieges ist daher als besonders ausführlich zu bezeichnen und stellt auch in der außereuropäischen Betrachtung des Konflikts einen wichtigen Aspekt dar. Die bereits getätigten Analysen zum europäischen Kontinent in polnischen Veröffentlichungen bestätigen den Befund. Afrika tritt diesbezüglich scheinbar als Mittel zum Zweck in der ausführlichen Ausgestaltung des Konflikts auf. Gleichwohl hat vor diesem Hintergrund die Darstellungsvariante zwei Effekte. Zum einen wird die Untermauerung des Aspekts Nationalgeschichte durch genaue Verortung polnischer Kontingente betrieben, zum anderen legt dieser Blick auch Gesichtspunkte der Geschichte Afrikas zwischen Kolonisation und Dekolonisation frei, die in den meisten Atlanten insgesamt unerwähnt bleiben. Die polnische Visualisierung ryczny do gimnazjum, S. 54; Daniluk; Konarski (Hrsg.): Atlas historyczny ; dla szkûł s´rednich, S. 81.
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des Zweiten Weltkriegs deutet auf diese Weise auf eine besondere Charakteristik von Geschichtsatlanten hin. Es lassen sich unterschiedliche Perspektiven in der Betrachtung von Geschichte häufig miteinander verbinden, da in bestimmten Aspekten die Darstellung der nationalen Geschichte auch über die Abbildung der eigenen Nation hinausgeht. Alles in allem findet die Geschichte Afrikas im Zweiten Weltkrieg in europäischen Geschichtsatlanten nur begrenzt statt. Vor allem Nordafrika steht in der Betrachtung der militärischen Auseinandersetzung oft im Fokus, was entweder über die Ausweitung der Europakarte auf diesen Teil des Konflikts oder über die Ergänzung einer begrenzten Ausschnittkarte zum Norden des Kontinents geschieht. In Weltkarten taucht die Abbildung Afrikas während des Zweiten Weltkriegs zwar auf, aber auch in diesen Darstellungen wirkt die Beschäftigung eher oberflächlich und weniger konkret auf die Geschichte der dort lebenden Menschen gerichtet. Es werden hauptsächlich Einzelheiten und Episoden des militärischen Konflikts gezeigt, die über die Schauplätze Tobruk, El-Alamein und Tunis kaum hinausgehen oder Bezug auf die Dekolonisation nach 1945 nehmen. Insgesamt widmen sich die Autoren von Geschichtskarten einer afrikanischen Geschichte des Konflikts nur schemenhaft und indirekt. So wird etwa das Schicksal Äthiopiens im Zweiten Weltkrieg lediglich in einem kleinen Teil von Geschichtsatlanten geschildert. Ebenso erwähnen wenige Kartenmacher beispielsweise das Eingreifen französischer Truppen in Kämpfe in Afrika oder in die Befreiung Europas. Dass die Soldaten dieser Armee allerdings größtenteils in den Kolonien in Afrika und Asien rekrutiert wurden, bleibt unberücksichtigt. Die Darstellungen offenbaren »blinde Flecken« in verschiedenen Zusammenhängen, was über den Menschenfang von Soldaten und Zwangsarbeitern bis hin zur wirtschaftlichen Ausbeutung der Kolonien im Krieg reicht. Der Mangel an Perspektiven ergibt sich allerdings nicht nur für Geschichtsatlanten, sondern auch für die Historiographie. Andere »Räume« des Krieges, wie der Nahe Osten, Indien, Burma, Thailand oder Ozeanien, aber auch Lateinamerika oder die Karibik sind noch seltener bis gar nicht in Geschichtsschreibung und Geschichtsatlanten eingebunden. Fazit: Insgesamt besitzen Weltkarten zur Visualisierung des Zweiten Weltkriegs in den meisten Geschichtsatlanten Europas deutlich mehr Relevanz als etwa im Vergleich dazu die Weltkarten für den Ersten Weltkrieg. Das hat allerdings mehr mit der Gewichtung der Kriegsschauplätze und der damit verbundenen Rolle Japans zu tun als mit der Nutzung ausgefallener Darstellungsmethoden sowie Bezügen zur Geschichte Afrikas oder Asiens. Die Weltansichten heben sich dabei zumeist vom einfachen Charakter der Gegenüberstellung von Lagern ab und haben in der Veranschaulichung wichtiger Zusammenhänge mehrerer Kriegsschauplätze eines weltumspannenden Großkonflikts eindeutig
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mehr Bedeutung. Gleichwohl bildet Europa auch hier gemeinhin das Zentrum. Besonders klar umrissen zeigt sich dieser Gegenstand beispielsweise in der Abbildung des Aktionsradius der Achsenmächte oder etwa im Abhalten von Konferenzen im Rahmen der Koalition gegen Hitler. Wenige, vor allem französische, Produktionen nutzen zum Beispiel Polprojektionen zur Einbeziehung aller Kriegsschauplätze, andere wiederum zentrieren den pazifischen Raum, wodurch der Konflikt in Europa in die Peripherie rückt.
Abbildung 7.4.: Die Raumperspektive des Zweiten Weltkriegs – Wahl der Kartendarstellung in Ergänzung zur Europakarte (Anzahl von Kartenfolgen vom Gesamtsample).
Die globalen Kartenbilder stehen allerdings mehrheitlich im Schatten von Europakarten. Schwerpunktlagerungen lassen sich auch an der Sequenzierung und dem jeweiligen Maßstab der Karten ablesen. In der Konzeption von Kartenfolgen erscheinen Weltkarten zur Darstellung von Ereignissen und Abläufen untergeordnet und haben somit auf die über die Reihung von Raumvisualisierungen erzeugten Aussagen nur geringe Auswirkung. Geschichtskarten, die räumlich begrenzte Darstellungen vom Kriegsschauplatz außerhalb Europas liefern, besitzen dagegen für die Autoren in der Abhandlung des Konflikts ein großes Gewicht und etablieren neben der Abbildung der europäischen Dimension asiatisch-pazifische Blickwinkel in einer Vielzahl von Geschichtsatlanten. Viele Orte des Krieges bleiben in Geschichtsatlanten dagegen weitgehend unerwähnt, insbesondere in Afrika und Asien (Äthiopien, Burma etc.). Die Weltkriegsgeschichte beider Kontinente wird in
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Geschichtskarten und -atlanten nur selten behandelt oder oft nur am Rande fokussiert und geht damit einher mit den nur wenigen Äußerungen zur Geschichte der »Anderen« im Bereich der Historiographie.1276 So ergeben sich im Ganzen zwei raumdimensionale Hauptaspekte, die in allen Geschichtsatlanten Europas durchgängig zu finden sind. Eine Akzentuierung des europäischen Kontinents über Europakarten nebst der Ergänzung von einzelnen Schauplatzkarten ist in der Auswahl weitgehend belegbar. Des Weiteren betrachten viele Geschichtsatlasproduktionen in Kartenfolgen den Konflikt auch über außereuropäische Blickwinkel. Im Zentrum vieler Visualisierungen steht die asiatischpazifische Sicht, die fast immer einen amerikanisch-japanischen Hintergrund hat. Perspektiven, die konkret Asien (China, Burma, Thailand) oder Afrika (Abessinien) in den Blick nehmen, fehlen hingegen größtenteils. Die Berücksichtigung des globalen Geschehens in räumlich begrenzten Abbildungen wie auch in Weltkarten, beschränkt sich deshalb lediglich auf einzelne Schauplätze. Neben dem pazifischen Konflikt zeigen die Atlanten zumeist den afrikanischen Norden, wobei häufig Europakarten diesen Teil des Krieges integrieren. Nur wenige Veröffentlichungen berücksichtigen gesonderte Abbildungen zum afrikanischen Kontinent. Die nationale sowie räumlich begrenzte Verortung des Zweiten Weltkriegs spielt deshalb im Gegensatz zu vielen globalen Schauplätzen eine bedeutende Rolle. Speziell an zwei im Kartenausschnitt begrenzten Schwerpunkten knüpft ein in vielen Geschichtsatlanten visualisierter »Erinnerungsfokus« an. Das ist zum einen die »Normandie« zur Visualisierung des Kriegs im Westen, zum anderen »Stalingrad« zur Betrachtung des Konflikts in Osteuropa. Darüber hinaus erlaubt die generelle Analyse von Überblickskarten eine Gewichtung des Krieges im »Osten« festzustellen, die allerdings allein in der quantitativen Auswertung nicht den Stellenwert einnimmt, wie dies die Westfront in der Darstellung des Ersten Weltkriegs in europäischen Geschichtsatlanten darstellt. Jedoch steigt die Präsenz einzelner nationaler Abbildungen zum Zweiten Weltkrieg an, indem die Geschichtskarten eine große Zahl an verschiedenen räumlich begrenzten Blickwinkeln und Schauplätzen in der Fokussierung unterschiedlicher Gesichtspunkte auf dem Kontinent veranschaulichen. Aspekte der Erinnerungskultur einzelner Länder spielen hier im Kontext von Nationalgeschichte eine besondere Rolle. Daneben rückt aber auch das transnationale Gedächtnis immer mehr in den Mittelpunkt, denn die Erinnerung an die Weltkriege spielt nicht nur im nationalen Kontext eine Rolle. Neben den immer wieder in vielen Atlanten auftauchenden Orten sind vornehmlich im Rahmen der Konjunkturen von Jahrestagen Karten zu Kriegsschauplätzen in Museen, Printmedien, Fernseh-Dokumentationen etc. omnipräsent.
1276 Vgl. Liebau (Hrsg.): The world in world wars.
8.
Grausame Objektivität oder angemessene Sachlichkeit? – Die Visualisierung des Holocaust in europäischen Geschichtsatlanten
In der Analyse von Geschichtsatlanten ist das Thema Holocaust im Schnittfeld von historischem Gegenstand und seiner Abbildung mit kartographischen Mitteln als eines der wohl interessantesten Anschauungsobjekte zu bezeichnen. Zum einen, weil der Holocaust-Diskurs1277 hinsichtlich einer angemessenen Darstellung immer noch vom Dogma der Bilderlosigkeit geprägt wird1278, zum anderen, weil gerade die Geschichtskarte kaum Möglichkeiten besitzt, Dinge trennscharf im historischen Kontext zu erklären und zu begründen.1279 In der scheinbaren »Objektivität« des Mediums offenbaren sich schnell die Grenzen des »Kartierbaren«, denn die brutalen Umstände des Geschehens gehen in den »Abstraktionen« des hochkonzentrierten Zeichensystems von Karten häufig verloren. Besonders die filmische Auseinandersetzung mit dem Verbrechen der Ermordung der europäischen Juden ist spätestens seit der umfassenden Ausstrahlung der Fernsehserie »Holocaust«1280 Ende der 1970er-Jahre immer wieder
1277 Vgl. Friedländer, Saul: Die »Endlösung«. Über das Unbehagen in der Geschichtsdeutung, in: Blasius, Dirk; Pehle, Walter H. (Hrsg.): Der Historische Ort des Nationalsozialismus. Annäherungen. Frankfurt/Main 1990, S. 81 – 93; Meier, Christian: 40 Jahre nach Auschwitz. Deutsche Geschichtserinnerung heute. München 1987, S. 24 – 30. 1278 Vgl. Adorno, Theodor W.: »Vernunft und Offenbarung«, in: Adorno, Theodor W.: Gesammelte Schriften Bd. 10.2: Kulturkritik und Gesellschaft II (Eingriffe. Stichworte. Anhang). Frankfurt/Main 1977, S. 616. Zur Diskussion Didi-Huberman, Georges: Bilder trotz allem. München 2007; Huyssen, Andreas: Of Mice and Mimesis: Reading Spiegelman with Adorno, in: Zelizer, Barbie (Hrsg.): Visual culture and the Holocaust. London 2001, S. 28 – 44. 1279 Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 37 f. 1280 Vgl. Brandt, Susanne: »Weniger Anschauung«? Die Ausstrahlung des Films »Holocaust« im westdeutschen Fernsehen (1978/79), in: Cornelißen; Klinkhammer ; Schwentker (Hrsg.): Erinnerungskulturen, S. 257 – 268; Bösch, Frank: Entgrenzte Geschichtsbilder?: Fernsehen, Film und Holocaust in Europa und den USA 1945 – 1980, in: Daniel, Ute; Schildt, Axel (Hrsg.): Massenmedien im Europa des 20. Jahrhunderts. Köln 2010, S. 413 – 437.
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Anlass vielfältiger Diskussionen.1281 Zwar waren Darstellungen des Holocaust in Bildmedien oft Gegenstand mediendidaktischer Forschung,1282 aber die mediale Darstellung des Raumes des Völkermords wurde bisher kaum in den Blick genommen.1283 Demzufolge wird in diesem Zusammenhang die Frage nach der Darstellbarkeit des Holocaust in Geschichtskarten aufgeworfen. Ausgehend von Visualisierungsoptionen sind dabei hauptsächlich gemeinsame europäische oder differierende (nationale) Darstellungsmuster herauszustellen, die sich insbesondere aus dem Zusammenspiel verschiedener Zeichensysteme sowie der raumdimensionalen Perspektive in der Abhandlung von Geschichte ergeben. Dabei ist die Qualität in der Abbildung des Holocaust von besonderem Interesse, wobei Schnittpunkte von Thema und Kartenmethodik speziell auf die Möglichkeiten von Geschichtskarten (zum Beispiel die Kartierung von Deportationen oder Einsatzgruppen im Prozess der Vernichtung)1284 zur Ausformung spezifischer Aussagen oder die Abbildung bestimmter Blickwinkel verweisen. Die Betrachtung von Spielräumen in der Visualisierung des Holocaust soll deshalb über die Merkmale der »Kartensprache« Aufklärung geben. Als kompliziert stellt sich einerseits die objektivierende »Kartensprache« mit ihrem nüchternen Blick auf die einzelnen Sachverhalte der Vernichtung dar, andererseits entsteht angesichts des äußerst emotional aufgeladenen Themas im Gegensatz zum sachlichen Charakter von Geschichtskarten die Frage nach der generellen Darstellbarkeit beziehungsweise Eignung des Mediums.1285 Die Nut-
1281 Vgl. Schmid, Harald: Europäisierung des Auschwitzgedenkens? Zum Aufstieg des 27. Januar 1945 als »Holocaustgedenktag« in Europa, in: Eckel, Jan (Hrsg.): Universalisierung des Holocaust? Erinnerungskultur und Geschichtspolitik in internationaler Perspektive. Göttingen 2008, S. 174 – 202. 1282 Vgl. Oswalt, Vadim: Komödien zum Thema »Drittes Reich« als geschichtskulturelles Phänomen und Lernanlass, in: Oswalt; Pandel (Hrsg.): Geschichtskultur, S. 127 – 138; Barricelli, Michele: Das Visual History Archive des Shoah Foundation Institute als geschichtskulturelle Objektivation und seine Verwendung im Geschichtsunterricht – ein Problemaufriss, in: Oswalt; Pandel (Hrsg.): Geschichtskultur, S. 198 – 212; Angerer, Christian: Zur Didaktik ästhetischer Darstellungen des Holocaust. Eine theoretische Grundlegung, in: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 5. Schwalbach/Ts. 2006, S. 152 – 177. 1283 Vgl. erste Ansätze dazu in: Bode; Renz: Die Kartierung des Nicht-Kartierbaren. 1284 Vgl. Gottwaldt: Die »Logistik des Holocaust« als mörderische Aufgabe der Deutschen Reichsbahn im europäischen Raum, S. 261 – 280; Polino: Der Zusammenhang von Transport und Vernichtung, S. 281 – 300; Aly ; Heim: Vordenker der Vernichtung; Friedlander : Der Weg zum NS-Genozid; Ogorreck, Ralf: Die Einsatzgruppen und die »Genesis der Endlösung«. Berlin 1996; Browning, Christopher R.: Ordinary men. ReservePolice Batallion 101 and the Final Solution in Poland. New York 1992. 1285 Zum Gegenstand der Emotion vgl. Assmann, Aleida, Brauer, Juliane: Bilder, Gefühle, Erwartungen: über die emotionale Dimension von Gedenkstätten und den Umgang von Jugendlichen mit dem Holocaust, in: Geschichte und Gesellschaft 37 (2011) 1, S. 72 – 103.
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zung abstrakter oder bildhafter/symbolischer Elemente wird daher einer genaueren Prüfung unterzogen. Daneben beleuchten die Analysen zur Rolle von multimodalen Ergänzungen, inwiefern weiternde Elemente wie Illustrationen, Bilder etc. im Atlaskontext auftauchen und möglicherweise die Kartenbeiträge vor allem über die Erweiterung des Kartenbilds um dramatisierende und emotionalisierende Elemente in ihrer Aussage beeinflussen (Geschichtskultur).1286 Hier soll vornehmlich die Einbindung historischer Fotos genauer untersucht werden.1287 Abschließend betrachtet die Analyse die Perspektivierung des Holocaust in Geschichtskarten unter Berücksichtigung des Zweiten Weltkriegs. Gerade Osteuropa nimmt im Bezug auf die An- und Verbindung der Aspekte von Krieg und Völkermord in Geschichtsatlanten eine besondere Rolle ein. In der Reflexion nationaler Geschichte steht beispielsweise nach dem Ende des OstWest-Gegensatzes in vielen Ländern des ehemaligen Ostblocks die eigene »Opfer- und Leidensgeschichte« in der Auseinandersetzung mit den totalitären Regimen des 20. Jahrhunderts im Vordergrund.1288 In diesem Zusammenhang erfolgt – meist zum ersten Mal – auch die Erinnerung des Völkermords an den europäischen Juden, allerdings setzt sich häufig »die Wahrnehmung des eigenen Schicksals als das der ersten und eigentlichen Opfer […] durch, während die Juden bestenfalls als Opfer unter anderen betrachtet werden«.1289
8.1. Optionen und Muster der Holocaustvisualisierung – die historische Entwicklung in europäischen Geschichtskarten (ein Rückblick) Bei der Lokalisierung von Darstellungsoptionen zur Geschichte des Holocaust in europäischen Geschichtsatlanten rücken speziell Muster und Betonungen zur Visualisierung der schrecklichen Verbrechen in den Mittelpunkt. Gerade das schwierige Verhältnis zwischen dem Gegenstand Völkermord und dem Schicksal der Opfer erscheint im Kontext kartographischer Abbildung problematisch. Der Rückgriff auf etablierte Muster in der Kartendarstellung des Holocaust ist beispielsweise im Gegensatz zur Militärgeschichte begrenzt. Ein Abgleich der 1286 Vgl. Frevert; Schmidt: Geschichte, Emotionen und die Macht der Bilder ; Brink, Cornelia: Bildeffekte: Überlegungen zum Zusammenhang von Fotografie und Emotionen, in: Geschichte und Gesellschaft 37 (2011) 1, S. 104 – 129. 1287 Vgl. Paul: Von der historischen Bildkunde zur Visual History ; Hamann, Christoph: Visual history und Geschichtsdidaktik. Berlin 2007. 1288 Vgl. Brumlik; Sauerland (Hrsg.): »Umdeuten, verschweigen, erinnern«. 1289 FranÅois: Meistererzählung und Dammbrüche, S. 13 – 28.
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historischen Entwicklung von Visualisierungsansätzen veranschaulicht, dass erste Entwürfe nur langsam entstanden, da vor allem in Deutschland die generelle Aufarbeitung des Holocaust in Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit bis in die 1960er-Jahre nur zurückhaltend erfolgte.1290 Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Ausblenden des Themas »Holocaust« insgesamt eine durchaus übliche Methode der Vergangenheitsbewältigung, doch begannen Kartographen Ende der 1950er-Jahre nach Wegen zu suchen, den schwierigen Gegenstand aufzugreifen. Im »Großen historischen Atlas« des »Bayerischen Schulbuch-Verlags« erfolgte 1957 erstmals die Einbettung des »Judenmords« in das Thema »Wanderungsbewegungen«1291. Allerdings erzählten diese Visualisierungen die Deportationen beziehungsweise Bevölkerungsverschiebungen nur als Bruchstücke der Geschichte, da man den Gegenstand in einen viel größeren Themenzusammenhang – den der »Bevölkerungsbewegungen im 20. Jahrhundert« – integrierte. Demzufolge tauchte das Verbrechen des Völkermords nicht im Kontext »Deutscher Geschichte« auf und war somit nahezu unsichtbar.1292 Erst zu Beginn der 1960er-Jahre wurde im Zuge der Frankfurter AuschwitzProzesse (1963/65) dem Thema »Aufarbeitung« in Deutschland öffentliche Aufmerksamkeit zuteil, weshalb nun auch Atlasprojekte begannen, den »Mord an den europäischen Juden« konkret zu behandeln. Die bis dahin veröffentlichten Kartenwerke, wie beispielsweise Westermanns »Atlas zur Weltgeschichte«1293 in seiner Darstellung von 1963 mit dem Titel »1939 – 1944: Folgen des deutsch-sowj. Paktes von 1939 und der NS-Rassengesetzgebung«, hatten nur 1290 Die Beschäftigung mit dem Holocaust hat in Deutschland (»Täternation«) eine besondere Entwicklung durchlaufen. Daneben erfolgte die Aufarbeitung in vielen europäischen Staaten ebenso zurückhaltend und begann erst durch die Veröffentlichung von Raul Hilbergs Studie zum Holocaust 1961 (in Deutschland war eine Übersetzung erst 1982 erhältlich) sowie die Herausgabe der Tagebücher von Anne Frank, vgl. Hilberg, Raul: The destruction of the European Jews. Chicago 1961; Mooyaart-Doubleday, Barbara: Anne Frank: the Diary of a young Girl. New York 1952. Zum Gegenstand vgl. Schildt, Axel: Die Eltern auf der Anklagebank? Zur Thematisierung der NS-Vergangenheit im Generationenkonflikt der bundesrepublikanischen 1960er-Jahre, in: Cornelißen; Klinkhammer ; Schwentker (Hrsg.): Erinnerungskulturen, S. 317 – 332; Cornelißen, Christoph: Historikergenerationen in Westdeutschland seit 1945. Zum Verhältnis von persönlicher und wissenschaftlich objektivierter Erinnerung an den Nationalsozialismus, in: Cornelißen; Klinkhammer ; Schwentker (Hrsg.): Erinnerungskulturen, S. 139 – 152; Schmid (Hrsg.): Geschichtspolitik und kollektives Gedächtnis; Brumlik; Sauerland (Hrsg.): »Umdeuten, verschweigen, erinnern«. 1291 Bayerischer Schulbuch-Verlag (Hrsg.): Großer Historischer Atlas, Teil 3. Neuzeit. München 1957, S. 195. 1292 Vgl. Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 209. 1293 Trillmich, Werner ; Czybulka, Gerhard; Stier, Hans-Erich; Kirsten, Ernst (Hrsg.): Westermanns Atlas zur Weltgeschichte. Teil 3: Neuzeit. Westermann, Braunschweig 1963, S. 160.
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auf einer Karte die Einbindung des Themas in das gesamte Kriegsgeschehen visualisiert.1294 Eine der ersten Atlaspublikationen, die ausdrücklich in einer Kartenüberschrift von »Judenverfolgung« sprach und damit dem Gegenstand eine eigene Karte zugestand, stammt von Wilhelmine Böhm und Ernst Deuerlein. Im Geschichtsatlas »Die Welt im Spiegel der Geschichte«1295 betrachteten die Autoren in der Auflage von 1965/66 erstmals die durchweg als Konzentrationslager benannten Tötungsorte und erwähnten auch die Anzahl der Opfer.1296 Dabei ist kartenmethodisch an der Abbildung interessant, dass die Anzahl der jüdischen Opfer symbolisch durch die Anordnung von menschlichen Figuren im Kartenbild dargestellt wurde und man die Signatur von Konzentrations- und Vernichtungslagern einheitlich mit Davidsternen kennzeichnete. Darüber hinaus flankiert eine Tabelle mit dem Titel »Todesbilanz des Jüdischen Volkes« die Geschichtskarte, was den Zugriff auf Datenmaterial im direkten Kontext der Atlasseite erlaubte. Eine kleine Sensation bedeutete wenig später die Veröffentlichung der Karte von Hermann Kinder und Werner Hilgemann im »dtvAtlas zur Weltgeschichte«1297 mit dem Titel »Die Vernichtung der Juden (Endlösung) 1939 – 1944«1298, mit der 1968 ein endgültiger Fortschritt in der Darstellung des sensiblen Themas gelang.1299 Der »dtv-Atlas« nahm erstmals das Stichwort »Endlösung« in den Kartentitel auf und registrierte neben dem industriell betriebenen Massenmord auch die Gebietsgrenzen der Einsatzgruppen A bis D und erfasste deren Opfer. Da seit Mitte der 1960er-Jahre in Deutschland zum Thema Holocaust in nahezu jeden Geschichtsatlas eine Abbildung einfließt und sich eine kartographische Auseinandersetzung etwa in Frankreich oder Großbritannien ebenfalls erst im Laufe der 1970er-Jahre entwickelte, kann davon ausgegangen werden, dass sich seit etwa dreißig Jahren relevante Muster und Formen in der Visualisierung des vielschichtigen Gegenstands herausbilden.1300 Zum damaligen Zeitpunkt vermittelten die Karten lediglich stark reduzierte Hintergründe zur 1294 Vgl. Lehn: Deutschlandbilder, S. 478. 1295 Böhm, Wilhelmine; Deuerlein, Ernst (Hrsg.): Die Welt im Spiegel der Geschichte. Geschichtsatlas. Bayerischer Schulbuch-Verlag, München 1965, S. 33. 1296 Vgl. Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 209. 1297 Hilgemann, Werner ; Kinder, Hermann (Hrsg.): dtv-Atlas zur Weltgeschichte – Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart. Band 2. Deutscher Taschenbuchverlag, München 1968. 1298 Ebd.: S. 204. 1299 Vgl. Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 209 f. 1300 Vgl. u. a. Darby, H.C.; Fullard, Harold (Hrsg.): The New Cambridge Modern History Atlas, Volume XIV. Cambridge 1970, S. 60; Barraclough, Geoffrey (Hrsg.): The Times atlas of world history. Times Books, London 1978, S. 272; Duby, Georges (Hrsg.): Atlas historique. Larousse, Paris 1978, S. 151. Der Themenatlas zum Holocaust folgte Anfang der 1980erJahre, vgl. Gilbert: Atlas of the Holocaust.
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Holocaustgeschichte, die zum Teil bis heute in minimaler Bearbeitung in aktuellen Atlanten erscheinen. So blieben die kartographischen Veröffentlichungen auf Informationen zum Einflussbereich des nationalsozialistischen Machtapparats und damit der Reichweite des Völkermords sowie Angaben zu Lagerstandorten beschränkt. Der »Putzger : Historischer Weltatlas« zeigte zum Beispiel in den Ausgaben von 1961 bis 1979 neben Einträgen zu Konzentrationslagern auf einer Karte (»Bevölkerungsverluste im Zweiten Weltkrieg«) Verweise auf die Opferzahlen der verfolgten Juden in Europa.1301 In vielen Produktionen etablierte sich zu dieser Zeit auch die Einführung von Datenmaterial in Form von Tabellen und Statistiken als Ergänzung zur Kartendarstellung. So visualisierte der 1964 publizierte »Harms Geschichts- und Kulturatlas«1302 neben der Verortung von Konzentrationslagern auch das Schicksal der Juden im Kontext von Opferzahlen einzelner Staaten in einem Schaubild, welches überdies ab 1968 auch in die Veröffentlichung des »Harms Geschichtsatlas mit Bildern«1303 integriert wurde. Statistische Aufstellungen veranschaulichen bis heute in einer Vielzahl von Geschichtsatlanten die genaue Verteilung von Opferzahlen nach Herkunftsländern, auf die sich die kartographischen Darstellungen oftmals umfassend stützen.1304 Durch die verschiedenen Gestaltungmöglichkeiten der Atlasproduktionen bildeten sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Präsentationformen zur Geschichte des Holocaust heraus. Allerdings stand auch durch die Einbindung in andere thematische Kontexte in manchen Produktionen, wie etwa in den Atlanten des »Bayerischen Schulbuch-Verlages«, »nicht so sehr das Ergebnis der Vernichtung, sondern vielmehr der logistische Prozess der Deportation für den Betrachter im Mittelpunkt«1305. Im Ganzen unterscheidet sich die Vielzahl deutscher Geschichtsatlanten allein in der Auswahl und Darstellung der zu vermittelnden Informationen, wobei insbesondere die Benennung und Betrachtung der Lager deutlichen Schwankungen unterliegt. Viele Atlaspublikationen verwenden etwa nicht die differenzierende Markierung »Vernichtungslager«, sondern benennen alle Lager als »Konzentrationslager«. Gleichwohl ist im Blick auf den Zeitraum von 1960 bis 1990 lediglich in den Atlasproduktionen von Werner Hilgemann und Hermann Kinder eine ausführliche Reflexion des vielschichtigen Themas Holocaust jenseits der zumeist auf Deutschland oder das »Großdeutsche Reich« beschränkten Perspektivierung 1301 Vgl. Lehn: Deutschlandbilder, S. 559. 1302 Zeissig, Hans; Hussmann, Heinrich (Hrsg.): Harms Geschichts- und Kulturatlas. List, München 1964. 1303 Schmittdiel, Werner (Hrsg.): Harms Geschichtsatlas mit Bildern. List, München 1968. 1304 Vgl. Lehn: Deutschlandbilder, S. 560. 1305 Ebd.
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und Darstellung von Lagerstandorten und Opferzahlen als Teil des Vernichtungsprozesses vorhanden. Daher taucht nur im »dtv-Atas zur Weltgeschichte«1306 und im »Atlas zur deutschen Zeitgeschichte«1307 die europäische Dimension der »Endlösung« im Kontext von Vernichtungslagern, Einsatzgruppen und Massenerschießungen auf. Diese kartographische Betrachtung der Geschichte der »Vernichtung der europäischen Juden« ist bis heute für viele Atlanten Vorbild und zeigt ein gebräuchliches Muster in der Abbildung der europäischen Dimension des Holocaust. Allein die vielfältigen Übersetzungen des »dtv-Atlas« verweisen auf die großflächige Verbreitung der Kartendarstellung, aber auch durch die Adaption der Geschichtskarte selbst findet sich bis heute in vielen Geschichtsatlanten diese raumdimensionale Ausgestaltung in mehr oder weniger bearbeiteter Form wieder.1308 Verschiedene Gesichtspunkte lassen sich im Rückblick auf die Geschichte der Holocaustvisualisierung herausstellen, die für die folgende Beurteilung der aktuellen europäischen Geschichtsatlanten wichtig sind: Geschichtsatlanten visualisieren häufig die Orte und die Reichweite des Vernichtungsprozesses, stellen diesen Vorgang selbst allerdings nur selten eindeutig dar. Denn Informationen zu Hintergründen und Abläufen des Völkermords, die über die reine Verortung von Lagern hinausgehen (zum Beispiel Entrechtung, Widerstand), fehlen in den meisten Atlasproduktionen ebenfalls. Daneben mangelt es den Visualisierungen oft sogar an Angaben zur Unterscheidung von Konzentrationsund Vernichtungslagern, weshalb viele Kartenabbildungen im Kontext des komplexen Themas »Holocaust« nur als grobe Generalisierungen bezeichnet werden können. Dass es im Rahmen der Kartierung des Völkermords möglich ist, vielfältige raumdimensionale Aspekte in die Beschäftigung mit den Orten der Vernichtung zu integrieren, zeigt der bereits Anfang der 1980er-Jahre veröffentlichte Themenatlas zum Holocaust von Martin Gilbert.1309
1306 Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas zur Weltgeschichte, Band 2. 1307 Hilgemann, Werner (Hrsg.): Atlas zur deutschen Zeitgeschichte 1918 – 1968. Piper, München 1986. 1308 Vgl. zur Verbreitung von Atlasadaptionen Kapitel 4. Beispielweise wird die Karte des »dtvAtlas« zum Holocaust im slowenischen Geschichtsatlas von Weber komplett übernommen, vgl. Weber, Tomazˇ (Hrsg.): Sˇolski Zgodovonski Atlas. DZS, Ljubljana 2002, S. 48. 1309 Vgl. Gilbert: The Routledge Atlas of the Holocaust.
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8.2. Optionen und Muster der Holocaustvisualisierung – Kartographische Darstellungsmöglichkeiten und multimodale Ergänzungen Das Zentrum der Analyse bilden im Abgleich der kartographischen Darstellungsmöglichkeiten des Holocaust gemeinsame europäische oder differierende nationale Darstellungsmuster, die sich insbesondere aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Bausteine von Geschichtskarten ergeben. Die Diskussion von Kartenzeichen macht deutlich, dass die visuelle Sprache von Karten und deren Beschränkung auf wenige grafische Elemente eine Form der Abstraktion ermöglicht, die ein Text in dieser Weise nicht leisten kann.1310 Die Besonderheit, dass Geschichtskarten keine Begründungen liefern, wird neben dem hohen Maß an Generalisierung auch durch das Fehlen von erklärenden Daten und Informationsquellen sichtbar. Eine diskursive Visualisierung von historischen Sachverhalten ist daher besonders schwierig. Ferner führen oftmals ganz pragmatische Beweggründe wie Platzmangel zum Verschweigen beziehungsweise zu einer Reduzierung von Informationen innerhalb der Kartenabbildung. Die Analyse der »Kartensprache« rückt infolgedessen den Bereich komplexer Kommunikation »multimodaler Narration« ins Zentrum. Dabei wird einerseits die Ebene der Geschichtskarte innerhalb eines umfangreichen Zeichensystems fokussiert sowie andererseits die Ebene des Atlas hinsichtlich der Beziehungen von Karten, Texten und Bildern betrachtet. Gerade kartographische Darstellungen zum Thema Holocaust werden vor dem Hintergrund ihrer vermeintlichen »Objektivität« nur schwer dem historischen Thema gerecht. So versuchen manche Atlasprojekte über die Vermittlung bestimmter Eindrücke und Perspektiven das Problem der eingeschränkten Kommunikation zu lösen. Dabei nutzen einige Kartenautoren speziell multimodale Weiterungen wie Bilder und Illustrationen zum Einschub »emotionaler« oder »dramatisierender« Elemente in die Abbildung, um dem Thema die nötige Spannung zu verleihen und den historischen Sachverhalt so intensiver zu veranschaulichen.1311 Dementsprechend ist außerdem zu überprüfen, ob etwa visuelle Ergänzungen in multimodalen Arrangements, wie zum Beispiel in der Geschichtskultur weit verbreitete Bilder, Kartenaussagen auf eine neue Stufe heben. Ein erster systematischer Blick in die europäischen Geschichtsatlanten belegt die vielfältigen Möglichkeiten von Geschichtskarten, den Holocaust zu visualisieren. Allerdings überwiegen einfache Darstellungen zum Gegenstand, die 1310 Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 35. 1311 Vgl. Frevert; Schmidt: Geschichte, Emotionen und die Macht der Bilder ; Brink: Bildeffekte.
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zumeist in konventionalisierter Form in vielen Kartenwerken vorliegen. Insbesondere die Kartierung wichtiger Konzentrations- und Vernichtungslager besitzt in den untersuchten Atlanten eine große Bedeutung.1312 Davon abweichend demonstrieren einige Produktionen alternative Ansichten, die divergierende Blickwinkel und Aspekte der »Vernichtung« betrachten. Insgesamt lassen sich in Geschichtsatlanten in erster Linie folgende kartographische Darstellungsformen des Holocaust erfassen: – Euthanasiemorde (Aktion T4) – Deportationen und Vernichtung jüdischer Bevölkerung – Durchgangs-, Außen-, Konzentrations- und Vernichtungslager, Ghettos – Orte des jüdischen Widerstandes – Einsatzgruppen und deren Massenexekutionen – Jüdische Opferzahlen – Biographien individueller Opfer 8.2.1. Die Visualisierung des Holocaust im Atlas – Konzentrations- und Vernichtungslager Möglichkeiten zur Visualisierung der Dimensionen sowie verschiedener Gesichtspunkte des »Völkermords an den europäischen Juden« sind im Spektrum von Karten vielfältig vorhanden. Gleichwohl ist ein Hauptschwerpunkt in der Verortung und Verteilung von Lagern festzumachen. Der Blick auf die Abbildung der Orte der »Vernichtung« soll deshalb im Folgenden Aufklärung darüber geben, inwiefern die Zeichenelemente von Geschichtskarten in der Lage sind, sich dem komplexen historischen Gegenstand zu nähern und welche Problematiken sich damit verbinden. Dabei betrachtet die Analyse die Signaturen von Konzentrations- und Vernichtungslagern, die im Kartenbild dabei helfen sollen, die Geschichte der »Todesfabriken« angemessen zu präsentieren und gegebenenfalls über die Inanspruchnahme von gestalterischen Weiterungen genauere Eindrücke und Erklärungen zu den »dramatischen« Hintergründen des Holocaust zu liefern.1313 Vor allem die »Ikonisierung des Holocaust« spielt hier eine besondere Rolle, 1312 Von 241 Atlanten thematisieren 137 den Holocaust im Kartenbild (57 %). Alle ermittelten Atlanten beschäftigen sich mit der Verortung von Konzentrations- und Vernichtungslagern. Auffällig ist die häufig fehlende Differenzierung zwischen Konzentrations- und Vernichtungslager, da diese doch für eine sachlich adäquate Darstellung des Themas zentral und grafisch verhältnismäßig leicht realisierbar erscheint. Nur 54 % der Kartendarstellungen unterscheiden zwischen beiden Kategorien. 1313 Vgl. Kogon, Eugen: Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager. Hamburg 2009; Orth, Karin: Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Eine politische Organisationsgeschichte. München 2002.
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weil Bilder mit »Lagermerkmalen – wie Wachtürmen, Stacheldraht und Baracken, mit den für die Deportationen benutzten Eisenbahnwaggons, mit den Physiognomien der Opfer – sich als Schlüsselbilder für Völkermorde und ethnische Säuberungen und diachrone visuelle Erinnerungsorte der Katastrophen des 20. Jahrhunderts im kollektiven Gedächtnis verfestigt haben«.1314 Speziell mögliche Optionen der Darstellung in Anbindung an diese »Gedächtnisbilder« sind daher aufschlussreich, wobei die geringe Kontextualität der piktoralen Sprache der Karte als Gradmesser für die Überprüfung der Nutzbarkeit von Signaturen in den Mittelpunkt rückt. Die Kartierung des Holocaust im Kartenbild muss hinsichtlich der bereits angesprochenen Entstehung von Kartenzeichen im Feld der triadischen Relation differenziert betrachtet werden, was die Diskussion über deren angemessene Gestaltung sowie den Abstraktionsgrad freilegt.1315 Die Einteilung von Signaturen erfolgt in die Kategorien bildhaft-konkret, symbolhaft-abstrakt, geometrisch-abstrakt und nach der Verwendung von Buchstaben und Zahlen geordnet. Besonders im Spektrum von bildhaft-konkreten und symbolhaft-abstrakten Kartenzeichen ergibt sich die Frage nach deren Provenienz und dem Bezug in der Konzeption des Kartenbildes. Die bildhaft-konkreten Kartenzeichen besitzen offensichtlich eine direkte visuelle Verbindung zum »realen« Objekt. Ein häufig aufgegriffenes Motiv für die Darstellung von Konzentrations- und Vernichtungslagern im Kartenbild ist »Menschen hinter Stacheldraht«, dessen Wirklichkeitsbezug zahlreiche historische Fotografien dokumentieren. Kartenautoren orientieren sich daher im Entwurf der Zeichen sichtbar an den zahlreich publizierten Bildern zum Holocaust1316, die damit teilweise indirekt die Gestalt des darzustellenden Objekts bestimmen. Im Spektrum der Zuordnung von auffälligen baulichen Merkmalen, wie Gebäuden, Schornsteinen oder Wachtürmen, scheint die Trennung zwischen bildhaft-konkreten und symbolhaft-abstrakten Kartenzeichen jedoch zu verwischen. Zwar lassen sich bildhaft-konkrete Darstellungen zu Wachtürmen lokalisieren, doch beziehen sich auch symbolhaft-abstrakte Kartenvisualisierun1314 Leggewie: Zur Einleitung, S. 14; vgl. Paul: Die visuelle Geschichte und der Bildkanon des kulturellen Gedächtnisses, S. 14 ff.; Knoch: Die Tat als Bild; Brink: Ikonen der Vernichtung. 1315 Vgl. Peirce: Phänomen und Logik der Zeichen, S. 64 ff. Das »Repräsentamen« als Zeichenträger bezeichnet das visuell vom Individuum Wahrnehmbare, wie beispielsweise die Signatur von Lagern im Kartenbild. Außerdem nimmt das Kartenzeichen direkt oder indirekt Bezug auf das zu kartierende »Objekt« mit seinen formalen optischen Merkmalen der Gestalt beziehungsweise Kennzeichnung von Konzentrations- und Vernichtungslagern. Der »Interpretant« steht hingegen für die Art und Weise der Zeicheninterpretation in der Deutung des Gegenstands durch den Nutzer. 1316 Vgl. Leggewie: Zur Einleitung; Paul: Die visuelle Geschichte und der Bildkanon des kulturellen Gedächtnisses; Knoch: Die Tat als Bild; Brink: Ikonen der Vernichtung.
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Abbildung 8.1.: Die »Typologie des Grauens« – Das Konzentrationslager als Signatur in europäischen Geschichtsatlanten (Querschnitt aus dem Gesamtbestand).
gen auf bauliche Merkmale, wie beispielsweise Schornsteine oder Baracken. Dabei werden auch bildhaft-konkrete Kartenzeichen mit symbolischem Gehalt aufgeladen und sind damit nur selten klar von symbolhaft-abstrakten unterscheidbar, was sich etwa am Beispiel der Signatur für die Orte der Massenerschießung von Juden durch einen »Grabstein mit Davidstern« in polnischen Atlanten zeigt.1317 Hier entsteht ein bildhaft-konkreter Bezug durch den »Grabstein«, jedoch wird erst durch das Symbol des »Davidsterns« aus einem beliebigen Zeichen für den Tod die visuelle Abbildung und Verortung eines Teils des Holocaust. In diesem Zusammenhang haben der »gelbe Davidstern« und die Darstellung von »gelben Dreiecken« in Geschichtskarten nicht nur einen symbolhaften Hintergrund, sondern auch einen ganz konkreten bildhaften Sinn. Oft fließen die Zwangskennzeichnungen »Judenstern« oder die farbigen »KZHäftlingsabzeichen« in die Entwicklung von Signaturen ein. Auffällig erscheint auch die Ähnlichkeit der Signaturen in Abbildung eines »Totenkopfes« mit den Etiketten von »Zyklon B – Kanistern« oder Emblemen der »SS«.1318 Viele Abbildungsoptionen bestehen auch im Spektrum geometrisch-abstrakter Kartenzeichen. Auch diese sind zwar mit Bedeutungen aufgeladen, doch liegt hier der Schwerpunkt in der Interpretation der Zeichen deutlich beim Kartenleser. Wertungen und Zuschreibungen lassen sich so teilweise umgehen. 1317 Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 72 f.; Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Szkoła ´srednia; Od 1939 roku, S. 26 f.; Roszkowski; Scwarc; Tazbir ; Tazbir ; Wipszycka-Bravo (Hrsg.): Wielki Atlas Historyczny, S. 140 f. 1318 Vgl. u. a. Kanisˇki, Tomislav ; Ponosˇ, Tihomir ; Velagic´, Zoran (Hrsg.): Povijesni atlas za 8. razred osnovne sˇkole. sˇkolska knjiga, Zagreb 2001, S. 37.
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Allerdings kann die große Distanz im Kontext eines emotionalen Themas wie dem Holocaust ebenso problematisch wirken. Weiternde Aspekte zur Kontextualisierung können hier helfen. Insgesamt steht eine Vielzahl der verwendeten bildhaften und symbolischen Kartenzeichen in fester Verbindung mit verschiedenen, zumeist anschaulichen historischen Gegenständen, die in Geschichtskarten unterschiedlicher Atlaspublikationen offenbar als fester Bestandteil der kollektiven Erfahrung im »kulturellen Gedächtnis« ihren Ausdruck finden.1319 Insbesondere polnische Geschichtsatlanten zeigen in der Darstellung der Lager eine Anbindung an die »eigene Geschichte« und verbildlichen damit den Ort als Kristallisationspunkt der »Erinnerung« durch die Hervorhebung besonderer visueller Merkmale. Fast alle Atlasproduktionen aus Polen beschäftigen sich in Form von bildhaft-symbolischen Kartenzeichen auf einer Vielzahl von Atlasseiten intensiv mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust. Die Kartenmacher des Verlags »Nowa Era« nutzen zum Beispiel durchgehend eine »Turm und Stacheldraht«-Signatur für Konzentrations- und Vernichtungslager auf polnischem wie auch auf deutschem Gebiet und verweisen damit ausdrücklich auf den entmenschlichenden Charakter der Einrichtungen.1320 Die Nutzung bildhaft/symbolischer Kartenzeichen ist somit äußerst schwierig zu beurteilen, da einerseits die Abbildungen klar auf die dramatischen Hintergründe verweisen, andererseits möglicherweise Bilder entstehen, die ebenfalls dem Geschehen nicht gerecht werden oder wie in manchen Atlasproduktionen die Verbrechen bagatellisieren. Mit diesem Problem haben speziell abstrakte Signaturen zu kämpfen, die durch eine allzu objektivierende Bezeichnung der »Orte der Vernichtung« teilweise geradezu verharmlosend wirken. So verwenden beispielsweise die Autoren des belgischen »Atlas d’Histoire Hayt« vom Verlag »de boeck« in der Abbildung der Lager rote und violette Bälle.1321 Das Kartenbild trennt zwar im Unterschied zu vielen anderen europäischen Atlasproduktionen die Zuordnung in Konzentrations- und Vernichtungslager, bezüglich der Qualität und der dramatischen Ausmaße des Völkermords bleiben die Signaturen hingegen stumm. Erst der Blick auf weitere Kartenzeichen (»Davidstern« für die Markierung von Ghettos) und die Beschriftung der Konzentrations- und Vernichtungslager mit Daten zu ihrer Einrichtung sowie die Ergänzung von Opferzahlen zu den Lagern in Polen bringen den »mörderischen Gegenstand« des Holocaust näher. Gleichwohl wirkt das Kartenbild unvollständig und nimmt nur eine un1319 Vgl. Assmann: Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität, S. 12. 1320 Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 114 und 122. 1321 Patart, Christian (Hrsg.): Atlas d’Histoire Hayt. De boeck, Brüssel 2006, S. 132.
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zureichende Betrachtung vor, da viele Hintergründe zu hygienischen Zuständen, Versorgung mit Lebensmitteln, Lebenserwartung usw. offen bleiben und außerdem der Eindruck entsteht, als hätte sich das Morden auf die Lager im Osten beschränkt. Anhand der Betrachtung von Kartenzeichen stellt sich in einigen Beispielen die Frage, inwieweit kartographische Darstellungen zur Geschichte im Stande sind, ein angemessenes Bild des Holocaust nachzuzeichnen. Zur Wahl der Kartenzeichen gibt es mit Blick auf die Gesamtheit aller europäischen Geschichtsatlanten keine einstimmigen Übereinkünfte oder etwa Vorgaben oder Absprachen. Und auch die Analyse des gesamten Atlasbestands bringt kein klares Bild hervor, da die Publikationen 51 % bildhaft/symbolische und 62 % abstrakte Zeichen zur Darstellung des Holocaust auf Geschichtskarten verwenden.1322 Speziell die Schnittmenge von bildhaften und symbolischen Kartenzeichen ist daher vor dem Hintergrund des »Objektivierungsdiskurses« für manche Autoren Ausdruck eines Versuches, das eigentlich »Nicht-Kartierbare« zu kartieren und damit die dramatischen Hintergründe und Umstände dem Betrachter nahe zu bringen. In diesem Sinne repräsentiert beispielsweise der »Totenkopf« in der Verortung von Vernichtungs- und Konzentrationslagern als Signatur in der Karte das Sinnbild eines »anonymisierten Massenmords« sowie den Versuch, das »Unfassbare« bildlich einzufangen. Einfach ist es jedoch keineswegs, das eigentlich »Nicht-Darstellbare« bildhaft oder symbolhaft zu verorten, worauf vielfältige Ergänzungen wie Bilder, Illustrationen oder Schaubilder verweisen. Abstrakte Kartenzeichen nehmen andererseits eine distanzierende Position ein und streben eine sachliche Darstellung an. Dass allerdings eine allzu »nüchterne« Visualisierung des Holocaust auch zu Verwirrung führen kann, lässt sich, wie oben bereits angerissen, an einer Reihe von Beispielen belegen und zeigt sich in der geradezu »neutral« anmutenden Gestaltung der Konzentrations- und Vernichtungslager, die in manchen Geschichtsatlanten ohne jedwede qualitative Aussage für die Vernichtung stehen. Eine unterschiedliche Zeichenpräferenz kann mit Blick auf das Material zumindest in Anbetracht von Opfer- und Täternation festgestellt werden, denn Kartenautoren deutscher Geschichtsatlanten nutzen für die Darstellung von Konzentrations- und Vernichtungslagern, im Gegensatz zum Beispiel zu Veröffentlichungen aus Polen, fast ausschließlich abstrakte Kartenzeichen, was insbesondere die Dreiecks- und Kreissignaturen mit unterschiedlicher Farbge1322 Von den 115 untersuchten Geschichtskarten zum Holocaust nutzen 59 bildhaft/symbolische- und 72 abstrakte Kartenzeichen. In vielen Atlanten erfolgt ein Mix aus beiden Visualisierungsformen.
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bung, Gestalt und variabler Größe in den Atlanten der Verlage »Westermann«, »Cornelsen« und »Klett« belegen.1323 Eine eindeutige, regionale Gewichtung bei der Gestaltung von Kartenzeichen in den Atlanten Europas kann hingegen nicht festgestellt werden, da etwa abstrakte Signaturen in bulgarischen oder russischen Geschichtsatlanten genauso zum Einsatz kommen wie in französischen oder spanischen Geschichtsatlanten.1324 Im Ganzen können Visualisierungen zum Holocaust wie zu jeder anderen historischen Thematik nur das räumlich »Darstellbare« in einer Geschichtskarte abbilden. Auf die Ausnutzung von Optionen in den europäischen Atlanten wurde weiter oben bereits im thematischen Kontext hingewiesen. Abseits davon ließen sich etwa zur Geschichte der Diskriminierung vor der Vernichtung, zum Beispiel zu Pogromen oder zur Flucht ins Ausland etc., nur wenige Kartenabbildungen ermitteln.1325 Darstellungen zur vorausgehenden Entrechtung durch die Arisierung jüdischer Geschäfte und Firmen oder der Emigration jüdischer Bürger veranschaulichen zumeist nur Spezialatlanten im Kartenbild.1326 So enthält etwa der Atlas »Nationalsozialismus in Norddeutschland« des deutschen Historikers Kay Dohnke neben Kartenzeichen zur »Zerstörung von Synagogen« Signaturen zu »geschändeten Friedhöfen«, »Verhaftungen« und »Übergriffe auf Privatwohnungen, Geschäfte und Schulen« sowie zur »Arisierung« und »Liquidierung jüdischer Betriebe«.1327 Insgesamt können Geschichtskarten als zweidimensionale Medien vor allem zeitlich parallele Ereignisse im Raum darstellen. Kein anderes Medium ist in der Lage, beispielsweise die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges und die systematische Vernichtung der europäischen Juden in Europa entsprechend dem historischen Prozess parallel aufzuzeigen und die historischen Aussagen dadurch zu verdichten. Darüber hinaus kann eine Karte zum Holocaust alle bekannten Konzentrationslager in Europa verorten und dabei gleichzeitig Deportationsrouten und Opferzahlen darstellen, aber auch die äußerst komplexen 1323 Vgl. Birkenfeld; Bode; Zahn (Hrsg.): Westermann Geschichtsatlas, S. 51; Bruckmüller ; Ackermann (Hrsg.): Putzger, S. 202; Oswalt; Rudolf, (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas, S. 193. 1324 Vgl. Krasimir, Andreev (Hrsg.): Atlas istoria 10 klas. Kartografia EOOG, Sophia 2007, S. 26 f.; Artemov, Viktor V.; Soroko-Cjupa, Oleg S.; Tjuljaeva, Tamara I. (Hrsg.): Sˇkol’nyj atlas po zarubezˇnoj istorii s drevniejsˇich vremen do nasˇich dnej. Prosvesˇcˇenie, Moskau 2002, S. 100; Carton; Lambin (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 63; SPES (Hrsg.): Atlas histûrico integral SPES, S. 61. 1325 Vgl. u. a. Bruckmüller; Hartmann (Hrsg.): Putzger, S. 170; Kuipers; Hooff (Hrsg.): Bosatlas van de Wereldgeschiedenis, S. 29. 1326 Dohnke (Hrsg.): Nationalsozialismus in Norddeutschland; Overy (Hrsg.): Historical Atlas of the Third Reich; Gilbert (Hrsg.): The Routledge Atlas of the Holocaust. 1327 Dohnke (Hrsg.): Nationalsozialismus in Norddeutschland, S. 41 und 54 – 63.
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Hintergründe von Verfolgung und Entrechtung beleuchten. Die Möglichkeiten des Raummediums werden jedoch, wie die bisherigen Untersuchungen gezeigt haben, nur bedingt ausgenutzt, denn zumeist beschränken sich die Atlasveröffentlichungen auf eine Auswahl von Konzentrations- und Vernichtungslagern und die Nennung von Opferzahlen. Viele Kartenautoren vermeiden durch den Verzicht auf Weiterungen (Ghettos, Einsatzgruppen, T4 etc.)1328 eine allzu ausführliche Beschäftigung mit dem komplexen Gegenstand, wobei in der Schnittfläche von Thema und kartographischer Visualisierung eindeutig die »Grenzen des Darstellbaren« zu Tage treten. Abstrakte Kartenzeichen bieten vermutlich den meisten Atlasprojekten einen geeigneten, übersichtlichen und angemessenen Rahmen zur Abbildung der Geschichte der Vernichtung der europäischen Juden, was sich auch auf den Spielraum der Möglichkeiten des Mediums auswirkt und damit seine Aussage gewissermaßen in einem Gleichgewicht hält. Gleichwohl können sinnvolle Kontextualisierungen hier weiterhelfen (zum Beispiel Texte). Dieser Punkt wird umso klarer in der Betrachtung von Geschichtskarten, die eine breitgefächerte Zusammenstellung von bild- und symbolhaften Kartenzeichen anbieten, denn Aufmerksamkeit wird dadurch generell entweder auf undifferenzierte Vorstellungen von historischen Aspekten, auf bestimmte Opfergruppen oder auf dramatische Ereignisse gelenkt. Dem vielschichtigen Gesamtbild des Holocaust werden diese Darstellungen hingegen ebenso nur bedingt gerecht. So machen allein der Entwurf und die Auswahl von Signaturen die Problematiken in der Gestaltung von Karten deutlich.
8.2.2. Die Visualisierung des Holocaust im Atlas – Deportation und Transport Aktuelle Studien in der Geschichtswissenschaft beschäftigen sich speziell mit den Zusammenhängen von Transport und Vernichtung, wobei gerade raumdimensionale Aspekte der »Logistik des Holocaust« in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken, für deren Abbildung das Medium Geschichtskarte geradezu prädestiniert erscheint.1329 Das Ausmaß der Verbrechen knüpft sich, wie im weiteren Verlauf des Kapitels noch gezeigt wird, an verschiedene Perspektiven, 1328 Nur wenige Atlanten visualisieren neben der Dimension des Holocaust auch den dahinterstehenden Prozess, vgl. Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Geschichte und Geschehen, S. 175. 1329 Vgl. Gottwaldt: Die »Logistik des Holocaust« als mörderische Aufgabe der Deutschen Reichsbahn im europäischen Raum; Polino: Der Zusammenhang von Transport und Vernichtung. Bereits Ende der 1970er-Jahre blickte Raul Hilberg auf den Gegenstand des Transports, vgl. Hilberg, Raul: Sonderzüge nach Auschwitz. The role of the German railroads in the destruction of the Jews. Mainz 1981; auch Götz Aly und Peter Longerich weisen in ihren Arbeiten auf den Gegenstand der »Logistik« hin.
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die den Kontinent im Bezug auf die generelle Organisation des Holocaust betrachten. Dennoch können Raummedien nicht den gesamten Prozess der Vernichtung abbilden, da Karten nicht, wie der Text, die Möglichkeit besitzen, das nicht kartographisch Darstellbare – das Elend, die katastrophalen Zustände und die Hintergründe des Schicksals Einzelner – zu problematisieren und in den historischen Kontext einzuordnen. Daher soll kurz auf den Punkt »Transport und Deportation« eingegangen werden, um Aspekte und Akzentuierungen der Kartenvisualisierung für ein scheinbar in hohem Maße geeignetes Thema zu analysieren, was allerdings durch den komplexen Gegenstand der »Vernichtung der europäischen Juden« wiederum eine Einschränkung findet. Dabei bietet das Herausfiltern der Häufigkeit einer Abbildung von Deportationsrouten eine erste Orientierung. Nur knapp 10 % der Geschichtsatlanten, die die Geschichte des Holocaust behandeln und Konzentrations- beziehungsweise Vernichtungslager im Kartenbild abbilden, stellen überhaupt Deportationsrouten dar. Dieser Befund erstaunt, liegt in der »Logistik des Holocaust« mit dem Transport der jüdischen Bevölkerung in die Vernichtungslager doch die Grundlage für das »Menschheitsverbrechen«.1330 Speziell die Wahrnehmung der Verfolgung und Ermordung als ein über die Grenzen des Deutschen Reiches hinausgehender Prozess ist an der Abbildung von »Deportationsrouten« nachvollziehbar. Daneben zeigen etwa die Abbildungen von Euthanasiemorden im Deutschen Reich, die Kartierung der Einsatzgruppen in Osteuropa oder die Betrachtungen zur Aktion Reinhardt weitere Spektren einer räumlichen Dimensionierung.1331 Das Thema »Deportation« als wichtiger Faktor im Vernichtungsprozess ist also äußerst relevant, doch haben viele Atlasproduktionen in der Konzeption hinsichtlich der Notwendigkeit von kartographischen Generalisierungen kaum Spielraum, weitverzweigte Abbildungen zu den jeweiligen Routen von den einzelnen Konzentrations- und Sammellagern zu den Orten der Vernichtung zu veranschaulichen. Entscheidet sich ein Atlasprojekt für die Darstellung, so werden aus pragmatischen Gründen (zum Beispiel Lesbarkeit der Karte) oft nur die Hauptdeportationsrouten visualisiert. Als Grund für den Verzicht auf die Abbildung kann deshalb für die meisten europäischen Geschichtsatlanten auch hier reiner Platzmangel oder Übersichtlichkeit angeführt werden. Darüber hinaus beleuchten einige Atlanten die Transporte teilweise immer noch im Spektrum von »Bevölkerungsverschiebungen« während und nach dem
1330 Vgl. Polino: Der Zusammenhang von Transport und Vernichtung, S. 281. 1331 Vgl. Bode; Renz: Die Kartierung des Nicht-Kartierbaren, S. 288 – 311.
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Zweiten Weltkrieg, womit der Gegenstand unter Bezugnahme auf viele andere Opfergruppen und vor allem die Täter selbst meist völlig untergeht.1332 In der raumdimensionalen Abbildung der sogenannten »Deportationsrouten« verwenden Geschichtsatlanten hauptsächlich die europäische Perspektive. Zur Veranschaulichung des Schienennetzes greifen die Kartenautoren auf Linien- und Pfeilsignaturen zurück, wodurch die Geschichte der menschenunwürdigen und tödlichen Zwangsverfrachtung in die Vernichtungslager stark vereinfacht visualisiert wird. Gleichwohl kann die Verortung der Deportationen in Europa einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Holocaust nicht nur als ein auf das Territorium des Deutschen Reiches beschränktes Verbrechen zu verstehen, sondern als einen von Deutschland ausgehenden und dann auf weite Teile Europas ausgreifenden Prozess, der im industriellen Massenmord in den Vernichtungslagern gipfelte. Ein Beispiel zur Abbildung der »Logistik des Holocaust« liefert der »Putzger : Historischer Weltatlas«, der mit der Karte »Umsiedlung, Vertreibung und Deportation 1938 – 1945« zwar noch andere Bevölkerungsgruppen in die Abbildung aufnimmt, allerdings durch die Betrachtung der Hauptdeportationslinien in die Vernichtungslager deutlich die Vernichtung der Juden Europas ins Zentrum stellt.1333 Das Kartenbild beleuchtet grob schematisiert die wichtigsten Routen, die in die Vernichtungslager führten, und verweist im Zuge der Nennung von Opferzahlen auf die während des Transports oder am Zielort getöteten Menschen. Die verwendete Liniensignatur steht dabei stellvertretend für schlechte hygienische Zustände, Hunger, Durst und den Überlebenskampf Einzelner, was allerdings nur durch Kontextualisierung erfolgen kann, da die Zeichen über die Qualität der dargestellten Ereignisse nur wenige Aussagen treffen. Die stark versachlichte Visualisierung stößt hier an die Grenzen des »Abbildbaren«. (K.abb. 8.1.) Die Probleme allzu starker Generalisierung offenbart die Geschichtskarte zum Holocaust eines in Europa weit verbreiteten Geschichtsatlas von John Haywood.1334 Der Kartenausschnitt des »Weltgeschichtsatlas« betrachtet den europäischen Kontinent. Daneben versucht Haywood durch einzelne Pfeile auf die Richtung des Transports aus den Sammel- und Konzentrationslagern im Westen und Süden in die Vernichtungslager im Osten hinzuweisen. Neben der farblichen Markierung des Einflussbereichs der Achsenmächte blicken zwei 1332 Aner (Hrsg.): Westermann: Großer Atlas zur Weltgeschichte, S. 160; Kocsis (Hrsg.): South Eastern Europe in Maps, S. 50. 1333 Vgl. Bruckmüller; Hartmann (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, S. 172. 1334 Vgl. Haywood, John (Hrsg.): Weltgeschichtsatlas. Könemann, Köln 1999, S. 202; Haywood, John (Hrsg.): Atlas Van De Wereld Geschiedenis. Könemann, Köln 1999, S. 202; Haywood, John (Hrsg.): Historisk Verdensatlas. Könemann, Köln 2000, S. 202; Haywood, John (Hrsg.): Historisk Världsatlas. Könemann, Köln 2000, S. 202.
