Die coniunctio in testamentarischen Verfügungen des klassischen römischen Rechts 3161526899, 9783161526893

Der Begriff coniunctio umschreibt in den erbrechtlichen Quellen meist eine vom Erblasser durch eine testamentarische Ver

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German Pages 168 [170] Year 2014

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel: Einleitung
I. Gegenstand der Arbeit
II. Coniunctio und Anwachsungsrecht
1. Anwachsung unter Miterben
a) Grundsätzliches
b) Die coniunctio
c) Grund der Anwachsung
2. Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern
a) Grundsätzliches
b) Grund der Anwachsung
III. Methode der Untersuchung
2. Kapitel: Unterschiedliche Bedeutungen des Wortes coniunctio
I. Philologische Wörterbücher
II. Heumann/Seckel
III. Erbrechtliche Quellen
3. Kapitel: Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen
I. Die coniunctio bei Sabinus und ein Überblick über den Wandel ihres Verständnisses bis hin zu Ulpian (Vat. 75.1)
1. Inskription
2. Sachverhalt
3. Widersprüche
a) Unterschiedliche Bedeutungen
b) Sonderfall 1
c) Sonderfall 2
4. Unterschiedliche Voraussetzungen
II. Die coniunctio bei Javolen
1. Sachverhalt
2. Verhältnis zu D. 28.5.17.1(Ulpianus 7 ad Sabinum)
a) Sachverhalt
b) Widerspruch zu D. 28.5.64?
c) Auflösung
III. Die coniunctio bei Julian
1. D. 28.5.15.pr (Ulpianus libro septimo ad Sabinum)
2. Ulp. Vat. 75.2-3 und 76
a) Zusammenfassung
b) Julian/Ulpian Vat. 75.2
c) Vat. 75.3
d) Vat. 75.4
e) Vat. 75.5
f) Vat. 76
IV. Die coniunctio bei Celsus
1. totus und pars
a) Grund und Entwicklung der Anwachsungsregeln
b) Miteigentum nach Bruchteilen als Voraussetzung der Anwachsung in Cels. D. 32.80
c) Totam hereditatem et tota legata
2. Eadem res?
3. Wörtliche Verbindung?
4. Coniunctio und Teilbildung bei Javolen
a) Erklärung über „dieselbe Hälfte“
b) Erklärung über sachliche Verbindung „durch“ Titius
c) Erklärung über eine Ausnahme von den Anwachsungsregeln
d) Erklärung über die Anwachsungsregeln selbst
V. Die coniunctio bei Pomponius
1. D. 28.5.67 (66) (Pomponius libro primo ad Quintum Mucium)
a) Aufteilung
b) Bevorzugte Anwachsung zwischen Gaius und Maevius?
2. D. 30.16.pr. (Pomponius libro quinto ad Sabinum)
3. D. 30.36.2 (Pomponius libro sexto ad Sabinum)
VI. Die coniunctio bei Gaius
1. Gai. 2.199
2. Gai. 2.205
3. Gai. 2.206
4. Gai. 2.207
5. Gai. 2.208
VII. Die coniunctio bei Papinian
1. Ulp. D. 7.4.3.1 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum)
2. Ulp. D. 7.4.3.2 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum)
a) Coniunctio bei Teilbestimmung durch den Erblasser?
b) Teilbildung und Relegat
c) Anwachsung trotz Verlust bei Statusänderung?
d) Die coniunctio bei Papinian
VIII. Die coniunctio bei Paulus
1. D. 50.16.142 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam)
a) D. 50.16.142: Teil 1
b) D. 50.16.142: Teil 2
c) D. 50.16.142: Teil 3
d) Bezugspunkt des Fragments
2. D. 32.89 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam)
a) Die coniunctio bei Legaten
b) Widersprüche
3. D. 30.33 (Paulus libro tertio regularum)
a) 1. Teil
b) 2. Teil
c) Die coniunctio bei Paulus
d) Interpolationsvermutungen
4. D. 32.46 (Paulus libro secundo ad Vitellium)
5. D. 35.1.81. pr (Paulus libro vicesimo primo quaestionum)
6. D. 28.7.5 (Paulus libro secundo ad Sabinum)
7. Mod. D. 35.1.51. pr und Mod. D.40.4.45
a) D. 35.1.51. pr (Modestinus libro quinto differentiarum)
b) D. 40.4.45 (Modestinus libro pandectarum)
8. D. 50.16.53. pr (Paulus libro quinquagensimo nono ad edictum)
a) Adgnatorum gentiliumque
b) Super pecuniae tutelaeve
c) dedi aut donavi
d) quod eum dare facere oportet
e) donum munus operae
f) Kein Zusammenhang zwischen D. 50.16.53. pr und 12 D. 50.16.142
IX. Die coniunctio bei Ulpian
1. D. 7.4.16 (Ulpianus libro quinto disputationum)
2. D. 30.34.pr (Ulpianus libro vicesimo primo ad Sabinum)
4. Kapitel: Ergebnis – Die coniunctio im Wandel der Zeit
I. Anwachsungsrecht
1. Von Sabinus bis zur Zeit des Javolen
2. Javolen, Julian, Pomponius und Gaius
3. Celsus
4. Papinian und Ulpian
5. Paulus
6. Zusammenfassung
7. Die anwachsungsrechtliche coniunctio als Schulenstreit?
8. Ius caducum
II. Die coniunctio bei durch erbrechtliche Verfügung auferlegten Bedingungen
III. D. 32.46 (Paulus libro secundo ad Vitellium)
IV. D. 50.16.53. pr
5. Kapitel: Die coniunctio als Anleihe aus anderen Wissenschaften?
I. Griechische Definitionen von coniunctio
1. Aristoteles
2. Stoiker
3. Aristarchos von Samothrake (217-145 v. Chr.)/Dionysios Thrax (1. Jh. v. Chr.)
II. Lateinische Definitionen von coniunctio
1. Varro (1. Jhdt. v. Chr.)
2. Probus (1. Jhdt. n. Chr.) u.a
3. Diomedes und Priscian
4. Quintilian
5. Zusammenfassung
III. Römischrechtliche coniunctio = coniunctio aus der römischen Grammatik?
1. Anwachsungsrecht
2. Bedingungsrecht, sonstige Anwendung vor dem Hintergrund von testamentarischen Verfügungen und D. 50.16.53. pr
6. Kapitel: Riassunto
I. Scopo della ricerca
II. Metodo della ricerca
III. Risultato della ricerca
1. La coniunctio nel diritto di accrescimento
a) Il periodo da Sabino a Giavoleno
b) La nuova teoria di Giavoleno e Giuliano
c) La definizione di coniunctio secondo Celso
d) La coniunctio secondo Papiniano e Ulpiano
e) La tricotomia di Paolo
2. La coniunctio nel diritto caducario
3. La coniunctio in relazione alla disciplina della condizione
4. La coniunctio in Paul. D. 50.16.53 pr
5. La coniunctio come concetto filosofico, grammaticale o retorico?
Literaturverzeichnis
Sachregister
Quellenregister
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Die coniunctio in testamentarischen Verfügungen des klassischen römischen Rechts
 3161526899, 9783161526893

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Ius Romanum Beiträge zu Methode und Geschichte des römischen Rechts herausgegeben von Martin Avenarius, Christian Baldus, Richard Böhr, Wojciech Dajczak, Massimo Miglietta und José-Domingo Rodríguez Martín

2

Susanne Lösch

Die coniunctio in testamentarischen Verfügungen des klassischen römischen Rechts

Mohr Siebeck

Susanne Lösch, geboren 1978; Studium der Rechtswissenschaft in Heidelberg; Referendariat am Landgericht Heidelberg; Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für geschichtliche Rechtswissenschaft, Romanistische Abteilung, Universität Heidelberg; Forschungsaufenthalt an der Universität Siena, Italien; seit 2009 Rechtsanwältin; 2012 Promotion.

ISBN 978-3-16-152689-3 / eISBN 978-3-16-160504-8 unveränderte eBook-Ausgabe 2021 ISSN 2197-8573 (Ius Romanum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2014 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden.

Vorwort Bei dieser Arbeit handelt es sich um die leicht überarbeitete Fassung meiner im Wintersemester 2012 von der Juristischen Fakultät der RuprechtKarls-Universität Heidelberg angenommenen Dissertation, die zum goßen Teil während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für geschichtliche Rechtswissenschaft entstanden ist. An erster Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Christian Baldus, für die vorzügliche und intensive Betreuung der Arbeit bedanken, die ohne seine Unterstützung und seine ständige Ansprech- und Hilfsbereitschaft nicht zustande gekommen wäre. Herrn Prof. Ralph Backhaus danke ich für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens und wertvolle inhaltliche Hinweise. Für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe Ius Romanum und bereichernde Anregungen zur Drucklegung bin ich Herrn Prof. Martin Avenarius und den übrigen Herausgebern sehr zu Dank verpflichtet. Herrn Prof. Peter Gröschler danke ich ebenfalls für hilfreiche Hinweise und Anregungen. Herrn Prof. Emanuele Stolfi und Herrn Dott. Giovanni Cossa bin ich für die freundliche Aufnahme während meines Forschungsaufenthaltes an der Università degli studi di Siena sehr dankbar. Herrn Dott. Tommaso Beggio danke ich für die Übersetzung der Zusammenfassung ins Italienische. Schließlich danke ich meinen Eltern, meiner Schwester und ganz besonders meinem Mann für ihre unermüdliche Geduld und Unterstützung. Ihnen widme ich die Arbeit. Worms, im März 2014

Susanne Lösch

Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................V

1. Kapitel: Einleitung........................................................................... 1 I.

Gegenstand der Arbeit ..................................................................... 1

II.

Coniunctio und Anwachsungsrecht .................................................. 2 1. Anwachsung unter Miterben............................................................ 2 a) Grundsätzliches.......................................................................... 2 b) Die coniunctio............................................................................. 4 c) Grund der Anwachsung ............................................................. 4 2. Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern................................... 5 a) Grundsätzliches ............................................................................. 5 b) Grund der Anwachsung ............................................................... 9

III.

Methode der Untersuchung.............................................................. 9

2. Kapitel: Unterschiedliche Bedeutungen ................................... des Wortes coniunctio ....................................................................... 11 I.

Philologische Wörterbücher .......................................................... 11

II.

Heumann/Seckel ............................................................................ 11

III.

Erbrechtliche Quellen.................................................................... 12

3. Kapitel: Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen ........... 13 I.

Die coniunctio bei Sabinus und ein Überblick über den Wandel ihres Verständnisses bis hin zu Ulpian (Vat. 75.1) ......................... 13 1. Inskription ....................................................................................... 14 2. Sachverhalt...................................................................................... 14 3. Widersprüche .................................................................................. 16 a) Unterschiedliche Bedeutungen ............................................... 17 b) Sonderfall 1 .............................................................................. 19

VIII

Inhaltsverzeichnis

c) Sonderfall 2 ........................................................................ 19 4. Unterschiedliche Voraussetzungen ............................................... 21 II.

Die coniunctio bei Javolen............................................................. 23 1. Sachverhalt...................................................................................... 23 2. Verhältnis zu D. 28.5.17.1(Ulpianus 7 ad Sabinum) ................... 25 a) Sachverhalt ............................................................................... 25 b) Widerspruch zu D. 28.5.64?.................................................... 26 c) Auflösung ................................................................................. 27

III.

Die coniunctio bei Julian ............................................................... 28 1. D. 28.5.15.pr (Ulpianus libro septimo ad Sabinum) .................... 28 2. Ulp. Vat. 75.2-3 und 76.................................................................. 31 a) Zusammenfassung ................................................................... 32 b) Julian/Ulpian Vat. 75.2 ........................................................... 33 c) Vat. 75.3 ................................................................................... 38 d) Vat. 75.4 ................................................................................... 41 e) Vat. 75.5 ................................................................................... 42 f) Vat. 76 ...................................................................................... 44

IV.

Die coniunctio bei Celsus .............................................................. 46 1. totus und pars ................................................................................. 47 a) Grund und Entwicklung der Anwachsungsregeln ................. 47 b) Miteigentum nach Bruchteilen als Voraussetzung der Anwachsung in Cels. D. 32.80 ...................... 51 c) Totam hereditatem et tota legata............................................ 52 2. Eadem res?...................................................................................... 54 3. Wörtliche Verbindung? .................................................................. 55 4. Coniunctio und Teilbildung bei Javolen ....................................... 55 a) Erklärung über „dieselbe Hälfte“............................................ 56 b) Erklärung über sachliche Verbindung „durch“ Titius ........... 57 c) Erklärung über eine Ausnahme von den Anwachsungsregeln........................................................................ 57 d) Erklärung über die Anwachsungsregeln selbst ...................... 58

V.

Die coniunctio bei Pomponius ....................................................... 60 1. D. 28.5.67 (66) (Pomponius libro primo ad Quintum Mucium)........................................................................... 60 a) Aufteilung ................................................................................ 61 b) Bevorzugte Anwachsung zwischen Gaius und Maevius?...... 61 2. D. 30.16.pr. (Pomponius libro quinto ad Sabinum)...................... 62 3. D. 30.36.2 (Pomponius libro sexto ad Sabinum) .......................... 63

VI.

Die coniunctio bei Gaius ............................................................... 64 1. Gai. 2.199........................................................................................ 64

Inhaltsverzeichnis

2. 3. 4. 5.

IX

Gai. 2.205........................................................................................ 65 Gai. 2.206........................................................................................ 66 Gai. 2.207........................................................................................ 67 Gai. 2.208........................................................................................ 68

VII. Die coniunctio bei Papinian .......................................................... 69 1. Ulp. D. 7.4.3.1 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum) .... 69 2. Ulp. D. 7.4.3.2 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum) .... 71 a) Coniunctio bei Teilbestimmung durch den Erblasser?.......... 72 b) Teilbildung und Relegat .......................................................... 73 c) Anwachsung trotz Verlust bei Statusänderung?..................... 74 d) Die coniunctio bei Papinian ................................................... 74 VIII. Die coniunctio bei Paulus .............................................................. 75 1. D. 50.16.142 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) ... 75 a) D. 50.16.142: Teil 1................................................................. 76 b) D. 50.16.142: Teil 2................................................................. 78 c) D. 50.16.142: Teil 3................................................................. 79 d) Bezugspunkt des Fragments...................................................... 80 2. D. 32.89 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) .......... 81 a) Die coniunctio bei Legaten ..................................................... 82 b) Widersprüche ........................................................................... 83 3. D. 30.33 (Paulus libro tertio regularum) ..................................... 89 a) 1. Teil........................................................................................ 89 b) 2. Teil........................................................................................ 92 c) Die coniunctio bei Paulus ....................................................... 93 d) Interpolationsvermutungen........................................................ 93 4. D. 32.46 (Paulus libro secundo ad Vitellium) .............................. 95 5. D. 35.1.81. pr (Paulus libro vicesimo primo quaestionum)......... 97 6. D. 28.7.5 (Paulus libro secundo ad Sabinum)............................ 102 7. Mod. D. 35.1.51. pr und Mod. D.40.4.45 ................................... 103 a) D. 35.1.51. pr (Modestinus libro quinto differentiarum) .... 104 b) D. 40.4.45 (Modestinus libro pandectarum)........................ 105 8. D. 50.16.53. pr (Paulus libro quinquagensimo nono ad edictum)......................................................................................... 105 a) Adgnatorum gentiliumque ..................................................... 107 b) Super pecuniae tutelaeve....................................................... 107 c) dedi aut donavi....................................................................... 108 d) quod eum dare facere oportet ............................................... 108 e) donum munus operae............................................................. 108 f) Kein Zusammenhang zwischen D. 50.16.53. pr und D. 50.16.142 ................................................................................. 111

X IX.

Inhaltsverzeichnis

Die coniunctio bei Ulpian ............................................................ 112 1. D. 7.4.16 (Ulpianus libro quinto disputationum)....................... 112 2. D. 30.34.pr (Ulpianus libro vicesimo primo ad Sabinum)......... 115

4. Kapitel: Ergebnis – Die coniunctio im Wandel der Zeit ...... 118 I.

Anwachsungsrecht ....................................................................... 118 1. Von Sabinus bis zur Zeit des Javolen ......................................... 118 2. Javolen, Julian, Pomponius und Gaius....................................... 119 3. Celsus ............................................................................................ 119 4. Papinian und Ulpian .................................................................... 120 5. Paulus............................................................................................ 120 6. Zusammenfassung ........................................................................ 121 7. Die anwachsungsrechtliche coniunctio als Schulenstreit?......... 121 8. Ius caducum .................................................................................. 122

II.

Die coniunctio bei durch erbrechtliche Verfügung auferlegten Bedingungen................................................................................ 123

III.

D. 32.46 (Paulus libro secundo ad Vitellium) .............................. 124

IV.

D. 50.16.53. pr ............................................................................ 124

5. Kapitel: Die coniunctio als Anleihe aus anderen ...................... Wissenschaften? ............................................................................... 126 I.

Griechische Definitionen von coniunctio ..................................... 126 1. Aristoteles ..................................................................................... 127 2. Stoiker ........................................................................................... 127 3. Aristarchos von Samothrake (217-145 v. Chr.)/Dionysios Thrax (1. Jh. v. Chr.) .................................................................... 128

II.

Lateinische Definitionen von coniunctio ...................................... 130 1. Varro (1. Jhdt. v. Chr.)................................................................. 130 2. Probus (1. Jhdt. n. Chr.) u.a. ....................................................... 131 3. Diomedes und Priscian ................................................................ 133 4. Quintilian ...................................................................................... 133 5. Zusammenfassung ........................................................................ 134

III.

Römischrechtliche coniunctio = coniunctio aus der römischen Grammatik?................................................................................. 135 1. Anwachsungsrecht........................................................................ 135

Inhaltsverzeichnis

XI

2. Bedingungsrecht, sonstige Anwendung vor dem Hintergrund von testamentarischen Verfügungen und D. 50.16.53. pr.......... 138

6. Kapitel: Riassunto ........................................................................ 139 I.

Scopo della ricerca...................................................................... 139

II.

Metodo della ricerca ................................................................... 140

III.

Risultato della ricerca ................................................................. 141 1. La coniunctio nel diritto di accrescimento.................................. 141 a) Il periodo da Sabino a Giavoleno....................................... 141 b) La nuova teoria di Giavoleno e Giuliano........................... 141 c) La definizione di coniunctio secondo Celso ...................... 142 d) La coniunctio secondo Papiniano e Ulpiano ..................... 142 e) La tricotomia di Paolo ...................................................... 143 2. La coniunctio nel diritto caducario.............................................. 143 3. La coniunctio in relazione alla disciplina della condizione....... 144 4. La coniunctio in Paul. D. 50.16.53 pr ......................................... 144 5. La coniunctio come concetto filosofico, grammaticale o retorico? ..................................................................................... 145

Literaturverzeichnis ............................................................................... 147 Quellenregister ...................................................................................... 155 Sachregister ........................................................................................... 156

1. Kapitel

Einleitung I. Gegenstand der Arbeit Der Begriff der coniunctio wird von den römischen Juristen in erbrechtlichen Quellen vor allem zur Bezeichnung von Fallgestaltungen gebraucht, in denen der Erblasser mehrere Erben oder Vermächtnisnehmer in einem Testament in spezieller Form zu einer Gruppe zusammengefasst (verbunden) und den anderen gegenübergestellt hat.1 Wie genau diese Verbindung gestaltet sein muss, wird in den Quellen jedoch unterschiedlich beantwortet. In der römischrechtlichen Literatur ist es dementsprechend nicht selten zu Missverständnissen in Bezug auf die Frage gekommen, wie die römischen Juristen den Begriff coniunctio verstanden und verwendet haben.2 Zudem wird das Vorliegen einer solchen Verbindung überwiegend vor dem Hintergrund des Anwachsungs- und Kaduzitätsrechts untersucht,3 obwohl auch Quellen aus anderen Bereichen überliefert sind, die sich mit dem Vorliegen oder Nichtvorliegen einer coniunctio in testamentarischen Verfügungen beschäftigen. Zur Darstellung der Rechtsfigur coniunctio wird daher üblicherweise auf die in dem Paulus-Fragment D. 50.16.142 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) zu findende Definition der coniunctio und die dort verwendete Terminologie „coniunctio re et verbis, coniunctio re, coniunctio verbis tantum“ zurückgegriffen.4 _________________________________ 1

Kaser, RP I, S. 730. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 9; d’Ors, Re et Verbis, in: Atti Verona III, S. 265 ff. 3 Vgl. Vaccaro Delogu, L’accrescimento nel diritto ereditario romano, S. 51 ff.; Voci, DER I, S. 697, 720, 704, 724, 725, 727 f.; Kaser, RP I, S. 730; Zimmermann, Coniunctio verbis tantum in SZ 101 (1984), S. 236 ff.; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 10 ff.; Staffhorst, Die Teilnichtigkeit von Rechtsgeschäften im klassischen römischen Recht, S. 158; Kiefner, Ut eleganter Papirius Fronto. Metaphern im Römischen, Gemeinen und Bürgerlichen Recht: crescere, adcrescere, decrescere, An- und Abwachsen, FS für Otto Sandrock zum 70. Geb., S. 480. 4 Vgl. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 9 f. mit Fn. 33 und w.N., u.a.: Gl. Relictus und partis rei ad D. 7.2.1.pr; Mayer, Das Recht der Anwachsung, S. 112; Mühlenbruch, Lehrbuch des Pandectenrechts, III, S. 519; Thibaut, System des Pandektenrechts II, S. 337 ff.; Vangerow II, S. 319; Arndts in: Glück’s Pandekten, Bd. 46, S. 479; Bonfante, Corso di diritto romano, Band 6, S. 266; Kaser, RP I, S. 730; Zimmermann, SZ 101 (1984) S. 243 ff. 2

2

Einleitung

Problematisch ist hierbei nicht nur, dass es sich bei Paul. D. 50.16.142 um ein Fragment aus dem speziellen Bereich des Anwachsungs- und Kaduzitätsrechts handelt, sondern auch, dass das Fragment aus der Spätklassik stammt und nicht ausgeschlossen werden kann, dass es einen zeitlichen Wandel im Verständnis der coniunctio gegeben haben könnte. Ziel dieser Arbeit ist es daher, zunächst ohne Rückgriff auf Paul. D. 50.16.142 chronologisch auf Grund der Quellenlage zu klären, unter welchen Voraussetzung eine Einsetzung als coniunctim zu bezeichnen ist und hierbei Paul. D. 50.16.142 an passender Stelle einzuordnen und zu behandeln. Hierfür müssen neben den Quellen aus dem Anwachsungsrecht auch die Quellen aus anderen erbrechtlichen Bereichen untersucht werden, die sich mit der coniunctio beschäftigen.

II. Coniunctio und Anwachsungsrecht II. Coniunctio und Anwachsungsrecht

Da der Hauptteil der zu dem Begriff coniunctio überlieferten Quellen aber dennoch aus dem Anwachsungsrecht stammt und die Methode der Untersuchung deshalb nicht ohne Berücksichtigung der dort diskutierten Probleme festgelegt werden kann, sollen die Grundsätze der Anwachsung und die Rolle der coniunctio im Anwachsungsrecht im Folgenden kurz dargestellt werden: Hauptanwendungsbereich der Anwachsung sind nach den uns überlieferten Quellen erbrechtliche Fälle, die Miterben und Mitvermächtnisnehmer betreffen:5 Es gibt mehrere Testament- oder Intestaterben beziehungsweise mehreren Personen wurde derselbe Gegenstand vermacht. Erwirbt einer der Erben oder Mitvermächtnisnehmer den ihm zustehenden Teil an der Erbschaft bzw. am vermachten Gegenstand nicht, ist fraglich, was mit diesem „frei gewordenen“ Teil geschehen soll.6 Die Römer lösen diese Frage über die Anwachsung, wobei zwischen der Anwachsung unter Miterben und der Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern zu unterscheiden ist. 1. Anwachsung unter Miterben a) Grundsätzliches Die Anwachsung lässt sich in diesem Zusammenhang verallgemeinernd als mengenmäßige Erhöhung des durch Testament oder Intestaterbfolge fest-

_________________________________ 5 6

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 2. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 2.

II. Coniunctio und Anwachsungsrecht

3

gesetzten Erbteils definieren.7 Grundsätzlich lassen sich bei Miterben zwei Grundkonstellationen unterscheiden: Wird ein testamentarisch als Miterbe Berufener nicht Erbe, weil er vor dem Erblasser stirbt, erbunfähig wird oder die Bedingung ausfällt, unter der er eingesetzt wurde, ist fraglich, ob sein Erbteil den übrigen als Erben Eingesetzten oder den gesetzlichen Erben zufallen soll. Da die Intestaterbfolge nach dem Grundsatz nemo pro parte testatus pro parte intestatus decedere potest8 durch die Testamentserbfolge ausgeschlossen ist, muss der freigewordene Anteil zwangsläufig den verbleibenden Testamentserben (nach dem Verhältnis ihrer Erbteile) zufallen.9 Entsprechendes gilt, wenn der Erblasser einen oder mehrere Erben eingesetzt, jedoch nicht über den ganzen Nachlass verfügt hat.10 Der freie Erbteil wächst den anderen Erbteilen zu, mehreren nach deren Verhältnis.11 Dieser Erwerb ist vom Willen des Erwerbers unabhängig, weshalb die Römer bildhaft von adcrescere oder dem ius adcrescendi12 sprechen.13 Nach der quintilianischen Rhetorik wäre der Vorgang des adcrescere der vierten Kategorie der translatio zuzuordnen, der translatio vom Belebten auf das Unbelebte, wobei mangels näherer Informationen dahinstehen muss, ob den römischen Juristen diese rhetorische Kategorie bei der Verwendung des Begriffs adcrescere bewusst war.14 Dass es sich bei dem Verbalkompositum adcrescere um einen metaphorisch gebrauchten Begriff handelt, leuchtet jedenfalls unmittelbar ein, da die Vorstellung des Anwachsens der Welt der organischen Natur entstammt.15 In der zweiten Konstellation fällt einer der zu Erben Berufenen erst nach dem Tod des Erblassers weg. Die Erbschaft wurde den Berufenen ex testamento oder ab intestato bereits deferiert und einer der Berufenen schlägt die Erbschaft aus. Sein Erbteil wächst den übrigen Berufenen an.16 _________________________________ 7

Vgl. Voci, DER I, S. 630. Inst. 2.14.5; Ulp. 29.1.6. 9 Ulp. 28.5.13.2–3; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 3; Vaccaro Delogu, 834 S. 51 ff.; Zimmermann, SZ 101 (1984), S. 236 ff.; Pérez Simeón, Nemo pro parte testatus pro parte intestatus decedere potest, S. 55 ff. 10 Kaser, RP I, S. 729 f. 11 Cels. D. 28,5,60 (59), 3; Vangerow II, S. 322; Zimmermann in SZ 101 (1984); S. 234 ff. (240). 12 Ulp.: Vat. 75–87; D. 7.2.1; D. 7.4.3.1, D. 28.5.17; Pap. D. 7.2.11; Paul. D. 37.1.6.pr. 13 Kaser, RP I, S. 729. 14 Kiefner, FS für Otto Sandrock, S. 483 unter Bezugnahme auf Quintilian; Marcus Fabius Quintilianus, Ausbildung des Redners, Zwölf Bücher, Hrsg. und übers. v. Helmut Rahn, Erster Teil, Buch I–VI, Darmstadt 1972, VIII.6.9. 15 Kiefner, FS für Otto Sandrock, S. 477, 478. 16 Voci, DER I, S. 629. 8

4

Einleitung

Die Anwachsung vermehrt also den Erbteil, den der Erblasser ursprünglich festgesetzt hatte, oder den bereits (ex testamento oder ab intestato) deferierten Erbteil. Der Unterschied zwischen den beiden Konstellationen betrifft allerdings nicht nur den Bezugspunkt. Die erste ist nur bei einer Erbeinsetzung möglich, setzt also eine Testamentserbfolge voraus. Die zweite ist sowohl bei einer Testaments- als auch bei einer Intestaterbfolge denkbar. Die erste ist nicht nur bei mehreren Erben möglich, sie kann auch bei nur einem Erben eintreten, wenn dieser nicht auf die ganze Erbmasse eingesetzt wurde. Die zweite setzt notwendigerweise die Existenz von mehreren Delationen voraus. Die erste kann bei Haus- und Außenerben eintreten, die zweite nur bei Außenerben – nur ein Außenerbe kann die Erbschaft ausschlagen.17 b) Die coniunctio Diese grundsätzlichen Anwachsungsregeln gelten aber nur, wenn der Erblasser nicht bestimmte Erben coniunctim eingesetzt hat.18 Liegt eine coniunctio vor, wird das eben geschilderte System der Anwachsung in der Form beschränkt, dass die Anwachsung nur bei den coniunctim eingesetzten übrig gebliebenen Erben stattfindet.19 Die coniunctim eingesetzten Erben werden also gegenüber den anderen bevorzugt.20 Diese Folge der Einsetzung in Form der coniunctio ist in den klassischen römischen Rechtstexten unstreitig. Die Frage, wann eine Einsetzung als coniunctim zu bezeichnen ist, bzw. unter welchen Voraussetzungen eine coniunctio vorliegt, wurde oben wie folgt beantwortet: Der Erblasser hat mehrere Erben in einem Testament in spezieller Form zu einer Gruppe zusammengefasst (verbunden). Wie diese Verbindung im Einzelnen ausgestaltet sein muss, ist Gegenstand der Untersuchung im 3. Kapitel dieser Arbeit.21 c) Grund der Anwachsung Der Grund der Anwachsung wird allgemein im „Gesamthandgedanken“ des altrömischen consortium vermutet, wonach jeder Miterbe an der ganzen Erbschaft berechtigt ist und sein Recht nur durch die konkurrierenden Rechte der anderen Miterben beschränkt wird.22 Mit „Gesamthandgedan_________________________________ 17

Voci, DER I, 630. Celsus D. 28.5.60.3. 19 Kaser, RP I, S. 730. 20 Voci, DER I, S. 698. 21 Vgl. unten S. 13 ff. 22 Ermini, Note sul diritto di accrescimento ereditario secondo la Glossa d’Accursio al Corpus iuris, Studi di storia e diritto in onore di Enrico Besta per il XL anno del suo insegnamento I, S. 405–410; Kaser, RP I S. 730; Kaser/Knütel, § 73 Rn. 7; Wieacker, 18

II. Coniunctio und Anwachsungsrecht

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ke“ ist hierbei nicht die moderne Gesamthand gemeint, sondern die deutschrechtliche Gesamthand.23 Fällt einer der Miterben weg, erweitert sich das Recht der anderen um seine Mitberechtigung. Diese Vermutung scheint durch Cels. D. 32.80 bestätigt zu werden: Celsus libro trigesimo digestorum Coniunctim heredes institui aut coniunctim legari hoc est: totam hereditatem et tota legata singulis data esse, partes autem concursu fieri. Coniunctim24 als Erben eingesetzt werden oder verbunden vermacht zu werden bedeutet, dass die Erbschaft und die Vermächtnisse als Ganzes Einzelnen gegeben sind, durch das Zusammentreffen aber Teile entstehen.25 Celsus führt hier aus, dass bei einer Einsetzung mehrerer Erben jeweils auf die gesamte Erbschaft alle Erben grundsätzlich auch die gesamte Erbschaft bekommen sollen und nur dann teilen müssen, wenn tatsächlich mehreren die Erbschaft anfällt. Erst das Zusammentreffen der Erben führt zur Aufteilung (partes autem concursu fieri). Erwirbt einer der Erben den ihm zustehenden Teil nicht, wächst er dem oder den anderen an, weil sie schon daran berechtigt waren, aber durch ihn in ihrem Recht beschränkt waren. Hieraus wird vielfach in der Literatur gefolgert, dass der Gesamthandgedanke des altrömischen consortium auch noch in der klassischen Periode die konzeptionelle Basis der Anwachsung gewesen sei.26 Ob dies tatsächlich zutrifft, soll in dieser Arbeit durch die Exegese der klassischen Quellen untersucht werden. 2. Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern a) Grundsätzliches Bei der Frage, ob und in welcher Form es Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern geben kann, hilft die Betrachtung von _________________________________

Textstufen, S. 290; Jörs/Kunkel/Wenger, § 218 1. (S. 341); Siber, Römisches Recht II, S. 347; Arangio-Ruiz, Ist., S. 230 f., 529 und 569. 23 Vgl. Kaser/Knütel, 19. Aufl., S. 376. 24 Die Begriffe coniunctim und disiunctim bzw. separatim bleiben vorerst unübersetzt, da ja gerade ihre Bedeutung mit dieser Arbeit ermittelt werden soll, vgl. S. 11 f. 25 Die in dieser Arbeit zu findenden Übersetzungen wurden überwiegend selbst erstellt, allerdings in Anlehnung an die Übersetzungen von Lohsse in Ius Adcrescendi, Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler und Otto/Schilling/Sintenis. Wenn Übersetzungen wörtlich übernommen wurden, wurde dies separat gekennzeichnet. 26 Zimmermann, SZ 101 (1984), S. 237; Honsell/Mayer-Maly/Selb, S. 477 f.; Kaser, RPI, S. 730; einschränkend Staffhorst, S. 177 mit Fn. 109; Mühlenbruch, Lehrbuch des Pandectenrechts, S. 250 ff.; Vangerow II, § 494, S. 313.

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Einleitung

Gaius 2.199 und 20527: 199 Illud constat, si duobus pluribusve per vindicationem eadem res legata sit, sive coniunctim sive disiunctim, et omnes veniant ad legatum, partes ad singulos pertinere et deficientis portionem collegatario adcrescere. Coniunctim autem ita legatur TITIO ET SEIO HOMINEM STICHUM DO LEGO; disiunctim ita LUCIO TITIO HOMINEM STICHUM DO LEGO. SEIO EUNDEM HOMINEM DO LEGO. 205 Est et illa differentia huius et per vindicationem legati, quodsi eadem res duobus pluribusve per damnationem legata sit, si quidem coniunctim, plane singulis partes debentur, sicut in illo per vindicationem legato iuris est; si vero disiunctim, singulis solida debetur. Ita fit, ut scilicet heres alteri rem, alteri aestimationem eius praestare debeat. Et in coniunctis deficientis portio non ad collegatarium pertinet, sed in hereditate remanet. 199 Es steht fest, dass, wenn zweien oder mehreren dieselbe Sache durch Vindikationslegat vermacht worden ist, sei es nun coniunctim oder disiunctim, und alle das Vermächtnis erwerben, den einzelnen Teile zustehen und der Anteil eines Wegfallenden dem Mitvermächtnisnehmer anwächst. Coniunctim vermacht wird aber so: „Dem Titius und dem Seius gebe und vermache ich den Sklaven Stichus.“ Disiunctim so: „Dem Lucius Titius gebe und vermache ich den Sklaven Stichus. Dem Seius gebe und vermache ich denselben Sklaven. 205 Es gibt auch folgenden Unterschied zwischen diesem [Damnationslegat] und dem Vindikationslegat, dass, wenn dieselbe Sache zweien oder mehreren durch Damnationslegat vermacht worden ist, den einzelnen, wenn dies coniunctim geschehen ist, allerdings Teile geschuldet werden, wie es auch bei jenem Vindikationslegat gilt, wenn dies aber disiunctim geschehen ist, jedem einzelnen das Ganze geschuldet wird. So geschieht es, dass der Erbe natürlich dem einen die Sache, dem anderen den Schätzwert derselben leisten muss. Und bei coniunctim eingesetzten Mitvermächtnisnehmern steht der Anteil eines Wegfallenden nicht dem Mitvermächtnisnehmer zu, sondern verbleibt in der Erbschaft. Nach diesem Fragment ist zwischen Damnations- und Vindikationslegat und darüber hinaus zwischen unterschiedlichen Fallkonstellationen zu unterscheiden (wobei manche der im Folgenden beschriebenen Fälle von _________________________________ 27

Lesart nach Manthe, Gaius Institutiones, S. 186, 188.

II. Coniunctio und Anwachsungsrecht

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Gaius nicht ausdrücklich behandelt werden, da ihre Lösung für den römischen Juristen trivial ist). aa) Damnationslegat Der Erblasser hat durch Damnationslegat mehreren Vermächtnisnehmern unterschiedliche Gegenstände zugedacht. Fällt nun einer der Vermächtnisnehmer weg, besteht der Anspruch des weggefallenen Legatars auf den ihm zugedachten Gegenstand nicht mehr. Der zugedachte Gegenstand ist durch den Wegfall des Legatars nicht „frei“ geworden, seine Zuordnung muss nicht geklärt werden. Der Gegenstand, der eigentlich hätte herausgegeben werden müssen, verbleibt in der Erbschaft. Es findet keine vom Willen des/der Erben unabhängige Erhöhung der Erbschaft statt. Die Erbschaft wird lediglich von einer Verpflichtung befreit. Anwachsung ist bei obligatorisch wirkenden Legaten denklogisch nicht möglich.28 Der Erblasser hat mehreren Vermächtnisnehmern per Damnationslegat dieselbe Sache vermacht. Hier spielt die coniunctio folgende Rolle: Wurde mehreren dieselbe Sache coniunctim vermacht, schuldet der Erbe den Vermächtnisnehmern Teile.29 Ist das Vermächtnis separatim erfolgt, schuldet der Erbe jedem Mitvermächtnisnehmer eigentlich den ganzen Gegenstand. Da er seine Verpflichtung zur Herausgabe des Gegenstandes aber tatsächlich nur gegenüber einem der Vermächtnisnehmer erfüllen kann, haftet er den Übrigen für den Schätzwert. Eine Anwachsung bei Wegfall eines der Legatare ist ebenfalls denklogisch unmöglich. Bei Wegfall eines Legatars fällt wieder nur sein Anspruch auf die Sache bzw. ihren Schätzwert oder auf einen Anteil an der Sache weg, es wird kein Teil der Sache oder die Sache selbst frei. Das, was eigentlich hätte herausgegeben werden müssen, verbleibt in der Erbschaft, vgl. Gaius 2.205: …portio non ad collegatarium pertinet, sed in hereditate remanet. Darin liegt keine Anwachsung, da die Erbschaft durch den Wegfall des Anspruchs nicht erhöht wird, sondern von einer Verbindlichkeit befreit wird, also nicht vermindert wird. Die Erbschaft wird wieder lediglich von einer Verpflichtung befreit. Anwachsung ist denklogisch nicht möglich.

_________________________________ 28

Vgl. zur Anwachsung im Vermächtnisrecht: Lohsse, Ius Adcrescendi; zum Anwachsungsausschluss beim Damnationslegat: Kaser/Knütel, § 76 Rn. 16; Vaccaro Delogu, L’accrescimento nel diritto ereditario romano, S. 102 ff.;Voci, DER I, S. 659 ff.; Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 209 ff.; Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum, S. 454; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 5 ff. 29 Ulp. D. 30.34.9.

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Einleitung

bb) Vindikationslegat Hat der Erblasser mehrere Vermächtnisnehmer bedacht und jedem von ihnen einen anderen Gegenstand durch Vindikationslegat vermacht, ist Anwachsung ebenfalls nicht möglich. Die Anwachsung beruht auf dem Gedanken, dass mehrere dieselbe Sache, eadem res, oder eine Sachgesamtheit bekommen sollen – wobei jeder an der ganzen Sache berechtigt sein soll, aber durch die anderen Berechtigten in seinem Recht eingeschränkt wird. Mit eadem res wird, wie sich aus dem Beispiel coniunctim autem ita legatur TITIO ET SEIO HOMINEM STICHUM DO LEGO in Gai. 2.199 ergibt, nicht nur die körperliche Sache im engeren Sinn, sondern auch im weiteren Sinn der Vermächtnisgegenstand als Rechtsobjekt (also auch all das, was Gegenstand eines Zivilprozesses sein kann, wie z.B. Sklaven30) gemeint. Fällt einer der Berechtigten weg, profitieren die anderen auf Grund ihres schon bestehenden Rechtes „automatisch“. Wurde jedoch durch ein Vindikationslegat eine Sache einem einzelnen zugedacht und fällt dieser weg, existiert kein anderer Berechtigter, dem das Recht des Ausgefallenen an der Sache anwachsen könnte. Vielmehr bekommt der Erbe des Legatars im Wege der Erbfolge die Sache.31 Ist derselbe Gegenstand, eadem res, durch Vindikationslegat vermacht und fällt einer der Kollegatare nach Erwerb des Legats weg, wird sein Teil der Sache frei und dessen Zuordnung muss geklärt werden. Anwachsung ist denklogisch möglich. Der frei gewordene Teil wächst den übrigen Vermächtnisnehmern an, nicht dem oder den Erben, vgl. Gai. 2.199, da sein die anderen Berechtigten einschränkendes Recht an der Sache weggefallen ist. Bezüglich der Beschränkung der Anwachsung auf das Vindikationslegat und die Voraussetzung des Vermächtnisses derselben Sache herrscht in der Literatur Einigkeit.32 Höchst umstritten ist jedoch, was die römischen Juristen unter eadem res verstanden haben und ob neben die genannten Voraussetzungen noch andere treten. Probleme bereiten hier wieder die Begriffe coniunctio, coniunctim, separatim/disiunctim. Gaius führt in 2.199 aus, es finde Anwachsung statt, gleichgültig ob coniunctim oder disiunctim vermacht sei. Andererseits existieren Quellen, die entgegen Gai. 2.199 als Voraussetzung für die Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern vorsehen, dass diesen coniunctim vermacht wurde.33 Diese unterschiedlichen Aussagen können zum einen daran liegen, dass es unterschiedliche Rechtsauffassungen gab, sie könnten ihre Ursache aber auch in einer unterschiedlichen Verwendung der Begriffe haben. Auch dies soll durch eine Exegese der Quellen untersucht werden. _________________________________ 30

Kaser/Knütel, S. 96. Voci, DER I, S. 650 ff.; Robbe, S. 207 ff.; Vaccarro Delogu, S. 97 ff. 32 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 7. 33 Vgl. z.B. Cels. D. 31.20; Ulp.-Sab. Vat. 75; Ulp.-Iul. Vat. 76. 31

III. Methode der Untersuchung

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b) Grund der Anwachsung Der Grund der Anwachsung könnte auch bei den Vermächtnissen in Cels. D. 32.80 zu finden sein: „Coniunctim heredes institui aut coniunctim legari hoc est…“ Hat der Erblasser den gesamten Gegenstand mehreren Vermächtnisnehmern vermacht, sollen alle Vermächtnisnehmer grundsätzlich die gesamte Sache bekommen und nur dann teilen müssen, wenn tatsächlich mehrere das Vermächtnis erwerben. Die Sache muss also nur dann aufgeteilt werden, wenn mehreren Vermächtnisnehmern das Vermächtnis anfällt. Erst das Zusammentreffen der Vermächtnisnehmer führt zur Aufteilung (partes autem concursu fieri). Erwirbt einer der Vermächtnisnehmer den ihm zustehenden Teil nicht, wächst er dem oder den anderen an, weil sie schon daran berechtigt waren, aber durch ihn in ihrem Recht beschränkt waren. Ob dies tatsächlich zutrifft und wiederum auf den Gesamthandsgedanken des altrömischen consortium zurückzuführen ist, muss jedoch noch exegetisch untersucht werden.

III. Methode der Untersuchung III. Methode der Untersuchung

Die voneinander abweichenden Aussagen zu den Anwachsungsvoraussetzungen und die unterschiedliche Verwendung des Wortes coniunctio können zum einen daran liegen, dass es unterschiedliche Rechtsauffassungen gab; sie könnten ihre Ursache aber auch in einer unterschiedlichen Auffassung der Bedeutung des Wortes coniunctio haben. Es sollen daher die zur coniunctio überlieferten erbrechtlichen Fragmente exegetisch untersucht werden, wobei neben den Quellen aus dem Anwachsungsrecht auch sonstige Quellen, die die Worte coniunctio/ coniunctim/disiunctim/separatim enthalten, behandelt werden sollen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Begriffe im Erbrecht – und nicht nur im Anwachsungsrecht – eine generelle Bedeutung haben. Um eventuelle Veränderungen in der Begriffsbedeutung zu erfassen, werden die Quellen chronologisch nach der Zeit, aus der ihr in der Inskription genannter Autor stammt, untersucht.34 Allerdings kann bei einem inhaltlichen _________________________________ 34

Fragmente, die zwar erbrechtliche Fragen behandeln und auch die Begriffe coniunctio/coniunctim/disiunctim/separatim enthalten, aber keinen inhaltlichen Aufschluss über den Begriff coniunctio in erbrechtlichen Verfügungen zulassen, sollen hier nicht untersucht werden. Diese Fragmente sind bei den Kapiteln, die sich mit den jeweiligen Juristen befassen, in einer Fußnote aufgeführt. Auf folgende Fragmente trifft dieses Ausschlusskriterium zu, zudem stammen sie von Juristen, von denen auch sonst keine inhaltlich aufschlussreichen Fragmente zur coniunctio überliefert sind, weshalb sie bereits hier aufgeführt werden: Scaevola D. 11.7.46.pr wird nicht behandelt, weil es hier nicht um das Vorliegen einer coniunctio, sondern um die Frage geht, wo der Erblasser beerdigt

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Einleitung

Bezug von Fragmenten aus unterschiedlichen Epochen und bei Juristenzitaten die chronologische Reihenfolge nicht immer eingehalten werden. Vorher müssen aber noch die möglichen Bedeutungen des Wortes coniunctio vorgestellt werden, um hierauf gegebenenfalls bei der Exegese zurückgreifen zu können.

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werden kann, wenn er mehrere Grundstücke gehabt und an allen getrennte Nießbrauchsrechte vermacht hat. Bei Scaevola D. 20.5.11 und D. 20.5.14 wird die Zuweisung von Forderungen bei der Erbteilungsklage behandelt. In Scaevola D. 34.2.1.pr ist nicht die Auslegung der coniunctio, sondern des Wortes singulis problematisch. Marcian D. 30.114.19 erörtert den Tod eines von mehreren vermachten Sklaven, Marcian D. 35.1.33.4 den Verkauf eines vermachten Sklaven, Valens D. 32.94 die Erfüllung der Pflichten aus einem Vermächtnis, Labeo D. 33.2.31 das gemeinschaftliche Eigentum des Erblassers mit einem anderen, Alfen D. 33.8.14 die Problematik der Reihenfolge bei der Freilassung im Testament und der Hinterlassung des Sondergutes. Bei Proculus D. 50.16.124 geht es nicht um das Vorliegen/Nichtvorliegen einer coniunctio in einer erbrechtlichen Verfügung, vgl. dazu aber unten Kapitel 3, VIII. 6, S. 102 f.

2. Kapitel

Unterschiedliche Bedeutungen des Wortes coniunctio I. Philologische Wörterbücher In den gängigen philologischen Wörterbüchern1 finden sich folgende Bedeutungen des Wortes coniunctio: – – – – – – – –

(räumliche) Verbindung, Zusammenhang gesellige Verbindung, Freundschaft Verwandtschaft; Verschwägerung Verbindung durch Heirat Verbindung durch Politik (philosoph. t.t.) Begriffsverbindung (grammt. t.t.) Bindewort, Konjunktion, Verbindungspartikel (rhet. t.t.) Verbindung der Rede

II. Heumann/Seckel Heumann/Seckel2 übersetzen allgemein mit „Verbindung“ und nennen folgende Präzisierungen: – – –

Verbindung durch Freundschaft, Verwandtschaft, Abstammung Geschlechtliche, eheliche Verbindung die Verbindung in einer rechtsgeschäftlichen Verfügung; insbesondere die hierauf beruhende Berufung mehrerer zu demselben Erbteil oder Vermächtnis, sei es in demselben Satze, sei es in getrennten die Verbindungspartikel



_________________________________ 1

Vgl. z.B. Georges, Ausführliches Handwörterbuch, 1. Band, 9. Aufl., Spalte 1486; Langenscheidts Grosswörterbuch Lateinisch Teil I, S. 158, 159; Oxford Latin Dictionary, S. 408. 2 Heumann/Seckel, zu coniunctio, S. 94.

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Unterschiedliche Bedeutungen des Wortes coniunctio

III. Erbrechtliche Quellen Trotz der uneinheitlichen Verwendung des Wortes coniunctio in den Quellen und in der Literatur kann man wohl eindeutig sagen, dass die Verwendung des Begriffes coniunctio in den Fragmenten zu erbrechtlichen Fragestellungen nie in Bezug auf die Bedeutungsvarianten „gesellige Verbindung, Freundschaft; Verwandtschaft; Verschwägerung, Abstammung; geschlechtliche, eheliche Verbindung; politische Verbindung“ problematisch ist. Problematisch sind immer nur die Fragmente, in denen das Wort coniunctio den Fall beschreibt, dass der Erblasser mehrere Erben oder Mitvermächtnisnehmer in einem Testament, also in einer sprachlichen Äußerung, in einer bestimmten Weise zu einer Gruppe zusammengefasst hat. Für diese durch den Erblasser in einer sprachlichen Äußerung geschaffene Verbindung werden in den Quellen unterschiedliche Voraussetzungen genannt, weshalb es Ziel dieser Arbeit ist, den Grund hierfür zu untersuchen. Wegen der bereits erwähnten terminologischen Unklarheiten in Bezug auf die römischrechtliche coniunctio bleibt der Begriff bei der folgenden Exegese jedoch vorerst unübersetzt. Des Weiteren könnte die coniunctio auf den ersten Blick in Zusammenhang mit den oben genannten termini technici „Begriffsverbindung“ (philosoph. t.t.), und „Bindewort, Konjunktion, Verbindungspartikel“ (grammt. t.t.) sowie „Verbindung der Rede“ (rhet. t.t.) stehen, da auch diese sprachliche Verbindungsformen bezeichnen. Dementsprechend hat d’Ors3 in Bezug auf Paul. D. 50.16.142 vermutet, dass die coniunctio unter dem Einfluss der Grammatik entstanden sei. Der Thesaurus Linguae Latinae4 ordnet die in Paul. D. 50.16.142 enthaltene Darstellung der coniunctio als terminus technicus der Rhetorik ein. Die Quellen der römischen Grammatiker und Rhetoriker wurden aber nie in diesem Zusammenhang untersucht. Nach der exegetischen Untersuchung der Fragmente, die sich mit dem Vorliegen einer coniunctio beschäftigen, soll daher der Begriff zudem in seiner Funktion als terminus technicus in der antiken Philosophie, Rhetorik und Grammatik untersucht werden, um einen eventuellen Zusammenhang aufzudecken oder gegebenenfalls auszuschließen.

_________________________________ 3 4

d’Ors, Re et Verbis, in Atti Verona III, S. 267 ff. TLL a.h.v. unter c:1.

3. Kapitel

Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen I. Die coniunctio bei Sabinus und ein Überblick über den Wandel ihres Verständnisses bis hin zu Ulpian (Vat. 75.1) I. Die coniunctio von Sabinus bis Ulpian

In den Quellen begegnet uns die coniunctio in Form des Adjektivs coniunctim zum ersten Mal in D. 7.2.1.pr (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum) Quotiens usus fructus legatus est, ita inter fructuarios est ius adcrescendi, si coniunctim sit usus fructus relictus: ceterum si separatim unicuique partis rei usus fructus sit relictus, sine dubio ius adcrescendi cessat. Wenn ein Nießbrauch vermacht worden ist, so besteht zwischen den Nießbrauchern ein Anwachsungsrecht, wenn der Nießbrauch coniunctim hinterlassen ist. Das Anwachsungsrecht findet aber ohne Zweifel keine Anwendung, wenn jedem separatim der Nießbrauch an einem Teil der Sache hinterlassen ist. Zu diesem Fragment existiert eine Parallelüberlieferung in Vat. 75.1 Quotiens usus fructus legatus est, est inter fructuarios ius adcrescendi, sed ita, si coniunctim sit usus fructus relictus nec nisi in do lego legato. Ceterum si separatim unicuique partis rei usus fructus sit relictus, sine dubio ius adcrescendi cessat. Wenn ein Nießbrauch vermacht ist, besteht zwischen den Nießbrauchern ein Anwachsungsrecht, aber nur, wenn der Nießbrauch coniunctim hinterlassen ist und nur bei einem Vindikationslegat. Das Anwachsungsrecht findet aber ohne Zweifel keine Anwendung, wenn jedem separatim der Nießbrauch an einem Teil der Sache hinterlassen ist. Die Exegese greift im Folgenden auf den in den Fragmenta Vaticana überlieferten Text zurück, da er wegen der von den Kompilatoren gestrichenen Differenzierung zwischen Vindikations- und Damnationslegat dem klassi-

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

schen Original näher kommt.1 Die Begriffe coniunctim und separatim bleiben weiter unübersetzt, da ihre Bedeutung noch zu klären ist. 1. Inskription Zunächst ist fraglich, wem das Fragment überhaupt zuzuordnen ist. Es entstammt dem 17. Buch von Ulpians Sabinuskommentar, der grundsätzlich so angelegt ist, dass zunächst ein Abschnitt aus Sabinus wörtlich ausgeschrieben und dieser dann kommentiert wird, wobei (zumindest in den heute vorliegenden Überlieferungen) nicht ausdrücklich auf die Urheberschaft von Sabinus hingewiesen wird.2 Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der erste Satz des Fragments von Sabinus stammt und der anschließende Satz den Kommentar von Ulpian enthält.3 Dafür spricht auch der adversative Anschluss des zweiten Satzes durch das Wort ceterum, das eine Erläuterung eines Gegensatzes ankündigt.4 2. Sachverhalt Inhaltlich wird im ersten Satz des Fragments die Frage behandelt, wann, wenn mehreren Vermächtnisnehmern ein Nießbrauch vermacht wurde, Anwachsung unter den Mitvermächtnisnehmern stattfinden kann. Nach der Ansicht von Sabinus kann dies nur der Fall sein, wenn ein Vindikationslegat vorliegt und der Nießbrauch coniunctim hinterlassen wurde. Im Anschluss daran erläutert Ulpian, dass zweifellos kein Anwachsungsrecht bestehe, wenn jedem der Mitvermächtnisnehmer separatim der Nießbrauch an einem Teil der Sache hinterlassen sei. Wann die Hinterlassung als coniunctim/separatim zu betrachten ist, wird nicht näher erläutert. Hier hilft das Fragment Gai. 2.199 weiter, in dem Gaius beschreibt, was unter coniunctim und disiunctim legare zu verstehen ist.5 _________________________________ 1

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 74; Wieacker, Textstufen, S. 289 ff.; Wolff, Fs. Schulz II, 145 ff.; Bretone, Servus Communis, S. 38 Fn. 63. 2 Schulz, Sabinus-Fragmente in Ulpians Sabinus-Kommentar, S. 2; Jörs in PaulyWissowa, Realencyclopädie, Art. Domitius Ulpianus, 9. Halbband, S. 1481. 3 Voci, DER I, 697–699,705, 706; Alstolfi, I libri tres iuris civilis di Sabino, S. 214 (der allerdings auch den Anschlusssatz Sabinus zuordnet); Astolfi, La lex Iulia et Papia, S. 253 mit Fn. 5; Schulz, Sabinus-Fragmente in Ulpians Sabinus-Kommentar, S. 36; a.A. Albanese, APal. 34 (1973) S. 30. Da Albanese keine Begründung dafür angibt, warum der erste Satz nicht von Sabinus, sondern von Ulpian stammen soll, ist keine Auseindersetzung mit dieser Ansicht möglich. Zur hier vorliegenden Problematik von Textstufenindikationen bereits innerhalb des klassischen Texts vgl. Baldus, ¿Hacia un nuevo concepto de Textstufen? Sobre unas eventuales de „escalones clásicos“ en Cervidio Escévola, in: Seminarios Complutenses de Derecho Romano 23–24, 2010–2011, S. 75–102. 4 Leumann/Hofmann/Szantyr Band 1, § 241 (S. 669). 5 Voci, DER I, S. 651.

