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German Pages [1720] Year 2014
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525521045 — ISBN E-Book: 9783647521046
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Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche Vollständige Neuedition
Herausgegeben von Irene Dingel im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland zusammen mit Bastian Basse, Marion Bechtold-Mayer, Klaus Breuer, Johannes Hund, Robert Kolb, Rafael Kuhnert, Volker Leppin, Christian Peters, Adolf Martin Ritter und Hans-Otto Schneider
Vandenhoeck & Ruprecht © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525521045 — ISBN E-Book: 9783647521046
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-52104-5 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: Marion Bechtold-Mayer und Johannes Hund Druck und Bindung: O Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
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Vorwort Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche folgen der Konzeption des Konkordienbuchs von 1580. Sie bieten jene Bekenntnisse und bekenntnisrelevanten Schriften, die man schon für die erste Ausgabe des Konkordienbuchs zusammengestellt hatte, welche am 25. Juni 1580 zum 50jährigen Jubiläum der Übergabe der Confessio Augustana auf dem Augsburger Reichstag gedruckt erschien. Die erste moderne kritische Edition des Konkordienbuchs, die die Vorlage nicht mehr getreu reproduzierte, sondern versuchte, möglichst auf Urschriften bzw. erste erreichbare Textfassungen zurückzugehen, kam zum Jubiläumsjahr 1930 heraus, nun allerdings unter dem Titel „Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche“ (BSLK). Sie hat bis heute dreizehn Auflagen erlebt. Die hier vorgelegte grundlegende Neuedition (BSELK) beschreitet einen anderen, an neueren Forschungen orientierten Weg. Geboten werden nach wie vor die Bestandteile des Konkordienbuchs von 1580, wobei aber entweder der „textus receptus“ oder die „editio princeps“ eines Bekenntnisses bzw. einer bekenntnisrelevanten Schrift für den Abdruck zugrunde gelegt wurden. Dies kann im Einzelfall durchaus genau mit dem im Konkordienbuch Dresden 1580 gebotenen Textbestand übereinstimmen. Auf die Rekonstruktion von Urfassungen wird damit verzichtet. Stattdessen wird Wert darauf gelegt, jene Textgestalt zugänglich zu machen, die tatsächlich rezipiert wurde, Rechtskraft erhielt und langfristige Wirkung erzielte. Textkritische und sachliche Apparate bieten die notwendigen Informationen zu inhaltlich wichtigen Varianten der Entstehungs-, gegebenenfalls auch Wirkungsgeschichte, zur historischen Einordnung und zum Verständnis, wobei gegenüber der alten Edition der BSLK zahlreiche Korrekturen und Präzisierungen vorgenommen werden konnten. Erstmals kommen die mit dem Text des Kleinen Katechismus eng zusammengehörenden bildlichen Darstellungen aus dem lateinischen Konkordienbuch von 1584 zum Abdruck. Das deutsche Konkordienbuch von 1580 enthält dagegen keine Bilder. Dem Hauptband der Bekenntnisschriften stehen zwei Bände „Quellen und Materialien“ (QuM) zur Seite, die solche Dokumente bieten, die entstehungsoder wirkungsgeschichtlich für die Bestandteile des Konkordienbuchs bzw. der Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche wichtig waren. QuM I ermöglicht die Kontextualisierung der altkirchlichen Bekenntnisse und bietet die wichtigen, von Melanchthon vorgenommenen Überarbeitungen der Confessio Augustana der Jahre 1533, 1540 und 1542 sowie die zentralen Varianten der Apologie der Confessio Augustana. Zu finden sind außerdem Übersetzungen der Schmalkaldischen Artikel ins Englische und Lateinische sowie die Unterschriftenliste in Reproduktion und Transkription. Katechetische Stücke Luthers aus Tischreden und Liedern begleiten die Edition der Katechismen, ebenso die lateinischen Varianten des Tauf- und Traubüchleins und der „Vermahnung zur Beichte“. QuM II macht erstmals alle © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525521045 — ISBN E-Book: 9783647521046
VI
Vorwort
Vorstufen der Konkordienformel von 1568 bis 1576 sowie die Entwürfe für die Vorrede von Konkordienformel und Konkordienbuch aus den Jahren 1578/1579 gedruckt zugänglich. Dies erlaubt es, Einblick in die komplizierte Entstehungsgeschichte des Konkordienwerks zu nehmen sowie das große Konsenspotential und den dezidierten Einigungswillen der beteiligten politischen und theologischen Akteure nachzuvollziehen. Dass diese Ausgabe noch im Laufe der auf das Jahr 2017 zulaufenden Lutherbzw. Reformationsdekade erscheinen kann, ist all jenen zu danken, die dieses bereits seit über zwei Jahrzehnten bestehende Projekt nicht aufgegeben, sondern es mit Elan und Begeisterung unterstützt und vorangebracht haben. In Respekt und Freundschaft gedenken wir der verstorbenen Mitglieder unserer Editorengruppe: Prof. Dr. Gottfried Seebaß (Heidelberg), des damaligen Hauptherausgebers der BSELK und Bearbeiters der Confessio Augustana, sowie Prof. Dr. Albrecht Peters (Heidelberg), des ursprünglich für die Katechismen Luthers vorgesehenen Editors. Aufrichtiger Dank gebührt all denjenigen, die die Neuausgabe weiter begleitet und ermöglicht haben, auch wenn sie nicht oder nur zeitweise dem engeren Bearbeiterkreis angehörten. Dr. Hans-Christian Brandy (Stade) hat den Abdruck seiner Edition der Fünf Artikel und der Sechs Predigten Jakob Andreaes (QuM II), die er bereits in der Frühphase der Arbeiten an der Neuedition der Bekenntnisschriften erstellt hatte, gestattet und einer behutsamen Überarbeitung durch Marion Bechtold-Mayer freundlich zugestimmt. Prof. Dr. Dr. Johannes Schilling (Kiel) hat zusammen mit Ronja Meyersieck und Jan Lohrengel die Edition des Großen und des Kleinen Katechismus Luthers durch Hinweise und wertvolle Zuarbeiten unterstützt. Von Seiten der EKD haben Dr. Vico von Bülow und PD Dr. Anne Käfer die Arbeit an den Bekenntnisschriften konstruktiv begleitet. Jörg Persch vom Verlag Vandenhoeck & Ruprecht hat die intensiven Diskussionen und Wünsche des Bearbeiterkreises wohlwollend aufgenommen und eine repräsentative Realisierung des Projekts ermöglicht. Die im Leibniz-Institut für Europäische Geschichte Mainz angesiedelte Redaktion mit Marion Bechtold-Mayer und Dr. Johannes Hund hat unter Mitarbeit von Katrin Bodschwinna, Jakobine Eisenach, Mariam Hammami, Anne Herion, Felix Höher, Julianne Lehmann, Cathérine Annette Ludwig, Stefanie Schlenczek und Esther Verwold mit viel Geduld und großem Einsatz dafür gesorgt, dass unsere Bände heute erscheinen können. Allen Genannten und den vielen Ungenannten, die dem Projekt in der einen oder anderen Weise fördernd zur Seite gestanden haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Mainz, im September 2014
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Irene Dingel
Inhalt Editionsrichtlinien ......................................................................... 1 Einleitung zu den Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche (Irene Dingel) ..................................................................... 3
Titelblatt und Vorrede zum Konkordienbuch ............................ 6 Die altkirchlichen Symbole (bearbeitet von Adolf Martin Ritter) Das Apostolicum Einleitung ..................................................................................... 37 Text ............................................................................................... 42 Das Nicaeno-Constantinopolitanum Einleitung ...................................................................................... 45 Text ............................................................................................... 49 Das Athanasianum Einleitung .................................................................................... 51 Text .............................................................................................. 57
Die Confessio Augustana (bearbeitet von Gottfried Seebaß † und Volker Leppin) Einleitung ..................................................................................... 65 Text ................................................................................................ 84
Die Apologie der Confessio Augustana (bearbeitet von Christian Peters und Rafael Kuhnert unter Mitwirkung von Bastian Basse) Einleitung ................................................................................... 229 Text .............................................................................................. 236
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Inhaltsverzeichnis
Die Schmalkaldischen Artikel (bearbeitet von Klaus Breuer und Hans-Otto Schneider) Einleitung .................................................................................... 713 Text .............................................................................................. 718
De potestate et primatu papae tractatus (bearbeitet von Klaus Breuer und Hans-Otto Schneider) Einleitung ..................................................................................... 789 Text .............................................................................................. 796
Luthers Katechismen (bearbeitet von Robert Kolb) Einleitung .................................................................................... 841 Text ................................................................................................ 852 Kleiner Katechismus ............................................................. 852 Großer Katechismus ............................................................. 912
Die Konkordienformel (bearbeitet von Irene Dingel) Einleitung ................................................................................. 1165 Text ........................................................................................... Titel und Vorrede ............................................................... Epitome ............................................................................... Solida Declaratio ................................................................
1184 1184 1216 1304
Catalogus Testimoniorum (bearbeitet von Marion Bechtold-Mayer und Johannes Hund) ..... 1611 Abkürzungsverzeichnis ....................................................................... 1653 Abgekürzt zitierte Quellen und Literatur .......................................... 1658 Personenregister ................................................................................... 1670 Bibelstellenregister ............................................................................... 1684 Sachregister ........................................................................................... 1694
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Editionsrichtlinien 1. Editionsgrundlage ist die Editio princeps oder ein Textus receptus. 2. Die Schreibung der Quelle bleibt weitgehend erhalten. a) Deutsche Texte: ß, ss, gk, dt, ck werden beibehalten. Der Gebrauch von u, v und w sowie i und j wird dem modernen Lautwert gemäß verändert. Übergeschriebene Buchstaben // werden zu ä/ö/ü modernisiert. b) Lat. Texte: Der Gebrauch von u und v wird normalisiert, j wird jedoch konsequent mit i wiedergegeben. Die klassische Schreibweise ist maßgeblich (ti nicht ci). E-caudata wird zu ae bzw. oe aufgelöst. 3. Die Interpunktion dient als Lesehilfe und wird daher modernisiert (neue Rechtschreibung). 4. Trennungen und Zusammenschreibungen entsprechen der Vorlage. Eingriffe erfolgen nur, wenn es das Textverständnis unbedingt erfordert. 5. Groß- und Kleinschreibung wird bei handschriftl. Überlieferung zu Kleinschreibung vereinheitlicht. Groß geschrieben werden nur Satzanfänge und Namen (Personen, Orte, Völker etc., nicht die daraus abgeleiteten Adjektive). Bei Drucken folgt die Groß- und Kleinschreibung der Vorlage. Doppelte Großbuchstaben am Satzanfang werden vereinfacht. 6. Zahlzeichen werden gemäß der Vorlage wiedergegeben, Ordinalzahlen immer mit einem Punkt versehen. 7. Einzelne Texte sind mit drei kritischen Apparaten versehen: Textkritischer App.: Sprachlich und sachlich relevante Varianten (keine orthographischen Varianten, nicht ac/et etc.), die sich aus der Überlieferung ergeben, sowie Hinweise auf editorische Eingriffe in den Text (Konjekturen, Korrekturen von offensichtlichen Druckfehlern etc.). Wirkungsgeschichtlicher App.: Angaben über die Rezeption der zu Grunde gelegten Texte, z. B. inhaltlich relevante Veränderungen wie Fortschreibungen, Auslassungen, Neuformulierungen etc. Sachlicher App.: Textkommentare (Worterklärungen etc.) sowie Zitat- und Anspielungsnachweise; evtl. Erklärung der historischen Zusammenhänge. Historische Literatur wird mit neuzeitlichen Editionen oder der Erstausgabe verzeichnet. 8. Wörtliche Zitate werden in deutschen Texten in doppelte Anführungszeichen, in lateinischen Texten kursiv gesetzt. 9. Bibelstellenangaben werden im sachlichen Apparat nachgewiesen und folgen den Abkürzungen des Abkürzungsverzeichnisses der TRE. Sie richten sich nach der deutschen Lutherbibel. Abweichungen
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Editionsrichtlinien
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davon werden erläutert. Bei unterschiedlicher Zählung der Vulgata wird diese zusätzlich angeführt. Gängige Textabkürzungen und Ligaturen sowie konventionelle Zeichen werden stillschweigend aufgelöst (z. B. & = und). Abkürzungen von Anreden, Titeln etc. werden beibehalten und in einem Abkürzungsverzeichnis erschlossen (S. Augustinus, D. Luther). Andere Abkürzungen werden in eckigen Klammern aufgelöst (Aug[ustinus]). Alle verwendeten Abkürzungen richten sich nach Siegfried Schwertner, IATG3 – Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin u. a. 20143. Die Marginalien aus den Editionsvorlagen werden übernommen. Blatt- bzw. Seitenangaben der Editionsvorlage werden in eckigen Klammern in den Text eingefügt, und zwar jeweils zu Beginn der betreffenden Seite. Die Vorder- bzw. Rückseite bei Blattangaben von Drucken und Handschriften werden mit recto (r) und verso (v) ausgezeichnet. Alle Zusätze des Bearbeiters im Text stehen in eckigen Klammern. Absätze werden sinngemäß eingefügt.
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Einleitung zu den BSELK
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Einleitung zu den Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche (Irene Dingel) Die Erstellung des Konkordienbuchs, dessen Bestandteile die Neuedition der Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche in kritisch-kommentierter Aufarbeitung bietet, markiert das Ende eines langen Ringens um Einheit in Lehre und Bekenntnis unter den Anhängern der Confessio Augustana1. Ziel war, die durch zahlreiche und langwierige Kontroversen in verschiedene Gruppierungen zerfallenen Evangelischen – möglichst auch jenseits der damaligen Reichsgrenzen – wieder in einer „Concordia“ zusammenzuführen. Dem diente zum einen die Erstellung der Konkordienformel von 15772 und zum anderen die Konzeption des Konkordienbuchs, d. h. eines Corpus Doctrinae als Sammlung von Bekenntnissen und Schriften, die – nach der Heiligen Schrift – als sekundäre Autorität normierend und Orientierung gebend für Glauben, Lehre und Leben wirken konnten. Zugleich sollte dieses auf das Erbe der Reformation Martin Luthers und seine Lehre ausgerichtete Corpus Doctrinae möglichst die verschiedenen, bereits bestehenden territorial gebundenen Corpora Doctrinae ablösen. Damit trat es besonders zum Corpus Doctrinae Philippicum von 1560 in Konkurrenz, das sich großer Verbreitung erfreute und in seiner Konzentration auf Schriften Philipp Melanchthons auch theologisch andere Akzente setzte. Dass das Konkordienbuch schließlich die Bezeichnung Corpus Doctrinae nicht für sich in Anspruch nahm, obwohl es de facto eines war und diese Funktion ausübte, lag zum einen an dem Einspruch jener, die genau diese Konkurrenz ausschließen wollten,3 und zum anderen an dem Wunsch und Bestreben der damaligen Theologen der Konkordienformel, die Anhänger Melanchthons schließlich doch noch für die Concordia zu gewinnen. Aber deren Integration gelang nur teilweise. Konzeptionelle Vorläufer hatte das Konkordienbuch vor allem in dem für das Fürstentum Braunschweig-Lüneburg erstellten „Corpus Wilhelminum“ und dem in Braunschweig-Wolfenbüttel eingeführten „Corpus Julium“ (beide von 1576). Es bot die drei altkirchlichen Bekenntnisse, die Confessio Augustana von 1530 (CA invariata), deren Apologie, die Schmalkaldischen Artikel mit dem Tractatus de primatu et potestate papae, den die Zeitgenossen fälschlich als Teil der Schmalkaldischen Artikel werteten und daher Luther zuschrieben, den Großen und Kleinen Katechismus Luthers sowie die Konkordienformel. Mit diesem an der Person und Theologie Martin Luthers orientierten Profil wurde das Konkordienbuch zu dem entscheidenden Dokument der 1
Vgl. dazu und zum Folgenden die Einleitung zur Konkordienformel, u. S. 1165–1182, mit den Informationen zum Konkordienbuch, besonders: 1176–1178. 2 Vgl. u. S. 1184–1607. 3 Vgl. dazu u. S. 1308f, Anm. 26.
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Einleitung zu den BSELK
lutherischen Bekenntnisidentität. Das Konkordienbuch bzw. die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche sind bis heute die Bekenntnisgrundlage des weltweiten Luthertums. Auch wenn der Kanon der im Konkordienbuch versammelten Schriften im Kern feststand, gab es doch schon im 16. Jahrhundert Varianten. So verzichteten manche Ausgaben auf das Tauf- und das Traubüchlein Luthers, während andere die beiden Schriften als Teile des Kleinen Katechismus boten. Grund für den Verzicht war der Einspruch der Kurpfalz und einiger schwäbischer Stände, bei denen der im Taufbüchlein Luthers noch enthaltene Exorzismus im Taufritual nicht mehr praktiziert wurde. Das Konkordienbuch Tübingen 1580 erschien deshalb ohne Tauf- und Traubüchlein, ebenso das Konkordienbuch Heidelberg 1582; und sogar manche Dresdner Auflagen der 1580er Ausgabe sowie der Druck Dresden 1581 verzichteten auf den Abdruck. Andere Dresdner Ausgaben dagegen enthielten das Tauf- und das Traubüchlein und auch der Tübinger Druck von 1599 bot diese beiden Agenden4. Ähnlich verhielt es sich mit der „Kurzen Vermahnung zur Beichte“, der „Brevis Admonitio ad Confessionem“, die in der lateinischen Fassung des Großen Katechismus im Konkordienbuch Leipzig 1584 fehlte und auch in vielen deutschen Konkordienbüchern nicht enthalten war. Ebenso wenig fand der Abdruck des Catalogus Testimoniorum als „Appendix“ des Konkordienbuchs einhellige Zustimmung. Da der Catalogus vor allem darauf zielte, die umstrittene „communicatio idiomatum“ in der christologischen Zweinaturenlehre sowie deren Auswirkung auf die Formulierung der Abendmahlslehre mit Belegen zu untermauern,5 geriet er in die Diskussion. Wieder war es die Kurpfalz unter Ludwig VI., die sich dagegen sperrte, den Catalogus durch die Bezeichnung als Appendix aufzuwerten, da auf diese Weise dem Missverständnis Vorschub geleistet werde, er habe ebenfalls Bekenntnisrelevanz. Andere werteten den Catalogus schlicht als Privatschrift Jakob Andreaes und Martin Chemnitz’, auch wenn er im Grunde einen Extrakt aus der im Namen der Theologen verfassten, aber nicht weiter beachteten Vorrede für Konkordienformel und Konkordienbuch darstellte6. Die Heidelberger Ausgabe des Konkordienbuchs von 1582 verzichtete jedenfalls folgerichtig nicht nur auf Tauf- und Traubüchlein, sondern auch auf den Catalogus Testimoniorum. Auch andere Konkordienbücher ließen ihn oder wenigstens die Überschrift „Appendix“ weg.
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So Johann Tobias Müller in seiner Einleitung, in: Die symbolischen Bücher der evangelischlutherischen Kirche. Deutsch und Lateinisch. Neue sorgfältig durchges. Aufl. Stuttgart 1948 (Erstauflage: 1848), XIII. 5 Vgl. die Einleitung zur Konkordienformel, u. S. 1175f. 6 Zum Catalogus Testimoniorum und seiner Entstehung aus der Theologenvorrede vgl. u. S. 1175f.
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Einleitung zu den BSELK
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Unsere Ausgabe, die sich nicht zum Ziel gesetzt hat, ein bestimmtes Konkordienbuch von den zahlreichen Drucken des 16. Jahrhunderts7 zu reproduzieren, sondern all jene Schriften zusammenzustellen, die damals wie heute in Theologie, Predigt und Unterricht sowie im Leben der Gemeinden von Relevanz oder zumindest von Interesse sind, bietet sowohl das Tauf- und das Traubüchlein im Anschluss an den Kleinen Katechismus, als auch die Vermahnung zur Beichte am Ende des Großen Katechismus und den Catalogus Testimoniorum. Als Richttext dient stets die editio princeps bzw. ein textus receptus.8 Vielfältig und variantenreich war auch die Erstellung des lateinischen Konkordienbuchs. Schon 1580 brachte Nikolaus Selnecker eine lateinische Ausgabe heraus, die allerdings schon bald eine Revision erfuhr. Selnecker hatte nämlich die lateinische Wittenberger Oktavausgabe (statt der Quartausgabe) der Confessio Augustana von 1531 abdrucken lassen, in der Melanchthon bereits erste Änderungen vorgenommen hatte. Außerdem enthielt sie eine von Lukas Osiander erstellte lateinische Übersetzung der Konkordienformel, die zahlreiche Mängel aufwies9. Das lateinische Konkordienbuch Leipzig 1580 (4°) gilt deshalb als Privatausgabe Selneckers. Die erste authentische Ausgabe auf Latein lag erst mit dem Druck Leipzig 1584 vor10. Die in unserer Ausgabe gebotenen lateinischen Texte orientieren sich deshalb – wenn nicht anders angegeben – an dieser Ausgabe.
7 Von den deutschen Ausgaben sind hier z. B. zu nennen: Dresden 1580 (2°), Magdeburg 1580 (4°), Tübingen 1580 (2°), Dresden 1581 (4°), Frankfurt/Oder (2°), Magdeburg 1581 (4°), Heidelberg 1582 (2°), Dresden 1598 (2°), Tübingen 1599 (4°), mit teilweise zwei verschiedenen Auflagen im selben Jahr; aus dem 17. und 18. Jahrhundert: Leipzig 1603, 1622, 1739, 1766, 1790, Stuttgart 1611, 1660, 1681, Weimar (?) 1625, Halle 1747, Jena 1750, Wittenberg 1760. Es ist nicht auszuschließen, dass gezielte Recherchen weitere Ausgaben zu Tage fördern. Eine Auflistung der Konkordienbücher findet sich bei Johann Tobias Müller und im Anschluß an neuere Recherchen bei Robert Kolb. Vgl. Müller, Die symbolischen Bücher, XIII und Robert Kolb, Publishing Authority. The Text of the Book of Concord, in: ConJ 37 (2011), 285–291. 8 Zu den im einzelnen gewählten Editionsgrundlagen vgl. die Angaben in den jeweiligen Einleitungen. 9 Vgl. dazu die Einleitung zur Konkordienformel, u. S. 1178. 10 Folgende lateinische Ausgaben sind bekannt: Leipzig 1580 (4° = Privatausgabe Selneckers), Leipzig 1584 (4° = erste authentische Ausgabe), Leipzig 1602 (8°), 1606, 1612, 1618, 1622, 1626, 1654, 1669, 1677, 1678, 1686, 1692, 1698, 1702, 1705, 1712, 1719, 1724, 1725, 1732, 1742, 1756, Stettin 1654 (8°), Strängnäs (Schweden) 1669 (8°). Deutsch-lateinische Ausgaben: Leipzig 1708 (4°) und 1735 sowie Jena 1750 (8°). Vgl. die Auflistung in: Müller, Die symbolischen Bücher, XIIIf und bei Robert Kolb, Publishing Authority.
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Deutsches Konkordienbuch. Dresden, 1580 (VD 16 K 1991)
St. Louis, Missouri, Concordia Seminary Library, special collections
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Lateinisches Konkordienbuch. Leipzig, 1584 (VD 16 K 2006)
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Mainz, Bereichsbibliothek Evangelische Theologie. Signatur: Ma 1200
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[A1r] CONCORDIA.
hwhy Christliche, Widerholete, einmütige Bekentnüs nachbenanter Churfürsten, Fürsten und Stende Augspurgischer Confession und derselben zu ende des Buchs underschriebener Theologen Lere und glaubens.
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Mit angeheffter, in Gottes wort als der einigen Richtschnur wolgegründter erklerung etlicher Artickel, bey welchen nach D. Martin Luthers seligen absterben disputation und streit vorgefallen. Aus einhelliger vergleichung und bevehl obgedachter Churfürsten, Fürsten und Stende, derselben Landen, Kirchen, Schulen und Nachkommen, zum underricht und warnung in Druck vorfertiget. Mit Churf. G. zu Sachsen befreihung. Dreßden. M.D.LXXX.
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[A1r] Concordia.
Pia et Unanimi Consensu Repetita Confessio Fidei et doctrinae Electorum, Principum, et Ordinum Imperii, Atque eorundem Theologorum, qui Augustanam Confessionem amplectuntur. 5
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Cui ex sacra scriptura, unica illa veritatis norma et regula, quorundam Articulorum, qui post Doctoris Martini Lutheri felicem ex hac vita exitum, in controversiam venerunt, solida accessit. Declaratio, Communi Consilio et Mandato eorundem Electorum, Principum ac Ordinum Imperii, et erudiendis et monendis subditis, Ecclesiis et Scholis suis, ad memoriam posteritatis denuo typis vulgata. Lipsiae, Anno M.D.LXXXIIII. Cum gratia et privilegio Elect. Sax.
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[A2r] Vorrede
BSLK 739
BSLK 740
BSLK 741
BSLK 742
BSLK 743
Konkordienbuch
Allen und jeden, denen dieses unser schreiben zulesen fürkompt, Entbieten wir, die hernachbenanten der Augspurgischen Confession zugethane Churfürsten, Fürsten und Stende im heiligen Reich deutscher Nation, nach erforderung eines jeden stands und wirden unsere gebürliche | dienst, freundschafft, gnedigen grus und geneigten willen auch underthenigste, underthenige und willige dienst, Und hiemit zu wissen: Nachdem Gott, der Allmechtige, zu diesen letzten zeiten der vergenglichen Welt aus unermesslicher lieb, gnad und barmhertzigkeit dem Menschlichen geschlecht das Liecht seines heiligen Evangelii und allein seligmachenden Worts aus dem Aberglaubischen, Bäbstischen Finsternüs deutscher Nation, unserem geliebten Vaterland, rein, lauter und unverfelscht erscheinen und vorleuchten lassen, Und darauff aus Göttlicher, Prophetischer, Apostolischer schrifft ein kurtz be|kantnüs zusammen gefasset, so auff dem Reichstag zu Augspurg Anno 1530. weiland Kayser Carolo dem fünfften höchlöblichster gedecht[A2v]nüs von unsern Gottseligen und Christlichen Vorfahren in Deutscher und Lateinischer sprach ubergeben, für allen Stenden des Reichs dargethan und öffentlich durch die gantze Christenheit in der weiten Welt ausgebreitet worden und erschollen ist, Als haben sich volgents zu solchem Bekentnüs viel Kirchen unda Schulen als | dieser zeit zum Symbolo ires Glaubens in den fürnembsten streitigen Artickeln wider das Bapsthumb und allerley Rotten bekennet und darauff in Christlichem, einmütigen verstand und one einigen streit und zweivel sich gezogen, beruffen und die darin begriffene und in Göttlicher Schrifft wolgegründte, auch in den bewerten alten Symbolis kurtz vorfaste Lere, für den einigen alten und von der allgemeinen rechtlehrenden Kirchen Christi geglaubten, wider viel Ketzereyen und Irthumben erstrittenen und widerholeten Consens erkant, fest und bestendig gehalten. Was aber bald auff den Christlichen Abschied des hocherleuchten und Gottseligen Mannes Doctor Martin Luthers in unserm geliebten Vaterlande Deutscher Nation für gantz gefehrliche leuffte und beschwerliche unruhe erfolget, und wie bey solchem sorglichen zustand und zerrüttung der wolgefasten Regiment der feind des Menschlichen geschlechts sich bemühet seinen Samen, falsche Lere und uneinigkeit auszusprengen, in Kirchen und Schulen sched|liche und ergerliche spaltung zuerregen, damit die reine Lere Gottes Worts zuverfelschen, das Band der Christlichen Lieb und einmütigkeit zu trennen und den lauff [A3r] des heiligen Evangelii hierdurch mercklich zuvorhindern und auff zuhalten. Und welcher gestalt dahero die Widersacher der Göttlichen warheit ursach genommen, uns und unsere Schulen und Kirchen ubel auszuruffen, ire Irthumb zubementeln und die armen verirreten gewissen vom erkentnis der reinen Evangelischen Lere abzuwenden und a
cj.: vun
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Omnibus et Singulis Has nostras lecturis, nos qui iisdem nomina nostra subscripsimus Augustanae Confessioni addicti, Electores, Principes, et Sacri Romani Imperii, in Germani ordines, pro dignitate et gradu cuiusque, nostra studia, amicitiam ac salutem cum officio con|iunctam deferimus et nunciamus. Ingens Dei Opt. max. beneficium est, quod postremis temporibus, et in hac mundi senecta, pro ineffabili amore, clementia ac misericordia sua, humano generi lucem Evangelii et verbi sui (per quod solum veram salutem accipimus) post tenebras illas Papisticarum superstitionum, in Germania charissima patria nostra, [A2v] puram et sinceram exoriri et praelucere voluit. Et eam sane ob causam brevis et succincta confessio, ex | Verbo Dei, et sancrosanctis Prophetarum et Apostolorum scriptis collecta est: quae etiam in Comitiis Augustanis, Anno 1530. Imperatori Carolo Quinto excellentis memoriae a pientissimis maioribus nostris Germanico et Latino Idiomate oblata, et ordinibus Imperii proposita, denique publice ad omnes homines, Christianam doctrinam profitentes, adeoque, in totum terrarum orbem sparsa, ubique percrebuit, et in ore et sermone omnium esse coepit. Hanc deinceps Confessionem multae Ecclesiae et Academiae, ut Symbolum | quoddam horum temporum, in praecipuis fidei Articulis, praesertim controversis illis, contra Romanenses et varias corruptelas doctrinae coelestis, complexae sunt et defenderunt, et [A3r] perpetuo consensu ad eam absque omni controversia et dubitatione provocaverunt. Doctrinam etiam in illa comprehensam, quam scirent et solidis scripturae testimoniis suffultam, et a veteribus receptisque Symbolis approbatam, unicum et pertuum illum, vere sentientis Ecclesiae, ac contra multiplices haereses et errores olim defensum, nunc autem repetitum consensum esse, constanter iudicaverunt. At vero ignotum nemini esse potest, statim posteaquam summa pietate praeditus et praestantissimus heros D. Martinus Lutherus rebus eximeretur humanis, dulcem patriam nostram Germaniam, periculosissima tempora, et rerum perturbationes gravissimas excepisse. In quibus sane difficultatibus, et Reipublicae ante florentis optimeque constitutae misera distractione, [A3v] hostis ille mortalium astute laboravit, ut semina falsae doc|trinae, et dissensiones in Ecclesiis et scholis spargeret: dissidia, cum offendiculo coniuncta excitaret: atque his suis artibus puritatem doctrinae coelestis corrumperet: Vinculum charitatis Christianae, et pium consensum solveret: sacrosancti Evangelii cursum maiorem in modum impediret et retadaret. Notum etiam universis est, qua ratione hostes Veritatis coelestis inde occasionem arripuerint, ut Ecclesiis et Academiis nostris detraherent: suis erroribus integumenta invenirent: pavidas errantesque conscientias a puritate doctrinae
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desto williger unter dem Bäpstischen joch und zwang wie auch unter andern, wider Gottes Wort streitigen Irthumben zu halten, Solches ist zwar menniglichen bewust, offenbar und unverborgen. Wiewol wir nun nichts liebers gesehen und von dem Allmechtigen gewündscht und gebeten, dann das unsere Kirchen und Schulen in der Lere Gottes worts, auch lieblicher Christlicher einigkeit erhalten und wie bey lebzeiten Doctor Luthers nach anleitung Gottes worts Christlich und wol angestelt und fortgepflantzt werden möchten, So ist doch gleicher gestalt wie noch bey der heiligen Aposteln leben in den Kirchen, darinnen sie das reine lautere wort Gottes selbst gepflantzet, durch falsche Lerer verkerete lere eingeschoben worden, Also auch uber unsere Kirchen, umb unserer und der undanckbaren Welt unbusfertigkeit und sünde willen, verhenget worden.
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Derwegen wir dann uns unsers von Gott befohlenen und tragenden Ampts errinnert und nicht unterlassen haben, unsern fleis dahin anzuwenden, damit in unsern Landen und gebieten denselben darin eingefürten und je lenger je mehr einschleichenden, falschen, verfürischen Leren gesteuret und unsere Un[A3v]derthanen auff rechter bahn der einmal erkanten und bekanten Göttlichen warheit erhalten und nicht davon abgefüret werden möchten. Inmassen dann unsere löbliche Vorfahren und zum teil wir auch derwegen uns zu dem ende mit einander zu Franckfurt am Meyen des 1558. Jars | bey der damals fürgestandenen gelegenheit des gehaltenen Churfürstentages eines Abschieds und dahin verglichen, das wir in einer gemeinen versamlung zu hauff kommen und von etzlichen sachen, die von unsern widerwertigen uns und unseren Kirchen und Schulen zum ergsten gedeutet worden, „notdürfftiglichen und freundlichen uns unterreden“ wolten. Darauff dann volgents unsere selige Vorfahren und zum teil wir uns gegen | der Naumburg in Döringen zusammen gethan, mehrgedachte Augspurgische Confession, so Keyser Carl dem V. in der grossen Reichsversamlung zu Augspurg Anno 1530. uberantwortet, an die hand genommen und solch Christlich bekantnus, so auff das zeugknüs der unwandelbaren warheit Göttliches worts gegründet, damit künfftiglichen auch unsere Nachkomen für unreiner, falscher und dem wort Gottes widerwertige Lere, so viel an uns, zu warnen und zu verwaren, abermals einhelliglichen underschrieben und solcher gestalt gegen der Römischen Kayselichen Mayestet, unserm aller gnedigsten Herrn, und sonsten menniglichen bezeuget und dargethan, das unser gemüt und meinung gar nicht were, einige andere oder neue Lere anzunemen, zuverteidigen oder auszubreiten, Sondern bey der zu [A4r] Augspurg Anno 1530. einmal erkanten und bekanten warheit vermittelst Göttlicher verleihung bestendiglich zuverharren und zu bleiben, der zuversicht und hoffnung, es solten nicht allein dardurch die Widersacher der reinen Evangelischen Lere von irem erdichten lestern und vorunglimpffung wider uns abgestanden und andere guthertzige Leute durch solche unsere widerholete und repetirte
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Evangelicae abstraherent: ut illis in ferendo et tolerando iugo servitutis Pontificae, et amplectendis reliquis etiam corruptelis cum Verbo Dei pugnantibus, obsequentioribus uterentur. [A4r] Nobis profecto nihil vel gratius accidere poterat: Vel quod maiore animorum contentione et precibus a Deo Opt. Max. petendum, iudicaremus: quam ut nostrae et Ecclesiae et scholae, in sincera doctrina Verbi Dei, ac exoptata illa et pia animorum consensione perseverassent: et quod Luthero adhuc superstite fiebat, pie et praeclare secundum regulam Verbi Dei institutae et propagatae ad posteritatem fuissent. Animadvertimus autem, quemadmodum temporibus Apostolorum in eas Ecclesias, in quibus ipsi Evangelium Christi plantaverant, per falsos fratres corruptelae introductae fuerunt: ita propter nostra peccata, et horum temporum dissolutionem, tale quid irato Deo, contra nostras quoque Ecclesias permissum. Quare nostri officii, quod divinitus nobis iniunctum esse novimus, me[A4v]mores in eam curam diligenter nobis incumbendum existimamus: ut in provinciis et ditionibus nostris, falsis dogmatibus, quae ibi sparsa sunt, et subinde magis magisque sese quasi in consuetudinem et familiaritatem hominum insinuant occurratur: et imperio nostro subiecti, in recta pietatis via, et agnita et hactenus constanter retenta, defensaque veritate doctrinae coelestis perseverent: nec ab ea se abduci patiantur. Qua sane in re, partim antecessores | nostri laudatissimi, partim nos elaborare studuimus: cum anno Christi 1558. Francofurti ad Moenum, oblata Comitiorum (quae tum ab Electoribus habebantur) occasione, communibus votis, in eam sentetiam itum est, peculiarem et communem conventum habendum esse, in quo de iis rebus, quae ab adversariis, Ecclesiis et Academiis [A5r] nostris odiose per calumniam obiicerentur, solide et familiariter tamen inter nos ageretur. Et quidem post deliberationes illas, antecessores nostri, piae excellentisque | memoriae, et partim etiam nos Numburgi in Turingia, congressi sumus. Et tum Augustanam Confessionem (cuius iam aliquoties meminimus) Imperat. Carolo Quinto, in frequentioribus illis Imperiis Comitiis, Augustae anno 1530. habitis oblatam, in manus sumsimus: et piae illi confessioni, quae solidis testimoniis immotae ac in Verbo Dei expressae veritatis superstructa est, tum una mente omnes subscripsimus. Videlicet, ut ea ratione posteritati consuleremus: et quantum quidem in nobis erat, authores et monitores essemus ad vitanda falsa dogmata, quae cum verbo Dei pugnarent. Idque eo consilio fecimus, ut et apud Caesarem Maiesta[A5v]tem, Dominum nostrum clementissimum, deinde in universum apud omnes testificatio sempiterna extaret: nunquam in animum nos induxisse, novum aliquod et peregrinum dogma vel defendere vel spargere velle: sed cupere eam veritatem, quam Augustae anno 1530. professi sumus, Deo nos iuvante, constanter tueri ac retinere. Fuimus etiam in spem non dubiam adducti, fore, ut ea ratione non solum ii, qui puriori doctrinae Evangelicae adversantur, a confictis criminationibus et accusationibus abstinerent, sed alii etiam | boni et cordati homines,
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bekentnis errinnert und angereitzet worden sein, mit desto mehrerm ernst der | warheit des allein seligmachenden Göttlichen worts nachzuforschen, beyzupflichten und zu ihrer Seelen heil und ewigen wolfart darbey one einige fernere disputation und gezenck Christlich zu bleiben und zuverharren. Wir haben aber dessen allen ungeacht nicht ohne beschwerung erfahren müssen, das diese unsere erklerung und widerholung unserer vorigen Christlichen bekantnüs bey den Widersachern wenig geachtet, noch hierdurch wir oder unsere Kirchen der ausgesprengten beschwerlichen nachreden erlediget, Sondern von den andern unser und unserer Christlichen Religions widerwertigen und irrigen opinionsverwandten auch solche wolmeinende handlung nochmals dahin verstanden und gedeutet worden, als solten wir unsers Glaubens- und Religionsbekentnüs so ungewis sein und dasselbe so viel und offt verendert haben, das weder wir noch unsere Theologen wissen mögen, welches die rechte und einmal ubergebene Augspurgische Confession sey, durch welch ungegründet vorgeben viel frommer hertzen von unsern Kirchen und Schulen, Lere, Glauben und Bekandtnüs abgeschreckt und abgehalten worden. [A4v] Darzu auch dieser unrath komen, das unter dem namen vielgedachter Augspurgischen Confession die widerwertige Lere vom heiligen Sacrament des Leibes und Bluts Christi und andere irrige opinionen hin und wider in Kirchen und Schulen eingeschoben worden. Wann dann solches etzliche Gottfürchtige friedliebende und gelerte Theologen vermerckt und wol gesehen, das diesen falschen verleumbdungen und den teglich weiter einreissenden Religionsstreiten besser nicht zubegegnen, dann so die eingefallenen spaltungen von allen streitigen Artickeln gründlich und eigentlich aus Gottes Wort erkleret, entscheiden und falsche Lehre ausgesetzt und | verworffen, die Göttliche warheit aber lauter bekennet, dardurch den Widersachern mit bestendigem grunde der mund gestopfft und den einfeltigen, frommen hertzen richtiger erklerungb und anleitung vorgestelt würde, wie sie sich in solchen Zwiespalt schicken und künfftiglich durch Gottes gnade für falscher Lere bewaret werden möchten, So haben obgedachte Theologen sich anfenglich durch ausführliche schrifften aus Gottes wort gegen einander deutlich und richtig erkleret, Welcher gestalt mehrgedachte ergerliche spaltungen one verruckung der Göttlichen warheit beygelegt und auffgehoben Und dardurch den Widersachern aller gesuchter schein und ursach zu lestern abgestrickt und benommen werden könnte, Entlichen auch die streitigen Artickel vor die hand genomen, in Gottes furcht betracht, erwogen, erkleret und wie die eingefallene spaltungen Christlich zuentscheiden in eine Schrifft verfasset.
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hac nostra iterata et repetita confessione invitarentur, ut maiori studio et cura Veritatem coelestis doctrinae (quae sola nobis ad salutem ductrix est) quaerent et investigarent: et in ea, saluti animae ac aeternae felicitati suae consulturi, repudiatis in posterum omnibus [A6r] controversiis et disceptationibus acquiescerent. Sed non absque animi perturbatione certiores facti sumus, hanc nostram declarationem ac repetitionem illam piae confessionis, apud adversarios parum admodum ponderis habuisse: nec nos et Ecclesias nostras calumniis praeiudiciorum, quae contra nos illi in vulgus sane gravissima sparserant, liberatas. Esse etiam ab adversariis verae religionis ea, quae nos optimo animo et consilio fecimus, in eam partem accepta, perinde ac si ita incerti de religione nostra essemus, eamque toties in alias atque alias formulas transfuderimus, ut nec nobis nec Theologis nostris constaret, quae illa olim Augustae Imperatori oblata confessio esset. Haec adversariorum commenta multos bonos ab Ecclesiis, scholis, do[A6v]ctrina, fide et confessione nostra absterruerunt et abalienaverunt. Ad haec incommoda id etiam accessit: quod sub praetextu Augustanae Confessionis, dogma illud pugnans cum institutione sacrae Coenae corporis et sanguinis Christi, et aliae etiam corruptelae passim et in Ecclesias et scholas introducerentur.
Quae omnia cum nonulli pii, pacis et concordiae amantes, praeterea etiam docti Theologi animadvertissent, iudicarunt calumniis illis, et subinde magis magisque crescentibus dissidiis in religione, rectius occurri non posse: quam si controversi articuli ex verbo Dei solide accurateque declararentur et explicarentur: falsa dogmata reiicerentur | et damnarentur: Contra autem divinitus tradita Veritas diserte et luculenter proponeretur. Ut qui sibi persuaderent hac ratione et adversariis si[A7r]lentium imponi: et simplicioribus et piis viam ac rationem certam demonstrari posse, quomodo porro in his se dissidiis gerere, et in posterum etiam, divina adiuti gratia, corruptelas doctrinae vitare possent. Principio igitur Theologi scripta quaedam hac de re, eaque satis prolixa et ex Verbo Dei desumta inter se communicarunt, quibus diserte et dextre ostenderunt: quomodo controversiae illae cum offensione Ecclesiarum coniunctae, absque ulla veritatis Evangelicae iactura sopiri, et tolli e medio possent. ita enim futurum, ut adversiariis occasiones et praetextus ad calumniam quaesiti, praeciderentur et eriperentur. Postremo Articulos controversos in manus sumtos, accurate et religiose perpenderunt et declararunt: adeoque scripto quodam peculiari complexi [A7v] sunt, qua via ac ratione dissidia illa exorta, recte et pie componi possent.
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[A5r] Und als uns zum teil von solchem Christlichen Werck bericht einkomen, haben wir darob nicht allein ein gutes gefallen gehabt, sondern dasselbe auch mit Christlichem ernst und eiffer zubefordern uns von wegen unsers tragenden und von Gott befohlenen Ambts schuldig geachtet. Und demnach wir, der Churfürst zu Sachsen etc., mit rath und zuthuen etzlicher unserer Religionsverwandten Chur und Fürsten zu befürderung der Christlichen Lerer einigkeit etzliche fürneme, unverdechtige, wolerfahrne und gelerte Theologen gegen Torgau der wenigern Zahl im 76. Jahr zusammen beruffen, welche sich mit einander von den streitigen Artickeln und der jetzt angezogenen, derhalben gefasten schrifftlichen vorgleichung Christlich unterredet und mit anruffung Gottes des Allmechtigen zu seinem lob und ehre entlichen mit gutem bedacht und sorgfeltigem fleis durch besondere gnade des heiligen Geistes alles, so hierzu gehörig und notwendig, in gute Ordnung zusammen gefasset und in ein Buch gebracht haben, welches hernach etzlichen vielen der Augspurgischen Confession verwandten | Chur-, Fürsten und Stenden zugesand und begeret worden, das ire Liebden und sie dasselbige durch ire vorneme Theologen mit besonderm ernst und Christlichem eiffer durchlesen, hin und her erwegen, darauff ihre erklerungen und Censuras in schrifften verfassen lassen und uns darüber allenthalben ihr Rathsames bedencken ohne scheu zuerkennen geben wolten. [A5v] Nach dem nun solche erholete iudicia und bedencken eingebracht und in denselben aller handt Christliche, notwendige und nützliche erinnerunge geschehen, welcher gestalt die in der uberschickten erklerung begriffene Christliche Lehr wider allerley gefehrlichen mißverstandt mit Gottes Wort verwaret werden köndte, damit unter derselben künfftiglich nicht unreine Lehr versteckt, sonder eine lautere erklerung der warheit auch auff unsere Nachkomen gebracht werden möchte, Als ist daraus letzlich obberürt Buch der Christlichen Concordien, wie hernach folget, verfertiget worden. Darauff unter uns etliche, dieweil es bey uns allen aus sonderbaren verhinderlichen ursachen, wie auch bey etlichen andern mehr Stenden, noch zur zeit nicht vorgenommen werden mögen, dasselbige ferner allen und jeden unserer Lande und Gebieten Theologen, Kirchen und Schuldienern von Artickeln zu Artickeln vorlesen und sie zu fleissiger und ernstlicher betrachtung der darinnen begriffenen Lehr erinnern und ermanen lassen. Und nach dem sie die erklerung der eingefallenen zwiespaltungen zu förderst dem Wort Gottes und dann auch der Augspurgischen Confession gemes und gleichförmig befunden, Als haben sie, denen es obgehörter massen vorgelegt worden, mit erfreuetem gemüte und hertzlicher dancksagung gegen Gott dem Allmechtigen dis Concordien Buch für den rechten Christlichen verstandt der Augspurgischen Confession freywillig und mit wolbedachtem muth angenommen, Approbirt, unterschrieben und solches mit hertzen, mund und handt öffentlich bezeuget. Derwegen dann [A6r] auch dieselbe
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Nos autem de hoc pio Theologorum proposito facti certiores, non modo id probavimus, sed magno etiam studio ac zelo, pro ratione muneris et officii divinitus nobis commissi, promovendum nobis esse iudicavimus.
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Ac proinde nos Dei gratia Dux Saxoniae Elector, etc. de consilio quorundam etiam aliorum Electorum et Principum, in religione nobiscum consentientium, ad provehendum pium illud, inter doctores Ecclesiae, Concordiae institutum, eximios quosdam minimeque suspectos exercitatos etiam, et singulari eruditione praeditos Theologos, Torgam anno septuagesimo sexto, evocavimus. Hi cum fuissent congressi, de Articulis controversis et scripto pacifica[A8r]tionis (cuius paulo ante meminimus) religiose inter se contulerunt. Et quidem primum precibus piis ad Deum Opt. Max. eiusque laudem et gloriam suspectis, cura deinde et diligentia singulari (iuvante eos Domini Spiritu gratia sua) omnia ea, quae ad | hanc deliberationem pertinere et requiri videbantur, optimo convenientissimoque ordine, scripto quodam complexi sunt. Is postea liber, praecipuis nonnullis Augustanam Confessionem profitentibus, Electoribus et Principibus, ac ordininibus transmissus est: et petitum, ut ipsi adhibitis praestantissimis et doctissimis Theologis, solicita cura, et pio zelo eum legerent, diligenter examinarent, et suam de eo sententiam et censuram scriptis compraehenderent: et postremo de omnibus et singulis iudicium suum eiusque rationes, nobis liberime exponerent. [A8v] Has ergo censuras cum accepissemus, multas in iis pias et utiles commonefactiones invenimus, quomodo transmissa illa declaratio sincerae doctrinae Christianae, contra corruptelas ac depravationes sacrarum literarum, testimoniis muniri, et confirmari posset: ne forte progressu temporis, sub eius praetextu, impia dogmata occularentur: sed sincerae viritatis, minime fucata declaratio, ad posteritatem transmitteretur. Ex his ergo quae optime meditata ad nos pervenerant, Liber iste piae Concordiae, de quo diximus, compositus, et ea forma, qua subiicietur, absolutus est. Deinceps ex nostro ordine quidam (neque enim nos omnes, ut et alii nonnulli, hoc tempore certas ob causas quae obstabant, id facere poteramus) librum hunc omnibus et singulis nostrarum regionum et ditioneum Theo[B1r]logis, Ecclesiae et Scholarum ministris, articulatim et distincte recitari, et ipsos ad diligentem accuratamque considerationem earum doctrinae partium, quae in illo continentur, excitari curavimus. Cum ergo illi declarationem controversorum Articulorum congruere in primis quidem cum Verbo Dei, deinde Augustana Confessione animadverterent: promtissimo animo et testificatione suae erga Deum gratitudinis hunc concordiae librum, ut piam et genuinam sententiam Augustanae Confessionis exprimentem, ultro et quidem accurate meditatum et consideratum receperunt, approbarunt, eique subscripserunt, et de eo corde, ore et manu palam testati sunt. Quare pia illa pacificatio, non solum paucorum quorundam
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Christliche vergleichung nicht allein etzlicher wenig unserer Theologen, sondern in gemein aller und jeder unserer Kirchen und Schuldiener in unsern Landen und Gebieten einmütiges und einhelliges bekantnüs heist und ist. Dieweil dann nun die vorgemelten unserer löblichen Vorfahren und unsere zu Franckfurt am Mayn und Naumburgk auffgerichte und wolgemeinte Abschiede nicht allein das begerte ende der Christlichen einigkeit nicht erreicht, sondern dieselben auch von etlichen zu bestetigung irer irrigen Lere haben wollen angezogen werden, Da doch in unser gemüth und hertz nicht komen, das wir durch dieselbigen einige neue, falsche oder irrige Lehr einführen, beschönen, bestetigen oder von der Anno 1530. ubergebenen Augspurgischen Confession im geringsten abweichen wolten, Und wir, so viel unser bey oberwenter Naumburgischen handlung gewesen, uns damals vorbehalten und erboten haben, wann unser Bekentnis von jemand künfftig angefochten | oder zu welcher zeit es die notturfft erfordern würde, das wir derwegen fernere ausfürung thun wolten, So haben wir uns zu entlicher erklerung unsers gemüts numehr gedachten buchs der Concordien und widerholung unsers Christlichen Glaubens und Bekantnüs Christlichen vereiniget und verglichen. Und damit sich durch unserer Widersacher ungegründte verleumbdung, als solten wir selbst nicht wissen, welches die rechte Augspurgische Confession were, niemand dörffte irre machen lassen, sondern die, so jetzo leben, so wol als unsere liebe Nachkomen eigentlich und gründ[A6v]lich möchten bericht werden und endliche gewisheit haben, welches dieselbe Christliche Confession, darzu sich bis anhero wir und die Kirchen und Schulen unserer Lande jederzeit bekant und beruffen, seye, haben wir in demselben nach dem reinen, unfehlbaren und unwandelbaren wort Gottes uns einig und allein zu der Augspurgischen Confession, so Kayser Carolo dem V. Anno 1530. in der grossen Reichsversamlung zu Augspurg ubergeben, wie die in unserer seligen Vorfahren, welche dieselbige Kayser Carolo dem V. auff jetztgemelten Reichstag selbsten uberantwortet, Archiven vorhanden gewesen und hernach mit dem rechten, dem Kayser | ubergebenen Original, so in des heiligen Reichs verwarung geblieben, durch wolbeglaubte leute mit grossem fleis Collationirt und hernach beide, das Lateinische und Deutsche Exemplar, allenthalben gleicher meinung befunden und zu keiner andern bekennen wollen; Auch der ursach solche damals ubergebene Confession, dieser nachfolgenden unserer erklerung und Concordien Buch einverleiben lassen, auff das menniglich sehen möge, das wir in unsern Landen, Kirchen und Schulen keine andere Lere zugedulden gemeint, dann wie dieselbe zu Augspurg Anno 1530. durch mehrgedachte Churfürsten, Fürsten und Stende einmal bekant worden, darbey wir auch, vermittelst der gnaden Gottes, bis an unser seliges ende gedencken zu verharren und vor dem Richterstuel unsers Herren Jhesu Christi mit frölichem, unerschrockenem hertzen und gewissen zuerscheinen, Und verhoffen demnach,
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nostrorum Theologorum, sed in universum [B1v] omnium et singulorum Ecclesiae ministrorum et ludimoderatorum in nostris provinciis et ditionibus, consentiens et concors confessio et vocatur, et perpetuo erit.
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Quia vero nostrae et praeclari nominis antecessorum nostrorum primum Francofurti ad Moenum, deinde Numburgi pio et sincero animo susceptae, et scriptis compraehensae conventiones, non modo eum, qui expetebatur, finem, et pacificationem non sunt affecutae: sed ex iis etiam, a quibusdam patrocinium erroribus et falsis dogmatibus quaesitum est. Cum tamen nobis ne in mentem quidem unquam venerit hoc nostro scripto, vel novum aliquod et falsum doctrinae genus introducere, integumentis commendare, confirmare, vel in minimis etiam a confessione illa anno 1530. Augustae exhibita discedere, [B2r] quin potius quotquot nostrorum actionibus Numburgicis illis interfuimus, tum etiam id | integrum nobis reservavimus et promissimus insuper, ut si quid successu temporis in nostra confessione desideraretur, aut quoties id necessitas postulare videretur, nos porro omnia solide et prolixe declaraturos esse. Ideoque hanc ipsam ob causam in hoc libro Concordiae ad declarationem constantis et perpetuae voluntatis nostrae, et repetitionem Christianae fidei et Confessionis nostrae, magno et pio consensu elaboravimus. Ideo ne adversariorum nostrorum calumniis de ingenio suo confictis, quibus iactant, ne nobis quidem constare, quae sit vera et genuina illa Augustana Confessio, aliqui se turbari sinant: sed et ii, qui nunc in vivis sunt, et posteritas etiam diserte et firmiter doceatur, ac diserte et firmiter doceatur, ac certior reddatur: quaenam illa pia [B2v] confessio sit, quam et nos et Ecclesiae ac scholae nostrarum ditionum omnibus temporibus professae et amplexae fuerint: post sinceram et immotam Verbi Dei veritatem, solam primam illam Augustanam Confessionem Imperatori Carolo V. anno 1530. in celebribus illis Comitiis Augustanis exhibitam, solam (dicimus) nec ullam aliam amplecti nos velle luculenter testamur: cuius exempla in Archivis ante|cessorum nostrorum excellentis memoriae, qui ipsi Carolo V. in Comitiis illis eam exhibuerunt, reposita, per fide dignos homines, ne quid ad accuratissimas rationes diligentiae in nobis desideraretur, cum eo, quod Imperatori ipsi exibitum est, et in Sacri Romani Imperii archivo asservatur, conferri voluimus: et certi sumus nostra et Latina et Germanica exempla per omnia sibi conformi sententia invicem respon[B3r]dere. Qua etiam de causa, Confessionem illam tum exhibitam, nostrae, quae his subiicietur, declarationi, sive libro Concordiae, inserere voluimus: ut omnes intelligant, quod in nostris ditionibus, Ecclesiis et scholis nullam aliam doctrinam ferre constituerimus, quam quae Augustae anno 1530. a commemoratis supra Electoribus, Principibus et Imperii ordinibus solenni confessione approbata fuit. Hanc Confessionem etiam, Deo nos bene iuvante, usque ad ultimos spiritus, pie ex hac vita ad coelestem patriam migraturi, tenebimus: excelso et intrepido animo puraque conscientia, comparituri coram tribunali Domini nostri Iesu Christi. Spera-
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es werden hinfüro unsere Widersacher, unser, auch unserer Kirchen und derselben Diener mit den beschwer[B1r]lichen aufflagen verschonen, da sie vorgeben, als ob wir unsers Glaubens ungeweis sein und deswegen fast alle Jahr oder Monat eine neue Confession machen solten.
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Was dann die andere Edition der Augspurgischen Confession anlanget, deren auch in der Naumburgischen handlung meldung geschehen, Weil wir befunden und menniglich offenbar und unverborgen ist, das sich etzliche unterstanden, die Irthumb vom heiligen Abendmal und andere unreine Lere | unter den worten derselbigen andern Edition zuverstecken und zuverbergen und solches in offentlichen schrifften und ausgegangenem Druck den einfeltigen Leuten einzubilden, ungeachtet das solche irrige Lere in der zu Augspurg ubergebenen Confession mit ausdrücklichen worten verworffen und viel ein anders zuerweisen ist. So haben wir hiemit auch offentlich bezeugen und darthuen wöllen, das damals wie auch noch unser wille und meinung keines weges gewesen, falsche und unreine Lere, so darunter verborgen werden möchte, dardurch zubeschönen, zubementeln oder als der Evangelischen Lehr gemes zubestetigen, Inmassen wir dann die andere Edition der ersten ubergebenen Augspurgischen Confession zu wider niemals verstanden noch auffgenommen oder andere mehr nützliche schrifften Ern Philippi Melanthonis, wie auch Brentii, Urbani Regi, Pomerani etc., wofern sie mit der Norma, der Concordien einvorleibt, ubereinstimmen, nicht verworffen oder verdampt haben wollen. [B1v] Desgleichen: ob wol etliche Theologi, wie auch Lutherus selbsten, vom heiligen Abendmal in die disputation von der persönlichen vereinigung beider Naturen in Christo (doch wider iren willen) von den Widersachern gezogen, So erkleren sich unsere Theologen inhalts des Concordien Buchs und der darinnen begriffenen Norma lauter, das unser und des Buchs bestendiger meinung nach die Christen im handel von des Herren Abendmal auff keinen andern, sondern auff diesen einigen grundt und fundament, Nemlich auff die wort der stifftung des Testaments Christi gewiesen werden sollen, welcher Allmechtig und warhafftig und demnach zuverschaffen vermag, was er verordnet und in seinem Wort verheissen hat, und do sie bey diesem grundt unangefochten bleiben, von andern gründen nicht disputiren, sondern mit einfeltigem glauben bey den einfeltigen worten Christi verharren, welches am sichersten und | bey dem gemeinen Leyen auch erbäulich, der diese disputation nicht ergreiffen kan. Wann aber die Widersacher solchen unsern einfeltigen glauben und verstand der Wort des Testaments Christi anfechten und als ein unglauben schelten und uns fürwerffen, als sey unser einfeltiger verstandt und glaub wider die Artickel unsers Christlichen Glaubens, besonders von der Menschwerdung des Sons Gottes, von seiner Himelfart und sitzen zur Rechten der Allmechtigen krafft und Mayestet Gottes, und demnach falsch und unrecht, So solle durch warhafftige erklerung der Arti-
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mus itaque adversarios nostros post hac et nobis, et Ecclesiarum nostrarum ministris parsuros esse: nec consuetis illis et gravissimisa criminationi[B3v] bus usuros: nos de fide nostra nihil certi apud nos ipsos posse constituere, eamque ob causam fere singulis annis, imo vero mensibus, novas confessiones cudere. Porro quod ad alteram Augustanae Confessionis editionem, cuius etiam in Numburgicis actis fit mentio, attinet, animadvertimus (quod et notum universis est) quosdam sub praetextu Verborum posterioris illius editionis corruptelas in negocio Coenae, et alios errores conte|gere et occultare voluisse: et scriptis publice excusis imperitae plebeculae obtrudere conatos: nec motos esse Augustanae Confessiones (quae prima exhibita est) disertis verbis, quibus errores illi palam reiiciuntur: ex quibus etiam longe alia, quam ipsi volunt, sententia evinci potest. Visum igitur est nobis, hisce literis publice testari, et certeriores facere uni[B4r]versos, quod nec tum, ac ne nunc quidem, ullo modo voluerimus falsa et impia dogmata et opiniones (quae sub integumentis aliquibus verborum latere possent) defendere, excusare, aut veluti cum doctrina Evangelica consentientes, approbare. Nos sane nunquam posteriorem editionem in ea sententia accepimus, quae a priori illa, quae exhibita fuit, ulla ex parte dissideret. Nec etiam alia scripta utilia D. Philippi Melanchthonis, neque Brentii, Urbani Regii, Pomerani et similium repudianda ac damnanda esse iudicamus, quatenus cum ea norma, quae Concordiae libro expressa est, per omnia consentiunt. Quanquam autem nonnulli Theologi, et in his ipse Lutherus, cum de Coena Dominica agerent, inviti etiam ab adversariis ad disputationes de [B4v] personali Unione duarum in Christo naturarum pertracti sint: tamen Theologi nostri in Concordiae Libro, et ea quae in illo est sanioris doctrinae norma, diserte testantur, et nostram et huius libri sententiam constantem et perpetuam esse, pios homines in negocio Coenae Dominicae ad nulla alia fundamenta, quam Verborum instiutionis testamenti Domini nostri Iesu Christi, deducendos esse. Nam cum ille et Omnipotens et Verax sit, expeditum ei esse, ea quae et instituit, et verbo suo politicus est, praestare. Et sane, cum hoc fundamentum ab adversariis impugnantum non fuerit, de aliis probandi rationibus in hoc argumenti genere non contendent: sed in vera fidei simplicitate verbis apertissimis Christi | firmiter insistent: quae ratio tutissima, et erudiendis imperitis hominibus accommodatissima est: [B5r] neque enim illi ea, quae de his rebus accuratius disputata sunt, intelligunt. At vero cum illa assertio nostra, et simplex verborum Testamenti Christi sensus ab adversariis impugnatur, et veluti impius, et rationibus verae fidei repugnans reiicitur, denique articulis Symboli Apostolici (praesertim de Filii Dei incarnatione, ascensione in coelum, et sessione ad destram omnipotentis Virtutis et maiesa
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ckel unsers Christlichen Glaubens angezeigt und erwiesen werden, das obgemelter unser einfel[B2r]tiger verstandt der wort Christi denselben Artickeln nicht zuwieder seye. Die Phrases und Modos Loquendi, das ist die art und weise zu reden, welche im Buch der Concordien gebraucht, von der Mayestet Menschlicher Natur in der Person Christi, darein sie zur Rechten Gottes gesetzt und erhöhet, betreffende, damit auch deshalben aller mißverstandt und ergernus auffgehoben, dieweil das wort (abstractum) nicht in einerley verstandt von den Schul- und Kirchenlerern gebraucht, erkleren sich unsere Theologi mit lautern, klaren worten, das ermelte Göttliche Mayestet der menschlichen Natur Christi nicht ausserhalb der persönlichen vereinigung zugeschrieben, oder das sie dieselbige an und vor sich selbst auch in der persönlichen vereinigung (essentialiter, formaliter, habitualiter, subiective, wie die Schul|lerer reden) habe dergestalt, dann und do also geleret wirdet, die Göttliche und Menschliche Natur sampt derselben eigenschafften mit einander vermischt und die menschliche Natur der Göttlichen Natur nach irem wesen und eigenschafften exequirt und also verlaugnet würde, sonder wie die alten Kirchenlehrer geredt: Ratione et dispensatione hypostaticae unionis, das ist von wegen der persönlichen vereinigung welches ein unerforschlich geheimnüs ist. Was dann die Condemnationes, aussetzung und verwerffung falscher unreiner Lere besonders im Artickel von des Herren Abendmal betrifft, so in dieser erklerung und gründlicher hinlegung der streitigen Artickeln ausdrücklich und unterschiedlich gesetzt wer[B2v]den müssen, darmit sich menniglich vor denselben wüste zu hüten, und aus vielen andern ursachen keines wegs umb|gangen werden kan, ist gleicher gestalt unser wille und meinung nicht, das hiemit die Personen, so aus einfalt irren und die warheit des Göttlichen Worts nicht lestern, viel weniger aber gantze Kirchen in oder ausserhalb des heiligen Reichs deutscher Nation gemeint, sondern das allein damit die falschen und verführischen Leren und derselben halsstarrige Lerer und lesterer, die wir in unsern Landen, Kirchen und Schulen keines weges zugedulden gedencken, eigentlich verworffen werden, dieweil dieselbe dem ausgedruckten Wort Gottes zu wider und neben solchem nicht bestehen können, auff das fromme hertzen für derselben gewarnet werden möchten. Sintemal wir uns gantz und gar keinen zweiffel machen, das viel fromer, unschuldiger Leute auch in den Kirchen, die sich bishero mit uns nicht aller dings verglichen, zufinden seind, welche in der einfalt ihres hertzens wandeln, die sach nicht recht verstehen und an den lesterungen wider das heilige Abendmal, wie solches in unsern Kirchen nach der stifftung Christi gehalten und vermöge der Wort seines Testaments davon einhelliglich geleret wirt, gar keinen gefallen tragen und sich verhoffentlich, wann sie in der Lehr recht unterrichtet werden, durch anleitung des heiligen Geistes zu der unfehlbaren
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tatis Dei) contrarius, et proinde etiam falsus esse contenditur, vera solidaque, articulorum illorum interpretatione demonstrandum est, nostram illam sententiam nec a verbis Christi neque ab articulis illis dissidere. Quod vero ad phrases et loquendi modos attinet qui in hoc Concordiae libro, quando de maiestate humanae naturae in persona Christi, ad dexteram Dei collocate et evectae agitur, usur[B5v]pantur, ut omnes sinistrae suspiciones et offendicula, quae ex varia significatione vocabuli abtracti (quemadmodum hoc nomine et Scholae et Patres hactenus usi sunt) existere possent, e medio tollantur: Theologi nostri disertis et expressis verbis, testantum volunt: Maiestatem illam, humane Christi naturae extra unionem personalem nequaquam asscribendam esse: nec etiam concedendum, quod humana natura eam Maiestatem, vel propriam, vel per se | (etiam in unione personali) essentialiter, formaliter, habitualiter, subiective (haec enim, quamvis non satis latine vocabula, scholis placent) possideat. Nam si eam et dicendi et docendi rationem teneremus, divina et humana naturae, una cum proprietatibus suis confunderentur: humana etiam divinae ratione essentiae et proprietatum exaequaretur, imo vero tota negaretur. [B6r] Sentiendum ergo esse Theologi iudicant, id ratinone et dispensatione hypostaticae unionis fieri, quemadmodum docta antiquitas ea de re caute locuta est: quod mysterium tantum habet, ut omnes ingenii nostri intelligentiaeque vires superet. Ad condemnationes, reprobationes et reiectiones impiorum dogmatum, et eius praesertim, quod de sacra Coena extitit, quod attinet: hae sane in hac nostra declaratione, et controversorum articulorum solida explicatione et decisione, expresse et distincte, non solum eam ob causam, ut universi sibi ab his damnatis dogmatibus caverent, omnino proponen|dae fuerunt, sed ob alias etiam quasdam rationes nullo modo praetermitti potuerunt. Sic ut nequaquam consilium et institutum nostrum sit, eos homines, qui ex quadam animi simpli[B6v]citate errant, nec tamen blasphemi in Veritatem doctrinae coelestis sunt multo vero minus totas Ecclesias, quae vel sub Romano Imperio nationis Germanicae, vel alibi sunt, damnare. Quin potius mens atque animus noster fuerit, hac ratione fanaticas opiniones, et earundem pervicaces doctores et blasphemos duntaxat (quos in ditionibus, Ecclesiis et scholis nostris nequaquam tolerandos iudicamus) palam repraehendere et damnare: quod illi errores expresso Verbo Dei repugnent, et quidem ita, ut cum eo conciliari nequeant. Deinde etiam eam ob causam hoc suscepimus, ut pii omnes de his diligenter vitandis, monerentur. Nequaquam enim dubitamus, multos pios et minime malos homines, in iis etiam Ecclesiis, quae hactenus non per omnia nobiscum senserunt, reperiri, qui simplicitatem quandam suam sequantur, [B7r] et negocium quidem ipsum non probe intelligant, sed blasphemias, quae contra sacram Coenam (quemadmodum ea in Ecclesiis nostris secundum institutionem Christi dispensatur, et iuxta Verba testamenti ipsius magna bonorum omnium consen|sione docetur) evomuntur, nullo modo probant. Magna etiam in spe sumus, illos si recte de his omnibus
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warheit des Göttlichen Worts mit uns und unseren Kirchen und | Schulen begeben und wenden werden. Wie dann den Theologen und Kirchendienern obligen wil, das sie aus Gottes Wort auch die jenigen, so aus einfalt und unwissent irren, irer Seelen gefahr [B3r] gebürlich erinnern und dafür verwarnen, damit sich nicht ein blinder durch den andern verleiten lasse. Derwegen wir dann auch hiemit vor Gottes des Allmechtigen Angesicht und der gantzen Christenheit bezeugen, das unser gemüt und meinung gar nicht ist, durch diese Christliche vergleichung zu einiger beschwerung und verfolgung der armen bedrangten Christen ursach zugeben. Dann wie wir mit denselben aus Christlicher lieb ein besonders mitleiden tragen, Also haben wir an der verfolger wüten ein abscheu und hertzliches misfallen, wöllen uns auch dieses Bluts gantz und gar nicht teilhafftig machen, welches sonder zweiffel von der verfolger henden an dem grossen tag des Herrn vor dem ernsten und gestrengen Richterstuel Gottes wird gefordert, sie auch dafür eine schwere Rechenschafft geben werden müssen.
Und dieweil unser gemüt und meinung, wie oben gemeldet, allezeit dahin gerichtet gewesen, das in unsern Landen, Gebieten, Schulen und Kirchen kein andere Lehr, dann allein die, so in der heiligen Göttlichen Schrifft gegründet und der Augspurgischen Confession und Apologia in irem rechten verstandt einverleibet, gefüret und getrieben und darbey nichts, so derselben zu entgegen, einreissen möchte, verstattet würde, dahin dann diese jetzige vergleichung auch gestelt, gemeint und ins Werck gerichtet, So wollen wir hiemit abermals öffentlich vor Gott und allermenniglich bezeuget haben, das wir mit vielgedachter jetziger erklerung | der streitigen Artickel keine neue oder andere Confession, dann die, so einmal Kayser Karolo [B3v] dem V. Christlicher gedechtnüs zu Augspurg Anno 1530. ubergeben worden ist, gemacht, sondern unsere Kirchen und Schulen zu förderst auff die heilige Schrifft und Symbola, dann auch auff erstermelte Augspurgische Confession gewiesen und hiemit ernstlich vermanet haben wollen, das besonders die Jugendt, so zum Kirchendienst und heiligen Ministerio aufferzogen, in solcher mit treu und fleis unterrichtet werde, damit auch bey unsern Nachkomen die reine Lere und bekantnüs des Glaubens bis auff die herrliche zukunfft unsers einigen Erlösers und Seligmachers Jhesu Christi durch hülff und beystand des heiligen Geistes erhalten und fortgepflantzt werden möge. Wann dann dem also und wir unsers Christlichen Bekantnüs und Glaubens aus Göttlicher, Prophetischer und Apostolischer schrifft gewiss und dessen durch die gnade des heiligen Geistes in unsern hertzen und Christlichen gewissen genugsam versichert sein und dann die höchste und eusserste notdurfft erfordert, das bey so vielen eingerissenen Irthumben, erregten ergernüssen, streit und langwirigen spaltungen eine Christliche erklerung und vergleichung aller eingefallener disputation geschehe, die in Gottes Wort
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doceantur, iuvante eosdem Domini Spiritu, immotae veritati Verbi Dei, nobiscum et cum Ecclesiis ac scholis nostris consensuros esse. Et profecto Theologis, omnibusque Ecclesiae ministris in primis hoc negocii incumbit, ut ex Verbo Dei etiam eos, qui ex quadam vel simplicitate, vel inscitia, a Veritate aberrarunt, de periculo salutis suae, ea qua decet moderatione doceant: et contra corruptelas muniant: ne forte, dum coeci coecorum sunt duces, universi periclitentur. [B7v] Quamobrem hoc nostro scripto, in conspectu omnipotentis Dei, et coram tota Ecclesia testamur, nobis propositum | nunquam fuisse, hac pia Conciliationis formula molestiam aut periculum creare piis, qui perscutionem hodie patiuntur. Quemadmodum enim Christiana charitate moti, in societatem doloris cum eis dudum venimus: ita a persecutione et gravissima tyrannide, quae in miseros illos maxima exercetur, abhorremus: eamque ex animo detestamur. Nullu etiam modo in profusionem innocentis illius sanguinis consentimus: qui haud dubie in tremendo illo Domini iudicio, ac coram tribunali Christi, a persecutoribus illis, magna severitate repetetur, et hi sane tum tyrannidis suae gravissimas rationes reddituri, ac poenas horrendas subituri sunt. [B8r] Nostrum equidem in his (ut supra meminimus) id semper propositum fuit: ut in terris, ditionibus, scholis et Ecclesiis nostris, non alia doctrina, quam quae Verbo Dei fundata, et Augustana Confessione, tum Apologia (et ea quidem dextre in genuino suo sensu intelecta) continetur, sonaret, et accurate proponeretur: nec pugnantes cum his opiniones admitterentur: quo sane consilio haec pacificationis formula instituta et absoluta fuit. Quare denuo etiam coram deo, et omnibus mortalibus profitmur et testamur: nos declaratione articulorum con|troversorum, quorum iam aliquoties mentio facta est, non novam confessionem, aut ab ea (quae Imp. Carolo V. felicis recordationis Anno 1530. exhibita fuit) alienam afferre: sed Ecclesias et scholas nostras, in primis quidem ad fontes sacrarum literarum et Sym [B8v] bola tum ad Confessionem Augustanam, cuius ante meminimus, deducere voluisse. Hortamur etiam severissime, ut in primis iuventus, quae ad sacrum Ecclesiarum et scholarum ministerium educatur, in hoc fideliter et diligenter instituatur: ut ad posteritatem etiam nostram sincera doctrina professioque fidei, usque ad gloriosum illum adventum unici Redemptoris et Servatoris nostri Iesu Christi (largiente hoc sancto Spiritu) conservetur et propagetur.
Cum ergo haec sic habeant, et nos de doctrina et confessione nostra, Propheticis et Apostolicis scriptis eruditi, certi simus, gratiaque sancti Spiritus mentes et conscientiae nostrae maiorem in modum confirmatae sint: Librum hunc Concordiae in lucem edendum putavimus. [C1r] Videbatur enim id apprime esse necessarium, ut inter tot nostris temporibus exortos errores, tum offendicula, certamina, et diuturnas distractiones illas, pia explicatio et
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wolgegründet, nach welcher die reine Lere von der verfelschten erkant und unterschieden werde und den unruigen, zanckgirigen leuten, so an keine gewisse form der reinen Lehr gebunden sein wöllen, nicht alles frey und offen stehe, ires gefallens ergerliche disputation zuerwecken und ungereumbte Irthumb einzufüren und zuverfechten, daraus nichts anders erfolgen kan, dann das entlich die rechte Lehr gar vertunckelt und verloren [B4r] und auff die nachkomende Welt anders nichts, dann ungewisse opiniones und zweiffelhafftige, disputierliche wahn und meinungen gebracht werden, Und dann wir aus Göttlichem bevehl unsers tragenden Ampts halben unserer eigenen und unserer zugehörigen Underthanen zeitlicher und ewiger wolfarth wegen uns schüldig erkennen, alles das zuthuen und fortzusetzen, was zu vermehrung und ausbreitung Gottes lob und ehren und zu | seines allein seligmachenden Worts fortpflantzung, zu ruhe und friede Christlicher Schulen und Kirchen, auch zu notwendigem trost und unterricht der armen, verirreten gewissen dienstlich und nützlich sein mag; und uns daneben unverborgen ist, das viel guthertzige Christliche Personen hohes und nidriges standes nach diesem heilsamen Werck der Christlichen Concordien sehnlich seufftzen und ein besonders verlangen tragen. Dieweil dann auch anfangs dieser unserer Christlichen vergleichung unser gemüt und meinung niemals gewesen, wie auch noch nicht ist, dieses heilsame und hochnötige Con|cordienwerck im finstern vor jederman heimlich und verborgen zuhalten, oder das Liecht der Göttlichen warheit unter den Scheffel und Tisch zu setzen, So haben wir die Edition und Publicierung desselben nicht lenger einstellen noch auffhalten sollen und zweiffeln gar nicht, es werden alle frome hertzen, so rechtschaffene liebe zu Göttlicher warheit und Christlicher Gottgefelliger einigkeit tragen, inen dieses heilsame hochnötige und Christliche werck neben uns Christlich gefallen und an inen disfals zu beförderung der ehre Gottes und der gemeinen ewigen und zeitlichen wolfart keinen mangel sein lassen. [B4v] Dann wir, abermals schließlich und endlich zu widerholen, durch dieses Concordien werck nichts neues zumachen, noch von der einmal von unsern Gottseligen Vorfahren und uns erkanten und bekanten Göttlichen warheit, wie die in Prophetischer und Apostolischer schrifft gegründet und in den dreyen Symbolis, auch der Augspurgischen Confession, Anno 1530. Kayser Carolo dem V. hochmilder gedechtnüs ubergeben, der darauff ervolgten Apologia, in den Schmalkaldischen Artickeln und dem grossen und kleinen Catechismo des hocherleuchten Mannes D. Luthers ferner begriffen ist, gar nicht, weder in Rebus noch Phrasibus, abzuweichen, sondern viel mehr durch die gnade des heiligen Geistes einmütiglich dabey zuverharren und zubleiben, auch alle Religionsstreit und deren erklerungen darnach zu reguliren gesinnet und daneben mit unsern mitgliedern, den Churfürsten und
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conciliatio harum omnium controversiarium, e Verbo Dei extructa extaret: ut secundum rationes eius sincera doctrina a falsa internosceretur et secerneretur. Praeterea ea res ad hoc etiam confert, ut turbulentis contentiosisque hominibus, qui ad nullam formulam purioris doctrinae astringi se patiuntur, liberum non sit pro sua libidine controversias cum offendiculo coniunctas movere: et prodigiosas opiniones et proponere et propugnare. Ex his enim hoc tandem consequitur, ut purior doctrina obscuretur et amittatur: ad posteritatem autem, nihil quam opiniones et ἐποχαὶ. Academicae transmittantur. [C1v] His accedit et illud, quod pro officii a Deo nobis iniuncti, ratione hoc nos subditis nostris debere intelligimus: ut | quae ad huius et secuturae vitae rationes pertinent, diligenter curemus: ac demus operam, ut quae ad amplificationem nominis ac gloriae Dei, et propagationem Verbi ipsius (ex quo solo salus speratur) ad pacem et tranquillitatem Ecclesiarum et scholarum, ad commonefactiones, et consolationem perturbatarum conscientiarum faciunt, summo studio, et quidem quantum fieri potest, procuremus. Praesertim cum nobis certo constaret, a multis bonis et cordatis hominibus summi et infimi ordinis, hoc salutare Christianae Concordiae opus, dudum seriis gemitibus, summoque desiderio fuisse expetitum et expectatum: Ac ne nos quidem ab initio suscepti negocii pacificationis huius, in ea sententia fuerimus, neque etiam num simus, hoc [C2r] tam salutare, et apprime necessarium opus Concordiae, ab hominum oculis removendum, et penitus occultandum: ac lucem illam coelestis veritatis subter modium aut mensam ponendam esse: Quapropter editionem eius diutius extrahere neutiquam debuimus. Neque dubitamus, pios omnes, qui et veritatis coelestis et Concordiae Deo gratae sunt amentes, una nobiscum hoc salutare, utile, pium et pernecessarium institutum probaturos: et non commissuros esse, ut ad amplificationem gloriae Dei et utilitatem publicam, quae et in aeternis et temporalibus cernitur, in ipsis aliquid vel ad summum conatum desiderari possit. Nos certe (ut ad extremum id repetamus, cuius aliquoties supra memini|mus) hoc Concordiae negocio nequaquam nova comminisci, aut a veritate doctrinae coelestis, quam maiores no[C2v]stri, pietatis nomine celeberrimi, sicut et nos, agnoverunt et professi sunt, ullo modo discedere voluimus. Eam autem doctrinam intelligimus, quae ex Propheticis et Apostolicis scriptis extructa, in tribus veteribus Symbolis, Augustana Confessione, anno 1530. Imp. Carolo V. excellentis memoriae exhibita. Deinde Apologia, quae huic coniuncta fuit, Smalcaldicis Articulis, utroque denique Catechismos excellentis viri D. Lutheri comprehensa est. Quare etiam nos ne latum quidem unguem vel a rebus ipsis vel a phrasibus, quae in illa habentur, discedere, sed iuvante nos Domini Spiritu, summa Concordia constanter in pio hoc consensu perseveraturos esse, decrevimus: controversias omnes ad hanc veram normam et declarationem purioris doctrinae, examinaturi. [C3r] Deinde etiam apud animum
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Stenden im heiligen Römischen Reich, auch andern Christlichen Potentaten nach inhalt des heiligen Reichs ordnungen und sonderer voreinigungen, die wir mit inen haben, in gutem frieden und einigkeit zuleben und einem jeden nach seines standes gebühr alle liebe, dienst und freundtschafft zuerzeigen entschlossen und gemeint sein.
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So wollen wir uns auch weiter freundlichen vergleichen, welcher gestalt in unsern Landen durch fleissige Visitation der Kirchen und Schulen, auffsehung auff die Druckereyen und andere heilsame mittel nach unser selbst und jedes orts gelegenheit uber diesem Concordienwerck ernstlich zu halten, Und wo sich die jetzige oder neue streit bey unser Christlichen Religion wider regen wolten, wie dieselbigen one gefehrliche | weitleuff[B5r]tigkeit zu verhüttung allerley ergernüs, zeitlichen mögen beygelegt und verglichen werden.
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Zu urkunt haben wir uns mit einmütigem hertzen unterschrieben und unser Secret auffdrucken lassen. Ludwig, Pfaltzgraff bey Rein, Churfürst. Augustus, Hertzog zu Sachsen, Churfürst. Johans George, Marggraff zu Brandenburg, Churfürst. Joachim Friedrich, Marggraff zu Brandenburg, Administrator des Ertzstiffts Magdeburg. Johan, Bischoff zu Meissen. Eberhart, Bischoff zu Lübeck, Administrator des Stiffts Verden.
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Philips Ludwig, Pfaltzgraffe. Hertzog Friedrich Wilhelms und Hertzog Johansens zu Sachsen Vormünd. Hertzog Johan Casimirs und Hertzog Johan Ernstens zu Sachsen Vormünde. Georg Friederich, Marggraffe zu Brandenburg. Julius, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg. Otto, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg. [B5v] Heinrich der Jünger, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg. Wilhelm der Jünger, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg. Wolff, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg. Ulrich, Hertzog zu Meckelnburg. Hertzog Johansens und Hertzog Sigismundens Augustens zu Meckelnburg Vormünde. Ludwig, Hertzog zu Wirtemberg. Marggraff Ernsts und Marggraff Jacobs zu Baden Vormund. Georg Ernst, Grave und Herr zu Hennenberg. Friederich, Graff zu Wirtemberg und Mümpelgart. Hans Günther, Graff zu Schwartzburg.
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nostrum constituimus, velle nos cum reliquis Electoribus, Principibus et Ordinibus Sacri Rom. Imperii, et aliis Christianae Reipubicae Regibus, Principibus et Magnatibus, secundum Sacri Imp. Constitutiones et pacta conventa (quae nobis cum illis sunt) pacem et concordiam colere, et singulis pro dignitatis et ordinis ratione, omnia nostra officia cum benevolentia coniuncta et deferre et exhibere. Praeterea communicatis consiliis, in hoc etiam sedulo incumbemus, ut in ditionibus nostris per diligentes Ecclesiarum et scholarum Visitationes, et inspectiones officinarum typographicarum, et alias denique salutares rationes, observatis occasionibus et circumstantiis, quae ex nostro et aliorum usu sint, hoc Concordiae opus magna severitate et summo studio defendamus. | [C3v] Dabimus etiam operam, si vel renascantur controversiae iam sopitae, vel novae in religionis negocio oriantur, ut eae absque longioribus et periculosis ambagibus ad praecavenda offendicula, in tempore e medio tollantur et componantur. In cuius rei evidens testimonium, nomina nostra magno consensu subscripsimus: et sigilla etiam adiunximus.
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Ludovicus, Palatinus Rheni, Elector. Augustus, Dux Saxoniae, Elector. Johannes Georgius, Marchio Brandeburgensis, Elector. Joachimus Fridericus, Marchio Brandeburgensis, Administrator Archiepiscopatus Magdeburgensis. Joannes, Episcopus Minensis. [C4r] Eberhardus, Episcopus Lubecensis, Administrator Episcopatus Verdensis. Philippus Ludovicus, Palatinus Rheni. Friderici Vilhelmi et Johannis, Ducum Saxoniae, Tutor. Johannis Casimir et Johannis Ernesti, Ducum Saxoniae, Tutores. Georgius Fridericus, Marchio Brandeburgensis. Julius, Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. Ottho, Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. Henricus iunior, Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. Vilhelmus iunior, Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. Wolfgangus, Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. [C4v] Ulricus, Dux Megalopurgensis. Johannis et Sigismundi Augusti, Ducum Megalopurgensium, Curatores.
BSLK 763
Ludovicus, Dux Wirtembergensis. Ernesti et Jacobi, Marchionum Badensium, Curatores. Georgius Ernestus, Comes et Dominus Hennebergensis. Fridericus, Comes Wirtembergensis et Mumpelgartensis. Johannes Guntherus, Comes Schwarcenburgensis.
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Konkordienbuch
Wilhelm, Grave zu Schwartzburg. Albrecht, Graffe zu Schwartzburg. Emich, Grave zu Leiningen. Philips, Grave zu Hanau. Gottfried, Grave zu Oettingen. George, Graff und Herr zu Castel. Heinrich, Graff und Herr zu Castel. Hans Hoier, Grave zu Mansfeld. Bruno, Graffe zu Mansfeld. Hoier Christoff, Grave zu Mansfeld. [B6r] Peter Ernst der Jünger, Grave zu Mansfeld. Christoff, Graffe zu Mansfeld. Otto, Grave zur Hoya und Burgkhausen. Johannes, Grave zu Oldenburg und Delmenhorst. Albrecht Georg, Grave zu Stolberg. Wolff Ernst, Grave zu Stolberg. Ludwig, Grave zu Gleichen. Carl, Grave zu gleichen. Ernst, Grave zu Reinstein. Boto, Grave zu Reinstein. Ludwig, Grave zu Lewenstein. Heinrich, Herr zu Limpurg Semper frey. Georg, Herr von Schönburg. Wolff, Herr von Schönburg. Anarck Friedrich, Herr zu Wildenfels. Bürgermeister und Rath der Stad Lübeck. Bürgermeister und Rath der Stadt Landau. Bürgermeister und Rath der Stad Münster in S. Georgen thal. Der Rath der Stad Goßlar. Bürgermeister und Rath der Stadt Ulm. Bürgermeister und Rath der Stad Eßlingen. Der Rath der Stad Reütlingen. Bürgermeister und Rath der Stadt Nördlingen. Bürgermeister und Rath zu Rotenburg auff der Tauber. [B6v] Stedtmeister und Rath der Stad Schwäbischen Hall. Bürgermeister und Rath der Stadt Heilbron. Bürgermeister und Rath der Stadt Memmingen. Bürgermeister und Rath der Stad Lindau. Bürgermeister und Rath der Stadt Schweinfurt. Der Rath der Stad Donawerda. Cammerer und Rath der Stad Regenspurg.
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Vorrede
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Vilhelmus, Comes Schwarcenburgensis. Albertus, Comes Schwarcenburgensis. Emich, Comes Leimingensis. Philippus, Comes Hanauensis. Gottfridus, Comes Oetingensis. Georgius, Comes ac Dominus in Castel. [C5r] Henricus, Comes ac Dominus in Castel. Otto, Comes Hoiensis et Bruchhusenis. Johannes, Comes Oldenburgensis et Delmenhorstensis. Johannes Hoierus, Comes Mansveldensis. Bruno, Comes Mansveldensis. Hoierus Christophorus, Comes Mansveldensis. Petrus Ernestus iunior, Comes Mansveldensis. Christophorus, Comes Mansveldensis. Albertus Georgius, Comes Stolbergensis. Wolfgangus Ernestus, Comes Stolbergensis. Ludovicus, Comes Glichensis. Carolus Comes Glichensis. Ernestus, Comes Reinsteinensis. Boto, Comes Reinsteinensis. Ludovicus, Comes Leonsteinensis. Henricus, Baro Limpurgensis Semperfrei. Georgius, Baro Schonburgensis. [C5v] Wolfgangus, Baro Schonburgensis. Anarc Fridericus, Baro Wildenfeldensis. Consul. et Senatus Lubecensis. Consul. et Senatus Luneburgensis. Consul. et Senatus Hamburgensis Senatus Brunsvicensis. Consul. et Senatus Landauiensis. Consul. et Senatus civitatis Monasteriensis in Valle Gregoriana. Senatus Goslariensis Consul. et Senatus Ulmensis. Consul. et Senatus Eslingensis. Senatus Reutlingensis. Consul. et Senatus Nordlingensis. Consul. et Senatus Rotenburgensis ad Tuberam. Consul. et Senatus Halae Suevorum. Consul. et Senatus Heinbronensis. Consul. et Senatus Memmingensis. Consul. et Senatus Lindauiensis.
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Konkordienbuch
Bürgermeister und Rath der Stadt Wimpffen. Bürgermeister und Rath der Stadt Giengen. Bürgermeister und Rath zu Bopfingen. Bürgermeister und Rath der Stad Alen. Bürgermeister und Rath der Stadt Kauffbeuern. Bürgermeister und Rath der Stadt Ißna. Bürgermeister und Rath der Stadt Kempten. Der Rath der Stadt Hamburg. Der Rath der Stadt Göttingen. Der Rath der Stadt Braunschweig. Bürgermeister und Radt der Stadt Lünenburg. Bürgermeister und Rath der Stadt Leutkirch. Die gantze Regierung der Stadt Hildesheim. Bürgermeister und Rath der Stadt Hameln. Bürgermeister und Rathmanne der Stadt Hannover. Der Rath zu Mühlhausen. Der Rath zu Erffurt. Der Rath der Stadt Eimbeck. Der Rath der Stadt Northeim.
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Vorrede
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[C6r] Consul. et Senatus Schweinfurtensis. Senatus Donauverdensis. Cammerarii et Senatus Ratisponensis. Consul. et Senatus Wimpffensis. Consul. et Senatus Giengensis. Consul. et Senatus Bopfingensis. Consul. et Senatus Alensis. Consul. et Senatus Kauffbeurensis. Consul. et Senatus Isnensis. Consul. et Senatus Campidonensis. Senatus Göttingensis. Consul. et Senatus Leutkirchensis. Senatus Hildesheimensis. Consul. et Senatus Hamelensis. Consul. et Senatus Hannoverensis. Senatus Mulhusinus. Senatus Erfurdensis. Senatus Eimbecensis. Senatus Northeimensis.
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Die altkirchlichen Symbole bearbeitet von Adolf Martin Ritter
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Das Apostolicum Einleitung (Adolf Martin Ritter) Entsprechend einer spätestens seit Ende des 4. Jahrhunderts nachweisbaren Legende galt das altkirchliche Bekenntnis, das bis heute unter dem Namen „Apostolisches Symbol“ (Symbolum Apostolicum) bekannt und in Gebrauch ist, jahrhundertelang, buchstäblich, als ein Werk der zwölf Apostel, nicht etwa nur als Bündelung der apostolischen Botschaft im Ganzen der zweiteiligen christlichen Heiligen Schrift. An diesem Verständnis hielten noch die Reformatoren fest. Demgemäß fand es im Konkordienbuch seinen vielfältigen Niederschlag.1 Und selbst als die Legende vom apostolischen Ursprung des Bekenntnisses2 ihre Plausibilität längst eingebüßt hatte3, blieben Forscher wie der hochverdiente Neutestamentler und Patristiker Theodor Zahn davon überzeugt, dass das Apostolicum als „das älteste, das volkstümlichste und das allgemeinste Bekenntnis der Christenheit“ anzusehen sei.4 Zumindest war es fast bis in die Gegenwart hinein weithin wissenschaftlicher Konsens, dass „das Bekenntnis“ zum Wesen christlichen Glaubens gehöre. So alt wie die Kirche, habe es sich aus „einfachsten Formen im Laufe der Geschichte immer weiter entfaltet“, in Abgrenzung gegen Falschlehre und als Kurzfassung dessen, was jeweils als Hauptinhalt christlichen Glaubens angesehen wurde. Darum sei es auch möglich, ausgehend von den klassisch gewordenen Bekenntnisformeln des 4. und 5. Jahrhunderts, wie dem Nicaeno-Constantinopolitanum oder auch dem sog. Romanum (als wohl wichtigster Vorstufe unseres, in seiner Endgestalt erst wesentlich später bezeugten, „Apostolischen Bekenntnisses“), „in einer Art rückläufigen Analyse dieses Wachstumsprozesses so etwas wie ein ‚Urapostolicum‘ herauszudestillieren, dessen Anfänge zumeist schon um die Mitte des 2. Jahrhunderts angesetzt wurden“.5 Historisch fassbar ist indes lediglich, dass z. B. der Bericht der Apostelgeschichte über den „Kämmerer“ aus Äthiopien und seine Taufe durch den 1
Vgl. u. im Sachregister s. v. Sie begegnet erstmals in voll entwickelter Gestalt in einer (fälschlich Augustinus zugeschriebenen) Predigtreihe, wahrscheinlich aus dem 8. Jh.: Ps.-Augustinus, Sermo CCXL, in: PL 39, 2189; vgl. den Quellentext 5 zum Apostolicum, in: QuM I, 12, Anm. b. 3 Vgl. zu diesem sich über Jahrhunderte erstreckenden Prozess jetzt vor allem die Monographie von Markus Vinzent, Der Ursprung des Apostolikums im Urteil der kritischen Forschung, Göttingen 2006 (FKDG 89); anders Liuwe H. Westra, The Apostles’ Creed. Origin, history, and some early commentaries, Turnhout 2002 (Instrumenta Patristica et Mediaevalia 43), Kap. 1. Erste Zweifel regten sich, als man im Abendland, im Zusammenhang mit den schließlich gescheiterten Unionsverhandlungen mit der Kirche von Byzanz, die Erfahrung machen musste, dass das Symbolum Apostolorum im Osten schlichtweg unbekannt war! 4 Theodor Zahn, Das apostolische Symbolum, Erlangen-Leipzig 1893, 5. 5 Adolf Martin Ritter, Art. Glaubensbekenntnis(se) V. Alte Kirche, in: TRE 13 (1984), 399. 2
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Das Apostolicum
Apostel Philippus (Act 8,26–40) im späteren 2. Jahrhundert offenbar als ergänzungsbedürftig empfunden wurde. Darum erhielt es jetzt einen Einschub (V. 376), wonach Philippus auf das Taufbegehren des fremdländischen Hofbeamten (Act 8,36) antwortete: es sei möglich, seiner Bitte zu willfahren (oder, nach anderer Lesart: er könne gerettet werden), falls er aus ganzem Herzen glaube; und dieser erwiderte darauf mit einem typischen „Bekenntnissatz“. Es ist jedoch keineswegs sicher, dass dieser Einschub bereits einen entsprechenden kirchlichen Brauch widerspiegelt, den Taufakt mit einer Glaubensbefragung zu verbinden; lässt er sich doch auch so erklären, dass er der „Verlegenheit“ einigermaßen abhelfen sollte, die mit der für spätere Begriffe „überstürzten“ Erteilung der Taufe des Fremdlings, aufgrund einer einzigen Reiseunterhaltung, gegeben war.7 Allerdings gibt es gute Gründe für die Annahme, dass gleichfalls in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts wenigstens die zweite der „Glaubensbefragungen“ in der aus dem „Altgelasianischen Sakramentar“ bekannten Form8 bereits vorlag. Das ist umso wahrscheinlicher, als „Tauffragen“ oder „interrogatorische“ Bekenntnisse bereits von Tertullian – wenigstens indirekt9, dafür mehrfach – bezeugt werden. Annähernd derselben Zeit gehören ferner erste Bezeugungen der sog. „Glaubensregel“ (regula fidei) oder, was sachlich dasselbe besagt, der „Richtschnur der Wahrheit“ (κανὼν τῆς ἀληθείας) an, die sich so wenig wie die „Tauffragen“ aus der Vorgeschichte der altkirchlichen Symbole fortdenken lassen, so sehr es auch den Unterschied zwischen Symbol und regula fidei im Auge zu behalten gilt. Zumal in ihrer Verwendung bei Tertullian10 entspricht diese am ehesten dem, was man früher mit dem Begriff „Kanon im Kanon“ auszudrücken pflegte, vorausgesetzt, es wird darunter ein Leitfaden zum rechten Verständnis und nicht etwa ein kritisches Prinzip zur Sichtung der Schrift verstanden! Die meistzitierte Stelle in diesem Zusammenhang ist der Anfang von Kap.10 aus Buch I des irenäischen Hauptwerks „Wider die Häresien“.11 Hier tritt die „Glaubensregel“ als Summe dessen in den Blick, was von Christus gelehrt, von den Aposteln überliefert und in der apostolischen Tradition weitergegeben worden ist. Inhaltlich gesehen wird eine ursprünglich zweigliedrige, an I Kor 8,6 gemahnende Formel erkennbar, die aber dann im Sinne von Mt 28,19 um das Bekenntnis zum hei-
6
Vgl. den Quellentext 1 zum Apostolicum, in: QuM I, 9. Vgl. dazu Tertullian, De baptismo XVIII, in: PL 1, 1220–1222 (CSEL 20, 215f). 8 Vgl. den Quellentext 2 zum Apostolicum, in: QuM I, 9f. 9 Vgl. Wolfram Kinzig, „... natum et passum etc.“. Zur Geschichte der Tauffragen in der lateinischen Kirche bis zu Luther, in: Wolfram Kinzig/Christoph Markschies/Markus Vinzent, Tauffragen und Bekenntnis. Studien zur sogenannten „Traditio Apostolica“, zu den „Interrogationes de fide“ und zum „Römischen Glaubensbekenntnis“, Berlin 1999 (AKG 74), 75–183; hier: 116–118. 10 Vgl. bes. Tertullian, Adversus Praxean II, in: PL 2, 156f (CChr.SL 2, 1160f); De virginibus velandis I, in: PL 2, 887–890 (CChr.SL 2, 1209f); De praescriptione haereticorum XIII, in: PL 2, 26f (CSEL 70,2f). 11 Vgl. den Quellentext 3 zum Apostolicum, in: QuM I, 10f. 7
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Einleitung
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ligen Geist erweitert ist. Gerade auch an dem Zeugnis des Irenäus lässt sich nachweisen, dass es sich bei der „Glaubensregel“ um eine relativ freie Komposition handelt, in den Grundzügen gewiss festliegend, doch im einzelnen und vor allem in der Formgebung variabel.12 Ein „deklaratorisches“ Glaubensbekenntnis (beginnend mit „Ich glaube“ oder „Wir glauben“) ist vor dem 4. Jahrhundert nirgends belegt. Es begegnet im Westen zuerst in einem Text des kleinasiatischen Bischofs Markell von Ankyra,13 und zwar in seinem (bei Epiphanius von Salamis, Arzneikasten 72,3,1, überlieferten) Brief an Bischof Julius von Rom (341), bei Gelegenheit eines längeren Aufenthalts Markells in der römischen Kapitale und im Nachgang zu einer römischen Bischofssynode im gleichen Jahr. Man hat früher angenommen, dieser habe sich, zum Beweis seiner (im Osten angezweifelten) Rechtgläubigkeit, nach einer eigenen ausführlichen Glaubensdarlegung auf das in Rom gebräuchliche Taufbekenntnis berufen und dieses anschließend im Wortlaut zitiert. Er wäre mithin ältester Zeuge des (ursprünglich griechisch abgefassten) sog. Romanum und damit, wie erwähnt, des wichtigsten Vorfahren unseres Apostolicum. In der gegenwärtigen Forschung ist man jedoch mehr und mehr dabei, sich von dieser Annahme ganz zu verabschieden.14 Das angebliche Romanum sei vielmehr ursprünglich ein Marcellianum oder aber unmittelbar „zuvor auf der römischen Synode formuliert“ worden15. Für ein offizielles römisches Taufsymbol fehle jedenfalls aus der Zeit vor 341 jede Spur; und selbst nachher sei nur allmählich die ursprüngliche (markellische?) Verfasserschaft in Vergessenheit geraten (oder aber – nicht zuletzt mit Rücksicht auf die starken Vorbehalte gegen Markell unter den „Neunizänern“ des Ostens16 – bewusst verschleiert worden) und habe sich ein partieller Einfluss des nunmehr als „römisch“ geltenden Bekenntnisses bemerkbar gemacht, selbst auf östliche Symbole.17
12
Dass in allem so unverkennbar irenäische Theologumena wie das der „Zusammenfassung“ (ἀνακεφαλαίωσις, recapitulatio) aller Dinge in und durch Christus am Ende der Zeiten eingeflossen sind, macht es allein schon wenig wahrscheinlich, dass wir es hierbei etwa mit wortwörtlich vorgeprägtem Überlieferungsgut zu tun hätten. 13 Vgl. den Quellentext 4 zum Apostolicum, in: QuM I, 11f. 14 Aufgrund vor allem der Untersuchungen Markus Vinzents, zuletzt Vinzent, Der Ursprung des Apostolikums; anders noch Westra, The Apostles’ Creed, 28–36. 42–46. 15 Ersteres die These von Markus Vinzent (vgl. vorige Anm.), letzteres ein neuer Vorschlag des Editorenteams um Hanns Christof Brennecke, Athanasius Werke III/1/3, Berlin 2007, 155 (Nr. 41.7, § 11), erläutert von Uta Heil, Markell von Ancyra und das Romanum, in: Annette von Stockhausen/Hanns Christof Brennecke (Hg.), Von Arius zum Athanasianum. Studien zur Edition der „Athanasius Werke“, Berlin 2010 (TU 164), 85–103; hier: 97–100. 16 Vgl. dazu etwa den Oxforder Vortrag von Markus Vinzent, „What did Rome believe from Zephyrinus to Damasus?“, in: Papers presented at the Sixteenth International Conference on Patristic Studies held in Oxford 2011. Bd. 11: Biblica. Philosophica, theologica, ethica, hg. v. dems., Leuven 2013 (StPatr 63), 273–286. 17 Am leichtesten erkennbar an der Wendung „gekreuzigt unter Pontius Pilatus“ (σταυρωθέντα ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου).
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Das Apostolicum
Es ist im Kern wohl dies markellische (?) Symbol, dem der Markellschüler Photin von Sirmium einen Kommentar widmete, der wiederum demjenigen Rufins als der ältesten westlichen Symbolerklärung zugrunde zu liegen scheint;18 im Osten dagegen war ihm der Jerusalemer Cyrill mit seinen Taufkatechesen19 um mindestens ein halbes Jahrhundert zuvorgekommen. Dieser Expositio symboli Photins-Rufins entstammt, in noch unentwickelter Form freilich, auch die Legende vom „Bekenntnis der zwölf Apostel“, zu dem ein jeder von ihnen beigetragen habe.20 Wahrscheinlich hat das in Rom 341 (wohl gar formulierte?) wie wenig später auf der Synode von Serdika 343 (begleitet von einer lateinischen Übersetzung oder gar mehreren) vorgelegte, seit der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert auch mit einem Kommentar versehene Bekenntnis in lokal variierenden Formen Eingang gefunden in die abendländische Taufkatechese und schließlich auch -liturgie und ist dort, wechselnden geschichtlichen Herausforderungen entsprechend, erweitert21 worden. Einen „Wendepunkt in der Entwicklung zu einer einzigen amtlichen Version des Glaubensbekenntnisses“ markiert dann eine kirchenreformerische Maßnahme Karls des Großen in den Jahren 811–813,22 mit dem Ziel, die Einheitlichkeit des Taufgottesdienstes herbeizuführen. Das erforderte für ihn auch die Durchsetzung eines einzigen amtlichen Bekenntnistextes und die Ausscheidung lokaler Eigenständigkeit. Für diese Rolle empfahl sich ihm eine Textform, die, ursprünglich wohl in Südwestfrankreich beheimatet, nicht zuletzt durch Missionsreisen des Priminius (Pirmin) aus der Abtei Reichenau (Anfang 8. Jahrhundert) „schon ein großes Maß an Verbreitung und Volkstümlichkeit gewonnen hatte“.23 Es war dies die Endgestalt, der textus receptus des Symbolum Apostolicum (bzw. Apostolorum).
Überlieferung Der maßgebliche Wortlaut ist der lateinische, in der oben abgedruckten Form des Konkordienbuches 1584; er entspricht der im abendländischen Spätmittelalter als bindend geltenden Textgestalt, wie sie bei Melchior Hittorp, Domherr zu Köln, in dessen Ordo Romanus antiquus (in: ders., De divinis catholicae Ecclesiae officiis et ministeriis, Köln 1568, 73) festgehalten ist und
18
Vgl. Vinzent, Der Ursprung des Apostolikums, 330–360. Vgl. den Quellentext 2 zum Apostolicum, in: QuM I, 9f. 20 Vgl. den Quellentext 5 zum Apostolicum, in: QuM I, 12. 21 Vgl. dazu Vinzent, Der Ursprung des Apostolikums, Register s.v. „Bekenntnis“; seine These vom markellischen Ursprung des sog. Romanum dürfte zusätzlich an Plausibilität gewonnen haben durch seinen Oxforder Kongressvortrag Vinzent, „What did Rome believe from Zephyrinus to Damasus?“ 22 Vgl. den Quellentext 6 zum Apostolicum, in: QuM I, 13. 23 Vgl. John Norman Davidson Kelly, Altchristliche Glaubensbekenntnisse, Göttingen 1972, 415f (Zitat: 416).
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Einleitung
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auch von der lutherischen Reformation als Norm übernommen wurde. Er stimmt schließlich mit dem im Catechismus Romanus und im Rituale Romanum vorliegenden amtlichen Text der römisch-katholischen Kirche überein, bis auf die wenigen im kritischen Apparat verzeichneten Ausnahmen. Überschrift und Text der deutschen Übersetzung folgen wörtlich Luthers Traktat „Die drey Symbola oder Bekenntnis des glaubens Christi jnn der kirchen eintrechtiglich gebraucht“ von 1538 (WA 50, [255] 262–283; hier: 263,18–30), bis auf die im kritischen Apparat verzeichneten Ausnahmen.
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Das Apostolicum
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Die drei Haupt -Symbola oder Bekenntnis des Glaubens Christi in der Kirchen einträchtiglich gebraucht. Tria Symbola catholica sive oecumenica a
1b
Symbolum Apostolicum
Das erst Bekenntnüs oder Symbolum ist das gemein Bekenntnis der Apostel, darin der Grund gelegt ist des christlichen Glaubens und lautet also:
5
Credo in deum patrem omnipotentem, creatorem coeli et terrae.
Ich gläube an Gott aVater, Allmächtigen, Schöpfera Himmels und der Erden.
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Et in Iesum Christum, filium eius unicum, dominum nostrum, qui conceptus est de Spiritu Sancto, natus ex Maria virgine, passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus, descendit ad infernac, tertia die resurrexit a mortuis, ascendit ad coelos, sedet ad dexteram dei patris omnipotentis, inde venturus est iudicare vivos et mortuos.
Und an Jesum Christum, seinen einigen Sohn, unsern Herrn, der empfangen ist vom heiligen Geist, geboren von der Jungfrauen Maria, gelitten unter Pontio Pilato, gekreuziget, gestorben und begraben, niedergefahren zur Höllen, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren gen Himmel, sitzend zur Rechten bGottes, des allmächtigenb Vaters, von dannen er kommen wird zu richten die Lebendigen und die Toten.
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b1
a nicht in Luther (WA 50, 255); Erweiterung wohl erst im Frankfurter Rezess von 1558 (vgl. CR 9, 494) | b – b Lateinische Überschrift Selneckers | c inferos (= „Bewohner der Unterwelt“ oder diese selbst) Cat. Rom. und Rit. Rom. 1 –1
Vgl. Nikolaus Selnecker, HISTORICA NARRA=||TIO ET ORATIO DE D. D. || Martino Luthero [...], Leipzig: Jakob Bärwald Erben 1575 (VD 16 S 5553), B 2r; ders., Catechesis || D. MARTINI || LVTHERI MINOR, || GRAECOLATINA. [...], Leipzig: Hans Rambau d.Ä. 1575 (VD 16 L 5265), 165; ders., SYMBOLORVM, || APOSTOLICI, || NICENI, ET ATHA=||NASIANI EXEGESIS [...], Leipzig: Hans Rambau d. Ä (VD 16 S 5661), 6.
a – a Vater, Allmechtigen Schepfer Luther (WA 50, 263,21) | b – b Gottes, Allmechtigen Luther (WA 50, 263,26)
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Text
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Credo in Spiritum Sanctum, sanctam ecclesiam catholicam, sanctorum communionem, remissionem peccatorum, carnis resurrectionem, etd vitam aeternam.
Ich gläube an den heiligen Geist, ein heilige christliche Kirche, die Gemeine der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben.
Amen.
Amen.
d
nicht in Cat. Rom. und Rit. Rom.
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Das Nicaeno-Constantinopolitanum Einleitung (Adolf Martin Ritter) Das Reichskonzil von Nizäa (325), bis dahin symbolträchtigster Ausdruck der sog. „Konstantinischen Wende“ in der Religionspolitik des römischen Reiches (ab 305/6 bzw. 324, dem Beginn der Alleinherrschaft Konstantins), markiert auch innerhalb der Geschichte christlichen Bekennens und Bekenntnisses einen tiefen Einschnitt. War doch mit der neuen, „reichskirchlichen“ Situation auch verbunden, dass nun, mithilfe des „weltlichen Arms“ (bracchium saeculare), wie es dann im abendländischen Mittelalter heißen sollte (gemeint sind das „christliche Kaisertum“ und seine Organe), die Uniformität in der formulierten Lehre in den Bereich des Machbaren gerückt zu sein schien. Allerdings geschah in Nizäa selbst in dieser Richtung zunächst noch wenig. Nur, dass zur Überwindung der aufgebrochenen Lehrstreitigkeiten (des sog. „arianischen Streits“) eine Glaubensformel in der Art eines „deklaratorischen“ Bekenntnisses aufgenommen und ihr eine Reihe von präzisierenden Ausdrücken eingefügt wurde,1 scheinbar in der Absicht, sie in Zukunft als Test für die Rechtgläubigkeit einzusetzen. Allein, falls man wirklich Derartiges im Sinne hatte und damit die Lehrstreitigkeiten fortan mithilfe einer Formel zu schlichten gedachte, auf deren Sinn es nicht nur, sondern auf deren Wortlaut es auch ankam, so war dem, zunächst wenigstens, kein Erfolg beschieden. Wie vielmehr das nizänische Symbol, als Formel, bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts noch keine erkennbare Rolle spielte, so änderte sich das auch in den folgenden drei Jahrzehnten nur unwesentlich, und das, obwohl es gelang, einen wachsenden Teil des östlichen Episkopats unter dem Banner des „Glaubens von Nizäa“ zu einen. Nirgendwo scheinen es die Verantwortlichen denn auch als notwendig angesehen zu haben, das nizänische Symbol etwa an die Stelle der verschiedenen lokalen Taufbekenntnisse treten zu lassen, von denen jetzt zunehmend zu hören ist, ein Vorgang, der sicherlich mit dem Ausbau des Taufkatechumenats, als Reaktion auf den Ansturm von Taufbewerbern im „Jahrhundert Konstantins (I.)“, in Verbindung gebracht werden kann. Man begnügte sich damit, die wichtigsten nizänischen Stichworte wie das „wesenseins“ (ὁμοούσιος) in das eigene Taufbekenntnis einzufügen, um so dessen sachliche Übereinstimmung mit dem „nizänischen Glauben“ zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen beließ man es bei einem Wortlaut, der von dem des authentischen Nicaenum oft genug erheblich abwich. Das aber heißt, dass die Bekenntnisse dieser Zeit im Grunde noch immer die Eigenart der alten „Glaubensregeln“
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Vgl. den Quellentext 1. zum Nicaeno-Constantinopolitanum, in: QuM I, 17.
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Das Nicaeno-Constantinopolitanum
aufwiesen: in den Grundzügen festliegend, im einzelnen und besonders in der Form jedoch variabel.2 Es bestätigt das Gesagte, wenn beispielsweise das in der Forschung, aus unterschiedlichen Gründen, vielbeachtete „Jerusalemer Bekenntnis“ (Hierosolymitanum [HS])3 noch nicht als Beispiel für ein „nizänisches“ Symbol dieser Art herhalten kann, ein Text, der sich aus den Taufkatechesen Cyrills, des Presbyters und späteren Bischofs der heiligen Stadt, (gehalten um 350) relativ leicht, wenn auch nicht in allen Einzelheiten völlig sicher, rekonstruieren lässt. Man muss ihn an dieser Stelle gleichwohl in Betracht ziehen, da er im übrigen nach und neben dem des Nicaenum (N) die stärkste Verwandtschaft mit dem (seit Aufkommen der historischen Kritik so genannten) NicaenoConstantinopolitanum (NC) aufweist. Wohl aber sind typische Beispiele das NC selbst und das Symbol von Mopsuestia,4 die beide zudem, je auf ihre Weise, auf die mittlerweile von vielen Theologen in Ost wie West erkannte Notwendigkeit reagieren, den „Glauben von Nizäa“ nicht allein zu bekräftigen, sondern auch fortzuschreiben und insbesondere im Hinblick auf die Lehre vom Heiligen Geist zu ergänzen.5 Erstmals wird unser „nizänisches Symbol“ (NC) an mehreren Stellen in den Akten des 4. ökumenischen Konzils von Chalkedon (451) ausdrücklich mit dem Konzil von Konstantinopel 381 (= der „Synode der 150 Väter“) in Verbindung gebracht; und das wohl zu Recht.6 Allein, in welchem Sinne es diesem Konzil angehöre, bedarf unbedingt der Präzisierung. Wie es auch erklärt werden will, wieso dieses Symbol das authentische Nicaenum (N) im Laufe der Zeit hat verdrängen und schließlich auch dessen Namen okkupieren können, unter dem es auch etwa in die lutherischen Bekenntnisschriften des 16. Jahrhunderts Eingang fand. Bei diesen Klärungsversuchen ist nicht zuletzt zu berücksichtigen, was an zweifelsfreier Überlieferung über das Konzil „der 150 Väter“ zur Verfügung steht.7 Mit einem gewissen Recht lässt sich vom Nicaeno-Constantinopolitanum als dem Bekenntnis sprechen, welches die gesamte Christenheit einte wie kein
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Vgl. Abschnitt 1. Vgl. den Quellentext 2. zum Nicaeno-Constantinopolitanum, in: QuM I, 18. 4 Vgl. den Quellentext 4. zum Nicaeno-Constantinopolitanum, in: QuM I, 21f. 5 Vgl. Adolf Martin Ritter, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol, Göttingen 1965 (FKDG 15), 188f. 293–307. 6 Vgl. zur Diskussion über dieses lange Zeit heftig umstrittene Problem Ritter, Konzil von Konstantinopel, sowie die Einleitung zur Dokumentation des 1. Konstantinopeler Konzils in: COGD I, 37–54, bes. 48–54, mit reichen Literaturhinweisen; darunter bes. auf Reinhart Staats, Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel. Historische und theologische Grundlagen, Darmstadt (1996) 21999, mit vielfach abweichenden Ergebnissen. 7 Aus diesem Grund sind in QuM I auch diejenigen Dokumente zum Konstantinopeler Konzil von 381, wenn auch z. T. in Auswahl, aufgenommen worden, die sich mit hinreichender Sicherheit auf dieses selbst zurückführen lassen und für die Beantwortung der genannten Fragen einschlägig sind (vgl. die Quellentexte 3.1–3.3 zum Nicaeno-Constantinopolitanum, in: QuM I, 18–21). Zur Rezeption des NC im Abendland sowie zur Einfügung des Filioque vgl. den dritten Abschnitt dieser Einleitung. 3
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Einleitung
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zweites. Ebenso richtig ist allerdings, dass es sie de facto bis zum heutigen Tage spaltet! Das eine trifft insoweit zu, als das Apostolicum und das Athanasianum im kirchlichen Osten, von Byzantinern wie „Nonchalkedonensern“ (den sog. „Monophysiten“ und „Nestorianern“), nie offiziell rezipiert worden sind; es sei denn, diese hätten sich (als mit Rom Unierte) dem Papst unterstellt. Das andere hat mit einer Einfügung in die lateinische Fassung des NC zu tun, nach der der heilige Geist „vom Vater und vom Sohn“ (filioque) ausgeht. Seit den Tagen des Patriarchen Photios gilt sie als dogmatischer Hauptgrund für die Kirchenspaltung zwischen abendländischem Christentum und östlicher Orthodoxie.8 In der Trinitätstheologie des Augustinus9 grundgelegt und nicht zuletzt in dessen Auseinandersetzung mit dem „Arianer“- oder, besser, „Homöer“-Bischof Maximin10 wenigstens ansatzweise entfaltet, hat dieser Zusatz bald genug Eingang gefunden in die von Augustinus beeinflusste abendländische Theologie, zumal in jenen Regionen, in denen sich diese noch für längere Zeit mit dem „homöischen“ Bekenntnis der Kirchen in den verschiedenen germanischen Reichsbildungen auf (einstmals) weströmi-
8 Vgl. dazu bes. Peter Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse zwischen Ost- und Westkirche im Frühmittelalter (AKG 82), Berlin-New York 2002; ferner Bernd Oberdorfer, Filioque. Geschichte und Theologie eines ökumenischen Problems, Göttingen 2001 (FSÖTh 96). 9 Eher als in derjenigen des Ambrosius von Mailand, obwohl der Gedanke einer doppelten processio des Geistes bei ihm erstmals zu begegnen scheint (De spiritu sancto I, 11, in: PL 16, 762f [CSEL 79, 66f], geschr. Frühjahr 381), allerdings lediglich in einem heilsgeschichtlichen („ökonomischen“) Zusammenhang; das Gleiche gilt von den bereits mehr als 20 Jahre zuvor von Hilarius von Poitiers (zwischen 356 und 358) abgefassten zwölf Büchern De trinitate (II, 29), wenn dort von einer gemeinsamen „Verursachung“ des Geistes durch Vater und Sohn (Patre et Filio auctoribus) geredet wird. Erst bei Augustinus begegnet das Filioque im Zusammenhang begrifflich ausgearbeiteter Überlegungen zu den innertrinitarischen Beziehungen zwischen Vater, Sohn und Geist, also als Seinsaussage, nicht (nur) als Aussage über die Sendung des Geistes im Verlauf der Heilsgeschichte; vgl. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse, 65. 10 Augustinus, Contra Maximinum haereticum Arianorum episcopum libri duo, in: PL 42, 743–814; Conlatio cum Maximino Arrianorum episcopo, in: PL 42, 709–742; Contra sermonem Arrianorum, in: PL 42, 677–684; vgl. dazu bes. Richard C. Gamble, Augustinus contra Maximinum: An Analysis of Augustine’s Anti-Arian writings, (Diss. Basel 1983) Ann Arbor/Mi. 1985; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse, 60–65; Volker Henning Drecoll, Augustin und das filioque (die Wendung ‚und von dem Sohn‘), in: ders. (Hg.), Augustin Handbuch, Tübingen 2007, 456–460. Vermutlich gehören alle drei Schriften, mit Sicherheit aber die beiden letztgenannten, den allerletzten Lebensjahren des Augustinus an. Natürlich ist aber auch sein trinitätstheologisches Hauptwerk De Trinitate einschlägig, das über einen Zeitraum von ca. 20 Jahren (399–419) entstand; vgl. bes. IV, 20,29; V, 14,15; XV, 17,29; 26,45. Zur Begründung des Filioque vgl. etwa Augustinus, Contra Maximinum haereticum II, 14,1, in: PL 42, 770f (De patre est filius, de patre est spiritus sanctus: sed ille genitus, iste procedens; ideo ille filius est patris, de quo est genitus; iste autem spiritus utriusque, quoniam de utroque procedit [„Dem Vater entstammt der Sohn; dem Vater entstammt der Heilige Geist: doch jener als Gezeugter, dieser als Hervorgehender; darum ist jener der Sohn des Vaters, dieser aber der Geist beider, weil er aus beiden hervorgeht“: PL 42, 770]); Augustinus, De trinitate XV, 29, in: PL 42, 1081 (CChr.SL 50A, 503f).
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schem Territorium11 auseinanderzusetzen hatte. Für Spanien und das westgotisch beherrschte Südgallien kam diese Auseinandersetzung auf dem 3. Konzil von Toledo (589) insofern zum Abschluss, als dort der Übertritt des (seit 585 vereinigten) westgotischen (und suewischen) Episkopats zum Katholizismus feierlich vollzogen wurde, nachdem der Westgotenkönig Rekkared bereits zwei Jahre zuvor konvertiert war. In seiner Glaubenserklärung auf dem III. Toletanum12 erscheint das Filioque ebenso selbstverständlich wie in den (in Gestalt von Verwerfungssätzen formulierten) Bekenntnissen der konvertierten Bischöfe.13 Im anschließend an die königliche Glaubenserklärung (neben N und der christologischen Formel von Chalkedon) im Wortlaut mitgeteilten NC selbst ist der fragliche Zusatz allerdings noch nicht enthalten.14 Wurde hier wohl eine gewisse „interpretatorische Zurückhaltung bewahrt“, so findet sich spätestens vom VIII. Toletanum (653) an das Filioque durchgehend in der aus den Akten des Vorgängerkonzils von 589 bekannten „konziliaren Fassung des NC“.15 Auf diesem Konzil (dem Toletanum III) waren auch die „Synode der 150 Väter“ und ihr Symbol dadurch ausgezeichnet worden, dass NC für „alle Kirchen Spaniens, Galliens und Galiciens“ (d. h. des bis 585 suewischen Regnum Gallaeciae), entsprechend dem Konstantinopeler Ritus, zum Gebrauch in der Messliturgie vorgeschrieben wurde.16
Überlieferung Der unten gebotene lateinische Text des sog. „nizänischen Symbols“ (vgl. u. S. 49f) entspricht dem Wortlaut des Missale Romanum (vgl. DH 150), bis auf die im kritischen Apparat verzeichneten Abweichungen. Er ist dem liturgischen Gebrauch der mittelalterlichen Kirche entnommen, wo er mit mancherlei Varianten begegnet. Die Übersetzung folgt wörtlich dem genannten Luthertraktat WA 50, 262–283, hier: 282,30–283,10, bis auf die im kritischen Apparat verzeichneten Abweichungen. Das Original aber ist der griechische Text, erhalten in den Akten des Konzils von Chalkedon 451, wo er die Überschrift trägt: „Glaubensdarlegung ( Ἔκθεσις [sc. πίστεως]) der 150 Väter“ (sc. von Konstantinopel). Zugrunde gelegt ist hier der in der Sitzung vom 10. Okt. 451 vorgetragene Text (= NC1 [ACO II 1, 2, 80]), verglichen mit der in die Glaubensdefinition des Chalcedonense aufgenommenen Fassung (= NC2 [ebd. 128]). 11 Es waren das die Reiche der Burgunder in der schwer genauer zu lokalisierenden Saupadia (wohl zwischen Neuenburger und Genfer See sowie südlich des letzteren) und später auch im Rhône- und Saône-Becken (mit der Hauptstadt Lyon), der Vandalen in Nordafrika, der Westgoten in Gallien, der Suewen und Westgoten in Spanien und endlich der Ostgoten im Bereich des (allerdings oströmisch-byzantinischen) Exarchats von Ravenna. 12 Vgl. den Quellentext 2. zum Nicaeno-Constantinopolitanum, in: QuM I, 18. 13 Anathema 3 (MHS.C 5, 79,350–352). 14 Vgl. MHS.C 5, 67,198f; 90,476. 15 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse, 54. Zum rezipierten Symboltext vgl. MHS.C 5, 385,229– 386,245. 16 Can. II (MHS.C 5, 110,739–745).
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Text
Symbolum Nicaenum
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a
Das ander Bekenntnis oder Nicänisch Symboluma
Credo in unum deum, patrem omnipotentem, factorem caeli et terrae, visibilium omnium et invisibilium.
Ich gläube an einen einigen, allmächtigen Gott den Vater, Schöpfer Himmels und der Erden, alles das sichtbar und unsichtbar ist.
Et in unum dominum Iesum Christum, filium dei unigenitum, et ex patre natum ante omnia saecula, deum de deo, lumen ex lumine, deum verum de deo vero, genitum non factum, consubstantialem patri, per quem omnia facta sunt; qui propter nos homines et propter nostram salutem descendit de caelis et incarnatus est de spiritu sancto et Maria virgine, et homo factus est, crucifixus etiam pro nobis sub Pontio Pilato, passus et sepultus est, et resurrexit tertia die secundum scripturas, et ascendit aad coelosa, sedet ad dexteram patris, et iterum venturus est inb gloria, iudicare vivos et mortuos, cuius regni non erit finis.
Und an einen einigen Herrn Jesum Christum, Gottes einigen Sohn, der vom Vater geboren istb vor der ganzen Welt, Gott von Gott, Liecht von Liecht, wahrhaftiger Gott vom wahrhaftigen Gott, geborn, nicht geschaffen, mit dem Vater in einerlei Wesen, durch welchen alles geschaffen ist: welcher umb uns Menschen und umb unser Seligkeit willen vom Himmel kommen ist, und leibhaftig worden durch den heiligen Geist von der Jungfrauen Maria und Mensch worden; auch für uns gekreuzigt unter Pontio Pilato, gelitten und begraben; und am dritten Tage auferstanden nach der Schrift, und ist aufgefahren gen Himmel, und sitzet zur Rechten des Vaters. Und wird wiederkommen mit Herrlichkeit zu richten die Lebendigen und die Todten. Des Reich kein Ende haben wird.
Et in spiritum sanctum, dominum et vivificantem, qui ex patre filioque procedit, qui cum patre et filio simul adoratur et glorificaturc, qui locutus est per prophetas; et unam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam;
Und an den Herrn, den heiligen Geist, der da lebendig macht. Der vom Vater und dem Sohn ausgehet. Der mit dem Vater und dem Sohn zugleich angebetet und zugleich geehret wird. Der durch die Propheten geredet hat. Und eine einige, cheilige, christliche, apostolischec Kirche.
a–a
a – a Das Nicenisch Symbolon Luther WA 50, 282,30 | b ist Luther WA 50, 282,34 | c – c Heilige, Christliche, Apostolische Luther WA 50, 283,8
b cum in coelum Miss.Rom. | Miss.Rom. | c conglorificatur Miss.Rom.
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Ich bekenne ein einige Taufe zur Vergebung der Sünden. Und warte auf die Auferstehung der Todten und ein Leben der zukünftigen Welt.
Confiteοr unum baptisma in remissionem peccatorum; et expecto resurrectionem mortuorum et vitam futuri saeculi.
Amen.
Amen.
5
Ἔκθεσις τῶν ρν πατέρων Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεὸν πατέρα παντοκράτορα, ποιητὴν οὐρανοῦ καὶ γῆς, ὁρατῶν τε πάντων καὶ ἀοράτων·
1
καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστὸν τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ, τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα πρὸ πάντων τῶν αἰώνων, dφῶς ἐκ φωτόςd, θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί, δι᾿ οὗ τὰ πάντα ἐγένετο, τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα eἐκ τῶν οὐρανῶνe καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου καὶ ἐνανθρωπήσαντα, σταυρωθέντα τε ὑπὲρ ἡμῶν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου fκαὶ παθόνταf καἰ ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ gκατὰ τὰς γραφὰςg καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρὸς καὶ πάλιν ἐρχόμενον μετὰ δόξης κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς, οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος· καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον, τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν, τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμπροσκυνούμενονh καὶ συνδοξαζόμενον, τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν προφητῶν· εἰς μίανi ἁγίαν καθολικὴν καἰ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν· ὁμολογοῦμεν ἓν βάπτισμα εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν· προσδοκῶμεν ἀνάστασιν νεκρῶν καὶ ζωὴν τοῦ μέλλοντος αἰῶνος. ἀμήν.1
Differenzen zwischen den hier vorgelegten lateinischen und griechischen Fassungen: 9 et nicht in NC; 10 deum de deo nicht in NC; lumen ex lumine nicht in NC2; 16f de caelis nicht in NC2; 22 secundum scripturas nicht in NC2; 23 sedet: καὶ καθεζόμενον NC; 31 filioque nicht in NC; 4 et nicht in NC
d–d i
nicht in NC2 | e – e nicht in NC2 | f – f nicht in NC2 | g – g nicht in NC2 | h προσκυνούμενον NC2 nicht in NC2
1–1
Vgl. CA I, u. S. 92–95; FC, Summarischer Begriff, u. S. 1216–1219; Luther, Die drei Symbola oder Bekenntnis des Glaubens Christi (1538), in: WA 50, 262–283; Melanchthon, Enarratio symboli Niceni (1550), in: CR 23, 197–346; ders., Explicatio symboli Niceni (1557 [ed. 1561]), in: CR 23, 347–548.