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weitere Signaturen auf die Geschichte der »Vernichtung«: die Einteilung in Konzentrations- und Vernichtungslager, wobei eine Auswahl der großen Lager getroffen wurde, sowie die Pfeilsignaturen, die grob die Richtung der Deportation angeben. Aussagen über Qualität und Umstände der Verbrechen sind hingegen nur dem nebenstehenden Text zu entnehmen. Doch auch dieser gibt lediglich stark komprimiert folgende Informationen zur Deportation: »[…] Ganze Familien wurden abgeholt und in Viehwaggons getrieben, die in die Konzentrationslager im Osten, z. B. nach Auschwitz und Treblinka, fuhren. Dort wurden täglich Tausende in Gaskammern getötet […]«.1335 Zwar ist anhand von Deportationslisten und anderen Quellen nachweisbar, dass die Hauptdeportationsrouten auf die Vernichtungslager ausgerichtet waren und besonders in Richtung Auschwitz-Birkenau verliefen. Die Entscheidungsprozesse dahinter können jedoch gar nicht und die Routen selbst im Kartenbild nur stark generalisiert dargestellt werden. Die Karte gibt auch hier keine Auskunft über die empirischen Daten oder etwa Archivmaterial, auf deren Grundlage die Abbildungen angefertigt wurden. Allerdings lässt sich die räumliche Dimension der Ereignisse in kaum einem anderen Medium so eindeutig und prägnant herausstellen. Die Vorteile von Geschichtskarten in diesem Themenspektrum spiegeln sich, wie bereits oben angedeutet, insbesondere in den Geschichtsatlanten Martin Gilberts wider, wobei sich durch die Hinwendung auf Einzelschicksale und begrenzte Ereignisse die »Authentizität« in der Lektüre von Geschichtskarten deutlich erhöht.1336 Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang das Beispiel des niederländischen »De Bosatlas van de Geschiedeniscanon« im Rahmen des »Bildungskanons der Niederlande«, da hier klar nachvollziehbar personenbezogenes Material in den Entwurf der Kartenzeichen eingeht, nämlich die Geschichte von Anne Frank oder vielmehr der Bewohner des Verstecks im »Achterhuis« in Amsterdam. Die betreffende Geschichtskarte veranschaulicht im Ausschnitt die Benelux-Staaten sowie Teile Frankreichs, Deutschlands und Polens. Dabei liegt das Hauptgewicht der Visualisierung auf der Nacherzählung der Geschichte der Familie Frank, die 1933/1934 aufgrund der in Deutschland einsetzenden Judenverfolgung in die Niederlande emigrierte, sich nach der deutschen Besetzung in Amsterdam versteckte und schließlich bei der Deportation in Konzentrations- und Vernichtungslager getrennt wurde. Des Weiteren betrachtet die Visualisierung die Teilbiographien der »Achterhuis-Bewohner« Hermann und Auguste van Pels mit ihrem Sohn Peter sowie Fritz Pfeffer.1337 (K.abb. 8.2.) 1335 Vgl. Haywood (Hrsg.): Weltgeschichtsatlas, S. 202. 1336 Gilbert (Hrsg.): The Routledge Atlas of the Holocaust. 1337 Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 40.
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Mit Blick auf die Kartenabbildungen ist vor allem die Darstellung der Deportationen einzelner Bewohner des Verstecks in Amsterdam auffällig, denn für den gemeinsamen Transport über das Lager Westerbork nach Auschwitz verschmelzen die individuell gefärbten Transportrouten bei der Betrachtung einzelner Biographien zu einer bunt-gestrichelten Signatur, wodurch zum einen die einzelnen Bewohner des »Achterhuis« sichtbar bleiben, zum anderen aber auch das gemeinsame Schicksal thematisiert wird.1338 Die Methode der Zuweisung von Signaturen auf Akteure beziehungsweise einzelne Menschen ist allerdings nur begrenzt anwendbar, wie etwa bei der Beschäftigung mit der Geschichte der »Untergetauchten aus dem Achterhuis«, sodass die raum-zeitliche Visualisierung von individuellen »Opferbiographien« ebenfalls an die Grenze des Darstellbaren stößt. Ein kartographisches Visualisierungsproblem taucht nicht nur bei der Abbildung des Themas Holocaust auf, sondern auch bei der Frage nach der Darstellung des Todes einzelner Personen. Die Kartenautoren des niederländischen Atlas versuchen das Problem durch eine sich »wandelnde Signatur« zu umgehen. Um den Tod einer der Untergetauchten bei der Deportation nach Auschwitz zu beschreiben, verändert sich eine durchgängige Liniensignatur an einem scheinbar beliebigen Punkt zu einer gestrichelten Liniensignatur. Da der genaue Zeitpunkt und Ort des Todes der einzelnen Person im Kartenbild zu Auguste van Pels nicht genau belegbar ist, kann es sich bei diesem Kartenzeichen nur um eine Art Hilfskonstrukt der Kartenmacher handeln. Der Tod und dessen grausame Umstände werden im Kontext der Geschichte Anne Franks als das eigentlich »Nicht-Darstellbare« dennoch im Kartenbild verortet. Auf den Betrachter wirkt daher im »De Bosatlas van de Geschiedeniscanon« trotz der Verwendung abstrakter Zeichen eine mit dramatischen Eindrücken aufgeladene Kartenabbildung ein, die – eingereiht in fünf weitere Geschichtskarten – Holocaust und Weltkrieg in nur wenigen Schritten über die Einnahme von unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Die »Erinnerung« an die Geschichte der Anne Frank stellt einen wichtigen Eckpunkt im »Bildungskanon der Niederlande« dar, der auf diese Weise auf der Ebene der Personengeschichte äußerst authentisch ein »Schicksal« im historischen Kontext räumlich verortet. Insbesondere in den Niederlanden verläuft das öffentliche Gedenken an das Leid und die Opfer der Besatzung durch das nationalsozialistische Deutschland zumeist sehr emotional, weshalb es gerade über diese Einbindung von einerseits curricularen Bestimmungen und andererseits besonderer erinnerungskultureller Relevanz Eingang in das Bildungsmedium Geschichtskarte findet.1339 1338 Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 40 f. 1339 Vgl. Tops, Ellen: Lebendige Vergangenheit. Niederlande, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der
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Die Nutzung von Raumbildern zur Verschleppung und zum Transport der jüdischen Bevölkerung Europas in die Todeslager tritt allerdings noch viel konkreter in der Geschichtskultur jenseits von Lehrmitteln in Erscheinung. Geschichtskarten zum Holocaust besitzen eine weite mediale Verbreitung. Insbesondere im Bereich von Museen, Erinnerungs- und Gedenkstätten ist das Kartenbild der »Deportationen nach Auschwitz« omnipräsent.1340 Kartenabbildungen zu Deportationen zirkulieren darüber hinaus in vielfältigen Zusammenhängen. Kartographische Visualisierungen zur millionenfachen Verschleppung während des Holocausts werden zudem in Printmedien, Dokumentationen oder Internetartikeln genutzt, wie zum Beispiel in der OnlineEnzyklopädie »Wikipedia«, oder als Informationsmittel in Ausstellungs- sowie Webpräsenz des Vereins »Zug der Erinnerung«.1341 Im Ganzen erfolgt die Abbildung der Deportationsrouten nur in einer geringen Zahl von europäischen Geschichtsatlanten. Gleichwohl ist die Raumdarstellung selbst auch in vielfältigen geschichtskulturellen Kontexten jenseits der Schule anzutreffen. Pragmatische Gründe und didaktische Reduktion stehen im Kontext der Auswahl von Informationen wahrscheinlich im Vordergrund, wodurch das wichtige Thema »Transport« nicht öfter in die europäischen Atlanten findet. Insgesamt liefert die bisherige Betrachtung ein facettenreiches Feld von der Visualisierung des Holocaust, in dem keine einheitlichen europäischen Darstellungskonventionen zu erkennen sind. Allerdings werden die »Orte des Terrors« sowohl aus Täter- als auch aus Opferperspektive in Geschichtskarten deutlich differenzierter visualisiert.1342 Dabei versuchen bildhafte beziehungsNationen, S. 438 ff.; Dunk: Die Niederlande und die Konfrontation mit dem Nationalsozialistischen Deutschland, S. 25 f. 1340 Karten zur »Deportation nach Auschwitz« sind weit verbreitet, etwa in der »Topographie des Terrors« in Berlin oder in der Gedenkstätte Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau vgl. Stiftung Topographie des Terrors (Hrsg.): Topographie des Terrors. Gestapo, SS und Reichsicherheitshauptamt in der Wilhelm- und Prinz-Albrecht-Strasse. Eine Dokumentation. Berlin 2010, S. 138. 1341 Die »Wikipedia«-Artikel in englischer und deutscher Sprache zum Holocaust binden in nahezu identischen Geschichtskarten Abbildungen der Hauptdeportationsrouten ein. Der französische Artikel nutzt sogar eine Karte aus der Ausstellung des Stammlagers Auschwitz, vgl. Online verfügbar unter URL: http://en.wikipedia.org/wiki/Holocaust; URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Holocaust; URL: http://fr.wikipedia.org/wiki/Shoah [alle Stand: 28. 02. 2013]. In Ausstellungen und Webpräsenz des Vereins »Zug der Erinnerung« werden Karten zur Veranschaulichung der räumlichen Dimension der Deportationen genutzt, vgl. URL: http://www.zug-der-erinnerung.eu/verein.html [Stand: 30. 10. 2012]. Vgl. zu Karten in Printmedien Bönisch, Georg; Friedmann, Jan; Meyer, Cordula; Sontheimer, Michael; Wiegrefe, Klaus: Der dunkle Kontinent, in: Der Spiegel 21 (2009), S. 84. 1342 Besonders polnische und deutsche Geschichtsatlanten stellen die Orte des Holocaust sehr differenziert und detailliert dar. So werden hier neben Konzentrations- und Vernichtungslagern im europäischen Vergleich häufig Ghettos, Orte des Widerstandes und das Agieren der Einsatzgruppen visualisiert. Zur Erinnerung vgl. Kranz, Tomasz; Traba,
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weise symbolhafte Kartenzeichen wie Wachtürme oder der Davidstern Eindrücke und Hintergründe des »Unzeigbaren« zu vermitteln. Da keine diesbezüglichen Vorgaben oder Absprachen bestehen, ist es jedem Atlasprojekt selbst überlassen, ob nun bildhafte oder symbolhafte »Opfersignaturen« überhaupt Verwendung finden oder ob geometrisch-abstrakte Kartenzeichen (zum Beispiel Quadrat oder Kreis) in sachlicher Distanz eingesetzt werden. Speziell hierbei scheint der Blick auf das multimodale Zusammenspiel von Kartenergänzungen in Geschichtsatlanten wichtig, da sie möglicherweise dabei helfen, das Problem allzu großer »Objektivität« durch Kontextualisierung zu lösen (Text, Bild etc.). Inwieweit besonders multimodale Elemente einer Geschichtsatlasseite Einfluss auf die Erzählung des Holocaust haben, zeigen im folgenden Punkt zwei Beispiele von Karte-Bild-Beziehungen.
8.2.3. Die Visualisierung des Holocaust im Atlas – Das Spektrum multimodaler Ergänzungen Das komplexe Thema Holocaust findet häufig im Kontext von Atlasseiten im multimodalen Zusammenspiel von Kartenergänzung und Kartenabbildung seinen Ausdruck.1343 Die Auswahl an Gestaltungsoptionen ist vielfältig und reicht von einfachen Texten über Statistiken bis hin zum visuellen Spektrum verschiedener Illustrationen, Bilder und historischer Fotografien. Die meisten Atlasprojekte verfolgen mit der Nutzung solcher Weiterungen vornehmlich die Strategie, dem Betrachter die Grausamkeiten des Holocaust über visuelle Eindrücke spürbar nahe zu bringen, ohne dem Rezipienten einfach nur »blutige Tatsachen« zu präsentieren. Zumeist sind die Arrangements gründlich abgewogen. Die Flankierung der oftmals nüchternen Kartenbilder kann aber auch zu anderen Zwecken geschehen. Die Geschichtskarte leistet daher in ihrem multimodalen Kontext, zum Beispiel über die Einflechtung stark zugespitzter Illustrationen und Bilder, auch einen wesentlichen Beitrag zur Mythenbildung. Durch Emotionalisierung untermauert sie vor allem die Dramatik von Sachverhalten und historischen Prozessen. Darum erweitern gerade visuelle Ergänzungen den Spielraum der Geschichtskarten in Atlasproduktionen. Kartenautoren verfügen mit Bildeinschüben über ein Instrument, einerseits allzu klare Darstellungen in manchen Themenfeldern zu durchbrechen, andererseits aber auch verschiedene Gesichtspunkte zu überspitzen oder gar zu verfälschen. Robert (Hrsg.): Shoah und Zweiter Weltkrieg. Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskultur im deutsch-polnischen Vergleich. Leipzig 2008. 1343 Fast 50 % der untersuchten Geschichtsatlanten flankieren ihre Geschichtskarte(n) mit Illustrationen, Bildern oder historischen Fotos (siehe Kapitel 4.2.5.).
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Deshalb spielen ebenso Aspekte einer »visual history« beispielsweise in Form von Fotografien und Illustrationen in Geschichtsatlanten eine besondere Rolle.1344 Speziell Fotografien vermitteln Authentizität und überwinden damit vielfach die »nüchterne« Sachlichkeit der Kartenabbildung. Dabei bedienen sich einzelne Atlaspublikationen bei der Gestaltung zudem gezeichneter Illustrationen und Bilder aus dem Bereich des Comics, die sich zum Teil sogar auf historische Fotos beziehen und überwiegend in Geschichtsatlanten für ein jüngeres Publikum auftauchen.1345 Die Ergänzungen erweitern die Darstellung des Holocaust in Atlanten somit um eine emotionale Dimension, denn das objektivierende Zeichensystem der Karte kann Leid und Tod als Umstände von Deportation und Lagerhaft nicht nachzeichnen. So versuchen viele Atlanten die dramatische Seite der »Verfolgung« und »Vernichtung« durch ergänzende Elemente (Bilder, Grafiken, Statistiken etc.) zu verdeutlichen. Die bildhafte Darstellung dieser Momentaufnahmen zum Holocaust tritt zudem im memorialen Kontext als wichtiger Akteur in Erscheinung und knüpft vorwiegend in der Ausprägung medialer »Ikonik« an Elemente der Erinnerungskultur an.1346 Ferner stehen die Bilder oft als Erweiterung zur Karte in direkter Beziehung zu verwendeten bildhaften/ symbolischen Signaturen (Stacheldraht, Türme etc.). Zwei Karte-Bild-Beispiele sind diesbezüglich für die Untersuchung interessant, da sie neben einer vermehrten Verwendung im Visualisierungskontext des Atlas einerseits als »Ikonen der Vernichtung«1347 zum Bildinventar (Bilderkanon) des Holocaust gehören und damit eine hohe Verbreitung haben sowie sich andererseits in anderen Lehrmitteln, insbesondere in Schulbüchern, wiederfinden. Das erste Beispiel zum Zusammenspiel von Bild und Karte im Geschichtsatlas ist die Fotografie des »Jungen aus dem Warschauer Ghetto« (Mai 1943, Warschau). Das Foto war Teil einer internen SS-Dokumentation, dem »Stroop«-Report, benannt nach dem für die Niederschlagung des Aufstandes im Warschauer Ghetto verantwortlichen Befehlshabers deutscher SS-, Polizei- und Wehrmachtseinheiten Jürgen Stroop.1348 Das zweite Beispiel einer visuellen Beifügung zeigt Stanislaw Muchas Foto vom »Torhaus des KZ Auschwitz-Birkenau«, das im Auftrag der sowjetischen 1344 Vgl. Paul: Von der historischen Bildkunde zur Visual History ; Hamann: Visual history und Geschichtsdidaktik. 1345 An dieser Stelle sei auf die Veröffentlichung des Comics »Die Suche« verwiesen, vgl. Heuvel, Eric; Hüsmert, Waltraud; Naumann, Britta: Die Suche. Schroedel Verlag, Braunschweig 2010. 1346 Vgl. Knoch: Die Tat als Bild. 1347 Brink: Ikonen der Vernichtung. 1348 Raskin, Richard: A child at gunpoint. A case study in the life of a photo. Aarhus 2004, S. 106.
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Untersuchungskommission zur Ermittlung der NS-Verbrechen nach der Befreiung des Lagers im Zeitraum von Mitte Februar bis Mitte März 1945 entstanden ist.1349 Zunächst werden kurz Besonderheiten und Hintergründe zu den Bildern vorgestellt und ihre Rolle im Geschichtsatlas beschrieben. Der »Junge aus dem Warschauer Ghetto« Das Bild des »Jungen aus dem Warschauer Ghetto« wurde nach 1945 durch die breite mediale Verwendung in zahlreichen Ausstellungen, Printmedien und Filmen zu einer Bildikone der »Vernichtung der Juden«.1350 Aber auch über den Abdruck in Bildungsmedien fand die Aufnahme spätestens seit den 1980erJahren weite Verbreitung. So erscheint das Foto zum Holocaust in verschiedenen Geschichtsschulbüchern (oft ebenfalls im Kontext von Karten), aber auch in Lehrmitteln der Fächer Religion, Sozialkunde etc.1351 Der Historiker Habbo Knoch hat sich intensiv mit der Wirkung und Bedeutung historischer Fotografien zum Holocaust beschäftigt und erklärt, dass die Bilder in einem Wechselverhältnis zwischen Vorstellungen und Deutungen der Tat stehen, die erst in Bildauswahl und Bildkommentar erkennbar werden. Knoch attestiert speziell der Aufnahme des »Jungen aus dem Warschauer Ghetto«, unter anderem infolge seiner medialen Zirkulation, einen besonderen ikonischen Charakter, womit das Bild, von konkreten Kontexten seiner Provenienz losgelöst, als Synonym für bestimmte Ereignisse oder Zusammenhänge gesehen werden kann.1352 Im Bereich des Gebrauchs historischer Fotos taucht das Bild des »Jungen aus dem Warschauer Ghetto« mit Abstand am häufigsten als multimodale Weiterung zur Geschichtskarte in europäischen Geschichtsatlanten auf. Die Abbildung konnte in belgischen, britischen, dänischen, finnischen, polnischen, schwedischen und slowenischen Geschichtsatlanten ermittelt werden. Dabei erscheint das Foto zumeist am Rand der Atlasseite neben der Geschichtskarte (u. a. Polen, Slowenien) oder rückt sogar ins Kartenbild ein (u. a. Belgien, Schweden). Die 1349 Hamann, Christoph: Fluchtpunkt Birkenau. Stanislaw Muchas Foto vom Torhaus Auschwitz-Birkenau (1945), in: Paul (Hrsg.): Visual History, S. 283 – 302. 1350 Raskin: A child at gunpoint, S. 106; Hamann, Christoph: Die Wendung aufs Subjekt: zum Foto des Jungen aus dem Warschauer Ghetto 1943, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 51 (2000) 12, S. 727. 1351 Vgl. Alazard, JoÚlle; Marseille, Jacques (Hrsg.): Le monde, l’Europe, la France: 1850 – 1945. Nathan, Paris 2007, S. 318; Askani, Bernhard (Hrsg.): Anno 4 – Band 4 – Das 20. Jahrhundert. Westermann, Braunschweig 2003, S. 119; Jastrzebska, Małgorzata; Z˙urawski, Jarosław (Hrsg.): Podrecznik dla klasy trzeciej gimnazjum. Wydawn. Eduk. Wiking, Wrocław 2001, S. 121; Pandel, Hans-Jürgen (Hrsg.): Zeitlupe. Band 2. Schroedel, Braunschweig 2004, S. 115; Peruzzi, Walter (Hrsg.): Popoli nel 1 tempo. Editrice la scuola, Brescia 2000, S. 124; Shephard, Colin; Reid, Andy ; Shephard, Keith (Hrsg.): Discovering the past. Peace and war. Murray, London 1995, S. 190. 1352 Vgl. Knoch: Die Tat als Bild, S. 764.
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Fotografie besitzt stets eine kommentierende Unterschrift beziehungsweise wird durch einen Text flankiert. Drei Beispiele sollen kurz über die Verwendung des Bildes im konzeptionellen Kontext der Atlasseite aufklären: Im schwedischen Atlas »Historien I Kartor« von Verlag »Almqvist & Wiksell« beleuchtet eine Europakarte mit dem Titel »Juden in Europa« auf einer halben Seite den Holocaust, wobei das Foto mit der Unterschrift »Warschau 1943, Juden in der Stadt werden systematisch von den Nazis ausgerottet« unten links in die Karte integriert wird.1353 Die Autoren des belgischen »Historische Atlas« vom Verlag »VAN IN« liefern ebenfalls auf einer halben Seite zum Thema eine Geschichtskarte, hingegen mit dem Ausschnitt Mitteleuropa in Abbildung des »Großdeutschen Reiches«. Die Kartenüberschrift verweist sehr allgemein auf »Konzentrationslager 1933 – 1945«, das Foto wird mit den Worten »Juden aus dem Warschauer Ghetto werden in die Konzentrationslager geschickt« oben rechts in die Karte eingefügt.1354 Im polnischen »Atlas historyczny« vom Verlag »Demart« schließlich ist die Einbindung des Fotos die mit Abstand komplexeste der drei gewählten Beispiele, befinden sich doch auf einer Atlasseite neben zwei Geschichtskarten (»Polen unter Besatzung«) in nationaler Perspektive noch weitere Fotos und angefügte Arbeitsaufträge (ohne Bezug zum Foto) in direkter Nachbarschaft zum Bild. Die Bildunterschrift erklärt: »Die jüdische Bevölkerung wurde in geschlossenen Stadtvierteln gehalten, aus denen der Weg nur in die Vernichtungslager führte«.1355 (K.abb. 8.3.) In allen drei Beispielen verweist die Fotografie auf den Gegenstand der Verfolgung und Deportation, wobei die schwedische und die polnische Atlasproduktion mit der Bildunterschrift konkret auf den Hintergrund der »Vernichtung« hindeuten. Speziell der Geschichtsatlas aus Schweden greift mit seiner europäischen Dimensionierung das Ausmaß der Verbrechen auf und spiegelt mit dem Foto bildhaft stellvertretend für alle Lager und Ghettos die Verhältnisse der Verfolgung wider. Der Kommentar zum Bild im belgischen Atlas wirkt dagegen eher verharmlosend und wird lediglich durch die Kartendarstellung, die Vernichtungslager gesondert ausweist, etwas ausgeglichen. Die Aufnahme vom »Jungen aus dem Warschauer Ghetto« bietet ferner vielfältige Interpretationsmöglichkeiten. In Loslösung vom konkreten Gegenstand wirkt das Foto (Ikone) jedoch insgesamt je nach Zusammenhang und Bildausschnitt »als Symbol des Opfers, der Unterlegenheit, des Widerstands im Warschauer Getto, als Sinnbild für die jüdische Verfolgung oder als mahnende visuelle Erinnerung an die
1353 Pederby, Bo; Sandberg, Robert (Hrsg.): Historien I Kartor, Almqvist & Wiksell, Stockholm 2005, S. 49. 1354 Adams, Xavier (Hrsg.): Historische Atlas. VAN IN, Wommelgem 2005, S. 56. 1355 Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 4, S. 25.
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Verbrechen der NS-Zeit«.1356 Besonders im polnischen Atlas intensivieren die Autoren die emotionale Wirkung durch weitere Bilder (Widerstandsgruppen, Kinder hinter Stacheldraht) und die gezielte Einflechtung des Fotos in die polnische »Weltkriegserzählung« des Atlas.1357 Das Foto des »Jungen aus dem Warschauer Ghetto« zeigt auf diesem Weg in allen Geschichtsatlanten das Leid und die Entbehrungen im Prozess der Verfolgung und Ghettoisierung und steht damit für die erbarmungslose Menschenjagd und die Deportationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Darüber hinaus veranschaulicht die Aufnahme vor allem im belgischen und schwedischen Atlas über den Bezug zum Geschehensraum selbst eine konkrete Verbindung zur kartographischen Verortung des Holocaust. Stanislaw Muchas Foto vom »Torhaus des KZ Auschwitz-Birkenau« Die ursprüngliche Funktion der Aufnahme von Stanislaw Mucha bestand in der Dokumentation und sachlichen Bestandsaufnahme der Dimension der Vernichtung nach der Befreiung von Auschwitz durch die »Rote Armee« im Januar 1945, wobei die Fotografie speziell das Torhaus und die Gleisanlage in ihrem baulich-technischen Zustand nach der Flucht der SS-Wachmannschaften fokussiert.1358 Während bei der Abbildung von toten Häftlingen in manchen Atlanten das anonyme Massensterben durch die Darstellung eines Individuums und seines Schicksals im Atlas hervorgehoben wird, beschreibt das Foto Muchas den industriellen Massenmord aus der Zentralperspektive, womit der Betrachter »imaginär in den Vorgang des Völkermordes hineingezogen«1359 wird. Allerdings ist im Kontext der »Kraft des Ikonischen« bei der Deutung der Abbildung anzufügen, dass die Fotografie in einem zentralen Punkt von der historischen Wirklichkeit abweicht.1360 Die Gleisanlage und das Torhaus werden nicht, wie vielfach angenommen, aus einer Perspektive außerhalb des Vernichtungslagers betrachtet, sondern der Blick erfolgt aus dem Inneren der »Todesfabrik« heraus. Auch das Foto vom »Torhaus des KZ Auschwitz-Birkenau« taucht in mehreren europäischen Geschichtsatlanten auf, wobei im Visualisierungskontext im Gegensatz zur Fotografie des »Jungen aus dem Warschauer Ghetto« vielfältige 1356 Mayrhofer, Petra: Junge aus dem Warschauer Ghetto. Bildanalysetext zur Abbildung 9 der »Ikonen der Verfolgung«, in: Online-Modul Europäisches Politisches Bildgedächtnis. Ikonen und Ikonographien des 20. Jahrhunderts, 09/2009. Online verfügbar unter URL: http://www.demokratiezentrum.org/themen/europa/europaeisches-bildgedaechtnis/ikon en-der-verfolgung/abb9-warschauer-ghetto.html [Stand: 30. 10. 2012]. 1357 Vgl. Assmann: Erinnerungsräume, S. 328 ff. 1358 Hamann: Fluchtpunkt Birkenau, S. 289. 1359 Ebd.: S. 292. 1360 Ebd.: S. 291.
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Variationen und Abwandlungen in der Darstellung festzustellen sind beziehungsweise man bei einigen Aufnahmen und Zeichnungen von Nachempfindungen sprechen muss. So treten neben dem Abdruck des Fotos auch gezeichnete Illustrationen und Umarbeitungen auf, die in Form einer Signatur sogar ins Kartenbild eingehen. Alle Abbildungen besitzen als Illustrationen außerhalb des Kartenbilds immer eine kommentierende Unterschrift. Zwei Beispiele sollen kurz die Verwendung des Bildes im Erscheinungskontext des Atlas näher beleuchten: Im litauischen »Atlas zur jüngsten Geschichte der Zeit« vom Verlag »Briedis« bieten die Autoren zum Thema Holocaust eine Geschichtskarte mit mitteleuropäischem Raumausschnitt an. Die Abbildung trägt den Titel »Jüdischer Holocaust 1938 – 1945«, wobei die Fotografie des »Torhauses von Auschwitz« unter der Kartenabbildung platziert ist. Begleitet wird die Karte zudem von einem Fließtext, einem Zeitstrahl, angefügten Begriffserklärungen sowie dem Bild eines »Judensterns«. Im Arrangement der Atlasseite steht somit insbesondere die Aufnahme des »Torhauses von Auschwitz« mit dem Fließtext als Ergänzung unterhalb der Karte im Zentrum. Der Kommentar zum Bild gibt folgende Anmerkungen wieder : »Eisenbahn zum Vernichtungslager von Auschwitz (Os´wie˛cim). In dieser Todesfabrik wurden ungefähr zwei Millionen Menschen getötet, davon 1,5 Millionen Juden«.1361 (K.abb. 8.4.) Die Fotografie stellt augenscheinlich nicht Muchas Foto mit dem Blick von »drinnen nach draußen« dar, sondern zeigt eine Außenaufnahme, die an das Bild vom Winter 1945 lediglich anknüpft, was deutlich am Aufbau des Gleisbetts zu sehen ist. Dennoch wird über die Abbildung die gleiche Wirkung erzielt, die Mechanismen der »Vernichtungslager« und damit des Holocaust zumindest anzudeuten. Das Bild komplettiert damit eine aus mehreren Elementen zusammengestellte Vermittlung zum Holocaust in einem Atlasband für die 10. Klasse und bewegt sich damit höchstwahrscheinlich im Rahmen der litauischen Curricula.1362 Der deutsche Universalatlas »Diercke Drei« vom Verlag »Westermann« versucht auf einer halben Seite über eine Geschichtskarte mit dem Titel »Nationalsozialistisches Deutschland 1942« in Ausleuchtung der mitteleuropäischen Perspektive mit Blick auf das Lagersystem sowie einem gezeichneten »Torhaus von Auschwitz« sich dem Thema der »Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas« zu nähern. Die Kartenautoren platzieren die Illustration in einem Kasten rechts von der Kartenabbildung über der Legende. Sie veranschaulicht 1361 Latisˇenka (Hrsg.): Naujausiuju laiku istorijos atlasas 10 klasei, S. 21. 1362 Vgl. Tauber, Joachim: »Gespaltene Erinnerung«. Litauen und der Umgang mit dem Holocaust nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Brumlik (Hrsg.): Umdeuten, verschweigen, erinnern, S. 47 – 70.
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dabei deutlich den Bezug zu Muchas Foto, da die Skizze, erkennbar am Gleisbett, den gleichen Blickwinkel einnimmt. Die Unterschrift verweist in näherer Erläuterung zum Bild in folgendem Wortlaut auch auf die Symbolik der Darstellung: »Das Eingangstor zum Konzentrationslager Auschwitz als Sinnbild für Terror und Völkermord der faschistischen Diktatur«.1363 Im deutschen Kombiatlas wird im Kartenbild die konkrete Verortung der Lager vorgenommen, womit dem ergänzenden Bild eine besonders große Bedeutung zufällt, da es auf diesem Weg als Referenz für das brutale System der Vernichtung exemplarisch den Blick auf Ausschwitz richtet.1364 Vor allem die curriculare Einbindung des Holocaust ist hier im Spektrum von Erinnerungskultur und Geschichtspolitik für die Gestaltung deutscher Atlanten maßgebend. Insgesamt verdeutlicht die Abbildung des »Torhauses von Auschwitz« in Geschichtsatlanten anschaulich die Symbolik des sich im Gegenstand manifestierenden Prozesses der Ermordung von Millionen Menschen. Im Spektrum der Betrachtungen zur »Vernichtung der europäischen Juden« steht Stanislaw Muchas Fotografie vom »Lagertor«, wie es Christoph Hamann in seinen Studien ausdrückt, für »eine Rezeptionshaltung, welche den Völkermord zwar zur Kenntnis nimmt, ihn aber exterritorialisiert und in einen Raum jenseits der topographischen Kartierung der zivilisierten Welt situiert«1365. So verweist das Foto auch auf die »Grenzen des Zeigbaren«, wobei sich, so Hamann, der Holocaust auf diese Weise »unter Ausschluss der Öffentlichkeit« vollziehe und damit über die »Grenzen des Lagers« limitiert werde.1366 Für die Nutzung von Bildern in europäischen Geschichtsatlanten bedeutet dies, dass die Visualisierungen einerseits als Symbol der »Vernichtung« erfolgen, sie andererseits aber auch die Schranken in der Darstellung der Verbrechen veranschaulichen sowie quasi als »Barriere« stellvertretend das Ausmaß des Unrechts nur andeuten und damit die Geschichtskarten lediglich stützen. Gleichwohl wird eine Verbindung zwischen Bild und Karte beziehungsweise Kartenzeichen hergestellt, wodurch sich das Sinnbild des »Torhauses« konkret auf die Verortung der Lager bezieht. Dabei gehen erinnerungskulturelle Aspekte zumeist über instruktionale Vorgaben in die Geschichtsatlanten Europas ein. Es ließen sich noch zahlreiche, ähnliche Beispiele anführen, was vor dem Hintergrund der Aufgabe von Ergänzungen in Geschichtsatlanten jedoch immer identische Motive in der Konzeption freilegen würde. Zum einen verleiht der Wiedererkennungswert eines Bildes aus dem visuellen 1363 1364 1365 1366
Michael (Hrsg.): Diercke Drei, S. 61. Vgl. Hamann: Fluchtpunkt Birkenau. Ebd.: S. 293. Knoch, Habbo: Die Grenzen des Zeigbaren. Fotografien der NS-Verbrechen und die westdeutsche Gesellschaft 1955 – 1965, in: Kramer, Sven (Hrsg.): Die Shoah im Bild. München 2003, S. 87 – 116.
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Kanon des Holocaust die nötige Authentizität. Zum anderen werden durch die intensive Darstellung und Schockwirkung Eindrücke vom hinter der »Vernichtung« stehenden Leid und Schicksal der Opfer vermittelt. Speziell Abbildungen schockierender Fotos, die »Leichenberge«1367 und »ausgemergelte Gefangene hinter Stacheldraht«1368 zeigen, unterstreichen nachhaltig die Dramatik des Völkermords in Atlanten und stehen für eine extreme Veranschaulichung des anonymen Vernichtungsprozesses. Daneben verweisen die abgebildeten Visualisierungen von Türmen, Stacheldraht etc. in vielen Produktionen eindeutig auf verwendete Zeichen und stellen somit eine direkte Verbindung zum Kartenbild her.
Abbildung 8.2.: »Historische Fotos« zum Holocaust in italienischen, russischen, polnischen und britischen Atlasproduktionen – Für die Beispiele siehe Fußnote 1367 und 1368.
Im Ganzen haben die historischen Fotografien in Geschichtsatlanten die Aufgabe, den sachlichen Charakter der Kartendarstellung durch eindeutige Bezugnahme zu überwinden. Dabei sollen speziell visuelle Ergänzungen Eindrücke vom historischen Gegenstand liefern, die über die Kartensprache kaum vermittelt werden können. Die Illustrationen und Bilder beziehen auf diese Weise das Leiden von Millionen von Menschen in die Betrachtung ein, wobei sie über die emotionalisierende Wirkung von Bildern die dramatische Geschichte der »Vernichtung der europäischen Juden« zu verdeutlichen versuchen.1369 Gerade in diesem Zusammenhang offenbart sich die größte Schwäche der Geschichtskarten, denn die Zeichenelemente und gestalterischen Bestandteile des Mediums sind nur eingeschränkt in der Lage, genauere Hinweise, Eindrücke und die dramatischen Hintergründe mit Hilfe von Erklärungen und Begründungen zu dargestellten Aspekten zu liefern. Die piktorale Sprache der Karte besitzt eine geringe Kontextualität, denn »erst die Verbalisierung ihrer Inhalte öffnet sie multidimensionalen Bezügen und erlaubt die historische Deutung eines Geschehens«.1370 Die Geschichtskarte bleibt auf das visuell Abbildbare begrenzt 1367 Barbero, Maurizio; DeAngeli, Elena (Hrsg.): Atlante storico; dalla preistoria a oggi. Loescher, Turin 1994, S. 111; Ponomareva, Michail V. (Hrsg.): Atlas; Mir v XX veke; 9 – 11 klassy. Izdat. Dom Drofa, Moskau 1998, S. 12. 1368 Black (Hrsg.): World History Atlas, S. 211; Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; szkoła podstawowa, S. 59. 1369 Frevert; Schmidt: Geschichte, Emotionen und die Macht der Bilder, S.19 ff. 1370 Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 39.
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und kann die menschenunwürdigen Bedingungen in den Waggons nach Auschwitz nicht wiedergeben. So sind es vor allem Bilder oder Texte, die das nicht kartographisch Darstellbare – Hunger, Durst, katastrophale hygienische Zustände etc. – problematisieren und in den historischen Kontext einordnen. Durch diesen »Objektivitätsdiskurs«1371 zeigen sich im Themenbezug Holocaust Probleme in der Reflexion der Kartenabbildung (Kartenkonzeption), die daher die Frage aufwerfen, ob Geschichtskarten allein überhaupt eine angemessene Darstellung des »Holocaust« leisten können.
8.3. Der Raum des Holocaust – Der Genozid als Thema innerhalb und außerhalb der Kriegsdarstellung des Geschichtsatlas Die Abbildung des »Völkermords an den europäischen Juden« in Geschichtsatlanten kennzeichnet hinsichtlich der raumdimensionalen Perspektivierung große Heterogenität. Das Thema selbst wird oft in unterschiedlicher Reichweite abgebildet, weshalb in der Analyse Geschichtskarten mit vielfältigem Raumbezug auftauchen. So nehmen verschiedene Gesichtspunkte Einfluss auf die Visualisierung, die sich überwiegend aus dem Gegenstand des Zweiten Weltkriegs sowie über damit verbundene nationale Diskurse ergeben. Vor diesem Hintergrund ist daher zu prüfen, inwieweit Verbindungen zwischen der Darstellung des Zweiten Weltkriegs und möglichen Formen und Mustern der räumlichen Abbildung des Holocaust bestehen. So gibt es beispielsweise die Möglichkeit, dass die Kombination von Krieg und Völkermord, die in der Forschung wichtige Perspektiven eröffnet, in den Karten auch zu einer Marginalisierung des Themas führen kann. Allein die Betrachtung des militärischen Konflikts untersteht auf Länderebene der Einwirkung unterschiedlicher Einflüsse und Bedingungen, was sich zum Beispiel an signifikanten Blickwinkeln zur Weltkriegsgeschichte in stark nationalgeschichtlichen Deutungen der Ereignisse zeigt. Im Ganzen wird der Ermordung der europäischen Juden in den Geschichtsatlanten Europas verschiedene Bedeutung beigemessen. So kommt es darauf an, ob das Geschehen eigenständig in Geschichtskarten verarbeitet wird oder nur zur Ergänzung der Kriegsgeschichte dient. Entsprechend lassen sich Kartenvisualisierungen mit unterschiedlicher Raumpräferenz (Maßstab/Ausschnitt) zum Thema »Vernichtung der europäischen Juden« herausstellen. Im Kontext der Analyse von Raumdarstellungen zum Holocaust helfen Anbindungen an länderspezifische Erinnerungsdiskurse, 1371 Vgl. Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 193.
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um Besonderheiten und extreme Ausprägungen im Atlas zu erklären. Dies geschieht etwa im Verweis auf den in der Auseinandersetzung mit dem Holocaust oft auftauchenden nationalgeschichtlichen »Opfermythos« (zum Beispiel Polen) genauso wie mit Blick auf Ländersamples mit völlig anderem Erinnerungshintergrund (»Täternation«). Erinnerungskulturelle Befunde gestatten zumeist einen unmittelbaren Hinweis auf die Kartengestalt. Da gerade die Bemerkungen zur Erinnerungskultur in einzelnen Ländern recht stichhaltig erscheinen und damit eindeutige Beziehungen zu den Kartenbildern herstellen, ist hingegen zu beachten, dass die Visualisierungen in ihrer Darstellungslogik nicht immer dem entsprechen, was zum Beispiel in Texten mit dem Thema geschieht (etwa die Verbindung von Holocaust und Kriegsdarstellung). Kartenbilder und Erinnerungskultur zu Holocaust und Weltkrieg können, müssen aber nicht übereinstimmen beziehungsweise sind Geschichtskarten nicht immer klar einem soziokulturellen Einfluss (Vielfalt der Diskurse) zuzuordnen. Auf das Verhältnis von Darstellungsbedürfnis und Visualisierungsgegenstand wird in Anbetracht der einzelnen Länderbeispiele im Folgenden verwiesen.1372 Ein typisierender Blick auf das gesamte Sample offenbart mehrere Varianten der Raumdarstellung, die hauptsächlich in europäischer sowie mitteleuropäischer Perspektive erfolgt. Dabei berücksichtigen die Publikationen den Gegenstand entweder im Kontext einer Geschichtskarte zum Zweiten Weltkrieg oder als eigenständiges Thema in einer separaten Visualisierung. Karten zum Holocaust beschäftigen sich neben der europäischen Dimension ebenso mit Einzelschauplätzen (Inselkarte). So sind diesbezüglich auch Kartenfolgen wichtig.
8.3.1. Der Holocaust als Teil des Zweiten Weltkriegs – Die Dimensionierung des Völkermords im Rahmen der Kriegsdarstellung Die Vernichtung der europäischen Juden wird in einer kleineren Zahl von Geschichtsatlanten als Teil des Krieges in Europa visualisiert.1373 Dabei integrieren die Autoren in die Darstellungen zum Weltkrieg zumeist die Orte der Vernichtung, einige wenige auch die der Deportation und Ghettoisierung. Insbesondere britische, deutsche, polnische, russische, spanische und ungarische Atlasproduktionen beziehen einzelne Aspekte zur Geschichte der Vernichtung der europäischen Juden in die Darstellung des Zweiten Weltkriegs mit ein. Die Visualisierungen stellen in Anbetracht der komplexen Ereignisse und Prozesse von 1372 Vgl. Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 209 ff. 1373 32 Geschichtsatlanten integrieren den Holocaust in die Darstellung des Zweiten Weltkriegs.
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Krieg und Völkermord im Abgleich untereinander meist nur einfache Sachverhalte dar, wie die Lage der Konzentrations- und Vernichtungslager im britischen »Philip’s history atlas«.1374 (K.abb. 8.5.) So veranschaulichen die Karten innerhalb der Abbildung von militärischen Aspekten des Weltkriegs hauptsächlich Informationen zu den Orten der Vernichtung. Der Holocaust rückt so in einer ersten Deutung klar in den Hintergrund. Der doch geringe Informationsgehalt zur Lokalisierung von Lagern erschließt sich einerseits über die generelle Intention von Kartenmachern, wie etwa im britischen Geschichtsatlas aus dem Hause »Philip’s«, die Abhandlung aller Themenbereiche möglichst generalisiert und übersichtlich darzustellen und dem Rezipienten didaktisch vereinfacht und reduziert einen Einblick in den thematischen Gegenstand anzubieten. Dass Geschichtsatlanten gerade im Kontext des Holocaust dem Kartennutzer einfache Angebote der Geschichtsvermittlung machen, bestätigt vor allem der Blick auf zumeist überschaubare, begrenzte Fakten in den verschiedenen europäischen Produktionen. Die Einfachheit der Gestaltung der Geschichtskarte ergibt sich in diesem Zusammenhang aus dem einführenden Charakter im Umgang mit dem Thema, der nicht verwirren und verunsichern soll. Andererseits ermöglicht die Analyse in einigen Veröffentlichungen über historiographische Zusammenhänge und die erinnerungskulturelle Bedeutung die Klärung der in den Kriegsablauf eingebetteten Beschäftigung mit dem Völkermord im jeweiligen nationalen Kontext der Ländersamples. Darstellungsvarianten tauchen besonders häufig in landesspezifischen Kontexten auf. Eine Marginalisierung in der Beschäftigung mit dem Holocaust in Verbindung mit vielfältigen Aspekten der Militärgeschichte besteht vor diesem Hintergrund in ungarischen Geschichtsatlanten. Erklärungsansätze liefern erinnerungskulturelle Kontexte. Die Atlasproduktionen vom Verlag »Cartographia«1375 zeigen den Zweiten Weltkrieg hauptsächlich in zwei Europakarten, wobei lediglich für den Zeitraum 1942 – 1945 »Große Konzentrationslager« visualisiert werden. Die distanzierte Betrachtung in Geschichtskarten, die den Raum des Holocaust als verschwindend kleinen Teil des Weltkrieges abbildet, spiegelt die zurückhaltende Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte im Spektrum von Völkermord, Kollaboration und Besatzung wider. Der Blick auf die ungarische Erinnerung hilft eventuell bei der Deutung der Abbildung weiter. In der Gesellschaft Ungarns gibt es spätestens seit den ungarischen Beitrittsverhandlungen zur EU erste Initiativen zur tieferen Reflexion des Unrechts und der Verantwortung des Landes bei der Verfolgung und Er1374 Edmonds; King; Lintott (Hrsg.): Philip’s history atlas, S. 48. 1375 Ýrpd (Hrsg.): Tört¦nelmi atlasz, S. 36; vgl. auch Ýrpd(Hrsg.): K¦pes tört¦nelmi atlasz, S. 38.
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mordung der jüdischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg. Gleichwohl wird dieser Prozess oft relativiert sowie vom ungarischen Bild als Opfer jahrhundertelanger Unterdrückung und Fremdherrschaft überstrahlt, um speziell den Mythos von Heldentum und eigenem historischen Schicksal aufrechtzuerhalten.1376 Die Erinnerung an die jüdischen Opfer des Holocaust wird deshalb an den Rand gedrängt.1377 So erklären sich auch Visualisierungen wie im Geschichtsatlas vom Verlag »Kartogrfiai Vllalat«,1378 in dem eine einzige Karte mit dem Titel »Menschenverluste in Europa während des Zweiten Weltkrieges« das Thema beleuchtet. Die Autoren beschränken sich in der Wahl des Kartenausschnitts auf Mitteleuropa und ordnen die Opfer der Vernichtung aus der jüdischen Bevölkerung der Menge von militärischen und zivilen Verlusten des Zweiten Weltkriegs unter. Die Karte erinnert damit an die verzerrenden Darstellungen in deutschen Geschichtsatlanten der 1950er- und zu Beginn der 1960er-Jahre, zum Beispiel durch die Abschwächung des Genozids über die Einbettung in das übergeordnete Thema »Wanderungsbewegungen«.1379 Der Holocaust und seine Opfer werden auch im Atlas von »Kartogrfiai Vllalat« aufgrund der Gegenüberstellung nur als ein kleiner Teil des Krieges visualisiert (»Opferkonkurrenz«)1380. Zwar zeigt die Geschichtskarte eine Auswahl von Lagern und Orten des Massenmords, doch durch die zentraleuropäische Perspektive der Betrachtung und die umständliche Unterscheidung zwischen Gefangenen und Toten bleiben einzelne Aspekte des Ausmaßes der Verbrechen unerwähnt, wie etwa die Opfer der Einsatzgruppen oder die Auswirkungen der Deportationen aus Norwegen und Griechenland. So lässt sich vermutlich auch erklären, dass dem Genozid als Teil der europäischen Geschichte erst in dem im Jahr 2009 veröffentlichten Geschichtsatlas vom Verlag »Mozaik Kiadû« eine separate Betrachtung widerfährt. Die Karte mit dem Titel »Der Holocaust«1381 ist vom Kriegsgeschehen losgelöst, thematisiert die Verortung von Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslagern und nennt konkrete Opferzahlen. Allerdings bleibt auch diese Darstellung in der Perspektive auf Mitteleuropa be1376 Vgl. Fritz, Regina: Wandlung der Erinnerung in Ungarn. Von der Tabuisierung zur Thematisierung des Holocaust, in: Zeitgeschichte 33 (2006) 6, S. 303 – 317. 1377 Vgl. Kovcs; Seewann: Der Kampf um das Gedächtnis, S. 826 ff. 1378 Ajtay, Agnes (Hrsg.): Tört¦nelmi atlasz; a köz¦piskolak szmra. Kartogrfiai Vllalat, Budapest 1992, S. 46. 1379 Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 209 ff. 1380 Fritz, Regina; Hansen, Imke: Zwischen nationalem Opfermythos und europäischen Standards. Der Holocaust im ungarischen Erinnerungsdiskurs, in: Eckel (Hrsg.): Universalisierung des Holocaust?, S. 68 vgl. auch Laczû, Ferenc: Ungarn und der Holocaust. Geschichtspolitik und historische Verantwortung, in: Osteuropa: Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens 61 (2011) 12, S. 315 – 333. 1381 Bencsik, P¦ter ; Horvth, Andrea; Horvth, Levente Attila (Hrsg.): Tört¦nelmi Atlasz; 5 – 8. osztlyosok szmra. Mozaik Kiadû, Szeged 2009, S. 44.
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schränkt und lässt eine Vielzahl an Fragen zur gesamten Reichweite der Vernichtung offen. (K.abb. 8.6.) Die untersuchten Beispiele stellen nur Möglichkeiten einer Deutung von Kartenbildern und Hintergründen dar, offensichtlich ist hingegen die distanzierte ungarische Auseinandersetzung mit dem Völkermord. Für die Bewertung der Atlanten heißt das, dass die Abbildungen mittlerweile einen ersten Schritt hin zur, wenn auch sehr begrenzten, Berücksichtigung des Holocaust im Kartenbild machen, wohingegen ältere Produktionen Ausmaß und Bedeutung des Holocaust durch die Einbettung in die Kriegsgeschichte des Weltkriegs oft kaschieren. Neben Atlasproduktionen aus Ungarn zeigen genauso bulgarische und rumänische Geschichtsatlanten eine starke Ausrichtung auf den Zweiten Weltkrieg, wodurch sie ebenfalls erkennbar Teile der Geschichte verschweigen. Dass der generelle Einfluss der Geschichte des Holocaust in rumänischen Produktionen nicht besonders groß ist, zeigt die Tatsache, dass sich von neun Produktionen, die sich mit dem Weltkrieg beschäftigen, nur ein Geschichtsatlas mit dem Thema Völkermord auseinandersetzt. In der Veröffentlichung des rumänischen Verlags »Cartographia«1382 erfolgt in der Abbildung mit dem Titel »Verlust von Menschenleben (1939 – 1945)«, ähnlich wie in der ungarischen Produktion vom Verlag »Kartogrfiai Vllalat«, lediglich eine Einbindung einzelner Aspekte des Genozids in den Gesamtrahmen des Weltkriegs. Der Blickwinkel auf das Geschehen dehnt sich im Vergleich zum ungarischen Atlas zwar auf Südosteuropa aus, die Darstellung ist dennoch weitgehend auf die Geschehnisse in Mitteleuropa begrenzt und lässt Teile des Kontinents unbeachtet. Die Geschichtskarte betrachtet zwar einzelne Orte des Holocaust in der Darstellung, die aber aufgrund ihrer unklaren Benennung und fehlenden Kontextualisierung kaum Bedeutung besitzen. Somit gibt diese Visualisierung kaum Aufklärung über das Ausmaß der Verbrechen. Die Benennung der Juden als eine der am stärksten betroffenen Opfergruppen erfolgt ebenfalls nicht. Auch hier erlaubt der Blick auf die Erinnerungskultur durch Hinweise die Gestaltung rumänischer Geschichtsaltanten zu erklären. Erst in den letzten zehn Jahren entwickelte sich in Rumänien eine Sensibilität für die Verbrechen des Zweiten Weltkrieges, die unter anderem auch mit der Schaffung neuer Institutionen sowie der Gründung einer »Kommission über den Holocaust und seine Folgen in Rumänien« zusammenhängt.1383 Seit 1999 wird zwar das Schicksal der rumänischen Juden in Lehrbüchern behandelt, allerdings kommen Studien zur Lagerung von Schwerpunkten in Geschichtsschulbüchern zu dem Ergebnis, dass 1382 Stanciu (Hrsg.): Atlas istoric s¸colar, S. 29. 1383 Vgl. Hausleitner, Mariana: Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust in Rumänien, in: Brumlik (Hrsg.): Umdeuten, verschweigen, erinnern, S. 71 – 90.
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mehrheitlich einzelne »kriegerische Auseinandersetzungen« und das Wirken »historischer Persönlichkeiten« die Darstellung von Geschichte in rumänischen Lehrmitteln beeinflussen, der Holocaust dagegen unerwähnt bleibt.1384 Aus der Deutung dieser Berührungsängste reflektierenden Hintergründe resultiert, dass die in Rumänien verankerte Distanz zum Holocaust sich ebenso in Geschichtsatlanten wiederfindet.1385 Insgesamt kann durch die Kontextanalysen die genaue Form der gesellschaftlichen Erinnerung im Kartenbild nicht lokalisiert werden, denn möglicherweise resultiert die eine oder andere Darstellung schlichtweg aus gestalterisch-konzeptionellen Gründen.1386 Trotzdem gestatten die Beispiele über eine erinnerungskulturelle Anbindung folgende Deutung: Die zurückhaltende Aufarbeitung ist einerseits auf die generelle Brisanz einer gesellschaftlichen Bereitschaft, sich mit der Rolle von Tätern im nationalen Kontext zu beschäftigen (siehe Deutschland),1387 zurückzuführen, andererseits auf den jeder Aufklärung der eigenen Vergangenheit entgegensteuernden ideologischen Einfluss der Zeit des Ost-West-Konfliktes.1388 Seit dem Jahr 1989 findet deshalb lediglich eine verhaltene Reflexion des Genozids an den europäischen Juden statt,1389 die sich vor allem auf dem Gebiet der Historiographie und der öffentlichen Erinnerung dieser Länder, aber ebenso in deren Geschichtskarten ablesen lässt. Der Völkermord an den Juden kann in der Perspektivierung Europas durch die Integration in verschiedene Kontexte auch in völlig anderen Zusammenhängen auftreten. Im folgenden Beispiel besteht eine direkte Verbindung zwischen Erinnerungskultur und Kartendarstellungen. Aspekte der nationalen Vergangenheit werden hier nicht etwa verschwiegen, sondern offen präsentiert, indem in den Abbildungen mit europäischem Fokus auch nationale Blickwinkel auftauchen. Im polnischen Schulgeschichtsatlas vom Verlag »Demart« wählen die Autoren für die Geschichtskarte mit dem Titel »NS-Besatzungssystem und Widerstandsbewegungen in Europa (1939 – 1945)«1390 den europäischen Bezugsrahmen, um neben der Reichweite des Einflussbereichs und der Bündnisse der Achsenmächte auch den Kampf des polnischen Widerstandes gegen die deutsche Besatzung zu visualisieren. (K.abb. 8.7.) Die Darstellung beschäftigt sich 1384 Vgl. Ritzer: »Die Existenz eines Volkes wird nicht diskutiert …«, S. 184. 1385 Vgl. Boia, Lucian: Unterschiedliche Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg. Rumänien, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 554 ff. 1386 Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 27 f. 1387 Siehe 8.1. vgl. Assmann; Frevert: Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit. 1388 FranÅois: Meistererzählung und Dammbrüche, S. 13 – 28. 1389 Hier sei auf die besondere Rolle Bulgariens verwiesen, vgl. Tzvetanov, Tzvetan: Meilensteine einer kontroversen Selbstfindung. Bulgarien, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 109 ff. 1390 Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 72 f.
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dabei mit Ghettos, Aufständen, Lagern der Verschleppung und Orten des Massenmords, wobei, wie im ungarischen Beispiel, zwischen ziviler und jüdischer Bevölkerung unterschieden wird. Darüber hinaus präsentiert die Karte Kollaboration, Attentate, Partisanenaktivitäten und Widerstandsbewegungen sowie die Einsätze verschiedener militärischer und paramilitärischer Einheiten. Neben französischen, griechischen und jugoslawischen Streitkräften verdeutlicht sie zudem speziell die Rolle der polnischen Heimatarmee in ihrem Kampf in den besetzten Ländern gegen das NS-Regime. Die nationale Geschichte des Weltkriegs steht infolgedessen in mehreren Kontexten, die neben Befreiungskampf und Schicksal der polnischen Bevölkerung auch Widerstand und Holocaust in europäischer Perspektive beleuchtet. Außerdem verweist die Geschichtskarte besonders auf die Länder, die offen mit den deutschen Besatzern kooperierten, benennt sie doch klar die Zusammenarbeit staatlicher beziehungsweise polizeilicher Stellen in den baltischen Staaten, Norwegen oder Serbien. Polnische Kollaboration hinterfragt sie seltsamerweise nicht. Die Kartendarstellung zeigt auf diese Weise eine sehr auf die polnische Geschichte ausgerichtete Betrachtung von Weltkrieg und Völkermord, die nationalen Belangen eindeutig Vorrang einräumt, negative Aspekte vernachlässigt und den erinnerungskulturellen Vermittlungsansprüchen unterordnet. In Polen erlebt die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit unter dem Stichwort »Jedwabne«1391 seit knapp zehn Jahren eine umstrittene Intensivierung.1392 Das Medienecho, an dem sich Historiker, Publizisten und Politiker beteiligten, führte zu einer öffentlichen Diskussion um die Beteiligung von Polen am Völkermord, in deren Zusammenhang auch die eigene Opfer- und Heldenrolle hinterfragt wurde. Das ambivalente Verhältnis von Weltkrieg und Holocaust in Polen spiegelt sich deshalb in der erinnerungskulturellen Diskussion um künftige Elemente des »kollektiven Gedächtnisses« wider.1393 Aktuelle Veröffentlichungen von Geschichtsatlanten können vor diesem Hintergrund allerdings nicht als Gradmesser der Aufklärung dienen, geben aber Hinweise auf ein gegenwärtiges Geschichtsbild in Lehrmitteln. Geschichtskarten aus Polen besprechen die Vernichtung der europäischen Juden mehrheitlich immer noch im Rahmen der polnischen »Opfer- und Verteidigungsgeschichte«.1394 Die Darstellungen visualisieren besonders deutlich Leid und Menschenverluste im Fokus von Nationalgeschichte. So steht, wie in der Europakarte vom Verlag »Demart«, die Ver1391 1392 1393 1394
Vgl. Gross: Nachbarn (siehe 4.1.1.). Vgl. Stobiecki: Die Zeitgeschichte in der Republik Polen seit 1989/90, S. 342 f. Vgl. Kosmala: Lange Schatten der Erinnerung, S. 509 – 540. Bode; Renz: Die Kartierung des Nicht-Kartierbaren, S. 305 – 307; vgl. auch Hölzlwimmer : 60 Jahre Erinnerung an den Krieg und Krieg um die Erinnerung, S. 119; Assmann: Erinnerungsräume, S. 329 f.
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mittlung der eigenen Geschichte im Vordergrund, denn neben der ermordeten jüdischen Bevölkerung beschäftigen sich die Geschichtskarten vor allem mit der Vernichtungspolitik gegenüber bedeutenden Teilen der polnischen »Intelligenz«, die besonders wichtige Militärs, Politiker, Schul- und Hochschullehrer sowie Geistliche betraf.1395 Der Völkermord verschmilzt vor dem Hintergrund der ungeheuren Opfer von über 2,7 Millionen getöteten Menschen mit Aspekten der nationalen Opfergeschichte zu einer einheitlichen historischen Betrachtung. Oft werden in den Produktionen gerade in Nutzung mehrerer Geschichtskarten noch zusätzlich nationale Perspektiven als Supplemente geliefert, um die eigenen Vermittlungsansprüche zu untermauern. In dieser Beziehung schauen hauptsächlich lokale polnische Blickwinkel auf den Zweiten Weltkrieg, in denen Widerstand und Kampf gegen Deutschland im Mittelpunkt der Betrachtung stehen und der Genozid an der jüdischen Bevölkerung nur als Teil der Geschichte auftritt. Derartige Muster in der Visualisierung sind in der Mehrheit der polnischen Geschichtsatlanten zu finden, wie etwa den Atlanten von »PPWK«, »Nowa Era« oder »Demart«. Sie veranschaulichen über die Zusammenführung von Gesichtspunkten zum Verteidigungskampf und Widerstand gegen das Besatzungsregime den tradierten Umgang mit Weltkrieg und Holocaust.1396 Die Bezüge zwischen offizieller erinnerungskultureller Deutung von Krieg und Völkermord und ihrer Darstellung im Kartenbild liegen im polnischen Kontext offensichtlich dicht beieinander. Die kartographische Visualisierung von Geschichte darf allerdings auch hier nicht nur auf die Hintergründe von Erinnerung und geschichtspolitischen Einflüssen reduziert werden, allerdings finden sich über die Masse an nationalen Bezugspunkten in der Gestaltung der Geschichtsatlanten für die polnischen Beispiele doch die stärksten Querverweise. Schließlich fließt eine durch Geschichtspolitik und Erinnerungskultur in die Nationalgeschichte besonders stark eingebundene Abhandlung des Holocaust deutlich erkennbar in die Geschichtsatlanten der Länder ein, die die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands besonders intensiv betrafen. Die Ebene des Terrors und des Genozids als Teil der eigenen Vergangenheit tritt somit in seiner nationalen Verarbeitung nicht nur in polnischen, sondern auch in kroatischen, lettischen, litauischen, russischen, slowenischen und tschechischen Veröffentlichungen auf.1397 Für jedes der genannten Länder liefern Ge1395 Vgl. Z´bikowski, Andrzej: Die Erinnerung an den Holocaust in Polen, in: Brumlik (Hrsg.): Umdeuten, verschweigen, erinnern, S. 115 – 124. 1396 Hajkiewicz, Izabela (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci; Gimnazjum. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 2001, S. 58; vgl. auch Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 122; Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; szkoła podstawowa, S. 59. 1397 27 Geschichtsatlanten binden den Holocaust in nationale Kontexte des Zweiten Weltkriegs ein.
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schichtskarten räumlich begrenzte Fokussierungen des Weltkriegs, in deren Kontext der Holocaust in jeweils unterschiedlichem Umfang erwähnt wird. Im litauischen »Atlas zur jüngsten Zeitgeschichte«1398 vom Verlag »Briedis« beschäftigen sich eine National- und eine Europakarte mit dem Völkermord an den Juden. Die Kartenmacher nehmen in der Karte mit dem Fokus Mitteleuropa ausschließlich den Holocaust in den Blick und bieten durch die Verortung von Konzentrations- und Vernichtungslagern, Orten der Massenexekution, Ghettos und Arbeitslagern etc. eine vom Weltkrieg abgekoppelte Betrachtung. In der Nationalkarte mit dem Titel »Litauen in den Jahren deutscher Okkupation (1941 – 1944)« streuen sie wiederum einzelne Aspekte der Nationalgeschichte in die Darstellung mit ein, da sie nicht nur Ghettos und Lager der Juden, sondern auch Partisanenaktivitäten, Verschleppungen und Umsiedlungen innerhalb der gesamten litauischen Bevölkerung erwähnen. Allerdings weist die Kartenabbildung neben der wechselvollen Geschichte zwischen sowjetischer und deutscher Besatzung auch auf die Rolle Litauens im Zweiten Weltkrieg selbst hin. Speziell die Verortung der »Litauischen Aktivistenfront (LAF)« sowie die Aufstellung einzelner Einheiten von litauischen Sonderverbänden im Kampf gegen die Sowjetunion fließen so in die Geschichtskarte mit ein. Die Auseinandersetzung mit der »Litauischen Aktivistenfront« stellt sich in Litauen als äußerst kontrovers dar und liefert auch im Kontext der Karte keine Ansätze und Anhaltspunkte für eine Kollaboration und Mitwirkung an den Verbrechen gegen die jüdische Bevölkerung. Die aktive Beteiligung der LAF am Massenmord der Juden in Kaunas wird dadurch genauso verschwiegen wie die besondere Bereitschaft einzelner Teile der Bevölkerung, sich am Völkermord zu beteiligen.1399 Nach dem Fall des »Eisernen Vorhangs« entstand in Litauen aus einer in den Medien geführten Diskussion eine breite öffentliche Debatte über den Holocaust.1400 Dennoch ist die Erinnerung an den Holocaust in Litauen gesellschaftlich viel weniger verankert als das zentral im Selbstverständnis platzierte Gedenken an die Verbrechen der sowjetischen Herrschaft.1401 Die Darstellung des Holocaust in litauischen Geschichtsatlanten wirkt auf den ersten Blick recht ausgreifend, was besonders die Multiperspektivität von Karten (Kartenfolgen) unterstreicht. Zudem widmen sich die Europakarten dem Völkermord, ohne ihn in das Kriegsgeschehen einzubinden. Allerdings wird besonders in den Nationalkarten über die Vermischung verschiedener Sachverhalte zwischen sowjeti1398 Vgl. Latisˇenka: Naujausiuju laiku istorijos atlasas, 10 klasei, S. 20 f. 1399 Vgl. Tauber : Gespaltene Erinnerung, S. 47 f.; Tauber, Joachim: Die litauische Verwaltung und die Juden in Vilnius, 1941 – 1943, in: Hürter ; Zarusky ; Grossman (Hrsg.): Besatzung, Kollaboration, Holocaust, S. 103 – 114. 1400 Vgl. Kohrs: Von der Opfer- zur Täterdebatte, S. 702. 1401 Vgl. Tauber : »Gespaltene Erinnerung«, S. 60; Nikzˇentaitis: Die Epoche der Diktaturen, S. 159 – 166.