I. Die coniunctio von Sabinus bis Ulpian

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…Coniunctim autem ita legatur T ITIO ET SEIO HOMINEM STICHUM DO LEGO; disiunctim ita LUCIO TITIO HOMINEM STICHUM DO LEGO. SEIO EUNDEM HOMINEM DO LEGO. Da Gaius ein Anhänger von Sabinus war, ist davon auszugehen, dass er in Gai. 2.199 die sabinianische Defintion von coniunctim legare wiedergibt.6 Coniunctim ist nach Gaius/Sabinus demnach so zu verstehen, dass die Vermächtnisnehmer in einem Satz durch die kopulative Konjunktion et7 verbunden zu demselben Gegenstand berufen sind. Disiunctim bedeutet, dass die Vermächtnisnehmer in unterschiedlichen Sätzen zu demselben Gegenstand berufen sind.8 Coniunctim bezeichnet also eine sprachliche Verbindung der Vermächtnisnehmer im Testamentswortlaut über die Konjunktion „et“ sowie eine „sachliche“ Verbindung über das Vermächtnis desselben Gegenstandes. Diese beiden Verbindungsformen müssen, wie die Definition von disiunctim zeigt, kumulativ vorliegen, damit von coniunctim legare gesprochen werden kann.9 Ist den Legataren zwar derselbe Gegenstand vermacht, dies aber in unterschiedlichen Sätzen, liegt keine coniunctio vor.10 Dass coniunctim auch in Vat. 75 so zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Fragment Vat. 77, das in D. 7.2.1.3 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum) ebenfalls parallel überliefert ist: Interdum tamen etsi non sint coniuncti, tamen usus fructus legatus alteri adcrescit, ut puta si mihi fundi usus fructus separatim totius et tibi similiter fuerit usus fructus relictus; nam ut Celsus libro XVIII digestorum et Iulianus libro XXXV scribunt, concursu partes habemus. Quod et in proprietate contingeret; nam altero repudiante alter totum fundum haberet. … _________________________________ 6

Voci, DER I, S. 651. Die Bezeichnung „kopulative Konjunktion“ entspricht der zur Zeit der klassischen Juristen üblichen Bezeichnung für anreihende Bindewörter wie et, -que etc. (vgl. unten Kapitel 5) und findet sich auch in den „traditionellen“ Grammatiken wie KühnerStegmann (Band 2, Ziff. 3–50), Leumann/Hofmann/Szantyr Band 2, S. 469 ff. (die allerdings synonym auch von „kopulativen Partikeln“ sprechen) und Rubenbauer/Hofmann, § 224 a (S. 258, 259). Auf die Verwendung der zeitgenössischen linguistischen Begriffe wird daher bewusst verzichtet (zur Unterscheidung zwischen Konnektoren, Koordinatoren und Subordinatoren vgl. etwa Harm Pinkster, Lateinische Syntax und Semantik [Aus d. Niederl. von Friedrich Heberlein u. Thomas Lambertz, Tübingen, 1988]; zu Diskurspartikeln Carolina Kroon, Discourse particles in Latin. A study of “nam”, “enim”, “autem”, “vero” and “at”, Amsterdam 1994. 8 Lohsse, Ius Adcrescendi, S.6. 9 So auch Voci, DER I, S. 652. 10 Der Fall, dass den Mitvermächtnisnehmern im selben Satz unterschiedliche Gegenstände vermacht werden, wird nicht behandelt. Dass diese Form der Einsetzung keine coniunctio darstellen kann, wird jedoch dadurch, dass durch die Beispiele das Erfordernis der Kumulation deutlich gemacht wird, stillschweigend vorausgesetzt, vgl. Voci, DER I, S. 699. 7

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

Vindius tamen dum consulit Iulianum, in ea opinione est, ut putet non alias ius adcrescendi esse quam in coniunctis; qui responso ait: nihil refert coniunctim an separatim relinquatur. Manchmal wächst ein vermachter Nießbrauch jedoch auch dann den anderen an, wenn sie nicht coniunctim bedacht sind, so zum Beispiel, wenn mir und getrennt davon dir gleichermaßen der Nießbrauch an einem gesamtem Grundstück hinterlassen ist; denn wir haben, wie Celsus im 18. Buch seiner Digesten und Julian im 35. Buch schreiben, durch unser Zusammentreffen Teile. Dies würde auch beim Eigentum eintreten; denn wenn der eine ausschlüge, würde der andere das ganze Grundstück erhalten. … Vindius jedoch war, als er Julian nach seiner Meinung befragte, der Ansicht, dass das Anwachsungsrecht nur unter coniunctim Bedachten Anwendung finden könne; Dieser [Julian] hat darauf geantwortet: Es macht keinen Unterschied, ob [der Nießbrauch] coniunctim oder separatim hinterlassen ist. Am Anfang von Vat. 77 nimmt Ulpian auf Vat. 75.1 Bezug11 und bringt dort das Beispiel, dass zwei Personen der Nießbrauch jeweils am gesamten Grundstück separatim12 vermacht ist. Was separatim bedeutet, wird wieder nicht erläutert, aus dem Beispiel ergibt sich aber, dass das Fehlen der coniunctio nur auf die fehlende wörtliche Verbindung zurückgeführt werden kann, da eine sachliche Verbindung über den Nießbrauch am gesamten Grundstück vorliegt. Hieraus kann der Rückschluss gezogen werden, dass eine coniunctio für Ulpian nur dann vorliegt, wenn wörtliche und sachliche Verbindung kumulativ zusammentreffen. 3. Widersprüche Bei der oberflächlichen Lektüre von Gai. 2.199 und Vat. 77 fällt jedoch sofort auf, dass die Fragmente zwar Aufschluss darüber geben, welche Bedeutung Sabinus, Gaius und Ulpian den Begriffen coniunctio, coniunctim, disiunctim und separatim zugeordnet haben, sie scheinen aber insoweit zu Vat. 75.1 in Widerspruch zu stehen, als nach ihnen Anwachsung auch dann stattfinden können soll, wenn der Nießbrauch separatim/disiunctim vermacht ist. Vat. 77 enthält nämlich die Aussage, dass ein Nießbrauch auch dann den anderen Vermächtnisnehmern anwachsen könne, wenn diese nicht coniunctim bedacht seien. Nach Gai. 2.199 findet bei der Hinterlassung desselben Gegenstandes durch Vindikationslegat immer Anwachsung statt, gleichgültig, ob coniunctim oder separatim vermacht wurde.

_________________________________ 11

Voci, DER I, S. 652. Separatim ist der zweite Gegenbegriff neben disiunctim zu coniunctim, vgl. auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 42; Staffhorst, S. 176. 12

I. Die coniunctio von Sabinus bis Ulpian

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Dieser Widerspruch wurde in der römischrechtlichen Literatur bereits vielfach erörtert.13 Im Einzelnen wurde er wie folgt erklärt: a) Unterschiedliche Bedeutungen Wolff14 hat im Anschluss an die pandektistische Literatur den Widerspruch damit erklärt, dass coniunctim in Vat. 75.1 Satz 1 im Gegensatz zu Gai. 2.199 nicht das kumulative Vorliegen einer wörtlichen und sachlichen Verbindung meine, sondern als Gegensatz zu separatim in Vat. 75.1 Satz 2 fungiere und sich auf den Fall beziehe, dass den Legataren der Nießbrauch am selben ganzen Grundstück statt nur jeweils an einem Teil desselben vermacht sei, während die Aussage von Julian am Ende von Vat. 77 sich auf die coniunctio im Sinne von Gai. 2.199 beziehe. Mit coniunctio sei in Vat. 75.1 nur die sachliche Verbindung gemeint. Gegen diese Sichtweise spricht jedoch Folgendes: Zum einen ist fraglich, warum Ulpian, wenn er coniunctim und separatim in diesem Sinn verstehen würde, zusätzlich zu der Schilderung, dass der Nießbrauch an „partis rei“ hinterlassen wurde, festhält, dass das Vermächtnis separatim erfolgte, obwohl sich dies, wenn die These Wolffs stimmte, schon allein aus der Tatsache des Vermächtnisses verschiedener Teile ergeben müsste.15 Dagegen ließe sich anführen, dass Ulpian vielleicht das Begriffspaar in seinem Gegensatz darstellen und beide Begriffe ausdrücklich erwähnen wollte (partis rei also nur eine nähere Erläuterung zu separatim sein soll). Dies überzeugt jedoch nicht. Ulpian kam es offensichtlich nicht auf eine grundsätzliche Darstellung der Begrifflichkeiten an, sonst hätte er es für erforderlich gehalten, auch die Bedeutung von coniunctim näher zu erläutern, was jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht erfolgt ist. Des Weiteren muss Vat. 75.1 in Zusammenhang mit Vat. 77 gelesen werden. Wie bereits dargestellt, nimmt Ulpian am Anfang von Vat. 77 auf Vat. 75.1 Bezug und führt dort das Beispiel an, dass zwei Personen der Nießbrauch jeweils am gesamten Grundstück separatim vermacht ist. Was separatim bedeutet, wird wieder nicht erläutert, aus dem Beispiel ergibt sich aber, dass das Fehlen der coniunctio nur auf die fehlende wörtliche Verbindung zurückgeführt werden kann, da eine sachliche Verbindung vorliegt. Hieraus kann der Rückschluss gezogen werden, dass eine coniunctio für Ulpian nur dann vorliegt, wenn wörtliche und sachliche Verbindung kumulativ zusammentreffen. Wenn Wolffs These richtig wäre, _________________________________ 13

Vgl. hierzu Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 74 ff. Wolff, Zur Überlieferungsgeschichte von Ulpians Libri ad Sabinum, Fs. Schulz II, S. 147 ff.; Baron, Gesammtrechtsverhältnisse, S. 437 A.3 (§ 40); Windscheid/Kipp III, S. 636 Fn. 9 (§ 644). 15 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 75. 14

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

würde Ulpian in Vat. 75.1 und Vat. 77 coniunctim in zwei unterschiedlichen Bedeutungen benutzen. Wolffs Erklärung des Widerspruchs ruft also einen neuen Widerspruch hervor. Wolff hat nun dagegen vorgebracht, dass Vat. 75.1 und Vat. 77 „allzuweit entfernt“ voneinander stünden, als dass ein Zusammenhang zwischen den beiden Fragmenten bestehen könne, weshalb Vat. 77 keinen Rückschluss auf die Bedeutung von coniunctio in Vat. 75.1 zulasse.16 Zudem musste er aber den sich zwangsläufig durch seine Argumentation ergebenden Widerspruch bezüglich Ulpians unterschiedlicher Verwendung des Wortes coniunctio erklären. Er versuchte dies über die Streichung des Konjunktionserfordernisses und des ceterumSatzes in Vat. 75.1 (sowie von separatim und quasi solum coniunctim in Vat. 75.3)17 und las die Stelle folgendermaßen: Quotiens usus fructus legatus est, est inter fructuarios ius adcrescendi, sed ita, si sit usus fructus relictus in do lego legato.18 Am Rande dieses Paragraphen habe dann die Glosse coniunctim vermerkt (und damit die rein sachliche Verbindung gemeint) und zur weiteren Erklärung den ceterum-Satz eingefügt.19 Der nachklassische Herausgeber habe dann den ursprünglichen Text und die beiden Glosseme zu dem jetzigen Vat. 75.1 zusammengefügt.20 Diese Lesart führt jedoch zu einem erneuten Widerspruch, nämlich dem, dass es nun keinen Bezugspunkt mehr für den Satz „Interdum tamen etsi non sint coniuncti,…“ in Vat. 77 gibt, der eine vorherige Erwähnung der coniunctio voraussetzt.21 Dies erklärt Wolff damit, dass zwischen Vat. 77 und Vat. 75.1 der tatsächliche Bezugspunkt gestrichen worden sei und der Bearbeiter diese Streichung durch die Einfügung des Konjunktionserfordernisses in Vat. 75.1 wieder gut zu machen versucht habe.22 Ganz abgesehen davon, dass Wolffs Erklärung des Widerspruchs zu weiteren Widersprüchen führt, widerspricht er sich selbst, in dem er zum einen ausführt, Vat. 75.1 und Vat. 77 stünden zu weit auseinander, als dass sie übereinander Aufschluss geben könnten, andererseits jedoch meint, coniunctim sei vom Bearbeiter in Vat. 75.1 eingefügt worden, um einen Bezugspunkt für Vat. 77 zu schaffen. Gegen das Argument, dass Vat. 75.1 und Vat. 77 zu weit auseinanderstünden, spricht im Übrigen, dass Vat. 75.1 mit einer allgemeinen Erklärung beginnt. Dann folgt in Vat. 75.2–76 der Sonderfall des Vermächtnis_________________________________ 16

Wolff, S. 149. Im Anschluss an Beseler, Einzelne Stellen, SZ 46 (1926), S. 270 f.; Beseler, Textkritische Studien, SZ 53 (1933), S. 11; vgl. hierzu Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 76. 18 Wolff, FS Schulz II, S. 149. 19 Wolff, FS Schulz II, S. 149. 20 Wolff, FS Schulz II, S. 149. 21 Bretone, Servus communis, S. 42 f.; Albanese, APal. 34 (1973), S. 28 Fn. 35, 30 f.; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 75. 22 Wolff, S. 148 f.; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 76. 17

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ses an einem gemeinsamen Sklaven, der an die grundsätzliche Aussage in Vat. 75.1 anknüpft. Dass Ulpian nach Behandlung des Sonderfalls zur Grundaussage zurückkommt und diese fortführt, ist also nicht erstaunlich.23 Schließlich spricht gegen Wolffs Lesart und für eine Bezugnahme von Vat. 77 auf Vat. 75.1 der Gegensatz von „partis rei usus fructus“ in Vat. 75.1 auf der einen Seite und „fundi usus fructus …totius“ Vat. 77 auf der anderen Seite.24 Wolffs Lesart der Stelle ist also nicht geeignet, die Widersprüche zwischen Vat. 75.1 und Gai. 2.199 sowie Vat. 77 zu erklären. b) Sonderfall 1 Nach der Ansicht von Kieß25 ist das Anwachsungsrecht des Nießbrauchers streng vom Anwachsungsrecht unter Mitvermächtnisnehmern zu unterscheiden, so dass in Vat. 75.1 im Gegensatz zu Gai. 2.199 der Sonderfall der Anwachsung unter Nießbrauchern behandelt werde. Im Gegensatz zur Anwachsung unter Kollegataren finde unter Nießbrauchern nur dann Anwachsung statt, wenn derselbe Nießbrauch durch Vindikationslegat mehreren Legataren coniunctim vermacht sei, wobei die Möglichkeit der Anwachsung erst dann entstehe, wenn zunächst alle im Testament Bedachten den Nießbrauch erworben haben, dann aber einer der Legatare seinen Anteil wieder verliere. Dagegen spricht zum einen schon der Beginn von Vat. 75.1 mit quotiens, das üblicher Weise eine grundsätzliche Aussage ankündigt, und für die Einführung eines Sonderfalles sprachlich nicht geeignet ist.26 Zum anderen nimmt Vat. 77, wie eben dargelegt, auf Vat. 75.1 Bezug, stellt Eigentums- und Nießbrauchsverhältnisse in der Passage quod et in proprietate contingeret ausdrücklich gleich und beschäftigt sich dann erst mit dem von Kieß gemeinten Sonderfall.27 Vat. 75.1 kann also keinen Sonderfall behandeln, sondern trifft eine grundsätzliche Aussage, die in Vat. 77 wieder aufgenommen und fortgeführt wird. c) Sonderfall 2 Robbes28 Erklärung des Widerspruchs hängt eng mit der Frage zusammen, ob eine coniunctio vorliegt und Anwachsung stattfinden kann, wenn der Erblasser den Mitvermächtnisnehmern nicht den gesamten Gegenstand _________________________________ 23

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 76. Voci, DER I, S. 752; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 76. 25 Die confusio im klassischen römischen Recht, S. 25 Fn. 53. 26 Lohsse, S. 74 Fn. 222. 27 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 74 Fn. 222. 28 Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 383 ff., 411 ff., 416. 24

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vermacht, sondern ihn ausdrücklich unter ihnen aufgeteilt hat, z.B. wie in D. 32.89 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam): Titio et Seio fundum aequis partibus do lego. Zur Beantwortung dieser Frage wird in der Literatur sehr häufig das folgende Fragment herangezogen: D. 7.2.11 (Papinianus libro secundo definitionum) Cum singulis ab heredibus singulis eiusdem rei fructus legatur, fructuarii separati videntur non minus, quam si aequis portionibus duobus eiusdem rei fructus legatus fuisset: unde fit, ut inter eos ius adcrescendi non sit. Wenn Einzelnen jeweils zu Lasten je eines Erben der Nießbrauch an derselben Sache vermacht ist, werden die Nießbraucher nicht weniger als separati angesehen, wie wenn zweien zu gleichen Teilen der Nießbrauch an derselben Sache vermacht ist; woraus sich ergibt, dass zwischen ihnen kein Anwachsungsrecht besteht. Hier ist nur der zweite, von Papinian zum Vergleich herangezogene29 Fall relevant: Vindikationslegatare sind als separatim bedacht anzusehen, so dass keine Anwachsung stattfinden kann, wenn ihnen zu gleichen Teilen der Nießbrauch an derselben Sache vermacht wurde. Dass es sich hier um Vindikationslegatare handeln muss, ist schon deshalb unzweifelhaft, weil beim Damnationslegat, wie bereits ausgeführt, Anwachsung denklogisch unmöglich ist.30 Der Nießbrauch ist in Bruchteilsgemeinschaft vermacht, nicht etwa an (ideellen) Teilen der Sache, da fructus das Subjekt des aequis portionibus-Satzes ist, und nicht res.31 Für Papinian scheint unzweifelhaft festzustehen, dass bei einer Aufteilung des Gegenstandes durch den Erblasser selbst keine Anwachsung stattfinden kann. Aus D. 7.2.11 wird dementsprechend in der Literatur überwiegend gefolgert, dass Anwachsung grundsätzlich bei einer Aufteilung des vermachten Gegenstandes durch den Erblasser nicht möglich ist.32 Demgegenüber hat Robbe die Ansicht vertreten, Anwachsung könne auch stattfinden, wenn der Erblasser den vermachten Gegenstand unter den Vermächtnisnehmern aufgeteilt habe. Die einzige Ausnahme hierzu bilde das Vermächtnis des Nießbrauchs, bei dem Voraussetzung für die Anwachsung gewesen sei, dass die Legatare coniunctim bedacht worden sei_________________________________ 29

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 17. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 17 mit Fn. 46. 31 Vgl. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 17 Fn. 47. 32 So z.B. Arndts in: Glück’s Pandekten, Bd. 48, 23 f.; Voci, DER I, S. 709 Fn. 56; einschränkend Vaccaro Delogu, S. 71 ff.; vgl. hierzu auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 17. 30

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en. Dies ergebe sich aus Vat. 75.1. Der erste Satz sei in diesem Sinn zu verstehen und werde durch den ceterum-Satz weitergeführt und ausdrücklich erläutert. Gai. 2.199 enthalte demgegenüber die generelle Aussage, dass Anwachsung beim Vindikationslegat grundsätzlich (also auch bei Aufteilung des Gegenstandes durch den Erblasser) möglich sei, egal ob coniunctim oder disiunctim vermacht sei.33 Ein Widerspruch zu Vat. 75.1 ergibt sich hieraus für Robbe nicht, da seiner Meinung nach in Gai. 2.199 eine Grundaussage und in Vat. 75.1 ein Sonderfall behandelt wird. Die These Robbes kann aber aus verschiedenen Gründen nicht überzeugen: Aus Gai. 2.199 ergibt sich zum einen nicht ohne weiteres, dass auch bei einer Teilbestimmung durch den Erblasser Anwachsung möglich sein soll.34 Nur weil Gaius nicht ausdrücklich das Fehlen einer Aufteilung zur Voraussetzung der Anwachsung macht, kann man nicht zwingend annehmen, dass eine Aufteilung möglich ist. Eine ausführliche Behandlung dieser Problematik ist an diesem Punkt jedoch zurückzustellen und bei den Fragmenten, die sich ausdrücklich mit der Frage nach der Aufteilung beschäftigen, wieder aufzunehmen.35 Jedenfalls überzeugt Robbes Begründung nicht, da sie sich im Wortlaut von Gai. 2.199 nicht wiederfindet und nicht nachvollziehbar ist, warum der Nießbrauch bei der Aufteilung die von Robbe angenommene Sonderstellung haben sollte. Zudem führt auch Robbes Erklärung zu einem Widerspruch zu Vat. 77 (Interdum tamen etsi non sint coniuncti…) und D. 7.2.3 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum), den er nicht überzeugend auflöst, da er ihn nur über Interpolationsvermutungen zu erklären vermag, die sich durch nahezu alle relevanten Quellen ziehen.36 4. Unterschiedliche Voraussetzungen Der Widerspruch lässt sich vielmehr mit dem Inhalt des Fragments selbst erklären. Bei dem im Widerspruch zu Vat. 77 und Gai. 2.199 stehenden ersten Satz von Vat. 75.1 handelt es sich, wie bereits ausgeführt, um eine Aussage von Sabinus, die Ulpian an den Anfang seiner Erörterungen gestellt hat, um sie sodann zu kommentieren.37 Da die Aussage von Sabinus allgemeiner Natur ist, ist davon auszugehen, dass zur Zeit des Sabinus Anwachsung nur möglich war, wenn den Legataren in einem Satz durch _________________________________ 33

Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 383 ff. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 17. 35 Cels. D. 32.80; Jav. D. 31.41.pr (vgl. hierzu unten unter IV. S. 46 ff.). 36 Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 384, 448 f.; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 76 Fn. 232. 37 Vgl. die Ausführungen zu Vat. 75.1, S. 13 ff. 34

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

die kopulative Konjunktion et38 verbunden derselbe Gegenstand vermacht war. Um die Verfügungsformen, bei denen eine Anwachsung möglich war (Zuwendung derselben Sache, Verbindung der Legatare mit der kopulativen Konjunktion et), kurz zu umschreiben, verwendete man das Wort coniunctio. Hierbei könnten die römischen Juristen den Begriff aus der Grammatik, Rhetorik oder Philosophie entlehnt haben, da er (zumindest teilweise) eine sprachliche Verbindung zweier Satzteile umschreibt. Dies kann aber erst nach Abschluss der exegetischen Untersuchung aller hier zu behandelnden Fragmente untersucht werden. Auch noch Vindius39 war der Ansicht, dass Anwachsung nur unter coniunctim Bedachten möglich sei, vgl. Vat. 77. Diese Ansicht hat sich dann, wie sich aus Vat. 77 a.E. ergibt, im Lauf der Zeit geändert. Julian ist in der dortigen Darstellung zeitlich der erste, der es, sofern eine sachliche Verbindung besteht, für unerheblich hält, ob die zweite Voraussetzung für die coniunctio, die wörtliche Verbindung, vorliegt.40 Zur Zeit von Gaius hat sich diese Lehre, wie dem Wortlaut von 2.199 (constat) zu entnehmen ist, durchgesetzt und Ulpian bestätigt dies am Anfang von Vat. 77. Der Widerspruch von Vat. 75.1 zu Vat. 77 sowie Gai. 2.199 ist mithin mit dem Wandel der für die Anwachsung verlangten Voraussetzungen zu erklären.41 Allerdings begannen mit der neuen Lehre die terminologischen Schwierigkeiten bei der coniunctio. Nach der von Gaius, Ulpian und Julian im Anschluss an Sabinus verwendeten Terminologie liegt, wenn keine wörtliche, aber eine sachliche Verbindung gegeben ist, keine coniunctio vor, es kann aber dennoch Anwachsung stattfinden. Wir werden im Folgenden sehen, dass diese Terminologie nicht von allen römischen Juristen verwendet wurde.

_________________________________ 38

Wie noch zu zeigen sein wird, wurden später neben et auch andere Konjunktionsformen wie cum oder das Asyndeton akzeptiert; vgl. hierzu auch Voci, DER I, 632. 39 M. Vindius Verus, Konsul 138 n.Chr. und Konsiliar von Antoninus Pius; vgl. Liebs in: HLL 4 § 415.1; Kunkel, Die römischen Juristen, S. 167 f.; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 49 A. 135 m.w.N. 40 Daher wird u.a. von Robbe, Il diritto di accrescimento, 381 ff.; Wieacker, St. Arangio-Ruiz IV, S. 241 ff.; Textstufen klass. Juristen, 289 ff. und Kaser, RP I, S. 753 aus Vat. 77 gefolgert, dass Julian eine neue Lehre zur Anwachsung begründet habe. Allerdings hat auch Javolen sich schon mit dieser Frage beschäftigt, jedoch nicht ausdrücklich in Bezug auf die coniunctio, vgl. S. 60 unter cc). 41 Lohsse, Ius Adcrescendi, S.77, 78; Wieacker, Textstufen, S. 290; Ders. St. ArangioRuiz IV, S. 245 f.; Wesener, SZ 81 (1964), S. 104; Voci, DER I, S. 652; Kaser, RP I, S. 753; Giaro, S. 102 f. (allerdings beschränkt auf das Nießbrauchsvermächtnis).

II. Die coniunctio bei Javolen

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II. Die coniunctio bei Javolen42 II. Die coniunctio bei Javolen

D. 28.5.64 (63) (Iavolenus libro primo ex Cassio) Heredes sine partibus utrum coniunctim an separatim scribantur, hoc interest, quod, si quis ex coniunctis decessit, non ad omnes, sed ad reliquos qui coniuncti erant pertinent, sin autem separatis, ad omnes, qui testamento eodem scripti sunt heredes, portio eius pertinent. Ob Erben ohne Teile coniunctim oder separatim eingesetzt werden, macht den Unterschied, dass, wenn einer von den coniunctim Eingesetzten gestorben ist, [sein Anteil] nicht allen, sondern bloß den übrigen mit ihm coniunctim [Eingesetzten] zukommt. Starb aber einer von den separatim [Eingesetzten], kommt sein Anteil allen in demselben Testament eingesetzten Erben zugute. 1. Sachverhalt Dieses Fragment Javolens betrifft die schon erwähnte Bevorzugung coniunctim eingesetzter Erben bei der Anwachsung. Die coniunctio spielt hier – im Gegensatz zu den Legaten – von Anfang an keine Rolle bei der Frage, ob Anwachsung stattfinden kann, sondern nur bei der Frage, bei wem bevorzugt Anwachsung stattfindet. Was unter coniunctim und disiunctim zu verstehen ist, wird wieder nicht erläutert. Es ergibt sich jedoch mittelbar aus dem Sachverhalt des Fragments selbst: Mehrere Erben sind, ohne dass eine Aufteilung der Erbschaft unter ihnen vom Erblasser angeordnet ist, auf die ganze Erbschaft eingesetzt. Eine sachliche Verbindung liegt also vor. Eine zusätzliche Verbindung ist nur noch durch den Testamentswortlaut möglich. Die Bevorzugung bei der Anwachsung hängt also von einer zusätzlichen Verbindung durch den Wortlaut ab. Javolen benutzt die Begriffe mithin in derselben Bedeutung wie Sabinus/Gaius/Ulpian. Von einer coniunctio kann nur gesprochen werden, wenn kumulativ sachliche und wörtliche Verbindung vorliegen. Fehlt die wörtliche Verbindung, wird von separatim gesprochen. Die von Javolen in den Blick genommenen Einsetzungen könnten also folgendermaßen aussehen:43 _________________________________ 42 In Jav. D. 31.10 geht es um die Verbindung von Grundstücken, weshalb dieses Fragment hier nicht untersucht wird. 43 Beispiele aus Voci, DER I, 1. Aufl., S. 638. Die von Manthe für D. 28.5.64 (63) in „Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus“ (Berlin 1982) gewählten Beispiele sehen die ausdrückliche Einsetzung des P ex semisse vor. Dies ist dem Wortlaut des Fragments nicht zu entnehmen. Heredes sine partibus ist der disjunktiven Aufzählung utrum ... an (vgl. Leumann/Hofmann/Szantyr, Band 2, S. 465) vorangestellt, so dass die fehlende Aufteilung sowohl für die coniunctim als auch für die separatim eingesetzten Erben gel-

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

Disiunctio: Primus heres esto, Secundus heres esto, Tertius heres esto (disiunctio sine partibus). Da der Erblasser P, S und T ohne Bezeichnung von Bruchteilen eingesetzt hat, erhalten sie jeweils 1/3, wenn alle die Erbschaft antreten. Fällt einer von ihnen aus, wächst sein Drittel nach der Lösung von Javolen den anderen je zur Hälfte an, so dass jeder insgesamt ½ erbt. Eine Bevorzugung eines der Erben bei der Anwachsung findet nicht statt. Coniunctio: Primus heres esto, Secundus et Tertius heredes sunto (coniunctio sine partibus). Hier hat nun der Erblasser S und T ohne Angabe eines Bruchteils zusammengefasst und dem P gegenübergestellt. Zunächst ist fraglich, ob P, S und T weiterhin je 1/3 bekommen sollen oder ob durch die mit der coniunctio von S und T automatisch verbundenen Gegenüberstellung des P vielleicht eine andere Verteilung der Erbschaft im Falle des Zusammentreffens aller Erben stattfindet. Diese Frage beantwortet D. 28.5.60 (59).2 (Celsus libro sexto decimo digestorum): „Titius heres esto: Seius et Maevius heredes sunto.“ verum est quod Proculo placet duos semisses esse, quorum alter coniunctim duobus datur. Titius soll Erbe sein; Seius und Maevius sollen Erben sein. Es ist wahr, was Proculus annahm, nämlich, dass hier zwei Hälften gemacht werden, wovon die eine den zwei coniunctim Eingesetzten gegeben wird. Treten alle die Erbschaft an, bekommt M demnach 1/2 und S und M erwerben je 1/4. Nach Javolen (und auch Celsus/Proculus, vgl. D. 28.5.60 (59).3) findet nun unter S und M bevorzugte Anwachsung statt, wenn einer von ihnen wegfällt. Die Bevorzugung bei der Anwachsung resultiert daraus, dass sich aus dem Wortlaut der Verfügung (coniunctio von S und M durch et) ergibt, dass der Erblasser S und M gemeinsam auf eine Hälfte, also eigentlich auf ein „Mehr“ einsetzen wollte, das nur im Falle ihres Zusammentreffens beschränkt werden soll.44 Dementsprechend ist ihnen gegenüber den übrigen _________________________________

ten muss. Für die hier im Anschluss an Voci in: DER I, 1. Auflage, S. 638 gewählten Beispiele spricht der Wortlaut von Proc.-Cels. D. 28.5.60.2. 44 Vgl. D. 28.5.60.(59)2; Lohsse, Ius Adcrescendi, nennt dies eine „engere Teilbildung“ unter S und T, die freilich nicht ausdrücklich stattfindet, in D. 28.5.64 heißt es ja ausdrücklich: Heredes sine partibus utrum coniunctim an separatim scribantur… Im Unterschied zum Vermächtnisrecht bestünde aber auch bei einer ausdrücklichen Teilbe-

II. Die coniunctio bei Javolen

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Testamentserben (und natürlich auch vor den Intestaterben) bei der Anwachsung der Vorrang einzuräumen.45 2. Verhältnis zu D. 28.5.17.1(Ulpianus 7 ad Sabinum) Iav. D. 28.5.64 wird häufig im Gegensatz zu Ulp. D. 28.5.17.1 gelesen. Unde idem tractat, si duos ex undecim, duos sine parte scripsit, mox unus ex his, qui sine parte fuerunt, repudiaverit, utrum omnibus semuncia an ad solum sine parte scriptum pertineat: et variat. Sed Servius omnibus adcrescere ait, quam sententiam veriorem puto: nam quantum ad ius adcrescendi non sunt coniuncti, qui sine parte instituuntur: quod et Celsus libro sexto decimo digestorum probat. Hierdurch [veranlasst] behandelt er, wenn [der Erblasser] zwei Erben zu elf [Unzen], zwei aber ohne einen Teil einsetzte, ob nun, wenn einer von den ohne einen Teil Eingesetzten, [die Erbschaft] ausschlug, allen die halbe Unze zukomme, oder bloß dem, der ohne einen Teil eingesetzt wurde? Es ist unentschieden. Aber Servius sagt, [diese halbe Unze] wachse allen zu. Diese Meinung halte ich auch für die richtigere. Denn in Bezug auf das Anwachsungsrecht sind die nicht coniuncti, die ohne Teil eingesetzt wurden. Dies billigt auch Celsus im 16. Buch der Digesten. a) Sachverhalt Die Stelle behandelt den Sachverhalt, dass zwei Miterben, A und B, auf 11/12, zwei weitere, C und D, ohne Quote eingesetzt sind. Nach der in D. 28.5.17.pr enthaltenen Regel gelten C und D auf den Rest, 1/12, eingesetzt. Wenn alle die Erbschaft antreten würden, würden A und B also je 11/24, C und D jeweils 1/24 erwerben.46 Ulpian stellt nun die Frage, ob unter C und D (wie in Iav. D. 28.5.64) bevorzugte Anwachsung stattfinden soll. Nach Ulpian ist die Lösung streitig: et variat. Er nennt allerdings nicht die Namen der Juristen, die anderer Ansicht sind und folgt Servius, der Anwachsung an alle Erbteile annimmt. Am Ende des Fragments bezieht er sich noch auf Celsus und führt aus, dieser billige dieses Ergebnis im 16. Buch der Digesten. _________________________________

stimmung durch den Erblasser wegen des nemo pro parte-Grundsatzes kein Anwachsungsausschluss, allerdings könnte hier eine bevorzugte Anwachsung auch nur bei der Einsetzung mehrerer Erben auf denselben Erbteil stattfinden, vgl. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 55. 45 Voci, DER I, S. 689; Zimmermann, SZ 101 (1984), S. 234; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 54. 46 Vgl. hierzu Manthe, Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus, Berlin 1982, S. 192; Voci, DER I, S. 636.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

b) Widerspruch zu D. 28.5.64? Ein Widerspruch zu D. 28.5.64 wurde nun in der römischrechtlichen Literatur angenommen, da man davon ausging, dass die von Javolen und Ulpian in den Blick genommenen Verfügungen vergleichbar seien und folgendermaßen aussähen:47 Iavolen: A ex semisse heres esto; B et C heredes sunto. Ulpian: A et B ex deunce heredes sunto, C et D heredes sunto.48 Dieser Vergleich beruht jedoch auf einer Grundannahme, die sich nicht im Wortlaut der Quellen wiederfindet und deshalb falsch ist: Die den Widerspruch Annehmenden setzen voraus, dass beide Fragmente sich mit dem Fall beschäftigen, dass zunächst eine Bruchteilseinsetzung (A ex semisse bzw. A et B ex deunce) stattgefunden hat, ohne dass die ganze Erbschaft erschöpft wurde und dann zwei weitere Erben ohne Teilbestimmung eingesetzt werden. Dies mag zwar für D. 28.5.17.1 zutreffen, dem Wortlaut von D. 28.5.64 ist jedoch eindeutig zu entnehmen, dass alle Miterben ohne Teilbestimmung eingesetzt wurden. Die von Javolen und Ulpian in Bezug genommenen Sachverhalte stimmen also in einem wesentlichen Punkt nicht überein, was sich gegenübergestellt wie folgt darstellen lässt: Javolen D. 28.5.64 Erbeinsetzung: A et B C Quotenbildung: A et B ½ (je ¼) C½

Ulpian D. 28.5.17.1 Erbeinsetzung: A et B 11/12 C D Quotenbildung: A et B 11/12 (je 1/24) C 1/24 D 1/24

Es ist deshalb zu untersuchen, ob dieser Unterschied den Widerspruch erklären kann: Im von Javolen gemeinten Fall sind alle Erben durch die Einsetzung auf die ganze Erbschaft sachlich verbunden, der Erblasser hat keine ausdrückliche Teilbestimmung vorgenommen und es kann bevorzugte Anwachsung _________________________________ 47 Manthe, Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus, Berlin 1982, S. 192–193; Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 341 f.; Albertario, Contributi, S. 39. 48 Manthe, Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus, Berlin 1982, S. 192.

II. Die coniunctio bei Javolen

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stattfinden, wenn eine wörtliche Verbindung hinzutritt, da dann die Voraussetzungen für eine coniunctio kumulativ vorliegen. Im von Ulpian vorausgesetzten Sachverhalt hat der Erblasser nach Ulpians Ansicht durch die Bestimmung der Bruchteile für A und B und die Einsetzung von C und D ohne Bruchteile deutlich gemacht, dass unter C und D keine engere Teilbildung und deshalb auch keine bevorzugte Anwachsung stattfinden soll.49 Dieses Ergebnis ist nicht zwingend, eine Auslegung dahingehend, dass C und D auf denselben Erbteil eingesetzt sind, wäre möglich. Dies bestätigt der Hinweis Ulpians auf andere Rechtsansichten durch „et variat“. c) Auflösung Ein Widerspruch zwischen den beiden Fragmenten existiert demnach nicht. Ob unter Miterben, die ohne Teilbestimmung eingesetzt sind, bevorzugte Anwachsung stattfinden kann, hängt vielmehr davon ab, ob die übrigen Miterben mit oder ohne Teilbestimmung eingesetzt sind. Sind die übrigen Miterben mit Teilbestimmung eingesetzt, ist nach der Ansicht Ulpians, Servius’ und wohl auch Celsus eine Gruppenbildung quantum ad ius adcrescendi nicht denkbar; sind die übrigen Miterben ohne Teilbestimmung eingesetzt, kann bevorzugte Anwachsung stattfinden.50 Die Aussage von D. 28.5.17.1, nach der Miterben ohne Teilbestimmung nicht coniuncti sein sollen, beansprucht daher keine allgemeine Bedeutung, sondern bezieht sich auf den speziellen Fall der Einsetzung von Miterben mit und ohne Teilbestimmung.51 Die Behandlung von D. 31.41.pr. (Iavolenus libro septimo epistolarum) erfolgt unten unter IV., da dieses Fragment in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit D. 32.80 (Celsus libro tricesimo quinto digestorum) steht.

_________________________________ 49

Nach Rudorff, Über die caducorum vindicatio, ZGRW 6 (1828), S. 421 f., ist der Widerspruch über das Kaduzitätsrecht zu erklären. Dies kann jedoch wegen des eindeutigen Bezuges beider Stellen zum Anwachsungsrecht nicht überzeugen. 50 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 55, 56. 51 Vgl. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 55, 56; aus diesen Gründen ist auch eine Interpolation der beiden Stellen abzulehnen.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

III. Die coniunctio bei Julian52 III. Die coniunctio bei Julian

1. D. 28.5.15.pr (Ulpianus libro septimo ad Sabinum) In D. 28.5.15.pr stellt Ulpian eine Aussage Julians zur coniunctio dar: Ulpianus libro septimo ad Sabinum Iulianus quoque libro trigesimo refert, si quis ita heredem scripserit: „Titius ex parte dimidia heres esto: Seius ex parte dimidia: ex qua parte Seium institui, ex eadem parte Sempronius heres esto“, dubitari posse, utrum in tres semisses dividere voluit hereditatem, an vero in unum semissem Seium et Sempronium coniungere: quod est verius, et ideo coniunctim eos videri institutos: sic fiet, ut Titius semissem, hi duo quadrantes ferant. Auch Julian berichtet im 30. Buch, wenn jemand so die Erben eingesetzt hat: „Titius soll zur Hälfte Erbe sein. Seius soll zur Hälfte Erbe sein; zu dem Teil, auf den ich Seius eingesetzt habe, zu demselben Teil soll auch Sempronius Erbe sein“ könne man zweifeln, ob er die Erbschaft in drei Teile aufteilen oder ob er in Wahrheit Seius und Sempronius coniunctim auf eine Hälfte einsetzen wollte. Letzteres ist richtig und deshalb werden sie für coniunctim Eingesetzte gehalten; so kommt es, daß Titius eine Hälfte, die beiden [anderen] Viertel erhalten. Julian beschreibt den Fall, dass Titius und Seius in unterschiedlichen Sätzen jeweils zur Hälfte eingesetzt sind und Sempronius in einem weiteren Satz auf denselben Teil wie Seius eingesetzt ist. Es sei nun fraglich, ob der Erblasser den Erben je ein Drittel zukommen haben lassen wolle oder ob Seius und Sempronius bzgl. einer Hälfte coniuncti seien. Julian und Ulpian entscheiden sich für Letzteres: coniunctim eos videri institutos. Diese Entscheidung widerspricht nun der bereits vorgestellten Definition der coniunctio von Gaius/Sabinus in Gai. 2.199 und auch der Vat. 77 zugrundeliegenden Vorstellung Ulpians von der coniunctio. Danach sind Legatare nur dann coniunctim bedacht, wenn sie in einem Satz, durch die Konjunktion et verbunden auf denselben Gegenstand eingesetzt sind. Bei diesem Verständnis der coniunctio dürften Seius und Sempronius im von Julian behandelten Fall keine coniuncti sein, da nur eine der Voraussetzungen, nämlich die sachliche Verbindung über die Einsetzung auf denselben Erbteil, vorliegt. Trotzdem nehmen Julian und Ulpian eine coniunctio an, da Seius und Sempronius in eundem semissem eingesetzt sind.53 _________________________________ 52 Nicht behandelt werden hier folgende Fragmente, die keinen Aufschluss über Julians Verständnis der coniunctio geben: D. 37.11.8 (mündliche Substitution bei einem schriftlichen Testament); D. 38.2.20.2 und 3 (Berechnung des Erbteils eines vom Freigelassenen als Erben eingesetzten Freilassers). 53 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 39.

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Dieser Widerspruch wird teilweise damit erklärt, dass die Bedeutung von coniunctio unter Miterben eine andere als unter Mitvermächtnisnehmern sei. In Bezug auf Mitvermächtnisnehmer gelte die Definition aus Gai. 2.199, bei Miterben reiche es dagegen für das Vorliegen einer coniunctio, wenn die Erben auf denselben Erbteil eingesetzt seien, also wenn eine sachliche Verbindung vorliege.54 Dieser Erklärung kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden: Aus D. 32.80 (Celsus libro trigesimo quinto digestorum) ergibt sich eindeutig, dass der coniunctio im Erb- und Vermächtnisrecht gerade keine unterschiedliche Bedeutung zugemessen wurde: Coniunctim heredes institui aut coniunctim legari hoc est: totam hereditatem et tota legata singulis data esse, partes autem concursu fieri. Coniunctim als Erben eingesetzt werden oder coniunctim vermacht zu werden bedeutet, dass Einzelnen die ganze Erbschaft oder die ganzen Vermächtnisse gegeben werden, durch ihr Zusammentreffen aber Teile entstehen. Celsus geht hier für beide Fälle von identischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer coniunctio aus.55 Es ist deshalb anzunehmen, dass coniunctio bei der Erbeinsetzung und bei den Vermächtnissen dieselbe Bedeutung hat.56 Der Widerspruch lässt sich vielmehr über den schon bei D. 7.2.1.pr. (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum) erwähnten Wandel in den Voraussetzungen der Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern erklären. Wie bereits ausgeführt, ging man dort ursprünglich davon aus, dass Anwachsung nur beim Vorliegen einer coniunctio in Form der Kumulation einer wörtlichen und einer sachlichen Verbindung gegeben sein könne. Da coniunctio, wie eben gezeigt, in Bezug auf Miterben und Mitvermächtnisnehmern gleichbedeutend verwendet wurde, galten diese Grundsätze auch für die Frage, ob bevorzugte Anwachsung unter einzelnen Erben stattfinden konnte. D. 28.5.15.pr zeigt nun, dass man sich bei der Erbeinsetzung, entsprechend zur Entwicklung im Vermächtnisrecht, im Laufe der Zeit die berechtigte Frage stellte, ob nicht auch Anwachsung stattfinden müsse, wenn die Verbindung über die Konjunktion et fehlte und die Erben in unterschied_________________________________ 54

Vangerow II, S. 319, 321 (§ 496) und S. 522 (§ 547); Sintenis, Das Practische Allgemeine Zivilrecht, S. 711; Bonfante, Corso di diritto romano, Band 6, S. 267 Fn. 1; Zimmermann, SZ 101 (1984) S. 243 ff.; weitere Nachweise bei Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 39 Fn. 104. 55 Die inhaltlichen Voraussetzungen werden hier noch nicht behandelt, um die chronologische Untersuchung einzuhalten. 56 Voci, DER I, 630 ff.; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 40.

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lichen Sätzen auf die gesamte Erbschaft oder dieselbe Quote eingesetzt waren. Da auch hier davon auszugehen war, dass die Erben an der gesamten Erbschaft an derselben Quote berechtigt sein sollten, entwickelte man die Anwachsungsregeln weiter und nahm bevorzugte Anwachsung an.57 Die Überlegung Julians „utrum in tres semisses dividere voluit hereditatem, an vero in unum semissem Seium et Sempronium coniungere“ spricht darüber hinaus dafür, dass beim Fehlen der wörtlichen Verbindung ursprünglich eine Einsetzung auf unterschiedliche Erbteile angenommen worden sein könnte, so dass die sachliche Verbindung von der wörtlichen Verbindung abhängig gewesen sein könnte. Ein etwa im Testament zum Ausdruck kommender abweichender Erblasserwille scheint nicht berücksichtigt worden zu sein. Erst zur Zeit des Julian scheint man dann eine Auslegung nach dem sonstigen Testamentsinhalt vorgenommen zu haben, um den Erblasserwillen zu ermitteln: an vero in unum semissem Seium et Sempronium coniungere (voluit). Eine Äußerung von Julian, ob dieser Fall dann als coniunctio zu bezeichnen ist, enthält das Fragment nicht. Ulpian führt jedoch aus, dass Seius und Sempronius coniunctim videri institutos. Voci hält die Passage et ideo coniunctim eos videri institutos für interpoliert: Julian und Ulpian legten lediglich korrigierend aus, nach ihrem Verständnis des Begriffs könne keine coniunctio vorliegen.58 Hiergegen spricht jedoch die Formulierung an vero in unum semissem Seium et Sempronium coniungere (voluit), die Voci ebenfalls für echt hält. Ulpian gibt hier die von Julian formulierte Fragestellung wieder, aus der sich ergibt, dass Julian bei einer rein sachlichen Verbindung das Vorliegen einer coniunctio für zumindest erörterungswürdig hält. Die daran anschließende vorsichtige Formulierung Ulpians coniunctim videri institutos ist auf die schon angesprochenen terminologischen Schwierigkeiten zurückzuführen: Das Wort coniunctio wurde seit jeher verwendet, um das kumulative Vorliegen der (bevorzugten) Anwachsungsvoraussetzungen zu bezeichnen. Dann änderte sich die Anwachsungslehre dahingehend, dass auch beim Fehlen der wörtlichen Verbindung Anwachsung stattfinden könne. Nach der ursprünglichen Definition lag in diesem Fall keine coniunctio vor, das Wort war aber auf Grund seiner vielfältigen Bedeutungen59 grundsätzlich weiterhin geeignet, den für eine (bevorzugte) Anwachsung vorausgesetzten Sachverhalt (sachliche Verbindung) zu umschreiben. Es lag also nahe, coniunctio nun auch in dem Sinn der neuen Lehre zu verwenden, wobei in videri die ursprünglich andere Bedeutung noch mitschwingt. _________________________________ 57

Voci, DER I, S. 632 ff. Voci, DER I, S. 633 f. 59 Vgl. 2. Kapitel, S. 11 f. 58

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2. Ulp. Vat. 75.2–3 und 76 Vat. 75.2–3 und 76 sind in D. 7.2.1–3 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum) parallel überliefert. Aus den bereits zu D. 7.2.1.pr genannten Gründen stützt sich die vorliegende Exegese auf Vat. 75–76. Für einen leichteren Überblick werden die Fragmente im Folgenden zunächst im Zusammenhang wiedergegeben.60 75.1 Quotiens usus fructus legatus est, est inter fructuarios ius adcrescendi, sed ita, si coniunctim sit usus fructus relictus nec nisi in do lego legato. Ceterum si separatim unicuique partis rei usus fructus sit relictus, sine dubio ius adcrescendi cessat. 75.2 Denique apud Iulianum lib. XXXV digestorum quaeritur, si communi servi usus fructus sit relictus et utrique ex dominis adquisitus sit, an altero repudiante vel amittente usum fructum alter tutum habeat. Et Iulianus quidem putat ad alteram pertinere et licet dominis usus fructus non aequis partibus, sed pro dominicis adquiratur, tamen persona ipsius, non dominorum inspecta ad alterum ex dominis pertinere non proprietati accedere… 75.3 Idem ait et si communi servo et separatim Titio usus fructus legatus sit, amissam partem usus fructus non ad Titium, sed ad solum socium pertinere debere quasi solum coniunctum. Quam sententiam neque Marcellus neque Mauricianus probant; Papinianus quoque libro XVII quaestionum ab ea recedit. Quae sententia Nerati fuerit, est libro I responsorum relatum. Sed puto esse veram Iuliani sententiam; nam quamdiu vel unus utitur, potest dici usum fructum in suo esse statu. 75.4 Pomponius ait libro VII ex Plautio, relata Iuliani sententia, quosdam esse in diversam opinionem, nec enim magis socio debere adcrescere, quam deberet ei, qui fundi habens usum fructum partem usus fructus proprietario cessit vel non utendo amisit.

_________________________________ 60

Dieser Aufbau und die jeweilige Übersetzung wurden von Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 232 ff., übernommen.