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Das Athanasianum Einleitung (Adolf Martin Ritter) Unter den im Konkordienbuch den lutherischen Bekenntnisschriften des 16. Jahrhunderts vorangestellten drei altkirchlichen Symbolen nimmt das sog. „athanasianische Symbol“ insofern eine Sonderstellung ein, als es gar kein „Bekenntnis“ im klassischen Sinn und Stil ist und sich jedenfalls in Aufbau und Absicht von den beiden anderen merklich unterscheidet. Weil es zudem einige ausdrückliche Bezugnahmen auf Augustinus enthält,1 ist Athanasius schon aus chronologischen Gründen als Verfasser ausgeschlossen. Trotzdem ist es wohl weder zufällig, dass dieses Bekenntnis im Lauf des abendländischen Mittelalters zu herausragender Bedeutung gelangte, noch dass es schließlich mit Athanasius in Verbindung gebracht wurde. Denn seit sich dieser während zwei seiner insgesamt fünf Verbannungen im Westen aufhielt, war er dort stets ein Begriff geblieben.2 – Ein rascher Blick auf die Situation des abendländischen, besonders südgallischen und spanischen, Christentums in der Zeit nach dem Tod des Augustinus (430) und dem Konzil von Chalkedon (451) mag das verdeutlichen. Ungeachtet der offiziellen Verurteilung gegnerischer Positionen3 auf den Synoden von Karthago (418) und Ephesus (431) gingen die Auseinander1
Vgl. die bei John Norman Davidson Kelly, The Athanasian Creed, London 1964, 24–34 und Volker Henning Drecoll, Das Symbolum Quicumque als Kompilation augustinischer Tradition, in: ZAC 11 (2007) 30–56; hier: 54–56, aufgelisteten Parallelen. Sie sind einstweilen, teilweise zumindest, wohl noch spezifischer, als was Christian Müller an möglichen Vorlagen für das Athanasianum aus den (ursprünglich lateinisch verfassten) zwölf Büchern De trinitate des Ps.-Athanasius (vgl. dazu jetzt den Kurzbericht von Markus Vinzent in: Peter Gemeinhardt (Hg.), Athanasius Handbuch, Tübingen 2011, 353–355) ausfindig gemacht hat; vgl. Christian Müller, From Athanasius to „Athanasius“. Usurping a „Nicene hero“ or: the making of the „Athanasian Creed“, in: Jörg Ulrich u.a. (Hg.), Invention, Rewriting, Usurpation. Discursive Fights over Religious Traditions in Antiquity, Frankfurt/Main 2012 (Early Christianity in the context of antiquity 11), 19–40. 2 Den „echten“ Athanasius kannte man im lateinischsprachigen Westen zunächst vor allem von verschiedenen Übersetzungen seines „Antoniuslebens“ (Vita Antonii) her, das bereits an der Bekehrung des Augustinus zum katholischen Christentum nicht unwesentlich beteiligt war (vgl. Augustinus, Confessiones VIII, 6,14–8,19, in: PL 32, 755–758 [CChr.SL 27, 121–126]); dazu war das heroische Athanasiusbild nahezu allgegegenwärtig, wie es die Schriften Rufins (Eusebii Historia Ecclesiastica X–XI, in: GCS.NF 6/2, 957–1040) und des Hieronymus (Chronicon omnimodae historiae, in: GCS 24, 232–242) und dann im Übergang zum Frühmittelalter die von Cassiodor angeregte lateinische Übersetzung der drei orthodoxen Kirchenhistoriker des 5. Jahrhunderts, Sokrates, Sozomenos und Theodoret (Historia Ecclesiastica Tripartita, in: CSEL 71), vermittelten; vgl. dazu die lehrreichen Ausführungen von Christian Müller, Das Phänomen des „lateinischen Athanasius“, in: Hanns Christof Brennecke/Annette von Stockhausen, Von Arius zum Athanasianum. Studien zur Edition der „Athanasius Werke“, Berlin 2010 (TU 164), 3–42 sowie Müller, From Athanasius to „Athanasius“. 3 Die des Pelagius und seiner Anhänger (darunter bes. Julian von Eclanum), der, in erster Linie aus einem asketisch-moralischen Interesse heraus, gegen Augustinus auf der Möglichkeit tugendhaften Lebens und der Verdienstlichkeit frommer Werke beharren zu müssen glaubte.
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Das Athanasianum
setzungen um die Gnaden- und Prädestinationslehre des Augustinus unvermindert weiter; sie kamen erst auf der 2. Synode von Orange (Arausio) 5294 zu einem vorläufigen Abschluss. Darüber hinaus verlangte die erwähnte Etablierung von Germanenreichen auf weströmischem Territorium nach einer Fortsetzung der trinitätstheologischen Debatte und das umso mehr, als die dortigen katholischen Gemeinden nach dem Zusammenbruch der weströmischen Herrschaft (476/480) mit dem Homöismus („Arianismus“) ihrer neuen Herren ganz unmittelbar konfrontiert waren. In dieser Situation wurden die antiarianischen Schriften des späten Augustinus, aber auch die Erinnerung an Athanasius von Alexandria (295–373), den Vorkämpfer der nizänischen Orthodoxie par excellence5, besonders wichtig. Hinzu kommt als weiteres Motiv ein schwer zu überwindendes Misstrauen des Abendlandes gegenüber der Kirchenpolitik der byzantinischen Kaiser und „ihrer“ Patriarchen, welche fortgesetzte Versuche unternahmen, zwischen Anhängern und Gegnern der Lehrbeschlüsse von Chalkedon zu vermitteln, um die gefährdete Einheit von Reich und Reichskirche zu retten.6 Allem Anschein nach gibt es im Athanasianum nahezu keinen Satz, für den sich nicht eine oftmals wörtliche Parallele (vor allem aus Augustinus und in zweiter Linie aus Augustinusrezipienten wie Vincentius von Lerinum, Fulgentius von Ruspe und Caesarius von Arles, mithin durchweg nordafrikanisch-südgallischen Quellen) anführen ließe.7 Infolgedessen kann man den Verfasser (mit Turner) eher als „compiler“ denn als „creator“ bezeichnen.8 Allein, wann, wo und wie es zu dieser Kompilation kam, inhaltlich wie formal, und wozu sie dienen sollte, dazu gibt es einstweilen noch mehr Fragen als Antworten. Klar scheint nur zu sein, dass innerhalb der Entstehungsgeschichte des Athanasianum Spanien eine zunehmend große Rolle spielte, wozu passen würde, dass dessen Verbindungen nach Südgallien und Nordafrika stets besonders eng gewesen waren. Als es galt, nach den Verwüstungen infolge der Alanen-, Suewen- und Vandaleneinfälle (seit 409) die kirchlichen Strukturen auf der
4 Vgl. dazu etwa die Dokumentation in: Adolf Martin Ritter/Bernhard Lohse/Volker Leppin, Mittelalter, Neukirchen-Vluyn, (1980) 62008 (KThGQ II), Nr. 6, mit der Darstellung von Ekkehard Mühlenberg, Dogma und Lehre im Abendland, Göttingen 1999 (HDThG I2), 406–566, hier: 464f. 457f; ferner Uta Heil, Die Auseinandersetzungen um Augustinus im Gallien des 5. Jahrhunderts (bis 529), in: Volker Henning Drecoll (Hg.), Augustin Handbuch, Tübingen 2007, 558–564. 5 Vgl. die Dokumentation in Adolf Martin Ritter, Alte Kirche, Neukirchen Vluyn (1977) 92007 (KThGQ I), Nr. 67. 70. 73, und die dort angegebene Literatur sowie jetzt besonders das von Peter Gemeinardt hg. „Athanasius-Handbuch“, Tübingen 2011, mit seinen zahlreichen einschlägigen Artikeln. 6 Vgl. den Quellentext 3 zum Athanasianischen Symbol, in: QuM I, 33f. Die mit dem Constantinopolitanum II von 553 annähernd gleichzeitig erfolgte Landung von Truppen Kaiser Justinians I. im Süden der iberischen Halbinsel, mit dem Ziel der Wiedereinnahme Spaniens, erhöhte dort verständlicherweise die Animosität gegen Byzanz. 7 Drecoll, Symbolum Quicumque, 41. 8 Cuthbert Hamilton Turner, The History of Creeds and Anathemas in the Early Church, London 21910, 74, zit. bei Drecoll, Symbolum Quicumque, 41.
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iberischen Halbinsel zu erneuern, erwiesen sich diese Verbindungen als überlebenswichtig. Für den inneren Zustand des spanischen Katholizismus in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts sind die Dokumente zum ersten Konzil von Toledo9 besonders aufschlussreich, selbst wenn sich dieses Konzil und die ihm zugeschriebenen Beschlüsse bedauerlicherweise nur unsicher datieren lassen. Nach Ausweis dieser Dokumente fühlten sich die in Toledo Versammelten hauptsächlich durch den Priszillianismus herausgefordert,10 was mit besonderer Klarheit in den 18 (bzw. 12) Anathematismen zum Ausdruck kommt, aber auch in dem hier vor allem interessierenden Credo seinen Niederschlag gefunden hat; man denke nur an die nachdrückliche Betonung der realen Unterschiedenheit der trinitarischen „Personen“ (anders gesagt: an den Antimodalismus), wenn es gleich eingangs heißt: „Wir glauben an einen Gott, den allmächtigen Vater, und an unseren einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, und an einen Heiligen Geist als Gott. Wir verehren und bekennen nicht drei Götter, sondern Vater, Sohn und Heiligen Geist als einen Gott, [verstehen dies] Eins(sein) aber nicht so, als wäre Gott [eine] einsam[e Monade], noch [so, als wäre er] derselbe, der sich selbst Vater ist, selbst auch der Sohn ...“11 Sehr deutlich ist aber auch die Frontstellung gegen den „Arianismus“ (Homöismus); das Motiv bleibt jedoch in diesem Fall im Dunkeln. Sich mit der Glaubenslehre der germanischen Besatzer anzulegen war jedenfalls wohl erst denkbar, nachdem die Westgoten, durch die Franken aus ihrem Königreich Toulouse vertrieben, sich daran machten, ihre Herrschaft in Spanien zu festigen. Deren jahrzehntelanger Aufenthalt im römisch geprägten Aquitanien hatte sie nämlich einen behutsamen Umgang mit einer römischkatholischen Bevölkerungsmehrheit gelehrt.12 Fortan gehörte das Insistieren auf der korrekten („athanasianisch“-augustinischen) Trinitätslehre und unverfälscht „chalkedonischen“ Christologie zum Markenzeichen gerade des
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Vgl. den Quellentext 1 zum Athanasianischen Symbol, in: QuM I, 29–31. Entsprechend heißt es zu Beginn der dort verabschiedeten „Regeln des katholischen Glaubens“, sie seien contra omnes haereses et quam maxime contra Priscillianos gerichtet (MHS.C 4, 339). Zu Priszillian und dem Priszillianismus vgl. bes. die Mongraphien von Henry Chadwick, Priscillian of Avila. The Occult and the Charismatic, Oxford 1976; Virginia Burrus, The Making of a Heretic, Berkeley 1995. 11 Zu weiteren Antipriszillianismen (über den Antimodalismus hinaus) vgl. etwa Jacques Fontaines bündige Wiedergabe des Bildes, wie es sich aus den Bannflüchen des Toletanum I ergibt (Jacques Fontaine/Luce Pietri, Die großen missionarischen Kirchen: Spanien, Gallien, Britannien und Irland, in: Die Geschichte des Christentums. Bd. 2, hg. v. Charles und Luce Pietri, Freiburg u. a. 1996, 938–986, hier: 945). Nach Fontaine muss es offenbleiben, ob es sich dabei um die Lehre eines zweiten Priszillianismus handelt, „der erst nach der Hinrichtung des Irrlehrers entstanden war“, oder aber um „die esoterische Lehre“, die auf Priscillians Betreiben bislang „sorgfältig geheimgehalten worden war“. Wir können – und brauchen – hier jedoch darauf nicht weiter einzugehen. 12 Vgl. dazu die fesselnden Spanienkapitel von Jacques Fontaine in: Die Geschichte des Christentums. Bd. 3, hg. v. Luce Pietri, Freiburg u. a. 2001, 213–221. 398–411. 415–17. 10
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spanischen Katholizismus und seiner Synoden;13 darunter das IV. Toletanum (633), dessen Glaubensbekenntnis in manchem an das Athanasianum erinnert, ja dieses vorauszusetzen scheint.14 Doch ist das alles andere als gewiss,15 so dass es mit der Bezugnahme auf die Glaubensformeln des Toletanum I und III als Belegen für die besondere Rolle Spaniens innerhalb der altkirchlichen Symbolgeschichte im allgemeinen und der Vorgeschichte des Athanasianum im besonderen sein Bewenden haben kann. Als symbolgeschichtlich fruchtbar erwies sich freilich auch der Bereich (wohl Südfrankreich), dem beispielsweise der – sprachlich besonders schöne – sog. „Glaube des Damasus“ (Fides Damasi)16 zuzuordnen ist, eine früher Bischof Damasus I. von Rom oder seinem einstigen Sekretär Hieronymus zugeschriebene Glaubensformel, die aber rund ein Jahrhundert jünger sein dürfte als beide. Einzelne Elemente (wie das Filioque) sind allem Anschein nach später zugewachsen. In der breiten Darlegung des trinitarisch-christologischen Dogmas, dem zwei-, nicht dreiteiligen Aufbau und anderem mehr ähnelt sie, wie schon der Formel des Toletanum I, dem wohl etwas jüngeren, vermutlich ebenfalls Südgallien entstammenden Bekenntnis Clemens Trinitas (so seine Anfangsworte [„Die gütige Dreifaltigkeit“]),17 auch Fides catholica Sancti Augustini episcopi („Katholischer Glaube des heiligen Bischofs Augustin“) genannt, und nicht zuletzt dem Athanasianum. Rezeptionsgeschichlich betrachtet zeichnet sich dieses „athanasianische“ Bekenntnis allerdings vor den genannten Paralleltexten dadurch aus, dass bereits um 670 eine fränkische Synode in Autun in ihrem 1. Kanon verfügte, wenn ein Kleriker, welchen Ranges auch immer, nicht in der Lage sei, fehlerfrei das Symbol, „welches die Apostel unter Eingebung des heiligen Geistes überlieferten, sowie den Glauben des heiligen Athanasius, des Vorkämpfers“, aufzusagen, dann müsse er vom zuständigen Bischof gemaßregelt werden.18 Gemeint ist mit ersterem so gut wie sicher das Apostolicum, ebenso wie es gleich anschließend für die fides sancti Athanasii praesulis kaum einen einleuchtenderen Anwärter gibt als das Athanasianum. Dessen besonderes Ansehen bezeugt ferner, dass es schon seit dem 9. Jahrhundert, und zwar in zunehmendem Maße, Kommentierungen erfuhr,19 in einer Serie, die bis in 13
Vgl. die Darstellung von José Orlandis/Domingo Ramos-Lisson, Die Synoden auf der Iberischen Halbinsel bis zum Einbruch des Islam (711), Paderborn 1981 (Konziliengeschichte, Reihe A), ab 95, bes. 341–343 („Die Glaubensformeln und Glaubensbekenntnisse“). 14 Vgl. MHS.C 5, 181,334–183,364. Vgl. den Anfang: „Gemäß den hl. Schriften nämlich und der von den hl. Vätern überkommenen Lehre bekennen wir, dass Vater, Sohn und Hl. Geist einer einzigen Gottheit und Substanz angehören. Die Dreifaltigkeit in der Verschiedenheit der Personen glaubend und die Einheit in der Gottheit verkündigend, vermengen wir weder die Personen, noch trennen die Substanz ...“. 15 So mit Recht Drecoll, Symbolum Quicumque, 38. 16 Vgl. den Quellentext 3 zum Athanasianischen Symbol, in: QuM I, 33f. 17 Zum Text vgl. etwa DH 73f. 18 Vgl. den Quellentext 4 zum Athanasianischen Symbol, in: QuM I, 34. 19 Vgl. die Zusammenstellung bei Andrew Ewbank Burn, The Athanasian Creed and its Early Comentaries, Cambridge 1896 (TaS 4), samt Edition der wichtigsten Kommentare.
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die Spätscholastik hinein nicht wieder abbrach. Im selben 9. Jahrhundert, womöglich aber auch schon mindestens ein Jahrhundert früher, hat es nachweislich in das Stundengebet der mittelalterlichen Kirche Eingang gefunden,20 zu dessen privater Rezitation im 12. Jahrhundert jeder Kleriker als Einzelperson verpflichtet wurde, so dass auch Martin Luther spätestens seit seiner Priesterweihe, wenn nicht schon als Mönch, mit „S. Athanasii Symbolon“21 wohlvertraut war. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, wenn es der große Franziskanertheologe Alexander von Hales in seiner „Theologischen Summe“22 den beiden anderen altkirchlichen Hauptbekenntnissen, dem Apostolicum und dem „Nicaenum“, förmlich gleichstellte. – Wir fragen: Was befähigte das Athanasianum zu dieser Vorzugsstellung? Man kann nur Vermutungen anstellen, etwa die, dass nicht zuletzt Wortwahl, kunstvoller Satzbau aus „lauter gleichmäßig gebildeten thesenartigen Gliedern“23 und sorgfältig ausgesuchte Rhythmik24 dabei eine Rolle spielten, weil sie das Memorieren erleichterten und auch die später übliche gemeinsame Rezitation aus dem Gedächtnis begünstigten. Doch, wie schon can. 1 von Autun lehrt, war unser Symbol ursprünglich als Basis für die Unterweisung des Klerus gefragt, sein hymnischer Gebrauch hingegen sekundär.25 Dass sich am Ende eines längeren Prozesses Athanasius als Patron und Namengeber für das Symbolum Quicumque durchsetzte dürfte zumindest auch mit dem besonderen Interesse zusammenhängen, welches das Abendland seit langem an dem Alexandriner nahm. Man war dort offensichtlich nicht überall glücklich mit dem Erbe des Augustinus, des nachmaligen doctor gratiae,26 sondern empfand es teilweise eher als Last. So war man zumindest für Alternativen offen oder hielt es in jedem Falle für wichtig,
20 Genauer: in den Ablauf des sonntäglichen Morgengebetes (Prim), aus dem es erst 1954 verschwand; seither wird es nur noch am Trinitatisfest liturgisch rezitiert; vgl. dazu die Quellennachweise bei Suitbert Bäumer, Geschichte des Breviers, Freiburg/Br. 1895, 253f (danach scheint das Symbolum Quicumque bereits Anfang des 8. Jh.s zur Prim gebetet worden zu sein). 21 Vgl. WA 50, 262–265. Zur Wertschätzung des Athanasianum bei Calvin vgl. Stephen M. Reynolds, Calvin’s View of the Athanasian and Nicene Creeds, in: WThJ 23 (1960) 33–38. 22 Alexander von Hales, Summa theologica, Pars III, inq. II, tract. II, quaest. II, tit. I, in: AHST 4, 1122–1144. 23 So Hans Lietzmann in seiner Einleitung zu den drei altkirchlichen Symbolen, in: BSLK XIV. 24 Vgl. die einschlägigen Nachweise bei Kelly, The Athanasian Creed, 60–65, wo, wohl zurecht, aus den Beobachtungen geschlussfolgert wird, es sei „im höchsten Maße wahrscheinlich, dass das Quicumque, in seiner Endgestalt zumindest, das Werk eines einzelnen Autors ist, der zu einer einzigen Zeit schrieb“ (64). 25 So, wohl ebenfalls mit Recht Kelly, The Athanasian Creed, 109f. (allein die Verwendung einer so schulmeisterlichen Wendung wie sicut supra dictum est [Satz 27] gebe dem Leser das Gefühl, sich in einer Schulklasse, nicht im Chorraum einer Kirche [bzw. in einem Kirchenchor] zu befinden!). Zu weiteren Faktoren, die zum erstaunlichen „Erfolg“ unserer Kompilation beigetragen haben mögen, vgl. Drecoll, Symbolum Quicumque, 45–49. In der Reformationszeit war das Singen des Symbolum Quicumque, z. B. in der Vesper (als Option neben dem Magnificat, Te Deum oder Benedictus), ganz geläufig: vgl. WA 26, 230,23; WA 50, 198,7.10; 531,10. 26 Vgl. o. S. 51f, Anm. 2–4.
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Augustinus im Sinne des vinzentinischen Verständnisses des Katholischen27 „traditionell“ zu verorten und einzubinden. Und wer kam da eher in Frage als „Athanasius“, der vorgebliche Verfasser von De trinitate und Schildwächter der nizänischen Orthodoxie? Auf solch verschlungenen Pfaden wird der Alexandriner in den Augen des Westens auch zum Bürgen des augustinischen Filioque avanciert sein, das im Athanasianum ebenso fest verankert ist wie zuvor besonders in der spanischen Lehrtradition (seit dem I. Toletanum); am „echten“ Athanasius hingegen hatte es schwerlich eine eindeutige Stütze.
Überlieferung Der unten gebotene lateinische Text in der Fassung des lateinischen Konkordienbuches von 1584 entspricht – außer in der Unterteilung in Paragraphen und der Durchzählung der einzelnen Sätze, die dort fehlen, jedoch der leichteren Zitierbarkeit wegen nicht fehlen sollten – im Allgemeinen dem des Römischen Breviers (Sonntagsoffizium zur Prim in den Ausgaben vor 1954; vgl. DH 75f), bis auf die im kritischen Apparat verzeichneten Abweichungen. Als lateinisches Original gilt seit langem der von Cuthbert Hamilton Turner rekonstruierte Text,28 dessen – nicht selten nur von einer einzigen Handschrift (B = Ambrosianus O 212 sup. [aus Bobbio], s. VII od. VIII) bezeugte – Abweichungen von der oben gebotenen Version ebenfalls im kritischen Apparat verzeichnet werden. Die deutsche Übersetzung folgt wiederum dem Luthertext („Die drey Symbola ...“) WA 50, 262–283 (hier: 263,31–265,38) bis auf die im kritischen Apparat genannten (gewichtigeren) Ausnahmen.29
27 Vgl. Vincentius von Lerinum, Commonitorium pro catholicae fidei antiquitate et universitate II, 5, in: PL 50, 640 (CChr.SL 64, 149,25f). Danach gelten folgende Bestimmungen als Kriterien des Katholischen: „was allenthalben, allezeit und von allen geglaubt worden ist, das nämlich ist wahrhaft und eigentlich katholisch“ (quod ubique, quod semper, quod ab omnibus creditum est; hoc est enim vere proprieque catholicum). 28 Vgl. Cuthbert Hamilton Turner, A Critical Text Of The Quicumque vult, in: JThS 11 (1910), 401–411. 29 Zur Benutzung und Einschätzung des Athanasianum bei Luther und Melanchthon vgl. den von den beiden Reformatoren zusammen verfassten „Unterricht der Visitatoren“ (WA 26, 230,23); ferner „Von Konziliis und Kirchen“ (WA 50, 531,10); die Schmalkaldischen Artikel (WA 50, 198,7–10); darüber hinaus finden sich zahlreiche Hinweise auf Einzelaussagen des Quicumque (im Personenregister der WA verzeichnet: WA 63, 588f). Zu Melanchthon vgl. etwa dessen unvollendeten Entwurf einer Antwort der Protestanten an Nicolaus Granvella in Worms vom 25. November 1540, in: CR 3, 1168–1171; hier: 1171; Melanchthons Vorrede zu Luthers Deutschen Werken Bd. 6 (1553), in: CR 8, 1–8 (hier: 4); weitere relevante Stellen sind bei Peter Fraenkel, Testimonia Patrum. The Function of the Patristic argument in the theology of Philipp Melanchthon, Genf 1961, 147–151 zitiert und besprochen. Zu Zwinglis Sicht vgl. außer den bei Alfred Schindler, Zwingli und die Kirchenväter, Zürich 1984, 50–52 (hier: 51) besprochenen Stellen auch etwa den Brief der Zürcher Geistlichkeit an Luther vom 30. August 1539 bezüglich der „Marburger Artikel“ von 1529, in: WA.B 8, 547,13–20 (Nr. 3383); zu Calvin vgl. Reynolds, Calvin’s view; vgl. auch Jan Koopmans, Das altkirchliche Dogma in der Reformation, München 1955 (BEvTh 22), 45–48.
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Symbolum Athanasii contra Arianos scriptum
Das drittea Bekenntnus oder Symbolum, heißt Sancti Athanasii, welches er gemacht hat wider die Ketzer, Ariani genannt, und lautet also:
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(1) Quicumque vult salvus esse, ante omnia opus est, ut teneat catholicam fidem, (2) quam nisi quisquea integram inviolatamque servaverit, absque dubio in aeternum peribit.
(1) Wer da will selig werden, der muss für allen Dingen den rechten christlichen Glauben haben. (2) Wer denselben nicht ganz und rein hält, der wird ohne Zweifel ewiglich verloren sein.
(3) Fides autem catholica haec est, utunum deum in trinitate et trinitatem in unitate veneremur (4) neque confundentes personas neque substantiam separantes.
(3) Dies ist aber der rechte christliche Glaube, dass wir ein einigen Gott in drei Personen und drei Personen in einiger Gottheit ehren, (4) und nicht die Personen in einander mengen, noch das göttlich Wesen zertrennen.
(5) Alia est enim persona patris, aliab filii, aliac spiritus sancti; (6) sed patris et filii et spiritussancti una est divinitas, aequalis gloria, coaeterna maiestas.
(5) Ein andere Person ist der Vater, ein andere der Sohn, ein andere der heilige Geist. (6) Aber der Vater und Sohn und heiliger Geist ist ein einiger Gott, gleich in der Herrlichkeit, gleich in ewiger Majestät.
(7) Qualis pater, talis filius, talisd spiritus sanctus: (8) increatus pater, increatus filius, increatus spiritus sanctus; (9) immensus pater, immensus filius, immensus spiritus sanctus; (10) aeternus pater, aeternus filius, aeternus spiritus sanctus (11) et tamen non tres aeterni, sed unus aeternus;
(7) Welcherlei der Vater ist, solcherlei ist der Sohn, solcherlei ist auch der heilige Geist: (8) der Vater ist nicht geschaffen, der Sohn ist nicht geschaffen, der heilige Geist ist nicht geschaffen. (9) Der Vater ist unermesslich, der Sohn ist unermesslich, der heilige Geist ist unermesslich. (10) Der Vater ist ewig, der Sohn ist ewig, der heilige Geist ist ewig; (11) und sind doch nicht drei Ewige, sondern es ist ein Ewiger;
a quis Turner (nach B bzw. gegen die Mehrzahl der HSS) | b und | c alia [persona] Lesart B, von Turner nicht in Text | d talis et Turner (nach B)
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ander Luther (WA 50, 263,31)
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(12) gleichwie auch nicht drei Ungeschaffene noch drei Unermessliche, sondern es ist ein Ungeschaffener und ein Unermesslicher.
(12) sicut nontres increati nec tres immensi, sed unus eincreatus et unus immensuse.
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(13) Also auch der Vater ist allmächtig, der Sohn ist allmächtig, der heilige Geist ist allmächtig; (14) und sind doch nicht drei Allmächtige, sondern es ist ein Allmächtiger.
(13) Similiter omnipotens pater, omnipotens filius, omnipotens spiritus sanctus; (14) et tamen non tres omnipotentes, sed unus omnipotens.
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(15) Also der Vater ist Gott, der Sohn ist Gott, der heilige Geist ist Gott; (16) und sind doch nicht drei Götter, sondern es ist ein Gott.
(15) Ita deus pater, deus filius, deus spiritus sanctus; (16) et tamen non tres dii suntf, sedunus estg deus.
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(17) Also ist der Vater der Herr, der Sohn ist der Herr, der heilige Geist ist der Herr; (18) und sind doch nicht drei Herrn, sondern es ist ein Herr.
(17) Ita dominus pater, dominus filius, dominus spiritus sanctus, (18) et tamen non tres domini, sed unush dominus.
(19) Denn gleichwie wir müssen nach christlicher Wahrheit eine jegliche Person für sich Gott und Herrn bekennen, also können wir im christlichen Glauben nicht drei Götter oder drei Herren nennen.
(19) Quia, sicut singulatimi unamquamque personam jdeum acj dominum confiteri christiana veritate compellimur, ita tres deos aut treskdominos dicere catholica religione prohibemur.
(20) Der Vater ist von niemand weder gemacht, noch geschaffen, noch geboren. (21) Der Sohn ist allein vom Vater, nicht gemacht, nicht geschaffen, sondern geboren. (22) Der heilige Geist ist vom Vater und vom Sohn, nicht gemacht, nicht geschaffen, sondern ausgehend.
(20) Pater a nullo est factus nec creatus nec genitus; (21) filius a patre solo est, non factus nec creatus, sed genitus; (22) spiritus sanctus a patre et filio, non factus nec creatus nec genitus, sed procedens.
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e – e inmensus ... increatus Turner (nach B) | f nicht in Brev. Rom. und Turner g nicht in Brev.Rom. und Turner h unus est Brev.Rom. | i singillatim Brev.Rom. und Turner | j – j et deum et Turner | k nicht in Brev.Rom. und Turner (mit der Mehrzahl der HSS)
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(23) Unus ergo pater, non tres patres; unus filius, non tres filii; unus spiritus sanctus, non tres spiritus sancti.
(23) So ist’s nu. Ein Vater, nicht drei Väter, ein Sohn, nicht drei Söhne, ein heiliger Geist, nicht drei heilige Geister.
(24) Etl in hac trinitate nihil prius aut posterius, nihil maius aut minus, (25) sed totae tres personae coaeternae sibi sunt et coequales: itaut per omnia, sicut jam supra dictum est, et mtrinitas in unitate et unitas in trinitatem veneranda sit.
(24) Und unter diesen drei Personen ist keine die erste, keine die letzte, keine die grösßeste, keine die kleineste; (25) sondern alle drei Personen sind miteinander gleich ewig, gleich groß: auf dass also, wie gesagt ist, drei Personen in einer Gottheit und ein Gott in drei Personen geehrt werde.
(26) Qui vult ergo salvus esse, ita de trinitate sentiat.
(26) Wer nu will selig werden, der muss also von den drei Personen in Gott halten.
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(27) Sed necessarium est ad aeternam salutem, ut incarnationem quoque domini nostri Iesu Christi fideliter credat. (28) Est ergo fides recta, ut credamus et confiteamur, quia dominus noster Iesus Christus dei filius et deusn et homo est:
(27) Es ist aber auch not zur ewigen Seligkeit, dass man treulich gleube, dass Jesus Christus, unser Herr, sei wahrhaftiger Mensch. (28) So ist nu dies der rechte Glaube, so wir gleuben und bekennen, dass unser Herr Jesus Christus Gottes Sohn, Gott und Mensch ist:
(29) deuso ex substantia patris ante saecula genitus, et homop ex substantia matris in saeculo natus; (30) perfectus deus, perfectus homo ex anima rationaliq et humana carne subsistens; (31) aequalis patri secundum divinitatem, minor patre secundum humanitatem.
(29) Gott ist er aus des Vaters Natur vor der Welt geborn, Mensch ist er aus der Mutter Natur in der Welt geborn: (30) Ein vollkommener Gott, ein vollkommener Mensch mit vernünftiger Seele und menschlichem Leibe. (31) Gleich ist er dem Vater nach der Gottheit, kleiner ist er denn der Vater nach der Menschheit;
(32) Qui, licet deus sit et homo, non duo tamen, sed unus est Christus;
(32) und wiewohl er Gott und Mensch ist, so ist er doch nicht zween, sondern ein Christus;
l nicht in Turner | m – m unitas in trinitate et trinitas in unitate Brev.Rom. | n deus pariter Turner | o deus est Turner p homo est Turner | q rationabili Turner
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(33) einer, nicht dass die Gottheit in die Menschheit verwandelt sei, sondern dass die Gottheit hat die Menschheit an sich genommen. (34) Ja, einer ist er, nicht dass die zwo Natur vermenget sind, sondern dass er eine einige Person ist. (35) Denn gleichwie Leib und Seel ein Mensch ist, so ist Gott und Mensch ein Christus,
(33) unus autemnon conversione divinitatis in carnemr, sed assumptione humanitatis in deums; (34) unus omnino, non confusione substantiae, sed unitate personae. (35) Nam sicut anima rationalist et caro unus est homo, ita deus et homo unus est Christus.
(36) welcher gelitten hat umb unser Seligkeit willen, zur Höllen gefahren, am dritten Tage auferstanden von den Todten, (37) aufgefahren gen Himmel, sitzet zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters. Von dannen er kommen wird zu richten die Lebendigen und die Todtenb,
(36) Qui passus est pro salute nostra, descenditu ad inferos, vtertia die resurrexitv a mortuis, (37) ascendit ad caelos, sedetw ad dexteram xdei patris omnipotentisx, inde venturus esty iudicare vivos et mortuos.
(38) und seiner Zukunft müssen alle Menschen auferstehen mit ihren eigenen Leiben, und müssen Rechenschaft geben, was sie gethan haben. (39) Und welche gutes gethan haben, werden ins ewige Leben gehen; welche aber böses gethan, ins ewige Feur.
(38) Ad cuius adventum omnes homines resurgere habent cumz corporibus suis; et reddituri sunt de factis propriis rationem; (39) et qui bona egerunt, ibunt in vitam aeternam, qui vero mala, in ignem aeternum.
(40) Das ist der rechte christliche Glaube; wer denselben nicht fest und treulich gleubt, der kann nicht selig werden.
(40) Haec est fides catholica, quam nisi quisquea fideliter firmiterque crediderit, salvus esse non poterit.
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todten Luther (WA 50, 265,31)
carne Turner | s deo Turner | t rationabilis Turner | u discendit Turner v – v surrexit Turner | w sedit Turner x – x patris Turner (gegen die Mehrzahl der HSS) | y nicht in Turner | z in Turner (gegen die Mehrzahl der HSS) | a quis Turner (nach B bzw. gegen die Mehrzahl der HSS)
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Die Confessio Augustana bearbeitet von Gottfried Seebaß (†) und Volker Leppin
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Die Confessio Augustana Einleitung (Volker Leppin) Entstehung1 Als Kaiser Karl V. zum Augsburger Reichstag einlud, äußerte er sich zur Religionsfrage in einer äußerst vorsichtigen Weise: Jede Seite möge ihr „gutbeduncken, opinion und maynung“ darlegen2. Diese dem Anschein nach auf Ausgleich hinlenkende Formulierung dürfte durch das kaiserliche Bemühen mitverursacht worden sein, die Reichsstände in der Auseinandersetzung mit den türkischen Heeren auf eine einheitliche Haltung – und die damit verbundene Finanzierung des Krieges – einzuschwören. Als Aufforderung, sich zur Sache zu äußern, haben dies diejenigen Stände angesehen, die sich im Jahre 1529 in Speyer vermittels einer Protestation gegen jenen Reichstagsbeschluss gewandt hatten, der das Wormser Edikt wieder zweifelsfrei in Kraft gesetzt und damit den seit dem ersten Speyerer Reichstag (1526) durch dessen dissimulierende Formel bestehenden Schwebezustand beendet hatte. In erster Linie bereitete das Kurfürstentum Sachsen die erbetene Stellungnahme vor, die im internen Gebrauch zunächst in der Regel als „Apologie“ bezeichnet wurde. Dabei konnte man bereits auf Vorarbeiten zurückgreifen: Mit den Schwabacher Artikeln (vgl. QuM I, 37–42) stand bereits ein Text zur Verfügung, der 1
Als ich im Jahre 2009, nach dem Tod von Gottfried Seebaß, die Verantwortung für die Edition der Confessio Augustana übernommen habe, waren die editorischen Grundentscheidungen bereits getroffen und wichtige Vorarbeiten für die Edition geleistet. Daher erscheint diese Edition mehr ein halbes Jahrzehnt nach dem Tod von Gottfried Seebaß unter unser beider Namen. An dem Projekt, das sich über lange Jahre hingezogen hat, hat eine große Anzahl von studentischen Hilfskräften mitgearbeitet, deren Namen sich nicht vollständig rekonstruieren lassen. Aus der Zeit meiner eigenen Verantwortung für die Edition der Confessio Augustana in Jena und Tübingen danke ich Barbara Häußler, Christoph Rätz, Caroline Wendel, Charlotte Klingelhöffer und insbesondere der Gruppe, die mit weit über das erwartbare Maß hinausgehender Intensität die entscheidenden abschließenden Jahre an dem Projekt gewirkt hat: Janna Brakensiek, Corinna Ehlers und Jonathan Reinert. Ein zusätzlicher besonderer Dank gilt Frau Dr. Gudrun Litz, Ulm, für Unterstützung beim Lesen schwer entzifferbarer Handschriftenpassagen; Herrn Manfred Krzok, Tübingen, und Herrn Prof. Dr. Andreas Müller, Kiel, für Hilfe beim Lesen der griechischen Passagen (insbesondere im Quellenband); Herrn Prof. Dr. Christoph Burger, Amsterdam, und Herrn Prof. Dr. Sven Grosse, Basel, für Auskünfte zu relevanten Stellen bei Johannes Gerson; Herrn Prof. Dr. Andreas Odenthal, Tübingen, für Unterstützung beim Nachweis eines liturgischen Textes; Herrn PD Dr. Christopher Voigt-Goy, Mainz, für formale und inhaltliche Hilfe bei Kirchenrechtsnachweisen; Herrn Prof. Dr. Ludwig Vones, Köln, für Auskünfte zu Ramiro II. von Aragón sowie für archivalische Auskünfte zu den Handschriften: Herrn Archivdirektor Dr. Lokers, Lübeck; Herrn Archivrat Haslauer, Coburg; Frau Zeltner, Familienarchiv Scheurl. 2 Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530. Nach den Originalen und nach gleichzeitigen Handschriften hg. v. Karl Eduard Förstemann. Bd.1: Von dem Ausgange des kaiserlichen Ausschreibens bis zu der Uebergabe der Augsburgischen Confession, Halle 1833, 8.
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Confessio Augustana
grundlegend die neue Lehre vorstellte; inhaltlich hatte er immerhin durch die Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach und die Reichsstadt Nürnberg auch über Sachsen hinaus Zustimmung gefunden, auch wenn beide Stände „sich (…) von allen Bündnissen fern“ hielten3. Allerdings hatte man sich mit den Städten Ulm und Straßburg auf dem sogenannten „Zwietrachtskonvent“ (Hans von Schubert) in Schmalkalden vom 29. November bis 3. Dezember 1529 nicht auf diesen Text verständigen können. Zudem bot die Reihe von Artikeln zwar gewichtige theologische Grundüberlegungen, aber hinsichtlich der praktischen Reformvorschläge war sie nicht aussagekräftig. Daher gab Kurfürst Johann der Beständige, der das Reichstagsausschreiben am 11. März erhielt, schon drei Tage später eine theologische Stellungnahme in Auftrag. Der erste Entwurf entstand wohl am 15./16. März 1530 unter Mitwirkung Luthers. Es folgten weitere Beratungen am Hof in Torgau, für die Melanchthon bestimmend wurde. Am 27. März war er in Torgau und bearbeitete nun und in der Folgezeit die Stellungnahme der Wittenberger. Im Wesentlichen ging es in diesem ganzen Prozess zunächst darum, die vorhandenen Schwabacher Artikel um solche zu ergänzen, die konkret auf die in Sachsen und anderen reformatorischen Ständen geänderte kirchliche Praxis eingingen und im Kern den späteren zweiten Teil der Confessio Augustana vorbereiteten. Die genaue Textgeschichte und -gestalt der Torgauer Artikel konnte bislang nicht rekonstruiert werden; wahrscheinlich handelt es sich gar nicht um einen fest umreißbaren Textbestand, sondern um eine Anzahl unterschiedlicher Stellungnahmen zu einzelnen Sachproblemen. Die Diskussion um die „spänigen Artikel“ XXI–XXVIII der späteren Confessio Augustana zog sich jedenfalls noch bis kurz vor deren Überreichung hin. Diese erhielt durch die Vorarbeit eine Doppelstruktur: Während der erste Teil (in der endgültigen Fassung Art. I–XXI) in einem im Grundsatz versöhnlichen Ton die Übereinstimmung der reformatorisch Gesonnenen mit der gemeinchristlichen Lehre darlegen sollte, stellte der zweite Teil (Art. XXII–XXVIII) die vollzogenen Änderungen und damit die Differenzen vor, versuchte aber zugleich deren Gewicht durch die klare Unterscheidung der hier verhandelten geänderten Missbräuche von den christlichen Lehren des ersten Teils zu minimieren. Diese Gestalt des gesamten Textes geht, wie der Großteil der weiteren Bearbeitung, auf Philipp Melanchthon im Vorfeld und der Anfangsphase des Reichstages zurück. In das Geschehen in Augsburg konnte Martin Luther nicht mehr eingreifen, der aufgrund der über ihn verhängten Reichsacht auf der Coburg verharren musste. Die sächsische Delegation traf ohne ihn am 2. Mai in Augsburg ein; vom 12. Mai an waren auch die Hessen da und Melanchthon bemühte sich, beide Stände zu einem gemeinsamen Bekenntnis zu verbinden.
3 Wilhelm Maurer, Historischer Kommentar zur Confessio Augustana. Bd. 1: Einleitung und Ordnungsfragen, Gütersloh 1976, 21f.
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In diesem Kontext formte sich dann immer mehr die beschriebene Gesamtstruktur des Bekenntnistextes aus. Anfänglich scheint sich Melanchthon hinsichtlich der Lehrartikel noch recht eng an den Schwabacher Artikeln orientiert zu haben (Maurer, Historischer Kommentar I, 43), hat dabei aber intensiv an den strittigen Artikeln des späteren zweiten Teils gearbeitet. Einen ersten Entwurf konnte der Kurfürst schon am 11. Mai Luther zusenden (WA.B 5, 311f [Nr. 1564]). Er enthielt – wenn man mit Wilhelm Maurer Luthers deutlich späteren Brief vom 21. Juli an Justus Jonas hierauf beziehen kann, was sich aus Diskrepanzen zum endgültigen Text der Confessio Augustana tatsächlich nahelegt (Maurer, Historischer Kommentar I, 41) –, wie wenige Wochen später auch Na (vgl. u.), noch nicht den späteren Artikel XXI über die Heiligen4. Auf den Text reagierte der Reformator am 15. Mai mit der berühmten Bemerkung: „Denn ich so sanfft und leise nicht tretten kan“ (WA.B 5, 319 [Nr. 1568,7f]), die nach dem heutigen Stand der Forschung nicht nur Skepsis (so noch einmal deutlich in WA.B 5,496 [Nr. 1657,9]), sondern auch den Respekt vor der Leistung Melanchthons ausdrückte. Etwa zeitgleich ergab sich aber aus weiteren Gründen die Notwendigkeit zu einer gründlichen Überarbeitung der lehrhaften Teile der Apologie: Mitte Mai wurde den Sachsen bekannt, dass der Kaiser nicht bereit war, die Schwabacher Artikel anzuerkennen – diese mussten entsprechend grundlegend bearbeitet werden, ohne dass die Protestierenden jedoch die Substanz aufzugeben bereit oder in der Lage waren. Gleichzeitig aber intensivierte Melanchthon auch – wie sein Schreiben an Luther vom 22. Mai (WA.B 5,335f [Nr. 1576,27–32]; MBW 915 [MBW.T 4/1, 185–189]) dokumentiert – seine Arbeit am zweiten Teil, insbesondere den Themen von CA 27 und 28 (vgl. auch das zeitlich etwas frühere Gutachten MBW 895 (MBW.T 4/1, 137–140; Förstemann, Urkundenbuch I, 87–91 [Nr. 27C]). Hauptanliegen war es angesichts der bedrängenden Situation, einen solchen Text zu formulieren, den die altgläubige Seite nicht unbesehen abweisen konnte. Man arbeite an dem Text, so die Nürnberger Gesandten am 28. Mai an Rat und Bürgermeister ihrer Stadt, „des Versehens, denselben je solcher Gestalt zu stellen und darzuthun, daß man nit wohl vorüber komme, man muß dennoch den Handel hören“ (CR 2,71 [Nr. 705]). Den in dieser Zeit erreichten Zwischenstand dokumentiert die Handschrift Na (vgl. QuM I, 47–71), welche die in Nürnberg erstellte Übersetzung eines lateinischen 4 Maurer, Historischer Kommentar I, 41, schließt weiter aus Luthers Bemerkung „de antichristo Papa“, dass in der Luther vorliegenden Fassung durchaus vom Papst die Rede gewesen sei, nur eben nicht von ihm als Antichrist, und dass demnach dort noch eine Förstemann, Urkundenbuch I, Nr. 27C entsprechende Formulierung eingerückt gewesen sei. Diese Deutung hängt aber an einem prädikativen Verständnis der Formulierung „de antichristo Papa“, die so nicht zwingend ist: Deutet man „antichristus“ lediglich als ein für Luther naheliegendes Epitheton für den Papst, so besagt seine Aussage nicht mehr als den Umstand, dass, wie in den anderen Entwürfen auch, die CA seit Anfang Mai (wohin Maurer, Historischer Kommentar I, 40, Förstemann, Urkundenbuch I, Nr. 27C datiert) vom Papst gänzlich schwieg.
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Textes darstellt, den die Nürnberger Abgesandten am 3. Juni an ihre Heimatstadt sandten (CR 2,83 [Nr. 712]). Der Text zeigt nun eine deutliche „Umarbeitung der Schwabacher Artikel“ (Maurer, Historischer Kommentar I, 46), wobei die Nachstellung der thematisch eng mit CA II verbundenen Artikel XVII und XVIII (entspr. CA XVIII und XIX) auf einen redaktionellen Prozess hindeuten dürfte (Maurer, Historischer Kommentar I, 44). Am 15. Juni traf der Kaiser in Augsburg ein – und bildete wider Willen einen Katalysator für die Bemühungen der Protestanten um eine gemeinsame Apologie. Er forderte am folgenden Tag, dem Fronleichnamstag, „al Churfürsten vnd Fürsten zu sich […], auff meinungen gros ampt, nachmals ein Procession mit dem Sacrament zuhalten“ (Förstemann, Urkundenbuch I, 270 [Nr. 95]), also an einem Messgottesdienst und der Fronleichnamsprozession teilzunehmen – ein Ansinnen, das für die Protestanten eine erhebliche Provokation darstellte. Dies wurde noch dadurch verschärft, dass der Kaiser den protestierenden Fürsten auferlegte, „das Ir kur- vnd f.g. Irer predicanten predigen hie zw Augspurg abschaffen sollen“ (Förstemann, Urkundenbuch I, 268 [Nr. 93]). Unter diesem Eindruck drängte der brandenburgische Kanzler Georg Vogler am 16. Juni 1530 zu einem raschen Ergebnis (Förstemann, Urkundenbuch I, 280 [Nr. 96]). Das Produkt, die Handschrift Nü1 (vgl. QuM I, 79–85), zeigt, dass man hierfür nicht nur bereit war, auf die Zufügung des zweiten Teils, also der strittigen, „spänigen“ Artikel zu verzichten, sondern offenbar auch noch nicht die Artikel XX und XXI im Blick hatte. Die inhaltlichen Motive und Schwierigkeiten lassen sich dabei insbesondere an Art. XX ablesen, der das aus Sicht der Altgläubigen außerordentlich heikle Problem der Frage der guten Werke noch einmal anging, obgleich es schon in Art. VI angesprochen worden war. In den verbleibenden neun Tagen aber erhielt die Confessio Augustana ihre endgültige Gestalt, wozu auch die Zufügung einer Vorrede gehörte (vgl. die Entwürfe in QuM I: 72–74 [Wa]; 86–91 [Ja]). Die Verhandlungen waren dabei dadurch erschwert, dass die Handlungsvollmacht der Delegierten – wie etwa die oben erwähnte Korrespondenz zwischen den Nürnberger Gesandten und ihrem Rat zeigt – begrenzt war. Auch die sächsische Delegation ihrerseits nahm Kontakt mit dem auf der Coburg weilenden Reformator Luther auf; aber widrige Umstände führten dazu, dass die Interaktion sich schwierig gestaltete. Seine kritischen Töne zum Verzicht auf heikle Themen wie etwa das Papstamt, dessen Behandlung zwischenzeitlich vorgesehen war (vgl. Förstemann, Urkundenbuch I, 87.96 [Nr. 27]), erklären sich unter anderem aus diesen kommunikativen Schwierigkeiten; später hat er sich die Confessio Augustana voll und ganz zueigen gemacht. Hinzu kam, dass die Protestanten ihre Basis deutlich über Sachsen hinaus verbreitern wollten und mussten, dabei aber unter Zeitdruck gerieten: Am 20. Juni wurde der Reichstag eröffnet, und Pfalzgraf Friedrich wiederholte im Auftrag des Kaisers die Aufforderung des Ausschreibens, „Opinion vnnd
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Meinung der berurten Irrung vnnd zwispalt, auch misbreuch halben […] zu Teutsch vnnd latein Inn schrifft stellen vnnd vberanntworten“ zu lassen (Förstemann, Urkundenbuch I, 309 [Nr. 102]). Noch am selben Abend trafen sich die Abgeordneten von Kursachsen, Ansbach, Hessen, Lüneburg und Nürnberg zu weiteren Beratungen. Bereits für den 24. Juni war die Vorlage des Bekenntnisses vorgesehen, was dann noch um einen Tag hinausgezögert wurde. Hinsichtlich der inhaltlichen Debatten, die zum Text der Confessio Augustana führten, zeigen die Textvarianten neben den erwähnten Artikeln XX, XXVII und XXVIII auch den für die reformatorische Theologie schlechterdings zentralen Art. IV über die Rechtfertigung als einen mehrfach variierten Text, was aber wohl weniger an seiner internen Strittigkeit gelegen haben dürfte als an dem Bemühen, dieses Thema besonders ausgefeilt zu präsentieren. Hinzu kam, dass parallel zum deutschen ein lateinischer Text erstellt werden musste, der die Rezipierbarkeit im Rahmen der theologischen Fachsprache sicherte. Beide Fassungen waren zwar eng aufeinander bezogen, aber der lateinische Text stellte nicht einfach eine Übersetzung dar – vielmehr zeigt sich etwa am Abendmahlsartikel (Art. X), dass Nuancen in der Bedeutung dazu genutzt werden konnten, die Akzeptanz unter den Beteiligten zu verbreitern. Als besonderer Erfolg ist zu werten, dass Hessen sich zur Unterzeichnung bereit fand, während Straßburg, Konstanz, Lindau und Memmingen die gemeinsame Front nicht zu teilen vermochten und mit der Confessio Tetrapolitana ein eigenes Bekenntnis vorlegten. Diejenigen Exemplare des deutschen und lateinischen Textes, die an eben dem 25. Juni, an welchem der kursächsische Kanzler Christian Beyer das Bekenntnis verlas (CR 2, 142 [Nr. 743]), übergeben wurden, existieren nicht mehr. Entsprechend lässt sich die reichsrechtlich eigentlich relevante Fassung nicht eindeutig greifen und auch nicht klar rekonstruieren. Der rege Redaktionsprozess hat eine Fülle divergierender Handschriften hervorgebracht. Für die Kollation lagen 27 handschriftliche Zeugen zum deutschen und 17 handschriftliche Zeugen zum lateinischen Text vor. Angesichts des dichten Arbeitsprozesses ist eine vollständige Stemmatisierung außerordentlich schwierig und konnte für den begrenzten Rahmen einer benutzerorientierten kritischen Ausgabe auch nicht geleistet werden. Hinsichtlich der Variabilität des Textes unterscheiden sich Handschriften, die vor der Verlesung des Textes entstanden, nicht eindeutig von den späteren. Lediglich für unvollständige Texte wird man in der Regel mit einer gewissen Sicherheit eine Datierung vor dem 25. Juni 1530 ansetzen – und eine Zuordnung zur oben dargestellten Entstehungsgeschichte postulieren – können. Noch im Jahre 1530 setzte auch das Bemühen um Druckausgaben ein, die ersten als Versuche, das Geschehen in Augsburg zu dokumentieren, ohne dabei durch Melanchthon oder andere Beteiligte autorisiert zu sein. Erst 1531 – also deutlich nachdem der Kaiser aufgrund der durch altgläubige Theo-
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logen verfassten Confutatio die Annahme der Confessio Augustana verweigert hatte – erschienen bei Georg Rhau in Wittenberg Ausgaben des deutschen wie des lateinischen Textes, die von den Wittenbergern ausdrücklich als autorisierte Texte gestaltet wurden. Die, soweit erschließbar, jeweils erste autorisierte Ausgabe, die Editio princeps, wird der hier vorliegenden Edition zugrunde gelegt: Lateinischer Text: CONFESSIO FIDEI || exhibita inuictiss. Imp. Carolo V. || Caesari Aug. in Comicijs || Augustae || Anno || M. D. XXX. || Addita est Apologia Confessionis. || Beide, Deudsch || und Latinisch. || Psalm. 119. || Et loquebar de testimonijs tuis in con=||spectu Regum, & non confundebar, Wittenberg: Georg Rhau 1531. VD 16 C 4735; Ex: Melanchthon-Haus Bretten, Sig.: C 131, A1r–F6v Wilhelm Heinrich Neuser, Bibliographie der Confessio Augustana und Apologie 1530–1580, Nieuwkoop 1987 (Bibliotheca Humanistica & Reformatorica 37), 53 (Nr. 8) Drucke: Förstemann, Urkundenbuch I, 470–559 (Nr. 107) CR 26, 263–336 CR 26, 351–416 (als Varianten im Apparat) BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat)
Die Editio princeps des lateinischen Textes erschien wohl nach Abschluss der Arbeit an der hiermit zusammen veröffentlichten Apologie im Mai/Juni 1531. Auf welcher handschriftlichen Grundlage die Herausgabe erfolgte, ist nicht zwingend zu erschließen. In jedem Falle hat Melanchthon den Text weiter bearbeitet und die Ausgabe daher selbst als „recognita[m] et emendata[m]“ bezeichnet (vgl. u.). Deutscher Text: Confessio odder Be=||kantnus des Glau=||bens etlicher Fürsten || und Stedte: Uber=||antwort Keiserlicher || Maiestat: || zu Augspurg. || Anno M. D. XXX. || Apologia der Confessio. Wittenberg: Georg Rhau 1531, AA1r–II4v. Ex.: UB Heidelberg, Sig.: Sal. 108,7 Neuser, Bibliographie, 55f. (Nr. 12a) Eine Zuordnung dieser Ausgabe zu einer der im VD 16 verzeichneten Wittenberger Quartausgaben von 1531 (VD 16 C 4734, C 4735, C 4736, C 4737, ZV 3798) ist aufgrund abweichender Erkennungslesarten und Exemplarzuordnungen leider nicht möglich. Drucke: CR 26,537–688 (nach einem der Drucke von 1531) CR 26,723–768 (als Varianten im Apparat nach einem der Drucke von 1531) BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat nach einem der Drucke von 1531)
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Da Jonas länger an der Übersetzung der Apologie arbeitete, die zusammen mit der CA herausgebracht werden sollte, erschien die deutsche Editio princeps wohl erst im Herbst 1531. Da Melanchthon auch in diesem Fall weiter an der CA arbeitete, ist auch hier die handschriftliche Vorlage nicht mit Sicherheit zu identifizieren. Die Absicht dieser Editiones principes macht Melanchthon in seinem Geleitwort „Ad lectores“ zur lateinischen Ausgabe deutlich: „Haec confessio prorsus ignorantibus principibus, qui eam Caesari exhibuerunt, ab avaro aliquo typographo ante duos menses publicata est. Et ita excusa est, ut multis in locis appareat de industria depravatam esse. Cum autem principes, nec si velint, queant eam nunc e manibus hominum extorquere et tamen periculum sit, ne mendae illae primae editionis pariant novas calumnias, necesse fuit recognitam et emendatam denuo edere, quia non solum ad existimationem principum, sed etiam ad religionem pertinet praestare, ne ipsorum titulis spargantur in vulgus huius generis mendosa scripta. Quare nunc emittimus probe et diligenter descriptam confessionem ex exemplari bonae fidei.“ (A2r)
Es ging also in beiden Fällen um eine verbesserte, vor allem aber die fehlerhaften Ausgaben korrigierende Edition. Von der in Augsburg übergebenen Fassung weicht diese mit Sicherheit in großem Umfang ab. Sie dokumentiert aber jenseits dieser reichsrechtlichen Ebene den für die innere Selbstverständigung des reformatorischen Lagers gedachten Text der Bekenntnisschrift, also jene Fassung, die zwar in ihrer Grundform noch das Ringen um Verständigung zeigt, aber im Einzelnen nicht von diplomatischen Rücksichten getragen, sondern von dem Bewusstsein der mangelnden Anerkennung durch die andere Seite geprägt ist. Sie wurde auch der entscheidende Referenztext für die weiteren Bezugnahmen auf die Confessio Augustana und ihren Text, auch dort, wo dieser weiter bearbeitet wurde. Wirkung Obwohl die Editio princeps eine Verfestigung des Textes der Confessio Augustana darstellte, hatte der Text hiermit nicht eine Fassung erhalten, die ihn in den Augen ihres wesentlichen Verfassers und der anderen Beteiligten unveränderlich gemacht hätte. Ein reichsrechtlicher Status kam ihm ohnehin nur ex negativo durch die Ablehnung in Augsburg zu. Positiv diente er der zunehmenden Selbstverständigung der Evangelischen innerhalb des Reiches. Der Schmalkaldische Bund machte das Augsburger Bekenntnis zum entscheidenden Referenztext seines Zusammenschlusses. Entsprechend war auch der Beitritt Straßburgs durch ein hermeneutisches Ringen um die potenzielle Akzeptanz der Confessio Augustana ermöglicht und begleitet. Den ersten wichtigen Schritt hierzu stellten die Verhandlungen auf dem Schweinfurter Tag vom 30. März bis zum 9. Mai 1532 dar, in deren Verlauf
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Martin Bucer darlegen konnte, dass die Straßburger sich als konform mit der Confessio Augustana verstehen konnten. Möglicherweise stellte dies bereits den konkreten Hintergrund für die Bearbeitung des deutschen Textes dar, welche 1533 erschien und daher gemäß der von Bindseil im Corpus Reformatorum etablierten und von Wilhelm Neuser in der Bibliographie zur CA aufgegriffenen Zählung als Confessio Augustana variata prima gilt (Auszüge: QuM I, 108–118). Mit der Wittenberger Konkordie vom 28. Mai 1536 wurde eine weitere Bearbeitung nötig: Auch wenn der Text der Konkordie so formuliert ist, dass Luther und die anderen Wittenberger eine von den Straßburgern vorgelegte Interpretation von Abendmahl und Taufe als CA-konform akzeptierten, hatte dies, zumindest in den Augen Melanchthons, Rückwirkungen auf das Selbstverständnis der sächsischen Theologie. Als daher im Zuge der Reichsreligionsgespräche die interne Verständigung der Evangelischen dringlicher wurde, sah er die Notwendigkeit zu einer neuerlichen Bearbeitung gegeben. In der strengen Zählung nach Bindseil und Neuser handelt es sich bei dem nun 1540 herausgebrachten Text um die Confessio Augustana variata secunda; häufig wird aber auf die Feinunterscheidung von insgesamt sechs Fassungen verzichtet und diese Ausgabe wegen ihrer einschneidenden Veränderungen schlicht als Confessio Augustana variata geführt (vgl. QuM I, 119–167). Die neuerliche Bearbeitung von 1542 erschien dann als Confessio Augustana variata tertia (vgl. QuM I, 168–218; zu den weiteren Bearbeitungsstufen vgl. Neuser, Bibliographie, 16). Die Wirkungsgeschichte der Confessio Augustana bis 1580 war überwiegend eine ihrer variierten Fassungen. Die lateinische Texttradition folgt dabei weitgehend A35W oder auf dieser Basis bearbeiteten Fassungen (vgl. u.). Dies gilt auch für die Jenaer Lutherausgabe (Jena: Christian Rödingers Erben 1558 [VD 16 L 3427; Neuser, Bibliographie, 76 (Nr. 47)]). Vereinzelt aber finden sich nun auch wieder Drucke, die der Editio princeps nahestehen (Rostock: Stephan Myliander 1561 [VD 16 C 4720; Neuser, Bibliographie, 83 (Nr. 55)]; Tübingen: Ulrich Morhart 1571 [VD 16 C 4725; Neuser, Bibliographie, 119 (Nr. 102)]; Königsberg: Georg Osterberger 1577 [VD 16 ZV 24954; nicht in Neuser, Bibliographie); Konkordienbuch Leipzig: Georg Deffner 1584 [VD 16 K 2006; nicht in Neuser, Bibliographie]). Deutlicher ist die Rückkehr zur Editio princeps in der deutschsprachigen Texttradition: 1546–1557 gehen alle Drucke nach der Fassung W33R (vgl. u.) bzw. deren Modifikation durch die Ausgabe Wittenberg: Georg Rhau 1540 [VD 16 C 4752; Neuser, Bibliographie, 62 (Nr. 22)]. Mit der Jenaer Lutherausgabe von 1557 (Jena: Christian Rödingers Erben 1557 [VD 16 L 3331; Neuser, Bibliographie, 72 (Nr. 41)]) aber beginnt man wieder auch nach der deutschen Editio princeps zu drucken. Ab 1561 gehen bis auf Wittenberg: Georg Rhaus Erben 1561 [VD 16 C 4765; Neuser, Bibliographie, 84 (Nr. 58)], der den bisherigen Wittenberger Drucken und damit W33R folgt, alle Drucke nach der Editio princeps. Erst der Druck Frankfurt/Oder: Johann Eichorn 1576 [VD 16 C 4779; Neuser,
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Bibliographie, 124 (Nr. 108)] folgt dann einer Nü2 eng verwandten Fassung. Dieser Textversion steht das Konkordienbuch [VD 16 K 1991 bzw. ZV 20351] nahe. Hierzu wurde allerdings eine von August von Sachsen erbetene Handschrift der Mainzer Erzkanzlei zugrunde gelegt, die „in Mainz bona fide für das Original gehalten wurde“ (Heinrich Bornkamm in: BSLK XIX). Möglicherweise geht sie mit Nü2 auf eine gemeinsame Vorlage zurück. Durch die vorausgesetzte historische Konstruktion aber wurde ein Textus receptus geschaffen, der bis zur Neuedition 1930 trotz wissenschaftlicher Kritik Bestand hatte. Editionsprinzipien Für die vorliegende Edition der Confessio Augustana wurde noch unter Leitung von Gottfried Seebaß die Entscheidung getroffen, weder dem Text des Konkordienbuches und damit dem über Jahrhunderte geltenden textus receptus zu folgen noch eine „mit den heutigen Mitteln der Wissenschaft erreichbare ursprüngliche Gestalt“ zu rekonstruieren (so BSLK VII). Gegen letzteres spricht die editionsphilologische Einsicht in die Problematik der Konstruktion von vermeintlich ursprünglichen Texten. Diese Skepsis muss dann aber grosso modo auch dem Text von 1580 gelten, da dieser, wie dargelegt, selbst nach den Mitteln seiner Zeit dem Versuch Ausdruck gab, einen ursprünglichen Text zu rekonstruieren, worin ihm aber nicht gefolgt werden kann. Diesen kritischen Einsichten folgend, wurde ein Text zugrunde gelegt, der 1. in dieser Fassung nachweislich existiert hat und 2. von seinen Autoren selbst als gültige Fassung angesehen wurde: eben die Editio princeps von 1531. Ihr Ziel war es, die vagabundierende Texttradition zu korrigieren und zugunsten eines von den Reformatoren verantworteten Textes zu vereinheitlichen. Entsprechend wird der Text der o.g. Drucke in leicht vereinheitlichender Weise wiedergegeben. Der Einsicht Rechnung tragend, dass es sich hierbei zwar um einen autorisierten, nicht aber um einen ursprünglichen Text handelt, wird die Textkritik durch zwei Apparate erschlossen: 1. den entstehungsgeschichtlichen und 2. den wirkungsgeschichtlichen Apparat. Der entstehungsgeschichtliche Apparat dokumentiert all jene Texte, die vor Erscheinen der Editio princeps entstanden sind und daher positiv-beeinflussend oder als Vorlage für Korrekturen auf diese eingewirkt haben. Im Sinne der Ausrichtung der hier vorliegenden Ausgabe als Grundlage für den Bekenntnisschriftengebrauch in Kirche und Theologie ist die Anzahl der herangezogenen Zeugen erheblich reduziert worden. Für die Auswahl wurden sämtliche vorliegenden Handschriften und Drucke aus der fraglichen Zeit mindestens anhand einzelner Artikel probekollationiert. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurden die Zeugen mit markanten und für mehrere Zeugen repräsentativen Abweichungen zur Wiedergabe im Apparat ausgewählt. Die Erstellung eines umfassenden Stemmas mit entsprechenden möglichen Folgen für eine veränderte Zeugenauswahl muss © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525521045 — ISBN E-Book: 9783647521046
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einer späteren umfassenden kritischen Edition für wissenschaftliche Zwecke vorbehalten bleiben. In einzelnen Fällen – bei den Artikeln IV, XX, XXVII und XXVIII im deutschen Text – sind die Varianten im entstehungsgeschichtlichen Bereich so erheblich, dass eine Darstellung dieser Varianten in Form eines Apparates die Les- und Erschließbarkeit erheblich beeinträchtigt hätte. Daher werden diese Artikel nach den wichtigsten Zeugen in synoptischer Übersicht nebeneinander geboten. Der wirkungsgeschichtliche Apparat hingegen verzeichnet all jene Zeugen, die die Editio princeps tradieren. Der theologisch wie textgeschichtlich hochkomplexe Fall der variatae wurde dabei in der Weise behandelt, dass, dem allgemeinen Prinzip dieser Bekenntnisschriften-Ausgabe folgend, diese Texte angesichts des Umfangs der in ihnen enthaltenen Abweichungen eigens im Quellenband (QuM I) gedruckt sind. Im vorliegenden wirkungsgeschichtlichen Apparat werden nur eindeutig zuzuordnende knappe Varianten aus diesen Texten in extenso wiedergegeben; ausführlichere Varianten hingegen werden durch Verweise auf den Quellenband (unter Angabe der Seiten und Zeilen sowie von Incipit und Explicit) erschlossen und sind somit über diesen Begleitband eindeutig identifizierbar: So wird im lateinischen Text für W40R (CA variata secunda) und W42R (CA variata tertia) bei den Artikeln II, IV–VI, XV, XX–XXIII, XXV und XXVI jeweils für den gesamten Artikel auf die Variante im Quellenband verwiesen, weil insgesamt ein völlig anderer Text geboten wird, auch wenn einzelne Elemente (oft in anderer Reihenfolge) übernommen wurden; auf Art. XXIV (für W42R auch 28) wird zur Hälfte detailliert und zur Hälfte im Ganzen verwiesen. Die Editionsprinzipien des Quellenbandes wiederum bringen es mit sich, dass die weitere Textgeschichte der variatae nicht nachgewiesen ist. Auch dies muss einer späteren umfassenden Edition für den wissenschaftlichen Gebrauch vorbehalten bleiben.
Überlieferung Im entstehungsgeschichtlichen Apparat verzeichnete Zeugen a) Im entstehungsgeschichtlichen Apparat werden zum deutschen Text Varianten aus folgenden Handschriften und folgendem Druck verzeichnet: Co Standort: Staatsarchiv Coburg LA B 2443 fol. 1r–42r. Die Handschrift entstammt der (ca. 1620 angelegten) Registratur des Konsistoriums, die in das Herzogliche Haus- und Staatsarchiv des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha und mit diesem in das Staatsarchiv Coburg eingegangen ist. Berbig meint überdies, aus der Handschrift eine Provenienz aus der kursächsischen Kanzlei feststellen zu können, die aber nach heutigem Stand nicht als gesichert gelten kann. Die Handschrift ist selbstständig, ohne
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Einbindung in einen anderen Aktenband, überliefert. Innerhalb von Art. XX (zwischen 12v und 13r) wechselt die Schreiberhand; Berbig nimmt sogar vier Schreiber an und erklärt dies durch die gleichzeitige Arbeit unterschiedlicher Schreiber aufgrund einer Handschrift. Es fehlen die Unterschriften von Philipp Landgraf von Hessen, Johann Friedrich von Sachsen und Franz von Lüneburg. Druck: Georg Berbig, Die Deutsche Augsburgische Konfession nach der bisher unbekannten Coburger Handschrift, in: ZKG 24 (1903), 435–474
Ha Standort: zuletzt im Familienarchiv Scheurl, heute verschollen. Die Handschrift wird in der bisherigen Forschung unter mehreren Siglen geführt: Nü1 (Gußmann, vgl. u.), Nb (Maurer, Historischer Kommentar; Ficker, vgl. u.), N1 (BSLK). Die Handschrift wurde 1925 von Wilhelm Gußmann im Germanischen Nationalmuseum im Bestand der Familie von Scheurl aufgefunden. In der Folgezeit ging sie wieder in das Familienarchiv über, wo sie sich noch 1930 befand; heute ist sie nach Auskunft des Archivs verschollen. Die Aufnahme folgt daher der Ausgabe von Ficker (vgl. u.) und trägt hier dementsprechend das Siglum Ha; für die im Faksimile – wohl zum Teil aufgrund von Beschädigungen des Originals – nicht lesbaren Stellen wurde auf die Transkription Fickers zurückgegriffen. Der Schreiber war offenbar Angehöriger der Nürnberger Kanzlei. Seine gut lesbare und zuverlässige Hand begegnet auch sonst in Nürnberger Akten aus dem Zusammenhang des Reichstages. Ob eine zweite Hand, die den Text noch einmal korrigiert hat, die von Scheurl war, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Die Zuordnung zu dessen Besitz dürfte darauf verweisen, dass dieser das ursprünglich amtliche Stück behalten hat, nachdem dieses durch die endgültige Fassung überholt war. Demnach wäre die Handschrift noch in Augsburg entstanden und würde in das Vorfeld der Überreichung der CA gehören. Sie kommt der endgültigen Fassung aber schon recht nahe. Nach Wilhelm Maurer lässt sich die Entstehungszeit noch präziser eingrenzen. Hiernach wurde die Handschrift am 15. Juni 1530 von den Nürnberger Reichstagsgesandten dem Rat ihrer Heimatstadt gesandt und stand im Zusammenhang des Bemühens um eine Verbreiterung der Trägerschaft der CA über Kursachsen hinaus; daher enthält sie nur die Artikel, noch keine Vorrede, keinen Epilog und keine Unterschriften. In diesem Zusammenhang zeigt die Handschrift einen starken Rückgriff auf die Schwabacher Artikel sowie einzelne Textumstellungen. Art. XIV, XX und XXI wurden in diesem Stadium neu eingefügt.
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Drucke: Die Augsburgische Konfession in ihrer ersten Gestalt als gemeinsames Bekenntnis deutscher Reichsstände. Zum 25. Juni 1930 in Lichtdrucktafeln, hg. im Einverständnis mit der v. Scheurl’schen Familie von der Gesellschaft der Freunde der Universität Halle-Wittenberg, hg. und eingel. v. Johannes Ficker, Halle 1930 (Schriften der Gesellschaft der Freunde der Universität Halle-Wittenberg 2) BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat) Lit.: Gußmann, Wilhelm, Eine neue Augustana-Handschrift, in: ThLBl 46 (1925), 209–214
Lü Standort: Archiv der Hansestadt Lübeck, Altes Senatsarchiv Ecclesiastica Katholische Religion Vol. I fasc. 11, fol. 1r–31v. Die Handschrift weist im Zusammenhang der Unterschrift eine auffällige Gemeinsamkeit mit Mar, Nü2 und M30W auf: Am Schluss der Unterschriften ist Albrecht Graf zu Mansfeld eingefügt, der in der Editio princeps und zahlreichen Handschriften fehlt. Die Provenienz der Handschrift lässt sich beim derzeitigen Stand der Forschung nicht genau bestimmen. Druck: BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat)
Mar Standort: Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 3 Nr. 258, fol. 58r–108r. Diese Handschrift wird in der älteren Literatur als Hess. 2 (Förstemann, Urkundenbuch I), Codex Casselanus/Cass. (CR), Marburg (Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession), oder M (BSLK) geführt. Sie gilt als eine Handschrift mit hoher Nähe zum überreichten Text; möglicherweise handelt es sich um jenes Exemplar, das Philipp von Hessen oder seine Räte aus Augsburg in die Heimat gebracht haben. Die Nennung der Unterzeichner in der Vorrede und ein späterer Korrekturvorgang weisen allerdings darauf hin, dass der in der Handschrift gebotene Text mit dem überreichten Wortlaut nicht vollends identisch ist. Überliefert wurde die Handschrift in dem den Reichstag von Augsburg 1530 betreffenden Aktenband des ehemals kurfürstlich hessischen geheimen Staatsarchivs. Wie in Lü ist, im Unterschied zur Editio princeps, am Schluss der Unterschriften Albrecht Graf zu Mansfeld eingefügt. Drucke: Förstemann, Urkundenbuch I, 375–441 (als Varianten im Apparat zu Nr. 106) CR 26, 537–688 (als Varianten im Apparat) Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession5, 64–231 (als Varianten im Apparat) BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat)
5 Paul Tschackert (Hg.), Die unveränderte Augsburgische Konfession deutsch und lateinisch nach den besten Handschriften aus dem Besitze der Unterzeichner. Kritische Ausgabe mit den wichtigsten Varianten der Handschriften und dem Textus receptus, Leipzig 1901.
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Nü1 SA Nürnberg, Rep. 111, Ansbacher Religionsakten, Tom. XV, fol. 18r–25r. Zur historischen Einordnung und den Drucken vgl. QuM I, 79. Nü2 Standort SA Nürnberg, Rep. 111, Ansbacher Religionsakten, Tom. XV, fol. 58r–102v. Zur historischen Einordnung und den Drucken vgl. QuM I, 94. Wei1 Standort HSA Weimar, Reg. E, fol. 37a, Nr. 90a, f. 32r–62v bzw. nach neuer Zählung 1–32. Zur historischen Einordnung und den Drucken vgl. QuM I, 75. Wü Standort: StA Würzburg, Würzburger Reichstagsakten 14, fol. 44r–93r. Die Handschrift wurde in der bisherigen Literatur unter den Siglen Würzb. (Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession) und W (BSLK) geführt. Sie ist in einem dem 16. Jahrhundert entstammenden Band der Würzburger Reichstagsakten überliefert und entstammt nach Tschackert „den Ausgleichsverhandlungen, die der Übergabe der Konfession gefolgt sind“ (Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession, 18). Hierfür spricht auch die weitreichende Übereinstimmung mit der Handschrift der Mainzer Erzkanzlei. Der Text wurde mindestens bis Art. IV, evtl. bis Art. VI aufgrund eines anderen Überlieferungsträgers korrigiert. Dabei wird die erhebliche Differenz bei Artikel IV am Rande notiert: „diser artickell stimbt von wort zu worten nit ein“. Die von dieser Hand bis Art. VI eingefügten Artikelüberschriften werden bis Art. XX von einer weiteren Hand fortgesetzt. Drucke: BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat)
M30W = Magdeburg: Hans Walther 1530 Anzeigung vnd || Bekentnus des Glau=||bens vnd der lere / so die adpellieren=||den Stende Key. Maiestet / auff ytzygen tag || zu Augspurgk / öberantwort habend. || M. D. XXX. VD 16 C 4743; Ex.: StB PK Berlin, Sig.: Df 1503 R, A2r–D6v Neuser, Bibliographie, 52 (Nr. 5) Druck: CR 26, 537–688 (als Varianten im Apparat)
Aufgrund der hohen Anzahl von Abweichungen wurde dieser Druck und nicht der vermutlich erste Druck der CA bei Froschauer in Zürich in den Apparat aufgenommen. Beide gehören zu einer Gruppe von Drucken, die zum Teil noch während des Augsburger Reichstages, jedenfalls im Jahr 1530, entgegen dem ausdrücklichen Publikationsverbot des Kaisers erschienen. Nach Neuser, Bibliographie, 13 weisen diese Frühdrucke folgende inhaltlich
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relevante Gemeinsamkeiten gegenüber der Editio princeps auf: 1. Erläuterungen: „hat Calixtus than“ in Art. XXIII zum Zölibat (vgl. u. S. 136) und in Art. XXVII „Cantzler Parisiensis“ zu Gerson (vgl. u. S. 185), 2. Zusätze, „die den Leser und Korrektor als Zwinglianer ausweisen“, nämlich in Art. II „odder gebrechen“ als Erläuterung der Erbsünde (vgl. u. S. 96) und in Art. X „gegeben“ nach „gegenwertig“ (vgl. u. S. 104). 3. Polemik: in Art. XXVIII statt „ihnen“ [den Bischöfen] „den schelmen“ (vgl. u. S. 205) und im Epilog statt „Mönchen“ „Münichschelmen“ (vgl. u. S. 221). Wie in Lü, Mar und Nü2 ist am Schluss der Unterschriften Albrecht Graf zu Mansfeld eingefügt. b) Zum lateinischen Text werden im entstehungsgeschichtlichen Apparat Varianten aus folgenden Handschriften verzeichnet: Mar1 Standort: Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 3 Nr. 258, fol.40r–46r. Die Handschrift wird in der bisherigen Literatur unter den Siglen Hess. 1 (Förstemann, Urkundenbuch I), Casselanus 1 (CR), Marburgensis 1 (Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession) und M1 (BSLK) geführt. Sie befindet sich in derselben Akte wie Mar deutsch (vgl. o.) und Mar2 lateinisch und ist von derselben Hand wie letztere verfasst. Es handelt sich offenbar um einen für den hessischen Landgrafen bestimmten Text. Das Fehlen von Praefatio, Epilog und Unterschriften sowie der Art. XX und XXII– XXVIII mit Zählung des jetzigen Art. XXI als XX verweist nach Förstemann auf eine Nähe zu Wei1 und damit auf eine Abfassungszeit Ende Mai/Anfang Juni 1530. Allerdings ist Art. XXI schon weiter entwickelt, so dass man etwas später in den Juni gehen könnte. Eine durchgängige Bearbeitung in den Marginalien – von derselben Hand wie der Haupttext – weist auf Bibelstellen hin (im Apparat nicht ausgewiesen). Drucke: Förstemann, Urkundenbuch I, 470–559 (als Varianten im Apparat zu Nr. 107) CR 26, 263–336 (als Varianten im Apparat) BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat)
Mar2 Standort: Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 3 Nr. 258, fol. 2r–39r. In der bisherigen Literatur wird die Handschrift unter den Siglen Hess. 2 (Förstemann, Urkundenbuch I), Codex Casselanus 2 (CR), Marburgensis 2 (Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession) und M2 (BSLK) geführt. Die Handschrift entstammt demselben Aktenbestand wie Mar deutsch (vgl. dort) und Mar1, also aus dem Besitz des Landgrafen von Hessen. Sie wurde von derselben Hand wie Mar1 geschrieben, enthält aber den vollständigen Text der CA, basiert also wohl auf der auf dem Reichstag vorgelegten endgül-
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tigen Fassung. Sie weist am Rand zahlreiche Korrekturen von mindestens zwei Händen auf (im Apparat nicht ausgewiesen), die zum Teil der späteren Editio princeps nahestehen, also aus dem Kontext von deren Vorbereitung stammen könnten. Drucke: Förstemann, Urkundenbuch I, 470–559 (als Varianten im Apparat zu Nr. 107) CR 26, 263–336 (als Varianten im Apparat) Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession, 64–231 (als Varianten im Apparat) BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat)
Mü3 Standort: BSB München, Cgm 5920, fol. 165r–183r. Die Handschrift wird in der älteren Literatur unter den Siglen Reg. (Förstemann, Urkundenbuch I), Codex Ratisbonensis (CR; Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession) und R (BSLK) geführt. Die Handschrift ist in einem im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang des Reichstags angelegten Band von Reichstagsakten des Hochstifts Regensburg enthalten, den die regensburgischen Gesandten Kaspar von Gumpenberg und Augustin Ros angelegt haben dürften. Sie gehört also wohl zu dem Bestand der Handschriften, die den Konfutatoren vorlagen, aber es ist unsicher, ob diese Abschrift auf dem übergebenen endgültigen Text beruhte, oder, wie Förstemann und Bindseil vermuten, auf einer vorhergehenden Fassung vor der letzten Redaktion. Hierauf verweist insbesondere das Fehlen der Unterschriften, statt derer eine mit den CA-Unterzeichnern vermischte Liste der Teilnehmer am Marburger Gespräch nach der Vorrede steht, sowie die Zählung der Artikel, die im zweiten Teil neu beginnt und hier das Zwischenstück als „Prohemium“ mit 1 nummeriert (f. 165r). Ab einschließlich ‚Haec fere summa est doctrinae apud nos‘ in Art. XXI (vgl. u. S. 131) ist der gesamte folgende Text in einer anderen Hand verfasst. Die zum Teil erheblichen syntaktischen Umstellungen konnten nach den für diese Edition leitenden Prinzipien im Apparat nicht ausgewiesen werden. Drucke: Förstemann, Urkundenbuch I, 470–559 (als Varianten im Apparat zu Nr. 107) CR 26, 263–336 (als Varianten im Apparat) BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat)
Na Standort SA Nürnberg, A-Laden-Akten A 127 Nr. 7, fol. 128r–142v (früher: A-Laden-Akten, S L 68 Nr. 6) Zur historischen Einordnung und den Drucken vgl. QuM I, 47. Nü1 Standort: SA Nürnberg, Rep. 111, Ansbacher Religionsakten, Tom. XV, fol. 110r–127v (nach der alten Zählung 106r–123v)
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Die bisherige Literatur führt diese Handschrift unter den Siglen Codex Onoldinus (CR; Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession) und A (BSLK). Sie entstammt den Akten des Markgrafen Georg von Brandenburg-Ansbach, Religionsakten 1530, und befindet sich im selben Band wie Nü1 deutsch. Nach Tschackert weist die Voranstellung der Vorrede vor den Titel darauf hin, dass diese sekundär auf zuvor freigelassenen Blättern eingefügt wurde. Demnach handelt es sich um eine Fassung der CA zu einem Zeitpunkt, als die Artikel noch ohne Vorrede verhandelt wurden, also etwa Mitte Juni. Damit ist Nü1 ein wichtiger Zeuge für die Entstehung des Textes. Im Blick hierauf sind besonders die erheblichen Abweichungen in Art. XXVII und XXVIII zu beachten. Drucke: Förstemann, Urkundenbuch I, 470–559 (als Varianten im Apparat zu Nr. 107) CR 26, 263–336 (als Varianten im Apparat) Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession, 64–231 (Auswahl der wichtigsten Varianten im Apparat) BSLK 44–137 (als Varianten im Apparat)
Im wirkungsgeschichtlichen Apparat verzeichnete Zeugen a) Zum deutschen Text werden im wirkungsgeschichtlichen Apparat Varianten aus folgendem Druck verzeichnet: W33R = CA variata prima 1533 Confessio || odder Bekantnus || des Glaubens etlicher Für=||sten vnd Stedte / Vberantwort || Keiserlicher Maiestat / auff || dem Reichstag ge=||halten / || zu Augspurg / || Anno M.D.XXX. || Apologia der Confessio / || mit vleis emendirt. Wittenberg: Georg Rhau 1533. VD 16 C 4748; Ex.: Melanchthon-Haus Bretten, Sig.: C 133, A1r–F5v Neuser, Bibliographie, 58f (Nr. 16)
Zur historischen Einordnung und den weiteren Drucken vgl. QuM I, 108. b) Zum lateinischen Text werden im wirkungsgeschichtlichen Apparat Varianten aus folgender Handschrift und Drucken verzeichnet: Ber Standort: GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 14 Religionskonvente und Bündnisse der evangelischen Stände gegen die Katholiken, Nr. 7, Fasz. 6, fol. 78r–127r Die Handschrift wird in der bisherigen Literatur als Codex Wimariensis (CR; Tschackert, Die unveränderte Augsburgische Konfession), Weim. (Förste-
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mann, Urkundenbuch I) geführt. Das Kürzel „Ber“ verweist auf den aktuellen Archivort. Ber befindet sich im Aktenband vom Naumburger Fürstentag 1561 auf dem gleichen Papier wie die Konventakten. Auch die Handschrift verweist auf diese Entstehungszeit. Offenkundig handelt es sich um eine im Zusammenhang des Naumburger Fürstentages für den brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. erstellte Ausfertigung der CA. Sie ist wohl unmittelbar hernach ins kurfürstliche Archiv gelangt. Aufgrund dieses Entstehungszeitpunktes ist sie als einzige Handschrift in den wirkungsgeschichtlichen Apparat aufgenommen. Der Entstehungssituation entsprechend enthält sie vor der Praefatio ad Carolum Caesarem noch eine Praefatio ad Ferdinandum Caesarem (fol. 79r–84r). Für die Bearbeitungsstufe besonders interessant ist, dass „gratia“ häufig durch „remissio peccatorum“ (und z.T. außerdem) „et iustificatio“ ersetzt wurde. Drucke: Förstemann, Urkundenbuch I, 470–559 (als Varianten im Apparat zu Nr. 107) CR 26, 263–336 (als Varianten im Apparat)
A35W = Augsburg: Alexander Weißenhorn I, 1535 CONFESSIO FI=||DEI EXHIBITA INVICTISS. || IMP. CAROLO V. CAESARI AVG. || in Comiciis Augustae. ANNO || M. D. XXX. || ADDITA EST APOLOGIA || Confessionis. || Psalm. 119. || Et loquebar de testimonijs tuis in conspectu Regum, || & non confundebar. || M. D. XXXV. Augsburg: Alexander Weißenhorn 1535. VD 16 C 4710. Ex.: BSB München, Sig.: 4 H ref. 207, A1r–F2r Neuser, Bibliographie, 59 (Nr. 17)
Der Druck weist zusammen mit H35B (VD 16 C 4711; Neuser, Bibliographie, 59–60 [Nr. 18]) zahlreiche markante Varianten auf, die zum Teil auf einen Einfluss durch die deutsche Editio princeps verweisen, so die Variante in Art. XII: „docent remissionem peccatorum […] poenas purgatorii.“ Oft wird „gratia“ geändert in „remissio peccatorum“ oder vergleichbare Begriffe. Stärkere Änderungen weisen auch die Art. XXVII und XXVIII auf. Zahlreiche spätere Drucke sind von dieser Fassung abhängig, u. a die CA variata secunda und die CA variata tertia. W40R = CA variata secunda CONFESSIO || FIDEI EXHIBITA || INVICTISS. IMP. CAROLO || V. Caesari Aug. in Comicijs || AVGVSTAE. || ANNO. M. D. XXX. || Addita est Apologia Confessi=||onis diligenter recognita. || PSALMO. CXIX. || Et loquebar de testimonijs tuis in || conspectu Regum, et non con=||fundebar. Wittenberg: Georg Rhau 1540.
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VD 16 C 4713; Ex.: Melanchthon-Haus Bretten, Sig.: C 6, A1r–L4v Neuser, Bibliographie, 64 (Nr. 25)
Zur historischen Einordnung und den weiteren Drucken vgl. QuM I, 119. W42R = CA variata tertia CONFESSIO || FIDEI EXHIBITA IN=||VICTISS. IMP. CAROLO V. || Caesari Aug. in Comicijs || AVGVSTAE. || ANNO M. D. XXX. || Addita est Apologia Confeßionis || diligenter recognita. || Psalm. 119. || Et loquebar de testimonijs tuis || in conspectu Regum, || et non || confundebar. Wittenberg: Georg Rhau 1542. VD 16 C 4714; Ex.: Melanchthon-Haus Bretten, Sig.: C 8, A1r–H8r Neuser, Bibliographie, 65f (Nr. 28)
Zur historischen Einordnung und den weiteren Drucken vgl. QuM I, 168. Weitere, nicht kollationierte Drucke, die nicht in der Bibliographie zur CA von Neuser verzeichnet sind: Königsberg: Georg Osterberger 1577 (K77O) CONFESSIO || Oder || Bekentnis des || Glaubens / etlicher Für=||sten vnd Stedte: Vberant=||wortet Keiserlicher Maiestat: || Zu Augspurg. || Anno M.D.XXX. || Aus dem eltisten Exemplar / so im || 1531. Jar zu Wittenberg ausgan=||gen / von wort zu wort trew=||lich nachgedruckt. || Sampt einer Vorrede D. Johan=||nis Wigandi / Bischoffs auff || Pomezan. Königsberg: Georg Osterberger 1577. VD 16 C 4780, Ex.: Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek Jena, Sig.: 8 Theol. XXVII, 6
Ohne Ort: ohne Drucker 1577 (?77?) Augspurgische Confes=||sion vnnd Bekentnus / wie die || Anno 1530. vbergeben. || II. || Confutation / || Oder Wiederlegung der Papisten. || III. || Apologia / || Der Chur vnd Fürsten / etc. Ohne Ort: ohne Drucker 1577. VD 16 ZV 3803, Ex.: Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, Sig.: Df 1610
Frankfurt/Oder: Johann Eichorn 1577 (F77O) Die Vngeenderte / Rechte / Ware || Augspurgische Confession || Symbolum Germanicum || So auff dem Reichstage zu Augspurg / Anno M. D. XXX. Von || Churfürsten / Fürsten vnd Stenden / den 25. Junij im Keyserlichen Pallast offentlich || deutsch vnd lateinisch gelesen / vbergeben / bey des H. Röm. Reichs Ertzcantzlern dem || Churfürsten zu Mentz beygelegt / noch heutiges tages in Archiuis Jmperij alda vnter || andern Reichshendeln verwaret. Vnd aus dem Original vnd Protocol beiden Chur=||fürsten Sachsen vnnd Bran-
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denburg zugeschickt / endlich aus den Vidi=||mirten Exemplarn trewlich collationirt, vnd allen Chri=||sten zur bestendigen gewisheit vnd vngescheutem be=||kentnis zu gut in druck geben. || Georgius Celestinus Doctor. Frankfurt/Oder: Johann Eichorn 1577. VD 16 ZV 27115, Ex.: Domstiftsarchiv Brandenburg/Havel, Sig.: Ka 14a/149 (2)
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[A2r] Ad lectores aα
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Haec confessio prorsus ignorantibus principibus, qui eam Caesari exhibuerunt, ab avaro aliquo typographo ante βduos mensesβ publicata est. Et ita excusa est, ut multis in locis appareat de industria depravatam esse. Cum autem principes, nec si velint, queant eam nunc e manibus hominum extorquere, et tamen periculum sit, ne mendae illae primae editionis pariant novas calumnias, necesse fuit recognitam et emendatam denuo edere, quia non solum ad existimationem principum, sed etiam ad religionem pertinet praestare, ne ipsorum titulis spargantur in vulgus huius generis mendosa scripta. Quare nunc emittimus probe et diligenter descriptam confessionem ex exemplari bonae fidei. Addidimus et Apologiam, quae etiam Caes[arei] Maiestati oblata est. Verebamur enim futurum, ut alibi ederetur non foelicius quam edita est confessio. Quanquam autem adversarii placari nolint, tamen speramus omnes bonos ac prudentes viros ubique gentium his libellis lectis intellecturos esse, quod nullum dogma contra autoritatem scripturae sanctae et Catholicae Ecclesiae profiteamur, Sed quod nostri optimo iure quosdam abusus reprehenderint et praecipuis locis doctrinae Christianae, quaeγ ad id tempus perniciosissimis opinionibus obruti fuerant, lumen attulerint. De iustitia fidei omnia templa, monasteria, scholae, denique libri omnes theologorum recentium antea muti erant. In doctrina poenitentiae nusquam tradebatur certa et firma con[A2v] solatio conscientiarum. Nemo docebat peccata remitti per fidem in Christum. Doctrina satisfactionum carnificina erat conscientiarum. Sacramenta impie prophanata sunt, postquam recepta est opinio, quod ex opere operato iustificent. Et haecδ doctrinam fidei prorsus oppressit et multiplicem Idolatriam peperit. Traditiones humanae plus quam labyrinthi erant, quia partim Iudaicis ac superstitiosis, partim tyrannicis interpretationibus in infinitum auctae fuerant. Postea relaxatio traditionum collata fuit ad questum. Haec vitia nostri reprehenderunt, non ut Ecclesiasticam politiam dissolverent, sed ut gloriam Christi illustrarent, ut Evangelium nativae puritati restituerent, ut piis conscientiis consulerent. Neque nunc possunt deserere patrocinium veritatis, cum Christus dicat: Omnis, qui confitebitur me coram hominibus, confitebor et ego eum coram patre meo, qui in coelis est. Qui autem negaverit me coram hominibus, negabo et ego eum coram patre meo, qui in coelis est.1 Nunc igitur rogamus omnes bonos viros, ne de nobis tantum ex adversariorum scriptis aut clamoribus iuditium faciant, qui miris technis et calumniis veritatem obruere conantur, sed quod aequissimum est, audiant nos quoque a–a
nicht in Mar1, Mar2, Mü3, Na, Nü1
α – α nicht in Ber | β – β semestre A35W, W40R, W42R | opinio A35W, W40R, W42R 1
γ
qui A35W, W40R, W42R |
Mt 10,32f
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δ
danach:
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[AA2r] aAllerα durchleuchtigster Grosmechtigster Unüberwintlichster Keyser1, Allergnedigster herr, Als euer Keyserliche Maiestet kurtzb verschiener zeit2 einen gemeinen3 Reichstag alhie gen Augspurg gnediglichen ausgeschrieben, mit anzeig und ernstem beger von sachen unsern und des Christlichen namens erbfeind, den Türcken4, betreffend und wie demselben mit beharlicher hülff statlichen widderstanden, Auch wie der zwiespalden halben inn dem heiligen glauben und der Christlichen Religion gehandelt müge werden, zu rathschlagen und vleis anzukeren5, alle, eins jglichen gutbeduncken6, opinion und meynung, zwischen uns selbst inn lieb und güttigkeit zuhören, zuersehenc und zuerwegen und dieselben zu einer einigend 7 Christlichen warheit zu bringen und zuvergleichen, alles, so zu beyden teilen nicht recht ausgelegete oder gehandelt were, abzuthun und durch uns alle ein einiche und ware Religion anzunemen und zuhalten, und wief wir alle under einem Christo sind und streitten, Also auch alle inn einer gemeinschafft, kirchen und | einigkeit zu lebeng. hUnd wir, die unden benanten Chürfurst und Fürsten sampt unsern verwanteni h,j gleich andern Chürfursten, Fürsten
a – a nicht in Ha, Nü1, Wei1 | b nicht in M30W | c zuvorstehen Co, Lü, Nü2, Wü, M30W | d nicht in M30W | e auffgelegt M30W | f nicht in Lü | g danach: und von Gots gnaden uns Johannsen, h – h Und von Gotts gnaden uns Johannßen hertzogen zu hertzogen zu Sachssen und Nü2 | Sachssen etc. und churfursten, Georgen marggraven zu Branden, Ernsten hertzogen zu Braunschweig und Luneburgk, Phillipsen landtgraven zu Hessen etc., Johanns Friderichen hertzogen zu Sachssen, Frantzen hertzogen zu Braunschweig und Lunenburgk, fursten Wolffgangen zu Anhallt, Albrecht graff und her zu Mannsfeld und die baide gesannten der zweyer andern stadte Nurenberg und Reutling Co | i vertruwten M30W | j danach: churfursten Georgen marggrafen zu Brandenburg etc., Ernsten hertzogen zu Braunschweig und Lunenberg etc., Philipßen landgrafen zu Hessen, Johannsen Fridrichen hertzogen zu Sachssen, Frantzen hertzogen zu Braunschweig und Lunenburg, fursten Wolffgangen zu Anhalt, Albrechten graven und herrn zu Mansfeldt und die bede gesannten der zweier stett, Nurmberg und Reutlingen. Nü2 α
davor: Vorrhede W33R
Karl V., seit 1516 König von Spanien, seit 1519 römisch-deutscher König, 1520 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, 1556 Rücktritt. | 2 vor kurzem | 3 allgemeinen 4 Im späten Mittelalter, besonders seit dem Fall Konstantinopels (1453), verbreiteten sich vielfältige Vorstellungen und Bilder von „dem Türken“ als Bedrohung und Feind der Christenheit. Religiöse und politische Elemente griffen hierbei ineinander und wurden z.T. eschatologischapokalyptisch zugespitzt. Durch diverse militärische Vorstöße des osmanischen Reiches unter Suleiman dem Großen in den 1520er Jahren, v.a. der Belagerung Wiens 1529, wurde die politische Bedrohung des Heiligen Römischen Reiches durch „den Türken“ akut. Dies bildete neben der Glaubensfrage den dringendsten Anlass für den Augsburger Reichstag 1530. | 5 aufzuwenden 6 was man für ratsam hält, Ansicht | 7 einzigen
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et causam totam cognoscant, quae, cum ad gloriam dei, ad religionem et ad salutem animarum pertineat, nemini debet esse ignota.ε α a
[A3r] Praefatio ad Caesarem Carolum V. bc
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c
Invictissime Imperator, Caesar Auguste, Domined clementissime. Cum V.C.M. indixerit conventum Imperii Augustae, ut deliberetur de auxiliis contra Turcam atrocissimum haereditarium atque veterem Christianie nominis ac religionis hostem, quomodo illius scilicetf furori et conatibus durabili et perpetuo belli apparatu resisti possit, Deinde et deζ dissensionibus in causa nostrae sanctae religionis et Christianae fidei et ut in hac causa religionis partium opiniones ac sententiae inter sese in caritate, lenitate et mansuetudine mutua audiantur coram, intelligantur et ponderentur, ut illis, quaeg utrinque in scripturis secush tractata iaut intellectai suntj, ksepositis etk correctis, res illae ad unam simplicem veritatem et Christianam concordiam componantur et reducantur, ut de caetero a nobis una, sincera et vera religio colatur et servetur, utl quemadmodum sub uno Christo sumus et militamus, Ita in una etiam Ecclesia Christiana inm unitate etn concordia vivere possimus. Cumque nos infra scripti, | oElector et Principes cum aliis, qui nobis coniuncti sunto, perindep ut alii Electores etq Principes et Status ad praefata
b – b nicht in Mar1, Na: s. QuM I, 48,3–54,6 [Nach dem ... mit allem fleis gehalten hab] | c – c nicht in Mü3 | d nicht in Nü1 | e korr. aus: Christi Mar2 | f nicht in Mü3 | g danach: parum forsan probe Mar2, Nü1 | h nicht in Mar2, Nü1 | i – i nicht in Mü3 | j sint Mar2 | k – k nicht in Mü3 l utque Mar2, Mü3, Nü1 | m nicht in Mar2, Mü3, Nü1 | n nicht in Mü3 | o – o nicht in Mü3 p proinde Mü3 | q nicht in Mar2, Mü3, Nü1 ε
danach: Praefatio ad Ferdinandum Caesarem Ber [Text nicht aufgenommen] | ζ nicht in Ber
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und Stenden darzu erfordert, so haben wir uns darauff dermassen erhabenk 8, das wir sonder rhum mit den ersten hieher komen.9
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Und als denn auch Euerl Keyser. Maie.m be[AA2v]rurts10 Euer Kei. Maie. ausschreibens nund dem selbigen gemes dieser sachen halben, den glauben berürend, an Chürfursten, Fürsten und Stende inn gemein gnediglichen, auch mit hochstem vleis und ernstlich begert, das ein jglicher, vermüge vorgemelts11 E. Kei. Maie. ausschreibens,n sein gut beduncken12, opinion und meinung der selbigen irrungen, zwispalden und misbreuch halben etc. zu Deudsch und Latein inn schrifft stellen13 und uberantworten solten. Darauffo denn nach genomenemp bedacht und gehaltenem Rathq E. Keis. Maie. an vergangner Mitwochen ist furgetragen worden, als wolten wir auff unserm teil das unser vermoge E. Kei. Maie.β furtrags14 in Deudsch und latein auff heut freitag ubergeben. Hierumbr E. Kei. Ma. zu underthenigstem gehorsam uberreichen und ubergeben wir unser Pfarner, Prediger und ihrer leren, auch unsers glaubens bekentnus, was und welcher gestalt sie aus grunde Göttlicher heiliger schrifft | in unsern Landen, Fürstenthumen, Herschafften, Stetten und gebieten predigen, leren sund haltens. Und sind gegen E. Kei. Maie. unserm aller gnedigsten herrn wir inn aller underthenigkeit erbottig15, so die andern Chürfursten, Fürsten und Stende dergleichen gezwifachte schrifftliche ubergebung ihrer meinung odder opinion inn latein und deudsch itzt auch thun werden, das wir uns mit ihren liebden und ihnen gern von bequemen gleichmessigen wegen underreden. Und die sel[AA3r]bigen, so viel der gleicheit nach immer müglich, vereinigen wollen, damit unser beiderseitz als parten16 schrifftlich furbringen und gebrechen zwischen uns selbst in lieb und gütigkeit gehandelt und die selben zwispalden zu einer einigent waren Religion, wie wir alle unter einem Christo sind und streitten und Christumu bekennen sollen, alles nach laut offtgemelts17 E. Kei. Ma. ausschreibens und nach Gottlicher warheit, gefurt mügen werden, Als wir dennv auch Gott den Almechtigen mit höchster demut anruffen und bitten wollen, sein Gottlich gnad dazu zuverleihen.w
k erwogen Mar | l nicht in Co | m danach: zu underthenigster volgtuung Co, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | n – n nicht in Lü | o Daraus Wü | p gemeinem Co, Mar | q nicht in Lü | r danach: und Co, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | s – s halten und underrichten thun Co, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W t danach: und Co | u ihn M30W | v nicht in Wü | w danach: Amen. Co, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W β
nicht in W33R
8 aufgemacht 9 Teile des vorangegangenen Abschnittes sind annähernd wörtlich aus dem | Reichstagsausschreiben Karls V. zitiert; vgl. Karl Eduard Förstemann, Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530. Bd. 1, Halle 1833 (Nachdruck: Hildesheim 1966), 1–9 (Nr. 1). | 10 erwähnt | 11 vorher genannt | 12 was man für ratsam hält, Ansicht 13 schriftlich darlegen | 14 Aufforderung | 15 sich (in untertäniger Weise) bereit erklären 16 (Streit-)Parteien | 17 mehrfach genannt
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Comitia evocati simusη, ut Caesareo mandato oboedienter obsequeremur, mature venimus Augustam. Et quod citra iactantiam dictum volumus, inter primos affuimus. Cum igiturr V.C.M. Electoribus, Principibus [A3v] et aliis Statibus Imperii etiam hic Augustae sub ipsa initia horum Comitiorum inter caetera proponi fecerit, quod singuli Status Imperii vigore Caesarei Edicti suam opinionem et sententiam in germanica et latina lingua proponere debeant atque offerre. Ets habita deliberatione proxima feria quarta rursum responsum est V.C.M. nos proxima feria sexta Articulos nostrae confessionis pro nostra parte oblaturos esse. Ideo, ut V.M. voluntati obsequamurt, offerimus in hac religionis causa nostrorum Contionatorum et nostram confessionem, cuiusmodi doctrinam ex scripturis sanctis et puro verbo dei hactenus illi uin nostris terris, ducatibus, ditionibus et urbibus tradiderint ac in Ecclesiis tractaverintv.u
Quod si etθ w caeteri Electores, Principes ac Status Imperii similibusx scriptis Latinis scilicety et Germanicis iuxta predictam Caesareamz propositionem suas opiniones in haca causa Religionis produxerint, hicb nos coramc V.C.M. tanquam domino nostro clementissimo paratos offerimus nosd cum praefatis principibus ete amicis nostrisf de gtollerabilibus modis acg viis amice conferre, ut, quantumh honeste fieri potest, conveniamus et re inter nosi partesj citra odiosam contentionem pacifice agitata Deo dante dissensio dirimatur et ad unam veram concordem religionem reducatur, Sicut omnes sub uno Christo ksumus et militamusk et unum Christum confiteri debemus iuxta tenorem edicti V.C.M. et omnia ad veritatem dei perducantur, id quod ardentissimis votis a deo petimusl. w
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r autem Mü3 | s nicht in Mü3 | t obtemperemus Mü3 | u – u apud nos tradiderint Mü3 | v docuerint Mar2, Nü1 | w – w Si nunc Mar2, Mü3, Nü1 | x similiter Mü3 | y – y et Latinis Mü3 | z C. M. Mü3 | a nicht in Mü3 | b nicht in Mü3 | c cum debita oboedientia erga Mü3 | d nicht in Mü3 e nicht in Mü3 | f danach: et statibus Mü3 | g – g idoneis et tolerabilibus Mü3 | h danach: amicis nostris et statibus Mü3 | i nicht in Mü3 | j danach: de hoc non utrinque propositis scriptis Mü3 k – k esse militare Mü3 | l danach: ut hanc rem adiuvet et pacem donet Mü3 η
sumus Ber | θ nicht in W40R, W42R
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Wo aber bey unsern herrn, freunden und besondern den Chürfursten, Fürsten und Stenden des andern teils die handlung dermassen, wie E. Kei. Maie. ausschreiben vermag,x unter uns selbs inn lieb und gütigkeit yder gestalty nicht vorsahen18 noch ersprieslich19 sein | wolt, als doch an uns zinna keinem,z das mit Gott und gewissen zu Christlicher einigkeit dienstlich sein kan odder mag, erwinden20 sol, wie E. K. Maie., auch gemelte21 unsere freund, die Chürfursten, Fürsten, Stende undb ein jeder liebhaberc Christlicher Religion, so diese sachen furkomen, aus nachfolgen unser und der unsern bekentnussen gnediglich, freuntlich und gnugsam werden zuvernemen haben.
Nach dem dennd E. Kei. Maie. vormals Chürfursten, Fürstenγ und Stenden des Reichs gnediglichen zuverstehene gegeben und sonderlich [AA3v] durch ein öffentliche verlesene Instruction auff dem Reichstag, sof im jar der mindern zal xxvi.g 22 zu Speyr23 gehalten, das E. Kei. Maie. inn sachen unsern heiligen glauben belangend zuschliessen lassen aus ursachen, so dabey gemeldeth, nicht gemeinet, Sonderni bey dem Babst umbj ein Concilium vleissigen24 und anhaltung thun wolten Und fur einem jar auff kdem letztenk Reichstage zu Speyr25, vormüge einer schrifftlichen instruction, Chürfursten, Fürsten und Stenden des Reichs durch E. Kei. Maie. Stadhalter im Reich, Königliche W. zu Hungern und Behemen26, sampt E. Kei. Maie. Oratorn27 und verordenten Commissarien, dis unter andern haben furtragen und anzeigen | lassen, das E. Kei. Maie. der selbigen Stathalter, Ambts verwalter und Rethenl desm Keiserlichen Regiments, Auch der abwesenden Chürfursten, Fürsten und Stenden Botschafften, so auff dem ausgeschrieben Reichstag
y – y nicht in Mar, Nü2, Wü danach: bequeme handellunge Co, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | nicht in Co | a mit M30W | b danach: wie Lü | c danach: der M30W | d nicht in Lü | e zuvorsehen Co | f nicht in M30W | g xxviii. M30W | h angezeigt Co, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W i danach: sich Mar | j und M30W | k – k nechsten M30W | l korr. aus: regenten Wü | m nicht in Wü x
z–z
γ
nicht in W33R
18 geeignet | 19 fruchtbar | 20 ermangeln | 21 genannt | 22 1526 | 23 Auf dem 1. Speyerer Reichstag 1526 wurde v. a. verhandelt, wie mit den Differenzen hinsichtlich der Glaubensfrage und den sich daraus entwickelnden verschiedenen kirchlichen Gebräuchen umzugehen sei, bis dies auf einem allgemeinen Konzil endgültig entschieden würde. Während die altgläubigen Stände aufgrund des (nicht eindeutig formulierten) Beschlusses eher ein Innehalten von Reformationsmaßnahmen erwarteten, fühlten Sachsen und Hessen sich gerade zu solchen befugt. | 24 sich eifrig bemühen 25 Auf dem 2. Speyerer Reichstag 1529 überreichten die evangelischen Stände König Ferdinand I. (s. folgende Anm.) eine Protestation gegen die erneuerte Geltung des Wormser Edikts. | 26 Ferdinand I., Bruder Karls V. und dessen Stellvertreter im Reich während dessen knapp neunjähriger Abwesenheit seit dem Wormser Reichstag 1521, seit 1526 König von Ungarn und Böhmen, seit 1531 römisch-deutscher König. | 27 Balthasar Merklin, seit 1527 Bischof von Hildesheim und seit 1530 auch Bischof von Konstanz, Reichsvizekanzler Karls V.
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Si autem, quod ad caeteros Electores, Principes et Status, ut partem alteram, attinet, haec tractatio causae mReligionis eo modo, quo V.C.M. agendam et [A4r] tractandam sapienter duxit, scilicet cum tali mutua praesentatione scriptorum ac sedata collatione inter nosm non processerit nnec aliquon fructu facta fuerit, nos quidem testatum clareo relinquimus, hicp ι nihil nos, quod ad Christianam concordiam (quae cum Deo et bona conscientia fieri possitq) conciliandam conducere queatr, ulloκ | modo detrectare. Quemadmodum et V.C.M., deinde et caeteri Electores et Status Imperii et omnes, quicunque sinceros religionis amore ac studio tenentur, quicunque hanc causam aequo animo audituri sunt, ex hac nostra et nostrorum confessione hoc clementer cognoscere et intelligere dignabuntur. Cum etiam V.C.M. Electoribus, Principibus et reliquist Statibus Imperii non una vice, sed saepe clementer significaverit etu in Comitiisv Spirensibus, quae anno domini etc. XXVI. habita sunt, ex data et praescripta forma vestrae Caesareae instructionis wet comissionisw recitari et publice praelegi fecerit. xVestram M.x in hoc negotio religionis ex causis certis, quae yV.M. nominey allegatae sunt, non velle quicquamz determinare anec concludere possea, sedb apud pontificem Romanum cpro officio V.C.M. diligenter daturam operam dec congregando Concilio generalid. Quemadmodum ideme latius expositum est ante annum in publicof proximo conventu, gqui Spirae congregatus fuit, Ubig V.C.M. per dominum Ferdinandum, Boemiae et Ungariae Regem, amicum et dominum clementem nostrum, Deinde per Oratorem et Comissarios Caesareos haec inter caeterah proponi | fecit, quod V.C.M. intellexisset et expendisset Locum tenentis, V.C.M. in imperio et praesidentis et Consiliariorum iin Regiminei et Legatorum ab aliis [A4v] Statibus, qui Ratisponae
iuxta tenorem edicti C. M. V. Mü3 | n – n et sine Mü3 | o nicht in Mü3 | p nicht in Mü3 potest Mü3 | r potest Mü3 | s sincere Mü3 | t nicht in Mü3 | u danach: ita Mü3 | v danach: etiam Mar2, Nü1 | w – w nicht in Mü3 | x – x quod C. M. V. Mü3 | y – y tunc Mü3 | z nicht in Mü3 a – a nicht in Mü3 | b danach: vellet Mü3 | c – c laborare pro Mü3 | d nicht in Mü3 | e et id Mü3 f nicht in Mü3 | g – g nicht in Mü3 | h iuxta instructionem Mü3 | i – i regiminis imperialis Mü3 m–m
q
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hinc Ber | κ nullo Ber
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zu Regenspurgk28 versamletn gewesen, gutbeduncken29, das General Concilium belangend30, nachgedacht und solchs anzusetzen auch fur fruchtbar erkand. Und weil sich abero die sachen zwischen E. K. Maie. und demp Bapst zu gutem Christlichen verstand schickten, das E. K. Maie. gewis were, das durch den Babst dasq general Concilium zu halten nicht gewegert, So were E. Kei. Maie. gnedigs erbietens zufordern und zuhandeln, das der Babst solch general Concilium neben E. Kei. Ma. zum ersten auszuschreiben bewilligen und daran garr kein mangel erscheinen solt. [AA4r] So erbieten gegen E. Kei. Maie. wirs uns hiemit inn aller underthenigkeit und zum uberflus inn berürtem fal ferner auff ein solch gemein31 frey Christlich Concilium, darauff aufft allen Reichstagen, so E. Kei. Ma. bey ihrer regierung im Reich gehalten, durch Chürfursten, Fürsten und Stende aus hohen und tapffern bewegungen geschlossen, An welchs auch zusambt E. Kei. Maie. wir uns von wegen dieser groswichtigsten | sachen inn Rechtlicher weis und form verschiener32 zeit beruffen und appellirt haben, der wir hiemit nachmals anhengig bleiben und uns durch diese oder nachvolgende handlung (es werden denn diese zwiespaldigen sachen entlich inn lieb und güttigkeit, laut E. Kei. Maie. ausschreibens, gehort, erwogen, beygelegt undu zu einerv Christlichen einigkeit vergleicht) nicht zubegeben33 wissen, davon wir hiemit offentlichen bezeugen und protestiren. Und istw das unser und xder unsernx bekentnus, wie underschiedlichen von Artickeln zu Artickeln hernach volget.a
Artickel Christlicher lahr.
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Der Erstez
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Erstlich aleren und halten wir eintrechtiglicha laut des Beschlus bConcilii Niceni34 b, das ein einig Göttlich wesen sey, welchs genent wird und warhafftiglich ist Gottc, und sind doch drey personen inn dem selbigen einigend 35
persönlich M30W | o auch Lü | p nicht in M30W | q solch Wü | r nicht in M30W | s vor Mar nicht in M30W | u nicht in M30W | v einiger Co | w sind Lü, Mar, Nü2 | x – x dermassen Lü y – y Artigkell des glaubens und der lere Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, M30W; Artickell des Glaubens Nü1 | z – z nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Wei1 | a – a wirdt [danach vom Rand eingewiesen: in unsern kyrchen Wei1] eintrechtigklich gelert und gehalten Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, M30W | b – b im Concilium Nicenum Wei1 | c nicht in Wei1 | d nicht in Wei1 n t
28 Der schlecht besuchte Regensburger Reichstag 1527 erbrachte keine weiterführenden Ergebnisse. | 29 was man für ratsam hält, Ansicht | 30 Der Ruf nach einem allgemeinen, freien und christlichen Konzil, welches die Glaubensfrage behandeln soll, kehrte in der Reformationszeit immer wieder. | 31 allgemeines | 32 vergangener | 33 aufzugeben | 34 Konzil von Nizäa 325 35 einzigen
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convenerant, deliberationem de Concilioj congregando. Et quod iudicaret etiam V.C.M. utile esse, ut congregaretur Concilium, Et quia causae, quae tum tractabantur inter V.C.M. et Ro. Pontificem, vicinae essent concordiae et Christianae reconciliationi, non dubitaret V.C.M., quin Roma. Pontifex adduci posset ad habendum generale Concilium. Ideok significabat sel V.C.M. operam daturamm, ut npraefatus Ponti[fex] Maximus una cum V.C.M.n tale generaleo Concilium primo quoque tempore emissis literis publicandum congregare consentiret. In eventum ergo talem, pquod in causa religionisp dissensiones inter nos et partesq amice ret in caritater non fuerint compositae, tuncs coram V.C.M. hic in omni oboedientia nos offerimus ext superabundanti comparituros et causam dicturosu vin tali generali libero et Christiano Conciliov, de quo congregando in omnibus Comitiisw Imperialibus, xquae quidemx annis Imperii V.C.M. habitay sunt per Electores, | Principes et reliquosz Status Imperii, sempera bconcorditer actum et congruentibus suffragiisb conclusum est. Ad ccuius etiam generalis Concilii conventum, simulc et ad V.C.M., in hac longe maxima et gravissima causa iam ante etiam debito modo et in forma iuris dprovocavimus etd appellavimus. Cui appellationi ead V.C.M. simul et Conciliume adhuc adheremus neque eam per hunc vel alium tractatum (nisi causa finter nos et partesf iuxta tenorem Caesareae proximaeg Citationis amice hin caritate composita, sedatah et ad Christianam concordiam reducta fuerit) deserere intendimus aut possumus. De quo hic etiam isolenniter eti publice protestamur.b
[B1r] Articuli fidei praecipui j
I.
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Ecclesiae magno consensu apud nos docent Decretum Nicenae Synodi de unitate essentiae divinae et de tribus personis verum et sine ulla dubitatione credendum esse. Videlicet quod sit una essentia divina, quae et appellatur et k
danach: generali Mü3 | k danach: clementer Mü3 | l danach: quod Mar2 | m danach: esse Mü3 Ro. Pontifex Mü3 | o nicht in Mü3 | p – p si he Mü3 | q alteram partem Mü3 | r – r nicht in Mü3 s nicht in Mü3 | t davor et Mü3 | u danach: esse Mü3 | v – v nicht in Mü3 | w conventibus Mü3 x – x qui Mü3 | y habiti Mü3 | z nicht in Mü3 | a davor: ex gravissimis deliberationibus Mü3 b – b magno consensu Mü3 | c – c quod concilium Mü3 | d – d nicht in Mü3 | e – e nicht in Mü3 f – f nicht in Mü3 | g nicht in Mü3 | h – h audita Mü3 | i – i nicht in Mü3 | j davor: In disputationibus Marpurgensibus fuerunt Johannes dux Saxonie elector, Georgius marchio Brandenburgensis, Philippus L. H. Hessen, Franciscus dux Lunenburgensis. Item Ernst Wolfgangus princeps de Anhallt, Johannes Fridericus d. Saxonie, senatus magistratusque Nurnbergensis, Senatus Magistratusque Rutlingensis, Martinus Luther, Justus Jonas, Philippus Melanchton, Andreas Osiander, Stephanus Agricola Isleben, Johannes Brentius, Johannes Oecolampadius, Udalricus Zwinglius, Martinus Bucerus, Caspar Hedio Mü3; M.D.XXX. Confessio exhibita Caesari in comiciis Augustensibus Nü1 | k – k Na: s. QuM I, 54,9–20 [In dem churfurstenthumb ... manicheer, valentinianer etc.] j
n–n
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Göttlichen wesen, gleich gewaltig, gleich ewig, Gott vater, Gotte [AA4v] Son, Gott heiliger geist, Alle drey ein Göttlich wesen, ewig, fone stückf 36, unermessenerg macht, weisheit und güte,h one ende, ein Schöpffer und erhalter alleri jdinge, derk sichtbaren und unsichtbarenj. Und wird durch das wort persona verstanden nicht ein stück, nichtl ein eigenschafft in einemm andern, sondern ndas selb37 δ bestehetn, wie denn dieo Veter in dieser sachen dis wortp gebraucht haben. Dazuq werdenr verworffens alle ketzereien, so diesem Artickel zuwidder sind, als Manicheit 38, die zweene Götter gesetzt haben, ein bösen und ein guten. Item, Valentiniani39, Arriani40, uEunomianiv 41, Mahometisten42 u und alle dergleichen, wauch xdie Jüden43 undx Samosateni44, alte und neue45,w yso nürz y eina personb setzen und von diesen zweien, wort und heilig geist, Sophistrey46 machen, sagenc, das es nicht müssend underschiedne personen sein, sondern wort bedeut leiblich wort odder stimme und der heilig geist sey geschaffne regung inn Creaturn.
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Der Andere
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Weiter wirtf gelertg, das nach dem falh Ade47 alle menschen, so natürlich geporn werden, in sunden empfangen und geporn werden, das ist, das sieh alle von mutter leibe an voller böser lust und neigung sind und ikeine warej i Gottes forcht, kkeine ware Gottes lieb,k lkein warenl glauben an Gott von nicht in Lü | f – f unzerteilt Wei1 | g an Nü1, Wei1 | h danach: an mas an zil Nü1 | i nicht in Mar sichtbaren und unsichbaren ding Co, Wei1 | k nicht in Nü2 | l noch Ha, Wei1 | m nicht in Lü n – n ein selbstendig ding Wei1 | o danach: heiligen Wei1 | p danach: person Wei1 | q Derhalb Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | r danach: auch Ha; danach: in unsern kyrchen Wei1 s danach: und verdampt Wei1 | t korr. aus: manche Nü1 | u – u nicht in M30W | v nicht in Ha w – w nicht in M30W | x – x nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1 | y – y die nicht mer denn Wei1 | z nun M30W | a danach: eynige Wei1 | b danach: in der Gotheit Wei1 | c furgeben Wei1 d danach: drey Wei1 | e – e nicht in Co, Lü, Wü | f danach: bei uns Co, Lü, Mar, Nü2, Wü; danach: in unsern kyrchen Wei1 | g danach: und gepredigt Wei1 | h nicht in Lü | i – i wider Wei1 | j nicht in M30W | k – k nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, M30W | l – l noch Wei e
j–j
δ
unterschidlich W33R
ungeteilt | 37 selbstständig | 38 Manichäer; gnostisch-dualistische Bewegung der Antike; vgl. 39 Valentinianer; gnostische Bewegung der Antike; vgl. u. S. 94, Anm. 45. u. S. 94, Anm. 45. | 40 Arianer; als Bestreitung der Göttlichkeit Christi galt der 325 in Nizäa verurteilte Arianismus als Erzketzerei; vgl. u. S. 94, Anm. 45. | 41 Eunomianer; Eunomius galt als später Vertreter arianischer Theologie; vgl. u. S. 94, Anm. 45. | 42 Moslems | 43 Juden | 44 nach Paulus von Samosata; Vertreter einer christologischen Sonderlehre; vgl. u. S. 94, Anm. 45. | 45 An der Wendung „alte und neue“ wird ein besonderes Problem bezüglich der Verurteilungen deutlich: Vielfach werden ältere Verurteilungen bestätigt, um einerseits die eigene Rechtgläubigkeit zu unterstreichen und sich in Kontinuität zur Alten Kirche zu stellen. Andererseits werden häufig auch aktuelle Gegner unter diesen alten Bezeichnungen subsummiert. Die Ketzerbezeichungen stellen also weniger exakte historische Zuordnungen dar als typologisierte, polemische Chiffren. | 46 Mit Sophisterei sind, anknüpfend an die platonischen Dialoge, im Allgemeinen spitzfindige Redensarten gemeint, im Speziellen wurde der Begriff oft auf Scholastiker bezogen. | 47 Fall Adams 36
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Artikel I und II
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est Deus, aeternus, incorporeus, impartibilis, immensa potentia, sapientia, bonitatel, creator et conservator omnium rerum, visibilium et invisibilium, et tamen tres sintm personae eiusdem essentiae etn potentiae et coaeternae, Pater, Filius et Spiritus sanctus. Et nomine personae utuntur ea significatione, qua usi sunt in hac causa Scriptores Ecclesiastici, ut significet non partem aut qualitatem in alio, sed quod proprie subsistit. Damnant omnes haereses contra hunc articulum exortas ut Manicheos, qui duo principia ponebant, Bonum et Malum, oitem Valentinianos, Arianos, Eunomianos, Mahometistas et omnes horum similes. Damnant et Samosatenos, veteres et Neotericos, qui, cum tantump unam personam esse contendant, de verbo et de spiritu sancto astute et impie rhetoricantur, quod nonq sint personae distinctae, sed quod verbum significet verbumr vocale et spiritus motum in rebus creatum.o k
II. 15
Item docent, quod post lapsum Adae omnes homines secundum naturam propagati nascantur cum peccato, hoc est sine metu Dei, sine fiducia erga De[B1v]um et cum concupiscentia, quodque hic morbus seu vitium originis sλ
l bonitas Mü3 | m sunt Mü3, Nü1 | n nicht in Mü3 | o – o nicht in Mü3 | p tamen Mar1 | q nicht in Mar1 | r davor: aut mentem Dei aut certe Mar1 | s – s Na: s. QuM I, 54,21–25 [Zum andern ... nit werden widergeborn] λ–λ
W40R: s. QuM I, 123,20–37 [Item docent ... iustum pronunciari]; W42R: s. QuM I, 172,22–39
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naturm haben können,n Das auch die selbige angeborne seuch und erbsundo warhafftiglichp sund [BB1r] sey undq verdamme alle die jhenigenr unter ewigen Gottes zorn, so nicht durch die Tauffe undε heiligen geist widers geporn werden. Hiet werden verworffenu die Pelagianer48 und andere, so die erbsund nichtv fur sunde halten, ζdamit siew die natur fromx machen durch natürliche krefft, zu schmach dem leiden undy verdienst Christi.ζ
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Der Drittez
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Item: Es wirta gelertb, das Gott der Son sey mensch worden,c geporend aus Maria der reinen jungfrauen, Und das die zwo natur, Göttliche und menschlichee, inn einer person alsof unzertrenlichg vereinigt ein Christus sind, welcher warer Gott,h wari mensch ist, warhafftig geporn, gelidden, gecreutziget, gestorben und begraben, dasj er ein opffer werek nicht allein fur die Erbsund, lsondern auch fur alle andere sunde,l und Gottes zorn versünetm. Itemn: Das derselbig Christuso abgestiegen zur helle, warhafftigp am dritten tag von denq toden aufferstanden, auffgefaren gen himel, sitzendr zur rechten Gottes, das er ewig hersche uber alle creatur sund regieres, das er allet, so an ihn gleuben, durch den heiligen geist uheilige, reinige,u stercke,v tröste, wihnen auchw η leben und allerley gaben und güter austeile und widder denx Teuffel und ywidder diey sunde schütze und beschirme. [BB1v] Itemz: Das der selbige Herr Christus entlich49 wird öffentlich komen, zurichten die lebendigen und
m danach: warhafftiglich Wei1 | n danach: und Wü | o danach: odder gebrechen M30W | p ein rechte Wei1 | q die Wei1 | r selbigen M30W | s danach: neu Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | t Hierneben Co, Lü, Wü; Daneben Wei1; davor eingefügt: Der ander Wü | u danach: und verdampt Wei1 | v nicht in Lü | w danach: sich unterwinden Wei1 | x korr. aus: frembd Wü | y nicht in Ha | z – z nicht in Co, Lü | a danach: in unsern kyrchen Wei1 | b danach: und gepredigt Wei1 | c danach: und Mar | d nicht in M30W | e danach: natur Nü1 | f nicht in Wei1 g danach: mit ein ander Wei | h danach: und Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1 | i nicht in Co | j domit Wei1 | k werde Lü | l – l nicht in M30W | m nicht in Lü; danach: und ableyneth Wei1; verdienet M30W | n auch Wei1 | o danach: warhafftig Wei1 | p und Wei1 | q nicht in Wei1 | r sey und sitze Wei1 | s – s nicht in Ha | t also Lü | u – u nicht in Lü | v danach: und Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü w – w nicht in Ha, Nü1 | x nicht in M30W | y – y nicht in Lü, Wei1, Wü | z auch Wei1
danach: glauben an Christum durch das Evangelium und W33R | ζ – ζ Und leren, das menschlich natur one sund geporn werde und on heiligen geist allein durch naturliche krefft vermöge fur Gott gerecht werden und Gottes gesetz gnug thun. W33R | η danach: ewiges W33R ε
Pelagianer; Pelagius war der wichtigste Gegner des Augustinus; dieser warf ihm eine Missachtung der völligen Angewiesenheit des Menschen auf Gottes Gnade vor; vgl. o. S. 94, Anm. 45 49 schließlich 48
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Artikel II und III
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vere sit peccatum damnans et afferenst nunc quoque aeternam mortem his, qui unon renascunturu per baptismum et spiritum sanctum.
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Damnant Pelagianos et alios, qui vitium originis negant esse peccatum, et ut extenuent gloriam meriti et beneficiorum Christi, disputant hominem propriis viribus rationis coram Deo iustificari posse.λ s
III. Itemw docent, quod verbum, hoc est filius Dei, assumpserit humanam naturam in utero beatae Mariae virginis, ut sint duae naturae, divina et humana, in unitate personae inseparabiliter coniunctaex, unus Christus, vere Deus et vere homo, natus ex virgine Maria, vere passus, crucifixus, mortuus et sepultus, ut reconciliaret nobis Patrem et hostiaµ esset non tantum pro culpa originis, sed etiam pro omnibus actualibus hominum peccatis. Idem descendit ad inferos et vere resurrexit tertia die, deinde ascendit ad coelos, ut sedeat ad dexteram patris et perpetuo regnet et dominetur omnibus creaturis, sanctificet credentes in ipsum misso in corda eorumy spiritu sancto, νqui regat, consoletur ac vivificet eos ac defendat adversus diabolum v
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aufferens Mü3 | u – u nascuntur Mü3 | v – v Na: s. QuM I, 54,26–55,2 [Zum dritten ... im glauben beckennen] | w idem Mar2 | x continetur Mü3 | y nicht in Mü3
t
µ
postea Ber | ν – ν et sanctificatis det vitam aeternam W40R, W42R
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BSLK 54
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Confessio Augustana
die todten etc. laut des Symboli Apostoloruma 50. bUnd werden verdambt allerley ketzereien, so diesem Artickel entgegen sind.b
Abschrift Spalatins (Wei1) Der Vierde
4.