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scher und deutscher Besatzung die Distanz zur eigenen Geschichte deutlich, was ein Blick in die Atlanten zur litauischen Geschichte bestätigt.1402 So muss zunächst die Historiographie dafür sorgen, die litauische Beteiligung am Holocaust differenziert nachzuzeichnen und kritisch zu gewichten.1403 (siehe K.abb. 8.4.) Insgesamt rückt in vielen europäischen Atlasproduktionen die Geschichte der Vernichtung der europäischen Juden durch die Einbindung in verschiedene Kontexte des Weltkriegs fast völlig in den Hintergrund. Dadurch verschweigen oder relativieren einige Atlanten sogar den Holocaust als wichtigen Teil des Weltkriegsgeschehens in ihrer starken Hinwendung auf Gesichtspunkte der jeweiligen Nationalgeschichte. Ein wichtiges Moment zum Verständnis der Ereignisse und Abläufe von Krieg und Völkermord besteht hingegen in der Auseinandersetzung mit den Zielen des nationalsozialistischen Rassenkrieges der Eroberung von »Lebensraum im Osten«.1404 Den Aspekt der Verbindung von Raumideologie und Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen Deutschlands visualisieren Geschichtskarten allerdings äußerst selten.1405 Es fehlen zum Beispiel Hinweise auf die mit den deutschen Plänen verbundene Vertreibung und Vernichtung der zivilen Bevölkerung sowie relevante Zusammenhänge zu den Verbrechen Nazideutschlands, wie etwa der kalkulierte Hungertod in der Ukraine durch die Beschlagnahmung von Lebensmitteln.1406 Fazit: Der Völkermord an den europäischen Juden wird in vielen Geschichtsatlanten in die Karten zum Zweiten Weltkrieg einbezogen. Dabei erfolgt die Integration des Holocaust besonders signifikant in Geschichtsatlanten aus Ost- und Ostmitteleuropa. Der Raum des Kriegsgeschehens ist dort häufig gleichzeitig auch der Raum der Vernichtung, in dem die nationale »Erinnerung« des Weltkriegs mit der Geschichte des Judenmords zusammenfällt. Damit wird in manchen Ländern im Lehrmittelsektor der Einfluss geschichtspolitischer Schwerpunkte deutlich. Gleichwohl ließen sich in einzelnen Samples osteuropäischer Länder über1402 Vgl. Latisˇenka, Aru¯nas (Hrsg.): Lietuvos istorijos atlasas, Briedis, Wilna 2007, S. 24 f. 1403 Vgl. Tauber, Joachim: Vergangenheitsbewältigung in Litauen. Politik, Gesellschaft und der Holocaust nach 1945, in: Lehmann, Sebastian; Bohn, Robert; Danker, Uwe (Hrsg.): Reichskommissariat Ostland. Tatort und Erinnerungsobjekt: eine Publikation des Instituts für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte der Universität Flensburg und des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes. Paderborn 2012, S. 331 – 348. 1404 Aly ; Heim: Vordenker der Vernichtung. 1405 Vgl. die drei Geschichtsatlanten Kriiska, Aivar (Hrsg.): Eesti ajaloo atlas. Avita, Talin 2007, S. 117; Overy (Hrsg.): Historical Atlas of the Third Reich, S. 84 f; Vallaud (Hrsg.): Atlas Historique, S. 73. 1406 Vgl. Snyder, Timothy : Der Holocaust: die ausgeblendete Realität, in: Transit: europäische Revue 38 (2009), S. 9.
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haupt keine Kartenabbildungen zum Menschheitsverbrechen der Judenvernichtung finden, denn die Geschichtsatlanten aus Armenien, Georgien, Moldawien, der Ukraine und Weißrussland schweigen zu diesem Kapitel der Geschichte. Die genauere Beleuchtung verschiedener Gesichtspunkte des millionenfachen Mords sowie Aspekte von Verschleppung, Vertreibung und Zwangsarbeit, die auf der nationalsozialistischen Planungs- und Rasseideologie beruhen, bleiben gänzlich unerwähnt oder stellen sich für viele Publikationen als äußerst schwierig zu visualisierender Gegenstand dar.
8.3.2. Der Holocaust in seiner von den Ereignissen des Weltkriegs abgekoppelten Betrachtung – Der Völkermord in europäischer oder räumlich begrenzter Perspektive In einzelnen europäischen Atlasproduktionen wird das Ausmaß der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung neben dem Weltkrieg als separates Thema betrachtet.1407 Die Integration in die Zusammenhänge des militärischen Konflikts erfolgt bei diesen Geschichtsatlanten vor allem über Kartenfolgen. Der »dtv-Atlas zur Weltgeschichte« platziert zum Beispiel seine Karte zum Holocaust zwischen »Feldzügen auf dem Balkan und Nordafrika« sowie »Russischem Kriegsschauplatz«.1408 (K.abb. 8.8.) Gerade die Visualisierung von Hilgemann und Kinder hat eine besondere Geschichte und stellt zumindest im deutschen Kontext den Prototyp einer umfassenden und vom Weltkrieg abgekoppelten Betrachtung dar.1409 Speziell die europäische Reichweite der Verbrechen tritt in dieser Perspektive durch Darstellung eines separaten Geschehensraums inklusive der Kartierung der Einsatzgruppen besonders eindeutig hervor. Damit schafft die Karte ein Bewusstsein für die Komplexität der Verbrechen in einer direkten Anbindung an die Geschichte, die nicht wie in vielen nationalen und internationalen Produktionen weitgehend abgeschwächt auftaucht. Mit Blick auf das gesamte Sample der aktuellen Geschichtsatlanten ist festzuhalten, dass sich neben deutschen auch belgische, britische, finnische, litauische, niederländische, österreichische, schwedische und slowenische Geschichtsatlanten in gesonderten Kartendarstellungen mit dem Holocaust beschäftigen. Meist behandeln die Abbildungen das weit verzweigte System von Deportation, Ghettoisierung und Vernichtung. Eine wichtige Rolle spielen 1407 30 Atlanten behandeln den Holocaust in einer vom Weltkrieg abgekoppelten Europakarte. 1408 Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 482. 1409 Vgl. Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 209 ff.
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ebenso Opferzahlen1410 (siehe K.abb. 8.3.) sowie die europäische Dimension der Flucht vor dem Zugriff der Nationalsozialisten1411. (K.abb. 8.9.) Abbildungen zum Einflussbereich NS-Deutschlands sind in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, visualisieren sie doch im Zusammenspiel mit dem militärischen Vorrücken die Reichweite der Vernichtung. Allerdings beschränken sich die Geschichtskarten im Gegensatz zu den Abbildungen, die den Holocaust in den Weltkrieg integrieren, auf die reine Betrachtung des deutschen Machtbereichs, wodurch die Karten besonders häufig die Verteilung der Opferzahlen in der Gesamtschau des Kontinents veranschaulichen. Komplexe Zusammenhänge können deshalb nur in ausführlicher Betrachtung des räumlichen Ausmaßes der Verbrechen, die nicht nur innerhalb des »Großdeutschen Reiches«, sondern in ganz Europa stattfanden, entsprechend visualisiert werden.1412 Ein Ausdruck des komplexen Verlaufs des Holocaust offenbaren insbesondere die Einsatzgruppen und Euthanasiemorde im Rahmen der Aktion T4.1413 Während noch zu Beginn des Krieges die Tötung behinderter Menschen überwiegend in zentralen Tötungsstätten auf dem Gebiet des Deutschen Reiches geschah, wurde das dort eingesetzte Personal der SS nach der offiziellen Einstellung des Programms am 24. August 1941 vor allem für die »Aktion Reinhardt« in den Jahren 1942/43 zur Tötung von etwa 1,7 bis 1,9 Millionen Menschen in den drei Vernichtungslagern Belzec, Sobibor und Treblinka abgestellt.1414 Einsatzgruppen und die von ihnen durchgeführten Massenmorde werden über die Ausweitung des Blickwinkels in einigen Geschichtskarten thematisiert, hingegen bleibt die Darstellung der Euthanasiezentren (Aktion T4) auf wenige, hauptsächlich deutsche Geschichtsatlanten beschränkt.1415 (K.abb. 8.10.) Die räumliche und zeitliche Verortung der Einheiten der Sicherheitspolizei und des SD ist in nahezu allen Atlanten limitiert, in denen dieser Gegenstand Verwendung findet. Eine Kartierung erfolgt speziell für die Einsatzorte der Einsatzgruppen A, B, C und D, welche mit Beginn des Angriffs der Wehrmacht auf die 1410 Pederby ; Sandberg (Hrsg.): Historien I Kartor, S. 49. 1411 Kuipers; Hooff (Hrsg.): Bosatlas van de Wereldgeschiedenis, S. 29. 1412 Vgl. Friedlander : Der Weg zum NS-Genozid; Longerich: Politik der Vernichtung; Hürter ; Zarusky ; Grossman (Hrsg.): Besatzung, Kollaboration, Holocaust. 1413 28 Atlanten behandeln Einsatzbereiche und Orte der Massenerschießung der Einsatzkommandos. 1414 Vgl. Friedlander : Der Weg zum NS-Genozid, S. 309; Friedländer, Henry : The T4 Killers: Berlin, Lublin, San Sabba, in: Grabitz, Helge; Bästlein, Klaus; Tuchel, Johannes (Hrsg.): Die Normalität des Verbrechens: Bilanz und Perspektiven der Forschung zu den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen. Berlin 1994, S. 220 – 240; Arad, Yitzhak: Belzec, Sobibor, Treblinka. The Operation Reinhard Death Camps. Bloomington 1987. 1415 Nur 9 Atlanten thematisieren Euthanasiemorde im Kartenbild (davon fünf deutsche Atlanten), vgl. hier: Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas, S. 175.
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Sowjetunion 1941 Massenhinrichtungen im Hinterland der vorrückenden Front durchführten.1416 Die Verbrechen der Sondereinheiten der Sicherheitspolizei in Polen1417 werden allerdings fast nur in polnischen Geschichtskarten mit nationaler Perspektive visualisiert.1418 In den übrigen kartographischen Umsetzungen bleibt dieser Teil der Geschichte des Holocaust verborgen. Bestimmte Blickwinkel sind in den verschiedenen Atlasproduktionen also unterschiedlich verbreitet. Im »Putzger : Historischer Weltatlas« erfolgt beispielsweise eine mehrere Perspektiven berücksichtigende, vom Weltkrieg abgekoppelte Beschäftigung mit dem Völkermord in Europa. Allerdings widerfuhr der Konzeption des Abschnitts »Holocaust« in der neusten Auflage des Atlas im Vergleich zur Ausgabe 103 eine umfangreiche Umgestaltung.1419 So wurde die Anzahl der Geschichtskarten in der Abbildung des Deutschen Reichs verringert, es entfielen die Darstellungen »Reichspogrome 1938« sowie die regionale Karte zum KZ Dachau und seinen Außenlagern. Daneben wurde bei der Visualisierung des Lagersystems in mitteleuropäischer Perspektive (»Konzentrationslager im Dritten Reich«) eine grundlegende Neuerung in der Ansicht der Verzweigung des Lagersystems vorgenommen, was in die neu gestaltete Geschichtskarte »Konzentrationslager und ihre Außenlager 1933 bis 1945« mündete. Darüber hinaus brachte die Überarbeitung der Europakarte »Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten« beträchtliche Änderungen. Insbesondere die Reichweite der Verbrechen Deutschlands und seiner Verbündeten versucht die Karte »Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden 1933 bis 1945« nun zu visualisieren, wodurch sie auch die Abbildung der Deportationshauptrouten sowie die Orte der Massentötung durch Einsatzgruppen im Osten miteinschließt. Von der Neugestaltung unberührt blieb die Europakarte »Jüdische Bevölkerung in Europa (1933)«, die sich der Darstellung des prozentualen Anteils jüdischen Lebens an der Gesamtbevölkerung der europäischen Länder im Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten widmet. Die aktuelle Ausgabe des »Putzger« verringert vor allem die Geschichtskarten mit räumlich be1416 Vgl. Ogorreck: Die Einsatzgruppen und die »Genesis der Endlösung«; Angrick, Andrej: Besatzungspolitik und Massenmord: die Einsatzgruppe D in der südlichen Sowjetunion 1941 – 1943. Hamburg 2003; MacLean, French: The Field Men. The SS Officers who led the »Einsatzkommandos« – the Nazi Mobile Killing Units. Atglen 1999; Headland, Ronald: Messages of Murder. A study of the reports of the »Einsatzgruppen« of the Security Police and the Security Service, 1941 – 1943. Rutherford 1992; Krausnick, Wilhelm: Hitlers Einsatzgruppen. Stuttgart 1981. 1417 Vgl. Browning: Ordinary men. 1418 Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny, S. 30 f. 1419 Bruckmüller; Hartmann (Hrsg.): Putzger: Historischer Weltatlas, 103. Aufl., S. 170 f.; Bruckmüller; Ackermann (Hrsg.): Putzger: Historischer Weltatlas. 104. Aufl., S. 202 f. (siehe K.abb. 8.1.).
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grenztem Fokus auf das Deutsche Reich beziehungsweise »Mittelosteuropa«. Die Betrachtung der kontinentalen Reichweite des Völkermords an den europäischen Juden wird hingegen um wichtige Aspekte erweitert. Mit Blick auf die Gesamtheit aller Geschichtsatlanten ist in der Begutachtung der räumlichen Dimensionierung des Holocaust auffällig, dass sich speziell in deutschen Atlasveröffentlichungen vermehrt Abbildungen zum europäischen Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen finden. Dennoch werden die Europakarten in den deutschen Geschichtsatlanten relativ oft von ergänzenden Darstellungen mit kleinerem Raumausschnitt (»Deutsches Reich«, »Mitteleuropa«) flankiert. In fast allen Publikationen erfolgt die Thematisierung des Holocaust in einer für deutsche Produktionen typischen Kontextualisierung über die Einbindung von Hintergründen zum repressiven Charakter des NSStaats und der Judenverfolgung im eigenen Land. Die Geschichtskarten greifen häufig Teile der Organisation des nationalsozialistischen »Führerstaats« auf, so zum Beispiel in »Gleichschaltung, Terror und Expansion – Das Großdeutsche Reich (1938 – 1945)«1420 oder »Der NS-Staat«1421 und schließen dieser Betrachtung die Aspekte des Völkermords an den Juden an.1422 (K.abb. 8.11.) So kann in deutschen Atlanten ebenfalls von einer Einbindung nationaler Kontexte in die Visualisierung des Genozids gesprochen werden, die über eine separate Betrachtung von Verfolgung und Vernichtung hinausgeht. Diese räumlich begrenzte Dimensionierung des Holocaust in der Fokussierung auf das »Dritte Reich« zeigen hauptsächlich deutsche Veröffentlichungen, konnte jedoch im Rahmen der Untersuchung auch in zwei belgischen Produktionen (»De NaziStaat«, »Etat Nazi«) lokalisiert werden.1423 Die besondere Form der Verflechtung von Aspekten zur nationalsozialistischen Diktatur und zum Völkermord in Geschichtsatlanten aus Deutschland steht überwiegend im Zusammenhang mit der Bewältigung der eigenen Vergangenheit, denn spätestens in den 1960erJahren rückte die Frage von Schuld und Verantwortung in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses (»Täternation«).1424 Die Organisation der nationalsozialistischen Herrschaft und dem damit in Verbindung stehenden Holocaust spielen in Anbetracht der ungebrochenen Relevanz der Zeitgeschichte von 1933 bis 1945 für die Erinnerung an Verbrechen und Terror in der Gegenwart eine große Rolle. Die erinnerungskulturelle Bedeutung ist in Deutschland über die 1420 Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Perthes Atlas, S. 328 f. 1421 Aner (Hrsg.): Westermann: Großer Atlas zur Weltgeschichte, S. 155. 1422 Die Betrachtung verschiedener Elemente des NS-Staats erfolgt im »dtv-Atlas: Weltgeschichte« sowie den Produktionen aus dem Hause Klett, Cornelsen und Westermann. 1423 Geivers, Rik (Hrsg.): Nieuwe Historische Atlas. de boeck, Antwerpen 2005, S. 105; Devos, W.; Geivers, Rik (Hrsg.): Atlas Historique Êrasme. Êrasme, Namur 1990, S. 75. 1424 Vgl. Geyer : Im Schatten der NS-Zeit, S. 40; Krause, Peter : Der Eichmann-Prozess in der deutschen Presse. Frankfurt/Main 2002; Schildt: Die Eltern auf der Anklagebank?, S. 324.
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Anbindung an Wissenschaft, Politik, Kultur und Bildung in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens spürbar.1425 Deshalb beinhalten auch die Lehrpläne der Bundesländer die Hintergründe und Orte des Völkermords an den europäischen Juden als verbindliche Inhalte für alle Schulzweige.1426 Die unterschiedlichen Dimensionen von Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in deutschen Atlaspublikationen sind somit insbesondere über die Bereiche der bildungspolitischen Instruktion und Erinnerungskultur herzuleiten.1427 Vor allem durch die Abfolge von Karten, die verschiedene Perspektiven beleuchten, wird der Blick auf das gesamte Ausmaß des Holocaust gerichtet und bleibt nicht allein auf die Betrachtung Mitteleuropas mit Deutschland im Zentrum beschränkt. Allerdings nutzt eine Vielzahl der europäischen Atlanten gerade diesen begrenzten Raumausschnitt, um neben dem Zweiten Weltkrieg den Genozid an den europäischen Juden auf einer separaten Geschichtskarte zu veranschaulichen. In belgischen, französischen, italienischen, niederländischen, norwegischen, schwedischen, slowenischen und tschechischen Atlasproduktionen erfolgt die Auseinandersetzung mit der Vernichtung der Juden abgekoppelt vom militärischen Konflikt im Kartenausschnitt der mitteleuropäischen Ausdehnung des »Großdeutschen Reichs«. Obwohl die Gestaltung der Karte nicht alle relevanten Bereiche Europas einschließt, wird diese Form der Visualisierung relativ häufig gewählt und lenkt den Blick hauptsächlich auf wichtige Konzentrationsund Vernichtungslager sowie die Vermittlung der Opferzahlen. Ergänzende Karten, die die europäische Dimension der Vernichtung in die Abbildung einbeziehen, tauchen nur selten auf. Teile Westeuropas, Skandinaviens und Südosteuropas werden auf diese Weise größtenteils ausgeblendet. Diese reduzierte Darstellungsvariante bleibt deshalb in Anbetracht des Anspruchs, den Holocaust in seinem gesamten räumlichen Ausmaß zu erfassen, begrenzt. Informationen und Angaben zum kontinentalen Ausmaß der Vernichtung der europäischen Juden werden erheblich beschnitten, wie beispielweise die Karte »Allemagne 1933 – 1945: Camps de concentration et d’extermination«1428 im »Atlas d’Histoire Hayt« vom Verlag »de boeck« zeigt. Die Kartenautoren beschränken die Auseinandersetzung mit dem Holocaust auf einfache Hintergründe, die die Lokalisierung der Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager integriert. Die Verortung der Verbrechen veranschaulichen die Karten allerdings nur innerhalb der territorialen Ausdehnung des »Großdeutschen Reiches« im Jahr 1425 Vgl. Meier, Christian: Das Gebot zu vergessen und die Unabweisbarkeit des Erinnerns. Vom öffentlichen Umgang mit schlimmer Vergangenheit. München 2010, S. 49 – 80 und 90 ff. 1426 Vgl. Pingel: Unterricht über den Holocaust, S. 165 – 179. 1427 Vgl. Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit. 1428 Patart, Christian (Hrsg.): Atlas d’Histoire Hayt. de boeck, Brüssel 2006, S. 132.
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Grausame Objektivität oder angemessene Sachlichkeit?
1942. Darüber hinaus werden zwar der Zeitpunkt der Einrichtung der Lager und die Opferzahlen der Vernichtungslager genannt, der Blick auf die Orte der Verfolgung und Deportationen außerhalb des deutschen Haupteinflussbereichs hingegen fehlt. Besonders französische Produktionen weisen diesen eingeschränkten Blickwinkel auf, der, wie im »Atlas des collÀges«1429 vom Verlag »Hachette«, den Holocaust auf die Kartierung der Orte der Vernichtung innerhalb des »Großdeutschen Reiches« beschränkt. Ein Grund für das »Verschweigen« von Lagern auf dem französischen Gebiet mag in der distanzierten Aufarbeitung des Holocaust in Frankreich liegen, welche im Kontext von Kollaboration und Besatzungszeit in der öffentlichen Erinnerung immer wieder kontrovers diskutiert wird.1430 Einen Beleg gibt es für die Einschränkung nicht. (K.abb. 8.12.) Der Ereignisraum des Völkermords kann sich in abweichenden Darstellungen bei gleichem Raumausschnitt aber auch erweitern, wie etwa im niederländischen »Bosatlas van de Geschiedeniscanon«1431 über die Betrachtung von Durchgangs- und Konzentrationslagern außerhalb der Grenzen des Dritten Reiches in den Besatzungsgebieten der Benelux-Staaten oder auch Frankreichs. Die Karte visualisiert das Lagersystem bezogen auf das abgebildete Territorium in seiner umfassenden Dimension und verschweigt dabei keine wichtigen Aspekte oder Hintergründe. (K.abb. 8.13.) Trotz einer durchgehenden Fokussierung auf Mitteleuropa und einer stets auf Deutschland zentrierten Perspektive gibt es durchaus verschiedene Abwandlungen im Spiel mit dem Kartenausschnitt, wie beispielsweise der Atlas von Tomazˇ Weber unter Einbeziehung von Konzentrationslagern auf dem Balkan zeigt.1432 Sehr ausführlich veranschaulicht der »World History Atlas« von Jeremy Black die auf ganz Europa verteilten Ghettos, Durchgangs-, Konzentrations- und Vernichtungslager.1433 Insgesamt ist an der Visualisierung Mitteleuropas auffällig, dass diese Kartendarstellungen besonders von westeuropäischen Atlanten genutzt werden, dagegen nur wenig bis gar nicht in Atlanten von Ländern auftauchen, die den Holocaust im Kontext der eigenen Weltkriegsgeschichte verorten, wie zum Beispiel Polen oder Russland. Ausnahmen zur nationalen Verortung des Genozids an den Juden sind neben Deutschland zwar selten, stellen aber einige interessante Aspekte in der Be1429 Carton; Lambin (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 63. In fünf französischen Geschichtsatlanten findet sich diese begrenzte Betrachtung. 1430 Rousso: Frankreich und die »dunklen Jahre«; Rousso: Vichy ; Klarsfeld; Meyer: Vichy – Auschwitz. 1431 Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 41. 1432 Weber (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas, S. 72. 1433 Black (Hrsg.): World History Atlas, S. 211.
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schäftigung mit räumlichen Gesichtspunkten zur Kartenvisualisierung heraus. Der österreichische »Putzger«1434 nutzt neben dem europäischen und mitteleuropäischen Blickwinkel der deutschen Ausgabe zusätzlich auch Perspektiven zur Visualisierung des Holocaust im Kontext von Nationalgeschichte. Österreich wird auf diese Weise in den Blick genommen, wobei in der Abfolge von mehreren Abbildungen zum Nationalsozialismus im eigenen Land zwei Darstellungen die Aspekte des Völkermords beleuchten. Die Kartenmacher setzen sich sehr eng mit dem nationalen Ausmaß der Verbrechen auseinander und gehen auf »Juden und Judenverfolgung in Wien« sowie »Konzentrationslager und Judenverfolgung« ein. Die Konzeption des Atlas in seiner Mischung aus unterschiedlichen Perspektiven ist stark an die deutsche Ausgabe angelehnt und erscheint im Spiegel der österreichischen Diskussion um die »Mitverantwortungsthese« auf einzelne Gesichtspunkte der Aufarbeitung der eigenen Geschichte ausgerichtet.1435 Ansätze zur Vergangenheitsbewältigung sind somit in den Geschichtskarten deutlich sichtbar. Nationale und europäische Dimensionen versuchen im Zusammenspiel, einen Teil zur mehrperspektivischen Aufklärung des Holocaust in Österreich beizutragen, was auch in Bezug auf die gegenwärtige Ausrichtung der eigenen Zeitgeschichte reflektiert wird.1436 Im Schweizer »Putzger«1437 erfolgt der Blick neben der europäischen Dimension auf Hintergründe zur nationalen Geschichte von »Migration« in der Abbildung »Flüchtlingsströme 1939 – 1945«. Nationale Gesichtspunkte zur Verfolgung greift ebenso der niederländische Atlas zum »Geschichtskanon«1438 auf. Neben einer Karte zu den Flüchtlingsbewegungen der Jahre 1933 bis 1941 und einer Abbildung zur mitteleuropäischen Perspektive des Lagersystems liefert der Atlas zusätzlich zur Visualisierung des Lebens der Anne Frank speziell eine Karte zur Judenverfolgung in den Niederlanden. Solch eine umfangreiche und multiperspektivische Betrachtung des Holocaust zeigen Atlanten äußerst selten und ist eine Folge des besonderen Einflusses instruktionaler Richtlinien im Kontext des niederländischen »Bildungskanons«.1439 (K.abb. 8.14.) Fazit: Vor dem Hintergrund einer vom Zweiten Weltkrieg getrennten Betrachtung des Völkermords an den europäischen Juden in Geschichtskarten 1434 Bruckmüller; Putzger (Hrsg.): Historischer Weltatlas. ÖBV Cornelsen, Wien, S. 91. 1435 Vgl. Uhl, Heidemarie: Vom Opfermythos zur Mitverantwortungsthese: Die Transformationen des österreichischen Gedächtnisses. Österreich, in: Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen, S. 499. 1436 Vgl. Hanisch, Ernst: Die Dominanz des Staates. Österreichische Zeitgeschichte im Drehkreuz von Politik und Wissenschaft, in: Nützenadel; Schieder (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem, S. 54 – 77. 1437 Rentsch, Jörg; Sauerländer, Dominik (Hrsg.): Putzger ; Historischer Weltatlas; Schweizer Ausgabe. Cornelsen, Berlin 2004, S. 171. 1438 Nordhoff Atlasproducties: De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 40 f. 1439 Vgl. Drie: »When was that date?«, S. 14 – 22.
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Grausame Objektivität oder angemessene Sachlichkeit?
finden sich hinsichtlich der räumlichen Dimension insgesamt zwei häufig genutzte Varianten: Die Abbildung des Genozids geschieht dabei zum einen in der Ausdehnung auf den gesamten Kontinent in Europakarten sowie zum anderen im Ausschnitt von Mitteleuropa beziehungsweise in den Grenzen des »Großdeutschen Reichs«. Der Vorteil einer vom Kriegsgeschehen abgekoppelten Visualisierung liegt eindeutig in der ausführlichen Reflexion von Aspekten und Hintergründen (Orte, Einsatzgruppen etc.), die nicht durch die Integration in militärische Inhalte des Weltkriegs untergehen. Doch vor allem das Spiel mit dem Blickwinkel wirkt sich auf die Behandlung von Verfolgung und Vernichtung in Geschichtsatlanten aus. Erst in der Perspektivierung ganz Europas offenbart sich das kontinentale Ausmaß des Völkermords. So kann beispielsweise auch in Beurteilung der Geschichtskarten mit dem Raumausschnitt »Mitteleuropa« nur von einem Supplement und nicht von einer eigenständigen Abhandlung des Holocaust gesprochen werden. Geschichtsatlanten, insbesondere die Publikationen aus Westeuropa, nutzen vielfach die mitteleuropäische Sicht zur Abhandlung der nationalsozialistischen Verbrechen. In einer Gewichtung der raumdimensionalen Darstellung des Völkermords an den europäischen Juden sind neben der Präferenz des mitteleuropäischen Kartenausschnitts verschiedene nationale Besonderheiten zu beobachten.
Abbildung 8.3.: Raumperspektive des Holocaust – Wahl der Kartendarstellung entweder in separater Form oder in Einbindung in die Weltkriegsdarstellung (Anzahl der Nutzung vom Gesamtsample).
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Einzelne Visualisierungen besitzen signifikante, teilweise kontroverse Auffälligkeiten, was zum Beispiel die Betrachtungen des Holocaust im Kontext polnischer »Opfergeschichte« veranschaulichen. Polnische Atlanten richten zumeist den Blick auf nationale Belange sowie oftmals auf das eigene Territorium, womit sie in die Betrachtung des Völkermords an den Juden immer die Weltkriegsgeschichte Polens einfließen lassen. Gerade in Ost- und Ostmitteleuropa binden viele Atlasproduktionen die Beschäftigung mit der Vernichtung der Juden in den Zweiten Weltkrieg mit ein. In manchen Ländern verschwindet das Thema hingegen völlig. Im Ganzen verdeutlicht deshalb die Analyse einzelner Beispiele, dass in Geschichtsatlanten europaweit ein unterschiedliches Bedürfnis hinsichtlich der Visualisierung des Holocaust besteht. Das Thema hat in vielen Ländern ganz unterschiedliche Relevanz. Impulse zum Umgang mit dem Völkermord erfolgen aus divergenten Bereichen (Erinnerungskultur, Bildungspolitik) und können eventuell so auf die Dimensionierung und inhaltliche Ausgestaltung von Geschichtskarten einwirken. Neben einer eindeutigen Marginalisierung in Teilen Europas findet hingegen gerade im Land der »Täter« eine intensive Auseinandersetzung mit dem Völkermord statt, wobei auch die nationalsozialistische Repression im eigenen Land in den Blick genommen wird. Dies gilt mittlerweile auch für Österreich. Darüber hinaus zeigen niederländische Atlanten in perspektivischen Wechseln das Schicksal Anne Franks sowie der gesamten jüdischen Bevölkerung Europas im Rahmen des Geschichtskanons der Niederlande. Durch die Ausschöpfung von Möglichkeiten der Holocaustdarstellung jenseits der zumeist konventionalisierten Betrachtungen in europäischen Geschichtsatlanten werden neue Dimensionen und Aspekte anschaulich präsentiert (Multiperspektivität). Alles in allem erfolgt die Behandlung des Themas Holocaust im Fokus Europa, wobei zwischen dem gesamtem und einem Teil des Kontinents in der Abbildung im Atlas unterschieden werden muss. Lokale Aspekte tauchen meist nur als Ergänzung in einer Sequenz von mehreren Geschichtskarten auf. Auch die Integration in die militärisch-politische Beschäftigung mit dem Zweiten Weltkrieg visualisieren einige Geschichtsatlanten, die sich jedoch vor allem in der Ausgestaltung nationaler Aspekte mit verschiedenen, oft militärhistorischen Gesichtspunkten vermischt und fast gänzlich als relevanter Teil der Geschichte verschwindet. Die Versuche, den Völkermord an den europäischen Juden an den Weltkrieg angekoppelt darzustellen, scheitern fast gänzlich an mangelnder Übersichtlichkeit und umfassender Generalisierung, was besonders bei der Abhandlung der europäischen Dimension anhand der Vermittlung lediglich einfacher Informationen ablesbar ist.
9.
Die Weltkriegsgeschichte in Geschichtsatlanten – Kartenspezifische Darstellungsformen thematischer Einzelaspekte im transnationalen Vergleich
Im folgenden Abschnitt sind insbesondere die Ausprägungen der Kartensprache zum Schwerpunkt Kriegsgeschichte in europäischen Geschichtsatlanten von besonderer Relevanz.1440 Lange Zeit bestimmten Inhalte zur Militär- und Staatengeschichte die schulische Kartenarbeit, die lediglich auf »das Auffinden von Staaten, das Ermitteln von Grenzverläufen, das Vergleichen und Erfassen territorialer Veränderungen und das oft emotionalisierte Verfolgen militärischer Aktivitäten auf Kriegs- und Schlachtenkarten«1441 abzielte. Krieg spielte in der Geschichtskartographie schon immer eine große Rolle. Die historische Entwicklung von Geschichtsatlanten ist deshalb genauso wichtig für die Beschäftigung mit themenspezifischen Kartenvisualisierungen wie der Abgleich von Darstellungsmustern über die Kartenmethodik (Raum- und Geschichtsbilder). Daneben kann die Untersuchung Hinweise zur Tradierung von signifikanten Selbst- und Fremdbildern liefern. Daher interessieren als Zentrum der Analyse neben dem eigentlichen thematischen Hintergrund (Thema), den dargestellten Ereignissen und Prozessen (Zeit) sowie den abgebildeten Orten (Raum) vor allem die formalen Aspekte und die semiotische Binnenstruktur der Karte (Darstellungsform). Einen flankierenden Analyseabschnitt bilden mediale Kontexte der Geschichtskarte, wobei die Betrachtung einzelne Einflussfaktoren der Kartenproduktion ebenfalls einbezieht. Die Zeit der Weltkriege ist in den letzten zwanzig Jahren nunmehr für fast alle europäischen Länder zu einem festen Bestandteil von »Erinnerung« und »Andenken« geworden.1442 Mit Blick auf das gesamte Analysesample werden beide
1440 Vgl. Kapitel 5 sowie Lehn: Deutschlandbilder ; Schraut: Kartierte Nationalgeschichte; Black: Maps and History ; Dörflinger: Geschichtsatlanten vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. 1441 Böttcher : Die Karte, S. 173. 1442 Vgl. u. a. Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit; Korte; Paletscheck; Hochbruck (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg in der populären Erinnerungskultur ; Echternkamp; Martens
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Die Weltkriegsgeschichte in Geschichtsatlanten
Weltkriege in nahezu allen Geschichtsatlanten abgebildet, wobei man angesichts der europazentrierten Kartenabbildungen in immer wiederkehrenden Sequenzen fast schon von einer »Monotonie« in der Darstellung des Kriegsgeschehens sprechen kann.1443 Gleichwohl stellt sich die Frage, wie es sich mit Besonderheiten und Mustern in der kartographischen Darstellung von Krieg verhält und von welcher Relevanz beispielsweise Nebenaspekte wie der Luftkrieg für die Beurteilung der gesamten Abhandlung des Zweiten Weltkriegs sind? Die bisherigen Ergebnisse spiegeln Gemeinsamkeiten aber auch Abweichungen in der Abbildung der Geschichte der Weltkriege wider. Infolgedessen besitzen konventionalisierte Gesichtspunkte, die sich in einer Vielzahl von Karten Europas finden, ebenfalls besonderes Gewicht. Darüber hinaus können Kontexte zur Entstehung für die Analyse charakteristischer Abbildungen aufschlussreich sein, um eventuelle Unterschiede und spezifische Sichtweisen zu erklären. Diesbezüglich ergeben sich vier Zielrichtungen, die die Karten- und Atlasanalyse im Folgenden unter der Verwendung vergleichender Beispiele bearbeitet: I. Was kann die Darstellung in Abbildung der militärischen Konflikte überhaupt leisten? Inwieweit kann sich die aktuelle Kriegskarte von der traditionellen Anlehnung an eine »Generalstabskarte« lösen? II. Wie werden die Fakten zu den Ereignissen und Abläufen in Karten aufbereitet und in welcher Form kommuniziert? Worin zeigen sich die Besonderheiten in der Wissensvermittlung und über welche Kartenelemente werden diese transportiert? III. Welche Eindrücke und Vorstellungen bestehen von anderen Ländern? Wie werden diese über das Zeichensystem oder die Farbgebung vermittelt? Dabei ist hinsichtlich farblicher Verallgemeinerung und Zuspitzung zu berücksichtigen, ob eindimensionale Selbst- und Fremdbilder zum Thema »Krieg« auftauchen. IV. Welche Bedeutung besitzt das multimodale Zusammenspiel von Atlaselementen? Beispielsweise wirken Bilder zum Teil heroisierend und oder auch personalisierend. Können Geschichtsatlanten Krieg überhaupt objektiv darstellen? Zunächst wird kurz die Entwicklung von Kriegsdarstellungen in Geschichtsatlanten skizziert, um traditionelle Muster in der Abhandlung von Militärgeschichte freizulegen.
(Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg in Europa; Berding; Heller ; Speitkamp (Hrsg.): Krieg und Erinnerung. 1443 Vgl. Kapitel 7, vgl. Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 199.
Kriegsgeschichte im Atlas
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9.1. Kriegsgeschichte im Atlas: Von militärhistorischen Geschichtskarten und Generalsstabskarten Kriegsgeschichte auf Karten darzustellen hat eine lange Tradition. Schon die ersten frühneuzeitlichen Atlasproduktionen, die sich mit Geschichte auseinandersetzten, visualisierten Feldzüge und militärische Konflikte. Abraham Ortelius, der 1570 mit dem »Theatrum Orbis Terrarum« den Prototyp des modernen Weltatlasses veröffentlichte, beschäftigte sich mit Kriegszügen, was sich in seinem Werk noch recht unspektakulär unter der Rubrik »Reisen« verbarg.1444 So widmete sich das Kartenwerk Ereignissen wie der Fahrt des Odysseus, der Fahrt des Aeneas oder dem Alexander-Zug sowie der Eroberung Galliens durch Caesar. Das schließlich Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts aufkommende Interesse an der kartographischen Visualisierung von Militärgeschichte beschreibt der Historiker Jeremy Black als Auswuchs nationalstaatlicher Emanzipation.1445 In diese Zeit fällt auch die Entwicklung erster Generalstabskarten, die in jedem größeren Land Europas aus den durch das Militär abgewickelten Landesaufnahmen entstanden. Die Erstellung genauer Karten mit kleinem Maßstab war insbesondere für den Kriegsfall relevant.1446 Das Aussehen dieser Spezialkarten, geprägt vom Blick auf Schauplätze, und die Verwendung spezifischer Zeichen wie Pfeile oder Balken, sollte in der Folge ebenso in Geschichtskarten zu aktuellen Themen der Militärgeschichte eingehen. Einer der ersten populären Geschichtsatlanten, in dem auch erstmals Kriegszüge der Neuzeit verarbeitet wurden, stellt die im Jahr 1802 unter dem Pseudonym »Le Sage« veröffentlichte Produktion »Genealogical, Chronological, Historical and Geographical Atlas« des im Zuge der französischen Revolution nach England emigrierten Franzosen Emmanuel de las Cases dar.1447 Das Hauptinteresse richtete sich in dieser Atlaspublikation nicht mehr nur auf die Kriegs- und Staatengeschichte der Antike, sondern betrachtete vor allem auch viel greifbarere historische Themen der damaligen Zeit, wie zum Beispiel Hintergründe zum Dreißigjährigen Krieg.1448 Mit dem »Spruner-Menke Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und
1444 Vgl. Dörflinger : Geschichtsatlanten vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts; Black: Maps and history. 1445 Vgl. Black: Maps and history, S. 46 f. 1446 Ebd. S. 25, vgl. auch Schroeder-Hohenwarth, Joachim: Die preußische Landesaufnahme von 1816 – 1875. Frankfurt/Main 1958, S.7 ff. 1447 Vgl. Las Cases, Emmanuel Auguste Dieudonn¦ Marius Joseph de (Hrsg.): Genealogical, Chronological, Historical and Geographical Atlas. London 1801. 1448 Vgl. Dörflinger: Geschichtsatlanten vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, S. 147.
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Die Weltkriegsgeschichte in Geschichtsatlanten
der neueren Zeit (Gotha, 1880)«1449 wurde schließlich Ende des 19. Jahrhunderts eines der für die Darstellung von Militärgeschichte einflussreichsten Kartenwerke veröffentlicht. Karl von Spruners Herkunft als Offizier der bayrischen Armee brachte eine Vorliebe für militärhistorische Gesichtspunkte mit sich. Die Auswahl im Atlas orientierte sich stark an Schlachten, in die vor allem deutsche Herrscher involviert waren. So standen vor allem die Befreiungskriege, aber auch die Kriegsgeschehnisse, die zur Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1870/71 führten, im Mittelpunkt der Kartenvisualisierungen.1450 Speziell vor dem Hintergrund der sehr modernen Darstellungsmethoden der Atlaspublikation Spruners (Einzelkarten zu wichtigen Schlachten) weist Jeremy Black auf das besondere Problem in der kartographischen Betrachtung von Militärgeschichte hin, dass es für Kartenautoren in der Darstellung von Kriegszügen und Schlachtverläufen besonders schwierig erscheint, Bewegung abzubilden. In der linearen Schilderung dynamischer Abläufe und Prozesse von Kriegen stoßen die zur Verfügung stehenden Grundelemente der Geschichtskarte schnell an ihre Grenzen, so Black.1451 So ist die Nähe von Militär- und Geschichtskartographie neben Spruners Herkunft vor allem im Punkt der Darstellungsmethoden unübersehbar.1452 In der Folgezeit gelangten aktuelle Konflikte immer schneller in Geschichtsatlanten. So sind bereits in der Ausgabe des »Putzger : Historischer Schulatlas« von 1923 nicht nur Geschichtskarten zu den deutschen Triumphen der Kriegsgeschichte wie die siegreichen Schlachten der Befreiungskriege gegen Napoleon oder die deutschen Kriegszüge im Kontext der Reichseinigung enthalten, sondern auch eine Kartendarstellung in einem Abschnitt zum verlorenen Ersten Weltkrieg. Der »Putzger« visualisiert in einer Karte die Westfront, die den deutschen Vormarsch im Jahr 1914 hervorhebt, allerdings den Rückzug im Jahr 1918 bewusst nicht berücksichtigt.1453 Auch eine belgische Produktion, der »Atlas d’histoire de la Belgique«1454, hatte schon in der Zwischenkriegszeit eine Karte zum Ersten Weltkrieg in eine Atlasproduktion integriert. Das Kartenmaterial veranschaulicht die belgischen Truppen in ihrem Verteidigungskampf auf eigenem Territorium.1455 Der Erste Weltkrieg, vor allem die Darstellung des Frontverlaufs in Frankreich 1449 Spruner, Karl von; Menke, Theodor (Hrsg.): Spruner-Menke Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit. Hand-Atlas. Perthes, Gotha 1880. 1450 Vgl. Black: Maps and History, S. 43 f; Dörflinger : Geschichtsatlanten vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, S. 147. 1451 Vgl. Black: Maps and History, S. 45. 1452 Ebd. S. 46. 1453 Putzger, Friedrich Wilhelm: Historischer Schulatlas. Bielefeld, Leipzig 1923. 1454 Schmet, P.: Atlas d’histoire de la Belgique. Namur 1939. 1455 Vgl. Black: Maps and history, S. 104.
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und Belgien, zog eine wachsende Aufmerksamkeit auf sich und wurde umgehend in Lehrwerke aufgenommen. Insbesondere deutsche Atlaspublikationen intensivierten über Kartenmaterial Bestrebungen zur Rechtfertigung der Revision der durch den Krieg geschaffenen Verhältnisse in Verbindung mit der Propagierung einer sogenannten »Dolchstoßlegende«.1456 Blickten deutsche Kartenautoren schon auf den nächsten Konflikt, so rückten die Abhandlungen in Frankreich die eigene Kriegsführung in eine pazifistische Perspektive, die der Aggression Deutschlands die Alleinschuld am Ausbruch des Weltkriegs gab. Selbst nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs wurde in Deutschland Kriegsgeschichte noch ohne gezielte objektive didaktische Vermittlungsansprüche in Karten gezeigt.1457 Der deutsche Umgang mit Kartenmaterial zur Militärgeschichte sollte sich noch weiter dramatisieren, denn in der Weimarer Republik sowie darauffolgend in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur gingen Darstellungen von permanenten Bedrohungsängsten immer weiter in eine zunehmende Militarisierung über.1458 Daher wurde nach 1945 ein neuer Anfang nicht nur im allgemeinen Schulunterricht, sondern speziell auch in der pädagogischen Vermittlung von Geschichte durch die Kartographie nötig.1459 Dennoch blieb das Thema Krieg beziehungsweise der Zweite Weltkrieg in den ersten zwanzig Jahren der Nachkriegszeit praktisch unkontrovers.1460 Die Geschichtsatlanten klammerten beispielsweise den Nationalsozialismus aus und beschränkten sich auf die als »großartig« geltende Leistung der an den Verbrechen des Regimes unbeteiligten Wehrmacht.1461 So erhielt der Kartennutzer eine von Völkermord und Rassenwahn losgelöste militärische Betrachtung der Zeit von 1939 bis 1945, die undifferenziert auf die komplexen Zusammenhänge von rassistisch motivierten Massentötungen im Kontext eines ideologischen Raumeroberungskrieges einging.1462 Erst in den 1960er-Jahren begannen Kartenwerke in Deutschland, die 1456 Vgl. Herb: Under the map of Germany, S.76 ff. 1457 Vgl. Bendick: Kriegserwartung und Kriegserfahrung, S. 396. 1458 Vgl. Schultz: Das Kartenbild als Waffe, S. 21; Bendick, Rainer: Nationale Geschichtsbilder. Der Versailler Vertrag in deutschen und französischen Schulgeschichtskarten, in: Praxis Geschichte 12 (1999) 4, S. 48. 1459 Vgl. Bendick: Kriegserwartung und Kriegserfahrung, S. 457 f. 1460 Christof Dipper geht davon aus, dass die einseitige Betrachtung aufgrund des Exports deutscher Atlanten ins Ausland auch für viele andere Länder gilt, da man dadurch die tendenziösen Inhalte auch in andere Nutzerkreise trug, vgl. Dipper : Was vom Nationalsozialismus bleibt, S. 198. 1461 Ebd.: S. 198. 1462 Vgl. Heer ; Naumann (Hrsg.): Vernichtungskrieg; Pohl, Dieter : Die Herrschaft der Wehrmacht. Deutsche Militärbesatzung und einheimische Bevölkerung in der Sowjetunion: 1941 – 1944. München 2009; Römer, Felix: Der Kommissarbefehl. Wehrmacht und NS-Verbrechen an der Ostfront 1941/42. Paderborn 2008; Böhler, Jochen: Auftakt zum Vernichtungskrieg. Die Wehrmacht in Polen 1939. Bonn 2004.
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einseitige Betrachtung militärischer Geschichte zu hinterfragen und gezielt mit Kartenbildern auf die vielschichtigen Zusammenhänge einzugehen, wie etwa der »dtv-Atlas« in Einbettung der Abbildung »Die Vernichtung der Juden (Endlösung)« in die Weltkriegsgeschichte im Jahr 1966 zeigt.1463 Jedoch treten selbst in aktuellen Geschichtsatlanten noch immer Probleme bei der Vermittlung der Dimensionen von Weltkrieg und Holocaust auf. Viele Atlasproduktionen Europas liefern zwar separate Karten zum Holocaust, verlieren damit aber zum Teil die Relevanz des Krieges im Prozess des Völkermords aus den Augen.1464 Die Analyse der Genese des Eingangs von Militärgeschichte in Geschichtsatlanten verdeutlicht den oft noch bis heute andauernden tendenziösen Einfluss militärhistorischer Aspekte (Nationalgeschichte der militärischen Siege). Nur wenige Darstellungen konnten sich im Laufe der letzten hundert Jahre von der rein militärischen Betrachtung von Konflikten lösen, um objektiv Feldzüge, Schlachten und gewaltsame Auseinandersetzungen im Kontext der Ächtung des Krieges zu visualisieren.1465 Hingegen dienen viele Geschichtskarten über die Auswahl der für die jeweilige Nation positivsten Gesichtspunkte der Abgrenzung gegenüber »Anderen«. Im Ganzen bleibt daher mit Blick auf die Untersuchung offen, ob die nüchterne Form der Darstellung dem Thema und der Bedeutung eines wichtigen Teils der Weltgeschichte überhaupt gerecht werden kann. In Anbetracht alter Karten zur Kriegsgeschichte tauchen deshalb Fragen genauso zu den Darstellungsoptionen von aktuellen Geschichtsatlanten auf. Orientieren sich die Produktionen noch immer an den traditionellen Elementen der Kartenvisualisierung (Pfeile, Farben etc.)?
9.2. Kartensprache auf dem Prüfstand: Die Möglichkeiten der kartographischen Darstellung der Weltkriege Zentrale Schwerpunkte der Analyse erscheinen in den formalen Gestaltungaspekten des Mediums Geschichtskarte über Kartenzeichen, Kartenschrift, Farben
1463 Hilgemann; Kinder (Hrsg.), dtv-Atlas zur Weltgeschichte. Band 2, S. 482. Die Geschichtskarte ist seitdem unverändert, nur die Opferzahl für Deutschland wurde korrigiert. 1464 Vgl. Kapitel 8, 40 % der Darstellungen betten zwar den Holocaust in den Zweiten Weltkrieg ein, doch verschwindet dort der Gegenstand fast gänzlich in der Schilderung des Kriegsgeschehens. 1465 Vgl. Chiari: Militärgeschichte; Pingel: Schulbücher ; Grosser : Aufklärung als Friedensarbeit.
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etc., die in verschiedenster Kombination die Vermittlung von Aussagen in der kartographischen Darstellung von Geschichte bestimmen.1466 Zur Analyse signifikanter Kartenbilder und Visualisierungsmuster (Konventionalisierung) werden aus der breiten Auswahl europäischer Geschichtsatlanten exemplarische Beispiele für beide Weltkriege herausgegriffen und über die formulierten Leitfragen miteinander verglichen.1467 Das Sample aktueller Geschichtsatlanten zeigt eine Vielfalt an Themen und Hintergründen zur Weltkriegsgeschichte. Allerdings orientiert sich die große Masse von Kartenautoren eindeutig am Minimum der Möglichkeiten und nutzt dabei zumeist stark generalisierte, für Jeden nachvollziehbare Abbildungen zum Kriegsgeschehen. Das liegt vor allem an der Zielgruppenorientierung, denn die Kriegsdarstellungen in den größtenteils Schulatlanten sollen den Nutzer nicht überfordern und sich vor allem hinsichtlich ihrer Ausrichtung nicht in militärhistorische Spezialdarstellungen verlieren.1468 Der Blick in Spezialatlanten oder die Atlanten für den Freizeitgebrauch bringt hingegen eine Fülle von Perspektivierungen sowie kleinmaßstäbigen Schauplatzkarten hervor, in denen sich außergewöhnliche Aspekte wie infrastrukturelle Elemente, die Beschaffenheit des Geländes oder aber besondere inhaltliche Gesichtspunkte etwa zur Kulturgeschichte des Krieges zeigen (etwa »Kriegsgreuel«). Eine detailliertere Schilderung der Militärgeschichte bleibt allerdings auf einzelne Atlaswerke beschränkt und trifft damit nur auf ein begrenztes Publikum.1469 Daher werden zunächst Gesichtspunkte zu den beiden Weltkriegen kurz vorgestellt, die nicht nur als Einzelaspekte in Ausnahmefällen von Spezialatlanten auftauchen, sondern inhaltlich alle untersuchten Geschichtsatlanten repräsentieren. Die Darstellungsoptionen von Geschichtsatlanten in Betrachtung der Weltkriege Die Geschichtsatlanten beleuchten im Hinblick auf den Ersten und Zweiten Weltkrieg ganz im Sinne ihrer traditionellen Entwicklung den Kriegsschauplatz. Dort betrachten sie Orte von Schlachten (zum Beispiel Verdun, Stalingrad), Gefechtslinien und territoriale Veränderungen. Dabei werden Angriffe, Rückzüge in Verbindung mit der Kartierung von Stellungen, militärische Operationen, Eroberungen, besetzte Gebiete (Machtbereiche), maximales Vordringen in Abstufung von Grenzen und Frontenverläufen gezeigt. Die meisten Kartenab1466 Vgl. Moser : Wie Geschichte in Karten kommt, S. 105. 1467 Die erinnerungskulturelle Relevanz sowie weitere landespezifische Aspekte wurden berücksichtigt. 1468 Vgl. Furrer (Hrsg.): Kriegsnarrative in Schulbüchern; Aust, Bruno: Generalisierung in der Kartographie, in: Zeitschrift für Semiotik 20 (1998) 1/2, S. 73 – 91. 1469 Vgl. Keegan (Hrsg.): Atlas of World War II; Gilbert (Hrsg.): Atlas of World War I; Overy (Hrsg.): Atlas of 20th Century History ; Birken; Gerlach (Hrsg.): Atlas und Lexikon zum Ersten Weltkrieg.
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bildungen zu den Weltkriegen liefern eine einfache Orientierung, wie die Auskunft über Bündnisse in Abgrenzung der verschiedenen Kriegsparteien. Häufig veranschaulichen sie Informationen zur Verortung und Datierung von Ereignissen oder die zeitliche Zuordnung von Entwicklungen des Kriegsgeschehens. Dadurch ergeben sich Gesichtspunkte zur Bewegung von militärischen Einheiten, zur Dauer von Besatzungen oder zur Lokalisierung von Kampfhandlungen und kriegsrelevanten Geschehnissen sowie zu Orten von Kapitulation oder Friedensschluss. Manche Atlanten bieten sogar den Blick auf unterschiedliche Militäreinheiten an. So wird in Anlehnung an die Generalstabskarte der Einsatz von Einheiten auf dem Kriegsschauplatz betrachtet. Daneben geht eine Vielzahl von Geschichtsatlanten speziell zum Zweiten Weltkrieg auf die Facette des Luftkriegs ein, wobei dieser Teil der Geschichte häufig am Rand der Gesamtdarstellung das Bild des Krieges erweitert. Dabei erfolgt die Einbindung in Ergänzung zu Landstreitkräften oder in der Abbildung feindlicher militärisch-industrieller sowie ziviler Ziele. Auf eine erinnerungskulturelle Anbindung verweisen hier vor allem britische Atlanten.1470 Außer der Nennung der vom Luftkrieg betroffenen europäischen Städte, die oft im Kontext des Krieges nach deutschen und alliierten Bombardements aufgeschlüsselt werden, sind besonders die Atombombenabwürfe auf Nagasaki und Hiroshima außerhalb Europas für viele Atlanten von Interesse.1471 Wie der Luftkrieg, so taucht auch der Seekrieg nur als Teil der Gesamterzählung in der Visualisierung neben dem Landkrieg auf. Der deutsche U-BootKrieg gegen die Versorgungslinien Englands wird in Betrachtung beider Weltkriege nur marginal beleuchtet. Die Auseinandersetzung im Pazifik zeigt sich im Gegensatz zum europäischen Kontinent vielmehr als Kriegsschauplatz, auf dem Bewegungen die Kartenabbildungen dominieren. Frontverläufe und territorialer Besitz sind in Abbildung des asiatisch-pazifischen Schlachtfelds kaum von Relevanz. Außerdem rücken Aspekte zur Heimatfront über Karten in Geschichtsatlanten ein. Gerade im Zweiten Weltkrieg ist die Zivilbevölkerung direkt von den Auswirkungen des Bombenkriegs betroffen (zerstörte Städte durch Bombenangriffe). Konkrete Bezüge etwa zum Einsatz der Bevölkerung in Industrie und Zivilschutz werden hingegen nur selten hergestellt. So veranschaulichen briti-
1470 Vgl. Crawford: Constructing national memory, S. 323 – 338. 1471 Der Luftkrieg ist häufig Gegenstand kontroverser Diskussionen, vgl. Overy, Richard J.: The Bombing War : Europe 1939 – 1945. London 2012; Schumacher, Björn: Die Zerstörung deutscher Städte im Luftkrieg. »morale bombing« im Visier von Völkerrecht, Moral und Erinnerungskultur. Graz 2008; Müller, Rolf-Dieter : Der Bombenkrieg 1939 – 1945. Berlin 2004; Neillands, Robin: The bomber war. Arthur Harris and the Allied bomber offensive, 1939 – 1945. London 2001.
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sche, deutsche oder russische Kartenwerke zum Beispiel die Rüstungsproduktion und Versorgungslage während des Zweiten Weltkriegs.1472 Ebenfalls kartieren Atlanten Widerstandsgruppen und Partisaneneinheiten im Kampf gegen die deutschen Besatzer. Den Fokus fast aller Karten bestimmen dabei Kriegshandlungen, wobei die Visualisierung sich zumeist an der Herkunft der Atlasproduktionen orientiert. Geschichtsatlanten aus europäischen Ländern, die beispielweise vom gewaltsamen Besatzungsregime der Deutschen während des Zweiten Weltkrieges besonders schwer betroffen waren, wie etwa Frankreich, Polen oder die Tschechische Republik, betrachten Widerstand und Aufstände. Französische Atlaspublikationen visualisieren in diesem Kontext besonders emotionale Orte, wie zum Beispiel »Oradour-sur-Glane« oder »Tulle«,1473 deren Kartierung einen besonderen erinnerungskulturellen Wert besitzt.1474 Daneben zeigen Atlanten auch verschiedene patriotische Ausprägungen des Widerstands, die hinsichtlich der Verarbeitung nationaler Heldenverehrung im Kartenbild polnischer oder tschechischer Produktionen auftreten (zum Beispiel Władysław Anders für Polen).1475 Eine heroisierende Wirkung ist speziell den polnischen Geschichtskarten nicht abzusprechen. So betrachten gleich mehrere Geschichtsatlanten das Engagement der Truppen Polens in schematischer bis individueller Darstellung im Konflikt durch das Einrücken von Einheiten in Aufriss- oder Schrägbilder als Signaturen.1476 Vor allem nationale Schwerpunkte verhindern oft durch mangelnde Differenzierung den Abbau einseitiger Selbstund Fremdbilder. Im Blick auf die Möglichkeiten zur Darstellung der Geschichte der Weltkriege ist ebenso – wie bereits in Kapitel acht angesprochen – die in einigen Atlanten erfolgende Integration der Vernichtung der europäischen Juden zu berücksichtigen.1477 Außerdem offenbaren sich wichtige Folgen der Weltkriege zum Teil nur am Rande weniger Geschichtsatlanten, denn die Beachtung relevanter Gesichtspunkte wie Kriegsgefangene (»Deutsche Kriegsgefangene 1945 – 1956«),1478
1472 Vgl. Overy (Hrsg.): Complete History of the World, S. 298. 1473 Vgl. Duby (Hrsg.): Atlas Historique Mondial, S. 53. 1474 Vgl. Meyer: Der Wandel der französischen »Erinnerungskultur« des Zweiten Weltkriegs am Beispiel dreier »Erinnerungsorte«: Bordeaux, Caen und Oradour-sur-Glane. 1475 Vgl. Błaut (Hrsg.): Ilustrowany Atlas Historyczny, S. 78 f. 1476 Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 128 f; Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 35; Hajkiewicz (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 59. 1477 32 Geschichtsatlanten integrieren den Holocaust in die Darstellung des Zweiten Weltkriegs. 1478 Bruckmüller; Hartmann (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, S. 175.
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Kriegskosten (»The Costs of the Great War«)1479 oder Kriegszerstörungen (»Verwoestingen«)1480 erfolgt eher selten. Auch spezifische Hintergründe zu den Kriegen visualisieren neben den Spezialatlanten lediglich einzelne Produktionen, etwa in der Betrachtung von »Antikriegsbewegungen 1914 – 1917«,1481 der »Kolaboracyjna«1482 oder der »Allied Conferences, 1941 – 45«.1483 Genauso veranschaulichen verhältnismäßig wenige Produktionen Betrachtungen zu Kriegstoten, Verlusten oder Opfern der Weltkriege (»Nfflmero de Vctimas de la Guerra«)1484. Dabei teilen sich die Opfergruppen in den meisten Veröffentlichungen nach Nationalitäten getrennt in zivile und militärische Kriegsverluste. Opferzahlen ermöglichen vor allem ein Urteil zur Dimension des Krieges und geben als wichtiges Gegenstück zu den dargelegten Kriegshandlungen quasi in Teilen die Qualität des militärischen Schlagabtauschs als Folge und Konsequenz wieder. Kartenautoren steht zwar mit den Grundelementen der Kartographie Punkt, Linie und Fläche sowie dem Gebrauch verschiedener Stilmitteln des Designs ein vielseitiges Instrumentarium zur Verfügung, aber gerade im Kontext der komplexen Geschehnisse der Weltkriege erscheint die Visualisierung von vielschichtigen Prozessen als eine schwierige Aufgabe (zum Beispiel die Auseinandersetzung zwischen Wehrmacht und Roter Armee im Russlandfeldzug 1941). Die Karte bietet zwar Vorteile gegenüber dem Text wie etwa die Schilderung mehrerer parallel verlaufender Ereignisse und Abläufe, allerdings muss ein Kartenbild zur Vermittlung von klaren Informationen die Übersichtlichkeit bewahren.1485 Es erfolgt immer ein Auswahlprozess in der Konzeption von Karten, der im schlimmsten Fall zu »unzulässigen Vereinfachungen, vorschnellen Generalisierungen und unhistorischen Systematisierungen«1486 führen kann. In Anlehnung an die »triadische Relation« richtet die Analyse von Geschichtskarten den Blick auf Kartenzeichen und textuelle Elemente, die den militärischen Konflikt über Bewegungen bis zur Kennzeichnung von Schlachten, Interventionen und Invasionen unterschiedlich gestalten.1487 Herauszustellen sind Auffälligkeiten, Präferenzen und Darstellungsmuster, die zum einen geo-
1479 1480 1481 1482 1483 1484 1485
Overy (Hrsg.): Atlas of 20th Century History, S. 28 f. Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 41. Bruckmüller; Hartmann (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, S. 157. Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Szkoła ´srednia, S. 26. Heater; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 41. Fernndez (Hrsg.): Atlas Histûrico, S. 27. Vgl. Oswalt: Das Wo zum Was und Wann, S. 231; Ohler : Thesen und Empfehlungen zur Erarbeitung von Geschichtskarten und Geschichtsatlanten, S. 56. 1486 Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 35. 1487 Vgl. Peirce: Phänomen und Logik der Zeichen, S. 64 ff.
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metrisch-abstrakte und zum anderen bildhaft-konkrete oder auch symbolhafte Kartenzeichen betreffen.
9.2.1. Traditionelle Bilder von Kriegsgeschichte – Die Kartierung des Weltkriegsgeschehens durch geometrisch-abstrakte Kartenzeichen Ein grundlegender Aspekt in der Betrachtung von Kriegsdarstellungen liegt in der Abbildung der Initiativen von Angriff und Abwehr zweier oder mehrerer Mächte. Dazu erlaubt die Geschichtskarte die Verortung militärischer Ereignisse und Einheiten, die in ihrer Platzierung auf dem Schlachtfeld verschiedene Formen und Gestaltungen annehmen können. Die Auswahl geometrisch-abstrakter Kartenzeichen gibt eine Vielfalt einfacher Signaturen im Kontext der Weltkriegsgeschichte wieder, welche qualitativ mehr oder weniger distanzierende Positionen zum gezeigten Geschehen einnehmen und damit zumeist eine sachliche Darstellung anstreben. Verwendet werden Zeichen für Militäreinheiten, Schlachten, Bombenkrieg. Außerdem zeigen Karten Partisanen- und Widerstandsaktionen.