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75.5 Ego autem Iuliani sententiam non ratione adcrescendi probandam puto, sed eo, quod quamdiu servus est, cuius persona in legato spectatur, non debet perire portio. Urgetur tamen Iuliani sententia argumentis Pomponi; quamquam Sabinus responderit, ut et Celsus libro XVIII digestorum refert, eum, qui partem usus fructus in iure cessit, et amittere partem et ipso momento recipere. Quam sententiam ipse ut stolidam reprehendit; etenim esse incogitabile eandem esse causam cuique et amittendi et recipiendi. 76 Iulianus scribit, si servo communi et Titio usus fructus legetur et unus ex dominis amiserit usum fructum, non adcrescere Titio, sed soli socio, quemadmodum fieret, si duobus coniunctim et alteri separatim esset relictus. Sed qui diversam sententiam probant, quid dicerent? Utrum extraneo soli an etiam socio adcrescere? et qui Iulianum consuluit, ita consuluit, an ad utrum pertineat, quasi possit et ipsi socio adcrescere. Atquin quod quis amittit, secundum Pomponi sententiam ipsi non accredit. Der Exegese vorwegzuschicken ist, dass das Anwachsungsrecht beim Nießbrauchsvermächtnis grundsätzlich dieselben Voraussetzungen hat wie die Anwachsung bei Vermächtnissen im Allgemeinen.61 Allerdings weist das Anwachsungsrecht beim Nießbrauch einige Besonderheiten auf62, die im Folgenden aber nur insoweit beleuchtet werden, als es für die Fragestellung dieser Arbeit relevant ist. a) Zusammenfassung Ulpian legt, wie bereits ausgeführt, in Vat. 75.1 zunächst die Theorie des Sabinus der Anwachsung im Fall der coniunctio dar, kommentiert diese und geht dann in Vat. 75.2 mit denique zu dem Sonderfall der Anwachsung beim Vermächtnis eines Nießbrauchs zugunsten eines servus communis über:63 Er beginnt mit der Darstellung einer Meinung des Julian zu dem Sachverhalt, dass einem im Miteigentum zweier Herren stehenden Sklaven der Nießbrauch an einer Sache vermacht ist. Schlage einer der Miteigentümer den Nießbrauch aus oder verliere ihn auf sonstige Weise, komme der gesamte Nießbrauch dem anderen Miteigentümer zu. Zwar werde der Nießbrauch von den Eigentümern des Sklaven nicht zu gleichen Teilen, sondern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile erworben. Da es im vorlie_________________________________ 61

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 151. Vgl. hierzu statt aller Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 151 ff. 63 Vgl. hierzu auch die Überblicke bei Voci, DER I, S. 654 ff.; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 232 ff. 62

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genden Fall jedoch nicht auf die Miteigentümer, sondern auf die Person des Sklaven ankomme, falle der freigewordene Anteil dem anderen Miteigentümer zu. Sodann schildert Ulpian in Vat. 75.3 eine Variante des eben behandelten Falls, in der das Vermächtnis des Nießbrauchs nicht nur dem Sklaven zweier Herren, sondern zusätzlich separatim an Titius hinterlassen ist. Auch in diesem Fall soll beim Ausfall eines der Miteigentümer nur dem jeweils anderen der freigewordene Anteil zukommen, nicht dem Titius. Es seien quasi nur die Miteigentümer coniunctim bedacht. Dann berichtet Ulpian, dass Marcellus, Mauricianus und Papinian nicht der Ansicht des Julian gewesen seien. Zusätzlich nimmt er Bezug auf die Meinung von Neraz, führt aber nicht aus, was diese beinhaltete. Anschließend billigt Ulpian Julians Meinung, weil, solange nur einer den Nießbrauch ausübe, er sich in seinem bisherigen Zustand befinde. In Vat. 75.4 gibt Ulpian die Aussage des Pomponius, einige seien anderer Ansicht gewesen, wieder und nimmt sodann in Vat. 75.5 nochmals selbst Stellung. b) Julian/Ulpian Vat. 75.2 Denique apud Iulianum lib. XXXV digestorum quaeritur, si communi servi usus fructus sit relictus et utrique ex dominis adquisitus sit, an altero repudiante vel amittente usum fructum alter tutum habeat. Et Iulianus quidem putat ad alteram pertinere et licet dominis usus fructus non aequis partibus, sed pro dominicis adquiratur, tamen persona ipsius, non dominorum inspecta ad alterum ex dominis pertinere non proprietati accedere… Sodann wird bei Julian im 35. Buch seiner Digesten die Frage untersucht, ob, wenn einem im Miteigentum stehenden Sklaven ein Nießbrauch hinterlassen wurde und beide Miteigentümer den Nießbrauch erworben haben, bei Ausschlagung oder Verlust des Nießbrauchs durch den einen der andere den ganzen Nießbrauch hat. Und Julian nimmt an, der Nießbrauch komme dem anderen zu; obgleich der Nießbrauch von den Eigentümern des [Sklaven] nicht zu gleichen Teilen, sondern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile erworben werde, komme dennoch, da man auf die Person des Sklaven selbst und nicht auf die Miteigentümer sehe, der freigewordene Anteil dem anderen von den Miteigentümern zu, falle also nicht dem Eigentum [an der Nießbrauchssache] zu… aa) Sachverhalt Vat. 75.2 behandelt nicht nur deshalb einen Sonderfall, weil es um das Vermächtnis eines Nießbrauchs an einen servus communis geht, sondern

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weil zunächst beide Miteigentümer des Sklaven den Nießbrauch erworben haben und einer von ihnen den Nießbrauch dann wieder verliert. Diese Besonderheit ist damit zu erklären, dass beim Vermächtnis eines servus communis Anwachsung wegen Ausfalls einer der Miteigentümer vor dem dies cedens nicht denkbar ist, da der Sklave ohne weiteres für diejenigen erwirbt, die bei Erbantritt seine Eigentümer sind.64 bb) Widerspruch zu D. 31.20 (Celsus libro nono decimo digestorum) Des Weiteren steht die Entscheidung Julians in Widerspruch zu D. 31.20 (Celsus libro nono decimo digestorum) Et Proculo placebat et a patre sic accepi, quod servo communi legatum sit, si alter dominorum omitteret, alteri non adcrescere: non enim coniunctim, sed partes legatas: nam ambo si vindicarent, eam quemque legati partem habiturum, quam in servo haberet. Schon Proculus war der Ansicht, und so habe ich es auch von meinem Vater gelernt, dass dasjenige, was einem gemeinsamen Sklaven vermacht ist, wenn einer der Miteigentümer es ausschlägt, dem anderen nicht anwächst; ihnen ist nämlich nicht verbunden, sondern es sind ihnen Teile vermacht; denn wenn beide vindizieren, werden sie genau den Teil des Vermächtnisgegenstandes erhalten, den sie am Sklaven haben.65 (1) Da Julian in Vat. 75.2 nicht ausdrücklich von Anwachsung spricht, wurde dieser Widerspruch teilweise damit erklärt, dass Julians Entscheidung nichts mit den Anwachsungsregeln zu tun habe.66 Dies wird zum einen damit begründet, dass es sich bei pertinere um einen Gegenbegriff zu adcrescere handle, so dass Anwachsung nicht gemeint sein könne.67 Dies ist unzutreffend, da pertinere in den Quellen nachweislich gerade nicht in diesem technischen Sinn verwendet wird: Bspw. sagt Javolen in D. 28.5.64 (Iavolenus libro primo ex Cassio) „… si quis ex coniunctis decessit, non ad omnes, sed ad reliquos qui coniuncti erant pertinent, Gaius in 2.205 coniunctis deficientis portio … ad collegatarium pertinet“ und Ulpian in Vat. 76 an ad utrum pertineat, quasi possit et ipsi socio adcrescere. Die beiden Begriffe werden also häufig gleichbedeutend verwendet, so dass es _________________________________ 64

Vgl. hierzu Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 235–246. Die Übersetzung wurde von Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 230, übernommen. 66 Wolff, Fs. Schulz II, S. 150; Schindler, Justinians Haltung zur Klassik, S. 253 Fn. 174; Albanese, APal. 34 (1973), S. 34 ff.; Rastätter, Marcelli Notae, S. 126 f.; Liebs, Rezension zu Rastätter, Marcelli notae ad Iuliani digesta, IURA 32 (1981), S. 289; Aricò Anselmo, APal. 45.1 (1998), S. 84 f.; Ferrini, Legati, S. 678. 67 Albanese, APal. 34 (1973), 39 Fn. 45; Rastätter, Marcelli Notae, S. 126; Aricò Anselmo, APal. 45.1 (1998), S. 85. 65

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sich bei pertinere gerade nicht um den technischen Gegenbegriff zu adcrescere handelt.68 (2) Des Weiteren wird angeführt, der Grund für Julians Entscheidung liege nicht im Anwachsungsrecht, sondern in den sklavenrechtlichen Grundsätzen, da Julian ausdrücklich auf den Sklaven als eigentlich Bedachten abstelle: tamen persona eius, non dominorum inspecta ad alterum ex dominis pertinere, non proprietati accedere. Julian (und auch Ulpian) meine damit, dass der Nießbrauch ungeteilt in der Person des Sklaven fortbestehe, auch wenn ein Miteigentümer des Sklaven ausschlage oder nicht nutze. Da jedenfalls der Sklave nutze, komme es gar nicht zu dem frui non posse eines Mitnießbrauchers.69 Diese Ansicht lässt jedoch den Kontext der Entscheidung völlig außer Acht. Vat. 75.2 folgt, wie bereits ausgeführt, direkt auf Vat. 75.1, in dem grundsätzliche Aussagen zur Anwachsung gemacht werden. Vat. 75.2 beginnt mit denique, das in den römischrechtlichen Quellen verwendet wird, um den Übergang von der Regel zur Anwendung zu bezeichnen.70 Vat. 75.3 behandelt eindeutig eine Variante des Falls aus Vat. 75.2 und spricht ausdrücklich von der coniunctio, die, wie bereits ausgeführt, im Vermächtnisrecht nur anwachsungsrechtliche Fallgestaltungen betreffen kann. Warum Vat. 75.2 bei diesem Kontext plötzlich ins Sklavenrecht abschweifen und nicht die Anwachsung behandeln soll, ist nicht nachvollziehbar.71 Die Erklärung für die Entscheidung in Vat. 75.2 ist mithin im Anwachsungsrecht zu suchen.72 (3) Überwiegend wird der Widerspruch damit erklärt, Julian vertrete im zu untersuchenden Fall die Ansicht, dass die Miteigentümer durch den Sklaven als wörtlich und sachlich verbunden, also als coniuncti im „traditionellen“ Sinne, anzusehen seien und deshalb Anwachsung unter ihnen notwendig stattfinden müsse.73 Diese Erklärung überzeugt jedoch bei näherer Betrachtung nicht. Eine wörtliche Verbindung wurde, wie bereits ausgeführt, streng formal nur dann angenommen, wenn sie im Wortlaut der Verfügung über die Konjunktion et hergestellt wurde. Es ist nicht ersichtlich, warum die römischen Juristen im Fall eines servus communis plötzlich davon ab_________________________________ 68

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 247. Wolff, S. 150; Ferrini, Legati, S. 678; Wieacker, Textstufen, S. 290 f.; Albanese APal. 34 (1973), S. 35; Rastätter, Marcelli Notae, S. 126 f.; Aricò Anselmo, APal, 45.1 (1998), S. 84 f. 70 Heumann/Seckel, S. 134, s.h.v. 4; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 251. 71 So auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 251. 72 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 251. 73 Glück in: Glück’s Pandekten, Bd. 9, S. 265 f. Fn. 6; Elvers, Servitutenlehre, S. 728 A. pp; Arndts in: Glück’s Pandekten, Bd. 48, S. 145 f.; ohne Begründung für Anwachsung Kaser, Rezension zu Bretone, La nozione di usofrutto, Labeo 9 (1963), S. 371. 69

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gesehen haben sollen. Lohsse74 meint zwar in Bezug auf Vat. 75.3, wo es erneut um ein Vermächtnis an einen gemeinschaftlichen Sklaven geht, im Anschluss an Mayer, die Miteigentümer seien durch ihre Zusammenfassung durch den Sklaven als gemeinsamen Oberbegriff „ohne weiteres verbis coniuncti“ und begründet dies mit den Fragmenten D. 7.2.7 (Paulus libro tertio ad Sabinum) und D. 28.5.13.pr. (Ulpianus libro septimo ad Sabinum). Dort ist jedoch von heredibus meis und fratris mei filii Rede, es besteht also bereits eine wörtliche Verbindung über die Verwendung des Plurals. Dies ist mit dem Vermächtnis an einen servus communis nicht vergleichbar. Wenn Lohsse ausführt, in Vat. 75.3 seien die Miteigentümer „ohne weiteres“ über den gemeinschaftlichen Sklaven wörtlich verbunden, findet sich diese Aussage zudem auch nicht im Wortlaut des Fragments wieder. Julian sagt dort „quasi solum coniunctum“, geht also gerade nicht von einer „eindeutigen“ coniunctio aus. Andere Quellen, die Lohsses und Mayers Ansicht stützen würden, sind nicht ersichtlich, so dass das Vorliegen einer wörtlichen Verbindung über den servus communis abzulehnen ist. (4) Bretone meint, die Entscheidung beruhe auf einer Konstruktion Julians, die in D. 45.3.1.4 zu finden ist: Iulianus libro quinquagensimo secundo digestorum: Communis servus duorum servorum personam sustinet. Idcirco si proprius meus servus communi meo et tuo servo stipulatus fuerit, idem iuris erit in hac una conceptione verborum, quod futurum esset, si separatim duae stipulationes conceptae fuissent, altera in personam mei servi, altera in personam tui servi: neque existimare debemus partem dimidiam tantum mihi adquiri, partem nullius esse momenti, quia persona servi communis eius condicionis est, ut in eo, quod alter ex dominis potest adquirere, alter non potest, perinde habeatur, ac si eius solius esset, cui adquirendi facultatem habeat. Ein gemeinschaftlicher Sklave vertritt die Person zweier Sklaven. Deshalb wird, wenn ein mir allein gehörender Sklave einem mir und dir gemeinsam gehörenden Sklaven etwas stipulationsweise hat versprechen lassen, bezüglich dieser einen Fassung der Worte dasselbe rechtens sein, was [rechtens] sein würde, wenn getrennt voneinander zwei Stipulationen eingegangen worden wären, die eine in der Person meines Sklaven, die andere in der Person deines Sklaven. Und man darf nicht glauben, dass mir nur die Hälfte erworben werde, die [Stipulation in bezug auf die andere] Hälfte nichtig sei, weil die Person des gemeinschaftlichen Sklaven rechtlich so beschaffen ist, dass sie bezüglich dessen, was der eine von den Miteigen_________________________________ 74

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 255.

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tümern erwerben kann, der andere jedoch nicht, ebenso angesehen wird, als ob sie allein demjenigen gehörte, für den sie die Möglichkeit hat zu erwerben.75 Das Fragment behandelt den Fall, dass ein dem ego allein gehörender Sklave sich von einem Dritten etwas zugunsten eines servus communis, der im Miteigentum von ego und tu steht, versprechen lassen hat.76 Da ein Sklave nur sich, seinem Eigentümer oder einem seiner Mitsklaven etwas versprechen lassen kann77, ist die Stipulation nur insoweit wirksam, als ego aus ihr berechtigt ist, die Stipulation zugunsten von tu ist unwirksam.78 Fraglich ist nun, ob ego nur die seinem Miteigentumsanteil entsprechende Hälfte oder die gesamte Forderung aus der Stipulation zusteht. Nach Julian ist ego zum Ganzen berechtigt, da auf Grund der rechtlichen Beschaffenheit des servus communis diesem wie dem Sklaven eines Eigentümers einerseits und getrennt davon dem im Alleineigentum des anderen stehenden Sklaven stipuliert worden sei.79 Der Fall ist also so zu behandeln, als wäre zwei unterschiedlichen Sklaven als Gesamtgläubigern80 stipuliert worden. Auf die hier zu erörternde Konstellation übertragen, würde sich die Lösung Julians daraus ergeben, dass zwei Sklaven je der ganze Nießbrauch hinterlassen ist, so dass sie sich allein durch ihr Zusammentreffen beschränken und bei Ausfall eines von ihnen nach der neuen Lehre Julians, bei der keine wörtliche Verbindung erforderlich ist, notwendig Anwachsung stattfindet.81 Gegen Bretones Erklärung könnte jedoch sprechen, dass Julian im letzten Satz von Vat. 75.2 nicht nur nicht erwähnt, dass der gemeinschaftliche Sklave „wie zwei Sklaven“ zu behandeln sei, sondern zusätzlich mit „tamen persona ipsius“ nur auf die Person eines Sklaven abstellt. Bretone sieht diese Problematik zwar, hält die Aussage allerdings sowieso für ein Glossem, so dass er sich mit dieser Frage nicht näher auseinandersetzen muss.82 Der letzte Satz von Vat. 75.2 steht jedoch unter der Prämisse, dass (anders als in D. 31.20 Celsus libro nono decimo digestorum) keine Teile vermacht sind, also ohne Weiteres im Einklang sowohl mit den Anwach_________________________________ 75

Die Übersetzung wurde von Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 240, übernommen. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 241. 77 Iul. D. 45.3.1.3; Inst. 3.17.1. 78 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 241. 79 Vgl. hierzu Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 241 ff. 80 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 244; Harke, Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana, S. 97. 81 Bretone, Servus communis, S. 46 ff.; Beseler, Romanistische Studien, SZ 50 (1930), S. 74; vgl. auch Voci, DER I, S. 655 f. 82 Bretone, Servus communis, S. 46 f.; nach Wieacker, Textstufen, S. 291 gibt es für diese Interpolation keine Anhaltspunkte, meint aber ohne weitere Begründung, dass „die Aussage der Julianargumentation von Bretone in der Tat den Boden entzieht.“ 76

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sungsregeln, als auch mit D. 45.3.1.4: Der Erblasser hat für den Sklaven keine Teile bestimmt, ihm soll der gesamte Nießbrauch ungeteilt zukommen. Der Sklave soll also grundsätzlich für jeden Miteigentümer das Ganze erwerben, Teile bekommen die Miteigentümer nur dann, wenn sie im Erwerb tatsächlich zusammentreffen, so dass das Ergebnis dem Grundsatz „concursu partes fiunt“ entspricht. Hinsichtlich D. 45.3.1.4 ist zudem nicht der Satz „Communis servus duorum servorum personam sustinet.“, sondern „quia persona servi communis eius condicionis est, ut in eo, quod alter ex dominis potest adquirere, alter non potest, perinde habeatur, ac si eius solius esset, cui adquirendi facultatem habeat.“ entscheidend: Bei Ausfall eines der Miteigentümer wird der Fall so behandelt, als ob der Sklave allein dem Miteigentümer gehöre, für den das Vermächtnis noch erworben werden kann.83 (5) Aufschluss über Julians Verständnis der coniunctio gibt das Fragment nicht, es bestätigt aber wieder den bereits mehrfach angesprochenen Wandel in der Lehre bezüglich der Anwachsungsregeln. Für Julian ist eine sachliche Verbindung für die Anwachsung ausreichend, die er darin sieht, dass der ganze Nießbrauch an den Sklaven vermacht ist und erst durch das Zusammentreffen der Miteigentümer Teile entstehen würden. c) Vat. 75.3 Idem ait et si communi servo et separatim Titio usus fructus legatus sit, amissam partem usus fructus non ad Titium, sed ad solum socium pertinere debere quasi solum coniunctum. Quam sententiam neque Marcellus neque Mauricianus probant; Papinianus quoque libro XVII quaestionum ab ea recedit. Quae sententia Nerati fuerit, est libro I responsorum relatum. Sed puto esse veram Iuliani sententiam; nam quamdiu vel unus utitur, potest dici usum fructum in suo esse statu. Derselbe sagt auch, wenn einem gemeinschaftlichen Sklaven und getrennt davon dem Titius ein Nießbrauch vermacht sei, müsse der von einem der Miteigentümer verlorene Nießbrauchsanteil nicht dem Titius, sondern nur dem anderen Miteigentümer zukommen, weil gewissermaßen nur dieser [mit dem anderen] coniunctim bedacht ist. Diese Ansicht billigen weder Marcellus noch Mauricianus; auch Papinian nimmt im 17. Buch der Rechtsfragen von ihr Abstand. Was die Ansicht des Neraz war, ist im ersten Buch seiner84 Rechtsgutachten überliefert. Jedoch denke ich, dass die _________________________________ 83

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 253 f.; Mayer, Das Recht der Anwachsung, S. 117. Im 1. Buch der Responsen von Papinian werden keine anwachsungsrechtlichen Fragestellungen behandelt, Responsen von Ulpian gibt es nicht, so dass es sich um die 84

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Ansicht Julians richtig ist; denn solange auch nur einer den Nießbrauch ausübt, kann man sagen, dass er sich in seinem bisherigen Zustand befinde. Mit idem ait et si leitet Ulpian zu Vat. 75.3 über, in dem er folgenden von Julian behandelten Fall darstellt: Der Erblasser hat einem gemeinschaftlichen Sklaven und separatim davon dem Titius denselben Nießbrauch vermacht. Da eine sachliche Verbindung über den Nießbrauch nach der in Vat. 75.2 geschilderten Ansicht von Julian zwischen Titius und dem Sklaven (und damit auch den Miteigentümern) besteht, kann separatim hier nur die fehlende wörtliche Verbindung von Titius und dem servus communis meinen. Julian meint nun, in diesem Fall müsse beim Ausfall eines der Miteigentümer der frei gewordene Nießbrauchsanteil dem zweiten Miteigentümer und nicht auch noch dem Titius anwachsen, weil nur die Miteigentümer quasi coniunctim bedacht seien. Ulpian berichtet im Anschluss daran, dass Marcellus, Mauricianus85 und Papinian nicht dieser Ansicht gewesen seien, die Meinung von Neraz sei dem 1. Buch seiner Rechtsfragen zu entnehmen. Abschließend schließt sich Ulpian Julian an, da, wenn nur einer den Nießbrauch ausübe, er sich in seinem ursprünglichen Zustand befinde. (1) Für Lohsse86 ist die Erklärung der bevorzugten Anwachsung unter den Miteigentümern darüber zu erklären, dass sie „ohne weiteres verbis coniuncti“ seien (und die sachliche Verbindung wie schon ausgeführt nach Julians Ansicht über die Hinterlassung jeweils des ganzen Nießbrauchs hergestellt ist). Eine wörtliche Verbindung lässt sich jedoch, wie bereits zu Vat. 75.2 ausgeführt, entgegen der Ansicht von Lohsse, über den servus communis nicht begründen. Lohsse führt weiter aus, die wörtliche und sachliche Verbindung werde durch quasi solum coniunctim bestätigt, da diese Aussage sich nur auf die sachliche Verbindung durch den Nießbrauch, die auch zu Titius bestehe, beziehe. Nach Julian solle jedoch das Verhältnis zu Titius nicht entscheidend sein und der Fall sei so zu lösen, dass quasi nur die Miteigentümer des Sklaven sachlich verbunden seien. Diese Argumentation überzeugt nicht, da Julian, wie oben ausgeführt, separatim im Sinne von „nicht wörtlich, aber sachlich verbunden“ verwendet und er daher mit coniunctim als Gegenbegriff von separatim nur die wört_________________________________

Responsen von Neraz handeln muss (Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 233; Lenel, Palingenesie I 1, Spalte 775 Fn. 1 (zu Neraz 72). 85 Sehr wahrscheinlich hat Mauricianus notae zu den Digesten Julians verfasst, vgl. Bretone, Servus communis, S. 49; Buhl, Salvius Julianus, S. 114; Ferrini, Rezension Tanzi, La patria di Salvio Giuliano, in: Opere 2, S. 508; Lenel, Palingenesie 1, Spalte 692; Schulz, History, S. 219 Fn. 1; a.A. Karlowa, Römische Rechtsgeschichte 1, S. 711, u.a. Nachweise bei Bretone Fn. 49. 86 Ius Adcrescendi, S. 255.

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liche Verbindung meinen kann. Quasi solum coniunctum ist vielmehr so zu verstehen, dass eigentlich keine wörtliche Verbindung vorliegt, die Miteigentümer aber gewissermaßen als wörtlich verbunden angesehen werden sollen. Die Entscheidung Julians lässt sich daher nur darüber erklären, dass das allein an einen gemeinschaftlichen Sklaven hinterlassene Vermächtnis für Julian wohl gleichwertig zu einer coniunctio zweier Kollegatare gegenüber einem Dritten separatim bedachten Legatar war.87 Mit anderen Worten: Julian löst die Rechtsfolge vom Begriff coniunctio ab, der ursprünglich den Tatbestand bildete.88 (2) Demgegenüber führt Bretone89 aus, für die Entscheidung Julians gebe es kein nachvollziehbares rechtliches Motiv. Zwischen den Miteigentümern und Titius bestehe dieselbe sachliche Verbindung durch den Nießbrauch, weshalb es keinen Grund gebe, Titius von der Anwachsung auszuschließen. Diese Argumentation ist nicht von der Hand zu weisen, zumal sich allein hierauf die gegenteilige Ansicht von Marcellus, Mauricianus und Papinian beziehen kann. Diese waren nämlich mit Julian und entgegen Celsus der Ansicht, dass bei Ausfall eines der Miteigentümer eines servus communis der Fall so zu behandeln sei, als ob der Sklave allein dem Miteigentümer gehöre, für den das Vermächtnis noch erworben werden könne.90 Dementsprechend mussten auch sie von einer sachlichen Verbindung der Miteigentümer untereinander und zudem auch mit Titius ausgehen.91 Es liegt deshalb eher fern, dass, wie Lohsse92 annimmt, die Motivation für Marcellus, Mauricianus und Papinian in dem gegenteiligen Ansatz von Celsus (D. 31.2093) bestanden haben soll, nach dessen Ansicht eine sachliche Verbindung unter den Miteigentümern nicht vorliegt, da diesen _________________________________ 87

Voci, DER I, S. 655 f. Wieacker nimmt hier eine Analogie an (Textstufen S. 290 ff.), während Lohsse (S. 256) quasi nicht als Hinweis auf eine analoge Anwendung von Akkreszensregeln, sondern als Erklärung der Entscheidung unter Zuhilfenahme eines Vergleichsfalls auffasst. Feststehen dürfte jedenfalls, dass quasi vorliegend keine „analoge Klage“ bezeichnet, da das Fragment hierfür keinerlei Anhaltspunkte liefert und dass auch keine Fiktion vorliegt, da kein fehlendes Tatbestandselement als vorhanden angenommen wird (vgl. hierzu statt aller Hackl, Vom „quasi“ im römischen zum „als ob“ im modernen Recht, in: FS für Herrmann Seiler, S. 117 f.). Bei einem weiten Verständnis der Analogie (vgl. dazu Wesener, Zur Denkform des „quasi“, in der römischen Jurisprudenz, in: Studi Donatuti, Band 3, S. 1387 ff. m.w.N.) spricht jedoch viel dafür, dass Julian hier einen Analogieschluss zieht, da er den Fall eines allein an einen gemeinschaftlichen Sklaven hinterlassenen Vermächtnisses einer coniunctio zweier Kollegatare gleichsetzt. 89 Bretone, Servus communis, S. 51 f. 90 Dies ergibt sich für Marcellus aus D. 26.8.12 und für Papinian aus D. 45.3.18.pr; vgl. Bretone, Servus communis, S. 51 Fn.104. 91 Bretone, Servus communis, S. 51. 92 Ius Adcrescendi, S. 256 Fn. 697. 93 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Vat. 75.2, S. 33 ff. 88

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nur ihrem Miteigentum entsprechende Teile am Nießbrauch vermacht sind. Vielmehr lehnten sie Julians Lösung sehr wahrscheinlich deshalb ab, weil sie eine coniunctio unter den Miteigentümern durch den servus communis nicht für gegeben hielten und deshalb keinen Grund sahen, Titius von der Anwachsung auszuschließen.94 Bretone ist, trotz seiner zutreffenden Ausführungen zu Marcellus, Mauricianus und Papinian, jedoch entgegenzuhalten, dass ein Motiv des Julian für den Ausschluss des Titius von der Anwachsung aus der Quelle zu entnehmen ist. Es besteht, wie bereits unter 3.1 dargestellt, in der Gleichstellung der wörtlichen Verbindung und der Verbindung durch einen servus communis. (3) Bezüglich der Verwendung des Wortes coniunctio durch Julian ist festzuhalten, dass auch er es – wie schon zu Vat. 77 festgestellt – im „traditionellen“ Sinn von Sabinus gebraucht und für das Vorliegen der coniunctio kumulativ eine wörtliche und sachliche Verbindung für erforderlich hält. (4) Am Schluss von Vat. 75.3 stimmt Ulpian der Lösung Julians zu, da, wenn nur einer den Nießbrauch ausübe, dieser sich in seinem ursprünglichen Zustand befinde. Diese Aussage Ulpians ist in der Literatur umfangreich diskutiert95 worden, soll hier aber nur kurz erläutert werden, da sie keinen Aufschluss über die Bedeutung des Wortes coniunctio gibt. Ulpian führt zwar aus „puto esse veram Iuliani sententiam“, aus der dieser Zustimmung angeschlossenen Begründung ergibt sich jedoch, dass er Julian nur im Ergebnis zustimmt. Dass der Nießbrauch bei Wegfall eines der Eigentümer dem anderen Miteigentümer ganz zustehen soll, ergibt sich für ihn daraus, dass der Nießbrauch durch die Nutzung nur eines der Miteigentümer für den Sklaven unverändert weiterbesteht. Er hält also bevorzugte Anwachsung (und damit auch das Vorliegen einer coniunctio) für ausgeschlossen, kommt aber aus folgenden Gründen zum selben Ergebnis wie Julian: Der gesamte Nießbrauch wurde dem Sklaven allein, und nicht den Miteigentümern direkt hinterlassen. Der Wegfall eines der Miteigentümer ändert deshalb am Zustand des Nießbrauchs nichts. Der Sklave erwirbt daher den gesamten Nießbrauch, aber eben nur für den Miteigentümer, der ebenfalls erwerben kann.96 d) Vat. 75.4 Pomponius ait libro VII ex Plautio, relata Iuliani sententia, quosdam esse in diversam opinionem, nec enim magis socio debere adcrescere, quam _________________________________ 94

Bretone, Servus communis, S. 51. Wieacker, St. Arangio-Ruiz IV, S. 251; Albanese, APal. 34 (1973), S. 41 ff.; Aricò Anselmo, APal. 45.1 (1998), S. 101 A. 89, Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 257 ff. 96 Voci, DER I, S. 656; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 260. 95

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deberet ei, qui fundi habens usum fructum partem usus fructus proprietario cessit vel non utendo amisit. Pomponius sagt im 7. Buch aus Plautius, nachdem er die Ansicht Julians wiedergegeben hat, einige seien anderer Ansicht: Es dürfe nämlich ebensowenig dem Miteigentümer anwachsen, wie demjenigen anwachsen dürfe, der den Nießbrauch an einem Grundstück hat und einen Teil des Nießbrauchs dem Eigentümer zediert oder durch Nichtgebrauch verliert. In Vat. 75.4 gibt Ulpian nun wieder, was Pomponius, unter Berufung auf die Ansicht namentlich nicht genannter anderer Juristen, zur in Vat. 75.2 und 3 diskutierten Problematik meint: Dem Miteigentümer dürfe nicht anwachsen, wie auch dem nicht anwachsen dürfe, der einen Nießbrauch an einem Grundstück habe und einen Teil des Nießbrauchs dem Eigentümer zediere oder durch Nichtgebrauch verliere. Auch Pomponius geht damit davon aus, dass Anwachsung mangels coniunctio unter den Miteigentümern nicht stattfinden kann. Allerdings scheitert für ihn die Anwachsung schon an der fehlenden sachlichen Verbindung der Miteigentümer: Für ihn scheint sich der Verlust des Nießbrauchsanteils durch einen der Miteigentümer in der Person des Sklaven fortzusetzen.97 Der Wegfall eines der Miteigentümer führt also seiner Ansicht nach zu einem Teilverlust beim Sklaven, weshalb Anwachsung allein zugunsten des Titius stattfindet.98 e) Vat. 75.5 Ego autem Iuliani sententiam non ratione adcrescendi probandam puto, sed eo, quod quamdiu servus est, cuius persona in legato spectatur, non debet perire portio. Urgetur tamen Iuliani sententia argumentis Pomponi; quamquam Sabinus responderit, ut et Celsus libro XVIII digestorum refert, eum, qui partem usus fructus in iure cessit, et amittere partem et ipso momento recipere. Quam sententiam ipse ut stolidam reprehendit; etenim esse incogitabile eandem esse causam cuique et amittendi et recipiendi. Ich dagegen bin der Ansicht, dass die Meinung Julians nicht unter dem Gesichtspunkt der Anwachsung, sondern deshalb zu billigen ist, weil, solange der Sklave derjenige ist, um dessen Person es in dem Legat geht, ein Teil nicht untergehen darf. Dennoch wird die Ansicht Julians durch das Argument des Pomponius bedrängt; und dies, obwohl Sabinus gutachtlich _________________________________ 97

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 258. Vgl. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 258; Bretone, Servus communis, S. 53; Aricò Anselmo, APal. 45.1 (1998), S. 95. Zur Frage, ob die Lösung von Pomponius auf der prokulianischen Sicht des Vermächtnisses an einem gemeinschaftlichen Sklaven beruht oder nicht Bretone, Servus communis, S. 53 (dafür) und Lohsse, Ius Adcrescendi S. 259 mit Fn. 709 (dagegen). 98

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entschieden hat, wie auch Celsus im 18. Buch seiner Digesten berichtet, dass derjenige, der einen Teil des Nießbrauchs zediere, den Teil sowohl verliere als auch im selben Moment zurückerhalte. Diese Ansicht tadelt er selbst als eine törichte; es sei nämlich undenkbar, dass jemand etwas aus demselben Grunde sowohl verliere als auch zurückerhalte. Vat. 75.5 beginnt mit einer erneuten Stellungnahme Ulpians, die die Aussage am Ende von Vat. 75.3 vor dem Hintergrund der gegenteiligen Ansicht des Pomponius wie folgt näher präzisiert:99 Die Meinung Julians sei nicht unter dem Gesichtspunkt des Anwachsungsrechtes zu billigen, sondern weil der Sklave es sei, um dessen Person es in dem Legat gehe und er deshalb durch den Wegfall eines Miteigentümers keinen Teil des Nießbrauchs verlieren dürfe. Wie bereits unter Vat. 75.3 ausgeführt, stellt Ulpian also darauf ab, dass der gesamte Nießbrauch dem Sklaven allein, und nicht den Miteigentümern direkt hinterlassen wurde. Der Wegfall eines der Miteigentümer kann deshalb nach Ulpians Ansicht am Zustand des Nießbrauchs nichts ändern. Der Sklave erwirbt nach Ulpian daher immer den gesamten Nießbrauch, aber eben nur für den Miteigentümer, der ebenfalls erwerben kann.100 Anschließend gibt Ulpian jedoch zu, dass die Argumentation des Pomponius, dass der Sklave durch den Wegfall des Miteigentümers dessen Nießbrauchsanteil verliere, nicht von der Hand zu weisen sei. Zwar sei Sabinus der Meinung gewesen, dass ein Nießbrauch in iure ohne endgültigen Verlust zediert werden könne, da er im Augenblick der in iure cessio wiedergewonnen werde. Hiergegen wendet sich jedoch Celsus, da es undenkbar sei, etwas aus demselben Grund zu verlieren und zurückzuerhalten – mit anderen Worten: ein und derselbe Rechtsakt kann keine gegenteiligen Rechtsfolgen auslösen.101 Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass die Kritik des Pomponius an Julian nach Ulpians Ansicht deshalb begründet ist, da man, wenn man annimmt, dass der Sklave durch Ausfall eines Miteigentümers den Nießbrauch in Höhe dessen Miteigentumsanteils zunächst verliert, rechtlich begründen muss, wie er ihn wieder gewinnen soll. Mit einer Anwachsung kann dieser Gewinn auch nach der _________________________________ 99 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 261; a.A. Wieacker, St. Arangio-Ruiz IV, S. 251, dagegen bereits ausführlich Aricò Anselmo, APal. 45.1 (1998), S. 101 Fn. 89. 100 Voci, DER I, S. 656. Zur damit zusammenhängenden Frage, inwieweit es für den Fortbestand eines Nießbrauchs, der vom Sklaven bereits für den Eigentümer erworben wurde, noch auf die Person des Sklaven ankommt Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 260; Bretone, Servus communis, S. 54 mit Fn. 113, Grosso, Usufrutto, S. 352. 101 Harke, Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana, S. 25 f. mit Fn. 17. Hierzu ausführlich auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 261 Fn. 717 u. 718. In der hiesigen Untersuchung soll dieser Spezialfall nicht näher behandelt werden, da er mit der Fragestellung dieser Arbeit nichts zu tun hat.

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Ansicht Ulpians nicht begründet werden. Ulpian erklärt im Anschluss daran nicht, warum seine eigene Lösung richtig sein soll. Dies ergibt sich jedoch mittelbar aus seiner Argumentation am Ende von Vat. 75.3: Nach seiner Konstruktion kommt es zu keinem Teilverlust beim Sklaven, weil er, gleichgültig wie viele seiner Miteigentümer den Nießbrauch erwerben können, den Nießbrauch für die, die erwerben können, immer voll erwirbt, da er ihm ja auch voll vermacht ist. Der Ausfall eines der Miteigentümer hat mithin gerade keinen Einfluss auf den Nießbrauch und kann nicht zu einem Teilverlust beim Sklaven führen.102 f) Vat. 76 Iulianus scribit, si servo communi et Titio usus fructus legetur et unus ex dominis amiserit usum fructum, non adcrescere Titio, sed soli socio, quemadmodum fieret, si duobus coniunctim et alteri separatim esset relictus. Sed qui diversam sententiam probant, quid dicerent? Utrum extraneo soli an etiam socio adcrescere? et qui Iulianum consuluit, ita consuluit, an ad utrum pertineat, quasi possit et ipsi socio adcrescere. Atquin quod quis amittit, secundum Pomponi sententiam ipsi non accredit. Julian schreibt, dass, wenn einem gemeinschaftlichen Sklaven und dem Titius ein Nießbrauch vermacht wird und einer von den Miteigentümern den Nießbrauch verloren hat, dieser nicht dem Titius, sondern allein dem Miteigentümer anwachse, wie es auch geschehe, wenn der Nießbrauch zweien gemeinsam und einem anderen getrennt davon hinterlassen worden wäre. Was aber sagen diejenigen, die eine andere Ansicht befürworten? [Sagen sie] dass dem getrennt Bedachten allein oder auch dem Miteigentümer anwachse? Wer Julian nach seiner Meinung gefragt hat, hat ihm die Frage so gestellt, ob beiden anwachse, so also, als ob auch dem Miteigentümer selbst anwachsen könne. Aber was jemand verliert, kommt ihm nach der Ansicht des Pomponius nicht zugute. (1) In Vat. 76 wird nochmals ein von Julian behandelter Fall103 vorgestellt, der auf den ersten Blick mit dem Fall aus Vat. 75.3 identisch ist: Ein Nießbrauch ist einem servus communis und dem Titius vermacht. Wegen dieser vermeintlichen Wiederholung wurde das Fragment vielfach als unecht an-

_________________________________ 102

Anders Lohsse S. 262, 266 der annimmt, dass auch nach Ulpians Lösung zunächst ein Teilverlust beim Sklaven eintrete. Dass Ulpian einen Teilverlust aber gerade nicht annimmt, ist Ulpians Aussage am Ende von Vat. 75.3 zu entnehmen: „nam quamdiu vel unus utitur, potest dici usum fructum in suo esse statu.“ 103 Bund, Untersuchungen zur Methode Julians, S. 191 f.; Wieacker, Textstufen, S. 292 Fn. 78, 293.

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gesehen.104 Allerdings besteht ein bedeutender Unterschied zwischen dem in Vat. 75.3 geschilderten Fall und Vat. 76: Im Unterschied zu Vat. 75.3 sind der gemeinschaftliche Sklave und Titius in Vat. 76 wörtlich über die Konjunktion et verbunden, so dass nach dem traditionellen Verständnis eine coniunctio vorliegt.105 Lohsse106 ist nun der Ansicht, dass dies die Bedenken bezüglich der Echtheit der Stelle nicht beiseite räumen könne. Julian entscheide ja, dass auch im Fall von Vat. 76 bevorzugte Anwachsung unter den Miteigentümern stattfinden solle, wie es auch geschähe, wenn der Nießbrauch zweien coniunctim und einem separatim vermacht worden sei. Dies zeige, dass der Unterschied keinen Einfluss auf das Problem haben könne, da die Miteigentümer durch den gemeinschaftlichen Sklaven untereinander enger verbunden seien, als mit Titius. Ulpian wiederhole lediglich die schon aus Vat. 75.3 bekannte Entscheidung Julians, deren Grundlage die vorzugsweise Anwachsung unter wörtlich und sachlich Verbundenen gegenüber dem lediglich sachlich Verbundenen sei. Wie bereits zu Vat. 75.2 und 3 ausgeführt, lässt sich über den servus communis aber gerade keine wörtliche Verbindung konstruieren. Vielmehr besteht in der Fallvariante in Vat. 76 eine wörtliche Verbindung zu Titius, so dass diesem nach den Anwachsungsregeln eigentlich auch anwachsen müsste. Aus der Passage „si duobus coniunctim et alteri separatim esset relictus“ lässt sich nun entnehmen, dass Julian zu seinem Ergebnis wieder über eine Gleichstellung kommt. Wegen der besonderen Verbindung der Miteigentümer über den Sklaven entspricht der Fall Julians Ansicht nach dem Zusammentreffen der wörtlichen und sachlichen Verbindung auf der einen Seite und der bloß sachlichen Verbindung auf der anderen Seite, in dem den wörtlich und damit „mehr“ Verbundenen bevorzugt anwächst.107 Dies ist keine zwingende Lösung, wie die sich an die Entscheidung Julians anschließenden Fragen zeigen.108 Nimmt man wie Pomponius an, dass eine Anwachsung bei den Miteigentümern wegen des Teilverlusts beim Sklaven ausgeschlossen ist, kann nur Titius anwachsen (utrum extranei soli). Nimmt man wie Mauricianus, Marcellus und Papinian an, dass der Mitei-

_________________________________ 104 Beseler, Beiträge, Band 4, S. 170; Collinet, Histoire de l’école de droit de Beyrouth, S. 270 Fn. 1; vgl. hierzu Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 263 mit Fn. 719 m.w.N. 105 Arndts in: Glück’s Pandekten, Bd. 48, S.149 mit Fn. 3; Kübler, Atquin. Kritische Studien zur Interpolationenforschung, SZ 42 (1921), S. 520. 106 Lohsse, S. 263. 107 Voci, DER I, S. 656. 108 Die deswegen weder naiv, noch unsinnig sind, so aber Wieacker, Textstufen, S. 293.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

gentümer und Titius gleichsam sachlich verbunden sind, muss beiden anwachsen.109 (2) Bezüglich der Bedeutung des Wortes coniunctio lässt sich dem Fragment wieder entnehmen, dass Julian der traditionellen Sichtweise entsprechend eine coniunctio nur beim kumulativen Vorliegen einer wörtlichen und einer sachlichen Verbindung annimmt, für die Anwachsung aber eine rein sachliche Verbindung ausreichen lässt.

IV. Die coniunctio bei Celsus110 IV. Die coniunctio bei Celsus

D. 32.80 (Celsus libro trigesimo quinto digestorum) Coniunctim heredes institui aut coniunctim legari hoc est: totam hereditatem et tota legata singulis data esse, partes autem concursu fieri. Coniunctim als Erben eingesetzt werden oder coniunctim vermacht zu werden bedeutet, dass Einzelnen die ganze Erbschaft oder die ganzen Vermächtnisse gegeben werden, durch ihr Zusammentreffen aber Teile entstehen. Das schon mehrfach angesprochene Fragment aus den Digesten des Celsus soll nun näher untersucht werden. Wie bereits ausgeführt, ist es eine der wenigen Quellen, die ausdrücklich definiert, was unter dem Begriff coniunctim zu verstehen ist und dies nicht nur stillschweigend voraussetzt. Im Einzelnen: Celsus definiert hier den Begriff coniunctim mit einem auffälligen Parallelismus von coniunctim heredes institui und coniunctim legari.111 Für beide Fälle, also sowohl für die Erbeinsetzung als auch bei Vermächtnissen, soll dieselbe Voraussetzung totam hereditatem et tota legata singulis data esse, partes autem concursu fieri gelten.112 Diese Passage wird in der Literatur überwiegend so verstanden, dass nach Ansicht von Celsus eine coniunctio als Voraussetzung für die Anwachsung nur dann vorliegt, wenn mehrere Erben bzw. Vermächtnisnehmer jeweils auf die ganze Erbschaft (oder gemeinschaftlich auf eine Quote) bzw. zu demselben ganzen Vermächtnisobjekt berufen sind und eine _________________________________ 109

Im Ergebnis identisch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 263, der aber, wie unter Vat. 75.3 dargestellt, davon ausgeht, dass den Miteigentümern Teile vermacht wurden. 110 D. 33.2.14 wird hier nicht behandelt, da die Stelle keinen Aufschluss über Celsus’ Verständnis der coniunctio gibt, sondern lediglich die bereits zu Gai. 2.205 dargestellten Grundsätze zur coniunctio bei Damnationslegaten enthält. 111 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 40. 112 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 40; Voci, DER I, S. 701.

IV. Die coniunctio bei Celsus

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Aufteilung der Erbschaft (oder Quote) bzw. des Vermächtnisobjekts nur dann stattfindet, wenn mehrere die Erbschaft antreten bzw. das Rechtsobjekt erwerben, also zusammentreffen.113 Dies scheint auf den ersten Blick wegen der Verwendung des Adjektivs totus auch nahe liegend. Des Weiteren scheint dieses Ergebnis in Einklang mit dem bereits oben kurz angesprochenen Fragment Ulp. D. 7.2.1.1 zu stehen: D. 7.2.11 (Papinianus libro secundo definitionum) Cum singulis ab heredibus singulis eisudem rei fructus legatur, fructuarii separati vedentur non minus, quam si aequis portionibus duobus eiusdem rei fructus legatus fuisset: unde fit, ut inter eos ius adcrescendi non sit. Bei einer genauen Untersuchung des Wortlauts von D. 32.80 ist die Aussage, dass die Anwachsung bei einer Aufteilung des Vermächtnisgegenstandes/der Erbschaft durch den Erblasser grundsätzlich aussscheide, jedoch nicht haltbar: 1. totus und pars Das von Celsus verwendete Begriffspaar totus und pars findet sich üblicherweise in Quellen zum Eigentum114 und wird von Paulus in D. 50.16.25.1 wie folgt dargestellt: D. 50.16.25.1 (Paulus libro vicesimo primo ad edictum): Quintus Mucius ait partis appellatione rem pro indiviso significari: nam quod pro diviso nostrum sit, id non partem, sed totum esse. Servius non ineleganter partis appellatione utrumque significari. Quintus Mucius sagt, dass durch die Benennung Teil (pars) eine Sache pro indiviso bezeichnet werde; denn das, was uns pro diviso gehöre, sei kein Teil, sondern ein Ganzes (totus). Servius sagt nicht unpassend, dass durch die Benennung Teil (pars) beides bezeichnet wird. Der bereits angesprochene Zusammenhang zwischen Anwachsungsrecht und Eigentum soll daher im Folgenden näher untersucht werden: a) Grund und Entwicklung der Anwachsungsregeln In der altrömischen Zeit trat im Regelfall mit dem Tod des paterfamilias die Hauserbfolge ein. Die noch im Hausverband vorhandenen Hauskinder und die uxor in manu traten als sui heredes an die Stelle des Hausvaters. _________________________________ 113 Vangerow II, S. 520 f.; Arndts in: Glück’s Pandekten, Bd. 46, S. 477; Biondi, DER, S. 427; a.A. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 128 und S. 79 m.w.N. 114 Vgl. Cels.-Ulp. D. 13.6.5.15; Ulp. D. 45.3.5.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

Die Erbschaft ging als ungeteiltes Ganzes auf die sui über, sie blieben zunächst in der Rechtsgemeinschaft des consortium vereinigt. Sie hatten alle für sich das Recht am gesamten Erbgut, waren aber durch die jeweils anderen Erben in ihrem Recht beschränkt, ohne dass diese gemeinschaftliche Berechtigung eine quotenmäßige Bestimmung von Anteilen gekannt hätte. Fiel einer der sui weg, erweiterte sich das Recht der anderen zwingend um seine Berechtigung, da die einzelnen Miterben nur durch die Konkurrenz der anderen in ihrem Recht beschränkt waren.115 Hieraus wird vielfach gefolgert, dass das Prinzip der Anwachsung auf dem Gesamthandsgedanken des altrömischen consortium beruhe.116 Die Anwachsungsregeln für Testamente sind dann sehr wahrscheinlich zur Umsetzung des Erblasserwillens entwickelt worden.117 Dies geschah vermutlich zunächst in Bezug auf Vermächtnisse während der republikanischen Zeit.118 Um die Zerschlagung des Erbguts durch die Aufhebung des consortium119 zu verhindern, hatte sich die Einsetzung eines Alleinerben und dessen Beschwerung mit zahlreichen Vermächtnissen im Libraltestament entwickelt (während die Einsetzung von mehreren Miterben mit der Abkehr vom Bauerntum in der jungen Republik und dem Übergang zu anderen Mitteln der Kapitalbildung üblich wurde).120 Die Problematik der Anwachsung wird sich deshalb vor dem Hintergrund der Testamente vermutlich zuerst bei der Bedenkung mehrerer Legatare mit derselben Sache in einem Vindikationslegat ergeben haben. Hier stellte sich die Frage, welches Recht die Legatare an dieser Sache nach dem Willen des Erblassers haben sollten. Es war zum einen denkbar, dass alle Legatare Alleineigentum an der Sache haben sollten. Alleineigentum als das volle Recht an der Sache kann aber nicht mehreren gleichzeitig zustehen.121 Daher nahm man an, dass dies dem mutmaßlichen Erblasserwillen nicht entsprechen könne.122 Man orientierte sich vielmehr, wie auch naheliegend, am Wortlaut der Verfügung und ging davon aus, dass, wenn „Titius et Seius“ bedacht waren, beide den Gegenstand nicht als Alleineigentümer, sondern gemein_________________________________ 115 Vgl. zu allem Vorstehenden: Gai. III 154 a; Kaser, RP I, S. 95 ff. (m.w.N.); Wieacker, Soc., S. 126 ff.; Bretone, „Consortium“ e „communio“, Labeo 6 (1960), S. 163 ff.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, S. 149 ff.; Nelson, Gai. Institutiones III 88–181, S. 329. 116 Vgl. bspw. Kaser, RP I, S. 730; Jörs/Kunkel/Wenger; § 218, S. 341. 117 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 127 ff.; vgl. dazu auch Wieacker, Textstufen, S. 290. 118 Dass in der Republik die Anwachsung schon bekannt war, zeigt Ulp. D. 28.5.17.1; Voci, DER I, S. 637 Fn. 7. 119 Gai. 3.154 a; vgl. zum consortium Bretone, „Consortium“ e „communio“, Labeo 6 (1960), S. 163; S. 56 ff.; Kaser, Neue Literatur zur „societas“, Studia et Documenta 41 (1975), S. 281 ff. 120 Kaser, RP I, S. 678 ff.; Kaser, Neue Literatur zur „societas“, S. 286; Voci, DER II, S. 64 ff. 121 Cels.-Ulp. D. 13.6.5.15; Rabel, Grundzüge des Römischen Privatrechts, S. 78. 122 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 135 f.

IV. Die coniunctio bei Celsus

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sam als Eigentümer erhalten sollten.123 Der Grund hierfür könnte sein, dass das Wort et grammatisch eine Verbindung der dem Inhalt nach zusammengehörigen Begriffe im Satz ausdrückt und hieraus gefolgert wurde, dass dann auch eine Verbindung von Titius und Seius in Bezug auf ihre Eigentümerstellung vorliegen müsse. Wieacker124 meint, diese Auslegung gehe vielleicht auf eingebürgerte Legatsformulare zurück, deren Hintergründe die Anstandsrücksichten des iudicium morum bezüglich Erblassern gewesen sein könnten. Hierfür würde auch Gai. 2.199 sprechen, in dem „TITIO ET SEIO HOMINEM STICHUM DO LEGO“ als typische Legatsformel dargestellt ist. Für das Eigentum mehrerer an einer Sache findet man in den römischen Quellen keinen einheitlichen Begriff, einmal wird von rem communem esse, einmal von rem communem habere oder von rem plurium esse gesprochen.125 Im Folgenden wird daher der deutsche Begriff „Miteigentum“ verwandt. Miteigentum bestand in der sog. communio pro indiviso, die sich neben dem consortium in der republikanischen Zeit entwickelt hatte.126 Dort hat jeder Gemeinschafter im Gegensatz zum consortium nun einen ideellen Anteil am Sacheigentum (pars pro indiviso).127 Es handelt sich nicht um ein „zerstückeltes Eigentumsrecht“, sondern ein körperlich die ganze Sache erfassendes Eigentum, das, ähnlich wie beim consortium, durch die Rechte der anderen Miteigentümer beschränkt ist.128 Dieses Miteigentum unterscheidet sich jedoch vom consortium und dem diesem zugrundeliegenden Gesamthandsgedanken ganz erheblich, da die Berechtigung der Miteigentümer sich nun auf einen zwar nur gedachten, aber quotenmäßig bestimmbaren Anteil bezieht, weshalb es im Folgenden mit „Miteigentum nach Bruchteilen“ wiedergegeben wird.129 Jeder Miteigentümer hat Eigentum an der ganzen Sache, jedoch pro indiviso pro parte, ut intellectu magis partes habeant quam corpore.130 Der Anteil am Sacheigentum bildete sich demnach durch das Zusammentreffen von mehreren _________________________________ 123

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 135 ff.; vgl. auch Paul. D. 10.2.25.16: „[…] si duobus res legata sit: nam et hos coniunxit ad societatem non consensus, sed res.” 124 Textstufen, S. 290 Fn. 60. 125 Bonfante, Corso di diritto romano, Band II 2, S. 4. 126 Kaser, Neue Literatur zur „societas“, Studia et Documenta 41 (1975), S. 286 f., 305; Bretone, „Consortium“ e „communio“, Labeo 6 (1960), S. 184–189. 127 Scaev. D. 50.16.25.1; Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S. 78. 128 Paul. D. 8.2.26. Daher wächst bei Dereliktion eines Anteils dieser den socii an, Mod. D. 41.7.3; Bonfante, Corso di diritto romano, Band II 2, S. 18 ff.; Kaser, RP I, S. 411 Fn. 5. 129 Diese Terminologie wird auch überwiegend in der römischrechtlichen Literatur verwendet, vgl. bspw. Bonfante, Scr. III, S. 382 ff.; Gaudemet, Étude sur le regime juridique de l’indivision; Barassi, Proprietà e comproprietà; Honsell/Mayer-Maly/Selb, S. 149; Kaser/Knütel, S. 126; Kaser, RP I, S. 410 ff. 130 Zitat aus Ulp. D. 45.3.5; vgl. auch Cels.-Ulp. D. 13.6.5.15.

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Eigentümern: concursu partes habebunt.131 Fiel einer der Legatare weg, war die Anwachsung notwendige Folge, das Eigentum des anderen erweiterte sich um den Anteil des Ausgefallenen.132 Diese Regeln wurden dann seit der jüngeren Republik auch auf die Erbengemeinschaft übertragen.133 Jeder Miterbe erhielt schon während der bestehenden Gemeinschaft ein quotenmäßig beschränktes Recht an den einzelnen Erbschaftsgegenständen.134 Gehörte beispielsweise ein Grundstück zum Nachlass, wurde nicht das Land unter den Miterben aufgeteilt, vielmehr war die Berechtigung am Land in Miteigentumsbruchteile aufgeteilt.135 Die Berechtigung der einzelnen Miterben richtete sich schuldrechtlich nach den Regeln über die communio, sachenrechtlich nach denen über das Miteigentum nach Bruchteilen.136 Dies ergibt sich aus der Formel der actio familiae erciscundae, die inhaltlich der Formel der actio communi dividundo entspricht: „C. Aquilius iudex esto. Quod L. Sempronii heredes de familia erciscunda deque eo quod in ea hereditate ab eorum quo postea quam heres factus sit gestum admissumve sit iudicem sibi dari postulaverunt: quantum adiucari oportet C. Aquilius iudex Titio … adiucatio: quidquid ob eam rem alterum alteri praestare oportet, eius C. Aquilius iudex alterum alteri condemnato; si non paret absolvito.“137 Mit dieser Klage wurde die Erbteilung in der Form durchgesetzt, dass der Richter in der als adiucatio bezeichneten Formelklausel ermächtigt wurde, mittels eines konstitutiven Richterspruchs, ebenfalls als adiucatio bezeichnet, Eigentum zu begründen, wodurch das Miteigentum aufgehoben und Alleineigentum begründet wurde.138 Schuldrechtlich bezweckte die Klage die Abrechnung unter den Miterben. Fiel einer der Miterben aus, wuchs sein Anteil den übrigen an. Diese Folge der Anwachsung bei Ausfall eines Miteigentümers ist nicht eine spezifisch erbrechtliche, sondern gilt wahrscheinlich generell für die communio pro indiviso.139 Die soeben geschilderte und der Anwachsung _________________________________ 131

Ulp. D. 39.2.15.18. Gai. 2.199. 133 Kaser/Knütel, S. 345. 134 Kaser/Knütel, S. 345. 135 Schulz, Classical Roman Law, S. 300. 136 Kaser, RP I, S. 727; Voci, DER I, S. 733 ff. 137 Mantovani, Le formule del processo privato romano, S. 60. 138 Kaser, RP I, S. 728. 139 Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S. 78, der aber zutreffend darauf hinweist, dass dies in den Quellen nur für die Freilassung eines Sklaven durch einen Miteigentümer bezeugt ist, Dos. fr. 10; Ulp. 1.18; Paul. 4.12.1; vgl. zur Freilassung eines 132

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zugrundeliegende Vorstellung, dass sich jeder Miteigentumsanteil jeweils auf das Ganze bezieht, wird von Behrends und Avenarius als „vorklassisch“ bezeichnet.140 Das Recht der Anwachsung setze mit dem Miteigentum eine Sonderverbindung voraus, die dem Denken der naturrechtlichen veteres entspreche.141 Dies überzeugt insofern, als hier der Gesamthandgedanke, der sich auch schon beim altrömischen consortium findet, teilweise weiterhin zur Anwendung kommt.142 b) Miteigentum nach Bruchteilen als Voraussetzung der Anwachsung in Cels. D. 32.80 Wenn Celsus in D. 32.80 nun ausführt, eine coniunctio liege vor, wenn partes autem concursu fiunt, beschreibt er lediglich in der Terminologie des Eigentums, dass beim Zusammentreffen der Mitvermächtnisnehmer eine communio pro indiviso entstehen muss, damit Anwachsung unter ihnen stattfinden kann. Denn wie sich aus D. 50.16.25.1 „Quintus Mucius ait partis appellatione rem pro indiviso significari:…“ ergibt, wird ein Miteigentumsbruchteil in den Quellen üblichweise mit pars bezeichnet.143 Es ist daher davon aus-

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gemeinsamen Sklaven Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum, S. 191 f. m.w.N.; Nelson, Gai. Institutiones III 88–181, S. 337 m.w.N. 140 Behrends, Le due giurisprudenze romane e le forme delle loro argomentazioni, in: Index 12 (1983/84), S. 223 Fn. 104; Behrends, Die lebendige Natur eine Baumes, in: Festschrift Wolf, S. 22 f.; Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum, S. 191 f. 141 Behrends, Le due giurisprudenze romane e le forme delle loro argomentazioni, in: Index 12 (1983/84), S. 223 Fn. 104; ders., Die lebendige Natur eines Baumes, in: Festschrift Wolf, S. 22 f.; Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum, S. 191 f. 142 Die vor dem Hintergrund sachenrechtlicher Fallgestaltungen entwickelte Theorie, dass die spezifisch klassische Wissenschaftsrichtung das Miteigentum dagegen nicht gesellschaftlich, sondern individualistisch aufgefasst habe und dass eine Anwachsung nach dieser Vorstellung nicht stattgefunden habe (vgl. Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum, S. 191 f.; Behrends, FS Wolf, S. 22 f.), soll hier aus folgenden Gründen nicht diskutiert werden: Unter Mitvermächtnisnehmern und Miterben entstand auch noch im klassischen Recht, wie die hiesige Untersuchung von D. 32.89 gezeigt hat, Miteigentum nach Bruchteilen und unter den Mitvermächtnisnehmern/Miterben fand auch nach klassischen ius civile weiterhin Anwachsung statt. Dies wird nicht nur durch die hier untersuchten Quellen (vgl. bspw. Gai. 2.199) belegt, sondern von Avenarius und Behrends auch nicht angezweifelt (vgl. z.B. Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum, S. 453), so dass sich eine Darstellung der sich außerhalb des Erbrechts abspielenden Entwicklung des Miteigentums erübrigt. 143 Bonfante, Corso di diritto Romano, Band II 2, S. 4, 5 Fn. 1.