Und nach dem die menschen inn sunden geporen werden und Gottes gesetz nicht halten, auch nicht von hertzen Gott lieben können, so wirt gelert, das wir durch unsere werck odder gnugthuung nicht können vergebung der sunden verdienen, Werden auch nicht von wegen unser werck gerecht geschetzt vor Gott, sonder wir erlangen vergebung der sunden und werden gerecht geschetzt vor Gott umb Christus willen aus gnaden durch den glauben, so das gewissen trost empfehet an der verheissung Christi und gleubet, das uns gewislich vergebung der sund geben wird und das uns Gott wölle gnedig sein, uns gerecht schetzen und ewiges leben geben umb Christus willen, der durch seinen tod Gott versünet hat und fur die sund gnug gethan. Wer also warhafftiglich gleubet, der erlanget vergebung der sunde, wirt Gott angeneme und fur Gott gerecht geschetzt umb Christus willen, Roma. iii. und iiii.51 θ
Item in unsern kyrchen wirt auch gelert und gepredigt, das wir vergebung der sunde und gerechtickeit, die vor Gott gilt, nicht durch unser verdienst, werck und genugthuung erlangen mogen, sonder allein aus Gottes gnaden umb Christus willen, so wir glauben, das Christus fur uns geliten hat und das uns umb seinen willen die sunde vergeben und dagegen die gerechtickeit und ewigs leben geschenckt werde, auch das Gott solchen glauben welle uns zurechnen und halten fur ein solche gerechtickeit und frummkeit, die vor im gelde, wie denn sant Paul zun Romern am dritten und vierdten capitel sagt. So spricht auch sant Ambrosius im ersten capitel der ersten epistel zun Corinthern: „Also ists von Gott verordneth, das, wer an Christum glaubt, soll selig werden on zuthun der wercke und allein durch den glauben vergebung der sunde aus gnaden und umb sonst erlangen.“1
BSLK 57 θ
der heiligen Aposteln Wei1 | b – b nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, M30W a
Und nach dem alle ... ewiges leben. W33R: s. QuM I, 109,4–110,10
θ–θ
Apostolisches Glaubensbekenntnis; vgl. o. S. 42f. | 51 besonders Röm 3,21–26; 4,16–25 50
Ambrosiaster, Ad Corinthios prima I, 4, in: PL 17, 195 (CSEL 81/2, 7,7– 9).
1
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30
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Artikel IV
et vim peccatiν. Idem Christus palam est rediturus, ut iudicet vivos et mortuos etc.ξ iuxta symbolum Apostolorum.v
Marburger Handschrift (Mar)
BSLK 56
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15
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4.a
IIII.z
Weither wirtt geleret, das wir vergebung der sunth und gerechtigkeit vor Got nicht erlangen mugen durch unsere verdienste, wercke und gnug thun, sonder bdas wir vergebung der sunden bekommen und vor Got gerecht werhenc b aus gnaden umb Christus willen durch den glauben, sod wir glauben, das Christus fur uns gelitten hab und dase uns umb seiner willen di sunde vergeben, gerechtigkeit und ewigs leben geschenckt wirdetf, dang dissen glauben wil Got vor gerechttikeit vor ime halten und zurechnen, h iwiej Paulus sagti zunh Rom. am 3. 4.k
Itemb docent, quod homines non possint iustifi[B2r]cari coram Deo propriis viribus, meritis aut operibus, sed gratis iustificentur propter Christum per fidem, cum credunt se in gratiam recipi et peccatac remitti propter Christum, qui sua morte pro nostris peccatis satis fecit. Hanc fidem imputat Deus pro iustitia coram ipso. Roma. iii. et iiii.2 ο a
a nicht in Co, Lü b – b wir bekumen | [erlangen Nü1] vergebung der sind und werden gerecht vor Got Ha, Nü1, Nü2; bekennen vergebung der sünd und werdmd gerecht vor Gott M30W | c werden Co, Lü d das Wü | e danach: er M30W | f nicht in M30W | g nicht in Ha, Nü1 | h – h nicht in Ha, Nü1 | i – i nicht in M30W | j danach: sankt Co, Lü, Nü2, Wü | k danach: Und also spricht Ambrosius 1 Cor. 1.: „Allso ists von Gott geordnet, das, wer an Christum glaubt, selig werde, und nicht durch werck, sonder allein durch glauben vergebung der sunden erlang.“ Nü1
aο
z in Na gezählt als Art. 5; dem folgt der Verweis zu Na | a – a Na: s. QuM I, 55,8–15 [Zum 5. ... durch den glauben] | b idem Mar2 | c peccatum Mü3
resuscitatos W40R, W42R | ο – ο W40R: s. QuM I, 124,14–125,10 [Ut autem consequamur ... vita aeterna]; W42R: s. QuM I, 173,14–174,10 ξ
2
besonders Röm 3,21–26; 4,16–25
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Confessio Augustana
Der Fünfftec
c
BSLK 58
Solchen glauben zuerlangen, hat Got das [BB2r] predig ampt eingesatzt, Evangelium und Sacramenta gebend, dadurch eals durch mittel der heilig geist wirckte fund die hertzen tröst undf glauben gibtg, wo und wennh er wil, inn denen, so das Evangelium hören, welchesi leret, das wirj durch Christus verdienstk ein gnedigenl Gott haben, so wir solchs gleuben.
ιd
5
Und werdenm verdammet die Widderteuffer52 und andere, son leren, das wir one das leiblicheo wort des Evangelii pden heiligen geistp durch eigene bereittungq und werckr verdienens.ι m
t
BSLK 60
Der Sechstet
10
κ uAuch wirt geleretu, das solcherv glaub gute frucht undw gute werck bringen soll und das man müssex gute werck thuny allerleyz, so Gott geboten hat umb Gottes willen, adoch nicht auff solche werck zuvertrauen, bdas wir durch unsere werck Gottes gesetz gnug thun odder von wegen unser werck gerecht geschetzt werden.b Denn wir empfahen vergebung der sunden und cwerden gerecht geschetztc durch dend glauben eumb Christus willene, wie Christusf
c – c nicht in Co, Lü | d – d Weiter wirt in unsern kyrchen gelert und gepredigt, das solchen glauben zuerlangen, Gott das predigambt eingesetzt und das evangelium und das und die sacrament gegeben habe Wei1 | e – e ehr alls durch mittell den Heiligen Geist gibt Co, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wü, M30W; er als ein mittel den Heiligen Gaist gibt Ha; er uns als durch mittel den Heiligen Geist gebe Wei1 | f – f welicher [danach: Heilig Geist Wei1] den Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | g wirgkt Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | h wie M30W | i danach: do Co, Lü, Mar, Wü; danach: evangelion uns Wei1 | j danach: nicht unser eigen, sonder Wei1 k danach: nicht durch unser vordinst Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wü | l danach: freuntlichen m – m n o Wei1 | Dabey werden auch Wei1 | danach: da Wei1 | lieplich M30W | p – p des heiligen geists M30W | q danach: gedancken Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | r wort Wei1; nicht in M30W | s erlangen Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | t – t nicht in Co, Lü | u – u Ferner wirt in unsern kyrchen gelert und gepredigt Wei1 | v berurter Wei1 | w nicht in Nü1 | x soll Wei1 | y danach: und Wei1 | z korr. aus: allein Ha | a – a Nü1: s. QuM I, 81,24 –27 [wiewol wir ... gnedig sein will]; nicht durch solche werck Gottes gnad zuverdienen, dann vergebung der sunde und gerechtickeit, die vor Gott gilt, werde aus gnaden umb Christus willen allen denen geschenckt, die da glauben, das inen Gott umb Christus willen gnedig sein welle. Wei1 b – b dadurch gnad vor Gott zuvordienen Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | c – c gerechtigkeitt Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | d nicht in Ha, M30W | e – e an Christum Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | f danach: selbst Co, Lü, Mar, Nü2, Wü ι – ι Dazu hat Gott ... gefüret wird. W33R: s. QuM I, 110,12–38 Gott etc. W33R: s. QuM I, 111,2–19
|
κ–κ
Auch wird geleret .... gegen
Die Fremdbezeichnung „Wiedertäufer“ hat sich im englischen „anabaptists“ erhalten. Im Deutschen wird heute dagegen von „Täufern“ gesprochen, um deren Selbstverständnis gerecht zu werden, wonach erst die Taufe eines bewusst Glaubenden, nicht aber die eines Kindes legitim sein konnte. Diese Verwerfung ist inhaltlich im Anschluss an die Troeltschsche Unterscheidung zwischen „Täufern“ und „Spiritualisten“ (vgl. Ernst Troeltsch, Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen. Gesammelte Schriften. Bd. 1, Tübingen 19233) eher auf „Spiritualisten“ zu beziehen, welche das unmittelbare Wirken des Heiligen Geistes in den Mittelpunkt stellten. 52
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Artikel V und VI
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V.d
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Ut hanc fidem consequamur, institutum est ministerium docendi Evangelii et porrigendi sacramenta. Nam per verbum et sacramenta, tanquam per instrumenta donatur spiritus sanctus, qui fidem efficit, ubi et quando visum est Deo, in iis, qui audiunt Evangelium, scilicet quod Deus non propter nostra merita, sed propter Christum iustificet hos, qui credunt se propter Christum in gratiam recipi.f Damnant Anabaptistas et alios, qui sentiunt spiritum sanctum contingere sine verbo externog hominibus per ipsorum preparationes et opera.π e eπ
5
10
VI.
15
Itemi docent, quod fides illa debeat bonos fructus parere et quod oporteat bona opera mandata a Deo facere propter voluntatem Dei, non ut jconfidamus per ea opera iustificationem coram Deo mererij. Nam remissio peccatorum et iustificatio fide apprehenditur, sicut testatur et vox Christi: Cum feceritis haec omnia, dicite, servi inutiles sumus.3 Idem docent et veteres hρ
d in Na gezählt als Art. 4; dem folgt der Verweis zu Na | e – e Na: s. QuM I, 55,3–7 [Zum fierten ... f danach: Gal. 3 ut promissionem spiritus accipiamus per durch menschliche zubereitung] | g h – h fidem Mü3 | nicht in Mar1 | Na: s. QuM I, 55,16–23 [Zum 6. ... vergebung der sund empfahe] | i idem Mar2 | j – j per ea opera gratiam coram deo mereamur Mar1 π – π W40R: s. QuM I, 125,12–126,2 [Itaque instituit Christus ... efficiunt infinitam dissipationem]; W42R: s. QuM I, 174,12–175,3 | ρ – ρ W40R: s. QuM I, 126,4–31 [Item docent ... regnum Dei non possidebunt]; W42R: s. QuM I, 175,5–32 3
Lk 17,10
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Confessio Augustana
spricht: „So ihr das alles gethan habt, solt ihr sprechen: ‚Wir sind untüchtige knecht‘“.53 Also leren auch die Veter. Denn Ambrosius gspricht: „Alsog ists beschlossen bey Gott, das, wer an Christum gleubt, selig sey und nicht durch werck, sondern allein durchh glauben one verdienst vergebung der sunden habe.“54 a κ
5
Der Siebenti
i
BSLK 61
Esk wirt auch geleretj, das alzeit müsse ein hei[BB2v]lige Christlich kirche sein und bleiben, welchel ist die versamlung aller gleubigen, bey welchen das Evangelium rein gepredigt und die heiligenm Sacrament laut des Evangelii gereicht werden. Denn dieses ist gnugn zu warero einigkeit der Christlichen kirchen, das dap eintrechtiglich nach reinem verstand das Evangelium qgepredigt und die Sacrament dem Göttlichen wort gemes gereicht werdenq. Und rist nicht not zur warers einigkeit der Christlichen kirchent, das allenthalben gleichformig Ceremonien, von menschen eingesatzt, gehalten werden, wieu Paulus spricht Ephes. iiii.: „Ein leib, ein geist, wie ihr beruffen seid zu einerley hoffnung euers beruffs, Ein Herr, ein glaub,v ein Tauffe.“55 j
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15
Der Achtew
w
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Item:x Wiewol die Christliche kirche eigentlichy nicht anders ist denn die versamlung aller gleubigen und heiligen, Jdoch dieweil inn diesem leben viel falscher Christen und heuchler, auch öffentliche sunder unter den fromen bleiben,z asind die Sacrament gleichwol krefftig, bob schonb die Priester, dadurch sie gereicht werden, nicht from sinda, wiec Christusd anzeigte: „Auff dem stuel Moisi sitzen die Phariseer etc.“56 fDerhalben werden die Donatisten57 und alle ander verdammet, so anders halteng.f
nicht in Ha | h danach: den Co, Lü, Mar, Nü2 | i – i nicht in Co, Lü | j – j Weiter wirt in unsern kyrchen gelert und gepredigt Wei1 | k So Nü1 | l danach: da Wei1 | m nicht in Wei1 | n gantz Lü o danach: und rechter Wei1 | p man Wei1 | q – q predige und die sacrament Gottes wort gemes reiche Wei1 | r – r das zu rechter und Wei1 | s der waren Lü | t danach: nicht von noten sey Wei1 u danach: denn sant Wei1 | v danach: und Wei1 | w – w nicht in Co, Lü | x Ferner wirt in unsern kyrchen gelert und gepredigt Wei1 | y nicht in Wei1 | z danach: so Co, Lü, Mar, Wü | a – a nichts dest minder die sacrament, wiewol auch durch bose priester gehandelt und gereicht, crefftig sind Wei1 | b – b ob sie schon durch Mar | c danach: dann Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü | d danach: selbst Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü | e sagt, Mathei am xxiiten Wei1 | f – f nicht in Ha, Wei1 g lehren Co g–g
54 Ambrosiaster, Ad Corinthios prima I, 4, in: PL 17, 195 (CSEL 81/2, 7,7–9). Lk 17,10 | Eph 4,4f | 56 Mt 23,2 | 57 Donatismus; eine von Augustinus bekämpfte Sekte in Nordafrika, die die moralische Qualität eines Amtsträgers zur Bedingung für Wirksamkeit und Gültigkeit der von ihm gespendeten Sakramente machte; vgl. o. S. 94, Anm. 45. 53 55
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Artikel VI–VIII
Scriptores Ecclesiastici. Ambrosius enim inquit: Hoc constitutum est a Deo, ut, qui cre[B2v]dit in Christum, salvus sit Sine opere, sola fide, gratis accipiens remissionem peccatorum.4 ρ h
VII. 5
10
BSLK 61
Item docent, quod una sancta Ecclesia perpetuol mansura sit. Est autem Ecclesia σcongregatio sanctorum, in qua Evangelium rectem docetur et recte administrantur Sacramentaσ. k
Et ad veram unitatem Ecclesiae satis est consentire de doctrina Evangelii etn administratione Sacramentorum. Nec necesse est ubique esse similes traditiones humanas seu ritus τaut ceremoniasτ ab hominibus institutasυ. Sicut φinquit Paulusφ: Una fides, unum baptisma, unus Deus et pater omnium etc.5 k
VIII.o
BSLK 62
Quanquam Ecclesia proprie sit congregatio sanctorum et vere credentium, tamen cum in hac vita multi hypocritae et mali admixti sintχ, licet uti sacramentis, quae per malos administrantur, iuxta vocem Christi: Sedent Scribae et Pharisaei in Cathedra Mosi etc.6 Et sacramenta et verbumψ propter ordinationem et mandatum Christi sunt efficacia, etiamsi per malos exhibeantur. pχ
15
Damnant Donatistas et similes, qui negabant licereω uti ministerio malorum in Ecclesia et sentiebant ministerium malorum inutile et inefficax esse.p
Na: s. QuM I, 55,24–30 [Zum 7. ... nit mit einem aufsehen] | l perpetua Mü3 | m pure Mü3 danach: de Mar1, Mü3 | o in Na Teil von Art. 7; dem folgt der Verweis zu Na | p – p Na: s. QuM I, 55,31–56,2 [Wiewol nun die kirch ... wer unkrefftig] k–k
n
σ – σ W40R: s. QuM I, 126,34–127,2 [Christi proprie ... rectum usum Sacramentorum]; W42R: s. QuM I, 175,35–176,2 | τ – τ nicht in W40R, W42R | υ institutos W40R, W42R | φ – φ et Paulus docet, cum ait: Unus Dominus W40R, W42R | χ – χ Cum autem in hac vita admixtae sint Ecclesiae multi mali et hypocritae, qui tamen societatem habent externorum signorum cum Ecclesia W40R,W42R | ψ danach: Dei W40R, W42R | ω danach: populo W40R, W42R 4 Ambrosiaster, Ad Corinthios prima I, 4, in: PL 17, 195 (CSEL 81/2, 7,7–9). | 23,2
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5
Eph 4,5f |
6
Mt
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Confessio Augustana
h
BSLK 63
Der Neundteh
Von jder Tauffj wirt gelerti, das sie nötig sey [BB3r] kund das dadurch gnadk angeboten wirt, Das man auch die kinder teuffen sol, welchel durch solchem Tauff Gott uberantwort und gefellig werden. nDerhalben werdenn die Widderteuffer58 verworfen, welcheo leren, das die kindertauff nicht recht seyp. i
5
Der Zehendeq
q
BSLK 64
Von dem Abendmal des Herrn wirt also geleretr, das warers leib und blut Christi warhafftiglich untert gestalt des brods und weins uim Abentmalu gegenwertig seyv und da ausgeteilt und genomenw wirt. Derhalbenx wirt auch die gegenlahr verworffen. r
y
BSLK 66
10
Der Eilfftey
Von der Beicht wirt also gelertz, das man inn dera kirchen privatam absolutionem59 erhalten und nichtb fallen lassen sol, Wiewol inn der beicht nicht not ist, alle missethat und sunden zuerzelen, die weil doch solchs nicht müglich ist, Psal. xviii.: „Wer kennet die missetat?“60 z
nicht in Co, Lü | i – i Weiter wird in unsern kyrchen gelert und gepredigt von der tauff Wei1 dem Tauffen M30W | k – k das auch dardurch Gottes gnad uns Wei1 | l denn die kinder werden Wei1 | m die Wei1, M30W | n – n Daneben werden auch Wei1 | o danach: da Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1 | p danach: und das man die kinder nicht tauffen soll Wei1 | q – q nicht in Co, Lü r – r Ferner wirt in unsern kyrchen von dem sacrament des altars und warleichnams Christi, unsers Herrn, gelert und gepredigt Wei1 | s der ware Wei1 | t danach: der Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü | u – u in diesem sacrament Wei1 | v danach: gegeben M30W | w entfangen Wei1 x danach: dabey Wei1 | y – y nicht in Co, Lü | z – z Weiter wirt in unsern kyrchen von der beicht also gelert und gepredigt Wei1 | a danach: christlichen Wei1 | b in keyn weg Wei1 h–h j–j
58 Täufer; vgl. o. S. 100, Anm. 52 | 59 die Lossprechung von den Sünden im Zusammenhang der Beichte einzelner Personen vor dem Priester | 60 Ps 19 (Vg 18),13
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Artikel IX–XI
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IX.q
BSLK 63
De Baptismo docent, quod sit necessarius ad sa[B3r]lutemα quodque per Baptismum offeraturs gratia Dei Et quod pueriβ sint Baptisandi, γqui per Baptismum oblati Deo recipianturt in gratiam Deiγ. Damnant Anabaptistas, qui improbant baptismum puerorumδ et affirmant puerosε sine baptismoζ salvos fieri.r r
5
X.u
BSLK 64
De Coena Domini docent, quod ηcorpus et sanguis Christi vere adsint et distribuantur vescentibusw in coena Domini et improbant secus docentesη.v v
XI.x θ
10
De confessioneι docent, quod absolutio privata in Ecclesiis retinenda sit, quanquam in confessione non sit necessaria omniumκ delictorum enumeratio. Est enim impossibilis λiuxta Psalmumλ: Delicta quis intelligit?7 y y
in Na gezählt als Art. 8; dem folgt der Verweis zu Na | r – r Na: s. QuM I, 56,3–6 [Zum 8. ... selig werden] | s operatur Mü3 | t recipiuntur Mar1 | u in Na gezählt als Art. 9; dem folgt der Verweis zu Na | v – v Na: s. QuM I, 56,7–8 [Zum 9. ... anders leeren, verworffen] | w nicht in Mar2 | x in Na gezählt als Art. 10; dem folgt der Verweis zu Na | y – y Na: s. QuM I, 56,9–11 [Zum 10. ... das ist unmuglich] q
β infantes W40R, W42R danach: tanquam ceremonia a Christo instituta W40R, W42R | W40R: s. QuM I, 127,19–22 [Et quod infantes ... ex parvulis istis]; W42R: s. QuM I, 176,20–23 δ infantum W40R, W42R | ε infantes W40R, W42R | ζ danach: et extra Ecclesiam Christi W40R, W42R | η – η cum pane et vino vere exhibeantur corpus et sanguis Christi vescentibus in Coena Domini W40R, W42R | θ in W40R, W42R gezählt als Art. XII; dem folgen die Verweise zu W40R und W42R | ι danach: peccatorum W40R, W42R | κ nicht in W40R, W42R | λ – λ enumeratio omnium delictorum iuxta illud W40R, W42R α
γ–γ
7
Ps 19 (Vg 18),13
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Confessio Augustana
c
BSLK 67
Der Zwelftec
Von der Busse wirtd gelerte, das die jhenigen, so nach der Tauffe gesundigt haben, zu aller zeit, so sie fbekert werdenf, vergebung der sunden erlangen mögeng, Und solh ihnen die Absolutio von der kirchen nichti gewegertj 61 werden. Nuk λ ist ware rechte busse leigentlich | mnicht anders, dennm l reu und leid [BB3v] oddern schrecken haben uber die sund und doch darnebeno gleuben an das Evangelium und Absolution, das die sunde µ pvergeben undp durch Christumq gnad erworben sey, welcher glaub widderümb das hertz tröst und zu frieden machtr.µ Darnachs sol auch besserung volgen und tdas man vonu sunden lasset. vDenn dis sollen die früchte der busse sein, wie Johannesw spricht Matthei. iii.: „Wircket rechtschaffene xfrüchte derx busse.“62 v Hiey werdenz verworffen die, so leren, das die ajhenigen, soa einest sind from worden, nicht widder fallen mögen. bDagegen auch werdenb verdammet die Novatiani63, welche die Absolutioc denen, so nach der Tauff gesundigt hatten, wegertend 64. Auch werden die verworffen, so nicht leren, das man durche glauben fon unser verdienst umb Christus willenf vergebung der sunden erlangen, sondern gdas wir solchs durch unser werckν und lieb verdienen.ξ g hAuch werden verworffen die jhenige, so leren, das Canonice satisfactiones65 not seien zu bezalung der ewigen peen66 odder des fegfeuers.h
nicht in Co, Lü | d danach: also Co, Lü, Mar, Nü2 | e danach: und gepredigt Wei1 | f – f zur buß kommen Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wü, M30W; bussen und sich bessern mogen Wei1 | g nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, M30W | h das Co, Lü, Mar, Wei1; nicht in Nü2, Wü | i danach: soll Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1; nicht in Wü | j danach: und versagt Wei1 | k nicht in Ha; Und Nü1, Wü; Das auch Wei1 | l – l nicht in Wei1 | m – m nicht in Ha, Nü1, Wü | n und Wei1 | o dagegen Nü1, Wei1 | p – p vergebung M30W | q danach: Gottes Wei1 | r setzt Wei1 | s davor: Das Wei1 t – t von sunden gelassen werden Wei1 | u danach: den M30W | v – v nicht in Nü1, Wei1 | w nicht in M30W | x – x nicht in Wü | y Darneben Wei1 | z danach: auch Wei1 | a – a nicht in Wei1 | b – b Es werden auch Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1 | c danach: abschlugen Wei1 | d begerten Ha; nicht in Wei1 e danach: den Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1 f – f nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, | g – g durch unser genugthuunge Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W M30W | h – h nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W c–c
λ Und W33R | µ – µ gewislich umb Christus willen vergeben sind, nicht von wegen unser reue und liebe, sondern allein aus barmhertzigkeit, die doch gewis ist und allen zugesagt umb Christus willen. Dieser glaube trost das hertz widderümb und bringt vergebung der sunde, friden, freude und ewiges leben mit sich, und sind die sund gewislich vergeben, so wir also auff Christum vertrauen und gleuben, wie droben gesagt ist. W33R | ν danach: reue W33R | ξ danach: Item, die lar wird hie verworffen, welche leret, das man zweiveln sol, ob die sund vergeben sind. W33R
verweigert | 62 Mt 3,8 | 63 Novatianer; Novatian betonte im 3. Jahrhundert, dass Abgefallene 64 verweigerten nicht wieder zur Kirche zugelassen werden dürften; vgl. o. S. 94, Anm. 45. | 65 kanonisch (d.h. kirchenrechtlich) geforderte Bußleistungen | 66 Strafe 61
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Artikel XII
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XII.z µ De poenitentia docent, quod lapsis post Baptismum contingere possit remissio peccatorum quocunque tempore, cum convertuntur, Et quod Ecclesia talibus redeuntibus ad poenitentiam absolutionem impartiri debeat. a
5
Constat | autem poenitentiaν proprie his duabus partibus: Altera est contritio seu terrores incussi conscientiae agnito peccatoξ. Alteraο est fides, quae concipitur ex Evangelio seu absolutione et credit propter Christumπ remitti peccata et consolatur conscienti[B3v]am et ex terroribus liberat. ρDeinde sequi debent bona opera, quae sunt fructus poenitentiae.
10
Damnant Anabaptistas, qui negant semel iustificatos posse amittere spiritum sanctum. Item qui contendunt quibusdam tantam perfectionem in hac vita contingere, ut peccare non possint. Damnantur et Novatiani, qui nolebant absolvere lapsos post Baptismum redeuntes ad poenitentiam. Reiiciuntur et isti, qui non docent remissionem peccatorum per fidem contingere, sed σiubent nos mereri gratiamb per satisfactiones nostras.σ ρ a
15
z in Na gezählt als Art. 11; dem folgt der Verweis zu Na | a – a Na: s. QuM I, 56,12–23 [Zum 11. ... nit mer fallen] | b remissionem peccatorum Mar1; gratias Mü3
in W40R, W42R gezählt als Art. XI; dem folgen die Verweise zu W40R und W42R | ν danach: hoc est conversio impii W40R, W42R | ξ danach: in quibus et iram Dei agnoscimus et dolemus nos peccasse et peccata detestamur ac fugimus. Sicut Ioel contionatur: Scindite corda vestra et non vestimenta vestra et convertimini ad Dominum Deum vestrum etc. W40R,W42R | ο danach: pars W40R, W42R | π danach: certo W40R, W42R | ρ – ρ W40R: s. QuM I, 128,3–22 [De qua fide ... possint iterum peccare]; W42R: s. QuM I, 177,5–23 | σ – σ docent remissionem peccatorum [danach: contingere A35W] propter nostram dilectionem et opera. Reiiciuntur et isti, qui canonicas satisfactiones docent necessarias esse ad redimendas poenas aeternas aut poenas purgatorii. Ber, A35W µ
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BSLK 67
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Confessio Augustana
i
BSLK 68
Der Dreizehendi
Vom brauch der Sacrament wirt geleretj, das die Sacrament eingesatzt sind nicht allein darümb, kdas siel zeichen sind, dabey οman eusserlich [BB4r] die Christen kennen mögeο k m, sonder das es zeichen und zeugnus sind Göttlichsn willens gegen uns, πunsern glauben dadurch zuerwecken und zu stercken, derhalbeno sie auchp glauben foddern und dennq rechtr gebraucht werden, so mans ims glauben empfahet und den glauben dadurch sterckt. tDarümb werden die jhenige verworffen, so leren,π die Sacrament machen gerecht ex opere operato67, oneρ glaubenσ, und leren nicht, das τdieser glaub dazu gethan sol werden, das da vergebung der sund angeboten werde, welche durch glauben, nicht durchs werck erlangt wirt.τ t
5
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Der Vierzehendu
u
BSLK 69
Vom kirchen regiment wirt gelertv, das niemant inn der kirchen öffentlich leren odderw predigen odderx Sacrament reichen sol yon ordenlichenz beruffy 68.
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Dasυ Fünffzehenda
a
Von kirchen ordenungb, von menschen cgemacht, leret man die jhenige haltenc, so one sunde mögen gehalten werden und zu frieden und guter ordenung inn der kirchen dienend, Als gewisse efeier, Feste und dergleichen, doch geschicht unterricht dabey, das man die gewissen damit nicht beschweren sol, als fseien solcheφ ordnung nötige Gottes dienst, one dieχ niemand fur Gott gerecht sein ψkönnef.
i – i nicht in Co, Lü | j in unsern kyrchen gelert und gepredigt Wei1 | k – k dabey als bey zteichen die christen eusserlich zuerkennen Wei1 | l die Lü | m kan Ha | n Gottes gnedigen und freuntlichen Wei1 | o das Wei1 | p danach: den Wei1, Wü | q erheischen und also an Wei1 | r danach: und nutzlich Wei1 | s nicht in Wü | t – t nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W u – u nicht in Co, Lü | v danach: und gepredigt Wei1 | w und Lü | x danach: auch die Wei1 | y – y es sey denn zuvor dartzu ordentlich beruffen Wei1 | z offentlichen Wü | a – a nicht in Co, Lü b danach: und cerimonien Wei1 | c – c aufgericht, wirt gelert und gepredigt, das man die cerimonien Wei1 | d danach: halten soll Wei1 | e – e feyrfeste M30W | f – f sey solch ding notigk zur seligkeitt. Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wü, M30W; solten solche ding zur selickeit von noten sein Wei1 ο – ο sich eusserlich die Christen unternander kennen mögen W33R | π – π angehefft als zeichen ... so leret, das W33R: s. QuM I, 111,24 –34 | ρ danach: diesen W33R | σ danach: davon gered ist W33R | τ – τ zum brauch .... des wercks willen. W33R: s. QuM I, 111,36–38 | υ Der W33R φ danach: menschliche W33R | χ welchen W33R | ψ – ψ das man ... gesagt wird. W33R: s. QuM I, 112,7–28
Die Vorstellung, dass das Sakrament „allein durch die vollzogene Handlung“ (ex opere operato) wirkt, d.h. unabhängig von den Einstellungen des Sakramentsspenders und des Sakramentsempfängers, war seit dem 13. Jahrhundert weit verbreitet. | 68 Berufung, Beauftragung 67
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Artikel XIII–XV
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XIII.c
BSLK 68
De usu sacramentorum docent, τquod sacramenta instituta sinteτ, non modo ut sint notae professionis inter homines, sedυ magis ut sint signa et testimonia voluntatis Dei erga nosφ ad excitandam et confirmandam fidem in his, qui utuntur propositaχ. Itaque utendum est sacramentis itaf, ut fides accedat, quae credat promissionibus, quae per sacramenta exhibentur et ostenduntur. d
5
Damnant igitur illos, qui docent, quod sacramenta ex opere operato iustificent, nec docent fidem requiri in usu sacramentorum, quae credat remitti peccata.ψ g d gψ
h
10
XIIII.
De ordine Ecclesiastico docent, quod nemo debeat in Ecclesia publice docere aut sacramenta administrare nisi rite vocatus.ω h
[B4r] XV.i 15
j αDe ritibus Ecclesiasticis docent, quod ritus illi servandi sint, qui sine peccato servari possuntk et prosunt ad tranquillitatem et bonum ordinem in Ecclesia, sicut certae feriae, festa et similia. De talibus rebus tamenl admonentur homines, ne conscientiae onerentur, tanquam talis cultus ad salutem necessarius sit.
in Na gezählt als Art. 12; dem folgt der Verweis zu Na | d – d Na: s. QuM I, 56,24–28 [Zum 12. ... werden furgetragen] | e nicht in Mü3 | f nicht in Mar1 | g – g nicht in Mar1, Mar2, Mü3, Nü1 h – h nicht in Na | i in Na gezählt als Art. 13; dem folgt der Verweis zu Na | j – j Na: s. QuM I, 56,29– 36 [Zum 13. ... verdinstlich machen] | k possint Mar1, Mü3 | l nicht in Mü3 c
τ – τ Sacramenta instituta esse W40R, W42R | υ danach: multo W40R, W42R | φ danach: proposita W40R, W42R | χ eis W40R, W42R | ψ – ψ W40R: s. QuM I, 128,33–129,2 [Hac fide accipimus ... sine bono motu utentium]; W42R: s. QuM I, 177,34–178,2 | ω danach: Sicut et Paulus praecipit Tito, ut in civitatibus presbyteros constituat. W40R, W42R | α – α W40R: s. QuM I, 129,8–22 [De ritibus Ecclesiasticis ... sparsae sunt]; W42R: s. QuM I, 178,8–22
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BSLK 69
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Confessio Augustana
Darüber wirtg geleret, das alle satzungen und [BB4v] tradition, von menschen hder meinungh gemacht, idas man dadurch Gott versune jodder vergebung der sunde verdiene oder gerecht fur Gott geschetzt werdej i, dem Evangelio und der lere | vom glauben an Christum entgegen sind. Derhalben sindk Closter gelübd und anderel tradition von underscheid der speis, tagm etc., dadurch mann vermeint, overgebung der sund und seligkeit zuverdienen als durch Gotts diensto, untüchtig und widder das Evangeliump.ψ g
BSLK 70
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Der Sechzehendq
q
BSLK 71
Von Policey69 und weltlichem regiment wirt gelert, das alle Oberkeit inn der welt und geordente regiment und gesetzer gute ordenung, von Gott geschaffen und eingesetzt, sind, sUnd dast s Christen mögen innu Oberkeit, Fürsten und Richterampt one sunde sein, Nach Keiserlichen und vandern ublichenw v Rechten urteil und recht sprechen, Ubeltetter mit dem schwert straffen, Rechte kriege füren, streitten, keuffen und verkeuffen, auff gelegte Eyde thun, eigens | haben, Ehelich sein etc. Hiex werden verdammet die widderteuffer70, so leren, das yder obangezeigteny keins Christlich sey. Auch werden die jhenige verdampt, soz leren, das Christliche volkomenheit sey, haus und hoff, weib und kind leiblich verlassen und sich der vorberürtena 71 stück eussern72, so doch dis allein rechte volkomenheit ist, rechte forcht Gottes und rechter [CC1r] glaub an Gott. Denn das Evangelium leret nicht ein eusserlichb zeitlich, sondernc innerlich ewig wesen und gerechtigkeit des hertzen und dverwirfft nichte d weltlich Regiment, Policey73 und ehestand, sondern wil, das man solchs alles halteω alsf warhafftige Gottes ordnung und inn solchen stenden Christliche liebe und rechte gute wercke, ein jder nach seinem beruff74, beweise. Derhalben sind die Christen schuldig, derg Oberkeit unterthan undh ihren geboten iund gesetzenj i gehorsam zu sein inn allem, so kone sunde geschehen mag. lDenn g – g Darneben wirt auch Wei1 | h – h darzu Ha, Nü1, Wei1, Wü | i – i Gott dardurch zuversonen und j – j und gnade vordiehne Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wü, Gottes gnad zuverdienen Wei1 | k l m M30W | auch die Wei1 | dero Lü | nicht in Mar | n nicht in M30W | o – o genadt zuvordiehnen und fur die [nicht in Ha, Nü1, Wü, M20W] sundt gnugk zuthun Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | p danach: sind Wei1, M30W | q – q nicht in Co, Lü | r danach: auch M30W s – s Das auch die Wei1 | t danach: die Lü | u ire Wü | v – v undern unbillichen M30W | w loblich Ha | x Dabey Wei1 | y – y berurter stuck Wei1 | z danach: da Wei1 | a obangezaigten Nü1, Wei1 b danach: und Wei1 | c danach: ein Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1 | d – d stosst nicht umb Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | e danach: das Wei1 | f nicht in Wü | g irer Wei1 | h nicht in Lü | i – i nicht in Wei1, Wü | j danach: und Lü | k – k nicht in Wü | l – l nicht in Nü1, Wei1 ω
danach: zur notturfft dieses leiblichen lebens W33R
69 staatliche Ordnung, Sittenaufsicht | 70 Täufer; die verworfene Position stellt eine „klassische“ Täuferposition dar, wie sie etwa in den Schleitheimer Artikeln von 1527 vertreten wurde (vgl. QGTS 2, 26 –36 [Nr. 26]); vgl. auch o. S. 100, Anm. 52. | 71 vorher genannten | 72 entäußern 73 staatliche Ordnung, Sittenaufsicht | 74 Berufung, Aufgabe
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Artikel XV und XVI
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Admonentur etiam, quod traditiones humanae institutae ad placandum Deum, ad promerendam gratiam et satis|faciendum pro peccatis adversentur Evangelio et doctrinae fidei. Quare vota et traditiones de cibis et diebus etc. institutae ad promerendam gratiam et satisfaciendum pro peccatis inutiles sint et contra Evangelium.α j
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XVI.m De rebus civilibus docent, quod legitimae ordinationes civiles sint bona operaβ Dei,γ quodo Christianis liceat gerere Magistratus, exercere iudicia, iudicare res ex Imperatoriis et aliis praesentibus legibus, supplicia iure constituere, iure bellare, militare, lege contrahere, tenere proprium, piusiurandum postulantibus Magistratibus darep, δducere uxorem, nubereq δ. n
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Damnant Anabaptistas, qui interdicunt haec civilia officiar Christianis. Damnant ets illos, qui Evangelicam perfectionem εnon collocant in timore Dei et fide, sed in deserendis civilibus officiis, quia Evan[B4v]gelium tradit iustitiam aeternam cordis.ε Interim ζnon dissipatζ Politiam autη Oeconomiam, sed maxime postulat conservareθ tanquam ordinationes Dei et in talibus ordinationibus exercere caritatem. Itaque necessario debent Christiani oboedire
m in Na gezählt als Art. 15; dem folgt der Verweis zu Na | n – n Na: s. QuM I, 57,1–14 [Zum 15. ... dann den menschen] | o et Mü3 | p – p iurare postulantibus magistratibus Mar1, Mar2, Mü3, Nü1 q nicht in Mü3 | r iudicia Mar2 | s etiam Mar1, Mar2, Mü3, Nü1
danach: et ordinationes W40R, W42R | γ danach: sicut Paulus testatur: Quae sunt potestates, a Deo ordinatae sunt. Docent igitur W40R, W42R | δ – δ contrahere legitima coniugia, artes probatas legibus exercere W40R, W42R | ε – ε W40R: s. QuM I, 129,32–35 [collocarunt in desertione ... aeterna iustitia cordis]; W42R: s. QuM I, 178,32–35 | ζ – ζ nec abolet W40R, W42R | η et Ber, A35W | θ eas in hac vita corporali conservari W40R, W42R
β
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BSLK 71
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Confessio Augustana
so der oberkeit gebotm k one sundn nicht geschehen mag, sol man Gott mehr gehorsam sein denn den menschen, Actuum iiii.75 l o
BSLK 72
Der Siebenzehendo
Auchp wird gelert, das unser Herr Jhesus Christus am Jüngsten tag komen wird, qzu richten und alle todten aufferwecken,q den rausserwelten und gerechtenr ewigs leben und ewiges freude geben, Die Gottlosen menschen aber und die Teuffel inn die hell und ewig straff verdamnen. Derhalbent werden die widderteuffer76 verworffen, sou leren, das die Teuffel und verdampte menschen nicht ewige vpein undv qual haben werden. Item:w hiex werdeny verworffen etliche Jüdische lere, die sichz aucha itzundb ereigenc, das fur der aufferstehung der todten eitel heilige fromed ein weltliche reich haben und alle Gottlosen vertilgen werden.77
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[CC1v] eDer Achtzehende
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Vom freien willen wird alsof geleret, das der mensch etlicher masse ein freien willen hat, eusserlich erbar zu leben und zu welen unter denen dingen, so die vernunfft begreifft. Aber one gnadg, hülff und wirckung des heiligen geists vermag der mensch nicht Gott gefellig zu werden, Gott hertzlich zufürchten, h izu liebeni odderh zu gleuben oder die angeporn böse lust aus dem hertzen zuwerffen, sondern solchs geschicht durch den heiligen geist, welcher durch Gottes wort geben wird, jdenn Paulus spricht i. Corin. ii.: „Der natürlich mensch vernimpt nichts vom geist Gottes.“78 j
nicht in Lü | n danach: gehorsam Lü | o – o nicht in Co, Lü | p Ferner Wei1 | q – q zuerwecken die toten und zurichten beyde, lebendigen und toten, und Wei1 | r – r glaubigen und ausserwelthen Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | s nicht in Wei1, M30W | t Dabey Wei1 | u danach: sie Lü; danach: da Wei1 | v – v nicht in Nü1, Wei1 | w nicht in Wei1 | x die Co; Es Wei1 y danach: auch Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1 | z sie Wü | a nicht in Wei1 | b imaln Wü | c erzaigen Lü; regt Nü1; regen als nemlich Wei1 | d danach: leut Wei1 | e – e nicht in Co, Lü | f nicht in Wü g grund M30W | h – h nicht in Co | i – i nicht in Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W j – j nicht in Nü1, Wei1 m
Act 5,29 (vgl. Act 4,19) | 76 Nach dem Reformator Justus Menius, der bezüglich der Täufer in Austausch mit Luther und Melanchthon stand und 1530 eine umfassende Darstellung und Widerlegung der Lehre der Täufer verfasste („Der Widdertauffer lere und geheimnis aus heiliger schrifft widderlegt“, Wittenberg 1530), lautet einer der Glaubensartikel der Täufer: „Alle verdampten und gotlosen, dazu auch der teufel selbst, werden noch endlich selig werden“ (zit. nach Paul Wappler, Die Täuferbewegung in Thüringen von 1526–1584, Jena 1913, 70); vgl. auch o. S. 77 Verworfen werden chiliastische Vorstellungen, d. h. die Erwartung eines 100, Anm. 52. | irdischen, tausendjährigen Reiches, wie beispielsweise von Martin Cellarius und Wolfgang Capito vertreten. | 78 I Kor 2,14 75
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Artikel XVI–XVIII
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Magistratibus suis ιett legibus. Nisi ucum iubentu peccare, tunc etiamv κ magis debentw oboedire Deox quam hominibus, yAct. vλ y.8 n ι
XVII.z
BSLK 72
Item docent, quodb Christus apparebit in consumatione mundi ad iudicandum et mortuos omnes resuscitabit, µpiis et electisµ dabit vitam aeternam et perpetua gaudia, impios autem homines ac diabolos condemnabit, ut sine fine crucientur. νDamnant Anabaptistas, qui sentiunt hominibus damnatis ac diabolis finem poenarum futurum esse. Damnant et alios, qui nunc sparguntc Iudaicas opiniones, quod ante resurrectionem mortuorum pii regnum mundi occupaturi sint, ubique oppressis impiis.ν a a
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XVIII.d De libero arbitrio docent, quod humana voluntas habeat aliquam libertatem ad efficiendamf civilem iustitiam et deligendas res rationi subiectas. Sed non habetg ξ vim sine spiritu sancto efficiendae οiustitiae Dei seuο iustitiae spiritualis, quiaπ animalis homo non percipit ea, quae sunt spiritus Dei9, ρsed haec fit in cordibus, cum per verbum spiritus sanctus concipitur.ρ e
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t nicht in Mü3 | u – u ut iubeant Mü3 | v enim Mar1, Mar2, Mü3, Nü1 | w debeant Mü3 | x nicht in Mü3 | y – y nicht in Mar1 | z in Na gezählt als Art. 16; dem folgt der Verweis zu Na | a – a Na: s. QuM I, 57,15–24 [Zum 16. ... unter sich bringen] | b nicht in Mü3 | c nicht in Mü3 | d in Na gezählt als e – e Na: s. QuM I, 57,25–36 [Zum 17. ... todthschlagen, Art. 17; dem folgt der Verweis zu Na | eebrechen etc.] | f reficiendam Mü3 | g habeat Mar1, Mar2
praesentibus magistratibus W40R, W42R | κ enim Ber, A35W, W40R, W42R | λ 4 W40R, W42R | µ – µ et hominibus piis W40R, W42R | ν – ν W40R: s. QuM I, 130,9–19 [Damnamus Anabaptistas ... futurum esse]; W42R: s. QuM I, 179,9–19 | ξ habeat Ber, A35W | ο – ο nicht in W40R, W42R | π danach: Paulus dicit W40R, W42R | ρ – ρ W40R: s. QuM I, 130,24–28 [Et Christus dicit ... accipiatis per fidem]; W42R: s. QuM I, 179,24–28 ι–ι
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Vgl. Act 5,29 (vgl. Act 4,19). | 9 I Kor 2,14
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BSLK 74
Confessio Augustana
Und damit man erkennen möge, das hierin kein neuigkeit gelert wird, kso sind dasl die klarenm wort Augustini vom freien willen,n hiebey geschrieben aus dem dritteno buch Hypognosticonk: „Wir bekennen, das inn | allen menschen ein freier wille ist, denn sie haben ja allep natürlich angeborne verstand und vernunfft, nicht das sie etwas vermügen mit Gott zuhandelnq 79, als Gott von hertzen zu lieben, zuförchten, rsondern alleinr inn eusserlichen wercken dieses lebens haben sie freiheit, gutes odder böses zuwelen. Gut mein ichs, das die natur vermag, als tauff dem acker zu arbeitent odder nicht, zu essen, zu trincken, zu einem freund zugehen odder nicht, einu kleid an odder aus zuthun, zu bauen, ein weib zu nemen, ein handwerck zu treibenv und der gleichen etwas nützlichs und guts zu thun, Welches alles doch one Gott [CC2r] nicht ist noch bestehet, Sondern allesw aus ihm und durch ihnen ist. xDagegen kan der mensch auch böses aus eigener wal furnemenx, als fur einem Abgott nidder zuknien, ein todschlag zuthun etc.“80 yHie werden die jhenige verworffen, so leren, das wir Gottes gepot on gnad und heiligen geist halten können. Denn ob wir schon eusserliche werck der gepot zu thun von natur vermögen, so können wir doch die hohen gepot im hertzenα nicht thun, nemlich Gott warhafftiglich fürchten, lieben, Gott gleuben etc.y
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Der Neunzehendz
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z
BSLK 75
Vona ursach der sunden wird bbey unsc b geleret, das, wiewol81 Gott der allmechtig die gantze natur geschaffen hat und erhelt, so βwirckt doch dder verkerte wille die sund inn allen bösen und verechternd Gottesβ, wie denn des Teuffels wille ist und aller Gottlosen, welcher als bald, soe Gott die hand abgethan, sich von Gott zum argenγ gewand hat, wief Christusg spricht, Joh. viii.: „Der Teuffel redeth lügen aus seinem eigeni.“82 j k – k sind die wort Augustini hiebey geschriben, der clar allso vom freien willen redet. Wie ytzundt angezaigt allso spricht August. Libro 3 Hypognosticon Nü1; so schreibt sant Augustin im dritten buchs hypognosticon mit außgedruckten worten also Wei1 | l nicht in Ha, M30W | m nicht in Ha n danach: wie itzund Wü | o nicht in M30W | p danach: ein Wei1 | q nicht in Co | r – r nicht in M30W | s korr. zu: wir Wei1 | t – t den acker zubauen Wei1 | u nicht in Co | v arbeiten Nü1 w nicht in Wei1 | x – x Boses aber heiss ich Wei1 | y – y nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wei1, Wü, M30W | z – z nicht in Co, Lü | a Weiter wirt von der Wei1 | b – b nicht in Nü1, Wei1 | c danach: also Co, Lü, Nü2, Wei1 | d – d die sunde der [aus dem Wei1] verkhert will aller posen und verechter Nü1, Wei1 | e nicht in Wei1 | f danach: denn Wei1 | g danach: selber Wei1 | h leret M30W i danach: etc. Lü, Wü | j danach: gestr. Text aus Art. 21 Wei1
danach: one den heiligen geist W33R | β – β ist doch der verkerte wil selbst inn allen bösen und γ bösen verechtern Gottes ursach der sunde, so er sich wendet zu verbotten dingen W33R | W33R
α
79 umzugehen | 80 Ps.-Augustinus, Hypomnesticon contra Pelagianos sive Caelestinianos haereticos III 4, 5, in: PL 45, 1623. | 81 obgleich | 82 Joh 8,44
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Artikel XVIII und XIX
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Haec totidem verbis dicit Augustinus lib. iii. Hypognosticon: Esse fatemur liberum arbitrium [C1r] omnibus hominibus habens quidem iuditium rationis, non per quod sit idoneum in iis, quae ad Deum pertinent, sine Deo aut inchoare aut certe peragere, sed tantum in operibus vitae praesentis tam bonis quam etiamσ malis. Bonis dico, quae de bono naturae ori|untur, id est velle laborare in agro, velle manducare et bibere, velle habere amicum, velle habere indumenta, velle fabricare domum, uxorem velle ducere, pecora nutrire, artem discere diversarum rerum bonarum, velle quicquid bonum ad praesentem pertinet vitam. Quae omnia non sine τdivino gubernaculoτ subsistunt, immo ex ipsoυ et per ipsum sunt et esse coeperunt. Malis vero dico, ut est velle Idolum colere, velle homicidium etc.10 φ
BSLK 74
Damnantχ igiturψ Pelagianosω, qui docent, quod sine spiritu sancto solis naturae viribus possimus Deum super omnia diligere, αItem praeceptaα Dei facere quoad substantiam actuum.β Quanquam enim externa opera aliquo modo γefficere natura possintδ γ , potest enim continere manus a furto, a cede; tamen interiores motus non potest efficere ut εtimorem Dei, fiduciam erga Deumε, castitatem, patientiam etc.ζ h e h
15
XIX.i De causaη peccati docent, quod tametsi Deus creat et conservat naturam, tamen causa peccati est voluntas malorum etk θ diaboli et impiorumι, quael κnon adiuvante Deoκ avertit se λa Deoλ, µsicut Christus ait Ioan. viiiµ: Cum loquitur mendacium, ex seipsom ν loquitur.j 11 j
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i in Na gezählt als Art. 18; dem folgt der Verweis zu Na nicht in Mar1, Mar2, Mü3, Nü1 | k ut Mar1, Mar2, Mü3, Nü1 Na: s. QuM I, 57,37– 58,3 [Von der sund ... allein bey mir] | m quare Mar1 | propriis Mar1, Mü3
h–h j–j l
nicht in W40R, W42R | τ – τ divina gubernatione W40R, W42R | υ Deo W40R, W42R | φ danach: W40R: s. QuM I, 131,1–6 [Haec Augustini sententia ... infirmitatem nostram]; W42R: s. QuM I, 180,1–6 | χ Damnamus W40R, W42R | ψ nicht in Ber, A35W, W40R, W42R | ω danach: et alios Ber, A35W; danach: et similes W40R, W42R | α – α legem W40R, W42R | β danach: W40R: s. QuM I, 131,9–14 [Haec somnia ... ne potest quidem subiici]; W42R: s QuM I, 180,9–14 γ – γ potest efficere humana natura per sese W40R, W42R | δ possit Ber, A35W | ε – ε verum timorem, veram fiduciam W40R, W42R | ζ W40R: s. QuM I, 131,17–20 [nisi Spiritus sanctus ... iniustis posita]; W42R: s. QuM I, 180,17–20 | η causis Ber | θ videlicet Ber, A35W, W40R, W42R ι danach: hominum W40R, W42R | κ – κ nicht in W40R, W42R | λ – λ ab eo Ber | µ – µ ad alias res contra mandata Dei. Ideo Christus inquit de Diabolo W40R, W42R | ν propriis W40R, W42R σ
Ps.-Augustinus, Hypomnesticon contra Pelagianos sive Caelestinianos haereticos III, 4, 5, in: PL 45, 1623. | 11 Joh 8,44
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k
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Der Zwenzigstδ
Den unsern wird mit unwarheit auffgelegt, das sie gute wercke verbieten. Denn ihr schrifft von zehen gepoten und andere beweisen, das sie von rechten Christlichen stenden und wercken guten nützlichen bericht und vermanung gethan haben, Davon man fur dieser zeit wenig geleret hat, εsondern allermeist inn allen predigen auff [CC2v] kindische unnötige werck, als Rosenkrentz, heiligen dienst, Mönch werden, walfarten, gesatzten fasten, feiren, bruderschafften, indulgentien83 etc. getrieben. Solche unnötige werck rümet auch unser widderpart nu nich mehr so hoch als vor zeiten, | wiewol84 sie dennoch ihre irthumb nicht bekennen, sondern unterstehen sich, die selbige zu untertrukung der heilsamen und tröstlichen lar vom glauben und zu schmach unserm Herrn Christo zu verfechten. Dieweil aber die lar vom glauben, wilche das heubstück ist inn Christlicher lar, wie man bekennen mus, lange zeit nicht getrieben noch geprediget ist, sondern dagegen viel falscher Gottesdienst auffgericht, so ist davon durch die unsern dieser bericht geschehen.ε ζ
nicht in Nü1
δ danach: Von glauben und guten wercken. W33R | ε – ε denn unsers gegenteils ... dieser unterricht. W33R: s. QuM I, 113,5–38 | ζ – ζ Vom Glauben ... tod und helle. W33R: s. QuM I, 114,1–26 83
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Wo glaube und was der glaube sey
Unser Herr Christus hat sein Evangelium gefasset inn eine richtige und kurtze Summa, nemlich das man leren sol bus und vergebung der sund inn seinem namen. Die predig von der bus strafft die sund. Wer nu fur Gottes zorn erschrickt von wegen seiner sunde, dem predigt das Evangelium auch vergebung der sunden umb Christus willen aus gnaden one unser verdienst. Solche vergebung wird allein durch glauben erlangt, so wir gleuben, das Gott uns umb Christus willen unser sunde vergeben und gnedig sein wolle. Also leren nu die unsern, das wir durch glau[CC3r]ben an Christum vergebung der sunde erlangen, nicht durch unsere vorgehende odder folgende werck verdienen, sondern allein entpfahen vergebung aus barmhertzigkeit umb Christus willen, und das wir allzeit, wenn wir schon gute werck haben, gleuben sollen, das wir umb Christus willen fur Gott gerecht geschetzet werden, nicht aus verdienst unserer werck, denn wir können doch Gottes gesetz selbst nicht gnugthun. Dieses ist ein reicher, gewisser trost allen blöden85 und erschrocken gewissen Und ist klar inn der heiligen schrifft gegründet und ausdrückt, ja, es ist der k–k
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Ablässe | 84 obgleich | 85 schwachen
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Artikel XX
Marburger Handschrift (Mar)
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20. lVom glauben undm werckenl
[C1v] nXX.o
Den unsern wirt mit unwarheit ufgelegt, das sie gute werck verpieten, dan ire schrifften von zehen gepotten und andere beweisenn, das sie von rechten christlichen stenth und werck guten nutzlichen bericht und ermanungeo gethan haben. Da|von man vorp disser zeit wenig gelerntq hatt, sonder allermeist in allen predigen auf kundische1 unnottige werck als rosenkrentz, heiligen dienst, munch werden, walfarten, gesatzten fasten, feyern, bruderschafften etc. getrieben; soliche unnotige werck rhumetr auch unser widderpart nhun nicht mher so hoch als vor zeiten. Darzu haben sie auch gelerets, nut vom glauben zurethn, davon sie doch in vortzeiten gar nichts gepredigt haben, leren dennocht unhu, dasu wirv nicht allein aus wercken vor Got gerecht werth, sonder sezen den glauben an Christum dartzu undw sprechen, glaub und werck mach uns gerecht vor Got, wilche rede etwasx mher trosts pringen magk, dan so2 man allein leret, uff werck zuvertrauen.
Falso accusantur nostri, quod bona opera prohibeant. Nam scripta eorum, quae extant de decem praeceptis, et alia simili argumento testantur, quod utiliter docuerint de omnibus vitae generibus et officiis, quae genera vitae, quae opera in qualibet vocatione Deo placeant. De quibus rebus olim parum docebant Contionatores, tantum puerilia et non necessaria opera | urgebant, ut certas ferias, certa ieiunia, fraternitates, peregrinationes, cultus Sanctorum, rosaria, monachatum et similia. Haec adversarii nostri admoniti nunc dediscunt nec perinde praedicant haec inutiliap opera ut olim. qPreterea incipiuntq fidei mentionem facere, de qua olim mirum erat silentium. οDocent nos non tantum operibus iustificari, rsed coniungunt fidem et opera et dicunt nos fide et operibus iustificarir. Quae doctrina tolerabilior est priore et plus afferres potest consolationis quam vetus ipsorum doctrina.ο
m danach: gutten nicht in M30W | Wei1 | n beweise send M30W | o meinung M30W | p zu M30W | q gelerth Co, Ha, Lü, Nü2, Wei1, M30W | r danach: sich Co s gelerntt Co, Ha, Nü2 | t nichts M30W u – u darvon, dan M30W | v korr. aus: man w nicht in Wei1, M30W | x nicht in Wei1 l–l
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kindische |
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als wenn
ξ
n – n nicht in Mar1, Na | o De fide et bonis p puerilia Mü3 operibus Mar2, Mü3 | q – q Incipiunt etiam Mar2, Mü3, Nü1 r – r nicht in Mü3 | s aufferre Mü3 ξ – ξ W40R: s. QuM I, 131,27–138,14 [Quod adversarii criminantur ... quomodo sint meritorii]; W42R: s. QuM I, 180,27–187,9 ο – ο Etsi non desinunt obscurare doctrinam fidei, cum relinquunt dubias conscientias et iubent mereri remissionem peccatorum operibus. Nec docent, quod sola fide propter Christum certo accipiamus remissionem peccatorum. Ber, A35W
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fürnemest artikel des Evangelii. Denn Paulus spricht also, Ephe. ii.: „Aus gnaden seid ihr selig worden durch den glauben und das selbig nicht aus euch, sondern es ist Gottes gabe, nicht aus wercken, damit sich niemand rhüme“86. Und Röm. iiii.: „Darümb müsse gerechtigkeit durch glauben uns aus gnaden komen, das die verheissung fest bleibe“87, das ist, so wir umb unser werck willen vergebung der sunden empfahen solten, weren wir allzeit ungewis, ob wir vergebung erlangt hetten. Denn wir befinden allezeit gebrechen88 an unsern wercken, darümb wir müsten zweiveln, ob wir gnug gethan hetten. Also würde die verheissung fallen und unnütz werden, so sie auff unser werck baut were, Und nimmer mehr kont das gewissen zu friden und zu ruhen sein, wenn wir umb unser werck willen gerecht sein müsten. Darümb sollen wir allezeit, auch so wir nu neu ge[CC3v]born sein und gute werck thun, den mitler Christum behalten und gleuben, das uns Gott gnedig sey und gerecht schetze, nicht darümb, das wir das gesetz erfüllen, sondern umb Christus willen, durch den uns zugesagt ist, das uns Gott umb seinen willen gnedig sein wolle. Darümb spricht Paulus weiter Rom. v.: „So wir durch glauben gerecht geschetzt werden, haben wir fride mit Gott und durch glauben haben wir ein zugang zu Gott etc.“89 Und dieser sprüch ist die schrifft vol.ζ Unerfarne leute verachten und verfolgen diese lar, denn die welt weis von keiner gerechtigkeit denn allein vom gesetz ηund von vernünfftigem leben,η weis nicht, wie das gewissen gegen Gott und inn Gottes gericht sichθ halten sol, und doch, wenn Gott strafft und erschreckt die gewissen, so faren die selbige zu, so diese lar vom glauben und Christo nicht wissen, suchen werck und wollen mit eigen wercken Gottes zorn versünen und ιewig leben erlangenι, diese lauffen in Klöster, die andern fallenκ auff Mess halten und wird ein werck uber das ander erticht, Gottes zorn zuversünen. λDas ist eitel blindheit
η – η nicht in W33R | θ nicht in W33R | ι – ι sich aus dem ewigen tod reissen W33R | W33R | λ – λ und stecken gleich wol inn zweivel und fallen W33R 86
Eph 2,8f | 87 Röm 4,16 | 88 Unvollkommenheiten, Fehler | 89 Röm 5,1f
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geradten
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Dieweil nhu di lere vom glauben, di das heuptstuck ist in christlichem wesen, so lange zeit, wie man bekennen muß, nicht getrieben worden, sonder allein wergler3 an allen orten gepredigt, ist davon von den unsern solich underricht bescheen. Erstlich, dasy unser werck uns nit mugen mit Got versonen und gnade erwerben, sonder solichsz beschicht allein durch den glauben, so man glaubt, das uns umb | Christus willen di sunde vergeben werth, wilcher allein der mitler ist, den vatter zuversunen. Were nun solichs vermeint durch werck außtzurichten und gnade zuverdienen, der verachtet Christum und sucht ein eigen weg zu Got widder das evangelium.
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Dise lere vom glauben ist offentlich aund clara imb Paulo an vilen orten gehandeltc, sonderlich zun Ephesern am andern: „Aus gnaden seit ir selig worden durch den glauben und dasselbig nicht aus euch, sonder es ist Gottes gab, nicht aus wercken, damit sich niemants
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y nicht in Lü | z nicht in Wei1 | a – a nicht b von Ha, Lü; auss M30W in Ha | c danach: und M30W 3
Werklehre
Cum igitur doctrina de fide, quam oportet in Ecclesia praecipuam esse, tam diu iacuerit ignota, quemadmodum fateri omnest necesse est de fidei iustitia altissimum silentium fuisse in contionibus, tantum doctrinam operum versatam esse in ecclesiisu, nostri de fide sic admonuerunt Ecclesias. Principio, quod opera nostra non possint reconciliare Deum aut mereri remissionem peccatorum et gratiam vet iustificationemv, sed hanc tantum fide consequimurw | credentes, quod propter Christum recipiamur in gratiam, qui solus positusx est mediator et propitiatoriumπ, per quem reconcilietur pater. Itaque, [C2r] qui confidit operibus se mereri gratiam, ρisy aspernatur Christi meritum et gratiamρ et querit sine Christo humanis viribus viamz ad Deum, cum Christus de se dixerit: Ego sum via, veritas et vita.12 Haec doctrina de fide ubique in Paulo tractatur, Ephes. ii.: Gratia salvi facti estis per fidem et hoc non ex vobis; Dei donum est, non ex operibus etc.13 Et ne quis cavilletur a nobis novam Pauli interpretationem excogitari, tota haec causa habet testimonia Patrum. Nam Augustinus multis voluminibus defendit gratiam et iustitiam fidei contra merita operum. Et similia docet Ambrosius de vocatione t nicht in Mü3 | u ecclesia Mü3 | v – v nicht in w assequimur Mü3 Mar2, Mü3, Nü1 | x nicht in Mü3 | y et Mü3 | z vitam Mar2 π 12
propitiator Ber, A35W | ρ – ρ nicht in Ber Joh 14,6 | 13 Eph 2,8f
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und verachtung Christi und fallen die hertzenλ fur und fur inn grosser ungedult µgegen Gottµ, bis sie zu letzt gantz verzweiveln. νDiese irthumb straffen wir laut des Evangelii und richten dagegen auff die lar vom glauben, das das gewissen sich getrost darauff verlassen sol, das wir vergebung der sund on unser verdienst umb Christus willen haben, Und das es ein schmach Christi sey, so wir eigne werck su[CC4r]chen, dadurch zu verdienen, das uns Gott gnedig sey. Und dieweil dieser artikel betrifft die ehre Christi und solchen hohen trost der gewissen, so ist not, das diese lar ernstlich inn der Christenheit getrieben werde. Hieraus ist auch zu mercken, wo glauben sey und was wir glauben heissen. Denn wo nicht schrecken ist fur Gottes zorn, sondern lust an sündlichem wandel, da ist nicht glauben, denn glauben sol trösten und lebendig machen die erschrockne hertzen. Darümb auch Esaias spricht, Gott wolle seine wonung haben inn erschrocknen hertzen.90 Darümb ist leicht zu antworten, wenn etliche sprechen, so der glaub gerecht mache, sey nicht not, gute werck zuthun. Dagegen leren wir, das die jhenigen, so lust an ihren sunden haben und fort faren inn | sundlichem wandel, nicht glauben haben. Denn wo nicht schrecken ist fur Gottes zorn, da ist nicht glaube. So ist auch das argument leicht auffzulösen, das man spricht,ν die Teuffel gleuben auchξ, sind dennoch nicht gerecht. Antwortο: Gleuben heisset hie nicht die Historien allein wissen, sondern es heisst den Artikel gleuben: vergebung der sunde; diesen Artikel gleuben die Teuffel und Gotlosen nicht. Also heisst hie gleuben, inn schrecken des gewissens sich getrost verlassen auff Gottes zusage, das er umb Christus willen gnedig sein wolle. Und das gleuben also sol verstanden werden, nicht die Historien allein wissen, sondern Gottes verheissung ergreiffen, leret Paulus klar [CC4v] Rom. iiii., da er spricht: „Darümb werde man gerecht durch glauben, das die verheissung nicht untüchtig werde.“91 πDarümb wil er, das man durch glauben die verheissung Gottes ergreiffen müsse.π So schreibt auch Augustinus, das man glauben also verstehen sol, wie wir ρdavon redenρ.92 σ
Das man gute werck sol und müsse thun
und wie man sie könne thun und wie sie Gott gefellig sein Solcher glaub, so er das erschrocken hertz tröstet, empfahet den heiligen geist, der fehet an93 inn den jhenigen, so Gottes kinder worden sind, zu µ – µ nicht in W33R | ν – ν Widder diese irthumb ... dagegen gesagt wird W33R: s. QuM I, 114,36– 115,33 | ξ danach: und W33R | ο darauff ist leichtlich zu antworten W33R | π – π Da wil er ja, das glaube und verheissung zusamen gehören. W33R | ρ – ρ hie davon geredt haben W33R | σ – σ Von Wercken ... Zum vierden W33R: s. QuM I, 116,3–117,1
Vgl. Jes 57,15. | 91 Röm 4,16 | 92 Vgl. Ps.-Augustinus, Liber de cognitione verae vitae 37, in: PL 40, 1025; Augustinus, In Epistulam Johannis ad Parthos tractatus X, 2, in: PL 35, 2054f (SC 75, 412). | 93 fängt an
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rhume etc.“ Und das hierin kein neuer verstandt eingefurt sei,d kan man aus sancte Augustin beweisen, der dise sach vleißlich handelt und auch also leret, das wir durch den glauben an Christum gnade erlangen und fur Got gerecht werthnf, nicht durch werck, wie sein gantz buch de spiritu et litera außweiset.4
Gentium aet alibi. Sic enim inquit de vocatione Gentiuma: Vilesceret redemptio sanguinis Christi necb misericordiaec Dei humanorum operum praerogativa succumberet, si iustificatio, quae fit per gratiam, meritis praecedentibus deberetur, ut non munus largientis, sed merces esset operantis.14
Wiewol nu dise lere bei unversuchten leuthen seer veracht wirdet, so befint sich doch, das sie den bloden5 und erschrocknen | gewissen seher trostlich und heilsam ist. Dan das gewissen kan nicht zu rhu und frieden khommen durch werck, sonder allein durch glauben, so es bei sichg gewißlichh schleust, das es umb Christus willen ein gnedigen Got habe, wie auchi Paulus spricht zun Romern am funfften: „So wir durch glauben seint gerecht wor-
Quanquam autem haec doctrina contemnitur ab imperitis, tamen experiuntur piae ac pavidae conscientiae pluri|mumd eam consolationis afferree, quia conscientiae non possunt reddi tranquillae per ulla opera, sed tantum fide, cum certo statuunt, quod propter Christum habeant placatum Deum. Quemadmodum Paulus docet Rom. v.: Iustificati per fidem pacem habemus apudf Deum.15 Tota haec doctrina ad illud certamen perterrefactae conscientiae referenda est nec sine illo certamine intelligi potest. Quare male iudicant de ea reg homines imperiti et propha[C2v]ni, qui Christianam iustitiam nihil esse
25
danach: so Lü | e nicht in Wei1, M30W danach: und Wei1 | g im M30W | h nicht in Co, Ha; vom Rand eingewiesen | i nicht in M30W d f
Vgl. Augustinus, De spiritu et littera, in: PL 44, 199–246 (CSEL 60, 155 –229). 5 schwachen 4
a – a nicht in Mü3 | b et Mar2 | c misericordia Mar2 | d nicht in Mü3 | e aufferre Mü3 | f ad Mü3 | g nicht in Mü3
Prosper Tiro von Aquitanien, De vocatione omnium gentium I, 17, in: PL 51, 669 (CSEL 97, 112,9–13). Die Schrift wurde im 16. Jh. unter dem Namen des Ambrosius überliefert. Heute gilt die Autorschaft Prospers als relativ sicher (vgl. CSEL 97, 23–33). | 15 Röm 5,1 14
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wircken, Wie Paulus spricht, Rom. viii.: „Dis sind kinder Gottes, wilche der geist Gottes leitet.“94 So wircket nu der heilig geist erkentnus der sunde und glauben, das wir die hohe und grosse barmhertzigkeit, inn Christo zugesagt, fur und fur klerer erkennen und stercker glauben und ewigen trost und leben daraus schopffen. Darnach wirckt der heilig geist auch andere tugent, nemlich die Gott geboten hat inn zehen geboten, Gott fürchten, lieben, dancken, anruffen, ehren, den nehisten lieben, gedültig, keusch sein, die Oberkeit als Gottes ordnung erkennen und ehren etc. Denn wir leren, das wir Gottes gebot, wilche uns auffgelegt sind, sollen und müssen thun. Dazu leren wir, wie man sie könne thun, auch wie sie Gott gefallen. Denn ob schon die menschen durch eigne natürliche krefft eusserliche ehrliche95 werck zum teil zu thun vermügen, so kan [DD1r] doch das hertz Gott nicht lieben, es glaube denn zuvor, Gott wölle gnedig sein. Dazu die menschen ausser Christo und on glauben und heiligen geist sind inn des Teuffels gewalt, der treibet sie auch zu mancherley offentlichen sunden. Darümb leren wir zuvor vom glauben, dadurch der heilig geist geben wirt und das Christus uns hilfft und wider den Teuffel behütet. Wenn also das hertz weis, das uns Gott gnedig wil sein und uns erhören umb Christus willen, so kan es Gott lieben und anruffen. Und dieweil es weis, das uns Christus stercken und helffen wil, so wart96 es hülff, verzaget nicht inn leiden und strebet widder den Teuffel. Darümb spricht Christus: „One mich könnet ihr nichts thun.“97 Derhalben, wer nicht recht vom glauben leret, kan auch nicht nützlich von wercken leren, denn on die hülffe Christi kan man doch Gottes gepot nicht halten, wie klar zu sehen an den Philosophis, die sich auffs höhist gevlissen98, recht zu leben, und sind dennoch inn grosse laster gefallen. Denn menschliche vernunfft und krafft on Christo ist dem Teuffel viel zu schwach, der sie zu sundigen treibet. Weiterσ geschicht auchτ unterricht, wie gute werck Gott gefellig sind, nemlich nicht darumb, das wir Gottes gesetz gnug thun, denn υone der einige Christus, sonst hat kein mensch Gottes gesetz gnug gethanυ, sonder die werck gefallen derhalben, das Gott die person angenomen hat φund schetzet sieφ
τ nicht in W33R | υ – υ das vermage niemand inn dieser verderbten natur, darin sund und unvolkomenheit klebet W33R | φ – φ schetzet und helt sie fur W33R 94
Röm 8,14 | 95 ehrenhafte | 96 erwartet | 97 Joh 15,5 | 98 sich eifrig bemüht (haben)
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denj, haben wir rhuek und frieden vor Got.“ Disen troste hat man vorzeiten nicht getrieben in predigten, sonder di armen gewissen auff eigene werck getribenl, und seint mancherlei werck furgenommenm. Dann etlicher hat das gewissen in die closter gejagt, der hoffnung, daselbst gnade zuerwerben odurch closter lebeno. Ettliche haben andere werckp erdacht, damit gnade zuverdienen und vor die sunde gnug zuthun. Derselbigen viel haben erfaren, das man dadurch nicht ist zufriethn khommen, darumb | ist not gewesen, dise lere vom glauben an Christum zupredigen und vleissig zudreiben, das man wisse, das man allein durch den glauben, an6 verdienst, Gottes gnade ergreifft. Es geschicht auch underricht, das man hie nicht von solichem glauben rett, den auch die teuffel oderq gotlosen haben, die auch die historien glauben, das Christus geliden habe und aufferstanden sei von dodten, sonder man redet von warem glauben, der do glaubt, das wir durch Christum gnade und vergebung der sunde erlangen und rder nu weis, das er ein gnedigen Got durch Christum hat, kennet k rhum M30W danach: so Wei1 | m danach: worden Co gewisen Ha | n nicht in Ha | o – o nicht in Ha | p weg Lü q und die Lü | r – r wissen, das wir einem genedigen Got durch Christum haben, khennen und in an ruffen und nit wie die haiden, teufl und gotlosen, die weder vergebung der sind glauben noch Got treulich an ruffen, vil wenig guts zu im versohen Ha
somniant nisi civilem eth philosophicam iustitiam. Olim vexabantur conscientiae doctrina operum, non audiebant ex Evangelio consolationem. Quosdam iconscientia expuliti in desertum, in Monasteria, sperantes ibi sej gratiam merituros esse per vitam monasticam. Alii aliaσ excogitaverunt opera ad promerendam gratiam et satisfaciendum pro peccatis. Ideo magnopere fuit opus hanc doctrinam de fide in Christum tradere et renovare, ne deesset consolatio pavidis con|scientiis, sed scirentτ fide in Christum apprehendi gratiam et remissionem peccatorum ket iustificationemk.
Admonentur etiam homines, quod hic nomen fidei non significetl tantum historiae notitiam, qualis est etm υ impiis etn diabolo, sed significeto fidem, quae credit non tantum historiam, sed etiam effectum historiae, videlicet hunc
j
l
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ohne
seu Mü3 | i – i conscientiae expuliet Mar2 spe Mü3 | k – k nicht in Mar2, Mü3, Nü1 l significat Mar2, Mü3, Nü1 | m danach: in n danach: in Mü3 Mar2, Mü3; in Nü1 | o significat Mar2, Mü3, Nü1 h j
σ nicht in Ber | A35W
τ
scire A35W |
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in Ber,
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gerecht umb Christus willenχ; umb des willen vergibt er uns unserψ gebrechen, die noch da bleiben [DD1v] inn heilgen. ωDarumb sol man nicht vertrauen, das wir nach der widdergepurt gerecht sind von wegen unser reinigkeit99 odder derhalben, das wir das gesetz erfullen, sonder man sol denn auch den mitler Christum Gott furstellen und halten, das uns umb Christus willen Gott gnedig sey und das unser werck barmhertzigkeit dürffen und nicht so wirdig sind, das sie Gott als gerechtigkeit annemen sol und dafur ewigs leben schuldig sey, sondern das sie Gott derhalben gefallen, dieweil er der person gnedig ist umb Christus willen. Das er aber der person gnedig sey, das fasset ein jeder allein durch glauben. Also gefallen Gott die gute werck allein inn den gleubigen, wie Paulus leret: „Was nicht aus glauben geschicht, ist sund“100, das ist, Wo das hertz inn zweivel stehet, ob Gott uns gnedig sey, ob er uns erhöre und gehet dahin inn zorn gegen Gott und thut werck, wie köstlich die scheinen, so sind es doch sund, denn das hertz ist unrein, darümb können die guten werck on glauben Gott nicht gefallen, sonder das hertz mus vor101 mit Gott zu frieden sein und schliessen, das sich Gott unser anneme, uns gnedig sey, uns gerecht schetze nicht von wegen unsers verdiensts, sonder umb Christus willen aus barmhertzigkeit. Das ist rechte Christliche lahr von guten wercken.ω k
χ
danach: Rom. 8: Nulla condemnatio est his, qui in Christo Jhesu sunt. W33R Und also ... getrieben wird. W33R: s. QuM I, 117,7–118,2
ω–ω 99
Reinheit | 100 Röm 14,23 | 101 vorher, zuvor
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also Got, rufft ine an und ist nicht ons Got, wie di heyden; dan teuffel und gotlosen gleuben dissen artickel, vergebung der sunden, nicht. Darumb sein sie Got vheindt, konnen ine nicht anruffen, nichts guts von ime hoffen. Und also, wie itzo angetzeigt ist, redet die schrifft vom glauben, und heist nicht glauben | eint solichs wissen, das teufel und gotlosen menschen haben, danr also wirtt vom glauben geleret zun Hebreern am eilfften, das glauben seiu nicht allein di historien wissnv, sonder zuversicht haben zu Gott, seine zusage zuentpfaen.7 Und Augustinus erinnert uns auchw, das wir das wortt glauben in der schrifft verstehen sollen, das es heiß, zuversicht zu Gott, das er uns gnedig sei, und heiß nicht allein, solichx historien wissen, wie auch di teuffel wissen.8 Ferner wirt geleret, das gute werck sollen und mussen gescheen, nicht das man drauf vertraue, gnade damit zuverdienen, sonder umb Gots willen und Got zu lobe. Der glaub ergreifft allezeit allein gnade und vergebung der sunde. Und dieweil durch den glauben der Heilig Geisty geben wirtz, so wirt auch das hertz geschickt, gute werck zuthun. Dan zuvor, dieweil
s ein Co | t nicht in Co; eingefügt | u nicht in M30W | v nicht in Lü | w doch M30W x nicht in Ha; die Lü | y danach: Gottes Ha z nicht in Nü2
besonders Hebr 11,1 | 8 Vgl. Ps.-Augustinus, Liber de cognitione verae vitae XXXVII, in: PL 40, 1025; Augustinus, In Epistulam Johannis ad Parthos tractatus X, 2, in: PL 35, 2054f (SC 75, 412).
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articulum, Remissionem peccatorum, pquod videlicet per Christum habeamus gratiam, iustitiam et remissionem peccatorump. Iam qui scit se per Christum habere propitium patrem, is vere novit Deumq, scit se ei curae esse, invocatφ eum. Deniquer non est sine Deo sicut Gentes. Nam diaboli et impii non possunt hunc articulum credere, Remissionem peccatorum. Ideo Deum tanquam hostem oderunt, non invocant eum, nihil boni ab eo expectant. Augustinus etiam de | fidei nomine hoc modo admonet lectorem et docet in scripturis nomen fidei accipi, non pro notitia, qualis est in impiis, [C3r] sed pro fiducia, quae consolatur et erigit perterrefactas mentes.16
Praeterea docent nostri, quod necesse sit bona opera facere, non ut confidamus per ea gratiam mereri, sed propter voluntatem Dei. Tantum fide apprehenditur remissio peccatorum χac gratiaχ. Et quia per fidem accipitur spiritus sanctus, iam corda renovantur et induunt novos affectus, ut parere
p – p nicht in Mü3 | Nü1
q
nicht in Mü3 |
φ davor: diligit et Ber, A35W conscientiae Ber, A35W
|
r
deinde
χ–χ
et pax
Vgl. Ps.-Augustinus, Liber de cognitione verae vitae XXXVII, in: PL 40, 1025; Augustinus, In Epistulam Johannis ad Parthos tractatus X, 2, in: PL 35, 2054f (SC 75, 412).
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Artikel XX
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es an9 den Heiligen Geist ista, so ist es zuschwach, dartzub ists insc teufels gewalt, der die armen menschliche natuer zu vilen sunth treibt, wie wir sehen in den philosophen, wilche sich understanden10, deherlich11 und unstrefflichd zuleben, haben aber dannochte solichs nicht außgericht, sonder seint in vile grosse offetlichef sunde gefallen. Also gehetg | es mit dem menschen, so er ausser dem rechten glauben hund demh Heiligen Geist ist und sich allein durch eigenei menschliche crafftj regiret.
Derhalben ist dise leer vom glauben nit zuschelthn, das sie gute werck verbiete, sonder viel mher zurhomen, das sie gute werck zuthun lere und hilff anbiete, wie man zu guten wercken kommen moge. Dan ausser dem glauben und ausserhalbk Christo ist menschlich natuer lund vermugenl viel zu schwach, gute werck zuthun, Got anzuruffen, gedult zuhaben im leithn, den nhesten liben, mbefolene aempter vleissig außtzurichtenm, gehorsam zusein, a nicht in Ha, Nü2 | b darumb Lü; danach: so M30W | c eingefügt | d – d eelich und unsterblich Ha | e nicht in Ha | f nicht in Ha | g stehet Co | h – h an [on Ha, Lü, Nü2, M30W] den Co, Ha, Lü, Nü2, Wei1, M30W | i nicht in Ha; von oben eingewiesen | j schrifft M30W | k nicht in Ha l – l nicht in Ha | m – m den bevolhnen emptern fleyssig befelch zuthun M30W 9 11
ohne | ehrenhaft
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anstreben, sich bemühen
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bona opera possint. Sic enim ait Ambrosius: Fides bonae voluntatis et iustae actionis genitrix est.17 Nam humanae vires sine spiritu sancto plenae sunt impiis affectibus et sunt imbecilliores, quam ut bona opera possint efficere coram Deo. Ad haec sunt in potestate diaboli, qui impellit homines ad varia peccata, ads impias opiniones, ad manifesta scelera. Quemadmodum est | videre in philosophis, qui et ipsi conati honeste vivere, tamen id non potuerunt efficere, sed contaminati sunt multis manifestist sceleribus. Talis est imbecillitas hominis, cum est sine fide et sine spiritu sancto et tantum humanis viribus se gubernat. Hinc facile apparet hanc doctrinam non esse accusandam, quod bona opera prohibeat, sed multo magis laudandam, quod ostendit quomodo bona opera facere possimus. Nam sine fide nullo modo potest humana natura primi aut secundi praecepti opera facere. Sine fide non invocat Deum, a Deo nihil expectat, non tollerat crucem, sed querit humana praesidia, confidit humanis praesidiis. Ita regnant in corde omnes cupiditates et humana consilia, cum abest fides et fiducia erga Deum. Quare et Christus dixit: Sine me nihil potestis facere,
s
et Mü3 | t nicht in Mü3
Prosper Tiro von Aquitanien, De vocatione omnium gentium I, 23, in: PL 51, 676 (CSEL 97, 122,1f); zur Autorschaft vgl. o. S. 121, Anm. 14. 17
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Der Ein und zwentzigstm
lm
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Vomp heiligen dienst wirt von den unsern also geleret, das man der heiligeno gedencken sol, auff [DD2r] das wir unsern glauben stercken, so wir sehen, wie ihnen gnad widderfaren, auch wie ihnen durch glauben geholffen ist, dazu, das man Exempel neme von ihren guten wercken, ein jeder nach seinem beruff, gleich wie Kei. Mai. qseliglich und Göttlichq dem exempel David folgen mag, kriege widder den Türken102 zu füren, dennr beide sinds inn Königlichem ampt, welchs schutz und schirm ihrer unterthan foddert. tDurch schrifft aber mag uman nichtu beweisent, das man vdie heiligenv anruffen odder hülff bey ihnen suchen sol. Denn es ist alleinw ein einiger versüner und mitler gesetzt | zwischen Gott undx menschen: Jhesus Christus, i. Thimo. no
BSLK 83c
l – l nicht in Nü1 | m – m nicht in Co, Ha, Lü | n – n gestr. vor Art. 20: Von der heiligen dienst lereth man in unsern kyrchen also, das der heiligen gedechtnus den leuten der meinung moge vorgehalten werden, das sie irem glauben und iren guten wercken jeder nach seinem standt und beruff nachfolgen. Wie dann Ro. Kay. Majestät mogen Davids exempel folgen, den Turcken zubekriegen, dann sie sint beyde in konyglichem regiment. Die heilig schrifft aber lereth uns nicht, die heiligen anzuruffen oder hilff bey inen zu suchen. Dann die heilig schrifft heldeth uns den eynigen Christum fur als fur unsern eynigen mitler, gnadenstul, hohen priester und vorsprecher. Wann diser gottsdienst gefellt Gott aufs hochst, als nemlich, das wir ihn in allen unsern noten und anligen anruffe. Wei1 | o – o Von den verstorben heyligen wirdt also gelert, das man irer Ha p Von der M30W | q – q nicht in Ha | r danach: sie Lü, Mar, Nü2 | s danach: sie Co, Wü | t – t In der schrifft aber es khan nit bewisen werden Ha | u – u nichts M30W | v – v nicht in Ha | w nicht in Ha x danach: dem Ha, Wü 102
Vgl. o. S. 86, Anm. 4.
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Artikel XX
bosen lust zumeiden etc. Soliche nhohe und rechten werck mogen nicht gescheen on di hilff Christi, wie er selbst spricht, Joannes am funfftzehenth: „An12 mich kont ir nichts thun.“
Ioan. xv.18 Et Ec[C3v]clesia canit: Sine tuo numine nihil est in homine, nihil est innoxium.19 ξ n
XXI.
u
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De cultu Sanctorum docent, quod memoria Sanctorum proponi potest, ut imitemur fidem eorum et bona opera iuxta vocationem, Ut Caesar imitariv potest exemplum Davidis in bello gerendo ad depellendos Turcas wa patriaw. Nam uterque rex est. Sed scriptura non docet invocare Sanctos seu petere auxilium a Sanctis, Quia unum Christum nobis proponit mediatorem, propitiatorium, Pontificem et intercessorem. Hic invocandus est etx promisit se ψ
u – u nicht in Na | v imitare Mü3 | in Mar1 | x hic Mar1
w–w
nicht
ψ – ψ W40R: s. QuM I, 138,16–139,36 [Invocatio est honos ... iniustam crudelitatem prohibeat]; W42R: s. QuM I, 187,11–188,35 [De veneratione sanctorum docent ... iniustam crudelitatem prohibeat] 19 Aus der Sequenz „Veni, Joh 15,5 | Sancte Spiritus, et emitte caelitus“, in: AHMA 54, 234 (Nr. 153); vgl. zur vorausgesetzten Textfassung ebd., 237.
18 n–n 12
gute Ha
ohne
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ii.103, welcher ist der einige heiland, der einige öberste Priester, gnadenstuel und vorsprech fur Gott, yRoma. viii.104 y Und der hat allein zugesagt, das zunser gebet von seinen wegen sol erhört werdenz. Das ist auch der höchste Gottes dienst nach der schrifft, das man den selbigen Jhesuma Christ inn allen nöten und anligen von hertzen suche und anruffen, bi. Joh. ii.:b „So jemands sundiget, haben wir einen fursprecher bey Got, der gerecht ist, Jhesumc.“105 l
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Disd ist fast106 die Summa der lere, welche inn unsern kirchen zu rechtem Christlichem unterricht und trost der gewissen, eauch zu e besserung der gleubigen, gepredigt und geleret istf, wie wir denn unser eigen seele und gewissen ja nicht gern wolten fur Gottg mit misbrauch Göttlichs namens odder worts inn die höchste grösteh fahr107 setzeni odder auff unsere kinder und nachkomen ein andere lere [DD2v] denn soj kdem reinenk Göttlichen wort undl Christlicher warheit gemesm nfellen108 oddern erben. So denn die | selbigen oinn heiliger schriffto pklar gegründ undp dazu auchq gemeiner109 Christlicher, ja auch Römischer kirchenr, soviels aus der Veter schrifft zuvermercken, tnicht zu widder nocht entgegen ist, So achten wir, auch unser widdersacher können inn obangezeigten Artikeln nicht uneinig mit uns sein. Derhalben handeln die jhenigen gantz unfreundlich, geschwind110 undu widder alle Christliche einigkeit und liebe, sov die unsern derhalben als ketzer abzusondern, zuverwerffen und zu meiden ihnen selbst onew einigen111 bestendigen grund Göttlicher gebot odder schrifft furnemen.x yDenn soy an den heupt Artikeln kein befindlicher ungrund112 odder mangel und dis unserz bekentnus Göttlich und Christlich ist,a solten sichb billich113 die Bischoven, αwenn schon bey uns der tradition halb ein mangel were,α gelinder erzeigen, Wiewol wir verhoffen, bestendigen grund und ursach darzu thun, warümb bey uns etliche tradition und misbreuch geendert sind.
nicht in Ha | z – z er unser gebeth erhoren wolle Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | a nicht in Ha, Lü | b – b nicht in Ha | c danach: etc. Co, Lü, Mar, Wü, M30W; danach: Christum Ha | d Dieses obangezaigte Nü1 | e – e und Nü1 | f wirt Lü | g danach: mit Gott M30W | h nicht in Ha, Lü i nicht in Lü | j sy M30W | k – k nicht in Ha | l nicht in M30W | m danach: söllend M30W | n – n ist Ha | o – o der heyligen schrifft Nü1 | p – p nicht in Nü1 | q nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wü, M30W | r danach: alten brauch Nü1 | s danach: die Lü; danach: der Nü1 | t – t nach M30W u nicht in Mar, M30W | v nicht in Nü1 | w ein M30W | x danach: Dann die irrung und zanck ist fürnemlich uber etzlichen tradition und mißbreuchen. Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wü, M30W y – y So dann nu Co, Ha, Lü, Mar, Nü1, Nü2, Wü, M30W | z nicht in Lü | a danach: so Lü, Wü b si Lü y–y
α–α
ob schon bey uns etwa inn den tradition ein ungleichet ist W33R
I Tim 2,5 | 104 Hebr 4,16 (vgl. Röm 8,34) | 105 I Joh 2,1 | 106 so ziemlich | 107 Gefahr | 108 weitergeben | 109 allgemeiner | 110 ungestüm, hart, unmenschlich | 111 einen einzigen | 112 Unbegründetes, Unwahrheit, Irrtum | 113 rechtmäßigerweise, was sich gehört
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Artikel XXI
exauditurum esse preces nostras et hunc cultum maxime probat videlicet, utω invocetur in omnibus afflictionibus. y1. Ioan. ii.: Si quis peccat, habemus advocatum apud Deum etc.20 y u ψ
Haec fere summa est doctrinae apud nos, in qua cerni potest nihil inesse, quod discrepet a scripturisa α vel bab Ecclesiab Romana, quatenus ex scriptoribus nobisβ nota est, quod, cum ita sit, inclementer iudicant isti, qui nostros pro haereticis chaberi postulantc. Totaγ dissensio est de paucisδ quibusdam abusibus, qui sine certad autoritate ein Ecclesiase irrepserunt, in quibus etiam, fsi qua esset dissimilitudof, tamen decebat haec lenitas Episcopos, ut | propter confessionem, quam modo recensuimus, tolerarentg nostros, quia neh Canones quidemi tam duri sunt, ut eosdem ritus ubique esse postulent, neque similesj unquam omnium Ecclesiarum ritus fuerunt. Quanquamk apud nos lmagna ex parte veteres ritus diligenter servanturl. Falsa [C4r] enim calumnia est, quod omnes ceremoniae, omnia vetera instituta in Ecclesiis nostris aboleantur. Verum publica querela fuit abusus quosdam in vulgaribus ritibus herere. Hi quiam non poterant bona conscientia probarin, aliquaε ex parte correcti sunt.z z
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y – y nicht in Mar1 | z – z Na: s. QuM I, 58,4–14 [Diß ist ongeferlich ... nie gewesen ist] | a danach: sanctis [nicht in Mar2, Nü1, Mü3] vel ab ecclesia catholica Mar1, Mar 2, Nü1, Mü3 | b – b nicht in Mü3 | c – c habent Mar1 | d nicht in Mar1 | e – e ecclesiae Mar1 | f – f siquid non conveniret Mar1 g tolleraretur Mü3 | h nec Mü3 | i nicht in Mü3 | j danach: esse Mar1 | k Quacunque Mar1 l – l ritus etiam veteres diligenter retinentur Mar1 | m qui Mü3 | n retineri Mar1 ω γ 20
davor: et Ber, A35W | α danach: vel ab ecclesia catholica Ber, A35W | Sed Ber, A35W | δ nicht in Ber, A35W | ε nicht in Ber I Joh 2,1
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β
nicht in Ber, A35W
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Soe nu vond den Artikeln des glaubens inn unsern kirchen nicht gelert wird zu widder der heiligen schrifft odder gemeinerf 114 Christlichen kirchen, sondern allein etzliche misbreuch geendert sind, welche gzum teilh imit gewalt auffgericht,g foddert unser notturffti 115, dieselbigen zuerzelen und ursach anzuzeigen, warümb hierinne enderung geduldet ist, damit Keiserliche Maiestet erkennen mö[DD3r]ge, dasj nicht hierinnek unchristlich oder frevelich gehandelt, sondern das wir durch Gottes gepot, welches billichl höher zuachten denn alle gewonheit, gedrungen sein, solch enderung zugestatten.c cd
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[22] mVonn beider gestalt des Sacraments
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Den Leien wirt bey uns beide gestalt deso Sacraments gereicht aus dieser ursach, dennp qChristus hat das heilig Sacrament also zu gebrauchen eingesetzt und geordenetq, Matthei am xxvi.: „Trincket alle daraus.“116 Dar sprichts Christus mit klaren worten t uvon demu kilcht, das siev alle darausw trincken sollen. Und damit niemand diese wort anfechten xund glosieren117 x könne, als ygehöre esz den Priestern allein zuy, so zeigeta Paulus i. Corin. xi. an, das die gantze versamlung der Chorinther kirchen beide gestalt gebraucht hat118, undb dieser brauch istc langezeit inn der kirchen blieben, wie man ddurch died historien und dere Veter schrifften beweisen kan: Cyprianusf gedenckt an viel orten, das den Leien der kilch gdie zeit119 g gereicht sey120. Soh spricht S. c – c nicht in Nü1 | d – d Dieweil dann in Wei1 | e davor: Artickel, von welchen [weltlichen Wü] zwispalt ist, do erzelet werden die mißbreuch, so geendert seindt Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W; davor: Von den streitigen artickeln Wei1 | f der heiligen Ha | g – g nicht durch concilia oder wie sich sonst geburt also geordneth, sonder zum teil mit der zeit von sich selbs eingerissen, zum teil mit gewalt aufgericht sind, so Wei1 | h danach: mit der zeit selbst eingerissen, zum theil [zum theil nicht in Ha] Co, Ha, Mar, Nü2, Wü, M30W | i – i nicht in Ha | j in dem Wei1; mit Wü k nicht in Wei1 | l nicht in Wü | m – m nicht in Nü1 | n davor: 22 Mar, Nü2 | o danach: hoch wirdigen Wei1 | p nicht in Wü; das M30W | q – q dis ist ein clarer bevhel und geboth Christi Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | r Dann do Wei1 | s gebeucht Co, Ha, Lü, Nü2, Wei1, Wü, M30W | t – t nicht in Wei1 | u – u den Lü | v sich Ha; nicht in Wü | w aus dem kelch Wei1 | x – x nicht in Wei1 | y – y mochten die priester allein beyde gestalt nemen Wei1 | z er M30W | a danach: sant Wei1 | b nicht in Wei1 | c danach: auch Wei1 | d – d den mit Wei1; auß den M30W | e nicht in Co, Lü, Mar | f davor: So meldeth sant Wei1 | g – g nicht in Ha | h Auch Wei1
allgemeiner | 115 Notwendigkeit | 116 Mt 26,27 | 117 mit Anmerkungen versehen, durch Anmerkungen interpretieren | 118 Vgl. I Kor 11,17–34. | 119 zu dieser Zeit | 120 Vgl. Cyprian von Karthago, Epistula LVII, 2, in: CSEL 3/2, 652,5–10 (vgl. PL 3, 857–859).
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Articuli, in quibus recensentur abusus mutatio
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Cum Ecclesiaeq apud nos de nullo articulo fidei dissentiantr ab Ecclesia catholica, tantum paucos quosdam abusus omittant, qui novi sunt et contra voluntatem Canonum vitio temporum recepti, rogamus, ut Caesarea Maiestas clementer audiat, et quid sit mutatum et quae fuerint causae, quo minus coactus sit populus illos abusus contra conscientiam observare. Nec habeat fidem Caesarea Maiestas istis, qui, ut inflamment odia hominum adversus nostros, miras calumnias spargunt in populums. Hoc modo irritatis animis bonorum virorum initio praebuerunt occasionem huic dissidio et eadem arte conantur nunc augere discordias. Nam Caesarea Maiestas haud dubie comperiet tolerabiliorem esse formam et doctrinae et ceremoniarum apud nos, quam qualem homines iniqui et malevoli describunt. Porrot veritas ex vulgi rumoribus aut maledictis inimicorum colligi nonu potest. Facile autem hoc iudicari potest nihil magis prodesse ad dignitatem ceremoniarum conservandam et alendam reverentiam ac pietatem in populo, quam si ceremoniae rite fiant in Ecclesiis.p p
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[22] v w ζDe utraque specieζ w
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[C4v] x ηLaicis datur utraque species Sacramenti in Coena Domini, quia hic mos habet mandatum Domini Matth. xxvi.: Bibite ex hoc omnes.21 Ubi manifeste praecepitθ Christus de poculo, ut omnes bibant, et ne quis possit cavillari, quod hoc ad Sacerdotes tantum pertineat, Paulus ad Corinth. exemplum recitat, in quo apparet totam Ecclesiam utraque specie usam esse22. Et diu mansit hic mos in Ecclesia nec constat, quando aut quo autorey mutatus sit, ιtametsi Cardinalis Cusanus recitet, quando sit approbatus.ι Cyprianus aliquot locis testatur populo sanguinem datum esse.23 Idem testatur Hieronymus, qui ait, Sacerdotes Eucharistiae ministrant et sanguinem Christi populisz
o – o Hernach volgen die spenigen artickel, darin auch die geenderten und abgethanen mißbreuch erzelt werden Na | p – p Na: s. QuM I, 58,17–26 [Dieweil man ... wie hernachvolgt] | q ecclesia Mü3 r dissentiat Mü3 | s populos Mar2 | t Neque Mar2, Mü3, Nü1 | u nicht in Mar2, Mü3, Nü1 v – v nicht in Mar1 | w – w Von beider gestallt des sacraments in Na gezählt als Art. 19; dem folgt der Verweis zu Na | x – x Na: s. QuM I, 58,28– 59,8 [Den leien gibt man ... geschehen sey] | y danach primum Mar2, Mü3, Nü1 | z populo Nü1
De utraque specie sacramenti in W40R, W42R gezählt als Art. XXIII; dem folgen die Verweise zu W40R und W42R | η – η W40R: s. QuM I, 144,31–145,43 [Et quoniam communis Missa ... una cum ceremonia]; W42R: s. QuM I, 193,30–194,40 | θ praecipit Ber | ι – ι nicht in Ber, A35W ζ–ζ
21 Mt 26,27 | 22 Vgl. I Kor 11,17–34. | 3/2, 652,5–10 (vgl. PL 3, 857–859).
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Vgl. Cyprian von Karthago, Epistula LVII, 2, in: CSEL
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Hieronymus, das die Priester, so das Sacrament reichen, dem volck das blut Christi austeilen121. So gebeut Gelasius, ider Bapsti, selbs, das man das Sacrament nicht teilen sol, Distinct. ii. de Consecra. c. Comperimus122. Man findet auch nindert123 kein Canon, der | da gebiete, allein ein gestalt zunemen. [DD3v] Es kan auch nimand wissen, wenn odder durchj welche diese gewonheit ein gestalt zunemen, eingefurt ist.k Nu ists offentlich, das solche gewonheit wider ldie einsetzung Christil, auchm widder die alten Canones eingefurtn, unrecht ist. Derhalben βhat sich nicht gebürto, der jhenigen gewissen, so das heilig Sacrament nach Christus einsetzung zugebrauchen begert haben, zu beschweren und zwingen, wider unsers Herrnp Christi ordnung zuhandeln.β qUnd die weil die teilung des Sacramentsr ders einsetzung Christi zuentgegen ist, wirt auch bey uns die gewonliche Procession mit dem Sacramentt unterlassen.q m
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[23] u vVomw Ehestand der Priesterv Es ist bey jederman hohes und niders standes ein grosmechtige klag yinn der welt gewesen von grosser unzucht und wildeny wesen undz leben der Priester, so | nicht vermochten, keuscheit zuhalten, und war aucha jhe mit solchen greulichen lastern auffs höchste komen. So viel heslichs gros ergernus, ehebruch und ander unzucht zuvermeiden, haben sich etliche Priester bey uns in ehelichen stand geben, die selben zeigenγ diese ursachenb, das sie dahin gedrungen und bewegt sind aus hoher not ihrer gewissen. Nach dem die schrifft klar meldet, cder Eheliche stand sey von Gott dem Herrn eingesatztc, [DD4r] dunzucht zuvermeidend, ewie Paulus sagetf: „Unzuchtg zuvermeiden,e hhab ein jglicher sein eigeni eheweibh.“124 Item: „Es ist besser ehelich werden, denn brennen.“125 Und nach dem Christusj ksagtl mMatt. xix. m: „Sie fassen nicht alle das wort“126, da zeiget Christusk an (welcher wol gewust hat, was am x
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i – i nicht in M30W | j nicht in Wü | k danach: Wiewol der cardinal Cusanüs gedenckt, wenn diesse weise approbirt sey. Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | l – l Gottes geboth Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W; Gottes wortt gebot Ha | m oder M30W | n danach: und Ha | o geburen wollen Wei1 | p danach: Jhesu Wü | q – q nicht in Wei1 | r danach: nach Ha | s und Wü | t selben Ha | u – u nicht in Nü1 | v – v Von der priester ee. Wei1 | w davor: 23 Mar | x – x Wei1: s. QuM I, 43,14 –45,14 [Uber die ... verphlicht haben] | y – y nicht in Ha | z das Lü | a nicht in Ha | b danach: an Co, Ha, Lü, Mar, M30W | c – c das der ehlich standt von Goth dem Hern eingesetzet sey Co, Lü, Mar, Nü2 | d – d und Ha | e – e nicht in Wü | f danach: in der ersten zu den Cor. am 7. Co, Lü, Mar, Nü2 | g hurerey Co, Mar, Nü2 | h – h ist besser, jegclicher hab sein eeweib Lü | i nicht in Co, Nü2 j danach: selbst Co, Mar, Nü2 | k – k nicht in Ha | l nicht in Nü2 | m – m nicht in Wü
haben wir nicht gewist, Christus ordnung und einsetzung zu verbieten odder jemand zu beschweren, der das Sacrament nach Christus einsatzung und brauch der alten Kirchen nemen wolt. W33R | γ danach: an W33R
β–β
Hieronymus, Commentariorum in Sophoniam prophetam liber III, 1–7, in: PL 25, 1375 (CChr.SL 76A, 697,119f); vgl. C. 1 q. 1 c. 90 (Friedberg I, 391). | 122 Vgl. De Cons. Dist. 2 c. 12 (Friedberg I, 1318). | 123 niemals, nirgendwo | 124 I Kor 7,2 | 125 I Kor 7,9 | 126 Mt 19,11
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dividunt24. Immo Gelasius Papa mandat, ne dividatur Sacramentum, Dist[inctio] ii. de Consecratione, Cap[ut] Comperimus.25 Tantum consuetudo non ita vetus aliud habet. Constat | autem, quod consuetudo contra mandata Dei introducta non sit probanda ut testantur Canones, Dist[inctio] viii., Cap[ut] Veritate cum sequentibus.26 Haec vero consuetudo non solum contra scripturam, sed etiam contra veteres Canones et exemplum Ecclesiae recepta est. Quare sia qui maluerunt utraque specie sacramentib uti, non fuerunt cogendi, ut aliter facerent cum offensione conscientiae.
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Et quia divisio sacramenti non convenit cum institutione Christi, solet apud nos omitti processio, quae hactenus fieri solita est.c η x v
[23] d eDe coniugio sacerdotume κ Publica querela fuit deg exemplis Sacerdotum, qui nonh continebant. Quam ob causam et Pius Papa [D1r] dixisse fertur fuisse aliquas causas, cur ademptum sit | sacerdotibus coniugium, sed multo maiores esse causas, cur reddi debeat. Sic enim scribit Platina.27 Cum igitur Sacerdotes apud nos publica illa scandala vitare vellent, duxerunt uxores ac docuerunt, quod liceat ipsis contrahere matrimonium. Primum, quia Paulus dicit: Unusquisquei habeat fλ
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a sed Mü3, hi Nü1 | b nicht in Nü1 | c danach fügt Mü3 einen Abschnitt aus Art. 28 ein, s.u. Art. 28 | d – d nicht in Mar1 | e – e Von der priester ee in Na gezählt als Art. 20; dem folgt der Verweis zu Na | f – f Na: s. QuM I, 59,10–60,17 [Es ist bey menicklich ... gelobt haben] | g danach: malis Mar2, Mü3, Nü1 | h danach: sese Mar2 | i unus quisquam Mü3
in W40R, W42R gezählt als Art. XXVI; dem folgen die Verweise zu W40R und W42R W40R: s. QuM I, 153,18–158,16 [Cum doctrina Christiana ... non dubitamus]; W42R: s. QuM I, 202,13–207,26 [Cum doctrina Christiana ... liberabit eum Dominus] κ
λ–λ
24 Hieronymus, Commentariorum in Sophoniam prophetam liber III, 1–7, in: PL 25, 1375 (CChr.SL 76A, 697,119f); vgl. C. 1 q. 1 c. 90 (Friedberg I, 391). | 25 Vgl. De Cons. Dist. 2 c. 12 (Friedberg I, 1318). | 26 Dist. 8 cc. 4–9 (Friedberg I, 14–16). | 27 Vgl. Platina, Liber de vita Christi ac omnium pontificum 218 (213), in: RIS 3/1, 363,16–17.
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menschen sey), das wenig leute ndie gabeo n, keusch zu leben, haben. „Denn Gott hat den menschen menlin und freulein127 geschaffen“128, Genesis am ersten. Ob es nup inn menschlicher macht odder vermögen sey,q one sonder129 gaber Gottes, durch eigens furnemen odder gelübdet, Gottes der hohen Maiestet geschepffeu besser zu machen odderv zuendern, hat die erfarung alzuw klar geben. Denn was guts, wasx erbar, züchtiges leben, wasy Christlichs, zehrlichs130 odera redlichsz wandels an vielen daraus erfolgetb, wie greulich, schrecklich unruhe und quall ihrerc gewissend viel an ihrem letzten ende derhalb gehabt, ist am tag, und ihr viel haben es selb bekennet. So denn Gottes wort und gepot durch kein menschlich gelübd eodder gesetz mag geenderte werden, haben aus dieser und anderen ursachen und gründen die Priester und anderf geistlicheg eheweiber genomen. So ist es auch aus den historien und der Veter schrifften zubeweisen, das inn der | Christlichen kirchen vor alters der gebrauch gewest, das die Priester undh Diacon Eheweiber gehabt. Darümb sagti Paulus i.Timo. am iii.: „Es jsol ein Bischoffj unstrefflich sein, eins weibs mank.“131 Es sind [DD4v] auch in Deudsche land erst vor vierhundert jaren die Priester zum gelübde der keuscheit vom Ehestand mit gewalt abgedrungen,l welche sich dagegen semptlich auch so gantz ernstlich und hart gesetzt haben, das ein Ertzbischoffm zu Mentz132, welcher das Bepstlichen neuo Edict derhalb verkündigt, gar nahe inn einer empörung der gantzen Priesterschafft inn einem gedrenge wer umbbracht. Und das selbige verbot istp bald im anfang so geschwind133 und unschicklich furgenomen, das der Babst die zeit nicht allein die künfftige Ehe den Priestern verboten, sondern auch der jhenigen Ehe, so schon qinn dem stand langq gewesen, zurissen, Welches doch nicht allein widder alle Göttliche, natürliche und weltliche Recht, sondern auch den Canonibus, so die Bepst selb gemacht, und den berümpsten134 Conciliis gantzr entgegen und widder ist. Auch ist bey viel hohen Gottfurchtigen, verstendigen leutens der gleichen rede und bedencken offtt gehort, das solcher gedrungener Celibat und beraubung des Ehestandes, welchen Gott selbst eingesetzt und frey
n – n nicht in Lü | o danach: geben Ha | p nit M30W | q danach: auß und M30W | r danach: und gnade Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü; gnad M30W | s nicht in Wü | t geboth Co | u korr. aus: kopf Mar | v nicht in Ha | w allain Wü | x danach: etwas Wü | y nicht in Wü | z – z nicht in Wü | a und M30W | b danach: ist Ha | c der Ha | d danach: wie Mar | e – e geschehen mag Wü | f nicht in Ha g danach: personen Lü | h nicht in M30W | i danach: Sankt Lü | j – j sollen bischoffe Mar | k nicht in Wü | l danach: hat Calixtus than M30W | m bischoff Lü | n danach: erstlich Mar | o nicht in Lü p als M30W | q – q im eelichen stand Ha | r nicht in Ha | s nicht in Ha | t auch Ha
männlich und weiblich | 128 Gen 1,27 | 129 besondere | 130 ehrenhaft | 131 I Tim 3,2 | 132 Ein solches Ereignis auf einer Synode in Mainz 1075 ist durch Lampert von Hersfelds Annalen überliefert, Siegfried I. von Mainz betreffend (vgl. Lamperti monachi Hersfeldensis opera, Hannover/Leipzig 1894 [MGH.SRG 38], 226f). Der Erstdruck der Annalen erfolgte 1525 in Tübingen auf Veranlassung Melanchthons (vgl. Melanchthon an Caspar Churrer in Tübingen. Wittenberg, nach März 1523/24, in: MBW.T 2, 106f [Nr. 304]). | 133 ungestüm, hart, unmenschlich | 134 berühmtesten
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uxorem suam propter fornicationem.28 Item: Melius est nubere quam uri.29 Secundo, Christus inquit: Non omnes capiunt verbum hoc30, ubi docet non omnes homines ad coelibatum idoneos esse, quia Deus creavit hominemj ad procreationem, Gene. 1.31 Nec est humanae potestatis sine singulari dono et opere Dei creationem mutare. Igitur qui non sunt idonei ad coelibatum, debent contrahere matrimonium. Nam mandatum Dei et ordinationem Dei nulla lex humana, nullum votum tollere potest. Ex his causis docent Sacerdotes sibi licerek uxores ducere.
Constat etiam in Ecclesia veteri Sacerdotes fuisse maritos. Nam et Paulus ait | Episcopum eligendum esse, qui sit maritus32. Et in Germania primum ante annos quadringentos Sacerdotes vi coacti sunt ad coelibatum, qui quidem adeo adversati sunt, ut Archiepiscopus Moguntinus publicaturus edictum Rom. Pontificis de ea re pene ab iratis Sacerdotibus per tumultum oppressus sit. Et res gesta est tam inciviliter, ut non solum in posterum coniugia pro-
j
homines Mü3 | k licuisse Mar2, Mü3, Nü1
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I Kor 7,2 | 29 I Kor 7,9 | 30 Mt 19,11 | 31 Vgl. Gen 1,28. | 32 Vgl. I Tim 3,2; Tit 1,6.
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gelassen, nie kein gutes, sonder viel grosseru böser laster und vielv arges eingefurt habe. Es hat auch einer von Bapsten, Pius der ii. | selbst, wie sein historien anzeigt, diese wort offt geredt und von sich schreiben lassen: Es möge wol etliche ursach haben, warumb den geistlichen die Ehe verboten sey. Es habe aber viel hoher, gros[EE1r]ser wund wichtigerw ursachen, warumb manx ihnen die ehe sol widdery frey lassen.135 Ungezweivelt, es hat Bapst Pius als ein verstendiger weiser man dis wort aus grossem bedencken geredt. Derhalben wöllenz wir uns inn unterthenigkeit zu Kei. Maie. vertrosten, das aihr Maie.a als ein Christlicher hochloblicher Keiser gnediglichen behertzigen werde, das itzund136 inn letzten zeitenb, von welchen die schrifftc meldet, ddie weltd immere erger und dief menschen gebrechlicher gund schwecherg werden, Derhalben wol hochnotig, nützlich und Christlich ist, diese vleissige einsehung zuthun, damit, wo der ehestand verboten, nicht erger und schentlicher unzucht und laster inn Deudschen landen mochten einreissen. Denn es wirt ja diese sachen niemands weislicher hodder besserh endern odder machen künnen denn Gott selbsi, welcher den ehestand, menschlicher gebrechlickeit zu helfen und unzucht zu weren, eingesatzt hat. Esj sagen die alten Canones auchk, man müsse zu zeiten die scherffe und rigoreml lindernm und nachlassen, umb menschlicher schwacheitn willen und ergers zuverhüten ound zu meideno.137 Nu were das inn diesem fall auchp wol Christlich und gantzq hoch von noten. Was kan auch der Priester und geistlichen ehestand gemeiner Christlichen kirchen nachteilig sein, sonderlich der Pfarrher und anderer, die der kirchen dienen sollen? Es wirt wol künfftig | an Priestern und Pfarhern mangeln, so dis hart verbot des ehestands lenger weren solt. [EE1v] So nu dieses, nemlich das die priester und geistlichen mögen ehelich werden, gegründet ist auff das Göttliche wort und gepot, dazur die Historien beweisen, das die priester ehelich gewesen, So auch das gelübde der keuscheit soviel hesliche unchristliche ergernus, soviel ehebruch, sschrecklich ungehörte unzucht und greuliches laster hat angericht, das auch etlichet unter Thumherrn, auch etliche Curtisan zu Rom solchs offtu selbst bekent und kleglichen angezogen, wie solch laster vinn Clerov zuw greulich und ubermacht,x Gottes zorn würde erregt werden, So ist es ja erbermlich, das man den Christlichen ehestand nicht allein verboten, sondern an etlichen orten
hoher Lü | v nicht in Ha | w – w nicht in Wü | x nicht in Lü | y nicht in M30W | z nicht in Wü die M30W | b danach: und tagen Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | c danach: yetz M30W d – d nicht in Co, Lü | e ye mer Ha, M30W; danach: je Wü | f nicht in M30W | g – g nicht in Ha h – h nicht in Wü | i nicht in Ha | j So Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | k nicht in Ha | l reuche M30W | m endern Ha | n geprechlichait Lü | o – o nicht in Ha | p nicht in Co, Lü | q nicht in Ha r danach: auch Co | s – s nicht in Wü | t danach: redlich Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W u nicht in M30W | v – v nicht in M30W | w so Lü, M30W | x danach: in Mar u
a–a
135 136
Vgl. Platina, Liber de vita Christi ac omnium pontificum 218 (213), in: RIS 3/1, 363,16–17. jetzt | 137 Vgl. C. 1 q. 7 cc. 5f (Friedberg I, 430); Dist. 34 c. 7 (Friedberg I, 127).
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hiberentur, sed etiam praesentia contra omnia iura divina et humana, contra ipsos etiam Canones factos non solum a Pontificibus, sedl a laudatissimis Synodis, distraherentur.
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Et cum senescente mundo paulatim natura hu[D1v]manaµ fiat imbecillior, convenit prospicere, ne plura vitia serpant in Germaniam. Porro Deus instituit coniugium, ut esset remedium humanae infirmitatis. Ipsi Canones veterem rigorem interdum posterioribus temporibus propter imbecillitatem hominumm laxandum esse dicunt, quod optandum est, ut fiat et inν hoc negotio. Ac videntur Ecclesiis aliquando defuturi pastores, si diutius prohibeatur coniugium.
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Cum autem extet mandatum Dei, cum mos Ecclesiae notus sit, cum impurus coelibatus plurima pariatn scandala, adulteria et alia scelera digna animadversione boni magistratus, Tamen mirum est nulla in re maiorem exerceri saevitiam quam adversus coniugium Sacerdotum. Deus praecepit honore afficere
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l
danach: etiam Nü1 | m nicht in Mü3 | n pareat Mü3
µ
nicht in Ber | ν de Ber
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auffs geschwindest, wie umby gros ubelthat zustraffen, unterstanden138 hat, So doch Gott zinn der heiligen schrifftz den ehestand inn allen ehren zuhaben geboten hat. So ist auch der ehestand inn Keiserlichen rechten und inn allen Monarchien, wo jhe gesetz und recht gewesen, hochgelobet. Allein dieser zeit beginnet man die leute unschuldig, alleina umb der ehe willen, zu martern und dazu priester, der man fur andern schonen solt, Und geschicht nicht allein widder Göttliche recht, sondern auch widder die Canones. Paulus der Apostel i. Timo. iiii. nennet die lere, so die ehe verbieten, Teuffels lere139; so sagtb Christus selbstc Johan. am viii., Der Teuffel sey ein mörder vond anbegin140, welchs denne wol zusamen stimmet, das esf freilich Teuffels lere sein müssen, die eheg verbieten und sich unterstehen, solche lere mit blut vergissen zuerhalten. [EE2r] Wie aber kein menschlich gesetz Gottes gebot kan weg thun odder endern, halso kan | auchi kein gelübde Gottes gepot endernh. Darümb gibt auchj Sanct Cyprianus den rath, das die weiber, so gelobte keuscheit nicht halten, sollen ehelich werden, und sagt Epist. xi. also: „So sie aber keuscheit nicht halten wollen odder nicht vermügen, sok ists besser, das sie ehelich werden, denn das sie durch lihre lustl ins feuer fallen, und sollen sichm wol fur sehen, das sie den brüdern und schwestern kein ergernusn anrichteno.“141 Zu dem, so brauchen auch alle Canones grösser gelindigkeit pund equitet142 p gegen die jhenigen, so inn der jugend qgelübd gethan, wie denn priester und Mönche des mehrerteils inn der jugentq inn solchen stand aus unwissenheit komen sind.143 x u
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[24] rVons der Mess Man leget den unsern mit unrecht auff, das sie die Mess sollen abgethan haben. Denn das ist öffentlich, das die Mess, one rhum zureden, bey uns mit grösser andacht und ernst gehalten wird tdenn bey den widdersachernt. So werden auch die leute mit höchstem vleis zum offtermal unterricht vom heiligenu Sacrament, wo zu es eingesetzt und wie es zugebrauchen sey, Als nemlich die erschrocken gewissen damitv zu trösten, dadurch das volck zur Communion und Messe gezogen wird.w So ist auch inn den öffentlichenx ein Mar | z – z nicht in Lü | a nicht in Co | b danach: auch Nü2 | c nicht in Ha | d nicht in Wü danach: auch Lü | f nicht in Wü | g nicht in Lü | h – h nicht in M30W | i nicht in Lü | j nicht in Lü k nicht in Ha, M30W | l – l wollust Wü | m sie Wü | n danach: geben oder Wü | o machen Co, Lü p – p billigkeit M30W | q – q nicht in Wü | r – r nicht in Nü1 | s davor: 24 Mar | t – t nicht in Wü u hochwirdigen Wei1 | v nicht in Mar | w danach: Dabey geschicht auch underricht wieder ander [die Wei1] unrechte [danach: und irrige Wei1] lehre vom sacrament. Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | x nicht in Wei1 y
e
sich erdreistet | 139 Vgl. I Tim 4,1–3. | 140 Vgl. Joh 8,44. | 141 Vgl. Cyprian von Karthago, Epistula LXII, 2, in: PL 4, 378 (CSEL 3/2, 474,17–19; nach Zählung des Erasmus I, 11). | 142 Billigkeit, Milderung | 143 Vgl. C. 20 q. 1 cc. 5.7.9.10 (Friedberg I, 844–846); X.3.31.14 (Friedberg II, 573).
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coniugium. Leges in omnibus rebus publicis bene constitutis etiam apud Ethnicos maximis honoribus ornaverunt. At nunc capitalibus poenis excruciantur et quidem Sacerdotes contra Canonum voluntatem, nullam aliam ob causam nisi propter coniugium. Paulus vocat doctrinam daemoniorum, quae prohibet coniugium, 1. Timoth. iiii.33 Id facile nunc intelligi potest cum talibus suppliciis prohibitio coniugii defenditur.
Sicut autem nulla lex humana potest mandatum Dei tollere, ita nec votum | potest tollere mandatum Dei. Proinde etiam Cyprianus suadet, ut mulieres nubant, quae non servant promissam castitatem. Verba eius sunt haec, lib. 1 Epistola xi: Si autem perseverare nolunt aut non possunt, melius est, ut nubant, quam ut in ignem deliciis suis cadant, certe nullum [D2r] fratribus aut sororibus scandalum faciant.34 Et aequitate quadam utuntur ipsio Canones ξerga hosξ, qui ante iustam aetatem voverunt, quomodo fere hactenus fieri consuevit.λ f d 35
[24] p qDe missaq ο
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Falso accusantur Ecclesiae nostrae, quod Missam aboleant; retinetur enim Missa apud nos et summa reverentia celebratur. Servantur et usitatae ceremoniae fere omnes, praeterquam quod Latinis cantionibus admiscentur alicubi Germanicaes, quae additae sunt ad docendum populum. πNam ad hoc unumt ρ π opus est ceremoniis, ut doceant imperitosσ. Et unon modou Paulus praecipitv τ uti lingua intellecta populo υin Ecclesiaυ, wsed etiam ita constitur
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nicht in Mar2, Mü3, Nü1 | p – p nicht in Mar1 | q – q Von der meß in Na gezählt als Art. 21; dem folgt der Verweis zu Na | r – r Na: s. QuM I, 60,19– 61,20 [Wir werden unbillich ... offt zuempfahen] s germanica Mü3 | t praecipue Mar2, Mü3, Nü1 | u – u nicht in Mü3 | v praecepit Mar2 | w – w nicht in Mü3 o
nicht in Ber | ο in W40R, W42R gezählt als Art. XXII; dem folgen die Verweise zu W40R und W42R | π – π Ideo enim W40R, W42R | ρ nicht in Ber, A35W | σ danach: et quosdam excitent [excitet A35W] vere ad timorem aut fidem ac orationem tractatio verbi Dei Ber, A35W; danach: et traxio [tractatio W42R] verbi Dei excitet aliquos ad verum timorem et fidem et invocationem W40R, W42R | τ praecepit W40R, W42R | υ – υ nicht in W40R, W42R ξ–ξ
Vgl. I Tim 4,1–3. | 34 Vgl. Cyprian von Karthago, Epistula LXII, 2, in: PL 4, 378 (CSEL 3/2, 474,17–19; nach Zählung des Erasmus I, 11). | 35 Vgl. C. 20 q. 1 cc. 5.7.9.10 (Friedberg I, 844– 846); X.3.31.14 (Friedberg II, 573). 33
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Ceremonien der Messe kein mercklichy enderung geschehen, denn das [EE2v] an etlichen orten | deudsch geseng, das volck damit zuleren und zu uben, neben Latinischem gesang gesungen wird, sintemalz 144 allea Ceremonien furnemlich dazu dienen sollen, das das volck daran lerne, was ihm zuwissen von Christo not ist.
Nach dem aber die Messe auff mancherley weisse bfurc dieser zeitb misbrauchtd, ewie am tage ist,f das ein jarmarckt daraus gemacht, das man sie kaufft und verkaufft hat und dasg mehrerteil inn allenh kirchen umb geltes willen gehalten ist. Solcher misbrauch ist zu mehrmaln auch fur dieser zeit von gelerten und fromen leuten gestrafft worden. Als nu die prediger bey uns davon gepredigt und die priesteri erinnert sind der schrecklichen bedrawungj, kso dennk billich ein jdenl Christen bewegen solm, das, wer das Sacrament unwirdiglich braucht, der sey schuldig am leib und blut Christi, Darauffn sind solche kauffmesse und winckel Mess, welcheo bisanher145 aus zwang umb geldes und der prebenden146 willen gehalten worden, inn unsern kirchen gefallen.
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Dabeyp ist auch derq greulich irthumb gestrafft, das man geleret hat, unser Herrr Christus habe durch sein tod allein furs die erbsunde gnug gethan und die Mess eingesatzt zu einem opffer fur tdie andernt sunde und also die Mess zu einem opffer gemacht fur die lebendigen undu todten, vdamit Gott zuversünen und andern verdienen vergebung der sunde durch dieses werck, ob es schon ge[EE3r]schicht von Gotlosenv. Daraus istw weiter gefolgtx, das man disputirt hat, Ob eine Mess fur viel gehalten alsy viel verdiene, als soz man afur nicht in Wei1 | z seidt ein mal Ha, Wü | a danach: alte Wü | b – b hievor Wei1 | c nicht in Wü gepraucht Ha | e – e nicht in Co | f danach: also Wei1 | g nicht in Wü | h den Wei1 | i danach: davon M30W | j bedrangnus Mar | k – k die Wei1 | l nicht in Wü | m nicht in Wü | n nicht in Wei1 o nicht in Wü | p Daneben Wei1 | q nicht in Lü | r danach: Jhesus Ha | s umb Wü | t – t andere M30W | u oder Lü | v – v dadurch [danach: die Wei1, Wü] sunde weg zunhemen und Goth zuversonen Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | w dann Wei1 | x danach: hat Wei1 | y so Wei1 z ob Ha, Mar | a – a ein mesß fur ein jeden in sonderheit Wei1 y
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zumal | 145 bis jetzt | 146 Pfründe
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tum est humano iurew.36 Assuefit populus, ut una utanturx sacramento, si qui sunt idonei, id quoquey auget reverentiam ac religionem publicarum ceremoniarum. Nulli enim admittuntur nisi antea exploratiz. Admonen|tur etiam homines de dignitate et usu sacramenti, quantam consolationem φafferat pavidis conscientiis, ut discant Deo credere et omnia bona a Deo expectare et petere. Hic cultus delectat Deum, talis usus sacramenti alit pietatem erga Deum. Itaque non videntur apud adversarios Missae maiore religione fieri quam apud nos. Constat autem hanc quoque publicam et longe maximam querelam omnium bonorum virorum diu fuisse, quod Missae turpiter prophanarentur collatae ad quaestum. Neque enim obscurum est, quam late pa[D2v]teat hic abusus in omnibus templis, a qualibus celebrentur Missae tantum propter mercedem aut stipendium, quam multi contra interdictum Canonum celebrent. Paulus autem graviter minatur iis, qui indigne tractantχ Eucharistiam, cum ait: Qui ederit panem hunc aut biberit calicem Domini indigne, reus erit corporis et sanguinis Domini.37 Itaque cum apud nos admonerentur Sacerdotes de hoc peccato, desierunt apud nos privatae Missae, cum fere nullae privatae Missae nisi quaestus causa fierent. Neque ignoraverunt hos abusus Episcopi, qui si correxissent eos in tempore, minus nunc esset dissensionum. Antea sua dissimulatione multa vitia passi sunt in Ecclesiam serpere. Nunc sero incipiunt queri de calamitatibus Ecclesiae, cum hic tumultus non aliunde sumpserit occasionem quam ex illis abusibus, qui tam manifesti erant, ut tolerari amplius non possent. Magnae dissensiones de Missa, de Sacramento extiterunta. bFortasse datb poenas orbis tam | diuturnae prophanationis Missarum, quam in Ecclesiisc tot seculis toleraverunt isti, qui emendare etd poterant et debebant. Nam in Decalogo scriptum est: Qui Dei nomine abutitur, non erit impunitus.38 Atψ e ab initio mundi nulla res divina itaf videtur unquam ad quaestum collata fuisse ut Missa. Accessit opinio, quae auxit privatas Missas in infinitum, videlicet quod Christusg sua passione satisfecerit pro peccato originis et instituerit Missam, in qua fieret oblatio pro quotidianis delictis, mortalibus et venialibus. Hinc manavit publica opinio, [D3r] quod Missa sit opus delensω peccata vivorum
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utatur Nü1 | y quod Nü1 | z danach: atque [et Mü3] auditi Mar2, Mü3, Nü1 | a exorte sunt Mü3 fortassis ideo ut daret Mü3 | c ecclesia Mü3, Nü1 | d nicht in Nü1 | e Et Nü1 | f ut Mü3 nicht in Mü3
b–b g
φ – φ W40R: s. QuM I, 140,26–144,29 [proponat his ... oblationis morem]; W42R: s. QuM I, 189, 25–193,28 | χ tractent Ber | ψ ac Ber | ω tollens Ber, A35W 36
Vgl. I Kor 14,1–25. | 37 I Kor 11,27 | 38 Vgl. Dtn 5,11.