Abbildung 9.1.: Die »Typologie des Krieges« – Die Weltkriege als geometrisch-abstrakte Signatur in europäischen Geschichtsatlanten (Auswahl aus dem Gesamtbestand).
Die Markierung von militärischen Einheiten durch geometrisch-abstrakte Zeichen wirkt zumeist statisch und erinnert sehr an alte Generalstabskarten. Häufig verzichten deshalb Atlasproduktionen auf ihre Abbildung im Kartenbild. Gleichwohl verweisen viele Karten über Pfeile und damit verbundenen angedeuteten Bewegungen auf die Anwesenheit einer Militärmacht. Bewegungen und Tendenzen lassen sich über Symbolkombinationen von Pfeilen, Ziffern, Zahlen und Linien und/oder Farb- beziehungsweise Rasterstufen in Karten abbilden.1488 1488 Vgl. Fiala: Die Karte im Geschichtsunterricht, S. 31.
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Ein beständig genutztes und seit jeher bestimmendes, traditionelles Grundelement der Geschichtskarte zur Darstellung von Bewegungsvorgängen stellt deshalb der Pfeil dar, wobei das geometrisch-abstrakte Pfeilsymbol im Besonderen beide Bedeutungsinhalte, die Bewegung und die Tendenz repräsentieren kann. In fast allen untersuchten Geschichtsatlanten werden lineare Kartenzeichen in Form von Pfeil- oder Liniensignaturen zur Visualisierung der militärischen Konfrontation verwendet. Die zeichenhafte Visualisierung der dynamischen Prozesse des Krieges im Raum scheint auf den ersten Blick für die kartographische Realisation der Bewegungen von Truppenkontingenten bestens geeignet und kann über die hochgradige Generalisierung nicht nur Lagebeziehungen, Distanzen und chronologische Abläufe aufzeigen, sondern auch das raumdimensionale Ausmaß der Kampfhandlungen beschreiben. (siehe Legende K.abb. 9.2.) Geometrisch-abstrakte Pfeillinien erwecken trotz ihrer unmissverständlichen Anschaulichkeit als Symbol zur Darstellung »militärischer, wirtschaftlicher oder religiöser Expansion« den Eindruck, dass sie sich in der Bedeutung an die lineare Gestalt ihrer selbst binden.1489 Eine Nutzung sollte deshalb nur dort geschehen, wo es sich auch wirklich um eine linienhafte Fortbewegung wie eine Reise oder einen Heerzug handelt, denn der Pfeil kann aufgrund des selektiven Charakters der Kartendarstellung nur die Bewegungsrichtung, weniger die Bewegung selbst darstellen.1490 Mit diesem Wissen wird die Visualisierung eines modernen Krieges – wie es der Erste und insbesondere der Zweite Weltkrieg darstellt – schwierig. Je größer der abgebildete Raum, desto mehr Informationen stecken zumeist in einer Signatur. Generalisierung ist deshalb nur eines von vielen Problemen. Großflächige Offensiven, Kesselschlachten und kilometerlange Frontverläufe, die das Kriegsgeschehen mal schnell und mal langsam hin und her verlagern, belegen den dargestellten Raum oft mehrfach in temporaler Überschneidung. Bewegungen im Kartenbild sollten sich hingegen nie überlagern, da sie zumeist zeitlich voneinander getrennt stattfinden und allein aus Gründen der Logik nicht zusammen zu sehen sein dürfen. So verändert es das Bild eines Kriegsverlaufs, ob Bewegungen nur auf einer oder zwei Karten gezeigt werden. Eine Karte, die etwa den Zweiten Weltkrieg in einer Darstellung zusammenfasst, kann nur die Stoßrichtung einer Partei mit Pfeilen visualisieren, wie zum Beispiel im spanischen Atlas des Verlags »Ediciones SM«.1491 (siehe K.abb. 7.14.) Die Vergabe mehrerer Pfeilsignaturen in unterschiedlicher Größe führt ansonsten 1489 Vgl. Ohler : Thesen und Empfehlungen zur Erarbeitung von Geschichtskarten und Geschichtsatlanten, S. 56. 1490 Vgl. Ogrissek: Die Karte als Hilfsmittel des Historikers, S. 48. 1491 Pro Ruiz (Hrsg.): Atlas Histûrico, S. 130.
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zu Problemen der Überlagerung.1492 Die kartographische Abbildung eines Krieges kann sich bei ungünstiger Wahl von Signaturen und Farbgebung sogar völlig auf den Kopf stellen. Diese Problematik veranschaulicht eine Karte im »Atlante Storico« des Verlags »Bulgarini«, wobei lediglich die Abstufungen in der Flächenfärbung zur zeitlichen Abfolge der Ereignisse für Aufschluss sorgen, hingegen die Pfeilsignaturen die Aktionen der »Aggressoren« unterstreichen.1493 Eine ergänzende Darstellung zum Sieg der Alliierten und zur Befreiung Europas fehlt im italienischen Atlas. (K.abb. 9.1.) Viele Ansätze zur Veranschaulichung des Zweiten Weltkriegs in europäischen Geschichtsatlanten greifen für eine übersichtliche Nutzung von Kartenzeichen daher auf zwei oder sogar drei Europakarten zurück. Dadurch lassen sich Zeitschnitte enger fassen, um über eine Ordnung einzelner Ereignisse und Abläufe auch Bewegungen, Frontverläufe und Schlachten in einer überschaubaren Zahl von Signaturen besser abzubilden. Die Visualisierung des sogenannten »Blitzkriegs« im Zweiten Weltkrieg ermöglicht den Vergleich des Einsatzes von geometrisch-abstrakten Pfeilsignaturen im Kontext zeitlicher Abfolgen. Die Aggression Deutschlands zeigt sich dabei in vielen europäischen Geschichtsatlanten in einem scheinbar charakteristischen Kartenbild, der Kartierung Mitteleuropas unter Einbeziehung Skandinaviens und der häufig ausgeprägten Anordnung einzelner Pfeilsignaturen, die die deutschen Truppenbewegungen im Zugriff auf verschiedene Länder des Kontinents in zeitlicher Abfolge symbolisieren. Der Zeitschnitt umfasst dabei zumeist die Jahre 1939 bis 1941. Bezogen auf die Darstellung zeitlicher Abläufe erscheint die Gestaltung der Geschichtskarte insbesondere über die Elemente der Zeichen und der Farbgebung relevant. Der deutsche Angriff fand ja keineswegs gleichzeitig auf alle Staaten Europas statt, sondern erfolgte Nacheinander auf einzelne Zeitabschnitte verteilt. Diese Chronologie muss das Kartenbild leisten. Als gutes Beispiel zur Problematik, umfassende Geschehnisse eines militärischen Konflikts über Signaturen zu veranschaulichen, kann die Kartenabbildung »Europe under Blitzkrieg 1939 – 1941«1494 im »Atlas of modern history« bezeichnet werden. (K.abb. 9.2.) Speziell in der Auswahl von Signaturen leistet die Geschichtskarte ein Nacheinander im Nebeneinander, welches sich selten in anderen europäischen Atlasproduktionen wiederfindet.1495 Die Pfeile spielen hier eine große Rolle, da sie über farbliche Zuordnung den deutschen Überfall 1492 Vgl. die Europakarte »Der Zweite Weltkrieg« in Perovici (Hrsg.): Istorie universala˘ ; atlas s¸colar ilustrat, S. 94 f. 1493 Dellamonica; Enrici Nicolý (Hrsg.): Atlante storico; Allegato al corso, S. 92. 1494 Heater; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 38. 1495 Über 30 Atlanten behandeln den »Blitzkrieg« mit identischem Raum- und Zeitschnitt sowie charakteristischen Pfeildarstellungen.
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auf Polen, das Ausgreifen der Wehrmacht auf Skandinavien und Frankreich sowie den Feldzug auf dem Balkan in chronologischer Abfolge visualisieren. Viele Atlasproduktionen wählen hingegen nur eine Farbe für den die deutschen Angriffe bezeichnenden Pfeil, was zur Folge hat, dass auf den ersten Blick für den Betrachter alle Aktionen gleichzeitig verlaufen. In einigen stark generalisierten Darstellungen präsentiert sich dieser Teil des Weltkriegs sehr ungenau und lässt großen Raum zur Fehlinterpretation, wie etwa im rumänischen »Schulatlas der Weltgeschichte«, indem voluminöse Pfeile ohne Erklärungen auf eine Europakarte platziert werden.1496 (K.abb. 9.3.) Oft helfen nur flankierende Texte zur Kontextualisierung weiter, wie es beispielsweise der moldawische Atlas vom Verlag »Civitas« zeigt. Die Skizzierung des Kriegsgeschehens über einige wenige dünne Pfeile bleibt jedoch trotz textlicher Einordnung in einzelne Zusammenhänge problematisch.1497 Häufig werden deshalb die Pfeilsignaturen von kleinen Beschriftungen begleitet, die wie etwa im polnischen Geschichtsatlas »Oberstufe« vom Verlag »Demart« in Aufgliederung einzelner Armeen ganz besonders an alte Generalstabskarten erinnern. (siehe K.abb. 7.7.) Auch im norwegischen Atlas vom Verlag »Cappelen« soll durch schlichte Nennung von Monat und Jahr eine Einordnung der Kriegszüge gewährleistet werden.1498 Allerdings gehen in solchen umfangreichen Veranschaulichungen des Kriegsverlaufs temporale Einzelheiten oftmals unter. Eine äußerst signifikante Darstellung der »ersten Phase« des Zweiten Weltkriegs bieten die Autoren des polnischen Geschichtsatlas »Gymnasium« vom Verlag »Demart« an.1499 Die Pfeilsignatur zur Kartierung des deutschen Angriffs wird für einige der eroberten Länder (Belgien, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Polen) gleichzeitig als Flächenschraffur zur Markierung der Okkupation genutzt, was den Charakter des »Blitzkriegs« möglicherweise unterstützen mag und auf die Dramatik des Krieges verweist. Dennoch erscheint die Kartendarstellung in der Betrachtung befremdlich, da die linearen im Gegensatz zu den ansonsten geschwungenen Pfeilsignaturen in Geschichtskarten unnatürlich wirken. Zur Verwirrung tragen zudem die von einer einheitlichen Visualisierung abweichenden Pfeile zur Besetzung Norwegens und des Balkans bei, da sie keine Schraffur besitzen und somit einen Angriff durch Deutschland nur andeuten. Lediglich durch den Blick auf die Legende können solche Einzelheiten als »deutsche Militäraktionen« aufgelöst werden. (K.abb. 9.4.)
1496 Ba˘lan; Ionit¸a˘ ; Scurtu (Hrsg.): Atlas s¸colar de istorie universala˘, S. 53. 1497 Dragnev, Emil; Dragnev, Demir (Hrsg.): Atlas de istorie universala˘ s¸i a romnilor. Civitas, Chis¸ina˘u 2006, S. 94 f. 1498 Krycin´ski; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; 1815 – 1939, S. 32; Stamsø (Hrsg.): Cappelens historiske atlas, S. 58. 1499 Piłat; Trzcionkowski (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum, S. 103.
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Abbildung 9.2.: Variationen von Pfeilsignaturen zur deutschen Besetzung Skandinaviens im Zweiten Weltkrieg in europäischen Geschichtsatlanten (zur Auswahl siehe Fußnote 1500).
Ein Vergleich des Gebrauchs von Signaturen zur Abbildung der Okkupation Dänemarks und Norwegens verdeutlicht die Variationsbreite in der Gestaltung von Kartenbildern. Durch den unterschiedlichen Einsatz von Kartenzeichen verändert sich auch die Betrachtung des Weltkriegsgeschehens. So zeigen belgische, norwegische und russische Produktionen beispielweise keine britische Gegenaktion auf den deutschen Angriff auf Norwegen. Hingegen hebt gerade die Abbildung aus Großbritannien mit einer betonten Pfeilsignatur den Einsatz eigener Streitkräfte hervor. In einigen Darstellungen aus Polen verlegen die Kartenmacher das deutsche Ausgreifen zum Großteil auf den Landweg, während etwa eine tschechische Karte das Eingreifen deutscher Seestreitkräfte mit Pfeilen abbildet.1500 1500 Von links nach rechts: Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny, S. 60; Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 118; Artemov ; Soroko-Cjupa;
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Dass abstrakte Pfeilsignaturen auch qualitative Aussagen machen können, zeigt sich an diesen Beispielen nur allzu deutlich. Verblüffend ist an den zumeist einfachen Abbildungen zum Kriegsverlauf in Geschichtskarten, dass kleinste Abstufungen und Variationen erhebliche Auswirkungen auf die Deutung von Zeichen durch den Nutzer besitzen. Dazu wird bewusst, dass Atlanten dem »Blitzkrieg« mehr oder weniger trennscharf Platz bieten. Beispielsweise erheben die Autoren von Geschichtskarten genauso den Anspruch den Pazifikkrieg als Seekrieg über ausgreifende Pfeil- und Liniensignaturen darzustellen, wobei die geometrisch-abstrakten Kartenzeichen die Visualisierung größtenteils wie einen Landkrieg veranschaulichen und kaum differenzieren. Das Kriegsgeschehen nimmt in den meisten Karten häufig weite Teile des pazifischen Ozeans ein, wobei die Pfeil- und Liniensignaturen den weitläufigen Insel- und Seekrieg zeigen und hinter denen sich wiederum eine unüberschaubare Fülle an Informationen verbirgt. Darüber hinaus beleuchten die Zeichen mehr noch als etwa in der Abbildung des Krieges auf dem europäischen Festland die Bewegung militärischer Einheiten ohne dabei Frontverläufe oder territorialen Gewinn zu visualisieren. Somit wird klar, dass sich die Abbildungen von Geschichte durch Zeichen nicht überlagern dürfen. Mehrere Zeitschichten und die Zuordnung der Pfeile auf die Kriegsparteien machen die Entschlüsselung des Kriegsverlaufs äußerst schwierig. Beispiele zum Kriegsschauplatz des asiatisch-pazifischen Schlachtfeldes lassen diese Probleme im Einsatz abstrakter Signaturen klar erkennen.1501 Eine nachvollziehbare Darstellung kann jedoch nur über farbliche Zuordnung der Pfeile oder die Hinzufügung von Text erfolgen. (K.abb. 9.5.) Die Untersuchung einzelner Muster zur Betrachtung militärischen Ausgreifens in Pfeilsignaturen liefert eine Vielfalt an Variation geometrisch-abstrakter Kartenzeichen. Die Deutung und Interpretation solcher Geschichtskarten verlangt daher ein Mindestmaß an Kompetenzen, um die Entnahme von Information über das Kartenbild sowie die Hilfsmittel wie Legende und Kartenüberschrift umfassend zu gewährleisten. Gleichwohl erschweren vielschichtige Arrangements von Zeichen, Farbe und Text in einigen Kartendarstellungen eine eindeutige Rezeption. So werden in manchen Geschichtskarten zwar umfassende Hintergründe vermittelt, die sich zum Teil aber erst auf den zweiten Blick erschließen. Frontlinien und Frontverläufe wirken im Kontext der meisten Geschichtsatlanten fest zementiert, sodass sich Sinn und Zweck der Abbildung zwar erfüllen, denn beispielsweise der Stellungskrieg, die sich nicht verändernde Tjuljaeva (Hrsg.): Sˇkol’nyj atlas po zarubezˇnoj istorii s drevniejsˇich vremen do nasˇich dnej, S. 100; Bjørklund (Hrsg.): Historisk skoleatlas, S. 40; Heater ; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 38; Piłat; Trzcionkowski (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum, S. 103; Vasˇek (Hrsg.): Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin, S. 34; Patart (Hrsg.): Atlas d’Histoire Hayt, S. 126. 1501 Torres-Soca (Hrsg.): Atlas histûrico integral SPES, S. 62.
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territoriale Lage, ist der alles bestimmende Gegenstand des Ersten Weltkriegs. Hingegen bleibt die mörderische Dimension des Grabenkriegs von fortdauerndem Angriff und Verteidigung mit all seinen Entbehrungen von Leid und Tod dabei ungenannt. Zur Dynamisierung des Kartenbildes fügen Kartenautoren häufig Pfeilsignaturen ein, um die Darstellung durch visuelle Effekte und Differenzierungen zu erweitern. Solche kartenmethodischen Gesichtspunkte sind Bestandteil vieler Europakarten zum Ersten Weltkrieg.1502 An einer ungarischen Geschichtskarte vom Verlag »Mozaik Kiadû« fällt zum Beispiel sofort die Intention der Kartenautoren auf, den Überfall des Deutschen Reiches als Aggression deutlich hervorzuheben, indem der Pfeil farblich aus der Flächenfarbe des deutschen Angriffs herauswächst.1503 Daneben verweist im Zusammenspiel mit der abstrakten Pfeilsignatur speziell der Einsatz von Aufrissbildern als visuelle Unterstützung auf Hintergründe zum Kriegsgeschehen (Gaskrieg, Tanks etc.) im Kartenbild. Die Analyse von geometrisch-abstrakten Kartenzeichen in der Darstellung der Weltkriege legt vielfältige Ausprägungen frei, die sich allesamt nah an traditionellen Karten zur Militärgeschichte orientieren. Das bedeutet für das »Karten lesen«, dass Atlasproduktionen in der Präsentation von Geschichte im Ganzen zwar einen objektiven Ansatz verfolgen, aber in Verbindung mit dem Thema Krieg solche Kartendarstellungen ebenso fragwürdig wirken können. Werden die Signaturen dem Gegenstand gerecht? Fast 80 % der europäischen Atlanten nutzen abstrakte Kartenelemente zur Abbildung von Krieg. Allein die Entnahme von Information über etablierte Linien- und Pfeilsignaturen gestaltet sich aus Sicht der Nutzer aufgrund verschiedener Ebenen des Mediums kompliziert, die allerdings mit dem Verlassen der Dimension abstrakter Visualisierung noch viel schwieriger erscheinen. Denn vor allem der Eingang bildhaftsymbolischer Kartenelemente in die Abbildung der militärischen Konflikte beeinflusst die Rezeption von Karten in vielerlei Hinsicht.
9.2.2. Das visuelle Spektrum der Weltkriege – Die Kartierung des Kriegsgeschehens durch symbolische- und bildhafte Kartenzeichen Eine nicht unbedeutende Zahl von Geschichtskarten nutzt zur Abbildung der Weltkriege »symbolhafte« und/oder »bildhafte« Zeichen. In der Kartographie bezeichnet man sie als »typische und allgemeinverständliche abstrahierende 1502 Manea; Pascu (Hrsg.): Atlas s¸colar de istorie universala˘, S. 47; Vasˇek (Hrsg.): Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin; 2. dl, S. 28; Torres-Soca (Hrsg.): Atlas histûrico integral SPES, S. 58; Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Perthes Atlas, S. 302 f; Daniluk; Konarski (Hrsg.): Atlas historyczny ; dla szkûł ´srednich, S. 68 f. 1503 Bencsik; Horvth; Horvth (Hrsg.): Tört¦nelmi Atlasz; 5 – 8, S. 38.
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Sinnbilder« oder als »Grundriss- Aufriss- oder Schrägbilder von Objekten in schematischer bis individueller Darstellung«.1504 Symbolische wie auch bildhafte Kartenzeichen besitzen eine enge Bindung zum dargestellten Objekt, womit sie den Bereich der Nüchternheit und Sachbezogenheit von klassischen Geschichtskarten zur Militärgeschichte verlassen. Speziell die Intention einer Emotionalisierung des historischen Gegenstands ist über die Abbildung der Karte deutlich nachvollziehbar.
Abbildung 9.3.: Die »Typologie des Krieges« – Die Weltkriege als symbolische- und bildhafte Signatur in europäischen Geschichtsatlanten (Auswahl aus dem Bestand).
Eine Übersicht zeigt eine Auswahl der in europäischen Geschichtsatlanten verwendeten symbolischen und bildhaften Kartenzeichen. Motive, die vor dem Hintergrund des Krieges häufig auftauchen, beschränken sich dabei auf die grob-schematisierte Darstellung von militärischen Einheiten, Waffen und Ereignissen. So visualisieren die Autoren des französischen »Atlas des collÀges«1505 (»Hachette«) die klassischen Einheiten des »Blitzkriegs« mit kleinen Panzer-, Flugzeug- und Fallschirmspringersymbolen in Aufrissbildern. Die Geschichtskarte wird durch vereinfachte Abbildungen zur Führung des »guerre ¦clair« in drei Schritten zudem erweitert, wobei die bildhaften Signaturen in allen Karten der Sequenz Verwendung finden. Angesichts eines multimodalen Zusammenspiels besteht in der Abfolge von Karten und Schaubildern ein festes System von Zeichen, das damit die Rezeption des Kriegsgeschehens im Atlas beeinflusst. Gerade die über mehrere Seiten aufgebauten Kontexte zum »Blitzkrieg« ver-
1504 Hake; Grünreich; Meng: Kartographie, S. 123. 1505 Carton; Lambin (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 62.
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weisen daher auf die besondere Relevanz dieses Teils der Weltkriegsgeschichte in Frankreich (Lehrpläne, Erinnerungskultur etc.).1506 (K.abb. 9.6.) Vor allem Schlachten nehmen die Gestalt einer bildhaft-symbolischen Signatur im Kartenbild an. Dabei reichen die Darstellungen von den klassischen »gekreuzten Schwertern« über »Explosionsblitze« bis zu »Granateinschlägen«. Kartenautoren gestalten nicht nur den Landkrieg, sondern auch den Luftund Seekrieg gerne mit anschaulichen Zeichen. Die vom Bombenkrieg getroffenen Städte werden eigens mit Piktogrammen in Form von Explosionen oder Bomben gekennzeichnet. Daneben versuchen sie vermehrt über die Variation der Zeichengröße Aussagen über die Qualität oder Auswirkungen der Angriffe zu machen. Ein genaueres Bild von Opfern und Zerstörungen können bildhafte wie zumeist auch symbolische Zeichen hingegen nur schwer verdeutlichen.1507 Dabei zeigen insbesondere die Atombombenabwürfe von Nagasaki und Hiroshima in Geschichtsatlanten interessante Ausprägungen. In den Karten zur Visualisierung des Pazifikkrieges beziehen sich die Darstellungen häufig auf zwei Ortssignaturen mit winzigen piktographischen Explosionen, Atompilzen oder Bomben, die allerdings für das leidvolle Schicksal von mehreren tausend Menschen stehen. Eine Überwindung der Banalisierung des Geschehens ist hier nur über einen kontextualisierenden Text möglich. Eine ähnliche Problematik veranschaulichen Geschichtskarten zum Seekrieg in der Verwendung sinkender, brennender oder explodierender Schiffe.
Abbildung 9.4.: Die »Typologie des Krieges« – Die Atombombenabwürfe auf Japan in europäischen Geschichtsatlanten (Auswahl aus dem Bestand).
Der Vergleich der Zeichen gibt einen Einblick in die Möglichkeiten der Kartenvisualisierung, der die Spannweite von »abstrakt« bis »bildhaft/symbolisch« über jegliche Formen des Designs verschiedener Ausprägungen widerspiegelt. Damit markiert die Analyse auch die Schwierigkeiten in der Kartengestaltung, denn inwieweit die Signaturen einem Thema gerecht werden und 1506 Vgl. Kantin; Manceron (Hrsg.): Les Echos de la m¦moire; Grandhomme: La Seconde Guerre mondiale en France. 1507 Overy : The Bombing War ; Müller: Der Bombenkrieg 1939 – 1945; Neillands: The bomber war.
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inwiefern sich Kartenbilder über emotionalisierende und dramatisierende Abbildungen aufladen, hängt nicht nur allein von den Inhalten, sondern ebenso von den Nutzergruppen ab. Ein weiteres Beispiel zur Betrachtung der Qualität von Zeichen liefert der britische »Times Atlas of World History« auf zwei Seiten zum Ersten Weltkrieg. (K.abb. 9.7.) In den Geschichtskarten zu den Kriegshandlungen auf dem europäischen Kontinent (Europakarte und Ausschnittkarte zur Westfront) bekommen die Signaturen in Form von stilisierten Explosionsblitzen eine Farbe zugewiesen, die auf diese Weise über das genaue Stattfinden einer Landschlacht (Ort und Zeit) in der Chronologie des Weltkriegs aufklären. Darüber hinaus gibt die Größe des Kartenzeichens Auskunft über die Anzahl der getöteten Soldaten.1508 Die Darstellung verdeutlicht exemplarisch die Probleme in der Gestaltung militärhistorischer Geschichtskarten und veranschaulicht dabei die Spannung zwischen der Objektivierung in der Kartenabbildung und dem Thema »Krieg«. So wirken die »symbolhaften« Signaturen für die blutigen Schlachten des Ersten Weltkriegs zunächst befremdlich, da sie sich wie bunte Farbkleckse recht ungeordnet zwischen den Pfeilen auf den beiden Karten zum Kriegsgeschehen verteilen. In Bestimmung der hinter dem »Explosionsblitz« stehenden Qualität kann das Ausmaß der Gefechte zudem nur über die Größe und die massive Verteilung der dargestellten Schlachtorte wahrgenommen werden. Überdies liegt durch die farbliche Gestaltung und Anordnung der »Symbole« ein verharmlosender Effekt nahe. Gerade im britischen Kontext ist die Visualisierung verwunderlich, knüpft doch dort die Erinnerung an den »Great War« stark an die Opfer an.1509 (siehe ebenso untenstehende Karte: »The line-up of the Powers«) Daneben verweisen solche Abbildungen hinsichtlich einer Aufklärung über den »Krieg« auf grundlegende Probleme, denn gerade die Atlanten für ein junges Zielpublikum schmücken ihre Karten mit bildhaften und/oder symbolhaften Signaturen aus. Vorgefertigte Bilder werden so ohne die Möglichkeit der Differenzierung übermittelt, was eventuell den Aufbau von abgrenzenden Selbstund Fremdbildern unterstützt. Damit resultiert aus der Analyse der Verwendung einfachster Kartenzeichen, wie sich Visualisierungen mit Bedeutungsgehalt aufladen und als militärische Konflikte darstellen können. Deshalb ist die Vermittlung von Kartenkompetenz zur Entschlüsselung des komplexen Zeichensystems von Karten unerlässlich. Zudem sollten Atlanten Möglichkeiten zur Kontextualisierung bereithalten, um zumindest die Nachvollziehbarkeit aller wichtigen Zusammenhänge sicherzustellen. Zu bedenken bleibt demzufolge in 1508 Barraclough; Stone (Hrsg.): The Times Atlas of World History, S. 118. 1509 Vgl. Alter : Der Erste Weltkrieg in der englischen Erinnerungskultur; Ferguson: The pity of war.
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der Wahl der Signaturen, ob die mit dem Zeichen verbundene Opferperspektive das Leiden von Millionen von Menschen vernachlässigt oder angemessen wiedergibt.1510 Die Nutzung von Bildern und Symbolen gerade in Atlasproduktionen für junge Schüler wirkt fragwürdig, auch wenn die Darstellungen vornehmlich nur zur Orientierung oder der Motivation dienen sollen. Die Nutzung symbolischer/bildhafter Zeichen ist vor dem Hintergrund eines lebendigen Kartenbildes umso interessanter, da sie dem Betrachter schnell die Emotionen und Dramatik des Geschehens verdeutlichen, im Gegenzug aber dadurch auch einige Perspektiven des Krieges völlig vernachlässigen. Einzelne Geschichtskarten nutzen Aufrissbilder von Flugzeugen oder Schiffen zur Erläuterung von Versorgungslinien, des U-Bootkriegs oder verschiedener Einsätze von Luftstreitkräften. So kombinieren einzelne Kartenwerke wie zum Beispiel der litauische »Atlas zur jüngsten Geschichte der Zeit«1511 oder der polnische »Atlas Geschichte«1512 bildhafte Kartensymbole mit Pfeilsignaturen, um somit Flugzeuge und Frachtschiffe in dynamischer Abbildung in die Kartendarstellung aufzunehmen. In einigen Geschichtsatlanten lenken diese Verknüpfungen auf Überblickskarten zum Zweiten Weltkrieg speziell auf den Luftkrieg über Großbritannien. Reichweiten der Luftstreitkräfte und Hauptziele der Bombardements treten durch die Kombination von Pfeilen und Bildern im Kartenbild eindeutig hervor.1513
Abbildung 9.5.: Die »Typologie des Krieges« – Die »Luftschlacht um England« im Atlas (zur Auswahl siehe Fußnote 1511, 1512, 1513 und 1514).
Besonders markant wirkt die Signatur im polnischen »Geschichtsatlas Gymnasium«1514 zu den – so unterstreichen es die Kartenzeichen – »massiven« deutschen Luftangriffen im Jahr 1940, wobei als Signatur die Flugzeuge aneinandergereiht als Pfeillinie die Angriffsrichtungen der Luftverbände visualisieren. Durch die Modellierung und Anordnung der Pfeile wird bestimmten Momenten, Ereignissen oder Prozessen besondere Aufmerksamkeit verliehen. Die 1510 Vgl. Bull: Trench; Hirschfeld (Hrsg.): Die Deutschen an der Somme; Keegan, John: Die Kultur des Krieges. Reinbek 2001. 1511 Latisˇenka (Hrsg.): Naujausiuju laiku istorijos atlasas 10 klasei, S. 16. 1512 Gawrysiak (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 118. 1513 Panfil; Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 7 – 8, S. 41. 1514 Sikorski; Zaremba (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum, S. 71.
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Intensivierung der Darstellung entsteht über die Nutzung bildhafter Zeichen, wodurch Kartenautoren bestimmte Abläufe des Krieges mit Bedeutung aufladen. Allerdings überdecken sie auch wichtige Hintergründe und Schicksale und verlassen damit ihren objektiven Ansatz wie beispielweise durch das Verschweigen der massiven Opfer und Schäden des Luftkrieges. Die Signifikanz der Abbildung der Luftschlacht um England mag darin bestehen, dass die hochtechnisierte militärische Konfrontation besonders betont werden soll. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit fand eine Schlacht ausschließlich in der Luft statt und das Schicksal über Sieg und Niederlage lag in den Händen weniger hundert Piloten.1515 Neben britischen sind insbesondere in polnischen Geschichtsatlanten auffällige Darstellungen über die nationalhistorische Relevanz zu erklären, denn an der Verteidigung Großbritanniens im Zweiten Weltkrieg wirkten auch polnische Piloten mit.1516 Probleme in der Opferdarstellung durch symbolische Kartenzeichen Die Darstellung von Opfern und Toten der Weltkriege ist in europäischen Geschichtsatlanten ebenfalls an Probleme geknüpft. Zwar lassen sich die Hintergründe und Bedeutungen von Signaturen und Zeichen in allen relevanten Zusammenhängen zweifelsfrei zuordnen, allerdings entstehen gerade diesbezüglich Fragen zur Darstellbarkeit im Spektrum einer angemessenen Opferdarstellung. Daten zu Opfern, Verlusten und Auswirkungen der Weltkriege werden in den Geschichtsatlanten Europas oft über Diagramme oder Schaubilder abgebildet. Seltener zeigen Kartenautoren die Informationen direkt im Kartenbild, wobei dort die Visualisierung entweder über abstrakte oder symbolische Elemente erfolgt. In diesem Zusammenhang zeigt die Karte »The line-up of the Powers« im »Times Atlas of World History« interessante Ausprägungen. So klären symbolische Sargdarstellungen durch die jeweilige »Größe« über die Höhe der Verluste auf. Die Signaturen in Form eines Sarges veranschaulichen sinnbildlich die Kriegstoten und stellen zudem das nationale Gesamtvolumen der mobilisierten Soldaten (roter Balken) gegenüber.1517 Der Sarg tritt so als direktes Sinnbild an den Rezipienten heran und erinnert im Kontext des Zweiten Weltkriegs stark an die Kartierung der Opfer des Holocaust durch Grab- und Kreuzsignaturen. Allerdings wirken Zahlen und Sargsymbolik im Abgleich mit den mobilisierten Kräften eher unglücklich. Durch die ungünstige Gegenüberstellung von Signatur (Sarg) und Statistikbalken überragen die mobilisierten 1515 Vgl. Corum: Deutschlands erste entscheidende Niederlage im Zweiten Weltkrieg, S.306 f. 1516 Vgl. Overy, Richard J.: The Battle Of Britain: Myth and Reality. London 2010; Münch, Fabian: »Never in the field of human conflict«: die Tradierung des Mythos der Battle of Britain in englischen Schulgeschichtsbüchern, in: Kotte (Hrsg.): Kulturwissenschaften und Geschichtsdidaktik, S. 157 – 179. 1517 Barraclough; Stone (Hrsg.): The Times Atlas of World History, S. 118.
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Soldaten die Toten deutlich. Erfahrungen des Krieges, Zerstörungen und Entbehrungen verschmelzen so zu einer eher banalen Signatur, die nur durch ihre symbolische Bedeutung versucht, einem verharmlosenden Eindruck entgegenzusteuern. Im aktuelleren »Atlas of 20th Century History« wurde in der Karte »The cost of the war« ebenfalls auf den Sarg als Symbol zurückgegriffen, allerdings lösen die Autoren das Problem der Banalisierung in Angleichung des Verhältnisses Mobilisierte/Tote und durch die Einführung einer zweiten symbolischen Signatur (Helm für rekrutierte Soldaten).1518 (K.abb. 9.7.) Vor diesem Hintergrund offenbart ebenso die Betrachtung von Kriegsopfern im »Westermann Geschichtsatlas« ein interessantes Bild, da dieser im Einsatz von Zeichen in der Kartenvisualisierung ähnlich ungenau verfährt. In der Geschichtskarte »die Toten des Zweiten Weltkriegs in Europa« stellen die Autoren die Kriegsverluste anhand von Kreuzen dar, deren Qualität sich über die Größe und Anzahl der Signaturen bestimmt.1519 (K.abb. 9.8.) So zeigt der Atlas Kreuze zu 20.000, 200.000 und 2.000.000 Toten, die allerdings im Kartenbild zur Informationsentnahme nur schwer auseinanderzuhalten sind. Insbesondere die Staffelungen nach »Größe« erschwert eine Informationsentnahme, da die Kartenzeichen nicht die Möglichkeiten besitzen, exakte Zahlen abzubilden, was bei solch einer zentralen Darstellung aber wichtige Voraussetzung sein muss. Das Kartenbild wird zudem noch durch eine Abstufung in der Flächenfärbung der europäischen Staaten ergänzt, die zwar über die »Menschenverluste in Prozent der Vorkriegsbevölkerung« aufklärt, aber die komplizierte Ermittlung der Opferzahlen über die verhältnismäßige Anzahl der Verluste nur unterstützen und nicht auflösen kann. Alles in allem weist die Produktion vom Verlag »Westermann« unfreiwillig auf die besondere Problematik im Umgang mit Kriegstoten in Kartenabbildungen hin, da es sich kartenmethodisch als äußerst schwierig darstellt, eine exakte und dem Gegenstand entsprechend angemessene Abbildung von Opfern nachzuzeichnen.1520 Ein Ansatz sollte bei gesicherter Datengrundlage nicht unpräzise sein, da sich ansonsten – speziell bei Lehrmitteln – Diskussionen entzünden, die zum Beispiel die Kontroversen um Opferzahlen etwa vor dem Hintergrund der Luftangriffe auf Deutschland im Zuge revisionistischer Meinungsmache weiter anheizen oder generell zu einseitigen Aussagen verleiten.1521 Beschriftungen sind in diesem Zusammenhang der einzig sinnvolle Ausweg, um den Umständen entsprechend angemessene Kartenbilder zu entwerfen. Im 1518 1519 1520 1521
Overy : Atlas of 20th Century History, S. 28. Birkenfeld; Bode; Zahn (Hrsg.): Westermann Geschichtsatlas, S. 54. Vgl. Popp: Nationalsozialismus und Holocaust im Schulbuch, S. 98 – 115. Vgl. Müller, Rolf-Dieter ; Schonherr, Nicole; Widera, Thomas (Hrsg.): Die Zerstörung Dresdens 13. bis 15. Februar 1945. Gutachten und Ergebnisse der Dresdner Historikerkommission zur Ermittlung der Opferzahlen. Göttingen 2010.
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Folgenden sollen kleinere Beispiele kurz auf die Formen des Einsatzes von Schrift und Beschriftungen in Geschichtskarten hinweisen, um dabei zu erklären, durch welche Hilfestellungen Atlasprojekte den Balanceakt zwischen objektiver Darstellung und angemessener Berücksichtigung des Themas »Krieg« meistern können. Schrift und Beschriftungen im Kartenbild Generell sind in Geschichtskarten, wie allgemein üblich, die topografischen Angaben durch ihre Bezeichnung markiert. Damit in Kartenabbildungen allerdings keine Doppeldeutigkeiten und Missverständnisse entstehen, greifen manche Atlasprojekte auf den Einsatz von Schrift oder Beschriftungen zurück, die oftmals auch Signaturen oder einzelne Abbildungen ergänzen. Bereits in der Betrachtung von abstrakten Pfeilsignaturen lässt sich feststellen, dass häufig textuelle Elemente einzelne Kartenzeichen begleiten. In einigen Geschichtsatlanten ergeben sich so kleinere Ergänzungen, aber auch umfangreichere Erläuterungen zu verschiedenen Kartenbestandteilen. Nicht immer sind diese Hilfestellungen sinnvoll. Der italienische Geschichtsatlas »Zeitgenössische Welt« vom Verlag »Mondadori« gibt in seiner Darstellung des Vormarschs der Achsenmächte auf der Europakarte zum Zweiten Weltkrieg zu jeder Pfeilsignatur einen kurzen Hinweis wie das Kartenzeichen in räumlicher und zeitlicher Bestimmung bezüglich der militärischen Aktion zu verstehen ist.1522 Allerdings werden über die Zuordnung der Textinformation im Kartenbild die vorhandenen Pfeilsignaturen über weitere Pfeile mit der Schrift verknüpft. Daraus resultiert der unglückliche Umstand, dass augenscheinlich weitere Kartenzeichen auftauchen, die die textuelle Ergänzung, und damit beispielsweise den deutschen Vormarsch in Frankreich von Mai bis Juni 1940, in eine ganz andere Richtung schicken. (K.abb. 9.9.) Der slowenische Geschichtsatlas vom Verlag »Modrijan« geht zwar in der Zuordnung von Schrift im Kartenbild ähnlich vor, löst allerdings Unklarheiten durch die Benennung von Pfeilen über eine Zahlensignatur, die außerhalb der Visualisierung der Entnahme von Hintergründen zur Verfügung steht. Gewöhnlich geben Kartenautoren innerhalb der Abbildung der Verknüpfung von Ortssignaturen und Text den Vorzug.1523 Überwiegend in komplexen Geschichtskarten, die versuchen auf voluminöse, flankierende Fließtexte zu verzichten, erfolgen durch Eintragungen in der Karte, häufig gebunden an Orte, kurze Erklärungen zu komplexen Sachverhalten, wie es zum Beispiel der belgische »Atlas Historique« vom Verlag »Erasme« zeigt.1524 Denn Hintergründe zu den alliierten Landungen in der Normandie oder der 1522 Malaguti; Nozzoli; Sinigaglia (Hrsg.): Atlante storico; Il mondo contemporaneo, S. 24. 1523 Weber (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas, S. 74. 1524 Devos; Geivers (Hrsg.): Atlas Historique Erasme, S. 76.
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Kapitulation in Stalingrad kann ein Kartenbild allein über Zeichen nicht liefern. Viele Geschichtsatlasproduktionen verwenden Texteintragungen gesondert am Rand der Karten, die zumeist über eine Zahlensignatur eine Verbindung zur Abbildung herstellen. Diese Methode ermöglicht den Eingang von umfangreichen Erläuterungen und Kommentaren in das Kartenmedium, die das zweidimensionale Bild mit vielfältigen Hinweisen und Ausführungen ergänzen. Der britische Kartenautor John Haywood nutzt in fast allen seinen Geschichtskarten die Kombination von Text und Kartenbild, um Erklärungen und Begründungen beizuordnen und somit die Limitierungen der Kartographie zu umgehen. Auch seine Kartendarstellungen sind nicht im Stande genauere Zusammenhänge und Eckpunkte, wie beispielweise zum britischen Rückzug in Griechenland über Kreta nach Alexandria, Auskunft zu geben, dies übernimmt bei ihm der Text.1525 Die Hauptaufgabe von Beschriftungen im Kartenbild liegt mehrheitlich in der Erläuterung von Kartenzeichen. Dabei steht insbesondere der Gesichtspunkt der temporalen Einordnung im Mittelpunkt, da die Abbildung des Kriegsverlaufs selten allein nur über Zeichen erfolgt. Oft wird der dargestellte Pfeil mit einer zeitlichen Zuordnung versehen, um damit einzelne Kartenelemente in der Chronologie der gesamten Visualisierung zu verorten. Der Faktor Zeit besitzt daher in der Rezeption von Geschichtskarten speziell für die Informationsentnahme unvorteilhafter Überlagerungen von Geschehnissen im Raum zentrale Relevanz. Neben zeitlichen können auf diese Weise auch gegenständliche Ergänzungen erfolgen. Darüber hinaus können Beschriftungen und Kommentare aber auch separat in Geschichtskarten auftauchen.
Abbildung 9.6.: Beschriftung als Ergänzung von Kartenzeichen in europäischen Geschichtsatlanten (Auswahl aus dem Bestand).
Ein Beispiel für den eher kontroversen Eingang von Datenmaterial ins Kartenbild veranschaulicht die Darstellung von Kriegsgefangenen in der 103. Auflage des »Putzger : Historischer Weltatlas«. Die Abbildung von statistischem Material erfolgt direkt auf der Geschichtskarte unter Zuordnung der europäischen »Sieger- und Verliererstaaten«, beleuchtet allerdings ausschließlich die 1525 Haywood (Hrsg.): The Cassell Atlas of The Modern World; 1914 – Present, S. 15 f.
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deutsche Sicht. (K.abb. 9.10.) So betrachtet die Darstellung »Deutsche Kriegsgefangene (1945 – 1956)« neben der Zahl von Soldaten, die nach dem Krieg in »Gewahrsamsländern« interniert wurden, auch die Todesfälle unter den Kriegsgefangen, was eindringlich auf die harten Lagerverhältnisse und die daraus folgende hohe Sterblichkeitsrate unter Gefangenen in der Sowjetunion gegenüber den Haftbedingungen der Westalliierten verweist.1526 Vor dem Hintergrund des nicht berücksichtigten Schicksals der während des Krieges von deutscher Seite internierten Kombattanten, speziell der Sowjetunion, wirkt die Kartendarstellung hinsichtlich einer einseitigen »Opfergeschichte« fragwürdig und wird lediglich über eine Statistik unter der Kartenabbildung zu Gunsten größerer Multiperspektivität aufgelöst, wobei zwei Diagramme jeweils Aufklärung über die Sterblichkeit deutscher und sowjetischer Soldaten in Kriegsgefangenschaft liefern. Die Standortgebundenheit erschließt sich insbesondere im Blick auf die Hintergründe zur Abbildung.1527 So wurde die Karte zur Verteilung der deutschen Kriegsgefangenen des »Putzger« ursprünglich in der dritten Auflage des »Atlas zur deutschen Zeitgeschichte« im Jahr 1986 publiziert, erschien damals allerdings noch ohne vergleichende Statistik zur Sterblichkeit sowjetischer Soldaten.1528 Geschichtskarte sowie Diagramm zur »Kriegsgefangenschaft« wurden 2011 aus der 104. Ausgabe des »Putzger« entfernt.1529 Die Probleme in der Verwendung von Schrift und Beschriftungen im Kartenbild sind vielfältig, daher sollte ein Einsatz von textuellen Bestandteilen in der Konzeption von Geschichtskarten gründlich abgewogen werden. Überlagerungen kann durch Textzuweisungen vorgebeugt werden. Allerdings sollten Texteintragungen in der Visualisierung nicht die Informationsentnahme beeinträchtigen, sondern Kartenzeichen in der Abbildung von Geschichte nur als Hilfestellung unterstützen. Im Ganzen verdeutlichen die Analysen zu den unterschiedlichsten Variationen und Gestaltungen von Kartenzeichen die Komplexität der Abhandlung der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten. Gerade der Vergleich abstrakter und bildhaft/symbolischer Zeichen lässt die Spannung zwischen objektivierender Darstellung und dem Gegenstand »Krieg« deutlich hervortreten. Vor allem Betonungen im Kartenbild durch »bildhafte« und »symbolische« Kartenzeichen zeigen, dass durch visuelle Hervorhebungen einzelner Aspekte der »objektive Charakter« der Visualisierung verschwindet. Im Gegensatz dazu werden über den Aufbau von Emotionen und Dramatik in Zeichenelementen eindeutige Positionen und inhaltliche Gewichtungen vollzogen. Denn zunächst 1526 Bruckmüller; Hartmann (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, 103. Aufl., S. 175. 1527 Vgl. Kurilo (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg im deutschen und russischen Gedächtnis. 1528 Hilgemann, Werner (Hrsg.): Atlas zur deutschen Zeitgeschichte 1918 – 1968. Piper, München 1986, S. 339. 1529 Bruckmüller; Ackermann (Hrsg.): Putzger. Historischer Weltatlas, 104. Aufl.
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einfache Gegenstände wie die Betrachtung von Truppenbewegungen der Kriegsparteien können zu hochkomplexen Abläufen und Prozessen wie Feldzügen oder Niederlagen werden. Dementsprechend rücken Autoren in manchen Geschichtskarten zur Militärgeschichte über die klare Fokussierung einzelner Gesichtspunkte und die Reduzierung abstrakter Kartenelemente von sachlichen Betrachtungen traditioneller Karten ab, um über die Herstellung von Bezügen und die Vermittlung von Erklärungen Aussagen zum historischen Thema auf einer sachbezogenen Ebene zu liefern. Außerdem ist der Umgang mit den Kriegsopfern in Geschichtsatlanten kritisch zu betrachten. So dienen Statistiken nicht immer der Aufklärung. Daneben liegen Schwierigkeiten in der Ausbildung bestimmter Sichtweisen über die Kartensprache mancher europäischer Geschichtsatlanten begründet, denn viele Produktionen klammern immer noch Perspektiven zum friedlichen Miteinander aus und fördern mittels subjektiver Stellungnahme weiterhin einseitige Selbst- und Fremdbilder. Dabei entstehen insbesondere durch das Ausblenden bestimmter Teile von Geschichte und die Überhebung der »eigenen« Rolle eindimensionale Darstellungen, wodurch die Weltkriege nicht vor dem Hintergrund eines »Wir« und die »Anderen« veranschaulicht werden, sondern Betrachtungen allein auf nationalen Perspektiven beruhen. Zu beachten bleibt hinsichtlich der eindimensionalen Gestaltung, dass solche Effekte möglicherweise auch unfreiwillig entstehen. So können verkürzte Ausrichtungen auch aus nötigen Generalisierungen und Synthetisierungen sowie bildhafte Hervorhebungen und symbolhafte Verweise aus Motivations- und Orientierungsgründen erfolgen. Häufig betreffen die Auswirkungen didaktischer Reduktion die Ausgestaltung von Atlanten eines jungen Zielpublikums.
9.2.3. Die Weltkriege in Britischrot und Preußischblau – Farbkonventionen im Atlas Ein selten reflektiertes Problem in der kartenmethodischen Untersuchung von Geschichtsatlanten ist die Wahl von Flächenfarben im Kontext thematischer Perspektivierung.1530 Die Gestaltung von Geschichtskarten erscheint speziell vor dem Hintergrund inhaltlich-konventioneller wie auch wahrnehmungspsychologischer Aspekte interessant.1531 Farben erlauben in der Konzeption von Geschichtskarten »zu gliedern, zu ordnen und Werte zu differenzieren«1532. In diesem Zusammenhang generieren sie die »Formierung von Wahrnehmungs1530 Vgl. Sauer: Karten und Kartenarbeit im Geschichtsunterricht, S. 43. 1531 Vgl. Böttcher : Theoretische und praktische Aspekte zur Schulkartographie, S. 56. 1532 Vgl. Böttcher : Die Karte, S. 187.
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mustern«1533. Deshalb markieren Farbgebung und Farbabstufungen vorrangig die Differenzierung von Strukturen, Zugehörigkeiten oder politischen Ideologien, die in Bezug auf historische Gesichtspunkte die Akteure der Weltkriege und ihre Bündnispolitik widerspiegeln. Ungeachtet moderner Bestrebungen im Entwurf und Design neuer Geschichtsatlanten nutzen viele Atlasprojekte vielfältige bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende Traditionen, die insbesondere das Aussehen der Geschichtskarten bestimmen.1534 Gerade in den politischen Karten der Neuzeit werden für die einfache Markierung einzelner Länder bestimmte Leitfarben verwendet, die mit den Namen »Preußischblau«, »Englischrot«, »Russischgrün« bekannte Verbindungen von Nationalitäten und Farben assoziieren.1535 So zeigen Geschichtsatlanten immer noch Kontinuitäten im Gebrauch charakteristischer Territorialfarben, die in ihrem Ursprung auf die Uniformfarben der einzelnen europäischen Großmächte zurückgehen. Bis zur heutigen Zeit wird beispielsweise Preußen, in dessen Tradition auch Deutschland, im »Putzger« und in vielen anderen Werken immer mit demselben »preußisch-blauen« Farbton abgebildet. Darüber hinaus entwickelten sich nach dem Zweiten Weltkrieg weitere politisch abgeleitete Farbkonventionen einzelner Staaten, wie zum Beispiel in der »Darstellung des Dritten Reiches (braun) oder der Sowjetunion (rot)«1536. Neben der Berücksichtigung historisch sowie kulturell bedingter Einflüsse auf die Kartengestaltung werden im Folgenden hinsichtlich thematischer Gesichtspunkte insbesondere die Farbmarkierung einzelner europäischer Länder vor dem Hintergrund beider Weltkriege betrachtet. Die Analyse zieht hierzu jeweils für beide Weltkriege exemplarisch Europakarten aus dem Atlassample heran.1537 Die farbliche Gestaltung von Bündnissen und Kriegsparteien ist ein fest verankerter Gegenstand in der Visualisierung von Kriegsgeschichte. Da Autoren durch Karten vornehmlich Eindrücke und Vorstellungen von anderen Ländern über die Farbgebung vermitteln, versucht die Untersuchung mögliche Akzentuierungen bis hin zu tradierten Selbst- und Fremdbildern herauszustellen. Dabei interessiert in erster Linie die Konventionalisierung der Farbgebung. Muster und Betonungen werden im transnationalen Abgleich auf Quantität und Kontexte hin überprüft, die dann qualitative Aussagen zur Farbnutzung aller Atlanten vor dem thematischen Hintergrund erlauben. 1533 1534 1535 1536 1537
Vgl. Böttcher : Die Karte, S. 187. Vgl. Lehn: Deutschlandbilder, S. 574. Vgl. Heller : Wie Farben wirken, S. 36. Vgl. Lehn: Deutschlandbilder, S. 574. Die Analyse berücksichtigt alle verfügbaren Schulatlanten (200), somit wurden zur Farbgebung 126 Europakarten für den Ersten Weltkrieg und 151 Europakarten für den Zweiten Weltkrieg untersucht.
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Die Nutzung von Flächenfarben in der Darstellung beider Weltkriege – Überblick In der Kenntlichmachung der Kriegsparteien verfolgen primär alle Geschichtsatlanten das gleiche Ziel, die übersichtliche Darstellung der militärischen Großkonflikte geordnet nach zugehörigem Lager, das heißt, sie veranschaulichen die Bündniskonstellationen und die unbeteiligten Staaten. Darüber hinaus markieren Farben auch Gebietsgewinne und -verluste, die das Kartenbild zumeist in Variation der jeweiligen Leitfarbe des in der Okkupation befindlichen Landes in Aufhellung, Abtönung oder Schraffur gestalten. Im Ganzen finden sich in Auswahl und Gestaltung des Kolorits oftmals unterschiedliche Faktoren von traditionellen bis hin zu kulturellen Präferenzen wieder. So offenbart die Darstellung der Weltkriege in Gesamtschau ein gemischtes Bild von gewählten Farbverteilungen, geknüpft an historisch respektive sozio-kulturell bedingte Hintergründe. Hinsichtlich großer traditioneller Einflüsse sind zudem die Betrachtung von Kontinuitäten im Kontext der Farbwahl und Farbpräferenz für einige der europäischen Länder von großer Aussagekraft (zum Beispiel Deutschland oder Frankreich). Probleme der Farbverwendung entstehen in der Begutachtung von Ländern innerhalb langer Zeitschnitte. Beispielweise ist die Visualisierung ausscheidender Bündnispartner (Russland im Ersten Weltkrieg) oder etwa der Mächte interessant, die während des Konflikts das Bündnis wechselten oder im Kriegsverlauf eine komplexe Rolle einnahmen (Italien im Ersten Weltkrieg oder die Sowjetunion und VichyFrankreich im Zweiten Weltkrieg). Die Betrachtung der farblichen Markierung der einzelnen Kriegsparteien des Ersten und Zweiten Weltkriegs bringt einige Erwartungen mit sich, die vor allem im Spannungsfeld von traditioneller Nutzung von Farbe und dem von der Historiographie gezeichnetem Bild der Konflikte liegen. So ergeben sich in getrennter Analyse beider militärischer Auseinandersetzungen verschiedene Gewichtungen in der Nutzung des Kolorits. Jeder Weltkrieg markiert dabei unterschiedliche Schwerpunkte in der Farbverwendung. Speziell die Verteilung und Zuordnung der Farbpalette entscheidet in der Rezeption, denn der Kartennutzer nimmt über die farbliche Markierung eines Landes eine Bewertung vor. Insgesamt zeigt der Erste Weltkrieg in der Zuordnung der Farben ein einheitliches Bild ohne größere Schwankungen auch in der Abgrenzung der Bündnisse. Dagegen sind die Farbpräferenzen zum Zweiten Weltkrieg, insbesondere vor dem Hintergrund der Visualisierung auf mehreren Europakarten deutlich durchmischter. Damit lässt sich der komplexe historische Hintergrund auch am Farbaspekt ablesen, denn über die Wahl des Kolorits erfolgen in der Karte umfassende Differenzierungen. Dagegen bindet sich die Farbnutzung in der Darstellung des Ersten Weltkriegs in seiner zumeist nur auf eine Europakarte pro Atlas begrenzten Visualisierung vor allem an ein Lager oder Bündnis. In-
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folgedessen zeigt der Erste Weltkrieg eindeutig einheitliche bis hin zu stark verallgemeinernden Farbpräferenzen. Angesichts einer traditionell breiten Farbpalette schrumpft jedoch insgesamt das Angebot hinsichtlich zweier Kriegsparteien häufig auf eine zweifarbige Farbgestaltung zusammen. Bunte Kartenbilder im Stile fest verankerter, nationaler Farbtraditionen finden sich daher selten. So gebrauchen zum Beispiel die Autoren der Geschichtsatlanten vom polnischen Verlag »Demart« die »klassischen« Leitfarben in der Darstellung der Weltkriege. Die Europakarten visualisieren Deutschland in »blau«, Russland in »grün«, Großbritannien in »rot« und Frankreich in »lila/türkis«.1538 Kartographische Traditionen werden hier deutlich sichtbar. (siehe K.abb. 7.7.) Der Erste Weltkrieg – Die farbliche Darstellung von Kriegsparteien und Neutralen Die Darstellung der europäischen Staaten im Ersten Weltkrieg erfolgt mehrheitlich in der Abbildung von Kriegslagern oder Bündnissen, wobei viele Atlasproduktionen einerseits die Entente beziehungsweise Triple-Entente in »rot« und die Mittelmächte in »blau« markieren. Damit folgt das farbliche Design des Konflikts in Ansätzen zwar klassischen Mustern in der Aufteilung der Lager,1539 aber die Kennzeichnung der Bündnisse mit Blick auf die Tradition orientieren sich stark an Großbritannien »Britischrot« und Deutschland »Preußischblau«.1540 Vor dem Hintergrund von Präferenzen resultieren aus der Analyse für die Farbgebung von Kriegsparteien folgende Abstufungen und Konstellationen: Die Lagerung hinsichtlich der Farbdarstellung der Entente-Mitgliedsstaaten erscheint äußerst homogen. »Rot« dominiert in der Kartenabbildung bei allen Partnern (Großbritannien, Frankreich und Russland), wobei »grün« und »gelb« mit großem Abstand an zweiter und dritter Stelle folgen. Die Farbe »lila« taucht nur marginal in bestimmten Zusammenhängen auf. Farbwechsel innerhalb des Bündnisses ergeben sich relativ selten. Für Russland wird in einzelnen Kartenfolgen zum Weltkrieg im Bezug auf die »Russischen Revolution« und den (Separat-)Frieden von »Brest-Litowsk« über die Farbe ein veränderter Status angezeigt. So wechselt die Einfärbung Russlands im deutschen »Putzger : Historischer Weltatlas« von »rot« zu »gelb«, im slowenischen Atlas des Verlags »DZS« von »rot« zu »grün« oder etwa im französischen Atlas aus dem Hause 1538 Vgl. u. a. die Atlanten von Krycin´ski; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; 1815 – 1939, S. 30 f; Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Szkoła ´srednia, S. 10 f; Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 38 f. 1539 Die Markierung der Entente in »rot« und der Mittelmächte in »blau« erfolgt in Atlanten Belgiens, Deutschlands, Kroatiens, Österreichs, Polens, Rumäniens, der Schweiz, der Slowakischen Republik, Spaniens und der Tschechischen Republik. 1540 Vgl. u. a. Obiol (Hrsg.): Atlas histûrico, S. 154 f.
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Abbildung 9.7.: Die Farbgestaltung der europäischen Großmächte auf Europakarten zum Ersten Weltkrieg (Anzahl der Farbnutzung in Geschichtsatlanten vom Gesamtsample).
»Hachette« von »grün« zu »rosa«.1541 Die deutsche Darstellung verortet so augenscheinlich das revolutionäre Russland noch im Lager der vormaligen Partner, der slowenische Atlas bemüht sich um eine vergleichsweise neutrale Abbildung. Im französischen Beispiel lässt der Farbwechsel jedoch klar das Ausscheiden aus dem Bündnis der Triple-Entente erkennen und zeigt zugleich Russland in farblicher Wahrnehmung beim deutschen Kaiserreich (»lila«).1542 Nationale Auffälligkeiten in einzelnen Samples ergeben sich insbesondere für Frankreich in traditioneller Nutzung von Leitfarben, denn die Atlasproduktionen verwenden weniger »rot« als vielmehr »grün« oder »blau« in der Markierung der Staaten der Entente.1543 Im Ganzen werden aber die Mittellmächte mehrheitlich in »blau« visualisiert, daneben bestehen in manchen Kartenwerken Gewichtungen hinsichtlich einer gelben Farbgebung, die noch eindeutig vor »grün«, »lila« oder »rot« sowie »braun« in der Auswahl erfolgt. Die Veranschaulichung der Partner im »Zwei1541 Bruckmüller; Hartmann (Hrsg.): Putzger: Historischer Weltatlas, S. 156; Kastelic; LavbicˇSaje; Rihtarsˇicˇ ; Weis (Hrsg.): Zgodovinski atlas za osnovno sˇolo, S. 35; Carton; Lambin, (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 59. 1542 Die Legenden in jeweiligen Atlaswerken halten sich über genaue Hintergründe bedeckt, der deutsche sowie der slowenische Atlas sprechen in der Farbsignatur vom »Ausscheiden aus dem Bündnis«, der französische Atlas nennt in der Farbzuordnung zum Status keine Einzelheiten. 1543 Hier spiegeln sich ganz besonders die Traditionen der französischen Kartographie wider, vgl. Bertin: Graphische Darstellungen, S. 215 ff.
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bund« ist im Großen und Ganzen ebenfalls einheitlich, selten liefern Geschichtskarten hier farbliche Abstufungen. Eine signifikante Gestaltung zeigt die Europakarte »Europäische Schlachtfelder, 1914 – 1918« im serbischen Geschichtsatlas vom Verlag »Udzˇbenike«.1544 (K.abb. 9.11.) Die Kartenautoren betrachten dabei den Konflikt nicht zwischen den Mittelmächten und der Entente, sondern zwischen Österreich-Ungarn und Serbien. Sie nutzen neben der Perspektivierung die Farbgebung, um deutlich auf die Rivalität beider Mächte und damit auf den Ausgangspunkt des Weltkriegs hinzuweisen. Dazu dient auch der Abgleich mit einer vorangestellten Geschichtskarte zum »Gesicht Europas« vor dem Weltkrieg. Die Weltkriegsdarstellung veranschaulicht Österreich-Ungarn in »blauem«, Serbien im »grauen« Kolorit (als besetztes Territorium), die übrigen Mächte und selbst Partner Deutschland wirken aufgrund ihres farblichen Designs in hellen Rottönen auf den ersten Blick unbeteiligt oder stellen in diesem Zusammenhang lediglich einen Nebenschauplatz dar. Eine schwarze gestrichelte Liniensignatur soll in Kenntlichmachung der zur Entente gehörigen Staaten (inklusive Serbien) die feindlichen Lager auseinanderhalten und für Klarheit sorgen. Dennoch erzielt die Karte allein durch die Wahrnehmung der Farbe eine ganz bestimmte Wirkung in Fokussierung des Konflikts auf dem Balkan, die auf diese Weise den kartographischen Beitrag »Serbiens« zum Ersten Weltkrieg stark in einem nationalen Kontext verortet und damit die eigene Rolle eindeutig innerhalb der Weltgeschichte im Atlas betont.1545 Ferner visualisieren die untersuchten Beispiele die neutralen Staaten des Ersten Weltkriegs zumeist »farblos« (weiß) oder in hellen »Rot-« oder »Gelbtönen«, wobei bereits ein unschuldiges »weiß« eine klare Aussage hat.1546 Im Farbspektrum bewegen sich die Karten damit in der Zuordnung von »Neutral« bis hin zur Entente. Daneben dient die Kolorierung der neutralen Staaten in Anbetracht von Farbeigenschaften oftmals auch als Referenz zur Markierung der kriegsführenden Parteien.1547 Darstellungen des italienischen Territoriums sind hinsichtlich des Farbgefüges von Kartenbildern hervorzuheben, da es mit der Teilhabe an Bündnissen beider Kriegsparteien einen Sonderstatus einnimmt. Italien wird zwar mehrheitlich in der Flächenfärbung des Lagers der Entente (rot, grün) visualisiert, da die Zeitschnitte zumeist nicht die kurze Phase auf Seiten des »Dreibundes« berücksichtigen oder gegebenenfalls über die Legende den besonderen Status des Landes erklären. Der ungarische »Geschichtsatlas« von Verlag »Cartogra1544 Blagojevic´ (Hrsg.): Istorijski atlas, S. 86 f. 1545 Vgl. Stojanovic´, Dubravka: Slow Burning. History Textbooks in Serbia, 1993 – 2008, in: Dimou (Hrsg.): »Transition« and the politics of history education in Southeast Europe, S. 141 – 158. 1546 Vgl. Heller : Wie Farben wirken, S. 145 ff. 1547 Ebd.