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zugehen, dass auch Celsus mit partes autem concursu fieri die Entstehung von Miteigentum bezeichnet.144 Hieraus folgt, dass in der Klassik nicht, wie so oft behauptet, der Gesamthandgedanke des altrömischen consortium die konzeptionelle Basis der Anwachsung unter Miterben/Mitvermächtnisnehmern ist, sondern vielmehr das in der republikanischen Zeit entwickelte Miteigentum nach Bruchteilen. Wie oben145 bereits ausgeführt, liegt zwar auch noch dem Miteigentum nach Bruchteilen der „vorklassische“ Gesamthandgedanke insofern zugrunde, als es ein körperlich die ganze Sache erfassendes Eigentum ist. Nicht dem Gesamthandgedanken des consortium entspricht dagegen die für die Anwachsung erforderliche Bildung von quotenmäßig bestimmbaren Miteigentumsbruchteilen im Falle des Zusammentreffens, ohne die ein adcrescere von „frei werdenden“ Bruchteilen gar nicht möglich wäre. c) Totam hereditatem et tota legata Dass zwischen den Mitvermächtnisnehmern/Miterben bei ihrem Zusammentreffen Miteigentum nach Bruchteilen entstehen muss, ist jedoch nicht die einzige Voraussetzung für die Anwachsung. Nach Celsus muss ein Vermächtnis von tota legata bwz. eine Einsetzung auf totam hereditatem vorliegen. Dass Celsus mit dieser Formulierung nicht, wie allgemein angenommen, eine Aufteilung des Vermächtsnisgegenstandes bzw. der Erbschaft grundsätzlich ausschließen will, ergibt sich wieder aus Paul. D.50.16.25.1: Quintus Mucius ait partis appellatione rem pro indiviso significari: nam quod pro diviso nostrum sit, id non partem, sed totum esse. Servius non ineleganter partis appellatione utrumque significari. Nach der Feststellung, dass die Bezeichnung pars immer das Miteigentum nach Bruchteilen, eine rem pro indiviso, betreffe,146 führt Paulus weiter aus, nach Quintus Mucius Scaevola stehe eine Sache „ganz“, tota, im Eigentum einer Person, wenn sie ihr pro diviso gehöre. Quintus Mucius Scaevola bezieht sich hier mit totum esse auf eine weitere Eigentumsform, die communio pro diviso. Mehrere rechtlich selbständige Sachen147 oder ein nach Bereichen aufgeteiltes Grundstück148 können nach römischer Vor_________________________________ 144

Dies wird auch durch Cels.-Ulp. D. 13.6.5.15 bestätigt, wo Celsus mit totius corporis pro indiviso pro parte dominium habere das Miteigentum umschreibt. 145 Vgl. S. 50 f. 146 Schermaier, Teilvindikation oder Teilklage? Auf der Suche nach dem klassischen Vermischungsrecht, SZ 110 (1993), S. 158. 147 Ulp. D. 8.4.6.1. 148 Ulp. D. 27.9.6.16.

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stellung eine zusammengesetzte Einheit bilden, deren einzelne Stücke bzw. Bereiche im Teileigentum von verschiedenen Eigentümern stehen.149 Quintus Mucius Scaevola meint also vorliegend den Fall, dass ein bestimmter Teil einer Sache ganz im Eigentum eines einzelnen steht, was wohl Servius zu dem Widerspruch partis appellatione utrumque significari veranlasste.150 Quintus Mucius Scaevola verwendet das Begriffspaar totus und pars vorliegend aber in dem übergeordneten Sinn, dass totus als Gegenstück zu pars (als Miteigentumsbruchteil) nicht die physische Einheit einer Sache, sondern die Alleinberechtigung an einer Sache betrifft.151 Wenn nun Celsus davon spricht, dass tota legata singulis data esse bzw. der Erbe auf die gesamte Erbschaft eingesetzt sein muss, scheint er auf den ersten Blick tatsächlich für eine coniunctio und damit für eine Anwachsung vorauszusetzen, dass der Erbe den Vermächtnisgegenstand bzw. die Erbschaft nur ungeteilt zugedacht haben darf. Dies trifft jedoch nicht zu, da eine Alleinberechtigung nicht nur bei einer Einsetzung auf die gesamte Sache oder die gesamte Erbschaft bestehen kann, sondern auch bei einer Einsetzung auf einen Miteigentumsbruchteil oder unterschiedliche Erbschaftsquoten.152 Hätte Celsus ausdrücken wollen, dass der Vermächtnisgegenstand oder die Erbschaft als Ganzes zugedacht sein müssen, hätte er also nicht von totus gesprochen, sondern ein Adjektiv verwendet, das dies enstprechend ausdrückt, bspw. omnia oder universa.153 Wenn der Gegenstand bzw. die Erbschaft zu gleichen Teilen aufgeteilt wurde (vgl. D. 7.2.11 Papinianus libro secundo definitionum), scheitert die Anwachsung bzw. bevorzugte Anwachsung daher nicht daran, dass die Vermächtnisnehmer bzw. Erben nicht auf den gesamten Vermächtnisgegenstand/die gesamte Erbschaft eingesetzt wären, sondern daran, dass der Miteigentumsbruchteil/der Erbteil nicht erst durch das Zusammentreffen der Mitvermächtnisnehmer/Erben entsteht, sondern schon durch die letztwillige Verfügung sein Entstehen unabhängig vom Zusammentreffen mit den anderen Mitvermächtnisnehmern/Erben bestimmt wurde. Dies ergibt sich aus D. 28.5.13.pr. (Ulpianus libro septimo ad Sabinum):

_________________________________ 149

Kaser, RP I, S. 383. Schermaier, Teilvindikation oder Teilklage? Auf der Suche nach dem klassischen Vermischungsrecht, SZ 110 (1993), S. 158; Arangio-Ruiz, Ist., S. 227 ff. 151 Schermaier, Teilvindikation oder Teilklage? Auf der Suche nach dem klassischen Vermischungsrecht, SZ 110 (1993), S. 159. 152 Schneider, Das altcivile und Justinianeische Anwachsungsrecht, S. 5 f.; vgl. zur Alleinberechtigung an einem Miteigentumsbruchteil Schermaier, Teilvindikation oder Teilklage? Auf der Suche nach dem klassischen Vermischungsrecht, SZ 110 (1993), S. 159 Fn. 157 und Paul. D. 6.1.8. 153 Schneider, Das altcivile und Justinianeische Anwachsungsrecht, S. 5 f. 150

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Interdum haec adiectio „aeque heredes sunto“ testatoris voluntatem exprimit, ut puta „Primus et fratris mei filii aeque heredes sunto“: nam haec adiectio declarat omnes ex virilibus partibus institutos, ut et Labeo scripsit: qua detracta semissem fratris filii, semissem primus haberet. Der Erblasserwille wird bei der Aufteilung demnach so gedeutet, dass der Erblasser die Legatare/Erben gegenüber den (anderen) Erben auf die ihnen jeweils zugedachten Teile beschränken wollte.154 Anders ist es aber dann, wenn mehreren Vermächtnisnehmern/Erben Teile vermacht wurden, die in der Summe ein Ganzes übersteigen: „Maevio fundi partem dimidiam, Seio partem dimidiam lego: eundum fundum Titio lego“.155 Treffen die so bedachten Legatare/Erben beim Erwerb zusammen, fällt ihnen der ihnen zugedachte Teil nicht in vollem Umfang, sondern nur teilweise zu, der in Alleinberechtigung zugedachte Miteigentumsbruchteil teilt sich, concursu partes fiunt.156 Die Mitvermächtnisnehmer/Erben sind dann bezüglich der Teile, die in concursu stehen, coniunctim eingesetzt und es kann Anwachsung stattfinden, da die Beschränkung durch die Teilbildung erst dann eintritt, wenn sie den gesamten Teil erwerben, den der Erblasser ihnen zugedacht hat. Hieraus ergibt sich, dass nach Celsus eine coniunctio immer dann vorliegt, wenn einem Vermächtnisnehmer/einem Erben ein Vermächtnisobjekt bzw. eine Quote in Alleinberechtigung zugedacht ist, er aber im Falle des Zusammentreffens beim Erwerb mit anderen Vermächtnisnehmern/Erben keine Alleinberechtigung daran erwirbt, sondern nur eine Teilberechtigung.157 Diese Konstellation liegt nicht nur dann vor, wenn ein Gegenstand/die Erbschaft jeweils als Ganzes an mehrere vermacht wurde, sondern auch dann, wenn Teile des Gegenstandes/Erbschaftsquoten mehreren Legataren zugedacht wurden, die in der Summe ein Ganzes übersteigen. 2. Eadem res? Als Begründung für einen grundsätzlichen Ausschluss der Anwachsung bzw. bevorzugten Anwachsung bei Teilungsbestimmungen durch den Erblasser wird häufig angeführt, dass auf Grund der Teilbildung keine eadem res mehr vorliege.158 Dies trifft jedoch nicht zu, da der Vermächtnisgegenstand durch die vom Erblasser vorgenommene Teilbildung nicht etwa in unterschiedliche Sachen zerfällt oder Teileigentum ensteht, sondern lediglich Miteigentum nach Bruchteilen an (ein und demselben) Vermächtnis_________________________________ 154

So auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 147. Iav. D. 31.41.pr. Vgl. dazu unten unter 4., S. 55. 156 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 83. 157 So im Ergebnis auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 129. 158 Vgl. bspw. Windscheid/Kipp, III, S. 636 Fn. 13; Grosso, Legati, S. 215 Fn. 2. 155

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gegenstand entsteht.159 Die coniunctio und damit die Anwachsung scheitert, wie bereits ausgeführt, lediglich bei einer Aufteilung der Sache in Teile, die ein Ganzes nicht übersteigen, da durch das Zusammentreffen der Legatare keine Teilbildung erfolgt, die über die ohnehin schon vom Erblasser angeordnete Teilbildung hinausgeht.160 Es ist daher Lohsse zu folgen, wenn er sagt, dass in diesem Fall die Voraussetzung concursu partes fiunt nicht erfüllt sei.161 3. Wörtliche Verbindung? Auffällig und für die vorliegende Arbeit bedeutend ist, dass für Celsus im Gegensatz zur von Gaius, Ulpian und Julian vertretenen Ansicht keine Voraussetzung für das Vorliegen einer coniunctio ist, dass eine formale wörtliche Verbindung der Erben/Vermächtnisnehmer vorliegt. Allerdings sind alle eben genannten Juristen sich darin einig, dass beim Vorliegen einer rein sachlichen Verbindung über die Vererbung/das Vermächtnis einer eadem res Anwachsung stattfinden kann. Gaius, Ulpian und Julian kommen zu diesem Ergebnis über eine Ausweitung der Anwachsungsregeln, Celsus über eine neue Definition des Begriffs coniunctio, der die Anwachsungsregeln äußerst verdichtet und präzise wiedergibt und sich völlig von der sehr formalen Sichtweise des Sabinus gelöst hat.162 4. Coniunctio und Teilbildung bei Javolen Aus dem soeben dargestellten Bereich des Vermächtnisses von Teilen einer Sache, die in der Summe ein Ganzes übersteigen, stammt D. 31.41 pr. (Iavolenus libro septimo epistolarum): Maevio fundi partem dimidiam, Seio partem dimidiam lego: eundem fundum Titio lego“. si Seius decesserit, pars eius utrique adcrescit, quia cum separatim et partes fundi et totus legatus sit, necesse est, ut ea pars quae cessat pro portione legati cuique eorum, quibus fundus separatim legatus est, adcrescat. Maevius vermache ich eine Hälfte des Grundstücks, Seius vermache ich eine Hälfte. Dasselbe Grundstück vermache ich Titius.“ Wenn Seius gestorben sein wird, wächst sein Teil beiden an, weil, da sowohl Teile des Grundstücks als auch das gesamte Grundstück getrennt vermacht sind, notwendig ist, dass der Teil, der ausfällt, nach dem Verhältnis der Ver_________________________________ 159

Im Ergebnis so auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 92. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 92. 161 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 92. 162 Vgl. hierzu auch Voci, DER I, 2. Aufl. S. 702. 160

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mächtnisse jedem von denen, denen das Grundstück getrennt vermacht ist, anwächst. Javolen schildert hier einen Fall, in dem ein Erblasser ein Grundstück Maevius und Seius jeweils zur Hälfte und dem Titius als Ganzes in einem Vindikationslegat vermacht hat. Für den Fall, dass Seius vorverstirbt und Maevius und Titius im Erwerb zusammentreffen, soll der Teil von Seius Maevius und Titius im Verhältnis der ihnen zugedachten Teile anwachsen. Dieses Ergebnis ist, sofern man das Vorliegen einer eadem res und damit eine Anwachsung für unmöglich hält, wenn der Erblasser den Vermächtnisnehmern unterschiedliche Teile zugedacht hat, nur schwer zu erklären. Nach dieser Ansicht hätte Javolen für den Ausfall des Seius zu dem Ergebnis kommen müssen, dass dessen Anteil nur dem Titius anwächst, da diesem das Grundstück als Ganzes zugedacht war und er daher mit Seius bezüglich dessen Hälfte verbunden war. Bei Maevius hätte keine Anwachsung stattfinden dürfen. Das Fragment ist daher Gegenstand zahlreicher unterschiedlicher Erklärungsversuche aus der Zeit der Glossatoren163 bis heute: a) Erklärung über „dieselbe Hälfte“ Der Widerspruch wurde teilweise darüber aufgelöst, dass man annahm, dass Maevius und Seius nicht unterschiedliche Hälften, sondern ein und dieselbe Hälfte vermacht wurde.164 Dann wären Maevius und Seius durch die Sache verbunden und Anwachsung könnte stattfinden. Titius ist mit Seius ohnehin sachlich verbunden, da er das Grundstück als Ganzes bekommen sollte, also auch die Hälfte von Seius. Diese Erklärung ist jedoch mit dem Wortlaut der Quelle nicht vereinbar. Javolen spricht ausdrücklich davon, dass partes fundi vermacht seien.165 Diese Mehrzahl würde Javolen nicht verwenden und totus legatus gegenüberstellen, wären Maevius und Seius auf denselben Teil eingesetzt. Zudem wäre zu erwarten, dass Javo_________________________________ 163

Siehe hierzu Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 81–84. Schneider, Das altcivile und Justinianeische Anwachsungsrecht, S. 60 f.; Voci, DER I, S. 708; Ferrini, Legati, S. 651; Guarneri Citati, Ann. Palermo, I, S. 423; Riccobono, ibd., 430. Accursius, Glosse Maevio ad D. 31.41 pr, bietet zudem noch folgende Erklärungen an: M., S. seien wörtlich verbunden und deshalb finde auch zwischen ihnen Anwachsung statt. Diese Erklärung ist offensichtlich schon deswegen unzutreffend, da eine wörtliche Verbindung mangels entsprechender Benutzung eines Bindewortes oder einer Aufzählung der Namen ausscheidet. Die dritte von Accursius gelieferte Erklärung baut auf der unter Ziff. 1 des Haupttextes vorgestellten Lösung auf und sieht vor, dass M., S. und T. alle sachlich verbunden sind. Eine nähere Erklärung dazu liefert Accursius nicht, aus dem Kontext ist jedoch zu entnehmen, dass die letzte Erklärung auch auf der falschen Grundannahme fußt, dass M. und S. auf dieselbe Hälfte eingesetzt wurden (Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 83 f.). 165 So auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 82 Rn. 253. 164

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len, wenn er von ein und derselben Hälfte ausgehen würde, entsprechend zu der Formulierung eundem fundum in Bezug auf Maevius und Seius die entsprechende Formulierung eandem dimidiam gewählt hätte.166 b) Erklärung über sachliche Verbindung „durch“ Titius Des Weiteren wird das Fragment damit erklärt, dass Maevius und Seius zwar eigentlich weder wörtlich noch durch das Grundstück verbunden seien, aber durch die jeweilige sachliche Verbindung mit Titius auch zueinander in das Verhältnis von re coniuncti gestellt würden.167 Diese Lösung ist schon deswegen abzulehnen, da ihre rechtliche Konstruktion völlig im Dunklen bleibt. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die Berufung des Titius auf das ganze Grundstück eine sachliche Verbindung der auf zwei unterschiedliche Hälften berufenen Maevius und Seius bewirken soll.168 Des Weiteren lässt sie die Anwachsungsvoraussetzung concursu partes fiunt völlig außer Acht: Bei einem Zusammentreffen von Maevius und Seius unter Ausfall von Titius müssten diese sich auf Grund der Tatsache, dass ihnen unterschiedliche Hälften vermacht wurden, das Grundstück teilen. Würden alle drei zusammentreffen, müssten Maevius und Seius ihre jeweilige Hälfte mit Titius teilen, dies aber nicht auf Grund des Zusammentreffens mit dem jeweils anderen, sondern allein auf Grund des Zusammentreffens mit Titius.169 c) Erklärung über eine Ausnahme von den Anwachsungsregeln Ein weiterer Erklärungsversuch ist der, dass das Fragment, auch wenn es von Anwachsung spreche, die Anwachsungsregeln gar nicht anwende bzw. auf Grund des durch die Teilbildung des Erblassers zu ermittelnden Erblasserwillens eine Ausnahme vom Anwachsungsrecht mache.170 Es ist aber gerade nicht einsehbar, wieso Javolen von adcrescere und auch noch von separatim, einem weiteren dem Anwachsungsrecht zuzuordnenden Begriff, sprechen sollte, wenn er das Anwachsungsrecht überhaupt nicht anwenden würde.

_________________________________ 166

Arndts in: Glück’s Pandekten, Band 48, S. 55. Faber, error., error VIII, S. 1233 f.; Mühlenbruch in: Glück’s Pandekten, Bd. 43, S. 329 f.; weitere Nachweise bei Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 84 Rn. 257. 168 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 85. 169 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 85 mit Fn. 260. 170 Windscheid/Kipp III, S. 637 Fn. 13 a.E.; Arndts in: Glück’s Pandekten, Bd. 48 S. 65; vgl. hierzu auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 86-88 m.w.N. 167

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d) Erklärung über die Anwachsungsregeln selbst Die Entscheidung des Javolen kann vielmehr über eine saubere Anwendung der eben in Bezug auf Cels. D. 32.80 dargestellten Anwachsungsregeln171 erklärt werden:172 aa) Eadem res? Zunächst ist zu fragen, ob vorliegend Titius, Maevius und Seius eadem res vermacht wurde. Dies ist der Fall, da allen dreien dasselbe Grundstück vermacht wurde. Dass Maevius und Seius nur Teile des Grundstücks erhalten sollen, steht dem, wie bereits zu D. 32.80 ausgeführt, nicht entgegen, da hälftige Miteigentumsanteile nicht als verschiedene Vermächtnisgegenstände anzusehen sind.173 Allerdings ist fraglich, wie hierzu die Aussage quia cum separatim et partes fundi et totus legatus passt. Die Verwendung des Begriffes separatim und die Gegenüberstellung von partes fundi mit totus legatus könnte dafür sprechen, dass Javolen selbst gar nicht vom Vorliegen ein und derselben Sache ausgeht. Bezüglich separatim können diese Bedenken schnell ausgeräumt werden, da Javolen separatim, wie bereits bei D. 28.5.64 (Iavolenus libro primo ex Cassio) erläutert, als Gegensatz zu coniunctim im Sinne von Sabinus/Gaius/Ulpian und Julian gebraucht, also damit allein das Fehlen der formalsprachlichen Konjunktion bezeichnet (unter stillschweigender Voraussetzung des Vorhandenseins der sachlichen Verbindung). Die Verwendung des Wortes separatim spricht also nicht gegen das Vorliegen einer eadem res, sondern bestätigt nochmals, dass Javolens Begriff der coniunctio dem von Sabinus/Gaius/Julian und Ulpian entspricht. Der Gegensatz von partes fundi und totus legatus bereitet dagegen größere Schwierigkeiten, wurde zu D. 32.80 soeben ja gerade noch ausgeführt, dass tota legata dort auch das Vermächtnis von Teilen einer Sache umfasse. Warum sollte Javolen, wenn dies so wäre, die beiden Begriffspaare so gegenüberstellen? Die Antwort liefert zum einen das vorangestellte separatim, das sich über et … et sowohl auf partes als auch auf totus bezieht und aussagt, dass zwar keine wörtliche, aber eine sachliche Verbindung vorliegt. Durch den Gegensatz soll mithin nicht etwa das Vorliegen mehrerer Vermächtnisgegenstände ausgedrückt, sondern die unterschiedliche Teilbildung durch den Erblasser betont werden. Zum anderen sagt Javolen kurz danach …cuique eorum, quibus fundus separatim legatus est, adcrescat. Auch hieraus geht hervor, dass Javolen _________________________________ 171

Siehe oben S. 46 ff. So auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 88. 173 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 92. 172

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davon ausgeht, dass allen dreien eadem res, nämlich fundus, vermacht wurde. bb) Partes autem concursu fieri? Dann ist zu prüfen, ob im Fall des Zusammentreffens von Maevius und Titius diese den ihnen zugedachten Teil nicht vollumfänglich erwerben. Hierfür ist zunächst zu prüfen, was die drei Legatare erwerben, wenn keiner von ihnen ausfällt. Treffen Maevius, Seius und Titius zusammen, erhalten Maevius und Seius statt ½ je nur ¼ und Titius erhält statt 1 nur 1/2: partes autem concursu fieri (wobei hier der Ansicht gefolgt wird, dass Teilangaben des Erblassers, die in der Summe das Ganze übersteigen, Verhältniszahlen darstellen, so dass bei einem Zusammentreffen der Legatare eine verhältnismäßige Reduktion der ihnen ursprünglich zugedachten Teile stattfindet).174 Treffen Maevius und Titius unter Ausfall von Seius zusammen, bekommt Titius nach Anwachsung entsprechend dem Verhältnis der Legate 2/3 und Maevius bekommt 1/3: concursu partes fiunt.175 Javolen wendet also in seiner Entscheidung völlig korrekt die Anwachsungsregeln an, wobei er durch die Verwendung des Begriffes separatim zeigt, dass er mit Sabinus/Gaius/Julian und Ulpian das Vorliegen einer coniunctio mangels sprachlicher Verbindung ablehnt, eine Anwachsung aber im Einklang mit Gaius/Julian und Ulpian dennoch bejaht, da Maevius, Titius und Seius durch das Grundstück verbunden sind. Für Celsus spielt die Frage der wörtlichen Verbindung keine Rolle, da Maevius, Titius und Seius auf Grund der Aufteilung im Falle ihres Zusammentreffens coniunctim bedacht sind. Zu untersuchen ist noch die Konstellation, dass Maevius und Seius unter Ausfall von Titius zusammentreffen. In diesem Fall erhalten beide die ihnen auch ursprünglich zugedachte Hälfte, eine Teilbildung durch ihr Zusammentreffen findet nicht statt.176 Bei zusätzlichem Ausfall des Seius kann dem Maevius dessen Hälfte daher nicht anwachsen, da die Voraussetzungen für eine Anwachsung über den nach dem Testamentswortlaut vorgesehenen Anteil hinaus nicht erfüllt sind.177

_________________________________ 174 Ulp. D. 28.5.13.2–6; Kaser, RP I, S. 687 mit Fn. 18 und 19; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 88 f.; a.A. bspw. Arndts in: Glück’s Pandekten, Bd. 48, 59. 175 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 91. 176 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 95. 177 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 95.

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cc) Neue Lehre des Julian? Besonders interessant ist das Fragment zudem vor dem Hintergrund, dass, wie oben178 in Bezug auf Vat. 77 dargestellt, in der Fachliteratur üblicherweise angenommen wird, der Javolen-Schüler Julian sei der erste gewesen, der die Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern nicht mehr vom Vorliegen einer coniunctio im Sinne von Sabinus abhängig gemacht habe. Javolen beschäftigt sich im vorliegenden Fragment zwar nicht ausdrücklich mit der coniunctio, die Verwendung des Wortes separatim zeigt aber eindeutig, dass auch er eine wörtliche Verbindung für die Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern nicht für erforderlich hält. Somit spricht viel dafür, dass nicht Julian der Begründer der neuen Anwachsungslehre ist, sondern Javolen.

V. Die coniunctio bei Pomponius179 V. Die coniunctio bei Pomponius

1. D. 28.5.67 (66) (Pomponius lib. primo ad Quintum Mucium) Si ita quis heredes instituerit: „Titius heres esto: Gaius et Maevius aequis ex partibus heredes sunto“, quamvis et syllaba coniunctionem faciat, si quis tamen ex his decedat, non alteri soli pars adcrescit, sed et omnibus coheredibus pro hereditariis portionibus, quia non tam coniunxisse quam celerius dixisse videatur. Wenn jemand die Erben wie folgt eingesetzt hat: „Titius soll Erbe sein: Gaius und Maevius sollen zu gleichen Teilen Erben sein“, und einer von ihnen stirbt, soll, obgleich das Wort et eine coniunctio herbeiführt, nicht nur dem anderen sein Teil anwachsen, sondern auch den übrigen Miterben im Verhältnis ihres Erbteils, weil er [der Erblasser] nicht so sehr verbunden, als vielmehr schneller gesprochen zu haben scheint. Pomponius berichtet von einem Testament, in welchem dem Titius, der ohne Teilbildung eingesetzt ist, Gaius und Maevius wörtlich verbunden unter Aufteilung der Erbschaft aequis ex partibus gegenübergestellt werden. Beim Ausfall von Gaius oder Maevius soll trotz der coniunctio keine bevorzugte Anwachsung beim jeweils anderen stattfinden, da der Erblasser keine „richtige“ coniunctio habe herbeiführen, sondern sich lediglich so kurz wie möglich habe ausdrücken wollen. Das Fragment wirft mehrere Fragen auf: _________________________________ 178

Siehe oben S. 22 Fn. 40. Pomp. D. 34.2.1.pr gibt keinen inhaltlichen Aufschluss über die coniunctio, sondern behandelt die Verteilung separatim hinterlassener Vermächtnisgegenstände. 179

V. Die coniunctio bei Pomponius

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a) Aufteilung Zunächst stellt sich die Frage, welche Teile die Erben für den Fall, dass alle das Erbe antreten, eigentlich bekommen sollen. Hierzu äußert sich Pomponius nicht. Dies ist nicht unmittelbar zu beantworten, da Titius auf die ganze Erbschaft, Maevius und Gaius auf gleiche Teile eingesetzt sind, die aber nicht näher beziffert werden. Bei Bestimmung der Erbteile geht man im römischen Recht grundsätzlich davon aus, dass die ganze Erbschaft ein as beträgt und sich wiederum in zwölf Teile aufteilen lässt.180 Hat der Erblasser – sei es aus Unwissenheit oder Versehen – eine Aufteilung formuliert, nach der das as nicht verteilt werden konnte, wurde als Regel angenommen, dass er nur das Verhältnis angeben wollte und danach wurde dann das Erbe verteilt.181 Mühlenbruch geht nun davon aus, dass bei der vorliegenden Quelle alle Erben gleiche Teile erhalten sollen.182 Dies ist angesichts des Wortlauts der Quelle aber nicht haltbar, da Gaius und Maevius im ausdrücklichen Gegensatz zu Titius die Erbschaft zu gleichen Teilen erhalten sollen.183 Gemeint ist also vermutlich das Verhältnis 1:1:2, so dass die Verteilung entsprechend diesem Verhältnis erfolgen muss. Gaius und Maevius erhalten daher je ¼ und Titius ½.184 Gestützt wird dieses Ergebnis zusätzlich dadurch, dass Pomponius später von pro hereditariis portionibus spricht, was unnötig wäre, wenn ohnehin alle die gleichen Teile erhalten würden. b) Bevorzugte Anwachsung zwischen Gaius und Maevius? Weiter stellt sich die Frage, wieso trotz wörtlicher Verbindung keine bevorzugte Anwachsung zwischen Gaius und Maevius stattfinden soll. Bei einer Einsetzung mit dem Verhältnis ½, ¼, ¼ liegt es auch im Hinblick auf D. 28.5.60(59) (Celsus libro sexto decimo digestorum) nahe, dass beim Ausfall von Gaius oder Maevius dem jeweils anderen wegen der wörtlichen Verbindung mit et das ausgefallene ¼ bevorzugt anwächst. Pomponius entscheidet nun aber, dass keine bevorzugte Anwachsung unter Gaius und Maevius stattfinden soll, da er die coniunctio nur zum „schnelleren Sprechen“ verwendet habe und keine Verbindung (im Rechtssinne) habe schaffen wollen. Dixisse deutet hierbei auf eine mündliche nuncupatio hin, da das Adverb celerius die Schnelligkeit des Sprechens umschreibt.185 Diese Formulierung ist ungewöhnlich, da zur Zeit des Pom_________________________________ 180

Mühlenbruch in: Glück’s Pandekten, Bd. 40, S. 116; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 54 f. 181 Ulp. D. 28.5.13.2–3; D. 28.5.13.4; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 54. 182 Mühlenbruch in: Glück’s Pandekten, Bd. 40, S. 114. 183 Mayer, Das Recht der Anwachsung, S. 60; Zimmermann, SZ 101 (1984), S. 242. 184 So auch Zimmermann, SZ 101 (1984), S. 242; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 55. 185 Vgl. hierzu Oxford Latin Dictionary, S. 294 zu celer Ziff. 1 b).

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

ponius die Nunkupation in Schriftform die Regel war. Mündliche Testamente dagegen waren in der klassischen Zeit die seltene Ausnahme.186 Da Pomponius hier aber ausdrücklich von „dicere“ spricht, könnte seiner Entscheidung ein mündliches Testament zugrunde gelegen haben. Die Entscheidung von Pomponius erklärt sich aber auch schon daraus, dass vorliegend – im Gegensatz zu D. 28.5.60(59) – der Erblasser die Erbschaft ausdrücklich zwischen Gaius und Mavius zu gleichen Teilen aufgeteilt hat. Aus dieser Aufteilung wird nämlich, wie sich aus D. 28.5.13.pr (Ulpianus libro septimo ad Sabinum) ergibt, geschlossen, dass der Erblasser sie nicht als auf denselben Teil, sondern auf unterschiedliche Teile der Erbschaft einsetzen wollte: D. 28.5.13.pr. (Ulpianus libro septimo ad Sabinum): Interdum haec adiectio „aeque heredes sunto“ testatoris voluntatem exprimit, ut puta „Primus et fratris mei filii aeque heredes sunto“: nam haec adiectio declarat omnes ex virilibus partibus institutos […] Unter Erben ist jedoch, wie bereits unter D. 28.5.64 (Iavolenus libro primo ex Cassio) und D. 28.5.15.pr. (Ulpianus libro septimo ad Sabinum) und D. 32.80 (Celsus libro tricesimo quinto digestorum) dargestellt, eine coniunctio und damit eine bevorzugte Anwachsung nur dann anzunehmen, wenn sie auf denselben Bruchteil eingesetzt sind. Trotz der wörtlichen Verbindung mit et kann zwischen ihnen daher keine bevorzugte Anwachsung stattfinden.187 Dass Pomponius hier zusätzlich noch darauf abstellt, der Erblasser habe das Bindewort et nur benutzt, um schneller zu sprechen, liegt vermutlich daran, dass Pomponius, wie ja auch schon durch die Formulierung et syllaba coniunctionem faciat ausgedrückt wird, den Begriff nicht im Sinne von Celsus, sondern im formalen Sinn von Sabinus/Gaius/Ulpian und Julian verwendet. Für diese Juristen stellte sich – soweit es sich aus den uns vorliegenden Quellen ergibt – vorrangig die Frage, ob eine coniunctio auch ohne Verwendung von sprachlichen Konjunktionen vorliegen bzw. ob eine Anwachsung dann trotzdem stattfinden kann. Die Frage, ob trotz der Verwendung einer Konjunktion die Anwachsung ausgeschlossen ist, stellte sich anscheinend seltener, so dass Pomponius seine Entscheidung erklären musste. 2. D. 30.16.pr. (Pomponius libro quinto ad Sabinum) Si duobus res coniunctim legata sit, quamvis alter in rerum natura non fuerit, alteri solam partem deberi puto verum esse. _________________________________ 186 187

Kaser/Knütel, S. 329. Vgl. hierzu Zimmermann, SZ 101 (1984), S. 242 f.; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 55.

V. Die coniunctio bei Pomponius

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Wenn zweien eine Sache coniunctim vermacht ist, meine ich, dass es, auch wenn einer von ihnen tatsächlich nicht existieren würde, richtig ist, dass dem anderen nur ein Teil geschuldet wird. Pomponius beschäftigt sich mit dem Fall, dass zwei Legatare in einem Damnationslegat wörtlich verbunden mit einer Sache bedacht wurden. Dass ein Damnationslegat vorliegen muss, ergibt sich daraus, dass die Sache geschuldet (deberi) wird. Dass mit coniunctim nur eine wörtliche Verbindung gemeint sein kann, ergibt sich daraus, dass eine sachliche Verbindung beim Damnationslegat ausscheidet. Wie bereits ausgeführt, ist beim Damnationslegat Anwachsung nicht möglich, da beim Wegfall eines Legatars nur sein Anspruch auf den ihm zugedachten Anteil an der Sache wegfällt, es wird kein Teil der Sache oder die Sache selbst frei. Das, was eigentlich herausgegeben hätte werden müssen, verbleibt in der Erbschaft, vgl. Gaius 2.205: …portio non ad collegatarium pertinet, sed in hereditate remanet. Darin liegt keine Anwachsung, da die Erbschaft durch den Wegfall des Anspruchs nicht erhöht wird, also keine vom Willen des/der Erben unabhängige Erhöhung der Erbschaft stattfindet. Die Erbschaft wird lediglich von einer Verbindlichkeit befreit, also nicht vermindert. Die Besonderheit ist vorliegend, dass einer der beiden coniunctim eingesetzten Legatare gar nicht existiert. In diesem Fall gilt das Verfügte gem. D. 34.8.4.pr. (Ulpianus libro tertio decimo ad legem Iuliam et Papiam) „pro non scripto“, das Vermächtnis an den nichtexistenten Legatar ist unwirksam.188 Man könnte daher annehmen, dass in diesem Fall der andere Legatar einen Anspruch auf die gesamte Sache hat, da die Verfügung an den nichtexsitenten Legatar unwirksam ist. Pomponius Entscheidung entspricht aber voll und ganz der oben dargestellten Regel portio non ad collegatarium pertinet, sed in hereditate remanet. Eine Anwachsung beim existierenden Legatar ist ausgeschlossen, da durch den bloßen Wegfall der unwirksamen Verfügung sein Anspruch auf einen Teil nicht zu einem Anspruch auf das Ganze „erstarken“ kann. Spiegelbildlich wird dies bei D. 30.34.9 (Ulpianus libro vicesimo primo ad Sabinum) formuliert: Si coniunctim res legetur, constat partes ab initio fieri. nec solum hi partem faciunt, in quorum persona constitit legatum, verum hi quoque, in quorum persona non constitit legatum. (…) 3. D. 30.36.2 (Pomponius libro sexto ad Sabinum) Nihil distat, utrum ita legetur „Titio et Maevio“ an ita „Titio cum Maevio“: utrubique enim coniunctim legatur videtur. _________________________________ 188

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 98.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

Es macht keinen Unterschied, ob einer so vermacht hat: „Titius und Maevius“ oder so: „Titius mit Maevius“. In beiden Fällen scheint nämlich coniunctim vermacht zu sein. Diese Aussage des Pomponius zeigt eindeutig, dass es einen Wandel im Verständnis des Begriffes coniunctim gegeben haben muss. Wenn Pomponius es für erforderlich hält, klarzustellen, dass neben der Konjunktion et auch die Konjunktion cum zu einer coniunctio im Rechtssinne führt, muss ursprünglich nur dann eine coniunctio angenommen worden sein, wenn die Verbindung der Legatare über das Wort et erfolgte. Die Anwachsung war demnach ursprünglich auf Fälle beschränkt, in denen der Erblasser die Namen der Erben/Vermächtnisnehmer im Testament mit dem Wort et zusammengefasst hatte. Den Grund für die ursprünglich so starren Voraussetzungen der Anwachsung kann man, wie bereits ausgeführt, nur vermuten, diesbezügliche Quellen sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht überliefert. Denkbar wäre, wie bereits vermutet, dass die Verbindung der Namen der Legatare durch et in zur Zeit der Republik eingebürgerten Legatsformularen vorgesehen war, wenn Legataren eine Sache gemeinsam vermacht werden sollte.189

VI. Die coniunctio bei Gaius190 VI. Die coniunctio bei Gaius

1. Gai. 2.199 Illud constat, si duobus pluribusve per vindicationem eadem res legata sit, sive coniunctim sive disiunctim, et omnes veniant ad legatum, partes ad singulos pertinere et deficientis portionem collegatario adcrescere. Coniunctim autem ita legatur TITIO ET SEIO HOMINEM STICHUM DO LEGO; disiunctim ita LUCIO TITIO HOMINEM STICHUM DO LEGO. SEIO EUNDEM HOMINEM DO LEGO. _________________________________ 189 Vgl. hierzu die in Gai. 2.199 überlieferten Formeln. Vermuten könnte man auch, dass die Beiordnung durch et im Lateinischen die ursprünglichste Form der Konjunktion gewesen sein könnte und und sich erst später andere Formen der Verbindung entwickelt haben. Dann wäre es nur logisch, dass man erst klären musste, ob die „neuen“ Konjunktionen gleichwertig zu et waren. Dies ist aber gerade nicht der Fall, die ursprünglichste Form der Aneinanderfügung ist im Lateinischen die asyndetische Nebeneinanderstellung (vgl. Leumann/Hofmann/Szantyr Band 2, S. 469). Die Verwendung von et muss daher einen anderen Grund gehabt haben, vgl. hierzu unten Kapitel 4, S. 118 ff. 190 D. 29.1.2 lässt keine Rückschlüsse auf Gaius’ Verständnis der coniunctio zu, da es hier um die besondere Zuständigkeit des Prokonsuls für das Soldatentestament geht, und wird daher hier nicht untersucht. Ebenso verhält es sich bei Gai. D. 35.2.78, wo es um die Berechnung der falcidischen Quart bei Wegfall eines Miterben geht.

VI. Die coniunctio bei Gaius

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Es steht fest, dass wenn zweien oder mehreren dieselbe Sache durch Vindikationslegat vermacht worden ist, sei es nun coniunctim oder disiunctim, und alle das Vermächtnis erwerben, den einzelnen Teile zustehen und der Anteil eines Wegfallenden dem Mitvermächtnisnehmer anwächst. Coniunctim vermacht wird aber so: „Dem Titius und dem Seius gebe und vermache ich den Sklaven Stichus.“ Disiunctim so: „Dem Lucius Titius gebe und vermache ich den Sklaven Stichus. Dem Seius gebe und vermache ich denselben Sklaven.“ Dieses Gaius-Fragment wurde bereits mehrfach behandelt191 und zeigt, dass Gaius die Begriffe coniunctim und disiunctim ebenso wie Sabinus, Ulpian und Julian versteht. Die Verwendung von constat hinsichtlich der Aussage, dass Anwachsung unabhängig davon, ob eadem res coniunctim oder disiunctim vermacht worden ist, veranschaulicht des Weiteren, dass es zur Zeit des Gaius gefestigte Regel war, dass auch ohne eine coniunctio im wörtlichen Sinn Anwachsung stattfinden konnte.192 2. Gai. 2.205 Est et illa differentia huius et per vindicationem legati, quodsi eadem res duobus pluribusve per damnationem legata sit, si quidem coniunctim, plane singulis partes debentur, sicut in illo per vindicationem legato iuris est; si vero disiunctim, singulis solida debetur. Ita fit, ut scilicet heres alteri rem, alteri aestimationem eius praestare debeat. Et in coniunctis deficientis portio non ad collegatarium pertinet, sed in hereditate remanet. Es gibt auch folgenden Unterschied zwischen diesem [Damnationslegat] und dem Vindikationslegat, dass, wenn dieselbe Sache zweien oder mehreren durch Damnationslegat vermacht worden ist, den einzelnen, wenn dies coniunctim geschehen ist, allerdings Teile geschuldet werden, wie es auch bei jenem Vindikationslegat gilt, wenn dies aber disiunctim geschehen ist, jedem einzelnen das Ganze geschuldet wird. So geschieht es, dass der Erbe natürlich dem einen die Sache, dem anderen den Schätzwert derselben leisten muss. Und bei coniunctim eingesetzten Mitvermächtnisnehmern steht der Anteil eines Wegfallenden nicht dem Mitvermächtnisnehmer zu, sondern verbleibt in der Erbschaft. Nach diesem Fragment, das ebenfalls schon mehrfach behandelt wurde, ist bezüglich der rechtlichen Folgen einer coniunctio zwischen Damnationsund Vindikationslegat zu unterscheiden. Sind die Legatare in einem Dam_________________________________ 191 192

Siehe oben S. 6 ff. Vgl. oben zu Vat. 75.1, S. 13 ff.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

nationslegat wörtlich verbunden mit demselben Vermächtnisobjekt bedacht, schuldet der Erbe den Vermächtnisnehmern Teile bzw. die Legatare haben jeweils einen Anspruch auf nur einen Teil der Sache. Eine Anwachsung bei Wegfall eines der Legatare ist denklogisch unmöglich, da die Voraussetzung concursu partes fiunt nicht erfüllt ist.193 Nicht erst durch den concursus der Legatare entstehen die Ansprüche auf Teile der Sache, sondern schon durch die Verfügung selbst. Beim Wegfall eines der Legatare fällt nur sein Anspruch auf einen Teil der Sache weg, es wird kein Anteil an der Sache selbst frei. Das, was eigentlich herausgegeben hätte werden müssen, verbleibt in der Erbschaft, vgl. Gaius 2.205: …portio non ad collegatarium pertinet, sed in hereditate remanet. Darin liegt keine Anwachsung, da die Erbschaft durch den Wegfall des Anspruchs nicht erhöht wird, sondern von einer Verbindlichkeit befreit wird, also nicht vermindert wird. Ist das Vermächtnis separatim erfolgt, schuldet der Erbe jedem Mitvermächtnisnehmer eigentlich den ganzen Gegenstand. Da er seine Verpflichtung zur Herausgabe des Gegenstandes aber tatsächlich nur gegenüber einem der Vermächtnisnehmer erfüllen kann, schuldet er den Übrigen den Schätzwert. Durch den concursus der Legatare entstehen wieder keine Teile. Bei Wegfall eines Legatars fällt wieder nur sein Anspruch auf die Sache bzw. ihren Schätzwert weg, die Sache selbst wird nicht frei, so dass auch hier keine Anwachsung möglich ist. 3. Gai. 2.206 Quod autem diximus deficientis portionem in per damnationem quidem legato in hereditate retineri, in per vindicationem vero collegatario adcrescere, admonendi sumus ante legem Papiam hoc iure civili ita fuisse; post legem vero Papiam deficientis portio caduca fit et ad eos pertinet, qui in eo testamento liberos habent. Wir müssen darauf hinweisen, dass das, was wir darüber gesagt haben, dass der Anteil eines Ausfallenden beim Damnationslegat in der Erbschaft verbleibt, beim Vindikationslegat aber dem Kollegatar anwächst, vor der lex Papia nach ius civile so gewesen ist; nach der lex Papia aber verfällt der Anteil des Ausfallenden und steht denjenigen [Erben] aus dem Testament zu, die Kinder haben. Dieses Fragment des Gaius beschäftigt sich nun mit den Unterschieden bei der Anwachsung nach ius civile und den Kaduzitätsgesetzen. Die lex Iulia de maritandis ordinibus (18 v. Chr.) und lex Papia Poppaea (9 v.Chr.)194 _________________________________ 193

Voci, DER I, 2. Aufl., S. 717: damnatio partes fiunt. Kaser, RP I, S. 318 f. Die Darstellung des Kaduzitätsrechtes beschränkt sich hier auf dessen Stand zur Zeit des Gaius, zur Entwicklung und die Entstehungsgeschichte 194

VI. Die coniunctio bei Gaius

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bestimmen u.a., daß Unverheiratete in ehepflichtigem Alter völlig unfähig (incapaces) sind, Erbschaften und Legate zu erwerben, sofern sie nicht binnen 100 Tagen heiraten.195 Kinderlos Verheiratete können nur die Hälfte des ihnen Zugewandten erben.196 Alles was nach diesen Gesetzen nicht erworben werden kann, verfällt (ist caducum).197 Das Verfallene erhalten zunächst die Testamentserben, die Väter mindestens eines Kindes sind, falls es solche nicht gab, die durch Legat Bedachten, die ebenfalls Väter mindestens eines Kindes sein müssen, sonst das aerarium.198 Diese Regeln galten auch für die Fälle, dass der auf einen Teil eingesetzte heres extraneus vor der Testamentseröffnung starb, das Bürgerrecht verlor oder die Erbschaft ausschlug.199 Das „alte“ Anwachsungsrecht wurde dann von der Kaduzität verdrängt. Diese Regeln gibt Gai. 2.206 wieder. 4. Gai. 2.207 Et quamvis prima causa sit in caducis vindicandis heredum liberos habentium, deinde si heredes liberos non habeant, legatariorum liberos habentium, tamen ipsa lege Papia significatur, ut collegatarius coniunctus, si liberos habeat, potior sit heredibus, etiamsi liberos habebunt. Und obgleich bei der Vindikation verfallener Sachen an erster Stelle die Erben, die Kinder haben, berücksichtigt werden und dann, wenn die Erben keine Kinder haben, die Vermächtnisnehmer mit Kindern berücksichtigt werden, sieht dennoch die lex Papia selbst vor, dass der verbundene Kollegatar, wenn er Kinder hat, den Erben vorzuziehen ist, auch wenn sie Kinder haben. Aus Gai. 2.207 läßt sich entnehmen, dass die coniunctio auch bei den Kaduzitätsgesetzen eine besondere Bedeutung hat: Wurden zwei (oder mehrere) Personen in einem Legat bedacht und fiel eine von diesen weg, so dass ein Teil des Legats frei wurde, sollte der übrig gebliebene Legatar, falls er Kinder hatte, selbst vor den Erben, die Kinder hatten, den Vorzug bei der Vindikation verfallener Sachen haben, wenn er vom Erblasser coniunctim eingesetzt war (collegatarius coniunctus).200 Da Gaius die Voraussetzungen der coniunctio in Gai. 2.199 ausdrücklich erläutert hat und hier nun _________________________________

dieser Regeln vgl. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 43 f.; Astolfi, La lex Iulia et Papia, S. 1 ff.; Biondi, DER, S. 430 ff.; Voci, DER I, S. 451 f. 195 Gai. 2, 111; 286; Astolfi, La Lex Iulia et Papia, S. 11 ff. 196 Gai. 2, 111; 286ª; Astolfi, La Lex Iulia et Papia, S. 23. 197 Robbe, Il diritto di accrescimento, 256 ff. 198 Gai. 2, 206, 207, 150; Astolfi, La lex Iulia et Papia, S. 262 ff. 199 Vaccaro Delogu, L’accrescimento nel diretto ereditario Romano, 1941, S. 148, 149. 200 Astolfi, La lex Iulia et Papia, S. 255.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

von coniunctus spricht, ohne den Begriff anderweitig zu bestimmen, geht er offenbar von identischen Voraussetzungen der coniunctio sowohl im ius civile als auch im Kaduzitätsrecht aus.201 5. Gai. 2.208 Sed plerisque placuit, quantum ad hoc ius, quod lege Papia coniunctis constituitur, nihil interesse, utrum per vindicationem an per damnationem legatum sit. Aber wie die Meisten in Bezug auf das Recht, das den wörtlich Verbundenen durch die lex Papia eingeräumt wird, annehmen, macht es keinen Unterschied, ob durch Vindikationslegat oder Damnationslegat vermacht ist. Gaius führt nun aus, dass im Kaduzitätsrecht nach der überwiegenden Ansicht auch coniunctim in einem Damnationslegat bedachte Legatare, wenn sie Kinder haben, gegenüber Erben mit Kindern vorzuziehen sind. Da diese Rechtsfolge offensichtlich unter den römischen Juristen streitig war (sed plerisque placuit), sah die lex Papia eine Bevorzugung von coniunctim bedachten Damnationslegataren nicht vor. Die Regel, dass der coniunctim bedachte Vindikationslegatar mit Kind(ern) zu bevorzugen war, muss dann auch auf Damnationslegatare ausgedehnt worden sein, die wörtlich verbunden eingesetzt worden waren. Coniunctim kann hierbei in Bezug auf das Damnationslegat nur eine wörtliche Verbindung meinen:202 Eine sachliche Verbindung von Damnationslegataren durch Einsetzung auf eadem res ist nicht möglich, da – wie bereits ausgeführt – immer nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf die Sache bzw. einen Anteil der Sache besteht. Die rein wörtliche Verbindung hatte daher im Bereich der Damnationslegate dieselbe Rechtsfolge wie die coniunctio im Sinne von Sabinus/ Gaius/Ulpian und Julian.203 Ob dieser „Effekt“ dann auch bei einer rein wörtlichen Verbindung im Vindikationslegat angenommen wurde, ergibt sich aus Gai. 2.208 noch nicht und muss daher an Hand der Quellen erst noch geprüft werden.204

_________________________________ 201

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 46 f. So auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 52 Rn. 145. 203 Voci, DER I, S. 719, der von einer falsa coniunctio spricht. 204 Vgl. unten zu Paul. D. 32.89, S. 81 ff. 202

VII. Die coniunctio bei Papinian

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VII. Die coniunctio bei Papinian205 VII. Die coniunctio bei Papinian

1. Ulp. D. 7.4.3.1 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum) Haec autem repetitio, quae fit post amissum capitis minutione usum fructum, quaeritur an et ius adcrescendi secum salvum habeat: ut puta Titio et Maevio usus fructus legatus est et, si Titius capite minutus esset, eidem usum fructum legavit: quaesitum est, si Titius ex repetitione usum fructum haberet, an inter eos ius adcrescendi salvum esset. Et Papinianus libro septimo quaestionum scribit salvum esse, perinde ac si alius esset Titio in usu fructu substitutus: hos enim tametsi non verbis, re tamen coniunctos videri. Es erhebt sich die Frage, ob diese Erneuerung, die nach Verlust des Nießbrauchs durch Statusänderung eintritt, auch das Anwachsungsrecht unberührt lässt. Wenn zum Beispiel Titius und Maevius ein Nießbrauch vermacht ist und [der Erblasser] Titius, wenn er eine Statusänderung erfährt, denselben Nießbrauch erneut vermacht hat. Dann stellt sich die Frage, ob zwischen ihnen das Anwachsungsrecht erhalten bleibt, wenn Titius durch die Erneuerung den Nießbrauch hat. Und Papinian schreibt im siebten Buch der Rechtsfragen, dass es erhalten bleibt, ebenso wie wenn ein anderer dem Titius in den Nießbrauch gefolgt sei; obgleich sie nicht als durch die Worte, aber als durch die Sache verbunden (coniunctos) anzusehen seien. Ulpian behandelt in D. 7.4.3.1 den Sonderfall der Anwachsung unter Mitvermächtnisnehmern nach Verlust des Nießbrauchs auf Grund einer Statusänderung eines der Legatare. Titius und Maevius wurde, durch die Konjunktion et verbunden, ein Nießbrauch vermacht und für den Fall, dass Titius eine Statusänderung erfährt, hat der Erblasser ihm den Nießbrauch nochmals vermacht. Titius und Maevius haben beide den Nießbrauch erworben, also jeweils durch ihr Zusammentreffen einen hälftigen Anteil am _________________________________ 205

D. 7.4.2 wird hier nicht exegetisch untersucht. Papinian behandelt dort die Frage, ob unter zwei separatim eingesetzten Nießbrauchsvermächtnisnehmern, denen der Nießbrauch jeweils jahreweise abwechselnd zusteht, Anwachsung stattfinden kann. Papinian lehnt eine Anwachsung ab, da durch die Abwechslung in der Nießbrauchsstellung kein Zusammentreffen der Legatare in Bezug auf das Recht des Nießbrauchs stattfinde. Einen Aufschluss über die Sichtweise des Papinian der coniunctio gibt die Stelle aber nicht. Zur Anwachsung unter Nießbrauchsvermächtnisnehmern vgl. Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 151 ff.; Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 381 ff. D. 28.6.41.4 betrifft die Einsetzung von Ersatzerben, ohne Papinians Sichtweise der coniunctio zu offenbaren. Ebenfalls nicht untersucht wird D. 36.2.25.pr, da dort die alternative Hinterlassung von Vermächtnisgegenständen behandelt wird. Auch D. 32.91.4 gibt keinen Aufschluss über Papinians Sichtweise der coniunctio, da es dort um die Verbindung von Gebäudeteilen geht.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

Nießbrauch erhalten.206 Die Statusänderung tritt tatsächlich ein, Titius verliert seinen Nießbrauchsanteil, der aber nicht dem Maevius anwächst, sondern auf Grund des Relegats207 unmittelbar erneut an Titius fällt. Fraglich sei dann, ob nach dem Neuerwerb des Nießbrauchsanteils durch Titius unter Titius und Maevius noch Anwachsung stattfinden könne. Zur Beantwortung dieser Frage zitiert Ulpian Papinian mit einer Entscheidung aus dem 17. Buch der Rechtsfragen. Papinian geht von einer Anwachsung auch nach Neuerwerb des Nießbrauchs aus, da der Fall so zu behandeln sei, wie wenn als Ersatz des Titius ein anderer Vermächtnisnehmer eingesetzt worden sei. Es liege zwar keine Verbindung durch die Worte, aber durch die Sache vor.208 Die Begründung des Papinian leuchtet unmittelbar ein: Auch wenn nicht der Titius, sondern ein anderer anstatt des Titius als Nachvermächtnisnehmer den Nießbrauch erworben hätte, würde Anwachsung stattfinden, da dann eine sachliche Verbindung über das Vermächtnis desselben Nießbrauchs vorliegt und dies für die Anwendung des Anwachsungsrechts nach der zur Zeit von Papinian einhellig vertretenen Ansicht ausreichend ist. Die Begründung des Papinian mag auf den ersten Blick trivial erscheinen, ist jedoch aus folgenden Gründen erforderlich: Vor der Statusänderung waren Titius und Maevius sowohl durch den Nießbrauch, also die Sache, als auch durch den Wortlaut des Vermächtnisses verbunden. Es lag eine coniunctio im Sinne von Sabinus/Gaius vor. Auf Grund der Statusänderung erwirbt Titius den Nießbrauch nun jedoch durch das ihm allein ausgesetzte Relegat, so dass die wörtliche Verbindung weggefallen ist. Es ist daher erforderlich, festzustellen, dass zumindest noch eine sachliche Verbindung vorliegt, die die Anwendung des Anwachsungsrechts ermöglicht. Abschließend festzuhalten ist, dass Papinian das Vorliegen einer coniunctio auch bei einer rein sachlichen Verbindung zu bejahen scheint. Allerdings ist auffällig, dass Papinian ebenso vorsichtig wie Ulpian in _________________________________ 206

Dass der Nießbrauch bereits erworben worden sein muss, ergibt sich daraus, dass eine Statusänderung vor Erwerb des Nießbrauchs nicht zum Verlust des Nießbrauchs führt, vgl. Ulp. D. 7.4.1.1 und Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 171. 207 „Relegat“ ist kein Begriff aus den römischrechtlichen Quellen, sondern wird hier verwendet, um verkürzt den Fall zu bezeichnen, dass ein Erblasser einem Vermächtnisnehmer ein Vermächtnis für den Fall, dass er es verliert, nochmals vermacht. 208 Teilweise wird der letzte Halbsatz verdächtigt, nicht von Papinian, sondern von einem späteren Kommentator zu stammen, vgl. Vaccaro Delugo (S. 56–58 mit Fn. 2), der von einem sapore di commento spricht, Guarneri Citati (Indice delle parole, S. 86) und Wieacker (Textstufen, S. 290 Fn. 61 und Studi St. Arangio-Ruiz IV, S. 246 Fn. 27). Da dieser Verdacht sich jedoch lediglich auf das Wort tametsi stützt, ist er unbegründet. Im Sprachstil des 2. und 3. Jhdts. n.Chr. war tametsi durchaus üblich und ist daher nicht zu beanstanden (vgl. Kaser, Zur Methodologie der römischen Rechtsquellenforschung (1972), S. 51; Lohsse, S. 172 Fn. 475; zur Verwendung von tametsi schon bei Cäsar, Plautus, Cicero, Livius und Quintilian vgl. Kühner/Stegmann II, S. 439 f.).