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ein itzliche147 ein sonderlichea hielte. Daher istb die gros cunzeliche menige148 c der Messe komend, das man mit ediesem wercke hat wollen bey Gott allesf erlangen, das man bedürfft hat, Undg ist daneben des glaubens an Christum undh rechten Gottes dienst vergessen worden. Darümbi ist davon unterricht geschehen, wie jone zweivelj die not gefoddert, kdas man wist,k wie das Sacrament recht lzugebrauchen werel. Und erstlich, Das keinm opffer furn erbsund und ander sundeo sey denn der einige tod Christi149, pzeiget die schrifftp an viel orten an. qDenn alsoq stehet geschriebenr zun Ebreern, das sich Christus ein mal ge|opffert hat und dadurch fur alle sunde gnug gethan150.s Zum andern, sot leret Sanct Paulus, das wir ufur Gott vgerecht geschetzet werdenv u durchw glauben und nicht durchx wercky. Dawidderz ist öffentlich dieser misbrauch der Mess, soa man vermeint, bdurch dieses werck gerecht zu werdenb, cWie man denn weisc, das man die Mess dazud gebraucht, edadurch fvergebung der sundenf e und alle güter beyg Gott zu erlangen,h Nicht allein der priester fur sich, sondern auch furi jdie gantze welt und fur andere lebendige und todtej kund solchs durchs werck ex opere operato151, one glaubenk. Zum dritten, So ist das heilig Sacrament [EE3v] eingesatzt nicht, damit furl diem sunde ein opffer anzurichten (denn das opffer ist zuvor geschehen), Sondern das unser glaub dadurch erwecket und die gewissen getröst werden, nwelche durchs Sacrament vernemen δ,n das ihn gnad und vergebung der sund von Christo zugesagt ist. Derhalben foddert dis Sacramento glauben undp wird one glauben vergeblich gebraucht.
auch Wei1 | c – c menig und untzal Wei1 | d danach: sind Wei1 | e – e diesen wercken Wü danach: das Wei1 | g aber Wei1 | h on Ha | i Darynn M30W | j – j dann Wei1 | k – k nicht in Wei1 l – l gebraucht solt werden Wei1 | m danach: ander Wei1 | n danach: die Ha, Wei1, M30W; der Lü, Nü2 | o nicht in Co | p – p zeygens M30W | q – q nicht in Ha; So Wei1 | r auch Wei1 | s danach: Es ist gar [nicht in Wü] ein unerhorte neuigkeit in der kirchen leren, das Christus todt solt allein vor die erbsunde und sunst nicht auch vor [danach: die Lü] andere sünde genug gethan haben, derhalben zuhoffen, das menniglich vorstehe, das solcher irthumb nicht unbillich gestrafft sey. Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W; Es ist auch ein unerhorte neuyckeit, das man in der kyrchen leret, das Christus todt solt allein fur die erbsunde und nicht auch für andere sunde genug gethan haben, derhalben zuhoffen nyemandts halte es dafur, das diser irrthumb unbillich gestrafft sey. Wei1 | t nicht in M30W | u – u Gottes gnad Wei1 | v – v gnade erlangen Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | w danach: den Lü, Wei1 | x danach: die Lü, Wei1 | y danach: erlangen Wei1 | z danach: dann Wei1 | a wenn Wei1 | b – b gnade durch dis wergk zuerlangen Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | c – c dann es ist je unverborgen Wei1 | d darumb Wü | e – e sunde wegzunemen, und gnad Wei1 | f – f sunde [davor: di Mar] abtzulegen, und [nicht in Ha] gnade Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | g von Wei1 | h danach: und das solchs Wei1 | i nicht in Wü | j – j andere, fur die gantze welt und fur lebendigen und toten gebraucht Wei1 | k – k nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | l nicht in Lü | m nicht in Wü | n – n nicht in Wei1 | o danach: den Wei1 p auch Wei1 b
f
δ
erinnert werden W33R
einen jeglichen | o. S. 108, Anm. 67.
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Menge |
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der Tod Christi allein |
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besonders Hebr 9,23–28 |
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Vgl.
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Artikel XXIV
et mortuorum ex opere operato. Hic hcoeptum esti h disputari, utrum una Missa dicta pro pluribus tantundem valeat quantum singulae pro singulis. Haec disputatio peperit istam infinitamj multitudinem Missarum.
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De his opinionibus nostri admonuerunt, quod dissentiant a scripturis sanctis et ledant gloriam passionis Christi. Nam passio Christi fuit oblatio et satisfactio non solum pro culpa originis, sed etiam pro omnibus reliquis peccatis, ut ad Hebraeos scriptum est: Sanctificati sumus per oblationem Iesu | Christi semel.39 Item: Una oblatione consumavit in perpetuum sanctificatos.40 Item scriptura docet Nosk coram Deo iustificari per fidem in Christum, lcum credimus nobis remitti peccata propter Christuml. Iam si Missa deletα peccata vivorum et mortuorum ex opere operato, contingit iustificatio ex opere Missarumm, non ex fide, quod scriptura non patitur.
Sed Christus iubet facere in sui memoriam41, quare Missa instituta est, ut fides in iis, qui utuntur sacramento, recordetur, quae beneficia accipiat per Christum, et erigat et consoletur pavidam conscientiam. Nam id est meminisse Christi, beneficia meminisse ac sentire, quod vere exhibeantur nobis. Nec satis est historiam recordari, quia hanc etiam Iudaei et impii recordari possunt. Est igitur ad hoc facienda Missa, ut ibi porrigatur sacramentum his, quibus opus est consolatione, sicutn Ambrosius ait: Quia semper pec[D3v]co, semper debeo accipere medicinam.42
cepit Mü3 | i nicht in Nü1 | misse Mü3, Nü1 | n sic Mü3
h–h m α
j
infinitatem Mü3 |
k
nicht in Mü3 |
l–l
nicht in Mü3, Nü1
tollit Ber, A35W
39 Hebr 10,10 | 40 Hebr 10,14 | 41 Vgl. Lk 22,19. | 42 Ambrosius von Mailand, De sacramentis IV, 6, 28, in: PL 16, 464 (CSEL 73, 58,17–18); vgl. De Cons. Dist. 2 c. 14 (Friedberg I, 1319).
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Dieweil nuq die Mess nicht ein opffer ist fur ander lebendige odderr todte, ihre sunde weg zunemen, sondern sol ein | Communio sey, das der priester und andere das Sacrament entpfahen fur sicht, Sou wirdet diese weise bey uns gehalten, das manv an feiertagen, auch sonst, so Communicanten152 daw sind, Mess helt Und xetliche, so dasx begeren, Communicirt153. Also bleibt bey uns die Mess inn ihrem rechten brauch, wie sie vor zeiten inn dery kirchen gehalten, wie manz beweisen mag aus Sancta Paulo, i. Corin. xi.154, Dazu auchb aus vieler Veter schrifften, denn Chrysostomus spricht: „wie der priester teglich stehe und fodder etliche zur Communio, etlichen verbitte er hinzu zutretten.“155 cAuch zeigen die alten Canones an, das einer das ampt gehalten hat und die ander priester und Diacon Communiciret. Denn also lauten die wort in Canone Niceno: „Die Diacon sollen nach den priestern ordenlich das Sacrament entpfahen vom Bischoff odder priester.“156 c Sod man nue kein neuigkeit hierinf, die in der [EE4r] kirchen fur alters nicht gewesen, furgenomen hat undg inn den öffentlichenh Ceremonien der Messen kein mercklichi enderung geschehen ist, allein dasj die andern unnötigeε Mess, etwa kdurch eink misbrauch gehalten lneben der Pfarmessem, gefallen sindn l, Sol billich diese weise, Mess zuhalten, nicht fur ketzerisch und unchristlich verdamneto werden. pDenn man hat vorzeiten auchq inn den grossen kirchen, da viel volcks gewesen, auch auff die tag, so das volck zusammen kam, nicht teglich Mess gehalten, wie Tripartita Historia lib. ix. anzeigt, das man zu Alexandria anr Mitwoch und Freitag die schrifft gelesen und ausgelegt habe und sonst alle Gottes dienst gehalten one die Messe.157 p r
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[25] sVont der Beicht
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Die Beichtu ist durch die prediger vdis teilsv nicht abgethan. Denn wdiese gewonheit wird bey uns gehalten, das Sacrament nicht zureichen denen, sow nicht zuvorx verhört und absolvirt sindy.158 Dabey wird das | volck vleissig
nicht in Wü | r und Ha, Wei1, M30W | s das Mar, Nü2, M30W | t danach: selbs Wei1 | u Derhalben Wei1 | v nicht in Wü | w vorhanden Lü | x – x die es Wei1 | y nicht in Ha | z danach: denn Wei1 | a nicht in Ha | b nicht in Wü | c – c nicht in Wei1 | d Weil Wei1 | e denn Wei1 | f nicht in Wei1 | g auch Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | h nicht in Wei1 | i sonderliche Wei1 j nicht in Wü; da M30W | k – k mit Wei1 | l – l gefallen und doch die pfarrmesß bliben ist Wei1 m opffer Mess M30W | n ist Ha | o gehalten Wei1 | p – p nicht in Wei1 | q nicht in Ha | r danach: ainer Lü | s – s nicht in Nü1 | t davor: 25 Mar | u nicht in Wü | v – v bey uns Wei1 | w – w man reicht das heilig sacrament nyemands, der Wei1 | x nicht in Wü | y ist Wei1 q
ε
nicht in W33R
Abendmahlsteilnehmer | 153 das Abendmahl reichen | 154 Vgl. I Kor 11,17–34 | 155 Vgl. Johannes Chrysostomus, Homilia XVII in epistulam ad Hebraeos X, 5, in: PG 63, 132f. | 156 Concilium Nicaenum, Kanon 18, in: COD 14, 8–11. | 157 Vgl. Cassiodor, Historia tripartita IX, 38, in: PL 69, 1155 (CSEL 71, 562, 126–128). | 158 die Beichte abnehmen und Sündenvergebung zusprechen 152
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Artikel XXIV
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Cum autem Missa sit talis comunicatio sacramenti, servatur apud nos una comunis Missa singulis feriis atque | aliis etiam diebus, si qui sacramento velint uti, ubi porrigitur sacramentum his, qui petunt. Neque hic mos in Ecclesiao novus est. Nam veteres ante Gregorium non faciunt mentionem privatae Missae. De comuni Missa plurimum loquuntur. Chrysostomus ait Sacerdotem quotidie stare ad altare et alios pad comunionemp accersere, alios arcere.43 Et ex Canonibus veteribus apparet unum aliquem celebrasse Missam, a quo reliqui presbyteri et Diaconi sumpserunt corpus Domini. Sic enim sonantq verba Canonis Niceni: Accipiant Diaconi secundum ordinem post presbyteros ab Episcopo vel ar presbytero sacram comunionem.44 Et Paulus de comunione iubet, ut alii alios expectent, ut fiat comunis participatio.45
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Postquam igitur Missa apud nos habet exemplum Ecclesiae ex scripturas et patribus, confidimus improbari eam non posse, maxime cum publicae ceremoniae magna ex parte similes usitatis serventur, tantum numerus Missarum est dissimilis, quem propter maximos et manifestos abusus certe moderari prodesset. Nam olim etiamt in Ecclesiis frequentissimis nonu fiebat quotidie Missa, ut testatur historia Tripartita lib[er] ix. Cap[itulum] xxxviii: Rursus autem in Alexandria quarta et sexta feria scripturae leguntur easque doctores interpretantur et omnia fiunt praeter solennem oblationis morem.φ r p 46
[25] v wDe confessionew β
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[D4r] x γConfessio in Ecclesiis apud nos non est abolitay. Non enim solet porrigi corpus Domini nisi antea exploratis et absolutis. Et docetur populus
o ecclesiis nostris Mü3 | p – p nicht in Nü1 | q sociant Mü3 | r nicht in Nü1 | s scripturis Nü1 | t ne quidem Mü3 | u nicht in Mü3 | v – v nicht in Mar1 | w – w Von der beicht in Na gezählt als Art. 22; dem folgt der Verweis zu Na | x – x Na: s. QuM I, 61,22– 62,5 [Die beicht ist ... nutzs der absolution] y ab oblita Mü3
in W40R, W42R gezählt als Art. XXIV; dem folgen die Verweise zu W40R und W42R W40R: s. QuM I, 146,2–148,36 [Huic parti doctrinae Christianae ... puram de poenitentia doctrinam]; W42R: s. QuM I, 195,2–197,34
β
γ–γ
Vgl. Johannes Chrysostomus, Homilia XVII in epistulam ad Hebraeos X, 5, in: PG 63, 132f. Concilium Nicaenum, Kanon 18, in: COD 14, 8–11. | 45 Vgl. I Kor 11,33. | 46 Cassiodor, Historia tripartita IX, 38, in: PL 69, 1155 (CSEL 71, 562,126–128). 43
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unterricht, wie tröstlich das wort der Absolution zseya, wie hochb die Absolution zuachtenz, denn es sey nicht cdes gegenwertigenc menschen stimme odder wort, sondern Gottes wortd, dere die sunde vergibt. Denn sie wird an Gottes stad und ausf Gottes befehl gesprochen.g Von diesem befehl und gewalt hder schlüssel159 h, wie tröstlich, wiei nötig siej sey den erschrocken gewissen, wird mit grossemk vleis geleretl, Dazum, wie [EE4v] Gott nfodder, dieser Absolution zugleuben nicht weniger, denn so mano Gottes stimme vom himel höretp,n ζund uns qderr Absolutionq sgewislicht trösten und wissens, das wir durchu glauben vergebung der sund erlangen.ζ Von diesenv nötigenw stücken haben vor zeiten die prediger, so von der beicht vielx lereten, nicht ein wörtlein gerüret160, sondern allein diey gewissen mit langer erzelung der sunden, mit gnugthun, mitz ablas, mita walfarten und der gleichen gemartertb. cUnd viel unser widdersacher bekennen selbstc, das dieses teils von rechter Christlicher Bus schicklicherd denn zuvor inn langer zeit geschrieben und gehandelt sey. eUnd wird von der beichtf also gelerete, das ηman niemand dringen solη, die sund namhafftig zuerzelen, θdenn solchs istg θ un|müglich, wie derh Psalm spricht: „Wer kennet die missethati?“161 j kUndl Jeremias sagt:k „Des menschen hertz ist so arg, das mman esn nicht auslernen162 m kan.“163 j Dieo elende menschliche natur stickt also tieff inn sunden, das sie dieselbenp nicht alleq sehenr odders kennen kan, und solten wirt allein von denen absolvirt werden164, die wir zelenu können,v wer uns wenig geholffen. Derhalben ist nicht not, die leute zudringen, die sunde namhafftig zuerzelen. wAlso habenx auch die Veter z – z und wie hoch und teur die absolution zuachten sey Wei1 | a nicht in Lü | b danach: und teuer Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | c – c eines schlechten Wei1 | d danach: selbs Wei1 | e danach: da Wü | f in Wü | g danach: und Lü, Wü | h – h des schlüssels M30W | i und Wei1 | j er Wei1 k diesem Lü | l gepredigt Wei1 | m danach: auch Ha | n – n haben will, das man diser absolution nicht weniger glauben soll, denn wenn Gottes stymm selbs von himel erscholle Wei1 | o nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | p erschulle Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | q – q dess Wei1; deren Wü | r derselben Co, Lü | s – s frolich getrostet und vergwist Ha | t frolich Co, Lü, u danach: solchen Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | v welchen Wei1 | w nicht in Wü | x nicht in Lü | y nicht in Ha | z nicht in Ha | a nicht in Ha; und Mar | b korr. aus: gemachet Nü2; nicht in Wü | c – c Es bekennen auch unser widersacher selbs vil Wei1 | d danach: bas und trostlicher Wei1 | e – e Man lereth auch bey uns von der beicht also Wei1 f pues Co | g danach: doch Wei1 | h danach: xviii Wei1 | i danach: und irrung M30W | j – j nicht in Wei1 | k – k nicht in M30W | l nicht in Lü, Wü | m – m nyemant nit auslegen Wü | n nicht in Ha, M30W | o davor: Dann Wei1 | p ir Wü | q also Wü | r tzeichen M30W | s noch Wü | t danach: nu Wei1 | u ertzelen Wei1 | v danach: so Wei1 | w – w Diser meinung sind auch die veter gewesen Wei1 | x danach: es Co, Lü ζ – ζ und nicht zweiveln, sondern auff Christum vertrauen und gleuben, das wir gewislich umb Christus willen vergebung der sund haben. W33R | η – η Gott nicht gebotten hat W33R | θ – θ Dazu ist solchs W33R
Die Schlüsselgewalt ist die durch Mt 16,19 und Mt 18,18 in der Christenheit begründete Autorität, für den himmlischen und irdischen Bereich gültig Sünden und Sündenstrafen nachzulassen („zu lösen“) oder zu behalten („zu binden“). | 160 erwähnt | 161 Ps 19 (Vg 18),13 | 162 ergründen | 163 Jer 17,9 | 164 Sündenvergebung zugesprochen bekommen
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Artikel XXV
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diligentissime de fide absolutionis, de qua ante | haec tempora magnum erat silentium. Docentur homines, ut absolutionem plurimi faciant, quia sit vox Dei et mandato Dei pronuntietur. Ornatur potestas clavium et comemoratur, quantam consolationem afferat perterrefactis conscientiis, et quod requirat Deus fidem, ut illi absolutioni tanquam vociz de coelo sonanti credamusa, et quod illa fidesδ vere consequatur et accipiat remissionem peccatorum. Antea immodice extollebantur satisfactiones; fideiε et meriti Christi ac iustitiae fidei nulla fiebat mentio, quare inb hac parte minime sunt culpandae Ecclesiae nostraec. Nam hoc etiam adversariid tribuere nobis cogunture, quod doctrina de poenitentia diligentissime a nostris tractata ac patefacta sitf.
Sed de confessione docent, quod enumeratio delictorum non sit necessaria nec sint onerandae conscientiae curag | enumerandi omnia delicta, quia impossibile est omnia delicta recitare, Ut testatur Psalmus: Delicta quis intelligit?47 Itemh Ieremias: Pravum est cor hominis et inscrutabile.48 Quod si nulla peccata nisi recitata remitterentur, nunquam adquiescere conscientiae possent, quia plurima peccata neque vident neque meminisse possunt. Testantur et veteres scriptores enumerationemi non esse necessariam. Nam in Decretis
danach: sue Mü3; danach: Dei Nü1 | a confidamus Nü1 | b nicht in Nü1 | c nicht in Nü1 danach: nostri Nü1 | e nicht in Mü3 | f est Mü3 | g cure Mü3 | h et Mü3 | i danach: illam Mar2, Mü3, Nü1 z
d
δ 47
danach: in Christum Ber, A35W | ε danach: vero Ber, A35W Ps 19 (Vg 18),13 | 48 Jer 17,9
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gehaltenw, ywie man findety distinct. i. de poenitentia, zdasa die wort Chrysostomi angezogen werdenz: „Ich sag nicht, das du dich selbst soltι öffentlich dargeben, nochb beyc einem andern ddiche selbstd verklagen odder schuldig gebenf, sondern gfolgeh demg Pro[FF1r]pheten, welcheri spricht: ‚Offenbar dem Herrn jdeine wege‘165, derhalben beichte Gott dem Herrn,j dem warhafftigen richter, neben deinem gebet, κ knicht sage deine sundek mit der zungen, sondernκ innl deinem gewissen.“166 Hiem nsihet mann klar, das Chrysostomus onicht | zwingeto, die sunde namhafftig zuerzelen. pSo leret auch die glosa in Decretis de poenitentia Distin. v.,167 das die beicht nicht durch die schrifft geboten, sondern durch die kirchen eingesatzt sey.p qDoch wirt durch die Prediger dieses teils vleissig gelert, rdas, ob schon die erzelung der sunden nicht not ist, dennoch privata absolutio168 zu trost den erschrocknen gewissen sol erhalten werden. So ist auch solche beicht dazu nützlich, das man die leut höret, wie sie unterricht sind im glauben und wo es not ist, das man sie besser unterricht.r q s
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[26] sVont unterschiede der speise Vorv zeitenu hat man also gelert, gepredigt und geschrieben, das unterscheid der speise und der gleichen wtradition, von menschen eingesatztw,x dazu dieneny, das man dadurch zvergebung der sundenz verdiene und fur die sund gnug thue, aund das es Gottes dienst sind, darumb uns Gott gerecht schetzea. bAus diesem grundb hat man teglich neue fasten, neuec Ceremonien, neued orden und der gleichen furgenomene und auff solchs | fhefftig undf hart u
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nicht in Wü | z – z nicht in Lü | a do Co, Ha, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | b oder Co, Lü, Mar, Nü2 | c gegen Wei1 | d – d nicht in Wei1 | e nicht in Mar | f machen Lü | g – g hör den M30W h gehorcht Ha; gehorche Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü | i der do Wei1 | j – j nicht in Lü | k – k ich sage nicht Wei1 | l nicht in Wü | m In welchen worten Wei1 | n – n steht Wü | o – o darauf icht dringt Wei1 | p – p nicht in Wei1 | q – q Doch geschiedt dürch die prediger dises teyls vleissiger unterricht, das man die beicht von wegen der absolution, welche das haubt und furnemst stuck in der beicht r – r das die beicht von wegen der ist, den erschrocken gewissen zu trost erhalten soll. Wei1 | absolution, welche das heuptstucke und das [nicht in Ha, Lü, Mar] fürnembste darzu [nicht in Ha; darinnen Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W] ist, zu trost der erschrocknen gewissen, dartzu [und Ha] auch [nicht in Ha, Wü, M30W] umb etzlicher ander ursach willen, zuerhalten sey. Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | s – s nicht in Nü1 | t davor: 26 Mar | u – u Vort Ha | v davor: Item Lü w – w menschliche tradition und satzung Wei1 | x danach: und Mar | y danach: sollen Wei1 z – z gnade Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | a – a nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | b – b Derhalben Wei1 | c nicht in Wei1, Wü | d nicht in Wei1 | e erdacht Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | f – f nicht in Lü y–y
nicht in W33R | bekenne sie W33R
ι
κ–κ
Ich gebiete dir nicht, dein misthat mit der zungen zubekennen, sondern
Ps 37 (Vg 36),5 | 166 C. 33 q. 3: De poen. Dist. 1 c. 87 (Friedberg I, 1184); vgl. Johannes Chrysostomus, Homilia XXXI in epistulam ad Hebraeos XII, 3, in: PG 63, 216. | 167 Glosse zu C. 33 q. 3: De poen. Dist. 5 c. 1 (Decretum Gratiani cum multis noviter additis, Lyon 1506, 375v). 168 Vgl. o. S. 104, Anm. 59. 165
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citatur Chrysostomus, quij sic ait: Non tibi dico, utk te prodas in publicum neque apud alios te accuses, sed oboedire te volo prophetae dicenti, Revela ante Deum viam tuam.49 Ergo tua confitere peccata apud De[D4v]um, verum iudicem, cum oratione. Delicta tua pronuntia non lingual, sed conscientiae tuae memoria etc.50 Et glosa de poenitentia, Dist[inctio] v., Cap[ut] Consideret, fatetur humani iuris esse confessionem.51 Verum confessio cumm propter maximum absolutionis benefi|cium, tum propter alias conscientiarum utilitatesn apud nos retinetur.γ x v
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[26] o p ζDe discrimine ciborumζ p 10
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Publica persuasio fuit non tantum vulgi, sed etiam docentium in Ecclesiis, quod discrimina ciborum et similes traditiones humanaer sint opera utilia ad promerendam θgratiam et satisfactoria pro peccatisθ. Et quod sic senserit mundus, apparets ex eo, quia quotidie instituebantur novae ceremoniae, novi ordines, | novae feriae, nova ieiunia, et doctores in templis exigebant haec opera tanquam necessarium cultum ad promerendam gratiamι et veheqη
j danach: super epistola ad Hebreos Nü1 | k nicht in Mü3 | l linguae Nü1 | m tum Mü3 | n nicht in Nü1 | o – o nicht in Mar1 | p – p Von unterschid der speis in Na gezählt als Art. 23; dem folgt der q – q Na: s. QuM I, 62,7–63,24 [Man hat dafur ... in der christenheit gebracht] Verweis zu Na | r hominum Nü1 | s patet Mü3
De Discrimine Ciborum Et Similibus Traditionibus pontificiis in W40R, W42R gezählt als Art. XXV; dem folgen die Verweise zu W40R und W42R | η – η W40R: s. QuM I, 148,38–153,16 [In hac corporali vita ... ut carnem coherceant]; W42R: s. QuM I, 197,36–202,11 | θ – θ remissionem culpae et poenae Ber, A35W | ι iustificationem Ber, A35W ζ–ζ
Ps 37 (Vg 36),5 | 50 C. 33 q. 3: De poen. Dist. 1 c. 87 (Friedberg I, 1184); vgl. Johannes Chrysostomus, Homilia XXXI in epistulam ad Hebraeos XII, 3, in: PG 63, 216. | 51 Glosse zu C. 33 q. 3: De poen. Dist. 5 c. 1 (Decretum Gratiani cum multis noviter additis, Lyon 1506, 375v). 49
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getriebeng, als sind solche ding nötige Gottes diensth iund geschehe grosse sund, so mans nicht haltei; daraus sindj viel schedlicher irthumb inn der kirchen gevolgetk. [FF1v] lErstlichm istl dadurch die verheissungn Christi und die lere vom glauben vertunckelt, welche unso das Evangelium mit grossem ernst furhelt und treibet hart darauff, das man den verdienst Christi hoch und theuer achte und wisse, dasp gleuben an Christum hoch und weit uber alle werck zu setzen sey. Derhalben hat S. Paulus hefftig widder das gesetz Mosi und menschliche traditionesq gefochtenr, das wirs lernen sollen, das wir vor Gott nicht from werden aus unsernt wercken, sondern allein durch den glauben an Christum, udas uns Gott umb Christus willen one unser verdienst sund vergebe und gerecht schetzeu. vSolchew lerev ist schierλ gantz verloschen dadurch, das man hat gelert, xmit gesetzen, fasten yund der gleicheny zvergebung der sundenz zuverdienen.x Zum anderna haben auch solche traditionesb Gottes gebotc vertunckelt, denn man setzt diesed traditiones weit uber eGottes gebote. fDis hielt man allein fur Christlich leben: wer die feier also hielt, also betet, also fastet, also gekleidet war, das nennet man geistlich Christlich leben. Daneben hielt man andere nötige gute werck fur ein weltlich ungeistlichg wesen, hnemlich dieseh, so f jeder nach seinem beruff169 zuthun schuldig ist, Als das der hausvater arbeit, weib und kind zu neren und zu Gottes forcht auffzuziehen, die hausmutter kinder gebieret und wart ihr170, Ein fürst und Oberkeit land und leut regiert etc. Solchei werck, vonj Gott geboten,k musten ein weltlich und unvolkomen wesenl [FF2r] sein. mAber die traditiones mustenm denn prechtigen namen habeno, das sie allein heiligep volkomene werck hiessen. Derhalben war kein mas noch ende, solche traditionesq zumachen. g getrungen Lü | h danach: dardurch man gnade vordiene, so mans halte Co, Ha, Mar, Nü2, Wü, M30W; danach: dardurch gnade zuerlangen, so mans halte Lü; danach: so mans hielde, Gottes i – i nicht in Lü, Wü; so mans aber nicht hieldte, das man gnad dardurch zuverdienen Wei1 | grosse sunde tette Wei1 | j dann Wei1 | k danach: und erwachssen sind Wei1 | l – l nicht in Ha m davor: dann Wei1 | n gnad Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | o nicht in Lü | p danach: der Wei1 | q danach: und satzung Wei1 | r geschriben Lü | s danach: draus Wei1 | t den Lü u – u das wir umb Christus willen [um Christus willen in Mar durch Christus; danach: Gottes Wei1] gnad erlangen Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | v – v Solchs Wü | w welche Wei1 x – x man vermoge Gottes gnad mit gesatzten fasten, mit unterschied der speis, mit cleydern etc. y – y underschiet der speiß, kleider etc. Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W erwerben. Wei1 | z – z gnad Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | a danach: so Wei1 | b satzung Wei1 | c wortt Lü d solche M30W | e – e die gebot Gottes Ha | f – f Disß hat man auch allein fur ein geistlichs und christlichs leben gehalten, wenn eyner also feyert, also betet, also fastet, also gecleydt were. Andere aber notige gute werk hat man fur ein weltlich wesen und da Gott nicht gefallen an truge gehalten, als nemlich, das ein Wei1 | g uncristlich Wü | h – h als die Ha | i Dann solche gute Wei1 j so Wü | k danach: haben Wei1 | l leben Wei1 | m – m Die menschliche satzung aber haben Wei1 n einen M30W | o gefurt Wei1 | p nicht in Wei1 | q danach: und satzung Wei1 λ
nicht in W33R
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Berufung, Aufgabe | 170 kümmert sich um sie, sorgt für sie
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menter terrebant conscientias, si quid omitterent. Ex hac persuasione de traditionibus multa incommoda tin Ecclesiau t secuta sunt.
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Primo: obscuratav est doctrina de gratia et iustitia fidei, quae est praecipua pars Evangelii et quam maxime oportet extarew et eminere in Ecclesia, ut meritum Christi bene cognoscatur et fides, quae credit remitti peccata propter Christumκ, longe supra operax collocetur. Quare et Paulus in hunc locumy maxime incumbit, legem et traditiones humanas removet, ut ostendat iustitiam Christianam aliud quiddamz esse quam huiusmodi opera, videlicet fidem, quae credit apeccata gratis remitti propter Christuma. Atb haec doctrina Pauli, pene tota oppressa est per [E1r] traditiones, quae pepererunt opinionem, quod per discrimina ciborum et similes cultus oporteat mereri λgratiam et iustitiamλ. In poenitentia nulla mentio fiebat cde fidec; tantum haec opera satisfactoria proponebantur. In his videbaturd poenitentia tota consistere. Secundo: hae traditiones obscuraverunt praecepta Dei, quia traditiones longee praeferebantur praeceptis Dei. Christianismus totus putabatur esse observatio certarum feriarum, rituum, ieiuniorum, vestitus. Hae observationes erant in possessione honestissimi tituli, quod essent vita spiritualis et vita perfecta. Interim mandata Dei iuxta vocationem nullam laudem habebant, quod paterfamilias educabat sobolem, quod mater pariebat, quod Princeps regebat rem publicam; haec putabantur essef opera mundana etg imperfecta et longe deteriora illis splendidis observationibus. Et hic error valde cruciavit pias conscientias, quaeh dolebant se teneri imperfecto vitae genere in coniugio, in magistratibus aut aliis functionibus civilibus, mirabantur Monachos et similes et falso putabant illorum observationes µDeo gratiores esseµ.
t – t nicht in Mü3 | u ecclesiis Mar2 | v obsecuta Mü3 | w existere Mar2, Mü3, Nü1 | x danach: et supra omnes cultos alios Mü3 | y nicht in Mü3 | z quidem Mü3 | a – a nos propter Christum recipi in gratiam Mü3 | b ad Mü3 | c – c nicht in Mü3 | d putabatur Mü3 | e longae Mar2 | f nicht in Mü3, Nü1 | g nicht in Nü1 | h nicht in Mü3 κ danach: non propter ulla nostra opera Ber, A35W | λ – λ remissionem peccatorum et iustificationem Ber, A35W | µ – µ magis mereri remissionem peccatorum et iustificationem Ber, A35W
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Zum dritten: rSolche traditiones sindr zu hoher beschwerung der gewissens geraten. Dennt es istu nicht möglich, alle traditiones zu halten. vUnd waren dochv die leut inn der meinung, als were solchs ein nötiger Gottes dienst, undw schreibt Gerson, das xviel hiemitx inn verzweiffelung gefallen. Etlichey haben sich auchz selbs umbracht Derhalbena, das sie | kein trostb gehort haben, cdas wir umb Christus willen gerecht sind.c 171 Denn man sihet bey den Summisten und Theologen, wied die gewissen verwirrete, welche sich unterstanden haben, die traditiones zu samen zu ziehen, undf equitetg 172 gesuchth, das sie den gewissen hülffen, ihaben soviel damiti zuthun gehabt, jdask ldiej weill alle heilsame Christlichem lere nvon nötigernn sachen, als vom glauben, vono trost inn hohen anfechtungen und der gleichen, darnidderp gelegen ist. Darüberq rhaben auchr viel fromer gelerters leut tvor dieser zeitt seeru geklaget, das solche traditionesv viel zancks inn der kirchen anrichten und das frome leut, darmit verhindert, wzu rechtem erkentnus Christi nicht komen mochtenw. xGerson und etliche mehr haben hefftig darüber geklagetx 173. Ja, es hat auchy Augustino misfallen, das man die gewissen mit soviel traditionibusz beschweret, Derhalben era dabey [FF2v] underricht gibt, das mans nicht fur nötige ding halten sol174. Darümb haben die unsern nicht aus frevel odder verachtung geistlichsb gewalts von diesen sachen gelert, Sondern es hat die hohec not gefoddert, unterricht zuthun von dob angezeigtend irthumene, welche aus | misverstand175 der tradition gewachsen sind, denn das Evangelium zwinget, fdas man die lere vom glauben sol und müsse inng kirchen treiben, welche doch nicht magf verstanden werden, so man vermeint, durch eigeneh erweltei werck jvergebung der sundenj zuverdienen.
So sind auch solche traditiones und satzung Wei1 | s danach: gewachsen und Ha | t nicht in Wü | u war Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | v – v Dennoch waren Wei1 | w darumb Wei1 | x – x dardurch vil leute Wei1 | y nicht in Co, Lü, Mar, Nü2; davor: und Wei1 | z nicht in Wei1 | a nicht in Ha | b danach: von der gnade Christi Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W c – c nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | d danach: sie Wü | e danach: werden Ha; danach: gewest sind Wei1 | f danach: linderung und Wei1 | g billigkeit M30W | h zusuchen Wei1 i – i so haben sie domit ser vil Wei1 | j – j dann Wei1 | k danach: sie Wü | l – l damit M30W | m nicht in Ha | n – n nottig Ha | o und Lü | p darin die Lü | q Darumb Wü | r – r hat Gerson und Wei1 s nicht in Wü | t – t mer in vortzeiten daruber Wei1 | u danach: hefftig Wei1 | v danach: und satzung Wei1 | w – w nicht in Ha | x – x nicht in Wei1 | y danach: sant Wei1 | z danach: und satzungen Wei1 | a danach: auch Wei1 | b nicht in Wü | c nicht in Wei1 | d – d berurten Wei1 | e orten Lü f – f die lere vom glauben zutreiben in der kyrchen. Nu kan die lere vom glauben nicht Wei1 g danach: der Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | h danach: gewalt und M30W | i nicht in Ha, Wü | j – j gnad Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W; Gottes gnad Wei1 r–r
nicht exakt nachweisbar; vgl. u. S. 154, Anm. 173. | 172 Billigkeit, Milderung | 173 Vgl. Johannes Gerson, De vita spirituali animae, lectio II, in: GOC 3, 128f. | 174 Vgl. Augustinus, Epistula LIV, 2, 2, in: PL 33, 200 (CSEL 34/2, 160,4–5); Epistula LV, 19, 35, in: PL 33, 221 (CSEL 34/2, 209,12–210,17). | 175 falschem Verständnis
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Tertio: traditiones attulerunt magna pericula conscientiis, quia impossibile erat omnes traditiones servarei et tamen homines arbitrabantur has observationes necessarios esse cultus. Gerson scribit multos incidisse in desperationem, quosdam etiamj sibi mortem conscivisse, quiak senserant se non posse | satis facere traditionibus et interim consolationemν nullam de iustitia fidei et de gratia audierant.52 [E1v] Videmus Summistas et Theologos colligere traditiones et quaerere ἐπιεικείας, ut levent conscientias, non satis tamen expediunt, sed interdum magis iniiciunt laqueos conscientiis. Et in colligendis traditionibus ita fuerunt occupatae Scholae et contiones, ut non vacaverit attingere scripturam et quaerere utiliorem doctrinam de fide, de cruce, de spe, de dignitate civilium rerum, de consolatione conscientiarum in arduis tentationibus. Itaque Gerson et alii quidaml Theologi graviter questi sunt se his rixis traditionum impediri, quo minus versari possent in meliore genere doctrinae.53 Et Augustinus vetat onerare conscientias huiusmodi observationibus et prudenter admonet Ianuarium, ut sciat eas indifferenter observandas esse, sic enim loquitur.54
Quare nostri non debent videri hanc causam temere attigisse aut odio Episcoporum, ut quidamm falso suspicantur. Magna necessitas fuit de illis erroribus, qui nati erant ex traditionibus male in|tellectis, admonere Ecclesias. Nam Evangelium cogit urgere doctrinam in Ecclesiisn de gratia et iustitia fidei, quae tamen intelligi non potest, si putent homines se mereri gratiamξ per observationes ab ipsis electas.
i
observare Mü3 | j nicht in Nü1 | k qui Mar2 | l quidem Mü3 | m quidem Mü3 | n ecclesia Mü3
ν
collationem Ber | ξ remissionem peccatorum et iustificationem Ber, A35W
nicht exakt nachweisbar; vgl. u. S. 155, Anm. 53. | 53 Vgl. Johannes Gerson, De vita spirituali animae, lectio II, in: GOC 3, 128f. | 54 Vgl. Augustinus, Epistula LIV, 2, 2, in: PL 33, 200 (CSEL 34/2, 160,4–15); Epistula LV, 19, 35, in: PL 33, 221f (CSEL 34/2, 209,12–210,17). 52
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Und ist davon also gelertk, das man durch haltung gedachterl menschlicher traditionm nicht kan Gott versünen odder furn sunde gnugthun odder overgebung der sundeo verdienen, Undp sol derhalben kein nötiger Gottes dienst daraus gemacht werden, qgleich als möge niemand one solche tradition fur Gott gerecht seinq. rDazu wirt ursach aus der schrifft angezogen176:r Christuss Matthei xv. entschuldiget die Apostel, das sie die gewonliche traditionest nicht gehalten haben, Und spricht dabey: „Sie ehren mich vergeblich mit menschen gepoten.“177 So er nu dis ein vorgeblichen dienst nennet, musu er nichtv nötig sein. Und bald hernach: „Was zum mund eingehet, verunreiniget den menschen nicht.“178 Item Paulus spricht Roma. xiiii.: „Das himelreich stehet nicht inn speis oderw xtranck.“179 Colos. ii.: „Niemand sol euch richten inn speise,x tranck, Sabbat etc.“180 [FF3r] Actuum xv. Sprichty Petrus: „Warümbz versuchet ihra Gott mit aufflegungb des jochs auff cdie Jüngerc, welchs widder unser Veter noch wir haben mögen tragen, sonder wir gleuben durch die gnad dunserse Herrnd Jhesu Christi | selig zu werden, fgleicher weise wie auch sief.“181 Da verbeutg Petrus, hdas man die gewissen nicht beschweren sol mit mehri eusserlichen Ceremonien, jes sey Moisi odder andernj. kUndl i. Timo. iiii. werdenm solche traditionesn Teuffels lere genennet.k oDenn also lauten S. Paulus wort: „Der geist aber sagt deutlich, das inn den letzten zeiten werden etliche vomp glauben abtretten und anhangen den irrigen geistern und leren der Teuffel µdurch die, so in gleisnerey182 lügenerq sindµ und brandmal inn ihren gewissen haben und verbieten, Ehelich zuwerden und zu meiden die speise, die Gott geschaffen hat, νmit dancksagung zunemen, rden gleubigenr und denen, die die warheit erkennet habenν.“183 o h Denns dis ist stracks tdem k
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k – k Darumb hat man bey uns also gelert und gepredigt Wei1 | l nicht in Wei1 | m danach: und satzung Wei1 | n danach: die Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | o – o gnadt Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W; Gottes gnad Wei1 | p nicht in Wei1 | q – q nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | r – r Dann Wei1 | s nicht in Ha; danach: selbs Wei1 | t danach: und satzung Wei1 | u möge M30W | v nicht in Wei1 | w und Mar | x – x nicht in Wü | y danach: sanct Wei1 z Was Co, Lü, Mar | a danach: dann nu Co, Mar, Nü2; den ihr nu Lü; nicht in Wü | b auffsetzung M30W | c – c der jünger hels Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | d – d nicht in Co, Lü | e des Mar, Nü2 | f – f nicht in Ha, Wü; wie auch eure veter Wei1 | g danach: s. Wei1 | h – h die gewissen in keyn weg mit eusserlichen cerimonien Moisi oder auch andern zubeschweren, sant Paul nennet die verbot der ee und speis etc. 1. Timoth. iiii. teufelslere. Wei1 | i nicht in M30W | j – j nicht in Co, Lü, Mar, Nü2 | k – k I. Thimot. 4 werden solch verpot als speys verbieten, ehe verpieten etc. teuffels lere genent. Wü | l nicht in Wü | m welchs Ha | n gebot [verbott Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W], als speiß vorbieten, ehe vorbieten etc. Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | o – o nicht in Ha, Wei1, Wü | p dem Nü2 | q luegen reder Co, Lü, Mar, Nü2, M30W | r – r denen, die gleuben M30W | s nicht in Lü; das Wü | t – t wider das evangelion Wei1
und werden inn gleisnerey lügener sein W33R | erkant haben, auch brauchen mit dancksagung W33R
µ–µ
176 182
herangezogen | 177 Mt 15,9 | Heuchelei | 183 I Tim 4,1–3
178
Mt 15,11 |
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ν–ν
das sie die gleubige und so die warheit
Röm 14,17 |
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Kol 2,16 |
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Sic igitur docuerunt, quod per observationem traditionum humanarum non possimus οgratiam mereri aut iustificario ο, quare non est sentiendum, quod huiusmodi observationes sint necessariusπ cultus.
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Addunt testimonia ex scriptura: Christus Matth. [E2r] xv. excusat Apostolos, qui non servaverantp usitatam traditionem, quae tamen videbatur de re qnon illicita sedq media esse et habere cognationem cum baptismatibus legis, ret dicitr: Frustra colunt me mandatis hominum.55 Igitur non exigit cultum inutilem. Et paulo post addit: Omne, quod intrat ins os, non inquinat hominem.56 Item Roma. xiiii.: Regnum Dei non est esca aut potus.57 Coloss. ii.: Nemo iudicet vos in cibo, potut, sabbato aut die festo.58 uItem: Si mortui estis cum Christo ab elementis mundi, Quare tanquam viventes in mundo decreta facitis? Ne attingas. Ne gustes. Ne contrectes.59 u Act. xv. ait Petrus: Quare tentatis Deum imponentes iugum super cervicesv discipulorum, quod neque nos neque patres nostri portareρ potuimus, sed per gratiam Domini nostri Iesu | Christi credimus salvari, quemadmodum et illi.60 Hic vetatw Petrus onerare conscientias pluribus ritibus sive Mosi sive aliis. Et 1. Thimoth. iiii. vocat prohibitionem ciborum doctrinamx daemoniorum61, quia pugnat cum Evan-
satisfacere pro peccatis Mar2, Mü3, Nü1 | p servaverunt Mü3; servaverint Nü1 | q – q nicht in Mar2, Mü3, Nü1 | r – r dicit autem Mü3 | s per Mü3 | t nicht in Mü3 | u – u nicht in Mar2, Mü3, Nü1 | v cervicem Nü1 | w notat Mü3 | x doctrinas Mar2, Mü3, Nü1 o
mereri remissionem peccatorum ac iustificationem Ber, A35W nicht in Ber
ο–ο ρ
Mt 15,9 | 4,1–3.
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Mt 15,11 |
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Röm 14,17 |
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Kol 2,16 |
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Kol 2,20f |
| 60
π
necessarii Ber, A35W
Act 15,10f |
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Vgl. I Tim
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Evangelio entgegent, solche uwerck einsetzen odder thun, das man damit vergebung der sunde verdieneu odder als möge niemands Christen sein one solche dienstev. Das man aber den unsernw hiex schuld gibt, als verbieten sie Casteiung und zucht, wie Jovinianus184, wirt sichy viel anders aus ihren schrifften befinden. Denn sie habenz allezeit gelerta vom heiligen Creutzb, das Christen zuleiden schuldig sind. cUnd dieses ist rechte, ernstliche undd nicht ertichte Casteiung.c eDaneben wirt auche gelert, das ein itz[FF3r]licher schuldig ist, sich mit leiblicher ubung, | als fasten und anderf arbeit, also zuhalten, das er nicht ursach zu sunden gebe, gnicht, das er durch solche werck hvergebung der sundh verdieneg iodder darümb fur Gott werde gerecht geschetzeti. jUndk diesej leibliche ubung solle nicht allein etlich bestimpte tage, sonder stetigsl getrieben werden. mDavon redet Christus nLuce am xxin:m „Hüttet euch, das eure hertzen nicht beschwert werden mit ofressen und sauffeno.“185 p qItem: „die Teuffel werden nicht ausgeworffenq denn durch fasten und gebet.“186 p Undr Paulus spricht, Er casteye seinen leib und bringe ihn zu gehorsam187, Damit er anzeiget, das Casteyung dienen sol nicht, damits tvergebung der sundent zuverdienen, sonder den leib geschickt188 zuhaltenu, das er nicht verhindere, was eim jglichen nach seinemv beruffe189 zuschaffen befolhen ist. wUnd wirt also nicht das fasten verworffen, sondern das man ein nötigen cultumx darausy auff bestimpte tag undz speis zuverwirrung der gewissen gemacht hat.w
u – u oder andere werck der meinung einsetzen oder thun, domit vergebung der sunden zuerlangen Wei1 | v werck Wei1; verdienst M30W | w nicht in Ha | x die Lü; nicht in Wei1 | y danach: ungetzweifelt Wei1 | z danach: je Wei1 | a danach: und gepredigt Wei1 | b dienst Lü | c – c Welchs dann die rechte casteyung ist. Wei1 | d nicht in Wü | e – e Bey uns wirt auch darneben Wei1 f nicht in Wei1 | g – g doch nicht der gestalt, Gottes gnad domit zuverdienen Wei1 | h – h gnad Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | i – i nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W | j – j Die unsern leren auch, das solche Wei1 | k nicht in Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W | l danach: fur und fur Wei1 | m – m So sagt auch Christus selbst Wei1 | n – n nicht in Ha, Wü | o – o fulerey Ha, Wei1, Wü | p – p nicht in Wei1 | q – q nicht in Lü | r nicht in Mar; Wie Nü2; S. Wei1 | s nicht in Wei1 | t – t gnad Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W; Gottes gnad Wei1 | u zumachen Wei1 v danach: standt und Wei1 | w – w nicht in Wei1 | x dinst Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wü, M30W y nicht in Lü; darauff Mar | z nicht in Wü 184 188
Jovinian (4. Jh.); vgl. o. S. 94, Anm. 45. | geeignet | 189 Berufung, Aufgabe
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Lk 21,34 |
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Vgl. I Kor 9,27.
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gelio talia opera instituere aut facere, ut per ea mereamur gratiamσ, aut quod non possit existere Christianismusy sine tali cultu.
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Hic obiiciunt adversarii, quod nostri prohibeant disciplinam et mortificationem carnisz, sicut Iovinianus. Verum aliud deprehendetura ex scriptis nostrorum. Semper enim docuerunt τde cruceτ, quod Christianos oporteat tollerare afflictiones. Haec est vera, seria et non simulata mortificatio: variisb afflictio[E2v]nibus exerceri et crucifigi cum Christo. Insuper docent, quod quilibet Christianus debeat se corporali disciplina aut | corporalibus exercitiis et laboribus sic exercere et coercere, ne saturitas aut desidia extimulet ad peccandum, non ut per illa exercitia mereamur υgratiamc aut satis faciamus pro peccatisυ. Et hanc corporalem disciplinam oportetd semper urgere, non solum paucis et constitutis diebus. Sicut Christusφ praecipit: Cavete, ne corporae vestra graventur crapula.62 Item: Hoc genus daemoniorum non eiicitur nisi ieiunio et oratione.63 Et Paulus ait: Castigo corpus meum et redigo in servitutem.64 Ubi clare ostendit se ideo castigare corpus, non ut per eam disciplinam mereatur remissionem peccatorum, sed ut corpus habeat obnoxium et idoneum ad res spirituales et ad faciendum officium iuxta vocationem suam. Itaque non damnantur ipsa ieiunia, sed traditiones, quae certos dies, certos cibos praescribunt cum periculo conscientiae, tanquam istiusmodi opera sint necessariusχ cultus.
y christiana iustitia Mar2, Mü3, Nü1 | z nicht in Mü3 | a deprehenditur Nü1 | Nü1 | c remissionem peccatorum Mü3 | d oporteat Mar2 | e corda Mü3, Nü1
b
danach: scilicet
σ remissionem peccatorum et iustificationem Ber, A35W | τ – τ nicht in Ber | υ – υ remissionem culpae aut mortis aeternae Ber, A35W | φ nicht in A35W | χ necessarii Ber, A35W 62 64
Vgl. Lk 21,34: „Attendite autem vobis, ne forte graventur corda vestra in crapula.“ | I Kor 9,27
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Mk 9,29
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Auch werden dieses teilsa vielb Ceremonien und tradition gehalten, als ordenung der Messe undc Fest etc., welche dazu dienen, dasd inn der kirchen ordenung gehalten werde. Daneben abere wirt das volckf unterricht, gdas wir umb Christus willen durch glauben gerecht geschetzt werden, nicht von wegen dieser werckg, undh das man siei onej beschwerung des gewissensk | halten sol, Alsoξ das, lso man esl nach lest one ergernus, nicht daran gesundiget wirt.m Diese freiheit inn eusserlichen Ceremonien haben auch die alten Veter gehaltenn. Denno [FF4r] inn Orient hat man das Osterfest auff andere zeit denn zu Rom gehalten. Und da etlich diese ungleicheit fur ein trennungp qinn der kirchenq halten wolten, sind sie vermanetr von andern, das nicht not, inn solchen gewonheitens gleicheitt uzu halten. vUnd spricht Ireneus190 also: „Ungleicheitu im fasten trennet nicht die einigkeit des glaubens.“191 v wWie auch xDistinc. xii.x von solcher ungleicheit inn menschlichen ordenungen geschrieben, das sie der einigkeit der Christenheit nicht zu widder sey.192 w yUnd Tripartita historia li. ix. zeucht zusamen viel ungleicher kirchen gewonheit Und setztz ein nützlichen Christlichena spruch: „Der Apostel meinung ist nicht gewesen, Feiertag ein zu setzen, sondern glauben und blieb zu lerenb.“193 y s a
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[27] Von Kloster gelübden Von Kloster gelübden zu reden, Ist not erstlich zubedencken, wie es bisanher194 damit gehalten, welch wesen inn Kloster gewesen und das seer viel darinn teglich nicht allein widder Gottes wort, sonder auch Bepstlichen
a – a Bey uns werden auch Wei1 | b die Mar, Nü2 | c geseng Co, Lü, Mar, Nü2, Wei1; danach: andere geseng Ha, Wü, M30W | d sie Mar | e nicht in Wei1 | f danach: bey uns Wei1 | g – g das solch eusserlich gots dinst nicht from mache vor Gott Co, Ha, Lü, Mar, Nü2, Wei1, Wü, M30W h sonder Wei1 | i nicht in Co, Ha, Mar, Nü2, Wü, M30W; den Lü | j ein M30W | k wiessens Co l – l wenn mans schon Wei1 | m danach: Dann Wei1 | n gehabt Ha | o Also Wei1 | p enderung Wü q – q nicht in Co | r erinnert Wei1 | s dingen Wei1 | t nicht in Ha | u – u nicht in Lü | v – v nicht in Wei1 | w – w So steet auch dist. xii., das ungleicheit der menschlichen ordnung der eynickeit der christlichen kyrchen nicht zu wider sey. Wei1 | x – x das Ha | y – y nicht in Wei1 | z sagt Lü | a nicht in Ha | b – b lere zu lieben M30W ξ
als W33R
Irenäus von Lyon | 191 Eusebius von Cäsarea, Historia ecclesiastica V, 24, 13, in: PG 20, 504 (GCS 9/1, 494,19–25). | 192 Dist. 12 c. 10 (Friedberg I, 29). | 193 Cassiodor, Historia tripartita IX, 38, in: PL 69, 1154 (CSEL 71, 559,33–35). | 194 bis jetzt
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Servantur tamen apud nos pleraeque traditiones, fquaeg conducunt ad hoc, ut res ordine geratur in Ecclesia, ut ordo lectionum in Missa het praecipuaeh feriaef. Sed interim homines admonentur, quod talis cultus non iustificet coram Deo et quod non sit ponendum peccatum in talibus rebus, sii omittantur sine scandalo. Haec | libertas in ritibus humanisj non fuit ignota patribus. Nam in Oriente alio tempore servaverunt Pascha quam Romae, et cum Romani propter hanc dissimilitudinem accusarent Orientem schis[E3r]matis, admoniti sunt ab aliis tales mores non oportere ubique similes esse. Et Irenaeus inquit: dissonantia ieiunii fidei consonantiam non solvit65, sicutk et Dist. xii, Gregorius Papa significat talem dissimilitudinem non ledere unitatem Ecclesiae66. Et in historia Tripartita lib. nono multa colliguntur exempla dissimilium rituum et recitantur haec verba: Mens Apostolorum fuit non de diebus festis sancire, sed praedicare bonam conversationem et pietatem.67 η q o
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Marburger Handschrift (Mar) 27. Vom closter gelubden
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Vom closter gelubden zureden, ist noth erstlich zugedencken, wie es bissalher13 damit gehalten, wilch wesen in clostern gewesen und das seer viel dorin teglich nit allein widder Gottesp wortt, sonder auchq o
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Diser artickel von den clostergelubden belangt nicht die gantze christliche kyrchen, sonder allein etzliche eintzeln personen, umb welcher willen das gantz folck nicht soll verworffen werden. Dann wenn gleich die verenderung des closterleben mangel hat, dieweil aber die lere und predigt, so dises teils im schwanck geet, soll angetzeigt werden, so muß man davon auch bericht thun. Und diser bericht vom closterleben wirt ein jeder dester baß vernemen, so er bedencken wirt, wie es in clostern zugangen und wie manch feldlich darin auch wider die bebstliche recht teglich gescheen ist. Wei1 p danach: dienst und Lü | q nicht in Lü
[27] l mDe votis monachorumn m Quid de votis Monachorum apud nos doceatur, melius intelliget, si quis meminerit, qualis status fuerit Monasteriorum, quam multa o
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f – f ut ordo lectionum in Missa, feriae, quae conducunt ad hoc, ut res ordine geratur in g etiam qui Mü3 Ecclesia Mar2, Nü1 | h – h nicht in Mü3 i davor: etiam Mü3 | j nicht in Nü1 | k nicht in Mü3 | l – l nicht in Mar1 | m – m Von den klostergelubdten in Na gezählt als Art. 24; dem folgt der Verweis zu Na | n monasticis Mü3 | o – o Na: s. QuM I, 63,26–66,34 [Diser handel betrifft ... unkrefftig geacht werden]
Eusebius von Cäsarea, Historia ecclesiastica V, 24, 13, in: PG 20, 504 (GCS 9/1, 494,19–25). | 66 Dist. 12 c. 10 (Friedberg I, 29). | 67 Cassiodor, Historia tripartita IX, 38, in: PL 69, 1154 (CSEL 71, 559,33–35). 65
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Rechten zuentgegen gehandelt ist. Denn zu S. Augustinus zeiten sind Kloster stende frey195 gewesen. Volgend, da die rechte zucht und lere zerrüth, da hat man Kloster gelübd erdacht und damit eben als mit einem erdachten gefengknus die zucht widderumb auffrichten wöllen. Uber das hat man neben den Kloster glübden οviel ander stück mehr auffbracht.ο Und mit solchen banden und beschwerden hat man ihr viel auch vor gebürenden [FF4v] jaren beladen.
So sind auch viel personen aus unwissenheit zu solchem Kloster leben kommen, welche, wiewol sie sonst nicht zu jung gewesen, haben doch ihr vermögen nicht gnugsam ermessen noch verstanden; die selben, also verstrickt, sind gedrungen und gezwungen worden, im kloster leben zu bleiben, wie wol sie die Canones selb ledig sprechen. Und dis ist harter gehalten worden mit den Jungfrauen denn mit den München, so man doch billich der Jungfrauen als des schwechern geschlechts solt verschonet haben. Diese hartigkeit hat viel fromen leuten vor dieser zeit misfallen, die gesehen haben, das man das junge unerfarne, ungelerte volck inn die Klöster umb der narung willen versteckt hat, daraus hernach viel sund und ergernus gevolget, und sind die gewissen inn grosse fahr196 und strick gefallen. Da haben viel fromer leut geklaget uber der Münch tyranney, die hierinne nicht allein kein Evangelium, sondern auch keine Canones haben horen wollen. Uber diese beschwerung haben sie auch die gewissen mit unrechter lere verfüret, das ihr klosterleben solt vergebung der sunden verdienen, solt der Tauff gleich sein, solt Christliche volkomenheit sein, nicht allein Gottes gebot erfüllen,
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teglich mehr traditiones gemacht. W33R freiwillig | 196 Gefahr
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bebstlichen rechten zuentgegen gehandelt ist.o Dan zu sanct Augustins zeiten seindt closter stende frei gewesen; folgend, dor die rechte zucht und lere zureut, sdo hat man closter gelubd erdachtt unds domit ebenu als mit einem erdachtenv gefengnus di zucht widderumb auffrichten wollen. Uber das hat man neben den closter gelubthenw viel andere stuck mehr uffpracht und mit solichen banden und beschwerthn ire viel auch furx geburenthen jaern belathen. So seint auch vil personen aus unwissenheit zu solichem closter weseny kommen, wilchez, wiewol siea sonst nicht zu jung gewesenb, haben doch ir vermugen nicht gnug|sam ermessen nochc verstanden. Dieselben alle, also verstrickt und verwickelt, seint dgedrungen undd gezwungen gewesen, in solichen banden zupleiben, ungeachtet dese, das auch fdig bebstlichf recht ir viel frei gibt. Und das ist beschwerlicher gewesen in jungfrauen closternh dan in monich clostern, so sich doch getzimbt hetti, der weibspild als der schwachen personenj zuverschonen. kDieselb strengheit undk herttigkeit hat auch vil frommen leuth in
r nicht in Wei1 | s – s nicht in Wü | t nicht in Lü | u nicht in Wü | v nicht in Ha w leben Co | x under iren Wei1 | y leben Co, Ha, Lü, Nü2, Wei1, Wü, M30W | z und Wei1 | a nicht in Lü | b danach: sein Ha c und Wü | d – d nicht in Ha | e nicht in Ha | f – f bebstlichs Lü | g nicht in Ha, Nü2, Wü, M30W; das Co, Wei1 | h nicht in Ha i nicht in Co | j nicht in Co, Ha, Lü, Nü2, Wei1, Wü, M30W; eingefügt | k – k Und dise Wei1
contra Canones in ipsis Monasteriis quotidie fiebant. Augustini tempore erant libera collegia, postea corrupta disciplina ubique addita sunt vota, ut tanquam excogitato carcere disciplina restitueretur. Additae sunt paulatimp supra vota aliae multae observationes. Et haec vincula multis ante iustam aetatem contra Canones iniecta sunt.
Multi inciderunt errore in hoc vitae genus, quibus, etiam si non deessentψ anniq, tamen iuditium de suis viribus defuit. Qui sicr irretiti erant, cogebantur manere, etiam si quidam beneficio Canonum liberari possent. Et hoc accidits magis etiam in Monasteriis Virginum quam Monachorum, cum sexui imbecilliori magis parcendum esset. Hic | rigor displicuit multis bonis viris
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sondern auch darüber die Radt im Evangelio197 halten. Also rhümen sie das Klosterleben und setzens viel höher denn die Tauff und sonst eusserliche Gottliche stende, als uber Oberkeit, Predigampt, Ehestand. [GG1r] Vor zeiten sind die Klöster schulen gewesen, darin man junge leute inn Christlicher lar und andern nützlichen könsten auffgezogen hat, das sie hernach zu regirung der kirchen und zu predigen gebraucht worden. Aber itzund machen sie viel ein ander wesen aus dem Klöster leben, das es Gottes dienst, Cultus und opffer sein fur die sund, das es Christliche heiligkeit und volkomenheit sey. Wie aber die Mönche dis ihr heilig leben, da sie von rhümen, halten, wollen wir hie umb glimpffs198 willen fallen lassen.
Erstlich aber von den jhenigen, so sich aus dem Kloster leben in Eehestand begeben haben, wird bey uns also geleret, das der Ehestand allen frey sol gelassen werden, welche zu ewiger keuscheit nicht geschickt199 sind. Denn kein gelübde kan Gottes ordnung und gebot auff heben. Nu ist dieses ein klar gebot: „unzucht zu vermeiden, sol ein jder sein Eheweib haben“200, und nicht allein durchs gebot, sondern auch durch die natur und Gottes werck werden solche zum Ehestand getrieben, welchen Gott nicht sonderliche gabe zu ewiger keuscheit geben hat. Derhalben die jhenigen, die sich inn Ehestand begeben, dieweil sie Gottes gebot und ordnung folgen, thun sie nicht un-
Auf die „evangelischen Räte“ (d.h. Ratschläge im Evangelium) Armut, Keuschheit und Gehorsam verpflichteten sich Frauen und Männer in der Profess beim Ordensbeitritt. Diese seien nicht notwendig zur Erlangung des Heils, jedoch für ein Leben in Vollkommenheit. | 198 Anstandes | 199 geeignet | 200 I Kor 7,2
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vorzeiten mißverfallen, dan sie haben wol gesehen, das beide, knaben und maegdlin, umb underhaltung14 willen des leibs in di closter versteckt seint wordenl. Sie haben auch wol gesehen, wie ubel das selb furnemen geraten ist, wass mergernus nund wasser15 n m beo p schwerung es gepracht, und haben vil leutheq geclagt, das man in solichen ferlichen16 sachen di canones so gar nicht achtet.p Zu dem, so rhat manr ein soliche meynung von sden closter gelubths, die unverborgent auch uvilenv monchenu ubelw gefallen hat, di wenig ein verstandt gehabtx,y dan sie gaben fur, das closter gelubden der tauf gleich were und das man mit dem closter leben vergebung der sonde und | rechtfertigung vor Got verdinetz. Ja, sie asezten noch mher darzua, das man mit dem closter leben verdient nicht allein gerechtigkeit bvor Got b und fromkeitc, sonder auch das man domitd hielte di gepott und rethee, im m – m nicht in Wü danach: und Wü | nicht in Ha | o danach: der gewiessen Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W | p – p auch draus erfolgeth. Und inen hat auch fast wee gethan, das die bebstliche rechte in der allerferlichsten sachen so gar hindan gesetzt und veracht wurden. Wei1 | q nicht in M30W | r – r haben sie auch Wei1 | s – s dem closterleben und gelubd gehabt Wei1 t nicht in Wei1; danach: die Wü | u – u vil manchem M30W | v den Wei1 | w nicht Wei1 | x danach: haben Lü | y danach: wie z erlangeth Wei1 am tag ist Wei1 | a – a sagten noch viel mer Wei1 | b – b nicht in Co, Ha, Lü, Wei1, Wü; von oben eingewiesen | c danach: die vor Gott gilt Wei1 d danach: beyde Wei1 | e recht Wü, M30W
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ante haec tempora, qui videbant puellas et adolescentes in Monasteria detrudi propter victum, videbantt, quam infoeliciter succederet hoc consilium, quae scandala pareret, quos laqueos con[E3v]scientiisu iniiceret. Dolebant autoritatem Canonum in re periculosissima omninov negligi et contemni.
Ad haec mala accedebatω talis persuasio de votis, quam constat etiam olim displicuisse ipsis Monachis, si qui paulo cordatiores fuerunt, docebantw vota paria esse baptismo, docebant se hoc vitae genere mereri remissionem peccatorum et iustifica|tionem coram Deo. xImo addebanty vitam Monasticam non tantum iustitiam mereri coram Deox, sed amplius etiam, quia servaret non modoz praecepta,
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Versorgung gefährlichen
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was für, welche
t et Nü1 | u korr. aus: consciis Mar2 | v nicht in Nü1 | w dicebant Mü3, Nü1 | x – x vom Rand eingewiesen: Imo addebant amplius vitam monasticam non tam autem iustitiam mereri coram Deo Mar2 | y danach: amplius Mü3, Nü1 | z nostra Mü3 ω
accedat Ber
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recht. Was kan man doch dagegen auffbringen; das gelübde binne wie es wölle, so kan es doch Gottes gebot nicht auff heben und sol nicht widder Gottes gebot binden. Canones leren selbst, das [GG1v] inn allen gelübden autoritas superioris sol ausgenomen sein201, das kein gelübde der Oberkeit ihre macht weren sol. Darümb sol inn diesen gelübden auch autoritas Dei ausgezogen sein, das sie widder Gottes befehl nicht binden.
Wenn alle gelübde binden solten, so hetten die Bebst auch nicht macht gehabt, gelübde zu relaxirn202. Nu weis man, das die Bepst viel aus den Klöstern ledig gelassen haben, als ein König von Aragonia203 und andere. Darümb mus folgen, das sie selbst bekennen, das etliche gelübde unbündig und nicht rechte gelübde sind. Weiter ist unbillich204, das man treibt auffs gelübd und sihet nicht zuvor, ob dieses gelübde sind odder nicht. Gelübde sol von rechten und möglichen dingen und frey willig geschehen. Nu stehet ewige keuscheit nicht in eins jden macht; so weis man auch, das junge leute zum
Vgl. C. 20 q. 4 c. 2 (Friedberg I, 851). | 202 erlassen | 203 Ramiro II. von Aragón; vgl. LMA 7, 426f; vgl. auch: Johannes Gerson, De consiliis evangelicis et statu perfectionis, in: GOC 3, 22. 204 unrechtmäßig, was sich nicht gehört 201
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evangelio verfast, und wurth also di closter gelubdt hoher gepreiset dan die tauff; itemf, das man mer gverdient mit dem closter lebeng dan mit allen andernh stenth, iso von Got geordent seini, als pfarrer, prediger stantj, oberkeit, fursten, hern standt und dergleichen, die alle nach Gots gepott, wortt und befelch iren beruff on erdichte geistlichkeit dienen, wie dan diser stuck keins magk verneint werth, dan man findts in iren eigen buchern. lUber das, wer also gefangen undm ins closter kommenn, lernet wenig von Christo. Etwan17 hetto manl schulen der heiligen schrifft und anderer konsten, so der christlichen kirchen dienstlich pseintq, in den clostern rvor alterr 18, das manp saus den closterns pfarrer und bischoffen tgenommet hatt. Itzo
sie sagten auch weiter Wei1 | g – g damit verdiene Ha | h nicht in Ha, Wei1, M30W i – i von Gott verordneth Wei1 | j amb Ha, M30W | k nicht in M30W | l – l Ferner, so hat man in vortzeiten Wei1 | m nicht in Ha | n danach: war Ha | o hielt M30W p – p in clostern gehabt und Wei1 | q sonder Wü | r – r nicht in Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W; von oben eingewiesen | s – s daraus Ha, Lü | t – t nicht in Wei1
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sed etiam consilia Evangelica. Ita persuadebant Monasticam professionem longe meliorema esse baptismo, vitam Monasticam plus mereri quamb vitam Magistratuum, vitamc pastorum et similium, qui in mandatis Dei sine facticiis religionibus suae vocationi serviunt. Nihil horum negari potest, extant enim in libris eorum.
Quid fiebat postea in Monasteriis? Olim erant scholae sacrarum literarum et aliarum disciplinarum, quae sunt utiles Ecclesiae et sumebantur inde pastores et Episcopi. Nunc alia res est, nihild opus est recitare nota. Olim ad discendum conveniebant,
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einstmals, irgendwann eimal langer Zeit
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prestantiorem Mü3 | b danach: amplius Mü3 | c nicht in Mü3 | d danach: enim Mar2, Mü3, Nü1 a
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teil zum Kloster leben gedrungen werden, zum teil sich als unerfarne aus unverstand darein begeben, die ihr vermügen nicht gewisst, haben auch nicht verstanden, ob solch leben Göttlich sey odder nicht. Was nu aus zwang odder unverstand geschicht, das heisst nicht freywillig geschehen. Darümb so solches nicht gelübde sind, ist nicht not zu disputirn, ob sie binden odder nicht binden. Denn so es nicht gelübde sind, so binden sie nicht. Derhalben auch Canones die gelübde relaxirn205, so geschehen sind von den, die noch nicht [GG2r] uber funffzehen jar komen sind, darümb, das inn dem alter noch niemand sein vermögen weis.206 Und ein ander ist noch linder, der verbeut gelübde zu thun vor achzehen jaren.207 Durch diese Canones werden viel ledig208 gesprochen, die itzund209 inn Klöstern sind.
So schreibet auch Augustinus xxvii. q. i. Cap. Nuptiarum, Das man die ehe deren, so zuvor keuscheit gelobt haben, nicht zerreissen sol.210 Darümb, ob schon jemand das straffen wolte, das die gelübde gebrochen sind, so folget doch daraus nicht, das man solcher personen ehe zerreissen sol. Wiewol nu
erlassen | 206 Vgl. C. 20 q. 1 c. 10 (Friedberg I, 845). | 207 Vgl. C. 20 q. 1 c. 5 (Friedberg I, 844). frei | 209 jetzt | 210 C. 27 q. 1 c. 41 (Friedberg I, 1060–1061); vgl. Augustinus, De bono viduitatis VIII, 11–XI, 14, in: PL 40, 437–439 (CSEL 41, 317,11–318,20).
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aberu hats viel ein | andere gestalt vmit den closternv;w xdan vor zeiten komen sie der meynung zusamen in closter lebenx, das man di schriffty lernet. Itztz geben sie fur, adasb closter leben sei ein solichs wesenc a, dasd man Gots gnade und fromkeit efor Gote domit verdiene, ya es sei ein standt der volkommenheit, und fsezens gdenf andern stenth, soh von Got eingesetzt,g weitt fur. iDas alles wirt dorumb angezogen on alle verunglimpfung, domit man yei desterbaß19 vernemen und verstehen moge, was und wie di unsern leren und predigen. Erstlich leren sie bei uns von denen, di zur ehe greiffenj, also, das alle di, sok zum ledigen standt nit geschickt seindt, macht, fugl und recht haben, sich zuverehelichen, dan die gelubd vermugen nichtm Gottes ordnung und gepot ufftzuhebenn. Nu laut Gots gepot also, 1. Corinth. 7.: „oUmb der hurerei
v – v nicht in Ha, Wü nicht in Ha | danach: Ist auch nicht von noten, die ding, so leyder one das am tag und unverborgen sind, zuertzelen. Wei1 | x – x In vortzeiten sind die closterliche versammlung darumb gewesen Wei1 | y danach: drynnen Wei1 z danach: aber Wei1 | a – a es sey das closter leben ein solch wesen Ha, M30W b danach: das Wei1 c stand Wei1 | d nicht in Wei1 e – e | die vor Gott gilt Wei1 | f – f setzen das closter wesen allen Wei1 | g – g nicht in Lü | h auch Wei1 i – i Welchs alles wir nyemands zu unglimpff, sondern zu hoher notturfft, die sachen darthun, der meinung das mans Wei1 j cj.: ehegreiffen | k nicht in Wü | l nicht in Ha | m keyns wegs Wei1 | n uffzuziehen Lü | o – o Ein jeder soll sein eigen eeweib haben, hurerey zuvermeiden. Wei1
nunc fin|gunt institutum esse vitae genus ad promerendam αgratiam et iustitiamα, immo praedicant esse statum perfectionis et longe praeferunt omnibus aliis vitae generibus a Deo ordinatis. Haec ideo recitavimus nihil odiose exaggerantes, ut melius intelligi posset de hac re doctrina nostrorum.
Primum de his, qui matrimonia contrahunt, sic [E4r] docent eapud nose, quod liceatf omnibus, qui non sunt idonei ad coelibatum, contrahere matrimonium, quia votag non possunt ordinationem ac mandatumh Dei tollere. Est autem hoc
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umso besser
e – e nicht in Mü3 | f licet Mü3 | Mü3 | h mandata Mü3
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nicht in
α – α remissionem peccatorum et iustificationem Ber, A35W, W40R, W42R
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Gottes gebot, den ehestand belangend, viel vom Klosterleben ledig macht, so zeigen doch die unsern ander mehr ursach an, derhalben diese vota nicht tüchtig noch bündig sind. Denn aller Gottes dienst, von menschen erticht211 und erwelet, dadurch vergebung der sunden zu verdienen und das sie Gott annemen sol als gerechtigkeit und uns darümb gerecht schetzen und ewig leben zu geben schuldig sein, Solche werck und stend, solcher meinung gehalten, sind widder Gott.
Denn Christus spricht: „Sie ehren mich vergeblich mit menschen gebot.“212 Und Paulus streitet das ernstlich an viel orten, das man vergebung der sunde nicht durch unsere werck und Gottes dienst, von uns erwelet, erlange, das auch niemand fur Gott gerecht geschetzet werde von wegen solcher ertichten213 Gottes dienst, sondern das wir haben vergebung der sunde umb Chri[GG2v]stus willen, das wir auch umb Christus willen gerecht geschetzet werden, so wir gleuben. Nu ist am tage, das die Mönch geleret und gehalten haben, das ihr ertichte214 gelübden und Gottes dienst verdienen solten vergebung der sunden, das sie damit fur die sund gnugthuen, das sie derhalben fur Gott gerecht geschetzet würden.
Was ist nu das anders, denn ihr Möncherey an Christus stadt setzen und verleugnen der verheissen barmhertzigkeit inn Christo? Daraus folget, das solche gelübden, der meinung geschehen und gehalten, widder Gott und
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erdacht, erdichtet | 212 Mt 15,9 | 213 erdachten, erdichteten | 214 erdachten, erdichteten
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willen hab ein iglicher sein eigenp weip und ein igliche habe iren eigenq man.o“ Dartzu dringtr, zwinget und dreibt nicht allein Gottes gepott, sonder auchs | Gottest geschopf und ordenung alle di zum ehestant, di on sonderlich Gots werck mit der gabe der jungkfrauschafft nit begnadet seint, lauts dises spruchs Gots selbtu, Genesis vam 2.v: „Es ist nicht gut, das der mensch allein sei. Wir wollen ime ein geholffen machen, der umbw in sei.“ xWas mag many nu dawider auffprengen? Man rhume das gelubd zund diz pflicht wie hoch man welle, man mutza auf20 alsb hoch alsc man kand, so mag man dennocht nit erzwingen, das Gottes gepott dadurch auffgehobene werde. Die doctores sagen, das di gelubd auch wider derf babsts recht unbunding sein21, wieviel weniger sollen sie dan binden, stat und crafft haben wider Gottes gebot! Und wog di plicht der gelubd kein ander ursach hett, dash sie mucht auffgehaben werden, so hetten die bebst auchi nit dowider dispensirt und erlaupt. Dan es gepurt keinem menschen, di pflicht, so aus gotnicht in Lü | q nicht in Lü | r nicht in Lü | s danach: di Nü2 | t nicht in M30W u nicht in Ha, M30W | v – v nicht in Wü w uber Wü | x – x nicht in Wei1 | y nicht in Lü | z – z oder Ha | a danach: es Ha, Wü, b so Lü M30W; danach: es auch Lü | c nicht in Wü | d wolle Ha | e gemindert Lü; ufgehalten Wü | f des Co, Ha, Lü, Nü2, M30W | g nicht in Lü | h da Ha | i nicht in Lü
mandatum Dei: Propter fornicationem habeat unusquisque uxorem suam.68 Neque mandatum solum, sed etiam creatio et ordinatio Deii cogit hos ad coniugium, qui sine singu|lari Dei opere non sunt excepti, iuxta illud: Non est bonum homini esse solum.69 j Igitur non peccant istik, qui obtemperant huic mandato et ordinationi Dei.
Quid potest contra haec opponi? Exaggeret aliquis obligationemβ voti, quantum voletl, tamen non poterit efficere, ut votum tollat mandatum Dei. mCanones docent in omni voto ius superioris excipi70, quare multo minus haec vota contra mandata Dei valent.
Quod si obligatio votorum nullas haberet causas, curo mutari possitn, nec Romani Pontifices dispensassent. Neque enimp licet homini n
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20 hebe hervor, übertreibe, preise | C. 20 q. 4 c. 2 (Friedberg I, 851).
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Vgl.
danach: que Mar2 | j danach: Gene. 2 Mü3 nicht in Mar2, Mü3, Nü1 | l valet Nü1 m – m nicht in Nü1 | n – n nicht in Mü3 | o ut Mar2 | p tamen Mar2 i
k
β
publicationem Ber
68 I Kor 7,2 | 69 Gen 2,18 | c. 2 (Friedberg I, 851).
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Vgl. C. 20 q. 4
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unbundig sind. Denn wie auch die Recht sprechen, gelübden sollen nicht vincula iniquitatis215 sein, das ist, sie sollen nicht verbinden zu sunden. Darümb alle gelübde, so widder Gottes befehl und gebot sind, sollen billich216 unbundig gesprochen werden.
Paulus spricht auch also: „Wolt ihr gerecht werden durchs gesetz, so seid ihr abe von Christo und habt gnade verloren“217, das ist, die jhenige, so mit eigen wercken vergebung der sunden zu verdienen fur haben und vermein, Gott zu gefallen umb ihrer werck willen und erfüllung des gesetz und nicht darauff fest stehen, das sie vergebung der sunden umb Christus willen allein aus barmhertzigkeit durch glauben empfahen, das sie auch umb Christus willen Gott gefallen, nicht von wegen eigner werck, die verlieren Christum, ja, sie verstossenπ. Denn sie setzen ihr vertrauen, das Chri[GG3r]sto allein gehört, auff ihr eigne werck. Item, sie halten ihre eigne werck gegen Gottes zorn und gericht, nicht den mitler und versüner Christum. Darümb rauben sie Christo
π
danach: ihn W33R
215
Fessel zur Sünde; vgl. C. 22 q. 4 c. 22 (Friedberg I, 881). | 216 rechtmäßigerweise | 217 Gal 5,4
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lichen rechten herwechst, zu zureissen. Darumb haben die bebst wol bedacht, das in dise plicht ein equitetj 22 soll gepraucht werthen, und haben zum offtermal dispensirt, als mit einem konig von Arragon und viler ander. So man nu zuerhaltung zeitlicher dinge dispensirt hat, sol viel pillicher dispensirt werden umb notturfft23 willenk der selen. Volgend, warumb treibt der jegentheil so hart, das man di gelubd halten muß und sicht nit an zuvornt, ab das gelubd sein artl habe? Dan das gelubd sol in muglichen sachen mund willig, ungezwungenm sein. Wie aber di ewig keuscheit in des menschen gewalt und vermugen stehe, weis man wol. Auch seindt wenig beiden mans und | weibs personen, die von inen selbst willig und wolbedacht das closter gelubnus gethan haben. oEher sie zuo rechten verstandt khommen, so puberredt manp sie zum closter gelubd, zuweilen werthen sie auch dortzu getzwungen und gedrungen. Darumb istq es ye nit pillich, das man so schwind24 und hart von der gelubden pflicht disputirt, angesehen, das sie alle bekennen, das solichs wider di natuer und artr des gelubnus ist, das es nit williglichs
k nicht in Ha, Lü billigkeit M30W | ort Ha | m – m willig und ungezwungen n nicht in Lü, M30W Nü2, M30W | o – o er sei zum Wü | p – p ubereilen M30W q nicht in Co | r ort Ha | s muglich Lü
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obligationem, quae simpliciter est iuris divini, rescindere. Sed prudenter iudicaverunt Romani Pontifices aequitatem in hac obligatione adhibendam esse. Ideo saepe de votis dispensasse leguntur. Nota estq historia de Rege Arragonum revocato ex Monasterio71 ret extantr exempla nostri temporis.
Deinde cur obligationem exaggerants adversarii seu effectum voti, cum interim de ipsa voti natura sileant, quod debet esset in re possibili72, quod debet esse voluntarium, sponte et consulto conceptumu. At quomodo sit in potestate hominis perpetua ca[E4v]stitas, non est ignotum. Et quotusquisque sponte et | consulto vovit? Puellae et adolescentes, priusquam iudicare possunt, persuadentur ad vovendum, interdum etiam coguntur. Quare non est aequum tam rigide de obligatione disputare, cum omnes fateantur contra voti naturam esse,
danach: enim Mü3 | r – r nec desunt Mü3 exaggerent Mü3 | t nicht in Mü3 | u korr. zu: susceptum Mar2
j
q
l
s
Billigkeit, Milderung | 23 Notwendigkeit | 24 ungestüm, hart, unmenschlich
Ramiro II. von Aragón; vgl. LMA 7, 426f; vgl. auch: Johannes Gerson, De consiliis evangelicis et statu perfectionis, in: GOC 3, 22. | 72 cj.: possibi
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sein ehre und gebens ihren orden. Denn das ist öffentlich, das die Mönche furgeben, sie verdienen mit ihren gelübden vergebung der sunden und gefallen Gott umb solcher werck willen. Also leren sie vertrauen auff eigne werck, nicht auff Christus versunung. Solch vertrauen ist öffentlich widder Gott und ist vergeblich, wenn Gott richtet und das gewissen erschreckt.
Denn unser werck können nicht bestehen widder Gottes zorn und gericht, sondern allein also wird Gottes zorn versünet, wenn wir ergreiffen Gottes verheissung, inn Christo zugesagt, und gleuben, das uns Gott nicht von wegen unser werck, sondern aus barmhertzigkeit umb Christus willen gnedig sein wolle. Derhalben die jhenige, so auff eigne werck vertrauen, die verstossen Christum und wollen sein nicht, denn sie wollen nicht auff ihn vertrauen. Weiter rhümen die Mönch, das ihre orden sein Christlich volkomenheit, denn sie halten die gebot und radte218; das heisst ja auff werck vertrauet. Und dieser irthumb ist zum höchsten dem Evangelio entgegen, das sie furgeben, sie erfüllen Gottes gesetz, das daran nicht mangel sey, ja, das sie noch ubermas haben, die sie hernach applicirn219 als gnugthuung und bezalung fur andere, machen sich also selbst zu Christo und wollen [GG3v] durch ihre uberige werck andere selig machen. Das heisst ja Christum weggeworffen, denn so sie Gottes gesetz erfüllen und dem gnugthun, bedürffen sie Christi nicht und hat Gott nicht an ihn zu straffen und zu richten.
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Vgl. o. S. 164, Anm. 197. | 219 anwenden
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undt mit guten rath und bedacht gelobt wirdt. Ettliche canones und bebstliche recht zerreissenu di gelubd, die under funffzehen jaren geschen sein. Dan sie haltens dafur, das man furv derselben zeit soviel verstants nicht hat, das man di ordnung des ganzenw lebens, wie dasselb xanzustellen, beschliessenx konne. Ein ander canon gibt der menschlichen schwacheit noch mher jar zu, dan er verbeut das clostergelubd unther achzehen jaren zuthun. Daraus hat der meiste theil entschuldigung und ursach, yaus den clostern zugeheny, dasz sie des merentheils in der kindthait, vor disena jaern, in closter kommen seint. Entlich, wan gleich die verprechung des closters gelubds mucht gedadelt werden, so kont aber dannocht darus nit erfolgen, das man derselbigen ehe zerreissen solt. Dan sanct Augustin sagt 27. quaestione distinct. 1, cap. nuptiarum, dasb man soliche ehe nit zerreissen soll. Nu ist ye sanct Augustin nicht in geringem ansehen in der christlichen kirchen, ob gleich ettliche hernach anders gehalten.
quod non sponte, quod inconsulto admittitur. Plerique Canones rescindunt vota ante annum xv.v contracta, quia ante illam aetatem non videtur tantum esse iuditii, ut de perpetua vita constitui possit.73
Alius Canon plus concedens hominum imbecillitati addit annos aliquot, vetat enim ante annum xviii.w votum fierix.74 Sed utrumy sequemur, maxima pars habet excusationem, cur Monasteria deserant, quia plurimi ante hanc aetatem voverunt. Postremo etiamz si voti violatio reprehendi posset, tamen non γvidetur statim sequiγ, quod coniugia talium personarum dissolvenda sint. Nam Augustinus negat debere dissolvi, xxvii. quaest. 1 Cap. Nuptiarum75, cuius non est levis autoritas, etiamsi alii postea aliter senserunta.
v decimum octavum Mü3 | w danach: etatis Mü3 | x facere Mü3 | y korr. aus: verum Mar 2 | z danach: sit Mü3 | a iudicaverunt Mü3 γ–γ t danach: nit Wü | u zu wissen Ha | v zu M30W | w gemainen Wü | x – x anzuschliessen, bestellen Lü | y – y das sie aus den clostern gen Ha, Lü, M30W | z dann Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W | a solchen Nü2; eingefügt | b dann Lü
sequitur W42R
Vgl. C. 20 q. 1 c. 10 (Friedberg I, 845). Vgl. C. 20 q. 1 c. 5 (Friedberg I, 844). 75 C. 27 q. 1 c. 41 (Friedberg I, 1060f); vgl. Augustinus, De bono viduitatis VIII, 11–XI, 14, in: PL 40, 437–439 (CSEL 41, 317,11– 318,20). 73 74
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Uber das ist dieses ein grosser schedlicher, Heidnischer irthumb, das Christliche volkomenheit stehen sol inn weis und wercken, die menschen selbst erwelen, als nemlich inn diesen eusserlichen wercken, als nicht ehelich sein, nicht eigens haben, gehorsam inn sonderlichen kleidern und speis. Diese ding haben nicht Gottes gebot, sondern Christliche volkomenheit ist ernstlich Gott fürchtenρ und doch vertrauen, das wir ein gnedigen Gott haben umb Christus willen und inn solchem glauben zunemen und ihn uben, Gott anruffen, hilff von Gott warten220 in allen sachen und eusserlich gute werck, so Got geboten hat, thun, ein jder nach seinem beruff221. Inn diesen stücken stehet Christliche volkomenheit, nicht inn ehelosem stand, inn betteln, kappen, gürteln und der gleichen. Darümb ist es ein schedlichσ ergernus inn der Christenheit, ein eigen Gottes dienst mit solchen orden anrichten und den selben rhümen, das man dadurch vergebung der sunden verdiene, das diese werck sein volkomenheit fur Gott.
Damit wird Christus ampt und verheissung vertunckelt, denn die leute werden dadurch von Christo auff vertrauen eigner werck abgewant. Dazu werden Gottes gebot vertunckelt, so man [GG4r] solche falsche ertichte werck neben und uber Gottes gebot setzet, so man das fur Engelisch222 leben ausrufft, nicht ehelich sein, nicht eigens haben, kappen tragen, und dagegen stende, von Gott gebotten, geringer macht, das mans dafur halt, als sein sie sundlich oder als achte Gott solcher werck nicht, wie denn geschehen ist, das
ρ
danach: und wissen, das wir kein volkomenheit an uns haben W33R | σ schendlich W33R
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erwarten | 221 Berufung, Aufgabe | 222 engelhaftes
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Wiewol nu Gottes gepott von dem ehestandt cire seerd vielc vom closter gelubde frei und ledig macht, so wenden doch di unsern noch mher ursach fur, das closter glubd nichtig und unbundig sei. Dan aller gots dienst, von den mentschen on Gottes gepott und befelch eingesetzt und erwelt, | gerechtigkeit und Gots gnade zuerlangen, sei wider Got und dem heiligenf evangelio und Gottes befelch entgegen, wie dan Christus selbst sagt Mathei 15.: „Sie dienen mir vergeblich gmit menschen gepotheng.“ So lerets auch sanct Paulus uberal, das man gerechtigkeit nit sol suchen aus hunsern gepothenh und gots diensten, so von menschen erdicht sein, sonder das gerechtigkeit und fromkeit vor Got kombt aus dem glauben und vertrauen, idas wir glaubeni, das uns Got umb seines einigenj sons Christusk willen zu gnath nimbt. Nu ist esl ye am tage, das die monch gelert und gepredigt haben, das di erdachten geistlichkeit gnug thun vor di sunde und Gottes gnade und gerechtigkeit erlangen. Was ist nu das anderst, dan di herlichkeitm und preiß der gnath nChristi vermindern und di gerechtigkeitn des glaubens verleucken? Darumb volgt aus dem, das osoliche gewonlicheo gelubd unrechte,
c – c nicht in M30W | d nicht in Lü | e nicht in Lü | f nicht in Wü | g – g etc Ha, M30W h – h unserem gebete Lü i – i von oben | eingewiesen | j nicht in Lü | k nicht in Ha l nicht in Ha | m hailigkait Lü | n – n nicht in Lü | o – o nicht in Ha
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Quanquam autem mandatum Dei de coniugio δvideatur plerosque liberareδ a votis, tamen afferunt nostri et aliam rationem de votis, quod sint irrita, quia omnis cultus Dei ab hominibus sine mandato Dei institutus et electus ad promerendam εiustificationem et | gratiamε impius est, sicut Christus ait: Frustra colunt me mandatis hominum.76 Et Paulus ubique docet iustitiam non esse quaerendam ex nostris observationibus et cultibus, qui sint excogitati ab homi[F1r] nibus, sed contingere eam per fidem credentibus se ζrecipi in gratiam a Deob propter Christumζ.
Constat autem Monachos docuisse, quodc facticiae religiones ηsatisfaciant pro peccatis, mereantur gratiam et iustificationemη. Quid hoc est aliud quam de gloria Christi detrahere et obscurare ac negare iustitiam fidei? Sequitur igitur ista b
Domino Mü3 | c quo Mü3
δ – δ liberet plerosque W42R | ε – ε remissionem peccatorum et iustificationem Ber, A35W, W40R, W42R | ζ – ζ habere Deum placatum et propitium propter Christum, non propter ulla nostra merita Ber, A35W, W40R, W42R | η – η mereantur remissionem peccatorum et iustificationem et quod pro peccatis satisfaciant Ber, A35W, W40R, W42R 76
Mt 15,9
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viel mit beschwerung ihrer gewissen inn ehestand, inn oberkeit, inn gütern und hantirung223 gewesen sind, allein der halben, das sie nicht bericht gehabt haben, das diese stende und werck von Gott geordnet und rechtτ sind, und haben der Mönch wesen allein fur hohe Christliche heiligkeit gehalten.
Derhalben etliche, wie man lieset, ihren ehestand, etliche andere löbliche Empter verlassen und haben Möncheleben angenomen. Darümb foddert die hohe notturfft224, das rechte prediger die leute mit vleis leren, das Christliche volkomenheit inn glauben und wercken, von Gott geboten, stehe, nicht inn Möncherey und gelübden, die Gott nicht geboten hat. Also hat auch Gerson fur dieser zeit die gestrafft, so Möncherey fur Christliche volkomenheit rhümeten225. Dieweil nu die gelübden inn solchen grossen irthumen geschehen, nemlich, das man durch eigne ertichte Mönchewerck vergebung der sunde verdienen solt, das man darümb gerecht fur Gott geschetzet werde, das sie Gottes gesetz gnug thun, das sie halten Gottes gebot und radt, das sie ubermas werck haben und andern applicirn226, fur sie gnug zu thun, So kan ein jder [GG4v] Verstendiger leichtlich richten, das solche gelübde, die mit so viel irthumb furgenomen, unbundig und nicht gelübde sind.
τ
gute werck W33R
223 Gewerbe, Handwerk | 224 Notwendigkeit | 225 Vgl. Johannes Gerson, De consiliis evangelicis et statu perfectionis, in: GOC 3, 24f. | 226 zuwenden
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falsche gots dienst gewesen. Derhalben seint sie auchp unbundig, dan ein gotloß gelubd und das wider Gots gepot bescheen, ist unbundig und nichtig, weilq auch di canones leren, das der eydt nicht soll ein bandt zurr sunden sein. Sancts Paulus sagt zun Gal. am 5.: „Ir seit abet von Christo, wieu ir durch das gesetz gerechtfertigt werth wolt und habt der gnaden gefelet.“ Derhalben auch di, so durch gelubdt wollen rechtfertig werden, seint von Christo abv und felen25 der gnaden Gots, dan dieselben rauben Christo sein eher, der allein gerecht macht, und wgeben soliche eherw iren gelubthn und closter leben. xMan kanx auch nit leucken, das di munchy geleret und gepredigt haben, das sie | durch ire gelubde und closterz wesen und weise gerecht werden und vergebung der sunden verdienen, ya sie haben nocha wolb ungeschikter26 cund ungereumbter27 c ding erdicht und gesagt, das sie ire gute werck den andern mittailten. Wan nu einer dis alles unglimpflichd wolt dreiben und ufmutzen28, wie viel stuck kont er zusamen pringen, dero sich di monche auche itzt nicht in M30W | q wie Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W | r der Ha, M30W | s So Co; nicht in Lü | t abgefallen Ha | u die Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W | v abgefallen Ha | w – w gebens Ha | x – x Nu kan man Wü | y danach: nicht M30W | z danach: leben Lü | a auch M30W | b vil Wü c – c nicht in Wü d öuglich M30W | e nicht in Co, Wü
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vota usitata impios cultus fuisse, quare sunt irrita. Nam votum impium et factum contra mandatad Dei non valet neque enim debet votum vinculum esse iniquitatis, ut Canon dicit.77 Paulus dicit: Evacuatie estis a Christo, qui in lege iustificamini, a gratia excidistis.78 θErgo etiam qui votis iustificari volunt, evacuantur a Christo et a gratia excidunt. Nam et hi, qui votis tribuunt iustificationem, tribuunt propriis operibus hoc, quod proprie ad gloriam Christi pertinet. Neque verof negari potest, quin Monachi docuerint se per vota et observationes suas iustificari et mereri remissionem peccatorum, imo affinxe|runt absurdiora, dixeruntg se aliis mutuari sua opera.θ Haec si quis velit odiose exaggerareι, quam multa possit colligereκ, quorum iam ipsos Monachos pudet. λAd haec per-
p
verfehlen | 26 ungeeignetere | 27 ungereimtere, unsinnigere | 28 hervorheben, übertreiben, preisen 25
d mandatum Mü3 | e korr. aus: evocati Mar 2 | f enim Mar2 | g gloriati sunt Mü3 θ – θ W40R: s. QuM I, 160,20 –161,1 [Id est, qui sentiunt ... pro alienis peccatis]; W42R: s. QuM I, 209,31–210,11; so auch Ber, A35W ι exagitare Ber, A35W, W40R, W42R κ commemorare Ber, A35W, W40R, W42R λ – λ nicht in Ber, A35W, W40R, W42R 77 78
Vgl. C. 22 q. 4 c. 22 (Friedberg I, 880f). Gal 5,4
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selbst schemen und nicht wollen gethan haben. Uber das alles haben sief auch di leuth desg uberredt, das dih erdichten geistlichen orden stende seinti christlich volkomenheit. Dis ist jja die werck rhumungj, das man dadurch gerecht werde. Nu ist es nicht ein geringe ergernus in der christlichen kirch, das man dem volck ein solich gots dienst vortregt, den di menschen on Gots gebot erdicht haben und leren, das ein solicher gots dienst di menschen vor Got fromme und gerecht mache. Dank gerechtigkeit des glaubens, di man am menisten29 in der christlichenl kirchen treiben sol, wirt vertunckelt, wan den leuthenm di augen mit disser seltzamen engelgeistlichkeitn aufgespert werdeno und falsch vorgeben des armutsp. qUber dasq werth auchr di gebot Gots und recht ware gots dienst dardurch verdunckelt, wans di leuthe horen, das allein di monich im stande der volkomenheit tsein sollen. Dan di christlich volkomenheitt ist, das man Got von hertzen und mit ernst forchtet und doch auch ein herzlich zuversicht,u glauben undv vertrauen fast, das wir umb Christus willen ein gnedigen, barmherzigen Got haben, das sich Ha | g nicht in M30W | h ire Ha danach: recht Ha | j – j in gelupt ruemen Lü | k die Ha | l nicht in Wü | m nicht in Ha | n engel seligkait Lü | o nicht in Ha p danach: demut und keuscheit Co, Ha, Lü, Nü2, Wü; munds, demut und keüscheit M30W | q – q nicht in Ha | r nicht in Ha s auch so Ha | t – t nicht in Wü | u danach: und Wü | v auch Wü
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suaserunt hominibus factitias religiones esse statum Christianae perfectionis. An non est hoc iustificationem tribuere operibus? λ Nonh est leve scandalum in Ecclesia populo proponere certum cultum ab hominibus excogitatum sine mandato Dei et docere, quod talis cultus iustificet homines. Quia iustitia fideiµ, quam maxime oportet tradii in Ecclesia, obscuratur, cum illae mirificae religiones Angelorum, simulatio paupertatis et [F1v] humilitatis et coelibatus, offundunturj oculis hominum.m
Praeterea obscuranturk praecepta Dei et lverus cultusl Dei, cum audiunt homines solos Monachos esse in statu perfectionis, quiam perfectio Christiana79 est serio timere Deum et rursus concipere magnam fidem et confidere propter Christum, quod habeamus
f
i
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meisten
Nota Mü3 | i nicht in Mü3 | j korr. zu: ostenduntur Mar2; offundunt Mü3 | k obscurant Mü3 | l – l veros cultus Mü3 | m nam Mü3 h
danach: in Christum Ber, A35W, W40R, W42R
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cj.: Christaina
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wir mugen und sollen vonw Got bitten und begeren, was uns not ist und hilff | von ime in allen trubsalen gewisslichx nach eins yder beruff30 und gestandt gewarten31, das wir auch in ydes solleny mit vleis eußerlich gute werck thun und unsers beruffs32 warten33. Darumbz steht di rechte volkomenheit und ader rechtea gots dienst nichtb inc betlend oder in einer schwarzen oder graen kapfen34 etc. Aber das gemein volck fast viel schedlicher meynung aus falschem lob des closter lebens, so es hort, das man dene ledigen standt on alle maß lobt. f gDan darausg folgt,f das es mit beschwertemh gewissen im ehestandt ist. Soi der gemein man hort, das di betler allein solltenj volkommen sein, kan er nit wissen, das er on sunde guter haben und hanttiren35 muge. So das volck horet, es seik nur ein rath, nicht rach ubell, folgt, das etlich vormeinen, es sei nit sunde, ausserhalb des ampts rach zuuben. Etliche meinen, rach gezime dennm christlichen gar nit, auch nicht der oberkeit.
w eingefügt | x nicht in Co, Lü; von oben eingewiesen | y – y derselben Ha | z darin Co, Ha, Nü2, Wü, M30W | a – a nicht in M30W | b nicht in Co | c zu Ha d platten M30W | e eingefügt | f – f nicht in Ha | g – g nicht in Wü | h danach: hertzen Lü | i Dan daraus Wü | j nicht in Ha, Wü k nicht in Wü | l uben Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W | m nicht in Lü 31 erwarten Berufung, Aufgabe | Berufung, Aufgabe | 33 nachkommen, sich widmen | 34 grauen Kappe | 35 Gewerbe treiben, Handwerk ausüben 30 32
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Deum placatum, petere a Deo et certo expectare auxilium in omnibus rebus gerendis iuxta vocationem, Interim foris diligenter facere bona opera et servire vocationi. In his rebus est vera perfectio et | verus cultus Dei, non est in coelibatu aut mendicitate aut veste sordida. Verumn ν populus concipit multas perniciosas opiniones ex illis falsis preconiis vitae Monasticae. Audit sine modo laudario coelibatum, ideo cum offensione conscientiae versatur in coniugio. Audit solos mendicos esse perfectos, ideo cum offensione conscientiae retinet possessiones, negotiaturp. Audit consilium Evangelicum esse de non vindicando, ideo alii in privata vita non verentur ulcisci, audiunt enim qconsilium esse non praeceptumq. Aliir omnes magistratus ets civilia officia iudicant indigna esse Christianist.
n Itaque Mü3 | o laudare Mü3 | p davor: cum offensione conscientiae Mü3 | q – q prohiberi vindictam consilio non precepto Mü3 r danach: quam magis etiam errant qui Mü3 s omnia Mü3 | t danach: et cum consilio evangelico pugnare Mü3 ν
Ac Ber, A35W, W40R, W42R
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Man liset auch der exempel viel, das etlich weib und kindt, auch ire regiment verlassen nund sich in closter gesteckt haben,n das selbig, ohaben sieo gesagt,p heis ausq der wellt fliehen und ein solich leben suchen, das Got baß36 gefiele dan der andern leben. Sie haben auch nicht konnen wisßen, das man Got rdienen sol in den geboten, di er gegeben hat, und nichtr in den geboten, di von menschen erdicht sein. Nu ist yes das ein guter und volkomener stant des lebens, wilcher Gots gebot vor sich hat. tDas aber istu t ein ferlicher37 stant vdes lebensv, derw Gots gebot nicht fur sich hat. Von solichen sachen ist von nothen gewesen, den leuthen guten bericht zuthun. Es hatx Gersony in vorzeiten den irthumb vonz der monchen, von der volkomenheit, gestrafft und zeigt an, das bei seinen | zeiten disses ein neuer rede gewest sei, das des closter leben ein standt der volkomenheit sein soll. Soviel gotloser meynung und irthumb lebena inb den closter gelubth: das sie sollen rechtfertigen und fromme vor Got machen, das sie di christliche volkomenheit sein sollen, das man domit beide, des evangeliums rethe und gebot, halte, das sie haben di o – o hat man fur Ha nicht in Lü | danach: es Ha | q auch Co | r – r nicht s es Co; nicht in dienen sol M30W | M30W | t – t und das Ha | u nicht in Lü v – v nicht in Ha | w wo man Ha | x danach: auch Co, Lü, Nü2, M30W | y danach: Cantzler Parisiensis M30W | z nicht in Co, Lü, Nü2, Wü, M30W | a cleben Lü, Nü2, Wü, M30W | b an Lü n–n p
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besser |
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gefährlicher
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Leguntur exempla hominum, qui deserto coniugio, deserta reipublicae administratione abdiderunt se in Monasteria. Id vocabant fugere uex mundou et quaererev vitae genus, wquod Deo magis placeretw, nec videbant Deo serviendum esse in illis mandatis, xquae ipse tradidit, non in mandatisx, quae sunt excogitata ab hominibus. Bonum et perfectum vitae genus est, quod habet mandatum Dei. De his rebus necesse est admonere homines. Et ante haec [F2r] tempora reprehendit Gerson errorem Monachorum de perfectione et testatur ysuis temporibusy novamz | vocem fuisse, quod vita Monastica sit status perfectionis.80 Tam multae impiae opiniones haerent in votis, quod iustificenta ξ, quod sint perfectio Christiana, quod serventb consilia et praecepta, quod habeant opera
u – u mundum Mü3 | v danach: secundum Mü3 | w – w nicht in Mü3 | x – x nicht in Mü3 y – y suo tempore Mü3 | z danach: hanc Mü3 a iustificetur Mü3 | b danach: monachi Mü3
mereantur remissionem peccatorum et iustificationem Ber, A35W, W40R, W42R ξ
Vgl. Johannes Gerson, De consiliis evangelicis et statu perfectionis, in: GOC 3, 24f. 80
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[28] Von der Bischove gewalt Etliche haben geistliche und weltliche gewalt sehr unschicklich durch einander gemenget, haben geleret, das der Bapst aus Christus befehl ein Monarcha und herr sein sol aller weltlichen güter, Königreich und herschafften, der König zu setzen und zu entsetzen gewalt habe, Und sind daraus offtmals krieg entstanden, das die Bepst haben Keiser und andere König entsetzen227 wöllen. So haben sie auch im geistlichen regiment die schlüssel228 dahin gedeutet, das Bepst möchten neue Gottes dienst gebieten, die gewissen zu beschweren mit reservatione casuum229, sind auch ins fegfeuer damit gefaren, habens auch sonst mancherley weis mit der excomunicatio230 misbraucht. Davon haben vor dieser zeit etliche frome, gelerte leute geschrieben, derhalben auch die unsern verursacht worden, die gewissen von beiderley gewalt,
227 absetzen, seines Amtes entheben | 228 Vgl. o. S. 148, Anm. 159. | 229 „Reservierte Fälle“ waren solche, bei denen dem Papst oder Bischöfen die Absolution vorbehalten war. Vgl. X.5.38 (Friedberg II, 889–913); Extrav. Comm. 5.9 (Friedberg II, 1303–1309). | 230 Die Exkommunikation ist ein kirchenrechtlicher Vorgang, bei dem der oder die Exkommunizierte von der Teilhabe an den Sakramenten ausgeschlossen wird, worauf auch die Reichsacht folgte, d.h. die Ächtung im Reich.
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ubermas werck, di man Got nit schuldig sei. Dieweil dan solichs alles falschc, eitel und erdicht ist, so machets auch di closter gelubde nichtig und unbundig.x
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supererogationis. Haec omnia, cum sint falsa et inania, faciunt vota irrita.o l
Marburger Handschrift (Mar) 28. Von der bischoffen gewalt
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d
Von der bischoffen gewalt ist vorzeiten vil und mancherleie geschriebenf, und haben etlich unschicklich den gewalt der bischoffen und das weltlich schwert under einander gemenget, und seint aus disem anordenlicheng 38 gemenge seher grosse kriege, uffrhuren und emporungen erfolget, aus dem, das di bischoffen im schein ires gewalts, der inen von Christo gegeben, hnicht allein neue gots diensti angericht habenh und mit vorbehaltung ettlicher felle und mit gewaltsamem banne di gewissen beschwert, sonder auch sich underwunden39, keyser und konige jzusezen und zuentsezen40 j ires gefallens; | wilchen frefel auch lange zeit hievor gelerte und gotforchtige leut in der christenheit gestrafft haben. Derhalben di unsern zu trost der gewissen getzwungen seint worden, di underschiede des geistlichen und welt-
d – d nicht in Wei1 nicht in Wü | f geschen Co danach: davon Ha | g nicht in Ha | h – h nicht in Wü | i nicht in Lü | j – j zuentsetzen und entsetzen Lü
[28] c dDe potestate ecclesiasticad Magnae disputationesf fuerunt de potestate Episcoporum, in quibus nonnulli incommode commiscuerunt potestatem Ecclesiasticam et potestatem gladii. Et ex hac confusione maxima bella, maximi motus extiterunt, dum Pontifices freti potestate clavium non solum novos cultus instituerunt, reservatione casuum, violentis excomunicationibus conscientias oneraverunt, sed etiam regnag mundi transferre et imperatoribus adimere imperium conati sunt. Haec vitia multo ante reprehenderunt in Ecclesia homines pii et eruditi. Itaque | nostri ad consolandash conscientias coacti sunt ostendere discrimen Ecclesiasticae potestatis e
c
e
nicht ordnungsgemäßen, nicht der Ordnung (Gottes) entsprechenden | 39 angemaßt | 40 absetzen, des Amtes entheben 38
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nicht in Mar1 | d – d Von dem gewalltt der kirchen in Na gezählt als Art. 25; dem folgt der Verweis zu Na | e – e Na: s. QuM I, 66,36– 71,5 [Man hat vor zeiten ... ein zertrennung verursachen] | f danach: olim Mü3 | g nicht in Nü1 | h docendas Mü3 c–c
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weltlich und geistlich, zu unterrichten und unterschied anzuzeigen, der allen Christen mercklich nützlich und not ist zu wissen, Und haben allezeit gelert, das beide gewalt die höhisten und besten gaben Gottes sein auff erden, Darümb man sie beide inn höchster demut und danckbarkeit ehren sol.
[HH1r] Und ist Bischoffe gewalt laut des Evangelii ein befelh Gottes, das Evangelium zu predigen, sunder straffen und binden, sunde vergeben und die Sacrament reichen. Denn diesen befelh gibt Christus seinen Aposteln, da er spricht: „Wie mich der Vater gesant hat, also sende ich euch. Nemet den heiligen geist. Wem ihr die sunde vergebet, dem sollen sie vergeben sein. Wem ihr nicht vergebet, dem sol nicht vergeben sein.“231 Und Marci xvi.: „Gehet hin und prediget das Evangelium inn aller welt.“232
Und diese gewalt wirt allein durchs wort und Sacrament geübt, so man vielen oder einem inn sunderheit233 Gottes wort sagt, sunde strafft, bindet oder vergibt und auff löset. Denn das Evangelium bringt uns nicht ein leiplich reich, sonder ewige güter, den heiligen geist, ewige gerechtigkeit und ewig leben.
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Joh 20,21–23 | 232 Mk 16,15 | 233 einzeln
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lichenk gewalts, schwerts und regiments anzuzeigen, und haben gelert, das man beide regiment und gewalt umb Gots gebotsl willen mit aller andacht als zwo hochste Gottesm gaben auff erden ehren und wol halten soll. Nu leren di unsern also, das der ngewalt dern schlussel oder der bischoffen sei laut odes evangeliumso pein gewalt und befelhq, das evangeliump zupredigen, di sunde zuvergeben und zubehalten und di sacrament zureichen und handeln. Danr Christus hat di aposteln mit disem befelch ausgesent, sJoannis am 20.s: „Gleich wie mich mein vatter gesent hat, also sende ich euch auch. Nemet hien den Heiligen Geist. Welchen ir ire sunde erlassen werdet, denselben sollen sie erlassen sein, und denen ir sie furbehalten werdet, den sollen sie furbehalten sein.“ Denselben gewalt der schlussel oder der bischoff ubt und treibt man allein mit der lere und predig Gots worts und mit handtreichung der sacrament gegen vilen oder einzelnt personen, darnachu der | beruff41 ist, dan damit werth geben nicht leiplichev, sonder ewige wdinge und gutherw, als nemlich ewigex gerechtigkeit, der Heilig Geist und das ewig leben. k nicht in Co | l nicht in Lü | m nicht in Lü | n – n nicht in Wü | o – o der evangelii Ha | p – p nicht in Lü | q danach: Gots Co, Ha, Nü2, Wü | r das Wü | s – s nicht in Wü | t wenigen M30W | u nicht in Ha v danach: ding Lü w – w nicht in Lü | x nicht in Lü 41
Berufung, Aufgabe
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et potestatis gladii et docuerunt utramque propter mandatum Dei religiose venerandam et honore afficiendami esse tanquam summa Dei beneficia in terris.
Sic autem sentiunt potestatem clavium seu potestatem Episcoporum iuxta Evangelium potestatem esse seu mandatum Deij praedicandi Evangelii, remittendi et retinendi peccata et administrandi sacramenta. Nam cum hoc mandato Christus mittit Apo[F2v]stolos: Sicut misit me pater, ita et ego mitto vos. Accipite spiritum sanctum; quorum remiseritis peccata, remittuntur eis, et quorum retinueritis peccatak, retenta sunt.81 Marcil xvi.: Item, praedicate Evangelium omni creaturae etc.82
Haec potestas tantum exercetur docendo seun praedicando verbumo ο et porrigendo sacramenta vel multis vel singulis iuxta vocationem, quia conceduntur non res corporales, sed res aeter|nae: iustitia aeterna, spiritus sanctus, vita aeterna.
i efficiendam Mar2 | j nicht in Nü1 | k nicht in Mü3 | l davor: Et Mü3 | m Item Nü1 | n et Mü3 | o evangelium Mü3 ο 81
evangelium Ber, A35W, W40R, W42R Joh 20,21–23 | 82 Mk 16,15
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Diese güter kan man nicht erlangen anders denn durch Gottes wort und Sacrament, wie Paulus spricht: „Das Evangelium ist ein krafft Gottes, dadurch selig werden alle, so daran gleuben.“234 So nu die geistlich gewalt ewige güter der seel anbeut und allein durchs wort und Sacrament geübet wirt, ist sie fern unterschieden von weltlicher gewalt, die leipliche güter gibt und erhelt und wirt mit leiplichem zwang geübet, schützet den leib, haus und hoff wider eusserliche und öffentliche beleidigung und weret die selbige nicht mit worten allein, sonder mit leiplicher straff, damit friede und eusserlich zucht erhalten werde. [HH1v] Darumb hindert odder irret auch geistlich gewalt die weltlich Oberkeit gantz nicht, denn das Evangelium schützet die seel, weltlich gewalt den leib. Das Evangelium sagt von ewigen dingen und gütern der seel und lesst die Oberkeit eusserliche regiment fassen und halten von leib und leiplichen gütern und hat damit gar nichts zu thun, on allein, das es vermanet, das wir sollen der selbigen weltlichen gewalt gehorsam sein Und sollen wissen, das der stand Gott wol gefalle, denn Gott habe ihn geordnet, dem leiblichen leben zu gut.
Derhalben sol man geistlich und weltlich gewalt recht wissen zu unterscheiden, das sich geistlich gewalt nicht unterstehe235 weltlicher empter, als gehören die zu ihrem ampt aus Christus befelh. Geistlich gewalt hat befelh, das Evangelium zu predigen und sacrament zu reichen, hat nicht befelh von Christo, das sie sich zum herrn setze aller güter und Königreich inn der welt, das sie König setze odder entsetze236, das sie weltlich recht von zinsen odder andern weltlichen sachen mache. Denn Christus spricht also: „Mein reich ist nicht von dieser welt.“237 Item: „Wer hat mich zu eim richter uber euch ge-
234
Röm 1,16 | 235 anmaße | 236 absetzen, des Amtes entheben | 237 Joh 18,36
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Dise guther kan man anderst nit erlangen dany durch das ampt der predig und durch di handtreichung zder heiligen sacramentz, dan sanct Pauel spricht: „Das evangelium ist ein crafft Gots, selig zumachen alle, di dran glauben.“ Dieweil nu der gewalt der kirchen oder bischoffen ewige guter gibt und allein durch das predig ampt geubt und getrieben wirt, so hindert era di pollicei42 und das weltlich regiment nichts uberal, dan weltlich regiment gehet mit viel andern sachen umb dan das evangelium. Weltliche gewalt schuzt nit die seel, sonder leip und gut widder eusserliche gewalt mit dem schwert und leiplichb peenen43. Darumb csoll manc di zwei regiment, das geistlich und weltlich, nicht in einander mengen und werffen. Dan der geistlich gewalt hat seinen befelch, das evangelium zupredigen und di sacrament zureichen, soll auch nicht in eind frembdt ampte fallen, soll nicht konige sezen und entsezen44, soll weltliche geseze und gehorsam der oberkeit nicht auffheben oder zurüten45, soll weltliche gewalt nit gesez machen und stellenf vong weltlichen handeln, wie dan auchh Christus selbsti gesagt hat: „Mein
Haec non possunt contingere nisi per ministerium verbi et sacramentorum, sicut Paulus dicit: Evangelium est potentia Dei ad salutem omni credenti.83 p Itaque, cum potestas Ecclesiastica concedatq res aeternas et tantum exerceatur per ministerium verbi, non impedit politicam administrationem, rsicut ars canendi nihil impedit politicam administrationem.r Nam politica administratio versatur circa alias res quam Evangelium. Magistratus defendit non mentes, sed corpora et res corporales adversus manifestas iniurias et coercet homines gladio et corporalibus poenis, sut iustitiam civilem et pacem retineats. Non igiturt commiscendae sunt potestates, Ecclesiastica et civilisu. Ecclesiastica suum mandatum habet Evangelii docendi et administrandiv sacramenta. Non irrumpat in alienum officium, non transferat regna mundi, non abroget leges Magistratuum, non tollat legitimam oboedientiam, non impediat iudicia de ullis civilibus ordinationibus aut contractibus, non praescribat leges magistratibus de forma rei publicaew, sicut dicit Christus: Reg|num meum non est de hoc mundo.84 Item: Quis constituit me iudicem aut [F3r] divisorem
y nicht in Wü | z – z des heiligen sacraments Ha | a es Ha, Lü; yhr M30W | b danach: gewallt und Lü; eusserlichen Wü | c – c sollen nu Wü | d sein Wü | e hand Wü f abstellen Lü | g korr. aus: und | h nicht in Wü, M30W | i nicht in M30W
p danach: et Psal [cj.: spal] 118: eloquium tuum vivificat me Mü3 | q concernat Mü3 r – r nicht in Nü1 | s – s evangelium defendit mentes adversus impias opiniones adversus diabolum et mortem eternam Mü3 | t korr. aus: legitur Mar2 | u civiles Mü3 | v nicht in Mü3 | w danach: constituenda Mü3
staatliche Ordnung, Sittenaufsicht Strafen | 44 absetzen, des Amtes entheben | 45 zerrütten
42 43
83 Röm 1,16; Mü3 zusätzlich Ps 119 (Vg 118),50 | 84 Joh 18,36
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setzt?“238 Und Paulus spricht: „Unser policey239 ist im himel“240, das ist, wir richten kein neue weltlich politia241 auff erden an, sondern lassen weltlich politia bleiben und leren daneben etwas von ewigem wesen, das ist nicht eusserlich, sonder inn der seel. Item: „Unser waffen sind nicht leiplich, sondern sind krefftig durch Gott, die gedancken [HH2r] im hertzen nidder zureissen.“242
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Auff diese weise leren die unsern von unterschied beiderley gewalt und heissen sie beide inn aller demut und danckbarkeit als die höhisten gaben Gottes auff erden ehren.
Haben aber Bischoffe weltliche gewalt, so haben sie die selbige nicht, das Christus befolhen habe, das das geistlich ampt weltlich herschen sol, sondern sie haben solch gewalt geschenckt von Keisern, Königen und Fürsten zu erhaltung ihrer güter nach weltlichen rechten. Diese weltliche gewalt ist ein ander ampt denn das geistlich und gehet das geistlich nicht an, wie S. Paulus handwerck sein predigampt nicht angehöret.
238 Lk 12,14 | Kor 10,4
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staatliche Ordnung |
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reich | ist nicht von disser welt.“ Item: „Wer hat mich zu einem richter zwisschen euch gesezt? “ Und sanct Pauel zun Phil. am 3.: „Unser burgerschafft ist in himel.“ Und in der andern zun Corinthern am zehenden: „Di waffen unserer ritterschafft sein nit vleischlich, sonder mechtig vor Got,j zuverstoren die anschlege und alle hohe, di sich erhebt widder di erkantnusk Gots.“ Disser gestalt underscheithen di unsern beider regiment und gewalt ampt und heisth siel beide alsm di hochsten gaben Gottes auff erden in eheren halten. Wo aber di bischoffen weltlich regiment und schwertn haben, so haben sie dieselben nicht als bischoffen aus gotlichen rechten, sonder aus menschlichen, keyserlichen rechten, geschenkt van romischeno keysern und konigen, zu weltlicher verwaltung irer guter, und gehet das ampt des evangeliums gar nicht anp.
j danach: zum ersten M30W | k bekentnus M30W | l nicht in Wü | m nicht in Lü n beschwerdt Ha o nicht in M30W | p aus Wü
super vos?85 Etx Paulus ait Philip. iii.: Nostra politia in coelis est86. ii.y Corinth. x.: Arma militiae nostrae non sunt carnalia, sed potentia Deoπ ad destruendas cogitationes etc.87
Ad hunc modum discernunt nostri utriusque potestatis officia et iubent utramque honore afficere et agnoscere, utramque Dei donum et beneficium esse. Si quam habent Episcopi potestatem gladii, hanc non habentz ρ Episcopi exa mandato Evangelii, sed iure humano donatam a regibus et imperatoribus adb administrationem civilem suorum bonorum. Haec interim alia functio est quam ministerium Evangelii.c nicht in Nü1 | y davor: Et Nü1 | z danach: ut Mar2, Mü3, Nü1 | a nicht in Mar2, Nü1 b nicht in Mü3 | c danach: Semper autem docuerunt nostri, ut seditiones prohiberent, legittimam possessionem bonorum et imperii apud quoscunque vel episcopos vel civiles magistratus non ledere conscientiam, quia legittima divisio rerum et imperiorum non est contra evangelium. Apostoli erant piscatores, Lucas fuit medicus, Paulus erat textor. Hae artes bona conscientia retineri poterant, tametsi res erant aliae quam offitium docendi. Ita res est alia imperium, alia offitium docendi evangelii. Neque tamen illa imperii possessio ledit conscientias, sicut quilibet pastor potest tenere proprium alius plus alio. Est enim mandatum evangelii, ut ecclesii suppeditent honestum victum x
π Dei Ber | W42R 85
ρ
danach: ut Ber, A35W, W40R,
Lk 12,14 | 86 Phil 3,20 | 87 II Kor 10,4
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Wenn man nu von der Bischoffen Jurisdictio243 redet, sol ihr weltlich gewalt vom geistlichen ampt und geistlicher Jurisdictio unterschieden werden und gebüret den Bischoffen als Bischoffen, das ist, den jhenigen, so befolhen ist, das Evangelium zu predigen und sacrament zu reichen, kein ander Jurisdictio aus Göttlichem rechten und dem Evangelio, denn sund vergeben, die lere, so dem Evangelio entgegen ist, verwerffen und ander offentlich sund mit dem bann straffen, on leiplich gewalt, sondern mit dem wort. Inn diesen fellen sind die kirchen schuldig aus Göttlichem rechten, ihnen gehorsam zu sein, wie Christus spricht: „Wer euch höret, der höret mich.“244
So aber die Bischoffe etwas wider das Evan[HH2v]gelium leren odder statuirn245 odder gebieten, so verbeut Gott den gehorsam Matthei vii.: „Hütet euch vor den falschen Propheten“246, und Gala. i.: „Wenn ein Engel vom himel ein ander Evangelium prediget, denn ich geprediget habe, so sol er verbannet sein.“247 Und ii. Corinth. iii.: „Wir haben nicht gewalt der warheit
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Gerichtsbarkeit | 244 Lk 10,16 | 245 festlegen | 246 Mt 7,15 | 247 Gal 1,8
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Derhalben ist das bischofflich ampt nach gotlichen rechten das evangelium predigen, sunde vergeben, lere urtheilen und di lereq,r | dem evangelio entgegen, verwerffen und di gotlosen, der gotlos wesen uffenbar ist, aus christlicher gemein ausschlissen, on menschlichen gewalt, sonder allein durch Gots wortt. Und sdes falss seindt di pfar leuthe und kirchen schuldig, den bischoffen gehorsam zusein, lauts disses spruchs Christi, Luce am 10.: „Were euch horet, der horet mich.“
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Wo sie aber etwas dem evangelio zuentgegen leren, tsezen oder auffrichten,t haben wir Gotes befelch im solichen fall, das wir nicht sollen gehorsam sein. Mathei am 7. usagt Christusu: „Sehet euch furv den falßen prophethen.“ Und sanct Pauel zun Gal. am 1.: „So auch wirw oder ein engel vom himel euch ein ander evangelium predig wurde, dan das wir euch gepredigt haben, das sei verflucht.“ Undx in der 2.y episteln zun Corinth. am 13.: „Wir haben kein macht wider di worheit,
nicht in Ha | r danach: so Wü | s – s derhalben M30W | t – t nicht in Wü | u – u nicht in Ha, Wü, M30W | v danach: vor Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W | w korr. aus: ir x nicht in Lü | y nicht in Lü q
Cum igitur de iuris dictione Episcoporum quaeriturd, discerni debet imperium ab Ecclesiastica iuris dictione. Porroe | secundum Evangelium, seu ut loquuntur de iure divino, nullaf iuris dictio competit Episcopis ut Episcopis, hoc est hisg, quibus est commissumh ministerium verbi et sacramentorum nisii remittere peccata. jItem, cognoscere doctrinam etj doctrinam ab Evangelio dissentientem reiicere et impios, quorum nota est impietas, excludere a comunione Ecclesiae ksine vi humanak, sed verbo. Hicl necessario et dem iure divino debent eisσ Ecclesiae praestare oboedientiam iuxta illud: Qui vos audit, me audit.88 Verumn cum aliquid contra Evangelium docent aut statuunt, tunc habent Ecclesiae mandatum Dei, quod oboedientiamo prohibet: Matth. vii.: Cavete a Pseudoprophetis.89 Gal. 1.: Si Angelus de coelo aliud Evangelium evangelizaverit, anathema sitp.90 ii. Corinth. xiii.: Non possumus aliquid contra veritatem, [F3v] sed pro veritate.91 Item: Data est nobis potestas ad pastoribus, sed oportet pastores ita versari in administratione rerum, ut non omittant offitium docendi. Ita oportebat et episcopos meminisse officii episcopalis et non tantum gubernare imperia quamquam difficile est utrique rei pariter servire. Nü1 | d nicht in Mü3 | e proinde Mü3 | f hec Mü3 | g nicht in Mar2, Nü1 | h danach: est Mü3 | i nicht in Mü3 | j – j nicht in Mü3 | k – k sed in humano Mü3 | l hec Mü3 | m nicht in Mü3 | n at Mü3 o oboedire Mü3 | p esto Nü1 σ
nicht in W40R, W42R
88 Lk 10,16 | Kor 13,8
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Mt 7,15 |
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zu widder, sondern fur die warheit.“248 Item: „Uns ist gewalt geben zu bauen, nicht zuverderben.“249 Also leren auch die Canones ii. q. vii. Cap. Sacerdotes et Ca. Oves.250 Und Augustinus spricht also widder Petilianum: „Man sol auch den ordenlichen Bischoffen nicht gehorchen, wo sie irren odder etwas halten widder die heilige schrifft.“251
Daneben haben die Bischoffe ein andere Jurisdictio inn etlichen sachen, als ehesachen, kirchen gütern etc. Inn diesen sachen haben sie ein sonder gericht und Jurisdictio durch menschlich recht und nicht, das Christus die selbige sachen zu ihrem ampt gezogen habe. Dieweil sie nu diese Jurisdictio von menschlichem rechten haben, folget, wenn sie die nicht handhaben, das sich weltliche Oberkeit dieser sachen annemen und recht sprechen müsse, friede zu erhalten.
Weiter fragt man, Ob Bischoffe und Pfarher macht haben, neu Gotts dienst anzurichten und zu gebieten, als fasten, feiren und andere Ceremonien? Und
248 II Kor 13,8 | 249 II Kor 10,8 | 250 Vgl. C. 2 q. 7 cc. 8.13 (Friedberg I, 484–485). | 251 Augustinus, Ad catholicos fratres XI, 28, in: PL 43, 410f (CSEL 52, 264,13f).
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sonder vor46 di worheita z.“ Item: „Nach der macht, wilche mir der herb zubessern und nicht zu verderben geben hat“ Also gebeut auch das geistlich recht, 2. q. 7 cap. sacerdotes und c. oves, undc sanct Augustin schreibt in der episteln wider Petilianum, man soll auch den bischoffen, so ordentlich47 geweletd, nit folgen, | wo sie irren oder etwase widder die heilige gotliche schrifft leren oder ordnenf. Das aber di bischoff gsonst gewalt undh g gerichts zwenge haben in etlichen sachen, als nemlich ehesachen, wucheri oder zehenden, diselben haben sie aus crafft menschlicher recht. Wo aber di ordinarien48 in solichem amptj nachlessig seintk, so seindt di fursten schuldig, sie thuensl gleichm gern oder ungern, hierin iren untherdanen umb fridts willen recht zusprechen,n zuverhortung49 unfridden und grosser unrhu in lenderno. Weither disputirt man auchp, obq bischoffen macht haben, ceremonien in der kirchen auffzurichten, desgleichen satzungen von speis, feiertagen, von unterschiedlichen z
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nicht in M30W | a danach: ist Wü nicht in Lü | c nicht in M30W | d gewalt Lü; gewalt habend M30W | e nicht in M30W | f sagen Lü | g – g ander Co; korr. aus: ande | h danach: andere Lü | i nicht in Ha, Lü, Wü, M30W | j gewalt Lü; von oben eingewiesen | k nicht in Wü | l danach: auch Nü2, Wü | m nicht in Wü | n danach: zuverhoren und M30W | o brudern Wü; den landen, sonder auch ruw und eynigkeit gepflantzet und friden erhalten M30W p nicht in Wü | q danach: auch Wü
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aedificationem, non ad destructionem.92 Sic et Canones praecipiunt, ii. q. vii. Cap. Sacerdotes etq Cap. Oves.93 Et Augustinus contra Petiliani Epistolam inquit: Nec catholicis Episcopis consentiendum est, sicubi forte falluntur aut contra | rCanonicas Dei scripturasr aliquid sentiunt.94
Si quam habent aliams vel potestatem vel iuris dictionem in cognoscendis certis causis videlicet matrimonii aut decimarum etc., hanc habent humano iure, Ubi cessantibus ordinariis coguntur Principes vel inviti suist subditis ius dicere, uut pax retineaturu.
Praeter haec disputatur, utrum Episcopi vseu pastoresv habeant ius instituendi ceremonias in Ecclesia et leges de cibis, feriis, gradibus ministrorum seu ordinibus etc.
z–z b
46 für | 47 ordnungsgemäß | haber | 49 zu Verhütung
48
Amtsin-
r – r canones Dei Mü3 nicht in Mü3 | nicht in Mü3 | t nicht in Mü3 | u – u retinenda publice pacis causa Mü3 | v – v nicht in Mar2, Nü1 q s
92 II Kor 10,8 93 Vgl. C. 2 q. 7 cc. 8.13 | (Friedberg I, 484f). | 94 Augustinus, Ad catholicos fratres XI, 28, in: PL 43, 410f (CSEL 52, 264,13f).
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die jhenige, so den Bischoffen diese macht geben, ziehen an die wort Christi: „Ich habe euch noch viel zu sagen. Aber ihr könt es [JJ1r] noch nicht tragen, wenn aber der geist der warheit komen wirt, der wirt euch leiten zu aller warheit.“252 Auch ziehen sie an der Apostel Exempel, die blut und ersticktes zu essen verpoten haben253, Ziehen an den Sabbat, der auff ein andern tag gelegt ist, denn er inn zehen geboten eingesetzt ist. Und dieses Exempel rhümen sie seer, wöllen dadurch beweisen, das sie auch macht haben, Gottes gesetz zu endern.
Aber auff diese frage thun die unsern diesen bericht, das die Bischoffe nicht gewalt haben, etwas zu ordnen odder zu gebieten, das dem heiligen Evangelio entgegen ist, wie wir droben angezeigt haben und die Canones leren, Distinct. ix.254 Nu ists wider das Evangelium, traditiones machen odder gebieten der meinung, das wir dadurch sollen Gott versunen, vergebung der sunden verdienen und fur die sunde gnugthun, denn damit wirt Christo
252
Joh 16,12–13 | 253 Vgl. Act 15,20. | 254 Vgl. Dist. 9 cc. 3.8 (Friedberg I, 17f).