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phia« bildet zum Beispiel Italien im »rot« der Entente ab, und verweist mit einer Beschriftung auf den Tag des Kriegseintritts am 23. Mai 1915.1548 In manchen Geschichtskarten weicht die italienische Flächenfärbung von der Markierung der Entente-Staaten leicht ab, dann taucht das Land in abgestufter Farbgebung (rosa, gelb/orange, lila) gleichwohl noch erkennbar im Lager seiner Bündnispartner auf, dient aber als eine Art »Verbindung« zum Lager der »unbeteiligten« Staaten. Nur selten kontrastiert die Farbgebung Italien auffällig gegenüber England, Frankreich und Russland (Schraffur oder »grau«, »farblos«). Da die Europakarten zumeist den Zeitschnitt 1914 bis 1918 wählen, verzichten sie damit auf die exakte Abbildung des komplizierten diplomatischen Hintergrunds des vor dem Krieg eingegangenen Bündnisses Italiens mit Deutschland und Österreich-Ungarn. Der Blick auf Italien veranschaulicht wie generalisiert sich Überblickskarten darstellen und dadurch Teile der Geschichte einfach verschwinden. Insgesamt lässt sich in Bewertung der Farbgestaltung der Kriegslager festhalten, dass für die Visualisierung des Ersten Weltkriegs eindeutig »klassische« Farbmuster durchgängig in allen europäischen Geschichtsatlanten benutzt werden. Der Rückgriff auf traditionelles Kolorit macht damit offenkundig die sich gegenüberstehenden Fronten fest. Die einheitliche Signatur der Bündnispartner durch eine Farbe kann allerdings leicht zu einer pauschalisierenden Darstellung führen und tritt in der Folge genaueren Betrachtungen im Sinne einer aufklärenden Beurteilung des Konflikts entgegen. So verweist der Farbeinsatz häufig auf das große Ganze (Kriegslager), wodurch aber auch wichtige Informationen zum Konflikt ignoriert werden. Das verdeutlicht besonders die Gestaltung der »Neutralen«, die zum Teil von Entente-Staaten kaum zu unterscheiden sind. Den Eindruck übermäßiger Generalisierung auf Kosten wichtiger Informationen wird der Blick auf den Zweiten Weltkrieg bestätigen. Der Zweite Weltkrieg – Die farbliche Darstellung von Kriegsparteien und Neutralen Die farbliche Darstellung der europäischen Staaten auf Europakarten zum Zweiten Weltkrieg wirkt in den untersuchten Atlanten im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg weitgehend heterogener. Das betrifft sowohl die Markierung der Kriegslager als auch die Farbvisualisierung der neutralen Staaten. Hingegen tritt eine leichte Gewichtung von einerseits den Alliierten in »rot« und andererseits den Achsenmächten in »blau« auf. Eine an traditionelle Farbmustern angelehnte Abbildung zeigt zum Beispiel der »Atlas zur Weltgeschichte« aus dem Hause Klett.1549 (siehe K.abb. 7.15.) Vor allem durch die Abbildung über mehrere Europakarten erfolgen Farb1548 Ýrpd (Hrsg.): Tört¦nelmi atlasz, S. 33. 1549 Vgl. Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Taschen-Atlas Weltgeschichte, S. 378 f.
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zuweisungen sowie -wechsel, die im Vergleich zum Ersten Weltkrieg weitgefächerte Ausprägungen wiedergeben. Zum einen unterliegt die Farbwahl in der Darstellung Frankreichs und der Sowjetunion einigen Schwankungen, andererseits bestehen für das Lager der »Achse« verschiedene Ausprägungen, die neben Farbpräferenzen auch die allgemeine Gestaltung der Bündnispartner betreffen. Kartenautoren greifen zur besseren Visualisierung des Kriegsgeschehens häufig auf zwei oder mehrere Überblickskarten zurück. Die größere Zahl an Karten erleichtert die komplexen Hintergründe ausführlich darzustellen. Das Spiel mit der Farbgebung ermöglicht unterschiedliche Differenzierungen, gleichwohl können auch zu viele Wechsel zur Verwirrung des Betrachters führen. Folgende Ausprägungen und Abstufungen sind in den Geschichtskarten zu beobachten: Optionen zur Farbdarstellung der Alliierten sind vielfältig. Dennoch hat in diesem Zusammenhang die Farbe »rot« erneut deutliches Gewicht, wobei sich für die Markierung der Alliierten öfter Wechsel ergeben. Gründe hierfür liegen speziell im Bereich der steigenden Komplexität der Kartendarstellungen. So tritt vor allem das »rot« der Sowjetunion als Variation hervor. Dagegen nutzen Kartenautoren eindeutig weniger »rot« für Großbritannien und Frankreich. Demzufolge wird das sowjetische Staatsgebiet nur in einer kleineren Zahl von Atlanten in »grün« oder »gelb« abgebildet. Hinsichtlich signifikanter Farbwechsel, wie beispielsweise in den Abbildungen zum »revolutionären Russland 1917/18«, zeigen einzelne Geschichtskarten genauso an der Schwelle zum Zweiten Weltkrieg insbesondere vor dem Hintergrund der Visualisierung des »Hitler-Stalin-Pakts« interessante Modulationen. Zum Beispiel setzt der norwegische Schulgeschichtsatlas vom Verlag »Cappellen« zur Veranschaulichung der Sowjetunion in zwei Europakarten zum Zweiten Weltkrieg auf feine Nuancen. Die Kartenmacher nehmen im Vergleich beider Karten lediglich eine kleine Abstufung im Farbton (»violett«) vor, verorten es damit bereits im Lager der Alliierten und nutzen so »rot« als klassische Signatur Großbritanniens für die Verbindung. Die Legende hält dagegen eindeutig das Bündnis zwischen Hitler und Stalin fest.1550 (K.abb. 9.12.) Atlanten können aber genauso durch klare Kontrastierungen den Blick auf die Geschichte verändern, sodass etwa die Sowjetunion auf einer Europakarte zum Beginn des Zweiten Weltkriegs in gleichem Kolorit wie das Deutsche Reich auftaucht. Die Autoren des rumänischen »Schulatlas der Weltgeschichte« präsentieren das westliche Bündnis aus Frankreich und Großbritannien in Rottönen, die Teilung Polens nehmen hingegen die farblich in »blauer« und damit in 1550 Bjørklund (Hrsg.): Historisk skoleatlas, S. 41.
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Abbildung 9.8.: Die Farbgestaltung auf Europakarten zum Zweiten Weltkrieg (Anzahl der Farbnutzung in europäischen Geschichtsatlanten vom Gesamtsample).
übereinstimmender Markierung gestalteten Partner des »Hitler-Stalin-Pakts« vor.1551 (siehe K.abb. 9.3.) Der belgische »Atlas d’Histoire Hayt« differenziert die Verbindung der AntiHitler-Koalition vor dem Hintergrund verschiedener Zeitschnitte und weist ganz klar den Westalliierten die Farbe »gelb« und der Sowjetunion »rot« zu.1552 Diese farbliche Unterscheidung der Bündnispartner wird in vielen Geschichtsatlanten genutzt, wobei die Zuweisung der »roten« Signatur in vielen Produktionen fest verankert auftritt. Dennoch zeigen im Sample von Europakarten hin und wieder Abbildungen zum Kriegsgeschehen für alle Angehörigen der Koalition gegen Hitler die gleiche »rote« Leitfarbe. Die homogene Einteilung erklärt sich zumeist zur Wahrung von Anschaulichkeit über pragmatische Aspekte wie Generalisierungen und Reduktionen. Dennoch nimmt in manchen Atlanten die Differenzierung des Geschehens über die Nutzung einer breiteren Farbpalette im Kontext des Zweiten Weltkrieges zu. Zur Abbildung Großbritanniens verwenden Geschichtskarten viel häufiger »Grün-« oder »Gelb-« Färbungen, um einerseits von der Qualität der internationalen Beziehungen klare Abgrenzungen gegenüber der Sowjetunion vorzunehmen, andererseits das Land als letzte verbleibende Macht in Europa gegen »Hitler-Deutschland« zu positionieren. Beispielsweise veranschaulichen Europakarten im lettischen »Schulgeschichtsatlas« vom Verlag »Zvaigzne ABC« zur ersten Hälfte des Zweiten Weltkrieges allein über die Farbwahl, dass das euro1551 Ba˘lan; Ionit¸a˘ ; Scurtu (Hrsg.): Atlas s¸colar de istorie universala˘, S. 53. 1552 Patart: Atlas d’Histoire Hayt, S. 128.
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päische Festland in »gelb«, »orange« und »rot« den autoritären Staaten (inklusive Sowjetunion) gehört, hingegen das »grün« als Kontrast das demokratische Großbritannien im Kartenbild markiert.1553 (K.abb. 9.13.) Aus dieser stark polarisierenden Kartenabbildung resultieren aber auch Probleme. So liegen zum Beispiel die Sowjetunion und Vichy-Frankreich (»Vichy-Regierung auf französischem Territorium«) farblich dicht beieinander, auf eine klare Farbzuweisung des sowjetischen Gebiets in der Legende wird verzichtet. Die Autoren suggerieren so für beide Länder einen übereinstimmenden Status. Es liegt deshalb vor allem an der Kompetenz des Kartenlesers die internationalen Beziehungen über Farbe, Legende und Zeitschnitt, zu entschlüsseln. Besonders prägnante Eindrücke im Spiel mit dem Kolorit vermittelt der Blick auf Gewichtungen und Betonungen in länderspezifischen Atlassamples. So entstehen signifikante Perspektivierungen zur Nationalgeschichte nicht nur in nationalen sondern auch universalen Geschichtsatlanten. Zum Beispiel werden in russischen Atlanten zur Weltgeschichte die Westalliierten – Großbritannien und Frankreich – inklusive die vom deutschen Reich besetzten Länder in der ersten Phase des Zweiten Weltkriegs oft in uniformer Farbe abgebildet.1554 (K.abb. 9.14.) Sie zeigen Westeuropa bis zum Angriff auf die Sowjetunion entweder in »braun«, »gelb« oder »grün« und verwischen somit die Grenze zwischen Eroberungen der »Achse« und freiem Staatsgebiet der Alliierten.1555 Im Visualisierungsansatz verschwindet der »Hitler-Stalin-Pakt« gänzlich und eine Befreiung Europas ab 1941 kann für den Betrachter nur von der Sowjetunion erfolgen. Noch gravierender wirkt dieser Gegenstand in Verknüpfung mit der Kartenfolge, da speziell die Front im Osten in der Präsentation des weiteren Kriegsverlaufs im Mittelpunkt der russischen Geschichtskarten steht. Dementsprechend fließen einseitige Selbst- und Fremdbilder übergeordnet in den Kartenbeitrag mit ein und machen eine vorurteilsfreie Beurteilung des Konflikts durch die Rezipienten (Schüler der 9. –11. Klasse) größtenteils unmöglich. Eine große Variationsbreite in der farblichen Darstellung von Europakarten nutzen europäische Atlasproduktionen daher häufig in der Abbildung komplexer historischer Gesichtspunkte. Manche Kartenautoren bemühen sich allein über die Mittel der Kartographie möglichst viele Aspekte und Hintergründe wiederzugeben. Insbesondere zu Frankreich ergeben sich vor dem Hintergrund von Besatzung und Vichy-Regierung viele farbliche Differenzierungen. Das 1553 Busˇs; Goldmanis (Hrsg.): Ve¯stures Atlants skola¯m, S. 53. 1554 Ponomareva (Hrsg.): Atlas; Mir v XX veke, S. 11ff, vgl. auch Polunkina; Regentova (Hrsg.): Atlas; Novejsˇaja istorija zarubezˇnych stran, S. 10ff; Martynova (Hrsg.): Atlas sˇkol’nika, S. 104 ff. 1555 Die Legende bestätigt den unklaren Eindruck indem sie in der Markierung der Westalliierten von »Staaten, die dem Überfall durch die Aggressoren ausgesetzt waren und Gebiete [n], die zwischen dem 1. 09. 1939 und dem 22. 06. 1941 erobert wurden« spricht.
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Land erscheint oft aufgrund der Einteilung in ein »besetztes« und ein »freies« Frankreich in zweierlei Markierung. Der nördliche Teil wird dabei als besetztes Gebiet zumeist in abgetönter Farbgebung dem »Dritten Reich« zugeordnet. Interessanter ist dagegen die Veranschaulichung Vichy-Frankreichs, dessen Rolle im Zweiten Weltkrieg in der Historiographie immer noch kontrovers diskutiert wird.1556 Viele Geschichtsatlanten Europas zeigen das französische Gebiet in »gelb« oder »farblos«, womit sich ebenso die Kennzeichnung der neutralen Staaten verbindet. Im Gegensatz dazu werden lediglich in wenigen Produktionen der südliche Teil des Landes in Anlehnung an die Farbsignatur der deutschen »Aggressoren« in »blau«, »grau« oder gar »braun« abgebildet. Gerade der umstrittenen Geschichte des Vichy-Regimes widerfährt somit allein vor dem Aspekt der Farbgestaltung in Geschichtsatlanten eine starke Polarisierung zwischen »Neutralität« und »Kollaboration«. Die unklare Zuordnung macht die Beurteilung Frankreichs (»Vichy«, »Freies Frankreich«, »R¦sistance« etc.) im Zweiten Weltkrieg über Karten daher äußerst schwierig. Auch außerhalb Frankreichs entstehen in Anlehnung an die »Neutralen« vermittelnde oder im Bezug zur »Achse« stark kontrastierende Kartenabbildungen, die zum Beispiel im niederländischen »Bosatlas van de Geschiedeniscanon«1557 oder im britischen »Philip’s history atlas«1558 auftauchen. (siehe K.abb. 8.5.) Vor allem in französischen Geschichtsatlanten ist die Abbildung »Vichy-Frankreichs« durch Heterogenität gekennzeichnet. Von einer objektiven Abhandlung wie im »Atlas des CollÀges«1559 (»Satellitenstaaten«) bis hin zur Auslassung (durch Generalisierung) wie etwa im »Atlas du Monde«1560 sind alle Facetten vertreten. Kapitel sieben ging bereits ausführlich auf einzelne Hintergründe im Bezug auf Lehrmittel ein. (K.abb. 9.15.) Die Vielschichtigkeit des Kapitels »Vichy-Frankreichs« wird in diesem Zusammenhang ebenso an der Farbsignatur von Geschichtskarten deutlich. Im Ganzen spielt daher für die Rezeption des Raummediums die Farbzuordnung eine wichtige Rolle. Genauso verweist die Farbgestaltung der Achsenmächte in europäischen Geschichtsatlanten über Ausprägungen und Abstufungen auf Zugehörigkeiten oder Abgrenzungen. Neben dem Gebrauch konventionalisierter Farbmuster wie zum Beispiel »blau« nutzen alternative Ansätze auch vielfach »braun« für die Abbildung des nationalsozialistischen Deutschlands und seiner Partner. Das 1556 Vgl. Rousso: Frankreich und die »dunklen Jahre«; Rousso: Vichy ; Klarsfeld; Meyer: Vichy – Auschwitz; FranÅois: Die späte Debatte um das Vichy-Regime und den Algerienkrieg; Baruch; Martens: Das Vichy-Regime. 1557 Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 42. 1558 Edmonds; King; Lintott (Hrsg.): Philip’s history atlas, S. 48. 1559 Lambin; Villette (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 80. 1560 Lebrun (Hrsg.): Atlas du monde; histoire et g¦ographie du monde, S. 52.
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zeigt ausdrücklich der belgische »Geschichtsatlas« vom Verlag »Êrasme«, der die Staaten der Achsenmächte und ihre Ausdehnung im für den Nationalsozialismus in Deutschland charakteristischen »braun« visualisiert.1561 Qualitative Unterschiede in der Reflexion aller Mitglieder der »Achse« verwischen durch eine homogene Farbsignatur. Gleichwohl erscheint die Wahl der »braunen« Flächenfärbung für die Markierung des »Dritten Reichs« äußerst sinnvoll, da sie die »Diktatur von 1933 bis 1945« klar vom oftmals bis in die Gegenwart in »blau« auftauchenden Deutschland unterscheidet. In Unterteilung der Achsenmächte erfolgt in manchen Atlanten zum Beispiel die Abstufung des italienischen Staatsgebiets, was mit der grundsätzlichen Differenzierung des Status, dem militärischen Engagement oder mit der veränderten politische Lage ab 1943 in verschiedenen Geschichtskarten Berücksichtigung findet. Damit entsteht in einigen Geschichtsatlanten im Gegensatz zu einer einheitlichen Kennzeichnung eine nuancierte Betrachtung insbesondere im Verhältnis zum Deutschen Reich. Im litauischen »Atlas zur jüngsten Zeitgeschichte« vom Verlag »Briedis«1562 oder im »Atlas des CollÀges« vom Verlag »Hachette«1563 wird zum Beispiel über die Trennung zwischen deutschem und italienischem Staatsgebiet auch die separate Betrachtung von jeweiligen Eroberungen vorgenommen. Gerade Geländegewinne werden oft im Verbund veranschaulicht.1564 (siehe K.abb. 9.15.) Italien wird zwar in Anbindung an die Leitfarben des nationalsozialistischen Deutschlands vieler Geschichtsatlanten in »blau« und »braun« abgebildet, doch genauso erfolgt in einigen Produktionen die Differenzierung durch Setzung farblicher Kontraste. So wählen manche Veröffentlichungen eine abgrenzende Visualisierung beider Partner, indem die Kartenmacher das italienische Territorium in »grüner«, »gelber« oder »roter« Flächenfärbungen markieren. Diesen Ansatz nutzt beispielsweise der norwegische »Bonniers Historiska Atlas«, allerdings bleiben der Kriegseintritt (10. Juni 1940) und die Aktionen gegen Frankreich oder Albanien unbeachtet.1565 In Anbetracht der Provenienz ist vor allem auffällig, dass italienische Atlanten kaum durch große Differenzierungen herausstechen. Große Relevanz besitzt speziell die Kenntlichmachung komplexer Prozesse militärischer Eroberung und Besatzung. Der Gebrauch von Flächenfarben in der Darstellung von Gewinn und Verlust lehnt sich – wie bereits erörtert – dicht an die Gestaltung der über die Leitfarben markierten Mächte an. So wird die »Landnahme« über die farbliche Markierung in Geschichtskarten bestimmt. 1561 1562 1563 1564 1565
Adams; Colle-Michel (Hrsg.): L’atlas d’histoire, S. 155. Latisˇenka (Hrsg.): Naujausiuju laiku istorijos atlasas 10 klasei, S. 16 f. Lambin; Villette (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 80. Diesen Befund bestätigt ebenso die italienische Atlasauswahl. Fowelin; Stamsø (Hrsg.): Bonniers Historiska Atlas, S. 46.
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Weitere wichtige Aspekte stellen temporaler Zuschnitt und die Gestaltung der Kartenfolge dar. Dabei werden die Zeitschnitte exakt so gelegt, dass zumeist die maximale Ausdehnung oder Initiative einer Kriegspartei abgebildet wird. Diesbezüglich treten einige Besonderheiten hervor, die oft auf einer besonderen Perspektive beruhen oder generell aus der Verwendung traditioneller Farben resultieren. In der gesamten Atlasauswahl tritt deshalb die »blaue« und »braune« Gestaltung der Achsenmächte sehr häufig in Zeitschnitten mit maximaler Gebietsausdehnung auf und wirkt somit auf den Rezipienten als die das europäische Festland fest dominierende Kraft. So zeigt zum Beispiel der polnische »Geschichtsatlas« vom Verlag »Demart« im Zeitschnitt 1939 – 43 im Spiel mit der Farbe die Expansion des »Faschismus«, die den gesamten Kontinent betrifft und damit eindeutig auf Kontraste setzt.1566 Vor allem mit Blick auf die Geschichtskarte zur militärischen Niederwerfung der »Achse« Ende des Krieges 1944 – 45 bilden so die generalisierten Gegensätze von Gewinn und Verlust in »blau« oder »grün« über die Farbwahl einen klaren Schwerpunkt.1567 (K.abb. 9.16.) Darüber hinaus liefert der Blick auf Spanien, die Schweiz und Schweden in Europakarten zum Zweiten Weltkrieg eine Vielzahl von Darstellungen, die die »Neutralen« über die Farbsignatur größtenteils in Abgrenzung zu den Achsenmächten positionieren. Die meisten Atlasprojekte entscheiden sich für eine farblose Gestaltung der am Konflikt »unbeteiligten« Staaten, dicht gefolgt von einer ebenfalls noch deutlichen Präferenz für helle Farbtöne im Bereich der Variation »gelber« und »roter« Abstufungen. Kartenabbildungen die auffällige Akzentuierungen im Bereich der »Achsenmächte« setzen, erscheinen in der untersuchten Auswahl nur vereinzelt, wobei, wie etwa im britischen »Longman World History Atlas«, die Übersichtlichkeit der Weltkriegsdarstellung noch vor der ausgiebigen Differenzierung steht.1568 Die Analysen zur Markierung der »Neutralen« verweisen auf das begrenzte Farbspektrum in der Veranschaulichung des Zweiten Weltkriegs, da zumeist helle, »gelbliche« oder »rötliche« bis zu »farblosen« Signaturen die »unbeteiligten« Länder und dunkle, Braun-, Blau- und Grautöne die expansiven Achsenmächte markieren. Somit bestimmt der Kontrast wiederum die allgemeine Ausrichtung und Präferenz von Farben in den Geschichtskarten. Der niederländische »Bosatlas van de Wereldgeschiedenis« vom Verlag »Nordhoff«1569 nimmt auf diese Weise über die Darstellung der »neutralen« Staaten in fast »farbloser« Gestaltung die Unterscheidung vor, die Abstufungen über die »gel-
1566 Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; szkoła podstawowa, S. 60. 1567 Ebd.: S. 63. 1568 Longman, Addison – Wesley (Hrsg.): Longman World History Atlas, Longman, Harlow 1996, S. 46. 1569 Kuipers; Van Hooff (Hrsg.): Bosatlas van de Wereldgeschiedenis, S. 30.
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ben« Einfärbungen der Alliierten bis zum »kräftigen blau« der Achsenmächte erkennen lässt. Eine bis ins kleinste gehende Gliederung der Abbildung über das gesamte Farbspektrum ist hingegen schwierig. So orientiert sich die Darstellung Spaniens im Zweiten Weltkrieg daher fast ausnahmslos an der Leitfarbe der übrigen »neutralen« Staaten, obwohl in Kenntlichmachung einer qualitativ abstufenden Bezeichnung vor dem historischen Hintergrund der »Franco-Diktatur« denkbar wäre.1570 Da aber die Macher der Geschichtskarten ein übersichtliches und kontrastierendes Bild des Weltkriegskonflikts wiedergeben möchten, sind feine Nuancierungen, die größere Einzelheiten und Gesichtspunkte über die Karte transportieren, doch eher die Ausnahme. Gleichwohl können Generalisierungen beziehungsweise didaktische Reduktionen in manchen Atlasproduktionen zur Problematik der zumeist unbewussten Wiedergabe einseitiger Selbst- und Fremdbildern führen, die hinsichtlich vorbelasteter Auseinandersetzungen in einzelnen Ländern die Diskussion um vereinfachende Stereotypen weiter anfeuern. Des Weiteren erschwert der Einsatz traditioneller Farbmuster insgesamt die Rezeption des komplexen Gegenstands »Zweiter Weltkrieg«, da die fest etablierten Farben im Spektrum von abweichender Zuordnung (»rot für die Sowjetunion«) sowie unpassender farblicher Verortung (»blau« für das »Dritte Reich«) für Verwirrung sorgen. Insgesamt sind zur Entschlüsselung umfangreicher Konventionalisierungen in den Kartenabbildungen angemessene Kartenkompetenzen nötig, die eine fehlerfreie Rezeption eventuell nur über wichtige Kontextualisierungen (Text etc.) ermöglichen. Zusammenfassend bietet die Analyse der Farbgestaltung einen interessanten Einblick in die Vielzahl von Möglichkeiten der Signatur beider Weltkriege. Die Parteien der Kriegsgegner werden zwar zumeist in der Abbildung der militärischen Aktionen in uniformer Farbgebung abgebildet, doch erscheinen insbesondere im Kontext des Zweiten Weltkriegs kleinere Abstufungen, womit Autoren einzelner europäischer Geschichtsatlanten auf die komplexen Hintergründe der Weltkriegskonflikte reagieren. Die farbliche Gestaltung wird überwiegend genutzt, um »zuzuordnen« und »abzugrenzen«. Dabei spielt vor allem die Wahl des Zeitschnitts in Geschichtskarten eine große Rolle, da sich Abbildungen in der konkreten Zeitpräferenz an die jeweiligen Zustände der Geschichte binden und sie somit zum Beispiel die Rolle der Sowjetunion als Partner Deutschlands im »Hitler-Stalin-Pakt« (un-)sichtbar machen. Dieser Aspekt deutet an, dass durch Akzentuierungen und Vereinfachungen auch über die Kolorierung in Atlanten ungewohnte, aber dennoch wichtige Blickwinkel auf die Geschichte entstehen können. Dass Farbmarkierungen aber noch in viel größerem Maße symbolisch wir1570 Vgl. Minehan: Civil war and world war in Europe; Bernecker : Spanische Geschichte.
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ken, lässt sich ebenso an der Kennzeichnung der »neutralen« Staaten erkennen, die oftmals in hellen Einfärbungen oder sogar in einem unschuldig anmutendem »weiß« aus dem Kartenbild herausstechen. Besonders auffallend sind Akzentuierungen, die sich an traditionellen Farbmustern orientieren. Viele europäische Atlasproduktionen nutzen zur Abbildung des Ersten Weltkriegs deshalb unverändert für die Staaten der Entente »Britischrot« und für die Mittelmächte »Preußischblau«. Die Betrachtung des Zweiten Weltkriegs offenbart demgegenüber vor allem Wechsel in der Farbzuordnung, indem die Kartenmacher »rot« der Sowjetunion zuweisen und die West-Alliierten dazu in kontrastierenden Farben veranschaulichen sowie für die Achsenmächte neben »blauen« auch »braune« Töne wählen. Gleichwohl zeigen die Europakarten vielfach immer noch »konventionelle« Farbmuster, die in jeweiliger Betonung (kulturelle Präferenz) die Kolorierung des Konflikts prägen. Im Ganzen vereinfachen viele Kartenautoren das Kartenbild durch die Wahl zweier Leitfarben für die jeweiligen Kriegsparteien, was dazu führt, dass beispielsweise neutrale Staaten durch die farbliche Generalisierung ins Lager der Entente beziehungsweise der Alliierten rücken. Ebenso oft wird in Atlanten das Bündnis der »Achse« in identischer Markierung visualisiert, sodass die Partner in qualitativer Bewertung als offenkundige Einheit auftreten und damit einen pauschalen Eindruck zu ihrer Rolle im Zweiten Weltkrieg hinterlassen. Im Kontext einer Überwindung einseitiger Selbst- und Fremdbilder oder sogar Feindbilder verursacht die Farbwahl infolge der Generalisierung Schwierigkeiten, da häufig über die klare Zuordnung in jeweilige Lager Kolorierungen nur allzu leicht verallgemeinernde Aussagen über die Teilnehmer am Weltkrieg ermöglichen. Ferner stellt speziell die Verwendung klassischer Farbmuster wie zum Beispiel das »Preußischblau« für das nationalsozialistische Deutschland eine problematische Kennzeichnung dar, weil Kartenautoren mit diesem Schritt das »Dritte Reich« allein hinsichtlich des farblichen Designs in der Kontinuität der letzten 200 Jahre deutscher Geschichte verorten ohne dabei die historischen Besonderheiten im Spektrum von Diktatur und Völkermord zu beachten. Debatten zur These vom »Deutschen Sonderweg« oder zur »Fischer-Kontroverse« drängen sich in diesem Zusammenhang natürlich auf, können aber im Kartenbild nicht als Begründung oder Erklärung vorgebracht werden.1571 Somit
1571 Vgl. Jarausch: Der nationale Tabubruch; Schöllgen: Griff nach der Weltmacht?; Fischer : Griff nach der Weltmacht; Große-Kracht, Klaus: »An das gute Gewissen der Deutschen ist eine Mine gelegt«. Fritz Fischer und die Kontinuitäten der deutschen Geschichte, in: Danyel; Kirsch; Sabrow (Hrsg.): 50 Klassiker der Zeitgeschichte, S. 66 – 70; Fischer, Fritz: Hitler war kein Betriebsunfall. Aufsätze. München 1992; Nipperdey, Thomas: 1933 und die Kontinuität der deutschen Geschichte, in: Historische Zeitschrift 227 (1987), S. 86 – 111;
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liegen in alternativen Visualisierungen, wie beispielsweise die Nutzung der Farbe »braun«, sinnvolle Ansätze in der Gestaltung des nationalsozialistischen Deutschlands. Das genannte Beispiel soll hier nur exemplarisch verdeutlichen, welche Gedanken sich mit der farblichen Markierung der Mächte beider Weltkriege verbinden und wie einflussreich sich Farbpräferenzen auf die Ausbildung von Aussagen in der Rezeption von Geschichtskarten auswirken können.
9.3. Grenzen in der kartographischen Darstellung von Kriegsgeschichte – Die Aufgabe und Bedeutung von Kartenergänzungen im Atlas Der deutsche Historiker Karl Schlögel sieht das Grundproblem der Kartographie von Geschichte in der zweidimensionalen Abbildung räumlicher Verhältnisse, denn es entstehen über die Visualisierung von Gleichzeitigkeit »qualitative Schranken«, die im andeutenden und symbolisierenden Charakter der Karte liegen ohne dabei auf Folgen oder Konsequenzen hinzuweisen.1572 Im Gegensatz zu anderen Darstellungsformen reduzieren Geschichtskarten die Komplexität historischer Verhältnisse und strukturieren beziehungsweise komprimieren Aussagen über Geschichte – somit wird die Karte zum grafischen Konstrukt.1573 Ihre Charakteristik liegt insbesondere in der Verdichtung von Information, was aber auch bedeutet, dass sie keine Begründungen liefern und auf Erklärungen, Problemformulierungen, Deutungen und Wertungen verzichten. Entdeckungsreisen werden zum Beispiel so zu »linearen Trassen«1574 entwertet und der deutsche Überfall auf die Sowjetunion wirkt wie ein gewöhnlicher Krieg ohne den ideologischen Hintergrund eines Rassen- und Vernichtungskrieges. Die Mehrheit der europäischen Geschichtskarten zu den beiden Weltkriegen beschränkt sich auf die Übermittlung von Basisinformationen (Bündnisse, Ablauf des Kriegs etc.). Allerdings besitzt die Kartensprache (Zeichen) genauso Möglichkeiten komplexere Hintergründe zu den Konflikten zu übermitteln. So nutzen beispielsweise die Autoren des »Times Atlas of World History« Kartenzeichen zur Abbildung von Meutereien und Unruhen im revolutionären Kontext des Ersten Weltkriegs. Jedoch erscheint hier gleichermaßen der Mangel fehlender Kontextualisierung als Problem in der Kartenrezeption. Die Karte verGrebing, Helga; Brelie-Lewien, Doris von der ; Franzen, Hans-Joachim: Der »deutsche Sonderweg« in Europa 1806 – 1945. Eine Kritik. Stuttgart 1986. 1572 Vgl. Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit, S. 97. 1573 Vgl. Sauer: Geschichte unterrichten, S. 205. 1574 Vgl. Böttcher : Theoretische und praktische Aspekte zur Schulgeschichtskartographie, S. 55 – 56.
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weist zwar auf die Wichtigkeit der Umwälzungen am Kriegsende, sie kann aber nicht die dahinter stehende soziale Ideologie und gesellschaftliche Streitfragen visualisieren.1575 (siehe K.abb. 9.7.) Speziell in der Darstellung der Weltkriege offenbart sich die Limitierung des Kartenmediums, die auch der geschickte Einsatz von Kartenzeichen und -farben nicht überwindet. So erlaubt die Signatur zwar die Orte von militärischen Ereignissen, Schlachten, Bombardierungen, Kapitulationen oder Friedensschlüssen zu veranschaulichen, die dahinter stehenden Schicksale, zivilen Opfer, Kriegsverbrechen, Besatzungsregime, Terrorhandlungen, Massenvernichtung, Kriegsgefangenen, Verhandlungen, Bestrafung der Täter aber bleiben unerwähnt. Genauso kann die Farbgebung nur grob die Kriegskoalitionen bestimmen und eventuell Aufklärung über eine ideologische Einordnung von »Handelnden« bieten. Dabei scheitern die Kartenabbildungen oftmals schon an der Gestaltung einfachster Inhalte zur Politikgeschichte, denn Überblickskarten zu den Weltkriegen geben nur selten Auskunft über die genauen politischen Verhältnisse, die Regierungsbildung oder die Lage in der Bevölkerung (Heimatfront). Darüber hinaus wird das Spektrum des Weltkriegsgeschehens noch durch die Gewichtung von staats- und militärgeschichtlichen Aspekten eingeschränkt. Deshalb fließen lediglich einzelne Teilstücke der Weltkriegsgeschichtschreibung in Geschichtskarten ein. Sie beschränken sich somit hauptsächlich auf die Vermittlung von Basisdaten. Die Kartendarstellungen in den europäischen Geschichtsatlanten können daher größtenteils als homogene, konventionalisierte Schilderungen der Weltkriegsgeschichte betrachtet werden. Aufgrund der Schwächen auf Zusammenhänge nur unzureichend zu verweisen, greifen manche Atlaspublikationen auf visuelle, grafische oder textuelle Elemente als Ergänzung zu den Karten zurück. Ein gutes Beispiel zur Nutzung von Erweiterungen in Vermittlung eines vielschichtigen Kriegsgeschehens in Atlanten ist die Thematisierung des Bombenkriegs, die sich in wenigen Veröffentlichungen einzig mit Hilfe von Beifügungen zur Geschichtskarte abbildet. In vielen Geschichtsatlanten wie dem italienischen »Atlante di storia« vom Verlag »Mondadori« werden Ortssignaturen zur Markierung von bombardierten Städten gebraucht ohne mehr über das sich hinter dem Kartenzeichen verbergende Schicksal und Leid der Menschen der betroffenen Städte preiszugeben.1576 Im »dtv-Atlas Weltgeschichte« verzichten hingegen die Autoren gänzlich auf die Visualisierung von Bombenopfern in Karten und stellen den Darstellungen zum Weltkrieg eine Statistik zum 1575 Barraclough; Stone (Hrsg.): The Times Atlas of World History, S. 24. 1576 Noja, Tea; Tavasani, Patrizia (Hrsg.): Atlante di storia. Mondadori Scuola, Mailand 2000, S. 65.
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Luftkrieg zur Seite.1577 Häufig weisen auch Illustrationen oder historische Fotos auf die Bedeutung des Luftkrieges in Verbindung mit der Kartenabbildung hin. Der italienische »Atlas zur Weltgeschichte« vom Verlag »de Agostini« bietet zum Beispiel eine flankierende Fotoaufnahme zu deutschen Bombern sowie einer Zeichnung aus der italienischen Wochenzeitung »La Domenica del Corriere« zur Bombardierung von Malta an.1578 (K.abb. 9.17.) In Ergänzung der sachlichen Ebene von Kartendarstellungen geht es in den genannten Beispielen um die Annahme, dass bestimmte Aspekte des Krieges, die die emotionale Dimension von Leiden, Tod und Zerstörung umschreiben, im objektivierenden Zeichensystem der Karte untergehen. Die dramatische Seite des Krieges versuchen die Autoren der Atlanten hingegen durch multimodale Elemente (Bilder, Grafiken, Statistiken etc.) zu verdeutlichen. Speziell historische Fotos und Illustrationen zu Kampfhandlungen, zivilen Opfern, Verwüstungen und Kriegsschäden verweisen in vielen Geschichtsatlanten als kontextualisierende Erweiterung zur Geschichtskarte auf das Schicksal der millionenfachen Opfer. Atlaselemente neben der Karte visualisieren beispielsweise durch Bilder von »abgekämpften« Soldaten in Trümmerlandschaften1579, von Verbrechen an der Zivilbevölkerung1580 und der von Bomben zerstörten Städte1581 Dimensionen des Krieges, die auch auf die Hintergründe und die Dramatik des Geschehens verweisen.
Abbildung 9.9.: Historische Fotos als visuelle Ergänzungen zur Geschichtskarte – Die Dramatik der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten (Von links nach rechts in Weber, Latisˇenka und Bertin, siehe Fußnote 1581, 1579 und 1580).
Das anonyme Massensterben wird durch die Darstellung eines Individuums und seines Schicksals auf diese Weise im Atlas hervorgehoben, was sich bei-
1577 1578 1579 1580
Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 478. Vaighi (Hrsg.): Atlante Storico Del Mondo (De Agostini), S. 170 f. Latisˇenka (Hrsg.): Naujausiuju laiku istorijos atlasas 10 klasei, S. 17. Bertin; Vidal-Naquet (Hrsg.): Historischer Bild-Atlas – Daten und Fakten zur Weltgeschichte, S. 280. 1581 Weber (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas, S. 71.
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spielhaft am vielfach Stalin zugeschriebenen Zitat »Der Tod eines einzelnen ist eine Tragödie, der Tod von Millionen Statistik« passend widerspiegelt.1582 Erklärende Gesichtspunkte zur Weltkriegsgeschichte, die über die reine Abbildung der Kriegszüge hinausgehen, werden daher häufig in den Geschichtsatlanten durch das multimodale Zusammenspiel von Karten, Illustrationen, Bildern und Fotos eingebunden. Genaue Aussagen über die Qualität und Hintergründe des Kriegsgeschehens können Kartenzeichen oder Farben in Geschichtskarten zumeist nicht liefern. Sie stoßen somit an die Grenzen des mit den Mitteln der Kartographie »Darstellbaren«. Vor allem Kartenergänzungen ermöglichen in Geschichtsatlanten die Übermittlung von Zusatzinformationen, die gegebenenfalls die Visualisierungen um vielfältige Zusammenhänge und Erkenntnisse erweitern. Wie im Beispiel zum Luftkrieg nutzen Atlanten oft Belege mit Beweiskraft, die als Diagramme, Schaubilder, Zeitleisten oder Chronologien in Beifügungen auftauchen. Genauso verwenden sie auch kurze lexikographische Texte und Notizen zu unterschiedlichen Zusammenhängen insbesondere Informationen zu Personen, die genauso wie visuelle Erweiterungen über Grafiken und Bilder die Geschichtskarte flankieren. Vor allem der Text ist in der Lage, Einordnung in den Bedeutungszusammenhang einer Epoche zu geben und die Erläuterung von Ursachen und historischen Bezügen zu leisten. Das Ausmaß der Weltkriege im Kontext technisierter Kriegsführung von modernen Waffen oder die Auswüchse eines ideologischen Rassen- und Vernichtungskriegs abzubilden, kann keine Karte leisten. Textuelle Erörterungen liefern hingegen Aspekte und Zusammenhänge zu Hintergründen, vorwiegend zu den handelnden Akteuren. Die Autoren des französischen Atlas »Weltgeschichte« vom Verlag »Quest-France« bemühen sich beispielweise über die Bereitstellung kurzer biographischer Daten wichtige Aufklärung über die den Zweiten Weltkrieg bestimmenden Personen zu geben (zum Beispiel Charles De Gaulle, Adolf Hitler usw.). Daneben erlaubt eine Chronologie in Kombination mit der Karte die Verortung von Ereignissen und Abläufen im Zeitzusammenhang, um somit relevante Gesichtspunkte in einer temporalen Übersicht zusammenzufassen.1583 Dass auch visuelle Elemente bisweilen die Geschichtskarte erweitern und in manchen Geschichtsatlanten sogar im Kartenbild Platz finden, wurde bereits angesprochen. In einigen Atlasproduktionen zeigt die Gestaltung einer Atlasseite allerdings mehr als nur vereinzelte Illustrationen und Fotos zur Ergänzung der Karte. Große Beliebtheit besitzt die bildhafte Ausgestaltung einzelner Abschnitte in 1582 Vielmehr belegen Quellen den Ursprung des Zitats bei Kurt Tucholsky, vgl. Tucholsky, Kurt: Lerne lachen ohne zu weinen. Berlin 1932. 1583 Merienne (Hrsg.): Atlas Historique du Monde, S. 3.
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osteuropäischen Geschichtsatlanten, die insbesondere hinsichtlich der kriegerischen Konflikte der Neuzeit, die militärischen Auseinandersetzungen mit einer Vielzahl von Einheiten und Waffen inner- und außerhalb der Kartendarstellung veranschaulichen. Dabei nehmen die Ergänzungen deutlichen Einfluss auf Geschichtskarten, da sie im multimodalen Zusammenspiel einzelner Atlaselemente gezielt in die Rezeption einrücken. In einigen Fällen greifen die Illustrationen und Bilder derart massiv in die Vermittlung und Visualisierung der Weltkriegsgeschichte ein, dass Ergänzungen in einer von »Schlachtengetümmel«, Waffen- und Militärtechnik überquellenden Darstellung die Informationsentnahme fast unmöglich machen.1584 In manchen Atlanten treten die Weiterungen sogar in Gestalt bildhafter Signaturen innerhalb der Karten auf, wodurch militaristisch-patriotische Tendenzen noch viel extremer in den Fokus gelangen. Einsatz und Auswirkungen verschiedener Waffen werden dagegen nicht kontrovers diskutiert. (siehe K.abb. 7.16.; K.abb. 9.18.; K.abb. 9.19.) Des Weiteren enthalten neben bulgarischen, rumänischen, ukrainischen, tschechischen, ungarischen und weißrussischen Geschichtsatlanten vor allem polnische Veröffentlichungen konkrete Ergänzungen zu Operationen, Truppenbewegungen und Detailplänen von Schlachten.1585 Die Relevanz der »Schlachtpläne« betont ausdrücklich die große nationalgeschichtliche Bedeutung des Kriegsgeschehens. (siehe K.abb. 7.18.; 7.19.) Genauso sind russische Atlanten in Bezug auf den »Großen Vaterländischen Krieg« sehr detailliert. Speziell Visualisierungen konkreter militärischer Gegenstände und Waffen stehen in russischen Atlaspublikationen (Atlanten zur Vaterlandsgeschichte/ Russische Geschichte) im Vordergrund, wobei die Autoren teilweise massiv die Abbildung von Militärtechnik betreiben.1586 Gerade die visuellen Elemente (Bilder) wirken im multimodalen Zusammenspiel auf der Atlasseite heroisierend, zum Teil sogar personalisierend, was die verschiedenen Portraits von Kriegshelden (Generäle, Partisanen etc.) auf einzelnen Atlasseiten eindrucksvoll belegen.1587 (K.abb. 9.18.) Allein die Geschichtsatlanten aus Russland oder Ungarn machen hinsichtlich des Blicks auf die »überfrachtende« teils »militaristische« Wirkung vielfältiger Ergänzungen deutlich, dass über die ausführliche Abbildung von Militär- und 1584 Vgl. u. a. Perovici (Hrsg.): Istorie universala˘ ; atlas s¸colar ilustrat, S. 94 f; Bencsik; Horvth; Horvth (Hrsg.): Tört¦nelmi Atlasz, S. 38; Mandelov (Hrsg.): Novoveˇk II, S. 45; vgl. auch Drasˇkovic´ ; Lucic´ (Hrsg.): Zgodovinski atlas za osnovno sˇolo, S. 46 f. 1585 Vgl. u. a. Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Szkoła s´rednia, S. 22 ff. 1586 Vgl. u. a. Vancˇin, V. A. (Hrsg.): Atlas; Istorija otecˇestva; 3 – 5 klass. Izdat. Dom Drofa, Moskau 1998, S. 18 f. 1587 Gradskova, Elena P.; Samsonova, Aleksandr I. (Hrsg.): Sˇkol’nyj atlas po istorii Rossi; s drevnejsˇich vremen do nasˇich dnej; posobie dlja ucˇasˇcˇichsja 10 – 11 klassov obsˇcˇeobrazovatel’nych ucˇrezˇdenij. Prosvesˇcˇenie, Moskau 1997, S. 81 ff.
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Kriegstechnik, die Verfolgung von Ansätzen einer kontroversen Diskussion der Gewaltanwendung (Friedenspädagogik) sowie einer damit verbundenen wertfreien Betrachtung der Weltkriege so gut wie unmöglich ist.1588 Der ohnehin schon große Anteil von Militärgeschichte wird über solche Visualisierungen um ein Vielfaches intensiviert und führt zu einer vollkommen auf militärhistorische Inhalte beruhenden Auseinandersetzung.1589 (K.abb. 9.19.) Im Ganzen sind die Grenzen von Geschichtskarten in erster Linie im Defizit begründet, nur minimal auf Kontexte beziehungsweise Hintergründe zu verweisen. Die Gestaltungsmöglichkeiten von Signaturen, Farbgebung und Perspektivierung vermitteln vor allem ein konventionalisiertes Bild im Rahmen einer europäischen »Leidfadengeschichte«, die sich größtenteils standortbezogen auf staats- sowie militärgeschichtliche Aspekte beschränkt. Ergänzende Elemente helfen zwar im multimodalen Zusammenspiel das Problem der vermeintlichen Objektivierung in Ansätzen zu lösen, da sie beispielsweise Opferperspektiven und damit die dramatischen Auswirkungen des Krieges in die Betrachtungen von Geschichtsatlanten einbeziehen. So können visuelle Kontextualisierungen einzelne differenzierende Gesichtspunkte zur Weltkriegsgeschichte liefern. Allerdings heben sie selten die Vermittlung von Geschichte auf eine trennscharfe Stufe. Bilder sind demzufolge ebenfalls nur als Schlaglichter anzusehen. Daher können Atlanten durch visuelle Elemente genauso den Blick auf das Zeitalter der Weltkriege einseitig beeinflussen, denn gerade Bilder zur Militärtechnik oder Befehlshabern befeuern eine militaristisch-patriotische Sichtweise des Konflikts. Durch Verdichtung bauen militärhistorische Abbildungen eine große Distanz zu einer kritischen Beschäftigung mit der Kriegsgeschichte auf, die damit inhaltlich die Vermittlung von Konfliktlösungen und Kriegsvermeidung jenseits stereotypsierender Selbst- und Fremdbildern deutlich verfehlt. Außerdem sind für die ideale Aufbereitung des Themas gezielte Visualisierungen in Abkehr von traditioneller Staaten- und Militärgeschichte notwendig, um eine ausgewogene multiperspektivische Darstellung der Epoche inklusive wichtiger Hintergründe und Zusammenhänge bereitzustellen.
1588 Behler : Verständigung wächst aus Verstehen, S. 27 – 32; Pingel: Schulbücher, S. 63 – 72. 1589 Vgl. u. a. Ýrpd: K¦pes tört¦nelmi atlasz, S. 38 f.
10. Grenzdarstellungen und Geschichtskultur – Geschichtskarten aus (Ost-) Mitteleuropa und ihre vielschichtigen Kontexte
Zum Abschluss der Arbeit richtet die Analyse den Blick auf die Visualisierung von Grenzen in Geschichtskarten. Dabei ermöglicht die Reflexion verschiedener Rezeptionsebenen eine Untersuchung der Kartensprache, die über die Aspekte der Entstehung von Kartenzeichen wiederum an den Hauptteil der Studie anschließt. In einem zweiten Schritt wird die Grenzdarstellung innerhalb und außerhalb des Atlas auf unterschiedlichste sozio-kulturelle Einflüsse durchleuchtet und an Fallbeispielen die Verflechtung mit aktuellen Diskursen beziehungsweise der signifikante Bezug zu landesspezifischen »Erzählungen« herausgestellt. Kontextanalysen zur Geschichtskultur aller europäischen Staaten kann diese Arbeit nicht bewältigen, zudem sind Korrelationen für die große Masse an Atlasproduktionen ebenso schwer nachweisbar. Gleichwohl bietet sich insbesondere Ostmitteleuropa für eine Untersuchung an, da gerade dort Grenzen häufig zum politischen Thema werden und darüber kontroverse Raum- und Geschichtsbilder in Karten eingehen. Vor dem Hintergrund von Grenzziehungen und -konflikten bestehen für die Zeit der Weltkriege vielschichtige Bezüge, die speziell in der Verschränkung inhaltlicher und kartenmethodischer Elemente in Karten auftauchen. Grenzsignaturen auf Geschichtskarten vermitteln dem Kartennutzer in der Regel ein Gefühl der Objektivität und Eindeutigkeit, indem sie den Anspruch erheben, Grenzräume lagegetreu differenziert zu visualisieren. Kartenautoren stehen allerdings vor einer schwierigen Aufgabe, wenn sie die »Wandelbarkeit«, »Durchlässigkeit« und »Willkürlichkeit« von Grenzen mit Hilfe der kartographischen Grundelemente Punkt, Linie und Fläche visualisieren wollen.1590 Schließlich birgt der Grenzbegriff eine Vielfalt an Differenzierungen, die von politischen und historischen Grenzen über kulturelle, ethnische
1590 Vgl. Weinbrenner, Uta: Europas Grenzen. Anregungen zu ihrer Darstellung in Schulbüchern für Geographie, in: Internationale Schulbuchforschung 18 (1996) 1, S. 65; Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 37.
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und sprachliche Grenzen bis hin zu mentalen Grenzen reichen.1591 Überdies veranschaulicht die Betrachtung historisch gewachsener »Grenzen«, dass diese nicht durch die Beobachtung der Natur, im Sinne sogenannter »natürlicher Grenzen« entstehen, sondern sich durch handelnde Menschen konstituieren und jeweils nach Interessen und politischen Lagen interpretiert aber auch verändert werden können.1592 Demzufolge verbergen sich hinter den abstrakten und generalisierten Visualisierungen insbesondere zur Grenzziehung in der Weltkriegsepoche hochverdichtete historische Prozesse und Ereignisse, die ohne Einbindung von Kontexten und Einbettung in »Narrationen« nicht erzählt werden können. Eine konkrete Entschlüsselung ist sowohl vom Vorwissen als auch von der spezifischen Kartenkompetenz des Kartenlesers beziehungsweise Kartennutzers ebenso abhängig wie von der inhaltlichen Kontextualisierung. Hinsichtlich des Wandels von Grenzen im Europa des 20. Jahrhunderts kann der Vergleich von Geschichtsatlanten interessante Aspekte zur kartographischen Abgrenzung herausstellen.1593 Besonders in Ostmitteleuropa stellen Geschichtskarten als Lehrmittel einen wichtigen Teil der Vermittlung und Vertiefung nationaler Geschichte dar und unterstützen so die historische Legitimierung (oder Negierung) gegenwärtiger Grenzen. Außerdem verweisen Karten indirekt auf Hintergründe zur territorialen Neuordnung nach einem Krieg wie zum Beispiel Zwangsumsiedlung, Flucht und Vertreibung.1594 Karten können in Form einer historisch-visuellen Narration bestimmte Gesichtspunkte akzentu1591 Vgl. FranÅois, Etienne; Seifarth, Jörg; Struck, Bernhard (Hrsg.): Die Grenze als Raum, Erfahrung und Konstruktion. Deutschland, Frankreich und Polen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Frankfurt/Main 2007; Becker, Joachim; Komlosy, Andrea (Hrsg.): Grenzen weltweit. Zonen, Linien, Mauern im historischen Vergleich. Wien 2004; Kaser (Hrsg.): Europa und die Grenzen im Kopf; Müller, Michael G. (Hrsg.): Die Nationalisierung von Grenzen. Zur Konstruktion nationaler Identität in sprachlich gemischten Grenzregionen. Marburg 2002; Lemberg (Hrsg.): Grenzen in Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert; Haslinger, Peter (Hrsg.): Grenze im Kopf. Beiträge zur Geschichte der Grenze in Ostmitteleuropa. Frankfurt/Main 1999. 1592 Demandt, Alexander : Die Grenzen in der Geschichte Deutschlands, in: Demandt, Alexander (Hrsg.): Deutschlands Grenzen in der Geschichte. München 1991, S. 19. 1593 Vgl. Dolezel, Heidrun (Hrsg.): Die Tschechen und ihre Nachbarn. Studien zu Schulbuch und Schülerbewusstsein. Hannover 2006; Maier (Hrsg.): Zwischen Zählebigkeit und Zerrinnen; Stöber (Hrsg.): Grenzen und Grenzräume in der deutschen und polnischen Geschichte; Maier (Hrsg.): Tschechen, Deutsche und der Zweite Weltkrieg; Sperling, Walter : Die deutsche Ostgrenze sowie polnische West- und Nordgrenze in deutschen Schulatlanten seit 1946. Frankfurt/Main 1991. 1594 Vgl. Borodziej, Włodzimierz: Flucht – Vertreibung – Zwangsaussiedlung, in: Lawaty ; Orłowski (Hrsg.): Deutsche und Polen, S. 88 – 95; Strobel, Thomas; Maier, Robert (Hrsg.): Das Thema Vertreibung und die deutsch-polnischen Beziehungen in Forschung, Unterricht und Politik. Hannover 2008; Maier (Hrsg.): Tschechen, Deutsche und der Zweite Weltkrieg.
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ieren, um damit Raum- und Geschichtsbilder zu konstruieren oder vielmehr zu transportieren. Sie liefern auf diese Weise Identitätsangebote und Wirklichkeitsentwürfe, die zu einflussreichen Instrumenten von Sinnbildungsprozessen werden.1595 Daneben erlauben Karten die Abbildung von Orten der Erinnerung oder dienen darüber hinaus als Selbstbild und der Mythenbildung, indem in verschiedenen Kontexten Akteure über Kartenmaterial an vergangenheitsbezogene Praktiken, Vorstellungen, Kontroversen oder Diskurse anknüpfen.1596 Im folgenden Teil stellt der Vergleich von europäischen Geschichtskarten einzelne Visualisierungsmuster zu Grenzdarstellungen heraus, um vor allem die Probleme in der Verwendung und Rezeption von Kartenzeichen zu ermitteln, über die sich durch Emotionalisierung und erinnerungskulturelle Aufladung persistente Geschichtsbilder oder mentale topographische Konstrukte ergeben können. (10.1.) Ferner lassen sich Verbindungslinien zwischen Geschichtskarten und Kartendarstellungen in geschichtskulturellen Zusammenhängen freilegen, wobei der Sachverhalt aufgegriffen wird, dass sich die Abbildungen auf bestimmte Diskurse beziehen und damit verschiedene sozio-kulturelle Kontexte auf die Entstehung einwirken. (10.2.)
10.1. Die Abbildung von Grenzen in Geschichtskarten – Die Reflexion unterschiedlicher Darstellungsebenen In Anlehnung an die Gedanken zum »extrasignifikanten Verweischarakter«1597 von Karten, dass diese immer auch Weltbilder, Hierarchien und Zuschreibungen transportieren, wird die Analyse von Grenzdarstellungen auf verschiedene Ebenen übertragen. Dabei wird zunächst unterschieden zwischen einer »Ebene des visuell Darstellbaren« (1), die spezielle Aspekte der Grenzsignatur aus einer methodisch-transdisziplinären Perspektive fokussiert und daran anschließend einer »Ebene der historisch-visuellen Aussage« (2), die Grenzsignaturen aus einer synchronen-transnationalen Perspektive beleuchtet. Die Analyseebenen sind wie auch die Typisierung von Grenzdarstellungen durch fließende Übergänge und Überschneidungen gekennzeichnet. Zur Erschließung zieht die Untersuchung Europa- sowie Ostmitteleuropakarten heran. 1595 Vgl. Schelhaas, Bruno; Wardenga, Ute: »Inzwischen spricht die Karte für sich selbst«. Transformation von Wissen im Prozess der Kartenproduktion, in: Siegel, Steffen; Weigel, Petra (Hrsg.): Die Werkstatt des Kartographen. Materialien und Praktiken visueller Welterzeugung. Paderborn 2011, S. 89 – 107. 1596 Vgl. Böttcher, Christina: Die (Un-)Möglichkeit Grenzen auf Karten zu verstehen, in: Die Macht der Karten oder : was man mit Karten machen kann, Eckert.Dossiers 2 (2009), URL: http://www.edumeres.net/urn/urn:nbn:de:0220-2009-0002-085. [Stand: 30. 10. 2012]. 1597 Vgl. Wood: The Power of Maps, S. 111 ff.; Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit, S. 146 f.
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Grenzdarstellungen und Geschichtskultur
10.1.1. Der Raum des visuell Darstellbaren – Grenzdarstellungen auf Geschichtskarten (Ebene I) Grenzen können in Geschichtskarten sehr unterschiedlich visualisiert werden. Neben der »Grenzsignatur«, die in ihrer linearen Form und Farbgebung stark variieren kann, dient auch die Farbe selbst als Abgrenzungsinstrument. Die Liniensignatur verweist insbesondere durch »Zeichenstärke, Farbe, Gerissenheit oder Punktierung« auf den jeweiligen Grenzstatus und den Status des durch Grenzen markierten Gebietes.1598 Daneben kann Schrift, beispielsweise in Form von Beschriftungen, ebenfalls über Zustände und Zugehörigkeiten aufklären und damit grenzbeschreibende Funktion haben. Ausgehend vom Ansatz der Kartosemiotik nach Charles S. Peirce1599 unterliegt die Wahrnehmung der kartierten Grenzsignatur allerdings einem viel größerem Spektrum von Einflussfaktoren, die auf den Rezipienten einwirken, wie dem individuellen Vorwissen, der damit eng verbundenen »mental map«, dem soziokulturellen Hintergrund und wahrnehmungspsychologischen Aspekten.1600 In seiner Theorie der »geopolitischen Signatur« visualisierte zum Beispiel der deutsche Programmatiker der Geopolitik Rupert von Schumacher bereits 1935 grundsätzliche »Grenzsignaturen unterschiedlicher Qualität« von Naturgrenzen bis hin zu Kampf- und Volkstumsgrenzen, die ideologisch aufgeladen im Sinn und Zweck den Raumdeterminismus der NS-Zeit unterstrichen.1601 Ferner erklärt der ostdeutsche Historiker Rudi Ogrissek 1968 in der Beurteilung von Liniensignaturen, dass »Grenzen in einer bestimmten Wertreihe stehen«, die es ausdrücklich in Kenntlichmachung ihrer Qualität durch graphische Gestaltung zu beachten gelte.1602 Für aktuelle Geschichtskarten aus europäischen Geschichtsatlanten lässt sich hingegen aufgrund immer wiederkehrender Muster auf der Darstellungsebene folgende Typologie erkennen: Die »durchlässige« beziehungsweise die »hermetische Grenze« (1) ist als immer wiederkehrender Typ zu bezeichnen. So sind es nicht nur Grenzen, die Kartenautoren »gestrichelt« als Zeichen für Passierbarkeit verwenden, sondern vor allem »breite und ununterbrochene Linien« mit markanter Farbgebung, die Räume voneinander scheinbar hermetisch abgrenzen. Gestrichelte Grenzsignaturen finden sich beispielsweise sehr häufig in Darstellungen zur EU-Ost1598 Böttcher : Umgang mit Karten, S. 237. 1599 Vgl. Peirce: Phänomen und Logik der Zeichen, S. 64 ff. 1600 Vgl. Harley : Deconstructing the map; Hake; Grünreich; Meng: Kartographie, S. 22ff; Downs; Stea: Kognitive Karten, S. 90 ff. 1601 Schumacher, Rupert von: Zur Theorie der geopolitischen Signatur, in: Zeitschrift für Geopolitik XII (1935) 1/6, S. 263; zur historiographischen Einordnung vgl. Osterhammel: Raumbeziehungen, S. 287 – 308. 1602 Ogrissek: Die Karte als Hilfsmittel des Historikers, S. 48.
Die Abbildung von Grenzen in Geschichtskarten
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erweiterung, aber auch die innerdeutsche Grenze oder die Oder-Neiße-Grenze werden auffallend oft gestrichelt dargestellt. Mehrfach erfolgt zur Visualisierung »hermetischer Grenzen«, wie beispielsweise dem »Eisernen Vorhang«, auch in aktuellen Geschichtskarten der Rückgriff auf die gut sichtbare Farbe »Rot«. Auch wenn die Geschichtskarte »Europa in den Jahren 1945 – 1989« aus dem polnischen Geschichtsatlas vom Verlag »Nowa Era«1603 Grenzen unterschiedlicher Qualität visualisiert, ist doch die rotleuchtende breite Linie als »Riss quer durch Europa« im Kontext der System-Grenze zwischen Ost und West die bestimmende Grenzsignatur. Im rumänischen Schulatlas vom Verlag »Corint« gehen die Autoren in der Intensivierung der Demarkationslinie noch einen Schritt weiter und nutzen neben der Farbe »Rot« eine Stacheldrahtsignatur zur symbolischen Aufladung der Grenze.1604 (K.abb. 10.1.) Speziell rote Liniensignaturen tauchen im Zusammenhang mit der Abschottung des »Kalten Krieges« recht oft in Geschichtsatlanten auf.1605 Indes muss in der Betrachtung der Art der Visualisierung an die nationalen Besonderheiten und die Kulturspezifik der Farbbedeutung erinnert werden, denn »Rot« ist zwar in der traditionellen westeuropäischen Wahrnehmung die Farbe der Aggression, des Krieges oder gar einer sowjetischen Bedrohung. Hingegen besitzt das Kolorit genauso Bezüge zu Aspekten wie »Liebe«, »Leidenschaft« oder auch »Lebenskraft«.1606 Nicht nur Linien können Grenzen visualisieren, auch die Farbgebung selbst gibt Aufschluss über entsprechende räumliche Zugehörigkeiten. Die »flächenhafte Grenze« (2) zeigt sich zum Beispiel in der häufig genutzten Gegenüberstellung von den NATO-Mitgliedsstaaten und den Mitgliedern des Warschauer Paktes,1607 indem gleiche oder ähnliche Farben die Zugehörigkeit jeweils kennzeichnen und somit selbst zum Abgrenzungsinstrument werden.1608 Zwar beschreiben Liniensignaturen als stark generalisierte Darstellungen an sich schon einen Raum und nicht einfach nur eine gedachte Linie, fernerhin umfassen Grenzvisualisierungen im Kartenbild aber auch größere Räume. So lassen sich beispielsweise »Grenzräume« im Rahmen von Sprachzugehörigkeiten oder 1603 Vgl. u. a. Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do, S. 132. 1604 Perovici (Hrsg.): Istorie universala˘ ; atlas s¸colar ilustrat, S. 98 f. 1605 Die Liniensignatur ist das bestimmende Gestaltungsmittel in der Markierung der Systemgrenze zwischen Ost und West, die in jedem Atlas mit universalem Zuschnitt Visualisierung findet. Rund 75 % der Geschichtsatlanten verwenden auf Europakarten die Grenzlinie, wobei sie hauptsächlich eine rote Färbung der Signatur gefolgt von schwarz und blau nutzen. Daneben zeigen beispielsweise einige Europakarten den konkreten Einflussbereich der Truman-Doktrin in Südosteuropa und Kleinasien in roter Signatur, vgl. Baselli (Hrsg.): Atlante Storico (De Agostini), S. 116. 1606 Vgl. Heller : Wie Farben wirken, S. 51 – 66. 1607 Rund 25 % der Geschichtsatlanten gebrauchen auf Europakarten eine Flächenfärbung zur Markierung der Systemgrenzen zwischen Ost und West (die Flächenfärbung steht im Vordergrund). 1608 Vgl. u. a. Blagojevic´ (Hrsg.): Istorijski atlas, S. 104.