VII. Die coniunctio bei Papinian

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D. 28.5.15.pr (Ulpianus libro septimo ad Sabinum) formuliert: re tamen coniunctos videri, Papinian also noch das ursprüngliche Verständnis der coniunctio im Sinne von Sabinus/Gaius gehabt haben, den Begriff (und nicht nur seine Rechtsfolge, wie Julian in Vat. 75.3) aber auf den Tatbestand der rein sachlichen Verbindung übertragen haben könnte. Die Formulierung re tamen coniunctos videri könnte aber auch Ulpians Sicht der Dinge widerspiegeln, falls er die Entscheidung des Papinian in eigenen Worten wiedergegeben hat. Hierfür könnte die Ähnlichkeit der hiesigen Formulierung mit der in D. 28.5.15.pr sprechen. Allerdings sprechen zwei Gründe dafür, dass Ulpian in D. 28.5.15.pr die Formulierung seines Lehrers Papinian übernommen hat. Zum einen verwendet Ulpian die indirekte Rede. Und zum anderen wird die im unmittelbar darauf folgenden § 2 wiedergegebene Formulierung an viderentur coniuncti ausdrücklich als Papinians eigene Aussage wiedergegeben: 2. Ulp. D. 7.4.3.2 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum) Idem Papinianus quaerit, si Titio et Maevio usu fructu legato in repetitione usus fructus non totum, sed partem Titio relegasset, an viderentur coniuncti. Et ait, si quidem Titius amiserit, totum socio adcrescere: quod si Maevius amississet, non totum adcrescere, sed partem ad eum, partem ad proprietatum redire. quae sententiam habet rationem: neque enim potest dici eo momento, quo quis amittit usum fructum et resumit, etiam ipsi quicquam ex usu fructu adcrescere: placet enim nobis ei qui amittit usum fructum ex eo quod amittit nihil adcrescere. Derselbe Papinian behandelt die Frage, ob Titius und Maevius als coniuncti anzusehen seien, wenn ihnen ein Nießbrauch hinterlassen ist und [der Erblasser] in Bezug auf die Erneuerung des Nießbrauchs Titius nicht alles, sondern nur einen Teil wiedervermacht hat. Und er sagt, wenn Titius [seinen Teil] verliert, wachse alles dem Gesellschafter an. Wenn aber Maevius [seinen Teil] verliert, wachse ihm [dem Titius] nicht alles an, sondern ihm komme ein Teil zu und ein Teil kehre zum Eigentum zurück. Diese Meinung ist vernünftig; und man kann nicht sagen, dass jemandem in dem Moment, in dem er den Nießbrauch verliert und wiederbekommt, ihm auch etwas von dem Nießbrauch anwächst; es ist nämlich unsere Ansicht, dass dem, der einen Nießbrauch verliert, aus dem, was er verliert, nichts anwächst. Papinian stellt hier die Frage, ob zwischen Titius und Maevius auch dann noch eine coniunctio angenommen werden kann, wenn Titius für den Fall des Verlustes auf Grund Statusänderung nicht, wie im ersten Fall, der ganze Nießbrauch nochmals vermacht ist, sondern nur ein Teil des Nießbauchs.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

a) Coniunctio bei Teilbestimmung durch den Erblasser? Auf den ersten Blick scheint Papinian – vor dem Hintergrund des bereits unter Ziffer 1 beschriebenen Sonderfalls – die hier schon mehrfach behandelte Frage zu erörtern, ob bei einer ausdrücklichen Teilbestimmung durch den Erblasser eine coniunctio angenommen werden und Anwachsung stattfinden kann. Diese Frage beantwortet er sodann im nächsten Satz grundsätzlich positiv, in dem er ausführt, dass dem Maevius für den Fall, dass Titius zunächst seinen Teil des Nießbrauchs auf Grund des Relegats neu erworben hat und dann ausfällt, dessen gesamter Teil anwachse.209 Diese Entscheidung entspricht den in D. 32.80 (Celsus libro tricesimo quinto digestorum) von Celsus wiedergegebenen Voraussetzungen für die coniunctio. Maevius und Titius waren ursprünglich auf den gesamten Nießbrauch eingesetzt und haben zunächst wegen ihres Zusammentreffens nur jeweils die Hälfte erhalten. Dann fällt Titius auf Grund der Statusänderung weg und erwirbt zugleich nun wegen des erneuten Zusammentreffens mit Maevius nur die Hälfte des ihm im Relegat zugedachten Teils. Maevius bekommt auf Grund des erneuten Zusammentreffens mit Titius zwar die Hälfte der dem Titius zugedachten Quote und ein eventueller Überschuss aus der ursprünglichen Hälfte des Titius wächst ihm noch dazu an, er hat aber immer noch nicht den gesamten Nießbrauch, concursu partes fiunt. Bei Ausfall des Titius muss Maevius mithin dessen Anteil anwachsen. Wie groß der dem Titius vermachte und dem Maevius anwachsende Teil ist, teilt Papinian in dem Fragment nicht mit. Dies ist aber auch nicht erforderlich, da die Information, dass dem Titius im Gegensatz zum Maevius statt des gesamten Nießbrauchs nur ein Teil vermacht ist, für die Entscheidung der Rechtsfrage _________________________________ 209 Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass Papinian sich hier nicht mit den Folgen des Wegfalls der Mitvermächnisnehmer nach Eintritt des Relegatsfalls beschäftige, sondern die Anwachsung im Zeitpunkt des Eintritts des Relegatsfalls behandle (Baron, Gesammtrechtsverhältnisse S. 187). Die Namen Titius und Maevius seien zu vertauschen und die Quelle sei wie folgt zu lesen: si quidem Maevius amiserit, totium socio adcrescere; quodsi Titius amisisset. Zuerst falle Maevius weg, woraufhin bei Titius Anwachsung des gesamten Teils des Maevius stattfinde. Daraufhin trete der Relegatsfall ein und Titius bekomme nur noch den ihm vermachten Teil, der Rest falle an das Eigentum zurück. Diese Ansicht ist zum einen mit der zentralen Frage der Quelle, ob Titius und Maevius in Bezug auf das Relegat noch als coninctim eingesetzt betrachtet werden können, nicht vereinbar. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Papinian im Anschluss an diese Frage die Rechtsverhältnisse vor Eintritt des Relegatsfalls erörtern sollte (vgl. Vangerow II, S. 541; Arndts in: Glück’s Pandekten Bd. 48 S. 154; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 172 Fn. 477). Zum anderen ist es sprachlich nicht haltbar, beide Legatare hintereinander ausfallen zu lassen, da mit den konditionalen Subjunktionen si und quodsi jeweils eine hypothetische Fallalternative eingeleitet wird (vgl. Vangerow II, S. 541).

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ausreicht. Zum besseren Verständnis soll der Fall jedoch mit einer Beispielrechnung verdeutlicht werden: Ursprünglich war der Nießbrauch Titius und Maevius jeweils ganz vermacht, deshalb erwarben sie bei ihrem Zusammentreffen je ½. Wenn der Erblasser nun, was am wahrscheinlichsten ist, bspw. im Relegat bestimmt hat, dass Titius „seine“ Hälfte neu erwerben soll, sind Maevius und Titius im Verhältnis 1 zu ½ bedacht. Folgt man, wie bereits zu D. 31.41.pr (Iavolenus libro septimo epistolarum) dargestellt, der Ansicht, dass in einem solchen Fall eine verhältnismäßige Verteilung stattfindet, bekommt Maevius nun 2/3 und Titius erhält 1/3, concursu partes fiunt. Bei Ausfall des Titius wächst Maevius dessen 1/3 an.210 b) Teilbildung und Relegat Auch die Beantwortung der nächsten Frage scheint vor diesem Hintergrund ohne Weiteres den von Celsus in D. 32.80 formulierten Anwachsungsregeln zu entsprechen: Für den Neuerwerb des Nießbrauchs hat der Erblasser eine Teilbestimmung und damit eine Beschränkung des Titius lediglich auf einen Teil des Nießbrauchs vorgenommen. Durch das Zusammentreffen mit Maevius hat Titius nach Neuerwerb seines (von Papinian nicht bezifferten) Teils des Nießbrauchs diesen nicht in vollem Umfang, sondern nur durch verhältnismäßige Teilung erhalten, concursu partes fiunt. Nach Ausfall des Maevius kann Titius nur die im Wege des Zusammentreffens an Maevius gegangene Quote seines Teils anwachsen, da er auf Grund der Teilbestimmung auf den ihm ausdrücklich zugewiesenen Teil beschränkt ist. Der restliche Teil des Maevius muss daher an den Eigentümer gehen.211 Eine Bezifferung des an Titius vermachten Teils ist wiederum nicht nötig, da dies zur Beantwortung der Frage, in welchem Umfang Anwachsung stattfinden kann, nicht erforderlich ist. Zum besseren Verständnis soll aber hier die unter 2.1 begonnene Beispielrechnung fortgeführt werden: War dem Titius 1/2 vermacht, erhält Maevius im Wege der verhältnismäßigen Teilung 2/3 und Titius erhält 1/3, so dass er auf Grund dieser Teilbildung 1/6 an Maevius verliert. Bei Ausfall des Maevius kann ihm _________________________________ 210

Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 175; Vangerow II, S. 538; wenn man der Meinung folgt, dass die Vermächtnisnehmer nur hinsichtlich der übereinstimmenden Teile konkurrieren, treffen Titius und Maevius hier nur in Bezug auf die im Relegat vermachte Hälfte zusammen, so daß Titius ¼ erhält und Maevius ¾, vgl. Ferrini, Legati, S. 179, 673, 674; Glosse ad h.l. (wo allerdings das Ergebnis ¾–¼ dadurch erzielt wird, dass der Teil, der dem Titius im Relegat vermacht sei, nicht als Hälfte des ganzen Nießbrauchs, sondern als Hälfte der ihm bereits im ersten Legat vermachten Hälfte zu verstehen sei, vgl. hierzu auch Vangerow II, S. 539). 211 So auch Voci, DER II, S. 313, 314 Fn. 237.

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dann nur das im Wege des Zusammentreffens mit Maevius verlorene 1/6 anwachsen, weil er auf Grund der Teilbestimmung insgesamt auf 1/2 beschränkt ist. Die restliche Hälfte fällt an das Eigentum. Die Lösung Papinians ist mithin über die allgemeinen Anwachsungsregeln ohne weiteres erklärbar. Maevius und Titius sind trotz der Teilbestimmung im Relegat weiterhin sachlich verbunden, Titius kann aber auf Grund der vom Erblasser durch die Teilbestimmung vorgenommenen Beschränkung nichts über den ihm vermachten Teil hinaus anwachsen.212 c) Anwachsung trotz Verlust bei Statusänderung? Vangerow hat demgegenüber angenommen, dass das auf Grund der im Relegatsfall entstehenden Teilbildung verlorene 1/6 nicht dem Titius anwachsen könne, da er dieses zunächst auf Grund der Statusänderung verloren habe. Dies sei mit der an die Ausführungen Papinians anschließenden Begründung Ulpians gemeint.213 Allerdings erwerbe Titius die ursprüngliche Hälfte des Maevius, da er diese ja nicht durch die Statusänderung, sondern durch das Zusammentreffen mit Maevius verloren habe, so dass er bei Ausfall des Maevius insgesamt 5/6 bekomme und 1/6 an das Eigentum gingen.214 Dies überzeugt jedoch nicht. Das an Maevius verlorene 1/6 hat Titius ja erst auf Grund des Relegats im Wege des Zusammentreffens mit Maevius verloren. Ulpian meint vielmehr sehr wahrscheinlich mit seiner Begründung, dass Titius auf Grund der Statusänderung zunächst den Nießbrauch, der ihm auf Grund des ursprünglichen Vermächtnisses insgesamt vermacht war, verloren hat, also auch die dem Maevius im Wege der Teilbildung zugefallene Hälfte und das diesbezügliche Anwachsungsrecht, so dass ihm aus dem ersten Vermächtnis nichts mehr anwachsen kann.215 Da ihm gemäß dem zweiten Vermächtnis nur ein Teil des Nießbrauchs zusteht, kann nur Anwachsung bis zur Erreichung des vermachten Teils stattfinden, in unserem Beispiel also nur bis zur Hälfte. d) Die coniunctio bei Papinian Abschließend ist festzuhalten, dass D. 7.4.3.2 die zu D. 7.4.3.1 aufgestellte These bestätigt, dass Papinian noch das ursprüngliche Verständnis der _________________________________ 212

So auch Voci, DER II, S. 313, 314 Fn. 237; im Ergebnis so auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 176–181. 213 Die unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur bzgl. des Erlöschens des Anwachsungsrechts durch die capitis deminutio, die an die an Papinians Ausführungen anschließende Begründung Ulpians in D. 7.4.3.2 anknüpfen, sollen hier nicht wiedergegeben werden, da sie keinen Bezug zu dem hier zu untersuchenden Verständnis des Papinian von der coniunctio haben. Vgl. hierzu statt aller Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 176–181. 214 Vangerow II, S. 538 f. 215 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 180 f.

VIII. Die coniunctio bei Paulus

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coniunctio im Sinne von Sabinus/Gaius hatte, eine Anwachsung aber auch bei einer rein sachlichen Verbindung bejahte und daher die Rechtsfolge des Begriffs (der ursprünglich den Tatbestand bildete) auf den Tatbestand der rein sachlichen Verbindung übertrug.

VIII. Die coniunctio bei Paulus216 VIII. Die coniunctio bei Paulus

1. D. 50.16.142 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) Triplico modo coniunctio intellegitur: aut enim re per se coniunctio contingit, aut re et verbis, aut verbis tantum. Nec dubium est, quin coniuncti sint, quos et nominum et rei complexus iungit, veluti „Titius et Maevius ex parte dimidia heredes sunto“, vel ita „Titius Maeviusque heredes sunto“, vel „Titius cum Maevio ex parte dimidia heredes sunto“. videamus autem, ne etiam si hos articulos detrahas „et“, „que“, „cum“, interdum tamen coniunctos accipi oporteat, veluti „Lucius Titius, Publius Maevius ex parte dimidia heredes sunto“, vel ita „Publius Maevius, Lucius Titius heredes sunto. Sempronius ex parte dimidia heres esto“, ut Titius et Maevius veniant in partem dimidiam et re et verbis coniuncti videantur. „Lucius Titius ex parte dimidia heres esto. Seius ex parte, qua Lucium Titium heredem institui, heres esto. Sempronius ex parte dimidia heres esto”. Iulianus dubitari posse, tres semisses facti sint an Titius in eiundem semissem cum Gaio Seio institutus sit. sed eo, quod Sempronius quoque ex parte dimidia scriptus est, verisimilius esse in eiundem semissem duos coactos et coniunctim heredes scriptos esse. Eine coniunctio wird auf dreierlei Weise verstanden: entweder tritt eine coniunctio allein durch die Sache, oder durch die Sache und Worte, oder _________________________________ 216 Folgende Paulus-Fragmente zu erbrechtlichen Fallgestaltungen, in denen die Begriffe coniunctio bzw. separatim vorkommen, werden hier nicht untersucht: D. 7.9.8 behandelt den Sonderfall der Sicherheitsleistung unter Nießbrauchern und gibt keinen Aufschluss über Paulus’ Sichtweise der coniunctio. So verhält es sich auch bei dem Fragment D. 28.6.43.1, in dem Paulus sich mit der Einsetzung mehrerer Ersatzerben beschäftigt. In D. 29.1.38.1 geht es nicht um eine coniunctio in einer testamentarischen Verfügung, sondern um die Verbindung von mehreren Militärzeiten eines testierenden Soldaten. D. 29.2.68 bezieht sich mit dem Wort separatim auf unterschiedliche Zeiträume für den Erbschaftsantritt, nicht auf eine letztwillige Verfügung. D. 32.92.pr gibt ebenfalls keinen Aufschluss über die coniunctio, sondern betrifft die Konstellation, dass der Erblasser bei dem Vermächtnis eines Landguts übersehen hat, dass sich dort auch noch Kaufurkunden über Sklaven und andere Weingüter befinden. D. 33.8.3 betrifft den Tod einer vermachten Sklavin und nicht die coniunctio in einer testamentarischen Verfügung. In D. 40.5.39.1 bezeichnet coniunctio die familiäre Verbindung. D. 50.16.29 betrifft den Ediktstitel De itinere actuque, vgl. Lenel, Palingenesie, Spalte 1082. Zu D. 50.16.28.1 vgl. oben Fn. 341.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

durch Worte allein ein. Und es gibt keinen Zweifel, dass diejenigen verbunden sind, die sowohl die Zusammenfassung der Namen als auch der Sache verbindet, wie z.B. bei „Titius und Maevius sollen Erben sein“, oder „Titius soll mit Maevius zur Hälfte Erbe sein“. Wir müssen aber auch untersuchen, ob man sie nicht auch bisweilen dann als verbunden ansehen muss, wenn man die Wörter et, que und cum weglässt, wie z.B. „Lucius Titius, Publius Maevius sollen zur Hälfte Erben sein“ oder so „Publius Maevius, Lucius Titius sollen Erben sein; Sempronius soll zur Hälfte Erbe sein“, so dass Titius und Maevius auf eine Hälfte kommen und als durch die Sache und die Worte verbunden angesehen werden. „Lucius Titius soll zur Hälfte Erbe sein. Seius soll zu dem Teil, auf den ich Lucius Titius als Erben eingesetzt habe, Erbe sein. Sempronius soll zur Hälfte Erbe sein.“ Julian sagt, man könne zweifeln, ob drei Teile geschaffen worden seien oder ob Titius mit Gaius Seius auf dieselbe Hälfte eingesetzt worden sei. Es sei aber wahrscheinlicher, dass die beiden auf dieselbe Hälfte zusammengezogen und daher verbunden als Erben eingesetzt seien, weil Sempronius auch zur Hälfte als Erbe eingesetzt sei. Dieses Fragment des Paulus lässt sich inhaltlich in drei Abschnitte aufteilen.217 a) D. 50.16.142: Teil 1 Triplico modo coniunctio intellegitur: aut enim re per se coniunctio contingit, aut re et verbis, aut verbis tantum. Neben Gai. 2.199 und Cels. D. 32.80 (Celsus libro tricesimo quinto digestorum) ist die vorliegende Quelle des Paulus die einzige, die ausdrücklich die Voraussetzungen für das Vorliegen einer coniunctio nennt. Paulus unterscheidet folgende drei Verbindungen mehrerer Bedachter: die Verbindung nur durch die Sache (coniunctio re), nur durch die Worte (coniunctio verbis) und durch die Sache und die Worte (coniunctio re et verbis). Diese Terminologie ist so griffig, dass sie in der römischrechtlichen Literatur seit jeher zur Darstellung des Rechtsinstituts coniunctio verwendet wird. In den überlieferten Quellen kommt sie allerdings lediglich in den drei spätklassischen Fragmenten D. 50.16.142 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam), D. 32.89 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) und D. 7.4.3.1 (Ulpianus libro septimo decimo ad Sabinum) vor. Es ist daher davon auszugehen, dass sie erst in der Spätklassik verwendet wurde. Dies ist angesichts des bereits beschriebenen Wandels im Verständnis der coniunctio auch nicht verwunderlich: Bis zur Zeit von Javolen und Julian ging man, wie bereits zu Vat. 75.1 ausführlich dargelegt und erläu_________________________________ 217

So auch Voci, DER I, S. 720 f.

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tert, einhellig davon aus, dass eine coniunctio nur im Falle einer wörtlichen und sachlichen Verbindung vorliegen könne, mit Paulus gesprochen: bei einer coniunctio re et verbis, wobei die sachliche Verbindung vermutlich von der wörtlichen Verbindung abhängig war. Erst Celsus nimmt das Vorliegen einer coniunctio auch für den Fall an, dass lediglich eine sachliche Verbindung (in Form von Miteigentum nach Bruchteilen im Falle des Zusammentreffens beim Erwerb), mit den Worten von Paulus eine coniunctio re, vorliegt. Javolen, Julian, Gaius und Ulpian bleiben allerdings bei der Ansicht, dass eine coniunctio nur beim kumulativen Vorliegen der wörtlichen und sachlichen Verbindung angenommen werden kann, bejahen die Anwachsungsvoraussetzungen aber auch bei einer bloßen coniunctio re. Die Überlegung, ob eine coniunctio auch bei einer rein wörtlichen Verbindung vorliegt, findet sich, wie in Bezug auf D. 28.5.67 (66) (Pomponius libro primo ad Quintum Mucium) dargestellt, in den Quellen zum ersten Mal bei Pomponius und wird dort verworfen. Dann beschäftigt sich erst wieder Gaius mit der rein wörtlichen Verbindung, allerdings in Bezug auf einen Spezialfall des ius caducum. In keiner dieser Quellen wird jedoch der Begriff coniunctio verbis verwendet, so dass davon auszugehen ist, dass die Terminologie coniuncto re et verbis, coniunctio re und coniunctio verbis von Paulus stammt. Astolfi218 vermutet zwar auf Grund von Pap.-Ulp. D. 7.4.3.1, dass Paulus die Dreiteilung von Papinian übernommen haben könnte, der Wortlaut der Quelle stützt diese Annahme aber nicht hinreichend: „et Papinianus libro septimo decimo quaestionum scribit salvum esse, perinde ac si alius esset Titio in usu fructu substitutus: hos enim tametsi non verbis, re tamen coniunctos videri.“ Die hier von Papinian gegenübergestellten Konstellationen betreffen wiederum nur die Frage, ob eine coniunctio re et verbis oder eine bloße coniunctio re vorliegt. Eine reine coniunctio verbis hatte Papinian offensichtlich gar nicht im Blick, weshalb nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit gesagt werden kann, dass er auch diese Unterscheidungsform kannte und verwendet hat. Es ist daher auf Grund der Quellenlage davon auszugehen, dass die Dreiteilung von Paulus stammt. Dies umso mehr, als Paulus für seine Affinität zu Worterklärungen und sein Interesse an einer Systematisierung bekannt ist und neben Ulpian der Jurist ist, von dem die meisten Fragmente in den Digestentitel D. 50.16 De verborum significatione übernommen wurden. In die 246 Fragmente dieses Titels haben die Kompilatoren 63 Texte aus den Werken des Paulus übernommen. 80 Exzerpte stammen von Ulpian. Hinzu kommt D. 50.16.244 (Labeo libro quarto Pithan. a Paulo _________________________________ 218

Astolfi, La lex Iulia et Papia, S. 260.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

epit.), ein Fragment, in dem Paulus sich mit Labeos Identifikation von poena und multa beschäftigt. Statistisch ergibt sich somit für diesen Titel ein relatives Übergewicht der Paulus-Texte über die Ulpian-Texte (1:1,25) im Vergleich zur „Normalverteilung“ 1:2. Paulus scheint sich also am meisten für die Bedeutung von Worten interessiert zu haben, sofern die Auswahlmethode der Kompilatoren einen hinreichend sicheren Schluß zuläßt. Seine Neigung zu Worterklärungen wird zudem durch zahlreiche andere, nicht in D. 50.16 enthaltene Texte bestätigt.219 b) D. 50.16.142: Teil 2 Nec dubium est, quin coniuncti sint, quos et nominum et rei complexus iungit, veluti „Titius et Maevius ex parte dimidia heredes sunto“, vel ita „Titius Maeviusque heredes sunto“, vel „Titius cum Maevio ex parte dimidia heredes sunto“. videamus autem, ne etiam si hos articulos detrahas „et“, „que“, „cum“, interdum tamen coniunctos accipi oporteat, veluti „Lucius Titius, Publius Maevius ex parte dimidia heredes sunto“, vel ita „Publius Maevius, Lucius Titius heredes sunto. Sempronius ex parte dimidia heres esto“, ut Titius et Maevius veniant in partem dimidiam et re et verbis coniuncti videantur. Im zweiten Teil veranschaulicht Paulus zunächst durch drei Beispiele, wann unter Erben eine coniunctio re et verbis vorliegt. Dies soll der Fall sein, wenn die Namen der Bedachten durch eine Konjunktion verbunden sind und die gesamte Erbschaft oder denselben Erbteil (was Paulus mit rei complexus umschreibt) erhalten sollen. Die coniunctio re et verbis des Paulus entspricht somit, wie bereits ausgeführt, der ursprünglichen, streng formalen Sichtweise von Sabinus/Javolen/Julian/Gaius und Ulpian. Dass Paulus hier die Konjunktionen et, -que und cum ausdrücklich nennt, liegt daran, dass – wie bereits zu D. 30.36.2 (Pomponius libro sexto ad Sabinum) ausgeführt – ursprünglich für eine coniunctio nur die Konjunktion et akzeptiert wurde und daher klargestellt werden musste, dass -que und cum für eine wörtliche Verbindung gleichwertig waren. Im Anschluss daran beschäftigt sich Paulus mit der Frage, ob nicht auch bei einer asyndetischen Aneinanderreihung der Namen eine coniunctio re et verbis vorliege. Er bejaht dies, in dem er für die Einsetzung „Publius Maevius, Lucius Titius heredes sunto. Sempronius ex parte dimidia heres esto“ zu dem Ergebnis kommt, dass Titius und Maevius auf dieselbe Hälfte eingesetzt seien und re et verbis coniuncti videantur. Die Formulierung videamus autem, ne etiam si… am Anfang des Satzes und die Verwendung von videri am Ende zeigen in diesem Zusammenhang, dass erst zur Zeit des Paulus bedacht worden zu sein scheint, dass auch ein Asyndeton zu _________________________________ 219

Vgl. zum gesamten Absatz Spengler, S. 153–156.

VIII. Die coniunctio bei Paulus

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einer Verbindung nach dem Wortlaut führt. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die asyndetische Aneinanderreihung von Eigennamen eigentlich nur in der offiziellen Sprache, z.B. bei der chronologischen Aufzählung von Amtsgenossen, üblich war, während Eigennamen, wie bereits mehrfach ausgeführt, in testamentarischen Verfügungen traditionell mit et verbunden wurden.220 c) D. 50.16.142: Teil 3 Lucius Titius ex parte dimidia heres esto. Seius ex parte, qua Lucium Titium heredem institui, heres esto. Sempronius ex parte dimidia heres esto”. Iulianus dubitari posse, tres semisses facti sint an Titius in eiundem semissem cum Gaio Seio institutus sit. sed eo, quod Sempronius quoque ex parte dimidia scriptus est, verisimilius esse in eiundem semissem duos coactos et coniunctim heredes scriptos esse. Der dritte Teil beginnt mit einem Beispiel, in dem zwei Erben auf denselben Teil in zwei unterschiedlichen Sätzen ohne wörtliche Verbindung eingesetzt werden. Dann werden die Zweifel des Julian aus D. 28.5.15.pr (Ulpianus libro septimo ad Sabinum)221, ob hier drei „Hälften“ vererbt worden seien oder ob Titius und Gaius Seius auf dieselbe Hälfte eingesetzt seien, berichtet. Daran schließt sich dessen Lösung an, daß es auf Grund der zusätzlichen Einsetzung des Sempronius auf eine Hälfte wahrscheinlicher sei, daß die beiden anderen coniunctim auf dieselbe Hälfte eingesetzt sind.222 Paulus zieht hier also als Beispiel für die coniunctio re die Fallgestaltung heran, die in der Frühklassik nicht und in der Hochklassik ohne Vorbehalte nur von Celsus als coniunctio eingeordnet wurde (Ulpian und Papinian formulieren vorsichtig coniunctim videri institutos). Wie bereits mehrfach erläutert, bezeichnen Gaius, Javolen, und Julian die hier von Paulus geschilderte Konstellation dagegen mit separatim oder disiunctim als Gegensatz zu ihrem Begriff der coniunctio223, wobei die hier geschilderten Überlegungen von Julian zeigen, dass mit der neuen Anwachsungslehre eine Entwicklung dahingehend beginnt, den Begriff coniunctio auf die „neuen“ Anwachsungsvoraussetzungen zu übertragen. Aus der Tatsache, dass Paulus hier ausdrücklich von einer coniunctio spricht, lässt sich schließen, daß er sich der Auffassung des Celsus von der coniunctio anschließt.224 _________________________________ 220

Draeger, Historische Syntax der lateinischen Sprache, 2. Band, S. 189 ff.; Liv. B.31.4; Cic. Fam. 8.8.5–8. 221 Vgl. oben unter III. (S. 28 ff.); hierzu auch Astolfi, La lex Iulia et Papia, S. 261. 222 Harke, Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana, S. 313. 223 Vgl. bspw. Gai. 2.199 und Vat. 75. 224 Voci, DER I, S. 722.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

Damit endet D. 50.16.142, ohne ein Beispiel für die coniunctio verbis anzuführen, mit der Paulus notwendiger Weise die oben schon genannte rein wörtliche Verbindung gemeint haben muß. Da ein Beispiel nach der im ersten Teil vorgenommenen Dreiteilung jedoch zu erwarten gewesen wäre, wird angenommen, daß der ursprüngliche Text in diesem Fragment von den Kompilatoren nicht vollständig mitgeteilt wurde.225 Hierfür spricht zudem, daß Paulus am Ende der Meinung des Celsus zu folgen scheint und hier eigentlich im Anschluss eine Wiedergabe dieser Meinung und die Berufung auf Celsus zu erwarten wären.226 d) Bezugspunkt des Fragments Es wurde jedoch in der Literatur bezweifelt, daß Paulus sich im vorliegenden Fragment überhaupt mit dem Anwachsungsrecht beschäftigt, da es dem 6. Buch des Kommentars des Paulus zur lex Iulia et Papia entstammt.227 Da die coniunctio auch im Bereich der Kaduzitätsgesetze, dort bei der Bevorzugung des collegatarius coniunctus, eine Rolle spielt und von der lex Papia nicht definiert wurde, könnte das Fragment sich ausschließlich auf die Auslegung der coniunctio in diesem Zusammenhang beziehen.228 Hiergegen spricht zunächst, dass das Kaduzitätsrecht sehr eng mit dem Anwachsungsrecht verknüpft ist, weil es dieses nur in bestimmten Fällen beschränkte und aufhob. Es ist daher gut vorstellbar, daß Paulus die Regelung des Anwachsungsrechts, die schon auf Grund dieses engen Zusammenhangs für das Kaduzitätsrecht Relevanz hatte, in einem Kommentar zu den leges Iulia et Papia behandelt. So gibt es auch viele andere Quellen, die zwar aus Kommentaren zu den leges Iulia et Papia stammen, sich aber trotzdem eindeutig mit dem Anwachsungsrecht beschäftigen.229 Dagegen, dass Paulus sich in D. 50.16.142 ausschließlich mit dem Kaduzitätsrecht beschäftigt, spricht des Weiteren, dass aus den sonst überlieferten Quellen nur eine Bevorzugung des collegatarius coniunctus hervorgeht, Paulus sich hier aber mit der coniunctio unter Erben beschäftigt und die Bevorzugung eines coheres coniunctus nach den Kaduzitätsgesetzen in keiner anderen uns überlieferten Quelle erörtert wird.230 Da in Gai. 2.207 _________________________________ 225

Voci, DER I, S. 722; Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 352; Zimmermann, Coniuncti verbis tantum, SZ 101 (1984), S. 241. 226 Voci, DER I, S. 721 f. 227 z.B. Rudorff, Über die caducorum vindicatio, ZGRW 6 (1828), S. 419 ff.; Vaccaro Delogu, S. 69. 228 Rudorff, ZGRW 6 (1828), Über die caducorum vindicatio, S. 419, 420. 229 Gai. D. 29.2; Ulp. D. 29.83; Gai. D. 31.55.pr.; Terent. Clem. D. 31.59; Vaccaro Delogu, S. 64 1. 230 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 57.

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der coheres coniunctus nicht erwähnt wird, könnte es sein, daß die Bevorzugung auf den collegatarius coniunctus beschränkt war.231 Allerdings wäre auch vorstellbar, daß die lex Papia dem coheres coniunctus eine Bevorzugung „analog“ zu der Bevorzugung des collegatarius coniunctus einräumte.232 Es gibt zwar keine direkten Beweise für eine solche Analogie. D. 32.80 (Celsus libro tricesimo quinto digestorum) stammt jedoch aus dem 25. Buch der Digesten, das sich auf Titel 7 der leges Iulia et Papia bezieht.233 Trotz dieses Bezugs beschäftigt sich Celsus hier eindeutig sowohl mit dem ius antiquum als auch mit der lex Papia und nennt ein und dieselbe Definition für die coniunctio bei der heredis institutio und dem Vermächtnis. Hieraus könnte nun gefolgert werden, dass es neben der Bevorzugung des collegatarius coniunctus auch eine Bevorzugung des coheres coniunctus im Kaduzitätsrecht gab.234 Diese Schlussfolgerung ist jedoch nicht zwingend, da Celsus die coniunctio für die heredis institutio und die Legate vor dem Hintergrund von ius antiquum und lex Papia auch nur deshalb definieren könnte, weil das Verständnis des Kaduzitätsrechts das Verständnis des Anwachsungsrechts voraussetzt. Daher ist auch für das vorliegende Paulus-Fragment davon auszugehen, dass es sich auf beide Rechtsgebiete bezieht, aber nicht zwingend eine Bevorzugung des collegatarius coniunctus auch im Kaduzitätsrecht voraussetzt. 2. Dig. 32.89 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) 235 Re coniuncti videntur, non etiam verbis, cum duobus separatim eadem res legatur. item verbis, non etiam re: „Titio et Seio fundum aequis partibus do lego“, quoniam semper partes habent legatarii. praefertur igitur omnimodo ceteris, qui et re et verbis coniunctus est. quod si re tantum coniunctus sit, constat non esse potiorem. si vero verbis quidem coniunctus sit, re autem non, quaestionis est, an coniunctus potior sit: et magis est, ut et ipse praeferatur. Durch die Sache, nicht auch durch die Worte, scheinen sie verbunden zu sein, wenn zweien getrennt dieselbe Sache vermacht wird. Ebenso durch die Worte, nicht auch durch die Sache: „Dem Titius und dem Seius gebe und vermache ich das Grundstück zu gleichen Teilen“, weil die Vermächt_________________________________ 231 Vaccaro Delogu, S. 63: Die von Rudorff angeführten Beispiele seien ohne Zweifel auf das Anwachsungsrecht bezogen. 232 Astolfi, La lex Iulia et Papia, S. 259. 233 Lenel, Palingenesie I, Spalte 165. 234 Astolfi, S. 260. 235 Nach Lenel, Palingenesie II, Spalte 1132, und Astolfi, La lex Iulia et Papia, S. 387, ist D. 32.89 als palingenetisch zusammengehörig mit D. 50.16.142 und als dieser nachfolgend anzusehen.

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nisnehmer immer Teile haben. Es wird nun der, welcher sowohl durch die Sache als auch durch die Worte verbunden ist, in jeder Hinsicht den Übrigen vorgezogen. Wenn aber jemand nur durch die Sache verbunden sein sollte, ist bekannt, dass er nicht vorgehe. Wenn aber jemand durch die Worte verbunden sein sollte, nicht aber durch die Sache, ist die Frage, ob der Verbundene vorgehe. Und es spricht mehr dafür, daß auch er vorgezogen werde. a) Die coniunctio bei Legaten In diesem Fragment befasst sich Paulus nun mit dem Begriff der coniunctio im Zusammenhang mit Legaten. Es ist eines der in der Literatur am meisten umstrittenen und bearbeiteten Fragmente. Es soll zum besseren Verständnis in fünf Teile gegliedert werden:236 aa) Re coniuncti videntur, non etiam verbis, cum duobus separatim eadem res legatur Hier spricht Paulus von einer coniunctio re für den Fall, daß eine Sache zwei Personen separatim (also ohne wörtliche Verbindung) durch Vindikationslegat237 zugewendet wird. Die Verwendung von separatim für die Konstellation der coniunctio re zeigt erneut, dass separatim in den römischen Quellen zum Anwachsungs- und Kaduzitätsrecht immer nur das Fehlen der wörtlichen Verbindung bei sachlicher Verbindung bezeichnet. bb) item verbis, non etiam re: „Titio et Seio fundum aequis partibus do lego“, quoniam semper partes habent legatarii Hier gibt Paulus nun das Beispiel für eine Verbindung nur durch die Worte, das in D. 50.16.142 fehlt: Titius und Seius wird ein Landgut zu gleichen Teilen durch ein Vindikationslegat238 zugewendet. Die Verbindung nur durch die Worte begründet Paulus damit, daß Vermächtnisinhaber in diesem Fall semper partes habent. cc) praefertur igitur omnimodo ceteris, qui et re et verbis coniunctus est Hier führt Paulus aus, daß der re et verbis coniunctus den Übrigen vorzuziehen sei. Mit ceteris meint Paulus hier die anderen im Legat bedachten _________________________________ 236

Astolfi, S. 257. Die Formulierung eadem res legare indiziert ein Vindikationslegat: Voci, DER I, S. 722; Arndts, S. 489. 238 Das Vorliegen eines Vindikationslegats ergibt sich aus dem Wortlaut des verwendeten Beispiels (Titio …. fundum… do lego), der der regelmäßig zur Bestellung eines Vindikationslegats verwendeten Formel entspricht, Gai. 2.193. 237

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Legatare.239 Dies geht zwar aus dem Text nicht eindeutig hervor, erschließt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang und der Wortwahl von Paulus. Paulus beschäftigt sich hier mit Legaten, in denen mehrere Personen genannt werden. Wenn er dann davon spricht, daß der re et verbis coniunctus den Übrigen (ceteri) vorzuziehen sei, kann es sich bei den Übrigen nur um die anderen im Testament genannten Personen handeln. Dies unterstützt auch das Wesen des Wortes ceteri, das zu den Alteritätsnumeralia gehört und immer den Rest einer schon genannten Gruppe von Personen oder Gegenständen bezeichnet.240 dd) quod si re tantum coniunctus sit, constat non esse potiorem Hier führt Paulus aus, es sei bekannt, daß der re coniunctus nicht vorzuziehen sei.241 ee) si vero verbis quidem coniunctus sit, re autem non, quaestionis est, an coniunctus potior sit: et magis est, ut et ipse praeferatur Im fünften Teil wendet sich Paulus nun der Frage zu, ob der verbis coniunctus vorzuziehen ist und hält es für wahrscheinlicher (magis est), daß dies der Fall ist. b) Widersprüche Vor dem Hintergrund der bisher dargestellten Verwendung des Begriffs der coniunctio im Zusammenhang mit Legaten enthält das vorliegende Fragment im vierten und im fünften Teil einige Widersprüchlichkeiten: aa) 1. Teil Im ersten Teil des Fragments führt Paulus aus, dass eine coniunctio re vorliege, wenn zwei Vindikationslegataren dasselbe Vermächtnisobjekt ohne wörtliche Verbindung zugedacht wurde. Hieraus lässt sich wieder entnehmen, dass Paulus der Lehre des Celsus folgt. Die Verwendung von separatim deutet an, dass nach der Terminologie von Gaius/Julian und Ulpian keine coniunctio vorliegt. Der erste Teil entspricht also noch der herkömmlichen Verwendung des Begriffs coniunctio. _________________________________ 239

Arndts, Glück’s Erläuterung der Pandekten, Band 46, S. 491 Fn. 1. Menge, Lehrbuch der lateinischen Syntax und Semantik, § 53, S. 87. Für eine spezifische Verwendung von ceteri wie bei der Formel ceteri omnes exheredes sunto (vgl. Gai. 2.129; 135) gibt es keine Anhaltspunkte, da es hier nicht um die Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Erben geht. 241 Zur technischen Gebrauchsweise von praeferre und potior im Kaduzitätsrecht vgl. S. 86 unter 2. b) dd) (2). 240

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bb) 2. Teil Im zweiten Teil stellt Paulus dann die Konstellation dar, dass der Vermächtnisgegenstand ausdrücklich unter den Legataren aufgeteilt wurde, und führt aus, dass dann keine coniunctio re vorliege, weil die Legatare schon auf Grund der Verfügung Teile haben. Er drückt also mit anderen Worten das aus, was Celsus in D. 32.80 (Celsus libro tricesimo quinto digestorum) sagt: Die Miteigentumsbruchteile entstehen nicht nur beim Zusammentreffen mit dem anderen Mitvermächtnisnehmer, sondern sind schon von vornherein durch den Erblasser bestimmt. Beim Ausfall eines der Mitvermächtnisnehmer soll dem Verbleibenden nur der ihm ohnehin schon zugedachte Anteil zukommen, der Anteil des Ausgefallenen ist für die Erben bestimmt. Es ist zwar dieselbe Sache vermacht, dies führt aber nicht zu einer coniunctio re, da der Erblasser durch die Teilbildung die Legatare auf ihren jeweiligen Teil beschränkt und von der Anwachsung ausgeschlossen hat. cc) 3. Teil Im dritten Teil stellt Paulus dann fest, dass der re et verbis coniunctus zu bevorzugen sei. Bezieht man diese Aussage auf das Anwachsungsrecht, ist sie auf den ersten Blick ohne weiteres mit diesem vereinbar, da nach allen überlieferten Quellen Anwachsung dann stattfindet, wenn kumulativ eine wörtliche und sachliche Verbindung vorliegt. dd) 4. und 5. Teil Im 4. und 5. Teil des Fragments führt Paulus dann aber aus, es stehe fest, daß der re coniunctus nicht bevorzugt werden könne. Beim verbis coniunctus sei fraglich, ob er bevorzugt werde, im Ergebnis sei es aber wahrscheinlicher. Diese Aussage steht in Widerspruch zu allen überlieferten anwachsungsrechtlichen Quellen aus der klassischen Periode242, da dort einhellig die Meinung vertreten wurde, daß bei einer sachlichen Verbindung eine Anwachsung stattfinden soll (wenn auch unter Gebrauch einer unterschiedlichen Terminologie). Allein nach der Ansicht von Sabinus kann bei einer coniunctio re keine Anwachsung stattfinden. Nach Sabinus kann aber bei einer bloßen coniunctio verbis erst Recht keine Anwachsung stattfinden, so dass schon aus diesem Grund ausgeschlossen werden kann, dass Paulus hier Sabinus folgt. In der rechtshistorischen Literatur finden sich zahlreiche unterschiedliche Lösungsansätze für den Widerspruch:243 _________________________________ 242

Vaccaro Delogu, S. 58. Die vor der Entdeckung der Institutionen des Gaius vertretenen Lösungsansätze sollen hier nicht dargestellt werden, da sie den Zusammenhang des Fragments mit dem Kaduzitätsrecht nicht berücksichtigen konnten. Vgl. hierzu die Übersicht bei Mühlen243

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(1) Zum einen wird der Widerspruch von Mommsen244 darauf zurückgeführt, daß in den letzten beiden Sätzen des Fragments die Worte re und verbis vertauscht worden seien, so daß Paulus ursprünglich die dem Anwachsungsrecht entsprechende Ansicht vertreten haben könnte (3. Satz: coniunctus re et verbis ist vorzugswürdig; 4. Satz: coniunctus verbis kann nicht vorgezogen werden; 5. Satz: coniunctus re ist vorzuziehen). Hierfür würde auch sprechen, daß Paulus den Ausdruck constat verwendet, der auf eine bereits als herrschend feststehende Meinung hindeutet. Gegen die Vertauschung der Worte re und verbis in den letzten beiden Sätzen lässt sich jedoch anführen, dass so ein Text entsteht, der mit der Quellenlage zum Anwachsungsrecht immer noch nicht zu vereinbaren ist. Zum einen, weil Paulus dann im letzten Teil sagen würde …Si vero re quidem coniunctus sit, verbis autem non, quaestionis est, an coniunctus potior sit: et magis est, ut et ipse praeferatur. Er würde also die Anwachsung bei der rein sachlichen Verbindung als Streitfrage behandeln, obwohl die Anwachsung bei einer coniunctio re zur Zeit des Paulus überhaupt nicht mehr streitig war.245 Zum anderen würde Paulus mit diesem Aufbau gegen seine eigene Dreiteilung in D. 50.16.142 verstoßen, in der die coniunctio re an zweiter Stelle und die coniunctio verbis an dritter Stelle behandelt wird. Da D. 50.16.142 D. 32.89 im Kommentar ad legem Iuliam et Papiam sehr wahrscheinlich unmittelbar vorausging246, ist es unwahrscheinlich, dass Paulus in D. 32.89 seinen eigenen Aufbau ändert.247 (2) Der nächste, von Voci vertretene Lösungsansatz248 beruht auf folgenden Erwägungen: Es sei auch die Konstellation denkbar, daß mehrere coniunctim eingesetzte Kollegatare zusammentreffen. Hier müsse dann entschieden werden, bei wem Anwachsung stattfindet, wer also zu bevorzugen ist. Der dritte und vierte Satz des Fragments seien als ein Teil zu lesen, der die Bevorzugung bei einem Zusammentreffen von coniuncti behandelt hätte und dann aber von den Kompilatoren so gekürzt worden sei, daß dies nicht mehr ersichtlich sei. Der dritte Satz beziehe sich dann auf den Fall, daß ein coniunctus re et verbis und ein coniunctus re tantum zusammentreffen, z.B. Titio et Caio fundum Cornelianum do lego; eundem fundum Sempronio do lego. Hier finde bei Wegfall des Titius nur Anwachsung bei Caius _________________________________

bruch in: Glück’s Pandekten, Band 43, S. 328 ff. und Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 45 f., Rn. 125. 244 Vgl. Mommsen, ed. maior, Fn. 3 ad h.l.: „quod si verbis tantum coiunctus sit, constat non esse potiorem. si vero re quidem coniunctus sit, verbis autem non, quaestionis est an coniunctus potior sit: et magis est, ut et ipse praeferatur.“ 245 So auch Ferrini, Legati, S. 689 und Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 49. 246 Lenel, Palingenesie II, 1132. 247 Ferrini, Legati, S. 689. 248 Voci, DER I, S.723.

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statt, weil er coniunctus re et verbis sei. Hier werde der coniunctus re et verbis bevorzugt. Im zweiten Beispiel handle es sich um ein Zusammentreffen von mehreren coniuncti re tantum, z.B. Titio partem dimidiam fundi Corneliani do lego; Caio eandem partem dimidiam fundi Corneliani do lego; Sempronio fundum Cornelianum do lego. Hier würde dann eine Bevorzugung bei der Anwachsung nicht stattfinden. Dafür, daß das Originalfragment ursprünglich diesen Inhalt hatte und von den Kompilatoren gekürzt wurde, könnte der Beginn des dritten Teils mit dem Wort igitur sprechen, das in diesem Kontext keinen Sinn hat, da die Bevorzugung des coniunctus re et verbis nicht aus dem Vorsatz geschlossen werden kann.249 Gegen diese Sichtweise spricht aber, dass D. 32.89 sich ebenso wie D. 50.16.142 der Inskription nach auf die lex Iulia et Papia bezieht und sich daher gar nicht mit der Anwachsung, sondern dem Kaduzitätsrecht beschäftigen könnte. Im Gegensatz zu D. 50.16.142 verwendet Paulus in D. 32.89 zudem die technischen Ausdrücke „praeferre“ und „potior“, die speziell im Zusammenhang mit der Kaduzität gebraucht werden250 und im Bereich der Anwachsung bei Vindikationslegaten unangebracht erscheinen. Voci erklärt zwar die mit dem Anwachsungsrecht nicht vereinbare Aussage im 5. Teil des Fragments damit, dass sie sich auf die Bevorzugung von wörtlich verbundenen Damnationslegataren im Kaduzitätsrecht beziehe, vgl. Gai. 2.208. Diese Lösung ist aber nicht stringent, da nicht nachvollziehbar ist, wieso Paulus dann sowohl im 3./4. Teil als auch im 5. Teil die dem Kaduzitätsrecht zuzuordnenden Begriffe potior und praeferre verwenden sollte. (3) Dementsprechend geht Robbe davon aus, daß die Stelle sich auf das Kaduzitätsrecht bezieht. Im 4. Satz des Fragments sei das non zu streichen, da dieses aus einem Fehler beim Abschreiben des Fragments resultieren müsse.251 Paulus würde dann im dritten Satz den coniunctus re et verbis für allemal vorzugswürdig erklären, im vierten Satz feststellen, daß der coniunctus re nach einhelliger Ansicht vorzugswürdig ist und im letzten Satz die berechtigte Frage stellen, ob nun auch der bloß durch die Worte Verbundene zu bevorzugen sei, und dies bejahen. Dieser Inhalt sei wahrscheinlich, weil die Ulpian und Paulus (im Gegensatz zu den älteren Klassikern, die die Kaduzitätsgesetze mit einer restriktiven Auslegung noch voll zur Geltung hätten bringen wollen) eine weite Auslegung der coniunctio vorgenommen hät_________________________________ 249

Vgl. hierzu insgesamt Voci, DER I, S. 723; bzgl. der Beispiele Astolfi, S. 258, 259 Fn. 18, der Voci zwar nicht ausdrücklich folgt, aber seine Lösung für scharfsinnig hält. 250 Gai. 2.207; vgl. auch Ferrini, Legati, S. 689; Vaccaro Delogu S. 63. 251 Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 361 f.

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ten.252 Diese extensive Auslegung sei dann in den letzten Jahren der klassischen Epoche auch auf das Anwachsungsrecht übertragen worden.253 Gegen eine irrtümliche Hinzufügung des non spricht zunächst der relative Satzanschluß durch quod si, der einen Gegensatz zum vorherigen Satz ausdrückt und deshalb gerade ein non vorauszusetzen scheint.254 Die von Robbe vor dem Hintergrund des Kaduzitätsrechts angenommene Entwicklung von einer restriktiven Auslegung der coniunctio zu einer extensiven Auslegung bei Ulpian und Paulus255 und erst daran anschließende Übertragung auf das Anwachsungsrecht überzeugt darüber hinaus nicht. Wie die untersuchten Fragmente von Javolen, Julian und insbesondere Celsus zeigen, wurden im ius adcrescendi schon viel früher die Voraussetzungen für die Anwachsung gelockert, in dem auf die wörtliche Verbindung verzichtet wurde. (4) Vangerow und Arndts gehen ebenfalls davon aus, daß die Stelle allein auf die lex Papia zu beziehen ist, und erklären den Widerspruch zum Anwachsungsrecht wie folgt: Paulus habe den Begriff der coniunctio, wie er von der lex Papia gebraucht wurde, anders als im Anwachsungsrecht ausgelegt und den re coniunctus nicht als coniunctim eingesetzt i.S.d. lex Papia verstanden.256 Vaccaro Delogu geht sogar davon aus, dass Paulus die gesamte Dreiteilung und ihre Terminologie allein für das Kaduzitätsrecht entwickelt habe.257 Hiergegen spricht jedoch, daß Paulus, wie schon ausgeführt258, ein einheitliches Verständnis der coniunctio hatte, dass sich sowohl auf das ius accrescendi als auch auf die lex Papia bezog. (5) Von Zimmermann wird der Widerspruch, ebenfalls vor dem Hintergrund der lex Papia, folgendermaßen erklärt: Werde ein Teil auf Grund der Kaduzitätsgesetze frei, werde er sofort zum caducum. Dann könne begriffsnotwendig schon keine coniunctio re mehr vorliegen, ein coniunctus re also auch nicht bevorzugt werden.259 Gegen diese Ansicht spricht, daß es dann auch keine coniunctio re et verbis mehr geben kann und es dann widersinnig wäre, daß Paulus diesem im Vorsatz den Vorzug gibt. (6) Astolfi geht von einem einheitlichen Begriff der coniunctio aus, der sowohl auf das Anwachsungsrecht als auch auf die lex Papia anwendbar _________________________________ 252

Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 313 ff., S. 358; Kaser, RP I, S. 730 Fn. 13. Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 366. 254 Astolfi, S. 258 Fn. 18. 255 Vgl. hierzu Robbe, Il diritto di accrescimento, S. 313–364. 256 Vangerow II, S. 521 ff.; Arndts, S. 491. 257 Vaccaro Delogu, S. 55 f.; 65 ff., 69. 258 Vgl. oben S. 80 f. und Astolfi, S. 258. 259 Zimmermann, S. 248. 253

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sei.260 Er erklärt den Ausschluß der Bevorzugung des re coniunctus damit, daß Paulus sich an dieser Stelle ausschließlich auf ein Damnationslegat beziehe.261 Wie bereits zu Gai. 2.208 ausgeführt, ist eine Anwachsung beim Damnationslegat bei einer Verbindung durch die Sache nicht möglich262, also ist auch eine Bevorzugung des coniunctus re ausgeschlossen. Für die Bevorzugung nach der lex Papia, die nach Gai. 2.208 auch auf Damnationslegate ausgeweitet wurde, gilt folgendes: Da auch hier eine Verbindung durch die Sache wieder nur zu mehreren, in ihrem Bestand voneinander unabhängigen Ansprüchen auf die Sache oder ihren Wert führt, ist bei Wegfall eines Anspruchs ein bevorzugter Anfall desselben bei einem Kollegatar auf die Sache oder ihren Wert gar nicht möglich, da der Erbe lediglich von seiner Verbindlichkeit befreit wird. Gegen diese Lösung spricht aber, dass das gesamte Fragment – zumindest in der in den Digesten überlieferten Form – sich in der Terminologie des Vindikationslegats bewegt: do lego. Zudem ist fraglich, wieso Paulus, wenn er sich ausschließlich auf ein Damnationslegat beziehen würde, von einer coniunctio re sprechen sollte, wo eine solche doch gar nicht vorliegen kann. (7) Lohsse263 liefert daher die überzeugendste Deutung, indem er die Stelle wie folgt erklärt: Die lex Iulia sah ursprünglich nur die Bevorzugung des re et verbis coniunctus beim Vindikationslegat vor, wenn er Kinder hatte. Die Bestimmung wurde dann, wie sich aus Gai. 2.208 ergibt, auf wörtlich verbundene Damnationslegatare ausgedehnt. Diese Ausdehnung wurde aber, wie sich ebenfalls schon aus Gai. 2.208 ergibt, nicht von allen römischen Juristen gebilligt, weshalb Paulus sie zu Recht als streitig darstellt. Weil die Ausdehnung aber eine ungerechtfertigte Benachteiligung von Vindikationslegataren, die zwar wörtlich verbunden, sachlich aber nur auf Teile eingesetzt waren (Maevio et Titio fundum aequis partibus do lego), dargestellt hätte, wurde auch eine Ausdehnung auf die verbis tantum coniuncti bei Vindikationslegataren erforderlich. Hätte man nun auch noch eine Ausdehnung der Bestimmung auf den re coniunctus vorgenommen, hätte dies eine Aushebelung der eigentlichen gesetzlichen Beschränkung auf den collegatarius coniunctus bedeutet, weil dann im Endeffekt allen Mitvermächtnisnehmern ein Vorzugsrecht zugekommen wäre. Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der lex Iulia et Papia auf Damnationslegate und ihre Folgen sind also die Ursache für den Widerspruch von D. 32.89 zu den Anwachsungsregeln, nicht etwa eine neue Definition des Begriffs coniunctio für das Kaduzitätsrecht durch Paulus. _________________________________ 260

Vgl. S. 8,9. Astolfi, S. 258. 262 Vgl. S. 68. 263 Ius Adcrescendi, S. 51 f. 261

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3. D. 30.33 (Paulus libro tertio regularum) Si pluribus eadem res legata fuerit, si quidem coniunctim, etiamsi alter vindicet, alter ex testamento agat, non plus quam partem habebit is qui ex testamento aget:264 quod si separatim, si quidem evidentissime apparuerit ademptione a priore legatario facta ad secundum legatum265 testatorem convolasse, solum posteriorem ad legatum pervenire placet: sin autem hoc minime apparere potest, pro virili portione ad legatum omnes venire: scilicet nisi ipse testator ex scriptura manifestissimus est utrumque eorum solidum accipere voluisse: tunc enim uni pretium, alii ipsa res adsignatur electione rei vel pretii servanda ei, qui prior de legato sive fideicommisso litem contestatus est, ita tamen, ut non habeat licentiam altero electo ad alterum transire. Wenn mehreren dieselbe Sache vermacht worden ist, und zwar coniunctim, bekommt, obgleich der eine vindiziert und der andere aus dem Testament klagt, der, der aus dem Testament klagt, nicht mehr als seinen Teil. Wenn aber separatim, und wenn es sich offensichtlich ergibt, dass der Erblasser sie dem ersten Legatar entzogen und sich dem zweiten Legatar zugewandt hat, wird angenommen, dass nur der Letztere das Vermächtnis erhält. Wenn dies nicht ersichtlich ist, erhalten alle das Legat zu gleichen Teilen, natürlich nur, wenn nicht aus dem Niedergeschriebenen deutlich wird, dass der Testator selbst wollte, dass Jeder das Ganze bekommt. Dann wird nämlich dem einen der Wert, dem anderen die Sache selbst zugeteilt und die Wahl der Sache oder des Werts muss dem vorbehalten werden, der als Erster den Rechtsstreit wegen des Legats oder wegen des Fideikommisses eingeleitet hat, aber so, dass er nicht die Möglichkeit hat, nach der Wahl des Einen auf das Andere überzugehen. Paulus behandelt hier die Frage, wann bei der Einleitung unterschiedlicher Klageverfahren Vermächtnisnehmern die Sache als Ganzes oder nur ein Teil von ihr zusteht. Die Stelle lässt sich in thematisch in zwei Teile gliedern. a) 1. Teil Si pluribus eadem res legata fuerit, si quidem coniunctim, etiamsi alter vindicet, alter ex testamento agat, non plus quam partem habebit is qui ex testamento aget: Paulus beginnt mit dem Fall, dass mehrere Vermächtnisnehmer coniunctim auf dieselbe Sache eingesetzt worden sind und einer von ihnen die rei vin_________________________________ 264 265

Mommsen/Krüger, ed. stereotypa: „seqq. Iust. (Cuiacius)“. So Codex Florentinus, Halvander: legatarium.