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orden der kirchen diener, dan di den bischoff disen gewalt geben, ziehen dissen spruch Christir an50, Joannis am 16.: „Ich habe euch noch viel zusagen, ir aber konts itzo nicht tragen. Wenn aber der geist der warheit kommen wirt, der wirt euch in alle worheit fhuren.“ Darzu fhuren sie auch das exempel Actuum am 15.s, do sie blut und erstickts gepothent haben. So zeugt man auch das an, das der sabath in sontag verwandelt ist worden widderu di zehen gepot, darfur sie es achten, und wirt kein exempel so harthv getrieben und angezogen als di verwandlung des sabaths, und wollen domitw erhalten, das der kirchen gewalt groß sei, dieweil sie mit den | zehen gepotten dispensirt und etwas dran verendert hat. Aber di unsern leren in disser frage also, das di bischoffen nicht macht haben, etwas wider das evangelium zusezen und auffzurichten, wie dan obangezeigt ist, und di geistlichen recht durch di ganze neunte distinction leren. Nu ist dis offetlich wider gots befelch und wortx, der meynung gesetz zumachen odery zugebieten, dasz man dadurch vor die sunde gnug thu und gnade erlange. Dan es wirt di ehr des verdienstsa Christi verlestert, wan
condendi. Hoc ius qui tribuunt Episcopis, allegant testimonium: Adhuc multa habeo vobis dicere, sed non potestis portare modo. Cum autem venerit ille spiritus veritatis, docebit vos omnem veritatem.95 Allegant etiam exemplum Apostolorum, qui prohibuerunt abstinere a sanguine et suffocato96. Allegantw sabbatum mutatum in diem Dominicum contra Decalogum ut videtur. Nec ullum exemplum magis iactatur quam mutatio sabbati. Magnam contendunt Ecclesiae potestatem esse, quod dispensaverit de praecepto Decalogi.
r nicht in Lü | s 5. Lü | t verbothen Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W | u wie Wü v hoch Co, Ha, Lü, Nü2, M30W; nicht in Wü | w darumb Ha | x wirt Do, Wü; leret Lü | y und M30W | z dan Lü | a danach: Jesu Ha
τ – τ W42R: s. QuM I, 213,1–218,15 [Quoties autem de hoc loco ... imponentes iugum etc.] υ – υ nicht in Ber | φ – φ mereamur remissionem peccatorum et satisfaciamus pro peccatis Ber, A35W, W40R
50
heran
Sed de hacx quaestione nostri sic docent, quod Episcopi non habenty potestatem υstatuendiz aliquidυ contra Evangelium, ut supra ostensum est. aDocent idema Canones ix. Distin.b 97 Porro contra scripturam est tra[F4r]ditiones condere caut exigerec, ut per eamd observationem φsatis faciamus pro peccatis aut mereamur egratiam fet iustitiamf e φ. τ
w allegatur Mü3 | x nicht in Mü3 | y habeant Mar2, Mü3, Nü1 | z constituendi Mü3, Nü1 a – a et fatentur id Mü3 | b danach: per totum Mar2, Mü 3, Nü1 | c – c nicht in Mü3 | d earum Mar2, Mü3, Nü1 | e – e iustificari Mü3 f – f nicht in Mar2, Nü1
95 Joh 16,12f | 96 Vgl. Act 15,20. | Dist. 9 cc. 3.8 (Friedberg I, 17f).
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seine gebürende ehr genomen und diesen wercken, von menschen erticht, zugeeignet. Nu ist am tage, das aus dieser meinung traditiones inn der kirchen fur und fur gemacht und geheufft sind, und ist dadurch untertrückt die lere vom glauben an Christum, das man one verdienst umb Christus willen vergebung der sunden erlange und das wir gerecht geschetzet werden durch glauben. Dagegen hat man fasten, feier, gnugthuung, heiligen dienst und der gleichen fur und fur mehr gemacht, das man dadurch wolt vergebung der sunden verdienen.
Und ist ein gemeiner255 irthumb gewesen, das im [JJ1v] neuen Testament müsse ein solcher eusserlicher Gottes dienst sein mit gesetzten tagen, speis,
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allgemeiner, verbreiteter
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wir uns mit solichen sazungen gnade zuverdienen underwinnen51.
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Es ist auch am tage, das umb disser meynung willen in der christenheit menschliche aufsazung unzelich uberhandt genommen haben und b cin desc dib lere vom glauben und di gerechttigkeit des glaubens gar underdrukt istd gewesen. Man hat teglich neue feier tage, neue fasten gepotene, neue ceremonien und neue eherf erbietung der heiligen eingesezt, mit solichen wercken gnade und alles gut bei Got zu verdienen. Item, dig mentschliche sazung uffrichten, thun auch domit wider Gots gebot, das sieh sunde sezen in der speise, in tagen und dergleichen dingen und beschweren also die christenheit mit der knechtschafft des gesezs, eben als muste bei den christen ein solicher gots dienst sein, Gottesi gnade zuverdienen, der gleichen were dem levitischen gots dienst, wilchen Got soltj den aposteln und bischoffen
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Leditur enim gloria meriti Christi, cum talibus observationibus gconamur mereriχ iustificationemg. Constat autem propter hanc persuasionem in Ecclesia pene in infinitum crevisse traditiones, oppressa interim doctrina de fide et iustitia fidei, quia subinde plures feriae factae sunt, ieiunia indicta, ceremoniae novae, hnovi honores sanctorumh instituti sunti, quia arbitrabantur se autores talium rerum his operibus mereri gratiamψ. Sic olim creverunt Canones poenitentiales, quorum adhucj in satisfactionibus vestigia quaedam videmus.98 ωItem autores traditionum faciunt contra mandatum Dei, cum collocant peccatum in cibis, in diebus et similibus rebus et onerant Ecclesiam servitute legis, quasi oporteat apud Christianos ad promerendam iustificationem cultum esse similem Levitico, cuius ordinationem commiserit Deusk Apostolis et Episcopis, sic enim scribunt quidam. Et videntur Pontifices
g – g iustificari nos (darüber: non) sentimus Mü3 | h – h ordines novi Mü3 | i nicht in Mü3 j nicht in Mü3 | k nicht in Mü3 χ danach: remissionem peccatorum et Ber, A35W, W40R | ψ remissionem peccatorum et iustificationem Ber, A35W, W40R ω – ω W40R: s. QuM I, 164,3–10 [Item plerique ... non posse existere]; so auch Ber, A35W
der Ha | nicht in Wü | nicht in Co | e gepete und Lü | f nicht in Ha g danach: so M30W | h die Lü | i nicht in Lü | j so Co b–b
51
anmaßen
c–c
d
98 Canones poenitentiales umfassen sowohl im CIC enthaltene als auch darüber hinausgehende Rechtssätze zum Thema Buße. Im Mittelalter wurden so zahlreiche und vielfältige Kataloge solcher Sätze zusammengestellt, dass für diese Stelle kein exakter Bezug nachweisbar ist.
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opffern wie im gesetz Moisi, und das Christus den Aposteln und Bischoffen sol befolhen haben, solche Ceremonias also zuordnen, das sie Gotts dienst sein solten und nötig, das one sie niemand Christen sein solt und das Christliche heiligkeit ein solch eusserlich wesen were. Daher hat man die gewissen beschwert, Das solten eitel todsund sein, verbotene speis essen, horas Canonicas256 unterlassen, nicht alle sund erzelen inn der beicht, und sind dieser todsund so viel, das noch kein summa257 so gros geschrieben, darinn sie alle zusamen gebracht sind.
Woher haben die Bischoffe diese macht, die kirchen und gewissen also zubeschweren, so doch viel klarer sprüch verbieten, traditiones zu machen als Gottes dienst und nützlich, zuverdienen vergebung der sunden, odder als
256 die 7 Tagzeitengebete | 257 „Summa“ wurde in der Scholastik zum Fachbegriff für die geordnete Darstellung eines Wissensgebietes (z.B. „Summa theologiae“ des Thomas von Aquin).
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befolen aufftzurichten, wie dan etliche davon schreiben. Stehtk auch wol zuglauben, das etliche bischoff mit dem | exempel ldes gesezl Moisi seint bedrogen worth, daher so unzeliche satzung kommen sein, das ein dodt sundem sein soll, wan man an feiertagen ein handt arbeit thut, auchn on ergernus der andern; daso ein todtsunde seip, wan man di sieben zeide nachlest; das etlich speise das gewissen vorunreinigen; dasq fasten ein solich werck sei, domit man Got versune; dasr die sunde in einem furbehalten falh werde nicht vergeben, man ersuche dan zuvor den furbehalter des fals, unangesehen, das di geistlichen recht nicht von ders vorbehalttung tder schultu, sonder von vorbehalttungt der kirchen banv redden. Woher haben danw di bischoffe recht undx macht, soliche auffsetz der christenheit auffzulegen, di gewissen zuverstricken? Dan sanct Peter verbeut in geschichten der aposteln am 15., das joch uff der junger hels zulegen. Und ysanct Pauely sagt za zu den Corintherna,
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aliqua ex parte exemplo legis Mosaicae decepti esse.ω Hinc sunt illa onera, αquod peccatum mortale sit | etiam sine offensione aliorum in feriis laborare manibus,α quod sit peccatum mortale omittere horas Canonicas, quod certi cibi polluantl conscientiam, quod ieiuniam βsint opera placantia Deumβ, quod peccatum in casu reservato non possit remitti, nisi accesserit autoritas reservantis, cum quidemn ipsi Canoneso γnon de reservatione culpae, sed pde reservationep poenae Ecclesiasticae loquantur.γ 99
Unde habent ius Episcopi hasq traditiones imponendi Ecclesiis ad illaqueandasδ conscientias? εCum [F4v] Petrus vetet imponere iugum discipulis100, cum Paulus dicat potestatem ipsisr datam esse ad aedificationem, non ad destrucl polluent Mü3 | m danach: non nature sed afflictiva Mar2, Mü3, Nü1 | n nicht in Mar2, Mü3, Nü1 | o danach: hic Mü3 | p – p nicht in Mü3 | q tales Mü3 | r nicht in Mü3
nicht in Ber, A35W, W40R | β – β mereantur remissionem peccatorum, quod sint necessaria ad iustitiam novi testamenti Ber, A35W, W40R | γ – γ tantum de reservatione poenae canonicae loquantur, non de reservatione culpae Ber, A35W, W40R | δ gravandas Ber, A35W, W40R | ε – ε nicht in Ber, A35W, W40R α–α
l – l nicht in M30W davor: Es Lü | nicht in Co | n nicht in M30W | o danach: es Co | p nicht in Lü | q als M30W r da Ha s nicht in Ha, Wü, M30W | t – t nicht in Ha | u danach: schuld Nü2 v peen Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W w nicht in Ha | x von oben eingewiesen y – y nicht in Lü | z – z nicht in Lü | a – a nicht in Co k
m
Vgl. X.5.39 (Friedberg II, 889-913); Extrav. Comm. 5.9 (Friedberg II, 1303– 1309), bes. 5.9.3. | 100 Vgl. Act 15,10. 99
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nötige stück zur seligkeit? Paulus spricht zun Colossern: „Niemand sol euch richten inn speis, tranck, feiertagen etc.“258 Item: „So ihr mit Christo den eusserlichen ordnungen abgestorben seid, warumb macht ihr widderumb gesetz? nemlich, das solt nicht angreiffen, das solt nicht kosten, das solt nicht anrüren, so doch alle diese stück sich verzeren unter den henden und sind menschen gepot, die nür ein schein haben der weisheit.“259 Item zu Tito: „Ihr solt nicht acht geben auff Jüdische fabeln und menschen gepot, die die warheit nicht annemen“260, und Christus Matthei xv. [JJ2r] verwirfft solche Gotts
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Kol 2,16 | 259 Kol 2,20–23 | 260 Tit 1,14
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das inenb der gewaltz zu bessern und nicht zuverderben geben sei. Warumb mheren sie danc di sunded mit solichen auffsezen? Doch hat man helle spruch der gotlichen schrifft, di do verbieten, solich aufsetz auftzurichten, Gotes gnade domit zuverdienen, oder als solte sie von noten zur seligkeit sein. Soe sagt sanct Paulus zun Colossern am andern: „So last nun niemant euch gewissen machen uber speise oderf uber dranck oder uber bestimpte tagen, nemlich den feiertagen oderg neu monden oder sabathh.“ Item: „So ir dan nu | gestorben seit mit Christo von den weltlichen satzungen, was last ir euch dan faheni 52 mit sazungen, als weret ir nochj lebendig kin der weltk, di do sagen, du solt das nicht anruren, du solt das nicht essen nochl trincken, du solt das nicht anlegen, welchs sich doch alles under handen verzert und seintm menschen gebot und lere und haben der weisheit ein schein.“ Item sanctn Pauel zu Tito am ersten verpeut offettlich, man sol nicht achten auff judische fabeln und menschen gebot, wilche di warheit abwenthen. So redet aucho Christus selbst Mathei am
tionem101. Cur igiturs augent peccata per hast traditiones? ε ζVerum extantζ clara testimonia, quae prohibent condere talesu traditiones ηad vpromerendam gratiam aut tanquam necessariasη ad salutem. Paulusw Colos. ii.: Nemo vos iudicet in cibo, potu, parte diei festi, novilunio aut sabbatis.102 Item: Si mortui estis cum Christo ab elementis mundi, quare tanquam viventes in mundo decreta facitis? Non attingas, non gustes, non contrectes, quae omnia pereunt usu et sunt mandata et doctrinae hominum, quae habent speciem | sapientiae.103 Itemx ad Titumy zaperte prohibet traditionesz: Non attendentesa Iudaicis fabulis et mandatis hominum aver-
den schelmen M30W | c nicht in Ha summe M30W | e nicht in Ha | f und M30W | g nicht in Co, Lü | h danach: welcher ist der schatten von dem, das zukunpftig ware, aber der corpor ist in Christo Wü | i fangen Wü | j nicht in Co, Ha, Lü, Wü, M30W; von oben eingewiesen k – k nicht in Co, Ha, Lü, Wü, M30W; vom Rand eingewiesen | l nicht M30W | m danach: mit Lü | n nicht in Ha | o nicht in Lü
nicht in Mü3 | t tales Mü3 | u nicht in Mü3 placandum deum Mü3 | w nicht in Mü3 x nicht in Mü3 | y danach: 1. Mü3 | z – z nicht in Mü3 | a attendas Mü3
b
d
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fangen
s
v
ζ – ζ Extant enim Ber, A35W, W40R | η – η vel ad promerendam remissionem peccatorum vel tanquam necessarias ad iustitiam novi testamenti, aut Ber, A35W, W40R
Vgl. II Kor 10,8. | 2,20–23
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Kol 2,16 |
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Kol
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dienst, sagt, es sind unnütze Gotts dienst und nennet die blinde und blindenfürer, so aus diesen dingen Gotts dienst machen, und spricht, man sol sie faren lassen261.
So die Bischoffe macht haben, solche Gotts dienst zu machen und zu gebieten und gewissen zu beschweren: Warumb verbeut die schrifft diese Gotts dienst und nennet sie Doctrinas demoniorum, Teuffels lere262? Der heilige geist hat uns ja nicht vergeblich also verwarnet?
Darumb folget, Nach dem menschen gepot, so mans gebeut, vergebung der sunden zuverdienen oder nötige Gotts dienst daraus zu machen, dem Evangelio entgegen sind, das Bischoffe nicht macht haben, solche traditiones zu gebieten. Denn man mus inn der kirchen diesen furnemsten Artickel des Evangelii rein und klar behalten, das wir nicht vergebung der sunde verdienen durch unser werck, Werden auch nicht gerecht geschetzet von wegen unser erweleten Gotts dienst, sondern umb Christus willen durch glauben. Weiter mus man auch diese lere wissen und behalten, das im neuen Testa-
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Vgl. Mt 15,14. | 262 Vgl. I Tim 4,1–3.
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15.p von denen, soq di leuth uf menschen gepot dreiben: „Last sie fharen, sie seint der plinden plindenr leiders“, und verwirfft soliche gots dienst und sagt: „Alle tpflantzen, dit mein himelischer vatter nichtu gepflantzt hat, werden außereuth.“ So nunv di bischoffen macht haben, die kirchen mit unzelichen aufsezen zubeschweren und di gewissen zubestricken, warumb verbeut dan di gotliche schrifft wso offtw, di menschliche auffsetz zumachen und zuhoren? Warumb nentenx sie dieselbe teuffels lere? Solt dany der Heiligk Geist solichs alles vergeblich verwarnetz haben? Derhalben dieweil soliche ordenung als notig auffgerichta, damit Got zuversunen und gnade zuverdienen, dem evangelio entgegen seint, so zimbt sich keins wegen den bischoffen, soliche gots dienst zuertzwingen; dan man mus in der christenheit die lere von der christlichen freiheit behalten, als nemlich, das di knechschafft des gesezb nit notig ist zu rechtfertigung, wie danc sanctd Pauel zun Gal. schreibt am 5.: | „e fSo bestehet nu in der freiheitf, damit uns Christus befreiet hat, und last euch nit widderumb in das knechtische joch danach: ca. M30W | ob sie Lü | nicht in Co, Ha; vom Rand eingewiesen | s danach: odder fürer M30W | t – t Pflantzung, so M30W | u eingefügt | v nicht in Ha w – w nicht in Co x nennet er M30W | y nicht in M30W | z vor gewarnet M30W a danach: und Ha b danach: das Lü | c nicht in Lü | d nicht in Ha | e – e So besteet nun ir aus der freyhait Christi. Ha f – f nicht in M30W p
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santium veritatem.104 Etb Christus Matthei xv. inquit de his, qui exigunt traditiones: Sinite illos, caeci sunt et duces caecorum.105 Et improbat tales cultus: Omnis plantatio, quam non plantavit pater meus coelestisc, eradicabitur.106 Si ius habent Episcopi onerandi Ecclesias infinitise traditionibus fet illaqueandif conscientias, cur toties prohibet scriptura gcondere et audireg traditiones; cur vocat eas doctrinas daemoniorum107? Numh frustra haeci praemonuit spiritus sanctusj? d e
Relinquitur igitur, cum ordinationes institutae tanquam necessariae aut cum opinione promerendae gratiaek θ pugnent cum Evangelio, quod non liceat ullisl Episcopis tales cultus instituere autm exigere. Necesse est enim in Ecclesiis retineri doctrinam de libertate Christiana, quod non sit necessaria servitus legis ad iustificationem, sicut [F5r] in Galatis scriptum est: | Nolite iterum iugo servitutis subi-
b nicht in Mü3 | c nicht in Mü3 | d – d in Mü3 zwischen dem 22. und 23. Art., dem folgen die Verweise zu Mü3 | e – e talibus Mü3 | f – f nicht in Mü3 | g – g nicht in Mü3 | h non Mü3 i nicht in Mar2 | j nicht in Nü1 | k iustificationis Mü3 | l nicht in Mü3 | m danach: tamquam necessarios Mü3 θ
remissionis peccatorum Ber, A35W, W40R
104 107
Tit 1,14 | 105 Mt 15,14 | Vgl. I Tim 4,1–3.
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ment kein solcher Gotts dienst mit gesatzter speis und kleidung und der gleichen not ist wie im gesetz Moisi Und das niemand die kirch sol beschweren und sunde machen inn solchen stücken. Denn also spricht Paulus zun Galatern v.: „Ihr solt euch nicht widderumb unter das joch der knechtschafft dringen lassen.“263
Aber von feier und andern kirchen ordnun[JJ2v]gen sol man also halten, das Bischoffe oder Pfarher mögen ordnung machen, nicht das es Gotts dienst sind odder vergebung der sunde verdienen, sondern umb eusserlicher zucht willen, das es ordenlich und friedlich inn kirchen zugehe, und sollen die Bischoffe solch ordenung nicht auff die kirchen legen als nötig ding zur seligkeit und die gewissen zu beschweren und sunde machen, so mans ausser des fals der ergernus nicht heltet. Also hat Paulus geordnet, das die weiber sollen ihre heubt bedecken inn der kirchen264. Item, Das die, so die schrifft auslegen, unter sich ein ordnung halten265.
Solche ordnung sollen die kirchen umb frides willen halten, damit keiner den andern erger und das ordentlich zugehe, nicht das die gewissen beschwert
263
Gal 5,1 | 264 Vgl. I Kor 11,4–10. | 265 Vgl. I Kor 14,26–40.
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verknupfen.e“ Dan es muß jeg der furnemst artickel des evangeliums erhalten werth, das wirh die gnade Gottes durch den glauben an Christum on unser verdienst erlangeni und nicht durch gotesj dienst, von menschen eingesetzt, verdienen. Was sol man dan halten von sontag und dergleichen andern kirchen ordnungen und ceremonien? Darzu geben di unsern diese antwort, das di bischoffen oder pfarher mogen ordnung machen, domit es ordentlich in der kirchen zugehet, nicht domit Gotsk gnade zuerlangen, auch nicht domit fur di sund gnug zu thun oder di gewissen domit zuverplinthnl, solichs vor notige gots dienst zuhalten und esm dafur zuachten, das sien sunde theten, owan sieo dieselben on ergernusp prechen. Also hat sanct Paululs zun Corinthern verordenet, das diq weiber in der versamblunge rire heupterr sollen decken, item das di prediger in der versamlung nicht zu gleich alle reden, sonder ordentlich einer nach dem andern. Soliche ordenung gepurt der christlichen versamblung umb der libe unds fridens willen zuhalten und den bischoffen und pfarhern in dissen gefellen gehorsam zusein
ici.108 Necesse est retineri praecipuum Evangelii locum, quod gratiamι per fidem in Christum gratisn consequamur, non propter certas observationes aut propter cultus ab hominibus institutos. Quid igitur sentiendum est de die Dominico et similibus ritibus templorum? Ad ohaec respondento, quod liceat Episcopis seu pastoribus facere ordinationes, ut res ordine geranturp in Ecclesia, non ut per qillas mereamur gratiamκ autq satis faciamus pro peccatis aut obligentur conscientiae, utr iudicent esse necessarios cultus sac sentiant se peccare, cum sine offensione aliorum violants. Sic Paulus ordinat, ut in congregatione mulieres velent capita109, ut ordine audiantur in Ecclesia interpretes etc.110
Tales ordinationes convenit Ecclesias propter caritatem et tranquillitatem servare eatenus, ne alius alium offendatt, ut ordine et sine t
nicht in Mü3 | o – o hoc respondetur Mü3 geratur Mü3 | q – q eas Mü3 | r aut Mü3 s – s nicht in Mü3 | t – t Talibus ordinationibus querit ecclesias propter tranquillitatem obtemperare easque servare eatenus ne alii offendant alios, sed Mü3 n p
g nicht in Ha | h korr. aus: durch | i nicht in Ha | j nicht in Wü | k nicht in Ha l zuvorbinden Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W | m nicht in Lü | n die Lü, M30W o – o wens Lü | p danach: der andern Ha q nicht in Lü | r – r nicht in Co | s danach: des Wü
remissionem peccatorum et iustificationem Ber, A35W, W40R | κ remissionem peccatorum Ber, A35W, W40R
ι
Gal 5,1 | 109 Vgl. I Kor 11,4–10. | I Kor 14,26–40.
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werden, das sie es fur nötige Gottes dienst halten und sundigen, so sie es on ergernus unterlassen. Wie man nicht fur sunde hat, so ein weib on ergernus mit unbedecktem heubt inn der kirchen stund, Also sol man von Sontag, Ostern, Pfingsten und dergleichen ordnung halten. Denn die kirch hat den Sabbat nicht verrückt odder auffgehaben, sondern Gott hat selbst geleret, das wir im neuen Testament nicht sollen verbunden sein υzum gesetzυ Mosi. Darümb haben die Apostel den Sabbat fallen lassen, uns damit zu erinnern, das wir nicht zum gesetz Mosi verbunden sind. Und dieweil doch not ist, damit das volck wisse, wenn es zusamen komen sol, ein ge[JJ3r]wissen tag zu bestimmen, haben sie den Sontag geordnet, das man daran Gottes wort hören und lernen sol. Dergleichen sind auch Fest ordinirt266, als Weinacht, Ostern, Pfingsten etc., daran die wunderbarlichen und heilsamen Historien zu leren. So hilfft auch bestimpte zeit, das man solcher grosser ding gedechtnus fester beheltet, und ist nicht die meinung, das solche feier auff Jüdische weis müssen gehalten werden, als sey die feier an ihr selbst ein nötiger Cultus im neuen Testament, sondern sollen umb der lar willen gehalten werden.
υ–υ
zun Ceremonien W33R
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eingerichtet
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und dieselben sofer zuhalten, das einer den andern nit erger, domit in der kirchen kain unordenung oder wustes wesen sei, doch also, das di gewissen nit beschwert werden, das mans vor soliche dinge | halte, di zur seligkeit notig sein solten und es dafur achten, das siet sunde theten, wan sie dieselben an der andern ergernus brechen, wie dan niemants sagt, das das weip sunde thue, di mit blossem haupt on ergernus der leuthe außehetu. Also ist di ordenung vom sontag, von der oster feier, vonv der pfingsten und dergleichen feier und weise; dan di es dafur achten, das di ordenung vom sontagk vor den sabath als notig auffgericht sei, di irren seher, dan di heilig schrifft hat den sabath abgethan und leret, das alle ceremonien des alten gesezs nach eroffenung des evangeliums mogen nachgelassen werden; und dennoch, weilw von noethen gewestx ist, ein gewissen tag zuverordnen, uff das das volck wuste, wen es zusamen kommeny soll, hat di christlich kirchz den sontag darzu verordnet und zua disser verenderung destomehr gefallens und willens gehapt, domit di leuthe ein exempel hetten der christlichen freiheit, das man wuste, das wider di haltung des sabaths noch eins andern tags von nothen sei.
t die Lü | u ausgehet Co, Ha, Lü, Nü2, Wü, M30W | v und Wü | w viel M30W x nicht in Ha | y nicht in Wü | z nicht in Lü | a nicht in Lü
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tumultu omnia fiant in Ecclesiis. Verum ita, ne conscientiae onerentur, ut ducant resu esse necessarias ad salutem ac iudicent se peccare, cum vviolant eas sine aliorum offensionev, sicut nemo dixerit | peccare mulierem, quae in publicum non velato capite procedit, sine woffensione hominumw. Talis est observatio diei Dominici, Paschatis, Pentecostes et similium feriarum et rituum. Nam qui iudicant Ecclesiae autoritate pro sabbato institutam esse diei Dominici observationem tanquam necessariam, xlonge errantx. Scriptura λabrogavit sabbatum, yquae docety omnesλ zceremonias Mosaicas zpost revelatum Evangelium µomitti possea µ. Et tamen, quia opus erat constituere certumb diem, ut sciret populus, quando convenire deberet, apparet Ecclesiam ei rei destinasse diem Dominicum, qui ob [F5v] hanc quoque causam videtur magis placuisse, ut haberent homines exemplum Christianae libertatis et scirent nec sabbati nec alterius diei observationem necessariam esse.
u nicht in Mü3 | v – v sine scandalo violant Mü3 | w – w scandalo Mü3 | x – x non recte sentiunt Mü3 | y – y non ecclesia etiam Mü3 z – z ceremonie mosaice Mü3 | a possunt Mü3 b certam Mar2
concedit, ut observatio sabbathi nunc sit libera. Docet enim Ber, A35W, W40R µ – µ non necessarias esse Ber, A35W, W40R λ–λ
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Vor dieser zeit ist viel ungereimpter lere von verenderung des Sabbats und andern Ceremonien getrieben worden, das Christus den Aposteln und Bischove befohlen habe, Ceremonias anzurichten als Gottes dienst, nötig zur seligkeit,φ wie im alten Testament Ceremonie nötig gewesen. Dieser irthumb ist eingerissen, da man des glaubens vergessen hat und hat wollen durch solche werck verdienen, das Gott gnedig were. Darümb hat man nötig ding daraus gemacht, als wolte Gott niemand one solchen Gottes dienst zu gnaden nemen und were Christlich heiligkeit solche eusserliche werck und Ceremonie. Und sind die gewissen damit also geengstiget worden, das sie viel mehr mit diesen unnötigen dingen zuthun gehabt denn mit Gottes gepoten, wie Gerson mit klaren worten klaget267. Und wiewol etliche Doctores linderung und Epiikias268 gesucht haben, kan dennoch das gewissen nicht aus den stricken ko[JJ3v]men, so lang es solche ding fur nötige Gottes dienst
φ
danach: oder W33R
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bei Gerson häufiger; vgl. o. S. 154, Anm. 171. | 268 Milderung
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Es seint vil unrichtige disputation von der verwandlungb des gesezs, van den ceremonien des neuen testaments, von der veranderung des sabaths, wilche alle entsprungen sein aus falschen und irrigen meynung, als cmust manc in der christenheit ein solichen gots dienst haben, der den levitischen oder juddischen gots dienst gemeß were, und als solt Christus den aposteln und bischoffen befolen haben, neue ceremonien zuerdenkend, die zur seligkeit notig weren. Dieselben irthumb haben sich in di christenheit eingeflochten, do man di gerechtigkeit des glaubens nicht lauter und rhein gelert und gepredigt hat. Etliche disputiren alsoe vom sontage, das manf halten muße, wie|wol nicht aus gotlichen rechten, gdennoch schier als viel als aus gotlichem rechten,g stellen form und maß, wie ferne man amh feiertage erbeiten muge. Was seint aber soliche disputationi anderst dan falhj strick der gewissen? Dank wiewol sie sich understehen, menschliche auf setz zulindern lund epiceyesern53 l, so kan man doch kein mepiceyan 54 oderm linderungo treffen, solange di meynung steht und pleibt, als solten sie vonnoten sein. Nun muß dieselbige meynunge pleiben, wan man nichts verwaltung Wü | c – c korr. aus: misstannt zuverordnen Lü | e nicht in Ha | f danach: in M30W | g – g nicht in Ha | h ain i Distinctiones M30W Wü, M30W | j falsche Lü | k Wann Wü | l – l nicht in Ha, M30W | m – m nicht in Ha | n billigkeit M30W | o enderung Lü
Extant prodigiosae disputationes de mutatione legis, de ceremoniis novae legis, de mutatione sabbati, quae omnes ortae sunt ex falsa persuasione, quod oporteat in Ecclesia cultum esse similem Levitico Et quodν Christus comiserit Apostolis et Episcopis excogitare novas ceremonias, quae sint ad salutem necessariae. Hi errores serpserunt in Ecclesiam, cum iustitia fidei non satis clarec doceretur. Aliqui disputant diei Dominici observationem non quidem iuris divini esse, sed quasi iuris divini praescribunt de feriis, quatenus liceat operari. Huiusmodi disputationes quid sunt aliud nisid laquei conscientiarum? Quanquam enim conentur epikeizare | traditiones, tamen nunquam potest aequitas deprehendi, donec manet opinio necessitatis, quam manere necesse
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zu mildern |
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Milderung
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nicht in Mü3 | d quam Mü3
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cum Ber
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heltet, dadurch man mus fur Gott gerecht werden und one die man nicht könne gerecht werden. Die Apostel haben verboten, blut und ersticktes zu essen269, das heltet man itzund270 nicht mehr und wird dieses verbot one sund gebrochen. Denn die Apostel haben die gewissen nicht wollen beschweren und ein nötig ding zur seligkeit aus dieser Ceremonia machen und sund machen, wer es nicht hielt, Sondern haben umb ergernus willen der schwachen Jüden diese ordnung auff ein zeit gemacht. Denn man musse gegen diesem verbot andere sprüch der schrifft und der Apostel meinung halten. Man helt wenig Canones, wie sie lauten, und sind viel mit der zeitχ abgangen, als Canones poenitenciales271. So man nu dieses alles fur nötig ding halten solt, wilche beschwerung der gewissen würde daraus folgen? Darümb ist not, die gewissen zu unterrichten, das man traditiones so fern halte, ergernus zuvermeiden, und das man ausserhalb der ergernus nicht sunde mach inn dingen, die das Evangelium frey haben will.
Es möchten auch die Bischove ihr gewönlich obedientz272 leichtlich erhalten, so sie nicht auff etliche traditiones drüngen, die one sund nicht mögen gehal-
χ
danach: selbst W33R
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Vgl. Act 15,20. | 270 jetzt | 271 Bußbestimmungen | 272 Gehorsam
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weiß von der gerechtigkeit des glaubens und von der christlichen freiheit. Die aposteln haben geheisth, man soll sich enthalten des bluts und erstickten. Were helts aber iztp? Aber dennocht thun di kein sunde, di es nit halten. Dan di aposteln haben auch selbst di gewissen nicht wollen beschweren mit solichen knechtschaft, sonder habens umb ergernuß willen ein tzeitlangk verpotten. Dan man mußq achtung habenr in disser sazung auf das heuptstuck christlicher lere, das durch diss decrett nicht aufgehoben wirtt. Man helt schier kein alten canones, wie usie lautenu. Es fallen auch derselben sazung deglich viel wegk, auch bei denen, die soliche aufsez auffsv allerw vleissigst halten. Do kan man den gewissen nicht rathen noch helffen, wo disse linderung nicht gehalten wirtt, das wir wissenx , soliche aufsez also zuhalten, das mans nicht dafur achte, das sie notig sein, das auchy den gewissen unschedlich sei, woz gleich soliche auffsez fallen. Es wurden aber di bischoff leichtlich aden gehorsama erhalten, wo sie nicht drauff trungen, di jenigen satzungen zuhalten, so doch on sunde nichtb mugen gehalten werden. Itzt aber thun sie ein dinck und verbiten beide gestalt des
nicht in Lü | q nicht in Wü | r nicht in Lü | s nicht in Ha | t dannoch Lü u – u die Leviten M30W | v nicht in Wü, M30W | w nicht in Ha | x lassen Wü y nicht in Ha | z ab Lü, Wü | a – a die gehorsamen M30W | b nicht in Ha p
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este, ubi ignorantur iustitia fidei et libertas Christiana. Apostoli iusserunt abstinere a sanguine111, quis nunc observat? neque tamen peccantf, qui non observantg, quia ne ipsi quidem Apostoli voluerunt onerare conscientias tali servitute, sed ad tempus prohibuerunt propter scandalum. Est enim perpetua voluntas Evangelii consideranda in decreto. Vix ulli Canones servantur accurate et multih quotidiei exolescunt apud illos etiam, qui diligentissimej defendunt traditiones. Nec potest conscientiis consuli, nisi haec aequitas servetur, ut sciamus eosk sine opinione necessitatis servari nec ledi conscientias, etiamsi ltraditiones exolescantl.
Facile autem possent Episcopi legitimam oboedientiam retinere, si non urgerent servarem traditiones, quae [F6r] bona conscientia
e nicht in Mü3 | f peccat Mü3 | g observat Mü3 | h multe Mü3 | i quidem Nü1 | j nicht in Mü3 | k eas Mar2, Nü1 | l – l quid mutet usus hominum in re tali Mü3 | m servari Mü3 111
Vgl. Act 15,20.
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ten werden. Denn inn dieser sach wird inn keinen weg gesucht, den Bischoven ihre herligkeit odder gewalt zunemen. Aber sie solten auch ihre gewalt zu besserung und nicht zu ver[JJ4r]derbung der armen gewissen brauchen und rechte lar nicht verhindern und unbilliche273 ψ traditiones lindern und relaxirn274, wie denn zum offtermal traditiones inn der kirchen von wegen gelegenheit der leufft und zeit geendert sind, wie ein jder verstendiger inn Canonibus sehen kan. Wo man aber dieses bey den Bischoven nicht erlangen mage, so müsse man wissen, das man Gott mehr denn den menschen gehor-
ψ
billiche W33R
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unrechtmäßig, was sich nicht gehört | 274 erlassen
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heiligenc sacraments, item den geistlichen den ehestandt, nemen | niemants uf, er thue dan zuvor ein eydt, er welle disse lere, so doch on zweiffel dem heiligend evangelio gemeß eistf, nicht predigen. Unsere kirchen gbegeren nichtg, das di bischoffen mit nachteil irer eher und wirden widderumb frieden und einigkeit machen, wiewol solichs den bischoffen in der noth auch zuthun gepuret. Allein bitten sie darumb, das die bischoffen ettliche unpillicheh 55 beschwerung nachlassen, die doch vortzeiten auch in der kirchen nicht gewesene und angenomen sein widder den brauch der christlichen gemeinen56 kirchen, wilche villeicht im anhebeni 57 ettlich ursachen gehabt, aber sie reimen sich nicht zu unsern zeiten. So istsj auchk unleuckbar, das ettliche sazung aus unverstandt angenomen sein. Darumbl solten dim bischoffen der gutigkeit sein, dieselbige satzungn zumildern, seitenmal58 ein soliche enderung nichts schadt, odi einigkeit dero christlichen pkirchen zuerhaltenp. Dan viel satzungen, von menschen auffkomen, seint mit der zeit selbst gefallen und nit notig zuhalten, wie di bebstliche recht selbst zeugenq.
d nicht in Ha, Lü nicht in Ha, Lü | nicht in Wü | f nicht in Co | g – g bitten nicht darumb Ha | h und billich M30W i haben Wü | j ist M30W | k nicht in Wü l darinn M30W | m nicht in Lü | n nicht in Lü | o – o nicht in M30W | p – p lieb zu enthalten Ha | q zaigen Ha
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servarin non possunt. Nunc imperant coelibatum, nullos recipiunt, nisi iurent se puram Evangelii doctrinam nolle docere. Non petunt Ecclesiaeo, | ut Episcopi honoris sui iactura sarciant concordiam, quod tamen decebatp bonos pastores facere. Tantum petunt, ut iniusta onera remittant, quae nova sunt et praeter consuetudinem Ecclesiae catholicae recepta. Fortassis initio quaedamq constitutionesr habuerunt probabiles causas, quae tamen posterioribus temporibus non congruunt. Apparet etiam quasdam errore receptas esse, quare Pontificiaes clementiae esset illas nunc mitigare, quia talis mutatio non labefacit Ecclesiae unitatem. Multae enim traditiones humanaed ttempore mutatae sunt, ut ostendunt ipsiu Canones. Quod si non potest impetrariv, ut relaxentur ob-
c
e–e
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unrechtmäßig, was sich nicht gehört allgemeinen | 57 anfangen | 58 zumal
o danach: nostre Mü3 servare Mü3 | docebat Mü3 | q nicht in Mü3 | r davor: ille s episcoporum Mü3 | t – t in Mü3 unmittelbar anschließend an S. 207, Z. 7, dem folgen die Verweise zu Mü3 | u ipse Mü3 | v nicht in Mü3 n p
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sam sein solle275, und werden die Bischove Gott rechenschafft fur die spaltung, so durch ihr hartigkeit inn der kirchen anhangt, geben müssen.
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vgl. Act 5,29.
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Kans aberr yes nicht sein, est auch bei inen nicht zuerhalten, das man soliche menschliche satzung messige und abthue, wilche man on sunde nicht kan halten, so mussen wiru der aposteln regelv fulgen, di uns gepeut, wir sollen Gott mher gehorsam sein dan den menschen. Sanct Peter verbeut den bischoffen di herschafft59, als hetten siew gewalt, die kirchen, wortzu sie wolten, zutzwingen. Ytzt ghet man nicht domit umb, wie man den bischoffen iren gewalt60 neme, sondern man bit und begert, sie wolten di gewissen nicht zu sunden zwingen. Wanx sie aber solichsy nit | thun wurden und disse bit verachten, so mugenz sie gedencken, wie sie derhalben vor Got werdena antwort geben mussenb, dieweil sie mit solicher irer harttigkeit ursach geben zuspalttung undc ddas scisma61 d, das sie doch pilliche 62 solten verhueten helffen.f
nicht in Wü, M30W | s nicht in M30W danach: ist Co, Lü; davor: oder ist Ha; nicht in M30W | u mit M30W | v rede Wü w danach: nit Ha | x Wohe Wü | y das M30W | z mussen Ha | a nicht in Lü b nicht in M30W | c nicht in Lü | d – d zertrennung M30W | e nicht in Ha | f danach: Amen M30W
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servationes, quae sine peccato non possunt praestari, oportet nos regulam Apostolicam sequi, quae praecipit Deo magis oboedire quam hominibus.112 t
Petrus vetat Episcopos dominari et xEcclesiis imperarex.113 Nunc non idy agitur, ut dominatio eripiatur Episcopis, sed hoc unum petitur, ut patiantur Evangelium pure doceri et relaxent paucas quasdam observationes, quae sine peccato servari non possunt. Quod si nihil | remiserint, ipsi viderint, quo modo Deo rationem reddituri sint, quod pertinacia suaz causam schismati praebent.τ e c w
r t
I Petr 5,3 | 60 Macht | 61 Kirchenspaltung | 62 rechtmäßig, was sich gehört
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w – e nicht in Mü3 | x – x ecclesias cogere Mar2, Nü1 | y nicht in Mar2, Nü1 | z nicht in Nü1 112
Act 5,29 | 113 Vgl. I Petr 5,3.
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Wir haben die fürnemlichen artikel unser gantzen lar erzelet, wiewol aber etliche mehr misbreuch anzuzihen gewesen, als von Indulgentien276, von walfarten, von misbrauch des Bannes, wie unruge in Pfarren durch Mönche und Stationarios277 an vielen orten angericht wird. Diese und der gleiche stück haben wir fallen lassen, denn was wir davon halten, ist leichtlich aus den erzeleten Artikel abzunemen. Wir haben auch niemand mit dieser schrifft zu schmehen gedacht, sondern allein unser bekentnus gethan, daraus meniglich278 erkennen mag, das wir in der lar und Ceremonien nicht halten
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Ablässen | 277 Almosenprediger, Ablassprediger | 278 jedermann
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Dis seindt die vornembsten artickel, di itzti fur streitigj geacht werthn, dan wiewol man vielmeherk mispreuch und un|rechtigkeit hett lanziehen konnenl, so haben wir doch, di weitleuffigkeit und lenge zuverhueten, allein di vornembsten vermeldet, daraus di andern leichtlich zuermessen. Dan man hatm in vortzeiten seer geclagt uber den aplaß, uber walfarten, uber mißprauch des bannes. Es hetten auch di pfarrer unentliche gezenck mit den munchenn von wegen des beichthorens, des begribniß, dero leichpredigtenp und unzelicher anderer stuck mher. Solichs alles haben wir imq besten undr umb glimpfs63 willen ubergangen, domit man die vornemste stuck in diser sach desterbaß64 vermircken mocht. Dafur sols auch nicht gehalten werden, das in dem ymants ichts65 zu haß unds ungelimpf66 geredt oder angezogen67 sei, sonder wir haben allein di stuck erzelt, di wirt fur notig antzutziehen und zuvermelden geacht haben, damit man daraus desterbaß68 zuvernemen habe, das bei uns nichts, wederu mit der lere noch nicht in Ha | h nicht in Wü | i nicht in Wü | j notig Lü | k viel M30W | l – l möm nicht in Wü gen anzeigen M30W | n Münichschelmen M30W o ler Lü | p bei predigten Co, Lü, Nü2, Wü; predigen M30W | q am Lü | r nicht in M30W s widder oder Wü t nicht in Wü | u wieder Co
Epilogusb
Hi sunt praecipui articulic, qui videntur habere controversiam, quanquam enim de pluribus abusibus | dici poterat, tamen, dut fugeremus prolixitatemd, praecipua complexi sumus, eex quibus caetera facile iudicari possunte. Magnae querelae fuerunt de indulgentiis, de peregrinationibus, de abusu excomunicationis Parochiae mul[F6v] tipliciter vexabantur per statio narios. Infinitae contentiones erantf pastoribus cum Monachis de iure parochiali, de confessionibus, de sepulturis, gde extra ordinariis contionibus et deg aliis innumerabilibus rebus. Huiusmodi negotia praetermisimus, ut illa, quae sunt in hac causa praecipua, breviter proposita facilius cognosci possent. Neque hich quicquam ad ullius contumeliam dictum aut collectum est. Tantum ea recitata sunt, quae videbantur necessario dicenda esse, c
g–g
Anstandes | 64 umso besser | 65 (irgend)etwas | 66 Beschuldigung | 67 herangezogen | 68 umso besser 63
b nicht in Mü3 nicht in Mar1, Na | Recensuimus precipuos articulos Mü3 d – d fugiendi prolixitatis causa Mü3 e – e nicht in Mü3 | f fuerant Mü3 | g – g et Mü3 | h nicht in Nü1 a–a c–c
ξ – ξ W42R: s. QuM I, 218,16–22 [Complexi sumus ... purget et augeat. Amen]
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zu widder Gottes wort odder der heiligen, gemeinen279 und Catholica Christlichen kirchen. Denn das ist öffentlich, das wir mit höchstem vleis geweret280 haben, das nicht neue unchristliche lar bey uns geleret odder angenomen werden möcht.
[JJ4v] Diese obgeschriebene Artikel ubergeben wir Keiserlicher Maiestet, unserm aller gnedigsten herrn, wie ihr Keiserliche Maiestet begert hat, darin inn Summa zu sehen bekentnus unsers glaubens undω unser prediger und Pfarner lar, Und erbieten uns, weiter bericht von dieser lar, wo solchs begert wird, durch Gottes gnad aus heiliger Göttlicher schrifft von allen Artikeln und jdem in sonderheit281 nach notturfft282 zu thun.
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Euer Keiserlichen Maiestet Untertenigee.d cd
Johannsf Hertzogg zu Sachssen Churfurst.283 Georg Marggrave hzu Brandenburgh.284 iErnst Hertzog zuj Lünenburg.285 i kPhilipps Landgrave zu Hessen.286 Johan Friderich Hertzogl zu Sachssen.287
c – c nicht in Ha, Nü1, Nü2, Wei1 | d – d nicht in Lü | e underthenigste diener Co; untherdenigste churfursten, fursten und stedte Mar, Nü2; untherthenigste gehorsame Wü, M30W | f davor: Von Gottes gnaden Lü, M30W | g nicht in Co, Wü | h – h nicht in Co | i – i nicht in Wü | j danach: Braunschweig und Lü, Mar, Nü2 | k – k nicht in Co | l nicht in Lü ω
nicht in W33R
279 allgemeinen | 280 zu verhindern versucht | 281 einzeln | 282 Notwendigkeit | 283 Johann der Beständige (1468 –1532), Bruder Friedrichs des Weisen, seit 1525 Kurfürst von Sachsen | 284 Georg der Fromme (1484–1543), seit 1515 Markgraf von Brandenburg-Ansbach | 285 Ernst der Bekenner (1497–1546), seit 1522 Herzog von Lüneburg | 286 Philipp der Großmütige (1504– 1567), seit 1509 bzw. 1518 Landgraf von Hessen | 287 Johann Friedrich der Großmütige (1503– 1554), Sohn Johanns des Beständigen, seit 1532 Kurfürst von Sachsen, seit 1547 nur noch Herzog
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ceremonien, angenommen ist, dasv entweder der heiligen schrifft oder gemeiner69 christlichen kirchen zuentgegen were. Dan es ist ye am tage und offentlich, das wir wmit allemw vleis mit Gots willenx on rhum zuredden verhut haben, damit jey kein neu und gotlose lere sich in unsern kirchen heimlichz einfluchte70, einrissen und uberhant nemen.
ut intelligi possiti in doctrina ac ceremoniis apud nos nihil esse receptum contra scripturam aut Ecclesiam catholicam, quia mani festum estj nos diligentissime cavisse, kne quak nova et impia dogmata in lEcclesias nostrasl serperent.
Disea obgemelten artickel haben wir dem ausschreiben nach ubergeben wollen zu einer anzeigung unsers bekentnus und der unsern leren. Und ob ymantsb befunth wurde, der doran mangel hett, dem ist man | fernern bericht mit grundt gotlicher heiliger gschrifft zuthun erputtig71.g d
Hos articulos msupra scriptosm voluimus exhibere iuxta edictum C. M., in quibus confessio nostra extaret, et eorum, qui apud nos docent, doctrinae summa cerneretur. Si quid in | hac confessione desiderabitur, parati sumus latiorem informationem Deo volente iuxta scripturas exhibere.ξ
Caesareae Maiest. V. Fideles et subditin.
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Ioannes dux Saxoniae Elector. Georgius Marchio Brandenburgensis. Ernestus pdux Luneburgensis.p Philippus Landgravius Hessorum. Ioannes Fridericus dux Saxoniae.
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nicht in Co | w – w nit allein allen Lü hülff Co, Lü, Nü2, Wü, M30W | y nicht in Lü | z nicht in Lü, Wü, M30W | a davor als Überschrift: Finis Co | b im anderst M30W
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69 allgemeinen | 70 einziehe | man sich bereit, bietet man an
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erklärt
i posset Mar2, Mü3, Nü1 | j et Mü3 | k – k nel – l ecclesiis nostris Mü3 que Mü3 | m – m nicht in Mü3 | n danach: ut supra sunt memorati Mü3 | o – o in Mü3 vor dem 1. Art., s. dort | p – p a Luneburg Mar2, Nü1
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Confessio Augustana
Franciscus Hertzog zum Lünenburg.288 k Wolffgang Fürst zu Anhalt.n 289 oDie Stad Norimberg.290 Die Stad Reutlingeno.291 c
m danach: Braunschweig und Lü, Mar, Nü2 | n danach: Albrecht graff und her zu Mannßfeld Lü, o – o und die bede gesannte der stete Nürmberg und Reitlingen Lü, Mar; Mar, Nü2, M30W | burgermainster und räth zu Nuemberg burgermainster und räthe zu Reutligen Wü; Die geschickten der Stadt Nürenberg. Die geschickten der Statt Reütlingen. M30W
Franz (1508–1549), Bruder Ernsts des Bekenners, seit 1536 Herzog von Braunschweig-Lüneburg | 289 Wolfgang (1492–1566), 1508–1562 Fürst von Anhalt-Köthen | 290 Gesandte: Stiftsherren Christoph Kreß und Klemens Volkamer | 291 Gesandter: Bürgermeister Jos Weiß 288
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Unterschriften
Franciscus dux Luneburgensis. Volfgangus Princeps ab Anhalt. Senatus Magistratusque Nurnbergensis. Senatus Reutlingensis.o a ο
ο
danach Zusätze aus dem Kontext des Naumburger Fürstentags Ber [Text nicht aufgenommen]
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Die Apologie der Confessio Augustana bearbeitet von Christian Peters und Rafael Kuhnert unter Mitwirkung von Bastian Basse
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Die Apologia Confessionis Augustanae Einleitung (Christian Peters) Die „Verteidigung des Augsburger Bekenntnisses“ („Apologia Confessionis Augustanae“) antwortet auf die „Konfutation“ („Confutatio Augustanae Confessionis“), eine von altgläubiger Seite in Auftrag gegebene „Widerlegung“ des Augsburger Bekenntnisses,1 die am 3. August 1530 vor den auf dem Reichstag zu Augsburg versammelten Ständen verlesen worden war.2 Zu diesem Zweck übernimmt die Apologie die Gliederung und das Artikelschema des Augsburger Bekenntnisses. Als „authentischer Kommentar“3 von der Hand Philipp Melanchthons ist sie allerdings weit umfänglicher als das von ihr ausgelegte Bekenntnis. – Wie sind die im Folgenden gebotenen Texte entstanden? Nachdem die fünf Fürsten und zwei Reichsstädte am 25. Juni 1530 ihr Augsburger Bekenntnis vorgelegt hatten, erhielt eine Kommission altgläubiger Theologen den Auftrag, eine Beurteilung und Widerlegung desselben zu verfassen.4 Bereits Mitte Juli legte sie dem Kaiser einen ersten Entwurf vor, die „Catholica Responsio“.5 Der wies diese jedoch als zu umfangreich und zu polemisch zurück.6 Eine Woche später rang sich Karl V. dann aber doch dazu durch, dem Drängen der Ständemehrheit nachzugeben und – anders, als er dies in seinem Ausschreiben zum Reichstag in Aussicht gestellt hatte7 – auf Seiten der Altgläubigen in die Auseinandersetzung mit den Unterzeichnern der Confessio Augustana einzutreten (22. Juli 1530).8 Die mittlerweile völlig umgearbeitete Konfutation wurde daher zuletzt in seinem Namen prokla-
1
Vgl. hierzu die zweisprachige Edition der Confessio Augustana, o. S. 84–225. Kritische Edition bei Herbert Immenkötter, Die Confutatio der Confessio Augustana vom 3. August 1530, Münster 1979 und 21981 (CCath 33), 73–207. 3 So mit Horst Georg Pöhlmann, Die Apologie als authentischer Kommentar der Confessio Augustana. Am Modell der Christologie, Soteriologie, Sakramentologie und Ekklesiologie, in: KuD 26 (1980), 164–173. 4 Vgl. Immenkötter, Confutatio, 17–23. Zu einer Anfang Juli 1530 verfassten, die evangelische Position erläuternden Thesenreihe Melanchthons für den kaiserlichen Prediger Aegidius vgl. Melanchthons Thesen für den kaiserlichen Prediger Aegidius (1./2. Juli 1530), in: QuM I, 224f (Nr. 1). 5 Vgl. Johannes Ficker, Die Konfutation des Augsburgischen Bekenntnisses. Ihre erste Gestalt und ihre Geschichte, Leipzig 1891, 1–140. Vgl. dazu Immenkötter, Confutatio, 34–37. 6 Vgl. Immenkötter, Confutatio, 37f. 7 Vgl. Karl Eduard Förstemann, Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530. Nach den Originalen und nach gleichzeitigen Handschriften. Bd. 1: Von dem Ausgange des kaiserlichen Ausschreibens bis zur Übergabe der Augsburgischen Confession, Halle 1833. Bd. 2: Von der Übergabe der Augsburgischen Confession bis zu dem Schlusse des Reichstages, Halle 1835 (ND Osnabrück 1966), hier: 1. 7–9 (Ausschreiben) und 306–309 (Propositio). 8 Vgl. Immenkötter, Confutatio, 38–40. Zu den evangelischen Reaktionen auf diese Entwicklung vgl. Christian Peters, Apologia Confessionis Augustanae. Untersuchungen zur Textgeschichte einer lutherischen Bekenntnisschrift (1530–1584), Stuttgart 1997 (CThM.ST 15), 1–3. 2
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Apologia Confessionis Augustanae
miert (3. August 1530).9 Dies geschah in dem gleichen Raum, in dem zuvor auch schon das Augsburger Bekenntnis verlesen worden war. Karl V. forderte die evangelischen Stände auf, die Konfutation anzunehmen, da diese „christlich und also gestellet wäre, daß sie nicht möge widerleget und abgelehnt werden“. Dennoch war man nicht bereit, den Unterzeichnern der Confessio Augustana den Text der Konfutation auszuhändigen.10 Man knüpfte dessen Herausgabe an inakzeptable Bedingungen: Vorherige (!) Zustimmung zur Verwerfung des Augsburger Bekenntnisses; Geheimhaltung des Textes der Konfutation; Verzicht auf Gegenschriften. Die der Confessio Augustana anhängenden Stände lehnten dies ab und kündigten ihrerseits eine „Widerlegung der Widerlegung“ („so viel sie der[er] [= davon] behalten hetten“11) an.12 Grundlage der bereits Anfang August beginnenden Arbeit an der Apologie waren Mitschriften, die der Nürnberger Humanist Joachim Camerarius und mehrere andere, darunter auch Altgläubige,13 während der Verlesung der Konfutation am 3. August 1530 angefertigt hatten.14 Schon bald lag ein erster Rohtext der Erwiderung vor („Grundschrift Spalatins“).15 Auch während der Ausschussverhandlungen des Reichstages („Vierzehnerausschuss“ vom 16. bis 21. August; „Sechserausschuss“ vom 24. bis 28. August) ging die Arbeit an der Apologie weiter. Sie trat jedoch zeitweise in den Hintergrund.16 Als sich Ende August das Scheitern aller Vermittlungsversuche abzeichnete, kehrte man aber sofort wieder zum begonnenen Projekt zurück. Am 29. August 1530 erhielten der Altkanzler Brück und andere Mitglieder der kursächsischen Delegation den offiziellen Auftrag, eine „Verteidigung des Augsburger Bekenntnisses“ zu verfassen (das hieß genauer: den bereits vorliegenden Entwurf der Apologie, d. h. die „Grundschrift Spalatins“, zu überarbeiten und Reinschriften zur Übergabe an den Kaiser zu erstellen).17 Die Hauptarbeit hatte dabei erneut Melanchthon zu leisten. Sie erfolgte unter großem Zeit-
9
Vgl. Immenkötter, Confutatio, 74–77 (Vorrede) und 204–207 (Schluss). Vgl. Förstemann, Urkundenbuch II, 179f (Nr. 137). 11 So nach dem Bericht der Frankfurter Gesandten Fürstenberger und Bechtolt an ihren Rat (Augsburg, 6. August 1530), in: Friedrich Wilhelm Schirrmacher, Briefe und Acten zu der Geschichte des Religionsgespräches zu Marburg 1529 und des Reichstages zu Augsburg 1530, nach der Handschrift des Joh. Aurifaber nebst den Berichten der Gesandten Frankfurts a. M. und den Regesten zur Geschichte dieses Reichstages [...], Gotha 1876 (ND Amsterdam 1968), 419f. 12 Vgl. Peters, Apologia, 4–9. 13 Vgl. Der Windsheimer Bericht über den Inhalt der Confutatio (4. August 1530), in: QuM I, 249 (Nr. 3) und: Die durch Cochlaeus überlieferte summarische Zusammenfassung der Confutatio, in: QuM I, 252–255 (Nr. 4). 14 Vgl. Die evangelischen Mitschriften der Confutatio (3. August 1530), in: QuM I, 230–246 (Nr. 2). 15 Vgl. Die Wolfenbütteler Handschrift (Codex Guelferbytanus, „Grundschrift Spalatins“, ca. 11. August 1530), in: QuM I, 260–284 (Nr. 5). Zu ihrer Struktur vgl. Peters, Apologia, 57–60 und 81. 16 Vgl. Peters, Apologia, 9–14. 17 Vgl. Peters, Apologia, 14f. 10
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Einleitung
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druck, da nun mit einem baldigen, für die Unterzeichner des Augsburger Bekenntnisses ungünstigen Reichstagsabschied zu rechnen war.18 Während der Reichstagssitzung am 22. September 1530 protestierte der kursächsische Altkanzler Brück scharf gegen eine Formulierung im vorgelegten Entwurf des Reichstagsabschiedes, wonach das Augsburger Bekenntnis „durch die heiligen Evangelien und Geschriften mit gutem Grund widerlegt und abgeleint [= abgelehnt]“ sei.19 Gleichzeitig versuchte Brück, Karl V. ein Exemplar der inzwischen fertiggestellten Apologie zu überreichen.20 Als der Kaiser dieses schon entgegennehmen wollte, hielt sein Bruder, König Ferdinand, ihn davon ab.21 Anders als das Augsburger Bekenntnis wurde die Apologie also nie offiziell übergeben. Bereits auf der tags darauf begonnenen Heimreise vom Reichstag machte sich Melanchthon an eine Überarbeitung des Textes der lateinischen Apologie. Er sollte möglichst bald zusammen mit dem Augsburger Bekenntnis veröffentlicht werden (kritische Durchsicht der vom Kaiser zurückgewiesenen Ausfertigung).22 Gleichzeitig wurde aber auch der Text der aus Augsburg mitgebrachten deutschen Apologie, die heute nur noch in Abschriften erhalten ist,23 redigiert und so verschärft, dass man sich auch der Zustimmung des vorzeitig vom Reichstag abgereisten hessischen Landgrafen sicher sein konnte („Wittenberger Redaktion“ der deutschen Apologie).24 Man wollte baldigst drucken und setzte daher schon einmal die Titelblätter (November 1530).25 Wohl schon Ende Oktober hatte Melanchthon aus Nürnberg aber unverhofft eine lateinische Abschrift der Konfutation erhalten.26 Die Einsicht in den ihm bis dahin weithin unbekannten Text (bei der Verlesung am 3. August war Melanchthon selbst nicht zugegen gewesen) erregte ihn aufs äußerste und veranlasste ihn zu einer rigiden Überarbeitung des Gesamttextes der lateinischen Apologie. Sie kam in nicht wenigen Passagen einer völligen Neubear-
18
Vgl. Peters, Apologia, 15f und 61–82. Vgl. Förstemann, Urkundenbuch II, 475 (Abschied) und 479 (Rede Brücks). 20 Vgl. Die Dresdner Handschrift (Codex Chytraenus), in: QuM I, 292–322 (Nr. 6). 21 Vgl. Schirrmacher, Briefe und Acten, 314. 22 Vgl. die Angaben zur Redaktion Melanchthons im textkritischen Apparat der Dresdner Handschrift (Codex Chytraenus), in: QuM I, 292–322, bes. 292–301; 311; 320 (Nr. 6). Vgl. dazu Peters, Apologia, 46–48 und 316–321. 23 Vgl. Die Schwäbisch Haller Handschrift (Codex Hallensis) nach Johannes Brenz, in: QuM I, 326–343 (Nr. 7) und Die Kassler Handschrift (Codex Casselanus), in: QuM I, 346–369 (Nr. 8). Der älteste, noch in Augsburg entstandene Text, der sog. Codex Coelestinianus, ist verschollen. Es handelte sich bei ihm sehr wahrscheinlich um eine Handschrift Spalatins mit Korrekturen Melanchthons. 24 Vgl. Die frühe „Wittenberger Redaktion“ der deutschen Apologie, in: QuM I, 377–390 (Nr. 9). 25 Vgl. Wilhelm H. Neuser, Bibliographie der Confessio Augustana und Apologie 1530–1580, Nieuwkoop 1987 (Bibliotheca humanistica & reformatorica 37), Nr. 8–10. 26 Vgl. Peters, Apologia, 48f und 126–133.
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Apologia Confessionis Augustanae
beitung gleich. Die vom Reichstag mitgebrachten Texte – einschließlich der deutschen Fassung der Apologie – waren damit schlagartig überholt. Besondere Mühe bereitete Melanchthon die Formulierung des Rechtfertigungsartikels der lateinischen Apologie (Artikel IV bis VI).27 Die Arbeit daran erstreckte sich über mehrere Monate (etwa Dezember 1530 bis Februar 1531). Zum Leidwesen der Setzer – Druck und Textarbeit liefen weithin parallel – griff Melanchthon dabei wiederholt auch in schon ausgedruckte Textpassagen ein. So kassierte er z. B. einmal den ganzen Anfang des Rechtfertigungsartikels (5½ Doppelblätter).28 Die Fertigstellung der Druckausgabe verzögerte sich dadurch bis in den April 1531. Ende April/Anfang Mai 1531 konnte dann endlich der erste Druck der lateinischen (!) Doppelausgabe von Augsburger Bekenntnis und Apologie (die sogenannte „Editio princeps“) erscheinen.29 Die neue Ausgabe, ihres Formates wegen auch als „Quartausgabe“ oder „Quarttext“ bezeichnet,30 bot die seit langem erwarteten „offiziellen“ Texte beider Schriften. Allerdings fehlte der auf den schon im Vorjahr gedruckten Titelblättern angekündigte deutsche Text der Apologie. Auch sonst war das Ganze kaum mehr als ein Provisorium.31 Es trug in erster Linie dem Umstand Rechnung, dass Karl V. den Unterzeichnern des Augsburger Bekenntnisses eine verbindliche Frist gesetzt hatte, die man unbedingt einhalten wollte (15. April 1531).32 Melanchthon selbst war unzufrieden. Er hatte deutliche Vorbehalte gegen die neue Ausgabe („Editio princeps“). Der Text der Apologie erschien ihm hier immer noch unfertig zu sein. Melanchthon hatte ihn wohl nur widerwillig und unter massivem äußeren Druck aus der Hand gegeben. Vor allem der Rechtfertigungsartikel war in seinen Augen zu unpräzise formuliert. Viele ihm selbst wichtige Differenzierungen traten so nicht deutlich genug hervor. Dazu kamen Dispositionsprobleme, vor allem im zweiten Teil des Artikels.33 Schon wenige Tage nach dem Erscheinen des Quarttextes machte Melanchthon sich daher an eine erneute gründliche Überarbeitung der lateinischen Apologie, in die auch Luther und andere Kollegen (z. B. Brenz) einbezogen wurden.34 In diesem Zusammenhang verfasste er sogar eine die Einzelfragen der Artikel IV bis VI ordnende Disputation („Quare fide iustificemur, non dilectione“).35 Die harte Arbeit am Rechtfertigungsartikel beschäftigte ihn 27
Vgl. Peters, Apologia, 119–122. Vgl. Die älteste Druckfassung der Artikel 4–6 der lateinischen ApolCA, in: QuM I, 402–426 (Nr. 10a). 29 Vgl. Peters, Apologia, 124–126. 30 Vgl. den Quarttext der lateinischen Apologie von Ende April 1531, in: QuM I, 427–590 (Nr. 10b); BSLK 141–404 (linke Spalte). 31 So schon Gustav Leopold Plitt, Die Apologie der Augustana geschichtlich erklaert, Erlangen 1873, 238. Anm. 1. 32 Vgl. Förstemann, Urkundenbuch II, 476 (Abschied vom 22. September 1530). 33 Vgl. Peters, Apologia, 133f. 34 Vgl. Peters, Apologia, 133–141. 35 Vgl. Disputatio, quare fide iustificemur, non dilectione, in: QuM I, 600–603 (Nr. 11). 28
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Einleitung
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den ganzen Sommer lang und führte ihn nicht selten an die Grenzen seiner psychischen und physischen Kräfte. Erst Anfang September konnte dann endlich ein auch Melanchthon zufriedenstellender Text der lateinischen Apologie erscheinen, die „Editio secunda“, die ihres Formates wegen auch als „Oktavausgabe“ oder „Oktavtext“ bezeichnet wird.36 Der neue Text war erheblich kürzer und namentlich im Rechtfertigungsartikel sehr viel klarer strukturiert als der Quarttext. Melanchthon ließ es sich nicht nehmen, die ersten Exemplare persönlich zu versenden. In den Begleitbriefen an der Confessio Augustana verbundene Fürsten und theologische Freunde spürt man den Stolz auf das endlich abgeschlossene Werk.37 Melanchthon ließ später nie einen Zweifel daran, welcher der beiden Textfassungen der lateinischen Apologie er selbst den Vorzug gab: dem gründlich überarbeiteten Oktavtext vom September 1531. So erscheint dieser Text dann auch in allen nach dem September 1531 herausgekommenen Ausgaben, so z. B. in den maßgeblichen Ausgaben des „Corpus Misnicum seu Philippicum“ (1560/1561). Auch die umstrittene Erstausgabe des lateinischen Konkordienbuches (1580) bietet noch den Oktavtext. Erst die nach 1584 erschienenen Ausgaben des Konkordienbuches kehren dann wieder zu dem von Melanchthon ungeliebten, von den Späteren aber wohl für ursprünglicher erachteten lateinischen Quarttext zurück.38 – Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Editio secunda, der Oktavtext vom September 1531, der für die Reformationszeit selbst bestimmende Text der lateinischen Apologie gewesen ist. Auch unter theologischen und formalen Gesichtspunkten ist ihm, anders als dies seit 1584 durchweg geschehen ist, der Vorrang vor dem Quarttext einzuräumen. Die Mitglieder des „Schmalkaldischen Bundes“ begriffen das Augsburger Bekenntnis und dessen Apologie bereits im Herbst 1531 als ihre gemeinsame Lehrgrundlage. Wenig später, im Verlauf von Verhandlungen in Schweinfurt, wurden beide Texte auch von den Oberdeutschen als mit ihren Bekenntnissen übereinstimmend anerkannt (April 1532).39 Anlässlich des „Tages von Schmalkalden“ (Februar 1537) war es dann schon selbstverständlich, dass die versammelten Theologen neben dem Augsburger Bekenntnis auch dessen Apologie mit unterschrieben.40 Mit seiner Apologie hat Melanchthon in der Tat einen der wichtigsten Lehrtexte der Wittenberger Reformation geschaffen. Besonders der breit und
36 Der lateinischen Fassung der Apologie in diesem Band liegt der Oktavtext zugrunde. Vgl. u. S. 236–709 (rechte Seiten). 37 Vgl. Peters, Apologia, 140f. 38 Vgl. Peters, Apologia, 179–189. 39 Vgl. Eckehard Fabian, Die Schmalkaldischen Bundesabschiede 1530–1532, Tübingen 1958 (SRKG 7). 40 Vgl. Peters, Apologia, 147f.
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Apologia Confessionis Augustanae
gründlich ausgeführte Rechtfertigungsartikel war von größter Bedeutung für das Verständnis dieser zentralen Lehre der lutherischen Kirchen.
Überlieferung Die vorliegende Ausgabe bietet erstmals den vollständigen Text der für die Reformationszeit maßgeblichen Editio secunda (Oktavausgabe) der lateinischen Apologie vom September 1531.41 Die parallel zu diesem Text entstandene, im wesentlichen durch Justus Jonas besorgte deutsche Fassung der Apologie von 153142 (der unten gebotene deutsche Paralleltext) ist keine Übersetzung im eigentlichen Sinne, sondern eine kommentierende Umschreibung, der zunächst der lateinische Quarttext, dann aber auch Teile des im Entstehen begriffenen Oktavtextes zugrunde gelegen haben.43 Dazu kommen nachträgliche Erweiterungen Melanchthons (im Text z. B. an seinem „ich“ erkennbar). Allerdings hatte Melanchthon seinem Kollegen Jonas wohl auch schon zuvor immer wieder über die Schulter geblickt. Hier steht man am Beginn jener Arbeiten, die schließlich zum (im Wesentlichen durch Melanchthon verfassten) deutschen Text der Apologie von 1533 geführt haben.44 Beide Fassungen der deutschen Apologie (1531 und 1533) haben im Laufe des 16. Jahrhunderts ihre je eigene Geschichte gehabt. Mit dem Konkordienbuch von 1584 setzte sich dann aber dauerhaft der Jonas-Text von 1531, das Seitenstück zum lateinischen Oktavtext, durch.45 Ältere Abdrucke und Quellensammlungen: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche (BSLK). Herausgegeben im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession, Göttingen 1930 (201013). – Heinrich Ernst Bindseil (Hg.), Corpus Reformatorum. Bd. 27f, Braunschweig 1859f. – Gregor Brück, Geschichte der Handlungen in der Sache des heiligen Glaubens auf dem Reichstage zu Augsburg im J. 1530 [...], in: Karl Eduard Förstemann, Archiv für die Geschichte der kirchlichen Reformation in ihrem gesammten Umfange. Bd. 1/1, Halle 1831. – Fabian, Eckehard, Die Schmalkaldischen Bundesabschiede 1530–1532, Tübingen 1958 (SRKG 7). – Johannes Ficker, Die Konfutation des Augsburgischen Bekenntnisses. Ihre erste Gestalt und ihre Geschichte, Leipzig 1891. – Karl Eduard Förstemann, Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530. Nach den Originalen und nach gleichzeitigen Handschriften 41
Der lateinischen Fassung der Apologie in diesem Band liegt der Oktavtext zugrunde. Vgl. u. S. 236–709 (rechte Seiten). 42 Vgl. die deutsche Fassung der Apologie, u. S. 236–709 (linke Seiten). 43 Ausführlich dazu Peters, Apologia, 198–254. 44 Vgl. den Oktavtext der deutschen Apologie (1533), in: QuM I, 609–788 (Nr. 12). 45 Vgl. Peters, Apologia, 286–297. Zur wichtigsten nachträglichen Erweiterung des Quarttextes durch einen Exkurs gegen Georg Witzel vgl. das Sondergut der zweiten Oktavausgabe der deutschen Apologie (1540), in: QuM I, 795–798 (Nr. 13).
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Einleitung
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herausgegeben [...], Bd. 1: Von dem Ausgange des kaiserlichen Ausschreibens bis zur Übergabe der Augsburgischen Confession, Halle 1833. Bd. 2: Von der Übergabe der Augsburgischen Confession bis zu dem Schlusse des Reichstages, Halle 1835 (ND Osnabrück 1966). – Ders., Neues Urkundenbuch zur Geschichte der evangelischen Kirchen=Reformation. Bd. 1, Hamburg 1842. – Herbert Immenkötter, Die Confutatio der Confessio Augustana vom 3. August 1530, Münster 19812 (CCath 33). – Heinz Scheible u. a., Melanchthons Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Band 1ff., Texte, Stuttgart-Bad Cannstatt 1991ff. – Friedrich Wilhelm Schirrmacher, Briefe und Acten zu der Geschichte des Religionsgespräches zu Marburg 1529 und des Reichstages zu Augsburg 1530, nach der Handschrift des Joh. Aurifaber nebst den Berichten der Gesandten Frankfurts a. M. und den Regesten zur Geschichte dieses Reichstages, Gotha 1876 (ND Amsterdam 1968). Übersetzungen und Bibliographien Robert Kolb/Timothy Wengert (Hg.), The Book of Concord. The Confessions of the Evangelical Lutheran Church, Minneapolis 2000, 107–294. – Wilhelm H. Neuser, Bibliographie der Confessio Augustana und Apologie 1530–1580, Nieuwkoop 1987 (Bibliotheca humanistica & reformatorica 37). – Christian Peters, Die Apologie der Augsburger Konfession, in: Amt der VELKD (Hg.), Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Ausgabe für die Gemeinde, 6., völlig neu bearbeitete Ausgabe Gütersloh 2013, 99–384. Drucke CONFES||SIO FIDEI EX=||HIBITA INVICTISS. || Imp. Carolo V. Caesari Aug. || in Comicijs Augustae. || ANNO || M.D.XXX. || Addita est Apologia Confeßionis || Psalm. 119. || Et loquebar de testimonijs || tuis in conspectu Regum, || et non confundebar. || VVITTEBERGAE. || Wittenberg: Georg Rhau 1531. VD 16 C 4709. Ex.: Bayrische SB München (8° H.ref. 90). Neuser, Bibliographie, 55 (Nr. 11).
Der lateinische Text unserer Edition folgt dieser Ausgabe. Confessio odder Be=||kantnus des Glau=||bens etlicher Fürsten || vnd Stedte: Vber=||antwort Keiserlicher || Maiestat: || zu Augspurg. || Anno M.D.XXX. || Apologia der Confessio. || Wittenberg: Georg Rhau 1531 VD 16 C 4736. Ex.: Bayrische SB München (4° H.ref. 188). Neuser, Bibliographie, 56f (Nr. 12c).
Der deutsche Text unserer Edition folgt dieser Ausgabe.
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Apologia Confessionis Augustanae
[A1r] Apologia der Confession
BSLK 141
aus dem Latin verdeudschet durch Justum Jonam Wittemberg. [A2r] Philippus Melanchthon dem leser.
BSLK 142
Als die bekentnis unser Gnedigsten und G[nädigen] herrn, des Chürfürsten zu Sachssen und der Fürsten dieses teils, zu Augspurgk öffentlich vor Keiserlicher Maiestat und den stenden des Reichs αist verlesen wordenα,1 haben etlich Theologi und Mönche wider dieselbig bekentnis βund Confessionβ ein antwort und vorlegungγ gestellet, wilche dannδ Keiserliche Maiestat hernachε vor ihrer Maiestat, denζ Churfursten, Fursten und stenden des Reichs vorlesen lassen2 und hat begeret, das ηunsere Furstenη auff solche meinung forthin wolten zu θgleuben auch zu leren und zu haltenθ willigen. Dieweil aber ιdie unsernι angehört, das inn κsolcher antworte der Theologenκ viel Artikel λvorworffen, wilche sie ohnea beschwerung derλ gewissen und mit Gott nicht künden μlassen vorwerffen, haben sie der Antwort odder Confutacion abschrifft gebeten, damit sie eigentlich sehen und erwegen möchten, was die widdersacher zu verdamnen sich unterstunden, und deste richtiger auff ihr ursache und furgebrachte gründe wider antworten möchten. Und inn dieser grossen hochwichtigesten [A2v] sache, wilche nicht zeitliches, sondern ein gemeine Religion, alle heil und wolfart der gewissen und widderümb auch gros ferligkeit und beschwerung derselbigen belanget, haben es die unsern gewis dafur gehalten, das die widdersacher solche abschrifft ohneb alle beschwerung, gantz willig und gern uberreichen odder auch uns anbieten würden.μ Aber νdie unsern haben solchs garν nicht anders erlangen mügenξ, denn mit fastο 3 beschwerlichen, angehefften vorpflichtungen und | condicion, πwilche sie inn keinen weg habenπ willigen mügen.4 Darnach ist einρ unterhandlung σund etliche wege der güte odder süneσ vorgenomen, τda sich denn die unsern auffs höhestτ erbotten, alles gernυ zu tragen, zu dulden und zu thun, das ohnec beschwerung der gewissenφ geschehen kündχ.5 Aber die widdersacher haben ψdarauff allein hart gestandenψ, das wir a
cj.: ane; ane CR | b cj.: ane; ane CR | c cj.: ane; ane CR
α – α vorlesen war dt. 8° (1533) | β – β nicht in dt. 8° (1533) | γ Confutatio dt. 8° (1533) | δ hernach dt. 8° (1533) | ε auch dt. 8° (1533) | ζ nicht in dt. 8° (1533) | η – η der Churfurst zu Sachssen und andere dieses teils dt. 8° (1533) | θ – θ leren und zu gleuben dt. 8° (1533) | ι – ι dieser teil dt. 8° (1533) | κ – κ gedachter Confutation dt. 8° (1533) | λ – λ verworffen waren, die wir mit gutem dt. 8° (1533) | μ – μ dt. 8° (1533): QuM I, 609,16–22 [verwerffen lassen ... zukomen lassen] | ν – ν man hat sie dt. 8° (1533) | ξ können dt. 8° (1533) | ο nicht in dt. 8° (1533) | π – π die dieser teil von wegen der fahr nicht hat dt. 8° (1533) | ρ nicht in dt. 8° (1533) | σ – σ nicht in dt. 8° (1533) | τ – τ das man sich (so viel möglich were) vergleichen solt, da hat sich dieser teil dt. 8° (1533) | υ nicht in dt. 8° (1533) | φ danach: mit Gott dt. 8° (1533) | χ danach: Daran zu mercken und zu sehen [ist], das wir nicht lust haben zu uneinigkeit und zerruttung der Kirchenpolitien. dt. 8° (1533) | ψ – ψ hart darauff gedrungen dt. 8° (1533)
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[f1r] Apologia confessionis
[f2r] Philippus Melanchthon lectori salutem d.
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Postquam Confessio Principum nostrorum publice praelecta est, Theologi quidam ac Monachi adornaverunt Confutationem nostri scripti, quam cum Caes[area] Maiestas curasset etiam in consessu Principum praelegi, postulavit a nostris Principibus, ut illi Confutationi assentirentur. Nostri autem, quia audierant multos articulos improbatos esse, quos abiicere sine offensione conscientiae non poterant, rogaverunt sibi exhiberi exemplum Confutationis, ut et videre, quid damnarent adversarii, et rationes eorum revellere possent. Et in tali causa, quae ad Religionem et ad docendas conscientias pertinet, arbitrabantur fore, ut non gravatim exhiberent suum scriptum adversarii. Sed non potuerunt id impetrare nostri nisi periculosissimis conditionibus, quas recipere non poterant, anisi vellent se in discrimen certum conicere.a
Instituta est autem deinde pacificatio, in qua apparuit nostros nullum onus quamlibet incom[f2v]modum detrectare, quod sine offensione conscientiae
a–a
nicht in lat. 4° (1531)
1
Die Confessio Augustana. Ihre Verlesung erfolgte am 25. Juni 1530; vgl. o. S. 84–225. | 2 Die Confutatio der Confessio Augustana. Ihre Verlesung erfolgte am 3. August 1530. Vgl. hierzu die Einleitung, o. S. 229f. | 3 sehr | 4 Am 5. August 1530 schloss der Kaiser jede schriftliche Antwort der Unterzeichner der CA kategorisch aus. Er verlangte von ihnen eine Einigung auf der Grundlage der Confutatio. Diese sollte dazu zwar eingesehen, nicht aber aus den Händen gegeben werden dürfen. Die CA sollte ungedruckt bleiben. | 5 Gemeint sind die Verhandlungen des sogenannten „Großen“ oder auch „Fürstenausschusses“. Er tagte vom 7. bis zum 14. August 1530 und bestand ausschließlich aus Nichttheologen.
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Apologia Confessionis Augustanae
inn etlicheω offentliche misbreuch und irthumb haben willigen αsollen;6 und so wir das nicht thun kündten noch woltenα, hat die Keiserliche Maiestat widderβ begert, das γunsere herrn und Fürsten willigen solten, so zu gleuben, so zu halten, wie der Theologen Confutacion lautet, wilchs unser Fürstenγ gantz und gar abgeschlagen.7 Denn wie solten δihr Ch[urfürsten] und F[ürstliche] G[naden] inn so hoher allerwichtigsten sachen vieler und ihr eigen seel und gewissenδ belangend in eine schrifft willigen, εdie man ihnen nicht ubergeben, noch [A3r] zu uberlesen vergönnen odder uberreichen wolt? sonderlich, so sie inn der vorlesung angehörtε, das solcheζ Artikel verworffen waren, die sie nicht ηmöchten noch kündten nachgeben, sie wolten denn öffentlich widder Gott und erbarkeit handeln.η Derhalben θihr Ch[urfürsten] und F[ürstliche] G[naden]θ mir und andern befohlen, ein ιschutzrede odderι Apology unsers erstenκ bekentnis zu stellen, λinn wilcher der Keiserlichen maiestat ursachen angezeigt würdenλ, warümb wirμ die Confutacion nicht νannemen und warümb dieselbige nicht gegründet were. Denn ob man uns wol abschrifft und Copey uber unser flehen, bitten und hohestes ansuchen versagt, so hattenν die unsern dochξ inn verlesung der Confutacion οdie Summa derο Argument πfast8 inn eill und als im floge gefangen undπ auffgezeichnet, darauff ρwir dieρ Apology, σdasmal, so uns Copey entlich versaget, stellen musten.9 Dieselbige Apology haben die unsern zuletzt, als sie von Augspurg abschied genomen, der Keiserlichenσ maiestatτ υuberantwort, damit ihr maiestat verstehen möchte, das es gantz gros hochwichtige ursache hette, Warümb wir die Confutacion nicht hetten mögen willigenυ; aber die Keiserlich maiestat hat die uberantwort Apology φgeweigert anzunemenφ.10 Darnach ist gleichwol ein Decret ausgangen, darinne die widdersacher χsich mit ungrund rhümen, Das sie unser Bekentnis aus der heiligen schrifft verlegt11 habenχ.12 [A3v] ψDagegen aber hat jederman unser Apo|logy und schutzrede, daraus er wird sehen, wie und was die widdersacher geurteilt haben. Denn wir haben es hie eigentlich erzelt, wie es ergangen und nicht anders, weis Gott. So haben wir auch hie klar angezeigt, wie sie etliche Artikel ω nicht in dt. 8° (1533) | α – α sollten. Nachdem nu dieser teil das zu thun gewegert hat dt. 8° (1533) | β Entlich widderümb dt. 8° (1533) | γ – γ dieser teil willigen solt, laut offt gedachter Confutatio, von unsern widdersachern gestellet, zu leren und zu gleuben, wilches der Churfurst zu Sachssen und andere Fürsten und Stende dieses teils dt. 8° (1533) | δ – δ sie inn dieser sach, Gottes ehre und ihr seligkeit dt. 8° (1533) | ε – ε welche sie nicht zuvor besehen und nach notturft erwogen hatten, so sie doch gehort dt. 8° (1533) | ζ viel dt. 8° (1533) | η – η mit gutem gewissen und mit Gott nachgeben kondten. dt. 8° (1533) | θ – θ ist dt. 8° (1533) | ι – ι nicht in dt. 8° (1533) κ nicht in dt. 8° (1533) | λ – λ ursach anzuzeigen Kai[serlicher] Maje[stät] dt. 8° (1533) | μ nicht in dt. 8° (1533) | ν – ν anzunemen were; denn wiewol uns kein abschrifft zugestalt ist, haben dt. 8° (1533) | ξ in dt. 8° (1533) vor die unsern | ο – ο der widdersacher meinung und dt. 8° (1533) π – π so viel inn der eil möglich gewesen, gemerckt und dt. 8° (1533) | ρ – ρ ich und andere diese folgende dt. 8° (1533) | σ – σ gefasst, welche hernach Kei[serlicher] dt. 8° (1533) | τ danach: auch dt. 8° (1533) | υ – υ uberantwort ist, daraus zu vernemen grund und ursach, warümb dieser teil inn die Confutatio nicht willigen möge dt. 8° (1533) | φ – φ nicht angenommen dt. 8° (1533) | χ – χ rhümen
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suscipi posset. Sed adversarii obstinate hoc postulabant, ut quosdam manifestos abusus atque errores approbaremus, quod cum non possemus facere, iterum postulavit Caes[area] M[aiestas], ut Principes nostri assentirentur Confutationi. Id facere Principes nostri recusaverunt. Quomodo enim assentirentur in causa Religionis scripto non inspecto? Et audierant articulos quosdam damnatos esse, in quibus non poterant iudicia adversariorum sine scelere comprobare.
Iusserant autem me et alios quosdam parare Apologiam Confessionis, in | qua exponerentur Caes[areae] Maiestati causae, quare non reciperemus Confutationem, et ea, quae obiecerant adversarii, diluerentur. Quidam enim ex nostris inter praelegendum capita locorum et argumentorum exceperant. Hanc Apologiam obtulerunt ad extremum Caesareae Maies[tati], ut cognosceret nos maximis et gravissimis causis impediri, quo minus Confutationem approbaremus. Verum Caesarea Maiestas non recepit oblatum scriptum.
Postea editum est decretum quoddam, in quo gloriantur adversarii, quod nostram confessionem ex scripturis confutaverint. Habes igitur Lector nunc Apologiam nostram, ex qua intelliges, et [f3r] quid adversarii iudicaverint – retulimus enim bona fide – et quod articulos aliquot contra manifestam
mit ungrund sie haben unsere bekantnus verleget mit heiliger schrifft. dt. 8° (1533) | (1533): QuM I, 610,11–15 [Darauf hat ... verlegt haben.] 6
ψ–ψ
dt. 8°
Spätestens seit der ebenso polemisch-scharfen wie unsachlichen Rede des Kurfürsten Joachim von Brandenburg am 11. August 1530 war man im „Fürstenausschuss“ keinen Schritt mehr vorangekommen. | 7 Die definitive Absage der Anhänger der CA erfolgte am 13. August 1530 im Rahmen einer großen, auf Vorarbeiten Georg Spalatins und Philipp Melanchthons fußenden Gegenrede des kursächsischen Kanzlers Gregor Brück. | 8 sehr | 9 Die Arbeit an der Apologie der CA hatte bereits Anfang August 1530 begonnen. Vgl. hierzu die Einleitung, o. S. 230f. | 10 Gemeint ist die letzte, für den Kaiser bestimmte Ausfertigung der Augsburger Fassung der lateinischen Apologie der CA. Der Übergabeversuch erfolgte am 22. September 1530. Vgl. hierzu die Einleitung, o. S. 231. Vgl. hierzu die Dresdner Handschrift (Codex Chytraenus), in: QuM I, 292–322 (Nr. 6). | 11 widerlegt | 12 Der inhaltlich scharfe vorläufige Reichstagsabschied vom 22. September 1530.
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widder die öffentlichen, hellen schrifft und klare wort des heiligen geistes verdamnet haben, und [sie] dürffen nimmermehr mit der warheit sagen, Das sie ein tittel aus der heiligen schrifft widder uns verantwortet hetten.ψ Wiewol ich ωnu anfenglich zu Augspurg diese Apology hatte angefangen mit rath und bedencken etlicher anderer,13 soω hab ich doch jtzund, αso dieselbige im druck ausgehen solt, etwas dazu gethan. Darümb schreib ich auch hieα mein namen βdran, damitβ niemands klagen γmüge, das buch sey ohned namen ausgangen.γ 14 Ich hab δmich bisher, soviel mirε müglich gewesen, geflissen, von Christlicher lehr nach gewonlicher weis zu reden und zu handeln, damit man mit der zeit deste leichtlicher zusamenrücken und sich vergleichen könde, wiewol ich diese sachen mit fugen weiter von ihr gewönlichen weis hette füren mögen. Die widdersacher handeln aber diese sache dargegen also unfreundlich, das sie sich gnug mercken lassen, das sie wider15 warheit noch einigkeit suchen, sondern allein unser blut zu sauffen [wünschen]. [A4r] Nu hab ich auff dismal auch noch auffs gelindest geschrieben; wo aber etwas geschwindes inn diesem buch ist, wil ich solchs nicht wider Keiserlich maiestetδ odderζ die Fürstenη, welchen ich θgebürlich ehre gern erzeige, sondern widder die Mönche und Theologen gered haben. Denn ich hab erst neulich die Confutacion bekomen recht zu lesen und mercke, das viel darinne so geferlich, so gifftig und neidisch geschrieben, das es auch an etlichen orten frome leuth betriegen möchte.16 Ich hab aber nicht alle zenckische, mutwillige rencke der widdersacher gehandelt, Denn do weren unzeheliche bücher von zu schreiben; ihre besten, höhesten gründe hab ich gefasset, das bey hohen und nidder stenden, bey den jtzigen und unsern nachkomen, bey allen eingebornen Deudschen, auch sonst aller welt, allen frembden Nationen ein klar zeugnis vor augen sey und ewig stehen bleib, Das wir rein, Göttlich, recht von dem Evangelio Christi geleret haben. Wir haben warlich nicht lust odder freud an uneinigkeit. Auch sind wir nicht so gar stock- odder steinhart, das wir unser fahr nicht beden|cken. Denn wir sehen und mercken, wie die widdersacher inn dieser sache uns so mit grosser gifft und bitterkeit suchen und bis hieher gesucht haben, an leib, leben und alles, was wir haben. Aber wir wissen die öffentlichen, Göttlichen warheit, ohnee wilche die kirche Christi nicht [A4v] kan sein odder bleiben, und das ewig, heilig wort des Evangelii nicht zu verleugnen odder zu verwerffen. Derhalben, so wir umb des Herrn Christi und umb dieser allerhöchsten, wichtigesten sachen willen, an wilcher der gantz heilige Christliche glaub, die gantze Christliche kirche gelegen ist, noch grossern
d
cj.: ane; ane CR | e cj.: an; an CR
ω – ω aber diese Apologi erstlich zu Augspurg nicht allein gestellet dt. 8° (1533) | α – α dieweil die andern nicht bey dem drücken gewesen, dt. 8° (1533) | β – β daran geschrieben, das dt. 8° (1533) γ – γ dürff, wir, so diese schrifft gemacht, scheuen das liecht. dt. 8° (1533) | δ – δ dt. 8° (1533): QuM
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scripturam spiritus sancti damnaverint. Tantum abest, ut nostras sententias per scripturas labefactaverint.
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Quamquam autem initio Apologiam instituimus communicato cum aliis consilio, tamen ego inter excudendum quaedam adieci. Quare meum nomen profiteor, ne quis queri possit sine certo auctore librum editum esse. Semper hic meus mos fuit in his controversiis, ut, quantum omnino facere possem, retinerem formam usitataeα doctrinae, ut facilius aliquando coire concordia posset. Neque multo secus nunc facio, Etsi recte possem longius abducere huius aetatis homines ab adversariorum opinionibus.
Sed adversarii sic agunt causam, ut ostendant se neque veritatem neque concordiam quaerere, sed ut sanguinem nostrum exorbeant. Et nunc scripsi, quam moderatissime potui, ac, si quid videtur dictum asperius, hic mihi praefandum est me cum Theologis ac Monachis, qui scripserunt Confutationem, litigare, non cum Caesare aut | Principibus, quos, ut debeo, veneror. Sed vidi nuper Confutationem et animadverti adeo insidiose et calumniose scriptam esse, ut fallere etiam cautos in certis locis posset.
Non tractavi tamen omnes cavillationes. Esset enim [f3v] infinitum opus, sed praecipua argumenta complexus sum, ut exstet apud omnes nationes testimonium de nobis, quod recte et pie sentiamus de Evangelio Christi. Non delectat nos discordia. Nec nihil movemur periculo nostro, quod, quantum sit in tanta acerbitate odiorum, quibus intelligimus accensos esse adversarios, facile intelligimus. Sed non possumus abiicere manifestam veritatem et Ecclesiae necessariam, quare incommoda et pericula propter gloriam Christi et utilita-
α
usitate lat. 4° (1540)
I, 610,19–23 [auch die ... hochlöblichen Keisar] | ε wie CR | ζ danach: andere dt. 8° (1533) η danach: des Reichs dt. 8° (1533) | θ – θ dt. 8° (1533): QuM I, 610,24–611,8 [von hertzen ... erhalten wird.] 13
Schon die Augsburger Fassungen der Apologie der CA waren im Wesentlichen durch Melanchthon verfasst worden. Dabei unterstützt hatten ihn aber zumindest auch Justus Jonas, Georg Spalatin, Johann Agricola und Johannes Brenz. | 14 Gemeint ist Melanchthons unablässige Arbeit am lateinischen Text der Apologie der CA seit der Abreise der kursächsischen Gesandtschaft vom Augsburger Reichstag (September 1530–Herbst 1531). Vgl. hierzu die Einleitung, o. S. 231–233. Vgl. hierzu die Dresdner Handschrift (Codex Chytraenus), in: QuM I, 292–322 (Nr. 6), die älteste Druckfassung der Artikel 4–6 der lateinischen Apologie und den Quarttext der lateinischen Apologie von Ende April 1531, in: QuM I, 402–590 (Nr. 10a und b). | 15 weder | 16 Eine Abschrift des Textes der Confutatio war erst im Spätherbst 1530 in Melanchthons Hände gelangt. Vgl. hierzu die Einleitung, o. S. 231.
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widderstand, fahr odder verfolgung warten odder ausstehen sollen, wollen wir inn so gantz Göttlicher, rechter sachen gern leiden und vertrosten uns des gentzlich, sinds auch gewis, das der heiligen, Göttlichen maiestat im himel und unserm lieben Heiland Jhesu Christo dieses wolgefellet, und nach dieser zeit werden leut sein und unser nachkomen, die gar viel anders und mit mehr trauen von diesen sachen urteilen werden. Denn es konnen die widdersacher selbs nicht vorneinen, noch leugnen, das viele und die hohesten, nöttigsten Artikel der Christlichen lere, ohnef welche die Christliche kirch sampt der gantzen Christlichen lere und namen würden vergessen und untergehen, durch die unsern widder an tag bracht sein. Denn mit was zenckischen, vergeblichen, unnützen, kindischen leren viel nöttige stücke vor wenig jaren bey Mönchen, Theologen, Canonisten und Sophisten untergedrücket gewesen, wil ich hie diesmal nicht erzelen, es sol noch wol komen.θ Wir ιhaben – Gottlob! – zeugnisι von vielen, κhohen, ehrlichen, redlichen,κ Gottforchtigenλ leu[B1r]ten, welche Gott von hertzen dancken vor17 μdie unaussprechlichen gaben und gnaden, das sie in den allernöttigsten stücken der gantzen schrifft von uns viel klerer, gewisser, eigentlicher, richtiger lere und trost der gewissen haben, denn inn allen büchern der widdersacher imer funden ist.μ Darümb wollen wir, νso die erkante, helle warheit jhe mit füssen getretten wird, dieseν sache hieξ Christo οund Gott im himelο befehlen, πder der waisen vater und witwen und aller verlassen richter ist; der wird – das wissen wir jhe vorwar – diese sache urteilen und recht richten. Und du, Herre Jhesu Christ, dein heiliges Evangelium, dein sache ist es, wollest ansehen so manch betrübt hertz und gewissen und dein Kirchen und heufflin, die vom Teuffel, angst und not leiden, erhalten und stercken deine warheit. Mache zuschanden alle heucheley und lügen und gib also fride und einigkeit, das dein ehre fürgehe und dein reich wider alle porten der helle krefftig ohneg unterlas wachse und zuneme.π
f
cj.: ane; ane CR | g cj.: ane; ane CR
ι–ι
haben auch zeugnis dt. 8° (1533) | κ – κ nicht in dt. 8° (1533) | λ danach: ehrlichen dt. 8° (1533) den gewissen unterricht und trost, den sie aus dieser lahr von den aller nöttigesten sachen, der seelen seligkeit belangend, empfangen haben, davon zuvor Sophisten und Canonisten die welt voll verwirter lahr gefüllet und die gewissen von Christo inn irthumb und verzweifelung gefurt haben. dt. 8° (1533) | ν – ν die dt. 8° (1533) | ξ und fahr dt. 8° (1533) | ο – ο nicht in dt. 8° (1533) | π – π dt. 8° (1533): QuM I, 611,15–21 [dieweil wir ... volunt. Amen.] μ–μ
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für
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tem Ecclesiae perferenda esse sentimus et confidimus Deo probari hoc nostrum of|ficium et speramus aequiora de nobis iudicia posteritatis fore.
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Neque enim negari potest, quin multi loci doctrinae Christianae, quos maxime prodest exstare in Ecclesia, a nostris patefacti et illustrati sint; qui qualibus et quam periculosis opinionibus obruti olim iacuerint apud Monachos, Canonistas et Theologos Sophistas, non libet hic recitare.
Habemus publica testimonia multorum bonorum virorum, qui Deo gratias agunt pro hoc summo beneficio, quod de multis necessariis locis docueritβ meliora, quam passim leguntur apud adversarios nostros. Commendabimus itaque causam nostram Christo, qui olim iudicabit has controversias, quem oramus, ut respiciat afflictas et dissipatas Ecclesias et in concordiam piam et perpetuam redigat.
β
docuerint lat. 8° (1542/1559)
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[B1v] Apologia der Confession
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verdeudschet aus dem Latin durch Justum Jonam. [Von Gott] Denρ ersten Artikel unsers Bekentnis18 σlassen ihnenσ 19 die widdersacher τgefallen,20 inn welchem angezeigt wird, wie wir gleuben und lerenτ, das υdo seyυ ein ewiges, einiges, unzerteilt Göttlich wesenφ und doch drey unterschidene personen inn einem Göttlichen wesen, gleich mechtig, gleich ewig: Gott Vater, Gott Son, Gott heiliger Geist. Diesen Artikel χhaben wir allzeit also rein geleret und verfochten, halten auch und sein gewis, das derselbig so starcken, guten, gewissen grund inn der heiligen schrifft hat, das niemands müglich, den zu tadeln odder umbzustossen. Darümb schliessen wir frey, das alle diejhenigen abgöttisch, Gotteslesterer und ausserhalb der Kirchen Christi sein, die da anders halten odder leren.χ
Von der Erbsundeψ
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[B2r] Den andern Artikel, von der Erbsunde,21 lassen ihnen22 auch die widdersacher gefallen,23 doch fechten sie an, als haben wirs nicht recht troffen, da wir gesagt, was die Erbsunde sey,24 so wir doch zufellig allein des orts davon gered. Da wird alsbald im eingang die Keiserliche maiestat befinden, das |unser widderwertigen inn dieser hochwichtigen sachen offte gar nichts mercken noch verstehen, widerümb auch offte unser wort böslich und mit fleis uns verkeren oder jhe zu misverstand deuten. Denn so wir auffs allereinfeltigest und klerest davon geredet, was die Erbsunde sey odder nicht sey, so haben sie aus eitel gifft und bitterkeit die wort, so an ihnen25 selbs recht und schlecht geredt, mit fleis ubel und unrecht deutet. Denn also sagen sie: ihr sprecht, die Erbsunde sey dieses, das uns ein solch syn und hertz angeboren ist, darinne kein forcht Gottes, kein vertrauen gegen Gott ist, das ist jhe ein wircklich schuld und selbst ein werck oder actualis culpa; darümb ists nicht Erbsunde. ρ Im dt. 8° (1533) | σ – σ straffen dt. 8° (1533) | τ – τ nichts, darinne wir leren und gleuben dt. 8° (1533) | υ – υ nicht in dt. 8° (1533) | φ danach: sey dt. 8° (1533) | χ – χ dt. 8° (1533): QuM I, 611,28–33 [hat man ... Gott etc.] | ψ dt. 8° (1533) bietet eine völlige Neubearbeitung dieses Artikels; s. QuM I, 611,35–614,28 [Im Artikel ... gegeneinanderhalten müsse.] 18
Vgl. CA I, o. S. 92–95. | 19 sich | 20 Vgl. Confutatio I, in: Immenkötter, Confutatio, 79,2–4.10–12: „In primis cum articulo primo confiteantur unitatem essentiae divinae in tribus personis iuxta Niceni concilii decretum, eorum confessio acceptanda est eo, quod per omnia ad normam fidei et cum Romana concordat ecclesia […] Sic quoque acceptandum est, quod damnant omnes haereses contra hunc articulum exortas Manicheos, Arrianos, Eunomianos, Valentinianos, Samosatenos; nam et hoc olim damnavit sancta et catholica ecclesia“ (deutsch: ebd., 78,2–5.13–16). | 21 Vgl. CA II, o. S. 94–97. | 22 sich | 23 Vgl. Confutatio II, in: Immenkötter, Confutatio, 81,2–6: „In secundo vero articulo confessionis comprobatur quidem, quod cum
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Artikel I und II
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[f4r] Apologia confessionis
[De Deo]
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Primum articulum Confessionis nostrae probant nostri adversarii, in quo exponimus nos credere et docere, quod sit una essentia divina, individua etc. et tamen tres sint distinctae personae eiusdem essentiae divinae et coeternae: Pater, Filius et Spiritus sanctus. Hunc articulum semper docuimus et defendimus. Et sentimus eum habere certa et firma testimonia in scripturis sanctis, quae labefactari non queant. Et constanter affirmamus aliter sentientes extra Ecclesiam Christi et Idolatrasb esse et Deum contumelia afficere.
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De peccato originali
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Secundum articulum de peccato Originis probant adversarii, Verum ita, ut reprehendant tamen definitionem peccati Originalis, quam nos obiter recitavimus. Hic in ipso statim vestibulo deprehendet Caes[area] Maiestas non solum iudicium, sed etiam candorem istis defuisse, qui Confutationem scripserunt. Nam cum nos simplici ani[f4v]mo obiter recensere voluerimus illa, quae peccatum Originis complectitur, isti acerba interpretatione conficta sententiam per se nihil habentem incommodi arte depravant. Sic inquiunt: sine metu Dei, sine fide | esse est culpa actualis. Igitur negant esse culpam originalem.
b
Idololatras CR
ecclesia catholica fatentur vitium originis vere esse peccatum damnans et afferens aeternam mortem his, qui non renascuntur per baptismum et spiritum sanctum. Nam recte in hoc damnant Pelagianos et novos et veteres iam pridem ab ecclesia damnatos“ (deutsch: ebd., 80,2–7). | 24 Vgl. Confutatio II, in: Immenkötter, Confutatio, 81,7–14: „At declaratio articuli, quod peccatum originis sit, quod nascantur homines sine metu dei, sine fiducia erga deum, est omnino reiicienda. Cum sit cuilibet christiano manifestum esse sine metu dei, sine fiducia erga deum potius esse culpam actualem adulti quam noxam infantis recens nati, qui usu rationis adhuc non pollet, velut dominus ad Moysen ait: Tui parvuli, qui hodie boni et mali ignorant distantiam, Deut. 1. Sed et ea reiicitur declaratio, qua vitium originis concupiscentiam dicunt, si ita concupiscentiam volunt esse peccatum, quod etiam post baptismum remaneat peccatum in puero“ (deutsch: ebd., 80,8–18). 25 sich
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Apologia Confessionis Augustanae
Es ist leichtlich zu mercken und abzunemen, das solch cavillatio26 von Theologen, nicht von des Keisers Radt herkömet. Wiewol wir nu solche neidische, geferliche, mutwilliche deutungen wol wissen zu verlegen, doch das alle redliche und erbare leute verste[B2v]hen mügen, das wir in dieser sache nichts ungeschickts leren, so bitten wir, sie wollen unser vorig deudsch Confession, so zu Augspurgk uberantwortet,27 ansehen; die wird gnug anzeigen, wie wir nichts neues odder ungehörtes leren; denn inn derselbigen ist also geschrieben: „Weitter wird geleret, das nach dem fall Adae alle menschen, so natürlich geborn werden, inn sunden entpfangen und geboren werden, das ist, das sie alle von mutterleibe an vol böser lust und neigung sind, keine ware Gottesforcht, keinen waren glauben an Gott von natur haben können.“28 Inn diesem erscheinet gnug, das wir von allen, so aus fleisch geboren sind, sagen, das sie untüchtig sind zu allen Gottessachen, Gott nicht hertzlich fürchten, ihme nicht glauben noch vertrauen können. Da reden wir von angeborner böser art des hertzen, nicht allein von actualeh culpa odder von wircklicher schuld und sunden, denn wir sagen, das inn allen Adamskindern ein bös neigung und lust sey und das niemands ihme selbs ein hertz könne odder vermüge zu machen, das Gott erkenne odder Gott hertzlich vertraue, hertzlich fürchte. Ich wolt doch gern hören, | was sie da schelten wollen oder möchten. Denn frome redliche leute, den29 die warheit lieb, sehen on allen zweifel, das dieses recht und war ist; denn auff die meinung sagen wir inn unser Latinischen bekentnis, das [B3r] inn einem natürlichen menschen nicht potentia, das ist nicht so viel tügens, vormügens sey – auch nicht an unschuldigen kindlin, wilche auch aus Adam untüchtig sein –, immer hertzlich Gott zu förchten und hertzlich Gott zu lieben.30 In den alten aber und erwachsenen sind noch uber die angeborn böse art des hertzens auch noch actus und wircklich sunde. Darümb, wenn wir angeborn böse lust nennen, meinen wir nicht allein die actus, böse werck oder frucht, sondern inwendig die böse neigung, welche nicht auffhöret, solang wir nicht neu geborn werden durch geist und glauben.31 Aber darnach wollen wir mit mehr worten anzeigen, das wir von der Erbsunde, nemlich, was dieselbig sey odder nicht, auch auff geübte, alte weise der Scholasticen und nicht so ungewönlich gered haben. Ich mus aber erst anzeigen, aus was ursachen ich an dem ort fornemlich solcher und nicht ander wort habe brauchen wollen. Die widdersacher selbst reden also davon in ihren schulen und bekennen, das die materien odder [das] materiale der Erbsunde (wie sie es nennen) sey böse lust.32 Darümb, so ich habe wollen
h
cj.: actual; actual CR
26 spitzfindiges Gerede | 27 Die Augsburger Fassung der CA, die am 25. Juni 1530 verlesen und übergeben wurde. Zur Schwierigkeit der Rekonstruktion dieser Fassung vgl. o. S. 69. | 28 Vgl. CA II, o. S. 94,17–96,1. | 29 denen | 30 Vgl. CA II, o. S. 94–97. | 31 Augustinus, Contra Julianum Pelagianum II, 5, 12, in: PL 44, 681f; vgl. Luther, Vorlesung über den Römerbrief (1515f), in: WA
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Has argutias satis apparet in scholis natas esse, non in Consilio Caesaris. Quamquam autem haec cavillatio facillime revelli possit, tamen, ut omnes boni viri intelligant nos nihil absurdi de hac causa docere, Primum petimus, ut inspiciatur Germanica confessio; haec absolvet nos suspicione novitatis. Sic enim ibi scriptum est: Weiter wird geleret, das nach dem fall Adae alle menschen, so natürlich geborn werden, inn sünden empfangen und geborn werden, das ist, das sie alle von mutter leib an voll böser lüstγ und neigung sind, keine ware Gottes forcht, kein waren glauben an Gott von natur haben können.1
Hic locus testatur nos non solum actus, sed potentiam seu dona efficiendi timorem et fiduciam erga Deum adimere propagatis secundum carnalem naturam. Dicimus enim ita natos habere concupiscentiam nec posse efficere verum timorem et fiduciam erga [f5r] Deum. Quid hic reprehendi potest? Bonis viris quidem arbitramur nos satis purgatos esse. Nam in hanc sententiam latina descriptio potentiam naturae detrahit, hoc est, dona et vim efficiendi timorem et fiduciam erga Deum; detrahit et in adultis actus. Ut cum nominamus | concupiscentiam, non tantum actus seu fructus intelligimus, sed perpetuam naturae inclinationem.
Sed postea ostendemus pluribus verbis nostram descriptionem consentire cum usitata ac veteri definitione. Prius enim consilium nostrum aperiendum est, cur his potissimum verbis hoc loco usi simus. Adversarii in scholis fatentur materiale (ut vocant) peccati originalis esse concupiscentiam, quare in γ
lüste lat. 8° (1580)
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CA II, o. S. 94,17–96,1.
56, 351,3–22 (hier zu Röm 7,17) sowie ders., Sermon von dem Gebet und der Prozession in der Kreuzwoche (1519), in: WA 2, 179,19–30. | 32 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 82 art. 3 c, in: L 7, 97: „Sic ergo privatio originalis iustitiae, per quam voluntas subdebatur Deo, est formale in peccato originali: omnis autem alia inordinatio virium animae se habet in peccato originali sicut quidam materiale […] Et ita peccatum originale materialiter quidem est concupiscentia; formaliter vero, defectus originalis iustitiae.“
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sagen, was Erbsunde sey, ist das nicht zu ubergehen gewest, sonderlich dieser zeit, da etliche von derselbigen angeborn bösen lust mehr Heidnisch aus der Philosophy denn nach dem Göttlichen wort oder nach der heiligen schrifft reden. Denn etliche33 reden also davon, das die Erbsunde an der [B3v] menschlichen natur nicht sey ein angeborne böse art, sondern allein ein gebrechen und auffgelegte last odder bürde, die alle Adamskinder umb frembder sunde willen, nemlich Adams sunde halben, tragen müssen und darümb alle sterblich sein, nicht das sie selbst alle von art und aus mutterleib sunde ererbeten. Darüber sagen sie dazu, das kein mensch ewig verdampt werde allein umb der Erbsunde odder | Erbjammers willen, sondern, gleich wie von einer leibeigen magd leibeigen leut und erbknecht geborn werden, nicht ihr eigen schuld halben, sondern, das sie der mutter unglucks und elends entgelten und tragen müssen – so sie doch an ihn selbst wie ander menschen ohnei wandel geborn werden –, So sey die Erbsunde auch nicht ein angeborn ubel, sondern allein ein gebrechen und last, die wir von Adam tragen, aber vor34 uns selbst, darümb nicht inn sunden und erbungnaden stecken. Damit ich nu anzeigete, das uns solche unchristliche meinung nicht gefiele, hab ich dieser wort gebraucht: „alle menschen von mutterleib an sind alle vol böser lüste und neigung“.35 Und [ich] nenne die Erbsunde auch darümb ein seuche, anzuzeigen, das nicht ein stücke, sondern der gantz mensche mit seiner gantzen natur mit einer Erbseuche von art inn sunden geborn wird; darümb nennen wir es auch nicht allein ein böse lust, sondern sagen [B4r] auch, das alle menschen inn sunden, ohnej Gottesforcht, ohnek glauben geborn werden; dasselbig setzen wir nicht ohnel ursach dazu. Die Schulzencker odder Scholastici, die reden von der Erbsunde, als sey es allein ein leiderlich36, gering gebrech, und [sie] verstehen nicht, was die Erbsunde sey odder wie es die andern heiligen Veter gemeint haben. Wenn die Sophisten schreiben, was Erbsunde sey, was der fomes37 odder böse neigung sey, reden sie unter andern davon, als sey es ein gebrech am leib, wie sie denn wunder kindisch von sachen zu reden pflegen, und geben fragen fur: Ob derselbige gebrech aus vergifftung des verboten Apfels im paradis oder aus | anblasen der schlangen Adam erst ankomen sey,38 Item, Ob es mit dem gebrechen die Artzneim jhe lenger jhe erger macht.39 Mit solchen zenckischen fragen haben sie diese gantze hauptsachen und die furnemste frage, was die Erbsunde doch sey, gar verwirret und unterdrücket. Darümb, wenn sie von der Erbsunde reden, lassen sie das gröste und nöttigeste aussen, und unsers rechten, grösten jammers gedencken sie gar nicht, nemlich, das wir menschen alle also von art geborn werden, das wir Gott i
cj.: ane; ane CR | j cj.: ane; ane CR | k cj.: ane; ane CR | l cj.: ane; ane CR | m cj.: artztey
33 Das Folgende richtet sich besonders gegen den Zürcher Reformator Huldrych Zwingli. Vgl. Zwingli, Fidei ratio (1530), in: CR 93/2, 796,31–800,15 (BSRK 1/1, 429,35–432,26). | 34 für
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definiendo non fuit praetereunda, praesertim hoc tempore, cum de ea nonnulli parum religiose philosophantur. Quidam enim disputant peccatum originis non esse aliquod in natura hominis vitium seu corruptionem, sed tantum servitutem seu conditionem mortalitatis, quam propagati ex Adam sustineant sine aliquo proprio vitio propter alienam culpam.
Praeterea addunt neminem damnari mor[f5v]te aeterna propter peccatum originis, Sicut ex ancilla servi nascuntur et hanc conditionem sine naturae vitiis, sed propter calamitatem matris sustinent.
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Nos, ut hanc impiam opinionem significaremus nobis displicere, concupiscentiae mentionem fecimus; optimo animo morbos nominavimus et exposuimus, quod natura hominum corrupta et vitiosa nascatur. Neque vero tantum concupiscentiam nominavimus, sed diximus etiam deesse timorem Dei et fidem. Id hoc consilio adiecimus. Extenuant peccatum Originis et scholastici doctores non satis intelligentes definitionem peccati originalis, quam acceperunt a Patribus.
De fomite disputant, quod sit qualitas corporis, et, ut suo more sint inepti, quaerunt, utrum qualitas illa contagione pomi an ex afflatu serpentis contracta sit, Utrum augeatur medicamentis. Huiusmodi quaestionibus oppresserunt principale negotium.
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Itaque, cum de peccato Originis loquuntur, graviora vitia humanae naturae non commemorant: scilicet ignorationem Dei, contemptum Dei, vacare metu 35 Vgl. CA II, o. S. 94,19. | 36 erträglich | 37 Der nach der Taufe bleibende Rückstand der Erbsünde („Zunder“). Vgl. z.B. Petrus Lombardus, Sententiarum II d. 30,7, in: PL 192, 722; Thomas von Aquin, Summa theologiae III q. 15. art. 2, in: L 11,186f (fomes bei Christus), und III q. 27 art. 3, in: L 11, 292–295 (fomes bei Maria). | 38 Vgl. Gen 3,1–5. | 39 Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum II d. 30. q. 1 art. 3 dub. 2, in: BCS 2, 558f.
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odder Gottes werck nicht kennen, nicht sehen noch mercken, Gott verachten, Gott nicht ernstlich fürchten noch vertrauen, seinem gerichte oder urteil feind sein, Item, das wir alle von natur vor Gott als einem Tyrannen flihen, widder seinen willen zör[B4v]nen und murren, Item, uns auff Gottes güte gar nicht lassen noch wagen, sondern allzeit mehr auff gelt, gut, freund verlassen; diese geschwinde Erbseuche, durch welche die gantze natur verderbt, durch welche wir alle solch hertz, syn und gedancken von Adam ererben, welches stracks widder Gott und das erste höchste gebot Gottes ist, ubergehen die Scholastici. Und reden davon, als sey die menschlich natur unverterbet, vormüge Gott gros zu achten, zu lieben uber alles, Gottes gebot zu halten etc., und sehen nicht, das sie widder sich selbs sind. Denn solchs aus eigen krefften vermügen, nemlich Gott gros zu achten, hertzlich zu lieben, sein gebot halten, was were das anders denn ein neu Creatur im Paradis, gar rein und heilig sein? So wir nu aus unsern krefften so grosses vermöchten, Gott uber alles zu lieben, seine gebot zu halten, wie die Scholastici tapffer dörffen heraus sagen,40 was were denn die Erbsunde? Und so wir aus eigen krefften gerecht worden, so ist die gnade Christi vergeblich? was dürfften wir auch des heiligen Geistes, so wir aus menschlichen krefften Gott uber alles lieben und seine gebot halten können? Hie sicht jhe jdermann, wie ungeschickt die widdersacher von diesem hohen handel reden. Sie bekennen die kleinen gebrechen an der sündlichen natur, und des allergrösten Erbjammers und elends gedencken sie nicht, da doch die Aposteln alle uber klagen, das die gantze schrifft allent[C1r]halben meldet, da alle Propheten uber schreien, wie der xiii. Psalm und etlich ander Psalm sagen: „Da ist nicht, der gerecht sey, auch nicht einer.“41 „Da ist nicht, der nach Gott fraget.“42 „Da ist nichtω, der guttes thut, auch nicht einer.“43 „Ihr schlundn ist ein offens grab.“44 „Otterngifft ist unter ihren lippen.“45 Es ist keine forcht Gottes fur ihren augen, so doch auch die schrifft klar sagt, das uns solchs alles nicht angeflohen46, sondern angeborn sey. Dieweil aber die Scholastici unter die Christliche lere viel Philosophy gemengt und viel von dem liecht der vernunfft und den actibus elicitis reden, halten sie zu viel vom freien willen und unsern wercken. Darüber haben sie geleret, das die menschen durch ein eusserlich erbar leben fur Gott from werden, und haben nicht gesehen die angeborne | unreinigkeit inwendig der hertzen, welche niemands gewar wird denn allein durch das wort Gottes, welchs die Scholastici inn ihren büchern fast47 sperlich und selten handeln. n
Rachen L45
ω
keiner Ps 14 (Vg 13),3
40 Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum II d. 27. q. 1 art. 3 dub. 5Q, in: BCS 2, 525,11–526,17 (vgl. u. S. 316f, Anm. 231); IV d. 14. q. 1 art. 2. concl. 4 S, in: BCS 4,1, 434–436. | 41 Röm 3,10; vgl. Hi 4,17. | 42 Röm 3,11; vgl. Ps 14 (Vg 13),2. | 43 Röm 3,12; Ps 14 (Vg
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et fiducia Dei, odisse iudicium Dei, fugere Deum iudicantem, irasci Deo, desperare gratiam, habere fiduciam rerum praesentium etc. Hos morbos, qui maxime [f6r] adversantur legi Dei, non animadvertunt scholastici.
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Imo tribuunt interim humanae naturae integras vires ad diligendum Deum super omnia, ad facienda praecepta Dei quoad substantiam actuum. Nec vident [inter] se pugnantia dicere. Nam propriis viribus posse diligere Deum super omnia, facere praecepta Dei, quid aliud est quam habere iustitiam originis? Quod si has tantas vires habet humana natura, ut per sese possit diligere Deum super omnia, ut confidenter affirmant scholastici, quid erit peccatum originis? Quorsum autem opus erit gratia Christi, si nos possumus fieri iusti propria iusti|tia? Quorsum opus erit spiritu sancto, si vires humanae per sese possunt Deum super omnia diligere et praecepta Dei facere?
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Quis non videt, quam praepostere sentiant adversarii? Leviores morbos in natura hominis agnoscunt, graviores morbos non agnoscunt, de quibus tamen ubique admonet nos scriptura et Prophetae perpetuo conqueruntur: videlicet de carnali securitate, de contemptu Dei, de odio Dei et similibus vitiis nobiscum natis.
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Sed postquam scholastici admiscuerunt doctrinae Christianae Philosophiam de perfectione naturae et plus quam satis erat libero arbitrio et actibus elicitisδ tribuerunt et homines [f6v] philosophica seu civili iustitia, quam et nos fatemur rationi subiectam esse et aliquo modo in potestate nostra esse, iustificari coram Deo docuerunt; non potuerunt videre interiorem immunditiam
δ
illicitis lat. 8° (1542/1559)
13),3 | 44 Ps 5,10 | 45 Ps 140 (Vg 139),4 | 46 angeflogen | 47 sehr, nur ganz
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Wir sagen auch wol, das eusserlich erbar zu leben etlichermas inn unserm vermügen stehe, aber fur Gott from und heilig zu werden, ist nicht unsers vermügens. Das sind die ursachen, warümb ich des ortes, als ich hab wöllen sagen, was die Erbsunde sey, der angeboren bösen lust gedacht habe und gesagt, das aus natürlichen krefften kein mensch vermag Gott zu förchten odder ihm zu vertrauen. Denn ich hab wöllen anzeigen, [C1v] das die Erbsunde auch diesen jamer inn sich begreiffe, nemlich, das kein mensch Gott kennet odder achtet, keiner ihnen hertzlich fürchten odder lieben odder ihm vertrauen kan. Das sind die grösten stück der Erbseuche, durch welche wir alle aus Adam stracks widder Gott, widder die ersten Taffel Mosi48 und das gröste, höchste Götlich gebot gesinnet und geartet sind. Und wir haben da nichts neues gesagt, die alten Scholastici, so man sie recht verstehet, haben gleich dasselbige gesagt. Denn sie sagen, die Erbsunde sey ein mangel der ersten reinigkeit und gerechtigkeit im Paradis.49 Was ist aber „iustitia originalis“ odder die erste gerechtigkeit im Paradis? Gerechtigkeit und heiligkeit inn der schrifft heist jhe nicht allein, wenn ich die ander Taffel Mosi halte, gute werck thu und dem nehisten diene, Sondern denjhenigen nennet die schrifft from, heilig und gerecht, der die ersten Tafel, der das erste gebot helt, das ist, der Gott von hertzen fürchtet, ihnen liebet und sich auff Gott verlesset. Darümb ist Adams reinigkeit und unverrückt wesen nicht allein ein fein, volkomene gesundheit und allenthalben rein geblüt, unverterbte kreffte des leibs gewesen, wie sie davon reden,50 Sondern das gröst an solcher edeler erster creatur ist gewesen ein helles liecht im hertzen, Gott und sein werck zu kennen, ein rechte Gottesfurcht, ein recht hertzlich vertrauen gegen Gott [C2r] und allenthalben ein rechtschaffen, gewisser verstand, ein fein, gut, frölich hertz gegen Gott und allen Göttlichen sachen. Und das bezeuget auch die heilige schrifft, da sie sagt, das der mensch nach Gottes bilde und gleichnis | geschaffen sey.51 Denn was ist das anders denn das Göttliche weisheit und gerechtigkeit, die aus Gott ist, sich im menschen bildet? dadurch wir Gott erkennen, durch welche Gottes klarheit sich inn uns spiegelt, das ist, das dem menschen ersten52, als er geschaffen, diese gaben gegeben sein: recht, klar erkentnis Gottes, rechte forcht, recht vertrauen und dergleichen. Denn also legen auch solchs aus vom bilde und gleichnis Gottes Ireneus53 und Ambrosius, so er allerley auff die meinung redet, sagt [er] unter andern: die seele ist nicht nach dem bilde Gottes geschaffen, inn welcher Gott nicht
48 Die erste Tafel der Zehn Gebote (1–3) bestimmt das Verhältnis zu Gott (Gottesliebe), die zweite Tafel (4–10) das Verhältnis zu den Mitmenschen (Nächstenliebe). Vgl. Augustinus, Contra Faustum Manichaeum XV, 4, in: PL 42, 305–307; Danach u.a. Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum II, d. 30 q. 2 art. 1, in: BCS 2, 562–568. | 49 Anselm von Canterbury, De conceptu virginali et originali peccato XXVII, in: PL 158, 461f; Thomas von Aquin; vgl. u. S. 264f, Anm. 91. | 50 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 82 art. 1 c, in: L 7, 94:
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naturae hominum. Neque enim potest iudicari nisi ex verbo Dei, quod scholastici in suis disputationibus non saepe tractant.
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Hae fuerunt causae, cur in descriptione peccati originis et concupiscentiae mentionem fecimus et detraximus naturalibus viribus hominis timorem et fiduciam erga Deum. Voluimus enim significare, quod peccatum originis hos quoque morbos contineat: ignorationem Dei, contemptum Dei, vacare metu Dei et fiducia erga Deum, non posse diligere Deum. Haec sunt praecipua vitia naturae humanae pugnantia proprie cum prima tabula decalogi.
Neque novi quidquam diximus. Vetus definitio recte intellecta prorsus idem dicit, Cum ait peccatum originis carentiam esse iustitiae originalis. Quid est autem iustitia? Scholastici hic rixantur de dialecticis quaestionibus, non explicant, quid sit iustitia Originalis. Porro iustitia in scripturis continet non tantum secundam tabulam Decalogi, [f7r] sed primam quoque, quae praecipit de timore Dei, de fide, de amore Dei.
Itaque iustitia Originalis habitura erat non solum aequale temperamentum qualitatum corporis, sed etiam haec dona: notitiam Dei certiorem, timorem Dei, fiduciam Dei aut certe rectitudinem et vim ista efficiendi. Idque testatur scriptura, cum inquit hominem ad imaginem et similitudinem Dei conditum esse.2 Quod quid est aliud nisi in homine hanc sapientiam et iustitiam effigiatam esse, quae Deum apprehenderet et in qua reluceret Deus? hoc est homini dona esse data: notitiam Dei, timorem Dei, fiduciam erga Deum et similia.
Sic enim interpretantur similitudinem Dei Ireneus et Ambrosius, qui cum alia multa in hanc sententiam dicit, tum ita in|quit: Non est ergo anima ad
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Vgl. Gen 1,27.
„Peccatum originale est […] quaedam inordinate dispositio proveniens ex dissolutione illius harmoniae in qua consistebat ratio originalis iustitiae.“; II,1. q. 85 art. 3 c, in: L 7, 112: „Per iustitiam originalem perfecte ratio continebat inferiores animae vires.“ | 51 Vgl. Gen 1,27. | 52 zuerst | 53 Vgl. Irenaeus, Contra haereses V, 11, 2, in: PG 7, 1150f.
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allzeit ist;54 und Paulus zu den Ephesern und Colossern zeigt gnug an, das Gottes bilde inn der schrifft nicht anders heisse denn erkentnis Gottes und rechtschaffen wesen und gerechtigkeit fur Gott.55 Und Longodardus sagt frey heraus, das die erst geschaffene gerechtigkeit in Adam sey das bilde und die gleichnis Gottes, welchs an dem menschen von Gott gebildet ist.56 Ich erzele die meinung und sprüche der alten, wilche an der Auslegung Augustini, wie derselbige vom bilde Gottes redet, nichts hindern.57 Darümb die alten, [C2v] da sie sagen, was die Erbsunde sey, und sprechen, Es sey ein mangel der ersten angeschaffenen gerechtigkeit, Da ist ir meinung, das der mensch nicht allein am leib odder geringsten, nidersten krefften verterbet sey, sondern das er auch dadurch verloren habe diese gaben: recht erkentnis Gottes, rechte liebe und vertrauen gegen Gott und die krafft, das liecht im hertzen, so ihm zu dem allen liebe und lust macht. Denn die Scholastici odder Theologen selbst inn schulen leren, das dieselbige angeborne gerechtigkeit uns nicht müglich were gewesen one sonderliche gaben und one hülffe der gnaden. Und dieselbigen gaben nennen wir Göttesforcht, Gotteserkentnis und vertrauen gegen Gott, damit, das man es verstehen müge. Aus diesem allem erscheinet gnugsam, das die alten, da sie sagen, was die Erbsunde sey, gleich mit uns stimmen und auch ihr meinung ist, das wir durch die Erbsunde inn den jamer komen geborn, das wir kein gut hertz, welchs Gott recht liebet, gegen Gott haben, nicht allein kein rein guttes werck zu thun odder volbringen vermügen. Gleich dasselbig meinet auch Augustinus, da er auch wil sagen, was die Erbsunde sey, und pflegt die Erbsunde ein böse lust | zu nennen, denn er wil anzeigen, das nach Adams falle anstat der gerechtickeit böse lust uns angeborn wird. Denn von dem falle an, dieweil wir, als von art sundlich geborn, Gott nicht fürchten, lieben [C3r] noch im vertrauen, so thun wir nichts anders, denn das wir uns auff uns selbst verlassen, verachten Gott oder erschrecken und flihen von Gott. Und also ist inn Augustinus worten auch die meinung gefasset und begriffen derjhenigen, die da sagen, die Erbsunde sey ein mangel der ersten gerechtigkeit, das ist die böse lust, welche anstad derselbigen gerechtigkeit uns anhengt.58 Und ist die böse lust nicht allein ein verterbung odder verrückung der ersten reinen leibsgesundheit Adams im Paradis, sondern auch ein böse lust und neigung, da wir nach den allerbesten, höchsten krefften und liecht der vernunfft dennoch fleischlich widder Gott geneigt und gesynnet sind. Und diejhenigen wissen nicht, was sie sagen, die da leren, der mensch vermüg aus seinen krefften, Gott uber alles zu lieben, und müssen doch zugleich bekennen, es bleibe, solang dis leben weret, noch böse lust, sofern sie vom heiligen geist nicht gentzlich getödtet ist. 54 Vgl. Ambrosius von Mailand, Exa(e)meron VI, 8, 45, in: PL 14, 275 (CSEL 32/1, 236,17f); vgl. II Kor 3,18. | 55 Vgl. Eph 5,9; Kol 3,10. | 56 Vgl. Petrus Lombardus, Sententiarum II, dist. 16 c. 4., in: PL 192, 684. | 57 Augustinus, De trinitate XII, 7, 9–12; XIV, 12, 15f; 14, 20, in: PL 42, 1003–1005. 1048f. 1051 (CChr.SL 50/50A, 363–367. 442–444. 448f). | 58 Augustinus, De nuptiis
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imaginem Dei, in qua Deus non semper est3. Et Paulus ad Ephesios et Colossenses ostendit imaginem Dei notitiam Dei esse, iustitiam et veritatem.4 Nec Longobardus veretur dicere, quod iustitia originis sit ipsa similitudo Dei, quae homini indita est a Deo. Recitamus veterum sententias, quae nihil impediunt Augustini interpretationem de imagine.