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Ethnien veranschaulichen, da in diesbezüglichen Abbildungen häufig kaum exakte Angaben über Grenzverläufe möglich oder sinnvoll erscheinen. Rumänische Atlanten nutzen zum Beispiel Schraffuren und verblassende Effekte unter entsprechender Farbverwendung und Beschriftung.1609 Die Notwendigkeit zur Generalisierung führt unweigerlich auch zu sich »überlagernden« und »unsichtbaren Grenzen« (3). In Anbetracht dieser Kartendarstellung verliert etwa die innerdeutsche Grenze, die oft mit separaten Grenzsignaturen versehen wird, unter dem Deckmantel des »Eisernen Vorhangs« ihre Spezifik oder die kaiserlich-königliche Doppelmonarchie Österreich-Ungarn verschmilzt in der Abbildung schnell zu einem Einheitsstaat. Viele Geschichtsatlanten zeigen die Staaten Europas im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts als homogene Gemeinwesen.1610 Von ethnischen oder Sprachgrenzen, die besonders in den Vielvölkerstaaten für Unruhe sorgten, ist zum Beispiel im »Atlas Historique« vom Verlag »Hatier« nichts im Kartenbild vermerkt.1611 Gerade die ostmitteleuropäischen Atlasproduktionen liefern in diesem Zusammenhang häufig zusätzlich Volks- und Kulturkarten, wie beispielsweise in der Karte »das ethnische Bild Österreich-Ungarns von 1868 – 1918« eines slowenischen Geschichtsatlas.1612 (K.abb. 10.2.) Ferner kann eine »chronologische beziehungsweise dynamische Grenzdarstellung« (4) die Abbildung von Grenzveränderungen in der Zeit entweder durch Mehrphasendarstellungen oder auch Kartenfilme leisten. So werden gerade die Grenzveränderungen und -verschiebungen im Wandel der Zeit oft in einer Mehrphasenkarte dargestellt, wobei zum Beispiel im »Putzger-Historischer Weltatlas« eine an die Teilungen Polens angepasste Auswahl raum-zeitlicher Zustände über drei Jahrhunderte farblich abgestuft abgebildet wird.1613 Die Geschichtskarte nutzt dabei kolorierte Abstufungen der Flächenmarkierung und ermöglicht über die Anbindung der Legende zur Erklärung von temporalen Zusammenhängen die Aussage zu den Ausmaßen der territorialen Beschneidung. Ein Kartenfilm leistet demgegenüber in Aneinanderreihung mehrerer Zustandskarten die Veranschaulichung der räumlichen Veränderungen, sodass
1609 Ba˘lan; Ionit¸a˘ ; Scurtu (Hrsg.): Atlas s¸colar de istorie universala˘, S. 46. 1610 So erscheint generell als Überbleibsel des Höhepunkts der Produktion von Geschichtsatlanten im 19. Jahrhundert, alle Länder in Anlehnung an das Zeitalter der Nationalstaaten als einheitliche Gebilde zu zeigen, vgl. Schraut: Kartierte Nationalgeschichte, S. 470 ff. 1611 Bruneel; Genicot; Georges (Hrsg.): Atlas Historique, S. 40. 1612 22 % der Geschichtsatlanten Europas nutzen Volks-, Kultur- oder Sprachenkarten, vgl. Kastelic; Lavbicˇ-Saje; Rihtarsˇicˇ ; Weis (Hrsg.): Zgodovinski atlas za osnovno ˇsolo, S. 31. 1613 Bruckmüller; Ackermann (Hrsg.): Putzger. Historischer Weltatlas, S. 116.
Die Abbildung von Grenzen in Geschichtskarten
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historische Abläufe und Prozesse in Reihenfolgen oder Ordnungen als zeitraffende und zeitdehnende Hilfsmittel dargestellt werden.1614 Von der Kartengestalt zum historischen Kartensinn Nach dem Blick auf die Ebene der Darstellung von Geschichtskarten (durch kartographische Mittel) erfolgt die Hinwendung auf die Grenzvisualisierung als Teil einer historischen Sinnbildung. Ein Beispiel zur Ausbildung des Kartensinns gibt hier Aufklärung. Zunächst sieht der Betrachter mit Blick auf die reine Signatur ohne zugehöriges Territorium lediglich eine gestrichelte Linie, die gegebenenfalls eine Reihe von Fragen aufwerfen kann. Sobald allerdings eine räumliche Verortung stattfindet, wandelt sich diese Linie zu einer generalisierten Grenzdarstellung zwischen zwei Staaten. Im Kontext einer komplexen Geschichtskarte (vgl. »Besatzungsmächte 1945 – 1949« in Diercke Drei)1615 hingegen kann dieser harmlos anmutenden Grenzsignatur sogar ein erhebliches geschichtspolitisches Gewicht zukommen, so wie es für die Oder-Neiße-Linie in der Nachkriegszeit der Fall war.1616
Abbildung 10.1.: Von der Kartengestalt zum historischen Kartensinn – Wie die Geschichte von Grenzen in Karten sichtbar wird (zur Geschichtskarte vgl. Michael (Hrsg.): Diercke Drei, S. 63).
Insofern gewinnt das auf der Darstellungsebene beschreibbare Zeichen erst durch seine Kontextualisierung in bestimmten Narrationen historischen Sinn. Schließlich besitzen graphische Zeichen eine niedrige Kontextualität, weshalb aufgrund der Gestalt einer Grenzsignatur allein noch nicht zu entscheiden ist, ob eine gestrichelte Linie eine politisch nicht anerkannte, eine offene oder 1614 Krycin´ski; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; 1815 – 1939, S. 42 f. (siehe auch K.abb.7.2.). 1615 Michael (Hrsg.): Diercke Drei, S. 63. 1616 Vgl. Serrier, Thomas: Gedächtnistransfer und kulturelle Aneignung. Der deutsch-polnische Erinnerungsraum 1945 – 2009, in: Buchinger; Gantet; Vogel (Hrsg.): Europäische Erinnerungsräume, S. 154 – 163; Sperling: Die deutsche Ostgrenze sowie polnische Westund Nordgrenze in deutschen Schulatlanten seit 1946; Schwalm: Probleme der polnischen und deutschen Geschichte auf Karten deutscher und polnischer Schulbücher und Atlanten; Stöber (Hrsg.): Grenzen und Grenzräume in der deutschen und polnischen Geschichte; Strobel; Maier (Hrsg.): Das Thema Vertreibung und die deutsch-polnischen Beziehungen in Forschung, Unterricht und Politik.
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nur eine vage bestimmbare Grenze beschreiben soll. Das Zeichensystem einer Karte liefert somit also nur Indikatoren, die erst durch die Einordnung in bestimmte historische Raumerzählungen zum Sprechen gebracht werden. Eine Typologisierung solcher Narrationen, die in nationalen Geschichtsbildern tief verankert sind, überschreitet damit die Aussage des reinen Kartenbilds. Auch wenn auf einer Geschichtskarte eine Fülle von Gestaltungsmitteln, wie die Wahl des Kartenausschnitts, die Farbgebung oder die Signaturgestalt, die Kartenaussage konstituieren, verweist die Karte doch immer auf Praktiken oder Diskurse, die außerhalb von ihr liegen und in deren Kontext sich ihre historische Aussage ebenso realisiert. Demzufolge muss die Interpretation des historischen Sinns einer Karte über den »beschreibenden Zugang« der Darstellungsebene hinausgehen und eine weitere Analyseebene vor dem Hintergrund einer »historischen Narration« öffnen.
10.1.2. Die Raumerzählung als Teil historischer Sinnbildung – die Grenzdarstellung in der Abbildung von Geschichte (Ebene II) Die Indikatoren Farbgebung, Kartenausschnitt, Zentrierung, Schrift, die Darstellungsvariationen der Grenzsignatur selbst und der mediale Kontext sind für die Erschließung von Sinnstrukturen aus dem Kartenbild von enormer Bedeutung, denn erst durch deren selektive Verknüpfung können interpretative Schritte in einem weiteren Kontext erfolgen. Der gewählte Kartenausschnitt beziehungsweise die entsprechende Zentrierung im Kartenbild dienen als wichtige Indikatoren, um Aussagen beispielsweise zur Betrachtung der Verschiebung Polens nach »Westen« als Resultat des Zweiten Weltkriegs zu beeinflussen. So ist festzustellen, dass einzelne polnische wie deutsche Geschichtsatlanten einen nationalen Kartenzuschnitt wählen und somit lediglich die Grenzziehungen nach 1945 aus der Perspektive der jeweiligen Nationalgeschichte erzählen.1617 Die Mehrheit der Atlasveröffentlichungen aus Deutschland und Polen nutzt hingegen einen (mittel-) europäischen Kartenausschnitt zur
1617 Geschichtsatlanten mit nationalem Fokus besitzen zumeist einen besonderen Zuschnitt auf den Leser (Klassenstufe, Nationalgeschichte etc.), der häufig die Ausrichtung über Nutzungskontexte erklärt. Dennoch dienen gerade nationale Beispiele zum Vergleich von Perspektiven, die mit Blick auf die Kartenabbildung die Aussage prägen, vgl. Kobylin´ski; Smyl (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 4, S. 24; Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 4, S. 28; Ładogûrski, Tadeusz; Czaplin´ski, Władysław ; Gediga, Bogusław( Hrsg.): Atlas historyczny Polski. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 1998, S. 54; Michael (Hrsg.): Diercke Drei, S. 63; Adam (Hrsg.): bsv Geschichts Atlas, S. 43.
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Ausweitung des Blickwinkels, wodurch sie in die Betrachtung auch die Geschichte des »Anderen« einbezieht.1618 Die deutsche Sicht beruht zum Beispiel zumeist einerseits auf dem mit der »Westverschiebung« in Verbindung stehenden Verlust deutscher Ostgebiete, andererseits aber auch auf den Auswirkungen auf das Staatsgebiet des Nachbarn.1619 An den meisten Beispielen zeigt sich deutlich, dass die Bedeutung der »Grenznarration« eng mit der »Darstellungsebene« verwoben ist. Grenzlinien erscheinen als sachlich und darstellerisch generalisierte Konstrukte. Sie spielen vor allem im Rahmen historischer Narration im Gesamtkontext der Geschichtskarte eine wichtige Rolle. Zu beachten bleibt allerdings, dass die in Geschichtskarten visualisierten Grenzverläufe und Raumsituationen nicht allein die in ihnen verdichtete Geschichte erzählen können. Der Bedeutungsgehalt einer Grenze erschließt sich deshalb erst im Kontext der medialen Gesamtkomposition und der Bezugnahme auf Praktiken und Diskurse, auf die die Karte verweist. Aus dieser Verbindung entstehen Kartenbilder und erlangen letztendlich Sinn. Grenzen sind daher in Geschichtsatlanten als Konstruktionen zu verstehen. Ihre Darstellung ist das Ergebnis eines Selektionsprozesses, einer Entscheidung über raum-zeitliche Relevanz, die überhaupt erst dazu führt, dass sie auf Karten abgebildet werden. Die Form der Darstellung von Grenzen bestimmt auch Teile ihrer Deutung. So können zur Verortung der Grenze auf der »Ebene der Grenznarration« im Kontext historisch-thematischer Sinnbildung unterschiedliche Typen bestimmt werden: Eine »inkongruente Grenze« wird etwa dort thematisiert, wo im Verhältnis von ethnischen Siedlungsgebieten und politischen Grenzen eine Diskrepanz auftritt. Speziell ostmittel- und südosteuropäische Kartenbeispiele rücken hier hinsichtlich der Abbildung äußerst kontroverser Grenzziehungen in den Mittelpunkt. Die Kartenredakteure machen sich dabei wahrnehmungspsychologisch den Umstand zunutze, dass zerschnittene Farbflächen vom Rezipienten als unnatürlich empfunden werden. Insbesondere in der Visualisierung der nach dem Ersten Weltkrieg neu entstandenen Staaten in Ostmitteleuropa und auf dem Balkan kommt es außerdem oftmals zur Einbeziehung von Minderheitenkarten, um die nationale Ablehnung bestimmter Grenzziehungen nach den Pariser Vorortverträgen zu unterstreichen. In einer ungarischen Kartendarstellung mit 1618 Vgl. Panfil; Piłat (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 7 – 8, S. 51; vgl. auch Piłat: Trzcionkowski (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum, S. 113; Olczak; Tazbir (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 84 – 87; Sikorski; Zaremba (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum, S. 77 f. 1619 Vgl. Birkenfeld; Bode; Zahn (Hrsg.): Westermann Geschichtsatlas, S. 52 – 55; Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas, S. 182 – 185; Bruckmüller ; Hartmann (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, S. 176 – 178.
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dem Titel »Die Auflösung des historischen Ungarns« zerschneidet die inkongruente Grenze in Veranschaulichung der Sprachverteilung den ethnischen und gleichzeitig den historischen Raum, der immer noch als homogene Einheit angesehen wird und an »alte Größe« erinnern soll.1620 (K.abb. 10.3.) (siehe auch K.abb. 6.18.) Die Verteilung von Ethnien und Sprachen in Geschichtskarten ist allerdings nicht nur auf Ostmitteleuropa begrenzt, sondern findet sich etwa auch in Geschichtsatlanten aus Großbritannien wieder.1621 Jedoch erfolgt die Gegenüberstellung verschiedenster Grenzumschreibungen relativ oft in ostmitteleuropäischen Kartenwerken, wobei sie zum Beispiel häufig kontrastierend einen Abgleich politischer, sprachlicher und ethnischer Grenzen vor und nach dem Ersten Weltkrieg vornehmen.1622 Eine Grenzdarstellung kann allerdings auch auf subtilere Art inkongruente Grenzziehungen suggerieren. Erfolgt die Visualisierung von Grenzen auf unterschiedlichen Zeitebenen und in thematischen Zuschnitten, so erscheint beispielsweise die historische Grenze durch das Spiel mit Linien und Flächenfärbung im Mittelpunkt der Erzählung. Verluste und Niederlagen können so durch Schwerpunktlagerungen überdeckt werden. Wie unterschiedlich Kartendarstellungen Sachverhalte zur Grenzziehung in Ostmitteleuropa veranschaulichen, zeigen im Vergleich Europakarten zu den Pariser Vorortverträgen aus einem polnischen und einem ungarischen Atlas.1623 Während die polnische Geschichtskarte für die Kartenabbildung des ehemaligen Territoriums der kaiserlich-königlichen Doppelmonarchie eine markante Liniensignatur verwendet und die Flächenfärbung in Übereinstimmung mit den neuen Grenzen wechselt, nutzt das ungarische Beispiel hingegen die Flächenfarbgebung zur Kennzeichnung der »ursprünglichen Ausdehnung«, wohingegen die Liniensignatur lediglich neue grenzbeschreibende Funktion besitzt. Durch die Verwendung einer
1620 Katus, Lszlû (Hrsg.): Stiefel tört¦nelmi atlasz. Stiefel, Budapest 1996, S. 30. 1621 So erfolgt im Times-Atlas die klassische Gegenüberstellung von politischen, sprachlichen und ethnischen Grenzen vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, vgl. Barraclough; Stone (Hrsg.): The Times Atlas of World History, S. 115. 1622 39 % aller untersuchten Geschichtsatlanten liefern Geschichtskarten, die sich in irgendeiner Form mit sprachlichen oder ethnischen Gesichtspunkten auseinandersetzen. Rund 60 % dieser Darstellungen stammen aus Ostmitteleuropa. Minderheitenkarten ergeben sich insgesamt für die Visualisierung von Ethnien oder Sprachen in bulgarischen, kroatischen, lettischen, litauischen, mazedonischen, polnischen, rumänischen, serbischen, slowakischen, slowenischen, tschechischen und ungarischen Geschichtsatlanten, ebenso in belgischen, britischen, dänischen, deutschen, finnischen, französischen, norwegischen und schwedischen Kartenwerken. Auffällig ist am Abgleich, dass russische Geschichtsatlanten nie Minderheiten darstellen. 1623 Konopska; Przybytek (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 36; Ýrpd (Hrsg.): Tört¦nelmi atlasz, S. 34.
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signifikanten Flächenfärbung als Referenzpunkt ist die Bewertung einer historischen Grenzziehung also nachhaltig beeinflussbar.1624 (K.abb. 10.4.) Die »Grenze als beständige, feste Größe« bezeichnet einen weiteren Typus. Die »persistente Grenze« verweist in Anlehnung an den Charakter von Grenzen auf deren »Dauerhaftigkeit« und »Beharrlichkeit«.1625 Da sich Grenzdarstellungen aber auch im Spannungsfeld von Wunschdenken und Wirklichkeit bewegen, spielen sie hinsichtlich ihrer Transformation von historischer Information in Geschichtskarten sogar mit dem »was nicht mehr oder noch nicht ist«. Somit wird ein Geschichtsbild konstruiert, was insbesondere zu Trugschlüssen und Irritationen führen kann. In diesem Zusammenhang befassen sich etwa polnische Kartenbeispiele mit der Verortung des Königreichs Polen (1871 – 1914) und visualisieren, dass Persistenz über das Verständnis von »Dauerhaftigkeit« und »Beharrlichkeit« hinaus, auch auf die »Beständigkeit« von Grenzen im Kartenbild hindeutet.1626 (K.abb. 10.5.) Sie sind damit Ausdruck eines nationalen Patriotismus, der sich auf die »ehemalige« historische Größe eines Landes beruft. So werden »mental maps« erzeugt und Identitäten geschaffen, an denen sich die Gegenwart einer Nation beständig messen muss. In Deutung dieser Beharrlichkeit vermittelnden Abbildungen entsteht im Zuge von »Emotionalisierung« und »Mythologisierung« ein propagiertes Wunschdenken mit der ständigen Wiederholung einer »regressiven Narration«, die sich dementsprechend in einer Erzählung vom historischen Niedergang äußert.1627 »Labile beziehungsweise strittige Grenzen« stehen im klaren Gegensatz zu persistenten Grenzen, da sie sich durch ihre Kurzlebigkeit auszeichnen. So kennzeichnen diesen Grenztyp beispielsweise Darstellungen zu Frontverschiebungen im Rahmen von Kriegshandlungen oder zeitnah aufeinanderfolgenden politischen Veränderungen. Frontverläufe, die im weitesten Sinne auch Abgrenzungscharakter besitzen, finden in Geschichtskarten häufig Gebrauch und sind gerade in den Visualisierungen zur Geschichte der Weltkriege omnipräsent. Signifikant für diesen Typus sind die Verwendung unterschiedlich ausgeprägter Liniensignaturen sowie das Wechselspiel zwischen Liniensignatur und Farbgebung. Auch gerasterte Flächen oder Pfeilsignaturen kommen dabei zum Einsatz, um die hochverdichteten historischen Prozesse und Ereignisse zu veranschaulichen.1628 Dabei stehen Farbwahl und Linienführung fast immer für territorialen 1624 1625 1626 1627
Vgl. Kem¦nyfi: Karten machen – Macht der Farben, S. 55 – 67. Vgl. Demandt: Deutschlands Grenzen in der Geschichte. Wolski (Hrsg.): Atlas historyczny s´wiata, S. 122 f. Vgl. Hein-Kircher, Heidi; Hahn, Hans Henning (Hrsg.): Politische Mythen im 19. und 20. Jahrhundert in Mittel- und Osteuropa. Marburg 2006; Bizeul (Hrsg.): Politische Mythen und Rituale in Deutschland, Frankreich und Polen; Gehrke (Hrsg.): Geschichtsbilder und Gründungsmythen; Flacke (Hrsg.): Mythen der Nationen. 1628 Vasˇek (Hrsg.): Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin; 2. dl, S. 34.
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Gewinn und Verlust. Darüber hinaus wird der Status von Grenzen auch über die Darstellung von Abhängigkeiten, Einflusssphären und Regimen (zum Beispiel Satellitenstaaten) in der kriegerischen Auseinandersetzung verarbeitet, welche zumeist über die Gestaltung von Flächenrastern berücksichtigt werden. Als letzter Typus nimmt die »suggestive Grenze« durch ganz bestimmte Formen von Illustrationen und Hervorhebungen im Kartenbild im Wechselspiel mit Farbgebung, Signaturen, aber auch durch Schattierungen und 3D-Efffekte, bewusst Einfluss auf die Kartenaussage. Das Beispiel der Aufteilung des Königreichs Ungarn nach dem Vertrag von Trianon in einem kroatischen Atlas zeigt deutlich eine Emotionalisierung, wenn nicht sogar eine Dramatisierung des Geschehens.1629 (K.abb. 10.6.) Die Darstellung als »gewaltsame territoriale Absprengung« wird durch die auffällige Farbgebung, die weite Kluft zwischen den Gebieten, die Schattierungen und die markant platzierten Pfeile zusätzlich verstärkt. Die Suggestion besteht dabei in der Abbildung der Gebietsaufteilung als einem »unnatürlichen und gewaltsamen Prozess«, wodurch die Karte den Betrachter mit einer speziellen nationalen Perspektive konfrontiert. Grenzlinien und Grenzumschreibungen sind auf der Ebene der »historischvisuellen Sinnbildung« der Geschichtskarte als komplexe und vielschichtige Bestandteile zu sehen, die nur durch Kontextualisierung mit den formalen Elementen des Mediums (Zeichen, Farbwahl etc.) sowie mit dem Verweis auf äußere Bezüge im Blick auf verschiedene Diskurse zum Sprechen gebracht werden können. Informationen über genaue Sachverhalte aus der Geschichte entstehen erst über die Zusammenführung von »Darstellungsebene« mit der »Ebene der historisch-visuellen Sinnbildung«, die über die Rezeption einzelner Zeichen hinausgeht und letztlich erst durch den Prozess der Verknüpfung einen Informationstransfer ermöglicht. Demgegenüber wird angesichts vielfältiger erinnerungskultureller und geschichtspolitischer Aspekte eine genaue Erfassung aller externen Einflussnahmen auf die Entstehung von Geschichtskarten schwierig. Deshalb dienen im Folgenden exemplarische Kontextanalysen als Schlüssel zur Lokalisierung von Wechselbeziehung zwischen Karten und der jeweiligen Geschichtskultur, die sie hervorbringen.
1629 Kanisˇki; Ponosˇ ; Velagic´ (Hrsg.): Povijesni atlas za 8. razred osnovne sˇkole, S. 12.
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10.2. Kontroverse Grenzdarstellungen im Schnittfeld von Geschichtskarte und Geschichtskultur – Karten und ihre sozio-kulturellen Bezüge Zu Beginn der Untersuchung wurde das Konzept »Geschichtskultur« als Gesamtheit aller gegenwärtigen Prozesse zur Darstellung von Geschichte bereits kurz umrissen. Geschichtskultur ist für jedes europäische Gemeinwesen lokalisierbar. Umfassende Kontextanalysen für alle Länder kann die Studie allerdings nicht bewältigen, sondern liefert hier lediglich in einer Art Ausblick signifikante Fallbeispiele zur allgemeinen Veranschaulichung möglicher Wechselbeziehungen.1630 Die Betrachtung von Grenzen besitzt vor allem hinsichtlich der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts in Ostmitteleuropa besondere Relevanz, sodass allgemein von einer Art »Suche nach den eigenen Grenzen« gesprochen werden kann.1631 Speziell mediale Transformationsprozesse »Neuer Medien« heben die Mechanismen der Kommunikation durch Interaktivität auf eine neue Stufe, da die Möglichkeiten digitaler Kartographie die Grenze zwischen Kartenautor und Kartenleser beziehungsweise -nutzer verschwimmen lässt, was zum Beispiel das Online-Portal »Youtube« zur Nutzung von digitalen Geschichtskarten zeigt. Eine Fülle von dynamischen und audio-visuellen Kartendarstellungen ist dort zu jedem Themenspektrum frei verfügbar. Des Weiteren können digitale Anwendungen kommentiert sowie einzelne Channels bestimmter Autoren abonniert werden. Eine Teilhabe an Sinnbildungsprozessen reicht sogar bis zur Herstellung und Veröffentlichung eigener Kartenentwürfe. Hierbei ergeben sich wiederum Fragen zur Herstellung oder zum Design multimedialer Karten eventuell sogar zur Adaption von Elementen aus anderen Kontexten. Die animierte Karte »Poland Borders 990 – 2008«, einsehbar unter anderem auf youtube.com, zeigt als dynamische und audio-visuelle Darstellung die territorialen Veränderungen Polens als eine fast schon natürliche und fließend wirkende Bewegung mit zeitraffenden Elementen. Die Animation wurde bereits über 880.000 Mal aufgerufen und sogar mit 6.300 durchaus kontroversen Anmerkungen unterschiedlicher Qualität von Usern kommentiert. Wird nach der Herkunft der Kartenanimation gefragt, so stößt man allerdings auf eine Dokumentation zur Polnisch-Litauischen Geschichte mit dem britischen Historiker Norman Davies.1632 Geschichtskarten als offen zugängliche Internetprodukte (zum Beispiel 1630 Vgl. Pandel: Einführung, S. 8; Pandel,: Geschichtsunterricht nach PISA, S. 128 – 146. 1631 Vgl. u. a. Kaser (Hrsg.): Europa und die Grenzen im Kopf; Müller (Hrsg.): Die Nationalisierung von Grenzen; Haslinger (Hrsg.): Grenze im Kopf. 1632 Das Statement von Davies nimmt in der Dokumentation (»Commonwealth of Diverse Cultures: Poland’s Heritage«) nur begrenzt Bezug zur Visualisierung. Die Kartenanima-
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in Enzyklopädien, Videoportalen etc.) verdeutlichen daher um ein Vielfaches mehr als ihre analogen Realisierungen, dass für viele kartographische Produkte, die Geschichte transportieren, die Erschließung ihrer Aussagen zur Analyse ihres historischen Sinns nicht ausreichen, sondern dass die vielfältigen Kontexte nur im Rahmen einer Analyse des geschichtskulturellen Zusammenhangs erfasst werden können.1633 Somit muss es über die bisherigen Untersuchungen hinaus das Ziel sein, die Funktion von Geschichtskarten als Schnittstelle zwischen Rezipienten und Geschichtskultur, die vom erinnerungskulturellen Hintergrund bis zu geschichtspolitischen Einflüssen reichen, weiter zu erschließen. Zur Beschreibung der Macht der Karten ist eine Erweiterung der Perspektiven zu ihrer Transformation in Manifestationen der Geschichtskultur bis hin zu der mit ihnen in Verbindung stehenden Performanz unabdingbar. Insbesondere wenn sich ein historisches Thema in der Gegenwart präsent und kontrovers darstellt, bedarf es einer Analyse, die vor allem auf das sich in verschiedenen kulturellen Objektivationen äußernde »Geschichtsbewusstsein« abzielt. Gerade die Einbettung der Kartengestaltung in landesspezifische Kommunikationsketten geschichtskultureller Praktiken und Diskurse ist hier besonders zu beachten. Allerdings zeigt der Blick auf die Länderebene, dass sich nationale, regionale, lokale und auch individuelle Bezugspunkte stark verästeln, darüber hinaus homogene Ansätze zu einer gemeinsamen »europäischen Geschichtskultur« nur schwer zu lokaliseren sind.1634 Denn eine Analyse von vielfältigen Kontexten richtet sich nicht nur auf Geschichtskarten in Geschichtsatlanten und Geschichtslehrbüchern, sondern auch auf kulturelle Manifestationen und multimodale Performanz, die weit über den herkömmlichen Kartengebrauch hinausgehen. Ein prägnantes Fallbeispiel zur Korrelation von Karten- und Geschichtsbildern im geschichtskulturellen Kontext ist in Ungarn im Umgang mit der kartographischen Abbildung des Vertrags von Trianon gegeben. Nicht nur, dass Geschichtskarten zur Aufteilung des Königreichs Ungarn in Geschichtsatlanten tion bei youtube.com verwendet dagegen einen heroischen Soundtrack, der aus der Verfilmung des polnischen Nationalepos »Mit Feuer und Schwert« stammt. Die Animation ist abrufbar unter http://www.youtube.com/watch?v=eAVVWlUywO0& feature=kp.html [Stand: 30. 10. 2012]. 1633 Vgl. Hodel, Jan: Historische Online-Kompetenz. Informations- und Kommunikationstechnologie in den Geschichtswissenschaften, in: Pöppinghege, Rainer (Hrsg.): Geschichte lehren an der Hochschule. Reformansätze, Methoden, Praxisbeispiele. Schwalbach/Ts. 2007, S. 194 – 210; Marra, Stephanie: Geschichtsangebote im Internet: Populäre Rezeption und wissenschaftliche Vermittlung, in: Epple, Angelika; Haber, Peter (Hrsg.): Vom Nutzen und Nachteil des Internet für die historische Erkenntnis. Zürich 2004, S. 131 – 138. 1634 Kühberger, Christoph; Sedmak, Clemens: Vom Erfinden, Entdecken und Erarbeiten einer europäischen Geschichtskultur, in: Kühberger (Hrsg.): Europäische Geschichtskultur, S. 9.
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und Schulbüchern weit verbreitet auftauchen,1635 es kann darüber hinaus von einer Omnipräsenz der Trianon-Darstellung im ungarischen Alltag gesprochen werden. (siehe K.abb. 6.18., K.abb. 10.3.) Von großflächigen Plakaten und Schildern über scheinbar harmlose touristische Souvenirs wie Tassen, T-Shirts, Autoaufklebern etc.1636 bis hin zu monumentalen Nachbauten der Trianon-Karte als Mahnmal, wie zum Beispiel im Ort Kecskem¦t (Ungarn), ist der öffentliche Gebrauch dieser kartographischen Abbildung zur ungarischen Geschichte wesentlich in die Analyse mit einzubeziehen1637.
Abbildung 10.2.: Geschichtskulturelle Manifestationen zu den territorialen Bestimmungen des Vertrags von Trianon – T-Shirt, Plakat und Denkmal (siehe Fußnoten).
Damit kann durchaus auch von einer Art Mythenbildung gesprochen werden, die als »Klage« im extremsten Fall auf eine scheinbar »schreiende Ungerechtigkeit« und die Forderung nach einer R¦union »Großungarns« und folglich einer Revision des Vertrags von Trianon abzielt. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbn führte 2010 gar einen Trianon-Gedenktag ein und äußerte in einer Vielzahl von Reden den Wunsch, »alle Ungarn diesseits und jenseits der Trianon-Grenzen in einer einzigen Gemeinschaft zu vereinigen«.1638 So sind alle Manifestationen zum Gegenstand der Grenzziehung von Trianon 1635 Alle ungarischen Atlasproduktionen der Auswahl beschäftigen sich mit dem Thema Trianon, vgl. u. a. Ýrpd (Hrsg.): K¦pes tört¦nelmi atlasz, S. 35. 1636 Bilder zu den geschichtskulturellen Manifestationen finden sich in unterschiedlichen Webauftritten, beispielsweise im Artikel »Ungarisches Referendum oder der Versuch einer Manipulation!« von Uli Brockmeyer. Online verfügbar URL: http://www.civic-edu.net/ [Stand: 30. 09. 2010], T-Shirt eigenes Foto. 1637 Pester Lloyd – Die Tageszeitung für Ungarn und Osteuropa veröffentlicht u. a. Abbildungen zur Trianon-Karte als Mahnmal in Kecskem¦t. Artikel und Abbildungen sind Online verfügbar unter URL: http://www.pesterlloyd.net/2010_32/32kommentartrianon/ 32kommentartrianon.html [Stand: 22. 09. 2010]. 1638 Eine Rede Orbns, die auch den Gegenstand »Trianon« thematisiert, ist in Teilen in einem Bericht des Standard-Korrespondenten Gregor Mayer aus Budapest (4. Oktober 2012) einsehbar unter : URL: http://derstandard.at/1348284885395/Umstrittene-Blut-undBoden-Rede-Orbans [Stand: 30. 10. 2012].
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letztlich als Sinnbildungsangebote anzusehen, die sich »aus einem in der Gegenwart liegenden Orientierungsbedürfnis«1639 ableiten, und damit insbesondere Identitäts- und Wirklichkeitsentwürfe liefern. Die Tendenzen zur Propagierung eines offenen Revisionismus beziehungsweise Revanchismus scheint allerdings angesichts der aktuellen ungarischen Politik und der Intensität des Materials größtenteils unmissverständlich. Der Umgang mit Geschichte sowie die Anbindung von Vergangenheit an Gegenwart und Zukunft kann sich in allen Gesellschaften in vielfältigen kulturellen Produkten in verschiedenster Stärke manifestieren, die in »haptischen, mündlichen, schriftlichen oder multi-medialen Formen«1640 auf nationaler wie transnationaler Ebene Erzählungen, Deutungen oder Interpretationen historischer Ereignisse und Prozesse vermitteln. Das Beispiel »Trianon« wirkt im Bereich der geschichtskulturellen Manifestation als ein sehr sprechendes, aber auch ein sehr singuläres Beispiel, welches hier speziell die Möglichkeiten einer extremen Ausprägung im Bereich der Einflussnahme von Inhalten im Kontext von Kartenmedien veranschaulichen soll. Vor diesem Hintergrund bietet hingegen vor allem der Blick auf die Vergangenheit interessante Anschauungsobjekte. So wurden zum Beispiel über Propagandakarten auf Plakaten oder in Printmedien im Deutschland der Zwischenkriegszeit Geschichtsbilder transportiert, die auch in Schulbüchern, Schulwandkarten usw. abgebildet wurden.1641 Daher erlaubt vor allem das Spektrum von »Historischen Karten« die Lokalisierung von vielfältigen Darstellungen, die interessante Bezüge zur Geschichtskultur aufweisen. Erklärend ist deshalb zum Einfluss auf die Produktion von Geschichtskarten zu sagen, dass die in einer Gesellschaft »enthaltenen und manchmal dominierenden Diskurse […] nicht der wissenschaftlichen Rationalität einer akademischen Geschichtsschreibung entspringen [müssen], sondern […] sich aus der Vielfalt der angebotenen kulturellen Produkte selbst [speisen] (u. a. Romane, Spielfilme, Gedenkreden, Schulbücher, Denkmäler, History Marketing)«.1642 Auch Karten werden somit zu wichtigen Instrumenten von Sinnbildung, die als signifikante Bestandteile einer umfassenden Geschichtskultur die Weltsicht ihrer Rezipienten prägen.1643 Objekte wie beispielsweise Geschichtskarten oder auch »Historische Karten« stehen daher im Feld direkter Korrelation zueinander, da sie sich neben der 1639 Kühberger ; Sedmak: Vom Erfinden, Entdecken und Erarbeiten einer europäischen Geschichtskultur, S. 9. 1640 Ebd. 1641 Vgl. Schultz: Sie wussten, was sie taten; Herb: Under the Map of Germany. 1642 Kühberger ; Sedmak: Vom Erfinden, Entdecken und Erarbeiten einer europäischen Geschichtskultur, S. 9. 1643 Pandel: Geschichtskultur als Aufgabe der Geschichtsdidaktik, S. 27.
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zirkulären Beziehung zwischen Autor und Nutzer auch gegenseitig beeinflussen.1644 Insbesondere das Beispiel der Adaption von Kartenbildern über »Historische Karten« oder etwa die Nachnutzung von Geschichtskarten in den verschiedenen Zusammenhängen (wie etwa Verlagspolitiken) zeigt, dass eine umfassende Präsenz von kartographischen Abbildungen in vielen Bereichen von Öffentlichkeit besteht (Medien, Bildung etc.). So gibt es verschiedene Möglichkeiten der externen Einwirkung auf Karten, die zum Beispiel in Ungarn durch eine Allgegenwart in besonderem Maße erinnerungskulturelle und geschichtspolitische Einflüsse ausmachen. Speziell die »Erinnerung an die Vergangenheit« nimmt eine bedeutende Rolle in jeder Gesellschaft ein und wird als vielfältiger medialer Vermittlungsprozess genutzt.1645 Daneben meint Geschichtspolitik, Geschichte als politisches Ereignis zu begreifen, als öffentliche Konstruktion von Geschichts- und Identitätsbildern, die sich zum Beispiel über unterschiedliche Praktiken, Rituale und Diskurse vollziehen und sich nachhaltig auf die Geschichtskultur auswirken.1646 Kartenabbildungen sind somit niemals frei von Einfluss und können deshalb gerade bei Themen mit signifikantem Bezug zum Raum, wie etwa Grenzziehungen, als Transformatoren dienen. Zur Erschließung von Grenzdarstellungen im Bereich von Erinnerungskultur und Geschichtspolitik lassen sich diesbezüglich die drei Aspekte Erinnerungsort, Mythenproduktion und Identitätskonstruktion ausmachen. Die Gesichtspunkte berühren sich immer wieder untereinander oder gehen auch ineinander über. Auf der erinnerungskulturellen Ebene dienen gerade Grenzdarstellungen in Geschichtskarten häufig der Identitätskonstruktion, indem sie durch ihren hochgradigen Konstruktionscharakter im Stande sind, dem Rezipienten verschiedene Identitätsangebote zu liefern. Demzufolge nehmen vor allem Karten eine relevante Rolle in der Kommunikation von Geschichte im Zusammenspiel von historischen Narrativen und kartographischer Darstellung ein, wobei die Reflexion von Vergangenheit generell der Bestimmung der nationalen Identität dienen soll und zur Verortung des Individuums in einer Wir-Gruppe beiträgt.1647 1644 Vgl. »the Map-Cycle-Model« in: Board, C.: Maps as models, in: Chorley, Richard J.; Haggett, Peter (Hrsg.): Models in geography. London 1963, S. 673. 1645 Mit Bezug auf die Trianon-Karte ist allerdings einzuschränken, dass zwischen »Historischen Karten«, die eventuell medienwirksamer in den nationalen Geschichtskulturen präsent sind und den Geschichtskarten unterschieden werden muss, vgl. zu Bezügen von Medien und Erinnerungskultur Erll: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen, S. 123 ff. 1646 Vgl. Bock, Petra; Wolfrum, Edgar : Einleitung, in: Bock; Wolfrum (Hrsg.): Umkämpfte Vergangenheit, S. 8; Wolfrum: Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, S. 2. 1647 Vgl. Pandel: Geschichtsunterricht nach PISA, S. 15. Diese Gruppe ist ein kulturelles Konstrukt. Sie kann durch Religion, politische Anschauung, Ethnizität, Sozialschicht oder Geschlecht definiert sein.
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Grenzdarstellungen und Geschichtskultur
Dementsprechend können Geschichtskarten Geschichtsbilder nachhaltig beeinflussen und müssen deshalb umso mehr hinterfragt und erforscht werden. Schließlich bemerkt der deutsche Historiker Hagen Schulze zur Konstruktion von Identitäten, dass »Jede Generation […] sich die Erinnerungen [schafft], die sie zur Bildung ihrer Identität benötigt.«1648 Ferner können insbesondere Grenzdarstellungen im Spannungsfeld von Geschichtspolitik auch zur Mythenproduktion führen, da das Medium Karte für jedes Land eine besondere Möglichkeit der Präsentation seiner nationalen (Gründungs-) Mythen darstellt. »Mythos« kann in diesem Zusammenhang als »Verfälschung« oder »affektive Aneignung« der eigenen Geschichte aufgefasst werden. Oft treten beide Formen der Interpretation zusammen auf und die nationale Erzählung äußert sich in einer Mischung aus Authentizität und Fiktionalität.1649 Am aktuellen Beispiel Ungarns zeigt sich deutlich die Gefahr, dass durch das Kartenbild und speziell die besondere Grenzdarstellung, Botschaften vermittelt werden, die der Erhaltung aber auch dem Aufbau von Vorurteilen, Stereotypen und Feindbildern dienen.1650 Geschichtskarten visualisieren ebenso die Orte der »Erinnerung« und des »Gedächtnisses«.1651 Auf der erinnerungskulturellen und geschichtspolitischen Ebene wird nicht nur die Karte selbst als Erinnerungsort mit einer entsprechenden »Erinnerungsfunktion« betrachtet, sondern auch die dargestellten Grenzsignaturen. So belegt das Beispiel der Visualisierung der Oder-NeißeGrenze, dass Grenzen nicht nur Spuren im geographischen Raum sind, sondern einen bedeutenden Teil des »kollektiven Gedächtnisses« repräsentieren und demnach auch als Erinnerungsorte charakterisiert werden.1652 Erinnerungsorte sind »Bruchstücke des nationalen Gedächtnisses«.1653 So können geschichtskulturelle Darstellungen durchaus auch positive Aspekte wie beispielweise »Europäisierung« oder »Versöhnung« inszenieren, die sich damit eindeutig im Vergleich mit dem negativen Beispiel »Trianon« vom Plädoyer einer territorialen Revision von Landesgrenzen abheben. Die Visualisierungen sprechen für eine Vielfalt an Möglichkeiten von Kartendarstelllungen, die demgegenüber häufiger 1648 FranÅois, Etienne; Schulze, Hagen: Einleitung, in: FranÅois, Etienne; Schulze, Hagen (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte. Eine Auswahl. München 2005, S. 7. 1649 Vgl. Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit, S. 40; FranÅois, Etienne; Schulze, Hagen: Das emotionale Fundament der Nationen, in: Flacke, Monika (Hrsg.): Mythen der Nationen. Ein europäisches Panorama. Berlin 1998, S. 18 ff. 1650 So äußerten sich Mitglieder der ungarischen Regierungspartei Fidesz zur Revision der Grenzen in öffentlichen Diskussionen. Artikel zu den Äußerungen in unabhängiger Online-Zeitung Pester Lloyd verfügbar unter http://www.pesterlloyd.net/html/1233revisiontrianon.html [Stand: 30. 10. 2012]. 1651 Vgl. FranÅois: Erinnerungsorte zwischen Geschichtsschreibung und Gedächtnis. 1652 Vgl. Böttcher : Die (Un-)Möglichkeit Grenzen auf Karten zu verstehen, S. 3 ff. 1653 FranÅois: Pierre Nora und die »Lieux de m¦moire«, S. 9 ff.
Karten und ihre sozio-kulturellen Bezüge
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im Kontext multimedialer, digitaler Kommunikation innerhalb der Geschichtskultur auftauchen, wie etwa als Logo der »Deutsch-polnischen Gesellschaft« oder als Plakat zum größten europäischen Umsonst-und-DraußenFestival »Haltestelle Woodstock«.1654
Abbildung 10.3.: Karten als geschichtskulturelle Manifestationen im Spektrum von Erinnerung und Versöhnung – Die Oder-Neiße-Grenze (siehe Fußnote).
Mit Bezug auf die Geschichte Deutschlands und Polens stehen sowohl die visualisierte Grenze als auch die damit verbundenen »Wandlungen« in Folge zwischenstaatlicher Grenzkonflikte für die jahrhundertelange gemeinsame Geschichte in (Ost-)Mitteleuropa. Durch die Darstellung von Grenzen auf Karten in Schulbüchern, Atlanten etc., welche gerade in der Zeit zwischen 1945 und 1990 für politische und bildungspolitische Diskussionen gesorgt haben, wird diese Nahtstelle somit für beide Nationen zu einem »Kristallisationspunkt« der Verständigung im Spannungsfeld von Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. Mit der deutschen Wiedervereinigung, dem Ende des Ost-West-Konfliktes und insbesondere dem skizzierten Bild eines friedlich zusammenwachsenden Europas wandelte sich auch die Oder-Neiße-Grenze zu einem »europäischen Erinnerungsort beziehungsweise Erinnerungsraum« als Ausgangspunkt eines historisch bedeutsamen Einigungsprozesses.1655 Im Ganzen sind Grenzdarstellungen im Spektrum zweier Wahrnehmungsebenen in Geschichtskarten greifbar und offenbaren im geschichtskulturellen Kontext zudem vielfältige Einflüsse auf transportierte Aussagen. Die Betrachtungen zur Methodik der Grenz- und Raumvisualisierung bringen dabei anschaulich die Vielschichtigkeit des Mediums Geschichtskarte zum Ausdruck, die 1654 Vgl. zum Beispiel die Webpräsenz der »Deutsch-polnischen Gesellschaft« oder des Umsonst-und-Draußen-Festival »Haltestelle Woodstock«. Online verfügbar unter : URL: http://www.polen-news.de/dpgbrd/wir.html sowie http://www.haltestelle-woodstock.de/ hsws2009.html [beide Stand: 30. 10. 2012]. 1655 Vgl. u. a. Serrier : Gedächtnistransfer und kulturelle Aneignung; Kundigraber, Claudia: Grenzen, die verbinden? Die deutsch-polnische Grenze als Stützpfeiler des Gemeinsamen Hauses in Europa, in: Jahrbuch Frieden 416 (1991), S. 36 – 47.
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Grenzdarstellungen und Geschichtskultur
sich einerseits über die Visualität der Binnenstruktur der Karte selbst und andererseits über den zugehörigen historischen Bedeutungssinn äußert. So hat die Analyse von Grenzdarstellungen in Karten gezeigt, dass es neben der klassischen Betrachtung kartographischer Gestaltungsmittel sowohl einer Erweiterung der Methodik zur Erschließung ihrer narrativen Bezüge und expliziten wie impliziten Ausdrucksmittel als auch der Berücksichtigung ihrer Transformationen im rasanten Medialisierungsprozess in weiteren geschichtskulturellen Zusammenhängen bedarf. Gerade in den populären Medien wie dem Internet oder dem Fernsehen treten sie omnipräsent in Erscheinung. Medien dienen als Schaltstelle zwischen individueller und soziokultureller Dimension des »kollektiven Gedächtnisses«, wobei gerade der medialen »Gedächtnis-Erzeugung« über Karten und deren vielfältigen Ausformungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss.1656
1656 Vgl. Erll: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen, S. 121.
11. Fazit – Die Darstellung der Zeit der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten
Bereits die Studien Jeremy Blacks, Christof Dippers und Armin Wolfs zu Geschichtsatlanten haben in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass Kriegsgeschichte vorwiegend in europäischen Blickwinkeln große Aufmerksamkeit beigemessen wurde.1657 Das bestätigen auch die Befunde der vorliegenden Studie. Im Ganzen nimmt infolge von inhaltlich-raumdimensionalen Schwerpunktsetzungen der Großteil der untersuchten aktuellen Geschichtskarten Bezug auf die in der Historiographie als »Katastrophenzeit« charakterisierte europäische Zeit der Weltkriege.1658 Hingegen erscheinen Hintergründe zu den Schrecken des Krieges, Fortschrittsperspektiven oder globale Aspekte dieser Periode nur am Rande weniger Atlaspublikationen. Dennoch verdeutlicht der transnationale Vergleich von Geschichtsatlanten, dass die Kategorie Raum für die Geschichtswissenschaft bei der Beschäftigung mit Orten und Räumen als feste Bezugsgröße oder als Referenzsystem für die Erforschung und Darstellung geschichtlicher Zusammenhänge eine nicht zu unterschätzende Größe darstellt.1659 Speziell der Raum als zentrale Dimension der Perspektivierung von Geschichte tritt in Kartenmedien als besondere Form der Visualisierung eindeutig hervor. Geschichtskarten können den Text zwar nicht ersetzen, sie helfen aber im Feld der Geschichtsvermittlung, mehr noch als andere Medien zur Geschichte, »Historisches« im Raum zu verorten. Denn dass sich Geschichtswissenschaft und Geschichtskartographie gegenseitig beeinflussen und Geschichtsatlanten im europäischen Spektrum als wertvolle Quellen auf Raum- und Geschichtsbilder hindeuten, belegen gerade die unterschiedlichen Perspektivierungen und Ausprägungen sowie die Spezifik der »visuellen Erzählweise« in der Darstellung des Zeitalters der Weltkriege. 1657 Vgl. Black: Maps and History ; Dipper : Stadt, Land, Volk; Wolf: Das Bild der europäischen Geschichte in Geschichtsatlanten verschiedener Länder. 1658 Hobsbawm: Zeitalter der Extreme; Mazower : Der dunkle Kontinent etc. 1659 Vgl. Schlögel: Kartenlesen, Raumdenken, S. 516.
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Fazit
Dabei bieten die europäischen Geschichtsatlanten keineswegs ein homogenes Erscheinungsbild, denn die Produktionen zeigen zum Teil beträchtliche inhaltliche und konzeptionelle Unterschiede. Folglich werden sie als Grenzgänger zwischen inner- und außerschulischen Bildungsbedürfnissen gesehen. Schließlich verweisen die in aktuellen Atlasproduktionen enthaltenen Geschichtskarten, mehr noch als andere Betrachtungen zur Geschichte, offenkundig auf Identitäten, Wertmuster aber auch eindimensionale Zuschreibungen.1660 Im Folgenden sollen die Ergebnisse der Untersuchung gebündelt werden. Die Beurteilung der Geschichtsdarstellungen zur Zeit der Weltkriege reicht dabei von der eingangs gestellten Frage von der Makroebene, der Begutachtung des Gesamtkorpus, bis hin zur Mikroebene, der Analyse einzelner exemplarischer Atlasbeispiele. Zuerst werden kurz allgemeine Befunde zu Charakteristika von Geschichtsatlanten sowie generelle Faktoren in der Atlasproduktion beschrieben. Auf Erkenntnisse zur Gewichtung des Gesamtkorpus folgen die Erträge zu den inhaltlichen Untersuchungen einzelner Teilbereiche der Epoche, der raumdimensionalen wie sektoralen Lagerung sowie der Beurteilung von Atlanten hinsichtlich des Abbaus einseitiger Selbst- und Fremdbilder im Rahmen einer Friedenserziehung. Weiterhin werden die Resultate im methodisch-medialen Bereich bezüglich der Frage nach der Bedeutung von Kartenfolgen, der Binnenstruktur der Karte und ihrer einzelnen Bestandteile im Kontext von Optionen der Visualisierung sowie Einflüssen des multimodalen Zusammenspiels von Kartenergänzungen zusammengefasst. Abschließend werden Erkenntnisse zur geschichtskulturellen Verortung von raumbezogenen Geschichtsdarstellungen reflektiert.
11.1. Die Heterogenität des Korpus europäischer Geschichtsatlanten Ein Hauptgewicht der Untersuchung liegt zwar auf der produktorientierten Analyse von Atlanten, trotzdem sind die Anhaltspunkte zu Entstehung und Nutzung wichtig, die sich allerdings aufgrund der breiten Provenienz des Materials von mehr als dreißig europäischen Ländern bewusst auf eine exemplarische Basis beschränken. Allein die Erhebungen von Zielgruppen und inhaltlichen Schwerpunktsetzungen im Gesamtkorpus von Geschichtsatlanten verweisen auf eine große Vielfalt innerhalb Europas. Die Relevanz einer vergleichenden Analyse wird zudem durch den Blick auf Zuschnitt und Inhalt der 1660 Harley : Deconstructing the Map; Wood: Power of Maps.
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Vielzahl an komplexen Geschichtskarten unterstrichen. Ferner sind die Nutzungskontexte von Geschichtskarten in Betrachtung einer europäischen Gesamtperspektive breit gefächert. Denn Karten stellen universal einsetzbare Medien dar, die neben separatem Gebrauch auch als Teil von verschiedenen Bildungsmedien auftauchen. Die exemplarische Untersuchung von Konzeption und inhaltlicher Gestaltung der europäischen Geschichtsatlanten hat verschiedene Einflussfaktoren aufgezeigt, die sich in erster Linie innerhalb einzelner Ländersamples über staatliche Zulassungsverfahren, curriculare Vorgaben, Verlags- und/oder Geschichtspolitiken sowie methodische Ansätze zur Kartennutzung in historischen Lernprozessen ergeben. Durch den Blick auf verschiedene Kontexte und Akzentuierungen beantwortet der transnationale Vergleich in diesem Zusammenhang ergänzend Fragen zur allgemeinen Rolle von Atlaspublikationen sowie zu in der Geschichtskultur präsenten Karten und Atlanten. Unterschiedliche Rahmenbedingungen, in denen Geschichtsatlanten entstehen, spielen hier eine bedeutende Rolle. Die Ergebnisse der exemplarischen Kontextanalysen liegen daher vornehmlich innerhalb des Spannungsfelds von instruktionalen Faktoren der Bildungspolitik, Aspekten des Verlagswesens sowie erinnerungskulturellen Elementen. Die Erträge zur Untersuchung von Hintergründen in der Positionierung der Kartenwerke im historischen Lernen belegen in erster Linie nicht nur die besondere Relevanz der auf den Schulgebrauch ausgerichteten Publikationen, sondern auch den Einfluss der für die Alltagskultur konzipierten Atlanten. Des Weiteren erlauben Anhaltspunkte zu bestimmenden Faktoren der Entstehung und instruktionalen Rahmung in einigen Ländersamples Rückschlüsse auf die Gestaltung der Atlasveröffentlichungen. So stellen Zulassungsverfahren in nur wenigen Ländern eine feste Bezugsgröße in der Atlasproduktion dar (etwa Deutschland), geben dort aber zumindest Auskunft über Auswahlkriterien und Verbreitung der Lehrwerke. In anderen Ländern haben völlig andere Ausprägungen von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur einen ebenso deutlichen Einfluss auf den Entstehungsprozess. So sind beispielsweise in Frankreich oder Spanien einzelne Gesichtspunkte der Lehrmittelproduktion abhängig von reglementierenden Inhalten von Erinnerungsgesetzen. Im riesigen Sektor der Lehrmittelproduktion in Polen wirkt die dort sehr einflussreiche Geschichtspolitik im Rahmen einer Vielzahl von Verlagen und staatlichen Institutionen. Auch die Zentralisierung der Bildung zeigt ihre Wirkung, denn in Griechenland etwa werden Geschichtsatlanten nur über das staatliche Bildungsinstitut veröffentlicht und unterliegen daher starken instruktionalen Eingriffen seitens zentraler Bildungsbehörden. In Finnland oder den Niederlanden binden sich inhaltliche Fragen, wie etwa Bezüge zur Nationalgeschichte, an curriculare Bestimmungen standardisierter Bildungspläne (»Kanon«). Für Großbritannien, die Schweiz oder Spanien lassen sich über eine Sichtung
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Fazit
von Lehrplänen lediglich geringe Informationen zur Kartenarbeit mit Hilfe von Atlanten gewinnen. Hinweise auf die unterrichtsbezogene Anwendung von Geschichtsatlanten zur Kartenarbeit im Schulalltag gibt beispielweise auch die Gestalt der Publikationen. Neben Anhaltspunkten in Lehrplänen oder in der didaktischen Literatur liefern insbesondere einige Atlanten selbst Anleitungen zur Kartenarbeit und führen in die Methodik der Nutzung ein. Auch die Kombination mit anderen Lehrmitteln stellt einen beliebten Nutzungskontext dar. In Frankreich, Italien, Polen, Kroatien, Russland und Schweden erfolgt der Einsatz von Atlasveröffentlichungen vornehmlich in Ergänzung zum Schulbuch, viele Kartenwerke werden als Supplementbände in umfangreichen »Lernsets« veröffentlicht. Das Herausarbeiten von allgemeinen Präferenzen zur Nutzung von und Arbeit mit Geschichtskarten aus Geschichtsatlanten erweist sich mit Blick auf die große Diversität des Bildungssektors in Europa dennoch als äußerst schwierig, trotz vielfältiger Gemeinsamkeiten vor allem hinsichtlich staatlicher Einflüsse. In vielen Ländern existieren wiederum kaum bis gar keine normativen Vorgaben oder Zulassungsverfahren, was zumeist auch die Einbindung in den Unterricht betrifft (zum Beispiel in Italien und Spanien). Die Positionierung in der Verlagslandschaft innerhalb Europas zeigt, dass es sich bei Geschichtsatlanten um Produkte handelt, die einerseits traditionell stark über die Verlagsarbeit im nationalen Raum verankert sind, einige von ihnen andererseits über einen transnationalen Buchmarkt als Übersetzungen weite Verbreitung finden. Daneben entstehen einzelne Atlasprojekte in internationaler Kooperation, sodass sie nicht nur über das Angebot, sondern schon in der Konzeption und Gestaltung des Kartenwerks universale Ansätze verfolgen und den nationalen Ausrichtungen vieler Geschichtsatlanten entgegenstehen. Die Erschließung des Materials als Ganzes legt daher unterschiedliche konzeptionelle Orientierungen frei: Adressaten beziehungsweise Zielgruppen (1) sowie die Gestaltung der inhaltlichen Konzeption an räumlichen (2) und epochalen (3) Schwerpunktsetzungen. (1) Die Schulgeschichtsatlanten Europas besitzen in ihrer konzeptionellen Ausrichtung deutliche Unterschiede. In Nord- und Westeuropa etwa werden kaum Produktionen publiziert, die sich an eine Jahrgangstufe oder Schulform binden. Hingegen weisen die Kartenwerke für Ost- und Ostmitteleuropa häufig einen gezielten jahrgangs- und schulformabhängigen Zuschnitt auf. Der Schulgebrauch ist bereits an der Konzeption der Atlanten ablesbar, die als handliche Kompendien auftreten und sich mit didaktisch abgewogenem Layout, Texten, Bildern, Leitfarben und Arbeitsaufträgen eng an den Schulbüchern orientieren. Dagegen sind viele Publikationen aus Westeuropa für einen größeren, sowohl schulischen als auch außerschulischen Markt bestimmt. Gerade in
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Ländern mit ausdifferenziertem Buchmarkt wächst die Menge an Kartenwerken, die durch einen breiteren Umfang und komplexere Abbildungen den Anforderungen gleich mehrerer Zielgruppen genügen. Zudem zirkulieren viele dieser universalen Atlanten in Übersetzungen ohne nationale Anpassungen in verschiedenen Ländern Europas (zum Beispiel »dtv-Atlas: Weltgeschichte«). Unter Berücksichtigung des gesamten Samples hat der Vergleich von westund osteuropäischen Geschichtsatlanten gezeigt, dass die Provenienz der Produkte ein wichtiger Anhaltspunkt sein kann. So ermöglicht die Zielgruppenrecherche die Bestimmung der Relevanz für den Schulgebrauch, wodurch speziell der Bedeutungsverlust des Atlas im Geschichtsunterricht Westeuropas sichtbar wird. (2) Unterschiede zwischen west- und osteuropäischen Publikationen des Gesamtsamples offenbaren auch die Erhebungen zur raumdimensionalen Gestaltung der europäischen Geschichtsatlanten, wobei sich klare typologische Muster nicht eindeutig ausmachen lassen. Gerade die nord-, west- und südwesteuropäischen Staaten wie Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Spanien sowie Dänemark, Norwegen und Schweden bieten ihren Schülern mehrheitlich umfangreiche Geschichtsatlanten mit universalhistorischem Zuschnitt an. Charakteristisch für fast alle diese Veröffentlichungen ist der hohe prozentuale Anteil an Europakarten im Vergleich zur Verwendung von Weltoder Nationalkarten. Der eigene Kontinent steht unter Einbeziehung weltgeschichtlicher Kontexte unverkennbar im Mittelpunkt. Andere Schwerpunkte weisen insbesondere die Veröffentlichungen aus Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa auf, wo nationale Aspekte in Schulgeschichtsatlanten ein stärkeres Gewicht gegenüber der globalen oder kontinentalen Perspektive haben. Die deutlich stärkere Betonung nationaler Aspekte in Atlanten aus Osteuropa ergibt sich unter anderem auch aus der zielgerichteten Konzeptionierung der dortigen Schulatlanten. Insbesondere die Publikationen aus Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russland und Ungarn werden zumeist zweigeteilt veröffentlicht: Atlanten zur Nationalgeschichte und Atlanten zur Weltgeschichte. Eine Vielzahl von Produktionen zur eigenen Geschichte wird auf diesem Weg für den Schulgebrauch veröffentlicht. Dass die Publikation nationaler Kartenwerke allerdings kein reines Phänomen Osteuropas darstellt, zeigen Ausrichtungen von belgischen, deutschen, englischen oder niederländischen Atlaspublikationen, die zwar nicht in vergleichbarem Ausmaß, aber doch in regelmäßigen Abständen auf dem Lehrmittelmarkt erscheinen. Die meisten »allgemeinen« Geschichtsatlanten besitzen hingegen überwiegend einen weltgeschichtlichen Zuschnitt zur Visualisierung der universalen Beziehungen von Raum und Geschichte. Der raumdimensionale Hauptaspekt beruht hier auf einem überregionalen gemeinsamen Blickwinkel. Im Großteil
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Fazit
der allgemeinen Veröffentlichungen bestimmen Europa- sowie Weltkarten als »Grundperspektive« den Gang durch die Geschichte. Gemessen an der Frequenz der Perspektivierungen ergibt sich für die Gesamtauswahl ein klares Übergewicht von Europakarten. Insgesamt lassen sich aber bei west- und osteuropäischen Publikationen keine eindeutigen Präferenzen in der Akzentuierung herausstellen, da auch in Osteuropa durch die zielgerichtete Gestaltung (etwa durch Curricula) von Kartenwerken weltgeschichtliche Fokussierungen und somit vielfältige Perspektivwechsel in der Darstellung von Geschichte erfolgen. Allerdings tauchen dort durch die stärkere schulische Einbindung von Geschichtsatlanten viel häufiger nationalzentrierte Atlasveröffentlichungen (Tendenzen sind in Atlanten zur Weltgeschichte sichtbar) in unterschiedlichen Unterrichtszusammenhängen (als Ergänzung zum Schulbuch, als Teil von »Lernsets« etc.) auf und werden dementsprechend auch umfassender publiziert. Aus diesem Grund gibt es eine Vielzahl von Kartenwerken, die einen konkreten Raumbezug vor dem Hintergrund lokaler, zeitlich-thematischer Anbindung oder einen temporalen Raumbezug im Kontext zeitlicher Eingrenzung nutzen. Auf weltgeschichtliche Vermittlungsansätze verweisen dagegen die in hohen Auflagen von großen Verlagen publizierten Produktionen aus Westeuropa. Die weite Verbreitung von übersetzten Atlanten ist daher auch ausdrücklicher Beleg für die umfassende Präsenz standardisierter Kartenbilder innerhalb Europas, wie zum Beispiel die Publikationen der Verlage »dtv«, »Hachette«, »de Agostini« oder »Cassel« in Bulgarien, Estland, Großbritannien, Lettland, Schweden oder Ungarn zeigen. (3) Die Mehrheit der europäischen Geschichtsatlanten verwendet eine thematisch-temporale Gliederung des Inhalts, die für die Verortung wichtiger Ereignisse und Abläufe im Spektrum der Epochen sorgt. Die allgemeine Chronologie der Epochen steht deshalb bei vielen Kartenwerken im Vordergrund, indem sie zur allgemeinen Strukturierung eine lineare Periodisierung der Geschichte verwenden. Nur wenige Veröffentlichungen orientieren sich in ihrer Konzeption an einer räumlichen Grundordnung, die eine Staffelung vorrangig am gewählten Kartenausschnitt vornimmt. Vor allem Schulgeschichtsatlanten nutzen häufig den chronologischen Aufbau bei der Abhandlung von Epochen der Weltgeschichte. Darüber hinaus stellen Kartensequenzen in Abschnitten oder Kapiteln ein übliches Gliederungsprinzip dar, wobei die Aneinanderreihungen als diachrone, synchrone und thematisch-räumliche Folgen von Visualisierungen erscheinen. Inhaltliche Präferenzen zeigen sich bei der Betrachtung von epochalen Schwerpunktsetzungen, werden doch Antike und Mittelalter in vielen Geschichtsatlanten unterrepräsentiert oder eindeutig gerafft behandelt. Hingegen
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beschäftigt sich eine Vielzahl von Produktionen ausführlich mit der Neueren und Neuesten Geschichte. Dass der Fokus bei der Themen- und Zeitwahl eher in der Neuzeit liegt, aber dennoch differenziert werden muss, veranschaulichen exemplarische Beispiele. In französischen Atlanten etwa beträgt der Anteil der Neuzeit knapp die Hälfte des Gesamtvolumens der Karten in Atlasveröffentlichungen, in polnischen Atlanten liegt er deutlich höher. Im europäischen Gesamtüberblick wächst der Anteil der Neuzeit in der epochalen Akzentuierung von West nach Ost an, sodass man in den westlichen Produktionen von einer gleichmäßiger gewichteten Einteilung der Epochen sprechen kann. Gleichwohl gibt es auch hier nationale Besonderheiten, da häufig Schwerpunkte auf national signifikante Perioden, sogenannte »Goldene Zeitalter«, gelegt werden. So wird in Griechenland der Antike besonders viel Platz eingeräumt, in Portugal oder Spanien werden Mittelalter und Frühe Neuzeit bevorzugt behandelt oder die jeweiligen Kolonialreiche abgebildet, genauso wie das »Empire« in britischen Atlanten. Geschichtsatlanten und Multimodalität – Die Auswirkungen von Kartenergänzungen In Teilung des Samples in allgemeine und schulische Atlasproduktionen variieren Anzahl und Gebrauch von Begleitelementen wie Texte, Fotos, Zeitleisten, Diagramme oder Illustrationen doch erheblich. Vor dem Hintergrund der Medienkombination in Atlanten spielen insbesondere die jeweiligen nationalen Ausprägungen und Zielgruppen oder etwa verlagsspezifische Ansätze eine Rolle. Es gibt zum einen Publikationen, die sich dicht am Medium Schulbuch orientieren, zum anderen Werke mit umfangreicherem Aufbau, die sich an Freizeitnutzer richten und stark an eine Chronik oder einen Wissensspeicher angelehnt sind. Als Beifügungen werden in Atlasmedien bevorzugt Fließtexte verwendet, wobei diese Karten häufig in den etablierten Produktionen des Buchmarkts zwischen Alltags- und Schulgebrauch ergänzen. Von den Schulatlasveröffentlichungen enthält dagegen nur rund die Hälfte aller Kartenwerke einen Begleittext. Die Zahl der Atlanten für den Schulgebrauch, die sich nur auf kartographische Darstellungen beschränken, ist dementsprechend hoch. Leitsysteme oder andere Mittel der Orientierung, wie zum Beispiel Zeitleisten, werden in Schulgeschichtsatlanten im Vergleich zu »allgemeinen« Atlanten insgesamt nur wenig zur Unterstützung genutzt. Hingegen sind ergänzende Diagramme und Statistiken in Atlasproduktionen aller Typen im Gebrauch. Eine besonders beliebte Form der Ergänzung von Geschichtskarten in Geschichtsatlanten stellen neben grafischen auch visuelle Einschübe dar. Allerdings tauchen Fotos, Illustrationen oder Grafiken vor allem in »allgemeinen« Publikationen auf. Nur knapp jeder fünfte Schulgeschichtsatlas gebraucht visuelle Elemente zur Erweiterung von Kartenaussagen. Speziell jahrgangsbezogene
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Fazit
Schulgeschichtsatlanten für die »unteren« Klassen verwenden vermehrt grafische Umsetzungen von historischen Bildern sowie aus geschichtsdidaktischer Perspektive kritisch zu hinterfragende Comic-Zeichnungen, die zwar möglicherweise Schülern den Zugang zur Geschichtsvermittlung erleichtern, allerdings nur allzu einfach zur Stereotypisierung und Pauschalisierung von Geschichte verleiten. Gerade in Osteuropa stellen diese Illustrationen ein beliebtes Mittel in der Atlasgestaltung dar. Insgesamt sind visuelle Ergänzungen in Bildungsmedien aber kritisch zu betrachten, schließlich haben Illustrationen oder Rekonstruktionszeichnungen eine völlig andere Aussagekraft als Diagramme, die aus statistischen Zahlen generiert werden und somit im Einfluss auf die Kartenaussage einen völlig anderen Charakter besitzen.