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dicatio anstrengt, während der andere die actio ex testamento einleitet. Diese Sachverhaltsschilderung wirft mehrere Fragen auf. Zum einen stellt sich die Frage, welche Form der coniunctio Paulus hier meint und ob ein Vindikations- oder Damnationslegat vorliegt. Cujaz nimmt diesbezüglich an, dass Paulus die Konstellation schildere, dass mehreren Vermächtnisnehmern wörtlich verbunden dieselbe Sache per Vindikationslegat vermacht worden sei.266 Da Paulus ausrücklich festhält, dass die Vermächtnisnehmer coniunctim auf dieselbe Sache eingesetzt wurden, wäre es tatsächlich naheliegend, dass eine coniunctio re et verbis von Vindikationslegataren vorliegt. Dann stellt sich aber die Frage, warum einer der Legatare vindiziert, während der andere die actio ex testamento anstrengt, die doch eigentlich der Durchsetzung des Damnationslegats dient.267 Die rei vindicatio steht nur Vindikationslegataren zu, Damnationslegatare müssen die Obligation mit der actio ex testamento durchsetzen. Wenn nun einer der Legatare in D. 30.33 vindiziert und der andere die actio ex testamento wählt, muss Letzterer per Damnationslegat bedacht sein. Aber wie sollen zwei wörtlich verbundene und auf dieselbe Sache eingesetzte Vermächtnisnehmer aus unterschiedlichen Legatstypen berechtigt sein? Möglich wäre zunächst ein Fall der Konversion: Eines der Legate könnte in dem vom Erblasser gewählten Typus unwirksam gewesen und gemäß dem Senatus Consultum Neronianum (zwischen 54 u. 68 n.Chr.) als Damnationslegat aufrechtzuerhalten gewesen sein.268 Der häufig als Beispiel269 für eine Anwendung des Senatus Consultum Neronianum herangezogene Fall, dass der Erblasser eine nicht in seinem Eigentum stehende Sache per Vindikationslegat vermacht hat, kann hier jedoch nicht gemeint sein. In der hier zu untersuchenden Quelle sind die Legatare nämlich coniunctim auf dieselbe Sache eingesetzt worden, so dass das Legat in Bezug auf beide Legatare unwirksam sein müsste, wenn der Erblasser eine fremde Sache vermacht hätte. Aus diesem Grund ist auch sonst kein das Senatus Consul_________________________________ 266

Cujaz, Opera VII col. 1014: „Si pluribus eadem res sit legata coniunctim per vindicationem, ab initio solidum singuli, concursu partes habent…“ 267 Vgl. Gai. 2.201 ff.; Cujaz, Opera VII col. 1014, stellt hierzu nur fest: „Duae sint hinc actiones, vindicatio & actio ex testamento, […]. Si legatarii concurrant in rem actione, plus sua parte singuli non vindicabunt. Similiter si agant in personam, plus sua parte non ferunt“ Dies überzeugt nicht, da Paulus ja gerade den Fall behandelt, dass aus zwei unterschiedliche Klagen geklagt wird, und nicht die von Cujaz ins Auge gefasste Konstellation, dass beide dieselbe Klage einleiten. 268 Vgl. zum Senatus Consultum Neronianum Gai. 2.197 f.; UE 24,11 a; Inst. 2.20.12; Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum, S. 451; Ciapessoni, Studi Bonfante 3, S. 651 ff; Kaser, RP I S. 746; Kaser/Knütel S. 354; Weiss, Institutionen des römischen Privatrechts, S. 584, 585 mit Fn. 166. 269 Vgl. Gai. 2.197 f. und die in Fn. 268 zitierte Literatur.

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tum Neronianum betreffender Fall denkbar, da Unwirksamkeitsgründe jeweils für beide Legatare gelten müssten. Schließlich enthält der Wortlaut von D. 30.33 keinerlei Anhaltspunkte, die für eine Anwendung des Senatus Consultum Neronianum sprechen, so dass ausgeschlossen werden kann, dass ein Fall der Konversion vorliegt. Denkbar ist daher nur eine Konstellation, und zwar die, dass zwei wörtlich verbundenen Vermächtnisnehmern dieselbe Sache zunächst per Vindikationslegat vermacht worden ist und dies am Ende des Testaments zusätzlich mit der Damnationsformel bekräftigt wurde:270 „Titio et Seio Stichum fundum do lego damnasque esto heres meus dare“271 Das Vermächtnis ein und derselben Sache sowohl durch Vindikations- als auch durch Damnationslegat ist im römischen Recht üblich.272 Die Bekräftigung des Vindikationslegats durch die Formel des Damnationslegats dient der Absicherung vor der eventuellen Unwirksamkeit des Vindikationslegats, etwa für den eben bereits geschilderten Fall, dass der Erblasser im Todeszeitpunkt nicht (mehr) Eigentümer ex iure Quiritium ist. Probleme entstehen dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – beide Legate wirksam sind.273 Die Legatare können dann entweder mit der rei vindicatio oder mit der actio ex testamento ihr Recht geltend machen.274 Paulus beschäftigt sich hier mit der Frage, was den Legataren zusteht, wenn einer von ihnen aus dem Vindikationslegat, der andere aus dem Damnationslegat klagt. Dass der vindizierende Legatar nur den ihm zustehenden Teil bekommt, ist nach der Regel concursu partes fiunt klar und wird von Paulus daher auch gar nicht erläutert. Bei dem Legatar, der die actio ex testamento gewählt hat und sich auf das Damnationslegat beruft, ist nun fraglich, ob ihm nun vielleicht nicht nur der Teil, der ihm nach dem Vindikationslegat zustünde, zukommt, sondern vielleicht ein Recht auf die gesamte Sache (oder ihren Wert) besteht. Paulus stellt hierzu kurz und knapp fest „non plus quam partem habet“. Aus dieser Entscheidung wird nun ersichtlich, warum Paulus ausdrücklich erwähnt hat, dass die Vermächtnisnehmer coniunctim eingesetzt sind. Denn auch wenn man im Rahmen der actio ex testamento davon ausgeht, dass ein reines Damnationslegat vorliegt, hat der Damantionslegatar, der coniunctim mit einem anderen Damnationslegatar auf dieselbe Sache eingesetzt ist, ebenfalls nur einen Anspruch auf einen _________________________________ 270

Arndts in: Glück’s Pandekten, Band 46, S. 496; Voci, DER II, S. 335 Fn. 6. Paul. D. 30.85. 272 Ulp. D. 33.7.12.43; Voci, DER I, S. 718, DER II, S. 587; Voci, DER II, S. 333. 273 Voci, DER II, S. 589; Voci, DER II, S. 334, 335. 274 Voci, DER II, S. 335; Arndts in: Glück’s Pandekten Bd. 46, S. 500; Arangio-Ruiz, Ist., 13. Aufl., S. 568 und 574. 271

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Teil,275 dies ergibt sich z.B. aus D. 30.34.9 (Ulpianus libro vicesimo primo ad Sabinum): „Si coniunctim res legetur, constat partes ab initio fieri. […]“ b) 2. Teil quod si separatim, si quidem evidentissime apparuerit ademptione a priore legatario facta ad secundum legatum testatorem convolasse, solum posteriorem ad legatum pervenire placet: sin autem hoc minime apparere potest, pro virili portione ad legatum omnes venire: scilicet nisi ipse testator ex scriptura manifestissimus est utrumque eorum solidum accipere voluisse: tunc enim uni pretium, alii ipsa res adsignatur electione rei vel pretii servanda ei, qui prior de legato sive fideicommisso litem contestatus est, ita tamen, ut non habeat licentiam altero electo ad alterum transire. Im zweiten Teil wendet Paulus sich dann der Frage zu, wie zu verfahren ist, wenn die Vermächtnisnehmer nicht coniunctim, sondern separatim auf dieselbe Sache wieder sowohl per Vindikations- als auch per Damnationslegat eingesetzt sind. Eine solche Einsetzung könnte beispielsweise in der Form erfolgen, dass zwei Vermächtnisnehmern im selben Testament, nur eben nicht coniunctim, sondern an unterschiedlichen Stellen des Testaments, dieselbe Sache jeweils in der Form „do lego damnasque heres esto dare“ vermacht wird.276 Paulus führt hier aus, sofern es offensichtlich sei, dass der Erblasser das Vermächtnis bezüglich des einen durch das Vermächtnis an den anderen widerrufen wollte, stehe das Vermächtnis nur dem Letzteren zu. Dies wäre beispielsweise dann denkbar, wenn das erste Vermächtnis am Anfang des Testaments ausgesetzt wurde und dann später an einer anderen Stelle des Testaments dieselbe Sache nochmal einem anderern Vermächtnisnehmer zugedacht wird, so dass anzunehmen ist, dass das erste Vermächtnis nicht mehr gelten soll.277 Genausogut ist aber auch eine Einsetzung separatim in der Form denkbar, dass kein Widerruf des ersten Vermächtnisses, sondern einfach nur das Vermächtnis derselben Sache an zwei Personen vorliegt, wie es bspw. der Fall wäre, wenn die beiden Vermächtnisse in aufeinander folgenden Sätzen ausgesetzt sind. Für diesen Fall könnten die Legatare sich statt der rei vindicatio, mit der sie nur den durch ihr Zusammentreffen entstehenden Teil geltend machen könnten, der actio ex testamento bedienen, mit der Folge, dass jeder die ganze Sache beanspruchen könnte, weil die Einset_________________________________ 275

Arndts in: Glück’s Pandekten Bd. 46 S. 496. Arndts in: Glück’s Pandekten Bd. 46 S. 495. 277 Arndts in: Glück’s Pandekten Bd. 46 S. 498. 276

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zung separatim erfolgt ist.278 Hier sagt Paulus, dass dies nur dann möglich sein soll, wenn aus dem Testamentswortlaut ausdrücklich hervorgeht, dass der Erblasser beiden die Sache als Ganzes zuwenden wollte. Dann bekomme allerdings einer die Sache und der andere ihren Wert, wobei demjenigen die Wahl zu überlassen sei, der als Erster das Klageverfahren eingeleitet habe, und ihm nicht die Möglichkeit zustehe, die einmal getroffene Entscheidung zu ändern. Sofern aus dem Testamentswortlaut nicht ersichtlich sei, dass beide die Sache als Ganzes bekommen sollen, könne auch mit der auf das Damnationslegat gestützten actio ex testamento nur der Teil gefordert werden, der nach den Regeln des Vindikationslegats durch das Zusammentreffen der Legatare gebildet werde. Diese Entscheidung ist wahrscheinlich damit zu erklären, dass das „doppelförmige“279 Vermächtnis in der Regel der Absicherung der Unwirksamkeit des Vindikationslegats diente280 und der Erblasser, sofern er dies nicht ausdrücklich im Testament angeordnet hat, damit gerade nicht die den Erben mehr belastenden Rechtsfolgen des Damnationslegats bezweckte.281 c) Die coniunctio bei Paulus Bezüglich der insbesondere interessierenden Frage, welchen Aufschluss die Stelle über Paulus’ Verständnis des Begriffs coniunctio gibt, ist festzuhalten, dass Paulus sich hier die Mehrdeutigkeit des Begriffes coniunctim zu Nutze macht. In Bezug auf das Vindikationslegat sind die Legate nämlich re et verbis coniuncti, in Bezug auf das Damnationslegat bloß verbis coniuncti, da hier eine sachliche Verbindung auf Grund der rein obligatorischen Wirkung des Damnationslegats von vornherein ausscheidet. Paulus muss dies auch nicht näher erklären, da es nach seiner Terminologie unterschiedliche Formen der coniunctio gibt und der Sachverhaltsschilderung eindeutig zu entnehmen ist, dass je nach Legatstyp eine coniunctio re et verbis oder eine coniunctio verbis vorliegt. Dass die coniunctio re D. 30.33 nicht gemeint ist, ergibt sich daher von selbst. d) Interpolationsvermutungen D. 30.33 ist Gegenstand zahlreicher sprachlicher Interpolationsvermutungen, die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden sollen, da sie sich nicht auf das in dieser Arbeit zu untersuchende Verständnis der coniunctio bei

_________________________________ 278

Gai. 2.205. Arndts in: Glück’s Pandekten Bd. 46 S. 498. 280 Voci, DER II, S. 589. 281 Arndts in: Glück’s Pandekten Bd. 46 S. 498. 279

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

Paulus beziehen.282 Inhaltlich wird die im ersten Teil des Fragments dargestellte und im zweiten Teil näher behandelte Konkurrenz der Klagen aus mehreren Legatstypen beanstandet, die es erst im justinianischen Recht auf Grund der Beseitigung der Unterscheidung zwischen Vindikations- und Damnationslegat gegeben habe.283 Da diese Klagenkonkurrenz jedoch auch in D. 30.84.13 (Julianus libro tricesimo tertio digestorum), D. 30.85 (Paulus libro undecimo ad Plautum) und D. 30.108.2 (Africanus libro quinto quaest.) belegt ist, spricht viel dafür, dass sie tatsächlich in klassischer Zeit Anwendung gefunden hat und das Fragment zwar sprachlich bei der Kompilation der Digesten verändert worden sein mag (wobei wahrscheinlich vor allem im ersten Satz die Bezugnahme auf die unterschiedlichen Legatstypen ausgelassen worden ist), sein rechtlicher Inhalt – bis auf eine sogleich darzustellende Ausnahme – aber bei der Kompilation unverändert übernommen wurde.284 In Bezug auf den letzten Satz des Fragments (tunc enim …) ist demgegenüber nicht nachvollziehbar, warum Paulus hier sagen sollte, dass dem, der als erster seine Klage (im heutigen Sprachgebrauch) rechtshängig gemacht hat, die Wahl zwischen der Sache selbst und ihrem Wert zustehen soll. Im wahrscheinlich zu Lebzeiten des Paulus noch üblichen Formularprozess konnten beide Legatare unabhängig voneinander die actio ex testamento nur mit der intentio „si paret heredem rem dare oportere“ erheben und, sofern der Beklagte ihnen nicht das Eigentum an der Sache verschaffte, dessen condemnatio zur Zahlung des Sachwerts erreichen.285 Da es erst im justinianischen Prozess möglich war, die Klage und das Urteil auf die _________________________________ 282 Die sprachlich zu beanstandenen Punkte fasst Albertario,Corso di Diritto Romano, S. 17, wie folgt zusammen: „È, questo, uno dei testi che si sogliono addurre come esempio di quelli in cui la mano dei compilatori lavorò maggiormente e peggio con termini (convolare!), espressioni (ad legatum convolare; ad legatum pervenire), costruzioni (si quidem – sin autem – tunc enim; ita tamen, ut quod si) che essi prediligono, con gonfienza di stile (si quidem evidentissime apparuerit, sin autem hoc minime apparere potest), sgrammaticature (nisi ipse testator … manifestissimus est accipere voluisse; non habeat licentiam ad alterum transire) ecc“; Cujaz, Opera VII. col 1014, sagt diesbezüglich: „Ex ea constitutione (gemeint ist L. un. Cod. De cad. toll. VI. 51, vgl. Arndts aao., S. 500, Fn. 11) Tribonianus consarcinavit secundam partem huius legis; id stylus indicat satis“. Vgl. i.Ü. Lenel, Palingenesie I, Spalte 1222 Fn. 1; Ferrini, Legati, S. 29; Eisele, Zur Diagnostik der Interpolationen in den Digesten und im Codex, SZ 7 (1886), S. 19–23; Gradenwitz, Interpolationen, S. 12 f.; Masi, D. 30.33 e la duplicità di forma die legati, Archivio Giuridico 155, S. 100 ff., m.w.N. 283 Masi, Antonio: D. 30.33 e la duplicità di forma die legati, Archivio Giuridico 155, S. 100 ff.; Grosso, Legati, S.106 ff., zu D. 30.33 S. 109; Ciapessoni, Studi Bonfante 3, S. 699 ff. 284 Arndts in: Glück’s Pandekten Bd. 46 S. 500 Fn. 11. 285 Arndts in: Glück‘s Pandekten Bd. 46 S. 500 Fn. 11.

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Sache selbst zu richten, ist mithin davon auszugehen, dass der letzte Satz nicht von Paulus stammt.286 4. D. 32.46 (Paulus libro secundo ad Vitellium) Ea tamen adiectio legatum alias exeguius, alias plenius efficit. Augetur, cum sic scriptum est: „quaeque eius causa parata sunt“: id enim significat et si quid praeter ea quae dictae sunt eius causa paratum est: minuitur detracta287coniunctione, quia ex omnibus supra comprehensis ea sola definiuntur, quae eius causa parata sunt. Dieser Zusatz macht aber das Legat entweder geringer oder umfassender. Es wird vermehrt, wenn so geschrieben worden ist: „und was für sie angeschafft worden ist“. Dies bezeichnet nämlich „und wenn etwas über das Genannte hinaus für sie angeschafft worden ist“. Es wird vermindert durch Weglassen der coniunctio, weil von allem, was oben zusammengefasst worden ist, nur das bestimmt wird, was für sie angeschafft worden ist. Gegenstand dieser Quelle ist das Vermächtnis einer Sachgesamtheit, nämlich der uxoris causa parata, der Gegenstände, die der Ehemann für die Ehefrau zu seinen Lebzeiten angeschafft hat und die der Ehefrau üblicherweise als Vermächtnis hinterlassen wurden.288 Die überlieferten Quellen zeigen, dass die Einsetzung allgemeiner Natur sein konnte oder ausdrücklich nur bestimmte Gegenstände betreffen konnte.289 Wenn das Vermächtnis – wie im vorliegenden Fragment – allgemeiner Natur war, umfasste es alle Gegenstände die ausschließlich zum Gebrauch der Ehefrau angeschafft worden waren.290 Mit eia tamen adiectio knüpft Paulus offensichtlich an eine vorherige Aussage an, die sich nach Mommsen/Krüger291 und Lenel292 in D. 32.78.6 (Paulus libro secundo ad Vitellium) findet: […] postea apud Aburnium Valentem inveni ita relatum: mulier res aestimatas in dotem dederat ac deinde maritus ei legaverat his verbis: „quae eius causa comparata emptaque essent“. Dixit emptorum paratorumque appellatione non contineri ea, quae in dotem data essent, nisi si maritus eas res, posteaquam ipsius factae essent, in uxoris usum convertisset. _________________________________ 286

Arndts in: Glück’s Pandekten, S. 500 Fn. 11. Codex Florentinus: detractata. 288 Pomp. D. 34.2.10. Vgl. hierzu Kaser, RP I, S. 330; García Garrido, Ius uxorium, S. 122 ff.; Voci, DER II, S. 303. 289 Voci, DER II, S. 303. 290 Mod. D. 31.35; Garcìa Garrido, S. 127; Voci, DER II, S. 303. 291 ed. minor, S. 495 Fn. 8. 292 Palingenesie, Spalte 1306. 287

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

Paulus berichtet also zunächst über einen von Valens entschiedenen Fall, in dem eine Frau Sachen zu ihrer Mitgift gegeben hatte. Ihr Mann vermachte ihr dann die Gegenstände, die für sie angeschafft und gekauft worden sind. Valens habe hier entschieden, dass das Vermächtnis nur dann die von der Frau in die Mitgift gegebenen Sachen umfasse, wenn der Mann diese Sachen dem Gebrauch der Ehefrau überlassen habe. Im Anschluss an diese Darstellung führt Paulus dann in Bezug auf den im Vermächtnis des Ehemanns an die Ehefrau üblichen Zusatz quae eius causa parata sunt aus, dass dieser das Vermächtnis vom Umfang der vermachten Gegenstände her entweder vergrößere oder verkleinere. Werde der Zusatz mit einer coniunctio an das Vermächtnis anderer Gegenstände angeschlossen, seien nicht nur die Gegenstände, die für den Gebrauch der Frau angeschafft worden seien, vom Vermächtnis erfasst, sondern auch alle anderen im Vermächtnis genannten Gegenstände. Lasse der Erblasser die coniunctio weg, seien von den im Vermächtnis genannten Gegenständen nur die an die Frau vermacht, die für ihren Gebrauch angeschafft worden seien. Für die hiesige Untersuchung ist interessant, dass es sich hier um eine der wenigen Quellen handelt, in der Paulus das Wort coniunctio nicht in Bezug auf das Anwachsungsrecht verwendet. Der Begriff coniunctio hat hier eine rein grammatische Bedeutung, die zweite Komponente der anwachsungsrechtlichen coniunctio, die sachliche Verbindung, fehlt. Die Ausführungen von Paulus beziehen sich nämlich auf die kopulative Konjunktion que, deren Hinzufügung oder Auslassung den Vermächtnisinhalt entscheidend beeinflusst. Das Wort -que drückt grammatisch eine Verbindung der dem Inhalt nach zusammengehörigen Begriffe im Satz aus und ist deshalb strikt in dieser Bedeutung zu berücksichtigen.293 Für eine andere Auslegung, bspw. nach dem eventuellen individuellen Sprachgebrauch des Erblassers, ist kein Raum. Dass Paulus hier nicht näher erklärt, was mit dem Wort coniunctio gemeint ist, liegt erneut daran, dass es sich aus der Sachverhaltsschilderung eindeutig ergibt. Des Weiteren ergibt sich aus der Quelle, dass der Begriff coniunctio im Erbrecht nicht ausschließlich vor dem Hintergrund des Anwachsungsrechts verwendet wurde, dort aber – gegenüber den anderen Quellen aus dem Erbrecht, in denen das Wort vorkommt – eine ganz besondere, eigene Bedeutung hat und dass dies von dem Juristen als so _________________________________ 293

Voci, DER II, S. 849; allerdings nicht in Bezug auf D. 32.46, sondern allgemein bezüglich der Verwendung von kopulativen Konjunktionen in Testamenten und Vermächtnissen. In diesem Sinn verwendet auch Julian den Begriff coniunctio in D. 34.5.13.pr, wo aus der Verbindung zweier Geldsummen in einem Damnationslegat durch die Konjunktion cum gefolgert wird, dass diese Summen zu addieren sind und die Gesamtsumme geschuldet wird (quia duae summae iunguntur).

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selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass er die abweichende Verwendung nicht einmal erläutern muss. 5. D. 35.1.81. pr (Paulus libro vicesimo primo quaestionum) Iulius Paulus Nymphidio. Quaesisti, si ita in testamento cautum esset, „Stichus si rationes reddiderit, cum contubernali sua liber esto eisque decem heres dato“, an Sticho mortuo antequam rationes redderet, vel pariatore294 vel reliqua habente, libera esset mulier? et an de legato idem accipiamus. libertate data, si rationes reddiderit, hanc condicionem rationum reddendarum, ut iussus videatur reliqua reddere, si qua habet, cum fide actus sui. quae si nulla sunt, pure accepisse libertatem videbuntur: et si post aditam hereditatem decessit, competente libertate etiam legatum eos secutum est. quod si, cum adhuc reliqua haberet, decessit, sub eadem condicione et contubernalis eius libertatem accepisse videtur et defecta videbitur condicione. sed non ineleganter illud dicetur Stichum quidem sub condicione manumissum, contubernalem autem eius pure et illam coniunctionem non ad coniungendam condicionem, sed ad neccessitudinem demonstrandam pertinere. 295

Iulius Paulus an den Nymphidius. Du hast gefragt, ob, wenn wie folgt in einem Testament niedergeschrieben sei, „wenn Stichus Rechnung gelegt hat, so soll er mit seiner Lebensgefährtin frei sein und mein Erbe soll ihnen zehn geben“, und Stichus, bevor er Rechnung gelegt haben würde, verstorben sei, die Frau, sowohl dann, wenn die Rechnung ohne Rest aufgehe, als auch dann, wenn noch etwas offen sei, frei sein solle, und ob das Vermächtnis so zu verstehen sei? Ist die Freiheit gegeben, wenn er Rechnung gelegt hat, ist die Bedingung der Rechnungslegung so zu verstehen, dass ihm auferlegt zu sein scheint, nach Ausführung seiner Verpflichtung den Rest herausgeben zu müssen, wenn er ihn noch hat. Wenn ein solcher nicht vorhanden ist, werden sie so angesehen, als hätten sie die Freiheit unbedingt erhalten. Und wenn er nach Antritt der Erbschaft verstorben ist, so wird ihnen mit der ihnen zukommenden Freiheit auch das Legat zuteil. Ist er aber verstorben, als er noch einen Rest hatte, wird auch seine Lebensgefährtin so angesehen, als hätte sie die Freiheit unter dieser Bedingung erhalten und die Bedingung als nicht erfüllt angesehen. Es lässt sich aber _________________________________ 294 Nach der Ansicht Röhles (Pariator, Labeo 17 [1971], 51 ff. und berichtigend bzgl. der Lesart „De lex locationis in CIL 6, 33840, I.2–4“, SZ 104 [1987], S. 463 f. Fn.85) handelt es sich bei dem Ausdruck pariator um eine „Abirrung“ (Homoioteleuton), dem der Korrektor nicht abgeholfen habe. Dies überzeugt nicht, da in Ulp. D. 40.1.4.5 und Scaev. D. 12.6.67.3 in ähnlicher Bedeutung die Worte pariare und paratio verwendet werden, so dass nicht einleuchtet, wieso Paulus nicht auch pariator verwendet haben soll, vgl. hierzu Sturm, Pariator, IURA 30 [1979], S. 83–86. 295 Frei übersetzt in Anlehnung an Otto/Schilling/Sintenis, Band 3, S. 632.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

nicht ohne Scharfsinn sagen, dass Stichus zwar unter einer Bedingung freigelassen worden sei, seine Lebensgefährtin aber ohne Bedingung und dass jene coniunctio nicht die Bedingung verbinden soll, sondern zur Bezeichnung der Beziehung [zwischen den beiden] dient. Das aus dem 21. Buch der Rechtsfragen stammende Fragment des Paulus bezieht sich nach Lenel296 auf die lex Iulia et Papia und dort auf den Verfall wegen Nichteintritts der Bedingung.297 Nymphidius fragt Paulus nach der Auslegung einer testamentarischen Freilassungsklausel, in der bestimmt ist, dass Stichus und seine Lebensgefährtin frei sein sollen und einen Geldbetrag erhalten sollen, wenn Stichus Rechnung gelegt hat.298 Die Freilassung des Stichus hängt also von einer Bedingung, einer condicio ab, unter der die Römer – wie auch wir heute – ein zukünftiges ungewisses Ereignis verstehen, von dem eine Rechtswirkung abhängt und die Rechtsgeschäften aller Art, also auch Testamenten, hinzugefügt werden kann.299 Da Stichus nach Antritt der Erbschaft verstorben ist, ohne Rechnung zu legen, also ohne die Bedingung zu erfüllen, stellt sich die Frage, ob die Freilassung seiner Lebensgefährtin unabhängig davon, ob Stichus beim Erblasser noch Schulden hatte oder nicht, erfolgen kann. Paulus antwortet, wenn keine Schulden des Stichus mehr offen seien, seien die beiden so zu behandeln, als wäre ihnen die Freiheit ohne Bedingung erteilt, so dass ihnen mit Erwerb der Freiheit auch der Geldbetrag zustehe. Paulus streicht also in dieser Konstellation die Bedingung und sieht den „Rest“ der Verfügung, die Freilassung und das Vermächtnis des Geldes, als trotzdem gültig an. Dies entspricht der „regula Sabiniana“ (I.2.14.10), nach der bei erbrechtlichen Geschäften unmögliche oder sittenwidrige Bedingungen unter Aufrechterhaltung der Hauptverfügung als unwirksam anzusehen sind:300 _________________________________ 296

Palingenesie, Spalte 1218 mit Fn.1 und 2. So auch Astolfi, La lex Iulia et Papia, S. 260. 298 Sturm, Pariator, IURA 30, S. 83. 299 Vgl. hierzu D. 28.7; D. 35.1; Kaser, RP I, S. 253, 255; Voci, DER II, S. 590 ff.; Biondi, Succ. 529 ff.; Grosso, Legati, S. 411 ff.; Effer-Uhe, Die Wirkung der condicio im römischen Recht, S. 67 ff. 300 Baldus, Regelhafte Vertragsauslegung nach Parteirollen, Teil 2, S. 721; Wieling, Falsa demonstratio, condicio pro non scripta, condicio pro impleta im römischen Recht, SZ 87 (1970), S. 212 ff.; Staffhorst, Die Teilnichtigkeit von Rechtsgeschäften im klassischen römischen Recht, S. 191. Zur hier nicht zu erörtenden Frage, ob es sich hierbei um eine regula iuris handelt, bejahend Wieling, Falsa demonstratio, S. 212, 213 Fn. 35; zustimmend Baldus, Regelhafte Vertragsauslegung nach Parteirollen, Teil 2, S. 721 Fn. 22 und Staffhorst, S. 191 Fn. 175; zweifelnd Wolff, Rez. Cosentini in IURA 4, S. 401. Zur Entwicklung der zur Zeit des Paulus allgemein anerkannten regula Sabiniana und zur 297

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Impossibilis condicio in institutionibus et legatis nec non in fideicommissis et libertatibus pro non scripto habetur. Bestehen nach Antritt der Erbschaft keine Schulden des Stichus, über die er Rechnung legen könnte, ist die Bedingung von Anfang an unmöglich (wenn von vornherein keine Schulden bestanden) oder nachträglich unmöglich geworden (wenn die Schulden zwischen Testamentserrichtung und Erbschaftsantritt beglichen wurden).301 In diesem Fall gilt die Freilassung nach Paulus als unbedingt, pure302, die Bedingung ist unwirksam. Für den Fall, dass Stichus aber nach Antritt der Erbschaft verstorben ist und noch Schulden beim Erblasser gehabt hat, entscheidet sich Paulus dann zunächst so, dass die Bedingung auch für die Lebensgefährtin gilt und mangels Erfüllung nicht eingetreten ist. Im Schlusssatz wendet sich Paulus dann aber der Argumentation zu, dass die coniunctio des Stichus und seiner Lebensgefährtin im Testamentswortlaut (Stichus si rationes reddiderit, cum contubernali) nicht die Geltung der Bedingung auch für die Lebensgefährtin bezwecke, sondern lediglich die Beziehung zwischen den beiden bezeichnen solle. Grund für die zuvor erörterte Entscheidung, dass die Bedingung auch für die Lebensgefährtin gelte, ist im Umkehrschluss also die wörtliche Verbindung der Gefährtin mit Stichus im Testamentswortlaut durch cum. Diese Entscheidung beruht also auf einer strengen Auslegung des Testamentswortlauts nach seiner grammatischen Konstruktion: Durch die Verwendung der kopulativen Konjunktion cum hat der Erblasser eine Verbindung des Stichus und seiner Gefährtin geschaffen, so dass alles, was für den Stichus gilt, auch für seine Gefährtin gelten muss. Wie bereits zu D. 32.46 gesagt: Das Wort cum drückt grammatisch eine Verbindung aus und ist deshalb strikt in dieser Bedeutung zu berücksichtigen.303 Der mit der Litotes non ineleganter304 eingeleitete Schlusssatz des Fragments zeigt dann aber, dass andere Auslegungsmöglichkeiten von Paulus ernsthaft in Betracht gezogen wurden.305 Paulus verwendet non ineleganter hier komparativisch und leitet damit einen abrupten Wechsel _________________________________

vorangegangenen Schulkontroverse vgl. Voci, DER II, S. 609 ff.; Staffhorst, S. 192 ff.; Wieling, S. 212 ff. 301 Dass die unmögliche Bedingung nicht auf die anfängliche Unmöglichkeit beschränkt war, hat Wieling (S. 218 f.) an Hand von D. 28.5.46 überzeugend dargelegt. 302 Zur Umschreibung der Unwirksamkeit werden in den Quellen unterschiedliche Ausdrücke verwendet, in Ulp.D. 35.1.3 heißt es bspw. „pro nullis habendas“, in Ulp.D. 28.7.6 „condicionem evanescere“. Eine „starre Terminologie“ gibt es nicht, vgl. dazu Staffhorst, S. 191 mit Fn. 177 und 178 sowie S. 17 f. 303 Voci, DER II, S. 849. 304 Zur Verwendung von non ineleganter bei Paulus vgl. Aldinger, Zur Bedeutung des Begriffs eleganter in den römisch-rechtlichen Quellen, S. 4 mit Fn. 25. 305 Voci, DER II, S. 849.

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zu einer unerwarteten anderen Argumentation ein.306 Diese Vorgehensweise ist ungewöhnlich, aber in den Paulus-Quaestionen verschiedentlich zu beobachten.307 Warum Paulus (der sich ja bereits zuvor anderweitig entschieden hat) dieser Argumentation mit non ineleganter höchstes Lob308 zollt und dann dennoch nicht folgt, ist dem Fragment nicht zu entnehmen. Es kann nur vermutet werden, dass vielleicht bei der Kompilation die diesbezügliche Begründung entfallen ist. Dass für die Auslegung der coniunctio in Bezug auf Bedingungen das Verständnis der coniunctio von Vermächtnisnehmern vor dem Hintergrund der Anwachsung herangezogen wurde, zeigt das Fragment Gai. D. 40.7.31.1, in dem Gaius sich mit dem identischen Sachverhalt wie Paulus beschäftigt: Gaius libro tertio decimo ad legem Iuliam et Papiam Et ideo cum quaesitum est „Stichus cum rationes dederit309, cum contubernali sua liber esto“ an mortuo ante condicionem contubernalis310 eius libera esse possit: Iulianus dixit quaestionem311 esse in haec specie, quae et in legatis agitatur „illi cum ille do“, an altero deficiente alter ad legatum admittatur: quod magis sibi placere, perinde ac si ita scriptum esset „illi et illi“. aliam etiam esse quaestionem, an contubernali quoque condicio iuncta sit: quod magis esset. itaque si nulla reliqua Stichus habuerit, statim eam liberam esse312, si habuerit reliqua, debere eam numerare pecuniam: nec tamen liciturum ex suo peculio dare, quia id illis permissum sit, qui principaliter pro sua libertate pecuniam dare iubuntur. Und daher hat, als gefragt worden ist, ob [bei dem Vermächtnis] „Stichus soll, wenn er Rechnung abgelegt hat, mit seiner Lebensgefährtin frei sein“, wenn Stichus vor Erfüllung der Bedingung gestorben sei, seine Lebensgefährtin frei sein könne? Iulianus hat gesagt, in diesem Fall sei die Frage, die auch bei Vermächtnissen [der Form] „diesem gebe und vermache ich mit jenem zusammen“ behandelt werde, ob, wenn der eine wegfalle, der andere zum Vermächtnis zugelassen werde, und das sei eher seine Ansicht, ebenso, wie wenn geschrieben sei „diesem und jenem“. Eine andere Frage _________________________________ 306 Vgl. hierzu Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 44 mit Fn. 115 und Paul. D. 3.5.33; D. 29.1.38; D. 28.6.43.1; D. 31.83; D. 40.13.4; D. 44.2.30.1 und D. 4.2.17. 307 Vgl. hierzu Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 44 mit Fn. 115 und Paul. D. 3.5.33; D. 29.1.38; D. 28.6.43.1; D. 31.83; D. 40.13.4; D. 44.2.30.1 und D. 4.2.17. 308 Aldinger, Zur Bedeutung des Begriffs eleganter in den römisch-rechtlichen Quellen, S. 186. 309 F2 reddeet. 310 Codex Florentinus: contubernali. 311 Codex Florentinus: quaestionum. 312 F2 esset.

VIII. Die coniunctio bei Paulus

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sei, ob die Bedingung auch an die Lebensgefährtin gebunden sei? Und es spreche mehr dafür. Deshalb sei sie, wenn Stichus keinen Rückstand habe, sofort frei, wenn er einen Rückstand habe, müsse sie das Geld bezahlen. Es stehe ihr aber nicht frei, es aus ihrem Sondergut zu zahlen, weil dies nur jenen erlaubt ist, denen befohlen wird, unmittelbar für ihre Freiheit Geld zu geben. Gaius beschäftigt sich hier zunächst mit der von Paulus nicht ausdrücklich behandelten Frage, ob die Freiheit überhaupt erteilt werden könne, wenn der Stichus vor Erfüllung der Bedingung (und damit auch vor Erwerb der Freiheit und des Legats) verstorben ist. Hierzu habe Julian geäußert, der Fall sei so zu behandeln, wie der Ausfall eines wörtlich durch cum oder et mit einem anderen verbundenen Vindikationslegatars, bei dem der verbleibende Vermächtnisnehmer das gesamte Vermächtnis erwirbt, weshalb auch die Lebensgefährtin die Freiheit erwerben könne. Das in Bezug auf das Anwachsungsrecht entwickelte Verständnis der coniunctio wird also auf die Frage, ob die Lebensgefährtin die Freiheit trotz Ausfalls von Stichus noch erwerben kann, übertragen. Die wörtlich verbundene Einsetzung auf die Freiheit bewirkt also ein eigenes „Anwartschaftsrecht“313 der Lebensgefährtin. Hiervon zu trennen ist nach Julian die Frage, ob die Bedingung, unter der dann die Freiheit erworben werden kann, auch für die Lebensgefährtin gilt. Und dies ist auch nach Julians Ansicht der Fall, wobei für Julian wie für Paulus diese Entscheidung streng grammatisch aus der wörtlichen Verbindung des Stichus und seiner Lebensgefährtin durch cum folgt, wie aus der Formulierung condicio iuncta sit deutlich wird. Dass die wörtliche Verbindung das entscheidende Kriterium für die Geltung der condicio für mehrere Vermächtnisnehmer ist, ergibt sich zudem auch aus D. 35.1.30 (Iulianus libro primo ad Ursei. Ferocem), wo Julian ausführt: Si separatim mihi totus fundus pure, tibi sub condicione legatus fuerit et tu decesseris, antequam condicio exstiterit: non habebo necessitatem implere condicionem, […] Sodann führt Julian aus, weil die Bedingung auch für die Lebensgefährtin gelte, sei sie sofort frei, wenn keine Schulden des Stichus bestehen. Dies überrascht, weil Julian statt von einer condicio impossibilis von einer condicio pro impleta314 auszugehen scheint, die Bedingung mithin als erfüllt betrachtet. Diese Einordnung ist – ebenso wie die Lösung des Paulus über _________________________________ 313 Den Begriff Anwartschaft kannten die Römer noch nicht bzw. existiert kein korrespondierender römischrechtlicher Begriff. Der Begriff „Anwartschaftsrecht“ wird hier verwendet um auszudrücken, dass bei aufschiebend bedingten Verfügungen das bedingte Geschäft bereits gewisse vorläufige Wirkungen hat (vgl. Kaser RP I, S. 255 m.w.N.). 314 Vgl. hierzu Wieling, Falsa demonstratio, S. 230 ff.

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die condicio impossibilis – nachvollziehbar, da es Zweck der Rechnungslegung ist, offene Rückstände zu ermitteln und ggfs. auszugleichen und dieser Zweck auch dann erreicht ist, wenn zwar keine Rechnung gelegt wurde, aber auch keine offenen Schulden bestehen. Letztlich handelt es sich aber um dieselbe Vorgehensweise wie bei der Streichung der unmöglichen Bedingung, da so die Hauptverfügung unbedingt aufrechterhalten wird.315 Das Fragment zeigt nochmals, dass bei Vorliegen einer wörtlichen Verbindung in einer letztwilligen Verfügung für die so Verbundenen jeweils alles gilt, was dem jeweils anderen (zu seinen Ungunsten – Voci316 nennt dies eine coniunctio gravata) auferlegt oder (zu seinen Gunsten) vermacht wurde. Die Frage, ob trotz einer coniunctio für die Verbundenen Unterschiedliches gelten kann wird nur sehr selten gestellt und – bis auf D. 28.5.67 (66) (Pomponius libro primo ad Quintum Mucium) – auf Grund einer strikten grammatischen Auslegung immer negativ beantwortet. 6. D. 28.7.5 (Paulus libro secundo ad Sabinum) Si heredi plures condiciones coniunctim datae sint, omnibus parendum est, quia unius loco habentur: si disiunctim sint, cuilibet. Wenn einem Erben mehrere Bedingungen coniunctim auferlegt sind, muss er alle erfüllen, weil sie für eine angesehen werden; wenn sie disiunctim [auferlegt] sind, jede beliebige. Auch in diesem Fragment geht es um Bedingungen, allerdings nicht um die coniunctio der Personen, denen die Bedingung auferlegt ist, sondern um die Auferlegung mehrerer Bedingungen zu Lasten eines Erben. Sind einem Erben mehrere Bedingungen coniunctim, was vor diesem Hintergrund nur verbunden durch eine kopulative Konjunktion heißen kann, auferlegt (z.B. si illud et illud fecerit), muss er alle Bedingungen erfüllen. Paulus legt auch hier den Testamentswortlaut streng nach seiner grammatischen Konstruktion aus. Durch Verwendung von kopulativen Konjunktionen hat der Erblasser eine Verbindung der Bedingungen geschaffen, weshalb diese nur dann als erfüllt angesehen werden, wenn jede von ihnen erfüllt wurde.317 Mit den Worten von Paulus: Weil die mehreren Bedingungen durch ihre wörtliche Verbindung so angesehen werden, als handle es sich um eine einzige Bedingung. Des Weiteren führt Paulus aus, wenn die Bedingungen disiunctim auferlegt seien, könne sich der Erbe aussuchen, welche er erfülle, also jede beliebige. Hier ist zunächst fraglich, in welcher Bedeutung _________________________________ 315

Wieling, Falsa demnstratio, S. 230. DER I, S. 715 Fn. 69. 317 Vgl. hierzu auch Voci, DER II, S. 596 mit Fn. 37. 316

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Paulus disiunctim hier gebraucht. In Bezug auf das Anwachsungsrecht bezeichnet der Begriff (ebenso wie separatim) die fehlende wörtliche Verbindung zwischen mehreren in unterschiedlichen Sätzen auf dieselbe Quote eingesetzten Erben.318 Disiunctim wird aber in den Quellen außerhalb des Anwachsungsrechts auch zur Bezeichnung der strengen Disjunktion im logisch-grammatischen Sinn verwendet, also zum Ausdruck dafür, dass von den aufgezählten Aussagen nur eine gültig sein kann319, so z.B. in D. 50.16.124 (Proculus libro secundo epistolarum): Disiunctivum est, veluti cum dicimus „aut dies aut nox est“, quorum posito altero necesse est tolli alterum, item sublato altero poni alterum.320 Paulus könnte also den Fall vor Augen gehabt haben, dass die Bedingungen in der Form, dass die eine oder die andere zu erfüllen ist, auferlegt wurde (z.B. illud aut illud fecerit), so dass der Erbe sich aussuchen kann, welche er erfüllen will. Dieses Ergebnis ist allerdings so selbstverständlich, dass schwer nachvollziehbar ist, warum Paulus die Frage überhaupt aufwerfen sollte. Es ist daher davon auszugehen, dass Paulus den Begriff disiunctim hier in seinem anwachsungsrechtlichen Gebrauch auf das Bedingungsrecht überträgt und den Fall meint, dass ein Erbe in unterschiedlichen Sätzen auf dieselbe Quote unter unterschiedlichen Bedingungen eingesetzt wurde: „heres esto ex semisse, si navis ex Asia venerit. Idem heres esto ex eodem semisse, si Titius illud fecerit“321 Hier kann man sich durchaus fragen, ob der Testator dem Erben die Erfüllung beider Bedingungen oder nur einer von ihnen auferlegen wollte. Paulus’ Entscheidung ist konsequent: Auf Grund der fehlenden wörtlichen Verbindung sind die Bedingungen nicht als eine, die insgesamt erfüllt werden muss, anzusehen, so dass dem Erben die Wahl bleibt, welche er erfüllen will (bzw. der Eintritt einer der beiden Bedingungen ausreicht, falls der Eintritt unabhängig vom Willen des Erben ist). 7. Mod. D. 35.1.51. pr und Mod. D. 40.4.45 Die beiden in den Digesten überlieferten Fragmente des Modestin, in denen die Begriffe disiunctim/separatim/coniunctim in Bezug auf Bedingungen verwendet werden, stehen in einem engen Sachzusammenhang mit der _________________________________ 318

Vgl. Gai. 2.204. Menge, Lehrbuch der lateinischen Syntax und Semnatik, § 438 (S. 603). 320 Zur Frage, ob Proculus in diesem Fragment stoischen Logik anwendet, vgl. Miquel, Stoische Logik und römische Jurisprudenz, SZ 87 (1970), S. 85 ff. 321 Cujaz, Opera VII, S. 947: Nota tamen idem esse, si heres scribatur ex eadem parte separatim sub diversis conditionibus, [daran anschließendes Zitat oben im Haupttext]; diese Konstellation nimmt auch die Glosse (ad h.l.) an: „[…] si autem disiunctim, id est separatim in diversis partibus testamenti […]“. 319

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soeben behandelten Paulusstelle, weshalb sie direkt im Anschluss an diese untersucht werden sollen:322 a) D. 35.1.51. pr (Modestinus libro quinto differentiarum) Sub diversis condicionibus disiunctim positis liber esse iussus eam condicionem eligere potest, quae sibi levior esse videbitur: legato vero eo modo relicto legatarium novissimae condicioni parere oportet. Wer unter verschiedenen, disiunctim aufgestellten Bedingungen frei zu sein befohlen worden ist, kann die Bedingung auswählen, welche ihm leichter zu sein scheint; ist aber ein Legat in dieser Form hinterlassen worden, muss der Legatar die letzte Bedingung erfüllen. Im ersten Satz erörtert Modestin den Fall, dass ein Sklave in einem Testament323 unter unterschiedlichen, disiunctim aufgestellten Bedingungen freigelassen wird. Dass es sich um eine direkte manumissio testamento (und nicht um eine Freilassung im Wege des Fideikommisses) handelt, ergibt sich aus der Formulierung liber esse iussus, die der direkten Freilassungsform im Testament (Stichum liberum esse iubeo) entspricht.324 Modestin führt dann weiter aus, dass der Sklave hier die Bedingung auswählen könne, welche ihm leichter erscheine, was dem bei der manumissio geltenden Grundsatz levissima scriptura valet entspricht.325 Disiunctim ist auch hier aus den bereits zu D. 28.7.5 (Paulus libro secundo ad Sabinum) dargelegten Gründen so zu verstehen, dass die Freilassung in unterschiedlichen Sätzen unter eine jeweils andere Bedingung gestellt wurde.326 Im zweiten Satz des Fragments wirft Modestin dann die Frage auf, was gilt, wenn ein Legat in dieser Form, also der Vermächtnisgegenstand in unterschiedlichen Sätzen unter jeweils unterschiedlichen Bedingungen hinterlassen worden ist. In diesem Fall, so Modestin, muss der Legatar die im Testament an letzter Stelle aufgeführte Bedingung erfüllen. Diese Ent_________________________________ 322 In D. 28.6.4.2 verwendet Modestin zwar den Begriff separatim, dieses Fragment gibt jedoch keinerlei Aufschluss über Modestins Verständnis des Begriffs coniunctio, sondern behandelt den Spezialfall der Substitution eines mündigen und eines unmündigen Sohnes, weshalb es in dieser Arbeit nicht untersucht wird. 323 Dass nur ein Testament und nicht etwa unterschiedliche Urkunden vorliegen, wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, ergibt sich aber aus der Fallvariation im 2. Satz der Quelle. Dort spricht Modestin ausdrücklich von nur einem Legat, so dass es sich auch im Ausgangsfall nur um ein Testament handeln kann. 324 Gai. 2.267; Kaser, RP I, S. 294; Voci, DER II, S. 569 mit Fn. 14. 325 Voci, DER II, S. 569. 326 Vgl. hierzu auch Joan. Altamiranus ad lib XII Quaest. Scaev. Tract. XII (T.M. 520): „non agi hic di diversis conditionibus alternative positis, sed potius de diversis conditionibus disjunctivis, i.e. separatim in diversis partibus testamentis scriptis“, zitiert nach Otto/Schilling/Sintenis, Band 3, S. 618 Fn. 28.