Itaque vetus definitioc, cum inquit peccatum esse [f7v] carentiam iustitiae, detrahit non solum oboedientiam inferiorum virium hominis, sed etiam detrahit notitiam Dei, fiduciam erga Deum, timorem et amorem Dei aut certe vim ista efficiendi detrahit. Nam et ipsi Theologi in scholis tradunt ista non effici sine certis donis et auxilio gratiae. Nos ipsa dona nominamus, ut res intelligi possit: notitiam Dei, timorem et fiduciam erga Deum. Ex his apparet veterem definitionem prorsus idem dicere, quod nos dicimus detrahentes metum Dei et fiduciam videlicet non actus tantum, sed dona et vim ad haec efficienda.
Eadem est sententia definitionis, quae exstat apud Augustinum, qui solet definire peccatum originis concupiscentiam esse. Significat enim concupiscentiam successisse amissa iustitia. Nam aegra natura, quia non potest Deum timere et diligere, Deo credere, quaerit et amat carnalia. Iudicium Dei aut secura contemnit aut odit perterrefacta. Ita et defectum complectitur Augustinus et vitiosum habitum, qui successit. Neque vero concupiscentia tantum corruptio qualitatum corporis est, Sed etiam prava conversio ad carnalia in superioribus viribus. Nec vident, quid dicant, qui simul tribuunt homini concupiscentiam non mortificatam a [f8r] spiritu sancto et dilectionem Dei super omnia.
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divinitio CR
3 Ambrosius von Mailand, Exa(e)meron VI, 8,45, in: PL 14, 275 (CSEL 32/1, 236,17f); vgl. II Kor 3,18. | 4 Vgl. Eph 5,9; Kol 3,10.
et concupiscentia ad Valerium Comitem I, 24, 27, in: PL 44, 429 (CSEL 42, 240,2–10); ders., Contra Julianum Pelagianum II, 31–37, in: PL 44, 694–702.
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Derhalben wir so eigentlich beides erwenet und ausgedrückt, da wir haben leren wöllen, was die Erbsunde sey, beide, die böse lust und auch den mangel der ersten gerechtigkeit im Paradis. Und sagen, derselb mangel sey, das wir Adamskinder Gott von hertzen nicht vertrauen, ihnen nicht fürchten noch lieben. Die böse lust sey, das natürlich widder Gottes wort all unser sin, hertz und mut stehet, da wir nicht allein suchen allerley wollust des leibs, sondern auch auff unser weisheit und gerechtigkeit vertrauen und dage[C3v]gen Gottes vergessen und wenig, ja, gar nichts achten. Und nicht allein die alten Veter als Augustinus und dergleichen, sondern auch die neulichsten lerer und Scholastici, die etwas verstand gehabt, leren, das diese zwey stück semptlich die Erbsunde sind, nemlich der mangel und die böse lust. Denn also sagt Sanct Thomas, das Erbsund ist nicht allein ein mangel der Ersten gerechtigkeit, sondern auch ein unördentlich begirde odder lust inn der seelen. Derhalben ist es, sagt er, nicht allein eitel lauter mangel, sondern auch „aliquid positivumo“.59 Und Bonaventura auch sagt klar: Wenn man fragt, was die Erbsunde sey, ist dis die recht antwort: Das es ein ungeweret60, böse lust sey. Auch ist die recht antwort, das es ein mangel sey der gerechtigkeit; und eins gibt das | ander.61 Gleich dasselbig meinet auch Hugo, da er saget: die Erbsunde ist blindheit im hertzen und böse lust im fleisch, denn er wil anzeigen, das wir Adamskinder alle so geborn werden, das wir Gott nicht kennen, Gott verachten, ihm nicht vertrauen, ja ihnen auch flihen und hassen. Denn das hat Hugo wollen kurtz begreiffen, da er gesagt: „Ignorantia in mente“, blindheit odder unwissenheit im hertzen.62 Und die sprüche auch der neuesten lerer stimmen uberein mit der heiligen schrifft. Denn Paulus nennet die Erbsunde unterzeitten mit klaren worten einen mangel Göttliches liechtes etc. i. Corin. ii.: „Der natürlich mensch aber vernimpt nichts vom Geist Gottes“63; und an [C4r] andern orten nennet er es „böse lust“ als zu den Römern am vii., da er sagt: „Ich sehe ein ander gesetz inn meinen geliedern“64 etc., Welche lust allerley böse früchte gebiret. Ich könd hie wol viel mehr sprüche der schriffte furbringen von beiden diesen stücken, aber inn dieser öffentlichen warheit ist es nicht not. Ein jeder verstendiger wird leichtlich sehen und mercken, das [sie] also one Gottesforcht, one vertrauen im hertzen sind [und es] nicht allein actus odder wircklich sunde sein, sondern ein angeborn mangel des Göttlichen liechts und alles guten, welcher da bleibt, solange wir nicht durch den heiligen geist neu geborn und durch den erleucht werden. Wie wir nu bisher von der Erbsund geschrieben und geleret, so leren wir nichts neues, nicht anders denn die heilige schrifft, die gemeine heilige
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habet positive L 7,94
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Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 82 art. 1 ad 1, in: L 7,94. | 60 ungezügelte Vgl. Bonaventura, Commentaria in quattuor libros Sententiarum Magistri Petri Lombardi II Dist. 30 a. 2, q. 1 concl. 1, in: BO 2, 722. | 62 Vgl. Hugo von St. Viktor, De sacramentis I, 7, 28, in: 61
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Nos igitur recte expressimus utrumque in descriptione peccati Originalis videlicet defectus illos: non posse Deo credere, non posse Deum timere ac diligere, Item habere concupiscentiam, quae carnalia quaerit contra verbum Dei, hoc est, quaerit non solum voluptates corporis, sed etiam sapientiam et iustitiam carnalem et confidit his bonis contemnens Deum. Neque solum veteres, sed etiam recentiores, Si qui sunt cordatiores, docent simul ista vere peccatum originis esse: defectus videlicet, quos recensui, et concupiscentiam. Sic enim inquit Thomas: Peccatum originisd habet privationem originalis iustitiae et cum hoc inordinatam dispositionem partium animae, unde non est privatio pura, Sed quidam habitus corruptus.5 Et Bonaventura: Cum quaeritur, quid sit originale peccatum, recte respondetur, quod sit concupiscentia immoderata. Recte etiam respondetur, quod sit | debitae iustitiae carentia. Et in una istarum responsionum includitur altera.6
Idem sensit Hugo, cum ait Originale peccatum esse ignorantiam in mente et concupiscentiam in carne.7 Significat enim nos nascentes afferre ignorationem Dei, incredulitatem, [f8v] diffidentiam, contemptum, odium Dei. Haec enim complexus est, cum ignorantiam nominat. Et hae sententiae consentiunt cum scripturis. Nam Paulus interdum expresse nominat defectum, ut 1. Corin. 2.: Animalis homo non percipit ea, quae spiritus Dei sunt.8 Alibi concupiscentiam nominat efficacem in membris et parientem malos fructus. Plures locos citare de utraque parte possemus, sed in re manifesta nihil opus est testimoniis. Et facile iudicare poterit prudens lector has non tantum culpas actuales esse, sine metu Dei et sine fide esse. Sunt enim durabiles defectus in natura non renovata.
Nihil igitur de peccato Originis sentimus alienum aut a scriptura aut a catholica Ecclesia, sed gravissimas sententias Scripturae et Patrum obrutas Sophis-
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originale L 7, 94
5 Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 82 art. 1 ad 1, in: L 7, 94. | 6 Bonaventura, Commentaria in quatuor libros Sententiarum Magistri Petri Lombardi II dist. 30 art. 2, q. 1 concl. 1, in: BO 2, 722. | 7 Vgl. Hugo von St. Viktor, De sacramentis I, 7,28, in: PL 176, 299. | 8 I Kor 2,14
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Christliche kirche. Sondern solche nötige, tapffere, klare sprüche der heiligen schrifft und der Veter, welche durch ungeschickt gezenck der Sophisten unterdrückt gewesen, bringen wir widder an tag und wolten gern die Christlich lere rein haben. Denn es ist jhe am tage, das die Sophisten und schuelzencker nicht verstanden haben, was die Veter mit dem wort „mangel der ersten gerechtigkeit“ gemeinet. Dis stücke aber eigentlich und richtig zu leren und was die Erbsunde sey oder nicht sey, ist gar hoch vonnöten und kan niemand sich nach [C4v] Christo, nach dem unaussprechlichen schatze Göttlicher hulde und gnade, welche das Evangelium furtregt, hertzlich sehnen oder darnach verlangen haben, der nicht sein jamer und seuch erkennet, wie Christus sagt: „die gesundenp dörffen des artztes nicht“65. All heilig, erbar leben, alle gute wercke, soviel immer ein mensch auff erden thun mag, sind fur Gott eitel heuchley und greuel, wir erkennen denn erst, das wir von art elende sunder sind, welche in ungnaden Gottes sein, Gott widder66 fürchten noch lieben. Also sagt der Prophet: Dieweil du mir es gezeigt hast, bin ich erschrocken,67 und der Psalm: „Alle menschen sind lügener!“68 das ist, sie sind nicht recht gesinnet von Gott. Hie schreien nu die widdersacher hefftig widder Doctor Luther, das er geschrieben hat, die Erbsunde bleibe auch nach der Tauffe,69 | und sagen dazu, derselbig Artikel sey billich verdampt von Bapst Leo dem Zehenden.70 Aber Keiserliche Maiestat wird hie öffentlich finden, das sie uns gantz unrecht thun; denn die widdersacher verstehen fast71 wol, auff was meinung Doctor Luther das gered wil haben, da er sagt, die Erbsunde bleibe nach der Tauffe. Er hat allzeit klar also geschrieben, das die heilige Tauffe die gantz schuld und erbpflicht der Erbsunde wegnimpt und austilget, wiewol das „material“ (wie sie es nennen) der sunde, nemlich die böse neigung und lust, bleibet.72 Darüber inn alle seinen schrifften setzet er [D1r] noch dazu vom selbigen material, das der heilig geist, wilcher gegeben wird durch die Tauffe, anfehet innwendig die uberig böse luste teglich zu tödten und zu leschen und brengt ins hertz ein neu liecht, ein neuen syn und mut.73 Auff die meinung redet auch Augustinus, da er also sagt: die Erbsunde wird inn der Tauff vergeben, nicht das sie nicht mehr sey, sondern das sie nicht zugerechnet werde.74 p
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PL 176, 299. | 63 I Kor 2,14 | 64 Röm 7,23 | 65 Mt 9,12; Mk 2,17 par. | 66 weder | 67 Vgl. Jer 31,19. 68 Ps 116,11 (Vg 115,2) | 69 Vgl. Luther, Disputatio et excusatio F. Martini Luther adversus criminationes D. Joh. Eccii (1519), in: WA 2, 160,33–35: „In bono peccare hominem et peccatum veniale non natura sua sed Dei misericordia solum esse tale aut in puero post baptismum peccatum remanens negare, hoc est Paulum et Christum semel conculare“. Dazu ders., Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis (1519), in: WA 2, 410,34–421,15. Vgl. außerdem Luther, Adversus execrabilem Antichristi bullam (1520), in: WA 6, 608,26–609,6; ders., Wider die Bulle des Endchrists (1520), in: WA 6, 622,23–623,8; ders., Assertio omnium articulorum M. Lutheri per bullam Leonis X. (1520), in: WA 7, 103,8–110,21 und ders., Rationis Latomianae confutatio (1521), in: WA 8, 57,3–31. | 70 Vgl. Confutatio II, in: Immenkötter, Confutatio, 81,15–17: „Iam pridem enim damnati sunt a sede apostolica duo articuli Martini
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ticis rixis theologorum recentium repurgamus et in lucem restituimus. Nam res ipsa loquitur recentiores theologos non animadvertisse, quid voluerint Patres de defectu loquentes. Est autem necessaria cognitio peccati originis. Neque enim potest intelligi magnitudo gratiae Christi nisi morbis nostris cognitis. Tota hominis iustitia mera est hypocrisis coram Deo, nisi agnoverimus cor naturaliter vacare amore, timore, [g1r] fiducia Dei. Ideo Propheta inquit: Postquam ostendisti mihi, percussi femur meum.9 Item: Ego dixi in excessu meo: Omnis homo mendax,10 id est, non recte sentiens de Deo.11
Hic flagellant adversarii etiam Lutherum, quod scripserit Peccatum originis manere post Baptismum.12 Addunt hunc articulum iure damnatum esse a Leone x. Sed Caesa[rea] Maies[tas] in hoc loco manifestam calumniam deprehendet. Sciunt enim adversarii, in quam sententiam Lutherus hoc dictum velit, quod peccatum originis reliquum sit post Baptismum. Semper ita scripsit, quod Baptismus tollat reatum peccati originalis, etiam si materiale (ut isti vocant) peccati maneat videlicet concupiscentia. Addiditε etiam de materiali, quod spiritus sanctus datus per Baptismum incipit mortificare concupiscentiam et novos motus creat in homine.13
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Addit lat. 8° (1542/1559)
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Jer 31,19 | 10 Ps 116,11 (Vg 115,2) | 11 Vgl. CA II, o. S. 94–97. | 12 Vgl. o. S. 258, Anm. 69. Vgl. Luther, De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 534,8–17.
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Lutheri, secundus et tertius, de peccato remanente in puero post baptismum et de fomite remorante animam ab ingressu caeli“ (deutsch: ebd., 80,18–21). Vgl. hierzu die Bannandrohung gegen Luther: Papst Leo X., Bulle „Exsurge Domine“ (15. Juni 1520). Art. 2f, in: QGPK, 505: „2. In puero post baptismum negare remanens peccatum, est Paulum, et Christum simul conculcare. 3. Fomes peccati, etiamsi nullum adsit actuale peccatum, moratur exeuntem a corpore animam ab ingressu coeli.“ | 71 sehr | 72 Vgl. Luther, Randbemerkungen zu Petrus Lombardus (1510/11), in: WA 9, 74,17–29; 75,14–34. Damals folgerte Luther noch, dass die concupiscentia nicht die Erbsünde selbst sei, da sie in der Taufe nicht aufgehoben werde, sondern poena originalis peccati. | 73 Vgl. Luther, De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 534,8–17. | 74 Vgl. Augustinus, De nuptis et concupiscentia ad Valerium Comitem I, 25, 28, in: PL 44, 430 (CSEL 42, 240,17f).
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Da bekennet Augustinus öffentlich, das die sunde inn uns bleibt, wiewol sie uns nicht zugerechent wird. Und dieser spruch Augustini hat den lerern hernach so wol gefallen, das er auch im Decret angezogen wird.75 Und widder Julianum sagt Augustinus: Das gesetz, das inn unsern gelidern ist, ist weggethan durch die geistliche widdergepurt und bleibt doch im fleisch, welchs ist sterblich. Es ist hinweg gethan, denn die schuld ist gantz los durch das Sacrament, dadurch die gleubigen neu geborn werden, und bleibt noch da, denn es wircket böse luste, widder wilche kempffen die gleubigen.76 Das Doctor Luther so helt und leret, wissen die widdersacher fast77 wol, und so sie es nicht können anfechten, sondern selbs bekennen müssen, vorkeren sie ihm böslich die wort und deuten ihm sein meinung felschlich, die warheit unterzudrücken und unschuldig zu verdamnen. Aber weiter disputirn die widdersacher, das die böse lust ein last und auffgelegte straffe sey und sey nicht ein solche sunde, | die des todes [D1v] und verdamnis schuldig.78 Dawider sagt Doctor Luther, Es sey ein solche verdamliche sunde.79 Ich hab hie oben gesagt, das Augustinus auch solches meldet, die Erbsunde sey die angeborne böse lust.80 Sol dieses ubel gered sein, mögen sie es mit Augustino ausfechten. Darüber sagt Paulus: „Die sunde erkant ich nicht one durch das gesetze; denn ich wuste nichtq von der luste, wo das gesetz nicht gesagt hette: las dich nicht gelüsten“81. Da sagt jhe Paulus dürre eraus: ich wuste nicht, das die lust sunde war etc. Item: „Ich sehe ein ander gesetz in meinen geliedern, das da widderstreittet dem gesetze inn meinem gemüte und nimpt mich gefangen inn der sunde gesetze, welchs ist inn meinen geliedern.“82 Dieses sind Pauli helle, gewisse wort und klare sprüche; da vermag kein gloss, kein listiges fündlein nichts widder; diese sprüch werden alle Teuffel, alle menschen nicht mügen umbstossen. Da nennet er klar die bösen lust ein sunde, doch sagt er, das solch sunde denjhenigen, so an Christum gleuben, nicht wird zugerechnet; doch an ir selbst ist es gleichwol warlich ein sunde, des todes und ewigen verdamnis schüldig, und hat keinen zweifel, das auch solchs der alten Veter meinung gewest. Denn Augustinus disputirt und ficht hefftig widder diejhenigen, die da hilten, das die böse neigung und lust am menschen nicht sunde were und widder gut noch böse, wie schwartzen oder weissen leib haben auch wider gut noch bös ist.83
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Wohl De cons. Dist. 4 c. 2 (Friedberg I, 1361f) aus Augustinus, De baptismo parvulorum I, 39, in: PL 44, 150. | 76 Vgl. Augustinus, Contra Iulianum II, 3, 5, in: PL 44, 675. | 77 sehr | 78 Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 93. art. 3. ad 1, in: L 7, 164: „Poena consequens divinam iustitiam.“ Vgl. dazu Johannes Eck, ENCHIRIDION || LOCORVM || COMMVNIVM || ADVERSUS LV-||therum, & alios hostes || Ecclesiae. || Ioanne Eckio autore. || Plura quoque alia recenter a diuersis au-||toribus accesserunt, quae sequens || pagella indicat. || Omnia ut diligenti studio aucta, etiam || maiori cura emendata, Lyon: Gulielmus Rovillius 1572, f2v: „Potest igitur in Christi fidelibus, qui mente serviunt legi Dei, concupiscentia carnis repugnante legi mentis, nullum esse
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Ad eundem modum loquitur et Augustinus, qui ait: ePeccatum in Baptismo remittiture, non ut non sit, sed ut non imputeturζ.14 Hic palam fatetur esse, | hoc est, manere peccatum, tametsi non imputetur. Et haec sententia adeo placuit posterioribusη, ut recitata sit et in Decretis. Et contra Iulianum inquit Augustinus: Lex ista, quae est in membris, remissa est regenera[g1v]tione spirituali et manet in carne mortali. Remissa est, quia reatus solutus est sacramento, quo renascuntur fideles. Manet autem, quia operatur desideria, contra quae dimicant fideles.15 Sic sentire ac docere Lutherum sciunt adversarii. Et cum rem improbare non possint, verba tamen calumniantur, ut hoc artificio innocentem opprimant.
At disputant concupiscentiam poenam esse, non peccatum. Lutherus defendit peccatum esse. Supra dictum est Augustinum definire peccatum originis, quod sit concupiscentia. Expostulent cum Augustino, si quid habet incommodi haec sententia. Praeterea Paulus ait: concupiscentiam nesciebam esse peccatum, nisi lex diceret: Non concupisces.16 Item: video aliam legem in membris meis repugnantem legi mentis meae et captivantem me legif peccati, quae est in membris meis.17
Haec testimonia nulla cavillatione everti possunt. Clare enim appellant concupiscentiam peccatum, Quod tamen his, qui sunt in Christo, non imputatur, et si res sit natura digna morte, ubi non condonatur. Sic patres citra controversiam sentiunt. Nam Augustinus longa disputatione revellit opinionem istorum, qui sentiebant concupiscentiam in homine non [g2r] esse vitium, sed ἀδιάφορον, ut corporis color aut adversa valetudo ἀδιάφορον dicitur.
e–e ζ
dimitti concupiscentiam carnis in Baptismo PL, CSEL | f in lege Vg Clem.
reputetur lat. 8° (1542/1559) | η superioribus lat. 8° (1542/1559)
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Augustinus, De nuptiis et concupiscentia ad Valerium Comitem I, 25,28, in: PL 44, 430 (CSEL 42, 240,17f). | 15 Augustinus, Contra Iulianum II, 3,5, in: PL 44, 675. | 16 Röm 7,7; Ex 20,17; Dtn 5,21 | 17 Röm 7,23
peccatum, quam tamen apostolus [Röm 7,20] peccatum vocat, quia peccato facta est peccati poena est.“ | 79 Er hatte ursprünglich anders gedacht. Wie oben Anm. 72. | 80 Vgl. o. S. 260, Anm. 76. | 81 Röm 7,7 | 82 Röm 7,23 | 83 Augustinus, Contra Iulianum Pelagianum IV, 2,9–13, in: PL 44, 740–743 und ders., Operis imperfecti contra Julianum Liber V, 5 und VI, 8, in: PL 45, 1435f. 1513–1515.
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[D2r] Und wenn die widdersacher werden furgeben, das „fomes“ odder die böse neigung widder84 gut noch böse sey, da werden nicht allein viel sprüche der schrifft widder sein, sondern auch die gantze Kirche und alle Veter. Denn alle erfarne Christliche hertzen wissen, das diese stücke leider uns inn der haut stecken, angeborn sind, nemlich, das wir gelt, gut, alle ander sachen grosser denn Gott achten, sicher dahingehen und -leben, Item, das wir immer nach art fleischlicher sicherheit also gedencken, Gottes zorn und ernst sey nicht so gros uber die sunde, als er doch gewis ist, Item, das wir den edelen, unaussprechlichen schatz des Evangelii und versünung Christi nicht hertzlich so teuer und edel achten, als sie ist, Item, das wir widder Gottes werck und willen murren, das er inn trübsalen nicht bald hilffet und machts, wie wir wollen, Item, | wir erfaren teglich, das es uns wehe thut, wie auch David und alle heiligen geklagt, das den Gottlosen inn dieser welt wolgehet. Darüber fülen alle menschen, wie leicht ihr hertz entbrennet, jtzund mit ehrgeitz, denn85 mit grim und zorn, denn86 mit unzucht. So nu die widdersacher selbst bekennen müssen, das solcher unglaube, solcher ungehorsam widder Gott im hertzen ist, wenn schon nicht gantz verwilligung (wie sie davon reden), sondern allein die neigung und lust da ist, wer wil so küne sein, das er diese grobe stücke widder bös noch [D2v] gut achte? Nu sind die klaren Psalmen und klare wort der Propheten da, das sie bekennen, das sie sich also fülen. Aber die Sophisten inn Schulen haben zu dieser sache wider die klaren, öffentlichen schrifft gered und aus der Philosophy ihr eigen treume und sprüche ertichtet, sagen, das wir umb der bösen lüste willen widder bös noch gut, wider zu schelden noch zu loben sind,87 Item, das luste und gedancken inwendig nicht sunde sind, wenn ich nicht gantz drein verwillige.88 Dieselbigen rede und worte inn der Philosophen bücher sind zu verstehen von eusserlicher erbarkeit fur der welt und auch von eusserlicher straff fur der welt. Denn da ists war, wie die Juristen sagen, L[ex] Cogitationis: Gedancken sind zollfrey und strafffrey,89 Aber Gott erforschet die hertzen.90 Mit Gottes gericht und urteil ists anders. Also flicken sie auch an diese sach andere ungereimpte sprüch, nemlich Gottes geschepff und die natur könne an ihr selbs nicht bös sein; das fecht ich nicht an, wenn es irgent gered wird, da es stad hat, aber dazu sol dieser spruch nicht angezogen werden, die Erbsunde gering zu machen. Und dieselbigen sprüche der Sophisten haben viel unsagliches schadens gethan, durch wilche sie die Philosophy und die lere, wilche eusserlich leben fur der welt belangenr, vermischen mit dem Evangelio und haben doch solchs nicht allein inn der schule geleret, sondern auch öffent[D3r]lich unverschempt fur dem volck gepredigt. Und dieselbigen ungöttlichen, irrigen, ferliche, schedliche leren hatten in aller welt uberhand genomen, da ward nichts gepredigt denn unser verdienst in aller welt. Dadurch ward das erkentnus Christi und das Evangelium gantz untergedrückt. r
cj.: belangend; belangend CR
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Quod si contendent adversarii fomitem esse ἀδιάφορον, reclamabunt non solum multae sententiae scripturae, sed plane tota Ecclesia. Quis enim umquam ausus est dicere haec esseθ ἀδιάφορα, etiam si perfectus consensus non accederet: dubitare de ira Dei, de gratia Dei, de verbo Dei, irasci iudiciis Dei, indignari, quod Deus non eripit statim ex afflictionibus, fremere, quod impii meliore fortuna utuntur quam boni, incitari ira, libidine, cupiditate gloriae, opum etc.? Et haec agnoscunt in se homines pii, ut apparet in Psalmis ac Prophetis.
Sed in Scholis transtulerunt huc ex Philosophia prorsus alienas sententias, Quod propter passiones nec boni nec mali simus nec laudemur nec vituperemur, Item, nihil esse peccatum nisi voluntarium. Hae sententiae apud Philosophos de civili iudicio dictae sunt, non de iudicio Dei. Nihilo prudentius assuunt et alias sententias naturam non esse malam. Id in loco dictum non re|prehendimus, sed non recte detorquetur ad extenuandum peccatum originis. Et tamen hae sententiae leguntur apud Scholasticos, qui intempestive commiscent philosophi[g2v]cam seu civilem doctrinam de moribus cum Evangelio. Neque haec in Scholis tantum disputabantur, sed ex scholis, ut fit, efferebantur ad populum. Et hae persuasiones regnabant et alebant fiduciam humanarum virium et opprimebant cognitionem gratiae Christi.
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nicht in lat. 8° (1580)
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weder | 85 dann | 86 dann | 87 Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 24. art. 1 ad 3, in: L 6, 179: „Philosophus [sc. Aristoteles] dicit, quod non laudamur aut vituperamur secundum passiones absolute consideratas: sed non removet, quin possint fieri laudabiles vel vituperabiles secundum quod a ratione ordinantur.“ | 88 Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 71. art. 5 c, in L 7, 8: „voluntas enim cuiuscumque peccati per se pertinent ad peccatum illud, eo quod voluntarium est de ratione peccati.“ II,1 q. 74. art. 1c, in L 7,35: „Sed voluntas est causa efficiens peccati […] Ergo non est subiectum peccati“. | 89 Nach Ulpian und Cicero. Vgl. Wander I, 1395 („Gedanke“, hier: Nr. 44). | 90 Vgl. Ps 139,1.23; Apk 2,23.
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Apologia Confessionis Augustanae
Derhalben hat Doctor Luther aus der schrifft leren und kleren wollen, wie ein gros todsschuld die Erbsunde fur Gott sey und wie inn grossem elend wir geborn werden und das die uberig Erbsunde, so nach der Tauff bleibt, an ihr selb nicht indifferens sey, sondern bedarff des mitlers Christi, das sie uns Gott nicht zurechene, und one unterlas des liechts und wirckung des heiligen geists, durch welchen sie ausgefeget und getödtet werde. Wiewol nu die Sophisten und Scholastici anders leren und beide, von der Erbsunde und von derselbigen straffe, der schrifft ungemes leren, da sie sagen, der mensch vermüge aus seinen krefften Gottes gebot zu halten, so wird doch die straffe, so Gott auff Adams kinder, auff die Erbsunde gelegt, im ersten buch Mosi viel anders beschrieben. Denn da wird die menschlich natur verurteilt, nicht allein zum tode und andern leiplichem ubel,91 sondern dem reich des Teuffels unterworffen; denn da wird dis schrecklich urteil gefellet: „Ich wil feindschafft zwischen dir und dem | weib, zwischen ihrem samen und deinem samen setzen“92 etc. [D3v] Der mangel erster gerechtigkeit und die böse lust sind sund und straff. Der todt aber und die andern leiplichen ubel, die Tiranney und herschafft des Teuffels, sein eigentlich die straffe und pene der Erbsund. Denn die menschliche natur ist durch die Erbsunde unter des Teuffels gewalt dahingeben und ist also gefangen unter des Teuffels reich, wilcher manchen grossen weisen menschen inn der welt mit schrecklichem irthumb, ketzerey und ander blindheit beteubet und verfüret und sonst die menschen zu allerley laster dahinreisset. Wie es aber nicht müglich ist, den listigen und gewaltigen geist Satan zu uberwinden one die hülffe Christi, also konnen wir uns aus eigen krefften aus dem gefengnis auch nicht helffen. Es ist in allen Historien von anfang der welt zu sehen und zu finden, wie ein unsaglicher grosser gewalt das reich des Teuffels sey. Man sicht, das die welt vom höchsten bis zum niddersten vol Gotteslesterung, vol grosser irthumb, Gottloser lere widder Gott und sein wort ist. Inn den starcken fesseln und keten helt der Teuffel jemmerlich gefangen viel weiser leut, viel heuchler, die vor der welt heilig scheinen. Die andern füret er in ander grobe laster (geitz, hoffart etc.). So uns nu Christus darümb geben ist, das er dieselbigen sunde und schwere straffe der sunde wegneme, die sunde, den tod, des Teuffels reich uns zugut uberwinde, kan niemands hertzlich [D4r] sich freuen des grossen schatzes, niemands die uberschwencklichen reichthümer der gnaden erkennen, er füle denn vorerst dieselbig last, unser angeborn gros elend und jammer. Darümb haben unser prediger von dem nötigen Artikel mit allem hochsten fleis geleret und haben nichts neues geleret, sondern eitel klare wort der heiligen schrifft und gewisse sprüche der Veter, Augustini und der andern. 91
Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 85 art. 5 c., in: L 7, 115: „Et hoc modo peccatum primi parentis est causa mortis et omnium huiusmodi defectuum in natura humana, inquantum per peccatum primi parentis sublata est originalis iustitia, per quam non solum inferiores animae vires continebantur sub ratione absque omni deordinatione, sed totum corpus continebatur sub
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Itaque Lutherus volens magnitudinem peccati originalis et humanae infirmitatis declarare docuit reliquias illas peccati originalis non esse sua natura in homine ἀδιάφορα, sed indigere gratia Christi, ne imputentur, item spiritu sancto, ut mortificentur.
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Quamquam Scholastici utrumque extenuant, peccatum et poenam, cum docent hominem propriis viribus posse mandata Dei facere. In Genesi aliter describitur poena imposita pro peccato originis. Ibi enim non solum morti et aliis corporalibus malis subicitur humana natura, sed etiam regno diaboli. Nam ibi fertur haec horribilis sententia: Inimicitias ponam inter te et mulierem et inter semen tuum et semen illius.18 Defectus et concupiscentia sunt poenaeι et peccata. Mors et alia corporalia mala et tyrannis diaboli proprie poenae sunt. Est enim natura humana in servitutem tradita et captiva a diabolo tenetur, qui eam impiis [g3r] opinionibus et erroribus dementat et impellit ad omnis generis peccata.
Sicut autem diabolus vinci non potest nisi auxilio Christi, Ita non possumus nos propriis viribus ex ista servitute eximere. Ipsa mundi historia ostendit, quanta sit potentia regni diaboli. Plenus est mundus blasphemiis contra Deum et impiis opinionibus et his vinculis habet diabolus irretitos sapientes et iustos coram mundo. In aliis ostendunt se crassiora vitia. Cum autem datus sit nobis Christus, qui et haec peccata et has poenas auferat et regnum diaboli, peccatum et mortem destruat, beneficia Christi non poterunt cognosci, nisi intelligamus mala nostra. Ideo de his rebus nostri contionatores diligenter docuerunt et nihil novi tradiderunt, sed sanctam scripturam et sanctorum Patrum sententias proposuerunt.
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poena lat. 4° (1540) Gen 3,15
anima absque omni defectu, ut in Primo habitum est.“ | 92 Gen 3,15
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Dieses achten wir, solle die Keiserliche Maiestat ihr93 billich lassen gnug sein, widder das lose, kindisch, ungegründ furbringen der widdersacher, durch wilch sie der unsern Artikel one ursache gantz unbillich anfechten; denn sie singen, sagen, wieviel, was und wielange sie wollen, so wissen wir eigentlich das und sinds forwar gewis, das wir Christlich und recht leren und mit der gemeinen Christlichen Kirchen gleich stimmen und halten; werden sie darüber weiter mutwilligen zanck einfüren, so sollen sie sehen, es sollen hie, wil Got, leute nicht feilen, die ihnen antworten und die wahrheit dennoch erhalten. Denn die widdersacher wissen das mehrer teil nicht, was sie reden; denn wie offte reden und schreiben sie ihnen94 selbs widderwertigs, [sie] verstehen auch ihr eigen Dialectica nicht vom „formal“ der Erbsunde, das ist, was eigentlich an ihrem wesen die Erbsunde sey odder nicht sey, was auch der mangel der ersten gerechtigkeit sey. An diesem orte aber haben wir nicht wollen von ihren zeng[D4v]kischen Disputacion subtiler odder weiter reden, sondern allein die sprüche und meinung der heiligen Veter, wilchen wir auch gleichförmig leren, mit klaren, gemeinen, verstentlichen worten erzelen wollen. BSLK 158
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[Über Christus] Denα dritten Artikel95 βlassen ihnenβ 96 die widdersacher gefallenγ,97 da wir bekennen, das inn Christo zwo natur sind, nemlich, das Gottes son die menschliche natur δhat angenomenδ und also Gott und mensch ein person, ein Christus ist und das derselbige fur uns εhat gelittenε und gestorben, uns dem vater zu versünen, und das er aufferstanden ist, das er ein ewig reich besitze, alleζ gleubigen ηheilige und gerecht macheη etc., wie das θCredo der Aposteln und Symbolumθ Nicenum leret.
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Wie man fur Gott from und gerecht wirdι Im vierden, fünfften und sechsten und hernach im xx. Artikel98 verdamnen die widdersacher unser bekentnis, das wir leren, das die gleubigen vergebung der sunde durch Christum one alle verdienst, allein durch den glauben erlangen, und verwerffen gar trötzlich beides. Erstlich, das wir nein dazu sagen, das den menschen [E1r] durch ihren verdienst solten die sunde vergeben α Im dt. 8° (1533) | β – β straffen dt. 8° (1533) | γ nichts dt. 8° (1533) | δ – δ angenomen hat dt. 8° (1533) | ε – ε gelitten hat dt. 8° (1533) | ζ das die dt. 8° (1533) | η – η durch ihn haben gerechtigkeit, heiligen geist und ewiges leben dt. 8° (1533) | θ – θ Symbolum Apostolorum und dt. 8° (1533) | ι dt. 8° (1533) bietet eine neue völlige Neubearbeitung; s. QuM I, 614,38–622,5 [Im vierden ... errettet werden.] 93 sich | 94 sich | 95 Vgl. CA III, o. S. 96–99. | 96 sich | 97 Vgl. Confutatio III, in: Immenkötter, Confutatio, 83,6f: „In tertio articulo nihil est, quod offendat, cum tota confessio cum symbolo
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Haec arbitramur satisfactura esse Caes[areae] Maiestati de puerilibus et frigidis cavillationibus, quibus adversarii articulum nostrum calumniati sunt. Scimus enim nos recte et cum catholica Ecclesia Christi sentire. Sed si renovabunt hanc controversiam adversarii, non defuturi sunt apud nos, qui respondeant et veritati patrocinentur.
Nam adversarii in hac causa magna ex parte, quid lo[g3v]quantur, non intelligunt. Saepe dicunt [inter se] pugnantiaκ. Nec | formale peccati originis nec defectus, quos vocant, recte ac Dialectice expediunt. Sed nos hoc loco noluimus istorum rixas nimis subtiliter excutere. Tantum sententiam sanctorum Patrum, quam et nos sequimur, communibus et notis verbis duximus esse recitandam.
[De Christo]
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Tertium articulum probant adversarii, in quo confitemur duas in Christo naturas videlicet naturam humanam assumptam a verbo in unitatem personae suae. Et quod idem Christus passus sit ac mortuus, ut reconciliaret nobis patrem, et resuscitatus, ut regnet, iustificet et sanctificet credentes etc. iuxta Symbolum Apostolorum et Symbolum Nicenum.
De iustificatione 20
In quarto, quinto, sexto et infra in articulo xx. damnant nos, quod docemus homines non propter sua merita, sed gratis propter Christum consequi remissionem peccatorum fide in Christum. Utrumque enim damnant: et quod negamus homines propter sua merita consequi remissionem peccato-
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pugnantis lat. 8° (1559)
apostolorum et cum recta fidei regula conveniat […]“ (deutsch: ebd., 82,7–9). | VI und XX, o. S. 98–103. 116–129.
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Vgl. CA IV, V,
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werden. Zum andern, das wir halten, leren und bekennen, das niemand Gott ver|sünet wird, niemands vergebung der sunde erlanget denn allein durch den glauben an Christum.99 Dieweil aber solcher zanck ist uber dem höchsten, furnemsten Artikel der gantzen Christlichen lere, also das an diesem Artikel gantz viel gelegen ist, wilcher auch zu klarem, richtigem verstande der gantzen heiligen schrifft furnemlich dienet und zu dem unaussprechlichen schatz und dem rechten erkenntnis Christi allein den weg weiset, auch inn die gantzen Bibel allein die thür auffthut, one welchen Artikel auch kein arme gewissen ein rechten, bestendigen, gewissen trost haben odder die reichthümer der gnaden Christi erkennen mag, So bitten wir, Keiserlich Maiestat wollen von dieser grossen, tapffern, hochwichtigen sachen nach notturfft und gnediglich uns hören. Denn dieweil die widdersacher gar nicht verstehen noch wissen, was durch diese wort inn der schrifft zu vorstehen, was vergebung der sunde sey, was glaube, was gnade, was gerechtigkeit sey, so haben sie diesen edeln, hochnötigen, fürnemsten Artikel, one welchen niemands Christum erkennen wirdet, jemerlich besüddelt und den hohen theuren schatz des erkentnis Christi odder was Christus und sein reich und gnade sey gar unterdrückt und den armen ge[E1v]wissen ein solchen, so edelen, grossen schatz und ewigen trost, daran es gar gelegen, jemerlich geraubet. Das wir aber unser bekentnis bekrefftigen und, was die widdersacher fürbracht, verlegen100 mügen, so wöllen wir zuvor erst anzeigen grund und ursach beiderley lere, damit jeder teil klerer zu vernemen sey. Die gantze schrifft, beide, alts und neues Testaments, wird inn die zwey stück geteilet und leret diese zwey stück, nemlich gesetz und Göttliche verheissungen. Denn an etlichen örten helt sie uns für das gesetz, an etlichen beut sie gnad an durch die herlichen verheissung von Christo, als wenn im alten Testament die schrifft verheisset den zukünfftigen Christum und beutet ewigen segen, benedeiung, ewiges heil, gerechtickeit und ewiges leben durch ihn an | oder im neuen Testament, wenn Christus, sieder101 er komen ist auff erden, im Evangelio vorheisset vergebung der sunden, ewige gerechtickeit, ewiges leben. Hie aber an dem ort nennen wir das gesetze die zehen gepot Gottes, wo dieselbigen inn der schrifft gelesen werden. Von den Ceremonien und den gesetzen der gerichtshendel wöllen wir hie nicht reden. 99 Vgl. Confutatio IV, in: Immenkötter, Confutatio, 85,2–4.11–14 und 87,11f: „Quod in quarto articulo Pelagiani damnantur, qui arbitrati sunt hominem propriis viribus seclusa gratia dei posse mereri vitam aeternam tamquam catholicum et antiquis conciliis consentaneum acceptatur […] Nam si quis intenderet improbare merita hominum, quae per assistentiam gratiae divinae fiunt, plus consentiret Manicheis quam ecclesiae sanctae catholicae. Omnino enim sacris litteris adversatur negare meritoria opera nostra […] Attamen omnes catholici fatentur opera nostra ex se nullius meriti, sed gratia dei facit illa digna esse vitae aeternae“; Confutatio V, in: ebd., 87,17f und 89, 2–4: „In articulo quinto, quod spiritus sanctus per verba et sacramenta detur tamquam per instrumenta, comprobatur […] Quod autem fidei mentionem hic faciunt, eatenus admittitur, quatenus de fide non sola (ut aliqui male docent), sed quae per dilectionem operatur (ut apostolus
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rum et quod affirmamus homines fide consequi re[g4r]missionem peccatorum et fide in Christum iustificari.
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Cum autem in hac controversia praecipuus locus doctrinae Christianae agitetur, qui recte intellectus illustrat et amplificat honorem Christi et affert necessariam et uberrimam consolationem piis conscientiis, rogamus, ut Caesarea Maiestas de rebus tantis clementer nos audiat. Nam adversarii, cum, neque quid remissio peccatorum neque quid fides neque quid gratia neque quid iustitia sit, intelligant, misere contaminant hunc locum et obscurant gloriam et beneficia Christi et eripiunt piis conscientiis propositas in Christo consolationes. Ut autem et confirmare confessionem nostram et diluere ea, quae adversarii obiciunt, possimus, initio quaedam praefanda sunt, ut fontes utriusque generis doctrinae, et adversariorum et nostrae, cognosci possint.
Universa scriptura in hos duos locos praecipuos distribui debet: in legem et promissiones. Alias enim legem tradit, alias tradit promissionem de Christo, videlicet cum aut promittit Christum venturum esse et pollicetur propter eum remissionem peccatorum, iustificationem et vitam aeternam aut in Evangelio Christus, postquam apparuit, promittitλ remissionem peccatorum, iustifica[g4v]tionem et vitam aeternam. Vocamus autem legem in hac disputatione decalogi praecepta, ubicumque illa in | scripturis leguntur. De ceremoniis et iudicialibus legibus Moisi in praesentia nihil loquimur.
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praemittit lat. 8° (1559)
recte docet ad Gal. 5[,6]), intelligatur“ sowie Confutatio VI, in: ebd., 89,10f und 91,11f: „Quod autem articulo sexto confitentur fidem debere parere bonos fructus, ratum gratumque habetur, quoniam fides sine operibus mortua est, Jacobi 2[,20] […] Quod vero in eodem articulo iustificationem soli fidei tribuunt, ex diametro pugnat cum evangelica veritate opera non excludente“ (deutsch: ebd., 84,1–5.14–19; 86,16–18.22–25; 88,3–7; 88,15–90,1 und 90,18–21). | 100 widerlegen | 101 seitdem
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Von diesen zweien stücken nemen nu die widdersacher das gesetz für sich; denn dieweil das natürlich gesetz, welchs mit dem gesetz Mosi od[E2r]der zehen gepoten ubereinstimmet, inn aller menschen hertzen angeporn und geschrieben ist und also die vernunfft etlichermass die zehen gepot fassen und verstehen kan, wil sie wehnen, sie habe gnug am gesetz und durchs gesetze könne man vergebung der sunden erlangen. Die Zehen gepot aber erfoddern nicht allein ein eusserlich erbar leben odder gute werck, welche die vernunfft etlichermass vormag zu thuen, sondern erfoddern etwas viel höhers, welchs uber alle menschliche krefft, uber alle vermügen der vernunfft ist, nemlich, [es] wil das gesetz von uns haben, das wir Gott sollen mit gantzem ernst, von hertzengrund fürchten und lieben102, ihnen in allen nöten allein anruffen und sonst auff nichts einigen trost setzen. Item, das gesetz wil haben, das wir nicht weichen noch wancken sollen, sondern auffs allergewissest im hertzen schliessen, das Gott bey uns sey, unser gebet erhöret und das unser seufftzen und bitten Ja sey, Item, das wir von Gott noch leben und allerley troste erwarten sollen mitten im tode, in allen anfechtungen seinem willen uns gentzlich heimgeben, im tod und trübsal nicht von ihm fliehen, sondern ihm gehorsam sein, gerne alles tragen und leiden, wie es uns gehet. Hie haben die Scholastici den Philosophis gefolget, und wenn sie wöllen sagen, wie man für Gott frum wird, leren sie allein ein gerechtickeit und frömkeit, da ein mensch eusserlich für der [E2v] welt ein erbar leben füret und gute werck thut, und ertichten diesen traum dazu, das die menschliche vernunfft one den heiligen geist vermüge, Gott uber alles zu lieben. Denn wol ists war, wenn ein menschenhertz müssig ist und nicht inn anfechtungen, und dieweil es Gottes zorn und gericht nicht fület, so mag es ein solchen traum ihm103 ertichten, | als liebe es Gott uber alles und thue viel gutes, viel werck umb Gottes willen, aber es ist eitel heucheley. Und auff die weis doch haben die widdersacher geleret, das die menschen vergebung der sunde verdienen, wenn sie so viel thun, als an ihnen ist, das ist, wenn die vernunfft ihr104 lest die sunde leid sein und ertichtet ein willen dazu, Gott zu lieben.105 Und diese meinung und irrige lere, dieweil die leute natürlich dazu geneigt sind, das ihr verdienst und werck für Gott etwas geachtet und verdienen mochten, hat unzelich viel missbreuchlich Gottsdienst inn der kirchen angericht und geursacht, als sind die Clöstergelübde, misbreuche der Messen, wie denn solchs unzelich immer ein Gottesdienst uber den andern aus diesem irthumb erdacht ist, und das nur solch vertrauen auff unser verdienst und wercke imer weiter ausgebreitet worden, haben sie unvorschempt dürffen sagen und schliessen, Gott der Herr müsse von not gnade geben denjhenigen, die also gute werck thun, nicht das er gezwungen were, sondern das dis die ordnung also sey, die Gott nicht ubergehe noch endere.106
102
Luthers Formel | 103 sich | 104 sich | 105 Nach den älteren Franziskanertheologen zuletzt Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum II 27. q. 1. art. 3 dub. 4, in: BCS 2,
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Ex his adversarii sumunt legem, quia humana ratio naturaliter intelligit aliquo modo legem. Habet enim idem iudicium scriptum divinitus in mente et per legem quaerunt remissionem peccatorum et iustificationem. Decalogus autem requirit non solum externa opera civilia, quae ratio utcumque efficere potest, sed etiam requirit alia longe supra rationem posita: scilicet vere timere Deum, vere diligere Deum, vere invocare Deum, vere statuere, quod Deus exaudiat et expectare auxilium Dei in morte, in omnibus afflictionibus; denique requirit oboedientiam erga Deum in morte et omnibus afflictionibus, ne has fugiamus aut aversemur, cum Deus imponitμ.
Hic Scholastici secuti Philosophos tantum docent iustitiam rationis videlicet civilia opera et affingunt, quod ratio sine spiritu sancto possit diligere Deum supraν omnia. Nam donec humanus animus otiosus est nec sentit iram aut iudicium Dei, fin[g5r]gere potest, quod velit Deum diligere, quod velit propter Deum benefacere. Ad hunc modum docent homines mereri remissionem peccatorum faciendo, quod est in se, hoc est, si ratio dolens de peccato eliciat actum dilectionis Dei aut bene operetur propter Deum. Et haec opinio, quia naturaliter blanditur hominibus, peperit et auxit multos cultus in Ecclesia, vota Monastica, Abusus Missae. Et subinde alii alios cultus atque observationes hac opinione excogitaverunt. Et ut fiduciam talium operum alerent atque augerent, affirmaverunt Deum necessario gratiam dare sic operanti necessitate non coactionis, sed immutabilitatis.
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imponat lat. 4° (1540) | ν super lat. 8° (1542/1559)
523,1.5–10: „Dubitatur, utrum necessario Deus det gratiam facienti, quod in se est […] Est necessitas ex conditione seu suppositione. Tunc dicitur, quod Deus dat gratiam facienti quod in se est ex necessitate immutabilitatis et suppositione, quia disposuit dare immutabiliter gratiam facienti quod in se est […] Illa erga ordinatione stante et suppositione non potest non dare gratiam facienti quod in se est, quia tunc esset mutabilis.“; Herborn, Enchiridion, 31,22: „Operibus ex caritate elicitis ex divino decreto meremur, quibus et merces vitae aeternae debetur.“ Vgl. Luther, Disputatio Heidelbergae habita (1518), in: WA 1, 354,5f: „13. Liberum arbitrium post peccatum res est de solo titulo, et dum facit quod in se est, peccat mortaliter“. | 106 Bonaventura, Commentaria in quattuor libros Sententiarum Magistri Petri Lombardi III, d. 12 art. 2 q. 1. concl. 5., in: BO 3, 267: „est necessitas, quae repugnat voluntati, sicut necessitas coactionis, quae venit ab extrinseco; et est necessitas, quae subest voluntati, et ista est necessitas, quae venit ex voluntatis immutabilitate.“ Luther, De servo arbitrio, in: WA 18, 634,21–36; 693,19–37.
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[E3r] Und inn diessen stücken eben, inn disser lare sind viel andere grosse, gantz schedliche irthumb und schreckliche lesterunge Gottes begriffen und verborgen, welche alle bey namen zu erzelen jtzo zu lange were; allein das wölle doch umb Gottes willen ein jglicher Christlicher leser bedencken: Können wir durch solch werck für Gott from und Christen werden, so wolt ich gerne hören – und versucht alle, euer bestes hie zu antworten –, was doch vor107 unterscheid sey108 wolt zwischen der Philosophen und Christi lare. So wir vergebung der sunde erlangen mügen durch solch unser wercke odder „actus elicitos“, was hilfft uns denn Christus? Können wir heilig und from fur Gott werden durch natürliche vernunfft und unser eigen gute wercke, Was dürffen109 wir denn des bluts und tods Christi odder das wir durch ihnen neu geborn werden, wie Petrus | i. Petri i. sagt?110 und aus dem ferlichen irthumb (dieweil man solchen öffentlich inn Schulen geleret und auff den predigstülen getrieben) ist es leider dahin geraten, das auch gros Theologen zu Löven, Paris etc. von keiner anderns Christlichen frömkeit odder gerechtickeit gewust haben (obwol alle buchstaben und syllaben in Paulo anders leren) denn von der frömbkeit, wilche die Philosophy leret. Und so es uns billich frömde sein solt und wir billich sie verlachen solten, verlachen sie uns, ja verspotten Paulum selbst. Also gar ist der schendlich, greulich irthumb [E3v] eingerissen. Ich hab selbst ein grossen prediger gehört, wilcher Christi und das111 Evangelium nicht gedacht und Aristotelis Ethicorum112 predigt; heist das nicht kindisch, nerrisch unter Christen gepredigt? Aber ist der widdersacher lere war, so ist das Ethicorum ein köstlich predigtbuch und ein fein, neu Bibel. Denn von eusserlichem erbarn leben wird nicht leicht jmands besser schreiben denn Aristoteles. Wir sehen, das etlich hochgelarten haben bücher geschrieben, darinne sie anzeigen, als stimmen die wort Christi und die sprüche Socratis113 und Zenonis114 fein zusamen, gleich als sey Christus komen, das er gute gesetz und gebot gebe, durch wilche wir vergebung der sunden verdienen solten, und nicht viel mehr gnade und friede Gottes zu verkünden und den heiligen geist auszuteilen durch sein verdienst und blut. Darümb, so wir der widdersacher lere annemen, das wir vergebung der sunden verdienen mügen aus vermügen natürlicher vernunfft und unser werck, so sind wir schon Aristotelisch und nicht Christisch und ist kein unterschied zwischen erbarm Heidnischem, zwischen Phariseischem und Christlichem leben, zwischen Philosophy und Evangelio. Wiewol nu die widdersacher, damit sie des namen Christi nicht gar als die Gottlosen, rohen Heiden schweigen, also vom glauben reden, das sie sagen, Es sey ein erkentnis der Historien [E4r] von Christo, und wiewol sie von s
cj.: anderrn; andern CR
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für | 108 sein | 109 bedürfen | 110 Vgl. I Petr 1,19.23. | 111 des | 112 Die „Nikomachische Ethik“ ist die bedeutendste der drei unter dem Namen des Aristoteles überlieferten ethischen Schriften.
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In hac opinione multi magni et perniciosi errores haerent, quos longum esset enumerare. Tantum illud cogitet prudens lector: Si haec est iustitia Christiana, quid interest inter Philosophiam et Christi doctrinam? Si meremur remissionem peccatorum his nostris actibus elicitis, quid praestat Christus? Si iustificari possumus per rationem et opera rationis, quorsum opus est Christo aut regeneratione? Et ex his opinionibus iam eo prolapsa res est, ut multi irrideant nos, qui docemus aliam iustitiam praeter philosophicam quae[g5v]rendam esse.
Audivimus quosdam pro contione ablegato Evangelio Aristotelis ethica enarrare. Nec errabant isti, si vera sunt, quae defendunt adversarii. Nam Aristoteles de moribus civilibus adeo scripsit erudite, nihil ut de his requirendum sit amplius. Videmus exstare libellos, in quibus conferuntur quaedam dicta Christi cum Socratis, Zenonis et aliorum dictis, quasi ad hoc venerit Chri|stus, ut traderet leges quasdam, per quas mereremur remissionem peccatorum, non acciperemus gratis propter ipsius merita. Itaque si recipimus hic adversariorum doctrinam, quod mereamur operibus rationis remissionem peccatorum et iustificationem, nihil iam intererit inter iustitiam philosophicam aut certe Pharisaicam et Christianam.
Quamquam adversarii, ne Christum omnino praetereant, requirunt notitiam historiae de Christo et tribuunt ei, quod meruerit nobis dari quendam
Sie ist streng handlungsorientiert und will dazu anleiten, ein guter Mensch zu werden und ein glückliches Leben zu führen. | 113 Sokrates, griechischer Philosoph zur Zeit der attischen Demokratie, Lehrer des Platon. | 114 Zenon von Kition, hellenistischer Philosoph und Begründer der Stoa.
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Christo auch dennoch etwas sagen, nemlich, das er uns verdienet habe ein „habitum“ oder (wie sie es nennen) „primam gratiam“, die ersten gnade, wilche sie achten fur ein neigung, dadurch wir dennoch Gott leichter denn sonst lieben können,115 So ist es doch ein schwache, geringe, klein, schlecht wirckung, die Christus also hette odder die durch solchen habitum geschehe. Denn sie sagen nichtsdesteweniger, das die wercke unser vernunfft und willens, ehr derselbige habitus da ist und auch darnach, | wenn derselbig habitus da ist, „eiusdem speciei“, das ist, fur und nach einerley und ein ding sey. Denn sie sagen, das unser vernunfft und menschlicher wille an ihm selbs vermüge, Gott zu lieben, allein der habitus brenge ein neigung, das die vernunfft dasselbige, das sie zuvor wol vermag, deste lieber und leichter thue.116 Darümb leren sie auch, das derselbige habitus müsse verdienet werden durch unser vorgehende wercke und das wir durch die werck des gesetzs vermerung solcher guter neigung und das ewige leben verdienen.117 Also verbergen uns die leute Christum und begraben ihnen auffs neu, das wir ihnen nicht fur ein mitler erkennen können, denn sie schweigen gar, das wir lauter aus gnaden, one verdienst vergebung der sunden durch ihnen erlangen, sondern [E4v] brengen ihre treume auff, als künden wir durch gute wercke und des gesetzs werck vergebung der sunde verdienen, so doch die gantz schrifft sagt, das wir das gesetz nicht vermügen zu erfüllen odder zu halten. Und so die vernunfft am gesetz nichts ausrichtet, denn das sie allein eusserlich werck thut – Im hertzen aber fürchtet sie Gott nicht –, so gleubt sie auch nicht, das Gott ihr warneme. Und wiewol das sie von dem habitu also reden, so ist es doch gewis, das one den glauben an Christum recht Gottesliebe inn keinem hertzen sein kan, so kan auch niemands verstehen, was Gottesliebe ist, one den glauben. Das sie aber ein unterschied ertichten unter „merito congrui“ und „merito condigni“, unterm gebürlichen verdienst und rechtem gantzen verdienst,118 spilen und zancken sie allein mit worten, damit sie sich nicht öffentlich als Pelagianer mercken lassen. Denn so Gott von not mus gnade geben umb gebürverdienst, so ist es nicht gebürverdienst, sondern ein recht pflicht- und gantzverdienst, wiewol sie selbs nicht wissen, was sie sagen; denn sie ertichten und treumen, das, wenn der habitus der lieb Gottes (davon oben gesagt) da ist, so verdiene der mensch gebürlich odder de congruo die gnade Gottes. Und [sie] sagen doch, es könne niemands so gewis sein, ob derselbig habitus da sey.119 Nu höret, lieben herrn, wie wissen sie denn odder wenn wissen sie
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So vor allem Johannes Duns Scotus. | 116 Die eingegossene caritas ist nach Duns Scotus eine confortatio dilectionis naturalis, in: De rerum principio, q. 15,25, in: RP, 413. | 117 Das ist der Aufriss der franziskanischen Rechtfertigungslehre. Duns Scotus, Liber sententiarum IV d. 14, q. 2,15. in: DOO 9, 45: „Deus disponit per attritionem in aliquo tempore, tanquam per aliquod meritum de congruo, in aliquo instanti dare gratiam, et pro illa attritio, ut pro merito iustificat, sicut est meritum iustificationis.“ Nach der infusio gratiae sind die Verdienste de condigno. So schon Bonaventura. | 118 Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae II, 1. q. 114 art. 3c, in: L 7,
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habitum sive (ut ipsi vocant) primam gratiam, quam intelligunt habitum esse inclinantem, ut facilius diligamus Deum. Exiguum tamen est, quod huic habitui tribuunt, quia fingunt actus voluntatis ante habitum illum et post illum habitum eiusdem speciei esse. Fingunt voluntatem posse di[g6r]ligere Deum, sed habitus ille tamen exstimulat, ut idem faciat libentius. Et iubent mereri hunc habitum primum per praecedentia merita, deinde iubent mereri operibus legis incrementum illius habitus et vitam aeternam. Ita sepeliunt Christum, ne eo mediatore utantur homines et propter ipsum sentiant se gratis accipere remissionem peccatorum et reconciliationem, sed somnient se propria impletione legis mereri remissionem peccatorum et propria impletione legis coram Deo iustos reputari, cum tamen legi numquam satisfiat, cum ratio nihil faciat nisi quaedam civilia opera, Interim neque timeat Deum neque vere credat se Deo curae esse. Et quamquam de habitu illo loquuntur, tamen sine iustitia fidei neque exsistere dilectio Dei in hominibus neque, quid sit dilectio Dei, intelligi potest.
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Et quod fingunt discrimen inter meritum congrui et meritum condigni, ludunt tantum, ne videantur aperte πελαγιανίζειν. Nam si Deus necessario dat gratiam pro merito congrui, iam non est meritum congrui, sed meritum condigni.19 Quamquam quid dicant, non vident. Post habitum illum dilectionis fingunt hominem de condigno mereri. Et tamen iubent dubitare, utrum
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Vgl. o. S. 274f, Anm. 118.
347. „Sed est ibi congruitas, propter quandam aequalitatem proportionis: videtur enim congruum ut homini operanti secundum suam virtutem, Deus recompenset secundum excellentiam suae virtutis. Si autem loquamur de opere meritorio secundum quod procedit ex gratia Spiritus Sancti, sic est meritorium vitae aeternae ex condigno.“ Vgl. Bonaventura, Commentaria in quattuor libros Sententiarum Magistri Petri Lombardi I, d. 41. art. 1. q. 1 concl., in: BO 1, 729: „Meritum congrui est, quando peccator facit quod in se est et pro se. Meritum digni, quando iustus facit pro alio. Meritum condigni, quando iustus operatur pro se ipso, quia ad hoc ordinatur gratia ex condigno.“ | 119 Melanchthon hat hier klar die Spannungen in der habitus-Lehre des Duns Scotus und seiner Nachfolger erkannt.
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es, ob sie gebürlich odder [F1r] durch gantz verdienst, fur vol odder halb unserm Herrn Gott sein gnad abverdienen? Aber, ach, lieber Herr Gott, das sind eitel kalte gedancken und treume müssiger, heiloser, unerfarner leute, wilche die Bibel nicht viel | inn practiken brengen, die gar nicht wissen noch erfaren, wie einem sunder umbs hertz ist, was anfechtung des tods odder des Teuffels sind, die gar nicht wissen, wie rein wir alles verdienstes, aller werck vergessen, wenn das hertz Gottes zorn fület odder das gewissen inn engsten ist. Die sicheren, unerfaren leute gehen wol immer dahin in dem wahn, als verdienen sie mit ihren wercken de congruo gnad. Denn es ist one das uns angeborn natürlich, das wir von uns selbs und unsern wercken gern etwas viel wolten halten. Wenn aber ein gewissen recht sein sunde und jamer fület, so ist aller schertz, so sind alle spilgedancken aus und ist eitel grosser, rechter ernst; da lest sich kein hertz noch gewissen stillen, noch zufriden stellen, suchet allerley wercke und aberwercke und wolt gern gewisheit, wolt gern grund fülen und gewis auff etwas fussen und rugen. Aber dieselbigen erschrocknen gewissen fülen wol, das man [weder] de condigno noch de congruo nichts verdienen kan, sincken bald dahin inn verzagen und verzweifelung, wenn ihnen nicht ein ander wort denn des gesetzs lere, nemlich das Evangelium von Christo, das der fur uns gegeben ist, gepredigt wird. Daher weis man etlich Historien, das die [F1v] Barfusser Mönche, wenn sie etlichen guten gewissen an der todstunde lang haben umbsonst ihr orden und gute wercke gelobet, das sie zuletzt haben müssen ihres ordens und Sanct Franciscen schweigen und dis wort sagen: lieber mensch, Christus ist fur dich gestorben. Das hat inn engsten erquicket und erkület, frid und trost allein geben. Also leren die widdersacher nichts denn ein eusserliche frömkeit, eusserlicher guter werck, wilche Paulus „des gesetzs frömkeit“ nennet, und sehen also wie die Jüden das verdeckt angesicht Mosi,120 thun nichts, denn das sie inn etlichen sichern heuchlern die sicherheit und hertigkeit stercken, füren die leute auff ein sandgrund, auff ihre eigen werck, dadurch Christus und das Evangelium veracht wird, geben manchen elenden gewissen ursach zur verzweifelung, denn sie thun gute wercke auff ungewissen wahn, erfaren nimmer, wie ein gros krefftig ding der glaube ist, fallen zuletzt gantz in verzweifelung. Wir halten und reden von der eusserlichen frömkeit also, das Gott wol foddert und haben wil ein solch eusserlich erbar leben und umb Gottes gebots willen müsse man dieselbigen guten wercke thun, wilche inn Zehen gepoten werden geboten, denn „das gesetz ist unser zuchtmeister“121 und das „gesetz ist den unrechten geben“122. Denn Gott der Herr wil, das den groben sunden durch ein eusserliche zucht gewehret werde, und, [F2r] dasselbige zu erhalten, gibt er gesetz, ordenet öberkeit, gibt gelerte weise leute, die zum regiment dienen. Und also eusserlich erbar wandel und leben zu füren, 120
Vgl. Ex 34,29–35; II Kor 3,13. | 121 Gal 3,24 | 122 I Tim 1,9
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adsit habitus. [g6v] Quomodo igitur sciunt, utrum de congruo an de condigno mereantur? Sed tota haec res conficta est ab otiosis hominibus, qui non norant, quomodo contingat remissio peccatorum et quomodo in iudicio Dei et terroribus conscientiae fiducia operum nobis excutiatur. Securiξ hypocritae semper iudicant se de condigno mereri, sive adsit habitus ille sive non adsit, quia naturaliter confidunt homines propria iustitia, sed conscientiae perterrefactae ambigunt et dubitant et subinde alia | opera quaerunt et cumulant, ut acquiescant. Hae numquam sentiunt se de condigno mereri et ruunt in desperationem, nisi audiant praeter doctrinam legis Evangelium de gratuita remissione peccatorum et iustitia fidei.
Ita nihil docent adversarii nisi iustitiam rationis aut certe legis, in quam intuentur sicut Iudaei in velatam Moisi faciem,20 et in securis hypocritis, qui putant se legi satisfacere, excitant praesumptionem et inanem fiduciam operum et contemptum gratiae Christi. Econtra pavidas conscientias adigunt ad desperationem, quae operantes cum dubitatione numquam possunt experiri, quid sit fides et quam sit efficax; ita ad extremum penitus desperant. [g7r] Nos autem de iustitia rationis sic sentimus, quod Deus requirat eam et quod propter mandatum Dei necessario sint facienda honesta opera, quae decalogus praecipit iuxta illud: Lex estg paedagogus.21 Item: lex est iniustis posita.22 Vult enim Deus coerceri carnales illa civili disciplina. Et ad hanc conservandam dedit leges, litteras, doctrinam, magistratus, poenas. Et potest hanc iusti-
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fuit Vg Clem.
ξ
Sicuti lat. 8° (1542/1559)
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Vgl. Ex 34,29–35; II Kor 3,13. | 21 Gal 3,24 | 22 I Tim 1,9
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vermag etlichermas die vernunfft aus ihren krefften, wiewol sie offte durch angeborne schwacheit und durch list des Teuffels auch daran gehindert wird. Wiewol ich nu einem solchen eusserlichem leben und den guten wercken gerne so viel lobes las, als ihm | gebüret, denn inn diesem leben und im weltlichen wesen ist jhe nicht bessers denn redligkeit und tugent. Wie denn Aristoteles sagt, das widder morgenstern noch abentstern lieblicher, schöner sey123 denn erbarkeit und gerechtigkeit;124 wie denn Gott solch tugent auch belonet mit leiblichen gaben, so sol man doch gute wercke und solchen wandel nicht also hoch heben, das es Christo zu schmach reiche. Denn also schlies ich und bin des gewis, erticht ists und nicht war, das wir durch unser wercke solten vergebung der sunde verdienen. Auch ists lügen und nicht war das ein mensch fur Gott könne gerecht und from werden durch seine wercke und eusserlich frömkeit. Auch ist es ungrund und nicht war, das die menschlich vernunfft aus ihren krefften vermügen solt, Gott uber alles zu lieben, sein gebot zu halten, ihnen zu forchten, gewis darauff zu stehen, das Gott das gebet erhöre, Gott zu dancken und gehorsam zu sein, in trübsaln und andern, was [F2v] Gottes gesetz gebeut, als nicht frembdes gutes begern etc., Denn das alles vermag vernunfft nicht, wiewol sie eusserlich erbar leben und gute werck etlichermas vermag. Auch ist es ertichtet und nicht war und ein lesterung widder Christum, das diejhenigen sollen one sunde sein, die Gottes gebot allein eusserlich halten, one geist und gnade im hertzen. Diesses meines beschlus hab ich zeugnis nicht allein aus der heiligen schrifft, sondern auch aus den alten Vetern. Augustinus redet und handelt solchs auffs allerreichlichst wider die Pelagianer, das die gnade nicht geben wird umb unsers verdiensts willen, Und im buch „de natura et gratia“, das ist, „von der natur und gnade“, sagt er also: „So das vermügen der natur durch den freien willen gnug ist, beide zu erkennen, wie man leben sol und also recht zu leben, ‚so ist Christus umbsonstt gestorben.‘125 Warümb solt ich hie auch nicht ruffen und schreien mit Paulo? Ich mag billich schreien: ‚ihr habt Christum verloren, die ihr durch das gesetzs werck gerecht werden wolt und seid von der gnade gefallen‘;126 ‚denn ihru erkennet die gerechtigkeit nicht, die fur Gott gilt, und vtrachtet, eurev eigne gerechtigkeit auffzurichten, und seidw der gerechtigkeit, die fur Gott gilt, nicht unterthan‘;127 denn wie das ende des gesetzs Christus ist,128 also ist auch der heiland der verterbeten natur Christus.“129 | Item, Johannis am viii.: „So euch der son frey macht, so seid ihr recht frey.“130
t
vergeblich L45 | u sie erkennen L45 | v – v trachten, ihre L45 | w sind L45
123
seien | 124 Vgl. Aristoteles, Ethica Nicomachea V, 1, 15: πολλάκις κρατίστη τῶν ἀρετῶν εἶναι δοκεῖ ἡ δικαιοσύνη, καὶ οὔθ᾽ ἕσπερος οὔθ᾽ ἑῷος οὕτω θαυμαστός, in: AEN, 97,27–29 (1129b). Vgl. Luther, Praelectio in psalmum 45 (1533), in: WA 40/2, 485,11f (zu Vers 3): „Ideo etiam gentes dixerunt iusticiam praeclariorem Hespero, Lucifero“. Vgl. dazu auch ebd., 615. | 125 Gal 2,21 126 Gal 5,4 | 127 Röm 10,3 | 128 Vgl. Röm 10,4. | 129 Vgl. Augustinus, De natura et gratia XL, 47, in: PL 44, 270 (CSEL 60, 268,9–18). | 130 Joh 8,36
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tiam utcumque ratio suis viribus efficere, quamquam saepe vincitur imbecillitate naturali et impellente diabolo ad manifesta flagitia. Quamquam autem huic iustitiae rationis libenter tribuimus suas laudes, Nullum enim maius bonum habet haec natura corrupta. Et recte inquit Aristoteles neque Hesperum neque Luciferum formosiorem esse iustitia.23 Ac Deus etiam ornatο eam corporalibus praemiis, tamen non debet cum contumelia Christi laudari. Falsum est enim, quod per opera nostra mereamur remissionem peccatorum. Falsum est et hoc, quod homines reputentur esse iusti coram Deo propter iustitiam rationis. Falsum est et hoc, quod ratio propriis viribus possit Deum supra omnia diligere et legem Dei [g7v] facere: videlicet vere timere Deum, vere statuere, quod Deus exaudiat, velle oboedire Deo in morte et aliis ordinationibus Dei, Non concupiscere aliena etc., etsi civilia opera efficere ratio potest. Falsum est et hoc et contumeliosum in Christum, quod non peccent homines facientes praecepta Dei sine gratia.
Huius nostrae sententiae testimonia habemus non solum ex scripturis, sed etiam ex Patribus. Nam Augustinus copiosis|sime disputat contra Pelagianos gratiam non dari propter merita nostra. Et de natura et gratia inquit: Si possibilitas naturalis per liberum arbitrium et ad cognoscendum, quomodo vivere debeat, et ad bene vivendum sufficit, sibi ergo Christus gratis mortuus est.24 Ergo evacuatum est scandalum crucis.25 Cur non etiam ego hic exclamem? Imo exclamabo et istosh increpabo dolore Christiano: Evacuati estis a Christo, qui in naturai iustificamini, a gratia excidistis.26 Ignorantes enim iustitiam Dei et jvestram volentes constituerej iustitiae Dei non estisk subiecti.27 Sicut enim finis legis, ita etiam naturae humanae vitiosae salvator Christus est ad iustitiam omni credenti.28 Et Iohannis 8.: Si vos filius liberaverit, vere liberi [g8r] eritis.29
h
istis PL, CSEL | i lege Vg Clem. | j – j suam quaerentes statuere Vg Clem. | k sunt Vg Clem.
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ornet lat. 8° (1542/1559)
23 Vgl. o. S. 278, Anm. 124. | 24 Gal 2,21 | 25 Vgl. I Kor 1,23. | 26 Gal 5,4 | 27 Röm 10,3 | gustinus, De natura et gratia XL, 47, in: PL 44, 270 (CSEL 60, 268,9–18); vgl. Röm 10,4. | 8,36
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[F3r] Derhalben können wir durch die vernunfft odder unser gute werck nicht frey werden von den sunden odder vergebung der sunden verdienen. Item, Iohannis am .iii. stehet geschrieben: „Es sey denn, das jemand neux geporn werde aus dem wasser und geist, so kan er nicht inn das reich Gottes komen.“131 So nu das dazu gehöret, das wir durch den heiligen Geist müssen neu geporn werden, so werden uns unser gute werck odder eigen verdienst nicht rechtfertig machen fur Gott, so können wir das gesetz nicht halten noch erfüllen. Item, Romanos iii.: „Sie sind allzumal sunder und mangeln des rhumes, den sie an Gott haben solten“,132 das ist, ihnen mangelt die weisheit und gerechtigkeit, die fur Gott gilt, dadurch sie Gott recht erkennen, gros achten und preisen solten. Item, Romanos am viii.: „fleischlich gesinnet sein ist ein feindschafft widder Gott, sintemal es dem gesetz Gottes nicht unterthan ist, denn es vermag es auch nicht; die aber fleischlich gesinnety sind, mögen Gott nicht gefallen.“133 Das sind so gar klare, helle sprüche der schrifft, das sie nicht so scharffes verstands bedürffen, sondern allein, das man es lese und die klaren wort wol ansehe, wie auch Augustinus in der sache saget.134 Ist nu die vernunfft und fleischlich gesinnet sein ein feindschafft widder Gott, so kan kein mensch one den heiligen geist hertzlich Gott lieben. Item, ist fleischlich gesinnet sein widder Gott, so sein warlich die besten gute wercke un[F3v]rein und sunde, die immer ein Adamskind thun mage. Item, Kan das fleisch Gottes gesetz nicht unterthan sein, so sundiget warlich auch ein mensch, wenn er gleich edele, schöne, köstliche gute wercke thut, die die welt gros achtet. Die widdersacher sehen allein die gebot an der andern Taffel Mosi, die da auch von der eusserlichen erbarkeit redet, wilche die vernunfft besser vernimpt, und wollen wehnen, mit solchen eusserlichen guten wercken halten sie Gottes gesetz. Sie sehen aber die ersten Taffell nicht an, wilche gebeut und von uns haben wil, das wir Gott hertzlich sollen lieben, daran gar nicht wancken noch zweifeln sollen, das Gott umb der sunde willen zörne, das wir Gott hertzlich fürchten sollen, das wir uns gewis inn unsern hertzen sollen darauff verlassen, Gott sey nicht ferne, er erhöre unser gebet etc. Nu sind wir, ehe wir durch den heiligen geist neu geborn werden, alle der art aus Adam, das unser hertz inn sicherheit Gottes zorn, urteil und dreuen verachtet, seinem urteil und straffen gehessig und feind ist. So nu alle Adamskinder inn so grossen sunden geborn werden, das wir alle von art Gott verachten, sein wort, sein verheissung und dreuen inn zweifel setzen, so müssen warlich | unser besten gute werck, die wir thun, ehe wir durch den heiligen geist neu geborn werden, sundlich und verdampt werck fur Gott
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nicht in L45 | y nicht in L45
131 Joh 3,5 | 132 Röm 3,23 | 133 Röm 8,7f | 134 Vgl. Augustinus, De gratia et libero arbitrio VIII, 19, in: PL 44, 892: „An forte vitam aeternam non dixit Apostolus gratiam? Imo vero sic dixit, ut negari omnino non possit; nec intellectorem acutum, sed tantummodo intentum desideret audi-
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Non igitur possumus per rationem liberari a peccatis et mereri remissionem peccatorum. Et Iohannis tertio scriptum est: Nisi quis renatus fuerit ex aqua et spiritu, non potest introire in regnum Dei.30 Quod si opus est renasci per spiritum sanctum, Iustitia rationis non iustificat nos coram Deo, non facit legem. Roma. 3.: Omnes carentl gloria Dei,31 id est, carent sapientia et iustitia Dei, quae Deum agnoscit et glorificat. Item, Roma. 8.: Sensus carnis inimicitia est adversus Deum: Legi enim Dei non est subiectus ac ne potest quidem ei subici.32 Qui autem in carne sunt, Deo placere non possunt.33
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Haec adeo sunt aperta testimonia, ut non desiderent acutum intellectorem, sed attentum auditorem, ut Augustini verbis utamur, quibus ille in eadem causa usus est.34 Si sensus carnis est inimicitia adversus Deum, certe caro non diligit Deum. Si non potest legi Dei subici, non potest Deum diligere. Si sensus carnis est inimicitia adversus Deum, peccat caro, etiam cum externa civilia opera facimus. Si non potest subici legi Dei, certe peccat, etiamsi egregia facta et digna laude iuxta humanum iudicium habet.
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Adversarii intuentur praecepta secundae tabulae, quae iustitiam civilem continent, quam intelligit ratio. Hac contenti putant se [g8v] legi Dei satisfacere. Interim primam tabulam non vident, quae praecipit, ut diligamus Deum, ut vere statuamus, quod Deus irascatur peccato, ut vere timeamus Deum, ut vere statuamus, quod Deus exaudiat.
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At humanus animus sine spiritu sancto aut securus contemnit iudicium Dei aut in poena fugit et odit iudicantem Deum. Itaque non obtemperat primae tabulae. Cum igitur haereant in natura hominis contemptus Dei, dubitatio de verbo Dei, de minis et promissionibus, | vere peccant homines, etiam cum honesta opera faciunt sine spiritu sancto, quia faciunt ea impio corde iuxta
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egent Vg Clem. Joh 3,5 | 31 Röm 3,23 | 32 Vgl. Röm 8,7. | 33 Röm 8,8 | 34 Vgl. o. S. 280f, Anm. 134.
torem.“
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sein, wenn sie gleich fur der welt schön sein, denn sie gehen [F4r] aus einem bösen, Gotlosen, unreinem hertzen, wie Paulus sagt, Rom. xiiii.: „Was nicht aus dem glauben gehet, das ist sunde“.135 Denn alle solche werckheiligen thun werck one glauben, verachten Gott im hertzen und gleuben als wenig, das Gott sich ihrer anneme, als Epicurus gleubt hat.136 Die verachtung Gottes innwendig mus jhe die werck unfletig und sundlich machen, wenn sie gleich fur den leuten schön sind, denn Gott forschet die hertzen. Zuletzt, so ist jhe das auch auffs nerrischt und ungeschickest von den widdersachern geredt, das die menschen, die auch ewigs zorns schuldig sein, vergebung der sunden erlangen durch die liebe odder „actum elicitum dilectionis“,137 so es doch unmüglich ist, Gott zu lieben, wenn das hertz nicht erst durch den glauben vergebung der sunden ergriffen hat. Denn es kan jhe ein hertz, das inn engsten ist, Gottes zorn recht fület, Gott nicht lieben, er geb denn dem hertzen lufft, er tröste und erzeige sich denn widder gnedig; denn dieweil er schrecket und also uns angreifft, als wölle er uns in ewiger ungnade inn den ewigen tod von sich stossen, so mus der armen schwachen natur das hertz und mut entpfallen und mus jhe fur so grossem zorn erzittern, der so greulich schreckt und strafft, und kan jhe als denn, ehe Gott selbst tröstet, kein füncklein liebe fülen. Müssige und unerfarne leute mügen ihnen138 [F4v] wol selbst ein traum von der liebe ertichten, darümb reden sie auch so kindisch davon, das einer, der gleich einer todsunde schuldig ist, könne gleichwol Gott uber alles lieben, denn sie wissen noch nicht recht, was sunde fur ein last, was es fur ein gros qual sey, Gottes zorn fülen. Aber frome hertzen, die es im rechten kampff mit Satan und rechten engsten des gewissens erfaren haben, die wissen wol, das solch wort und gedancken eitel gedancken, eitel treume sind. Paulus sagt: „das gesetz richt nur zorn an“,139 Ro. iiii. Er sagt nicht, das durch das gesetz die leute verdienen vergebung der sunden; denn das gesetz klagt allzeit das gewissen an und erschreckts. Derhalben macht das Gesetz niemands from und gerecht fur Gott, denn ein erschrocken gewissen fleuhet fur Gott und seinem urteil; derhalben irren diejhenigen, die durch ihre wercke odder durch das gesetz wollen verdienen vergebung der sunden. Dieses sey gnug gesagt von der gerechtigkeit der werckheiligen odder der vernunfft, wilche die widdersacher leren; denn bald hernach, wenn wir werden sagen von der frömkeit und gerechtigkeit, die fur Gott gilt, die aus dem glauben komet, wird die sache an ihr selbs mit sich brengen, mehr sprüche aus der schrifft einzufüren, wilche denn alle auch gleich starck dienen werden, die obangezeigte irthumb der widdersacher umbzustossen.
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Röm 14,23 | 136 Cicero, De legibus I, 7, 21f | 137 Vgl. o. S. 270f, Anm. 105. | 138 sich | 139 Röm 4,15
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illud: Quidquidm non est ex fide, peccatum est.35 Tales enim operantur cum contemptu Dei, sicut Epicurus non sentit se Deo curae esse, respici aut exaudiri a Deo.36 Hic contemptus vitiat opera in speciem honesta, quia Deus iudicat corda.
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Postremo hoc imprudentissime scribitur ab adversariis, quod homines rei aeternae irae mereantur remissionem peccatorum per actum elicitumπ dilectionis, cum impossibile sit diligere Deum, nisi prius fide apprehendatur remissio peccatorum. Non enim potest cor vere sentiens Deum irasci diligere Deum, nisi ostendatur placatus. Donec terret et videtur nos abiicere in aeternam mortem, non potest [h1r] se erigere natura humana, ut diligat iratum, iudicantem et punientem.
Facile est otiosis fingere ista somnia de dilectione, quod reus peccati mortalis possit Deum diligere super omnia, quia non sentiunt, quid sit ira aut iudicium Dei. At in agone conscientiae et in acie experitur conscientia vanitatem illarum speculationum philosophicarum. Paulus ait: Lex iram operatur.37 Non dicit per legem mereri homines remissionem peccatorum. Lex enim semper accusat conscientias et perterrefacit. Non igitur iustificat, quia conscientia perterrefacta lege fugit iudicium Dei. Errant igitur, qui per legem, per opera sua mereri se remissionem peccatorum confidunt. Haec de iustitia rationis aut legis, quam adversarii docent, satis sit dixisse. Nam paulo post cum nostram sententiam de iustitia fidei dicemus, res ipsa coget plura testimonia ponere, quae etiam proderunt ad illos errores adversariorum, quos hactenus recensuimus, evertendos.
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Omne, quod Vg Clem.
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illicitum lat. 8° (1542/1559)
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Röm 14,23 | 36 Vgl. Cicero, De legibus I, 7, 21f. | 37 Röm 4,15
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[G1r] Dieweil denn kein mensch aus seinen krefften Gottes gesetz zu halten vermag und sind alle unter der sunde140, schuldig des | ewigen zorns und todes, so können wir durch das gesetz der sunde nicht los, noch fur Gott from werden,141 Sondern es ist verheissen vergebung der sunde und gerechtigkeit durch Christum, wilcher fur uns gegeben ist, das er die sunde der welt bezalet, und ist der einige mitler und erlöser. Und diese verheissung laut nicht also: durch Christum habt ihr gnad, heil etc., wo ihrs verdienet, sondern: lauter aus gnade beutet er an vergebung der sunde, Wie Paulus sagt: so aus den wercken vergebung der sunde ist, so ists nicht gnade.142 Und an einem andern ort: „Diese gerechtigkeit, die fur Gott gilt, ist one gesetzz offenbaret“,143 das ist, umbsonst wird vergebung der sunde angeboten. Und darümb ligts nicht an unserm verdienst, das wir Gott versünet werden; denn wens an unserm verdienst lege, vergebung der sunde und die versünung Gottes aus dem gesetz were, so wer es verloren und [wir] weren warlich ubel Gott vereiniget und versünet. Denn wir halten das gesetz nicht und vermügen es nicht zu halten, so würde folgen, das wir auch die zugesagte gnade und versünung nimmermehr erlangeten. Denn also schleust Paulus zu den Röm. iiii.: „aso aus dem gesetz das erbe ista, so ist der glaub nichts und die verheissung ist abe“144. So sich nu die verheissung gründet auff unsern verdienst [G1v] und auff das gesetz, so folgte, dieweil wir das gesetz nicht halten können, das die verheissung vergeblich were. So wir aber fur Gott from und gerecht werden allein aus lauter gnade und barmhertzigkeit, die inn Christo verheissen ist, erfolget, das wir durch unser werck nicht from werden. Denn was were sonst der herlichen, Göttlichen verheissunge vonnöten und was dörfft Paulus die gnade so hoch heben und preisen? Derhalben leret, rhümet, prediget und preiset das Evangelion die gerechtigkeit, die aus dem glauben kömpt an Christum, wilche nicht ein gerechtigkeit des gesetz ist. So leret auch das gesetz davon nichts, und [es] ist gar viel ein höher gerechtigkeit, denn des gesetzs gerechtigkeit ist; denn das gesetz foddert von uns unser werck und wil haben, das wir innwendig im hertzen Gottforchtig und gantz rechtschaffen sind. Aber die Göttliche zusage, die beutet uns an als denjhenigen, die von der sunde und tode uberweldigt sein, hülff, gnad und versünung umb Christus willen, wilche gnad niemands mit wercken fassen kan, sondern allein durch den glauben an Christum. Derselb glaub brenget noch schencket Gott dem Herrn kein werck, kein eigen verdienst, sondern bauet blos auff lau|ter gnad und weis sich nichts zu trösten noch zu verlassen denn allein auff barmhertzigkeit, die verheissen ist inn [G2r] Christo.
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Zutun des Gesetzes L45 | a – a Denn wo die vom Gesetz Erben sind L45
140 144
Vgl. Röm 3,9. | Röm 4,14
141
Vgl. Röm 3,9; 4,15; Gal 3,21f u.ö. |
142
Vgl. Röm 11,6. |
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Quia igitur non possunt homines viribus suis legem Dei facere, et omnes sunt sub peccato et rei aeternae irae ac mortis.38 Ideo non possumus per legem a peccato liberari ac iustificari, sed data est promissio remissionis peccatorum et iustificationis [h1v] propter Christum, qui datus est pro nobis, ut satisfaceret pro peccatis mundi, et positus est mediator ac propitiator. Et haec promissio non habet conditionem meritorum nostrorum, sed gratis offert remissionem peccatorum et iustificationem, sicut Paulus ait: Si ex operibus, iam non est gratia.39 Et alibi: Iustitia Dei niam manifestaturn sine lege,40 id est, gratis offertur remissio peccatorum.
Nec pendet reconciliatio ex nostris meritis. Quod si ex nostris meritis penderet remissio peccatorum et reconciliatio esset ex lege, esset inutilis. Quia | enim legem non facimus, sequeretur etiam promissionem reconciliationis numquam nobis contingere. Sic argumentatur Paulus Roma. 4.: Si ex lege esset hereditas, inanis esset fides et abolita promissio.41 Si enim promissio requireretρ conditionem meritorum nostrorum ac legem, cum legem numquam faciamus, sequeretur promissionem inutilem esse.
Cum autem iustificatio contingat per gratuitam promissionem, sequitur, quod non possimus nos ipsi iustificare; alioqui quorsum opus erat promittere? cumque promissio non possit accipi nisi fide, Evangelium, quod est proprie promissio remissionis peccatorum et iustificationis propter Chri[h2r]stum, praedicat iustitiam fidei in Christum, quam non docet lex neque haec est iustitia legis. Lex enim requirit a nobis opera nostra et perfectionem nostrum. Sed promissio offert nobis oppressis peccato et morte gratis reconciliationem propter Christum, quae accipitur non operibus, sed sola fide. Haec fides non affert ad Deum fiduciam propriorum meritorum, sed tantum fiduciam promissionis seu promissae misericordiae in Christo. Haec igitur fides specialis, qua credit unusquisque sibi remitti peccata propter Christum et Deum placatum et propitium esse propter Christum, consequitur remissionem peccatorum et iustificat nos et, quia in poenitentia, hoc est in terroribus consolatur, et erigit corda eto regenerat nos et affert spiritum sanctum, ut deinde legem Dei facere possimus – videlicet diligere Deum, vere timere Deum, vere statuere, quod Deus exaudiat, Oboedire Deo in omnibus afflictionibus –, mortificat concupiscentiam etc.
n–n ρ 38
nunc manifesta est Vg Clem. | o nicht in lat. 4° (1531)
requiret lat. 8° (1559) Vgl. Röm 3,9; 4,15; Gal 3,21f u.ö. | 39 Röm 11,6 | 40 Röm 3,21 | 41 Vgl. Röm 4,14.
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Derselbige glaub nu, da ein jder fur sich gleubet, das Christus fur ihn geben ist, der erlangt allein vergebung der sunde umb Christus willen und macht uns fur Gott from und gerecht. Und dieweil derselbige inn rechtschaffner bus ist, unser hertzen auch im schrecken der sunde und des todes widder auffrichtet, so werden wir durch denselbigen neu geporn und kömpt durch den glauben der heilig geist in unser hertz, welcher unser hertzen verneuert, das wir Gottes gesetz halten können, Gott recht lieben, gewislich fürchten, nicht wancken noch zweifeln, Christus sey uns geben, er erhöre unser ruffen und bitten, und das wir inn Gottes willen uns frölich geben können, auch mitten im tode. Also derselbige glaube, der aus gnaden umbsonst entpfehet und erlangt vergebung der sunde, ist rechtschaffen, der gegen Gottes zorn nicht seinen verdienst odder werck setzet, wilchs ein federlen gegen stormwind wer, sondern der Christum, den mitler, darstellet, und derselbig glaub ist ein recht erkentnis Christi. Wer also gleubet, der erkennet die grosse wolthat Christi und wird ein neu creatur, und ehe ein solch glaub im hertzen ist, kan niemands das gesetz erfüllen. Von demselbigen glauben und erkentnis Christi ist nicht ein sillabe, nicht ein tittel inn allen büchern der widdersacher. [G2v] Darümb schelten wir auch die widdersacher, das sie allein das gesetz leren von unsern wercken und nicht das Evangelium, das da leret, das man gerecht werde, wenn man an Christum gleubet.
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Was der glaub sey, der fur Gott from und gerecht machtκ
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Die widdersacher wöllen wehnen, der glaub sey dieses, das ich wisse odder gehört habe die Historien von Christo; darümb leren sie, Ich könne wol gleuben, ob ich gleich inn todsunden sey.145 Darümb von dem rechten Christlichemλ glauben, davon Paulus an allen orten so offte redet, das wir durch den glauben fur Gott from werden, da wissen odder reden sie garnichts von. Denn wilche fur Gott heilig und gerecht geacht werden, die sind jhe nicht in todsunden. Darümb der glaub, wilcher fur Gott from und gerecht macht, ist nicht allein dieses, das ich | wisse die Historien, wie Christus geporn, gelieden etc. – das wissen die Teuffel auch –, Sondern ist die gewisheit oder das gewisse, starcke vertrauen im [G3r] hertzen, da ich mit gantzem hertzen die zusag Gottes fur gewis und war halte, durch wilche mir angeboten wird one mein verdienst vergebung der sunde, gnade und alles heil durch denb mitler Christum.146 Und damit das niemands wehne, es sey allein ein blos wissen der Historien, so setze ich das darzu: Der glaub ist, das sich mein gantz hertz b
cj.: denn; den CR
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dt. 8° (1533) bietet eine völlige Neubearbeitung; s. QuM I, 622,6–22 [Und das ... solle zweifeln.] Christlichen CR
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Die Scholastik nach Petrus Lombardus, Sententiarum III d. 23 c. 4, in: PL 192, 805. Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 71. art. 4. c., L 7,7: „Hoc dico [dass caritas bei Todsünde verloren geht] propter fidem et spem, quarum habitus remanent informes post
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Ita fides, quae gratis accipit remissionem peccatorum, quia opponit mediatorem et propitiatorem Christum irae Dei, non opponit nostra merita aut dilectionem nostram; quaeσ fides est vera cognitio Christi et utitur beneficiis Christi et regene[h2v]rat corda et praecedit legis impletionem. Et de hac fide nulla syllaba exstat in doctrina adversariorum nostrorum. Proinde reprehendimus adversarios, quod tantum tradunt iustitiam legis, non tradunt iustitiam Evangelii, quod praedicat iustitiam fidei in Christum.
Quid sit fides iustificans 10
Adversarii tantum fingunt fidem esse notitiam historiae ideoque docent eam cum peccato mortali | posse exsistere. Nihil igiturτ loquuntur de fide, qua Paulus toties dicit homines iustificari, quia, qui reputantur iusti coram Deo, non versantur in peccato mortali. Sed illa fides, quae iustificat, non est tantum notitia historiae, sed est assentiri promissioni Dei, in qua gratis propter Christum offertur remissio peccatorum et iustificatio. Et ne quis suspice-
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quia lat. 8° (1542/1559) | τ enim lat. 8° (1542/1559)
peccatum mortale, et sic non sunt virtutes.“ Vgl. auch III q. 49 art. 1 ad 5, in: L 11, 472: „Fides autem per quam a peccato mundamur, non est fides informis, quae potest esse cum peccato, sed est fides formata per caritatem.“ Schon in seinen Randbemerkungen zu Petrus Lombardus brach Luther mit dieser Lehre: „Et fides quae remanet cum peccato mortali non est ea, quae possit martyrium obire et caetera. Sed est acquisita et naturaliter moralis, quae accedente examine deficeret, quia non elevat naturam super se.“, in: WA 9, 90,28–31. Luther kehrte seinen Widerspruch immer wieder scharf heraus. Dagegen Eck, Leipziger These I, 17 gegen Karlstadt, in: Eck, Defensio, 48,22–24: „Fides enim non per quodlibet peccatum mortale sicut charitas, sed per infidelitatem amittitur, licet interdum sancti pressius vocent fideles a fide formata.“ Das Tridentinum verwarf nach heftigen Auseinandersetzungen die protestantische Anschauung, Sessio VI, c. 15; can 28, in: DH 1547. | 146 So Melanchthon auch schon in seinen „Loci communes“ von 1521 („De vi legis“, „De vi evangelii“). Vgl. Melanchthon, Loci communes (1521), in: MWA 2/1, 90–103.
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desselbigen schatzes annimpt, und ist nicht mein thun, nicht mein schencken noch geben, nicht mein wercke odder bereiten, sondern das ein hertze sich des tröstet und gantz darauff verlesset, das Gott uns schenckt, uns gibt und wir ihme nicht, das er uns mit allem schatz der gnaden inn Christo uberschüt. Aus diesem ist leicht zu mercken [der] unterscheid zwischen dem glauben und zwischen der frömkeit, die durch gesetz kömpt. Denn der glaub ist ein solcher Gottesdienst und latria,147 da ich mir schencken und geben lasse. Die gerechtigkeit aber des gesetzs ist ein solcher Gottesdienst, der da Gott anbeutet unser wercke. So wil Gott nu durch den glauben also geehret sein, das wir von ihm entpfahen, was er verheisset und anbeutet. Das aber der glaub nicht allein sey die Historien wissen, sondern der da fest helt die Göttlich verheissungen, zeiget Paulus gnugsam an, der da saget zu den Römern am iiii.: „Derhalben mus die gerechtigkeit durch den glauben komen, auff das die verheissung fest bleibe.“148 Da hefftet und verbindet Paulus die zwey [G3v] also zusamen, das, wo verheissung ist, da mus auch glaub sein etc., und widderümb correlative, wo verheissung ist, da foddert Gott auch glauben. Wiewol noch klerer und schlechter149 zu zeigen ist, was der glaub, der da gerecht macht, sey, wenn wir unser eigen Credo und glauben ansehen. Denn im symbolo stehet jhe dieser Artikel: vergebung der sunde. Darümb ists nicht genug, das ich wisse odder gleube, das Christus geborn ist, gelieden hat, aufferstanden ist, wenn wir nicht auch diesen Artikel, darümb das alles entlich geschehen, gleuben, Nemlich, ich gleube, das mir die sunde vergeben sein; auff den Artikel mus das ander alles gezogen werden, nemlich, das umb Christus willen, nicht umb meins verdiensts willen uns die sunde vergeben werden. Denn was wer not, das Gott Christum fur unser sunde gebe, wenn unser verdienst fur unser sunde könte gnugthun? Derhalben sooffte wir reden von dem glauben, der gerecht macht odder „fide iustificante“, so sind allzeit diese drey stücke odder obiecta beieinander: Erstlich, die Göttlich verheissung, zum andern, das dieselbige umbsonst one verdienst gnade anbeutet, fur | das drit, das Christi blut und verdienst der schatz ist, durch wilchen die sunde bezalet ist. Die verheissung wird durch den glauben entpfangen; das sie aber one verdienst gnade anbeut, da gehet all unser wirdigkeit und verdienst unter und zu boden und wird gepreiset die gnad [G4r] und gros barmhertzigkeit. Der Verdienst Christi aber ist der schatz; denn es mus jhe ein schatz und edels pfand sein, dadurch die sunde aller welt bezalt sein. Die gantze schrifft, alts und neues Testaments, wenn sie von Gott und glauben redet, brauchet viel dieses worts, güte, barmhertzigkeit, misericordia. Und die heiligen Veter in allen ihren büchern sagen alle, das wir durch gnade, 147
Röm 9,4; 12,1. Latreia gebührt nach Johannes Damascenus (im Gegensatz zur proskynesis den Bildern gegenüber) allein Gott. So auch Thomas von Aquin, Summa contra gentiles 1. III c. 120, in: L 14, 372–376. | 148 Röm 4,16 | 149 schlichter, einfacher
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tur tantum notitiam esse, addemus amplius: est velle et accipere oblatam promissionem remissionis peccatorum et iustificationis.
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Ac facile potest cerni discrimen inter hanc fidem et inter iustitiam legis. Fides est λατρεία,42 quae accipit a Deo oblata beneficia. Iustitia legis est λατρεία, [h3r] quae offert Deo nostra merita. Fide sic vult coli Deus, ut ab ipso accipiamus ea, quae promittit et offert.
Quod autem fides significet non tantum historiae notitiam, sed illam fidem, quae assentitur promissioni, aperte testatur Paulus, qui ait Iustitiam ideo ex fide esse, ut sit firma promissio.43 Sentit enim promissionem non posse accipi nisi fide. Quare inter se correlative comparat et connectit promissionem et fidem. Quamquam facile erit iudicare, quid sit fides, si symbolum consideremus, ubi certe ponitur hic articulus: Remissionem peccatorum. Itaque non satis est credere, quod Christus natus, passus, resuscitatus sit, nisi addimus et hunc articulum, qui est causa finalis historiae: Remissionem peccatorum. Ad hunc articulum referri cetera oportet, quod videlicet propter Christum, non propter nostra merita donetur nobis remissio peccatorum. Quid enim opus erat Christum dare pro peccatis nostris, si nostra merita pro peccatis nostris possunt satisfacere?
Quoties igitur de fide iustificante loquimur, sciendum est haec tria obiecta concurrere: promis[h3v]sionem et quidem gratuitam et merita Christi tamquam pretium et propitiationem. Promissio accipitur fide, gratuitum excludit nostra merita et significat tantum per misericordiam offerri beneficium. Christi merita sunt pretium, quia oportet esse aliquam certam propitiationem pro peccatis nostris.
Scriptura crebro misericordiam implorat. Et sancti Patres saepe dicunt nos per misericordiam salvari. Quoties igitur fit mentio misericordiae, sciendum
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Vgl. Röm 9,4; 12,1. | 43 Röm 4,16
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durch güte, durch vergebung selig werden. Sooffte wir nu das wort barmhertzigkeit inn der schrifft odder in den Vetern finden, sollen wir wissen, das da vom glauben geleret wird, der die verheissung solcher barmhertzigkeit fasset. Widderümb, soofft die schrifft vom glauben redet, meinet sie den glauben, der auff lauter gnade bauet; denn der glaube nicht darümb fur Gott from und gerecht macht, das er an ihm selbst unser werck und unser ist, Sondern allein darümb, das er die verheissen, angeboten gnade one verdienst aus reichem schatze geschanckt nimpt. Und solcher glaub und vertrauen auff Gottes barmhertzigkeit wird als der gröste, heiligste Gottesdienst gepreiset, sonderlich inn Propheten und Psalmen. Denn wiewol das gesetz nicht vornemlich predigt gnade und vergebung der sunde wie das Evangelium, so sind doch die verheissung von dem künfftigen Christo von einem Patriarchen auff den andern geerbet, und [sie] haben gewust, auch gegleubt, das Gott durch den [G4v] benedeieten samen, durch Christum, wolt segen, gnad, heil und trost geben. Darümb, so sie verstunden, das Christus solt der schatz sein, dadurch unser sunde bezalt werden, haben sie gewust, das unsere wercke ein solch gros schuld nicht bezalen konten. Darümb haben sie vergebung der sunde, gnade und heil one alle verdienst entpfangen und durch den glauben an die Göttlich verheissung, an das Evangelium von Christo, [sind sie] selig worden als wol als wir odder die heiligen im neuen Testament. Daher kömpts, das diese wort barmhertzigkeit, güte, glaube so offte inn Psalmen und Propheten widerholet werden, Als im cxxx. Psalm: „So du wilt, Herr, cacht haben auff missethatc, Herre, wer wird bestehen?“150 Da bekennet David seine sunde, rhümet nicht viele verdienst, sagt auch weiter: „Denn bey dir ist vergebung, das man dich fürchte“;151 da fület er widder trost und verlest sich auff gnade und barmhertzigkeit, verlest sich auff die Göttliche zusage und | spricht: „Meine seele harret des Herren, und ich warted auff sein
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Sünde zurechnen L45 | d hoffe L45
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Ps 130 (Vg 129),3 | 151 Ps 130 (Vg 129),4
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cj.: b3r | q – q nicht in lat. 4° (1531) | r reputatam Vg Clem. | s illi Vg Clem. | t cj.: b3v
υ
articulus lat. 8° (1542/1559) | φ promissionem lat. 8° (1542/1559) | χ alligat lat. 4° (1540)
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Ps 130 (Vg 129),3 | 45 Ps 130 (Vg 129),4 | 46 Ps 130 (Vg 129),4f | 47 Röm 4,3 | 48 Gen 15,1
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est, quod fides ibi requiratur, quae promissionem misericordiae accipit. Et rursus quoties nos de fide loquimur, intelligi volumus obiectum scilicet | misericordiam promissam. Nam fides non ideo iustificat aut salvat, quia ipsa sit opus per sese dignum, sed tantum quia accipit misericordiam promissam.
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Et hic cultusυ, haec λατρεία in Prophetis et Psalmis passim praecipue laudatur, cum tamen lex non doceat gratuitam remissionemφ peccatorum. Sed Patres norant promissionem de Christo, quod Deus propter Christum vellet remittere peccata. Igitur cum intelligerent Christum fore pretium pro nostris peccatis, sciebant opera nostra non esse pretium rei tantae. Ideo gratuitam misericordiam et re[h4rp]missionem peccatorum fide accipiebant sicut sancti in novo testamento.
Huc pertinent illae crebrae repetitiones misericordiae et fidei in Psalmis et Prophetis ut hic: Si iniquitates observaveris, Domine, Domine, quis sustinebit?44 Hic confitetur peccata nec allegatχ merita sua. Addit: Quia apud te propitiatio est.45 Hic erigit se fiducia misericordiae Dei. Et citat promissionem: Sustinuit anima mea in verbo eius. Speravit anima mea in Domino,46 id est, quia promisisti remissionem peccatorum, hac tua promissione sustentor. qEt Paulus citat de Abraham: Credidit Abraham Deo et reputatumr est eis ad iustitiam,47 hoc est, Abraham sensit se habere Deum propitium tantum propter ipsius promissionem. Assensus est promissioni Dei nec passus est se ab ea abstrahi, etiam si videbat se immundum atque indignum esse. Sentiebat Deum praestare promissum propter veritatem suam, non propter opera aut merita nostra. Nec possunt acquiescere perterrefacta corda, si sentire debent se propter opera propria aut propriam dilectionem aut legis impletionem placere, quia haeret in carne peccatum, quod semper accusat nos. Tunc autem acquiescunt corda, quando in illis terroribus statuunt nos ideo placere Deo, quia promisit, et Deum [h4vt] praestare promissum propter suam veritatem, non propter dignitatem nostram. Ita Abraham audivit hanc vocem: Noli timere! Ego enim sum protector tuus48 etc. Hic erexit se et sensit Deum sibi propitium esse, non quia ipse meritus esset, Sed quia necesse esset Dei promissionem veram iudicari. Haec igitur fides imputatur ei pro iustitia, hoc est, quia assentitur promissioni et accipit oblatam reconciliationem, iam vere est iustus et acceptus Deo non propter dignitatem suam, sed quia gratuitam promissionem Dei
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wort.“152 Und: aber „meine seele wartet doche auff den Herren.“153 Das ist, dieweil du verheissen hast vergebung der sunde, so halt ich mich an die zusage, so verlasse und wage ich mich auff die gnedige verheissung.
Darümb werden die heiligen Patriarchen fur Gott from und heilig auch nicht durchs gesetz, sondern durch Gottes zusage und den glauben. [H1r] Und solt warlich jdermann sich hoch verwundern, warümb die widdersacher doch so wenig odder garnichts vom glauben leren, so sie doch sehen gar nahe inn allen sillaben der Bibel, das der glaube fur den allerhöchsten, edelsten, heiligsten, grösten, angenemesten, besten Gottesdienst gelobt und gepreiset wird. Also sagt er im xlix. Psalm: „Ruff mich an inn fder zeitf der not, undg ich wil dich erretten“154, Also nu und durch diese weis wil Gott uns bekant werden. Also wil er geeret sein, das wir von ihm gnade, heil, alles gut nehmen und entpfahen sollen, und nemlich aus gnaden, nicht umb unsers verdiensts willen. Dieses erkentnis ist gar ein edel erkentnis und ein grosmechtiger trost in allen anfechtung, μleiplichen, geistlichen,μ es kom zu sterben odder zu leben, wie frome hertzen wissen. Und denselbigen edelen, teuren, gewissen trost rauben und nehmen die widdersacher den armen gewissen, wenn sie vom glauben so kalt, so vorechtlich reden und leren undν dagegen mit Gotte der hohen Maiestat durch unser elend, bettelisch werck und verdienst handeln.
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Das der glaub an Christum gerecht machtξ [H1v] Vor155 das erst, das niemands gedenck, wir reden von einem schlechten wissen odder erkentnis der Historien von Christo, so müssen wir erstlich sagen, wie es zugehet, wie ein hertz anfehet zu gleuben, wie es zum glauben kömpt. Darnach wollen wir anzeigen, das derselbig glaub fur Got from macht und wie das zu verstehen sey und wollen der widdersacher grunde eigentlich, klar und gewis ablenen. Christus befielet Lucae am letzten, zu „predigen bus und vergebung der sunde“.156 Das Evangelium auch straffet alle menschen, das e
nicht in L45 | f – f nicht in L45 | g so L45
μ–μ
leiplich, geistlich CR | ν nicht in CR | ξ Kustos zeigt „Fur“. In dt. 8° (1533) nicht als eigenes Kapitel geboten, sondern Teil von „Wie wir fur gerecht geschetzt und Gott gefellig werden“; s. QuM I, 614,38–622,22 [Im vierden ... solle zweifeln.]
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accipit. Non frustra placuit Paulo hoc testimonium Genesis. Videmus quomodo exaggerat, quam diligenter in eo commoratur, quia videbat naturam fidei in hoc loco facile perspici posse. Videbat diserte addi testimonium de imputatione iustitiae. Videbat adimi operibus laudem promerendae iustificationis et | pacandae conscientiae. Cum Abraham ideo pronuntietur iustus, quia assentitur promissioni et accipit oblatam reconciliationem, non opponit irae Dei merita aut opera. Quare hic locus diligenter consideratus copiose de tota re pias mentes docere poterit, qui quidem ita intelligi poterit, si proponant eum sibi perterrefactae mentes et statuant ad eundem modum se debere assentiri gratuitae promissio[h5r]ni. Neque enim possunt aliter acquiescere, nisi statuant se habere Deum placatum, quia promiserit, non quia nostra naturau, vita et opera digna sint.q Itaque et Patres iustificabantur non | per legem, sed per promissionem et fidem. Ac mirum est adversarios adeo extenuare fidem, cum videant ubique pro praecipuo cultu laudari ut Psal. 49.: Invoca me in die tribulationis et eripiamv te.49 Ita vult innotescere Deus, ita vult se coli, ut ab ipso accipiamus beneficia et quidem accipiamus propter ipsius misericordiam, non propter merita nostra. Haec est amplissima consolatio in omnibus afflictionibus. Et huiusmodi consolationes abolent adversarii, cum fidem extenuant et vituperant et tantum docent homines per opera et merita cum Deo agere.
Quod solaw fides in Christum iustificet
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Primum, ne quis putet nos de otiosa notitia historiae loqui, dicendum est, quomodo contingat fides. Postea ostendemus, et quod iustificet et quomodo hoc intelligi debeat, et diluemus ea, quae [h5v] adversarii obiciunt. Christus Lucae ultimo iubet praedicarex poenitentiam in nomine suoy et remissionem
u cj.: naura | v eruam Vg Clem. | (1542/1559) | y eius Vg Clem. 49
152
w
nicht in lat. 4° (1531) |
x
praedicari Vg Clem., lat. 8°
Ps 50 (Vg 49),15 Ps 130 (Vg 129),5 | 153 Ps 130 (Vg 129),6 | 154 Ps 50 (Vg 49),15 | 155 Für | 156 Lk 24,47
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sie inn sunden geborn sein und das sie alle schüldig des ewigen zorns und tods sein, und beutet ihnen an vergebung der sunde und gerechtigkeit durch Christum. Und dieselbige vergebung, versönung und gerechtigkeit wird durch den glauben entpfangen. Denn die predigt von der bus odder diese stimme des Evangelii (Bessert euch! thut bus!), wenn sie recht inn die hertzen gehet, erschreckt sie die gewissen und ist nicht ein schertz, sondern ein gros schrecken, da das gewissen sein jamer und sunde und Gottes zorn fület. Inn dem erschrecken sollen die hertzen widder trost suchen; das geschicht, wenn sie gleuben an die verheissung von Christo, das wir durch ihnen vergebung der sunde haben. Der glaub, wilcher inn solchem zagen und schrecken die hertzen widder auffrichtet und [H2r] tröstet, entpfehet und entpfindet vergebung der sunde, macht gerecht und bringt leben; denn derselbig starcke trost ist ein neu geburt | und ein neu leben. Dieses ist jhe einfeltig und klar gered, so wissen frome hertzen, das es also ist, so sind die Exempel, das es mit allen heiligen so gangen von anbegin, inn der kirchen verhanden, wie an der bekerung Pauli und Augustini zu sehen ist. Die widdersacher haben nichts gewisses, können nirgent recht sagen odder verstendlich davon reden, wie der heilig geist geben wird. Sie ertichten ihnen157 eigen treume, das durch schlecht158 leiplich entpfahen und brauchen der Sacrament ex opere operato die leut gnad erlangen und den heiligen geist entpfahen, wenn schon das hertz gar nicht dabey ist, gleich als sey das liecht des heiligen geists so ein schlecht, schwach, nichtig ding.159 So wir aber von einem solchen glauben reden, wilcher nicht ein müssiger gedanck ist, sondern ein solch neu liecht, leben und krafft im hertzen, wilche hertz, syn und mut verneuert, ein andern menschen und neu creatur aus uns macht, nemlich ein neu liecht und werck des heiligen geists, So verstehet ja meniglich, das wir nicht von solchem glauben reden, dabey todsund ist, wie die widdersacher vom glauben reden. Denn wie wil liecht und finsternis beieinander sein? denn der glaub, wo er ist und dieweil er da ist, gebiert er gut frucht, wie wir darnach sagen wollen. [H2v] Dieses ist jhe mit klaren, deutlichen, einfeltigen worten gered, wie es zugehet, wenn ein sunder recht sich bekert, was die neu geburt sey odder nicht sey. Trotz nu [sei] geboten allen den sententiariis160, ob sie unter den unzehelichen Commenten, glossen und Scribenten uber sententiarum einen können furbringen, der ein wörtlein, ein tittel recht davon setzet, wie es zugehet, wenn ein sunder bekert wird. Wenn sie von der liebe reden odder wenn sie von ihrem „habitu dilectionis“ reden, so brengen sie wol ihre treum fur, das denselbigen habitum die leut verdienen durch ihr werck, reden aber garnichts von Gottes verheissung odder wort, wie auch zu dieser zeit die widerteuffer leren.161 157
sich | 158 schlichtes, bloßes | 159 Vgl. CA XIII, o. S. 108f; vgl. auch o. S. 108, Anm. 67. | 160 Ver-
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peccatorum.50 Evangelium enim arguit omnes homines, quod sint sub peccato, quod omnes sint rei aeternae irae ac mortis, et offert propter Christum remissionem peccatorum et iustificationem, quae fide accipitur.
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Praedicatio poenitentiae, quae arguit nos, perterrefacit conscientias veris et seriis terroribus. In his corda rursus debent concipere consolationem. Id fit, si credant promissioni Christi, quod propter ipsum habeamus remissionem peccatorum. Haec fides in illis pavoribus erigens et consolans accipit remissionem peccatorum, iustificat et vivificat. Nam illa consolatio est nova et spiritualis vita.
Haec plana et perspicua sunt et a piis intelligi possunt et habent Ecclesiae testimonia. Adversarii nusquam possunt dicere, quomodo detur spiritus sanctus. Fingunt sacramenta conferre spiritum sanctum ex opere operato sine bono motu accipientis, quasi vero otiosa res sit donatio spiritus sancti.
Cum autem de tali fide loquamur, quae non est otiosa cogitatio, sed quae a morte liberat et | novamψ vitam in cordibus parit et est opus spiritus [h6r] sancti, non stat cum peccato mortali. Sed tantisper dum adest, bonos fructus parit, ut postea dicemus.
Quid potest dici de conversione impii seu de modo regenerationis simplicius et clarius? Proferant unum commentarium in sententias ex tanto Scriptorum agmine, qui de modo regenerationis dixerit. Cum loquuntur de habitu dilectionis, fingunt zhomines spiritum sanctumz per opera mereri, non docent per verbum accipi, sicut et hoc tempore Anabaptistae docent. z–z ψ 50
eum homines lat. 4° (1531)
nostram lat. 4° (1540) Lk 24,47
fassern von Kommentaren zu den Sentenzen des Petrus Lombardus | 161 Vgl. CA V, o. S. 100f; vgl. auch o. S. 100, Anm. 52.
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Nu kan man mit Gott doch jhe nicht handeln, so lest sich Gott nicht erkennen, suchen noch fassen denn allein im wort und durchs wort, wie Paulus sagt: „Das Evangelium ist ein krafft Gottes allenh, die daran gleuben.“162 Item, zu den Römern am x.: Der glaub ist aus dem gehör;163 und aus dem allein solt jhe klar gnug sein, das wir allein durch den glauben fur Gott from werden. Denn so wir allein durchs wort Gottes zu Gott komen und gerecht werden, und das wort kan niemands fassen denn durch den glauben, so folget, das der glaub gerecht macht. Doch sind andere ursachen, die sich zu dieser sach besser reimen. Dieses hab ich bisher gesagt, das ich anzeige, wie es zugehet, wie wir neu geborn wer[H3r]den, und das man verstehen möcht, was der glaub ist odder nicht ist, davon wir reden. Nu wöllen wir anzeigen, das derselbige glaube und sonst nichts uns fur Gott gerecht macht, und erstlich wil ich dieses hie den leser vorwarnen: gleich wie dieser spruch mus und sol stehenbleiben und kan ihnen niemands umbstossen: „Christus ist unser einiger mitler“, also kan auch diesen spruch niemands umbstossen: „durch den glauben werden wir rechtfertig one wercke.“ Denn | wie wil Christus der mitler sein und bleiben, wenn wir nicht durch den glauben uns an ihn halten als an mitler und also Gott versünet werden, wenn wir nicht gewis im hertzen halten, das wir umb seinetwillen fur Gott gerecht geschatzt werden? Das heist nu gleuben, also vertrauen, also sich trösten des verdiensts Christi, das umb seinetwillen Gott gewis uns wölle gnedig sein. Item, wie dieses klar inn der schrifft ist, das uber das gesetz zur seligkeit not ist die verheissung Christi, Also ist auch klar, das der glaub gerecht macht, denn das gesetz prediget nicht vergebung der sunde aus gnaden. Item, das gesetz können wir nicht erfüllen noch halten, ehe wir den heiligen geist entpfahen. Darümb mus das bestehen, das zur seligkeit die verheissung Christi vonnöten ist, dieselbigen kan nu niemands fassen noch entpfahen denn allein durch den glauben. Darümb diejhenigen, so leren, das wir nicht durch den glauben [H3v] fur Gott gerecht und from werden, was thun die anders, denn das sie Christum und das Evangelium unterdrücken und das gesetz leren? Aber etlich, wenn man sagt: der glaub macht rechtfertig fur Gott, verstehen solchs villeicht vom anfang, nemlich, das der glaub sey nur der anfang odder ein vorbereitung zu der rechtfertigung, Also das nicht der glaub selbst dafur gehalten werden sol, das wir dadurch Gott gefallen und angenem sind, sondern das wir Gott angenem sind von wegen der lieb und werck, so folgen, nicht von wegen des glaubens. Und solche meinen, der glaube werde allein derhalben gelobet inn der schrifft, das er ein anfang sey guter werck,164 wie denn allzeit viel am anfang gelegen ist. Dis aber ist nicht unser meinung,
h
die da selig machet alle L45
162
Röm 1,16 | 163 Vgl. Röm 10,17. | 164 Schatzgeyer, Scrutinium divinae scripturae, 39,14f: „Iustificatio praeterea prima non per merita praeambula aut legalem observantiam quacunque, sed per fidem celebratur certissime.“ Ebenso Tridentinum, Sessio VI c. 8, in: DH 1547.
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At cum Deo non potest agi, Deus non potest apprehendi nisi per verbum. Ideo iustificatio fit per verbum, sicut Paulus inquit: Evangelium est potentiaa Dei adb salutem omni credenti.51 Item: Fides est ex auditu.52 Et vel hinc argumentum sumi potest, quod fides iustificet, quia si tantum fit iustificatio per verbum et verbum tantum fide apprehenditur, sequitur, quod fides iustificet; sed sunt aliae maiores rationes. Haec diximus hactenus, ut modum regenerationis ostenderemus et ut intelligi posset, qualis sit fides, de qua loquimur.
Nunc ostendemus, quod fides iustificet. Ubi primum hoc monendi sunt lectores, quod sicut necesse est hanc sententiam tueri, quod Christus sit mediator, ita [h6v] necesse sit defendere, quod fides iustificet. Quomodo enim erit Christus mediator, si in iustificatione non utimur eo mediatore, si non sentimus, quod propter ipsum iusti reputemur? Id autem est credere: confidere meritis Christi, quod propter ipsum certo velit nobis Deus placatus esse. Item sicut oportet defendere, quod praeter legem necessaria sit promissio Christi, ita necesse est defendere, quod fides iustificet. Lex enim non docet gratuitam remissionem peccatorum. Item, Lex non potest fieri nisi prius accepto spiritu sancto. Necesse est igitur defendere, quod promissio Christi necessaria sit. At haec non potest accipi nisi fide. Itaque, qui negant fidem iustificare, nihil nisi legem abolito Evangelio et abolito Christo docent.
Sed nonnulli fortassis, cum dicitur, quod fides iustificet, intelligunt de principio, quod fides sit initium iustificationis seu praeparatio ad iustificationem ita, ut non sit ipsa fides illud, quo accepti sumus Deo, sed opera, quae sequuntur. Et somniant fidem ideo valde laudari, quia sit principium. Magna enim vis est principii, ut vulgo dicunt: ἀρχὴ ἥμισυ παντὸς53, ut si quis dicat, quod Grammatica efficiat omnium artium doctores, quia praeparetω ad [h7r] alias artes, etiam si sua quemque ars vere ar|tificem efficit. Non sic de fide
a
virtus Vg Clem. | b in Vg Clem.
ω
praeparat lat. 4° (1540), lat. 8° (1542/1559)
51
Röm 1,16 | 52 Röm 10,17 | 53 Plato, Leges VI, 753e,6
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sondern wir leren also vom glauben, das wir durch den glauben selbst fur Gott angenem sind. Und nachdem das wort „iustificari“ auff zweierley weis gebraucht wird, nemlich fur „bekeret werden“ odder „neu geborn“, Item, fur „gerecht geschetzt werden“, wollen wir das erst anzeigen, das wir allein durch den glauben aus dem Gotlosen wesen bekert, neu geborn und gerecht werden. Etlich fechten gros an das wort „sola“, so doch Paulus klar saget zu den Römern am iii.: „So halten wir nu, das der mensche gerecht werde one des gesetz wercke.“165 Item, zun Ephesern ii.: „Gottes gabe ist [es], nicht aus euch, nochi aus den [H4r] wercken, auff das sich nicht jmand rhüme.“166 Item, zun | Römern am iii. dergleichen.167 So nu dieses wort und diese exclusiva „sola“ etlichen so hart entgegen ist, so ubel gefellet, die mügen an so viel orten inn den Episteln Pauli auch diese wort auskratzen: „aus gnaden“168, Item, „jnicht ausj wercken“169, Item, „Gottes gabe“ etc., Item, „das sich niemandsk rhüme“170 etc. und dergleichen, denn es sind gantz starcke exclusivae. Das wort „aus gnaden“ schleust verdienst und alle wercke aus, wie die namen haben. Und durch das wort „sola“, so wir sagen, allein der glaub macht from, schliessen wir nicht aus das Evangelium und die Sacrament, das darümb das wort und Sacrament solten vergeblich sein, so es der glaub alles allein thut, wie die widdersacher uns alles geferlich deuten, sondern unsern verdienst daran schliessen wir aus. Denn wir haben oben gnug gesagt, das der glaub durchs wort kömpt, so preisen wir das predigampt und -wort höher und mehr denn die widersacher, so sagen wir auch: die Liebe und wercke sollen dem glauben folgen. Darümb schliessen wir die werck durchs wort „sola“ nicht also aus, das sie nicht folgen solten, Sondern, das vertrauen auff verdienst, auff wercke, das schliessen wir aus, Und sagen, sie verdienen nicht vergebung der sunden, und das wollen wir noch richtiger, heller und klerer zeigen.
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[H4v] Das wir vergebung der Sunde (allein) durch den Glauben an Christum erlangenο Wir halten, die widersacher müssen bekennen, das fur allen dingen zu der rechtfertigung vonnöten sey vergebung der sunde,171 denn wir sind alle unter der sunde geborn,172 darümb so schliessen wir nu also: Vergebung der sunde erlangen und haben, dasselbig heist: fur Gott gerecht und from werden, wie der xxxi. Psalm sagt: „Wol dem, dem die übertretungl vergeben istm.“173 Allein aber durch den glauben an Christum, nicht durch die liebe, nicht umb der
i nicht L45 | j – j ohne des Gesetzes L45 | k nicht jemand L45 | l cj.: uberttretung; ubertretung CR; Übertretungen L45 | m sind L45 ο
dt. 8° (1533) bietet eine völlige Neubearbeitung; s. QuM I, 622,25–631,28 [Davon ist ... ewiges leben.]
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Eph 2,8f |
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Vgl. Röm 3,24. |
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Röm 3,28 |
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sentimus, sed hoc defendimus, quod proprie ac vere ipsa fide propter Christum iusti reputemur seu accepti Deo simus. Et quia iustificari significat ex iniustis iustos effici seu regenerari, significat et iustos pronuntiari seu reputari. Utroque enim modo loquitur scriptura. Ideo primum volumus hoc ostendere, quod sola fides ex iniusto iustum efficiat, hoc est, accipiat remissionem peccatorum. Offendit quosdam particula sola, cum et Paulus dicat: Arbitramur hominem iustificari cfide, non exc operibus.54 Item, Ephesios 2.: Dei donum est, non ex vobis neque ex operibus, ne quis glorietur.55 Item, Roma. 3.: Gratis iustificati.56 Si displicet exclusiva sola, tollant etiam ex Paulo illas exclusivas: gratis, non ex operibus, donum est etc. Nam hae quoque sunt exclusivae. Excludimus autem opinionem meriti. Non excludimus verbum aut sacramenta, ut calumniantur adversarii. Diximus enim supra fidem ex verbo concipi. Ac multo maxime ornamus ministerium verbi. Dilectio etiam et opera sequi fidem debent, quare non sic excluduntur, ne sequantur, sed fiducia meriti dilectionis aut [h7v] operum in iustificatione excluditur. Idque perspicue ostendemus.
Quod remissionem peccatorum sola fide in Christum consequamur 20
Fateri etiam adversarios existimamus, quod in iustificatione primum necessaria sit remissio peccatorum. Omnes enim sub peccato57 sumus. Quare sic argumentamur. Consequi remissionem peccatorum est iustificari iuxta illud: Beati, quorum remissae sunt iniquitates.58 Sola fide in Christum, non per dilecc–c 54
per fidem sine Vg Clem. Röm 3,28 | 55 Eph 2,8f | 56 Röm 3,24 | 57 Röm 3,9 | 58 Ps 32 (Vg 31),1
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So allerdings nur Duns Scotus und seine Nachfolger. Thomas bestimmte den logischen Aufbau des Rechtfertigungsvorgangs folgendermaßen: „Naturali ordine primum est gratiae infusio, secundum motus liberi arbitrii in Deum, tertium est motus liberi arbitrii in peccatum, quartum vero est remissio culpae“ (Summa theologiae II,1 q. 113. Art. 8 c, in: L 7,340). | 172 Vgl. Röm 3,9. | 173 Ps 32 (Vg 31),1
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liebe odder werck willen erlangen wir vergebung der sunde, wiewol die liebe folget, wo der glaub ist. Derhalben mus folgen, das wir allein durch den glauben gerecht werden, denn gerecht werden heisset ja, aus einem sünder from werden und durch den heiligen geist neu geborn werden. Das wir aber allein durch den glauben (wie die minor174 meldet), nicht durch die liebe vergebung der sunde erlangen, wollen wir jtzund klar machen. [I1r] Die widdersacher reden kindisch von diesen hohen dingen, sie fragen, ob es einerley verenderung sey, ver|gebung der sunde und eingissung der gnade, odder ob es zwu sein.175 Die müssigen, unerfarnen leute können doch gar nicht von diesen sachen reden. Denn sunde recht [zu] fülen und Gottes zorn, ist nicht so ein schlecht, schlefferig ding. Widderümb vergebung der sunde [zu] ergreiffen, ist nicht so ein schwacher trost. Denn also sagt Paulus Corin. xv.: „Dien stachel des todes ist die sunde, die krafft aber der sunde ist das gesetz, Gott aber sey lobo, der uns pgibt uberwindungp durch Jhesum Christum, unsern Herrn“176, Das ist, die sunde erschreckt das gewissen, das geschicht durchs gesetz, wilchs uns Gottes ernst und zorn zeigt widder die sunde. Aber wir liegen ob177 durch Christum. Wie geschicht das? Wenn wir gleuben, wenn unser hertzen widder auffgericht werden und sich halten an die verheissung der gnade durch Christum. So beweisen wir nu dieses also, das wir durch den glauben an Christum und nicht durch werck vergebung der sunde erlangen. Nemlich, Gottes zorn kan nicht versünt noch gestilt werden durch unser wercke, sondern allein Christus ist der mitler und versüner und umb seinetwillen allein wird uns der vater gnedig. Nu kan Christum niemands als einen mitler fassen durch werck, sondern allein [dadurch], das wir dem wort gleuben, wilchs inen als ein mitler prediget. [I1v] Darümb erlangen wir allein durch den glauben vergebung der sunde, wenn unser hertz getröstet und auffgerichtet wird durch die Göttliche zusage, wilche uns umb Christus willen angeboten wird. Item, Paulus zu den Römern am v.: „Durch ihnenq haben wir ein zugang rzum vaterr“, und sagt klar dazu: „sdurch dens glauben.“178 Also werden wir nu und nicht anders dem vater versünet. Also erlangen wir vergebung der sunde, Wenn wir auffgericht werden, fest zu halten an der zusage, da uns gnad und barmhertzickeit verheissen ist durch Christum. Die widdersacher, die verstehen dieses vom mitler und versüner Christo also, Das Christus uns verdiene die liebe odder den „Habitum dilectionis“,179 und sagen nicht, das wir ihnen als einen einigen mitler brauchen müssen, Sondern stecken Christum widder ins grab, ertichten ein anders, als haben wir ein zutrit durch unser werck, Item, als verdienen
n der L45 | o Dank L45 | L45 | s – s im L45
p–p
den Sieg gegeben hat L45 |
q
welchen L45 |
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r–r
zu dieser Gnade
Der Untersatz des vorhergehenden Schlusses: „[…] das wir allein durch den glauben gerecht werden, denn gerecht werden heisset ja, aus einem sünder from werden und durch den heiligen geist neu geborn werden.“ | 175 In Ergänzung zu o. S. 299, Anm. 171; vgl. auch Duns Scotus, Liber
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tionem, non propter dilectionem aut opera, consequimur remissionem peccatorum, etsi dilectio sequitur fidem. Igitur sola fide iustificamur intelligendo iustificationem ex iniusto iustum effici seu regenerari. Minor ita facile poterit declarari, si sciamus, quomodo fiat remissio peccatorum.