11.2. Die Historische Perspektivierung der Zeit der Weltkriege – Analyse der raumdimensionalen Kartengestaltung und deren sequenzieller Folge Die inhaltlich-raumdimensionale Analyse legte in der vergleichenden Erschließung der europäischen Geschichtsatlanten in der Perspektivierung sowie Gestaltung der einzelnen Teilbereiche der Zeit der Weltkriege unterschiedliche Gewichtungen frei. Konventionalisierung der thematischen Abfolge und der Kartendarstellungsmuster Die Wirkungsmacht und Bedeutung der Zeit der Weltkriege für Europa wird allein schon an der Seitenzahl deutlich, die Geschichtsatlanten diesem Zeitabschnitt beim Gang durch die Weltgeschichte einräumen. Ein quantifizierender Abgleich des Gesamtvolumens ergibt für die Jahre von 1914 bis 1945 beispielsweise einen ähnlichen Umfang an Seiten wie etwa für die gesamte Epoche des Mittelalters. Das gilt sowohl für Schulgeschichtsatlanten als auch für »allgemeine« Geschichtsatlanten. Gerade Produktionen aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kroatien und Russland orientieren sich hinsichtlich einer weltgeschichtlichen Einteilung der Epochen, in der die Neuzeit und insbesondere der Untersuchungszeitraum dieser Studie einen besonderen Stellenwert besitzen, am europäischen Durchschnitt. Manche Samples von Kartenwerken weisen allerdings eine noch stärkere Akzentuierung der Weltkriegsepoche im Kontext der gesamten Weltgeschichte auf, beispielweise die Schulatlanten aus Litauen, Polen oder Ungarn. Andere Ländersamples, etwa aus Armenien, Griechenland, Italien, Portugal, Spanien und der Türkei, räumen der Zeitspanne wiederum vergleichsweise wenig Platz ein. In der Binnendifferenzierung des Zeitalters der Weltkriege lässt sich vor-
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wiegend eine Dreiteilung der Periode in die jeweiligen Weltkriege und eine Zwischenkriegszeit feststellen. Allerdings zeigte sich hier auch, dass zum Beispiel die Veröffentlichungen aus Armenien, Portugal und der Türkei gänzlich auf die Thematisierung des Zweiten Weltkriegs verzichten. Insgesamt resultiert aus dem Abgleich der einzelnen inhaltlichen Teilabschnitte bezüglich der Anzahl der verwendeten Geschichtskarten, dass im Verhältnis zu einer kartographischen Darstellung zum Ersten Weltkrieg für die Zwischenkriegszeit drei und für den Zweiten Weltkrieg zwei Kartenabbildungen genutzt werden. Besonders auffällig im Vergleich der Schwerpunktlagerungen innerhalb der Teilbereiche zur »Geschichte der Weltkriege« sind polnische und russische Geschichtsatlanten, da sie dem Zweiten Weltkrieg durchweg am meisten Platz einräumen. In Samples belgischer, britischer, deutscher und italienischer Atlanten liegen hingegen im direkten Abgleich von Kartenvisualisierungen der Erste und der Zweite Weltkrieg viel dichter beieinander. Eine allgemeine Perspektivanalyse legt für alle Geschichtsatlanten bestimmte raumdimensionale Hauptakzente in der Betrachtung von Erstem Weltkrieg, Zwischenkriegszeit und Zweitem Weltkrieg frei. In den Abschnitten zur Zwischenkriegszeit werden überwiegend zwei Raumdimensionen genutzt. Bei der Behandlung des komplexen Zeitraums 1919 bis 1939 dominieren räumlich begrenzte Visualisierungen mittels National-, Detail- oder Schauplatzkarten, kombiniert mit Überblicksdarstellungen zu europäischen oder globalen Kontexten. Europakarten leiten meistens Kartenfolgen ein. Allerdings spielen sie und vor allem Weltkarten quantitativ nur eine untergeordnete Rolle. Bei der Abhandlung der Weltkriege überwiegen dagegen Europakarten. Insbesondere in Abbildungen zum Ersten Weltkrieg liegt der Fokus oft auf dem Kontinent. Die Nutzung von National-, Detail- sowie Schauplatzkarten folgt mit kleinem Abstand. Auch hinsichtlich des Zweiten Weltkriegs zeigt sich eine Präferenz der Perspektivierung Europas, allerdings liegt diese im gesamten Abgleich knapp hinter der nationalen und leicht vor den räumlich begrenzten Blickwinkeln. Weltkarten tauchen in allen drei Teilbereichen der Zeit der Weltkriege nur äußerst selten auf. Sie ergänzen lediglich neben Europa- und Detailkarten die Betrachtung um zusammenfassende Gesichtspunkte. Die marginale Nutzung von globalen Blickwinkeln mittels Weltkarten bestätigt die grobe Analyse der raumdimensionalen Gewichtung von Karten. Innerhalb der Perspektivierung des Raums spielen für die Fokussierung bestimmter, zum Teil nationaler Sichtweisen außerdem Kartenfolgen eine große Rolle. Diese veranschaulichen durch die Kombination verschiedener Blickwinkel zwar eine stark auf die Thematik ausgerichtete Darstellung des Geschehens, die sich aber bei der Abhandlung von Ereignissen und Prozessen deutlich auf Nationalkarten stützt.
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Europa als Schauplatz der »Welt«-Kriege und des Völkermords? Die mehrheitlich in Atlanten genutzten Europakarten verschaffen speziell zum Ersten Weltkrieg eine allgemeine Orientierung und werden durch Detail- und Schauplatzkarten ergänzt, welche dem Betrachter im Blick auf das Kriegsgeschehen akzentuierte Perspektivwechsel ermöglichen. Die zielgerichtete Betrachtung einzelner Schauplätze resultiert dabei zumeist aus »memorialen« Bezügen der Nationalgeschichte. Insbesondere in der Abbildung des Ersten Weltkriegs besitzt die »Westfront« als allgemeiner, durchgehender Schwerpunkt auch im transnationalen Spektrum erinnerungskulturelle Bedeutung, der in vielen Geschichtsatlanten Europas hervorgehoben wird. Abweichend davon berücksichtigt zum Beispiel das italienische und das slowenische Sample vorrangig die Alpenfront. Bulgarische, rumänische, russische und serbische Produktionen dagegen lenken, zusätzlich zu Übersichtsdarstellungen, den Blick auf den Krieg im Osten. Im Mittelpunkt stehen jedoch immer Orte und Plätze des Kriegsgeschehens. Demzufolge verharrt die Beschäftigung mit dem Weltkrieg in allen Atlanten in Verknüpfung von raumdimensionalen und inhaltlichen Gesichtspunkten vorwiegend in homogenen Ansichten vom europäischen und lokalen Kriegsschauplatz. Eine besondere Rolle bei der raumdimensionalen Schwerpunktsetzung spielen chorographische Elemente der Kartengestaltung wie Ausschnitt, Zentrierung und Projektionsform. Mit Hilfe dieser Mittel können Kartenautoren die Aufmerksamkeit der Rezipienten lenken, in ihren Augen wichtige Orte ins Zentrum rücken, andere hingegen »verschweigen« und damit von kontroversen Aspekten ablenken, wie dies etwa in türkischen Geschichtsatlanten bezüglich des Ersten Weltkriegs der Fall ist. In Karten zur Westfront perspektivieren britische Atlanten mehrheitlich die Schlacht an der Somme, deutsche und französische Produktionen betrachten vorrangig die Ereignisse in Verdun. In den Überblicksdarstellungen werden hingegen in fast allen Europakarten die Mittelmächte ins Zentrum gerückt. Besonderheiten in der Visualisierung finden sich selten. Eine Ausnahme bildet die Europakarte eines französischen Atlas, in der die Autoren über die »Nordung« der Westfront sowie die Abbildung des Nahen Ostens inhaltliche Aspekte, beispielweise zur »orientalen« Vorgeschichte des Konflikts, einbeziehen. Für die Projektionsformen des überwiegenden Teils der genutzten Weltkarten gilt, dass sie sich zur Veranschaulichung der Kriegsparteien zumeist auf Europa ausrichten. Kartenautoren nutzen bei der Betrachtung des militärischen Großkonflikts zudem die Sequenzierung von Europa- sowie Welt- und Schauplatzkarten mit inner- und außereuropäischem Fokus in Kartenfolgen. Perspektivwechsel tauchen so oft nur in Beifügungen auf, um die Visualisierung der europäischen Überblickskarte zu unterstützen. Ansätze zu einer grundlegenden globalen
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Veranschaulichung des Ersten Weltkriegs sind in den Geschichtsatlanten Europas vor allem aufgrund der äußerst geringen Zahl an Weltkarten nur bedingt zu finden. Koloniale Kriegsschauplätze werden nur vereinzelt gesondert berücksichtigt. Genauso selten erfolgt die Beschäftigung mit dem Krieg auf anderen Kontinenten in räumlich begrenzten Karten, etwa zu »Deutsch-OstAfrika«, nur in wenigen britischen und russischen Geschichtsatlanten. Hinweise auf außereuropäische Perspektiven in der Abbildung von Schauplätzen innerhalb Europas lassen sich im Rahmen einer Verflechtungsgeschichte nur in Ausnahmen lokalisieren, wenn etwa britische Atlanten den Einsatz von Kontingenten aus dem eigenen Kolonialreich an der Westfront hervorheben. Die Befunde zur Raumausrichtung und der sequenziellen Modellierung zum Ersten Weltkrieg sind zum Teil auf die Darstellungen des Zweiten Weltkriegs übertragbar und verweisen in einzelnen Fällen auf Erweiterungen durch die für den Konflikt spezifischen Perspektivierungen. Für die Betrachtung des Zweiten Weltkriegs besitzen vor allem zwei raumdimensionale Aspekte besondere Relevanz, die sich allein schon aus ihrer häufigen Berücksichtigung ergibt. Zum einen präsentieren die Atlanten den europäischen Konflikt anhand von Europakarten nebst Ergänzungskarten zu räumlich begrenzten Perspektiven. Zum anderen bilden Geschichtskarten den asiatisch-pazifischen Schauplatz ab, wobei die Atlanten vorranging das amerikanisch-japanische Kriegsgeschehen beleuchten. Beide Blickwinkel finden in nahezu allen Atlasproduktionen Europas eine Visualisierung. Perspektiven, die konkret Asien (China, Burma, Thailand etc.) oder Afrika (etwa Abessinien) in den Blick nehmen, fehlen auch hier größtenteils. Die Berücksichtigung des globalen Geschehens in räumlich begrenzten Fokussierungen wie auch in Weltkarten beschränkt sich lediglich auf einzelne Schauplätze. Neben dem pazifischen Konflikt zeigen die Atlanten zumeist den afrikanischen Norden, wodurch dieser Kriegsschauplatz häufig in die Darstellungen zu Europa einbezogen wird. Gesonderte Abbildungen zum afrikanischen Kontinent berücksichtigen hingegen ebenfalls nur wenige Veröffentlichungen (Atlanten aus Bulgarien, Litauen, Polen, Russland blicken zumeist aus national- oder militärhistorischem Interesse auf Afrika). Weltkarten, die den Konflikt im Überblick darstellen sollen, haben zumeist Europa als Zentrum, wie etwa in Abbildungen zum Vorstoß der Achsenmächte, zu den Auswirkungen des Seekriegs im Atlantik oder zu Konferenzen der Koalition gegen Hitler. Nur wenige, vor allem französische Produktionen, nutzen dagegen Polprojektionen zur Einbeziehung aller Kriegsparteien. Andere wiederum zentrieren den pazifischen Raum, wodurch der Konflikt in Europa in die Peripherie rückt. Eine bevorzugte Eingrenzung des Konflikts ist im europäischen Vergleich häufig der nationale Fokus. In belgischen, französischen und niederländischen,
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aber auch bulgarischen, estnischen, litauischen, lettischen, kroatischen, polnischen, rumänischen, russischen, ungarischen, ukrainischen und weißrussischen Atlanten zeigen Geschichtskarten den Konflikt aus nationaler Perspektive. Neben der Veranschaulichung des Ablaufs des Krieges im eigenen Land erscheinen allerdings auch kontroverse Aspekte (Überhang an Militärgeschichte). Beispielweise weist ein »Verschweigen« von Aspekten auf die Problematiken in der Auseinandersetzung mit der aktuellen Zeitgeschichte hin. Für polnische Produktionen sind etwa die nationale Kriegsgeschichte sowie die eigene Opfergeschichte von besonderer Relevanz. Dagegen wird der Holocaust in eine die Geschichte Polens im Weltkrieg betreffende Karte eingebettet, die damit nur auf die Juden als Teil der Opfergruppe getöteter polnischer Staatsbürger verweist. Andere Länder setzen sich ebenfalls mit dem Thema Besatzung auseinander und legen besonderen Wert auf den Akt der Befreiung. Dahinter stehende Fragen zur Kollaboration gerade im Kontext der Vernichtung der europäischen Juden, wie zum Beispiel in Frankreich bezogen auf das Vichy-Regime, finden in den Darstellungen häufig nur bedingt Berücksichtigung. Generell kann für die Mehrheit der Geschichtsatlanten festgehalten werden, dass Kartenautoren über die Konzentration auf Militär- und Staatengeschichte bestimmte Bereiche der Geschichtsschreibung aussparen, andere hingegen akzentuieren (so die Kulturgeschichte des Krieges im Gegensatz zur traditionellen Militärgeschichte). Die nationale respektive lokale Verortung des Zweiten Weltkriegs spielt deshalb im Gegensatz zu globalen Schauplätzen auch hier eine viel bedeutendere Rolle. Speziell an zwei räumlich begrenzten Schwerpunkten knüpft ein in vielen Geschichtsatlanten visualisierter »Erinnerungsfokus« an. Zum einen veranschaulichen Geschichtskarten die »Landung in der Normandie« zur Verortung eines wichtigen Schlüsselereignisses des Kriegs im Westen, zum anderen bilden sie »Stalingrad« als eine ebenso an erinnerungskulturelle Hintergründe geknüpfte Betrachtung des Konflikts im östlichen Teil Europas ab. Insgesamt lässt sich in Anbetracht der Zentrierung von Überblickskarten und der Wahl von Ausschnitten der Detailabbildungen und Schauplatzkarten des Zweiten Weltkrieges in Europa eine stärkere Gewichtung der »Ostfront« feststellen, die jedoch rein quantitativ nicht an die Präsenz der »Westfront« des Ersten Weltkriegs heranreicht. Damit erlangt die »Ostfront« als transnationaler Ort der Erinnerung in europäischer Dimension nur bedingt umfassende »memoriale« Bedeutung, die zum Beispiel in bulgarischen, deutschen, lettischen, polnischen, rumänischen, russischen, ungarischen und weißrussischen Geschichtsatlanten gesondert berücksichtigt wird. Des Weiteren ist eine zunehmende Einflechtung nationaler oder lokaler Abbildungen zum Zweiten Weltkrieg zu beobachten. Die Kartenwerke beziehen vermehrt verschiedene begrenzte Blickwinkel sowie Schauplätze zum »eigenen Kontinent« ein, wie etwa die Fokussierung von Orten und insbesondere Schlachten (Kursk, Monte Cas-
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sino, Narvick etc.). Bezüge zur jeweiligen nationalen Erinnerungskultur lassen sich aus der Spezifik der Kartenabbildungen genauso ablesen wie Anbindungen an traditionelle Formen der Abbildung von Militärgeschichte (»Generalstabskarte«). Damit erklärt sich allein über die Vielfalt von Gesichtspunkten zum Weltkriegskonflikt die große Menge an abgebildeten Schauplätzen und Ereignissen. Kartenautoren haben also bei der Darstellung von Ereignissen viel Spielraum, dessen Ausnutzung vor allem in der raumdimensionalen Gestaltung des Holocaust in europäischen Geschichtsatlanten zum Problem wird. So veranschaulichen die unterschiedlichen Visualisierungen in vielen Atlasproduktionen besonders eindrücklich, wie verschieden europaweit die Ansätze sind, den Prozess der »Vernichtung der europäischen Juden« zu präsentieren. So bewegt sich die Darstellung insgesamt zwischen einer auf der einen Seite verharmlosenden Einbettung in die militärische Kriegsgeschichte und auf der anderen Seite separaten Karten mit Abbildungen zum Holocaust, die die Dimension des Massenmords und der Verbrechen einschließen. Nationale Diskurse und Deutungsmuster besitzen hier eine besondere Relevanz, auf die die jeweiligen Raumund Geschichtsbilder in den Darstellungen verweisen. Im Großteil der Atlanten wird das Thema vom Weltkrieg abgekoppelt behandelt, allerdings stark variierend, je nach nationaler Sichtweise. Entscheidend wirkt sich hier aus, ob der gesamte oder nur ein Teil des europäischen Kontinents abgebildet ist. Der Vorteil der vom Kriegsgeschehen abgekoppelten Visualisierung des Holocausts liegt in der ausführlichen Reflexion von Aspekten und Hintergründen (Orte der Vernichtung, Einsatzgruppen etc.), die bei einer Integration in die Kriegsgeschichte des Zweiten Weltkriegs häufig wegfallen. Doch vor allem das Spiel mit dem Blickwinkel zeigt die unterschiedliche Behandlung von Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas in Geschichtsatlanten. Erst in der Perspektivierung des gesamten Kontinents offenbart sich das komplexe Ausmaß des Völkermords. Räumlich begrenzte Aspekte tauchen dagegen zumeist nur als Ergänzungen in einer Sequenz von mehreren Geschichtskarten zum Weltkrieg auf. Die Zusammenführung mit der militärisch-politischen Betrachtung des Zweiten Weltkriegs erfolgt in einer nicht unerheblichen Zahl von Geschichtsatlanten. Dabei verwischen jedoch insbesondere in der Ausgestaltung nationaler Aspekte die verschiedenen Gesichtspunkte des Völkermords, sodass dieser als relevanter Teil der Geschichte nahezu verschwindet. Die Versuche, die Vernichtung der europäischen Juden kartographisch in den Weltkrieg zu integrieren, scheitern fast alle gänzlich an mangelnder Übersichtlichkeit und übermäßiger Generalisierung. Zumeist werden nur einfache Informationen vermittelt, woran sich ein Defizit der Auseinandersetzung mit der europäischen Dimension des Holocausts ablesen lässt. Die Auswahl der
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dargestellten Gesichtspunkte reduziert die Beschäftigung durch den Blick auf nur wenige Schauplätze (Konzentrations- und Vernichtungslager, Ghettos etc.) und Gegenstände (Deportationen) somit auf ein Minimum. Im Ganzen zeigen die Atlanten mit Blick auf die Weltkriege sowie den Holocaust den Konstruktcharakter historischer Darstellungen, die im Lichte eines kritischen Verständnisses von Raum und Räumlichkeit standortbezogene Raum- und Geschichtsbilder widerspiegeln. Gerade diese wichtige Eigenschaft der Darstellung wird oftmals nicht wahrgenommen, weil Geschichtskarten scheinbar eine Eindeutigkeit der Geschehnisse und Prozesse suggerieren. Auch die einseitige Koppelung der Erzählung im Atlas an eine militär- und staatengeschichtliche Betrachtung von Geschichte ist dafür klares Indiz. Bisher beziehen nur wenige Atlaspublikationen umfassende raumdimensionale und sektorale Aspekte in Richtung einer »universalen Erzählung« in die Betrachtung ein. Die eigentliche Stärke von Geschichtskarten, im Zuge aktueller Ansätze der Geschichtswissenschaft die räumliche Dimension von Geschichte stärker zu berücksichtigen, kommt bei weltgeschichtlichen Visualisierungen noch immer nicht genügend zum Tragen. Ein Abgleich mit bereits weiter zurückliegenden Untersuchungen ergibt für den Zeitraum von 1990 bis zur Gegenwart keine signifikante Ausweitung der Perspektiven. Vielmehr bestätigt sich mit Blick auf die gesamte Atlasauswahl die Annahme, dass Geschichtsatlanten nach wie vor traditionell stark in europäischen Sichtweisen verharren und somit große Defizite in der Auslotung ihrer Möglichkeiten besitzen.
Die Bilanz der Zeit der Weltkriege – Sektorale Gestaltungsaspekte der Zwischenkriegszeit als Schlüssel zu Epoche Auf den Eingang verschiedener inhaltlicher Aspekte von Geschichte in die Kartendarstellungen verweisen vor allem die Querschnittanalysen zu den Teilbereichen des Zeitalters von 1914 bis 1945. Fast alle europäischen Geschichtsatlanten betrachten sowohl den Ersten als auch den Zweiten Weltkrieg geradezu »monolithisch« aus Sicht einer reinen Kriegsgeschichte. Das »Interbellum« tritt dagegen hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung weitaus heterogener hervor. Die Zwischenkriegszeit kann in Geschichtsatlanten als ein Verbund von ineinandergreifenden historischen Ereignissen und Prozessen bezeichnet werden, die sich einerseits von der homogenen raumdimensionalen sowie sektoralen Gestaltung der »Weltkriege« abhebt, andererseits aber ebenso durch die Notwendigkeit der Beschränkung auf nur wenige Seiten im Kartenwerk im viel zitierten »Katastrophennarrativ« der Epoche und damit im Bereich der Staatenund Militärgeschichte verbleibt. Viele Atlanten präsentieren vornehmlich Defizitaspekte und versuchen den Weg in die »Katastrophe« des Zweiten Weltkriegs zumeist mittels Visualisierung einer »Krisenzeit« zu begründen und zu erklären,
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indem sie einzelne thematische Aspekte in Wirkungszusammenhänge strukturell bündeln. Die sequenzielle Anordnung von Kartenbeiträgen in kausale Zusammenhänge zur Abhandlung der Epoche gestattet bei der Kartenanalyse, die inhaltlich-räumliche Struktur des »Interbellums« in Geschichtsatlanten anschaulich zu vergleichen. Gerade durch die Aneinanderreihung ergeben sich unterschiedliche Schwerpunktsetzungen, die allerdings konzeptionell weitgehend mehr oder weniger fest abgesteckten Aspekten der Geschichtsschreibung in einer auf das Zielpublikum zugeschnittenen Übermittlung von Informationen folgen. Dem Rezipienten werden somit über die Kombination von historischen Gesichtspunkten in Kartenfolgen überschaubare Angebote zur Geschichte geliefert. Generalisierungen und Systematisierungen werden so über die Ausrichtung auf eine Zielgruppe beziehungsweise an instruktionale Vorgaben, Curricula etc. erklärbar. Im Spektrum der inhaltlichen Gliederung der Zwischenkriegszeit lassen sich Themenschwerpunkte lokalisieren, die Aspekte aus dem Feld der Staaten-, Wirtschafts- und Militärgeschichte in unterschiedlicher Breite umfassen und somit die Dominanz konventionalisierter Themen bei der Gestaltung der »Zeit zwischen den Weltkriegen« in europäischen Geschichtsatlanten veranschaulichen. Zum standardisierten Bild gehören beispielweise Gesichtspunkte zur Russischen Revolution, Pariser Friedensordnung, Weltwirtschaftkrise sowie Krise der internationalen Beziehungen. Ergänzt werden die Hauptaspekte durch Beiträge zum Zerfall des Osmanischen Reiches, zur Kolonisation/Dekolonisation, zur Einrichtung des Völkerbunds, zum Spanischen Bürgerkrieg oder zur Geschichte Japans und Chinas. Die Zeit zwischen den Weltkriegen wird somit häufig in chronologischer Abhandlung einzelner thematischer Bereiche visualisiert, über deren Bündelung sich mehrheitlich ein Geschichtsbild ergibt, das ein »Defizitnarrativ« der Epoche in vielen europäischen Geschichtsatlanten stützt. Insgesamt ist die Ausgestaltung des Zeitalters daher immer an den europäischen Kontinent sowie an standardisierte sektorale Inhalte mit jeweiligen Exkursen zur Nationalgeschichte gebunden. Viele der Darstellungen in den europäischen Geschichtsatlanten besitzen für den Schulgebrauch konzipierte und generalisierte Visualisierungen, die sich durch Aufbereitung und Zuspitzung insbesondere an die Zielgruppen von Schülern und Studenten mit geringen Vorkenntnissen richten und in erster Linie ein anschauliches Bild der Epoche vermitteln sollen. Dementsprechend werden Kartenvisualisierungen zum Zeitalter der Weltkriege häufig auf ein Minimum an Inhalten begrenzt, zum Teil angereichert mit nationalen Gesichtspunkten. Vor allem für vielfältige inhaltliche Gesichtspunkte sowie umfangreiche Perspektivwechsel fehlt oftmals der Platz, ganz zu schweigen von dem Hemmnis des Aufwands der redaktionellen Erstellung neuer Karten. Nachgenutztes Karten-
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material bildet einen großen Teil des Gesamtumfangs von neuen Atlaskonzeptionen. So bleiben Kartenfolgen teilweise unangetastet. Dadurch wird in vielen Geschichtsatlanten ein etabliertes Bild von der Zeitspanne zwischen den Kriegen weitertradiert, dass die Menschheit scheinbar alternativlos auf militärische Auseinandersetzungen zusteuerte und keine Konfliktlösung und Abwendung des vermeintlich vorherbestimmten Schicksals möglich war. Mehr oder weniger einfache Erklärungen und Hinweise in den Karten vermitteln den Eindruck von scheinbar »besonderen« historischen Umständen in der Zwischenkriegszeit. Viele Veröffentlichungen (beispielsweise aus Deutschland, Großbritannien, Italien) mit zielgerichteter Faktorenbündelung rücken dabei die zwanzig Jahre des Friedens zwischen den Weltkriegen sowie die damit verbundene »Krise der demokratischen Staatenordnung« in einen Beziehungszusammenhang, der zwangsläufig in die Katastrophe von »Krieg« und »Völkermord« führte, da die Bestimmungen des »Versailler Vertrags«, der »wirtschaftliche Ausnahmezustand der ausgehenden 1920er- und beginnenden 1930er-Jahre«, die »Expansion Japans« oder der »Bürgerkrieg in Spanien« laut Atlas gar keine andere Möglichkeit des Verlaufs der Geschichte zuließen. Konkrete Vorurteile wie auch Zuschreibungen bauen die Abbildungen in den europäischen Geschichtsatlanten zwar nicht unmittelbar auf, jedoch entstehen in einzelnen Visualisierungen durch starke Vereinheitlichung und Generalisierung vor allem auf dem Gebiet nationalgeschichtlicher Betrachtungen pauschalisierende Bilder von Nachbarn, ehemaligen Kriegsgegnern etc., die ohne eine einsprechende Kontextualisierung zu einer Stereotypisierung führen können.1661 Die Erzeugung einseitiger Geschichtsbilder wird dabei von den Kartenautoren bewusst in Kauf genommen, teilweise stellen sie historische Ereignisse und Entwicklungen sogar erkennbar in Frage. Speziell die Geschichtsatlanten ost- und ostmitteleuropäischer Staaten (Bulgarien, Lettland, Litauen, Moldawien, Polen, Rumänien, Serbien, die Slowakische Republik, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn) verwenden bei der Visualisierung territorialer Verhältnisse zum Teil National- und Minderheitenkarten, über die sie mögliche Ansprüche und historische Sichtweisen zu begründen oder erklären versuchen. Einige Abbildungen spiegeln demzufolge die Macht bestimmter historischer Raumkonzepte der jeweiligen, meist nationalen Geschichtskultur wider, in deren Rahmen sie entworfen und rezipiert werden. So verweisen Kartenbilder infolgedessen eindeutig auf Diskurse beziehungsweise eindimensionale Sichtweisen oder sogar historische Kontroversen. Gerade die Abhandlung der Geschehnisse der Zwischenkriegszeit, wie beispielweise die Folgen der 1661 Vgl. Mütter : Stereotypen und historisches Lernen; Hahn; Hahn: Nationale Stereotypen; Kochanowska-Nieborak: Versöhnungskitsch und Stereotype.
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Pariser Vorortverträge, offenbart vielerorts eine starke nationale Perspektivierung von Geschichte, die Kartenautoren in Anbetracht territorialer Veränderungen zum Beispiel auch in deutschen Atlasproduktionen abbilden. Dementsprechend wird in der Analyse der Kartenbilder zur Zwischenkriegszeit überaus deutlich, dass sich die Atlaspublikationen im Rückgriff auf die Optionen von Geschichtsschreibung standortbezogen zur Geschichte äußern und dabei oftmals immer noch in eindimensionalen Visualisierungsmustern verharren.1662 Daher und aufgrund der verbreiteten deterministischen Tendenzen verwundert es kaum, dass sich im Zuge der inhaltlichen Analyse der »Zwischenkriegszeit« nur vereinzelt »friedenspädagogische« Gedanken finden lassen, die im Gegensatz zu etablierten Kartenvisualisierungen Wertmuster, Ideologien, Identitäten sowie gegebenenfalls den Einfluss einseitiger Selbst- und Fremdbilder ignorieren und versuchen, das Zeitalter innerhalb möglichst aufklärender Raum- und Geschichtsbilder zu betrachten.1663 Zwar werden die Aspekte Krise und Gewalt im Rahmen der inhaltlichen Betonung in den dargestellten historischen Ereignissen und Prozessen der europäischen Kartenwerke in der Regel eingehend betrachtet und als Umstand der damaligen Staaten- und Politikgeschichte in die Gesamterzählung einer raumbezogen Geschichtsdarstellung zur Zeit der Weltkriege eingebettet. Eine genauere Auseinandersetzung mit dem Gegenstand selbst, der zeitgenössischen Friedenspolitik mit Blick auf die internationale Konfliktverhinderung (zum Beispiel Völkerbund) oder das Aufzeigen von Alternativen sowie Potenzialen der Geschichte (beispielsweise technischer Fortschritt) erfolgt allerdings nur selten. So sind viele Kartendarstellungen hauptsächlich auf die Bereiche der Staaten-, und Militärgeschichte beschränkt und liefern nur vereinzelt wirtschafts-, wissenschafts-, technik- und kulturgeschichtliche Gesichtspunkte ohne wesentlichen Einfluss auf das jeweils vermittelte Geschichtsbild. Genauso wenig kommen Hintergründe zur Fortentwicklung von Bildung oder gesellschaftlich-soziale Wandlungen zum Tragen, wie zum Beispiel das Frauenwahlrecht oder der allgemeine Fortschritt mit der Schaffung internationaler Organisationen und Abkommen zur Eindämmung des Krieges (Genfer Konventionen, Haager Abkommen, Rotes Kreuz usw.). Auch wenn einige Atlasproduktionen durchaus versuchen, in der Darstellung von Geschichte den begrenzten Raum auszunutzen, indem sie durch den Gebrauch unterschiedlicher thematischer Abfolgen sowie den Einsatz von verschiedenen Perspektivwechseln historische Sachverhalte inhaltlich differenziert herleiten und begründen, ergibt die Gesamtanalyse letztlich jedoch ein gegenteiliges Resümee. In vielen europäischen Geschichtsatlanten wird die starke Verallgemeinerung und Zuspitzung von Inhalten offenbar, die häufig Ursachen 1662 Vgl. Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 378. 1663 Vgl. Pingel: Schulbücher, S. 68.
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und Alternativen der Geschichte ausklammert und positive Entwicklungen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne einer ausgewogenen Darstellung der Epoche ausblendet.
11.3. Darstellungsoptionen in der kartenmethodischen Gestaltung: Möglichkeiten und Grenzen in der Darstellung der Zeit der Weltkriege Die Analyse von medial-methodischen Aspekten kartographischer Abbildung ermöglicht die Freilegung von Erkenntnissen zur Geschichtskarte als visualisierende Darstellungsform. Speziell die Analysen der formalen sowie multimodalen Elemente zur Veranschaulichung der dramatischen Hintergründe im Rahmen von Entbehrungen und Leiden des Zeitalters verweisen auf die Probleme in der Diskussion von Möglichkeiten in der Kartierung der Schrecken der Weltkriegsepoche. In teilweise grundlegend konzeptioneller Übereinstimmung gestalten viele Autoren – wie bereits dargelegt – die Kartenbilder flächendeckend mit Hilfe von Generalisierungen und Systematisierungen. Die allgemeine »Kartensprache« wirkt zumeist sachlich und insbesondere im Rückgriff auf eine abstrakte Zeichengestaltung stellenweise pauschalisierend. Im Verhältnis von historischem Gegenstand und genutzten Kartenelementen entstehen beispielweise in der Generierung von Signaturen Fragen zur »Ikonisierung«, die innerhalb des Spektrums von Versachlichung und Emotionalisierung auf den außerordentlich breiten Spielraum an Darstellungsoptionen bei der Erstellung von Geschichtskarten verweisen. In diesem Bezug macht die Beschäftigung mit kartenmethodischen Aspekten deutlich, inwieweit die prägnanten und nachhaltigen Darstellungen der »Katastrophenzeit« etwa durch bildhafte oder symbolische Zeichen häufig als dem historischen Gegenstand fragwürdig zu bezeichnen sind, hingegen abstrakte Visualisierungen wohlmöglich zu viel Distanz zum Gegenstand wahren. Daneben spielt auch der Einsatz von Farben eine große Rolle, denn die Analyse gibt Aufklärung über die Anlehnung aktueller Karten an traditionelle Visualisierungsmuster sowie die Positionierung in Abgrenzung von den »Anderen« durch nationale Besonderheiten in der Farbnutzung. Die Unkartierbarkeit des Schreckens – Der Holocaust und die Probleme seiner medialen Realisierung im Atlas In der Verschränkung von inhaltlichen und kartenmethodischen Gesichtspunkten liefern gerade die Abbildungen zum Holocaust in europäischen Geschichtsatlanten aufschlussreiche Darstellungsvarianten. Diese entstehen spe-
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ziell vor dem Hintergrund des besonderen historischen Gegenstands, zum einen durch die »Darstellung des Nicht-Darstellbaren« und zum anderen infolge der qualitativ stark variierenden Kartenelemente, vor allem der Zeichen und Signaturen. Die Schnittflächen von historischem Geschehen und Zeichenmodalitäten verweisen dabei auf die Wandlungsfähigkeit von Kartenvisualisierungen im Spektrum abstrakter und bildhaft/symbolischer Möglichkeiten. Ihre Auswahl und Gestaltung ist insbesondere für die Ausformung spezifischer Aussageweisen sowie zielgerichteter Blickwinkel in der Betrachtung beispielsweise der Konzentrations- und Vernichtungslager oder einzelner Deportationsrouten verantwortlich. Ein Großteil der kartographischen Darstellungen zum Thema Holocaust wird dabei vor dem Hintergrund vermeintlicher »Objektivität« nur schwer dem generellen historischen Sachverhalt gerecht. So versuchen manche Atlasprojekte über die Nutzung visuell scheinbar aussagekräftiger Ausgestaltungen oder Ergänzungen wie Fotos, Illustrationen etc. bestimmte Eindrücke und Perspektiven zu vermitteln und die Problematik der eingeschränkten Kommunikation von Karten zu überwinden. Die »Ikonisierung des Holocaust« spielt hier eine besondere Rolle, weil über die Vielfalt an Darstellungsoptionen an visuelle »Gedächtnisbilder« angeknüpft wird. Bilder von »Lagermerkmalen wie Wachtürmen, Stacheldraht und Baracken« haben sich als »Schlüsselbilder für Völkermorde und ethnische Säuberungen und diachrone visuelle Erinnerungsorte der Katastrophen des 20. Jahrhunderts« im kollektiven Gedächtnis verankert und nehmen somit auch Einfluss auf die Rezeption von Geschichtskarten.1664 In diesem Zusammenhang rückt die geringe Kontextualität der piktoralen Sprache der Karte als Gradmesser für die Beurteilung der Nutzbarkeit von Signaturen im thematischen Spektrum in den Mittelpunkt. Dabei offenbaren sich unterschiedliche Problematiken in der Entschlüsselung von Zeichen im Kartenbild. Denn Geschichtskarten, die eine breitgefächerte Zusammenstellung an bildhaften oder symbolischen Kartenzeichen anbieten, lenken die Aufmerksamkeit des Betrachters möglicherweise viel zu sehr entweder auf undifferenzierte Vorstellungen sowie bestimmte Opfergruppen oder aber auf einzelne dramatische Ereignisse, die dem Gesamtbild des historischen Gesamtkomplexes Holocaust nur wenig gerecht werden. Ein Großteil der Atlasprojekte verwendet daher abstrakte Kartenzeichen, um einen übersichtlichen, aber dennoch distanzierten Beitrag zur Geschichte der Vernichtung der europäischen Juden zu leisten. Gleichwohl nutzen viele Produktionen einen Mix aus beidem, wobei ergänzende Elemente zur Kontextualisierung wichtiger Hintergründe häufig im Atlas einrücken. In 1664 Leggewie: Zur Einleitung, S. 14; Paul: Die visuelle Geschichte und der Bildkanon des kulturellen Gedächtnisses, S. 14 ff; vgl. auch Brink: Ikonen der Vernichtung.
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Anbetracht des Umfangs und der Optionen der Kartenbeiträge zum »Völkermord an den europäischen Juden« veranschaulicht die Mehrheit von Geschichtsatlanten lediglich stark vereinfachte und standardisierte Aspekte des historischen Gegenstands. Die Kartenabbildungen betrachten vor allem einzelne Hintergründe in Verortung verschiedener Lager und Schauplätze des Massenmords, was oftmals zur Steigerung der Empathie unter Hinzuziehung von Opferzahlen geschieht. Selten zeigen sie hingegen genaue Informationen zum Prozess der Vernichtung (beispielweise Einsatzgruppen, Ghettos, T4 etc.). Demnach offenbart die Analyse die größte Schwäche von Geschichtskarten, denn die einfachen Zeichenelemente und gestalterischen Bestandteile des Mediums sind nur eingeschränkt in der Lage, genauere Hinweise, Eindrücke und die dramatischen Hintergründe zu liefern, wie zum Beispiel den Ablauf der Deportationen zu erklären oder die katastrophalen hygienischen Zustände während des Transports in die Lager zu schildern. Deshalb verwenden Kartenautoren, neben variierenden Kartenzeichen und unterschiedlicher Perspektivierung, verschiedene Gestaltungselemente und visuelle Ergänzungen. Möglichkeiten der Erweiterung reichen von einfachen Texten über Statistiken bis hin zum visuellen Spektrum verschiedener Illustrationen, Bilder und historischer Fotografien. Die meisten Atlasprojekte verfolgen mit der Nutzung flankierender Einschübe die Strategie, dem Betrachter die Grausamkeiten des Holocaust über visuelle Eindrücke »spürbar« nahe zu bringen, wobei häufig historische Fotos herangezogen werden, um die Dramatik von historischen Sachverhalten und Prozessen zu untermauern. Neben Gesichtspunkten inhaltlicher Art spielen somit insbesondere symbolische Inszenierungen im visuellen Umgang mit der Vergangenheit eine substanzielle Rolle. Die im Zuge der Aufklärung zum Holocaust massiv verbreiteten Fotografien werden im Spektrum von »Kanonisierung« und »kollektiver Deutung« zu Bestandteilen von Geschichtskultur, die ins »kollektive Geschichtsbewusstsein« eingehen.1665 Die Visualität von »Vergangenem« steht daher mit Blick auf die oftmals bildhaften Ergänzungen von Karten in Geschichtsatlanten im Mittelpunkt multimodaler Bezüge. Speziell die Fotografien (»Torhaus Auschwitz«, »Junge aus dem Warschauer Ghetto«) in Geschichtsatlanten vermitteln Authentizität und wollen damit die zumeist allzu betonte Distanz der Kartenabbildung überwinden. Sie sollen Eindrücke vom historischen Gegenstand liefern, die über die Kartensprache kaum vermittelbar sind. Durch die emotionalisierende Wirkung der Illustrationen und Fotos wird das Leiden von Millionen von Menschen in die Betrachtung einbezogen und hervorgehoben. Über den Sinn und Unsinn von multimodalen Ergänzungen in Form von 1665 Vgl. Hamann: Visual history und Geschichtsdidaktik, S. 33.
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historischen Fotos lässt sich gerade im Kontext des vielschichtigen Themas Holocaust streiten. Eine Vielzahl der Geschichtsatlanten setzt auf eine Strategie der »Versachlichung«, indem zumeist einfach zu visualisierende Aspekte abgebildet werden und nur selten, wie in Spezialatlanten, versucht wird, die Komplexität der »undarstellbaren« Grausamkeiten des Holocaust zu illustrieren und etwa Einzelschicksale abzubilden. Dass Geschichtskarten zum Holocaust auch jenseits des Atlas eine große Bedeutung zukommt und sie im gesamten Bereich der Geschichtskultur zirkulieren, zeigen die vielfältigen Verwendungskontexte von raumbezogenen Abbildungen in schulischen, aber auch außerschulischen Medien zur Geschichtsvermittlung. Neben Print-, TV- und Internetmedien lassen sich beispielweise in der Visualisierung von Deportationsrouten Modulationen von Geschichtskarten auch in Museen, Gedenk- und Erinnerungsstätten lokalisieren.
Optionen bei der Abbildung der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten Die Untersuchung zur Darstellung der Geschichte der Weltkriege verdeutlicht ebenfalls den Konstruktcharakter von Geschichtskarten sowie die Bedeutung multimodaler Beziehungen von Gestaltungselementen. Auch hier ist die Spannung zwischen Kartensprache und Darstellungsintentionen für die Einschätzung des Mediums wichtig. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass sich Atlanten einerseits an den Mustern der Kriegskarte, der detaillierten Wiedergabe von Schlachtfeldern orientieren und andererseits manche Geschichtskarten die Kriegsdarstellung im Sinne einer abstrahierenden Abbildung zurücknehmen. Vor allem selten genutzte Inhalte der Kriegs- und Staatengeschichte in Atlanten zeigen eindeutig die Möglichkeiten von Präsentationsformen und Spielräumen in der »Kartensprache« auf (zum Beispiel »Antikriegsbewegungen in Europa 1914 – 1917«). Positionierungen und Gewichtungen werden zudem über den Aufbau von Emotionen und Dramatik vorgenommen. Hierzu dienen im Kartenbild etwa bildhafte und/oder symbolische Kartenzeichen, die durch visuelle Hervorhebungen und Akzentuierungen einzelner Aspekte der Geschichte den »objektivierenden Charakter« von Kartenvisualisierungen umgehen. Mittels einer klaren Fokussierung einzelner Gesichtspunkte unter Verwendung bildhafter oder symbolischer Kartenelemente vermeiden manche Karten zur Militärgeschichte eine allzu sachliche Betrachtung und vermitteln über die Herstellung von visuellen Bezügen emotionalisierende oder dramatisierende Eindrücke zum historischen Gegenstand. Das kann in einigen Fällen sogar zu Irritationen führen, wenn zum Beispiel in bulgarischen, polnischen, rumänischen, russischen, ungarischen und ukrainischen Geschichtsatlanten Bilder von Panzern und Flugzeugen als Kartenzeichen ganz im Sinne einer militärpatriotischen Erziehung in der Geschichtskarte erscheinen. Dieser Ge-
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genstand unterstreicht die nationalen Unterschiede in der Art der Aufklärung über das »Kriegsgeschehen«. Die Diskussion der vielschichtigen Kartenzeichen macht deutlich, dass die visuelle Sprache von Karten und deren Beschränkung auf wenige grafische Elemente eine Form der Abstraktion ermöglicht, die ein Text in dieser Weise nicht leisten kann. In der Verdichtung von Informationen liegt daher der größte Vorzug des visuellen Mediums Karte, der aber gleichzeitig sein größter Nachteil ist. Infolge der Verdichtung kann die Geschichtskarte auch hier zum einen weder Erklärungen noch Hintergründe liefern, Probleme formulieren oder Differenzierungen vornehmen, zum anderen erfolgt dadurch eine starke Interpretation des Abgebildeten, die sich von Atlas zu Atlas unterscheidet. Die Heterogenität des Materials erschwert die Herausstellung allgemeiner Anhaltspunkte hinsichtlich der Berücksichtigung von »friedenspädagogischen« Ansätzen in der Darstellung der »Weltkriege« in Geschichtsatlanten. Da manche Produktionen stark vereinfachende Perspektiven verwenden und zudem zum Teil sogar militaristische Abbildungen zur Abhandlung der Geschehnisse nutzen, fördern sie die Abbildung einseitiger Selbst- und Fremdbilder, was in einigen Fällen bis zur Geschichtsklitterung beziehungsweise nationalistischen Selbstüberhebung führen kann. Einige der europäischen Geschichtsatlanten erreichen das Ausblenden von Teilen der Geschichte und die Überzeichnung der eigenen Rolle gerade auch durch eine spezifische Benutzung von Kartenzeichen. Die Qualität der Abbildung von Kriegshandlungen bestimmen allerdings nicht nur die zeichenmethodischen Aspekte, denn das Kartenbild wird mit Hilfe ergänzender, visueller Elemente in Konzeption und Design, neben Illustrationen beispielweise auch über Schrift oder Farbe, gestaltet. Farben stellen einen wichtigen Bestandteil in der Visualisierung von Kriegsparteien in Geschichtskarten dar, wobei sich die Mehrheit der Atlaspublikationen in Europa zwischen traditioneller Darstellung und pragmatischer Veranschaulichung bewegt. Eine Tradierung von Identitäten, Ideologien oder etwa Selbst- und Feindbildern ist also auch über das einfache Mittel der Farbgestaltung in aktuellen Atlasproduktionen möglich. Die Untersuchung des gesamten Atlasbestandes zeigt für die kartographische Umsetzung auf Europakarten immer noch die Dominanz »konventioneller« Farbmuster, die in jeweiliger Abwandlung die Gestaltung des Konflikts über die Zuordnung zu kulturellen Farbpräferenzen prägen. Jedoch vereinfacht die überwiegende Mehrheit der Kartenautoren das Kartenbild mit der Wahl zweier Leitfarben für die jeweiligen Kriegsparteien dermaßen stark, dass zum Beispiel neutrale Staaten nicht immer eindeutig in ihrem Status auftauchen, sondern manchmal durch die farbliche Generalisierung teilweise bewusst einem bestimmten Lager zugeordnet werden. Eigenheiten und besondere Umstände der Geschichte einzelner Länder verschwinden auf diese Weise. Auch die Partner der »Achse« tauchen zumeist in identischer Markierung auf, was sie
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auch in qualitativer Bewertung ihrer historischen Rolle als offenkundige Einheit erscheinen lässt. Eine solche Farbgebung hinterlässt pauschale Eindrücke zum Konflikt und verleitet zu verallgemeinernden Aussagen über die Teilnehmer der Weltkriege. Der Einzug angemessener Farbzuweisungen in die Atlasgestaltung, wie zum Beispiel die Markierung des »Nationalsozialistischen Deutschlands« in brauner Farbe, ist daher ein wichtiger Schritt zur notwendigen Differenzierung und zur Überwindung historischer Stereotype oder gar Feindbilder. Schwierigkeiten in der Interpretation offenbaren außerdem multimodale Elemente im Atlas, die im Spektrum der Weltkriegsgeschichte als Mittel der vermeintlichen Überwindung der Objektivierung von Geschichtskarten auftauchen. Allerdings können vor diesem Hintergrund die Ergänzungen gerade auch zu einer Militarisierung und Mystifizierung der Geschichte führen, da die Geschichtsatlanten oftmals die Opferperspektive und damit das Leiden von Millionen von Menschen auf wenige abstrakte Zeichen reduzieren. Das verdeutlicht vor allem die umfangreiche Verarbeitung von Kriegsgeschichte sowie die vorrangige Präsenz von Militär- und Kriegstechnik auf Bildern und Fotos. Eine ausgewogene Darstellung zwischen Objektivität und emotionaler Anteilnahme am Ereignis der Weltkriege ist indes schwierig und macht nur in Abkehr von der reinen Vermittlung von Staats- und Militärgeschichte wirklich Sinn. Als für das historische Lernen besonders wertvoll zu bezeichnen sind deshalb Atlanten, die über die Darstellung mehrerer Perspektiven und unter Einbeziehung verschiedener inhaltlicher Gesichtspunkte die Zeit der Weltkriege umfassend beleuchten. Eine Vielzahl von Atlaspublikationen aus Westeuropa, aber auch aus Ländern wie Litauen oder Kroatien versucht diesen Blick auf die Epoche zu liefern. Somit werden die Erkenntnisse einer über Krieg aufklärenden Geschichtsvermittlung durchaus gesamteuropäisch berücksichtigt. Hingegen werden grundsätzliche Aspekte zur allgemeinen Verständigung und Erkenntnisse der Schulbuchrevision in die Atlanten Europas aber kaum einbezogen. Kontroversität der Zeitgeschichte: Betonung nationaler Perspektiven, Traumata der nationalen Geschichte in Kartenbildern Fragen zur kartenmethodischen Visualisierung zwischen »Generalisierungen« und »unhistorischen Systematisierungen«1666 verweisen speziell in den Analysen zur Zwischenkriegszeit auf eine intensive Diskussion zur generellen Deutung der Kartensprache. Dass auch Kartenmedien sich mit kontroversen Themen auseinandersetzen, belegen die produktorientierten Untersuchungen von Krieg und Holocaust der aktuellen Geschichtsatlanten in Europa. Betrachtet man allein die verschiedenen Kartenbilder zur Geschichte der Weltkriege hinsichtlich einzelner thematischer Punkte wie etwa die Betrachtung des Vichy-Regimes in 1666 Vgl. Oswalt: Wie Geschichte zweidimensional wird, S. 35.
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Frankreich, Krieg und Holocaust in Polen etc., so verweisen sie auf die Brisanz vieler der mit ihnen verbundenen Ereignisse und Deutungen. Der Gegenstand der Grenzziehung besitzt in Geschichtskarten besondere Relevanz, da er mehr als jeder andere Gegenstand auf eindeutige Raum- und Geschichtsbilder hindeutet. Dass durch die Mittel der Kartographie bestimmte Sichtweisen auf die Geschichte möglich sind, hat die Untersuchung insbesondere im Zusammenhang mit den Abbildungen zu den Pariser Vorortverträgen herausgestellt. Des Weiteren veranschaulicht der Blick auf geschichtskulturelle Manifestationen anhand von exemplarischen Beispielen die vielfältigen Erscheinungsformen von Geschichtskartendarstellungen außerhalb des Atlas. Bei der Reflexion von Kartengestalt und Kartensinn rückt im Atlasvergleich hauptsächlich die Provenienz der Kartenbilder in den Fokus, wobei die Untersuchung aufgrund des historischen Bezugsrahmens speziell ostmitteleuropäische Produktionen näher in Augenschein nimmt. Grenzlinien und Grenzumschreibungen treten insbesondere dort auf der Ebene der »historisch-visuellen Sinnbildung« der Geschichtskarte als komplexe und vielschichtige Elemente auf, die nur durch Kontextualisierung mit den formalen Bestandteilen des Mediums (Zeichen, Farbwahl etc.) sowie unter Berücksichtigung unterschiedlicher Diskurse zum Sprechen gebracht werden können. Hintergründe und Informationen über einen Sachverhalt aus der Geschichte entstehen erst über die Zusammenführung der »Darstellungsebene« mit der »Ebene der historisch-visuellen Sinnbildung«, die über das Spannungsfeld der reinen Kartengestalt hinausgeht und dadurch letztlich den Blick auf den Kommunikationsprozess in der Wissensvermittlung freilegt. So veranschaulichen Kartenabbildungen zur Pariser Friedensordnung erst über den methodischen Gegenstand der kartographischen Visualisierung und der historischen Kontextualisierung das Nachkriegsgefüge der europäischen Territorialstaaten und der dahinterstehenden Bestimmungen und Folgen. Gerade Geschichtsatlanten Ostmitteleuropas zeigen bei der Visualisierung territorialer Aspekte der Zwischenkriegszeit eigene Muster, da sich die Karten auf äußerst komplexe Weise mit den »Grenzstreitigkeiten« und »Nationalitätenkonflikten« in Europa auseinandersetzen. So visualisieren zum Beispiel viele ungarische Atlanten »umstrittene« Grenzen in einzelnen Kartenbildern, womit die Autoren in Betrachtung des Vertrags von Trianon ein problematisches Thema aufgreifen.1667 Die Darstellungen zeigen dabei eindrucksvoll, wie im Kontext kontroverser Diskussion auch durch die Kartensprache die Bewertung einer historischen Grenzziehung nachhaltig beeinflussbar wird. Daneben erörtern Kartenabbildungen anderer Staaten Ost1667 Vgl. Graebner ; Bennett: The Versailles Treaty and its legacy ; MacMillan: Paris 1919; Dülffer ; Krumeich (Hrsg.): Der verlorene Frieden; Krumeich; Fehlemann (Hrsg.): Versailles 1919.
Darstellungsoptionen in der kartenmethodischen Gestaltung
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mitteleuropas in ähnlichen Bezugsrahmen ebenso unter Einbeziehung von Minderheitenkarten einzelne Konfliktherde im Rahmen komplexer Wirkungszusammenhänge der Zeit der Weltkriege.1668 Diese Form der genauen Erschließung von Grenzen beschränkt sich indes nicht nur auf Kartendarstellungen in Geschichtsatlanten. Bei einem Abgleich von Mustern zur Grenzdarstellung in Karten jenseits des Atlas verweisen vielfältige geschichtskulturelle Manifestationen auf persistente Geschichtsbilder. Die Abbildungen erlauben einen Einblick in die Möglichkeiten der Beziehung zwischen historischem Gegenstand und seiner kartographischen Darstellung im Feld von schulischen Bildungsbedürfnissen, allgemeiner Geschichtsvermittlung bis hin zur konkreten Manipulation. Karten veranschaulichen so eindrucksvoll das Spannungsverhältnis von »Objektivitätsanspruch« und tatsächlicher subjektiver Konstruktion. Insbesondere im Zentrum der europäischen Staatengeschichte geben kartographische Darstellungen als Produkte sozialer Praxis und kultureller Prägung Aufklärung über verschiedene Hintergründe, etwa zur Tradierung von Erinnerung, Mythenbildung oder Identität, aber auch von Feindbildern oder Vorurteilen. Die »Performanz« von Kartendarstellungen in der Geschichtskultur Geschichtskarten tauchen in der jüngsten Vergangenheit immer öfter als frei zugängliche Produkte in vielfältigen Manifestationen im Bereich der Print-, TVund Internetmedien auf. So kann die Karte als Sinnbildungsangebot verstanden werden, deren massenmedialer Kontext ebenso wichtig ist wie die Einflussnahme auf Konstruktion und Gestalt von Geschichtsbildern der Rezipienten. Geschichtskultur offenbart in diesem Zusammenhang ein weites Feld, in dem sich die Zirkulation von Raum- und Geschichtsbildern in kartographischer Form in Anbindung an unterschiedliche mediale Realisationen vollzieht. So resultieren letztlich aus Manifestationen zum Gegenstand der Visualisierung von Geschichte in Raummedien wie für grundsätzlich jede Geschichtsdarstellung Sinnbildungsangebote, die »aus einem in der Gegenwart liegenden Orientierungsbedürfnis heraus erzeugt wurden«1669 und damit vorwiegend Identitäts- und Wirklichkeitsentwürfe bereitstellen. Verstärkt wird die Wirkung der kartografischen Abbildungen allerdings durch den spezifischen Charakter von Karten, die sich mehr als der Text zur Generierung von Aussagen zwischen gezielter Meinungsbeeinflussung und historischer Orientierung eignen.1670 In diesem Kontext ist hinsichtlich der massiven Verbreitung darüber hinaus von 1668 Vgl. Haslinger ; Puttkamer (Hrsg.): Staat, Loyalität und Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa 1918 – 1941; Leiserowitz (Hrsg.): Die unbekannten Nachbarn. 1669 Kühberger ; Sedmak: Vom Erfinden, Entdecken und Erarbeiten einer europäischen Geschichtskultur, S. 9. 1670 Vgl. Monmonier: Eins zu einen Million, S. 123 ff.
468
Fazit
einer Wechselwirkung zwischen Kartengattungen auszugehen, indem Objekte wie beispielweise Geschichtskarten oder auch »Historische Karten« neben der zirkulären Beziehung zwischen Autor und Nutzer sich auch gegenseitig beeinflussen.1671 Speziell das Beispiel der Adaption von Kartenbildern über »Historische Karten« oder etwa die Nachnutzung von Geschichtskarten in den unterschiedlichsten Zusammenhängen (zum Beispiel Verlagspolitiken) belegen die umfassende Präsenz von kartographischen Abbildungen in vielen Bereichen der Öffentlichkeit (Printmedien, Bildungsmedien etc.). Die Macht der Karten ist unübersehbar.1672
11.4. Ausblick und Konsequenzen Im letzten Teil erklärt ein kurzer Ausblick, dass sich in zwei Richtungen Konsequenzen aus der Untersuchung ableiten lassen: Zum einen Schlussfolgerungen, die für die Konzeption zukünftiger Atlanten von Bedeutung sind, zum anderen Aspekte, die für den Umgang und die Arbeit mit Kartenwerken Relevanz besitzen. Nur wenige Atlaspublikationen bieten unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft zum einen eine ausgewogene inhaltliche Mischung an thematischen Aspekten und zum anderen universale Perspektiven an, die über die im Großteil der untersuchten Atlanten verwendeten Gesichtspunkte hinausgehen und sich damit für neue Sichtweisen öffnen. Moderne Atlasproduktionen sollten deshalb bei der Gestaltung verschiedene Faktoren berücksichtigen, um eine multiperspektivische sowie sektoral ausgewogene Darstellung der Zeit der Weltkriege zu gewährleisten. Die Einbeziehung einer breiten inhaltlichen Basis zur Visualisierung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist dabei von besonderer Bedeutung, da eine komplexe Betrachtung der Epoche in Beschäftigung mit Themen abseits von Militär- und Staatengeschichte eine Abkehr vom »Defizitnarrativ« erlaubt und daneben Aspekte des Fortschritts und der Modernisierung verdeutlicht. Hierzu sind die potenziell zu »kartierenden« Beispiele endlos. So können Beiträge im Bereich von Kultur und Bildung, wie die Alphabetisierung des Menschen, oder im Kontext von Verkehrs- und Technikgeschichte mit Beginn der Massenmotorisierung sowie die Revolutionierung des Alltags durch Radio und Fernsehen, aber auch Medizingeschichtliches, wie die Darstellung der globalen Auswirkungen der »Spanischen Grippe«, interessante Weiterungen darstellen. Für die Auseinandersetzung mit den Weltkriegen kann außerdem die Orientierung an 1671 Vgl. Board: Maps as models, S. 673. 1672 Wood: Power of Maps.