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scheidung scheint auf den ersten Blick in Widerspruch zu D. 28.7.5 zu stehen. Sie erklärt sich aber ohne Weiteres, wenn man bedenkt, dass ein Legat, im Gegensatz zur Erbeinsetzung, durch ademptio widerrufen werden kann.327 Es gilt also die zuletzt auferlegte Bedingung, die gleichzeitig einen Widerruf der vorher aufgestellten Bedingung darstellt: novissima scriptura valet.328 b) D. 40.4.45 (Modestinus libro329 pandectarum) Quod volgo dicitur sub pluribus condicionibus data libertate levissimam condicionem spectandam esse, ita verum est, si separatim condiciones sint datae: quod si coniunctim datae sunt, nisi omnibus paruerit, liber non erit. Was allgemein gesagt wird, nämlich dass, wenn unter mehreren Bedingungen die Freiheit erteilt wurde, die leichteste Bedingung zu erfüllen ist, ist wahr, wenn die Bedingungen separatim auferlegt wurden. Wurden sie aber coniunctim auferlegt, wird er nicht frei sein, wenn er nicht alle erfüllt. Modestin gibt hier die bereits von Paulus in D. 28.7.5 in Bezug auf die Erbeinsetzung unter mehreren Bedingungen dargelegten Grundsätze wieder. Dass diese auch in Bezug auf eine manumissio testamento gelten müssen, leuchtet ein. Auch hier schafft der Testator durch die Verwendung von kopulativen Konjunktionen eine Verbindung der Bedingungen, weshalb die Voraussetzungen für die Freilassung nur dann als erfüllt angesehen werden, wenn jede der Bedingungen erfüllt wurde. Lässt er die Konjunktion weg, gilt wieder der Grundsatz levissima scriptura valet.330 8. D. 50.16.53. pr (Paulus libro quinquagensimo nono ad edictum) Saepe ita comparatum est, ut coniuncta pro disiunctis accipiantur et disiuncta pro coniunctis, interdum soluta331 pro separatis.332 nam cum dicitur _________________________________ 327 Vgl. hierzu Voci, DER II, S. 486; zum Widerruf des Legats im Allgemeinen D. 34.4; Grosso, Legati, S. 317 ff.; Kaser, RP I, S. 755. 328 Cujaz, Opera VII, S. 947: „[…] Ratio differentiae est, quia legatum tacite adimi potest, & quod sub prioribus conditionibus datum est legatum, videtur tacite per posteriores sublatum, hereditas autem nunquam tacite adimitur.“; Voci, DER II, S. 486. 329 In der Florentina fehlt die Angabe des Buches. Lenel ordnet das Fragment dem 3. Buch der Pandekten des Modestin zu, Palingenesie, Spalte 722 mit Fn. 1. 330 Voci, DER II, S. 569 mit Fn. 14; allerdings gilt in Bezug auf die manumissio in einem Fideikommiss – wie auch schon bei D. 35.1.51.pr in Bezug auf das Legat dargestellt – der Grundsatz novissima scriptura valet, vgl. bspw. Gai. D. 35.1.90 und Voci, DER II, S. 569. 331 Vgl. Gl. soluta ad h.l.: Solutae rationes sunt, in quibus coniunctio non est copulativa, vel disiunctiva, vel alia: […] Gl. rationes ad h.l.: Oratio soluta dicatur. Soluta wird daher als das, was weder verbunden, noch getrennt ist, übersetzt. Vgl. auch D. 50.16.28.1

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apud veteres „adgnatorum gentiliumque“, pro separatione accipitur. at cum dicitur „super pecuniae tutelaeve suae“, tutor separatim sine pecunia dari non potest: et cum dicimus „quod dedi aut donavi“, utraque continemus. cum vero dicimus „quod eum dare facere oportet“, quodvis eorum sufficit probare. Cum vero dicit praetor, „si donum munus operas redemerit“, si omnia imposita sunt, certum est omnia redimenda esse, ex re ergo pro coniunctis habentur. Oft ist [ein Satz] so beschaffen333, dass das Verbundene als getrennt und dass Getrennte als verbunden, manchmal auch das, was weder verbunden, noch getrennt ist, als getrennt angesehen wird. Es wird nämlich eine Trennung angenommen, wenn es bei den Alten „der Agnaten und der Gentilen“ heißt. Wird aber gesagt „über sein Vermögen oder die Vormundschaft“, kann der Tutor nicht ohne [eine Anordnung über] das Vermögen bestellt werden. Und wenn wir sagen „was ich gegeben oder geschenkt habe“, verstehen wir beides [gleichzeitig] darunter. Wenn wir aber sagen „was er geben, tun muss“, genügt es, eins von beiden zu beweisen. Wenn aber der Prätor sagt „wenn er die Gabe, das Geschenk, die Dienste abgekauft haben wird“, ist sicher, dass wenn alles auferlegt ist, auch alles abzukaufen ist, also werden sie [die Worte] auf Grund des Sachzusammenhangs als verbunden angesehen. Der ursprüngliche Zusammenhang des Fragments ist nicht mehr erkennbar.334 Feststehen dürfte aber, dass Paulus in dieser Stelle keine _________________________________

(Paulus libro vicensimo primo ad edictum): Oratio, quae neque coniunctionem neque disiunctionem habet, ex mente pronuntiantis vel disiuncta vel coniuncta accipitur. 332 Mommsen, ed. stereotypa, S. 911 Fn. 2 möchte den Text wie folgt korrigieren: statt interdum soluta pro separatis soll es soluta interdum pro coniunctis, interdum pro separatis heißen. Den Grund hierfür gibt er nicht an, er ist aber wahrscheinlich darin zu sehen, dass später im Text nicht nur ein Beispiel für die oratio soluta im disjunktiven Sinn folgt, sondern auch ein Beispiel für eine kopulative oratio soluta. Sturm, Stipulatio Aquiliana, S. 67 Fn. 59, möchte dagegen soluta interdum pro separatis, interdum pro coniunctis lesen, da sich später im Text zunächst ein disjunktiv zu verstehendes Asyndeton als Beispiel für die oratio soluta anschließe (quod eum dare facere oportet) und erst danach der Fall des kopulativen Asyndetons erörtert werde (donum munus operas). Diese Emendation (unabhängig von der Frage der Reihenfolge in der Darstellung) ist jedoch nicht zwingend erforderlich, da es auch möglich ist, dass Paulus interdum soluta pro separatis lediglich zur Ankündigung des dann später im Text für diesen Fall folgenden Beispiels anführt. Dass die oratio soluta auch pro coniunctis angesehen werden kann, ist schon in interdum impliziert und muss nicht mehr ausdrücklich gesagt werden. 333 Da es mit ita comparatus um die Beschaffenheit einer Sache gehen muss (vgl. Langenscheidts Großwörterbuch I, S. 144 zu comparo² e 3) und es sich bei dieser Sache nur um einen Satz handeln kann, wurde hier in Anlehnung an die Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis, Band 4, S. 1223, in diesem Sinne frei übersetzt. 334 Vgl. Sturm, Stipulatio Aquiliana, S. 68; Lenel, Palingenesie I, Spalte 1077 Fn. 1; Cujaz, Opera V, col. 761, bezieht die Stelle auf das Edikt de constituendo curatore et

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erbrechtlichen Verfügungen vor Augen gehabt hat, da die von ihm angeführten Beispiele, wie im Folgenden noch näher darzulegen ist, nicht die Verwendung von Konjunktionen durch den Erblasser im Testament betreffen. Die Stelle ist aber dennoch für die vorliegende Arbeit interessant, da sich aus ihr Rückschlüsse für die Verwendung der Begriffe coniunctim/disiunctim/separatim in den hier untersuchten Bereichen des Erbrechts ziehen lassen. Im ersten Satz des Fragments führt Paulus aus, dass in der Rechtssprache kopulative Konjunktionen oft in der Bedeutung „oder“ und disjunktive Konjunktionen häufig in der Bedeutung „und“ verwendet werden und dass auch Asyndeta manchmal disjunktiv zu verstehen seien.335 Zur Verdeutlichung führt Paulus dann mehrere Beispiele an. a) Adgnatorum gentiliumque Adgnatorum gentiliumque, heiße Adgnaten oder Gentilen (und nicht Adgnaten und Gentilen, wie der Ausdruck wegen -que eigentlich wörtlich zu übersetzen wäre). Entnommen ist der Ausdruck sehr wahrscheinlich Tab. V 7a der Zwölftafeln: Si furiosus escit, adgnatum gentiliumque in eo pecuniaque eius potestas esto.336 b) Super pecuniae tutelaeve Super pecuniae tutelaeve drücke trotz der Verwendung von -ve aus, dass die Bestellung eines Tutors nur in einem Testament erfolgen könne, das auch eine Erbeinsetzung enthalte, also eine kopulative Konjunktion.337 Der Ausdruck ist wiederum den Zwölftafeln, dort Tab. V 3 entnommen: Uti legassit super pecunia tutelave suae rei ita ius esto.338 _________________________________

administratione eius, was aber nicht überzeugt, da Paulus dieses Edikt in Buch 62 und nicht im Buch 59, dem dieses Fragment gemäß der Inskription entstammt, behandelt (vgl. Lenel, Palingenesie, Sp. 1079 f.; Sturm, Stipulatio Aquiliana, S. 68 Fn. 61). Allerdings gehen Lenel im Edictum Perpetuum (S. 425 Fn. 3) und Solazzi (Il concorso dei creditori, S. 174 f.) davon aus, dass das Fragment sich auf das Edikt de magistris faciendis bonisque proscribendis et vendendis bezieht. Dies lässt sich dem Inhalt der Stelle jedoch nicht hinreichend sicher entnehmen. 335 Vgl. Sturm, Stipulatio Aquiliana, S. 68. 336 Sturm, Stipulatio Aquiliana, S. 68 Fn. 65; anders Cujaz, Opera V, col. 761, der einen zusätzlichen Bezug zu Tab. V 5 annimmt, was jedoch nicht überzeugt, da in dieser Bestimmung keine Konjunktion verwendet wird. 337 Für diese Auslegung Sturm, Stipulatio Aquiliana, S. 69; der Streit in der Literatur zu dieser Auslegung soll hier nicht dargestellt werden, da er keinen Bezug zu der hiesigen Untersuchung hat. Vgl. dazu Sturm, Stipulatio Aqiliana, S. 69 Fn. 67 m.w.N. 338 So wird die Bestimmung bei UE 11.14 überliefert. Allerdings ist bei Gai. 2.224, Inst. 2.22.pr, Cic. de inv. 2.50.148 und auct. ad Her. 1.13.23 die tutela nicht erwähnt, weshalb das Fragment und insbesondere das tutela-Beispiel vielfach für interpoliert

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c) dedi aut donavi Bei dedi aut donavi, einem bei Schenkungen üblichen Ausdruck, bezeichne aut kein Ausschließlichkeitsverhältnis, sondern verbinde die beiden Worte in der Form, dass sie eine schenkungsweise Leistung bezeichnen. 339 d) quod eum dare facere oportet Das in der Klageformel quod eum dare facere oportet enthaltene Asyndeton von dare und facere sei disjunktiv zu verstehen, also so, dass der Kläger eine Verpflichtung des Beklagten entweder zu einem dare oder zu einem facere darlegen muss, nicht zu beidem.340 e) donum munus operae Die asyndetische Aneinanderreihung in donum munus operae sei im Gegensatz zum vorherigen Asynedeton kopulativ zu verstehen. Bei donum munus operae handelt es sich um einen Ausdruck, der zur Bezeichnung von Leistungen verwendet wurde, die sich ein manumissor und Patron aus Anlaß der Freilassung von seinem libertus durch Eid oder Stipulation versprechen ließ,341 wobei operae Dienste, donum in erster Linie das Sachgeschenk und munus speziell das Pflichtgeschenk bezeichnet.342 Ulpian D. 38.1.7.3 (Ulpianus libro 28 ad Sabinum) gibt den Eidesinhalt mit iurare autem debet operas donum munus se praestaturum wieder, wobei anzunehmen ist, dass er sich hier an ein althergebrachtes Eidesformular anlehnt.343 Für eine große praktische Bedeutung der Häufung von donum munus operae sprechen auch die bei Valerius Probus344 für diesen Ausdruck überlieferten Abkürzungen „DMO“ und „ODM“.345 Die Aussage von Pau_________________________________

gehalten wird, vgl. hierzu Pringsheim, Die archaische Tendenz Justinians, Studi Bonfante, Corso di diritto romano, Band 1, S. 569; Voci, DER I, S. 4 f.: „corotto“; Kaser, RP I, S. 89 Fn. 31: „entstellt“; Sturm, Stipulatio Aqiliana, S. 69 Fn. 66 m.w.N. Da diese Interpolationsvermutungen aber außer der fehlenden Erwähnung der tutela in den eben genannten Quellen keinen Ansatzpunkt nennen, sind sie abzulehnen. Bei einer vollständigen Streichung des Beispiels würde die Variante disiuncta pro coniunctis vollständig fehlen. Es ist unwahrscheinlich, dass Paulus für alle anderen Fallvarianten Beispiele aufführt und dann eine auslässt. 339 Vgl. Scaev. D. 31.88 pr; Sturm, Stipulatio Aqiliana, S. 69 mit Fn. 68. 340 Sturm, Stipulatio Aqiliana, S. 69 f. Die von Sturn auf Seite 70 erörterte Frage, ob Paulus hier auf die formula qua incertum petimus anspielt oder ob es sich wegen der Verwendung von quod statt quidquid um eine eigenständige Formel handelt, soll hier mangels Bezug zur hiesigen Untersuchung nicht weiter vertieft werden. 341 Waldstein, Operae libertorum, S. 14, 239. 342 Kaser, Zum Ediktsstil, FS Schulz II, S. 40 f.; zu munus vgl. Labeo D. 50.16.194. 343 Kaser, Zum Ediktsstil, S. 40; Waldstein, S. 215. 344 Prob. Litt. Sing. gramm. IV, S. 276. 345 Sturm, Stipulatio Aqiliana, S. 69 Fn. 70.

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lus bezieht sich auf das Edikt de bonis libertorum, mit dem der Prätor verkündet hat, dass er dem Patron die bonorum possessio contra tabulas nicht geben werde, wenn der libertus donum munus operas redemerit.346 Nach den Ausführungen des Paulus ist er so zu verstehen, dass ein Freigelassener sich nicht nur von den von ihm versprochenen operae freikaufen muss, sondern auch von einem stipulierten oder per Eid zugesagten donum und/oder munus, sofern alle gleichzeitig auferlegt seien.347 In diesem Fall seien die Wörter ex re coniunctis anzusehen. Diese Formulierung erinnert unmittelbar an die anwachsungsrechtliche coniunctio und an die berühmte Dreiteilung von Paulus in D. 50.16.142 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam): coniunctio re et verbis, coniunctio re, coniunctio re tantum. Eine coniunctio im anwachsungsrechtlichen Sinn kann aber natürlich nicht gemeint sein, da hier ja eine sachliche Verbindung über einen Erbteil oder einen Vermächtnisgegenstand gar nicht vorliegen kann. Allerdings besteht bei der Argumentation in D. 50.16.53.pr (Paulus libro quinquagensimo nono ad edictum) eine spiegelbildliche Parallelität mit dem in D. 50.16.142 enthaltenen Verständnis der coniunctio dahingehend, dass keine wörtliche Verbindung über eine kopulative Konjunktion vorliegt, also im eigentlichen Sinn keine coniunctio, aber eine Verbindung der zu erbringenden Leistungen über die diesbezüglich eingegangene Verpflichtung, während die coniunctio re bei D. 50.16.142 über die Zuwendung einer Sache oder eines Erbteils an mehrere Personen, also durch das gemeinsame Recht dieser Personen an der Sache entsteht. Man könnte daher annehmen, dass D. 50.16.53. pr mit der in D. 50.16.142 enthaltenen Theorie der coniunctio zusammenhängt. Einen solchen Zusammenhang nimmt d’Ors348 an. Die Unterscheidung diene in beiden Fragmenten der Unterscheidung zwischen in einer sprachlichen Äußerung lediglich „implizierten grammatikalischen Konjunktionen“ (conjunciones gramaticales implìcitas), womit wohl die asyndetische Aneinanderreihung gemeint ist, auf der einen Seite und ausdrücklichen grammatischen Konjunktionen auf der an_________________________________ 346

Waldstein, S. 215; Kaser, Zum Ediktsstil, FS Schulz II, S. 40; Lenel, Edictum Perpetuum, S. 350. In Bezug auf den Ediktstitel XXIV de operis libertorum meint Lenel (S. 340 Fn. 7), donum munus operas bedeute „nichts anderes als was sonst das Wort operae, in weiterm Sinn, allein ausdrückt.“ Dagegen spricht aber, dass Paulus in D.50.16.53.pr eindeutig von unterschiedlichen Bedeutungen der drei Begriffe ausgeht, vgl. Waldstein, S. 215. 347 Sturm, Stipulatio Aqiliana, S. 69. 348 Re et Verbis, Atti Verona III, S. 300. Allerdings hält d’Ors die Dreiteilung coniunctio re et verbis, re tantum, verbis tantum für eine scholastische Unterscheidung der Nachklassiker und sieht dementsprechend die Passage ex re ergo pro coniunctis habentur in D.50.16.53.pr ebenfalls als unklassisch an. Da für eine Interpolation der Passage ex re ergo pro coniunctis habentur sonst keine Anhaltspunkte bestehen, ist auch diese Paulus zuzuordnen.

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deren Seite – abstrahiert also der Gegenüberstellung von konkludenten und ausdrücklichen Äußerungen eines Geschäftswillens.349 Diese Auffassung überzeugt aus folgenden Gründen nicht: Zunächst geht es in D. 50.16.142 gerade nicht ausschließlich um die Gegenüberstellung von ausdrücklichen und „implizierten grammatikalischen Konjunktionen“ in Form von asyndetischen Aneinanderreihungen. In D. 50.16.142 wird vielmehr ausgesagt, dass in einer erbrechtlichen Verfügung über die Zuwendung derselben Sache/desselben Erbteils eine Verbindung dergestalt entsteht, dass daraus ein Anwachsungsrecht bzw. eine Bevorzugung nach den Regeln der lex Iulia et Papia der durch die Verfügung Bedachten erwächst. Diese Entscheidung ist unabhängig davon, ob der Erblasser die Bedachten mit einer kopulativen Konjunktion verbunden, asyndetisch aneinander gereiht oder sogar in unterschiedlichen Sätzen, also disiunctim/separatim bedacht hat, da eine tatsächliche Verbindung über die Einsetzung auf dieselbe Sache/denselben Erbteil vorliegt, wobei für die asyndetische Aneinanderreihung sogar im Gegensatz zu D. 50.16.53. pr eine coniunctio re et verbis angenommen wird: videamus autem, ne etiam si hos articulos detrahas „et“, „que“, „cum“, interdum tamen coniunctos accipi oporteat, veluti „Lucius Titius, Publius Maevius ex parte dimidia heredes sunto“, vel ita „Publius Maevius, Lucius Titius heredes sunto. Sempronius ex parte dimidia heres esto“, ut Titius et Maevius veniant in partem dimidiam et re et verbis coniuncti videantur. Die von d’Ors angenommene Gegenüberstellung findet sich in D. 50.16.142 tatsächlich also gar nicht. Auch in D. 50.16.53. pr ist sie nicht enthalten. Dort geht es nämlich nicht um die Auslegung des Eides oder der stipulatio, durch die der Freilasser sich die Leistungen vom libertus versprechen lässt, also gar nicht um die Auslegung eines sprachlich geäußerten Geschäftswillens. Es geht vielmehr, wie oben bereits ausgeführt, um die Auslegung der Ediktsklausel (cum vero dicit praetor), mit der der Prätor verkündet hat, dass er dem Patron die bonorum possessio contra tabulas nicht geben werde, wenn der libertus donum munus operas redemerit. Hier war offensichtlich die Frage, ob dann, wenn bspw. ausschließlich operas auferlegt worden waren, der libertus auf Grund der in der Ediktsklausel enthaltenen Aneinanderreihung auch eine Ablösesumme für Sach- und Pflichtgeschenke zur Erlangung der _________________________________ 349

Einen Zusammenhang der Fragmente mit dem vierteiligen Schema der obligatio in Gai. 3.89 (aut re aut verbis aut litteris aut consensu) lehnt d’Ors richtigerweise ab. Dort geht es nicht um die (ausdrückliche oder stillschweigende) Verbindung zweier Begriffe in einer sprachlichen Äußerung, sondern um die Begründung von Obligationen. Vgl. zu Gai. 3.89 d’Ors, Re et verbis, Atti Verona III, S.267 ff.; Kaser, Gaius und die Klassiker, SZ 70 (1953), S. 157 f. m. w. N. Fn. 115; Kaser, RP I, S. 524 f.

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Freiheit leisten musste. Dies hing nach der Erklärung von Paulus allein von der im Einzelfall eingegangenen Verpflichtung ab: si omnia imposita sunt, certum est omnia redimenda esse. War jedoch nur eine bestimmte Leistung auferlegt, mussten die übrigen nicht abgelöst werden, vgl. D. 50.16.53.1: si quaedam imposita sunt, cetera non desiderabuntur.350 Die Ediktsklausel war mithin je nach dem zugrundeliegenden Einzelfall auszulegen (ex re ergo pro coniunctis habentur), so dass es in D. 50.16.53. pr gar nicht um eine in einer sprachlichen Äußerung implizierte Konjunktion von Begriffen geht, sondern um eine Auslegung nach dem Sachzusammenhang.351 f) Kein Zusammenhang zwischen D. 50.16.53. pr und D. 50.16.142 Auch sonst besteht kein Zusammenhang zwischen D. 50.16.53. pr und D. 50.16.142. Paulus erörtert in D. 50.16.53. pr (bis auf den Ausdruck quod dedi aut donavi) nämlich ausschließlich Formulierungen aus der Gesetzes- bzw. Ediktssprache. Dort unterscheidet sich, wie die Ausführungen von Paulus zeigen, die Auslegung von kopulativen und disjunktiven Konjunktionen grundlegend von deren Auslegung in erbrechtlichen Verfügungen. Wie bereits mehrfach dargelegt, werden kopulative Konjunktionen dort stets so ausgelegt, dass sie eine Verbindung der dem Inhalt nach zusammengehörigen Begriffe im Satz ausdrücken, so dass dort die in D. 50.16.53. pr erörterte Problematik, dass eine coniunctio auch als disiunctio aufzufassen sein kann, nie aufkommen kann und demenstprechend in den überlieferten Quellen auch nicht zu finden ist. Die in D. 50.15.53. pr aufgeworfene umgekehrte Frage, ob eine disiunctio in Form von aut auch als coniunctio verstanden werden muss, kann sich im Erbrecht daher ebenfalls nicht stellen und ist dementsprechend auch nicht überliefert. Zuletzt ergibt sich schon aus den in D. 50.16.53. pr verwendeten Konjunktionen, dass Paulus unterschiedliche Materien behandelt: Denn er verwendet als Beispiel für eine coniunctio, die als disiunctio aufzufassen ist, einen Ausdruck, in dem die Begriffe mit -que verbunden werden. -que ist die in der Gesetzessprache der Kaiserzeit übliche Form der kopulativen Beiordnung, während die Verwendung von et nicht üblich gewesen zu sein scheint.352 Wenn -que also die in der Gesetzessprache übliche Konjunktion zur Verbindung von Satzteilen gewesen ist, während et, wie bereits mehrfach ausgeführt, die ursprüngliche Konjunktionsform in erbrechtlichen Verfügungen war, kann die Auswahl des Beispiels adgnatorum gentilium_________________________________ 350

Waldstein, S.215. So auch Sturm, Stipulatio Aqiliana, S. 68 Fn. 63. 352 Draeger, Historische Syntax der lateinischen Sprache, 2. Band, S. 32 ff.; vgl. bspw. lex regia de Vespasiani imperio und Cic. Phil. 9.7, wo –que im Entwurf eines Senatsbeschlusses verwendet wird. 351

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

que kein Zufall sein, sondern bedeutet, dass Paulus sich hier mit der Auslegung der Gesetzessprache beschäftigt. Die des Weiteren in den Beispielen für die disiunctio von Paulus herangezogenen Konjunktionen -ve und aut werden in Bezug auf erbrechtliche Verfügungen zudem überhaupt nicht diskutiert. Bei erbrechtlichen Verfügungen werden die Wörter disiunctim/separatim vielmehr in einem völlig anderen Sinn verstanden, sie bezeichnen lediglich das Fehlen einer wörtlichen Verbindung, nicht grammatische Disjunktion. Für die hiesige Untersuchung kann daher aus D. 50.16.53. pr gefolgert werden, dass die Theorie der coniunctio in den hier untersuchten Bereichen des Erbrechts grundsätzlich von der coniunctio in der sonstigen Rechtssprache zu unterscheiden ist. Im Erbrecht bestehen zwingende Auslegungsgrundsätze, nach denen sich das Vorliegen einer coniunctio richtet. In der sonstigen Rechtssprache ist dies nicht der Fall, dort werden die Begriffe disiunctim und separatim sogar in einer anderen Bedeutung verwendet.

IX. Die coniunctio bei Ulpian353 IX. Die coniunctio bei Ulpian

1. D. 7.4.16 (Ulpianus libro quinto disputationum) Si sub condicione mihi legatus sit usus fructus medioque tempore sit penes heredem, potest heres usum fructum alii legare: quae res facit, ut, si condicio extiterit mei legati, usus fructus ab herede relictus finiatur. Quod si ego usum fructum amisero, non revertetur ad legatarium, cui ab herede pure legatus fuerat, quia ex diversis testamentis ius coniunctionis non contingit. Wenn mir ein Nießbrauch unter einer Bedingung vermacht ist und der Erbe ihn in der Zwischenzeit innehat, kann der Erbe den Nießbrauch einem anderen vermachen; dies hat zur Folge, dass, wenn die Bedingung meines Legats eintritt, der vom Erben hinterlassene Nießbrauch endet. Wenn ich aber den Nießbrauch verliere, kehrt er nicht zu dem Vermächtnisnehmer, _________________________________ 353 Vat. 75 wurde wegen des Zitats von Sabinus bereits unter I. (S. 13 ff.) behandelt, Vat. 75.2–76 und D. 28.5.15.pr unter III. (S. 28 ff.). D. 28.7.2.1 wird nicht behandelt, da dieses Fragment keinen Aufschluss über Ulpians Sichtweise der coniunctio gibt, sondern den Wegfall eines zum Erben eingesetzten Sklaven behandelt. Ebenso verhält es sich bei D. 28.5.17.2–5 (Quotenbildung), D. 29.1.19.pr (mehrere, zeitlich aufeinander nachfolgende Soldatentestamente), D. 30.41.2 (Abtrennung von Gebäudeteilen), D. 33.8.6.3 (Auslegung des Testamentswortlauts beim Vermächtnis von Sondergütern), D. 34.4.3.7 (Unklarheiten bei Widerruf eines Testaments), D. 35.1.10.pr (eheliche Verbindung) und D. 37.5.3.3 (Vermächtnisse bei Forderung des Nachlassbesitzes entgegen dem Testamentsinhalt).

IX. Die coniunctio bei Ulpian

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dem er vom Erben unbedingt vermacht worden war, zurück, weil aus unterschiedlichen Testamenten das ius coniunctionis nicht stattfindet. Ulpian schildert hier den Fall, dass ein Nießbrauch unter einer Bedingung vermacht wurde und dass diese nach Erwerb der Erbschaft durch den Erben noch nicht eingetreten ist. Während dieser Zeit dürfe der Erbe den Nießbrauch einem anderen vermachen. Sobald die Bedingung eintrete, falle der Nießbrauch aber dem ursprünglichen Vermächtnisnehmer zu. Zu dieser Fallkonstellation gibt es eine Schulkontroverse, wie Gaius in 2.200 berichtet:354 Die Prokulianer gingen davon aus, dass der Vermächtnisgegenstand während des Schwebens der Bedingung nullius sei, während die Sabinianer annahmen, dass die Sache in dieser Zeit im Eigentum des Erben stehe (bzw. der Nießbrauch dem Erben zufalle), so dass der Erbe nach sabinianischer Auffassung auch über den Vermächtnisgegenstand verfügen konnte. Mit Eintritt der Bedingung wurden die Zwischenverfügungen des Erben unwirksam.355 Indem Ulpian ausführt, dass der Erbe den Nießbrauch während des Schwebens der Bedingung anderweitig vermachen könne und dass der Nießbrauch mit Eintritt der Bedingung beim zweiten Vermächtnisnehmer ende und nun nur noch dem ersten Vermächtnisnehmer zustehe, folgt er also der sabinianischen Ansicht. Diese war zur Zeit Ulpians herrschend, wie sich aus D. 30.69.1 (Gaius libro secundo de legatis ad edictum praetoris), D. 30.81. pr (Iulianus libro tricesimo secundus digestorum), D. 35.1.105 (Pomponius libro quinto epistolarum) sowie D. 10.2.12.2 (Ulpianus libro vicesimo tertio ad edictum) und aus der Tatsache, dass Ulpian die gegenteilige Auffassung noch nicht einmal erwähnt, ergibt.356 Im Anschluss beschäftigt Ulpian sich dann mit dem Schicksal des Nießbrauchs, wenn der erste Vermächtnisnehmer, nachdem er das Vermächtnis wegen Eintritts der Bedingung erworben hat, den Nießbrauch wieder verliert. Dann kehre er nicht zum zweiten Vermächtnisnehmer zurück, da bei unterschiedlichen Testamenten das ius coniunctionis keine Anwendung finde. Da der Begriff ius coniunctionis außer in dem vorliegenden Fragment weder von Ulpian noch von anderen römischen Juristen in den überlieferten Quellen gebraucht wird, stellt sich die Frage, welches Recht Ulpian hier meint. Hier sind sich schon die Übersetzungen uneinig: Horak übersetzt ius coniunctionis in Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler357 mit „Anwachsungsrecht“, Hulot übersetzt in Hulot/Berthelot/Tissot/Bérenger _________________________________ 354

Vgl. hierzu Gai. 2.200; Voci, DER II, Parte Spaciale, S. 388 ff.; Grosso, Legati, S. 454 f.; Backhaus, Casus Perplexus, S. 60 mit Fn. 14 und 15. 355 Backhaus, Casus Perplexus, S. 60 Fn. 15; Gai. D. 30.69.1, Iul. D. 30.81.pr, Pomp. D. 35.1.105 und Ulp. D. 10.2.12.2. 356 Backhaus, Casus Perplexus, S. 60 Fn. 14 und 15; Voci, DER II, S. 389. 357 Band II, S. 637.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

Fils358 „droit d’accroissement“. Dagegen übersetzen Otto/Schilling/ Sintenis359 wörtlich mit „Verbindungsrecht“. Bei Spruit/Feenstra/ Bongenaar360 findet sich die Übersetzung „rechtspositie van medelegataris“, ähnlich übersetzt Scott361 mit „the right of joint legatees“, Schipani362 übersetzt „il diritto che sorgerebbe con un’unica disposizione“. Die Übersetzung mit Anwachsungsecht liegt nahe, da der Begriff coniunctio vor dem Hintergrund des geschilderten Falls hierauf hinzudeuten scheint. Dementsprechend findet sich schon bei der Glosse363 der Hinweis „Ius adcrescendi non habet locum inter eos quibus res legatur ex diversis testamentis“ und bei Gothofredus364 die Anmerkung „Jus coniunctionis est jus accrescendi“. Dies trifft bei näherer Betrachtung aber nicht zu. Ein „Zurückkehren“ des Nießbrauchs zum zweiten Vermächtnisnehmer wäre nämlich gar keine Anwachsung, da der zweite Vermächtnisnehmer den Nießbrauch ja auf Grund des Eintritts der Bedingung wieder vollständig verloren hat, so dass ihm gar nichts anwachsen könnte. Er hat den Nießbrauch (streng genommen müsste es ja sogar ein Teil des Nießbrauchs sein) auch nicht etwa durch das Zusammentreffen mit dem ersten Vermächtnisnehmer verloren, sondern der Nießbrauch wurde durch das Eintreten der Bedingung beendet, weshalb auch deshalb die Bezeichnung der „Rückkehr“ des Nießbrauchs mit dem Begriff „Anwachsung“ unzutreffend wäre. Aber natürlich würde es sich um einen der Anwachsung sehr ähnlichen Vorgang handeln. Deshalb ist anzunehmen, dass Ulpian hier bewusst ius coniunctionis verwendet, um deutlich zu machen, dass es sich bei der „Rückkehr“ des Nießbrauchs zum zweiten Vermächtnisnehmer nicht um eine Anwachsung im rechtlichen Sinn handeln würde. Dass diese „Rückkehr“ im vorliegenden Fall ausgeschlossen ist, liegt zudem nicht etwa daran, dass die Anwachsungsvoraussetzungen nicht vorliegen, sondern nur daran, dass die beiden Vermächtnisnehmer in unterschiedlichen Testamenten, also in unterschiedlichen Urkunden bedacht wurden. Wäre dem ersten und dem zweiten Vermächtnisnehmer der Nießbrauch (dem zweiten natürlich nur für die Zeit der Pendenz der Bedingung) in einem Testament vermacht worden, hätte Ulpian wohl eine sachliche Verbindung über die Einsetzung auf denselben Nießbrauch angenommen und eine „Rückkehr“ des Nießbrauchs bejaht. Auch die sachliche Verbindung hat also noch eine formelle Komponente, nämlich die Nennung in ein und demselben Testament, das _________________________________ 358

Band 1, S. 518. Band 2, S. 708. 360 Band 2, S. 614. 361 Vol. 3–4, S. 259. 362 Band 2, S. 154. 363 Glosse non contingit ad h.l. 364 Corpus iuris civilis, A. 81 ad h.l. 359

IX. Die coniunctio bei Ulpian

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für die Römer also die formelle Grenze für die Annahme einer coniunctio bildet. 2. D. 30.34.pr (Ulpianus libro vicesimo primo ad Sabinum) Plane ubi transferre voluit legatum in novissimum, priori non debebitur, tametsi novissimus talis sit, in cuius persona legatum non constitit. at si coniuncti disiunctique365 commixti sint, coniuncti unius personae potestate funguntur. Wollte er allerdings das Vermächtnis auf den Letztgenannten übertragen, wird es dem Erstgenannten nicht geschuldet, auch wenn der Letztgenannte einer ist, in dessen Person das Legat nicht entsteht. Sind aber coniunctim und disiunctim Bedachte vermischt, gelten die coniunctim Bedachten als eine Person. Für die hiesige Untersuchung ist der zweite Satz von Interesse, in dem Ulpian ausführt, dass, wenn coniunctim und disiunctim Bedachte im Testament zusammentreffen, die coniunctim Bedachten als eine Person anzusehen sind.366 Unklar ist zunächst, ob es sich bei den Zusammentreffenden um Erben oder Vermächtnisnehmer handelt. Im ersten Teil des Fragments muss von einem Damnationslegat die Rede sein, da dieses im Gegensatz zum Vindikationslegat geschuldet – debebitur – wird.367 Ulpian könnte also auch im zweiten Teil von Damnationslegataren sprechen, wie z.B. Lenel368 annimmt. Allerdings ist im darauffolgenden § 1 des Fragments vom petere eines Vermächtnisgegenstandes die Rede. Da petere in den Quellen vor allem im Zusammenhang mit dinglichen Klagen gebraucht wird, behandelt Ulpian in § 1 sehr wahrscheinlich ein Vindikationslegat, weshalb der Zusammenhang nicht zwingend für ein Damnationslegat im hier zu untersuchenden Fall spricht, aber zumindest davon ausgegangen werden kann, dass nicht von zusammentreffenden Erben, sondern von zusammentreffenden Vermächtnisnehmern die Rede ist.369 Ob es sich bei diesen um Damnationslegatare oder Vindikationslegatare handelt, könnte sich aber aus der Aussage coniuncti unius personae potestate funguntur ergeben. Hier ist wiederum fraglich, ob diese Aussage sich _________________________________ 365

Die Florentina schreibt disiunctive, mit Mommsen, ed. Stereotypa, Arndts in: Glück’s Pandekten, Bd. 46, S. 509 und Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 33 Fn. 90 (m.w.N.) ist aber disiunctique anzunehmen, da ansonsten ein Zusammentreffen nicht denkbar ist (so Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 33 Fn. 90) und der sich anschließende Gliedsatz keinerlei Sinn ergeben würde. 366 Zur im ersten Satz geschilderten Problematik vgl. Voci, DER II, S. 549 f. 367 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 34. 368 Palingenesie, Spalte 1086 Fn. 7. 369 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 34; Heumann/Seckel zu petere, S. 428.

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Die coniunctio in den erbrechtlichen Quellen

auf das Anwachsungsrecht oder/und die Quotenbildung bezieht. In der Literatur wird überwiegend angenommen, dass sie sich auf das Anwachsungsrecht beziehe und bedeute, dass bei zusammentreffenden coniuncti und disiuncti die Verbundenen bei der Anwachsung bevorzugt werden.370 Allerdings behandelt Ulpian im 1. Satz des principium und in den sich an das principium anschließenden Paragraphen 1–10 ausschließlich den Umfang des Erwerbs aus Vermächtnissen, so dass nicht nachvollziehbar ist, warum er im zweiten Satz des principium plötzlich ins Anwachsungsrecht abschweifen sollte.371 Es ist daher anzunehmen, dass Ulpian sich hier mit der Frage beschäftigt, welche Anteile am Vermächtnisgegenstand beim Zusammentreffen von coniunctim und disiunctim bedachten Mitvermächtnisnehmern entstehen.372 Betrachtet man nun die Aussage coniuncti unius personae potestate funguntur in Bezug auf die Teilbildung beim Zusammentreffen von coniunctim und disiunctim eingesetzten Damnationslegataren, meint Lohsse373, sie sei zwar unpräzise und trivial, aber nicht unzutreffend: Da der Erbe den coniunctim bedachten Damnationslegataren nur gleich große Teile des Vermächtnisgegenstandes (bzw. ihres Schätzwerts) und den disiunctim bedachten Damnationslegataren die ganze Sache bzw. ihren Schätzwert schulde, die coniunctim Bedachten zusammen also stets so viel wie ein disiunctim Bedachter erhalten würden, könne man durchaus auf die Idee kommen, die coniunctim Bedachten als eine Person anzusehen. Bei näherer Betrachtung ist die Aussage aber nicht nur unpräzise, sondern unzutreffend, weshalb dieser Fall nicht gemeint sein kann: Die coniunctim bedachten Damnationslegatare sollen ja von vornherein unterschiedliche Teile des Vermächtnisgegenstandes erhalten und gerade nicht die Stelle einer Person vertreten, vgl. D. 30.34.9 (Ulpianus libro vicesimo primo ad Sabinum): „Si coniunctim res legetur, constat partes ab initio fieri“. Die coniunctim bedachten Damnationslegatare vertreten gegenüber den disiunctim Bedachten _________________________________ 370

Mühlenbruch in: Glück’s Pandekten, Bd. 43, S. 319 mit Fn. 97; Vangerow II, 7. Aufl.; S. 326; Windscheid/Kipp III, S. 636; vgl. hierzu Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 33 Fn. 91 m.w.N. 371 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 34; i.E., auch Arndts in: Glück’s Pandekten, Bd. 46, S. 510, der allerdings einen Bezug zum Anwachsungsrecht deshalb ausschließt, weil zur Zeit des Ulpian das Anwachsungsrecht wegen der lex Iulia et Papia nur ausnahmsweise angewendet worden sei. 372 Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 34; Kaser, RP I, S. 730 mit Fn. 10 bezieht die Stelle ohne nähere Erklärung auf die Qotenbildung bei der Erbeinsetzung. Dass dies jedoch nicht gemeint sein kann, zeigt der Zusammenhang von D. 30.34 pr und § 1. Allerdings ist die Aussage, sofern man sie allein auf die Quotenbildung bezieht, auf die Erbeinsetzung übertragbar. 373 Ius Adcrescendi, S. 35.

IX. Die coniunctio bei Ulpian

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daher bei der Teilbildung gerade nicht die Stelle einer Person, sondern von vornherein die Stelle von zwei Personen. Anders ist es beim Vindikationslegat. Hier gilt bei der Anwachsung, wie bereits zu Ulpian/Julian Vat. 76 dargelegt, dass bei einem Zusammentreffen von coniunctim und disiunctim bedachten Vindikationslegataren (bzw. Nießbrauchsvermächtnisnehmern) unter den coniunctim Bedachten bevorzugte Anwachsung stattfindet. Dieses Ergebnis für die Anwachsung kann nur über eine entsprechende Quotenbildung beim Zusammentreffen der Legatare erreicht werden: Die coniunctim bedachten Vindikationslegatare erhalten zusammen einen Teil, den sie auf Grund ihres Zusammentreffens teilen müssen (der ihnen dann bei Ausfall des jeweils anderen aber auch anwächst), die disiunctim Bedachten erhalten jeweils alleine einen Teil. Ulpian stellt hier also die Regel zur Teilbildung dar, aus der dann die in Vat. 76 dargestellte Regel der Bevorzugung von coniunctim bedachten Mitvermächtnisnehmern bei der Anwachsung folgt: Die coniunctim bedachten Vindikationslegatare nehmen bei der Teilbildung gegenüber den disiunctim Bedachten die Stelle einer Person ein. Anders formuliert: Die coniunctio impliziert eine vom Erblasser beabsichtigte besondere Quotenbildung. Ulpian behandelt hier also die Teilbildung beim Zusammentreffen coniunctim und disiunctim bedachter Vindikationslegatare.374 Hinsichtlich Ulpians Verständnis der coniunctio bestätigt auch dieses Fragment die bereits zu Vat. 75 aufgestellte These, dass Ulpian den Begriff grundsätzlich im Sinne von Sabinus und Gaius verwendet, also damit die wörtliche und sachliche Verbindung bezeichnet, während er disiunctim für das Fehlen der wörtlichen Verbindung bzw. zur Bezeichnung der rein sachlichen Verbindung verwendet. Allerdings ergibt sich aus D. 28.5.15. pr (Ulpianus libro septimo ad Sabinum) dass Ulpian den Begriff, wie sein Lehrer Papinian, auch zur Bezeichnung des Tatbestandes der rein sachlichen Verbindung verwendet.

_________________________________ 374

I.E. so auch Arndts: in Glück’s Pandekten, Bd. 46, S. 511 f.; Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 35; a.A. Schneider, Das altcivile und Justinianeische Anwachsungsrecht, S. 68 ff., dessen Meinung jedoch nicht überzeugt, da er zwar die bevorzugte Anwachsung unter coniunctim bedachten Legataren annimmt, aber für die hierfür erforderliche Teilbildung keinen Anhaltspunkt sieht; Ferrini, Legati, S. 692, hält das Fragment für interpoliert, da er insgesamt eine bevorzugte Anwachsung unter coniunctim eingesetzten Vindikationslegataren gegenüber disiunctim Bedachten ablehnt (vgl. hierzu auch Ferrini, Legati, S. 178 f., S. 641). Dies ist aber wegen des Inhalts von Vat. 76 nicht haltbar (so auch Lohsse, Ius Adcrescendi, S. 32 Fn. 87).

4. Kapitel

Ergebnis – Die coniunctio im Wandel der Zeit Aus der im 3. Kapitel durchgeführten Untersuchung ergibt sich die nachfolgend dargestellte Entwicklung der Verwendung des Begriffs coniunctio in erbrechtlichen Verfügungen.

I. Anwachsungsrecht I. Anwachsungsrecht

1. Von Sabinus bis zur Zeit des Javolen Beim Vindikationslegat kann beim Ausfall eines Mitvermächtnisnehmers bis zur Zeit von Javolen Anwachsung nur dann stattfinden, wenn der ausgefallene Legatar und der verbleibendende Legatar coniunctim im Sinne von Sabinus bedacht sind. Der Begriff coniunctio umschreibt also den Tatbestand, der Voraussetzung für die Rechtsfolge der Anwachsung ist. Dasselbe gilt für die bevorzugte Anwachsung unter Miterben. Eine coniunctio liegt nach Sabinus nur dann vor, wenn die Vermächtnisnehmer in einem Satz durch die Konjunktion et verbunden zu demselben Vermächtnisgegenstand bzw. demselben Erbteil berufen sind. Diese beiden Verbindungsformen müssen kumulativ vorliegen, damit von coniunctim legare gesprochen werden kann. Wie der Passus „voluit [...], an vero in unum semissem Seium et Sempronium coniungere“ in D. 28.5.15. pr (Ulpianus libro septimo ad Sabinum) zeigt, war die „sachliche Verbindung“ hierbei sehr wahrscheinlich ursprünglich abhängig von der wörtlichen Verbindung, so dass eine Einsetzung auf denselben Erbteil bzw. denselben Vermächtnisgegenstand nur dann angenommen wurde, wenn die wörtliche Verbindung mit „et“ hinzutrat. Diese Sichtweise scheint bis zur frühen Hochklassik unverändert zu bleiben. Der Grund für diese ursprünglich so starre Sichtweise der coniunctio als Voraussetzung für die Anwachsung ist in den uns überlieferten Quellen nicht genannt. Es kann nur vermutet werden, dass in althergebrachten Legatsformularen nur die Konjunktion et verwendet wurde, um den Vermächtnisgegenstand mehreren Legataren in Miteigentum zuzuwenden und dies dann auch auf die Erbeinsetzung übertragen wurde, so dass hier eine Erbeinsetzung auf denselben Erbteil ebenfalls davon abhing, ob die Miterben durch das Wort „et“ verbunden eingesetzt waren (egal, ob der sonstige

I. Anwachsungsrecht

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Wortlaut der Erbschaft dies bestätigte oder nicht, vgl. D. 28.5.15.pr). Die ausschließliche Verwendung von et könnte damit zusammenhängen, dass die sonst zur Verfügung stehenden kopulativen Konjunktionen -que, -ve und das Asyndeton auf Grund ihres missverständlichen Gebrauchs in der Gesetzes- und Ediktssprache (vgl. D. 50.16.53. pr Paulus libro quinquagensimo nono ad edictum) als zu unsicher für die spätere Testamentsauslegung betrachtet wurden, während die Konjunktion et zwingend als Verbindung der im Satz zusammengehörigen Begriffe aufgefasst wurde. Allerdings wurden spätestens seit der Zeit von Pomponius (vgl. D. 30.36.2 Pomponius libro sexto ad Sabinum) auch andere kopulative Konjunktionen wie z.B. cum akzeptiert, das Asyndeton scheint erst seit der Zeit von Paulus zugelassen worden zu sein (vgl. D. 50.16.142 Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam). 2. Javolen, Julian, Pomponius und Gaius Javolen und Julian begründen dann eine neue Lehre, nach der es für die Anwachsung unerheblich ist, ob die wörtliche Verbindung über eine Konjunktion vorlag, sofern eadem res vermacht war. Die coniunctio wurde von Javolen und Julian aber weiterhin noch in dem formalen Sinn des Sabinus definiert, von ihr kann weiterhin nur dann gesprochen werden, wenn wörtliche und sachliche Verbindung kumulativ vorliegen. Die coniunctio beschreibt daher nach wie vor die übliche Konstellation, bei der Anwachsung stattfindet. Sie ist aber nicht mehr unabdingbare Voraussetzung für die Anwachsung. Javolen und Julian lösen also die Rechtsfolge vom Begriff der coniunctio ab, die früher den Tatbestand für die Anwachsung bildete. D. 28.5.15. pr zeigt allerdings, dass mit Julian eine Entwicklung dahingehend beginnt, den Begriff coniunctio auf die „neuen“ Anwachsungsvoraussetzungen zu übertragen. Dieser Lehre folgen auch Pomponius und Gaius. Der Grund für die Begründung dieser neuen Lehre wird in den uns überlieferten Quellen nicht mitgeteilt. Es kann nur vermutet werden, dass die Formulierungen in den Legatsformularen sich änderten und daher die Frage aufkam, ob nicht auch dann Anwachsung stattfinden müsste, wenn die wörtliche Verbindung fehlte. 3. Celsus Celsus dagegen definiert zur Umschreibung der Anwachsungsvoraussetzungen den Begriff der coniunctio neu. Nach seiner Auffassung liegt eine coniunctio vor, wenn mehrere Erben/mehrere Vermächtnisnehmer als Alleinberechtigte auf die gesamte Erbschaft oder auf Quoten der Erbschaft bzw. auf ein Vermächtnisobjekt im Ganzen oder auf Teile hiervon eingesetzt wurden und durch das Zusammentreffen der Erben/Vermächtnis-

120

Ergebnis – Die coniunctio im Wandel der Zeit

nehmer beim Erwerb statt der Alleinberechtigung eine Teilberechtigung entsteht. Celsus löst sich also völlig vom formalsprachlichen Aspekt der coniunctio, da er eine wörtliche Verbindung der Namen der Vermächtnisnehmer nicht für erforderlich hält. 4. Papinian und Ulpian Papinian und sein Schüler Ulpian gebrauchen den Begriff coniunctio grundsätzlich wie Sabinus, Javolen, Julian, Pomponius und Gaius, sie vollziehen jedoch den bereits bei Julian im Ansatz zu findenden Schritt, die Rechtsfolge nicht nur vom Begriff zu trennen, sondern den Begriff auch auf die „neuen“ Anwachsungsvoraussetzungen zu übertragen. Allerdings lösen sie sich nicht so deutlich wie Celsus über eine neue Definition der coniunctio vom althergebrachten Begriff, sondern machen über den Gebrauch des Verbs videri deutlich, dass die ursprünglich geforderten und im Begriff coniunctio ausgedrückten Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwachsung eigentlich nicht vorliegen. 5. Paulus Paulus folgt Celsus, indem er sich ebenfalls vollständig vom ursprünglichen Verständnis der coniunctio löst. Im Gegensatz zur „epigrammatischen Kürze“1 des Celsus in D. 32.80 (Celsus libro tricesimo quinto digestorum) erklärt er sein Verständnis der coniunctio in D. 50.16.142 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) jedoch mit seiner berühmten Dreiteilung und entwickelt die Theorie des Celsus weiter, indem er den Begriff einerseits zur Umschreibung der Tatbestandsvoraussetzungen der Anwachsung (coniunctio re et verbis, coniunctio re) verwendet, andererseits aber auch die coniunctio verbis erwähnt, also deutlich macht, dass der Begriff, je nachdem, was er bezeichnet, nicht zwingend die Rechtsfolge der Anwachsung herbeiführen muss. Zudem führt er durch die Fassung der Unterbegriffe coniunctio re et verbis und coniunctio re unter den Oberbegriff coniunctio die unterschiedliche Terminologie der Linie Sabinus/ Javolen/Julian/Pomponius/Gaius/Papinian und Ulpian auf der einen Seite und Celsus auf der anderen Seite zusammen. Diese Vorgehensweise ist nur folgerichtig, da spätestens seit der Zeit von Julian die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwachsung unstreitig waren, lediglich die Terminologie zur Umschreibung der Tatbestandsvoraussetzungen war unterschiedlich.

_________________________________ 1

So umschreiben Dulckeit/Schwarz/Waldstein, S. 260, die für Celsus charkteristische Ausdrucksweise.

121

I. Anwachsungsrecht

6. Zusammenfassung Die Entwicklung der coniunctio in der Darstellung der römischen Juristen zum Anwachsungsrecht lässt sich daher wie folgt abbilden:

Sabinus Javolen Julian

Celsus Pomponius Gaius Papinian

Ulpian

Paulus

7. Die anwachsungsrechtliche coniunctio als Schulenstreit? Auffällig ist, dass der unter 6. dargestellte Gegensatz zwischen Javolen/Julian auf der einen Seite und Celsus auf der anderen Seite mit der jeweiligen Schulzugehörigkeit zusammenfällt.2 Allerdings wird in keiner der hier untersuchten Quellen das Verständnis der coniunctio ausdrücklich einer Schule zugeschrieben.3 Wenn eine Kontroverse bestanden hätte, wäre insbesondere bei Gaius zu erwarten gewesen, dass er seine von Sabinus übernommene Definition von coniunctim legare in Gai. 2.199 ausdrücklich mit den Sabinianern in Verbindung bringt. Er ist von den antiken Schriftstellern, bei denen Schulkontroversen bezeugt sind, nämlich derjenige, der am häufigsten von den Rechtsmeinungen der jeweiligen Schulen berich_________________________________ 2

Vgl. zu den Rechtsschulen Pomp. D. 1.2.2.47–53; Liebs, Rechtsschulen und Rechtsunterricht im Prinzipat, ANRW 15, S. 197–286 m.w.N. 3 Die Bezugnahme in Cels. D. 31.20 auf Proculus betrifft nicht einen etwaigen grundsätzlichen Schulenstreit zur coniunctio, sondern den Spezialfall des Vermächtnisses an einen gemeinschaftlichen Sklaven (vgl. hierzu Lohsse, S. 229 ff. mit Fn. 51; Harke, Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana, S. 98 mit Fn. 53.

122

Ergebnis – Die coniunctio im Wandel der Zeit

tet.4 In D. 28.5.60 (59).2 (Celsus libro sexto decimo digestorum) bezieht sich Celsus zwar auf Proculus, Javolen entscheidet die Konstellation aus D. 28.5.60 (59).2 in D. 28.5.64 (63) (Iavolenus libro primo ex Cassio) aber genau so wie Celsus, so dass auch hier keine Kontroverse zu finden ist. Vielmehr gab es neben der durch Gaius überlieferten Definition der coniunctio von Sabinus vermutlich gar keine abweichende Definition der Prokulianer. Javolen und Julian waren es ja selbst, die sehr wahrscheinlich die neue Lehre zur Anwachsung begründeten. Nur taten sie sich als Sabinianer, die ohnehin mehr an den Lehren und Rechtsmeinungen der Vorgänger festhielten5, vermutlich schwer, den Begriff coniunctio neu und abweichend von Sabinus zu definieren, weshalb sie den Tatbestand der Anwachsung von der ursprünglichen coniunctio lösten. Celsus dagegen hatte keine Veranlassung, an der sabinianischen Definition festzuhalten und konnte daher den Begriff völlig neu definieren. Daher unterscheiden sich bei Javolen/Julian und Celsus nur die Begrifflichkeiten, nicht aber die für die Anwachsung geforderten Voraussetzungen. Diese unterschiedliche Terminologie wird dann von Paulus zusammengeführt. Eine Schulkontroverse lässt sich den hier untersuchten Quellen mithin nicht entnehmen. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass in keinem der zu den Schulkontroversen erstellten Katalogen6 eine Meinungsverschiedenheit bezüglich der coniunctio aufgeführt ist. 8. Ius caducum D. 32.80 (Celsus libro tricesimo quinto digestorum) und D. 50.16.142 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) ist zu entnehmen, dass im Kaduzitätsrecht keine anderen Voraussetzungen für das Vorliegen einer coniunctio galten als im ius adcrescendi. Entsprechend dem Entstehungszeitpunkt der lex Papia liegt eine coniunctio mit der Folge der Bevorzugung zunächst nur bei einer wörtlichen und sachlichen Verbindung vor, vgl. Gai. 2.205, 207. Aus Gai. 2.208 und D. 32.89 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) ergibt sich jedoch, dass sich die Rechtsfolgen des _________________________________ 4

Liebs, Rechtsschulen und Rechtsunterricht im Prinzipat, ANRW 15, S. 243 und 201 mit Fn. 20 und den Quellen aus den Institutionen, in denen die Schulkontroversen überliefert sind; Falchi, Le controversie tra sabiniani e proculiani, S. 5. 5 Liebs, Rechtsschulen und Rechtsunterricht im Prinzipat, ANRW 15, S. 216. 6 Vgl. die Kataloge bei Liebs, Rechtsschulen und Rechtsunterricht im Prinzipat, ANRW 15, S. 244 ff.; Dirksen, Über die Schulen der römischen Juristen, Beiträge zur Kunde des römischen Rechts, Leipzig 1825, S. 50 ff.; Roby, Introduction to the Study of Justinian’s Digest, Oxford 1884, S. CXXXI ff.; Lenel, Palingenesie II, Spalte 216; Baviera, S. 38 ff.; Voigt, Römische Rechtsgeschichte II, Stuttgart 1899, S. 228 ff.; Krüger, Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts, 2. Aufl. München 1912, S. 161 ff.; Kübler, RE I A 1, 1914, S. 385 ff. s.v. Rechtsschulen; Stein, S. 16 ff.

I. Anwachsungsrecht

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Voliegens der coniunctio im ius caducum völlig konträr zum Anwachsungsrecht entwickelt haben: Der im Vindikationslegat bedachte collegatarius coniunctus wurde gemäß der lex Papia, sofern er Kinder hatte, gegenüber Erben, die ebenfalls Kinder hatten, bei der Vindikation verfallener Sachen bevorzugt. Die Bestimmung der lex Papia wurde dann von manchen Juristen, wie sich aus Gai. 2.208 ergibt, auf nur wörtlich verbundene Damnationslegatare ausgedehnt. Diese Ausdehnung war aber bis zur Zeit des Paulus streitig, vgl. Paul. D. 32.89. Weil die Ausdehnung aber eine ungerechtfertigte Benachteiligung von Vindikationslegataren, die zwar wörtlich verbunden, sachlich aber nur auf Teile eingesetzt waren, dargestellt hätte, wurde in der Spätklassik auch eine Ausdehnung auf die verbis tantum coniuncti bei Vindikationslegataren von manchen Juristen befürwortet. Hätte man nun auch noch eine Ausdehnung der Bestimmung auf den re coniunctus vorgenommen, hätte dies eine Aushebelung der eigentlichen gesetzlichen Beschränkung auf den collegatarius coniunctus bedeutet, weil dann im Endeffekt allen Mitvermächtnisnehmern ein Vorzugsrecht zugekommen wäre. Das ius caducum und das ius adcrescendi haben sich also bezüglich der Frage, ob der re coniunctus bevorzugt werden soll, konträr entwickelt. Gegensätzlich war auch die Entwicklung hinsichtlich des verbis coniunctus. Bei diesem war eine Anwachsung im Vermächtnisrecht undenkbar, eine Bevorzugung im Kaduzitätsrecht fand jedoch statt. Dass auch der coheres coniunctus nach der lex Papia zu bevorzugen war, sofern er Kinder hatte, ist nicht überliefert und kann daher allenfalls vermutet werden.

II. Die coniunctio bei durch erbrechtliche Verfügung auferlegten Bedingungen Im Bedingungsrecht ist für die Verwendung des Begriffes coniunctio zwischen zwei Konstellationen zu unterscheiden: Die erste Konstellation betrifft die sprachliche Verbindung mehrerer Vermächtnisnehmer durch eine kopulative Konjunktion, wobei einem der Vermächtnisnehmer eine Bedingung auferlegt ist (D. 35.1.81.pr Paulus libro vicesimo primo quaestionum und D. 40.7.31.1 Gaius libro tertio decimo ad legem Iuliam et Papiam). Hier zieht man bei der Frage, ob ein Erwerb des Vermächtnisses trotz Ausfall des mit der Bedingung belasteten Vermächtnisnehmers vor Erfüllung der Bedingung noch möglich ist, die Regeln der Anwachsung heran. Zudem wird vor dem Hintergrund dieser Fallkonstellation das Problem erörtert, ob durch die sprachliche Verbin-

124

Ergebnis – Die coniunctio im Wandel der Zeit

dung der Vermächtnisnehmer durch eine kopulative Konjunktion die dem einen auferlegte Bedingung auch für den anderen gilt. Hier wird aus der wörtlichen Verbindung auch eine Verbindung bezüglich der Bedingung gefolgert. In der zweiten Konstellation wurden dem Erben mehrere Bedingungen auferlegt und es stellt sich die Frage, wann er alle oder nur eine von ihnen erfüllen muss (D. 28.7.5 Paulus libro secundo ad Sabinum, D. 35.1.51.pr Modestinus libro quinto differentiarum und D. 40.4.45 Modestinus libro pandectarum). Sind sie coniunctim auferlegt, muss er alle erfüllen, wenn sie disiunctim auferlegt wurden, kann er es sich aussuchen. Hier wird coniunctim und disiunctim nicht im anwachsungsrechtlichen Sinn gebraucht, da es hier um den Gegensatz zwischen „und“ und „oder“, also zwischen kopulativer und disjunktiver Konjunktion geht. Im Bedingungsrecht wird der Begriff also je nach Fallkonstellation in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Seine Bedeutung innerhalb der Fallkonstellationen ist aber gemäß den überlieferten Quellen unstreitig.

III. D. 32.46 (Paulus libro secundo ad Vitellium) III. Paul. D. 32.46

Aus Paul. D. 32.46 ist zu entnehmen, dass die coniunctio in erbrechtlichen Verfügungen außerhalb des Anwachsungs- und Bedingungsrechts vermutlich eine rein grammatische Bedeutung hat. Hat der Erblasser die Erben/Vermächtnisnehmer mit einer kopulativen Konjunktion verbunden, drückt dies eine Zusammengehörigkeit der Verbundenen in Bezug auf den Inhalt der Verfügung aus und ist deshalb strikt in dieser Bedeutung zu berücksichtigen. Für eine andere Auslegung, bspw. nach dem eventuellen individuellen Sprachgebrauch des Erblassers, ist kein Raum.

IV. D. 50.16.53. pr IV. D. 50.16.53. pr

D. 50.16.53. pr (Paulus libro quinquagensimo nono ad edictum) zeigt demgegenüber, dass es außerhalb des Erbrechts keine festen Regeln für die Auslegung sprachlicher Äußerungen, die Konjunktionen enthalten, gibt. Eine zwingende Auslegung auf Grund grammatischer Regelungen findet gerade nicht statt. Die strengere Vorgehensweise im Erbrecht könnte mit der Wichtigkeit des Testaments als Rechtsgeschäft und der Schwierigkeit, einen vom Wortlaut der Erklärung abweichenden Willen des Erblassers

III. Paul. D. 32.46

125

nach dem Tod zu ermitteln und zu beweisen sowie den hieraus folgenden strengen Formregeln für Testamente7 zusammenhängen.

_________________________________ 7

Vgl. hierzu Kaser/Knütel, S. 331.