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Adversarii frigidissime disputant, Utrum sint una mutatio remissio peccatorum et infusio gratiae. Otiosi homines, quid dicerent, non habebant. In remissione pec[h8r]catorum oportet in cordibus vinci terrores peccati et mortis aeternae, sicut Paulus testatur 1. Corinth. 15.: Aculeusd mortis peccatum est. Potentiae vero peccati lex. Gratiaf autem Deo, qui | datg nobis victoriam per Dominum nostrum Iesum Christum,59 id est, peccatum perterrefacit conscientias. Id fit per legem, quae ostendit iram Dei adversus peccatum, sed vincimus per Christum. Quomodo? fide, cum erigimus nos fiducia promissae misericordiae propter Christum. Sic igitur probamus minorem. Ira Dei non potest placari, si opponamus nostra opera, quia Christus propositus est propitiator, ut propter ipsum fiat nobis placatus pater. Christus autem non apprehenditur tamquam mediator nisi fide.
Igitur sola fide consequimur remissionem peccatorum, cum erigimus corda fiducia misericordiae propter Christum promissae. Item Paulus Roma 5. ait: Per ipsumh habemus accessum iad Patrem,i et addit: per fidem.60 Sic igitur reconciliamur patri et accipimus remissionem peccatorum, quando erigimur fiducia promissae misericordiae propter Christum. Adversarii Christum ita intelligunt mediatorem et propitiatorem esse, quia meruerit habitum dilectionis, non iubent [h8v] nunc eo uti mediatore, sed prorsus sepulto Christo
d Stimulus Vg Clem. | e Virtus Vg Clem. | Clem. | i – i in gratiam istam Vg Clem. 59
f
gratias Vg Clem. |
g
dedit Vg Clem. |
h
quem Vg
I Kor 15,56f | 60 Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12.
sententiarum IV d. 16 q. 2,4, in: DOO 9, 252: „Infusio gratiae et expulsio culpae seu magis proprie loquendo, remissio culpae, non sunt simpliciter una mutatio.“ | 176 I Kor 15,56f | 177 gewinnen, überwinden | 178 Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12. | 179 So etwa auch Duns Scotus, Liber sententiarum III d. 19 q. 1 u. II d. 27, q. 1 Scholium 3, 4. in: DOO 7/1, 412 und 6/2, 907.
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wir durch werck den Habitum und können darnach durch die liebe zu Gott komen. Das heist jhe Christum widder ins grab stecken und die gantze lare vom glauben wegnemen; dagegen aber leret Paulus klar, das wir ein zutrit haben, das ist versünung Gottes durch Christum. Und das er anzeige, wie dasselbig geschehe, so setzt er dazu: „durch dent glauben haben wir denu zutrit“180, durch den glauben entpfahen wir vergebung der sunde aus dem ver[I2r] dienst Christi und können Gottes zorn nicht stillen denn durch Christum. So ist leicht zu verstehen, das wir nicht vergebung verdienen durch unser werck odder lieb. Zum andern ist gewis, das die sunde vergeben werden umb des versüners Christi willen. Rom. iii.: „Wilchen Gott dargestelletv hat zu einem gnadenstul“ odder zu einem versüner; und [Paulus] setzt klar dazu: „durch den glauben“181. So wird uns der versüner nu also nütz, wenn wir durch den glauben fassen das wort, dadurch verheissen wird barmhertzigkeit, und dieselbigen halten gegen Gottes zorn und urteil. Und dergleichen stehet geschrieben Ebre. am iiii.: „Wir haben einen hohen Priester Christumw etc., last uns xzu ihm trettenx mit freidickeit!“182 Er heist uns zu Gott tretten, nicht im vertrauen unserer werck, sondern im vertrauen auff den hohen Priester Christum; derhalben foddert er jhe klar den glauben. Vor183 das drit, Petrus inn geschichten der Aposteln am x. sagt: „yDem Jhesu geben zeugnisy alle Propheten, das wirz vergebung der sunde durch seinen namen erlangen sollen, alle die inn ihnen gleuben.“184 Wie hette doch Petrus klerer können reden? Er sagt: „vergebung der sunde entpfahen wir durch seinen namen“, das ist, durch ihnen erlangen wir sie, nicht durch unser verdienst, nicht durch unser reu odder attrition, nicht durch unser liebe, nicht durch einigen Gottesdienst, nicht durch einige menschensatzung odder Wercke, und [er] setzet dazu: wo wir „inn ihnen gleuben“. [I2v] Derhalben wil er, das ein glaub im hertzen sey, darümb sagt er: es zeugen mit einem mund von dem Christo alle Propheten. Das mein ich, heist recht die Christlich kirchen odder Catholick kirche allegirt. Denn wenn alle heilige Propheten zeugen, das ist jhe ein herlich, gros, trefflich, starck Decret und zeugnis. Aber von dem spruch wollen wir darunden weitter reden.185 Zum vierden, vergebung der sunde ist verheissen umb Christus willen. Darümb kan sie niemands erlangen denn allein durch den glauben. Denn die verheissung kan man nicht fassen, noch derselben teilhafftig werden denn allein durch den glauben. Rom. iiii.: „Derhalben mus die gerechtigkeit durch den glauben komen, auff das sie sey aus gnaden und die verheissung fest bleibe“,186 Gleich als solt er sagen: so unser heil und gerechtigkeit auff unserm t
cj.: denn; den CR | u cj.: denn; den CR; einen L45 | v vorgestellt L45 | w Jesum L45 | x – x hinzutreten L45 | y – y Von diesem zeugen L45 | z nicht in L45 180
Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12. |
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Hebr 4,14–16 |
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fingunt nos habere accessum per propria opera et per haec habitum illum mereri et postea dilectione jhabere pacem conscientiaej. An non est hoc prorsus sepelire Christum et totam fidei doctrinam tollere? Paulus econtra docet nos habere accessum, hoc est, pacemk per Christum. Et ut ostenderet, quomodo id fiat, addit, quod per fidem habeamus accessum. Fide igitur propter Christum accipimus remissionem peccatorum. Non possumus irae Dei opponere nostram dilectionem et opera nostra.
Secundo. Certum est peccata remitti propter propitiatorem Christum. Roma. 3.: Quem posuit Deus propitiatoreml. Addit autem Paulus: per fidem.61 Itaquem nobis prodest hic propitiator, cum fide apprehendimus promissam in eo misericordiam et opponimus eam irae ac iudicio Dei. Et in eandem sententiam scriptum est ad Ebreos 4.: Habentes Pontificem etc. accedamusn cum fiducia!62 Iubet enim accedere ad Deum non fiducia nostrorum meritorum, sed fiducia Pontificis Christi: requirit igitur fidem.
Tertio. Petrus in Actis Cap. x.: Huic omnes [i1r] Prophetae testimonium perhibent remissionem peccatorum accipere per nomen eius omnes, qui credunt in eum.63 Quomodo potuit clarius dicere? Remissionem peccatorum accipimus, inquit, per nomen | eius, hoc est, propter eum, ergo non propter nostra merita, non propter nostram contritionem, attritionem, dilectionem, cultus, opera. Et addit: cum credimus in eum. Requirit igitur fidem. Neque enim possumus apprehendere nomen Christi nisi fide. Praeterea allegat consensum omnium Prophetarum. Hoc vere est allegare Ecclesiae auctoritatem, sed de hoc loco infra de poenitentia rursus dicendum erit.
Quarto. Remissio peccatorum est res promissa propter Christum. Igitur non potest accipi nisi sola fide. Nam promissio accipi non potest nisi sola fide. Roma. 4.: Ideo ex fide, ut sit firma promissio secundum gratiam,64 quasi dicat:
j – j illa accedere ad Deum lat. 4° (1531) | k reconciliationem lat. 4° (1531) | Clem. | m danach: ita lat. 4° (1531) | n adeamus Vg Clem. 61
Röm 3,25 | 62 Hebr 4,14–16 | 63 Act 10,43 | 64 Röm 4,16
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Vgl. u. S. 461,4–11 (deutsch: 460,4–16). | 186 Röm 4,16
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propitiationem Vg
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verdienst stünde, so were die verheissung Gottes immer noch ungewis und were uns unnütza, denn wir konnten nimmer des gewis sein, wenn wir gnug verdienet hetten. Und dieses verstehen frome hertzen und Christliche gewissen fast187 wol, nömen nicht tausent welt, das unser | heil auff uns stunde. Damit stimpt Paulus zun Galatern: „Gottb hat alles unter der sunde beschlossen, das die verheissung ausc dem glauben dJhesu Christi den gleubigen widerfared“.188 Da stöst Paulus allen unsern verdienst danider, denn er sagt: wir sind alle schüldig des todes und unter der sund beschlossen. Und [er] gedenckt der Göttlichen zusage, dadurch wir allein vergebung der sunde erlangen, und setzt [I3r] noch weiter dazu, wie wir der verheissung teilhafftig werden: Nemlich durch den glauben. Und dieser grund, dieses argument, da Paulus aus art und natur der Göttlichen verheissung schleust, nemlich also: So Gottes verheissung gewis sein und fest stehen sol, wie sie nicht feilen kan, so mus vergebung der sunde nicht aus unserm verdienst sein, sonst were sie ungewis, und [wir] wüsten nicht, wenn wir gnug verdienet hetten. Ja, dis argument, sage ich, und der grund ist ein rechter fels und fast189 das sterckste im gantzen Paulo und wirdet gar offte erholet190 und angezogen inn allen Episteln.191 Es wird auch nimmermehr auff erden ein mensch etwas trachten und tichten odder erdencken, dadurch der einig grund allein, wenn sonst nichts were, müge umbgestossen werden. Es werden auch frome hertzen und Christliche gewissen sich inn keinen weg lassen hievon abfüren, Nemlich, das wir allein durch den glauben umb Christus verdiensts willen vergebung der sunde haben. Denn da haben sie ein gewissen, starcken, ewigen trost widder die sunde, Teuffel, Tod, Helle;192 das ander alles ist ein sandgrund und bestehet nicht inn anfechtungen. So wir nu allein durch den glauben vergebung der sunde erlangen und den heiligen Geist, so macht allein der glaub fur Gott from. Denn diejhenigen, so mit Gott versünet sind, die sind fur Gott from und Gottes kinder, nicht umb ihrer reinigkeit willen, sondern umb Gottes barmher[I3v]tzigkeit willen, so sie dieselbigen fassen und ergreiffen durch den glauben. Darümb zeuget die schrifft, das wir durch den glauben fur Gott from werden. So wollen wir nu sprüche erzelen, wilche klar melden, das der glaube from und gerecht mache nicht derhalben, das unser gleuben ein solch köstlich, rein werck sey, sondern allein derhalben, das wir durch gleuben und sonst mit keinem ding die angebottene barmhertzigkeit entpfahen. Paulus inn der Episteln zu den Römern handelt fornemlich dieses stück, wie ein mensch fur Gott from werde, und beschleust, das alle, die da gleuben, das
a cj.: unütz; unnütz CR | b die Schrift L45 | c durch L45 | d – d an Jesum Christum, gegeben denen, die da glauben L45 187 sehr | 16,18.
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Gal 3,22 |
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durchaus |
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wiederholt |
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Vgl. Röm 4,16; Gal 3,18. |
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Vgl. Mt
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Si penderet res ex meritis nostris, incerta et inutilis esset promissio, quia numquam constituere possemus, quando satis meriti essemus. Idque facile intelligere queunt peritae conscientiae. Ideo Paulus ait Galat. 3.: Conclusit Deuso omnia sub peccatump, ut promissio ex fide Iesu Christi deturq credentibus.65 Hic detra[i1v]hit meritum nobis, quia dicit omnes reos esse et conclusos sub peccatum, deinde addit promissionem videlicet remissionis peccatorum et iustificationis dari et addit, quomodo accipi promissio possit: videlicet fide. Atque haec ratio sumpta ex natura promissionis apud Paulum praecipua est et saepe repetitur.66
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Neque excogitari neque fingi quidquam potest, quo hoc Pauli argumentum everti queat. Proinde non patiantur se bonae mentes depelli abα hac sententia, quod tantum fide accipiamus remissionem propter Christum. In hac habent certam et firmam consolationem adversus peccati terrores et adversus aeternam mortem et adversus omnes portas inferorum.67
15
Cum autem sola fide accipiamus remissionem peccatorum et rreconciliationem propter Christumr, sola fides iustificat, quia reconciliati reputantur iusti et filii Dei non propter suam munditiem, sed per misericordiam propter Christum, si tamen hanc misericordiam fide apprehendant. Ideoque scriptura testatur, quod fide iusti reputemur.68 Adiciemus igitur testimonia, quae clare pronuntiant, quod fides sit ipsa iustitia, qua coram Deo iusti reputamur, videlicet non quia sit opus per sese dignum, Sed quia accipit promissionem, qua Deus pollicitus [i2r] est, quod propter Christum velit propitius esse credentibus in eum, seu quia sentit, quod sChristus sits nobis factus a Deo sapientia, iustitia, sanctificatio et redemptio.69 Paulus in Epistola ad Romanos praecipue de hoc loco disputat et proponit, quod gratis iustificemur fide credentes nobis Deum placatum propter Chris-
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o Scriptura Vg Clem. | p peccato Vg Clem. | (1531) | s – s Christo, qui est Vg Clem. α 65
q
daretur Vg Clem. |
r–r
spiritum sanctum lat. 4°
ac lat. 8° (1542) Gal 3,22 | 66 Vgl. Röm 4,16; Gal 3,18. | 67 Vgl. Mt 16,18. | 68 Vgl. Röm 3,26. | 69 I Kor 1,30
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sie durch Christum ein gnedigen Gott haben one verdienst, durch den glauben fur Gott from werden; und diesen gewaltigen beschlues, diese proposition, inn wilcher gefasset ist die heuptsache der gantzen Episteln, ja, der gantzen schrifft, setzet er im vierdene Ca|pitel mit dörren, klaren worten also: „So halten wir es nu, das der mensch gerecht werde one des gesetzs werck, allein durch den glauben.“193 Da wollen die widdersacher sagen, Paulus habe ausgeschlossen allein die Jüdischen Cere[I4r]monien, nicht andere tugentliche wercke.194 Aber Paulus redet nicht allein von Ceremonien, sondern eigentlich, gewis redet er auch von allen andern wercken und von dem gantzen gesetze odder zehen geboten. Denn im vii. Capitel hernach zeuhet er an den spruch aus den zehen gepoten: „Las dich nicht gelüsten“;195 und so wir durch andere wercke, wilche nicht Jüdische Ceremonien weren, konten vergebung der sunde erlangen und dadurch gerechtickeit verdienen, was were denn Christus und sein verheissung vonnöten? Da lege schon danider alles, was Paulus von der verheissung an so viel orten redet. So schriebe auch Paulus unrecht zu den Ephesern, da er sagt: „fone verdienst umbsonstf seid ihr selig worden, denn Gottes gabe ists, nicht aus wercken.“196 Item, Paulus zeucht an inn der Episteln zu den Römern Abraham und David; dieselbigen hatten ein befehl und Gottes gebot von der beschneidung.197 So nu irgent ein werck fur Gott from machet, so müsten jhe die wercke, die dazumal Gottes befehl hatten, auch gerecht und from gemacht haben. Aber Augustinus, der leret klar, das Paulus von dem gantzen gesetz rede, wie er denn nach der lenge solches disputirt [in] „de spiritu et littera“, „von dem Geist und buchstabe“, da er zuletzt sagt: So wir nu dieses stück nach [dem] vormügen, das Gott verliehen hat, bewogen und gehandelt haben, so schliessen wir, das kein mensch from wird durch gebot eins gutten lebens, sondern durch den glauben Jhesu Christi.198 [I4v] Und das niemands dencken darff, als sey Paulo dieses wort „der mensch wird gerecht allein durch den glauben“ entpfaren, so füret er das nach der lenge aus im vierden Capitel zu den Römern und erholet199 solchs in allen seinen Episteln. Denn also sagt er am vierden Capitel: „Dem, der mit wercken umbgehet, wird der lohn nicht aus gnaden zugerechnet, sondern aus pflicht. Dem aber, der nicht mit wercken umbgehet, gleubet aber an den, der die Gottlosen gerecht macht, dem wird sein glaub gerechnet zur gerechtigkeit.“200 So ists nu aus den worten klar, das der glaub das ding und das wesen ist, wilchs er Gottes gerechtigkeit nennet, und setzet dazu: „sie werde aus gnaden zugerechnet“ und sagt: Sie könt uns aus gnaden nicht zugerechnet werden, so
e
recte: dritten | f – f aus Gnaden L45
193
Röm 3,28; hervorgehoben im Original. | 194 Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 93,14–95,7 (deutsch: ebd., 92,21–94,11). Vgl. Herborn, Enchiridion, 30f. | 195 Ex 20,17f; Dtn 5,21; Röm 7,7 | 196 Eph 2,8f | 197 Vgl. Röm 4,1–6. | 198 Vgl. Augustinus, De spiritu et littera XIII, 22, in: PL 44, 214f (CSEL 60, 176,13–15). | 199 wiederholt | 200 Röm 4,4f
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tum. Et hanc propositionem capite tertio, quae statum universae disputationis continet, tradit: Arbitramur hominem fidet iustificari, unon exu operibus legis.70 Hic adversarii interpretantur ceremonias Leviticas. At Paulus non tantum de ceremoniis loquitur, sed de tota lege. Allegat enim infra ex Decalogo: Non concupisces.71 Et si opera moralia mererentur remissionem peccatorum et iustificationem, etiam nihil opus esset Christo et promissione et ruerent omnia illa, quae Paulus de promissione loquitur. Male etiam scriberet ad Ephesios gratis nos salvatos esse et donum Dei esse, non ex operibus.72 Item Paulus allegat Abraham, allegat Davidem, at hi de circumcisione habuerunt mandatum Dei.73 Itaque si ulla opera iustificabant, necesse erat illa opera tunc, cum mandatum haberent, etiam iustificasse.
Sed recte docet Augustinus Paulum de tota lege loqui, [i2v] sicut prolixe disputat de spiritu et littera, ubi postremo ait: His igitur consideratis pertractisque pro viribus, quas Dominus donare dignatur, colligimus non iustificari hominem praeceptis bonae vitae nisi per fidem Iesu Christi74. Et ne putemus temere excidisse Paulo sententiam, quod fides iustificet, longa disputatione munit et confirmat eam in quarto Capite ad Romanos. Et deinde in omnibus Epistolis repetit. Sic ait Capite quarto ad Roma: Operantiv merces non imputatur secundum gratiam, sed secundum debitum. Ei autemw, qui non operatur, creditx autem in eum, qui iustificat impium, reputatur fides eius ad iustitiam.75
Hic clare dicit fidem ipsam imputari ad iustitiam. Fides igitur est illa res, quam Deus pronuntiat esse iustitiam et addit gratis imputari. Et negat posse
t x
per fidem Vg Clem. | credenti Vg Clem.
u–u
sine Vg Clem. |
v
Ei, qui operantur Vg Clem. |
70
w
vero Vg Clem.
Röm 3,28 | 71 Ex 20,17; Dtn 5,21; Röm 7,7 | 72 Vgl. Eph 2,8f. | 73 Vgl. Röm 4,1–6. | 74 Augustinus, De spiritu et littera XIII, 22, in: PL 44, 214f (CSEL 60, 176,13–15). | 75 Röm 4,4f
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wercke oder verdienst da weren. Darümb schleust er gewislichen aus allen verdienst und alle wercke, nicht allein Jüdischer Ceremonien, sondern auch alle andere gute wercke. Denn so wir durch dieselben wercke from würden fur Gott, so würde uns der glaube nicht gerechnet zur gerechtigkeit one alle wercke, Wie doch Pau|lus klar sagt;201 und hernach spricht er: „Und wir sagen, das Abraham sein glaub istg gerechnet zur gerechtigkeit.“202 πItem Capite v.: „Nu wir dennh sind gerecht worden durch den glauben, so haben wir fride mit Gott durch unsern Herrn, Jhesu Christ“,203 das ist: wir haben fröliche, stille gewissen fur Gott. Rom. x.: „So man von hertzen gleubt, so [K1r] wird man gerecht.“204 Da nennet er den glauben die gerechtigkeit des hertzen; zu den Galatern am ii.: „So gleuben wir auch an Christum Jhesum, auff das wir gerecht werden durch den glauben an Christum und nicht durchs gesetzs wercke.“205 Ephe. ii.: „Denn aus gnaden seid ihr selig worden durch den glauben und dasselbig nicht aus euch. Gottes gabe ist es, nicht aus wercken, auff das sich niemands rhüme.“206 Johannis i. cap.: „Den207 gab er macht, kinder Gottes zu werden, die da an seinen namen gleuben, wilche nicht von dem geblüt noch von dem willen des fleisches, noch von dem willen des mannes, sondern von Gott geborn sein.“208 Johannis am dritten: „Wie Moses inn der wüsten ein schlangen erhöhet hat, also mus des menschen son auch erhöhet werden, auff das alle, die an ihnen gleuben, nicht verloren werden.“209 Item: „Gott hat sein son nicht gesand inn die welt, das er die welt richte, Sondern das die welt durch ihnen selig werde; wer an ihn gleubt, der wird nicht gericht.“210 Actuum xiii.: „So sey es nu euch kund, lieben brüder, das euch verkündiget wird vergebung der sunde und von dem allem, durch wilchs ihr nicht könnet im gesetz Mosi gerecht werden; wer aber an diesen gleubet, der ist gerecht.“211 Wie hette er doch klerer reden können von dem reich [K1v] Christi und von der rechtfertigung? Er sagt, das gesetz habe nicht können jmands gerecht machen, und sagt, darümb sey Christus geben, das wir gleuben, das wir durch ihnen gerecht werden. Mit klaren worten sagt er, das gesetz kan niemands gerecht machen. Darümb wird uns durch Christum gerechtigkeit zugerechnet, wenn wir gleuben, das uns Gott durch ihnen gnedig ist. Actuum iiii.: „Das ist der stein, von euch bauleuten verworffen, der zum eckstein worden ist, und ist inn keinem andern heil, und ist auch kein ander name den menschen geben, darinnen wir sollen selig werden.“212 An den namen aber Christi kan ich nicht anders gleuben, denn das ich höre predigen den verdienst Christi und solchs fasse. Derhalben durch gleuben an den g
sei L45 | h cj.: den; denn CR
π Eine eng verwandte Abfolge von Schriftstellen erscheint später auch in dt. 8° (1533): s. QuM I, 628,11–630,16 [6. Rom. ... sind“ etc.] 201 207
Vgl. Röm 4,4f. | 202 Röm 4,9 | 203 Röm 5,1 | 204 Röm 10,10 | 205 Gal 2,16 | Denen | 208 Joh 1,12f | 209 Joh 3,14f | 210 Joh 3,17f | 211 Act 13,38f | 212 Act 4,11f
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gratis imputari, si propter opera deberetur. Quare excludit etiam meritum operum moralium. Nam si his deberetur iustificatio coram Deo, non imputaretur fides ad iustitiam sine operibus. Et postea: Dicimus enim, quody Abrahae imputataz est fides ad iustitiam.76
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[i3r] Capite 5. ait: Iustificati ex fide pacem habemus ergaa Deum,77 id est, habemus conscientias tranquillas et laetas coram Deo. Roma. 10.b: Corde creditur ad iustitiam.78 Hic pronuntiat fidem esse iustitiam cordis. Ad Galatas 2.: Nos in Christo Iesu credimus, ut iustificemur ex fide Christi et non ex operibus legis.79 | Ad Ephes. 2.: Gratia enim salvati estis per fidem et hoc non ex vobis. Dei enim donum est, non ex operibus, ne quis glorietur.80 Iohannis primo: Dedit eis potestatem filios Dei fieri, his, qui credunt in nomine eius, qui non ex sanguinibus neque ex voluntate carnis neque ex voluntate viri, sed ex Deo nati sunt.81
Iohannis 3.: Sicut Moises exaltavit serpentem in deserto, ita exaltari oportet filium hominis, ut omnis, qui credit in ipsum, non pereat.82 Item: Non misit Deus filium suum in mundum, ut iudicet mundum, sed ut salvetur mundus per ipsum. Qui credit in eum, non iudicatur.83 Actuum 13.: Notum igitur sit vobis, viri fra[i3v]tres, quodc per hunc vobis remissio peccatorum annuntiatur et ab omnibus, quibus non potuistis in lege iustificari, in hoc omnis, qui credit, iustificatur.84 Quomodo potuit clarius de officio Christi et de iustificatione dici? Lex, inquit, non iustificabat.85 Ideo Christus datus est, ut credamus nos propter ipsum iustificari. Aperte detrahit legi iustificationem. Ergo propter Christum iusti reputamur, cum credimus nobis Deum placatum esse propter ipsum.
Actuum 4.: Hic est lapis, qui reprobatus est a vobis aedificantibus, qui factus est in caput anguli. Et non est in aliquo alio salus. Nequed enim aliud nomen est sub caelo datum hominibus, in quo oporteat nos salvos fieri.86 Nomen autem
y quia Vg Clem. | z reputata Vg Clem. | a ad Vg Clem. | b cj.: 4.; iiii. lat. 4° (1531); 4. lat. 4° (1540), lat. 8° (1542/1559/1580) | c quia Vg Clem. | d Nec Vg Clem. 76 83
Röm 4,9 | 77 Röm 5,1 | 78 Röm 10,10 | 79 Gal 2,16 | 80 Eph 2,8f | Joh 3,17f | 84 Act 13,38f | 85 Vgl. Röm 3,20; Gal 2,16. | 86 Act 4,11f
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namen Christi und nicht durch vertrauen auff unser wercke werden wir selig. Denn das wort „name“ an dem ort bedeut ursach, dadurch und darümb das heil kömpt. Darümb den namen Christi rhümen odder bekennen, ist als viel als vertrauen auff den, der Christus allein ist, und heist, das der caussa meins heils und | schatzs sey, dadurch ich erlöset bin. Actuum xv.: „Durch den glauben reiniget er ihre hertzen“;213 darümb ist der glaub, da die Aposteln von reden, nicht ein schlecht erkentnis der Historien, Sondern ein starck krefftig werck des heiligen Geists, das die hertzen verendert. [K2r] Abacuc ii.i Cap.: „Der gerecht lebetj seins glaubens“;214 da sagt er erstlich, das der gerecht durch den glauben gerecht wird, so er gleubt, das Gott durch Christum gnedig sey. Zum andern sagt er, das der glaub lebendig macht. Denn der glaub bringet allein den hertzen und gewissen fride und freude und das ewige leben, wilchs hie inn diesem leben anfecht. Esaie liii.: „Sein erkentnis wird viel kgerecht machenk.“215 Was ist aber das erkentnis Christi [anderes], denn sein wolthat kennen216 und sein verheissung, die er in die welt hat geprediget und predigen lassen? Und die wolthat kennen, das heist an Christum warlich gleuben, Nemlich gleuben das, was Gott durch Christum verheissen hat, das er das gewis geben wolle. Aber die schrifft ist vol solcher sprüche und zeugnis, denn diese zwey stücke handelt die schrifft, gesetz Gottes und verheissung Gottes. Nu reden die verheissung von vergebung der sunde und Gottes versünung durch Christum. Und bey den Vetern findet man auch viel der sprüche; denn auch Ambrosius zu Ireneo schreibt: die gantze welt aber wird darümb Gott unterthan, unterworffen durchs gesetz, denn durch das gebot des gesetzs werden wir alle angeklagt, aber durch die werck des gesetzs wird niemands gerecht. Denn durch das gesetz wird die sunde erkant, aber die schuld wird auffgelöset durch den glauben, und es scheinet wol, als hette das gesetz schaden gethan, denn es alle zu [K2v] sundern gemacht hat; aber der her Christus ist komen und hat uns die sunde, wilche niemands kont meiden, geschanckt und hat die handschrifft durch vergiessen seins bluts ausgelescht.217 Und das ist, das Paulus sagt zu den Römern am v.: Die sunde ist mechtig worden durchs gesetz, aber die gnade ist noch mechtiger worden durch Jhesum.218 Denn dieweil die gantze welt ist schuldig worden, so hat er der gantzen welt sunde weggenomen, wie Johannes zeugt: „Sihe, das ist das lamb Gottes, wilchs der welt sunde wegnimptl.“219 Und darümb sol niemands seiner werck sich rhümen, denn durch sein eigen thun wird niemands gerecht; wer aber gerecht ist, dem ists geschenckt inn der Tauff inn Christo, da er | ist gerecht
i
cj.: i.; i. CR | j wird leben L45 | k – k zur Gerechtigkeit verhelfen L45 | l trägt L45
213 Act 15,9 | 214 Hab 2,4 | 215 Jes 53,11 | 216 Vgl. dazu auch schon Melanchthons „Loci communes“ von 1521, in: MWA 2/1, 7: „Hoc est Christum cognoscere, beneficia eius cognoscere.“ 217 Vgl. Kol 2,14. | 218 Vgl. Röm 5,20f. | 219 Joh 1,29
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Christi tantum fide apprehenditur. Igitur fiducia nominis Christi, non fiducia nostrorum operum salvamur. Nomen enim hic significat causam, quae allegatur, propter quam contingit salus. Et allegare nomen Christi est confidere nomineβ Christi tamquam causa seu pretio, propter quod salvamur. 5
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Actuum 15.: Fide purificans corda eorum.87 Quare fides illa, de qua loquuntur Apostoli, non est otiosa notitia, sed res accipiens spiritum sanctum et iustificans nos. [i4r] Abacuc secundoe: Iustus exf fide vivet.88 Hic primum dicit homines fide esse iustos, qua credunt Deum propitium esse, et addit, quod eadem fides vivificet, quia haec fides parit in corde pacem et gaudium et vitam aeternam. Esaiae 53.: Notitia eius iustificabit multos.89 Quid est autem notitia Christi nisi nosse beneficia Christi, promissiones, quas per Evangelium sparsit in mundum? Et haec beneficia nosse proprie et vere est credere in Christum, credere, quod quae promisit Deus propter Christum, certo praestet.
Sed plena est scriptura talibus testimoniis, | quia alibi legem, alibi promissiones de Christo et de remissione peccatorum et de gratuita acceptatione propter Christum tradit. Exstant et apud S. Patres sparsim similia testimonia. Ambrosius enim inquit in Epistola ad Ireneum quendam: Subditus autem mundus eo per legem factus est, quia ex praescripto legis omnes conveniuntur et ex operibus legis nemo iustificatur, id est, quia per legem peccatum cognoscitur, sed culpa non relaxatur. Videbatur lex nocuisse, quae omnes fecerat peccatores, sed veniens Dominus Iesus peccatum omnibus, quod nemo poterat evita[i4v]reg, donavit et chirographum nostrum sui sanguinis effusione delevit.90 Hoc est, quod ait: Abundavith peccatum per legem. Superabundavit autem gratia per Iesum.91
Quia postquam totus mundus subditus factus est, totius mundi peccatum abstulit, sicut testificatus est Iohannes dicens: Ecce agnus Dei, ecce, qui tollit peccatumγ mundi.92 Et ideo nemo glorietur in operibus, quia nemo factis suis iustificatur. Sed qui iustus est, donatum habet, quia posti lavacrum iustificatus est.
e h β 87
cj.: primo; primo lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559/1580) | Superabundavit CSEL | i per PL, CSEL
f
in Vg Clem. |
g
evadere PL
nomini lat. 4° (1540) | γ peccata lat. 8° (1542/1559) Act 15,9 | 88 Hab 2,4 | 89 Vgl. Jes 53,11. | 90 Vgl. Kol 2,14. | 91 Vgl. Röm 5,20f. | 92 Joh 1,29
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worden. Denn der glaub ist, der uns los macht durch das blut Christi, und wol dem, wilchem die sunde vergeben wird, und gnad widderferet.220 Diese sind Ambrosii klare wort, die doch gantz öffentlich mit unser lere auch stimmen; er sagt, das die wercke nicht gerecht machen, und sagt, das der glaub uns erlöse durch das blut Christi. Wenn man alle Sententiarios221 uber einen hauffen zusamenschmeltzet, die doch grosse titel füren, denn etliche nennen sie „Engelisch“, „Angelicos“, etliche „subtiles“, etliche „irrefragabiles“,222 das ist, Doctores, die nicht irren können, und wenn man sie alle lese, so werden sie alle mitein223 nicht so nütz sein, Paulum zu verstehen, als der einige spruch Ambrosii. [K3r] Auff die meinung hat auch Augustinus viel widder die Pelagianer geschrieben und [in] „de spiritu et littera“ sagt er also: Darümb wird uns das gesetz und sein gerechtigkeit furgehalten, das, wer sie thut, dadurch lebe, und das ein jeder, so er sein schwacheit erkennet, zu Gott, wilcher allein gerecht macht, kome nicht durch sein eigen kreffte noch durch den buchstabe des gesetzs, wilchen wir nicht erfüllen können, sondern durch den glauben. Ein recht gut werck kan niemands thun, denn der zuvor selbst gerecht, from und gut sey; gerechtigkeit aber erlangen wir allein durch den glauben.224 Da sagt er klar, das Gott, wilcher allein seliget und heiliget, durch den glauben versünet wird und das der glaub uns fur Gott from und gerecht macht. Und bald hernach: Aus dem gesetz fürchten wir Gott, durch den glauben hoffen und vertrauen wir in Gott. Die aber die straff fürchten, den wird die gnad verborgen unter wilcher forcht, wenn ein mensch inn angst ist etc., sol er durch den glauben flihen zu der barmhertzigkeit Gottes, das er dasjhenig gebe, dazu gnade verleihe, das er im gesetz gebeutet.225 Da leret er, das durch das gesetz die hertzen geschreckt werden und durch den glauben widder trost entpfahen. Es ist warlich wunder, das die widersacher können so blind sein und so viel klarer sprüche nicht ansehen, die da klar melden, das wir durch den glauben gerecht werden und nicht aus den [K3v] wercken. Wo dencken doch die armen leute hin? Meinen sie, das die schrifft one ursachen einerley so offte mit klaren worten erholet226? Meinen sie, das der heilig Geist sein wort nicht gewis und bedechtlich setzt odder nicht wisse, was er rede? Darüber haben die Gottlosen | leute ein Sophistisch gloss ertichtet und sagen: die sprüche der schrifft, so sie vom glauben reden, sind von „fide formata“ zu verstehen.227 220 Vgl. Ambrosius von Mailand, Epistola LXXIII, 10f, in: PL 16, 1253f (CSEL 82/2, 147,106–148,122); vgl. Röm 4,7; vgl. Ps 32 (Vg 31),1f. | 221 Vgl. o. S 294f, Anm. 160. | 222 Beinamen bekannter scholastischer Theologen: „Angelicus“ Thomas von Aquin, „subtilis“ Johannes Duns Scotus, „irrefragabilis“ Alexander von Hales. | 223 miteinander | 224 Vgl. Augustinus, De spiritu et littera XXIX, 51, in: PL 44, 232 (CSEL 60, 207,4–9). | 225 Vgl. Augustinus, De spiritu et littera XXIX, 51, in: PL 44, 233 (CSEL 60, 208,5–7.9f). | 226 Wiederholt | 227 Vgl. Confutatio V, in: Immenkötter, Confutatio, 89,2–8: „Quod autem fidei mentionem hic faciunt, eatenus admittitur, quatenus de fide non sola (ut aliqui male docent), sed quae per dilectionem operatur (ut apostolus recte docet ad. Gal. 5[,6]), intelligatur. In baptismo enim non sola fides sed et spes caritasque
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Fides ergo est, quae liberat per sanguinem Christi, quia beatus ille, cui peccatum remittitur et venia donatur.93 Haec sunt Ambrosii verba, quae aperte patrocinantur nostrae sententiae; detrahit operibus iustificationem et tribuit fidei, quod liberet per sanguinem Christi. Conferantur in unum acervum Sententiarii omnes, qui magnificis titulis ornantur! Nam alii vocantur angelici, alii subtiles, alii irrefragabiles. Omnes isti lecti et relecti non tantum conferent ad intelligendum Paulum, quantum confert haec una Ambrosii sententia.
In eandem sententiam multa contra Pelagianos scribit Augustinus, de spiritu et littera sic ait: Ideo quippe proponitur iustitia legis, quod qui fe[i5r]cerit eam, vivet in illa,94 ut, cum quisque infirmitatem suam cognoverit, non per suas vires neque per litteram ipsius legis, quod fieri non potest, Sed per fidem concilians iustificatorem perveniat et faciat et vivat in ea. Opus rectumj, quod qui fecerit, vivet in eo, non fit nisi in iustificato. Iustificatio autem ex fide impetratur.95 Hic clare dicit iustificatorem fide conciliari et iustificationem fide impetrari.
Et paulo post: Ex lege timemus Deum, ex fide speramus in Deum, sed timentibus poenam absconditur gratia, sub quo timore anima laborans etc. per fidem confugiat ad misericordiam Dei, ut det, quod iubet.96 Hic docet lege terreri corda, fide autem consolationem capere et docet prius fide apprehendere misericordiam, quam legem facere conemur. Recitabimus paulo post et alia quaedam. Profecto mirum est adversarios tot locis scripturae nihil moveri, quae aperte tribuunt iustificationem fidei et quidem detrahunt operibus. Num frustra existimant toties idem repeti? Num arbitrantur excidisse spiritui sancto non animadvertenti has voces? Sed excogitaverunt etiam cavillum, quo eludunt: dicunt de fide formata accipi debere, hoc est, non tribuunt fidei iustificatij
enim PL, CSEL
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Ambrosius von Mailand, Epistola LXXIII, 10f, in: PL 16, 1253f (CSEL 82/2, 147,106–148,122); vgl. Röm 4,7; Ps 32 (Vg 31),1f. | 94 Vgl. Lev 18,5. | 95 Augustinus, De spiritu et littera XXIX, 51, in: PL 44, 232 (CSEL 60, 207,4–9). | 96 Augustinus, De spiritu et littera XXIX, 51, in: PL 44, 233 (CSEL 60, 208,5–7. 9f). simul infunduntur, ut declarat Alexander papa c. Maiores. De baptismo et eius effectu. Quod et ante longe docuit Joannes Baptista de Christo loquens, Luc. 3[,16]: Ipse vos baptizabit in spitu sancto et igne“ sowie Confutatio XXIV, in: ebd., 171,4–6: „In superioribus vero satis declaratum est nos per fidem non proprie iustificari sed per caritatem. Quod si in sacris litteris, quid eiusmodi reperitur, norunt catholici id dici de fide formata, quae per dilectionem operatur, ad Gal. 5[,6]“ (deutsch: ebd., 88,3–13).
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Das ist, sie sagen: der glaub macht niemands from odder gerecht denn umb der liebe odder werck willen.228 Und inn Summa nach ihrer meinung, so macht der glaub niemands gerecht, sondern die liebe allein, Denn sie sagen, der glaube könne neben einer todtsunde sein. Was ist das anders, denn alle zusage Gottes und verheissung der gnaden umbgestossen und das gesetz und wercke geprediget? So der glaub vergebung der sunde und gnad erlangt umb der liebe willen, so wird die vergebung der sunde allzeit ungewis sein. Denn wir lieben Gott nimmer so volkömlich, als wir sollen. Ja, wir können Gott nicht lieben, denn das hertz sey erst gewis, das ihm die sunde vergeben sein. Also, so die widdersacher leren, auff [die] liebe Gottes, die wir vermügen, und eigen wercke [zu] vertrauen, stossen sie das Evangelium, welchs vergebung der sunde prediget, gar zu boden, so doch die liebe niemands recht haben noch verstehen kan, er gleub denn, das wir aus gnaden umbsonst vergebung der sunde erlangen durch Christum. [K4r] Wir sagen auch, das die liebe dem glauben folgen sol, wie Paulus sagt: „Inn Christo Jhesu istm widder beschneidung noch vorhaut etwas, sondern der glaub, wilchern durch die liebe wircketo.“229 Man sol aber darümb auff die liebe nicht vertrauen noch bauen, als erlangten wir umb der liebe willen odder durch die liebe vergebung der sunde und versünung Gottes. Gleichwie wir nicht vergebung der sunde erlangen umb anderer werck willen, die da folgen, sondern allein durch den glauben. Denn die verheissung Gottes kan niemands durch werck fassen, sondern allein mit dem glauben. Und der glaub eigentlich odder [die] „fides proprie dicta“ ist, wenn mir mein hertz und der heilig geist im hertzen sagt: die verheissung Gottes ist war; und ja, von demselbigen glauben redet die schrifft. Und dieweil der glaub, ehe wir etwas thuen oder wircken, nur ihm schencken und geben lesset und entpfehet, so wird uns der glaube zur gerechtigkeit gerechnet wie Abraham, ehe wir lieben, ehe wir gesetz thun odder einig werck. Wiewol es war ist, das frucht und wercke nicht aussen bleiben; und der glaub ist nicht ein blos, schlecht erkentnis der Historien, sondern ein neu liecht im hertzen und krefftig werck des heiligen Geists, dadurch wir neu geborn werden, dadurch die erschrocken gewissen wider auffgericht und leben erlangen, Und dieweil der glaub allein ver|gebung der sunde erlangt und uns Gott angenem macht, bringet er mit sich den heiligen Geist [K4v] und solt billicher genent werden „gratia gratum faciens“, das ist: Die gnad, die da angenehm macht, denn die lieb, wilche folgt.230
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gilt L45 | n der L45 | o tätig ist L45
228 Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 113 art. 4 ad 1, in: L 7, 333: „Motus fidei non est perfectus, nisi sit caritate informatus, unde simul in iustificatione cum motu fidei est etiam motus caritatis.“ | 229 Gal 5,6 | 230 Duns Scotus und die Nominalisten setzten die gratia gratum faciens mit der caritas infusa gleich, während Thomas die Gnade mit Augustinus von den drei theologi-
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onem nisi [i5v] propter dilectionem, imo prorsus non tribuunt fidei iustificationem, sed tantum dilectioni, quia somniant fidem posse stare cum peccato mortali. Quorsum hoc pertinet, nisi ut promissionem iterum aboleant et redeant ad legem?
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Si fides accipit remissionem peccatorum propter dilectionem, semper erit incerta remissio peccatorum, quia numquam diligimus tantum, quantum debemus, imo non diligimus, nisi certo statuant corda, quod donata sit nobis remissio peccatorum. Ita adversarii, dum requirunt fiduciam propriek dilectionis in remissione peccatorum et iustificatione, Evangelium de gratuita remissione peccatorum prorsus abolent, cum tamen dilectionem illam neque praestent neque intelligant, nisi credant gratis accipi remissionem peccatorum. Nos quoque dicimus, quod dilectio fidem sequi debeat, sicut et Paulus ait: In Christo Iesu neque circumcisio aliquid valet neque praeputium, sed fides lper dilectionem efficax.l 97 Neque tamen ideo sentiendum est, quod fiducia huius dilectionis aut propter hanc dilectionem accipiamus remissionem peccatorum et reconciliationem, sicut neque accipimus remissionem peccatorum propter alia opera sequentia. Sed sola fide et quidem fide proprie dicta [i6r] accipitur remissio peccatorum, quia promissio non potest accipi nisi fide. Est autem fides proprie dicta, quae assentitur promissioni; de hac fide loquitur scriptura. Et quia accipit remissionem peccatorum et reconciliat nos Deo, prius hac fide iusti reputamur propter Christum, quam diligimus ac legem facimus, etsi necessario sequitur dilectio.
Neque vero haec fides est otiosa notitia nec potest stare cum peccato mortali, sed est opus spiritus sancti, quo liberamur a morte, quo eriguntur et vivificantur perterrefactae mentes. Et quia sola haec fides accipit remissionem peccatorum et reddit nos acceptos Deo et mreddit conscientias pacatas ac tranquillasm, rectius vocari gratia gratum faciens poterat quam effectus sequens videlicet dilectio.
k propriae lat. 4° (1531) | l – l quae per caritatem operatur Vg Clem. | m – m affert spiritum sanctum lat. 4° (1531) 97
Gal 5,6
schen Tugenden unterschied (Summa theologiae II,1 q. 110. art. 3 co, in: L 7, 313): „gratia praevenit caritatem.“ Vgl. Melanchthon, Loci communes (1521), in: MWA 2/1, 135,11–13: „Non iustificat autem caritas, eo quod nemo diligat, quantum debet; fides iustificat“.
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Bisanher haben wir reichlich angezeigt aus sprüchen der Veter und der schrifft, damit doch diese sache gar klar würde, das wir allein durch den glauben vergebung der sunde erlangen umb Christus willen und das wir allein durch den glauben gerecht werden, das ist, aus ungerecht from, heilig und neu geborn werden. Frome hertzen aber sehen hie und mercken, wie gantz uberaus hohenötig diese lare vom glauben ist, denn durch die allein lernt man Christum erkennen und seine wolthat, und durch die lare finden die hertzen und gewissen allein rechte, gewisse rhue und trost. Denn sol ein Christlich kirche sein, sol ein Christenglaub sein, so mus jhe ein predigt und lare darinnen sein, dadurch die gewissen auff kein wahn noch sandgrund gebauet werden, sondern darauff sie sich gewis verlassen und vertrauen mügen. Darümb sind warlich die widdersacher untreue Bischoff, untreue prediger und Doctores, haben bisanher den gewissen ubel gerathen und rathen ihnen noch ubel, das sie solche lare füren, da sie die leute lassen im zweifel stecken, ungewis schweben und hangen, ob sie vergebung der sunde erlangen odder nicht.231 Denn wie ists müglich, das diejhenigen inn todesnöten und letzten zögen und engsten bestehen solten, die diese nötige [L1r] lare von Christo nicht gehöret haben odder nicht wissen, die da noch wancken und im zweifel stehen, ob sie vergebung der sunde haben odder nicht? Item, sol ein Christliche kirche sein, so mus jhe inn der kirchen das Evangelium Christi bleiben, nemlich diese Göttliche verheissunge, das uns one verdienst sunden vergeben werden umb Christus willen. Dasselbige heilige Evangelium drücken diejhenigen gar unter, die von dem glauben, davon wir reden, gar nichts leren. Nu leren noch schreiben die Scholastici nicht ein wort, nicht ein tittel vom glauben, welchs schrecklich ist zu hören; den232 folgen unser widdersacher und verwerffen diese höchste lere vom glauben und sind so verstockt und blind, das sie nicht sehen, das sie damit das gantze Evangelium, die Göttliche verheissung von der vergebung der sunde und den gantzen Christum unter die füs tretten.
Von der liebe und erfüllung des Gesetzsρ
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Hie werffen uns die widdersacher diesen spruch fur:233 „Wiltu pewig lebenp, so halt die gebot Gottesq.“234 Item, zu den Römern am ii.: „Nicht [diejenigen], die das gesetz hören, werden gerecht sein, son[L1v]dern die das gesetz thuen“,235 p–p
zum Leben eingehen L45 | q nicht in L45
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dt. 8° (1533) bietet eine völlige Neubearbeitung; s. QuM I, 631,30–635,33 [Wenn man ... sein können.]
231 Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum II d. 27. q. 1. art. 3 dub. 5Q, in: BCS 2, 525,11–526,17: „Homo non potest evidenter scire, se facere quod in se est, quia hoc facere includit in se obedire Deo propter Deum tanquam ultimum in principalem finem. Quod exigit dilectionem Dei super omnia, quam ex naturalibus suis homo potest elicere. Haec enim proxima
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Hactenus satis copiose ostendimus et testimoniis scripturae et argumentis ex scriptura sumptis, ut res magis fieret perspicua, quod sola fide consequimur remissionem peccatorum propter Chri|stum et quod sola fide iustificemur, hoc est, ex iniustis iusti efficiamur seu regeneremur. Facile autem iudicari potest, quam necessaria sit huius fidei cognitio, quia in hac una conspicitur Christi officium, hac una accipimus Christi beneficia, haec una affert [i6v] certam et firmam consolationem piis mentibus. Et oportet in Ecclesia exstare doctrinam, ex qua concipiant pii certam spem salutis.
Nam adversarii infeliciter consulunt hominibus, dum iubent dubitare, Utrum consequanturn remissionem peccatorum. Quomodo in morte sustentabunt se isti, qui de hac fide nihil audiverunt, qui putant dubitandum esse, Utrum consequantur remissionem peccatorum? Praeterea necesse est retineri in Ecclesia Christi Evangelium, hoc est, promissionem, quod gratis propter Christum remittuntur peccata. Id Evangelium penitus abolent, qui de hac fide, de qua loquimur, nihil docent. At Scholastici ne verbum quidem de hac fide tradunt. Hos sequuntur adversarii nostri et improbant hanc fidem. Nec vident se totam promissionem gratuitae remissionis peccatorum et iustitiae Christi abolere improbata hac fide.
De dilectione et impletione legis 20
Hic obiciunt adversarii: Si vis ino vitam ingredi, serva mandata.98 Item: factores legis iustificabuntur99 et alia multa similia de lege et operibus; ad quae prius-
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consequamur lat. 4° (1531) | o ad Vg Clem., lat. 8° (1542/1559) Mt 19,17 | 99 Röm 2,13
dispositio ad gratiae infusionem, qua exsistente certissime infunditur gratia. Difficillimum autem est scire se habere illam dilectionem, et forte naturaliter impossibile, quia etsi scire possumus nos diligere Deum, non tamen evidenter scire possumus illam circumstantiam: super omnia.“ | 232 denen | 233 Herborn, Enchiridion, 27,31 und 28,8. | 234 Mt 19,17 | 235 Röm 2,13
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und dergleichen viel vom gesetz und von wercken. Nu, ehe wir darauff antworten, müssen wir sagen von der Liebe und was wir von erfüllung des gesetzs halten. Es stehet geschrieben im Propheten: „Ich wilr mein gesetz inns ihr hertz gebent.“236 Und Rom. iii. sagt Paulus: Wir heben das gesetz nicht auff durch den glauben, sondern richten das gesetz auff.237 Item, Christus sagt: „Wiltu uewig lebenu, so halt die gebot.“238 Item, zu den Corinthern sagt Paulus: So ich nicht die liebe habe, bin ich nichts;239 diese und dergleichen sprüche zeigen an, das wir das gesetz halten sollen, wenn wir durch den glauben gerecht worden sein und also jhe lenger jhe mehr im geist zunemen. Wir reden aber hie nicht von Ceremonien Mosi, sondern von den Zehen gepoten, welche von uns foddern, das wir von hertzengrund Gott recht forchten und lieben sollen.240 Dieweil nu der glaub mit sich bringet den heiligen geist und ein neu liecht und leben im hertzen wirckt, so ist es gewis und folget von not, das der glaub das hertz verneuet und enderet. Und was das fur ein neuerung der hertzen sey, zeigt der Prophet an, da er sagt: „Ich wilv mein gesetz innw ihre hertzen gebenx.“241 Wenn wir nu durch den glauben neu geporn sein und erkennet haben, das uns Gott wil gnedig sein, wil unser vater und helffer sein, so heben wir an, Gott zu forchten, zu lieben,242 ihm zu [L2r] dancken, ihnen zu preisen, von ihm alle hülffe zu bitten und gewartenσ, ihm auch nach seinem willen inn trubsaln gehorsam zu sein. Wir heben als denn auch an, den nehisten zu lieben; da ist nu innwendig durch den geist Christi ein neu hertz, syn und mut. Dieses alles kan nicht geschehen, ehe wir durch den glauben gerecht werden, ehe wir neu geborn werden durch den heiligen geist. Denn erstlich kan niemands das gesetz halten one Christus erkentnus, so kan auch niemands das gesetz erfüllen one den heiligen geist. Den heiligen geist aber können wir nicht empfahen denn durch den glauben, wie zu den Galatern am iii. Paulus sagt: „Das wir ydie verheissunge des geistsy durch den glauben entpfahen.“243 Item, Es ist unmüglich, das ein menschen hertz allein durch das gesetz odder sein werck Gott liebe. Denn das gesetz zeigt allein an Got|tes zorn und ernst, das gesetz klagt uns an und zeigt an, wie er so schrecklich die sunde straffen wölle, beide mit zeitlichen und ewigen straffen. Darümb, was die Scholastici von der liebe Gottes reden, ist ein traum, und [es] ist unmüglich, Gott zu lieben, ehe wir durch den glauben die barmhertzigkeit erkennen und ergreiffen. Dann, alsdenn erst wird Gott „obiectum amabile“, ein lieblich, selig anblick. Wiewol nu ein erbar leben zu füren und eusserliche werck des gesetzs zu thun, die vernunfft etlichermas one Christo, one den heiligen geist, [L2v] aus angebornem liecht vermag, so ist es doch gewis, wie oben angezeigt, r
werde L45 | s auf L45 | t schreiben L45 | u – u zum Leben eingehen L45 | L45 | x schreiben L45 | y – y den verheißenen Geist L45 σ
zuwarten CR
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quam respondemus, dicen[i7r]dum est, quid nos de dilectione et impletione legis sentiamus. Scriptum est apud Prophetam: Dabo legem meam in corda eorum.100 Et Roma. 3. ait Paulus legem stabiliri, non aboleri per fidem101 Et Christus ait: Si vis ingredi inp vitam, serva mandata.102 Item: Si dilectionem non habeam, nihil sum.103 Hae sententiae et similes testantur, quod oporteat legem in nobis inchoari et magis magisque fieri. Loquimur autem non de ceremoniis, sed de illa lege, quae praecipit de motibus cordis videlicet de Decalogo. Quia vero fides affert spiritum sanctum et parit novam vitam in cordibus, necesse est, quod pariat spirituales motus in cordibus. Et qui sint illi motus, ostendit Propheta, cum ait: Daboq legem meam in corda eorum.104
Postquam igitur fide iustificati et renati sumus, incipimus Deum timere, diligere, petere et expectare ab eo auxilium, gratias agere et praedicare et oboedire ei in afflictionibus. Incipimus et diligere proximos, quia corda habent spirituales et sanctos motus. | Haec non possunt fieri, nisi postquam fide iustificati sumus et renati accipimus spiritum sanctum. Primum, quia lex non potest fieri sine Christo. Item, Lex non potest fieri sine spiritu sancto. At [i7v] spiritus sanctus accipitur fide iuxta illud Pauli, Galat. 3.: Ut promissionemr spiritus accipiamus per fidem.105
Item, quomodo potest humanum cor diligere Deum, dum sentit eum horribiliter irasci et opprimere nos temporalibus et perpetuis calamitatibus? Lex autem semper accusat nos, semper ostendit irasci Deum. Non igitur diligitur Deus, nisi postquam apprehendimus fide misericordiam. Ita demum fit obiectum amabile. Quamquam igitur civilia opera, hoc est, externa opera legis sine Christo et sine spiritu sancto aliqua ex parte fieri possint, tamen
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ad Vg Clem. | q cj.: Dado | r pollicitationem Vg Clem.
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Jer 31,33 | 101 Vgl. Röm 3,31. | 102 Mt 19,17 | 103 Vgl. I Kor 13,2. | 104 Jer 31,33 | 105 Gal 3,14
236 Jer 31,33 | 237 Vgl. Röm 3,31. | 238 Mt 19,17 | 239 Vgl. I Kor 13,3. | 240 Luthers Formel | 241 Jer 31,33 | 242 Luthers Formel | 243 Gal 3,14
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das die höchste stücke des Göttlichen gesetzes, als das gantz hertz zu Gott zu keren, von gantzem hertzen ihnen gros zu achten (welchs inn der ersten Taffel244 und im ersten, höchsten gebot245 gefoddert wird) niemands vermag one den heiligen geist. Aber unser widdersacher sind gute, rohe, faule, unerfarne Theologen. Sie sehen allein die ander Taffel Mosi an und die wercke derselbigen. Aber die erste Taffel, da die höhist Theologey inne stehet, da es alles an gelegen ist, achten sie gar nicht; ja, dasselbige, höchste, heiligest, gröste, furnemste gebot, welches allen menschlichen und Engelischen verstand ubertrifft, welches den höchsten Gottesdienst, die Gottheit selbst und die ehre der ewigen Maiestet belanget, da Gott gebeut, das wir hertzlich ihnen sollen fur einen Herrn und Gott halten, fürchten und lieben246, halten sie so gering, so klein, als gehöre es zu der Theologey nicht. Christus ist uns aber dazu dargestellet, das umb seinetwillen uns sunde vergeben und der heilig geist geschanckt wird, der ein neu liecht und ewiges leben, ewige gerechtigkeit inn uns wirckt, das er uns Christum im hertzen zeigt, wie Johannis am xvi. geschrieben: „Er wird von dem meinem nemen und euch verkündigen.“247 Item, er wircket auch andere gabe, liebe, dancksagung, keuscheit, gedult etc. Darümb vermag das gesetz [L3r] niemands one den heiligen geist zu erfüllen, darümb sagt Paulus: Wir richten das gesetz auff durch den glauben und thuens nicht ab248; denn so können wir erst das gesetz erfüllen und halten, wenn der heilig geist uns gegeben wird. Und Paulus ii. Corinth. iii. sagt, das die decke des angesichts Mosi könnez nicht weggethan werden denn allein durch den glauben an den Herrn Christum, durch welchen geben wird der heilig geist. Denn also sagt er: „Bis auff diesena tag, wenn Moses gelesen wird, istb die decke uber ihrem hertzen. Wenn sie sich aber zum Herrn cbekeren, wirdc die decke weggethand. Denn der Herr ist eine geist; wo aber | des Herrn geist ist, da ist freiheit.“249 Die decke nennet Paulus den menschlichen gedancken und wahn von Zehen geboten und Ceremonien, nemlich, das die heuchler wenen wollen, das das gesetz müge erfüllet und gehalten werden durch eusserliche wercke, Und als machen die opffer, Item, allerley Gottesdienst ex opere operato jmands gerecht fur Gott. Denn wirt aber die decke vom hertzen genomen, das ist, der irthumb und wahn wirt weggenomen, wenn Gott im hertzen uns zeigt unsern jamer und lest uns Gottes zorn und unser sunde fülen, Da mercken wir erst, wie gar fern und weit wir vom gesetz sein. Da erkennen wir erst, wie sicher und verblendet alle menschen dahingehen, wie sie Gott nicht fürchten. Inn Summa, nicht gleuben, das Gott himel, erden und alle Creatur geschaffen hat, [L3v] unsernf odem und leben und die gantze Creatur alle stund erheltet und widder den Satan bewaret. Da erfaren wir erst, das eitel unglaub, sicher-
z cj.: konne; könne CR | a den heutigen L45 | tan L45 | e der L45 | f cj.: unser; unsern CR
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bekehrte, so würde L45 |
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apparet ex his, quae diximus: illa, quae sunt proprie legis divinae (hoc est, affectus cordis erga Deum, qui praecipiuntur in prima tabula) non posse fieri sine spiritu sancto.
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Sed adversarii nostri sunt suaves theologi. Intuentur secundam tabulam et politica opera; primam nihil curant, quasi nihil pertineat ad rem, aut certe tantum externos cultus requirunt. Illam aeternam legem et longe positam supra omnium creaturarum sensum atque intellectum, Diliges Dominum Deum tuum ex toto corde,106 prorsus non considerant.
At Christus ad hoc datus est, ut propter eum donentur nobis remissio peccatorum et spiritus [i8r] sanctus, qui novam et aeternam vitam ac aeternam iustitiam in nobis pariat. sPrimum ostendat Christum, sicut Iohan. 16. scriptum est: Ille me clarificabit, quia de meo accipiet et annuntiabit vobis.107 Deinde et alia dona afferat: dilectionem, invocationem, gratiarum actionem, castitatem, patientiam etc.s Quare non potest lex vere fieri nisi accepto spiritu sancto per fidem. Ideo Paulus dicit legem stabiliri per fidem, non aboleri,108 quia lex ita demum fieri potest, cum contigit spiritus sanctus. Et Paulus docet 2. Corinth. 3. velamen, quo facies Moisi tecta est, non posse tolli nisi fide in Christum, qua accipitur spiritus sanctus. Sic enim ait: sed usque in hodiernum diem, cum legitur Moises, velamen positum est super cor eorum. Cum autem tconversi fuerintt ad Deum, auferetur velamen. Dominus autem spiritus est. Ubi autem spiritus Domini, ibi libertas.109 Velamen intelligit Paulus humanam opinionem de tota lege, Decalogo et ceremoniis: videlicet quod hypocritae putant externa et civilia opera satisfacere legi Dei et sacrificia et cultus ex opere operato iustificare coram Deo. Tunc autem detrahitur | nobis hoc velamen, hoc est, eximitur hic error, quando Deus ostendit cordibus nostris immunditiem nostram et magnitudi[i8v]nem peccati. Ibi primum videmus nos longe abesse ab impletione legis. Ibi agnoscimus, quomodo caro secura atque otiosa non timeat Deum nec vere statuat respici nos a Deo, sed
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nicht in lat. 4° (1531) | t – t conversus fuerit Vg Clem.
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Dtn 6,5; Mt 22,37 par. | 107 Joh 16,14 | 108 Vgl. Röm 3,31. | 109 II Kor 3,15–17
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Vgl. o. S. 252, Anm. 48. | II Kor 3,15–17
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Vgl. Röm 3,31.
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heit, verachtung Gottes inn uns so tieff verborgen stecket. Da erfaren wir erst, das wir so schwach odder gar nichts gleuben, das Gott sunde vergebe, das er gebet erhore etc. Wenn wir nu das wort und Evangelium hören und durch den glauben Christum erkennen, empfahen wir den heiligen geist, das wir denn recht von Gott halten, ihnen forchten, ihme gleuben etc. Inn diesem ist nu gnugsam angezeigt, das wir Gottes gesetz one den glauben, on Christum, one den heiligen geist nicht halten können. Darümb sagen wir auch, das man mus das gesetz halten, und ein jeder gleubiger fehet es an zu halten und nimpt jhe lenger jhe mehr zu inn liebe und forcht Gottes, welchs ist recht Gottes gebot erfüllet. Und wenn wir vom gesetzhalten reden odder von guten wercken, begreiffen wir beides, das gut hertz inwendig und die wercke auswendig. Darümb thun uns die widdersacher unrecht, da sie uns schuld geben, wir leren nicht von guten wercken, so wir nicht allein sagen, man müsse gute werck thuen, sondern sagen auch eigentlich, wie das hertz müsse dabey sein, damit es nicht lose, taube, kalte heuchlerwercke sein. Es leret die erfarung, das die heuchler, wiewol sie sich unterstehen, aus ihren krefften das gesetz zu [L4r] halten, das sie es nicht vermügen, noch mit der that beweisen. Denn wie fein sein sie one has, neid, zangk, grim, zorn, one geitz, ehebruch etc., also das nirgent die laster grösser sein denn inn Klöstern, Stifften. Es sind alle menschliche kreffte viel zu schwach dem Teuffel, das sie seiner list und stercke aus eigenem vermügen widderstehen solten, welcher alle diejhenigen gefencklich heltet, die nicht durch Christum erlöset werden. Es mus Gottliche stercke sein und Christus aufferstehung, die den Teuffel uberwinde. Und so wir wissen, das wir Christi stercke, seines siegs durch den glauben teilhafftig werden, können wir auff die verheissung, die wir haben, Gott bitten, | das er uns durch seines geists stercke beschirme und regire, das uns der Teuffel nicht felle odder stürtze, sonst fielen wir alle stunde inn irthumb und greulich laster. Darümb sagt Paulus nicht von uns, sondern von Christo: „Er hat das gefengknis gefangen gefürt.“250 Denn Christus hat den Teuffel uberwunden und durchs Evangelium verheissen den heiligen geist, das wir durch hülff desselbigen auch alles ubel uberwunden. Und i. Joh. am iii. Capit. ist geschrieben: „Dazu ist erschienen der son Gottes, das er aufflöseg die wercke des Teuffels.“251 Darümbτ, so leren wir nicht allein, wie man das gesetz halte, sondern auch, wie es Gott gefalle, alles, was wir thun, nemlich nicht, das wir inn diesem leben das gesetz so volkömlich und [L4v] rein halten können, sondern das wir inn Christo sein, wie wir hernach wollen sagen. So ist es nu gewis, das die unsern auch von guten wercken recht leren. Und wir setzen noch dazu, das es
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zerstöre L45
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Eph 4,8; Vgl. Ps 68 (Vg 67),19. | 251 I Joh 3,8
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casu nasci et occidere homines. Ibi experimur nos non credere, quod Deus ignoscat et exaudiat. Cum autem audito Evangelio et remissione peccatorum fide erigimur, concipimus spiritum sanctum, ut iam recte de Deo sentire possimus et timere Deum et credere ei etc. 5
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Ex his apparet non posse legem sine Christo et sine spiritu sancto fieri. Profitemur igitur, quod necesse sit inchoari in nobis et subinde magis magisque fieri legem. Et complectimur simul utrumque videlicet spirituales motus et externa bona opera. Falso igitur calumniantur nos adversarii, quod nostri non doceant bona opera, cum ea non solum requirant, sed etiam ostendant, quomodo fieri possint. Eventus coarguit hypocritas, qui suis viribus conantur legem facere, quod non possint praestare, quae conantur. Longe enim imbecillior est humana natura, quam ut suis viribus resistere diabolo possit, qui habet captivos omnes, qui non sunt liberati per fidem. Potentia Christi opus est adversus diabolum, videlicet ut, [k1r] quia scimus nos propter Christum exaudiri et habere promissionem, petamus, ut gubernet et propugnet nos spiritus sanctus, ne decepti erremus, ne impulsi contra voluntatem Dei aliquid suscipiamus, sicut Psalmus docet: Captivam duxit captivitatem, dedit dona hominibus.110 Christus enim vicit diabolum et dedit nobis promissionem et spiritum sanctum, ut auxilio divino vincamus et ipsi. Et 1. Iohan. 3.: Adu hoc apparuit filius Dei, ut solvatv opera diaboli.111
Deinde non hoc tantum docemus, quomodo fieri lex possit, sed etiam quomodo Deo placeat, si quid fit, videlicet non quia legi satisfaciamus, sed quia sumus in Christo. Sicut paulo post dicemus. Constat igitur nostros requirere bona opera. Imo addimus et hoc, quod impossibile sit dilectionem Dei, etsi
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In Vg Clem. | v dissolvat Vg Clem.
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Eph 4,8; vgl. Ps 68 (Vg 67),19. | 111 I Joh 3,8
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unmüglich sey, das rechter glaub, der das hertz tröstet und vergebung der sunden empfehet, on die liebe Gottes sey. Denn durch Christum kompt man zum Vater, und wenn wir durch Christum Gott versunet sein, so gleuben und schliessen wir denn erst recht gewis im hertzen, das ein warer Gott lebe und sey, das wir ein vater im himel haben, der auff uns allzeit sihet, der zu furchten sey, der umb so unsegliche wolthat zu lieben sey, dem wir sollen allzeit hertzlich dancken, ihm lob und preis sagen, welcher unser gebet, auch unser sehnen und seufftzen erhöret, wie denn Johannes inn seiner Ersten Epistel sagt: „hWir lieben ihnenh, denn er hat uns zuvori geliebet.“252 Uns253 nemlich, denn er hat sein son fur uns geben und uns sunde vergeben. Da zeigt Johannes gnug an, das der glaube also furgehe und die liebe alsdenn folge. Item, Dieser glaube ist in denen, da rechte bus ist, das ist, da ein erschrocken gewissen Gottes zorn und seine sunde fület, vergebung der sunde und gnade suchet. Und inn solchem schrecken, inn solchen engsten und nöten beweiset sich erst der glaub und mus auch also bewert werden und zunemen. Darümb kan der glaub nicht sein inn fleischlichen, sicheren leuten, wilche nach des fleischs lust und willen dahin leben. Denn also [M1r] sagt Paulus: „So ist nu nichts verdamlichs an denen, die inn Christo Jhesu sind, die nicht nach dem fleisch wandeln, sondern nach dem geist.“254 Item: „so sind wir nu schuldener nicht dem fleisch, das wir nach dem fleisch leben. Denn wo ihr nach dem fleisch lebet, so werdet ihr sterben müssen; wo ihr aber durch den geist des fleisches gescheffte tödtet, so werdet ihr leben.“255 Derhalben kan der glaube, welcher allein inn dem hertzen und gewissen ist, denen ihr sunde hertzlich leid sein, nicht zugleich neben einer todsunde sein, wie die widdersacher leren. So kan er auch nicht inn denjhenigen sein, die noch [in] der welt fleischlich nach des Satans und des fleisches willen leben. Aus diesen früchten und wercken des glaubens klauben die widdersacher nur ein stücke, nemlich die liebe, und leren, das | die liebe fur Gott gerecht mache256; also sind sie nichts anders denn werckprediger und gesetzlerer. Sie leren nicht erst, das wir vergebung der sunde erlangen durch den glauben, sie leren nichts von dem mitler Christo, das wir durch denselbigen einen gnedigen Gott erlangen, sondern reden von unser liebe und unsern wercken. Und [sie] sagen doch nicht, was es vor257 eine liebe sey, und können es auch nicht sagen. Sie rhümen, sie können das gesetz erfüllen odder halten, so doch die ehre niemands gehöret denn Christo, und habenυ also ihr eigen werck gegen Gottes urteil, sagen, sie verdienen „de condig[M1v]no“ gnad und ewiges leben.258 Das ist doch ein gantz vergeblich und Gottlos vertrauen auff eigene h–h υ
Lasset uns ihn lieben L45 | i erst L45
halten CR
252 I Joh 4,19 | 253 So im Original. | 254 Röm 8,1 | 255 Röm 8,12f | 256 Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 93,1f: „Proinde non admittitur, quod tam saepe fidei tribuunt iustificationem, cum id pertineat ad gratiam et caritatem“ (deutsch: ebd., 92,1–3). | 257 für
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exigua est, divellere a fide, quia per Christum acceditur ad Patrem et accepta remissione peccatorum vere iam statuimus nos habere Deum, hoc est, nos Deo curae esse, invocamus, agimus gratias, timemus, diligimus, sicut Iohannes docet in prima Epistola: Nos wdiligimus eumw, inquit, quiax prior dilexit nos,112 videlicet quia dedit pro nobis filium et remisit nobis peccata. Ita significat praecedere fidemδ, sequi dilectionem.
Item fides illa, de qua loquimur, exsistit in poeniten[k1v]tia, hoc | est, concipitur in terroribus conscientiae, quae sentit iram Dei adversus nostra peccata et quaerit remissionem peccatorum et liberari a peccato. Et in talibus terroribus et aliis afflictionibus debet haec fides crescere et confirmari. Quare non potest exsistere in his, qui secundum carnem vivunt, qui delectantur cupiditatibus suis et obtemperant eis. Ideo Paulus ait: yNulla nunc damnatio est hisy, qui sunt in Christo Iesu, qui non secundum carnem ambulant, sed secundum spiritum.113 Item: Debitores sumus non carni, ut secundum carnem vivamus. Si enim secundum carnem vixeritis, moriemini. Siz autem spiritu aactiones corporis mortificabitisa, vivetis.114 Quare fides illa, quae accipit remissionem peccatorum in corde perterrefacto et fugiente peccatum, non manet in his, qui obtemperant cupiditatibus, nec exsistit cum mortali peccato.
Ex his effectibus fidei excerpunt adversarii unum videlicet dilectionem et docent, quod dilectio iustificet. Ita manifeste apparet eos tantum docere legem. Non prius docent accipere remissionem peccatorum per fidem. Non docent de mediatore Christo, quod propter Christum habemusb Deum propitium, sed propter nostram dilectionem. Et tamen [k2r] qualis sit illa dilectio, non dicunt neque dicere possunt. Praedicant se legem implere, cum haec gloria proprie debeatur Christo, et fiduciam propriorum operum opponunt iudicio Dei; dicunt enim se de condigno mereri gratiam et vitam aeternam. w – w diligamus Deum Vg Clem. | x quoniam Vg Clem. | y – y Nihil nunc damnationis est iis Vg Clem. | z cj.: Sin; Si Vg Clem.; Sin lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559/1580) | a – a facta carnis mortificaveritis Vg Clem. | b habeamus lat. 4° (1531) δ
filium lat. 8° (1542); Filium lat. 8° (1559)
112
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258 Bonaventura, Breviloquium V, 2, in: BO 5, 253f, und ders., Commentaria in quattuor libros Sententiarum Magistri Petri Lombardi II d. 27 art. 2 q. 3, in: BO 2, 666–668, bes. 667.
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werck, Denn inn diesem leben können auch Christen und Heiligen selbst Gottes gesetz nicht volkömlich halten, Denn es bleiben immer böse neigung und lust inn uns, wiewol der heilig geist denselbigen widderstehet. Es möcht aber jmands unter ihnen fragen: So wir selbst bekennen, das die lieb eine frucht des geistes sey, und so die liebe dennoch ein heilig werck und erfüllung des gesetzs genennet wird, warümb wir denn auch nicht leren, das sie fur Gott gerecht mache? Antwort: Erst ist das gewis, das wir vorgebung der sunde nicht entpfahen wider259 durch die liebe noch umb der liebe willen, sondern allein durch den glauben umb Christus willen. Denn allein der glaub im hertzen sihet auff Gottes verheissung. Und allein der glaube ist die gewisheit, da das hertz gewis drauff stehet, das Gott gnedig ist, das Christus nicht umbsonst gestorben sey etc. Und derselbig glaube uberwindet allein das schrecken des todes und der sunde. Denn wer noch wancket odder zweifelt, ob ihm die sunde vergeben sein, der vertrauet Gott nicht und verzaget an Christo, denn er helt sein sunde fur grösser und stercker denn den tod und blut Christi. So doch Paulus sagt zun Römern am v. Cap., Die gnad sey mechtiger denn die sunde,260 das ist krefftiger, reicher und stercker. [M2r] So nu jemands meinet, das er darümb vorgebung der sunde wil erlangen, das er die liebe hat, der schmehet und schendet Christum und wird am letzten ende, wenn er vor Gottes gericht stehen sol, finden, das solch vertrauen vorgeblich ist. Darümb ist es gewis, das allein der glaub gerecht macht. Und gleich wie wir nicht erlangen vergebung der sunde durch andere gute werck und tügende, als umb gedult willen, umb | keuscheit, umb gehorsams willen gegen der Oberkeit, und folgen doch die tügende, wo glaub ist, Also entpfahen wir auch nicht umb der liebe Gottes willen vergebung der sunde, wiewol sie nicht aussen bleibt, wo dieser glaube ist. Das aber Christus Luce am vii. Ca. spricht: „Ihr werdenj viel sunde vorgeben werden,k denn sie hat viel geliebet“261, Da legt Christus sein wort selbs aus, da er sagt: „Dein glaub hat dir geholffen.“262 Und Christus wil nicht, das die frau durch das werck der liebe vordienet habe vorgebung der sunde, darümb sagt er klar: „Dein glaub hat dir geholffen.“ Nu ist das der glaub, Welcher sich verlesst auf Gottes barmhertzigkeit und wort, nicht auff eigene werck. Und meinet jmands, das glaube sich zugleich auff Gott und eigene werck verlassen könne, der verstehet gewislich nicht, was glauben sey. Denn das erschrocken gewissen wird nicht zufrieden durch eigene werck, sondern mus nach barmhertzigkeit schreien und lesst sich allein durch Gottes wort trösten und auffrichten. Und die Historien selbs zeigt an dem ort wol an, was Chri[M2v]stus liebe nennet. Die frau kömpt inn der zuvorsicht zu Christo, das sie wölle vergebung der sunde bey ihm erlangen, das | heist recht Christum erkennen und ehren, denn grösser ehre kan man Christo nicht thun. Denn das heist Messiam odder Christum warlich erkennen: bey ihm suchen vergebung der j
sind L45 | k nicht in L45
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Haec est simpliciter impia et vana fiducia. Nam in hac vita non possumus legi satisfacere, quia natura carnalis non desinit malos affectus parere, etsi his resistit spiritus in nobis. Sed quaerat aliquis: Cum et nos fateamur dilectionem esse opus spiritus sancti cumque sit iustitia, quia est impletio legis, cur non doceamus, quod iustificet? Ad hoc respondendum est: Primum hoc certum est, quod non accipimus remissionem peccatorum neque per dilectionem neque propter dilectionem nostram, sed propter Christum sola fide. Sola fides, quae intuetur in promissionem et sentit ideo certo statuendum esse, quod Deus ignoscat, quia Christus non sit frustra mortuus etc., vincit terrores peccati et mortis. Si quis dubitat, Utrum remittantur sibi peccata, contumelia afficit Christum, cum peccatum suum iudicat maius aut efficacius esse quam mortem et promissionem Christi, Cum Paulus dicat gratiam exuberare supra peccatum,115 hoc est, misericordiam ampliorem esse [k2v] quam peccatum.
Si quis sentit se ideo consequi remissionem peccatorum, quia diligit, afficit contumelia Christum et comperiet in iudicio Dei hanc fiduciam propriae iustitiae impiam et inanem | esse. Ergo necesse est, quod fides reconciliet cet ex iniusto iustum efficiat.c Et sicut non accipimus remissionem peccatorum per alias virtutes legis seu propter eas: videlicet propter patientiam, castitatem, oboedientiam erga Magistratus etc. Et tamen has virtutes sequi oportet. Ita neque propter dilectionem Dei accipimus remissionem peccatorum, etsi sequi eam necesse est. Ceterum nota est consuetudo sermonis, quod interdum eodem verbo causam et effectus complectimur κατὰ συνεκδοχήν. Ita Lucae septimo ait Christus: Remittuntur ei peccata multa, quiad dilexit multum.116 Interpretatur enim se ipsum Christus, cum addit: Fides tua salvam te fecit.117 Non igitur voluit Christus, quod mulier illo opere dilectionis merita esset remissionem peccatorum. Ideo enim clare dicit: Fides tua salvam te fecit. At fides est, quae apprehendit misericordiam propter verbum Dei gratis. Si quis hoc negat fidem esse, prorsus non intelligit, quid sit fides. Et ipsa historia hoc lo[k3r]co ostendit, quid vocet dilectionem. Mulier venit hanc afferens de Christo opinionem, quod apud ipsum quaerenda esset remissio peccatorum. Hic cultus est summus cultus Christi. Nihil potuit maiusε tribuere Christo. Hoc erat vere Messiam agnoscere: quaerere apud eum remissionem peccato-
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et iustificet. lat. 4° (1531) | d quoniam Vg Clem.
magis lat. 4° (1540)
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Vgl. Röm 5,20. | 116 Lk 7,47 | 117 Lk 7,50
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weder | 260 Vgl. Röm 5,20. | 261 Lk 7,47 | 262 Lk 7,50
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sunde; dasselbige von Christo halten, Also Christum erkennen und annemen, das heist recht an Christum gleuben. Christus aber hat dieses wort, da er sagt: „Sie hat viel geliebet“263, nicht gebraucht, als er mit der frauen redet, sondern als er mit dem Phariseer redet. Denn der Herr Christus heltet gegenander die gantze ehre, die ihm der Phariseer gethan hat, mit dem erbieten und wercken, so die fraue ihm erzeigt hat. Er straffet den Phariseer, das er ihnen nicht hat erkent fur Christum, wie wol er ihnen eusserlich geehret als einen gast und fromen heiligen man. Aber den Gottesdienst der frauen, das sie ihre sunde erkennet und bey Christo vergebung der sunde suchet, diesen dienst lobet Christus. Und es ist ein gros Exempel, wilchs Christum billich beweget hat, das er den Phariseer als ein weisen, ehrlichen man, der doch nicht an ihnen gleubet, straffet. Den unglauben wirfft er ihm fur und vermanet ihnen durch das Exempel, als solt er sagen: Billich soltu dich schemen, du Phariseer, das du so blind bist, mich vor Christum und Messiam nicht erkennest, so du ein lerer des gesetzs bist, und das weib, das ein ungelert, arm weib ist, mich erkennet. [M3r] Darümb lobet er da nicht allein die liebe, sondern den gantzen Cultum oder Gottesdienst, den glauben mit den früchten, und nennet doch fur dem Phariseo die frucht. Denn man kan den glauben im hertzen andern nicht weisen und anzeigen denn durch die früchte, die beweisen fur den menschen den glauben im hertzen. Darümb wil Christus nicht, das die liebe und die werck sollen der schatz sein, dadurch die sunden bezalt werden, welchs Christus blut ist. Derhalben ist dieser streit uber einer hohen, wichtigen sache, da den fromen hertzen und gewissen ihr höchster, gewister,264 ewiger trost an gelegen ist, nemlich von Christo, ob wir sollen vertrauen auff den verdienst Christi odder auff unser wercke. Denn so wir auff unsere wercke vertrauen, so wird Christo sein ehre genomen, so ist Christus nicht der versüner noch der mitler und werden doch entlich erfaren, das solch vertrauen vergeblich sey und das die gewissen dadurch nur inn verzweifelung fallen. Denn so wir vergebung der sunde und versünung Gottes nicht one verdienst erlangen durch Christum, so wird niemands vergebung der sunde haben, er hab denn das gantz gesetz gehalten. Denn das gesetz macht niemands gerecht fur Gott, so lange es uns anklaget. Nu kan sich ja niemands rhümen, das er dem gesetz gnug gethan habe. Darümb müssen wir sonst trost suchen, nemlich an Christo. Nu wöllen wir antworten auff die frage, welche wir oben angezeigt:265 Warümb die liebe od[M3v]der dilectio niemands fur Gott gerecht mache. Die widdersacher dencken also, die liebe sey erfüllung des gesetzs, darümb were es wol war, das liebe uns gerecht macht, wenn wir das gesetz hielten. Wer
263
Lk 7,47 | 264 gewissester | 265 Vgl. o. S. 327, 4–6 (deutsch: 326,4–7).
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rum. Porro sic de Christo sentire, sic colere, sic complecti Christum est vere credere. Christus autem usus est verbo dilectionis non apud mulierem, sed adversus Phariseum, quia totum cultum Pharisei cum toto cultu mulieris comparabat. Obiurgat Phariseum, quod | non agnosceret ipsum esse Messiam, etsi haec externa officia ipsi praestaret ut hospiti, viro magno et sancto. Ostendit mulierculam et praedicat huius cultum, unguenta, lacrimas etc., quae omnia erant signa fidei et confessio quaedam, quod videlicet apud Christum quaereret remissionem peccatorum. Magnum profecto exemplum est, quod non sine causa commovit Christum, ut obiurgaret Phariseum virum sapientem et honestum, sed non credentem. Hanc ei impietatem exprobrat et admonet eum exemplo mulierculae significans turpe ei esse, quod cum indocta muliercula credat Deo, ipse legis doctor non credat, non agnoscat Messiam, non quaerat apud eum remissionem peccatorum et sa[k3v]lutem.
Sic igitur totum cultum laudat, ut saepe fit in scripturis, ut uno verbo multa complectamur, ut infra latius dicemus in similibus locis ut: Date elemosynam et omnia erunte munda.118 Non tantum elemosynas requirit, sed etiam iustitiam fidei. Ita hic ait: Remittuntur ei peccata multa, quiaf dilexit multum;119 id est, quia me vere coluit fide et exercitiis et signis fidei. Totum cultum comprehendit. Interim tamen hoc docet, quod proprie accipiatur fide remissio peccatorum, Etsi dilectio, confessio et alii boni fructus sequi debeant. Quare non hoc vult, quod fructus illi sint pretium, sint propitiatio, propter quam detur re|missio peccatorum, quae reconciliet nos Deo. De magna re disputamus, de honore Christi et unde petant bonae mentes certam et firmam consolationem, Utrum fiducia collocanda sit in Christum an in opera nostra. Quod si in opera nostra collocanda erit, detrahitur Christo honos mediatoris et propitiatoris. Et tamen comperiemus in iudicio Dei hanc fiduciam vanam esse et conscientias inde ruere in desperationem. Quod si remissio peccatorum et reconciliatio non contingit gratis propter Christum, sed propter nostram dilectionem, nemo habiturus est remissionem peccatorum, nisi ubi totam legem fecerit, [k4r] quia lex non iustificat, donec nos accusare potest. Patet igitur, cum iustificatio sit reconciliatio propter Christum, quod fide iustificemur, quia certissimum est sola fide accipi remissionem peccatorum. Nunc igitur respondeamus gad quaestionem supra propositam, quare dilectio non iustificet.g Recte cogitant adversarii dilectionem esse legis impletionem.
e
sunt Vg Clem. | 4° (1531)
118
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quoniam Vg Clem. |
g–g
ad illam obiectionem, quam supra proposuimus. lat.
Lk 11,41 | 119 Lk 7,47
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darff aber mit warheit sagen odder rhümen, das er das gesetz halte und Gott liebe, wie das gesetz gebeut? Wir haben oben angezeigt, das darümb Gott die verheissung der gnaden gethan hat, das wir das gesetz nicht halten können, darümb sagt auch allenthalben Paulus, das wir durch das gesetz nicht können fur Gott gerecht werden.266 Die widdersacher müssen hie wol weit feilen und der heuptfrage irre gehen, Denn sie sehen inn diesem handel allein das gesetz an; denn alle menschliche vernunfft und weisheit kan nicht anders urteilen, denn das man durch gesetze müsse from werden, und wer eusserlich das gesetze halte, der sey heilig und from. Aber das Evangelium rücket uns herümb und weiset uns von dem gesetz zu den Göttlichen verheissungen und leret, das wir nicht gerecht werden durchs gesetz, denn niemand kan es halten, sondern dadurch, das uns umb Christus willen versünung geschenckt ist, und die entpfahen wir allein durch den glauben. Denn ehe wir ein tittel am gesetz erfüllen, so mus erst da sein der glaub an Christum, durch wilchen wir Gotte versünet werden und erst vergebung der sunde erlangen. Lieber Herr Gott, wie dörffen doch die leute sich Christen nennen odder sagen, das sie auch die bücher des Evangelii ein[M4r]mal jhe ansehen odder gelesen haben, die noch dieses anfechten, Das wir vergebung der sunde durch den glauben an Christum erlangen? Ist es doch einem Christenmenschen schrecklich allein zu hören. Zum andern ists gewis, das auch diejhenigen, so durch den glauben und heiligen geist neu geborn sind, doch gleichwol noch, solang dis leben weret, nicht gar rein sein, auch das gesetz nicht volkömlich halten. Denn wiewol sie die erstling des geists267 entpfahen und wiewol sich inn ihnen das neu, ja, das ewige leben angefangen, so bleibt doch noch etwas da von der sunde und böserφ lust und findet das gesetz noch viel, das es uns anzuklagen hat. Darümb, ob schon [die] liebe Gottes und gute werck inn Christen sollen und müssen sein, sind sie dennoch fur Gott nicht gerecht umb solcher ihrer werck willen, sondern umb Christus willen durch den glauben.268 Und vertrauen auff eigene erfüllung des gesetzs ist eitel Abgötterey und lesterung Christi und fellet doch zuletzt weg und macht, das die gewissen verzweifeln. Derhalben sol dieser grund fest stehenbleiben, das wir umb Christus willen Gott angenem und gerecht sind durch glauben, nicht von wegen unser lieb und wercke. Das wollen wir also klar und gewis machen, das mans greiffen
φ
bösem CR
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Vgl. Röm 3,28; Gal 3,11. | 267 Vgl. Röm 8,23. | 268 Vgl. Röm 5,2.
h – h lat. 4° (1531): s. QuM I, 455,28–457,22 [est iustitia ... dictum est.]; Ein Teilstuck (QuM I, 456,24–457,21 [quis enim ... nisi fide]) wurde mit geringfügigen Veränderungen an späterer Stelle eingearbeitet; vgl. u. S. 337,16–339,13. | i – i ait Paulus lat. 4° (1531) | j – j sentire nos oportet, lat. 4° (1531) | k – k lat. 4° (1531): s. QuM I, 457,28–458,3 [Sed quaerenda … impletionem legis.]
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Et oboedientia erga legem hesset iustitia, si legem faceremus. Hactenus autem ostendimus, quod ideo datae sint promissiones, quia legem non possimus facere. Eamque ob causam negat Paulus nos ex lege iustificari.120
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Adversarii falluntur, quia in hac tota controversia nihil nisi legem intuentur. Neque enim potest aliter iudicare ratio humana quam ex lege quaerendam esse iustitiam, quia oboedientia erga legem sit iustitia. Sed Evangelium revocat nos a lege ad promissiones et docet, quod iusti reputemur non propter oboedientiam erga legem. Non enim satisfacimus legi, Sed propterea quia donatur nobis reconciliatio propter Christum.121 Et hanc tantum fide accipimus. Priusquam igitur legem facimus, oportet accipere fide remissionem peccatorum et reconciliationem. Bone Deus, quo ore audent nominare Christum, quo vultu audent aspice[k4v]re ipsos Evangelii libros isti, qui negant nos sola fide propter Christum consequi remissionem peccatorum?
Secundo, haec ipsa legis impletio, quae sequitur renovationem, est exigua et immunda. Quamquam enim renovatio inchoata est, tamen haerent adhuc in natura reliquiae peccati, quae semper accusant nos, nisi fide in Christum apprehendamus remissionem peccatorum et sciamus nos habere accessum ad Deum non propter nostram impletionem legis, sed propter Christum.122 Ideo illa legis impletio non est accepta propter se ipsam, sed propter fidem.h
Quare, cum iPaulus aiti legem stabiliri per fidem,123 non solum hoc intelligi oportet, quod fide renati concipiant spiritum sanctum et habeant motus consentientes legi Dei, sed multo maxime refert et hoc addere, quod joportet nos sentire,j quod procul a perfectione legis absimus. Quare non possumus statuere, quod coram Deo iusti reputemur propter nostram impletionem legis. kSed sentiendum est, quod iusti seu accepti | reputemur propter Christum, non propter legem aut opera nostra, et quod haec inchoata legis impletio placeat Deo, quia sumus in Chri[k5r]sto, Item quod propter fidem in Christum non imputetur nobis hoc, quod deest impletioni legis.k Hoc docet
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Vgl. Röm 3,28; Gal 3,11. | 121 Vgl. Röm 5,11. | 122 Vgl. Röm 5,2. | 123 Vgl. Röm 3,31.
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möge. Solang das hertz nicht fride fur Gott hat, kan es nicht gerecht sein, denn es fleuhet fur [M4v] Gottes zorn und verzweifelt und wolt, das Gott nicht richtet. Darümb kan das hertz nicht gerecht und Gott angenem sein, dieweil es nicht fride mit Gott hat.
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Nu macht der glaub allein, das das hertz zufriden wird und erlangt ruhe und leben, Rom. amχ v., so es sich getrost und frey verlesst auff Gottes zusage umb Christus willen.269 Aber unsere werck bringen das hertz nicht zu friden, denn wir finden allzeit, das sie nicht rein sind; darümb mus folgen, das wir allein durch glauben Gott angenem und gerecht sind, so wir im hertzen schliessen, Gott wolle uns gnedig sein, nicht von wegen unser werck und erfüllung | des gesetzs, sondern aus lauter gnaden umb Christus willen. Was können die widdersacher widder diesen gründ auffbringen? Was können sie widder die öffentlichen warheit ertichten odder erdencken? Denn dis ist jhe gewis und die erfarung lerets starck gnug, das, wenn wir Gottes urteil und zorn recht fülen odder inn anfechtung komen, unsere wercke odder Gottesdienste das gewissen nicht können zu ruhen brengen. Und das zeigt die schrifft offte gnug an, als im Psalm: „lDu wöllestl mit deinem knechte nicht inn das gericht gehenm, denn fur dir nwird keiner, der da lebt, gerecht seinn.“270 Da zeigt er klar an, das alle heiligen, alle frome kinder Gottes, wilche den heiligen geist haben, wenn Gott nicht aus gnaden ihnen wil ihre sunde vergeben, noch ubrige sunde im fleische an sich haben. Denn das David an einem andern [N1r] ort sagt: „Herr, richte mich nach meiner gerechtigkeit“271, Da redet er von seiner sach und nicht von eigener gerechtigkeit, sondern bitt, das Gott sein sache und wort schützen wolle, wie er denn sagt: „Richte, Herr, omein sacheo.“272 Widderümb im cxxix. Psalm. sagt er klar, das keiner, auch
l–l χ
Und gehe L45 | m nicht in L45 | n – n ist kein Lebendiger gerecht L45 | o – o mich L45 nicht in CR
269
Vgl. Röm 5,1. | 270 Ps 143 (Vg 142),2 | 271 Ps 7,9 | 272 Ps 43 (Vg 42),1
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Paulus ad Galatas 3., cum ait: Christus redemit nos la maledictionel legis, factus pro nobis maledictum,124 hoc est, lex damnat omnes homines. Sed Christus, quia sine peccato subiit poenam peccati et victima pro nobis factus est, sustulit illud ius legis, ne accuset, ne damnet hos, qui credunt in ipsum, quia ipse est propitiatio pro eis, propter quam nunc iusti reputantur.m In eandem sententiam scribit ad Colossenses: In Christo consummati estis,125 quasi dicat: Etsi adhuc procul abestis a perfectione legis, tamen non damnant vos reliquiae peccati, quia propter Christum habetisn reconciliationem certam et firmam, si creditis, etiam si haeret peccatum in carne vestra. oLonge enim supra nostram munditiem, imo longe supra ipsam legem collocari debent mors et satisfactio Christi nobis donata, ut statuamus nos propter illam satisfactionem habere propitium Deum, non propter nostram impletionem legis. Impia fiducia est, quae collocatur in nostram impletionem legis. Illa vero fiducia necessaria est, quae collocatur in satisfactionem Christi. [k5v] Tertio. Sola illa res iustificat coram Deo, quae reddit pacatas conscientias. Donec enim conscientia fugit iudicium Dei et irascitur Deo, non sumus iusti et vivificati. Porro sola fides reddit pacatas conscientias iuxta illud: Iustificati ex fide pacem habemusp.126 Item: Iustus ex fide vivet,127 id est, fide vincit terrores mortis, fide erigitur et concipit gaudium et vitam. Idque affert fides, non quia per se sit opus dignum, sed tantum quia accipit oblatam promissionem, nihil respiciens propriam dignitatem. | Sola igitur fides iustificat et bona opera propter fidem placent. Quid contra hanc rationem adversarii possunt afferre? Quid possunt contra manifestam veritatem excogitare? Nam minor est certissima, quod opera nostra non possint conscientiam reddere pacatam, quando Deus iudicat et arguit nos et ostendit nobis immunditiem nostram. Idque Scriptura saepe inculcat. In Psalmo: Non intres in iudicium cum servo tuo, quia non iustificabitur in conspectu tuo omnis vivens.128 Hic [k6r] simpliciter detrahit omnibus et quidem Sanctis ac servis Dei gloriam iustitiae, si non ignoscat Deus, sed iudicet et arguat corda eorum. Nam quod alibi gloriatur de sua iustitia, loquitur de causa sua adversus persecutores verbi Dei, non loquitur de personali munditie et rogat causam et gloriam Dei defendi, Ut Psalmo 7.: Iudica me, Domine, secundum iustitiam meam129 etc. Et alibi: Iudica, qDomine, causamq
l – l de maledicto Vg Clem. | m danach: Cum autem iusti reputentur, lex non potest eos accusare aut damnare, etiamsi re ipsa legi non satisfecerint. lat. 4° (1531) | n habemus lat. 4° (1531) o – o lat. 4° (1531): s. QuM I, 458,15–24 [Semper debet ... impletio legis?] | p habeamus Vg Clem. q – q Deus, et discerne causam Vg Clem. 124 129
Gal 3,13 | 125 Vgl. Kol 2,10. | 126 Röm 5,1 | 127 Röm 1,17; vgl. Hab 2,4. | 128 Ps 143 (Vg 142),2 Ps 7,9
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nicht die höchsten heiligen, können Gottes urteil ertragen, denn er wil auff missethat achtgeben, wie er sagt: „So du wilt pacht haben auff missethatp, Herr, wer wird bestehen?“273 Und also sagt Jobψ am ix.: Ich entsetze mich für allen meinen wercken.274 Item: Wenn ich gleich schneeweis gewasschen were und meine hende gleich glentzeten für reinigkeit, noch wirdestu unreins an mir finden.275 Und inn sprüchen Salomonis: „Wer kan sagen: qmein hertz istq rein?“276 Und i. Johannis i.: „So wir werdenr sagen, das wir keine sunde haben, verfüren wir uns selbst und ist die warheit nicht inn uns.“277 Item, im Vaterunser bitten auch die heiligen: „Vergib uns unser schuld.“278 Darümb haben auch die Heiligen schuld und sunde. Item, im iiii. buch Mosi: Auch der unschuldige wird nicht unschuldig sein.279 Und Zacharias der Prophet sagt am ii. Cap.: „Alles fleisch sey stille fur dem Herrn.“280 Und Esaias sagt: „Alles fleisch ist grass“281, das ist, Das fleisch und alle gerechtigkeit, so wir vermügen, die können Gottes urteil nicht ertragen. Und Jonas sagt am ii. Cap.: Wilche sich lassen282 auff eitelkeit vergeblich, die lassen barmhertzigkeit faren.283 Derhalben erheltet uns eitel [N1v] barmhertzigkeit; unser eigen wercke, verdienst und vermügen können uns nicht helffen. Diese sprüche und dergleichen inn der schrifft zeigen an, das unsere werck unrein sein und das wir gnade und barmhertzigkeit bedörffen. Darümb stellen die werck die gewissen nicht zu fride, sondern allein die barmhertzigkeit, wilche wir durch den glauben ergreiffen. Zum dritten. Christus bleibt nichtdesteweniger für als nach der einige mitler und versüner, wenn wir inn ihm also neu geporn sein. Darümb irren diejhenigen, die da ertichten, das Christus allein uns „Primam gratiam“ odder die ersten gnade verdiene und das wir hernach durch unsere eigene wercke und verdienst müssen das ewige leben verdienen.284 Denn er bleibt der einige mitler, und wir sollen des gewis sein, das wir umb seinetwillen allein ein gnedigen Gott haben, ob wir es auch gleich unwirdig sein, wie Paulus sagt: „Durch ihnent haben wir ein zugang zu Gott“;285 denn unser besten wercke, auch nach entpfangener gnade des Evangelii (wie ich gesagt), sein noch schwach und nicht gar rein; denn es ist jhe nicht so ein schlecht ding umb die sunde und Adams fahl, wie die vernunfft meinet odder gedencket, und ist uber allen menschlichen verstand und gedancken, was durch den ungehorsam vor286 ein schrecklicher Gottes zorn auff uns geerbet ist. Und ist gar ein greuliche verterbung an der gantzen menschli[N2r]chen natur geschehen, wilche kein menschenwercke, sondern allein Gott selbst kan | erwiderbrengen, darümb sagt der Psalm: „Wol udenen, wilchen ihre sundeu vergeben seinv“287, Darümb dörffen288 wir gnade und Gottes gnediger güte und vergebung der sunde, wenn wir gleich viel gute werck gethan haben. Dieselbige p–p t ψ
Sünde zurechnen L45 | q – q Ich bin in meinem Herzen L45 | welchen L45 | u – u dem, dem die Übertretung L45 | v sind L45
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nicht in L45 |
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meam.130 Rursus Psalmo 129. docet neminem posse sustinere iudicium Dei, si observet peccata nostra: Si iniquitates observaveris, Domine, Domine, quis sustinebit?131 Et Iob 9.: Verebar omnia opera mea.132 Item: Si lotus fuero quasi aquis nivis et fulserint velut mundissimae manus meae, tamen sordibus intinges me.133 Et Proverb. 20.: Quis potest dicere: mundum est cor meum?134 Et 1. Iohan. 1.: Si dixerimus, quodr peccatum non habemus, ipsi nos seducimus et veritas in nobis non est.135 Et in oratione dominica sancti petunt remissionem peccatorum.136 Habent igitur et sancti peccata. In Numeris: Et innocens non erit innocens.137 Et Zacharias ait: Sileat a facie Domini omnis caro.138 Et Esaias: Omnis caro fenum et omnis gloria eius quasi flos agri. Exsiccatum est fenum et cecidit flos, quia spiritus Domini sufflavit in eo.139 Id est, caro et iu[k6v]stitia carnis non potest sustinere iudicium Dei. Et Ionas inquit Cap. 2.: Frustra observant vana, qui miscericordiam relinquunt,140 id est, Omnis fiducia est inanis praeter fiduciam misericordiae. Misericordia servat nos propria merita, proprii conatus non servant nos. Hae sententiae et similes in scripturis testantur opera nostra immunda esse et indigere misericordia. Quare non reddunt pacatas conscientias opera, sed misericordia apprehensa per fidem.
Quarto. Christus non desinit mediator esse, postquam renovati sumus. Errant, qui fingunt eum tantum primam gratiam meritum esse, nos postea nostra legis impletione placere et mereri vitam aeternam. Manet mediator Christus et semper statuere debemus, quod propter ipsum habeamus placatum Deum, etiamsi nos indigni simus, Sicut Paulus ait: Per huncs habemus accessum tad Deumt per fidem.141 Nostra enim impletio legis, ut diximus, est immunda, quia natura nostra horribiliter est corrupta. Ideo Psalmus inquit: Beati, quorum remissae sunt iniquitates.142 Quare remissione peccatorum opus habemus, etiam cum bona opera habemus. Illa autem remissio semper apprehenditur fide. Ita Christus manet Pontifex et mediator. Placet igi[k7r]tur illa
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quoniam Vg Clem. | s quem Vg Clem. | t – t in gratiam istam Vg Clem.
130 Ps 43 (Vg 42),1 | 131 Ps 130 (Vg 129),3 | 132 Hi 9,28 | 133 Hi 9,30f | 134 Prov 20,9 | 135 I Joh 1,8 | 136 Vgl. Mt 6,12 par. | 137 Vgl. Num 14,18. | 138 Sach 2,13 | 139 Jes 40,6f | 140 Vgl. Jon 2,9. 141 Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12. | 142 Ps 32 (Vg 31),1; vgl. Röm 4,7.
273 Ps 130 (Vg 129),3 | 274 Vgl. Hi 9,28. | 275 Vgl. Hi 9,30f. | 276 Prov 20,9 | 277 I Joh 1,8 | 278 Mt 6,12 par. | 279 Vgl. Num 14,18. | 280 Sach 2,13 | 281 Jes 40,6 | 282 verlassen | 283 Vgl. Jon 2,9. 284 Auch nach Thomas kann der Mensch die prima gratia nicht verdienen (Summa theologiae II,1 q. 114. art. 5 c, in: L 7, 349f), aber de condigno das augmentum gratiae und das ewige Leben (art. 8. u. 3., in: L 7, 352f und 347f). | 285 Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12. | 286 für | 287 Ps 32 (Vg 31),1; vgl. Röm 4,7. | 288 bedürfen
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gnade aber lest sich allein durch den glauben fassen. Also bleibt Christus allein der hohepriester und mitler, und was wir nu gutes thuen odder was wir des gesetzs halten, gefellet Gott nicht fur sich selbst, sondern das wir uns an Christum halten und wissen, das wir ein gnedigen Gott haben, nicht umb des gesetzs willen, sondern umb Christus willen. Zum vierden. So wir hielten, das, wenn wir nu zu dem Evangelio komen und neu geborn sein, hernach durch unsere werck verdienen sollen, das uns Gott gnedig furthin were nicht durch glauben, so keme das gewissen nimmer zu ruhe, sondern müste verzweifeln; denn das gesetz klagt uns one unterlas an, dieweil wir es nicht volkömlich halten können etc., Wie denn die gantze heilige Christliche kirche, alle heiligen allzeit bekant haben und noch bekennen. Denn also sagt Paulus zu den Röm. am vii.: „Das gute, das ich wil, das thue ich nicht, sondern das böse, das ich nicht wil, das thu ich“289 etc. Item: „Mit dem fleische diene ich dem gesetz der sunden“290 etc. Denn es ist keiner, der Gott den Herrn so von gantzem hertzen förchtet und liebet,291 als er schüldig ist, keiner, der [N2v] Creutz und trübsal inn gantzem gehorsam gegen Gott treget, keiner, der nicht durch schwacheit offte zweifelt, ob auch Gott sich unser anneme, ob er uns achte, ob er unser gebet erhöre. Darüber murren wir offt aus ungedult widder Gott, das es den Gottlosen wolgehet, den fromen ubel. Item, Wer ist, der seinem beruff292 recht gnugthut, der nicht widder Gott zörnet inn anfechtungen, wenn Gott sich verbirgt? Wer liebet seinen nehisten als sich selbst? Wer ist one allerley böse luste? Von den sunden allen sagt der Psalm: „Dafur werden bitten alle heiligen zu rechter zeit.“293 Da sagt er, das alle heiligen müssen umb vergebung der sunde bitten. Derhalben sein diejhenigen gar stockblind, welche die bösen lüste im fleisch nicht fur sunde halten, von welchen Paulus sagt: „Das fleisch strebet widder den geist, und der geist strebet widder das fleisch.“294 Denn das fleisch vertrauet Gott nicht, verlest sich auff diese welt und zeitlich güter, | süchet inn trübsaln menschlichen trost und hülff, auch widder Gottes willen, zweifelt an Gottes gnade und hülffe, murret widder Gott im Creutz und anfechtungen, wilchs alles widder Gottes gebot ist. Widder die Adamssunde streitet und strebet der Heilig geist inn den hertzen der heiligen, das er dieselbige gifft des alten Adams, die bösew, verzweifelte art ausfege und tödte und in das hertze ein andern syn und mut brenge.
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cj.: bösen; böse CR
289 Röm 7,19 | 290 Röm 7,25 | 291 Vgl. Luthers Formel. | 292 Lat. „vocatio“, hier im Sinne von Beruf und so von Melanchthon – im Anschluss an Luther – auch schon in der CA gebraucht. Vgl. dazu CA XVI, XXVI und XXVII, o. S. 110–113. 150–187. | 293 Ps 32 (Vg 31),6 | 294 Gal 5,17
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legis impletio non propter se, sed quia fide apprehendimus Chri|stum et sentimus nos habere Deum placatum non propter legem, sed propter Christum.
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Quinto. Si sentiendum esset, quod post renovationem oporteat nos acceptos fieri non fide propter Christum, sed propter nostram impletionem legis, numquam acquiesceret conscientia, sed ad desperationem adigeretur. Lex enim semper accusat, cum legi numquam satisfaciamus. Id [est], quod tota Ecclesia confitetur. Paulus enim ait: Non quod volo bonum, hoc facio, sed quod nolo malum.143 Item: Mente servio legi Dei. Carne autem servio legi peccati.144 uQuis enim satis diligit aut satis timet Deum? quis satis patienter sustinet afflictiones a Deo impositas? quis non saepe dubitat, Utrum Dei consilio regantur res humanae? quis non saepe dubitat, Utrum a Deo exaudiatur? quis non saepe stomachatur, quod impii fortuna meliore utuntur quam pii, quod pii ab impiis opprimuntur? vquis non irascitur iudicio Dei, cum videtur nos abiicere?v quis satisfacit vocationi suae? quis diligit proximum sicut se ipsum? quis non irritatur a concupiscentia? wDe his peccatis ait Psalmus:w Pro hocx orabit ad te omnis sanctus.145 Hic ysanctos aity petere remissionem pecca[k7v]torum.
Plus quam caeci sunt, qui malos affectus in carne non sentiunt esse peccata, de quibus Paulus dicit: Caro concupiscit adversus spiritum, Spiritus adversus carnem.146 Caro diffidit Deo, confidit rebus praesentibus, quaerit humana auxilia in calamitate etiam contra voluntatem Dei, fugit afflictiones, quas ziuxta mandatum Dei tolerare debebat,z dubitat de Dei misericordiaa. Cum talibus affectibus luctatur spiritus sanctus in cordibus, ut eos reprimat ac mortificet et inserat novos ac spirituales motus.
u – u in lat. 4° (1531) an früherer Stelle, sofern nicht anders angegeben: s. QuM I, 456,24–457,21 [quis enim ... nisi fide] | v – v nicht in lat. 4° (1531) | w – w lat. 4° (1531): s. QuM I, 456,30–457,3 [Ideo Paulus ... post inquit:] | x hac Vg Clem. | y – y ostendit sanctos etiam oportere lat. 4° (1531) z – z debebat tolerare propter mandatum Dei, lat. 4° (1531) | a danach: etc. lat. 4° (1531) 143
Röm 7,19 | 144 Röm 7,25 | 145 Ps 32 (Vg 31),6 | 146 Gal 5,17
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Apologia Confessionis Augustanae
Und Augustinus sagt auch: Alle gebot Got[N3r]tes halten wir denn, wenn uns alles, das wir nicht halten, vergeben wird.295 Darümb wil Augustinus, das auch die guten werck, welche der heilig geist wirckt inn uns, Gott nicht anders gefallen, denn also, das wir gleuben, das wir Gott angenem sein umb Christus willen, nicht, das sie an ihnen296 selbst solten Gott gefallen. Und Hieronymus sagt widder Pelagium: Dann sein wir gerecht, wenn wir uns für sunder erkennen. Und unser gerechtigkeit stehet nicht inn unserm verdienst, sondern in Gottes barmhertzigkeit.297 Darümb, wenn wir gleich gantz reich von rechten guten wercken sein und also angefangen haben, Gottes gesetz zu halten, wie Paulus, da er treulich gepredigt hat etc.,298 so mus dennoch der glaub da sein, dadurch wir vertrauen, das Gott uns gnedig und versünet sey umb Christus willen und nicht umb unser werck willen. Denn die barmhertzigkeit lest sich nicht fassen denn allein durch den glauben. Darümb diejhenigen, so leren, das wir umb wercke willen, nicht umb Christus willen Gott angenem werden, die füren die gewissen inn verzweifelung. Aus dem allen ists klar gnug, das allein der glaube uns fur Gott gerecht macht, das ist, er erlanget vergebung der sunde und gnade umb Christus willen und brengt uns zu einer neuen gepurt. Item, so ists klar gnug, das wir allein durch den glauben den heiligen geist entpfangen, Item, das unsere werck und da wir anfahen, das [N3v] gesetz zu halten, an ihm selbst Gott nicht gefallen. So ich nu, wenn ich gleich vol guter wercke bin, wie Paulus war und Petrus, dennoch anderswo mus meine gerechtigkeit suchen, nemlich in der verheissung der gnade Christi, Item, So allein der glaub das gewissen stillet, so mus jhe das gewis sein, das allein der glaub fur Gott gerecht macht. Denn wir müssen allzeit dabey bleiben, wollen wir recht leren, das wir nicht umb des gesetzs willen, nicht umb wercke willen, sondern umb Christus willen Gott angenem sein. Denn die ehre, so Christo gebürt, sol man nicht dem gesetze odder unsern elenden wercken geben.
295 Vgl. Augustinus, Retractationes I, 19,3, in: PL 32, 615 (CSEL 36, 90,10f). | 296 sich | Hieronymus, Dialogi contra Pelagianos I, 13, in: PL 23, 505. | 298 Vgl. Röm 3,31.
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Vgl.
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Et Augustinus aitb: Omnia mandata Dei implentur, quando quidquid non fit, ignoscitur.147 Requirit igitur fidem etiam in bonis operibus, ut credamus nos Deo placere propter Christum nec opera ipsa per se digna esse, quae placeant. Et Hieronymus contra Pelagianos: Tunc ergo iusti sumus, quando nos peccatores fatemur. Et iustitia nostra non ex proprio merito, sed ex Dei consistit misericordia.148 Oportet igitur adesse fidem in illa inchoata legis impletione, quae statuat nos propter Christum habere Deum placatum. Nam misericordia non potest apprehendi nisi fide.u Itaque prorsus est doctrina desperationis docere, quod non simus accepti fide propter Christum, sed propter propriam legis impletionem. b
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[k8r] Ex his omnibus satis apparet, quod sola fides iustificat, id est, primum consequitur remissionem peccatorum et reconciliationem propter Christum et quod sola fides regenerat – Nam sola fide spiritus sanctus concipitur −, Deinde quod illa inchoata impletio legis non placeat per se coram Deo. Cum autem adhuc alibi videlicet in promissione Christi quaerenda sit iustificatio Cumque sola fides efficiat pacatam conscientiam, necesse est, quod sola fides iustificet. Semper enim sentire debemus, quod non propter legem, sed propter Christum simus accepti. Non enim iustificamur ex lege, sed ex promissione. Et honos Christi non debet in legem transferri. Et cum initio iusti reputemur propter Christum, cum in eum credimus, non est sentiendum, quod abiecto illo mediatore postea iusti simus | nostra impletione legis, Etsi necesse est renatos bene operari. Et virtutes legis, quatenus oboediunt legi, sunt iustitiaeo et eatenus haec oboedientia legis iustificat iustitia legis. Sed haec imperfecta iustitia legis non est acceptac nisi propter fidem dnec potest conscientias reddere pacatas. Id tantum efficit fides, quae statuit, quod propter Christum Pontificem habeamus Deum propitium. In hac promissione quaerere debent piae et perterrefactae conscientiae reconciliationem et iustifica[k8v]tionem; hac promissione debent se erigere ac sustentare, sicut docent haec verba: Iustus ex fide vivet.149 Significant enim, quod fides iustificet et ita iustificet, ut simul vivificet, hoc est, erigat et consoletur conscientias et vitam aeternam et gaudium in animo pariat.d
b – b Sed de hoc loco infra plura testimonia colligemus, quamquam ubique obvia sunt non solum in scripturis, sed etiam in sanctis Patribus. Praeclare inquit Augustinus lat. 4° (1531) | c danach: Deo lat. 4° (1531) | d – d lat. 4° (1531): s. QuM I, 458,25–31 [Ideo non ... legis impletio.] 147
Augustinus, Retractationes I, 19,3, in: PL 32, 615 (CSEL 36, 90,10f). | 148 Hieronymus, Dialogi contra Pelagianos I, 13, in: PL 23, 505. | 149 Röm 1,17; vgl. Hab 2,4.
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Antwort auff die Argument der widdersacherω
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So wir nu die rechten gründe dieser sache haben angezeigt, nemlich den unterscheid unter299 Göttlicher verheissung und [derjenigen] des gesetzs, so kan man leichtlich verlegen300 dasjhenige, so die widersacher dagegen furbringen, denn sie füren sprüche ein vom gesetz und guten wercken. Die sprüche aber, so von Göttlicher verheissung reden, lassen sie aus[N4r]sen. Man kan aber kurtz antworten auff alle sprüche, so sie einfüren von dem gesetze, nemlich, das das gesetze one Christo niemands halten kann; und wenn gleich eusserlich gute werck geschehen one Christo, so hat doch Gott darümb an der person nicht gefallen. Darümb, wenn man wil von guten wercken leren odder predigen, sol man allzeit dazusetzen, das zuforderst glaube da sein müsse und das sie allein umb des glaubens willen an Christum Gott angenem | sein und das sie früchte und zeugnis des glaubens sind. Diese unser lere ist jhe klar, sie lest sich auch wol am liecht sehen und gegen die heilige schrifft halten und ist auch klar hie und richtig furgetragen, wer ihm301 wil sagen lassen und die warheit nicht wissentlich verleugnen. Denn [um] Christi wolthat und den grossen schatz des Evangelii (wilchen Paulus so hoch hebt) recht zu erkennen, müssen wir jhe auff einem teil Gottes verheissunge und angebotene gnade, Auff den andern teil das gesetz so weit voneinander scheiden als himel und erden. Inn baufelligen sachen bedarff man viel glossen. Aber inn guten sachen ist allezeit einex solutio odder zwo, die durchaus302 gehen und lösen alles auff, so man dagegen vermeint auffzubringen. Also hie inn dieser sach diese einige solutio löset alle sprüch auff, die widder uns angezogen werden, nemlich, das man das gesetz on Christo nicht recht thun kann. Und ob schon eusserliche werck geschehen, das doch Gott die per[N4v]son nicht gefelt ausser Christo. Denn wir bekennen, das die schrifft diese zwo lere füret: Gesetz und verheissung der gnaden. Die widdersacher aber, die tretten schlechts das gantz Evangelium mit füssen und alle verheissunge der gnaden inn Christo; so leren sie, das wir umb unser liebe und wercke willen vergebung der sunde erlangen und nicht durch den glauben. Denn so Gottes gnade und hülffe gegen uns gebaut ist auff unsere werck, so ist sie gar ungewis. Denn wir können nimmermehr gewis sein, wanny wir werck gnug thun odder ob die wercke heilig odder rein gnug sein. So wird auch also die vergebung der sunde ungewis und gehet Gottes zusage unter, wie Paulus sagt.303 Die Göttliche zusage ist denn umbgestossen und ist alles ungewis. Darümb leren wir
x
cj.: ein | y cj.: wenn
ω
dt. 8° (1533) bietet eine völlige Neubearbeitung; s. QuM I, 635,35–649,38. [Die widdersacher ... erzeigen wird.] Echte Übernahmen sind angegeben. 299
zwischen | 300 widerlegen | 301 sich | 302 hindurch | 303 Vgl. Gal 5,4.
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Responsio ad argumenta adversariorum Cognitis his fundamentis causaee videlicet discrimine legis acf promissionum seu Evangelii facile erit diluere ea, quae adversarii obiciunt. Citant enim dicta de lege et goperibus. Dicta vero de promissionibus omittunt.g Semel autem responderi hpotest ad omnes sententias de lege,h quod lex non possit fieri sine Christo. Et si qua fiunt civilia opera sine Christo, non placent Deo. Quare, cum praedicantur opera, necesse est addere, quod fides requiratur, quod propter fidem praedicentur, quod sint fructus et testimonia fidei. iQuid potest simplicius hac nostra doctrina dici? Necesse est enim ad cognoscenda beneficia Christi discernere promissiones a lege.i Ambiguae et periculosae causae multas et varias solutiones gignunt. Verumζ est enim illud ve[l1r]teris Poetae: ὁ δ’ ἄδικος λόγος νοσῶν ἐν αὑτῷ, φαρμάκων δεῖται σοφῶν.150 e
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Sed in bonis et firmis causis una atque altera solutio sumpta ex fontibus corrigit omnia, quae videntur offen|dere. Id fit et in hac nostra causa. Nam illa regula, quam modo recitavi, interpretatur omnia dicta, quae de lege et operibus citantur.
Fatemur enim scripturam alibi legem, alibi Evangelium seu gratuitam promissionem jremissionis peccatorumj propter Christum tradere. Verum adversarii nostri simpliciter abolentk promissionem, cum negant, quod fides iustificet, cum docent, quod propter dilectionem et opera nostra accipiamus remissionem peccatorum et reconciliationem. Si eniml pendet ex conditione operum nostrorum remissio peccatorum, prorsus erit incerta. mNumquam enim facimus opera sufficientia.m Erit igitur abolita promissio. Proinde nos revocamus pias mentes ad considerandas promissiones et de gratuita remissi-
e – e Cognitis autem huius causae fundamentis lat. 4° (1531) | f et lat. 4° (1531) | g – g operibus et omittunt dicta de promissionibus. lat. 4° (1531) | h – h ad omnes sententias de lege potest, lat. 4° (1531) | i – i nicht in lat. 4° (1531) | j – j peccatorum lat. 4° (1531) | k danach: gratuitam lat. 4° (1531) | l nicht in lat. 4° (1531) | m – m nicht in lat. 4° (1531) ζ
Utrum lat. 8° (1542/1559)
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Euripides, Phoenissae 471f.
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die hertzen und gewissen, das sie sich trösten durch dieselbige verheissunge Gottes, wilche fest stehet und beutet gnad an und vergebunge der sunde umb Christus willen, nicht umb unser werck willen. Darnach leren wir auch von guten wercken und von dem gesetz, nicht das wir durch das gesetz verdienen vergebung der sunde odder das wir umb des gesetzs willen Gott angenem sein, sondern das Gott gute werck haben will. Denn man mus (wie Paulus sagt) recht schneiden und teilen Gottes wort, das gesetz auff einen ort, die zusage Gottes auff den andern.304 Man mus [O1r] sehen, wie die schrifft von der verheissunge, wie sie von dem gesetz redet. Denn die schrifft gebeut und lobet also gute wercke, das sie doch gleichwol Gottes verheissunge und den rechten schatz Christum noch viel tausentmal höher setzet. Denn gute wercke sol man und mus man thun, denn Gott wil sie haben; so sind es früchte des glaubens, wie Paulus zu den Ephesern am ii. sagt: „Denn wir seinz geschaffen inn Christo Jhesu zu guten wercken.“305 Darümb sollen gute wercke dem glauben folgen als dancksagungen gegen Gott, Item, das der glaub dadurch geübet werd, wachsse und zuneme und das durch unser bekentnis und guten wandel ander auch verinnert werden. | Also sagt Paulus, Das Abraham habe die beschneidunge entpfangen, nicht das er umb des wercks willen were gerecht worden, sondern das er an seinem leibe ein zeichen hette, dadurch er verinnert würde und immer im glauben zuneme, Item, das er seinen glauben bekennet fur andern und durch sein zeugnis die andern auch zu gleuben reitzet.306 Also hat Abel durch den glauben Gott ein angenem opffer gethan, denn das opffer hat Gott nicht gefallen ex opere operato, sondern Abel hielts gewis dafur, das er ein gnedigen Gott hett;307 das werck aber thet er, das er seinen glauben ubet und die andern durch sein Exempel und bekentnis zu gleuben reitzet. So nu also und nicht anders die guten wer[O1v]cke solten dem glauben folgen, so thun die viel anderer meinung ihr wercke, die nicht gleuben, das ihnen one verdienst [die] sunde vergeben werde umb Christus willen. Denn wenn dieselbigen sehen gute wercke an den heiligen, richten sie menschlicherweis von den heiligen, wollen wenen, die heiligen haben mit ihren wercken vergebung der sunde erlangt odder sein durch wercke fur Gott gerecht worden. Darümb thuen sie dergleichen ihnen nach und meinen, sie wollen auch also vergebung der sunde erlangen und Gottes zorn versünen. Solchen offentlichen irthumb und falsche lere von den wercken verdamnen wir. Erstlich, das dadurch Christo dem rechten mitler die ehre genomen wird und wird den elenden wercken geben, wenn wir an Christus stad unser wercke wöllen darstellen fur ein schatz und versünung des Göttlichen zorns und der sunde. Denn die ehre gehört allein Christo, nicht unsern elenden wercken. z
sind L45
304
Vgl. II Tim 2,15. | 305 Eph 2,10 | 306 Vgl. Röm 4,9–12. | 307 Vgl. Gen 4,4; Hebr 11,4.
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one peccatorum et reconciliatione, quae fit per fidem in Christum, docemus. Postea addimus et doctrinam legis, nnon quod lege mereamur remissionem peccatorum aut quod propter legem iusti repu[l1v]temur, non propter Christum, Sed quia Deus requirit bona opera. Oportet enim prudenter ὀρθοτομεῖν151 legem et promissiones.n Videndum est, quid legi, quid promissionibus scriptura tribuat. Sic enim oet laudat et praecipit bona operao, ut non tollat gratuitam promissionem pnec tollat Christump.
Sunt enim facienda qbona opera, quia Deus ea requirit, ideoque sunt effectus regenerationis, sicut Paulus docet Ephes. 2.: Ipsius opus sumus conditi per Christum Iesum ad bona opera, quae praeparavit Deus, ut in eis ambularemus.152 Itaque bona opera sequi fidem debent tamquam gratiarum actio erga Deum, Item ut in eis fides et exerceatur et crescat et ostendatur aliis, ut nostra confessione alii invitentur ad pietatem. Ita Paulus ait Abraham accepisse circumcisionem, non quod propter illud opus reputaretur iustus, sed ut haberet signum in corpore scriptum, quo commonefieret et fidem subinde maiorem conciperet,153 Item quo confiteretur fidem coram aliis et alios ad credendum suo testimonio invitaret. Sic Abel fide gratiorem hostiam obtulit. Placuit enim hostia non ex opere operato, Sed quia Abel fide statuebat se Deum placatum habere propter misericordiam.154 Opus vero [l2r] illud faciebat, ut suam fidem exerceret et alios exemplo et confessione sua invitaretq ad credendum.
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Cum hoc modo bona opera sequi fidem debeant, longe aliter utuntur operibus homines, qui non possunt credere ac statuere in corde sibi gratis ignosci propter Christumr. Hi cum vident opera sanctorum, humano more iudicant sanctos soperibus illiss promeruisse remissionem peccatorum tet propter illa opera iustos reputatos esse coram Deo.t Ideo imitantur ea et sentiunt se per opera similia mereri remissionem peccatorum; uconantur placare iram Dei et confidunt se propter talia opera iustos reputari. Has impias opinionesu in operibus damnamus, vPrimo, quia obscurantv gloriam Christi, cum homines proponunt Deo haec opera tamquam pretium et propitiationem. Hic honos debitus uni Christo tribuitur nostris operibus.
CR 27, 480
n–n
Et haec oportet ὀρθοτομεῖν, ut ait Paulus lat. 4° (1531) | o – o laudat opera lat. 4° (1531) nicht in lat. 4° (1531) | q – q lat. 4° (1531): s. QuM I, 459,20–461,3 [opera propter ... invitandos eos] | r Christum, se habere Deum propitium gratis propter Christum. lat. 4°(1531) | s – s nicht in lat. 4° (1531) | t – t et gratiam per haec opera. lat. 4° (1531) | u – u et gratiam, sentiunt se per illa opera placare iram Dei, et consequi, ut propter illa opera iusti reputentur. Hanc impiam opinionem lat. 4° (1531) | v – v Primum quia obscurat lat. 4° (1531) p–p
151
Vgl. II Tim 2,15. | 152 Vgl. Eph 2,10. | 153 Vgl. Röm 4,9–12. | 154 Vgl. Gen 4,4; Hebr 11,4.
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Zum andern, so finden doch die gewissen auch nicht friede inn solchen wercken. Denn wenn sie schon der wercke viel thun und zu thun sich fleissigen, so findet sich doch kein werck, das rein gnug sey, das wichtig, köstlich gnug sey, ein gnedigen Gott zu machen, das ewig leben gewis zu erlangen, inn Summa: das gewissen rühig und fridlich zu machen. Fur das dritte, die auff wercke bauen, die [O2r] lernen nimmermehr Gott recht kennen noch seinen willen. Denn ein gewissen, das an Gottes gnaden zweifelt, das kan nicht gleuben, das es erhöret werde, und dieweil es Gott nicht anruffen kan, wird es auch Göttlicher hilff nicht innen, kan also Gott nicht kennenlernen. Wenn aber der glaub da ist, nemlich das wir durch Christum ein gnedigen Gott haben, der darff frölich Gott anruffen, lernet Gott und seinen willen kennen. Aber der irthumb von den wercken klebet der welt gar hart an; die Heiden haben auch opffer, welche von Patriarchen erstlich herkomen; dieselbigen opffer und wercke der Veter haben sie nachgethan, vom glauben wusten sie nicht, hilten dafur, das dieselbigen wercke ihnen ein gnedigen Got machten. Die Israeliten ertichten ihnen308 auch wercke und opffere [in] der meinung, das sie dadurch wolten ein gnedigen Gott machen, durch ihr opus operatum, das ist: durch das blosse werck, welchs one glauben geschach. Da sehen wir, wie hefftig die Propheten dawidder schreien und ruffen als im xlix. Psalm: „Deines opffers halben straff ich dich nicht“309 etc. Item, Jeremias sagt: „Ich habe anicht mita euren Vetern von Brandopffer geredb.“310 Da | verdamnen die Propheten nicht die opffer an ihnen311 selbst, denn die hat Gott gebotten als eusserliche ubunge inn demselbigen seinem volck, sondern sie treffen vornemlich ihr Gottlos hertz, da sie die opffer der meinung thaten, das sie meineten, da[O2v]durch würde Gott ex opere operato versünet, dadurch ward der glaub unterdrückt. Und so nu kein werck das gewissen recht zufriedenstellet, so pflegen die heuchler auff ein blinds geratwol und wagen dahin gleichwol, ein werck uber das ander, ein opffer uber das ander zu erfinden, und [das] alles one Gottes wort und befehl mit bösem gewissen, wie wir im Bapstumb gesehen; und vornemlich lassen sie sich bewegen durch die Exempel der heiligen. Denn wenn sie denen also nachfolgen, meinen [sie], sie wollen vergebung der sunde erlangen, wie die heiligen erlangt haben etc. Aber die heiligen gleubeten.
a–a
weder gesagt noch geboten L45 | b nicht in L45
308
sich | 309 Ps 50 (Vg 49),8 | 310 Jer 7,22 | 311 sich
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Secundo, neque tamen inveniunt conscientiae pacem in his operibus. Sed alia supraw alia in veris terroribus cumulantes tandem desperant, quia, xcum nullum opus satis mundum inveniantx, semper accusat lex et parit iram.