Ausblick und Konsequenzen
469
den Aspekten der »neuen« Militärgeschichte im Rahmen einer »Sozial- und Kulturgeschichte des Krieges« wünschenswerte Einblicke eröffnen.1673 Damit rücken in Anbindung an die »Schrecken des Krieges« vor allem Opferperspektiven in den Vordergrund, beispielhaft seien hier nur »Kriegsgreuel«1674 oder etwa der »Bombenkrieg«1675 erwähnt. Aber auch im Feld der epochalen Verortung der Geschichtsschreibung ist mit Blick auf die Gegenwart auf weiterreichende Entwicklungslinien zu achten. Die Eingliederung der Periode der Weltkriege in das Epochengefüge von Geschichtsatlanten sollte sich nicht nur an der Geschichte des 20. Jahrhunderts ausrichten, sondern darüber hinaus auch am 21. Jahrhundert orientieren, womit überwiegend globale Gesichtspunkte sowie die außereuropäische Geschichte als komplexe Ergänzungen zur Erklärung von Entwicklungen und Prozessen angesprochen sind. Eine Ausweitung der Perspektive über Europa und »den Westen« hinaus muss erfolgen, um etwa auf die Entwicklung ehemaliger Kolonial- und Mandatsgebiete insbesondere in Afrika und Asien eingehen zu können und um überdies aktuell zunehmend relevanter werdende Räume historisch zu erschließen (zum Beispiel Indien, Pakistan, China sowie den afrikanischen Kontinent).1676 Daneben sollte sich der Blick von Geschichtsatlanten der nächsten Generation gerade auch auf die Faktoren erzieherischer Praxis im Spektrum von Friedenserziehung und Friedenspädagogik richten, die speziell im transnationalen Vergleich von Medien als maßgebende Inhalte der Lehrmittelrevision immer öfter in Erscheinung treten.1677 So werden die Aspekte Krise und Gewalt im Rahmen der inhaltlichen Ausgestaltung in den dargestellten historischen Ereignissen und Prozessen der europäischen Kartenwerke zwar eingehend betrachtet und als Umstand der Staaten- und Militärgeschichte in die Gesamterzählung einer raumbezogenen Geschichtsdarstellung zur Zeit der Weltkriege eingebettet, eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Gegenstand selbst und seinen Folgen sowie das Aufzeigen von Alternativen der Geschichte erfolgt allerdings nur selten.1678 Vielmehr wird in der Analyse besonders klar, dass ein großer Teil der europäischen Atlaspublikationen immer noch an die traditionale Geschichtsschreibung anknüpft, und sie dadurch für die Zeitspanne von 1914 1673 1674 1675 1676
Vgl. Kocka: Mode und Wahrheit in der Geschichtswissenschaft. Vgl. Horne: Deutsche Kriegsgreuel 1914; Römer : Der Kommissarbefehl. Vgl. Müller : Der Bombenkrieg 1939 – 1945; Neillands: The bomber war. Vgl. Osterhammel: Geschichtswissenschaft jenseits des Nationalstaats; Bright; Geyer: Globalgeschichte und die Einheit der Welt im 20. Jahrhundert; Osterhammel; Petersson: Geschichte der Globalisierung. 1677 Vgl. Pingel: Schulbücher, S. 68. 1678 Vgl. Helmedach; Radkau: Lernen und Erinnern – Holocaust, Völkermord und staatliche Gewaltverbrechen im 20. Jahrhundert, S. 203 – 213.
470
Fazit
bis 1945 ein standardisiertes Bild einer ausweglos auf einen Krieg zusteuernden Welt vermitteln.1679 Nur eine Verbreiterung der Themenauswahl kann hier helfen, sich von gewohnten Vermittlungsaspekten zu lösen, um gerade der deterministischen Tendenz von Geschichtskarten entgegenzuwirken, weil Kartenabbildungen in der Regel Faktisches und keine historische Alternativen aufzeigen. Deshalb erfordern zukünftige Produktionen in der Abhandlung speziell nationaler Perspektiven die Abkehr vom Gegenstand der Militärgeschichte oder etwa von der Veranschaulichung von Minderheiten, um sich im Gegensatz dazu stärker in anderen sektoralen Bereichen zu bewegen und damit etwas mehr zum Kennenlernen der eigenen Geschichte beizutragen. Gleiches gilt für die Betrachtung von Nachbarn, die im Atlas nicht mehr im Lichte von Zuschreibungen und Wertmustern stehen sollten, sondern schlicht als Teil der Geschichte oder gar als Freunde akzeptiert werden. Diese Erkenntnisse beziehen sich natürlich auch auf den Atlas als Ganzes, der seinen Gang durch die Epochen im Spiegel des ausgeglichenen Umgangs mit Inhalten und Perspektiven gestaltet. Nichtsdestoweniger verweist die Auseinandersetzung mit dem Zeitalter der Weltkriege in Geschichtsatlanten zudem eindeutig auf die Nachteile des sequenziellen Nacheinander des Textes sowie auf die Vorteile des parallelen Nebeneinander der Geschichtskarte. Einen genauen Eindruck über das räumliche Ausmaß sowie die einzelnen Schauplätze der Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bietet nur die Verortung auf Karten. Allerdings wurden in der raumdimensionalen Darstellung der Ereignisse von 1914 bis 1945 auch die Schwachstellen der kartographischen Abbildungen deutlich, denn Kartenmedien liefern zu den visualisierten Gesichtspunkten keine Erklärungen oder Begründungen. Die aus diesem Grund häufig genutzten multimodalen Weiterungen und Bezüge bringen ebenfalls gewisse Schwierigkeiten mit sich. Den Distanz schaffenden Karten beigeordnet sollen dramatisierende Illustrationen, Fotos etc. Emotionen wecken und scheinbar authentische Eindrücke vermitteln. Allerdings gelingt es dabei nur wenigen Publikationen, sich von den konventionalisierten Abbildungen zur Militärgeschichte zu entfernen und alternative Potenziale im Sinne einer Friedenserziehung aufzuzeigen. Häufig wirken die Beifügungen eher gegenteilig und fördern mitunter sogar einseitige Sichtweisen, was zum Beispiel der Einsatz von Statistiken im Geschichtsatlas zeigt. Größere Chancen bestehen daher eher in der Differenzierung der Themen als in der Überladung mit emotionalisierenden, visuellen Elementen, die die Drastik des Geschehens verdeutlichen. Dabei schließen die Ergebnisse der Analyse an die breite Diskussion im Hinblick auf die Fotografien aus den Konzentrationslagern,
1679 Vgl. Dipper : Stadt, Land, Volk, S. 378 f.
Ausblick und Konsequenzen
471
die für eine Abkehr von der »Leichenbergpädagogik« plädieren und die aufklärerische Wirkung von Schreckensbildern in Frage stellen.1680 Separate Geschichtskarten, aber auch Einbindungen in Bildungsmedien sind also stets überaus kritisch zu lesen. Zum Verständnis der Kartendarstellungen sind deshalb umfassende Fähigkeiten im Umgang mit Raummedien von Nutzen. Die Dekodierung von Perspektiven auf die Geschichte erfordert eine ausgereifte Kartenkompetenz, denn im Gegensatz zu anderen Darstellungsformen reduzieren Geschichtskarten die Komplexität historischer Verhältnisse und strukturieren beziehungsweise komprimieren Aussagen über Geschichte. In der Arbeit mit Karten ist daher immer zu bedenken, dass Kartenmedien einen historischen Sachverhalt nicht objektiv zeigen, sondern ihn – wie jede Form historischer Darstellung – deuten. Gerade der Geschichtskartenvergleich, der ja die Grundlage dieser Untersuchung darstellt, bietet ein besonderes gutes Verfahren, um diesen Gegenstand freizulegen. Angestrebt werden sollte deshalb mit Blick auf den Umgang mit Karten und Kartenwerken eine systematische Ausbildung und Verinnerlichung von Fähigkeiten mit dem Zweck, »angemessene Raumvorstellungen für historische Sachverhalte« zu entwickeln sowie »die Komplexität der jeweiligen Phänomene« zu verinnerlichen und die »Speicherung der Informationen als Gedächtniskarten« zu trainieren.1681 Denn das Lesen von Geschichtskarten ist vor allem von den kognitiven und pragmatischen Kompetenzen des Rezipienten abhängig. Gerade hinsichtlich des rasanten Anstiegs von kartographischen Vermittlungskontexten in der Gegenwart erscheint mit Blick auf die schulische, aber vor allem auch die außerschulische Verwendung eine kompetente Auseinandersetzung mit Karten unerlässlich. Manifestationen von Geschichte in Form analoger wie auch digitaler Raumdarstellungen wirken in Printmedien, im Fernsehen oder Internet und somit im gesamten Bereich der Geschichtskultur massiv auf den Rezipienten ein. Nur sorgfältig ausgebildete Kompetenzen ermöglichen einen reflektierten Umgang mit den verschiedenen Angeboten in der Verortung von historischen Ereignissen und Prozessen.
1680 Vgl. Brink: Ikonen der Vernichtung; Assmann; Brauer : Bilder, Gefühle, Erwartungen. 1681 Böttcher : Umgang mit Karten, S. 228; vgl. Sauer : Zur »Kartenkompetenz« von Schülern, S. 234 ff.
Abbildungsverzeichnis
Abb. Titel Seite Kapitel 4 4.1. Gegenüberstellung der Raumpräferenz von Geschichtsatlanten aus Westund Osteuropa – Verhältnis von Welt- Europa- und Nationalkarte (in %) 169 4.2. Globaler, nationalzentrierter und temporal-thematischer Raumbezug der europäischen Geschichtsatlanten (Anzahl von Atlanten) 174 4.3. Raumbezug einzelner Ländersamples – Verhältnis von Welt-, Europa- und Nationalkarten in Atlanten aus Frankreich, Schweden, Polen, Litauen und Slowenien (in %) 179 4.4. Gewichtung der Epochen in europäischen Geschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Seitenzahl (Mittelwert Schulatlanten und »allgemeine« Atlanten in %) 185 4.5. Medienfrequenz in europäischen Geschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Atlasauswahl (in %) 191
Kapitel 5 5.1. Gewichtung der Zeit der Weltkriege innerhalb des Epochenspektrums von europäischen Geschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Seitenzahl (Mittelwert aller europäischen Atlanten in %) 5.2. Gewichtung der Zeit der Weltkriege in Schulgeschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Seitenzahl in nationalen Samples (in %) I 5.3. Gewichtung der Zeit der Weltkriege in Schulgeschichtsatlanten – Anteil am Gesamtvolumen der Seitenzahl in nationalen Samples (in %) II 5.4. Anteil der Geschichtskarten zu den Teilbereichen der Zeit der Weltkriege – Verhältnis der für die Darstellung genutzten Gesamtzahl von Karten (in %) 5.5. Anteil der Geschichtskarten zu den Teilbereichen der Zeit der Weltkriege in nationalen Samples (Verhältnis der zur Verfügung stehenden Karten in %) 5.6. Anteil der Teilbereiche der Zeit der Weltkriege in nationalen Samples – Besonderheiten (Verhältnis der zur Verfügung stehenden Karten in %) 5.7. Raumperspektive der Zeit der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten – Gewichtung aller für die Darstellung genutzten Karten (in %)
197 200 204 208 212 215 218
474
Abbildungsverzeichnis
Abb. Titel Seite Kapitel 6 6.1. Die Vielfalt der Epoche – Sektorale Inhalte in der Darstellung der Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten (Mittelwert aller Atlanten in %) 226 6.2. Die Vielfalt der Epoche – Thematische Akzentuierung in der Darstellung der Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten (in Anzahl von Atlanten) 259 6.3. Die Vielfalt der Epoche – Kombination einzelner Themenfelder in Kartenfolgen zur Zwischenkriegszeit in europäischen Geschichtsatlanten (in Anzahl von Atlanten) 262
Kapitel 7 7.1. Die Raumperspektive des Ersten Weltkriegs in europäischen Geschichtsatlanten (Verhältnis der Welt-, Europa-, National- und Schauplatzansicht in %) 7.2. Die Raumperspektive des Ersten Weltkriegs – Wahl der Kartendarstellung in Ergänzung zur Europakarte (Anzahl von Kartenfolgen in Atlanten vom Gesamtsample) 7.3. Die Raumperspektive des Zweiten Weltkriegs in europäischen Geschichtsatlanten (Verhältnis der Welt-, Europa-, National- und Schauplatzansicht in %) 7.4. Die Raumperspektive des Zweiten Weltkriegs – Wahl der Kartendarstellung in Ergänzung zur Europakarte (Anzahl von Kartenfolgen in europäischen Geschichtsatlanten vom Gesamtsample)
276 291 295 325
Kapitel 8 8.1. Die »Typologie des Grauens« – Das Konzentrationslager als Signatur in europäischen Geschichtsatlanten (Querschnitt aus dem Gesamtbestand) 337 8.2. Historische Fotos zum Holocaust in italienischen, russischen, polnischen und britischen Atlasproduktionen – für die Beispiele siehe Fußnote 1367 und 1368 354 8.3. Raumperspektive des Holocaust – Wahl der Kartendarstellung entweder in separater Form oder in Einbindung in die Weltkriegsdarstellung (Anzahl der Nutzung vom Gesamtsample) 372
Abbildungsverzeichnis
475
Abb. Titel Seite Kapitel 9 9.1. Die »Typologie des Krieges« – Die Weltkriege als geometrisch-abstrakte Signatur in europäischen Geschichtsatlanten (Auswahl aus dem Gesamtbestand) 385 9.2. Variationen von Pfeilsignaturen zur deutschen Besetzung Skandinaviens im Zweiten Weltkrieg in europäischen Geschichtsatlanten (zur Auswahl siehe Fußnote 1500) 389 9.3. Die »Typologie des Krieges« – Die Weltkriege als symbolische- und bildhafte Signatur in europäischen Geschichtsatlanten (Auswahl aus dem Bestand) 392 9.4. Die »Typologie des Krieges« – Die Atombombenabwürfe auf Japan in europäischen Geschichtsatlanten (Auswahl aus dem Bestand) 393 9.5. Die »Typologie des Krieges« – Die »Luftschlacht um England« in europäischen Geschichtsatlanten (zur Auswahl siehe Fußnote 1511, 1512, 1513 und 1514) 395 9.6. Beschriftung als Ergänzung von Kartenzeichen in europäischen Geschichtsatlanten (Auswahl aus dem Bestand) 399 9.7. Die Farbgestaltung der europäischen Großmächte auf Europakarten zum Ersten Weltkrieg (Anzahl der Farbnutzung in Geschichtsatlanten vom Gesamtsample) 405 9.8. Die Farbgestaltung der europäischen Großmächte auf Europakarten zum Zweiten Weltkrieg (Anzahl der Farbnutzung in europäischen Geschichtsatlanten vom Gesamtsample) 409 9.9. Historische Fotos als visuelle Ergänzungen zur Geschichtskarte – Die Dramatik der Weltkriege in europäischen Geschichtsatlanten (siehe Fußnote 1581, 1579 und 1580) 418 Kapitel 10 10.1. Von der Kartengestalt zum historischen Kartensinn – Wie die Geschichte von Grenzen in Karten sichtbar wird 429 10.2. Geschichtskulturelle Manifestationen zu den territorialen Bestimmungen des Vertrags von Trianon – T-Shirt, Plakat und Denkmal (siehe Fußnoten) 437 10.3. Karten als geschichtskulturelle Manifestationen im Spektrum von Erinnerung und Versöhnung – Die Oder-Neiße-Grenze 441
Anlagen
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Anlage 4.1. Zugelassene Schulatlanten in Deutschland nach Schulform und Schulstufe (Auswahl) Stand: April 2013 Quelle: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung: Verzeichnis der zugelassenen Schulbücher für die Fächer Geographie, Geschichte, Sozialkunde (Politik) in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Braunschweig Ausgabe 2009/2010 BranBundesland (Auswahl) NiederSachsenBayern denThüringen Atlas sachsen Anhalt burg Relevante Atlanten aus dem Klett Verlag Oswalt, Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich (Hrsg.): Geschichte und Geschehen G G G Atlas mit CD-ROM. Klett Verlag, Stuttgart 2009 Oswalt, Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich Gr/ H/R/G/ H/R/G/ (Hrsg.): Perthes Atlas: Geschichte. H/R/ GII/BII GII Klett-Perthes Verlag, Gotha 2006 G Oswalt, Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich H/R/G/ (Hrsg.): Taschen-Atlas Deutsche R/G/ GII/BII G/GII Geschichte. Klett-Perthes Verlag, GII (2. Gotha 2004 Aufl. 2006) H/R/G/ Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich (Hrsg.): Taschen-Atlas Weltgeschichte: EuGII/BII ropa und die Welt. Klett-Perthes (2. Verlag, Gotha 2006 Aufl. 2006) Relevante Atlanten aus dem Cornelsen-Verlag Bruckmüller, Ernst; Hartmann, Peter Claus Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas, R/G Bayern. 103. Aufl, Cornelsen, Berlin 2007
480
Anlagen
(Fortsetzung) Bruckmüller, Ernst; Hartmann, Peter Claus Hrsg.): H/R/ Putzger : Historischer Weltatlas, G Kartenausg., 103. Aufl., Cornelsen, Berlin 2006 Bruckmüller, Ernst; Hartmann, Peter Claus Hrsg.): H/R/ Putzger : Historischer Weltatlas. G 103. Aufl, Cornelsen, Berlin 2001 Relevante Atlanten aus dem Westermann-Verlag Birkenfeld; Bode; Zahn (Hrsg.): Westermann Geschichtsatlas. H/R/ 3. Aufl., Westermann, Braunschweig G 2000 Thomas Michael (Leitung). Wiebke Gehring … Gr/ R/G/ (Red.).: H/R/ GII Diercke Weltatlas, Westermann, G/Gs Braunschweig 2008 Weitere Atlanten aus verschiedenen Verlagen Michael, Thomas (Hrsg.): Diercke Drei: Universalatlas Erdkunde, Geschichte, Wirtschaft, Politik, Westermann, Braunschweig 2009 Knippert, Ulrich (Hrsg.): Alexander-Kombiatlas: Erdkunde, H/R/ Geschichte, Sozialkunde, WirtR G schaft, Klett-Perthes, Gotha 2003 Ulrich Knippert: Gr/ R/G/ Alexander, H/R/ Klett-Perthes, Gotha 2000 (SekunGII G/GII darstufen I und II) Hermann Kinder ; Werner Hilgemann (Hrsg.): dtv-Atlas Weltgeschichte, Dt. Taschenbuch-Verl. München 1. Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution. 2007
H/R/G/ H/R/G/ GII GII/BII
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H/R/G/ H/R/G/ GII GII/BII
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H/R/G/ GII
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H/R/Gs H/R
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H/R/G
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(Fortsetzung) Hermann Kinder ; Werner Hilgemann (Hrsg.): H/R/G dtv-Atlas Weltgeschichte, (40. Dt. Taschenbuch-Verl. München Aufl. 2009) 2. Hergt, Manfred Hrsg.): Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart. 2005 Abkürzungen: B: Berufsschule, Berufsaufbauschule, Berufsfachschule BII: Berufsschule Oberstufe, Berufsgymnasium, Fachoberschule u. a. G: Gymnasium/Gymnasialzweig/Gymnasialniveau, Sek. I, Kl. 5 – 10 bzw. 7 – 10 GII: Gymnasium, Sek. II, Kl. 11 – 12/13 Gr : Grundschule in Brandenburg, Kl. 5 und 6 Gs 2: Gesamtschule, Sek. I, Kl. 5 – 10 GsII 2: Gesamtschule, Sek. II, Kl. 11 – 12/13 H: Hauptschule/Hauptschulzweig/Hauptschulniveau, Kl. 5 – 9/10 bzw. 7 – 9/10 O: Orientierungsstufe in Mecklenburg-Vorpommern, Kl. 5 und 6 R: Realschule/Realschulzweig/Realschulniveau, Kl. 5 – 10 bzw. 7 – 10
481
482 Anlage 4.2. Atlantenadaptionen in Europa
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483
Anlage 4.3. Verhältnis von Welt-, Europa- und Nationalkarten für alle Epochen in Geschichtsatlanten (für das Gesamtsample)
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Anlage 4.4. Gewichtung der Epochen in Geschichtsatlanten (für das Gesamtsample)
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Anlage 5. Anzahl der zur Analyse der Teilbereiche Erster Weltkrieg, Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg herangezogenen Geschichtsatlanten
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Anlage 6. Verhältnis der Raumperspektive zur Zwischenkriegszeit in Geschichtsatlanten – Nationale Frequenz von Welt-, Europa-, National- und Schauplatzkarte (für nationale Samples)
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Anlage 7.1. Verhältnis der Raumperspektive zum Ersten Weltkrieg in Geschichtsatlanten – Nationale Frequenz von Welt-, Europa-, National- und Schauplatzkarte (für nationale Samples)
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Anlage 7.2. Verhältnis der Raumperspektive zum Zweiten Weltkrieg in Geschichtsatlanten – Nationale Frequenz von Welt-, Europa-, National- und Schauplatzkarte (für nationale Samples)
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Karten
Kapitel 4
K.abb. 4.1.: »Der Weg zum Sieg über den Faschismus und Nazismus (1943 – 45)«, in: Jezˇkov, Dagmar ; Mandelov, Helena (Hrsg.): Deˇjiny 20. stolet; deˇjepisn¦ atlasy pro zkladn ˇskoly a vceleta gymnzia. Kartografie Praha, Prag 2002, S. 40 f. (dt. Titel: »Geschichte des 20. Jahrhunderts; Geschichtsatlas für die Grundschule und das mehrjährige Gymnasium«).
496
Karten
K.abb. 4.2.: Links »Kriegskoalitionen am Vorabend des Ersten Weltkriegs«, in: Siolas, Angelos G. (Hrsg.): Geo-istorikos scholikos atlas 2; Apû to Mesaþna ¦o¯s te¯ sy´nkrone¯ epoche¯. Ekdosis A. Siola – E. Alexiu, Athen 2007, S. 61 (dt. Titel: »Geo-Historischer Schulatlas 2; Vom Mittelalter bis zur heutigen Epoche«) sowie rechts »der polnische Verteidigungskrieg von 1939«, in: Kobylin´ski, Szymon; Smyl, Teresa (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 4. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 1998, S. 19 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Für die 4. Klasse«).
Karten
497
Kapitel 6
K.abb. 6.1.: »Revolutionäre Wellen in Europa (1917 – 1923)«, in: Carton, Jean-Luc; Lambin, Jean-Michel (Hrsg.): Atlas des collÀges; toutes les cartes des programmes d’histoire-g¦ographie. Hachette, Paris 2000, S. 61.
498
Karten
K.abb. 6.2.: »Europa nach dem Frieden von Versailles, 1919«, in: Dellamonica, Umberto; Enrici Nicolý, Rosa (Hrsg.): Atlante storico; Allegato al corso: La storia. Bulgarini, Florenz 1993, S. 89. (dt. Titel: »Geschichtsatlas«).
Karten
499
K.abb. 6.3.: Links »Europa 1919 – 1937«, in: Bruneel, Alfred; Genicot, L¦opold; Georges, Jean (Hrsg.): Atlas Historique; Les grandes ¦tapes de l’Histoire du Monde et de la Belgique. Didier Hatier, Namur 2002, S. 42 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Die großen Etappen der Geschichte der Welt und der Geschichte Belgiens«) sowie rechts »Umstrittene Grenzen«, in: Vallaud, Pierre (Hrsg.): Atlas Historique. Perrin, Paris 1999, S. 69 (dt. Titel: »Geschichtsatlas«).
K.abb. 6.4.: »Neue Grenzen in Zentraleuropa (1919/1921)«, »Die Tschechoslowakei von 1920 bis 1945«, in: Duby, Georges (Hrsg.): Atlas historique. Larousse, Paris 2010, S. 272 – 273 (dt. Titel: »Geschichtsatlas«).
500
Karten
K.abb. 6.5.: »Germany made to pay for the war«, in: Heater, Derek; Middleton, Haydn (Hrsg.): Atlas of modern world history. Oxford Univ. Press, Oxford 1991, S. 23.
K.abb. 6.6.: »Befreiungskrieg 1918 – 1922«, »Die Republik Türkei 1939«, »Gebiete unter türkischer Herrschaftsgewalt«, in: Dag˘tekin, Hüseyin (Hrsg.): Genel Tarih Atlasi. Inkilp Kitabevi, Istanbul 1989, S. 66 – 67 (dt. Titel: »Allgemeiner Geschichtsatlas«).
Karten
501
K.abb. 6.7.: »Der Völkerbund« sowie »Das Frauenwahlrecht«, in: Pro Ruiz, Juan (Hrsg.): Atlas Histûrico. Ediciones SM, Madrid 2005, S. 125 (dt. Titel: »Geschichtsatlas »).
502
Karten
K.abb. 6.8.: »Genfer Konventionen und Haager Abkommen nach dem 1. und 2. Weltkrieg«, in: Aner, Ekkehard (Hrsg.): Westermann: Großer Atlas zur Weltgeschichte. Westermann, Braunschweig 2001, S. 152.
K.abb. 6.9.: »Die Welt nach dem Ersten Weltkrieg«, in: Weber, Tomazˇ (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas. Modrijan, Ljubljana 2005, S. 60 (dt. Titel: »Der kleine Geschichtsatlas«).
Karten
503
K.abb. 6.10.: »Kongo 1885 – 1919«, in: Patart, Christian (Hrsg.): Atlas d’Histoire Hayt. De boeck, Brüssel 2006, S. 118 (dt. Titel: »Hayt’s Atlas der Geschichte«).
K.abb. 6.11.: »Der Rifkrieg (1921 – 1926)«, »Der lange Marsch (1934 – 1935)«, in: Vallaud (Hrsg.): Atlas Historique, S. 70.
504
Karten
K.abb. 6.12.: Links »das japanische Reich vor dem Zweiten Weltkrieg«, in: Malaguti, Franco; Nozzoli, Daniele; Sinigaglia, Luigi (Hrsg.): Atlante storico; Il mondo contemporaneo. Edizioni Scolastiche Bruno Mondadori, Mailand 1990, S. 23 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Die zeitgenössische Welt«) sowie rechts »Ostasien 1931 – 1941«, in: Daniluk, Andrzej; Konarski, Jan (Hrsg.): Atlas historyczny ; dla szkûł s´rednich. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 2000, S. 74 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Für die Mittelschule«).
K.abb. 6.13.: »Das faschistische Italien und Europa«, in: Dellamonica; Enrici Nicolý (Hrsg.): Atlante storico, S. 90 f. (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Anhang zum Kursus, Die Geschichte«).
Karten
505
K.abb. 6.14.: »Territoriale Veränderungen«, »Kriege 1931 – 1939«, in: Ýrpd, Papp-Vry (Hrsg.): K¦pes tört¦nelmi atlasz. Cartographia, Budapest 2006, S. 37 (dt. Titel: »Illustrierter Geschichtsatlas«).
K.abb. 6.15.: »Regierungsformen in Europa 1938«, »Die herausfordernden Diktaturen«, in: Pederby, Bo; Sandberg, Robert (Hrsg.): Historien I Kartor. Almqvist & Wiksell, Stockholm 2005, S. 45 (dt. Titel: »Geschichte in Karten«).
506
Karten
K.abb. 6.16.: Links »Griechenland und Kleinasien 1918 – 1922«, in: De¯me¯traku, D.; Karolidu, Paulu (Hrsg.): Istorikos Atlas; Teuchos 3. Lukopulu, Athen 1985, S. 30 f. (dt. Titel: »Historischer ˘ I˙TI˙M (Hrsg.): TarI˙h Atlasi. Atlas; Band 3«) sowie rechts »der Befreiungskrieg«, in: Iskele EG ˘ I˙TI˙M, Istanbul 2006, S. 60 – 63 (dt. Titel: »Geschichtsatlas«). I˙SKELE EG
Karten
507
K.abb. 6.17.: Links »der Bürgerkrieg und die ausländische Intervention in Russland 1918 – 1922«, in: Saplin, Andrej I.; Saplina, Elena V. (Hrsg.): Atlas Okruzˇajusˇcˇij mir ; obsˇcˇestvo; 1 – 4 klassy. Drofa, Moskau 2005, S. 24 f. (dt. Titel: »Atlas der umliegenden Welt; Gesellschaft; 1.–4. Klasse«) sowie rechts »die Wiedergeburt des polnischen Staates in den Jahren 1918 – 1922«, in: Gawrysiak, Jacek (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci; Szkoła Podstawowa. Nowa Era, Warschau 2009, S. 50 (dt. Titel: »Historischer Atlas; von der Antike bis zur Gegenwart; Grundschule«).
K.abb. 6.18.: Links »der Friede von Trianon und seine Folgen«, »Die Auflösung der Monarchie im Jahr 1918«, in: Papp-Vry (Hrsg.): K¦pes tört¦nelmi atlasz, S. 34 f. sowie rechts »die ethnische Situation in historischen Provinzen«, in: Teodorescu, Bogdan (Hrsg.): Mic atlas de istorie a Romniei. Corint, Bukarest 2007, S. 36 (dt. Titel: »Kleiner Atlas der Geschichte von Rumänien«).
508
Karten
K.abb. 6.19.: Links »Spanischer Bürgerkrieg in den Jahren 1936 – 1939«, in: Weber, Tomazˇ (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas. Modrijan, Ljubljana 2005, S. 69 (dt. Titel: »Der kleine Geschichtsatlas«) sowie rechts »Hitlers und Mussolinis Eroberungen vor dem 2. Weltkrieg – Spanischer Bürgerkrieg«, in: Bjørklund, Oddvar (Hrsg.): Historisk skoleatlas. Cappelen, Oslo 1995, S. 40 (dt. Titel: »Schulgeschichtsatlas«).
Karten
509
K.abb. 6.20.: »Die Auswirkung der Weltwirtschaftskrise in Europa«, »Die Auswirkung der Weltwirtschaftskrise in Nordamerika«, »Rückgang der Exporte der Länder in der Herstellung von Primärerzeugnissen«, in: Edmonds, Jane; King, Jannet; Lintott, Hazel (Hrsg.): Philip’s history atlas; 2000 years of world and british history. Philip’s, London 1998, S. 44 f.
510
Karten
K.abb. 6.21.: Links »vom russischen Reich zur UdSSR«, in: Fernndez, Esther – Carriûn (Hrsg.): Atlas Histûrico. Ediciones SM, Madrid 2002, S. 122 (dt. Titel: » Historischer Atlas ») sowie rechts »Entstehung und Entwicklung der UdSSR in den 20er–30er Jahren d. XX. Jh.«, in: Volubuev, Oleg Vladimirovicˇ (Hrsg.): Atlas klassy 10 – 11; Rossija i mir. Drofa, Moskau 2005, S. 40 f. (dt. Titel: »Atlas Klasse 10 – 11; Russland und die Welt«).
Karten
511
K.abb. 6.22.: Links »Afrika 1939«, in: Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 456 sowie rechts »Colonial Empires: Crisis and Conflict«, in: Overy, Richard (Hrsg.): Atlas of 20th Century History. Collins, London 2004, S. 48 f.
512
Karten
K.abb. 6.23.: »Stilrichtungen der bildenden Kunst im frühen 20. Jahrhundert«, in: Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon. Noordhoff Uitgevers, Groningen 2008, S. 38 (dt. Titel: »Bosatlas zum Geschichtskanon«).
Karten
513
K.abb. 6.24.: »Bildungseinrichtungen 1936/1937«, »bedeutende lettische Kulturschaffende der 1920 – 30er Jahre«, in: Turlajs, Ja¯nis (Hrsg.): Latvijas Ve¯stures Atlants. SIA, Riga 2005, S. 44 f. (dt. Titel: »Lettischer Geschichtsatlas«).
K.abb. 6.25.: »Die Erforschung der Arktis«, »Die Erforschung der Antarktis«, in: Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 458.
514
Karten
K.abb. 6.26.: »Wissenschaft, Kunst und Lebensstil in Europa in den 1920 – 30er Jahren«, in: Jezˇkov; Mandelov (Hrsg.): Deˇjiny 20. stolet, S. 30.
Karten
515
Kapitel 7
K.abb. 7.1. (links): »Europa während des Ersten Weltkriegs (1914 – 1918)«, in: Gaucˇas, Petras; Pilipaitis, Albinas (Hrsg.): Visuotine˙s istorijos atlasas mokykloms. Sˇviesa, Wilna 2004; S. 48 (dt. Titel: »Schulatlas der Weltgeschichte«). K.abb. 7.2. (rechts): »Verlauf des Ersten Weltkriegs (1914 – 1918)«, »Westfront (1914 – 1918)«, in: Adams, Xavier (Hrsg.): Historische Atlas. VAN IN, Wommelgem 2005, S. 51 (dt. Titel: »Historischer Atlas«).
516
Karten
K.abb. 7.3. (links): »Westfront 1914 – 1918«, in: Gilbert, Martin (Hrsg.): The Routledge Atlas of British History. Routledge, London 2004, S. 101. K.abb. 7.4. (rechts): »Erster Weltkrieg 1914 – 1918«, »Verdun 1916«, in: Knippert, Ulrich; Wagner, Stefan (Hrsg.): Alexander ; Kombiatlas; Erdkunde, Geschichte, Sozialkunde, Wirtschaft. Klett-Perthes Verlag, Gotha 2008, S. 69.
Karten
517
K.abb. 7.5.: »Kriegsführung an der Westfront im Jahr 1914«, »Die Schlacht von Verdun im Jahre 1916«, »Europa und der Orient im Krieg 1914 bis 1917«, »Der Krieg Ende 1917 – Ende 1918 in Europa«, in: Carton, Jean-Luc; Lambin, Jean-Michel (Hrsg.): Atlas des collÀges; toutes les cartes des programmes d’ histoire-g¦ographie. Hachette, Paris 2000, S. 58 f. (dt. Titel: »Atlas zur Mittelstufe; alle Karten zum Lehrplan des Geschichts- und Geographieunterricht«).
K.abb. 7.6. (links): »Flüchtlinge in den Niederlanden«, in: Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon. Noordhoff Uitgevers, Groningen 2008, S. 36 (dt. Titel: »Bosatlas zum Geschichtskanon«). K.abb. 7.7. (rechts): »Erste Weltkrieg in Europa und dem Nahen Osten (1914 – 1918)«, »Politische Ordnung der Welt«, in: Krycin´ski, Stanisław ; Tazbir, Julia (Hrsg.): Atlas historyczny ; 1815 – 1939. Wydawnictwo Demart, Warschau 2000, S. 31 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; 1814 – 1939«).
518
Karten
K.abb. 7.8. (links): »The war on the oceans«, in: Heater; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 19. K.abb. 7.9. (rechts): »Die Welt im Herbst 1918«, in: Aner (Hrsg.): Westermann: Großer Atlas zur Weltgeschichte, S. 149.
K.abb. 7.10.: Links »der Nahe Osten während des Ersten Weltkriegs«, in: Panfil, Tomasz; Piłat, Zbigniew (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 7 – 8. Wydawnictwo Demart, Warschau 1998, S. 27 (dt. Titel: »Geschichtsatlas für die 7. und 8. Klasse«) sowie rechts »militärische Handlungen in Afrika«, in: Martynova, T. I. (Hrsg.): Atlas sˇkol’nika; zarubezˇnaja istorija s drevniejsˇich vremen do nacˇala XXI v. Drofa, Moskau 2008, S. 96 (dt. Titel: »Schulatlas: ausländische Geschichte von der Antike bis zum 21. Jahrhundert«).
Karten
519
K.abb. 7.11.: »Europa zu Beginn des Ersten Weltkriegs (1914)«, »Europa am Ende des Ersten Weltkriegs (1923)«, in: Unat, Faik Res¸it (Hrsg.): Tarih atlasi; Yeni basim. Kanaat Yayinlari, Istanbul 1999, S. 52 f. (dt. Titel: »Geschichtsatlas«).
520
Karten
K.abb. 7.12.: »Westfront, Ostfront, 1914 – 1918«, in: Lebrun, FranÅois (Hrsg.): Atlas Historique. Hachette, Paris 2000, S. 45 (dt. Titel: »Geschichtsatlas«).
Karten
521
K.abb. 7.13.: »Der Höhepunkt des Nazifaschismus in Europa (1939 – 1942)«, »Die Befreiung Europas (1942 – 45)«, in: Baselli, Giovanni (Hrsg.): Atlante Storico (De Agostini). Instituto Geografico de Agostini, Novara 2004, S. 112 f. (dt. Titel: »Geschichtsatlas, Agostini«).
K.abb. 7.14. (links): »Der Krieg in Europa und dem Mittelmeerraum«, in: Pro Ruiz, Juan (Hrsg.): Atlas Histûrico. Ediciones SM, Madrid 2005, S. 130 (dt. Titel: »Geschichtsatlas »). K.abb. 7.15. (rechts): »Der Zweite Weltkrieg (vom September 1939 – November 1942)« in: Oswalt, Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas. Ernst Klett Verlag, Stuttgart 2009, S. 178 f.
522
Karten
K.abb. 7.16.: »Teilnahme Rumäniens am Zweiten Weltkrieg«, in: Perovici, Minodora (Hrsg.): Istoria Romniei; atlas s¸colar ilustrat. Corint, Bukarest 2007, S. 58 f. (dt. Titel: »Geschichte Rumäniens; illustrierter Schulatlas«).
Karten
523
K.abb. 7.17.: Links »der Zweite Weltkrieg in Frankreich«, in: Le Callennec, Sophie (Hrsg.): Atlas des ¦coles; histoire, g¦ographie. Hatier, Paris 2002, S. 22 (dt. Titel: »Schulatlas; Geschichte, Geografie«) sowie rechts »der Krieg in Europa 1939 – 1942«, in: Blasselle, Ren¦; Serryn, Pierre (Hrsg.): Atlas Bordas geographique et historique. Bordas, Paris 1993, S. 32 (dt. Titel: »Bordas geographischer und historischer Atlas«).
524
Karten
K.abb. 7.18.: »Polen an den Fronten des Zweiten Weltkriegs«, in: Gawrysiak, Jacek (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci; Liceum. Nowa Era, Warschau 2008, S. 128 f. (dt. Titel: »Historischer Atlas; von der Antike bis zur Gegenwart«).
Karten
525
K.abb. 7.19.: »Militärische Handlungen in Europa und im nördlichen Afrika. 1. September 1939 – 21. Juni 1941«, »Erster Abschnitt des Krieges 22. Juni 1941 – 18. November 1942«, »Die Niederlage der deutschen Truppen bei Moskau«, in: Martynova, T. I. (Hrsg.): Atlas sˇkol’nika; zarubezˇnaja istorija s drevniejsˇich vremen do nacˇala XXI v. Drofa, Moskau 2008, S. 104 f. (dt. Titel: »Ausländische Geschichte von der Antike bis zum 21. Jahrhundert«).
K.abb. 7.20.: Links »Invasion in der Normandie 6. 6. 1944«, in: Jezˇkov; Mandelov (Hrsg.): Deˇjiny 20. stolet, S. 41 sowie rechts »der Zweite Weltkrieg in Europa in den Jahren 1939 – 1945 (West)«, in: Kastelic, Zlata; Lavbicˇ-Saje, Zvonka; Rihtarsˇicˇ, Mateja; Weis, Ksenja (Hrsg.): Zgodovinski atlas za osnovno ˇsolo. DZS, Ljubljana 1999, S. 45 (dt. Titel: »Geschichtsatlas für die Grundschule«).
526
Karten
K.abb. 7.21.: Links »Rüstungswirtschaft und Handelskrieg«, in: Bruckmüller, Ernst; Putzger, Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Historischer Weltatlas; zur allgemeinen und österreichischen Geschichte. ÖBV & hpt, Wien 2000, S. 81 sowie rechts »der Krieg in der Welt«, in: Fernndez, Esther – Carriûn (Hrsg.): Atlas Histûrico. Ediciones SM, Madrid 2002, S. 126 (dt. Titel: »Geschichtsatlas«).
Karten
527
K.abb. 7.22. (links): »Die Welt im 2. Weltkrieg (Kräfteverhältnis und die wichtigsten Operationsschauplätze)«, in: Ba˘lan, Angela Mihaela; Ionit¸a˘, Ovidiu Cristian; Scurtu, Ioan (Hrsg.): Atlas s¸colar de istorie universala˘. Editura didactica˘ s¸i pedagogica˘, Bukarest 2006, S. 58 (dt. Titel: »Schulatlas der Weltgeschichte«). K.abb. 7.23. (rechts): »Der weltweite Krieg von 1939 – 1945«, in: Lebrun, FranÅois (Hrsg.): Atlas Historique. Hachette, Paris 2000, S. 49 (dt. Titel: »Geschichtsatlas«).
K.abb. 7.24.: »Der Zweite Weltkrieg«, in: Pederby, Bo; Sandberg, Robert (Hrsg.): Historian kartasto. Otava, Helsingissä 2004, S. 47 (dt. Titel: »Geschichtsatlas«).
528
Karten
K.abb. 7.25.: »Europa in der Zeit des Zweiten Weltkrieges von 1939 bis 1942«, »Europa in der Zeit des Zweiten Weltkrieges von 1942 bis 1945«, »Zweiter Weltkrieg im Fernen Osten 1941 – 1942«, »Zweiter Weltkrieg im Fernen Osten von 1943 bis 1945«, in: Cakarjanevski, Gorgi; Cepreganov, Todor ; Jotevski, Vasil; Todoroska, Katerina (Hrsg.): Istoriski Atlas. USHRM, Skopje 2002, S. 145 f. (dt. Titel: »Historischer Atlas«).
Karten
529
K.abb. 7.26.: »Die Siege der Achse 1939 – 1942«, »Die Siege der Alliierten von 1942 bis 1945«, in: Lambin; Villette (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 78 f.
K.abb. 7.27. (links): »Der Zweite Weltkrieg in Europa und Afrika 1939 – 1941 (Europa und Nordafrika, Ostafrika)«, in: Vasˇek (Hrsg.): Atlas Sveˇtovy´ch Deˇjin; 2. dl, S. 34. K.abb. 7.28. (rechts): »Der Zweite Weltkrieg in Nordafrika in den Jahren 1940 – 1943«, »Afrika im Jahr 1939«, in: Horubała, Leokadia; Kurzbauer-Zaniewska, Maria; Lewandowska, Krystyna (Hrsg.): Atlas historyczny do gimnazjum. Pol. Przedsieb. Wydawn. Kartogr., Warschau 1999, S. 54 (dt. Titel: »Geschichtsatlas für das Gymnasium«).
530
Karten
Kapitel 8
K.abb. 8.1.: Links »Umsiedlung, Vertreibung und Deportation von 1938 bis 1945«, in: Bruckmüller, Ernst; Hartmann, Peter Claus (Hrsg.): Putzger : Historischer Weltatlas. Cornelsen, Berlin 2001, S. 172 sowie rechts »Der Holocaust«, in: Haywood, John (Hrsg.): Weltgeschichtsatlas. Könemann, Köln 1999, S. 202.
Karten
531
K.abb. 8.2.: »Die Untergetauchten des Achterhaus«, in: Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon. Nordhoff, Groningen 2008, S. 40.
532
Karten
K.abb. 8.3.: Oben links »Juden in Europa«, in: Pederby, Bo; Sandberg, Robert (Hrsg.): Historien I Kartor. Almqvist & Wiksell, Stockholm 2005, S. 49 (dt. Titel: »Geschichte in Karten«) sowie oben rechts »Konzentrationslager 1933– 1945«, in: Adams, Xavier (Hrsg.): Historische Atlas. VAN IN, Wommelgem 2005, S. 56. (dt. Titel: »Historischer Atlas«). Unten »Polen unter Besatzung 1939 –1941«, »Polen unter Besatzung 1941– 1944«, in: Piłat, Zbigniew (Hrsg.): Atlas historyczny; Dla klasy 4, Wydawnictwo. Demart, Warschau 1998, S. 25 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Für die 4. Klasse«).
Karten
533
K.abb. 8.4.: Oben »Jüdischer Holocaust 1938 – 1945«, in: Latisˇenka (Hrsg.): Naujausiuju laiku istorijos atlasas 10 klasei, S. 20 f. sowie unten »Nationalsozialistisches Deutschland 1942«, in: Michael, Thomas (Hrsg.): Diercke Drei; Universalatlas; Erdkunde, Geschichte, Wirtschaft, Politik. Westermann, Braunschweig 2009, S. 61.
534
Karten
K.abb. 8.5.: »Germany’s ›New Order‹ in Europe November 1942«, in: Edmonds; King; Lintott (Hrsg.): Philip’s history atlas, S. 48.
Karten
535
K.abb. 8.6.: Links »Menschenverluste in Europa während des Zweiten Weltkrieges«, in: Ajtay, Agnes (Hrsg.): Tört¦nelmi atlasz; a köz¦piskolak szmra. Kartogrfiai Vllalat, Budapest 1992, S. 46 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Für die Mittelschule«) sowie rechts »der Holocaust«, in: Bencsik, P¦ter ; Horvth, Andrea; Horvth, Levente Attila (Hrsg.): Tört¦nelmi Atlasz; 5 – 8. Osztlyosok szmra. Mozaik Kiadû, Szeged 2009, S. 44 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; für Klasse 5.–8.«).
536
Karten
K.abb. 8.7.: »NS-Besatzungssystem und Widerstandsbewegungen in Europa (1939 – 1945)«, in: Olczak, Elz˙bieta; Tazbir, Julia (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci. Wydawnictwo Demart, Warschau 2004, S. 72 f. (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Vom Altertum bis zur Gegenwart«).
Karten
537
K.abb. 8.8. (links): »Die Vernichtung der Juden (›Endlösung‹) 1939 – 1944«, in: Hilgemann; Kinder (Hrsg.): dtv-Atlas: Weltgeschichte; Band 2, S. 482. K.abb. 8.9. (rechts): »Jüdische Flüchtlinge«, in: Kuipers, R.A.; Van Hooff, A.J.L. (Hrsg.): Bosatlas van de Wereldgeschiedenis. Wolters-Nordhoff, Groningen 1997, S. 29 (dt. Titel: »Bosatlas zur Weltgeschichte«).
538
Karten
K.abb. 8.10. (oben): »Die Vernichtung der europäischen Juden von 1939 bis 1945«, in: Oswalt; Rudolf (Hrsg.): Geschichte und Geschehen Atlas, S. 175. K.abb. 8.11. (unten): »Gleichschaltung, Terror und Expansion – Das Großdeutsche Reich (1938 – 1945)«, in: Oswalt, Vadim; Rudolf, Hans-Ulrich (Hrsg.): Perthes Atlas: Geschichte. Klett-Perthes Verlag, Gotha 2006, S. 328 f.
Karten
539
K.abb. 8.12. (oben): »Konzentrations- und Vernichtungslager im Großdeutschen Reich«, in: Carton; Lambin (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 63. K.abb. 8.13. (unten): »Konzentrationslager 1933 – 1945«, in: Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 41.
540
Karten
K.abb. 8.14.: Links »Juden und Judenverfolgung in Wien«, »Konzentrationslager und Judenverfolgung«, in: Bruckmüller, Ernst; Putzger, Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Historischer Weltatlas. ÖBV Cornelsen, Wien 2008, S. 87 sowie rechts »Judenverfolgung«, in: Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 40.
Karten
541
Kapitel 9
K.abb. 9.1. (oben): »Der Zweite Weltkrieg/Europa bis 1942«, in: Dellamonica; Enrici Nicolý (Hrsg.): Atlante storico, S. 92. K.abb. 9.2. (unten): »Europe under Blitzkrieg 1939 – 1941«, in: Heater ; Middleton (Hrsg.): Atlas of modern world history, S. 38.
542
Karten
K.abb. 9.3. (links): »Europa im Zweiten Weltkrieg (1. September 1939 – 21. Juni 1941)«, in: Ba˘lan; Ionit¸a˘ ; Scurtu (Hrsg.): Atlas s¸colar de istorie universal, S. 53. K.abb. 9.4. (rechts): »Europa von September 1939 bis Juni 1941«, in: Piłat; Trzcionkowski (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum, S. 103.
Karten
543
K.abb. 9.5.: »Der Pazifik-Krieg (1941 – 1945)«, in: Torres-Soca, Marti (Hrsg.): Atlas histûrico integral SPES, Bibliograf; VOX, Barcelona 1998, S. 62 (dt. Titel: »Integraler Geschichtsatlas SPES«).
544
Karten
K.abb. 9.6.: »Der Polenfeldzug, September 1939«, »Der Frankreichfeldzug, Mai–Juni 1940«, »Die Invasion der UdSSR«, »Der Blitzkrieg«, in: Carton; Lambin (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 62 f.
Karten
545
K.abb. 9.7. (oben): »The First World War 1914 – 1918«, in: Barraclough, Geoffrey ; Stone, Norman (Hrsg.): The Times Atlas of World History. Times Books Limited, London 1997, S. 118. K.abb. 9.8. (unten): »Die Toten des Zweiten Weltkriegs in Europa«, in: Birkenfeld, Wolfgang; Bode, Dieter ; Zahn, Ulf (Hrsg.): Westermann Geschichtsatlas. Westermann, Braunschweig 2000, S. 54.
546
Karten
K.abb. 9.9.: Links »Europa im Jahr 1942«, in: Malaguti; Nozzoli; Sinigaglia (Hrsg.): Atlante storico; Il mondo contemporaneo, S. 24 sowei rechts »Kriegsführung in Europa und NordAfrika von August 1942 bis Mai 1945«, in: Weber (Hrsg.): Mali Zgodovonski Atlas, S. 73.
Karten
547
K.abb. 9.10. (oben): »Deutsche Kriegsgefangene (1945 – 1956)«, in: Bruckmüller ; Hartmann (Hrsg.): Putzger, 103. Aufl., S. 175. K.abb. 9.11. (unten): »Europäische Schlachtfelder, 1914 – 1918«, in: Blagojevic´ (Hrsg.): Istorijski atlas, S. 87.
548
Karten
K.abb. 9.12.: »Europa während des 2. Weltkriegs, September 1939 – Juni 1941«, »Europa während des 2. Weltkriegs, Oktober 1942 – Mai 1945«, in: Bjørklund (Hrsg.): Historisk skoleatlas, S. 41.
Karten
549
K.abb. 9.13. (links): »Zweiter Weltkrieg, September 1939 – Dezember 1942«, in: Busˇs; Goldmanis (Hrsg.): Ve¯stures Atlants skola¯m, S. 53. K.abb. 9.14. (rechts): »Der Zweite Weltkrieg: Kriegsgeschehnisse zwischen dem 01. 09. 1939 und dem 22. 06. 1941«, in: Ponomareva (Hrsg.): Atlas; Mir v XX veke; 9 – 11 klassy, S. 11.
K.abb. 9.15.: Links »der Zweite Weltkrieg«, in: Nordhoff Atlasproducties (Hrsg.): De Bosatlas van de Geschiedeniscanon, S. 42 sowie rechts »das deutsche Europa 1942«, in: Lambin; Villette (Hrsg.): Atlas des collÀges, S. 80.
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Karten
K.abb. 9.16.: »Die Expansion des Faschismus in Europa«, »Der Zweite Weltkrieg in Europa«, »Der Sturz des Faschismus« »Der Niedergang des Faschismus«, in: Piłat, Zbigniew (Hrsg.): Atlas historyczny ; szkoła podstawowa. Wydawnictwo Demart, Warschau 2004.S. 60, 63 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Grundschule«).
K.abb. 9.17.: »Der Zweite Weltkrieg: Der Höhepunkt des Deutschen Reichs«, »Expansion des Nazifaschismus in Europa (1939 – 1940)«, »Die Vernichtung der Juden«, in: Vaighi (Hrsg.): Atlante Storico Del Mondo (De Agostini), S. 170 f.
Karten
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K.abb. 9.18.: »Der Große Vaterländische Krieg 1941 – 1945, Die Vernichtung des faschistischen Deutschlands«, in: Vancˇin, V. A. (Hrsg.): Atlas; Istorija otecˇestva; 3–5 klass, Izdat. Dom Drofa, Moskau 1998, S. 18 f. (dt. Titel: »Atlas; Vaterlandsgeschichte; 3. bis 5. Klasse«); »Verteidigung Moskaus, 30.9. – 5.12.1941«, »Die Niederlage der faschistischen deutschen Truppen bei Moskau«, in: Gradskova, Elena P.; Samsonova, Aleksandr I. (Hrsg.): Sˇkol’nyj atlas po istorii Rossi; s drevnejsˇich vremen do nasˇich dnej; posobie dlja ucˇasˇcˇichsja 10 – 11 klassov obsˇcˇeobrazovatel’nych ucˇrezˇdenij. Prosvesˇcˇenie, Moskau 1997, S. 81 ff. (dt. Titel: »Schulatlas zur Geschichte Russlands; vom Altertum bis heute; Lehrmittel für die 10. und 11. Klasse der allgemeinbildenden Anstalten«).
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K.abb. 9.19.: »Der Zweite Weltkrieg«, in: Ýrpd (Hrsg.): K¦pes tört¦nelmi atlasz, S. 38 f.
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Kapitel 10
K.abb. 10.1.: Oben »der Kalte Krieg in Europa«, »Europa in den Jahren 1945 – 1989«, in: Gawrysiak (Hrsg.): Atlas Historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 132 sowie unten »das geteilte Europa«, in: Perovici (Hrsg.): Istorie universala˘, S. 98 f.
554
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K.abb. 10.2. (oben): »Europa nach dem Berliner Kongress (1878 – 1914)«; »Das ethnische Bild Österreich-Ungarns von 1868 – 1918«, in: Kastelic; Lavbicˇ-Saje; Rihtarsˇicˇ ; Weis (Hrsg.): Zgodovinski atlas za osnovno ˇsolo, S. 31. K.abb. 10.3. (unten): »Die Auflösung des historischen Ungarns«, in: Katus, Lszlû (Hrsg.): Stiefel tört¦nelmi atlasz. Stiefel, Budapest 1996, S. 30 (dt. Titel: »Stiefels Geschichtsatlas«).
Karten
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K.abb. 10.4.: Oben »Europa nach dem Friedensvertrag von Versailles«, »Territoriale Änderungen nach dem Friedensvertrag von Versailles«, in: Konopska; Przybytek (Hrsg.): Atlas historyczny ; Od staroz˙ytnos´ci do wspûłczesnos´ci, S. 36 sowie unten »Europa und Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg«, »Europa 1923«, in: Ýrpd (Hrsg.): Tört¦nelmi atlasz, S. 34.
556
Karten
K.abb. 10.5. (oben): »Europa in den Jahren 1871 – 1914«, in: Wolski (Hrsg.): Atlas historyczny s´wiata, S. 122 f. K.abb. 10.6. (unten): »Kroatien und die Welt zwischen den beiden Weltkriegen«, »Territoriale Verluste Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg«, in: Kanisˇki; Ponosˇ ; Velagic´ (Hrsg.): Povijesni atlas za 8, S. 12.
Atlas-, Schulbuch- und Literaturverzeichnis
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Aktuelle europäische Geschichtsatlanten (seit 1990 veröffentlicht)
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Piłat, Zbigniew ; Trzcionkowski, Lech (Hrsg.): Atlas historyczny ; gimnazjum. Wydawnictwo Demart, Warschau 2004 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Gymnasium«). Piłat, Zbigniew (Hrsg.): Atlas historyczny ; Dla klasy 4. Wydawnictwo Demart, Warschau 1998 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Für die 4. Klasse«). Piłat, Zbigniew (Hrsg.): Atlas historyczny ; szkoła podstawowa. Wydawnictwo Demart, Warschau 2004 (dt. Titel: »Geschichtsatlas; Grundschule«). Pogonowski, Iwo Cyprian (Hrsg.): Historyczny atlas Polski. Baran i Suszczyn´ski, Krakau 1996 (dt. Titel: »Geschichtsatlas Polen«). Polunkina, N. N.; Pozdnjak, G. V. (Hrsg.): Atlas Istorija srednich vekov. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2004 (dt. Titel: »Atlas Geschichte des Mittelalters«). Polunkina, N. N. (Hrsg.): Atlas Istorija Rossii. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2005 (dt. Titel: »Atlas russische Geschichte«). Polunkina, N. N.; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; Novejsˇaja istorija zarubezˇnych stran. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2005 (dt. Titel: »Neueste Geschichte der ausländischen Nachbarländer«). Polunkina, N. N.; Pozdnjak, G. V. (Hrsg.): Atlas Istorija drevnego mira. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2008 (dt. Titel: »Atlas Geschichte der antiken Welt«). Polunkina, N. N.; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas Istorija drevnego mira. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2008 (dt. Titel: »Atlas Geschichte der antiken Welt«). Polunkina, N. N.; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas Istorija srednich vekov. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2008 (dt. Titel: »Atlas Geschichte des Mittelalters«). Polunkina, N. N.; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; Novaja istorija; s 1870 goda do 1918 goda. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2009 (dt. Titel: »Atlas; Neueste Geschichte; vom Jahr 1870 bis zum Jahr 1918«). Polunkina, N. N.; Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; Novaja istorija; s serediny XVII veka do 1870 goda. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2009 (dt. Titel: »Atlas; Neueste Geschichte; von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis zum Jahr 1870«). Ponomareva, Michail V.; Volkova, Elena Vasil’evna (Hrsg.): Novaja istorija : konec XVIII–nacˇalo XX veka; 8 klass. Dom Novyj Ucˇebnik, Moskau 2006 (dt. Titel: »Neueste Geschichte; Vom Ende des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts; Klasse 8«). Ponomareva, Michail V.; Volkova, Elena Vasil’evna (Hrsg.): Novaja istorija; konec XV – konec XVIII veka; 7 klass. Dom Novyj Ucˇebnik, Moskau 2007 (dt. Titel: »Neueste Geschichte; Vom Ende des 15. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts; Klasse 7«). Ponomareva, Michail V. (Hrsg.): Atlas; Mir v XX veke; 9 – 11 klassy. Izdat. Dom Drofa, Moskau 1998 (dt. Titel: »Atlas; Die Welt im 20. Jahrhundert; 9. bis 11. Klasse«). Posavec, Vladimir ; Rendulic´, Ivica (Hrsg.): Povijesni zemljovidi 5 – 6 (Hrvatska, Europa, Svijet). Profil International d.o.o., Zagreb 2005 (dt. Titel: »Historische Karten 5 – 6 – Kroatien, Europa, Welt«). Pro Ruiz, Juan (Hrsg.): Atlas Histûrico. Ediciones SM, Madrid 2005 (dt. Titel: »Geschichtsatlas«). Prokopiev, Anatoli (Hrsg.): Istorischeski Atlas sa 11 – 12 Klas. Atlasverlag EOOG, Sofia 2007 (dt. Titel: »Geschichtsatlas für die 11.–12. Klasse«). Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; otecˇestvennaja istorija; 5 klass. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2001 (dt. Titel: »Atlas; Vaterländische Geschichte; 5. Klasse«). Regentova, E. M. (Hrsg.): Atlas; otecˇestvennaja istorija; XX vek. FGUP PKO Kartografija, Moskau 2007 (dt. Titel: »Atlas; Vaterländische Geschichte; 20. Jahrhundert«).
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Aktuelle europäische Geschichtsatlanten (seit 1990 veröffentlicht)
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Herangezogene aktuelle Schulbücher
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Bernardi, Alberto de; Guarracino, Scipione (Hrsg.): Dall’affermazione della societ industriale al mondo attuale. I tempi della storia, Vol. 3. Ed. Scolastiche Bruno Mondadori, Mailand 1993. Bernardi, Alberto de; Guarracino, Scipione (Hrsg.): Storia del mondo contemporaneo. Dall’et della Restaurazione al mondo attuale. Storia del mondo, 3. Ed. Scolastiche Bruno Mondadori, Mailand 1993. Bernardi, Alberto de; Guarracino, Scipione (Hrsg.): Storia del mondo medievale. Dalla caduta dell’Impero di Roma alla scoperta delle Americhe. Storia del mondo, 1. Ed. Scolastiche Bruno Mondadori, Mailand 1993. Brokemper, Peter (Hrsg.): Schauplatz Geschichte. Teil 2. Cornelsen, Berlin 2005. Chandler, Malcolm (Hrsg.): The Home Front, 1914 – 18. Heinemann Educational, Oxford 2001. Christoffer, Sven (Hrsg.): Zeitreise. Teil 4. Klett, Stuttgart 2007. Culpin, Christopher (Hrsg.): Making history. World history from 1914 to the present. Collins Educational, London 2001. Culpin, Christopher ; Fisher, Peter (Hrsg.): Britain, 1750 – 1900; The 20th century world. Collins Educational, London 2001. Darby, Graham (Hrsg.): Europe at war, 1939 – 45. Hodder & Stoughton Educational, London 2003. Delouche, Fr¦d¦ric; Aldebert, Jacques (Hrsg.): Das europäische Geschichtsbuch. Von den Anfängen bis heute. Klett-Cotta, Stuttgart 2001. Erdelja, Kresˇimir ; Stojakovic´, Igor: Tragom prosˇlosti. Zagreb 2007. Hewitt, Tony ; Shuter, Jane (Hrsg.): Modern world history for AQA specification B. Heinemann, Oxford 2001. Gasnier, Thierry (Hrsg.): Histoire 1re L, ES, S. Br¦al. Rosny-sous-Bois 2007. Jäger, Wolfgang; Berg, Rudolf (Hrsg.): Kursbuch Geschichte. Von der Antike bis zur Gegenwart. Cornelsen, Berlin 2004. Jastrzebska, Małgorzata; Z˙urawski, Jarosław (Hrsg.): Podrecznik dla klasy trzeciej gimnazjum. Wydawn. Eduk. Wiking, Wrocław 2001. Chandler, Malcolm (Hrsg.): The Home Front, 1914 – 18. Heinemann Educational, Oxford 2001. Lambin, Jean-Michel (Hrsg.): Histoire 1re – ES, L, S. Hachette. Paris 2007. Le Callennec, Sophie (Hrsg.): Histoire: cycle 3. Hatier, Paris 2006. Manzoni, Marco; Occhipinti, Francesca (Hrsg.): L’ et della grande industria. (secoli XIX – XX). I territori della storia. 1. Einaudi Scuola, Mailand 2006. Manzoni, Marco; Occhipinti, Francesca (Hrsg.): L’ Europa al centro del mondo. (secoli XVII – XVIII). I territori della storia. 1. Einaudi Scuola, Mailand 2006. Manzoni, Marco; Occhipinti, Francesca (Hrsg.): Dal medioevo all’et moderna. (secoli XIV – XVI). I territori della storia. 1. Einaudi Scuola, Mialnad 2006. McBride, Jim; Madden, Finbar (Hrsg.): History for CCEA GCSE. Hodder & Stoughton, London 2003. Pandel, Hans-Jürgen (Hrsg.): Zeitlupe. Band 2. Schroedel, Braunschweig 2004. Peltier, Christian (Hrsg.): Histoire du XXe siÀcle – 1res et term. Agricoles. educagri. Dijon Cedex 2001. Peruzzi, Walter (Hrsg.): Popoli nel 1 tempo. Editrice la scuola, Brescia 2000.
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