5. Kapitel

Die coniunctio als Anleihe aus anderen Wissenschaften? Wie bereits eingangs ausgeführt, soll abschließend untersucht werden, ob die römischrechtliche coniunctio vielleicht in Zusammenhang mit dem terminus technicus aus der antiken Philosophie, Rhetorik oder Grammatik steht. Zur Klarstellung muss aber vorab gesagt werden, dass die folgende Untersuchung keinen sprachwissenschaftlichen Charakter beansprucht, sondern lediglich dem Vergleich der zur Zeit der klassischen Juristen bekannten Definitionen des Begriffes coniunctio in den wissenschaftlichen Disziplinen Philosophie, Grammatik und Rhetorik mit der Verwendung des Wortes coniunctio bei den römischen Juristen dient, um eventuelle Zusammenhänge aufzudecken oder auszuschließen. Des Weiteren wird bewusst (soweit möglich) die Terminologie der Antike verwendet, da die zeitgenössische Terminologie der Sprachwissenschaft teilweise von der antiken Terminologie abweicht.1

I. Griechische Definitionen von coniunctio I. Griechische Definitionen von coniunctio

Die griechischen Philosophen beschäftigen sich zunächst nicht grammatisch mit der Sprache, sondern nur insoweit, wie es im Rahmen der Darstellung der Rede als Ausdruck der Gedanken, also der Logik und der Rhetorik sowie Stilistik, notwendig erscheint.2 Der Begriff coniunctio wurde, wie in Quintilians Institutionis Oratoriae zu lesen ist3, in lateinischen Texten, die sich mit der Sprache beschäftigen, zur Übersetzung eines Begriffes aus der griechischen Philosophie verwendet: sýndesmos (Bindewort). Über das Lateinische ist der Begriff coniunctio in die Grammatiken Europas als engl. conjunction, span. conjuncíon, franz. conjonction und deutsch Kon_________________________________ 1

Zur heutigen Betrachtung von Konjunktionen im Lateinischen vgl. z.B. Carolina Kroon, Discourse particles in Latin. A study of “nam”, “enim”, “autem”, “vero” and “at”, Amsterdam 1994 und Harm Pinkster, Lateinische Syntax und Semantik [Aus d. Niederl. von Friedrich Heberlein u. Thomas Lambertz], Tübingen, 1988. 2 Arens, Hans, Sprachwissenschaft, Bd. 1, 2. Aufl. 1969. 3 Marcus Fabius Quintilianus, Ausbildung des Redners, Zwölf Bücher, Hrsg. und übers. v. Helmut Rahn, Erster Teil, Buch I–VI, Darmstadt 1972, I 4 S. 17–22.

I. Griechische Definitionen von coniunctio

127

junktion übernommen worden4, so dass er im Folgenden mit „Konjunktion“ übersetzt wird. 1. Aristoteles Nachdem Platon als erster griechischer Philosoph zwischen den substantivischen und attributiven Teilen der Aussage (Nomen und Verb bzw. ónoma und rhema) unterschieden hatte, differenzierte Aristoteles vier Satzteile: Nomen, Verb, Bindewort (Konjunktion bzw. sýndesmos) und Artikel (árthron).5 Aristoteles definiert sýndesmos in seiner Poetik6 wie folgt: „Eine Konjunktion ist eine Lautform ohne Bedeutung, die die Formulierung einer bedeutungstragenden Äußerung aus einer Anzahl von Lauten weder verhindert noch herbeiführt. Sie kann am Ende oder in der Mitte einer Äußerung stehen. Oder ein nicht bedeutungstragendes Wort, das aus mehreren Lauten, die alle bedeutungstragend sind, einen bedeutungstragenden Laut herstellt […] Oder ein nicht bedeutungstragendes Wort, das den Beginn, das Ende oder Einteilung eines Satzes markiert. […]“ 2. Stoiker Die Stoiker haben zwar in ihrer Logik eine eigene Theorie entwickelt, die wir heute Grammatiktheorie nennen würden, ihr Interesse galt aber nicht dem Satz an sich, sondern der Aussage.7 Dennoch haben sie bedeutende Fortschritte auf dem Gebiet der Grammatik gemacht, vor allem deshalb, weil ihre „Grammatiktheorie“ eine dezidiert syntaktische Komponente enthält.8 Sie nahmen folgende Satzteile an: Nomen (Eigenschaft, wobei Eigennamen von Art- und Gattungsnamen unterschieden wurden), Verbum (sich in bestimmter Weise verhalten), Artikel (Substrat) und Konjunktionen (sýndesmos, Bindewort).9 Antipater von Tarsus ermittelte schließlich als sechsten Satzteil das Adverb.10 _________________________________ 4 Lexikon sprachtheoretischer Grundbegriffe des 17. und 18. Jhdts., S. 1292 mit weiteren Beispielen. 5 Schmidt, Die Grammatik der Stoiker, S. 41 f.; Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 38. 6 Poetik 20, 1456 b 38–1457 a 6 (Zitat und Übersetzung nach Lexikon sprachtheoretischer Grundbegriffe des 17. und 18. Jahrhunderts, S. 1292). 7 Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 16. 8 Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 16 und 41. 9 Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 44. 10 Diokles, bei D.L. 7.57.

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Die coniunctio als Anleihe aus anderen Wissenschaften?

Nach Diokles ist die Konjunktion „der Satzteil, der keinen Kasus annimmt, und der die Satzteile verbindet.“11 Die Definition der Stoiker umfasste also neben den heute als Konjunktionen bezeichneten Wörtern zusätzlich auch diejenigen Wörter, welche heute Präpositionen genannt werden, da auch sie Sätze verbinden.12 Allerdings unterschieden die Stoiker wahrscheinlich seit der frühalexandrinischen Zeit zwischen „vorangestellten“ Konjunktionen (heute: Präpositionen) und „untergeordneten“ Konjunktionen (heute: Konjunktionen).13 Nähere Ausführungen der Stoiker zur Bedeutung der einzelnen Konjunktionen sind nicht überliefert. Allerdings geben die vor dem Hintergrund der Aussagenlogik von Diogenes Laertius überlieferten Beispiele für die zu unterscheidenden nicht-einfachen Aussagen einen Aufschluss über das stoische Verständnis der Konjunktionen:14 – – – – – –

implikative Aussage (wenn p, dann q bzw. wenn es Tag ist, dann ist es hell) subimplikative Aussage (weil p, q bzw. weil es Tag ist, ist es hell) konjunktive Aussage (p und q bzw. es ist Tag und es ist hell) disjunktive Aussage (p oder q bzw. es ist Nacht oder Tag) begründende Aussage (da p, q bzw. das es Tag ist, ist es hell) disertive Aussagen (eher p denn q, kaum p, eher q bzw. es ist eher Tag, als dass es Nacht ist/es ist weniger Tag, als dass es Nacht ist)

Die verschiedenen Arten von nicht-einfachen Aussagen werden von den Stoikern also durch die Angabe der für sie charakteristischen Konjunktionen definiert. 3. Aristarchos von Samothrake (217 –145 v. Chr.)/Dionysios Thrax (1. Jh. v. Chr.) In der hellenistischen Zeit bemühte man sich um die Bewahrung der griechischen Sprache, deren Fortleben gefährdet war, da sich eine Gemeinsprache auf der Grundlage eines attischen Dialektes entwickelt hatte.15 Man fürchtete um die Überlieferung und Verständlichkeit der großen alten Schriftsteller und Dichter. Dieser Umstand und der zwischen den Anhängern von Epikur sowie den Stoikern geführte Streit um die Willkürlichkeit oder Gesetzmäßigkeit der Sprache führten zu einer rein philologischen _________________________________ 11

Diokles bei D.L. 7.58. Priscian II 17, GL 2 S. 54, 20–22; Apollonius, De coniunctionibus S. 214; De Syntaxi IV 1 S. 436, 10–437, 2 ; Baratin, La naissance de la syntaxe à rome, S. 22. 13 Wolfram Ax, Quintilians Grammatik, S. 124. 14 D.L. VII, 69; Baratin, La naissance de la syntaxe à rome, S. 23 f. 15 Vgl. hierzu Arens, Sprachwissenschaft, S. 21. 12

I. Griechische Definitionen von coniunctio

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Betrachtung der Sprache, die wir heute als Grammatik (gramma = Buchstabe) bezeichnen.16 Als größter Philologe dieser Zeit gilt Aristarchos. Sein Schüler Dionysios Thrax veröffentlichte die erste Grammatik der westlichen Welt, zum ersten Mal begegnet jetzt der bis in die Neuzeit gängige Titel der Ars grammatica, im Griechischen téchnƝ grammatikƝ.17 Seine Grammatik war Vorbild für alle folgenden; sie war maßgebend in ihrer Einteilung, im Stil und in der Terminologie und bildet das Urmodell der morphologischen Grammatik.18 Zur Konjunktion äußert er sich wie folgt: 19 „Die Konjunktion ist eine Wortart, die den Gedanken der Reihe nach zusammenfügt oder eine Lücke in dem Gedanken anzeigt. Man unterscheidet bei den Konjunktionen: kopulative, disjunktive, konditionale, kausale, finale, dubitative, ratiocinative, expletive. 1. Die kopulativen verbinden die fortlaufende Rede; es sind diese: und, auch, aber, hingegen…“ 2. Die disjunktiven verbinden zwar auch die Aussage, trennen aber eine Handlung von der anderen; es ist: oder. 3. Konditionale bezeichnen eine unwirkliche Folge; es sind diese: wenn, wenn auch, wenn anders. 4. Kausale drücken eine wirkliche Folge aus; es sind diese: als, nachdem, da, da ja, weil. 5. Finale werden bei der Angabe einer Ursache gebraucht; es sind diese: damit, auf daß, wegen, weswegen… 6. Dubitative pflegt man im Zweifel zu benützen; es sind diese: ob, doch wohl nicht … 7. Die ratiocinativen sind für die Schlußsätze und Assumptionen der Beweise geeignet; es sind diese: also, demnach, nun aber, demzufolge.

_________________________________ 16

Vgl. hierzu Arens, Sprachwissenschaft, S. 21. Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 48; siehe dort auch zur Frage, ob der gesamte überlieferte Text von Dionysios stammt oder nur Teile. 18 Vgl. hierzu Arens, Sprachwissenschaft, S. 21; Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 47. 19 Zum Originaltext vgl. GG I, 1, 86.3 ff.; Übersetzung 1. Satz aus Lexikon sprachtheoretischer Grundbegriffe des 17. und 18. Jahrhunderts, S. 1293, folgende Sätze aus Arens, Sprachwissenschaft, S. 26. Zu den unterschiedlichen Überlieferungen des 1. Satzes vgl. Lexikon sprachtheoretischer Grundbegriffe des 17. und 18. Jahrhunderts, S. 1307. 17

130

Die coniunctio als Anleihe aus anderen Wissenschaften?

8. Expletive werden des Metrums oder Redeschmucks wegen gebraucht; es sind diese: denn, nun, wohl, freilich, ja… Einige fügen noch die adversativen hinzu, wie: trotzdem, gleichwohl.“ In der philologischen Betrachtung der Sprache durch Aristarch von Samothrake und Dionysios Thrax wurden die Konjunktionen somit streng von Präpositionen und Artikeln unterschieden, so dass die Konjunktion bei den Griechen als (aus den logischen Betrachtungen der Stoiker entwickelte) grammatische Kategorie ab dieser Zeit etwa in unserem heutigen grammatischen Verständnis vertreten war.20

II. Lateinische Definitionen von coniunctio II. Lateinische Definitionen von coniunctio

Die griechische Bezeichnung sýndesmos wurde fast ausnahmslos als coniunctio in das lateinische Beschreibungssystem übernommen.21 Schon in der Rhetorica ad Herrenium (ca. 80 v. Chr.) wird der Begriff coniunctio verborum im grammatischen Sinn als Gegensatz zur asyndetischen Aneinanderreihung verwendet, wobei sich aus dem Zusatz verborum ergibt, dass diese Präzisierung für eine Zuordnung zur Grammatik noch erforderlich war.22 Cicero verwendet coniunctio im Orator dann jedoch – ebenfalls in der Gegenüberstellung zum Asyndeton – schon ohne einen Zusatz, so dass coniunctio schon zur Zeit von Cicero ein terminus technicus der Grammatik geworden und auch in diesem Sinn in der Rhetorik zur Bezeichnung von Wortverbindungen gebraucht worden zu sein scheint.23 Auch in der Dialektik taucht der Begriff in seinem grammatischen Sinn auf, bspw. bei der Frage der compositio des Syllogismus.24 1. Varro (1. Jh. v. Chr.) Varro25 verwendet in De lingua latina zur Beschreibung der Konjunktion allerdings nicht das Wort coniunctio, sondern den Begriff copula:

_________________________________ 20

Lexikon sprachtheoretischer Grundbegriffe des 17. und 18. Jahrhunderts, S. 1292. Quintilian, Inst. Orat. I IV 17–22; Lexikon sprachtheoretischer Grundbegriffe des 17. und 18. Jahrhunderts, S. 1292. 22 Rhetorica ad Herennium, Hrsg./Übers. Theodor Nüßlein, IV, 41; Baratin, La naissance de la syntaxe à Rome, S. 17. 23 M. Tulli Ciceronis, Rhetorica, Band 2, Orator 135; Baratin, La naissance de la syntaxe à Rome, S. 17. 24 Gellius 2.8.8; Baratin, La naissance de la syntaxe à Rome, S. 17. 25 De lingua latina, VIII: 3,2. 21

II. Lateinische Definitionen von coniunctio

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Igitur et in his rebus quae copulae sunt ac iungunt verba, quod non opus fuit declinari in plura. fere singula sunt: uno enim loro alligare possis vel hominem vel equum vel aliud quod. Quidquid est quod cum altero potest colligari. Sic quid dicimus in loquendo: „Consul fuit Tullius et Antonius“ eodem illo „et“ omnis binos consules colligare possumus, vel dicam amplius, omnia nomina atque adeo etiam omnia verba, cum fulmentum ex una syllaba illud „et“ manet unum. Daraus kann jedoch nicht zwingend gefolgert werden, daß Varro den Begriff coniunctio nicht gekannt oder verwendet hat, da der Teil seines Werks, der sich mit der Syntax beschäftigt, nicht überliefert ist. Es ist auch möglich, dass Varro in dem hier überlieferten Passus von copula spricht, da er sich mit der kopulativen Konjunktion et beschäftigt. Für die vorliegende Untersuchung ist insbesondere der Vergleich des Bindeworts mit einem Riemen, mit dem man einen Menschen, ein Pferd oder sonst etwas anbinden könne, interessant, aus dem einerseits hervorgeht, dass Varro bei seinen Ausführungen das Wort sýndesmos vor Augen hatte.26 Andererseits zeigt der bildhafte Vergleich des Anbindens, dass die wörtliche Verbindung durch et eine Zusammengehörigkeit der verbundenen Satzteile bewirkt. Dies wird anschließend in dem Passus „Consul fuit Tullius et Antonius“ eodem illo „et“ omnis binos consules colligare possumus, vel dicam amplius, omnia nomina atque adeo etiam omnia verba, cum fulmentum ex una syllaba illud „et“ manet unum“ nochmals beispielhaft erläutert, wobei Varro am Ende das Wort et metaphorisch mit fulmentum, Stütze, umschreibt, auf die sich die Verbindung stützt.27 2. Probus (1. Jhdt. n. Chr.) u.a. Probus und nahezu alle späteren Grammatiker28 definieren die Konjunktion wie folgt: 29 Coniunctio est pars orationis nectens ordinansque sententiam. Probus erläutertert in seinen Instituta Artium30 die coniunctio dann weiter wie folgt: coniunctioni accidit potestas ordo figura. _________________________________ 26

Schreiner, Die grammatische Terminologie bei Quintilian, S. 85. Dahlmann, De lingua Latina Buch VIII, S. 62. 28 Charisius, GL I, S. 224, 25; Victorinus, GL IV, 202, 21; Augustinus, GL V, 520, 33; Dositheus, GL VII, 417,22 und Audax, GL VII, 349, 10. 29 Baratin, La naissance de la syntaxe à rome, S. 48. 30 GL IV, S. 143, 24. 27

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Die coniunctio als Anleihe aus anderen Wissenschaften?

De potestate. Potestas coniunctionum in quinque species dividitur, id est copulativam disiunctivam expletivam causalem rationalem. De copulativa. copulativae speciei coniunctiones numero sunt sex hae, et simplex, que simplex, ac simplex, at simplex, ast simplex, atque composita. De disiunctiva. disiunctivae speciei coniunctiones sunt numero sex hae, aut simplex, ve simplex, vel simplex, ne simplex, nec simplex, neque composita. De expletiva. […] Remmius Palaemon31, zitiert von Diomedes32, verwendet eine Variante der eben dargestellten Definition des Probus: Coniunctio est pars orationis connectens ordinansque sententiam. Sacerdos33, Donatus34 und Augustinus35 variieren mit adnectens: Coniunctio est pars orationis adnectens ordinansque sententiam. Bei Priscian finden sich folgende Varianten zur Definition der coniunctio: Pars orationis conectens ordinansque sententiam36 Pars oratinonis adnectens ordinansque sententiam37 Pars orationis adnectens ordinansque sententias38 Bei allen eben genannten Grammatikern finden sich im Anschluss an die jeweilige Definition dann auch die oben in Bezug auf Probus dargestellten Unterkategorien, wobei die Konjunktionen et und -que einhellig den kopulativen Konjunktionen zugeordnet werden. Diese auffällige Ähnlichkeit in der Konzeption der Definition und in den Unterkategorien der coniunctio spricht dafür, dass die Definitionsvarianten einen gemeinsamen Ursprung haben. Dieser findet sich in der oben dargestellten Definition der coniunctio von Dionysios Thrax: Die Konjunktion ist eine Wortart, die den Gedanken der Reihe nach zusammenfügt oder eine Lücke in dem Gedanken anzeigt. _________________________________ 31

Die Ars grammatica von Remmius Palaemon ist eine genaue Übertragung der Grammatik des Dionysios Thrax in die lateinische Sprache. Diese umfassende Übernahme der griechischen Terminologie und des Aufbaus setzt sich bei allen späteren römischen Grammatikern (und im Übrigen auch bis zur heutigen Zeit) fort. 32 GL I, 415.17. 33 GL VI, 444.22. 34 GL IV, 364.33 et 388.28. 35 GL V, 495.22. 36 GL III, 465.38. 37 GL III 478.15 et 493.3. 38 GL 488.16.

II. Lateinische Definitionen von coniunctio

133

Der zweite Teil der dionysischen Definition (…oder eine Lücke in dem Gedanken anzeigt) fehlt allerdings bei den lateinischen Definitionen, was auf eine Kürzung der Definition in der Überlieferungskette vom Griechischen ins Lateinische zurückzuführen sein könnte.39 Diese einheitliche Definition der coniunctio von der Zeit des Probus bis zur Zeit von Priscian zeigt, dass seit der Übersetzung der Grammatik des Dionysios Thrax durch Remmius Palaemon im 1. Jhdt. n. Chr. die Definition der coniunctio konzeptionell unverändert von allen lateinischen Grammatikern übernommen worden ist.40 3. Diomedes und Priscian Allerdings finden sich bei Diomedes und Priscian neben den oben dargestellten Definitionen folgende Formulierungen, die ähnlich wie die stoische Definition, auch die Indeklinabilität der coniunctio feststellen. Diomedes (Art. Gramm. Lib. I):41 Coniunctio est pars orationis indeclinabilis copulans sermonem et coniungens vim et ordinem partium orationis. Priscian (Inst. Lib. XV):42 Coniunctio est pars orationis indeclinabilis, coniunctiva aliarum partium orationis, quibus consignificat, vim vel ordinationem demonstrans. Es ist nicht bekannt, von wem Priscian und Diomedes diese Definitionen übernommen haben. Auf Grund der Ähnlichkeit zur stoischen Definition der coniunctio wird allerdings vermutet, dass Grundlage dieser Definitionen das Werk eines lateinischen Schriftstellers war, der die stoischen Abhandlungen kannte, aber kein Grammatiker war.43 Bei diesem Schriftsteller könnte es sich um Varro handeln, wobei die Definition im dritten, verlorenen Teil des Werkes De lingua latina gestanden haben könnte.44 Hierfür könnte sprechen, dass Diomedes wie Varro bildhaft von copulare spricht. 4. Quintilian Quintilian äußert sich zu den Konjunktionen im 4. Teil seines 1. Buches der Inst. Oratoriae, der sich mit der Grammatik beschäftigt, wie folgt: _________________________________ 39

Vgl. hierzu Baratin, La naissance de la syntaxe à rome, S. 48–60. Baratin, La naissance de la syntaxe à rome, S. 55. 41 GL I, 415. 13–14. 42 GL III, 93. 2–3. 43 Baratin, La naissance de la syntaxe à rome, S. 55. 44 Baratin, La naissance de la syntaxe à rome, S. 56. 40

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Die coniunctio als Anleihe aus anderen Wissenschaften?

Veteres enim, quorum fuerunt Aristoteles quoque atque Theodectes, verba modo et nomina et convinctiones tradiderunt, videlicet quod in verbis vim sermonis, in nominibus materiam (quia alterum est quod loquimur, alterum de quo loquimur), in convinctionibus autem complexus eorum esse iudicaverunt: quas coniunctiones a plerisque dici scio, sed haec videtur ex sýndesmoi magis propria translatio.45 Dieser Passus bestätigt, dass der Begriff coniunctio im 1. Jhdt. n. Chr. ein terminus technicus der Grammatik war und in diesem Sinn auch in der Rhetorik gebraucht wurde. Die Rhetorik und die Grammatik waren zunächst vielfach miteinander verflochten und haben ihre Gegenstandsbereiche erst allmählich gegeneinander abgegrenzt.46 Seit jeher interessierten sich die Rhetoriker für die Sprachrichtigkeit als Teil der Stilistik (elocutio) und nahmen sich, wie Quintilian, sogar selbst der Grammatik an, wobei grammatiktheoretische Details allerdings nur am Rande erörtert wurden. Das obige Zitat zu den Konjunktionen entstammt einem kurzen Resümee Quintilians zur Geschichte der Wortarten.47 Wie daraus hervorgeht, war Quintilian mit der Übersetzung von sýndesmoi ins Lateinische nicht zufrieden, und erachtete convinctio als die bessere Übersetzung.48 Bei convinctiones handelt es sich wahrscheinlich um einen von Quintilian selbst gebildeten, neuen Terminus, der sich allerdings nicht durchgesetzt hat.49 Für die Übersetzung Quintilians haben vermutlich etymologische Erwägungen eine Rolle gespielt, da in sýndesmos das griechische Wort desmós, Fessel, steckt, so dass diese Bedeutung Quintilian mit einer Ableitung von vincire besser wiedergegeben zu sein scheint.50 5. Zusammenfassung Der Begriff coniunctio als Bezeichnung sprachlicher Verbindungsformen stammt aus der griechischen Philosophie. Er wurde zunächst bei der logischen Betrachtung der Sprache verwendet und sodann von den griechischen Grammatikern übernommen. Im Lateinischen wird der Begriff nach seiner Übernahme aus dem Griechischen in seinem grammatischen Sinn schon in der Rhetorica ad Herennium verwendet, ist also bereits ca. 80 v. Chr. in Rom bekannt und spätestens seit der Zeit Ciceros ein terminus technicus der Grammatik. Die Verbindung zweier Satzteile mit den Kon_________________________________ 45

Marcus Fabius Quintilianus, Ausbildung des Redners, Zwölf Bücher, Hrsg. und übers. von Helmuth Rahn, Erster Teil, Buch I–IV, Darmstadt 1972, S. 54 (I.4.18). 46 Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 61. 47 Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 63. 48 Ax, Quintilians Grammatik, S. 123. 49 Ax, Quintilians Grammatik, S. 123. 50 Ax, Quintilians Grammatik, S. 123.

III. Coniunctio und Grammatik

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junktionen et oder -que wird von allen lateinischen Grammatikern als coniunctio copulativa bezeichnet. Die eben angestellte Betrachtung zeigt zudem, dass eine strikte Trennung der Verwendung des Begriffs coniunctio in der Philosophie, Rhetorik und Grammatik, wie die gängigen Wörterbücher sie vornehmen, gar nicht möglich ist. Zum einen hat sich die griechische Grammatik aus der Philosophie entwickelt und die Römer haben wiederum die griechische Grammatik übernommen. Zum anderen bestand eine Überkreuzung zwischen Rhetorik und Grammatik. Die Rhetorik und ihr Unterbereich Stilistik (elocutio) beschäftigten sich mit der Sprachrichtigkeit, während die antike Grammatik zugleich eine Stillehre enthielt.51 Da sich aber in Bezug auf das Lateinische die römischen Grammatiker am meisten mit der coniunctio auseinandergesetzt haben und die Philosophie und Rhetorik die coniunctio in Bezug auf sprachliche Verbindungsformen wie die Grammatiker verwenden, ist die coniunctio als Bezeichnung für sprachliche Verbindungsformen am ehesten als terminus technicus der römischen Grammatik anzusehen.52

III. Römischrechtliche coniunctio = coniunctio aus der römischen Grammatik? III. Coniunctio und Grammatik

1. Anwachsungsrecht Die Exegese der römischrechtlichen Quellen hat gezeigt, dass der Bedeutungsinhalt, den die römischen Juristen dem Begriff im Anwachsungsrecht zumessen, sich im Laufe der Zeit gewandelt hat. Zunächst herrschte die streng formale Sichtweise, dass eine coniunctio nur bei einer wörtlichen Verbindung durch die Konjunktion et und bei einer Einsetzung auf dieselbe Sache vorliegen könne. Der anwachsungsrechtliche Begriff der coniunctio hat also zwei Komponenten: Er setzt zum einen eine sprachliche Verbindung der Erben/Vermächtnisnehmer im Testament voraus, was Paulus in D. 50.16.142 mit „nominum complexus iungit“ umschreibt. Sofern diese Verbindung vorliegt, kann die zweite Voraussetzung hinzutreten, nämlich die Einsetzung auf dieselbe Sache. Die erste „Komponente“ der anwachsungsrechtlichen coniunctio ist also eine grammatische Anforderung an die Formulierung des Testaments/Vermächtnisses, aus der zwingend ein bestimmter Erblasserwille geschlossen wird. Nachdem es außer Zweifel steht, dass die Vertreter der römischen Jurisprudenz einen klassischen Bildungsgang durchlaufen und insbesondere in der Rhetorik, der _________________________________ 51 52

Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 13. Baratin, La naissance de la syntaxe à rome, S. 17.

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Die coniunctio als Anleihe aus anderen Wissenschaften?

antiken Philosophie und damit auch in der Grammatik ausgebildet waren,53 ist es möglich, dass sie sich zur Umschreibung dieser Konstellation des grammatischen terminus technicus coniunctio bedient haben. Wie das obige Zitat von Varro: „Consul fuit Tullius et Antonius“ eodem illo „et“ omnis binos consules colligare possumus“ gezeigt hat, ist die Verbindung von Eigennamen mit et ja gerade der typische Fall einer kopulativen Konjunktion in der Grammatik. Dass die römischen Juristen die grammatische coniunctio und ihre Unterkategorien kannten, ergibt sich bspw. aus dem Fragment D. 50.16.53. pr (Paulus libro quinquagensimo nono ad edictum), in dem Paulus ausführlich die Unterscheidung zwischen kopuluativen und disjunktiven Konjunktionen erörtert. Für eine Übernahme des grammatischen Begriffs in die anwachsungsrechtliche Terminologie spricht beispielsweise die eindeutig grammatische Erwägung in D. 30.36.2 (Pomponius libro sexto ad Sabinum): Nihil distat, utrum ita legetur „Titio et Maevio“ an ita „Titio cum Maevio“: utrubique enim coniunctim legatur videtur. Auch aus den Überlegungen von Paulus in D. 50.16.142 (Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam) ergibt sich, dass er den Begriff coniunctio in grammatischem Sinn verwendet: Nec dubium est, quin coniuncti sint, quos et nominum et rei complexus iungit, veluti „Titius et Maevius ex parte dimidia heredes sunto“, vel ita „Titius Maeviusque heredes sunto“, vel „Titius cum Maevio ex parte dimidia heredes sunto“. videamus autem, ne etiam si hos articulos detrahas „et“, „que“, „cum“, interdum tamen coniunctos accipi oporteat, veluti „Lucius Titius, Publius Maevius ex parte dimidia heredes sunto“, vel ita „Publius Maevius, Lucius Titius heredes sunto. Sempronius ex parte dimidia heres esto“, ut Titius et Maevius veniant in partem dimidiam et re et verbis coniuncti videantur [Hervorhebungen nur hier] Complexus ist nämlich, wie der Passus in convinctionibus autem complexus eorum esse in Quint. I.1.18 zeigt, ein Begriff, der zur Bezeichnung der grammatischen coniunctio dient. Die anschließende Erörterung, dass eine coniunctio auch bei einer asyndetischen Aneinanderreihung vorliegen kann, ist daher erforderlich, da das Asyndeton in der römischen Grammatik keine coniunctio ist, sondern ein Stilmittel, das eine der coniunctio entsprechende Verbindung herbeiführt.54 _________________________________ 53

Harke, Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana, S. 11, der allerdings die Grammatik nicht ausdrücklich nennt, dies wahrscheinlich, da diese ein Teil des Lehrprogramms der Rhetorik war, vgl. Marcus Fabius Quintilianus, Ausbildung des Redners, Zwölf Bücher, Hrsg. und übers. v. Helmut Rahn, Erster Teil, Buch I–VI, Darmstadt 1972, I.4.18; Spengler, Zum Menschenbild der römischen Juristen, JZ 21/2011, S. 1025. 54 Leumann/Hofmann/Szantyr Band 2, S. 828.

III. Coniunctio und Grammatik

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Allerdings zeigt gerade aber auch ein Vergleich zwischen den grammatischen Definitionen und Paul. D. 50.16.142, dass zwar der Begriff zur Bezeichung der Anwachsungsvoraussetzungen aus der Grammatik entlehnt sein mag, er aber hinsichtlich der ersten Komponente nicht präzise ist und auf die zweite Komponente nicht zutrifft: Die erste Komponente ist eigentlich eine Unterkategorie der grammatischen coniunctio (deren Definition sich von der anwachsungsrechtlichen maßgeblich unterscheidet), nämlich die kopulative Konjunktion, so dass es eigentlich noch der Konkretisierung durch das Adjektiv copulativa bedurft hätte. Die zweite Komponente, die Verbindung über die Einsetzung auf dieselbe Sache, steht in keinerlei Verbindung zur grammatischen coniunctio, weshalb Paulus vermutlich auch ausdrücklich zwischen coniunctio re et verbis, coniunctio re und coniunctio verbis differenziert. Vor diesem Hintergrund ist die im T.L.L. vorzufindendene Einordnung von D. 50.16.142 unter coniunctio sermone bei den Rhetorikern unzutreffend. Coniunctio sermone ist ein Begriff aus der Stilistik (elocutio) und bezeichnet die korrekte Verbindung von Worten im grammatischen Sinn. Da es Paulus hier aber ja gar nicht um die korrekte grammatische Verbindung von Worten vor einem stilistischen Hintergrund geht, sondern um die Darstellung der unterschiedlichen Formen und Komponenten der römischrechtlichen coniunctio, überzeugt die Einordnung des T.L.L. nicht. Allerdings wurde der Begriff coniunctio im allgemeinen Sprachgebrauch auch allgemein zur Bezeichnung eines Zusammenhangs verwendet.55 Es ist daher vermutlich so, dass die römischen Juristen zur Umschreibung der Anwachsungsvoraussetzungen auf den – mit der heutigen Terminologie gesprochen: polysemantischen56 – Begriff coniunctio zurückgriffen, da er auf Grund seiner unterschiedlichen Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch und in der Grammatik treffenderweise bereits die Doppelbedeutung von einer sachlichen und wörtlichen Verbindung in sich trug. Sie schufen damit einen eigenständigen Rechtsbegriff, der die Tatbestandsvoraussetzungen der Anwachsung umschrieb, sich aber grundlegend vom terminus technicus der Grammatik unterschied und sich schließlich nahezu völlig von seiner ursprünglich grammatischen „Komponente“ löste. Dass die anwachsungsrechtliche coniunctio streng von der grammatischen zu unterscheiden ist, zeigt auch die Verwendung von disiunctim und separatim in den untersuchten Quellen. Während vor allem disiunctim in der Grammatik die ausschließliche Disjunktion „aut“ kennzeichnet, bedeutet es im Anwachsungsrecht lediglich, dass die wörtliche Verbindung fehlt (vgl. hierzu Gai. 2.199), aber nicht, dass ein Ausschließlichkeitsverhältnis _________________________________ 55 56

Vgl. 2. Kapitel, S. 11/12. Vgl. hierzu bspw. Jungen/Lohnstein, Geschichte der Grammatiktheorie, S. 12.

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Die coniunctio als Anleihe aus anderen Wissenschaften?

zwischen den Erben/Vermächtnisnehmern derart besteht, dass nur der einer oder der andere bedacht ist. Hieraus wird ersichtlich, dass die anwachsungsrechtliche coniunctio, auch wenn sie vermutlich ursprünglich eine Anleihe aus der Grammatik war, um die für die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge erforderliche Form einer sprachlichen Äußerung zu umschreiben, mit der Entwicklung des Anwachsungsrechts zur Bezeichnung eines hochkomplexen rechtlichen Sachverhalts wurde, der sich nahezu von allen sprachlichen Formzwängen gelöst hat. 2. Bedingungsrecht, sonstige Anwendung vor dem Hintergrund von testamentarischen Verfügungen und D. 50.16.53. pr Bei testamentarisch auferlegten Bedingungen wird die grammatische coniunctio in Form ihrer Unterkategorien der kopulativen und disjunktiven Konjunktion herangezogen, wie D. 28.7.5 (Paulus libro secundo ad Sabinum), D. 35.1.51.pr (Modestinus libro quinto differentiarum) und D. 40.4.45 (Modestinus libro pandectarum) zeigen. Hat der Erblasser außerhalb des Anwachungs- und Bedingungsrechts die Erben/Vermächtnisnehmer mit einer kopulativen Konjunktion verbunden, drückt dies eine Zusammengehörigkeit der Verbundenen in Bezug auf den Inhalt der Verfügung aus und wird strikt in dieser Bedeutung berücksichtigt, so dass der Begriff der coniunctio hier ebenfalls in grammatischem Sinn verwendet wird. Ebenso verhält es sich bei D. 50.16.53. pr (Paulus libro quinquagensimo nono ad edictum). Aus diesem Fragment wird aber deutlich, dass die grammatischen Regeln außerhalb des Erbrechts zwar herangezogen, aber nicht zwingend angewendet wurden.

6. Kapitel

Riassunto* I. Scopo della ricerca Nelle fonti di diritto ereditario il concetto di coniunctio delinea principalmente circostanze mediante le quali il testatore ha dato luogo ad una chiamata congiunta tra singoli eredi o legatari. La questione relativa all’esistenza di questa chiamata congiunta viene discussa soprattutto per il diritto di accrescimento. A questo proposito è controverso, in dottrina, con quali mezzi il testatore possa istituire tali nomine congiunte, dato che nelle fonti ciò viene delineato con differenti modalità. Osservando più da vicino la letteratura relativa a questa problematica, risulta chiaro il perché esistano opinioni così diverse sulla coniunctio. Per descriverla si ricorre, infatti, di solito, a due frammenti di Paolo, D. 50.16.142 e D. 32.89, provenienti dal commentario alla lex Iulia et Papia. Queste fonti contengono una definizione di coniunctio – in effetti assai pratica – la quale indica subito i possibili mezzi a disposizione del testatore per l’istituzione della chiamata congiunta, vale a dire la nota tricotomia „coniunctio re et verbis, coniunctio re, coniunctio verbis tantum“. Questo è, però, un approccio che porta necessariamente a malintesi riguardo alla coniunctio: da un lato, perché entrambi i frammenti provengono da Paolo, un giurista tardo-classico, e non si può escludere che possa esservi stato, nel corso del tempo, un mutamento nel modo di intendere la coniunctio. Dall’altro, perché D. 32.89 proviene dal particolare ambito del diritto caducario, e non è idoneo ad una generale descrizione della coniunctio. Scopo della presente ricerca è, perciò, dapprima senza far ricorso ai frammenti paolini, chiarire cronologicamente, secondo lo stato delle fonti, sulla base di quali premesse si possa qualificare coniunctim la nomina in un testamento, e di qui poi inquadrare e trattare adeguatamente i frammenti di Paolo.

_________________________________ *

Für die Übersetzung der Zusammenfassung ins Italienische danke ich Herrn Dott. Tommaso Beggio, Università di Trento, ganz herzlich.

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Riassunto

II. Metodo della ricerca II. Metodo della ricerca

Considerando le fonti di diritto ereditario nelle quali vengono utilizzati il sostantivo coniunctio o l’avverbio coniunctim o il suo corrispettivo opposto separatim, si constata che la parte ampiamente preponderante di queste fonti, come menzionato in principio, si occupa di diritto dell’accrescimento, ma anche di diritto caducario, ad esso strettamente connesso, nonché alla formazione delle quote, in senso inverso all’accrescimento, nel caso di concorso di più eredi. Le domande più frequenti, che si pongono in relazione alla coniunctio in questo ambito del diritto, sono le seguenti: Se uno dei nominati congiuntamente viene meno prima dell’apertura della successione, bisogna decidere se abbia luogo un eventuale accrescimento per tutti gli altri beneficiati dalla disposizione testamentaria, oppure se la coniunctio comporti che l’accrescimento operi solo per coloro che siano stati nominati congiuntamente. Se tutti acquistano il legato o l’eredità, si pone la questione se la coniunctio faccia sì che coloro che sono stati nominati congiuntamente vengano trattati come un’unica persona nella ripartizione delle quote, o se le quote siano ripartite pro capite. Vi è inoltre un limitato numero di fonti relative alla condizione, che verranno anch’esse esaminate, per avere un quadro completo dello stato delle fonti. In particolare, verranno analizzate le fonti dei seguenti giuristi: – – – – – – – – – –

Sabino Giavoleno Giuliano Celso Pomponio Gaio Papiniano Paolo Ulpiano Modestino

In tal modo possono essere analizzate le fonti a partire dal primo periodo classico e sino al tardo classico, al fine di realizzare effettivamente una indagine diacronica sull’utilizzazione del termine coniunctio da parte dei giuristi classici.

III. Risultato della ricerca

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III. Risultato della ricerca III. Risultato della ricerca

1. La coniunctio nel diritto di accrescimento Il risultato in relazione al diritto di accrescimento si può riassumere come segue. a) Il periodo da Sabino a Giavoleno Nel periodo da Sabino a Giavoleno l’accrescimento può aver luogo soltanto per il venir meno di un co-legatario, quando sussista un legato per vindicationem e il legatario venuto meno e quello rimasto siano stati chiamati coniunctim nel senso di Sabino. Il termine coniunctio delinea dunque la fattispecie che è presupposto dell’effetto giuridico dell’ accrescimento. Lo stesso vale per l’accrescimento privilegiato tra coeredi. Sussiste una coniunctio, secondo Sabino, soltanto nel caso in cui i legatari siano chiamati attraverso la congiunzione copulativa et allo stesso oggetto legato o alla stessa parte di eredità. Se il collegamento tra i legatari è solamente letterale, l’accrescimento è escluso. Nel legato per damnationem non vi è possibilità di accrescimento. In questo caso la coniunctio ha la seguente funzione: se sono state legate più cose dello stesso tipo, l’erede deve le parti ai legatari. Se il legato è stato istituito separatim, l’erede è tenuto a dare ad ogni legatario l’intero oggetto. Dato che egli, però, di fatto può adempiere all’obbligo di restituzione dell’oggetto soltanto nei confronti di uno dei legatari, risponde nei confronti degli altri mediante l’aestimatio. b) La nuova teoria di Giavoleno e Giuliano Giavoleno e Giuliano proposero poi una nuova teoria, secondo la quale era irrilevante per l’accrescimento che la coniunctio letterale sussistesse in virtù di una congiunzione copulativa, poiché era sufficiente che fosse stata lasciata in eredità la medesima cosa. La coniunctio, tuttavia, venne definita da Giavoleno e Giuliano ancora nel senso formale che era proprio di Sabino, e della stessa i due giuristi parlano soltanto allorquando esistano cumulativamente un vincolo letterale e materiale. La coniunctio, perciò, descrive, come in precedenza, la normale fattispecie, in relazione alla quale ha luogo l’accrescimento. Essa, tuttavia, non rappresenta più un presupposto indispensabile per l’accrescimento. Giavoleno e Giuliano separano pertanto la conseguenza giuridica dal concetto

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Riassunto

della coniunctio, la quale precedentemente costituiva la fattispecie per l’accrescimento. Le fonti tràdite di Giuliano mostrano, inoltre, che grazie a questo giurista inizia uno sviluppo in tal senso, consistente cioè nell’applicare il concetto di coniunctio ai nuovi presupposti dell’accrescimento. Anche Pomponio e Gaio seguono questa scuola di pensiero. c) La definizione di coniunctio secondo Celso Celso, viceversa, definisce nuovamente il significato della coniunctio al fine di descrivere i presupposti dell’accrescimento. Egli si distacca completamente dall’aspetto linguistico e formale della coniunctio, dal momento che non considera necessaria una coniunctio letterale dei nomi dei legatari. Secondo questo giurista, essere istituito come erede o legatario coniunctim significa che totam hereditatem et tota legata singulis data esse, partes autem concursu fieri. A suo avviso, è pertanto sufficiente, affinché sussista la coniunctio, che gli eredi/legatari siano stati istituiti per la medesima cosa o per la stessa parte di eredità e che, qualora esse coincidano nella successione, l’eredità o il legato debbano essere prima divisi per mezzo di questo concorso. Celso non è soltanto il primo ad offrire una definizione relativa alla coniunctio secondo lo stato delle fonti. Egli è anche il primo a qualificare il fondamento giuridico per l’accrescimento: la formulazione partes autem concursu fieri indica, infatti, nella terminologia della proprietà romana, che attraverso il concorso dei legatari viene a formarsi una communio pro indiviso – detta, secondo la terminologia tedesca, comproprietà frazionata (Miteigentum nach Bruchteilen). I termini pars e totus rappresentano quindi vocaboli tecnici tratti dall’ambito del diritto di proprietà, in cui pars viene usualmente concepita come pars pro indiviso, come frazione di proprietà. Se ne deduce che il fondamento giuridico per l’accrescimento è la proprietà frazionata – e non, come spesso si trova in dottrina, la teoria che sta a fondamento del consortium ercto non cito. d) La coniunctio secondo Papiniano e Ulpiano Papiniano ed il suo allievo Ulpiano utilizzano il concetto di coniunctio in linea di massima come Sabino, Giavoleno, Giuliano, Pomponio e Gaio, ma essi sviluppano un passaggio già reperibile nell’approccio di Giuliano, consistente non soltanto nel separare la conseguenza giuridica dal concetto, ma anche nell’applicare il concetto ai nuovi presupposti dell’accrescimento.

III. Risultato della ricerca

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e) La tricotomia di Paolo Paolo segue Celso, in ciò allontanandosi del tutto, allo stesso modo, dall’originaria concezione della coniunctio. Egli chiarisce il suo modo di concepire la coniunctio mediante la sua nota tricotomia, e sviluppa ulteriormente la teoria di Celso in D. 50.16.142, nel quale il giurista, da un lato, utilizza il concetto per la definizione dei presupposti della fattispecie dell’accrescimento (coniunctio re et verbis, coniunctio re), dall’altro, invece, richiama anche la coniunctio verbis, in modo tale da rendere chiaro che il concetto, a seconda della circostanza di ciò che esso serve a designare, non deve necessariamente condurre alla conseguenza giuridica dell’accrescimento. Egli inoltre fa convergere, attraverso l’inserimento dei concetti subordinati coniunctio re et verbis e coniunctio re all’interno del concetto principale di coniunctio, la differente terminologia della corrente di pensiero facente capo a Sabino, Giavoleno, Giuliano, Pomponio, Gaio, Papiniano e Ulpiano, da un lato, e quella di Celso, dall’altro. Questo modo di procedere è del tutto logico, visto che, al più tardi dai tempi di Giuliano, i presupposti della fattispecie per l’accrescimento non erano più oggetto di controversie, e soltanto la terminologia per la definizione dei suddetti presupposti conosceva differenziazioni. 2. La coniunctio nel diritto caducario Nel diritto caducario non valevano in origine altri presupposti per la sussistenza della coniunctio, come nel diritto di accrescimento. All’inizio, sussiste una coniunctio, con riferimento al periodo di emanazione della lex Papia, soltanto a fronte di una nomina congiunta letterale e sostanziale. Colui che nel legato per vindicationem viene considerato collegatarius coniunctus, secondo la lex Papia, viene preferito, a condizione che abbia figli, nei confronti degli eredi che pure abbiano prole, mediante la vindicatio delle cose abbandonate. Le fonti dimostrano, tuttavia, come, nel corso del tempo, i presupposti per la coniunctio nell’ambito del ius caducum si siano sviluppati in senso del tutto opposto rispetto al diritto di accrescimento: la preferenza del collegatarius coniunctus venne estesa da alcuni giuristi, di fatto, soltanto ai legatari di un legato per damnationem nominati congiuntamente a livello letterale. Poiché l’estensione avrebbe rappresentato un ingiustificato pregiudizio dei legatari per vindicationem, i quali erano sì collegati verbalmente, ma materialmente nominati soltanto su parti, venne quindi sostenuta da alcuni giuristi, nel periodo tardo classico, anche un’estensione nei confronti di legatari di legati per vindicationem collegati solo a livello letterale.

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Riassunto

Nel successivo sviluppo di questa linea di pensiero si discusse anche, successivamente, se non dovesse essere favorito soltanto il legatario per vindicationem attraverso la cosa legata. Paolo si determinò in senso contrario, probabilmente in quanto ciò avrebbe rappresentato una totale abrogazione della effettiva limitazione giuridica sul collegatarius coniunctus. Il ius caducum ed il ius adcrescendi si sono sviluppati secondo direttrici opposte intorno alla questione se il coniunctus debba essere preferito o meno. Contrastante è stata anche l’evoluzione riguardo al legatario per damnationem vincolato solo a livello letterale. In tal caso non era ipotizzabile un accrescimento in materia di legati ed aveva luogo piuttosto una preferenza (del legatario) in relazione al diritto caducario. 3. La coniunctio in relazione alla disciplina della condizione In materia di condizione, per quanto riguarda l’uso del termine coniunctio, si deve distinguere tra due fattispecie: la prima fattispecie riguarda il collegamento letterale di più legatari diversi, attraverso una congiunzione copulativa, nel quale a uno dei legatari sia imposta una condizione. Qui si pone la questione se sia ancora possibile un acquisto del legato nonostante il venir meno del legatario gravato dalla condizione, prima del realizzarsi della stessa, a partire dalle regole dell’accrescimento. Inoltre è discusso il problema, nel contesto di questa situazione, se attraverso la nomina congiunta a livello letterale dei legatari, mediante una congiunzione copulativa, la condizione imposta ad uno di essi valga anche per l’altro. In tal caso dal collegamento letterale si dedurrebbe anche un collegamento rispetto alla condizione. Nella seconda fattispecie vengono imposte all’erede più condizioni diverse e si pone la questione se questi debba adempiere a tutte o solo ad una di esse. Se sono imposte coniunctim, egli deve adempiere a tutte, mentre se, viceversa, fossero imposte disiunctim, egli può scegliere. Qui coniunctim e disiunctim tuttavia non sono intesi nel medesimo senso del diritto di accrescimento, dal momento che in questo caso si tratta del contrasto tra „e“ e „o“, vale a dire tra una congiunzione copulativa e una disgiuntiva. In materia di condizione, perciò, il termine viene utilizzato con diversi significati a seconda della fattispecie. Il suo significato nel contesto delle varie fattispecie, tuttavia, e con riguardo alle fonti tramandateci, non è controverso. 4. La coniunctio in Paul. D. 50.16.53 pr L’indagine di un frammento di Paolo tratto dal commentario all’editto, D. 50.16.53 pr, ha dimostrato, d’altro canto, che al di fuori del diritto

III. Risultato della ricerca

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ereditario non vi sono regole fisse per l’interpretazione di quegli enunciati linguistici che contengano coniunctiones. Non sussiste, pertanto, un’interpretazione vincolante sulla base delle regole grammaticali. Il modo di procedere più rigoroso nell’ambito del diritto ereditario potrebbe dipendere, quindi, dal fatto che il testamento, come negozio giuridico, nel diritto romano assume un’importanza assai elevata perchè esso, in primo luogo, deve realizzare il volere del testatore dopo la sua morte. Dato che è così difficile determinare e dimostrare un divergente volere del testatore, dopo la sua morte, rispetto al tenore della dichiarazione, risulta naturale predisporre severe regole formali per l’interpretazione delle ultime disposizioni di volontà. 5. La coniunctio come concetto filosofico, grammaticale o retorico? Considerato che il concetto di coniunctio rappresenta un terminus technicus per le forme di connessione linguistica nell’antica filosofia, grammatica e retorica, deve ancora essere indagata, in conclusione, la questione se l’istituto giuridico della coniunctio sia stato eventualmente mutuato da questi campi del sapere. Il concetto di coniunctio quale termine per designare forme di connessione linguistica trova la propria origine nella filosofia greca. Esso, come rispettivamente il suo corrispondente greco syndemos, era stato utilizzato, in primo luogo, per l’osservazione logica del linguaggio e poi adottato dai grammatici greci. In latino il concetto viene utilizzato, secondo la sua trasposizione dal greco, nel suo significato grammaticale già nella Rhetorica ad Herennium; è inoltre già conosciuto in Roma nell’80 a.C. circa ed è, al più tardi a partire dai tempi di Cicerone, un terminus technicus della grammatica. Il collegamento tra due parti di frase mediante l’uso della congiunzione et oppure que viene denominato da tutti i grammatici latini quale coniunctio copulativa. Il concetto di diritto romano della coniunctio presenta, d’altro canto, due componenti: esso presuppone, in primo luogo, un collegamento linguistico nel testamento tra gli eredi/legatari attraverso una congiunzione copulativa. A condizione che questo collegamento sussista, può realizzarsi il secondo presupposto, ovverosia la nomina – congiunta – riguardo alle medesime cose. La prima componente della coniunctio, nell’ambito del diritto di accrescimento, soddisfa perciò un’esigenza di natura grammaticale, in relazione alla formulazione del testamento/legato, cosicché, di fatto, il concetto potrebbe essere stato mutuato dalla grammatica.

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Riassunto

Che i giuristi romani conoscessero la coniunctio in senso grammaticale, e le sue sottocategorie, lo si può dimostrare anche sulla scorta delle fonti analizzate in questo lavoro, nelle quali vengono, in parte, espressamente riprese considerazioni di tipo grammaticale. Tuttavia proprio un confronto tra le definizioni grammaticali e il significato giuridico ha dimostrato che può certamente darsi che il concetto impiegato per la definizione dei presupposti dell’accrescimento sia stato ripreso dalla grammatica, e tuttavia esso, con riguardo alla prima componente, quella grammaticale, non è preciso, dato che questa avrebbe dovuto essere stata denominata, correttamente, come coniunctio copulativa. Riguardo alla seconda componente, la chiamata congiunta a livello materiale, inoltre, il concetto grammaticale non ha alcuna rilevanza. Il termine coniunctio viene utilizzato, tuttavia, anche nel linguaggio comune, generalmente, per la designazione di una connessione sostanziale. I giuristi romani hanno perciò, assai verosimilmente, fatto ricorso al concetto – polisemantico, secondo la terminologia linguistica – di coniunctio per la definizione delle premesse dell’accrescimento, dato che propriamente esso conteneva già in sé, a causa del suo diverso impiego nel linguaggio comune e in grammatica, il doppio significato di un collegamento sostanziale e di un collegamento letterale. Affinché essi, però, potessero creare un significato giuridico autonomo, il quale definisse i presupposti della fattispecie dell’accrescimento, esso è andato fondamentalmente differenziandosi dal terminus technicus della grammatica, sino quasi a distaccarsi completamente, alla fine, dalla sua originaria componente grammaticale.

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30.33 30.34.pr 30.34.9 30.36.2 30.69.1 30.81.pr 30.84.13 30.85 30.108.2 31.20 31.41.pr 32.46 32.78.6 32.80

32.89

34.8.4.pr 35.1.30 35.1.51.pr 35.1.81.pr 35.1.105 38.1.7.3 40.4.45 40.7.31.1 45.3.1.4 50.16.25.1 50.16.53.pr

50.16.53.1 50.16.124 50.16.142 50.16.244

89 ff., 94282 283 115, 116372 729, 63, 92, 118 63 f., 78, 119, 136 113 113 94 94 94 833, 34, 37, 40, 1213 2135, 27, 55, 73 95 f., 96293, 99, 101, 124 95 5, 9, 2135, 27, 29, 46 ff., 52, 58 f., 62, 72 f., 76, 81, 84, 120, 122 20, 51142, 68204, 76, 81 ff., 85 f., 98, 122 f., 139 63 101 103 f., 124, 138 97, 123 113 108 103 f., 124, 138 100, 123 36, 38 47, 49127, 51 f. 105 ff., 109346, 109348, 111 ff., 119, 124, 138, 144 111 1034 1 f., 12, 75 ff., 109 ff., 119 ff., 135 ff., 139, 143 77

Sachregister actio communi dividundo 50 actio ex testamento 90 ff. actio familiae erciscundae 50 adcrescere 3 Anwachsung – bei Aufteilung 23 ff., 46 ff., 55 ff., 60 ff. – beim Relegat 69 ff. –, bevorzugte 4, 23 ff., 80 ff. – und Erblasserwille 30, 48 f., 54 – und coniunctio 2 ff. – und Miteigentum 46 ff. – unter Damnationslegataren 6, 64 ff., 81 ff. – unter Miteigentümern 50 f. – unter Miterben 2 ff. – unter Vindikationslegataren 5 f. Asyndeton 78 f.

– – – – – – – – – – – –

coheres coniunctus 80 ff. collegatarius coniunctus 80 ff. condicio 98 coniunctio – als Schulenstreit 121 f. – Bedeutungen 11 f. – bei Bedingungen 97 ff., 102 ff., 123 f. – bei Celsus 46 ff. – bei den Stoikern 127 – bei Gaius 64 ff. – bei Javolen 23 ff. – bei Julian 28 ff. – bei Modestinus 103 ff. – bei Papinian 69 ff. – bei Paulus 75 ff. – bei Pomponius 60 ff. – bei Sabinus 13 ff. – bei Teilbestimmung 23 ff., 46 ff., 55 ff., 60 ff. – bei Ulpian 112 ff.

Damnationslegat 6, 64 ff., 81 ff. Disiunctim 6, 8 ff., 16 ff., 102 ff., 111 f., 137 f.

griechische Definitionen 126 ff. in anderen Wissenschaften 126 ff. in der Gesetzessprache 105 ff. in der Grammatik 130 ff., 135 ff. in der Philosophie 126 ff. im Wandel der Zeit 118 ff. lateinische Definitionen 130 ff. und Grammatik 135 ff. und Anwachsung 2 ff. und Nießbrauch 13 ff., 31 ff. unter Damnationslegataren 64 ff. unter Miterben 2 ff., 25 ff., 47 ff., 75 ff. – unter Vindikationslegataren 5 f., 46 ff., 64 ff. communio pro indiviso 49 ff. communio pro diviso 52 f. consortium 4 f., 9, 48

eadem res 46 ff., 54 Grund der Anwachsungsregeln 4, 9, 47 ff. Gesamthandsgedanke 4 f., 9, 47 ff. ius coniunctionis 113 Kaduzitätsrecht 66 ff., 80 ff. Konversion 90 f. levissima scriptura valet 104 lex Iulia et Papia Poppaea 66 ff., 80 ff. manumissio testamento 104 nemo pro parte testatus etc. 3

Sachregister pars pro indiviso 47 ff. pertinere 34 f. praeferre und potior 86

separatim 12, 16 ff. servus communis 32 ff. Statusänderung 69 ff.

Quotenbildung 26, 61 ff.

totus und pars 47 ff.

regula Sabiniana 98 f. rei vindicatio 89 f.

uxoris causa parata 95

Senatus Consultum Neronianum 90 f.

Vindikationslegat 5 f., 46 ff., 64 ff., 81 ff.

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