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Tertio. Tales numquam assequuntur notitiam Dei, | ycum conscientiae fugientes iram Dei non possint pacem consequi nec statuere umquam, [l2v] quod a Deo exaudiantur. At cum accessit fides, quae credit, quod gratis reputemur iusti, haec audet invocare Deum et sentit se exaudiri et consequitur veram notitiam Dei.y
Semper autem zhaeret in mundoz impia opinio de operibus. Gentes habebant sacrificia sumpta a Patribus. Horum opera imitabantur, fidem non tenebant. Sed sentiebant opera illa propitiationem et pretium esse, propter quod Deus reconciliaretur ipsis. Populus in lege imitabatur ahac opinione sacrificia,a quod propter illa opera haberent placatum Deum bex opere operato, ut dici solet.b Hic videmus, quam vehementer obiurgent populum Prophetae. Psalm. 49.: Non in sacrificiis arguam te.155 Et Ierem.: Non praecepi de holocaustisc.156 Tales loci damnant non opera, quae certe Deus praeceperat, ut externa exercitia in hac politia, sed damnant impiam persuasionem, quod sentiebant se per illa opera placare iram Dei et fidem abiciebant.
Et quia nulla opera reddunt pacatam conscientiam, ideo subinde nova opera excogitantur praeter mandata Dei. dAc maxime movent homines exempla sanctorum, horum imitatione sperant se perinde consecuturos esse reconciliationem, ut illi [l3r] consecuti sunt.d
w super lat. 4° (1531) | x – x nullum opus satis mundum inveniunt lat. 4° (1531) | y – y quia enim irati fugiunt Deum iudicantem et affligentem, numquam sentiunt se exaudiri. At fides ostendit praesentiam Dei, postquam constituit, quod Deus gratis ignoscat et exaudiat. lat. 4° (1531) | z – z in mundo haesit lat. 4° (1531) | a – a sacrificia hac opinione, lat. 4° (1531) | b – b ut ita loquamur ex opere operato. lat. 4° (1531) | c holocaustomatis lat. 4° (1531); verbo holocaustomatum et victimarum Vg Clem. | d – d nicht in lat. 4° (1531) 155
Ps 50 (Vg 49),8 | 156 Jer 7,22
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Das volck Israel hatt gesehen, das die Propheten opfferten auff den Höhenc und hainen;312 das werck thaten sie nach, das sie durch das werck Gottes zorn versüneten. Die Propheten aber hatten da opffer gethan, nicht, das sie durch die werckα vergebung der sunde verdienen wolten, sondern das sie an den orten predigten und lereten. Darümb thaten sie die opffer zu einem zeugnis ihres glaubens. Item, das volck hatte nu gehöret, das Abraham seinen son geopffert hatte;313 das sie nu auch wercke theten, die sie schweer und sauer ankemen, so opfferten sie ihre söne auch.314 Abraham aber war nicht der meinung, seinen son zu opffern, das solchs solt ein versünung sein, dadurch er fur Gott gerecht würde etc. [O3r] Also inn der kirchen hat Christus das Abentmal eingesetzt, darinne durch Göttliche zusage vergebung der sunde wird angeboten, das wir verinnert werden, das durch das eusserliche zeichen unser glaub gesterckt werde, das wir dadurch auch fur den leuten unsern glauben bekennen und die wolthat Christi preisen und predigen, wie Paulus sagt: „So offt ihr ddas thutd, solt ihr den tod des Herrn verkündigen etc.“315 Die widdersacher aber geben fur, die Messe sey ein solch werck, das ex opere operato fur Gott uns gerecht mache und erlöse diejhenigen von pein und schuld, fur welche es geschihet.316 Sanct Antonius, Bernhardus, Dominicus und andere heiligen haben durch ein eigen leben von leuten sich gethan, damit sie deste leichter die heilige schrifft kündten lesen odder umb ander ubung willen; nichtdesteweniger haben [sie] bey sich gehalten, das sie durch den glauben an Christum fur Gott gerecht weren, das sie allein durch Christum ein gnedigen Gott erlangten.317 Aber der | grosse hauff ist hernach zugefaren, haben den glauben an Christum farenlassen, haben allein gesehen auff die Exempel one glauben und sich unterstanden, durch dieselbigen Klosterwercke vergebung der sunde zu erlangen. Also setzt allzeit die vernunfft die guten wercke zu hoch und an einen unrechten ort. Den irthumb ficht nu an das Evangelium und leret, das wir fur Gott gerecht werden, nicht umb des gesetzs odder un[O3v]sere werck willen, sondern allein umb Christus willen. Christum aber kan man nicht fassen denn allein durch den glauben. Darümb so werden wir auch allein durch den glauben fur Gott gerecht.
c
cj.: hohen; hohen CR | d – d von diesem Brot esset und von diesem Kelch trinket L45
α
wercke CR
312
Vgl. I Sam 9,12f; I Reg 18,20–40 u.a. | 313 Vgl. Gen 22,1–19. | 314 Vgl. Lev 20,2 u.a. | 315 I Kor 11,26 | 316 Gabriel Biel, Canonis Missae Expositio XXVI und LXXXI, in: BCM 1, 240–256; BCM 4, 25–45. | 317 Athanasius, Vita Antonii V, in: PG 26, 850: „Aderat enim illi adiutor Dominus, qui carnem propter nos gestavit, et victoriam dedit corpori contra diabolum. Ita ut quisquis vere certat, possit dicere: Non ego sed gratia Dei mecum [I Kor 15,10].“; Bernhard, Vita prima V, 2,10 (v. Gaufridus aus Clairvaux), in: PL 185, 356f. Vgl. auch ders., Confessionis Privatae formula I–IV, in: PL 183, 773f; Franziskus, Verba Admonitionis V und XII, in: Heinrich Böhmer, Analekten zur Geschichte des Franciscus von Assisi, Tübingen 31961, 29 und 31.
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Populus Israel viderat Prophetas in excelsis sacrificasse.157 eHoc opus mirabili studio coepit imitari populus, ut per id opus fplacaret iram Dei.f At Prophetae sacrificaverant in excelsis, non ut per illa opera mererentur remissionem peccatorumg. Sed quia in illis locis docebant, ideo ibi testimonium fidei suae proponebant. Populus audierat Abraham immolasse filium suum.158 Quare et ipsi, ut asperrimo ac difficillimo opere placarent iram Dei, mactaverunt fi|lios.159 At Abraham non hac opinione immolabat filium, ut id opus esset pretium et propitiatio, propter quam iustus reputaretur.
Sic in Ecclesia instituta est coena Domini, ut recordatione promissionum Christi, quarum in hoc signo admonemur, confirmetur in nobis fides et foris confiteamur fidem nostram et praedicemus beneficia Christi, sicut Paulus ait: hQuoties feceritish, mortem Domini annuntiabitis160 etc. Verum adversarii nostri contendunt Missam esse opus, quod ex opere operato iiustificet et tollati reatum culpae et poenae in his, pro quibus fit.j 161
Antonius, Bernardus, Dominicus, Franciscus et alii sancti Patres elegerunt certum vitae genus vel propter studium vel propter alia utilia exer[l3v]citia. Interim sentiebant se fide propter Christum iustos reputari et habere kDeum propitium propter Christum, non propter illa exercitia.k 162 Sed multitudo deinceps imitata est non fidem Patrum, sed exempla sine fide, ut per illa opera mererentur remissionem peccatorum, lut propter illa opera reputarentur iusti coram Deo. Ita errat humanus animus de operibus, quia fidei iustitiam non intelligit. Et hunc errorem reprehenditη Evangelium, quod docet homines iustos reputari non propter legem, sed propter solum Christum. Christus autem sola fide apprehenditur. Quare sola fide propter Christum iusti reputamur.
e
davor: Porro sanctorum exempla maxime movent animos, sperantes se similibus operibus perinde gratiam consecuturos esse, ut illi consecuti sunt. Quare lat. 4° (1531) | f – f mereretur remissionem peccatorum, gratiam et iustitiam. lat. 4° (1531) | g danach: et gratiam lat. 4° (1531) h – h Quotiescumque enim manducabitis panem hunc et calicem bibetis Vg Clem. | i – i iustificat et tollit lat. 4° (1531) | j danach: Sic enim scribit Gabriel. lat. 4° (1531) | k – k propitium Deum, non propter illa propria exercitia. lat. 4° (1531) | l – l lat. 4° (1531): s. QuM I, 462,15–463,7 [gratiam, et ... Corinthiis citant:] η
deprehendit lat. 8° (1542/1559)
157
Vgl. I Sam 9,12f u. a. | 158 Vgl. Gen 22,1–19. | 159 Vgl. I Sam 9,12f.; I Reg 18,20–40 u. a. | 160 I Kor 11,26 | 161 Gabriel Biel, Canonis Missae Expositio XXVI und LXXXI, in: BCM 1, 240–256; BCM 4, 25–45. | 162 Vgl. o. S. 346, Anm. 317.
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Apologia Confessionis Augustanae
Dagegen ziehen die widdersacher an318 den spruch Pauli zu den Corinthern am xiii.: „Wenn ich hette allen glauben etc. und hette eaber diee liebe nicht, so binf ich nichts.“319 Da ruffen die widersacher mit einem grossen triumph und rhümen [sich], sie sein durch diesen spruch gewis, das nicht allein der glaube fur Gott uns gerecht mache, sondern auch die liebe.320 Es ist aber gantz leicht zu antworten, nachdem wir oben haben angezeigt, was wir von der liebe und wercken halten. Paulus wil inn dem spruche, das inn den Christen solle liebe sein gegen dem nehisten; das sagen wir auch, denn wir haben jhe hieoben gesagt, wenn wir neu geborn sein, so fahen wir an, das gesetz zu halten und Gottes gesetze gehorsam zu sein. Darümb, wenn jemands die Christliche liebe nachlesset, so ist er, wenn er gleich grossen, starcken glauben gehabt, kald worden und ist nu | widder fleischlich one geist und glauben. Denn da ist nicht der heilig geist, wo nicht Christliche liebe ist und ander gute früchte. Es folget aber daraus nicht, das uns die liebe fur Gott gerecht macht, das ist, das wir darümb durch die liebe vergebung der sunde erlangen, das die liebe das schrecken der sunde und des tods uberwinde, das die liebe an Christus [O4r] stad gegen Gottes zorn und gericht solle gehalten werden, das die liebe das gesetze erfülle, das wir durch die liebe Gott versünet und angenem werden und nicht umb Christus willen. Von dem allen sagt Paulus nichts, und die widdersacher ertichten es doch aus ihrem hirne. Denn so wir durch unser liebe Gottes zorn uberwinden, so wir durch unser gesetzerfüllen Gott angenem sein, mügen die widdersacher auch sagen, das die Göttliche verheissunge, das gantze Evangelium nichts sey. Denn dasselbige leret, das wir ein zugang haben zu Gott allein durch Christum,321 das wir nicht durch unser gesetzwerck, sondern umb Christus willen Gott angenem sein als den einigen mitler und versüner. Die widdersacher deuten viel sprüche auff ihr meinung, die doch nicht also lauten. Aber sie machen zusatz daran, wie hie. Denn dieser spruch ist klar gnug, wenn allein die widdersacher ihr eigen treume ausserhalb der schrifft nicht dranflickten, so sie doch nicht verstehen, was glaube sey, was Christus ist odder wie es zugehet, wenn ein mensche fur Gott gerecht wird. Die Corinther und etliche aus ihnen hatten das Evangelium gehöret und viel trefflicher gaben empfangen; und wie es denn inn solchen sachen zugehet, im anfang waren sie hitzig und wacker zu allen sachen, darnach erwuchssen Rot[O4v]ten und Secten unter ihnen, wie Paulus anzeigt, huben an, die rechten Aposteln zu verachten. Darümb strafft sie Paulus, vermanet sie widder zur einigkeit und zu Christlicher liebe. Und Paulus redet an dem ort nicht von vergebung der sunde odder wie man fur Gott from und gerecht
e–e
der L45 | f wäre L45
318 Vgl. zum Folgenden Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 93,1–95,7 (deutsch: ebd., 92,1–94,14). | 319 I Kor 13,2 | 320 Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 93,4f: „Hic sanctus Paulus principes certificat et totam ecclesiam fidem solam non iustificare“ (deutsch: ebd.,
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Sed obiciunt adversarii locum ex Corinthiis:l | Si omnem fidem habeamm etc., Dilectionemn autem non habeamo, nihil sum;163 etp magnifice triumphant. Totam Ecclesiam, aiunt, certificat Paulus, quod non iustificet sola fides. qFacile est autem respondere, Postquam supra ostendimusq, quid de dilectione et operibus sentiamus. Hic locus Pauli requirit dilectionem, hanc ret nos requirimus.r Diximus enim supra oportere sin nobis exsisteres renovationem et inchoatam legis timpletionem. Quare sit quis dilectionem abiecerit, etiam si habet magnam fidem, [l4r] tamen non retinet eam. Non enim retinet spiritum sanctum.
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Neque vero usequitur, quod ideo dilectio iustificet, hoc est, | quod propter dilectionem accipiamus remissionem peccatorum, quod dilectio vincat terrores mortis et peccati, quod dilectio debeat opponi irae ac iudicio Dei, quod dilectio legi satisfaciat quodque renati propter legis impletionem accepti Deo simus, non propter Christum gratis. Haec non dicit Paulus, quae tamen affingunt adversarii nostri. Iam si nostra dilectione vincimus iram Dei, si nostra dilectione coram Deo meremurθ remissionem peccatorum, si nostra impletione legis sumus accepti, tollant adversarii promissionem Christi, aboleant Evangelium, quod docet nos accessum habere ad Deum per propitiatorem Christum,164 quod docet nos non propter nostram legis impletionem, sed propter Christum acceptos esse.u
CR 27, 484
Adversarii corrumpunt pleraque loca, quia suas opiniones ad ea afferunt | vnec sumunt ex ipsis scripturisv sententiam. Quid enim habet hic locus incommodi, si detraxerimus interpretationem, quam adversarii de suo assuunt non intelligentes, quid sit iustificatio aut quomodo fiat. Corinthii anteaι iustificati multa acceperant excellentia dona. Etw fervebant initia, ut fit; deinde coeperunt inter eos exsistere si[l4v]multates, ut significat Paulus. Coeperunt fastidire bonos doctores. Ideo obiurgat eos Paulus revocans ad
CR 27, 485
m
habuero Vg Clem. | n caritatem Vg Clem., lat. 4° (1531) | o habuero Vg Clem. | p danach: hic lat. 4° (1531) | q – q Facilis autem responsio est, postquam ostendimus supra lat. 4° (1531) | r – r requirimus et nos. lat. 4° (1531) | s – s exsistere in nobis lat. 4° (1531) | t – t impletionem iuxta illud: Dabo legem meam in corda eorum. Si lat. 4° (1531) | u – u lat. 4° (1531): s. QuM I, 463,15–464,4 [hoc loco ... ad Deum.] | v – v non sumunt ex ipsis locis lat. 4° (1531) | w nicht in lat. 4° (1531) θ
mereamur lat. 8° (1542/1559) | ι ante lat. 8° (1542/1559)
163
I Kor 13,2 | 164 Vgl. Röm 5,2; Eph 2,18; 3,12.
92,5f). | 321 Vgl. Röm 5,2; Eph 2,18; 3,12.
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wird odder wie es zugehet, wenn ein sunder zu Christo bekeret wird, sondern [er] redet von den früchten des glaubens; [er] redet auch nicht von der liebe gegen Gott, sondern von der liebe gegen dem nehisten. Nu ist es fast322 nerrisch, das die liebe gegen dem nehisten, dadurch wir hie auff erden mit den leuten handeln, uns fur Gott sol gerecht machen, | so doch zu der gerechtigkeit, welche fur Gott gilt, dieses gehöret, das wir etwas erlangen, dadurch Gottes zorn gestillet und das gewissen gegen Gott im himel zu friede komme. Der keins geschihet durch die liebe, sondern allein durch den glauben, durch welchen man fasset Christum und Gottes zusage. Das ist aber war: wer die liebe verleuret, der verleuret auch geist und glauben; und also sagt Paulus: „Wenn ich die liebe nicht habeg, so binh ich nichts.“323 Er setzt aber nicht die affirmativa dazu, das die liebe fur Gott gerecht mache. Aber hie sagen sie auch, die liebe werde dem glauben und der hoffnung vorgezogen,324 denn Paulus sagt i. Chorint. xiii.: „Die liebe ist die grös[P1r] sest unter den dreieni.“325 Nu sey es zu achten, das die tugent, so Paulus die grössest nennet, fur Gott uns gerecht und heilig mache. Wiewol nu Paulus da eigentlich redet von der liebe gegen dem nehisten, und so er spricht: „Die liebe ist die grössest“, sagt er darümb, Denn die liebe gehet weit und tregt viel früchte auff erden; denn glaub und hoffnung handeln allein mit Gott. Aber die liebe gehet auff erden untern leuten umb und thut viel guts mit trösten, leren, unterrichten, helffen, rathenj, heimlich, öffentlich. Doch lassen wir zu, das Gott und den nehesten lieben die höhest tugent sey, denn dis ist das höhist gebot: „du solt Gott lieben von gantzem hertzen.“326 Daraus folget nu nicht, das die lieb uns gerecht mache. Ja, sprechen sie, die höhist tugent sol billich gerecht machen. Antwort: Es wer war, wenn wir umb unser tugent willen ein gnedigen Gott hetten. Nu ist droben bewisen, das wir umb Christus willen, nicht umb unser tugent willen angenem und gerecht sind, denn unser tugent sind unrein, ja, wie dieses gesetz das höhist ist: „du solt Gott lieben“, Also kan diese tugent „Gott lieben“ am allerwenigsten gerecht machen, denn so das gesetz und tugent höher ist, so wirs weniger thun können. Darümb sind wir nicht umb der lieb willen gerecht. Der glaub aber macht gerecht, nicht umb unsers thuns willen, sondern allein derhalben, das er barmhertzigkeit sucht und empfahet und wil sich auff kein eigen thon verlassen, [P1v] das ist, das wir leren: [das] gesetz macht nicht gerecht, sondern das Evangelium, das glauben heisst, das wir
g
hätte L45 | h wäre L45 | i ihnen L45 | j cj.: ratthen; rathen CR
322 ganz | 323 I Kor 13,2 | 324 Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 93,5f: „Ideo docet [Paulus] caritatem praecipuam esse virtutem […]“ (deutsch: ebd., 92,6f). | 325 I Kor 13,13 326 Dtn 6,5; Mt 22,37 par.
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officia xdilectionis. Nec disputat hic de remissione peccatorum, de modo iustificationis, sed de fructibus loquitur. Et dilectionem intelligit erga proximum. Stultum est autem somniare, quod dilectio, qua agimus cum hominibus, iustificet coram Deo, cum in iustificatione agendum sit cum Deo, placanda ira eius et conscientia erga Deum pacificanda. Horum nihil fit per illam dilectionem, Sed tantum ita, si apprehendatur misericordia. Idque fit per fidem. Illud autem verum est amissa dilectione amitti spiritum sanctum, quo amisso et fides excutitur. Ideo ait: Si ydilectionem non habeam,y nihil sum;165 non addit affirmativam, quod dilectio iustificet.x
Sed disputantz praeferri dilectionem fidei et spei. Paulus enim inquita: Maior horum dilectiob.166 cConsentaneum est autemc maximam et praecipuam virtutem iustificare. Quamquam hoc loco Paulus proprie loquitur de dilectione proximi et significat dilectionem maximam esse, quia plurimos fructus habet. Fides et spes tantum agunt cum Deo. At dilectio foris erga homines infinita habet officia, tamen largiamur sane adversariis dilectionem [l5r] Dei et proximi maximam virtutem esse, quia hoc summum praeceptum est: Diligasd Dominum Deum etuum167 etc.e Verum quomodo inde ratiocinabuntur, quod dilectio fiustificet, quia inquiunt: maxima virtus iustificat?f
Imo sicut lexg maxima seu prima minimeh | iustificat, ita nec maximaκ virtus legis. iNulla enim lex est, quae magis accuset nos, quae magis faciat, ut conscientia nostra irascatur iudicio Dei, quam haec summa lex: Diligasj Dominum Deum tuum ex toto corde.168 Quis enim sanctorum praeter Christum gloriari ausit se huic legi satisfecisse? Non igitur iustificat virtus legis. Sed illa virtus iustificat, quae accipit reconciliationem donatam propter Christum. Haec virtus fides est nec iustificat propter suam dignitatem, sed tantum quia accipit misericordiam, qua propter Christum iusti reputamur. Sumus enim iusti, hoc est, accepti coram Deo non propter nostram perfectionem, sed per
x – x lat. 4° (1531): s. QuM I, 464,11–16 [dilectionis, quae ... secundae tabulae.] | y – y caritatem non habuero Vg Clem. | z obiciunt lat. 4° (1531) | a ait lat. 4° (1531) | b caritas Vg Clem., lat. 4° (1531) | c – c Porro consentaneum est lat. 4° (1531) | d Diliges Vg Clem., lat. 4° (1531) | e – e nicht in lat. 4° (1531) | f – f iustificet? Maxima virtus, inquiunt, iustificat. lat. 4° (1531) | g danach: etiam lat. 4° (1531) | h non lat. 4° (1531) | i – i lat. 4° (1531): s. QuM I, 464,26–465,8 [Sed illa ... patefacere possimus.] | j Diliges Vg Clem. κ
maxime lat. 8° (1542/1559)
165
I Kor 13,2 | 166 I Kor 13,13 | 167 Dtn 6,5; Mt 22,37 par. | 168 Dtn 6,5; Mt 22,37 par.
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umb Christus willen, nicht umb unsers thuens willens ein gnedigen Gott haben. Die widdersacher leren aber darümb also von der liebe, das sie uns Gott versüne, Denn sie wissen nicht vom Evangelio, sondern sehen allein das gesetz an, wollen damit umb eigener heiligkeit willen ein gnedigen Gott haben, nicht aus barmhertzigkeit umb Christus willen, Also sind sie allein gesetzelerer und nicht lerer des Evangelii. Auch zihen die widdersacher wider uns an den spruch zu den Colossern327: „Die liebe ist eink band der volkomenheit“;328 daher schliessen sie, das die liebe fur Gott gerecht mache, denn sie macht uns volkomen. Wiewol wir hie allerley antworten köndten von der volkomenheit, doch wollen wir hie den spruch Pauli einfaltig handelen.
Es ist gewis, das Paulus von der liebe des nehisten redet; so darff man auch nicht gedencken, das Paulus meinung sey, das wir solten fur Gott ehe gerecht werden durch die wercke der andern Taffeln denn durch die wercke der ersten Taffeln.329 Item, so die liebe ein volkomenheit ist odder volkömlich erfüllung des gesetzs, so ist des mitlers Christi nicht vonnöten. Paulus aber, der leret an allen orten, das wir darümb Gott angenem sein umb Christus willen, nicht umb unser [P2r] liebe odder unser werck oder gesetzs willen. Denn auch kein heilige (wie oben gesagt) erfüllet das gesetz volkomlich. Darümb, so er an allen andern orten schreibt und leret, das inn diesem leben an unsern wercken kein volkomenheit ist, so ist nicht zu gedencken, das er zu den Colossern von volkomenheit der person rede, sondern er redet von einigkeit der kirchen, und das wort, so sie volkomenheit deuten, heisset nicht anders denn unzerrissen sein, das ist einig sein. Das er nu sagt: „Die liebe ist einl band der volkomenheit“330, das ist, sie bindet, füget und helt zusammen die vielen gliedmas der kirchen unter sich selbst. Denn gleich wie inn einer stad odder inn einem hause die einigkeit dadurch erhalten wird, das einer dem andern zugutehalte, und kan nicht friede noch ruhe bleiben, wo nicht einer dem andern viel versihet, wo wir nicht einander tragen, Also wil Paulus da vermanen zu der Christlichen liebe, das einer des andern feihle, | gebrechen, dulden und tragen sol, das sie einander vergeben sollen, damit einigkeit erhalten werde inn der kirchen, damit der Christenhauff nicht zurissen, zutrennet werde und sich inn allerley Rotten und Secten teilen, daraus denn grosser unrath, hass und neid, allerley bitterkeit und böse gifft, entlich offentk
das L45 | l das L45
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misericordiam propter Christum, Si tamen hanc apprehendimus et opponimus irae Dei. Sed adversarii ideo tribuunt dilectioni iustitiam, quia legem docent et cogitant iustitiam esse oboedientiam erga legem. Nam humana ratio tantum intuetur in legem nec intelligit aliam iu[l5v]stitiam nisi legis oboedientiam. Et Scholastici, homines ingeniosi quaerentes Methodum, proposuerunt sibi legem. Perinde atque Philosophi in Ethicis proponunt sibi praecepta de moribus. Sed Paulus reclamat et docet aliud quiddam esse iustitiam scilicet oboedientiam erga promissionem reconciliationis donatae propter Christum, hoc est accipere misericordiam donatam propter Christum. Sic enim sumus accepti Deo, sic fiunt pacatae conscientiae, quando sentimus Deum nobis propter Christum propitium esse. Quare piae mentes a lege ad promissionem revocandae sunt, ut saepe iam diximus et paulo post latius exponemus, cum agitabimus argumenta Scholastica de vocabulo Iustitiae.i | Adversarii in confutatione et hunc locum contra nos citaverunt ex Coloss.: Caritask est vinculum perfectionis.169 Hinc ratiocinantur, quod dilectio iustificet, quia perfectos efficit. Quamquam hic multis modis de perfectione responderi posset, tamen nos simpliciter sententiam Pauli recitabimus. Certum est Paulum de dilectione proximi loqui. Neque vero existimandum est, quod Paulus aut iustificationem aut perfectionem coram Deo tribuerit operibus secundae tabulae potius quam primae. lPraeterea, [l6r] si dilectio est perfecta legis impletio et legi satisfecit,l nihil igitur merit opusm propitiatore Christo. nPaulus autem ideo docet nos acceptos esse propter Christum, non propter legis impletionem, quia legis impletio non est perfecta. Itaque cum manifeste alibi detrahat nobis perfectionem, non est sentiendum, quod hic loquaturn de personali singulorumo perfectione, sed loquiturp de integritate communi Ecclesiae. Ideo enim ait dilectionem esse vinculum seu colligationem, ut significet se loqui de colligandis et copulandis pluribus membris Ecclesiae inter se. Sicut enim in omnibus familiis, in omnibus rebus publicis concordia mutuis officiis alenda est nec retineri tranquillitas potest, nisi quaedam errata inter se dissimulent homines et condonent, Ita iubet Paulus in Ecclesia dilectionem exsistere, quae retineat concordiam, quae toleret, sicubi opus est, asperiores mores fratrum, quae dissimulet quaedam levia errata, ne
k caritatem habete, quod Vg Clem. | l – l Et si dilectio efficit perfectos, lat. 4° (1531) | m – m opus erit lat. 4° (1531) | n – n Nam fides tantum apprehendit propitiatorem Christum. Hoc autem longissime abest a sententia Pauli, qui numquam patitur excludi propitiatorem Christum. Loquitur igitur non lat. 4° (1531) | o nicht in lat. 4° (1531) | p nicht in lat. 4° (1531) 169
Kol 3,14
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Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 93,6f (deutsch: ebd., 92,8f). | Vgl. o. S. 252, Anm. 48. | 330 Kol 3,14
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liche ketzerey erfolgen möchten. Denn die einigkeit kan nicht bleiben, wenn die Bischofe one alle ursache zu schwere bürden aufflegen dem volck. Auch werden daraus leichtlich Rotten, wenn das volck auffs geschwinds alles wil meistern und [P2v] ausecken331 an der Bischofe odder prediger wandel und leben odder wenn sie alsbald der prediger müde werden, etwa umb eins kleinen gebrechens willen, da folget viel gros unraths. Alsdenn bald suchet man aus derselbig verbitterung andere lerer und ander prediger. Widderümb wird erhalten volkomenheit und einigkeit, das ist, die kirche bleibt unzutrennet und gantz, wenn die starcken die schwachen dulden und tragen, wenn das volck mit seinen predigern auch gedult hat, wenn die Bischofe und prediger widderümb allerley schwacheit, gebrechen dem volcke nach gelegenheit wissen zugutzuhalten. Von dem wege und der weis, einigkeit zu halten, ist auch viel allenthalben geschrieben inn den büchern der Philosophi und weltweisen. Denn wir müssen einander viel vergeben und fur gut haben umb einigkeit willen. Und davon redet Paulus mehr denn an einem ortm. Darümb schliessen die widdersacher nicht recht, das die liebe solle fur Gott gerecht machen. Denn Paulus redet da nicht von der volkomenheit odder heiligkeit der personen, wie sie wenen, sondern sagt: die lieb mach ein stilles wesen inn der kirchen.332 Und also legt den spruch auch Ambrosius aus: Gleich wie ein gebeu gantz ist, wenn alle stücke zusamenhangen etc.333 Es solten sich aber die widdersacher auch wol schemen, das sie so trefflich hoch von der liebe schreiben und predigen und „liebe, liebe“ inn allen ihren büchern schreiben und schreien und [P3r] gar kein liebe erzeigen. Denn wie ein schone Christenliebe ist das, das sie durch ihre ungehörte Tyranney zutrennen und zureissen die einigkeit der kirchen, so sie nichts denn blutbriff und Tyrannisch gebot ausgehen zu lassen, dem allerloblichsten Keiser gern das ergest wolten einbilden? Sie erwürgen die priester und viel andere frome, ehrliche leute keiner ander ursache halben, denn das sie allein öffentliche, schendliche misbreuche anfechten. Sie wollten gern, das alle die tod weren, die widder ihre Gottlos lere mit einem wort mucken. Das alles reimet sich gar ubel zu dem grossen rhümen | von liebe, von Charitas etc. Denn wenn bey den widdersachern ein tröpfflin liebe were, so könt man wol friden und einigkeit inn der kirchen machen, wenn sie ihre menschensatzungen, wilche doch nichts zu Christlicher lere odder leben nütze sein, nicht also aus lauter rachgiriger bitterkeit und Pharisaischem neid widder die erkante warheit verfechten, sonderlich, so sie ihre satzungen selbst nicht recht halten.
m 331
Vgl. I Tim 2,2 u. ö. Anstoß nehmen an | 332 Vgl. I Tim 2,2. | 333 nicht von Ambrosius von Mailand
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dissiliat Ecclesia in varia Schismata et ex Schismatis oriantur odia, factiones et haereses. Necesse est enim dissilire concordiam, quando aut Episcopi imponunt populo duriora onera nec habent rationem imbecillitatis in populo. Et oriuntur dissidia, quando populus nimis acerbe iudicat de moribus doctorum aut fasti[l6v]dit doctores propter quaedam levia incommoda; quaeruntur enim deinde et aliud doctrinae genus et alii doctores. Econtra perfectio, id est integritas Ecclesiae, conser|vatur, quando firmi tolerant infirmos, quando populus boni consulit quaedam incommoda in moribus doctorum, quando Episcopi quaedam condonant imbecillitati populi. De his praeceptis aequitatis pleni sunt libri omnium sapientum, ut in hac vitae consuetudine multa condonemus inter nos propter communem tranquillitatem. Et de ea cum hic, tum alias, saepe praecepit Paulus170. Quare adversarii imprudenter ratiocinantur ex nomine perfectionis, quod dilectio iustificet, cum Paulus de integritate et tranquillitate communi loquatur. Et sic interpretatur hunc locum Ambrosius: Sicut aedificium dicitur perfectum seu integrum, cum omnes partes apte inter se coagmentatae sunt.171
Turpe est autem adversariis tantopere praedicare dilectionem, cum nusquam praestent eam. Quid nunc agunt? dissipant Ecclesias, scribunt leges sanguine et has proponunt Caesari clementissimo Principi promulgandas. Trucidant sacerdotes et alios bonos viros, si quis leviter significavit se aliquem manifestum abusum non omnino probare. Haec non conveniunt ad ista praeconia dilectio[l7r]nis, quae si sequerentur adversarii. Ecclesiae tranquillae essent et res publica pacata. Nam hi tumultus consilescerent, si adversarii non nimis acerbe exigerent quasdam traditiones inutiles ad pietatem, quarum plerasque neλ ipsi quidem observant, qui vehementissime defendunt eas. Sed sibi facile ignoscunt, aliis non item, ut ille apud Poetam: Egomet mi ignosco, Maeniusq inquit.172 Id autem alienissimum est ab his encomiis dilectionis, quae hic ex Paulo recitant nec magis intelligunt, quam parietes intelligunt vocem, quam reddunt.
q
cj.: Mevius; Mevius lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559/1580)
λ
nec lat. 8° (1542/1559)
170
Vgl. I Tim 2,2 u. ö. | 3,23.
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nicht von Ambrosius von Mailand |
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Horaz, Saturae (Sermones) I,
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Aus dem Apostel Petro zihen sie auch an den spruch,334 da er sagt: „Die liebe decket zu die mennige der sunde.“335 Nu ist es gewis, das Petrus da auch redet von der liebe gegen dem nehisten. Denn er redet daselbst von dem gebot der liebe, da geboten ist, das wir uns unternander lieben sollen. So ist es auch keinem Apostel nie inn seine gedancken komen, das die liebe solt den tod uberwinden odder die sunde, das die liebe solt ein versünung sein one den mitler Christum, das die liebe [P3v] solt unser gerechtigkeit sein one den versüner Christum. Denn die liebe, wenn wir sie schon gleich haben, so ist es nichts mehr denn ein gerechtigkeit des gesetzs, sie ist jhe nicht Christus, durch wilchen wir allein gerecht werden, wenn wir gleuben, das umb des mitlers willen uns der Vater gnedig ist, das uns sein verdienst geschenckt wird. Darümb kurtz zuvor vermanet Petrus, das wir uns sollen zu Christo halten, das wir auff ihnen als den eckstein erbauet werden. Denn er saget: „Wer an ihnen gleubet, der wirdn nicht zuschanden werden.“336 Mit unsern wercken und leben werden wir warlich fur Gottes urteil und angesicht mit schanden bestehen. Aber der glaub durch wilchen Christus unser wird, der erlöset uns von solchen schrecken des tods. Denn durch die verheissung sind wir recht gewis, das uns durch Christum die sunde vergeben ist. Und das wort i. Petri iiii. („Die liebe decket der sunde mennige“337 etc.) Ist genomen aus den sprüchen Salomonis, da er saget: „Hasse orichtet hadder ano, aber diep liebe, dieq decket rder sunde menniger zu.“338 Da gibet der Text klar an ihm selbst gnug, das er von der liebe redet gegen dem nehisten und nicht von der liebe gegen Gott. Und er wil gleich dasselbige, das der nehest spruch Pauli zu den Colossern sagt, nemlich das wir uns sollen fleissigen, brüderlich, freundlich zu leben,339 also das einer dem andern viel zugut[P4r]halte, das unlust und zwispalt vermeidet werden, als solt er sagen, zwispalt erwechsset aus hass, wie wir denn sehen, das aus geringen füncklin offt gros feuer angehet. Es waren nicht so gros sachen, darüber erst C. Caesars und Pompeius uneins worden. Und wo einer dem andern gewichen hette, so | were der folgend gros krieg, so viel blutvergissen, so manch gros unglück und unrat nicht daraus komen. Aber da ein jder mit dem kopffe hindurch wolte, Ist der grosse, unsagliche schade, zuruttung des gantzen Römischen Regiments der zeit340 erfolget. Und es sein viel, viel ketzereien daher erwachssen, das prediger auffeinander sind verbittert worden.
n s
soll L45 | o – o erreget Hader L45 | cj.: Cesar; Cesar CR
p
nicht in L45 |
q
nicht in L45 |
r–r
alle Übertretungen L45
334 Das Folgende ist in der Confutatio nicht zu finden, aber z.B. bei Herborn, Enchiridion, 21,12–14. | 335 I Petr 4,8; vgl. Prov 10,12. | 336 I Petr 2,6 | 337 I Petr 4,8 | 338 Prov 10,12 | 339 Vgl. Kol 3,13. | 340 damals
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Ex Petro citant et hanc sententiam:173 Universa delicta operit caritas.174 Constat et Petrum loqui de dilectione erga proximum, quia hunc locum accommodat ad praeceptum, quo iubet, ut diligant se mutuo. Neque vero ulli Apostolo in mentem venire potuit, quod dilectio nostra vincat peccatum et mortem, quod dilectio sit propitiatio, propter quam Deus reconcilietur omisso mediatore Christo, quod dilectio sit iustitia sine mediatore Christo. Haec enim dilectio, si qua esset, esset iustitia legis, non Evangelii, quod promittit nobis reconciliationem et iustitiam, si credamus, quod propter Christum propiciatorem pater placatus sit, quod donentur no[l7v]bis merita Christi. Ideo Petrus paulo ante iubet, ut accedamus ad Christum, ut aedificemur super Christum. Et addit: Qui crediderit in eum, non confundetur.175 Dilectio nostra non liberat nos a | confusione, cum Deus iudicat et arguit nos, sed fides in Christum liberat in his pavoribus, quia scimus propter Christum nobis ignosci. Ceterum haec sententia de dilectione sumpta est ex proverbiis, ubi antithesis clare ostendit, quomodo intelligi debeat: Odium suscitat rixas et universa delicta rtegit dilectior.176
Idem prorsus docet, quod illa Pauli sententia ex Colossensibus sumpta, ut si quae dissensiones inciderint, mitigentur et componantur aequitate et commoditate nostra.177 Dissensiones, inquit, crescunt odiis, ut saepe videmus ex levissimis offensionibus maximas exoriris tragoedias. Inciderant quaedam inter C. Caesarem et Pompeium leves offensiones, in quibus si alter alteri paululum cessisset, non exstitisset bellum civile. Sed dum uterque morem gerit odio suo, ex re nihili maximi motus orti sunt. Et multae in Ecclesia haereses ortae sunt tantum tex mutuis odiist doctorum.
r–r
operit caritas Vg Clem. | s fieri lat. 4° (1531) | t – t odio lat. 4° (1531)
173
Das Folgende ist in der Confutatio nicht zu finden, aber z.B. bei Herborn, Enchiridion, 21,12–14. | 174 Prov 10,12; vgl. I Petr 4,8. | 175 I Petr 2,6 | 176 Prov 10,12 | 177 Vgl. Kol 3,13.
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So ist nu Petri spruch also zu verstehen, „die liebe decket der sunde mennige zu“341, das ist, die liebe decket des nehisten sunde, das ist, ob sich gleichwol unwil unter Christen begibt, so tregt doch die liebe alles, ubersihet gern, weicht dem nehisten, duldet und treget brüderlich seine gebrechen und suchet nicht alles auffs scherffest. So wil nu Petrus das gar nicht, das die liebe fur Gott verdiene vergebung der sunde, das die liebe uns Gott versüne one den mitler Christum, das wir durch die liebe solten Gott angenem sein one den mitler Christum. Sondern das wil Petrus, das inn wilchem Christliche liebe ist, der ist nicht eigensinnig, nicht hart und unfreundlich, sondern helt leichtlich dem nehisten sein gebrechen und feile zugut, vergibt brüderlich dem nehisten, stillet, [P4v] weiset sich selbst und weichet umb frides willen, wie auch leret der spruch: „amici vitiat noris, non oderis“342, das ist: Ich sol meins freunds weise lernen, aber ihnen (ob es nicht alles schnurgleich ist) darümb nicht hassen. Und die Apostel vermanen nicht one ursache zu solcher liebe, welchs die Philosophi „Epiikian“343 genent haben. Denn sollen leute inn einigkeit beinander sein odder bleiben, es sey inn der kirchen odder auch weltlichen Regiment, so müssen sie nicht alle gebrechen gegenander auff der goltwage abrechen344, sie müssen lassen einander fast345 viel mit dem wasser furubergehen und immer zuguthalten, soviel auch immer müglich brüderlich miteinander gedult haben. Auch zihen sie den spruch aus dem Aposteln Jacobo an346 und sagen: „Sehet ihr nu, das wiru nicht allein durch den glauben, sondern durch wercke vfur Gottv gerecht werden?“347 Und sie wollen wenen, der spruch sey fast348 starck widder unser lere. Aber wenn die widdersacher allein ihr treume aussen lassen und nicht hinanflicken, was sie wollen, so ist die antwort leicht. Denn des Apostel Jacobi spruch hatw wol seinen einfaltigen verstand, aber die widdersacher ertichten das dazu, das wir durch unser wercke verdienen vergebung der sunde, Item, das die guten wercke ein versünung sein, dadurch uns Gott gnedig wird, Item, das wir durch die gute wercke uberwinden konnen die grossen macht des Teuffels, des [Q1r] tods und der sunde, Item, das unser gute wercke an ihnen349 selbst fur Gott so angenem und gros geacht sein, das wir des mitlers Christi nicht dürffen. Der keins ist dem | Aposteln Jacobo inn sein hertz komen, wilchs doch alles die widdersacher sich zu erhalten unterstehen durch den spruch Jacobi. t
mores Otto (1890), 22 | u der Mensch L45 | v – v nicht in L45 | w cj.: hatt; hat CR
341 I Petr 4,8; vgl. Prov 10,12. | 342 Pomponius Porphyrio, Commentum in Horatium Flaccum (zu Saturae [Sermones] I, 3,32). Vgl. auch August Otto, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer, Leipzig 1890, 22. | 343 Vgl. CA XXVI, o. S. 150–161, bes. 155,6–8. ἐπιείκεια ist die freie, sinnvolle Erfüllung des Gesetzes. Vgl. Aristoteles, Ethica Nicomachea V, 10, 14: τὸ ἐπιεικὲς δίκαιον μέν ἐστιν, οὐ τὸ κατὰ νόμον δέ, ἀλλ’ ἐπανόρθωμα νομίμου δικαίου, in: AEN, 110,11–13 (1137b); Thomas von Aquin, Summa theologia II,2. q. 120 a.2: in: L 9, 470f. 344 abwiegen | 345 sehr | 346 Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 89,10f (Jak 2,20; vgl.
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Itaque non de propriis delictis, sed de alienis loquitur, cum ait: uDilectio tegitu delicta178 videlicet aliena et quidem in[l8r]ter homines, id est: Etiam si quae offensiones incidunt, tamen dilectio dissimulat, ignoscit, cedit, non agit omnia summo iure. Petrus igitur non hoc vult, quod dilectio coram Deo mereatur remissionem peccatorum, quod sit propitiatio excluso mediatore Christo, vquod propter dilectionem simus accepti, non propter mediatorem Christumv, Sed quod erga homines non sit morosa, non aspera, non intractabilis, quod quaedam errata amicorum dissimulet, quod mores aliorum etiam asperiores boni consulat, sicut vulgarisw quaedam sententia praecipit: Mores amici noveris, non oderis.179
Neque temere de hoc officio dilectionis toties praecipiunt Apostoli, quod Philosophi vocant ἐπιείκειαν180. Necessaria est enim haec virtus ad publicam concordiam rentinendam, quae non potest durare, nisi multa dissimulent, multa condonent inter se pastores et Ecclesiae.
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Ex Iacobo citant: Videtis igitur, quodx ex operibus iustificatur homo et non ex fide solay.181 Neque alius locus ullus magis putatur officere nostrae sententiae, sed est facilis et plana responsio. Si non assuant adversarii suas opiniones de meritis operum, Iacobi verba nihil habent incommodi. Sed ubicumque fit mentio operum, adversarii affingunt [l8v] suas impias opiniones, quod per bona opera mereamur remissionem peccatorum, quod bona opera sint propitiatio ac pretium, propter quod | Deus nobis reconcilietur, quod bona opera vincant terrores peccati et mortis, quod opera coram Deo propter suam bonitatem sint accepta nec egeant misericordia et propitiatore Christo. Horum nihil venit in mentem Iacobo, quae tamen omnia nunc defendunt adversarii praetextu sententiae Iacobi.
u–u x
caritas operit Vg Clem. | v – v quod regeneret ac iustificet lat. 4° (1531) | quoniam Vg Clem. | y tantum Vg Clem.
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cj.: vnlgaris
Prov 10,12; vgl. I Petr 4,8. | 179 Pomponius Porphyrio, Commentum in Horatium Flaccum (zu Saturae [Sermones] I, 3,32). August Otto, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer, Leipzig 1890, 22. | 180 Vgl. o. S. 358, Anm. 343. | 181 Jak 2,24 2,17.26) (deutsch: ebd., 88,15–17). | 347 Jak 2,24 | 348 ganz | 349 sich
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So müssen wir nu erst dieses mercken, das dieser sprüchex mehr ist widder die widdersacher denn fur sie. Denn die widdersacher leren, der mensche werde fur Gott from und gerecht durch die liebe und wercke. Von dem glauben, dadurch wir uns halten an den mitler Christum, reden sie nichts. Und das mehr ist, von dem glauben wöllen sie nichts hören noch sehen, unterstehen [sich], diese lere vom glauben mit dem schwerde und feuer zu tilgen. Jacobus aber thut anders. Er lest den glauben nicht aussen, sondern redet vom glauben; damit lest er Christum den schatz und den mitler bleiben, dadurch wir fur Gott gerecht werden, wie auch Paulus, da er die Summe setzt Christliches glaubens, setzet er glauben und liebe zusamen i. Timoth. i.: „Die ySumma des gesetzy ist diez liebe ausa ungeferbetem glauben.“350 Zum andern zeigt die sache an ihr selbst an, das er von wercken redet, welche dem glauben folgen; denn er zeigt an, das der glaub nicht müsse tod, sondern lebendig, krefftig, schefftig und thetig im hertzen sein. Darümb ist Jacobi meinung nicht gewesen, das wir durch wercke gnade oder [Q1v] vergebung der sunde verdienen. Denn er redet von wercken derjhenigen, wilche schon durch Christum gerecht worden sein, wilche schon Gott versünet sein und vergebung der sunde durch Christum erlanget haben. Darümb irren die widdersacher weit, wenn sie aus dem spruche schliessen wollen, das wir durch gute werck gnade und vergebung der sunde verdienen odder das Jacobus dis wolle, das wir durch unsere werck ein zugang zu Gott haben one den mitler und versüner Christum. Zum dritten. So hatte S. Jacobus zuvor gesagt von der geistlichen widdergepurt, das sie durch das Evangelium geschihet. Denn also sagt er im ersten Capitel: „Er hat uns gezeuget nach seinem willen durch das wort der warheit, auff das wir weren erstlinge seiner Creaturb.“351 So er nu sagt, das wir durch das Evangelium neu geborn sein, so wil er, das wir durch den glauben gerecht sein fur Gott worden. Denn die verheissunge von Christo fasset man allein durch den glauben, wenn wir durch dieselbigen getrost werden widder das schrecken des todes, der sunde etc. Darümb ist seine meinung nicht, das wir durch unsere wercke solten neu geborn werden. Aus diesem allem ist klar genug, das der spruch Jacobi nicht widder uns ist. Denn er schilt da etliche faule Christen, welche allzu sicher waren worden, machten ihnen352 gedancken, sie hetten den glauben, so sie doch one glauben wa[Q2r]ren. Darümb macht er unterscheid zwischen lebendigem und todtem glauben. Den „todten glauben“ nennet er, wo nicht allerley gute wercke und fruchte des geistes folgen (gehorsam, gedult, keuscheit, liebe etc.). „Lebendigen glauben“ nennet er, da gute früchte folgen. Nu haben wir gar offte gesagt, was wir glauben nennen. Denn wir nennen das nicht glauben, das man die schlechte353 Historien wiesse von Christo, wilche auch inn Teuffeln
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cj.: spruche; sprüche CR | Kreaturen L45
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Hauptsumme des Gebots L45 |
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Primum igitur hoc expendendum est, quod hic locus magis contra adversarios facit quam contra nos. Adversarii enim docent hominem iustificari dilectione et operibus. De fide, qua apprehendimus propitiatorem Christum, nihil dicunt. Imo hanc fidem improbant neque improbant tantum sententiis aut scriptis. Sed etiam ferro et suppliciis conantur in Ecclesia delere. Quanto melius docet Iacobus, qui fidem non omittit, non subicit pro fide dilectionem, sed retinet fidem, ne propitiator Christus excludatur in iustificatione. Sicut et Paulus, cum summam tradit vitae Christianae, complectitur fidem et dilectionem 1. Timoth. 1.: Finis mandatiz caritas est de corde puro et conscientia bona et fide non ficta.182 [m1r] Secundo, res ipsa loquitur hic de operibus dici, quae fidem sequuntur et ostendunt fidem non esse mortuam, sed vivam et efficacem in corde. Non igitur sensitμ Iacobus nos per bona opera mereri remissionem peccatorum et gratiam. Loquitur enim de operibus iustificatorum, qui iam sunt reconciliati, accepti et consecuti remissionem peccatorum. Quare errant adversarii, cum hinc ratiocinantur, quod Iacobus doceat nos per bona opera mereri remissionem peccatorum et gratiam, quod per opera nostra habeamus accessum ad Deum sine propitiatore Christo.
Tertio. Iacobus paulo ante dixit de regeneratione, quod fiat per Evangelium. Sic enim ait: Volensa genuit nos verbo veritatis, ut bnos essemus primitiae creaturarumb eius.183 Cum dicit nos Evangelio renatos esse, docet, quod fide renati ac iustificati simus. Nam promissio de Christo tantum fide apprehenditur, cum opponimus eam terroribus peccati et mortis. Non igitur sentit Iacobus nos per opera nostra renasci.
Ex his liquet non adversari nobis Iacobum, qui cum otiosas et securas mentes, quae somnia[m1v]bant se habere fidem, cum non haberent, vituperaret, distinxit inter mortuam fidem ac vivam fidem. Mortuam ait esse, quae non parit bona opera. Vivam ait esse, quae parit bona opera. Porro nos saepe iam ostendimus, quid appellemus fidem. Non enim loquimur de otiosa notitia,
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praecepti Vg Clem. | a Voluntarie Vg Clem. | b – b simus initium aliquod creaturae Vg Clem.
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sentit lat. 8° (1542/1559)
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I Tim 1,5 | 183 Jak 1,18
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I Tim 1,5 | 351 Jak 1,18 | 352 sich | 353 schlichte, bloße
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ist, sondern das neu liecht und die krafft, wilche der heilig geist inn den hertzen wircket, durch wilche wir das schrecken des todes, der sunde, uberwinden etc.; das heissen wir glauben. Ein solch recht Christlicher glaube ist nicht so ein leicht, schlecht ding, als die widdersacher wenen wollen.354 Wie sie denn sagen: „Glaub! glaub!“ wie bald kan ich gleuben etc.? Es ist auch nicht ein menschengedancke, den ich mir selbst machen könne, sondern ist ein Göttliche krafft im hertzen, dadurch wir neu geporn werden, dadurch wir den grossen gewalt des Teuffels und des todes uberwinden, wie Paulus sagt zun Colossern: „In welchem ihr auch seid aufferstanden durch den glauben, den Gott wircket“355 etc. Derselbige glaube, dieweil es ein neu Göttlich liecht und leben im hertzen ist, dadurch wir ander syn und mut krigen, ist lebendig, schefftig und reich von guten wercken. Darümb ist das recht gered, das der glaube nicht recht ist, der one wercke ist, und ob er sagte, [Q2v] das wir durch den glauben und wercke gerecht werden, so sagt er doch nicht, das wir durch die wercke neu geporn werden; so sagt er auch nicht, das Christus halb der versüner sey, halb unser wercke, sondern er redet von Christen, wie sie sein sollen, nachdem sie nu neu geborn sind durch das Evangelium. Denn er redet von wercken, die nach dem glauben folgen sollen; da ists recht geredt. Wer glauben und gute werck hat, der ist gerecht, Ja, nicht umb der werck willen, sondern umb Christus willen durch den glauben; Und wie ein guter baum gute frücht tragen sol356 und doch die frücht machen den baum nicht gut,357 Also müssen gute werck | folgen nach der neuen gepurt, wiewol sie den menschen nicht fur Gott angenehm machen, Sondern wie der baum zuvor gut sein mus, also musse der mensch zuvor Gott angenem sein durch glauben umb Christus willen. Die werck sind viel zu gering dazu, das uns Gott umb ihren willen gnedig sein solt, wo er uns nicht umb Christus willen gnedig were. Also ist Jacobus Sanct Paulo nicht entgegen, sagt auch nicht, das wir durch die wercke verdienen vergebung der sunde, Sagt nicht, das unsere wercke des Teuffels macht, den tod, die sunde, der helle schrecken uberwinden und den tode Christi gleich sein. Er sagt nicht, das wir durch werck Gott angenem werden; er sagt nicht, das unsere werck die hertzen zu ruhe bringen und Gottes zorn uberwinden odder das wir barmhertzig[Q3r]keit nicht dürffen358, wenn wir werck haben. Der keins sagt Jacobus, welchen zusatz doch die widdersacher hinzuflicken an die wort Jacobi.
354 Schatzgeyer, Scrutinium divinae scripturae, 38,30–33: „Nunquid constantissimus ferventissimusque evangelii praedicator doctrinam evacuavit evangelicam, ut, cum haec: crucem tollere, Christum sequi et pro posse in omnibus se ei conformari doceat, ipse solam fidem sufficere praedicet?“ | 355 Kol 2,12 | 356 Vgl. Mt 7,18. | 357 Vgl. Mt 12,33; Lk 6,43. | 358 bedürfen
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Talis fides neque facilis res est, ut somniant adversarii, neque humana potentia, Sed divina potentia, qua vivificamur, qua Diabolum et mortem vincimus, Sicut Paulus ad Coloss. ait, quod fides sit efficax per potentiam Dei et vincat mortem: In quo et cresuscitati estisc per fidem efficaciaed Dei.184 Haec fides, cum sit nova vita, necessario parit novos motus et opera. Ideo Iacobus recte negat nos tali fide iustificari, quae est sine operibus. Quod autem dicit nos iustificari fide et operibus, certe non dicit nos per opera renasci. Neque hoc dicit, quod partim Christus sit propitiator, partim opera nostra sint propitiatio. Nec describit hic modum iustificationis, sed describit, quales sint iusti, postquam iam sunt iustificati et renati.
Et iustificari significat hic non ex impio iustum effici, sed usu forensi iustum pronuntiari Sicut hic: Fa[m2r]ctores legis iustificabuntur.185 Sicut igitur haec verba nihil habent incommodi: Factores legis iustificabuntur, Ita de Iacobi verbis sentimus: Iustificatur homo non solum ex fide, sed etiam ex operibus,186 quia certe iusti pronuntiantur homines habentes fidem et bona opera. Nam bona opera in sanctis, ut diximus, sunt iustitiae elegis, quae sunt acceptae propter fidem nec sunt acceptae, quia satisfaciant legi. Iustificantur igitur homines ex fide et operibus, non propter opera, sed propter fidem, quam tamen bona opera sequi necesse est. Iacobus enim loquitur de his operibus, quae fidem sequuntur, sicut testatur, cum ait: Fides adiuvat opera eius.187 Sic accipiendum est: Factores legis iustificabuntur,188 hoc est, qui credunt et habent bonos fructus, iusti pronuntiantur. Nam lex ita fit, si credimus, et placet propter fidem, non quod opera legi satisfaciant. Ita videmus in his sententiis nihil esse vitii, sed adversarii depravant ease, qui de suo affingunt impias opiniones. fNeque enim dicuntf opera mereri remissionem peccatorum, ghomines propter opera acceptos esse seu iustos reputari, non propter Christum, opera pacare corda et vincere iram Dei, opera non indigere misericordia.g Horum nihil dicit | Iacobus, quae tamen hadversarii verbis Iacobi affingunt.h c – c resurrexistis Vg Clem. | d operationis Vg Clem.; potentiae lat. 4° (1531) | e – e lat. 4° (1531): s. QuM I, 468,30–36 [et placent … ab adversariis] | f – f Non enim sequitur hinc lat. 4° (1531) g – g opera regenerare corda, opera esse propitiationem, opera placere sine propitiatore Christo, Opera non indigere propitiatore Christo. lat. 4° (1531) | h – h impudenter ratiocinantur adversarii ex Iacobi verbis. lat. 4° (1531) 184
Kol 2,12 | 185 Röm 2,13 | 186 Vgl. Jak 2,24. | 187 Vgl. Jak 2,22. | 188 Röm 2,13
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Auch füren sie noch mehr sprüche widder uns als diesen:359 Danielis am iiii. sagt der Text: Deine sunde löse mit gerechtigkeit und deine ubertrettung mit almusen gegen den armen.360 Und Esaie am lviii.:361 „Brich den hungerigen dein brod.“362 Item Lucae am vi.: „Vergebet, so wird euch vergeben werdenc.“363 Und Matthei am vi. Ca.: „Selig sind die barmhertzigen, denn sie werden die barmhertzigkeit erlangen.“364 Auff diese sprüche und dergleichen von den wercken antworten wir erstlich dieses, nemlich das, wie wir oben gesagt, Das gesetz niemands halten kan one glauben, so kan niemands Gott gefallen one glauben an Christum, wie er sagt: „On mich künd ihr nichts thun.“365 Item: „one den glauben ist es unmüglich, Gott zu gefallen.“366 Item wie Paulus sagt: „Durch Christumd haben wir ein zugang zu eGott durche den glauben.“367 Darümb sooffte die schrifft der werck gedencket, so wil sie allenthalben das Evangelium von Christo und den glauben mit gemeinet haben. Zum andern, so sind die sprüche aus Daniel und die andern (so jtzund erzalt) fast alle prediget von der bus. Erstlich predigen sie das gesetz, zeigen die sunde an und vermanen zur besserung und guten wercken. Zum andern ist daneben ein ver[Q3v]heissunge, das Gott wolle gnedig sein. Nu ist es gewis, das zu einer rechten bus nicht gnug ist, allein das gesetz zu predigen. Denn es schrecket allein die gewissen, sondern es müssef dazu komen auch das Evangelium, nemlich, das die sunde one verdienst vergeben werden umb Christus willen, das wir durch den glauben erlangen vergebung der sunde. Das ist so gewis und also klar, das, wo die widdersacher das werden anfechten und Christum und den glauben von der | bus scheiden, [sie] billich fur lesterer des Evangelii und Christi geacht werden. Darümb sol man die wort des grossen, hohen Propheten Daniels nicht allein auff das blos werck, auff die almosen deuten und zihen, sondern auch den glauben ansehen.368 Man mus der Propheten wort, wilche vol glaubens und geistes gewest, nicht so Heidnisch ansehen als Aristotelis odder eins andern Heiden. Aristoteles hat auch Alexandrum vermanet, das er seine macht nicht zu eignem mutwillen, sondern zu besserung landen und leuten brauchen solt.369 Das ist recht und wol geschrieben; man kan auch von Königlichem ampt nicht bessers predigen odder schreiben. Aber Daniel sagt seinem König nicht allein von seinem Königlichen ampt, sondern von der bus, von vergec
nicht in L45 | d welchen L45 | e – e dieser Gnade im L45 | f cj.: musse; müsse CR
359
Vgl. Confutatio XX, in: Immenkötter, Confutatio, 123,1f (deutsch: ebd., 120,16–122,1). Vgl. Dan 4,27 (Vg 24). | 361 Vgl. Confutatio IV, in: Immenkötter, Confutatio, 87,4f (deutsch: ebd., 86,6–8). | 362 Jes 58,7 | 363 Lk 6,37 | 364 Mt 5,7 | 365 Joh 15,5 | 366 Hebr 11,6 | 367 Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12. | 368 Vgl. Dan 4,27 (Vg 24). | 369 Vgl. Aristoteles, Epistula Alexandro, in: EGr, 172: διὸ πειρῶ τὴν ἀρχὴν μὴ εἰς ὕβριν, ἀλλ᾽ εἰς εὐεργεσίαν κατατίϑεσϑαι. 360
i adversus lat. 4° (1531) | j davor: quaedam lat. 4° (1531) | k – k lat. 4° (1531): s. QuM I, 469,3–14 [Lucae vi. ... ait Christus:] | l cj.: 6.; v. lat. 4° (1531); 6. lat. 4° (1540), lat. 8° (1542/1559/1580) m quoniam Vg Clem. | n Et ut maxime fieri possint quaedam externa opera, retinenda est haec
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[m2v] Citantur contrai nos et aliae jsententiae de operibus. kDanielis 4.: Peccata tua elemosynis redime.189 Et Esaiae 58.: Frange esurienti panem tuum, tunc invocabis et Dominus exaudiet.190 Lucae. 6.: Remittite et remittetur vobis.191 Matth. 5.l: Beati misericordes, quiam misericordiam consequentur.192 Ad has sententias et similes de operibus primum hoc respondemus, quod supra dictum est, legem non vere fieri sine fide nec placere nisi propter fidem in Christum iuxta illud:k Sine me nihil potestis facere.193 Item:n Sine fide impossibile est placere Deo.194 Item:o Per Christump habemusq accessum rper fidemr.195 sItaque quoties requiruntur et probantur opera, addendum est Evangelium de Christo.
Secundo, hae sententiae, quas paulo ante commemoravi, fere sunt contiones poenitentiae.s Constant tenim ex duabus partibus; habent initio praedicationem legis, quae arguit peccata et iubet bene operari. Deinde est addita promissio. Certissimum est autemt in praedicatione poenitentiae non usufficere praedicationemu legis, quaev tantum wterret et condemnat conscientias. Sedw necesse est accederex Evangelium, quod ypeccata gratis remittantur propter Chri[m3r]stumy et quod fidez consequamur remissionem peccatorum. aHaec sunt adeo certa et perspicua, ut si dissentiant adversarii et excludant Christum et fidem a praedicatione poenitentiae, merito tamquam blasphemi in Christum reiciendi sint. Quare contio Danielis non tantum ad elemosynas detorqueri debet, sed fides etiam in ea requirenda est. Dissimilis est contio Danielis orationi Aristotelis, qui ad suum Regem scribens etiam hortatur eum ad beneficentiam et iubet eum potentiam suam conferre ad publicam utilitatem et salutem omnium gentium, non ad superbiam. Sic enim ad Alexandrum scribit: διὸ πειρῶ τὴν ἄρχὴν μὴ εἰς ὕβριν, ἀλλ᾽ εἰς εὐεργεσίαν κατατίϑεσϑαι.196 Honestissima oratio est neque de officio publico magni Principis aliud dici quidquam melius
universalis sententia, quae totam legem interpretatur: lat. 4° (1531) | o Retinendum est Evangelium, quod lat. 4° (1531) | p quem Vg Clem. | q habeamus lat. 4° (1531) | r – r in gratiam istam Vg Clem.; ad Patrem lat. 4° (1531) | s – s nicht in lat. 4° (1531) | t – t enim, quod non iustificamur ex lege. Alioqui quorsum opus esset Christo aut Evangelio, si sola praedicatio legis sufficeret? Sic lat. 4° (1531) | u – u sufficit praedicatio lat. 4° (1531) | v seu verbum arguens peccata, quia lex iram operatur, tantum accusat lat. 4° (1531) | w – w conscientias, quia conscientiae numquam acquiescunt, nisi audiant vocem Dei, in qua clare promittitur remissio peccatorum. Ideo lat. 4° (1531) x addi lat. 4° (1531) | y – y propter Christum peccata remittantur lat. 4° (1531) | z danach in lat. 4° (1531): in Christum | a – a lat. 4° (1531): s. QuM I, 469,25–471,12 [Si excludunt ... addita promissio:] 189 195
Dan 4,27 (Vg 24) | 190 Jes 58,7.9 | 191 Vgl. Lk 6,37. | 192 Mt 5,7 | 193 Joh 15,5 | Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12. | 196 Aristoteles, Epistula Alexandro, in: EGr, 172.
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bung der sunde, von versünung gegen Gott und von den hohen, grossen, geistlichen sachen, wilche gar hohe und weit uber alle menschliche gedancken und wercke gehen. Darümb sind seine wort nicht allein von wercken [Q4r] und almosen zu verstehen, wilche auch ein heuchler thuen kan, sondern furnemlich vom glauben. Das man aber mus glauben hie verstehen, da wir von reden, das ist gleuben, das Gott sund durch barmhertzigkeit nicht umb | unsers verdienst willen vergebe, das beweiset der Text selbst. Erstlich damit, denn es sind zwey stück inn Daniels prediget: Das ein ist gesetzprediget und straff. Das ander ist die verheissung odder absolutio. Wo nu verheissung ist, mus glauben sein. Denn verheissung kan nicht anders empfangen werden, denn das sich das hertz verlesset auff solch Gotteswort und sihet nicht an eigne wirdigkeit odder unwirdigkeit. Darümb foddert Daniel auch glauben, denn also laut die verheissunge: Deine sundenβ werden geheilet. Dieses wort ist ein rechte Prophetische und Evangelische predigt, Denn Daniel wisset, das durch den künfftigen samen Christum nicht allein den Jüden, sondern auch den Heiden vergebung der sunde, gnad und ewig leben zugesagt war, Sonst hette er den König nicht also können trösten. Denn es ist nicht menschenwerck, eim erschrocken gewissen gewislich vergebung der sund zusagen und trösten, das Got nicht mehr zürnen wölle. Da mus man von Gottes willen, zeugnis aus Gottes wort haben, wie denn Daniel die hohen verheissungen vom künfftigen samen gewist und verstanden hat.
Dieweil er nu ein promissio setzet, ist klar und offenbar, das er glauben foddert, da wir von reden. [Q4v] Das er aber spricht: Deine sund löse mit gerechtigkeit und deine ubertrettung mit wolthaten gegen den armen,370 ist ein Summa einer gantzen prediget und ist so viel: besser dich! Und ist war, so wir uns bessern, werden wir los von sunden. Darümb sagt er recht: „löse deine sunde.“ Daraus folget aber nicht, das wir von sunden los werden umb unser werck willen odder das unser werck die bezalung seyen fur die sund. Auch setzet Daniel nicht allein die werck, sondern spricht: „löse deine sunde mit gerechtigkeit.“ Nu weis meniglich, das gerechtigkeit inn der schrifft nicht allein eusserliche werck heisst, sondern fasset den glauben, wie Paulus spricht: „Iustus ex | fide vivet“, „Der gerecht lebetg seines glaubens.“371 Darümb foddert Daniel erstlich glauben, da er gerechtigkeit nennet und spricht: löse deine sund mit gerechtigkeit,372 das ist, mit glauben gegen Gott,
g
wird leben L45
β
sunde CR
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Vgl. Dan 4,27 (Vg 24). | 371 Röm 1,17; vgl. Hebr 10,38; Hab 2,4. | 372 Vgl. Dan 4,27 (Vg 24).
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potest. Sed Daniel non tantum de officio seu vocatione Regem suum docet, Sed de poenitentia, de pietate erga Deum, de remissione peccatorum deque illis magnis rebus extra Philosophiam positis. Non igitur tantum hic elemosynae requirendae sunt, sed etiam fides. Idque textus ostendit Regem conversum esse non solum ad elemosynas largiendas, sed multo magis ad fidem. Exstat enim egregia confessio Re[m3v]gis de Deo Israel. Non est alius Deus, qui possit ita salvare. Itaque duae partes sunt in contione Danielis. Altera pars est praedicatio poenitentiae, quae arguit peccata et praecipit de nova vita: Redime peccata tua iustitiab et iniquitates tuas cbeneficiis erga pauperesc.197 Sic enim in sua lingua loquitur Daniel, ubi satis apparet eum non solum de elemosynis praecipere, sed de tota iustitia, hoc est, de notitia Dei et fide. Ait enim: peccata redime per iustitiam. Iustitia autem erga Deum est fides, qua credimus Deum nobis ignoscere. Deinde praecipit Daniel de beneficiis erga pauperes, hoc est, ne superbe nec crudeliter imperet, sed consulat utilitatibus subditorum. Altera pars contionis promittit remissionem peccatorum:a Ecce erit sa|natio delictorum tuorum. Hieronymus hic praeter rem adiecit dubitativam particulam [sc. forsitan198]. Et multo imprudentius disputatd in Commentariis eincertam esse remissionem peccatorum.e 199 Sed nos meminerimus Evangelium certo promittere remissionem peccatorum. fIsque abolere Evangelium censendus est, qui sentit remissionem peccatorum incertam esse.f Dimittamus igitur hoc in loco Hieronymum. gCum autem clare ponatur promissio, certe requiritur fides, [m4r] quia promissio non potest accipi nisi fide. Quamquam et ibi indicavit remissionem contingere posse, cum ait: redime peccata.200 Atque haec promissio remissionis peccatorum vere Prophetica et Evangelica vox est, quam certe Daniel volebat fide accipi. Norat enim Daniel promissam esse remissionem peccatorum propter futurum semen videlicet Christum non solum Israelitis, sed etiam omnibus gentibus. Alioqui non potuisset Regi polliceri remissionem peccatorum. Non est enim hominis, praesertim in terroribus peccati, statuere de voluntate Dei sine certo verbo Dei, quod irasci desinat. Itaque cum promissio ponatur, satis apparet requiri fidem, quia promissio non potest accipi nisi fide. Si haec fides ex conditione operum penderet, incerta esset remissio. Ideo talis fides requiritur, quae confidit misericordia et verbo Dei, non operibus nostris. Quod autem dicit: redime peccata per iustitiam et per elemosynas,201 idem est ac si diceret: b
elemosynis Vg Clem. | c – c misericordiis pauperum Vg Clem. | d nicht in lat. 4° (1531) contendit remissionem peccatorum incertam esse. lat. 4° (1531) | f – f Et hoc plane fuerit Evangelium tollere, negare, quod certo debeat promitti remissio peccatorum. lat. 4° (1531) g – g lat. 4° (1531): s. QuM I, 471,18–25 [Quamquam et ... Verum opera] e–e
197
Dan 4,27 (Vg 24) | 198 Hieronymus übersetzte in seiner lateinischen Bibelübersetzung, der Vulgata, abweichend vom Urtext Dan 4,27 (Vg 24): „Vielleicht wird er deine Sünden verzeihen.“ 199 Vgl. Hieronymus, Commentarii in Danielem IV, 24, in: PL 25, 517 (CChr.SL 817,953–960). 200 Dan 4,27 (Vg 24) | 201 Vgl. Dan 4,24.
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dadurch du gerecht wirdest. Dazu thu auch gute werck, nemlich, warte deines ampts, sey nicht ein Tyran, sondern sihe zu, das dein regiment, landen und leuten nützlich sey, halt frieden und schütz die armen widder unrechten gewalt. Das sein Fürstlicheh Elemosyne. Also ist klar, das dieser spruch der lahr vom glauben nicht entgegen ist. Aber unser widdersacher, die groben Esel, flicken ihre zusatz an alle solche sprüch, nemlich, das uns die sund umb unser werck willen vergeben werden, und leren vertrauen auff werck, so doch die sprüch nicht also reden, sondern foddern gute werck, wie denn war [R1r] ist, das mus ein ander und besser leben inn uns werden. Aber dennoch sollen dieselbige werck Christo sein ehre nicht nemen.
Also ist auch auff den spruch aus dem Evangelio zu antworten: „Vergebet, so wird euch vergeben.“373 Denn es ist gleich eine solche lere von der bus. Das erst stück an diesem spruch foddert besserung und gute wercke. Das ander stück setzet dazu die verheissunge. Und man sol daraus nicht schliessen, das unser vergeben uns ex opere operato vergebung der sunde verdiene. Denn das sagt Christus nicht, sondern wie inn andern Sacramenten Christus die verheissung hefftet an das eusserliche zeichen, also hefftet er auch hie die verheissung von vergebung der sunde an die eusserlichen gute wercke. Und wie wir im Abendmal nicht erlangen vergebung der sunde one den glauben ex opere operato, also auch nicht inn diesem wercke und unserm vergeben, denn unser vergeben ist auch kein gut werck, es geschehe denn von denjhenih
cj.: Furstliche; fürstliche CR
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Lk 6,37; vgl. Mt 6,14.
h – h oculos. Haec naturaliter miratur humana ratio. Et quia tantum opera cernit, fidem non lat. 4° (1531) | i – i nicht in lat. 4° (1531) | j – j haec opera lat. 4° (1531) | k danach: et iustificare lat. 4°
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redime peccata per poenitentiam, quia reatus tollitur per poenitentiam. Neque hincν ratiocinandum est, quod ignoscat Deus propter opera sequentia, sed ignoscit propter promissionem his, qui promissionem apprehendunt.
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Ostendimus clare in contione Danielis fidem [m4v] requiri, quare huic loco iniuriam faciunt, qui inde ratiocinantur, quod remissio peccatorum contingat propter opera nostra, non fide propter Christum. Philosophicum est in contione Danielis nihil requirere nisi adhortationem de imperio recte gerendo. Pharisaicum est affingere, quod propter opus illud contingat remissio peccatorum. Sed ita fit, opera naturaliterg incurrunt hominibus in hoculos, quia fidemh nec intelligit neque considerat ihumana ratioi. Ideo somniat jopera illaj mereri remissionem peccatorumk. Haec opinio lnaturaliter haeretl in animis hominum neque excuti potest, nisi cum divinitus docemur. Sed mrevocare nos debemusm ab nhac carnali opinione ad Evangelium et promissionem misericordiae, in qua gratis exhibetur remissio peccatorum propter Christum. Ita in omnibus locis de poenitentia fides requirenda est. Summa enim contumelia est in Christum remissionem peccatorum sine Christo quaerere. Quidam interpretanturn Danielem de remissione poenae, ocum ait: Redime peccata elemosynis.202 Itao nihil contra nos pfaceret Daniel, Etsi dubium non est, quin loquatur de remissione culpae. Frustra enim quaeritur remissio poenae, nisi prius cor [m5r] apprehenderit fide remissionem culpae. Quod siξ illi concedent remissionem culpae gratis contingere per fidem, nos postea facile largiemurp poenas, quibus castigamur, mitigariq bonis operibus etr tota poenitentia iuxta illud: Si nos iudicaremus, non iudicaremur a Domino.203 Et Ierem. 15.: Si sconversus fueriss, convertam te.204 Et Zacha. 1.: Convertimini ad me et ego convertar ad vos.205 Et Psalm. 49.: Invoca me in die tribulationis.206 tSic iudicandum est etο de hoc loco: Remittite et remittetur vobis.207 Est enim paene similis contio de poenitentia. Prior particula requirit bona opera. Posterior addit promissionem. Neque est ratiocinandum, quod nostra condonatio ex opere operato mereatur nobis remitti peccata. Non enim dicit hoc Christus. Sed sicut aliis sacramentis annectit Christus promissionem remissionis peccatorum, ita annectit et bonis operibus. Et sicut in coena Domini non consequimur remissionem peccatorum sine fide ex opere operato, Ita neque
(1531) | l – l legis haeret naturaliter lat. 4° (1531) | m – m revocanda mens est lat. 4° (1531) | n – n lat. 4° (1531): s. QuM I, 471,29–472,8 [huiusmodi carnalibus ... tantum intelligunt] | o – o nicht in lat. 4° (1531) | p – p faciet hic locus, quia ita necesse erit ipsos fateri, quod remissio peccati et iustificatio gratuita praecedat. Postea nos quoque concedimus lat. 4° (1531) | q danach: nostris orationibus et lat. 4° (1531) | r denique lat. 4° (1531) | s – s converteris Vg Clem., lat. 4° (1531) | t – t lat. 4° (1531): s. QuM I, 472,15–474,25 [Teneamus igitur ... Lucae xi.:] ν
hic lat. 8° (1542/1559) | ξ nicht in lat. 8° (1559) | ο nicht in lat. 4° (1540)
202 207
Dan 4,27 (Vg 24) | 203 Vgl. I Kor 11,31. | Vgl. Lk 6,37; Mt 6,14.
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Jer 15,19 |
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Sach 1,3 |
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gen, welchen von Gott inn Christo die sunde schon zuvor vergeben sind. Darümb unser vergeben, sol es Gott gefallen, so mus es nach der vergebung, da uns Gott vergibt, folgen. Denn Christus pfleget die zwey also zusamenzusetzen, das gesetz und Evangelium, beide, den glauben und auch die guten wercke, das er anzeige, das kein glaub da sey, wenn nicht gute wercke folgen, Item, das wir eusserlich zeichen haben, wilche uns verinnern des Evan[R1v]gelii und vergebung der sunde, dadurch wir getröstet werden, das also manchfeltig unser glaube geübet werde. Also sollen solche sprüche verstanden werden, denn sonst were es stracks wider das gantz Evangelium und würde unser bettelisch werck an Christus stad gesetzt, welcher allein sol die versünung sein, welcher jhe nicht zu verachten ist. Item, wo sie solten von wercken verstanden werden, so würde die vergebung der sunde gantz ungewis, denn sie stünde auff einem losen grunde, auff unsern elenden wercken. Auch ziehen sie an ein spruch aus Tobia:374 die almosen erlösen von der sunde und von dem tode.375 Wir wöllen nicht sagen, das da ein Hyperbole sey, wiewol wir es sagen möchten, damit Christi ehre erhalten werde, denn dis ist Christus ampt allein, von der sunde, vom tode erlösen etc. Wir wollen aber uns zu unser alte regeln halten, nemlich, das das gesetz odder die werck ausser Christo niemands gerecht machen fur Gott. So gefallen nu die almosen (welche dem glauben folgen) denn erst Gott, wenn ich durch Christum versünet bin, nicht die furhergehen; darümb erlösen sie vom tode nicht ex opere operato, sondern, wie ich kurtz zuvor von der buss gesagt habe, Das man den glauben mit den früchten zugleich mus zusamenfassen, Also ist auch von den almosen zu sagen, das sie Gott gefallen, dieweil sie geschehen [R2r] inn den gleubigen. Denn Tobias redet nicht allein von almosen, sondern auch vom glauben, Denn er sagt: Lobe Gott und bitte ihnen, das er dich wolle auff deinen wegen leiten etc.376 Da redet er eigentlich von dem glauben, da wir von reden, der da gleubt, das er ein gnedigen Gott hab, den er zu loben schuldig ist fur eitel grosse güte und gnade, von dem er auch teglich warte hülffe, und bittet ihnen, das er ihn inn leben und sterben leiten und regiren wolle. Auff die weis mügen wir nachgeben, das die almosen nicht unverdienstlich sein gegen Gott, nicht aber, das sie können den tod, die helle, den Teuffel, die sunde uberwinden, die gewissen zu ruhe stellen – denn das mus durch den glauben an Christum allein geschehen –, sondern verdienen, das uns Gott schützet fur künfftigem ubel und fahr leibs und der seelen. Das ist der einfaltige verstand, welcher auch mit andern sprüchen der schrifft ubereinstimmet. Denn wo gute wercke gelobet werden inn der schrifft, so sol man es allzeit nach der regeln Pauli verstehen, das man das gesetz und die werck nicht uber Christum hebe, das Christus und der glaub so hohe uber alle wercke gehen, als himel uber der erden ist. 374
Vgl. Confutatio XX, in: Immenkötter, Confutatio, 123,2–4 (deutsch: ebd., 122,2f) |
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in hoc opere. Imo nostra condonatio non est bonum opus, nisi cum fit a reconciliatis. Ideo nostra condonatio, quae quidem placet Deo, | sequitur condonationem divinam. Solet autem Christus hoc modo coniun[m5v]gere legem et Evangelium, ut utrumque tradat, doctrinam fidei et bonorum operum, ut moneat hypocrisin et simulationem poenitentiae esse, nisi sequantur boni fructus, Item, Ut multa habeamus externa signa Evangelii et remissionis peccatorum, quae nos commonefaciant et consolentur, et ut multipliciter exercere fidem possimus. Sic igitur necesse est tales locos accipi, ne aboleamus Evangelium de Christo, ne nostra opera opponamus Deo tamquam propitiationem et pretium abiecto Christo, Item ne fiat incerta remissio peccatorum, si doceatur pendere ex conditione nostrorum operum.
Citatur et ex Tobia: Elemosyna ab omni peccato et a morte liberat.208 Nonπ dicemus Hyperbolen esse, etsi sic accipi debet, ne detrahat de laudibus Christi, cuius propria sunt officia liberare a peccato et a morte. Sed recurrendum est ad regulam, quod lex sine Christo non prodest. Placent igitur elemosynae Deo, quae sequuntur reconciliationem, non quae praecedunt. Itaque liberant a peccato et a morte non ex opere operato, sed sicut paulo ante de poenitentia diximus, quod fidem cum fructibus complecti debeamus, ita de elemosynis iudicandum est, quod placeat Deo fides cum fructibus. Tobias [m6r] enim contionatur non tantum de elemosynis, sed etiam de fide: Omni tempore benedic Deum et pete ab eo, ut dirigat vias tuas.209 Hoc autem proprie est illius fidei, de qua loquimur, quae sentit Deum esse propitium propter ipsius misericordiam et petit, ut servet et gubernet nos.
Ad haec concedimus elemosynas mereri multa beneficia Dei et liberare non a praesenti peccato. Non enim vincunt iram et iudicium Dei nec reddunt pacatas conscientias, sed liberare a futuro peccato, hoc est mereri, ut defendamur in periculis peccatorum et mortis. Haec est simplex sententia reliquis scripturis consentiens. Sic enim accipienda sunt praeconia operum et legis, ne detrahant de gloria Christi et Evangelii.
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Nos lat. 8° (1542/1559)
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Tob 4,11. | 376 Vgl. Tob 4,20.
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Auch ziehen sie an den spruch Christi:377 „Gebet almosen, so wirdi euch alles rein seinj.“378 Die widdersacher sein taub und haben | dicke oren; darümb müssen wir ihn die Regeln offt erholen379, das das [R2v] gesetze one Christo niemands fur Gott from mache und das alle wercke allein umb Christus willen angenem sein. Aber die widdersacher schliessen Christum allenthalben aus, thuen gleich, als sey Christus nichts, und leren unverschampt, das wir vergebung der sunde erlangen durch gute wercke etc. Wenn wir aber den spruch unzurissen [und] gantz ansehen, so werden wir sehen, das er auch vom glauben mit redet. Christus schilt die Phariseer, das sie wolten wenen, sie würden fur Gott heilig und rein durch allerley „Baptismata carnis“, das ist, durch allerley leipliche bade, wasschen und reinigung am leibe, am gefesse, an kleidern, wie auch ein Bapst inn sein Canones gesetzt hat ein nötig Bepstlich stücke vom Weywasser, das, wenn es mit geweitem saltz besprengt wird, so heiligets und reiniget das volck von sunden; und die glosse sagt, Es reinige von teglichen sunden.380 Also hatten die Phariseer auch irthumb unter sich, welche Christus straffet und setzt gegen die ertichten reinigung zweierley reinigkeit (Eine innerlich, die ander eusserlich) und vermanet, das sie innwendig sollen rein sein; das geschihet, wie Petrus sagt inn geschichten der Aposteln am xv.: „durch den glauben.“381 Und [er] setzt dazu von eusserlicher reinigkeit: „Gebet almosen von dem, kdas ihr ubrig habtk, so wirdl euch alles rein seinm.“382 Die widdersacher füren nicht recht ein das wort „alles“. Denn Christus setzt den beschlus auff [R3r] beide stücke, auff die innerliche und eusserliche reinigkeit, und sagt: „Alles wirdn euch rein seino“;383 das ist, wenn ihr euch nicht allein leiplich badet, sondern Gott gleubet und also inwendig rein seid und auswendig almosen gebet, so wird euch alles rein sein. Und [er] zeigt an, das auch die rechte eusserliche reinigkeit stehe inn den wercken, welche Gott gepoten habe, und nicht inn menschlichen satzungen, als da waren dieselbigen „traditiones Phariseorum“ etc. und wie bey unser zeit ist das besprützen und sprengen des weiwassers, die schneweissen Münchskleider, die unterschied der speis und dergleichen. Die widdersacher aber ziehen dis „signum universale“, nemlich das wort „alles“, Sophistisch allein auff ein teil und sagen: Alles wird euch rein sein, wenn ihr almosen gebet etc.384 Als wenn einer sagt: Andreas ist da, darümb sein alle Aposteln da. Darümb im antecedent odder vergehend385 stücke dis i ist es L45 | j nicht in L45 | k – k was da ist, L45 | l ist es L45 | m nicht in L45 | n ist L45 | o nicht in L45 377 379 382
Vgl. Confutatio XX, in: Immenkötter, Confutatio, 123,4f (deutsch: ebd., 122,4). | 378 Lk 11,41 wiederholen | 380 Ps.-Alexander I., in: De cons. Dist. 3 c. 20 (Friedberg I, 1358). | 381 Act 15,9 Lk 11,41 | 383 Lk 11,41 | 384 Vgl. Lk 11,41. | 385 vorangehenden
u – u dicimus ad praedicationem legis oportere addi Evangelium de Christo lat. 4° (1531) | v nicht in lat. 4° (1531) | w nicht in lat. 4° (1531) | x danach: omnia lat. 4° (1531) | y nicht in lat. 4° (1531)
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Iactatur et dictum Christi apud Lucam:t Date elemosynam et ecce omnia munda sunt vobis.210 Plane surdi sunt adversarii. Toties iam udictum est legem sine Christo non prodesseu, propter quem placent bona opera. Sed illi ubique excluso Christo docent mereri iustificationem per opera legis.
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Hic locus integer prolatus ostendetρ etv fidem requiri. Christus enimw obiurgat Phariseos sentientes se coram Deo mundari, hoc est iustificari crebris ablutionibus, sicut Papa, nescio quis, [m6v] de aqua sale conspersa inquit, quod populum sanctificet ac mundet. Et glossa ait, quod mundet a venialibus. Tales erant et Phariseorum opiniones, quas reprehendit Christus et opponit huic fictae purgationi duplicem munditiem: Alteram internam, Alteram externam. Iubet, ut intus mundentur. Et addit de munditie externa: Date elemosynam de eo, quod superest, et sic omnia erunt vobis munda.211
Adversarii non recte accommodant particulam universalemx. Christus enim addit hanc conclusionem utrique membro: Tunc omnia erunt munda, videlicety si intus eritis mundi et foris zelemosynam dederitisz. Significat enim, quod externa mundities collocanda sit in operibus a Deo praeceptis, non in traditionibus humanis, ut tunc erant illae ablutiones et nunc est quotidianaa aspersio aquae, vestitus Monachorum, discrimina ciborum et similes pompae.
Sed adversarii corrumpunt sententiam Sophistice translata particula universali ad unam partem: Omnia erunt munda datis belemosynis, ut si quis ratiocinetur: Andreas adest, igitur omnes Apostoli adsunt. Quare in antecedente utrumque membrum coniungi debet: credite et date elemosynas, Ita omnia erunt munda.212 Scriptura enim alibi dicitb fide purificaric corda.213 Quodd si
z – z dederitis elemosynam lat. 4° (1531) | a danach: illa lat. 4° (1531) | b – b elemosynis. Atqui Petrus dixit lat. 4° (1531) | c purificans Vg Clem. | d Sed totus locus inspectus sententiam offert consentientem cum reliqua scriptura, quod lat. 4° (1531) ρ
ostendit lat. 8° (1542/1559)
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Lk 11,41 | 211 Vgl. Lk 11,41. | 212 Vgl. Lk 11,41. | 213 Act 15,9
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spruchs sol beides beyeinander bleiben: „gleubet“ und „gebet almosen“. Denn darauff gehet die gantze sendung, das gantz ampt Christi, darümb ist er da, das sie gleuben sollen. Wenn nu beide stück zusamengefasset werden, glauben und Elemosynen geben, so folget recht, das alles rein sey, das hertz durch glauben, der eusserlich wandel durch gute werck. Also sol man die predig gantz fassen und nicht das ein stück umbkeren und deuten, das das hertz von sunden rein wird | durch unser Elemosynen. Es sind auch wol etliche, die da meinen, das [R3v] es wider die Phariseer von Christo Ironice odder spöttisch gered sey, als solt er sagen: Ja, lieben Junckern, raubet und stelet und gehet darnach hin, gebt almosen, so werd ihr bald rein sein, das also Christus etwas herbe und hönisch ansteche ihre Phariseische heuchley; denn wiewol sie vol unglaubens, vol geitz und alles argen waren, so hielten sie doch ihr reinigung, gaben almosen und meineten, sie weren gar reine, zarte heiligen. Die auslegung ist dem Text daselbst nicht entgegen. Was nu auff ander dergleichen mehr spruch zu antworten sey, ist leichtlich abzunemen aus diesen, so wir verkleret haben. Denn die Regel leget aus alle sprüch von guten wercken, das sie ausser Christo fur Gott nichts gelten, sondern das hertz mus zuvor Christum haben und gleuben, das es Gott gefalle umb Christus willen, nicht von wegen eigner werck. Die widdersacher füren auch etliche schulargument, darauff leichtlich zu antworten ist, wenn man weis, was glauben ist. Erfarne Christen reden viel anders vom glauben denn die Sophisten, wie wir droben angezeigt, das glauben heist vertrauen auff Gottes barmhertzigkeit, das er gnedig sein wölle umb Christus willen on unsern verdienst, und das heist glauben den artickel „Vergebung der sunde“. Dieser glaub ist nicht allein, die Historia [zu] wissen, die auch Teuffel wissen. Darümb ist das schulargument leichtlich auffzulösen, das sie sprechen: Die Teuffel gleuben auch, [R4r] darümb mache der glaub nicht gerecht. Ja, die Teuffel wissen die Historia, glauben aber nicht vergebung der sund. Item, das sie sprechen: gerecht sein heisset gehorsam. Nu ist ja werck thun ein gehorsam, darümb müssenp die werck gerecht machen, darauff sol man also antworten: Gerecht sein heisst ein solcher gehorsam, den Gott dafur annimpt. Nu wil Gott unsern gehorsam inn wercken nicht annemen fur gerechtigkeit, Denn es ist nicht ein hertzlicher gehorsam, dieweil niemand das gesetz recht haltet. Darümb hat er ein andern gehorsam geordenet, den er wil fur gerechtigkeit annemen, nemlich, das wir unsern ungehorsam erkennen und vertrauen, | wir gefallen Gott umb Christus willen, nicht von wegen unsers gehorsams. Derhalben heisst nu hie gerecht sein: Gott angenem sein, nicht
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cj.: mussen; müssen CR
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corda sint munda[m7r]ta et deinde foris accedant elemosynae, hoc est, eopera caritatis omnis generis, ita toti erunt mundie, hoc est, non fsolum intusf, sed foris etiam. Acg | tota illa contio hChristi coniungi debet, cuiush multae sunt partesi, quarum aliae de fide, aliae de operibus praecipiunt. Nec est candidi lectoris excerpere praecepta operum omissis locis de fide.
Sunt et nonnulli, qui Ironiam esse interpretantur: Date elemosynask et omnia sunt munda.214 Videtur enim Christus vanam persuasionem Phariseorum salse taxare, qui, cum haberent animos pessimis cupiditatibus obnoxios, interim datis elemosynis confidebant se meros semideos esse. Haec interpretatio non est absurda neque quidquam habet, quod pugnet cum aliis scripturis. j
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Adderemus et alios locos, nisi existimaremus ex his, quos recensuimus atque enarravimus, similes iudicari facile posse. Sed adiciemus hoc Scholasticum argumentum: Iustitiam necesse est in voluntate esse. Ergo cum fides sit in intellectu, non iustificat.215 Hoc argumentum ideo recitamus, ut tota res magis fiat perspicua, quomodo fides iustificet et quid Paulus appellet iustificationem. Primum autem propter morosos quosdam τεχνολογικῶς respondebimus.
Constat ex Ethicis iusti[m7v]tiam oboedientiam appellari erga superiorem, quam is approbat. Fides autem est oboedientia erga Evangelium. Quare fides recte dicitur iustitia. Nam oboedientia erga Evangelium imputatur pro iustitia adeo, ut oboedientia erga legem tantum propterea placeat, quia credimus nobis Deum gratis propitium esse propter Christum. Neque enim legi satisfacimus. Quamquam autem haec fides est in voluntate, est enim velle et accipere promissionem, tamen haec oboedientia erga Evangelium non propter nostram munditiem imputatur pro iustitia, sed quia accipit oblatam miseri-
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omnia opera caritatis, Ita totos esse mundos lat. 4° (1531) | f – f intus solum lat. 4° (1531) Deinde cur non lat. 4° (1531) | h – h coniugitur? lat. 4° (1531) | i danach: obiurgationis lat. 4° (1531) | j – j lat. 4° (1531): s. QuM I, 475,11–483,20 [Postremo, hoc ... Lucae Cap. xvii.:] | k eleemosynam Vg Clem. g
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Lk 11,41 | 215 Zitat unbekannter Herkunft
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von wegen eigens gehorsams, sondern aus barmhertzigkeit umb Christus willen. Item, Sünde ist Gott hassen, darümb mus gerechtigkeit sein, Gott [zu] lieben. War ists, [dass] Gott [zu] lieben ist gerechtigkeit des gesetz. Aber dieses gesetzγ erfüllet niemand, darümb leret das Evangelium ein neu gerechtigkeit, das wir umb Christus willen Gott gefallen, ob wir schon das gesetz nicht erfüllen, und sollen doch anheben, das gesetz zu thun. Item, was ist unterscheid zwischen glauben und hoffen? Antwort: Hoffnung wartet künff[R4v]tiger güter und rettung aus der trübsal; glauben empfahet gegenwertige versünung und schleusst im hertzen, das Gott die sund vergeben hab und das er jtzund mir gnedig sey. Und dieses ist ein hoher Gottesdienst, der Gott damit dienet, das er ihm die ehre thut und die barmhertzigkeit und verheissung so gewis helt, das er on verdienst kan allerley güter von ihm empfahen und warten. Und inn diesem Gottesdienst sol das hertz geübet werden und zunemen, davon wissen die tollen Sophisten nichts.
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Aus diesem allen ist leichtlich zu verstehen, was man halten sol vom „merito condigni“, da die widdersacher ertichten, das wir fur Gott gerecht sind durch die liebe und unser werck;386 da gedencken sie nicht einmal des glaubens, und anstad des mitlers Christi setzen sie unser werck, unser erfüllung des gesetzes; das ist inn keinem weg zu leiden. Denn wiewol wir oben gesagt: wo die neu geburt ist durch geist und gnade, da folget auch gewislich die liebe, so sol man doch die ehre Christi nicht unsern wercken geben, sondern das ist gewis, das wir fur und nach, wenn wir zu dem Evangelio komen, gerecht geschetzt werden umb Christus willen; und der Christus bleibt der mitler und versüner, fur als nach, nach als fur, und durch Christum haben wir ein zugang zu Gott,387 nicht darümb, das wir das gesetz gehalten haben und viel gutes gethan, sondern, das wir so frölich getrost auff gnade bauen und so gewis [S1r] uns verlassen, das wir aus gnade umb Christus willen gerecht fur Gott geschetzt werden. Und das leret, prediget, bekennet die heilige Catholica, [die] Christliche kirche, das wir selig werden durch barmhertzigkeit, wie wir oben haben angezogen aus Hieronymo: Unser gerechtigkeit stehet nicht auff eigen verdienst, sondern auff Gottes barmhertzigkeit,388 und dieselbige barmhertzigkeit fasset man durch den glauben. | Hie wollen aber alle verstendigen sehen, was aus der widdersacher lere folgen wolt. Denn so wir halten werden, das Christus allein uns „Primam gratiam“, das ist die erst gnade, verdienet hettet (wie sie es nennen) und wir hernach durch unsere wercke erst das ewig leben γ
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cordiam et sentit nos propter Christum iustos reputari per misericordiam, non propter nostram impletionem legis, non propter nostram munditiem. Ita revocanda mens est a conspectu legis ad Evangelium et Christum et statuendum, quod reputemur iusti, cum sentimus nos propter Christum acceptos esse, non propter dilectionem aut impletionem legis. Differt autem fides a spe, quia fides accipit in praesentia remissionem peccatorum et reconciliationem seu acceptationem nostri propter Christum. Spes autem versatur circa futura bona et liberationem futuram. [m8r] Secundo. Iustificatio hic significat reputari iustum. Non autem reputat Deus hominem iustum, sicut in foro aut in Philosophia reputatur homo iustus propter proprii operis iustitiam, quae recte ponitur in voluntate. Sed reputat hominem iustum per misericordiam propter Christum, si quis tamen hunc fide apprehendat. Quare fides appellari iustitia potest, quia est illud, quod imputatur ad iustitiam, ut cum Paulo loquamur, quacumque tandem in parte hominis ponatur. Id enim nihil impedit imputationem divinam. Etsi nos quidem hanc fidem in voluntate ponimus. Est enim velle et accipere promissionem Christi. Et hoc Scholastico argumento agitato, quia rem ad Methodum revocat, videtur tota causa melius perspici posse. Ex his omnibus etiam intelligi potest, quid iudicandum sit de merito condigni, de quo fingunt adversarii homines iustos esse coram Deo propter dilectionem ac legis impletionem. Hic nulla iustitiae fidei mentio fit et pro mediatore Christo ponitur, quod accepti simus propter nostram impletionem legis. Haec nullo modo ferenda sunt, sed [ita est], ut supra diximus: etsi necessario sequitur renovationem dilectio, tamen gloria Christi non debet transferri [m8v] in nostram impletionem legis, sed sentiendum est, quod etiam post renovationem iusti reputemur propter Christum, quod Christus maneat mediator et propitiator, quod propter Christum habeamus accessum ad Deum, quod non satisfaciamus legi, sed habeamus opus misericordia, quod semper per misericordiam iusti reputemur.
Idque confitetur universa Ecclesia, quod iusti et salvi fiamus per misericordiam, Sicut supra citavimus ex Hieronymo: Iustitia nostra non ex proprio merito, sed ex Dei misericordia consistit.216 Haec autem misericordia fide accipitur. Ac videte, quid consequatur ex adversariorum opinione! Si sentiendum est, quod Christus tantum primam gratiam (ut vocant) meruerit, postea
216
Hieronymus, Dialogi contra Pelagianos I, 13, in: PL 23, 505.
386 Vgl. o. S. 325, Anm. 258. | 387 Vgl. Röm 5,2; Eph 2,18; 3,12. | contra Pelagianos I, 13, in: PL 23, 505.
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Vgl. Hieronymus, Dialogi
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müsten verdienen, so werden die hertzen odder gewissen widder389 an der todsstunde noch sonst nimmermehr zufriden werden, werden nimmermehr bauen können auff gewissen grund, werden nimmer gewis, ob uns Gott gnedig were. Also fürete ihrq lere die gewissen one unterlas auff eitel hertzleid und entlich auff verzweifelung, Denn Gottes gesetz ist nicht ein schertz, das klagt die gewissen an ausser Christo, one unterlas, wie Paulus sagt: „Das gesetz richt zorn an“,390 Also denn, wenn die gewissen Gottes urteil fülen und haben kein gewissen trost, fallen sie dahin inn verzweifelung. Paulus sagt: „Allesr, was nicht aus dem glau[S1v]ben ists, das ist sunde.“391 Diejhenigen aber können nichts aus glauben thuen, die denn sollen ein gnedigen Gott erst bekomen, wenn sie mit ihren wercken das gesetz erfüllet haben. Denn sie werden allzeit wancken und zweifeln, ob sie werck gnug gethan haben, ob dem gesetz gnug geschehen sey. Ja, sie werden starck fülen und entpfinden, das sie noch dem gesetze schuldig sein, darümb werden sie nimmermehr bey sich gewis halten, das sie ein gnedigen Gott haben odder das ihr gebetδ erhöret werde. Derhalben können sie Gott nimmer recht lieben, auch nicht gutes sich zu Gott versehen odder Gott recht dienen. Denn was sind doch solche hertzen und gewissen anders denn die helle selbst, so nichts anders inn solchen hertzen ist denn eitel zweifeln, eitel verzagen, eitel murren, verdries und hass wider Gott? Und inn dem hass ruffen sie doch gleichwol Gott heuchlisch an, wie der Gottlos König Saul that. Hie können wir uns beruffen auff alle Christliche gewissen und alle diejhenigen, die anfechtungen versucht haben, die müssen bekennen und sagen, das solch gros ungewisheit, solch unruhe, solche qual und angst, solch schrecklich zagen und verzweifelung aus solcher lere der widdersacher folget, da sie leren odder wenen, das wir durch unser werck odder erfüllung des gesetzs, so wir thun, fur Gott gerecht werden. Und [sie] weisen uns den holtzweg, zu vertrauen nicht auff die reichen, seligen zusage der gnade, wilche uns [S2r] durch den mitler Christum werden angebotten, sondern auff unsere elende wercke. Darümb bleibt dieser beschlus wie ein mauer, ja, wie ein fels fest stehen, das wir, ob wir schon angefangen haben, das gesetz zu thun, dennoch nicht umb solcher werck willen, sondern umb Christus willen durch glauben Gott angenem sind und mit Gott friden haben; und ist uns Gott fur dieselbige werck nicht schuldig das ewig leben, Sondern, gleich wie uns [die] vergebung der sunde und gerechtigkeit umb Christus willen nicht umb unser wercke odder des gesetzes willen wird zugerechnet, Also wird uns auch nicht umb unser wercke willen noch umb des gesetzs willen, sondern umb Christus willen sampt der gerechtigkeit [das] ewig leben angebotten, wie denn Christus sagt: „Das ist der wille tdes vaterst, der mich gesand hatt, das uein jtzlicher, q
cj.: ir; ihr CR | r nicht in L45 | s gehet L45 | t – t nicht in L45 | u – u wer L45
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nos simus accepti nostra impletione legis et mereamur vitam aeternam, quando erunt conscientiae paca|tae? quando statuent, quod habeant Deum propitium? Lex enim semper accusat nos, ut Paulus ait: Lex iram operatur.217 Ita fiet, ut si senserint conscientiae iudicium legis, ruant in desperationem.
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Paulus ait: Omne, quod non est ex fide, peccatum est.218 Isti autem nihil umquam ex fide agent, si tunc demum sentient sibi Deum propitium esse, cum legem imple[n1r]verint. Semper enim dubitabunt, Utrum legi satisfactum sit, imo intelligent non esse satisfactum. Ideo numquam statuent se habere Deum propitium, se exaudiri. Numquam igitur diligent, numquam vere colent Deum. Talia pectora, quid aliud sunt nisi ipse infernus, cum sint plena desperationis et odii Dei? et in hoc odio tamenσ invocant et colunt Deum, sicut Saul colebat.
Hic provocamus ad omnes pias mentes et peritas rerum spiritualium; hae testari poterunt, haec mala consequi ex illa impia persuasione adversariorum, quae sentit, quod iusti reputemur coram Deo propria impletione legis, et iubet confidere non promissione misericordiae propter Christum donatae, sed nostra impletione legis.
Necesse est igitur statuere, quod certo post renovationem iusti, hoc est, accepti Deo simus, quod pacem habeamus coram Deo per misericordiam propter Christum et quod illa inchoatio legis in nobis non sit digna vita aeterna, Sed quod sicut remissio peccatorum et iustificatio imputatur per misericordiam propter Christum, non propter legem. Ita et vita aeterna cum iustificatione, non propter legem et nostrorum operum perfectionem, sed per misericordiam propter Christum offeratur, [n1v] Sicut ait Christus: Haec est
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weder | 390 Röm 4,15 | 391 Röm 14,23
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deru den son sihet und gleubet an ihnen, habe das ewige leben.“392 Item: „vder dav gleubet innw den son, hatt das ewige leben.“393
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Nu hie sind wol die widdersacher zu fragen, was sie doch den armen gewissen an der todtesstunde vor radt geben, ob sie die gewissen vertrösten, das sie sollen wol faren, selig werden, ein gnedigen Gott haben umb ihrs eigen verdienst willen odder aus Gottes gnade und barmhertzigkeit umb Christus willen? Denn Sanct Peter, Sanct Paul und dergleichen heiligen können nicht rhümen, das ihnen Gott fur ihr marter das [S2v] ewige leben schuldig sey, haben auch nicht auff ihr werck vertrauet, sondern auff barmhertzigkeit, inn Christo verheissen. | Und es were auch nicht müglich, das ein heiligerx, wie gros und hohe er ist, widder das anklagen Göttlichs gesetzs, widder die grosse macht des Teuffels, widder das schrecken des todtes und entlich widder verzweifelung und angst der helle solt bleiben odder bestehen könne, wenn er nicht die Göttliche zusage, das Evangelium, wie ein baum odder zweig ergrieffe inn der grossen fluet, inn dem starcken, gewaltigen strome unter den wellen und bulgen394 der todsangst, Wenn er nicht durch den glauben sich an das wort, wilchs gnade verkündiget, hielte und also one alle wercke, one gesetz, lauter aus gnaden das ewige leben erlanget. Denn diese lere allein erhelt die Christlichen gewissen inn anfechtungen und todtesengsten, von wilchen die widdersacher nichts wissen, und [sie] reden davon wie der blinde von der farbe. Hie werden sie aber sagen: So wir durch lauter barmhertzigkeit sollen selig werden, was ist denn fur ein unterscheid unter denen, die da selig werden, und [denen], die da nicht selig werden? Gilt kein verdienst, so ist kein unterscheid unter bösen und guten und folget, das sie zugleich selig werden. Das argument hat die Scholaster395 bewegt, das sie haben erfunden das „meritum condigni“; denn es mus ein unterscheid unter denen sein, die da selig werden und die verdampt werden. [S3r] Fur das erst aber sagen wir, das das ewige leben gehört denen, die Gott gerecht schetzet, und wenn sie sind gerecht geschetzet, sind sie damit Gottes kinder und Christi miterben worden, wie Paulus zu den Röm. am viii. sagt: „Wilche er hat gerecht gemacht, die hat er auch herrlich gemacht.“396 Darümb wird niemand selig, denn allein, die da gleuben dem Evangelio. Wie aber unser versünung gegen Gott ungewis, wenn sie solt auff unsern wercken stehen und nicht auff Gottes gnediger verheissung, wilche nicht feilen kann, Also auch were alles ungewis, was wir durch die hoffnung warten, wenn sie solte gebauet sein auff unserm verdienst und wercke. Denn Gottes gesetz klaget das gewissen an one unterlas, und [wir] fülen im hertzen nicht anders denn diese stimme aus der wolcken und feuerflammen Deutero. am v.: Ich bin der Herr, dein Gott, das solt du thuen, das bistu schuldig, das wil ich v–v
wer L45 | w an L45 | x cj.: heilige; heilige CR
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autem voluntas Patris mei, qui misit me, ut omnis, qui videt filium et credit in eum, habeat vitam aeternam.219 Et alibi: Qui credit in filium, habet vitam aeternam.220 Ac quaeramus adversarios, quid consilii dent morituris, Utrum iubeant eos sentire, quod reputentur iusti, et expectare vitam aeternam propter propria opera an vero per misericordiam propter Christum? Certe nec Paulus nec Laurentius dicent se propter propriam munditiem iustos reputandos esse aut sibi deberi vitam aeternam propter propria opera aut legis impletionem, sed sentient se reputari iustos et accipere vitam aeternam propter Christum per misericordiam. Nec possunt muniri piae mentes contra desperationem, nisi sentiant, quod per misericordiam propter Christum certo habeant et iustitiam et vitam aeternam, non propter legem. Haec sententia consolatur, erigit et salvat pias mentes. Quare adversarii, cum meritum condigni praedicant, abolent doctrinam de fide et mediatore Christo et adigunt conscientias ad desperationem.
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Sed dicat aliquis: Si per misericordiam salvandi sumus, quid interest inter hos, quibus contingit salus et quibus non contingit? Num pariter [n2r] sperabunt misericordiam boni et mali? Hoc argumento videntur moti Scholastici ad quaerendum meritum condigni. Necesse est enim discrimen esse inter salvandos et damnandos.
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Primum autem illud dicimus, cum iustificatione offerri vitam aeternam seu iustificatos esse filios Dei et coheredes Christi iuxta illud: Quos iustificavit, eosdeml et glorificavit.221 Igitur nullis contingit salus nisi iustificatis. Sicut autem iustificatio incerta esset, si penderet ex conditione operum nostrorum aut legis ac non gratis acciperetur propter Christum per misericordiam, Ita si spes niteretur operibus nostris, tunc vero esset incerta, quia lex semper
l
illos Vg Clem.
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Joh 6,40 | 220 Joh 3,36; 6,47 | 221 Röm 8,30
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Joh 6,40 | 393 Joh 3,36; vgl. Joh 6,47 | 394 Wogen (vgl. engl. „bulge“ Ausbuchtung) pejorative Bezeichnung für „Scholastiker“ | 396 Röm 8,30
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haben etc.397 Und kein gewissen kan ruhe haben ein augenblick, wenn das gesetz und Moses im hertzen drenget, ehe es Christum ergreifft durch den glauben. Es kan auch nicht recht hoffen das ewige leben, es sey denn erst zu ruhen. Denn ein gewissen, das da zweifelt, das fleuhet vor Gott und verzwifelt, das kan nicht hoffen. Nu mus aber die hoffnung des ewigen lebens gewis sein, damit sie nu nicht wancke, sondern gewis sey, so müssen wir gleuben, das wir das ewige leben haben nicht durch unsere wercke odder verdienst, sondern aus lauter gnaden durch den glauben an Christum. [S3v] Inn welthendeln und inn den weltlichen gerichtsstülen, da ist zweierley gnade und recht: Recht ist durch die gesetz und urteil gewis, gnade ist ungewis. Hie fur Gott [aber] ists ein ander ding; denn die gnade und barmhertzigkeit ist durch ein gewis wort zugesagt, und das Evangelium ist das wort, das uns gebeut zu gleuben, das uns Gott gnedig sey und selig machen wolle umb Christus willen, wie der Text laut: „Gott hat seinen son nicht inn die welt geschickty, das er die welt richte, sondern das die welt selig werde durch ihnen; wer inn ihnen gleubet, der wird nicht gericht.“398 Sooffte als man nu redet von barmhertzigkeit, so ists also zu verstehen, das glaub gefoddert wird, und derselbig glaub, der macht das unterschied unter denen, die selig werden, und unter denen, die verdampt werden, unter wirdigen und unwirdigen. Denn das ewige leben ist niemands zugesagt denn den versüneten inn Christo. Der glaub aber versünet und macht uns gerecht fur Gott, wenn und zu wilcher zeit wir die zusage durch den glauben ergreiffen. Und das gantz leben durch sollen wir Gott bitten und uns fleissigen, das wir den glauben bekomen und inn dem glauben zunemen; denn wie oben gesagt ist: Der glaub ist, wo busse ist, und ist nicht inn den, die nach dem fleisch wandeln.399 Derselbig glaub sol auch durch allerley anfechtunge das gantz leben durch wachssen und zunemen. Und wilche den glauben erlangen, die werden neu ge[S4r]born, das sie auch neu leben füren, gute wercke thun. Wie wir nu sagen, das die rechte buss sol das gantz leben durch weren, Also sagen wir auch, das die guten wercke und früchte des glaubens das gantz leben durch geschehen sollen, wiewol unser wercke nimmermehr so teuer werden, das sie solten dem schatze | Christi gleich sein odder das ewig leben verdienen. Wie auch Christus sagt: „wenn ihr alles gethan habt, so sprecht: Wir sein unnütze knecht“;400 und Sanct Bernhardus sagt recht: „Es ist not und du must erst gleuben, das du vergebung der sunde nicht haben könnest denn allein durch Gottes gnade, und darnach, das du auch sonst hernach kein gut werck haben und thun könnest, wenn Gott dirs nicht gibet, Entlich, das du das ewig leben mit keinen wercken verdienen kanst, wenn dir dasselbig auch nicht one verdienst geben wird“; und bald hernach: „Niemands wolle sich selbst verfüren, denn wenn du wirdest recht die sache bedencken, so wirdestu one zweifel finden, das duz mit zehentausent nicht akönnest entgegenkomena y
gesandt L45 | z er L45 | a – a könnte begegnen L45
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accusat conscientias. Nec possunt conscientiae reddi pacatae, nisi fide apprehendant misericordiam. Neque vero potest exsistere spes vitae aeternae nisi pacata conscientia. Nam conscientia dubitans fugit iudicium Dei ac desperat. Necesse est autem spem vitae aeternae certam esse. Ideoque, ut sit certa, sentiendum est, quod donetur vita aeterna per misericordiam propter Christum, non propter nostram impletionem legis.
In foro ac iudiciis hominum ius seu debitum certum est. Misericordia incerta est. Hic coram Deo alia res est. Nam misericordia habet clarum mandatum Dei. Nam Evangelium est hoc ipsum [n2v] mandatum, quod iubet | credere, quod Deus velit ignoscere et salvare propter Christum iuxta illud: Non misit Deus filium suum in mundum, ut iudicet mundum, sed ut salvetur mundus per ipsum. Qui credit in eum, non iudicatur.222
Quoties igitur de misericordia dicitur, intelligendum est fidem requiri. Et haec fides discrimen facit inter salvandos et damnandos, inter dignos et indignos. Est enim vita aeterna promissa iustificatis. Fides autem iustificat, quandocumque et quocumque tempore apprehendunt eam homines. Et per omnem vitam certare debemus, ut hanc fidem consequamur et confirmemus. Exsistit enim, ut supra diximus, haec fides in poenitentia, non in his, qui secundum carnem ambulant.223 Ac debet inter pericula temptationes per omnem vitam crescere. Et qui hanc fidem consecuti sunt, hi renati sunt, ut bene operentur, ut legem faciant.
Sicut igitur poenitentiam per omnem vitam requirimus, ita et bona opera requirimus, etsi nostra opera non sunt talia, ut pro eis debeatur vita aeterna. Sicut et Christus in hac sententia dixit: Cum feceritis omnia, dicite: servi inutiles sumus.224 Et Bernardus recte dicit: Necesse est primo credere, quod remissionem peccatorum habere non possis nisi per indulgentiam Dei. Deinde, quod nihil [n3r] prorsus habere queas operis boni nisi et hoc dederit ipse. Postremo, quod aeternam vitam nullis potes operibus promereri, nisi gratis detur et illa.225 Et paulo post: Nemo itaque se seducat, quia si bene cogitare voluerit;
222 Joh 3,17f | 223 Vgl. Röm 8,1. | 224 Lk 17,10 | 225 Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae I, 1, in: PL 183, 383.
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Vgl. Dtn 5,6–21; Ex 20,2–17. | 398 Joh 3,17f | 399 Vgl. Röm 8,1. | 400 Lk 17,10
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dem, der dirb mit zwentzigtausent begegnetc“401 etc.402 Das sind jhe starcke sprüche Sanct Bernhardi; sie möchten doch demselben gleuben, ob sie uns nicht gleuben wolten. Darümb, damit die hertzen ein rechten gewissen trost und hoffnung haben mügen, so weisen wir sie, wie Paulus thut, auff die Göttliche zusage der gnaden inn Christo und le[S4v]ren, das man müsse gleuben, das Gott nicht umb unsere wercke, nicht umb erfüllung des gesetzs unsε das ewige leben gibt, sondern umb Christus willen, wie Johannes, der Apostel, inn seiner Epistel spricht: „Wer den son hat, der hat das leben; wer den son nicht hat, der hat nicht das leben.“403 Hie haben die widdersacher ihr grosse kunst trefflich bewisen404 und den spruch Christi verkert: „Wenn ihr alles gethan habt, so sprecht: Wir sind unnütze knecht.“405 [Sie] Zihen ihn von wercken auff glauben, sagen vielmehr: wenn wir alles gleuben, sind wir unnütze knecht. Das sind jhe schendliche Sophisten, die die tröstliche lar vom glauben so gar verkeren! Sagt, ihr Esel, ζwenn einer daligt am tod und fület, das er keinη werck hat, das fur Gottes gericht gnug sey, und kan auff kein werck vertrauen, was wolt ihr demselben radten? Wolt ihr ihm auch sagen: Wenn du schon gleubest, so θbistu doch ein unnützer knecht und hilfft dich nicht!θ Da müssed ιdas arm gewissen κinn verzweifelung fallenκ, wenn es nicht weis, das das Evangelium λden glauben eben darümbλ foddert, dieweil wir untüchtige knecht sind und nicht verdienst haben. Darümb sol man sich hütenμ fur den Sophisten, so die wort Christi also lesterlich [zu] verkeren. Denn νes folget nicht: die werck helffen nicht, darümb hilfft der glaub auch nicht. Wir müssen den groben Eseln ein grob Exempel geben: Es folget nicht, derν heller hilfft nicht, Darümb [T1r] ξhilfft b
nicht in L45 | c über ihn kommt L45 | d cj.: musse; müsse CR
ε und CR | ζ Von hier an bis „Göttlichen Verheissung“ (S. 386,6) weitestgehende Übereinstimmung mit dt. 8° (1533). Abweichungen sind angegeben. | η danach: gut dt. 8° (1533) | θ – θ ists doch vergeblich? dt. 8° (1533) | ι davor: ja dt. 8° (1533) | κ – κ verzagen dt. 8° (1533) | λ – λ eben derhalben glauben dt. 8° (1533) | μ in dt. 8° (1533) nach Sophisten | ν – ν Der mensche kan ihm nicht helffen, darümb kan ihm Gott nicht helffen; eigne heiligkeit hilfft uns nicht. Darümb kann uns barmhertzigkeit nicht helffen. Die Esel wissen wol, das klein und grosse nicht gleich sind, das mans auch inn der Schul nicht also leret gegenander vergleichen. Ein dt. 8° (1533) | ξ – ξ helffen tausent gülden nicht. Denn dt. 8° (1533) 401 Lk 14,31 | 402 Vgl. Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae I, 2, in: PL 183, 383. | 403 I Joh 5,12 | 404 Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 93,9–14: „Nam si factores inutiles se dicere debent, quanto magis his, qui solum credunt dicere convenit, si credideritis omnia, dicite: Servi inutiles sumus. Non ergo haec vox Christi extollit fidem sine operibus, sed docet, quod opera nostra nihil utilitatis deo afferunt, quod operibus nostris non debemus inflari, quod opera nostra comparata divinis praemiis nulla sunt et nihil“ (deutsch: ebd., 92,12–20). 405 Lk 17,10
m danach: quae praecepta sunt vobis, lat. 4° (1531) | n – n Haec verba clare dicunt, quod Deus salvet per misericordiam et propter suam promissionem, non quod debeat propter dignitatem
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inveniet procul dubio, quod nec cum decem millibus possit occurrere ei, qui cum viginti millibus venit ad se226 etc.
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Nos igitur, ut conscientiae certam consolationem et spem teneant, revocamus homines ad promissionem Christi et docemus, quod necesse sit credere, quod Deus propter Christum, non propter legem remittat peccata, iustificet et donet vitam aeternam iuxta illud: Qui habet filium, habet vitam.227
Sed operae pretium est audire, quomodo eludant adversarii dictum Christi:j Cum feceritis omnia,m dicite: servi inutiles sumus.228 nIn confutatione sic corrumpunt, primum faciunt Antistrephon.n 229 Multo magis, inquiunt, dici potesto: Si credideritis omnia, dicite: servi inutiles sumus. Deinde addunt opera inutilia esse Deo, nobis vero non esse inutilia. Videte, quam delectet adversarios puerile studium Sophistices! Et quamquam hae ineptiae indignae sint, quae refutentur, tamen paucis respondebimus.
[n3v] Antistrephonp est vitiosum, quiaq decipiuntur adversarii in vocabulo fidei, quod si significaret rnotitiam historiae aut si diceremus, quod fides propter suam dignitatem salvaret, valeret similitudo multo magis nos servos inutiles esse, si crediderimus.r Sed nos loquimurs de fiducia promissionis et misericordiae Deit. Et haec fiduciau fatetur nos esse servos inutiles. Imo haec vest vera vox fideiv, quod opera nostra sint indigna, wquod simus servi inutiles. Et ob hanc unam causam de fide loquimur et quaerimus misericordiam, quia agnoscimus nos esse servos inutiles.w Fides enim ideox salvat, quia apprehendit misericordiam seu promissionem gratiae, etiam si yopera nostra sunty
operum nostrorum. Sed adversarii mirifice ludunt hic in verbis Christi. Primum faciunt ἀντιστρέφον et in nos retorquent. lat. 4° (1531) | o posse lat. 4° (1531) | p Ἀντιστρέφον lat. 4° (1531) q Primum enim lat. 4° (1531) | r – r nobis notitiam illam historia, quae etiam in impiis et diabolis est, recte ratiocinarentur adversarii fidem inutilem esse, cum dicunt: Cum credideritis omnia, dicite: Servi inutiles sumus. lat. 4° (1531) | s non de notitia historiae, sed lat. 4° (1531) | t danach: loquimur lat. 4° (1531) | u danach: promissionis lat. 4° (1531) | v – v confessio lat. 4° (1531) w – w est ipsa vox fidei, sicut apparet in hoc exemplo Danielis, quod paulo ante citavimus: Non in iustificationibus nostris prosternimus preces etc. lat. 4° (1531) | x nicht in lat. 4° (1531) | y – y nostra opera sint lat. 4° (1531) 226 Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae I, 2, in: PL 183, 383; vgl. Lk 14,31. | 227 I Joh 5,12 | 228 Lk 17,10 | 229 Analogia, mutua collatio. Vgl. Melanchthon, Erotemata dialectices, in: CR 13, 547.
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der gülden auch nicht.ξ Also wie derο gülden viel höher und stercker istπ denn der heller, sol man verstehen, das gleubenρ viel höher und stercker ist denn werck. Nicht, das gleubenσ helff τumb seiner wirdigkeit willen,τ | sondern darümb, das er auff Gottes verheissung und barmhertzigkeit vertrauet; glaub ist starck nicht umb seiner wirdigkeit willen, sondern von wegen der Göttlichen verheissung. Und darümb verbeut Christus hie vertrauen auff eigene werck, denn sie können nicht helffen. Dagegen verbeut er nicht, [zu] vertrauen auff Gottes verheissung. Ja, er foddert dasselbig vertrauen auff Gottes verheissung eben darümb, dieweil wir untüchtige knecht sind und die wercke nicht helffen können.
Derhalben ziehen die böswicht die wort Christi [zu] unrecht von vertrauen eigener wirdigkeit auff vertrauen Göttlicher zusage; damit ist ihr Sophisterey klar verlegt406 und auffgelöset. Der Herr Christus wölle die Sophisten, so sein heiliges wort also zerreissen, bald zuschanden machen! Amen.
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tausent dt. 8° (1533) | π sind dt. 8° (1533) | von wegen eigner wirdigkeit dt. 8° (1533)
ρ
glaube dt. 8° (1533) |
σ
τ–τ 406
widerlegt
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glaube dt. 8° (1533)
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indigna. Et in hanc sententiam nihil laedit nos Antistrephonz: Cum credideritis omnia, dicite: servi inutiles asumus. Recte dicitur, si tantum intelligatur operibus detrahi dignitas.a Sed si bsic intelligatur, quod etiam fides sit inutilis, non valet similitudo:b Cum feceritisc omnia, nolited confidere operibuse, Ita: cum fcredideritis, nolitef confidere promissione Deig. Haec non cohaerent, sunt enim dissimilimaτ. Dissimiles causae, dissimilia obiecta fiduciae sunt in priore propositione et in posteriore. Fiducia in priore est fiducia nostrorum [n4r] operum. Fiducia in posteriore est fiducia promissionis divinae. Christus autem damnat fiduciam nostrorum operum, non damnat fiduciam promissionis suae. Non vult nos de gratia et misericordia Dei desperare. Arguit opera nostra tamquam indigna, non arguit promissionem, quae gratis offert misericordiam. Et praeclare hic inquit Ambrosius: Agnoscenda est gratia, sed non ignoranda natura.230 Promissioni gratiae confidendum est, non naturae nostrae. Sed adversarii suo more faciunt. Scelesteh detorquent | sententias pro fide itraditas contra fidei doctrinam. Nam haec cavillatio totum Evangelium abrogat: Cum credideritis omnia, dicite fidem inutilem esse. Nonne Evangelium pollicetur remissionem peccatorum et salutem etiam his, qui nulla prorsus habent bona opera, Si tamen convertantur et non desperent, sed fide in Christum consequantur remissionem peccatorum? Num iubent adversarii desperare hos, quorum conscientiae nulla inveniunt bona opera, quae opponere iudicio Dei possint? Num his dicent fidem inutilem esse? Male pereant isti Sophistae cum talibus calumniis, quae totum Evangelium evertunt! abrogant gratuitam remissionem peccatorum; eripiunt piis conscientiis firma solatia.i [n4v] Illa veroj cavillatio plane puerilis est, cum interpretantur servos inutiles, quia opera Deo sint inutilia, nobis vero sint utilia. At Christus de ea utilitate loquitur, quae constituit nobis Deum debitorem gratiae. Quamquam alienum est hoc loco disputare de utili aut inutili. Nam servi inutiles significant insufficientes, quia nemo tantum timet, tantum diligit Deum, tantum credit Deo, quantum koportuit, nemo satisfacit legi.k Sed missas faciamus has frigidas cavillationes adversariorum, de quibus, quid iudicaturi sint homines, si quando proferentur in lucem, facile possunt existimare viri prudentes. In verbis maxime planis et perspicuis repererunt rimam. At nemo non videt in illo loco fiduciam nostrorum operum improbari. z ἀντιστρέφον lat. 4° (1531) | a – a sumus, videlicet quod opera nostra sint indigna; hoc enim cum tota Ecclesia docemus, quod per misericordiam salvemur. lat. 4° (1531) | b – b ex simili ratiocinari volunt. lat. 4° (1531) | c feceris lat. 4° (1531) | d noli lat. 4° (1531) | e danach: tuis lat. 4° (1531) f – f credideris omnia, noli lat. 4° (1531) | g divina lat. 4° (1531) | h contra fidei doctrinam lat. 4° (1531) | i – i traditas. Verum haec spinosa reiciamus ad scholas! lat. 4° (1531) | j nicht in lat. 4° (1531) | k – k oportuit. lat. 4° (1531) τ
dissimilia lat. 8° (1542/1559)
230 Ambrosius von Mailand, Expositio Evangelii secundum Lucam VIII, 32 (zu Lk 17,10), in: PL 15, 1774 (CSEL 32/4, 406,12f).
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Die widdersacher aber wollen beweisen, das wir das ewig leben mit wercken verdienen de condigno, damit, das das ewig leben wird genennet „ein lohn“.407 Wir wollen darauff kurtz und richtig antworten. Paulus nennet das ewige leben ein geschenck und gabe,408 denn wenn wir durch den glauben gerecht werden, so werden „wir Gottes sonee und miterben Christi.“409 An einem andern ort aber stehet ge[T1v]schrieben: „Euer lon ist reichlichf im himel.“410 Wenn nu die widdersacher düncket, das dieses widdernander sey, so mügen sie es ausrichten; sie thun, wie sie pflegen, sie lassen das wort „donum“ aussen und lassen allenthalben aussen das heuptstücke, wie wir fur Gott gerecht werden, Item, das Christus allezeit der mitler bleibt. Und [sie] klauben darnach heraus das wort „merces“ odder lon und legen denn dasselbige ihres gefallensg auffs ergst aus, nicht allein widder die schrifft, sondern auch widder gemeinen brauch zu reden, und [sie] schliessen denn also: Da stehet inn der schrifft „Euer lon“ etc., Darümb sind unsere wercke so wirdig, das | wir dadurch das ewig leben verdienen. Das ist gar ein neu dialectica! da finden wir das entzele wort lon, darumb thun unsere werck volkömlich gnug dem gesetz, darümb sind wir durch unsere wercke Gott angenem, dürffen keiner gnade noch keines mitlers Christi. Unsere gute wercke sind der schatz, dadurch das ewig leben erkaufft und erlanget wird. Darümb können wir durch unsere gute wercke das erste, höchst gebot Gottes und das gantz gesetz halten. Weiter können wir auch thun „opera supererogationis“, das ist, ubrige werck und mehr denn das gesetz fodert. Darümb haben die Mönche, so sie mehr thun, denn sie schüldig sein, uberigen, uberflüssigen verdienst; den mügen sie andern schencken odder umb gelt mitteilen und mügen des geschencks als die neuen Götter ein neu Sacrament einsetzen, damit sie bezeugen, das sie ihre verdienst jhenen verkaufft [T2r] und mitteilet haben, wie denn die Barfusen Mönche und ander orden unverschampt gethan, das sie den todten Cörpern haben ordenskappen angezogen.411 Das sind feine, starcke gründe, wilche sie alle aus der einigen syllaben lon spinnen können, damit sie Christum und den glauben vertunckeln.
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Erben L45 | f groß L45 | g cj.: gefallen; gefallens CR
407 Vgl. Confutatio VI und XX, in: Immenkötter, Confutatio, 93,13 („praemia“; deutsch: „belonung“ [92,20]) und 123,5–21 (deutsch: ebd., 122,5–27). Vgl. auch Johannes Mensing, Bescheidt || Ob der Glaube alleyn: on alle gute || wercke dem menschen genug sey zur seligkeyt etc. || Darynn vorgeleget werden / die zwey vngegründte vnd vnchristli||che lasterbüchlyn Nicol Amsdorffs / Den frommen || Christen zu Goslar vnd Brunschwygk || sonderlich zu geschrieben [...], Leipzig: Jakob Thanner 1528 (VD 16 M 4646), 44v: „Wer wil aber das thun, das unnütze ist? odder davon er nicht verhoffet etwas gewinst odder nutzes zu haben?“ | 408 Vgl. Röm 6,23; 8,17. | 409 Röm 8,17 | 410 Lk 6,23; vgl. Mt 5,12. | 411 Die Bestattung im Gewand irgendeines Ordens war im Mittelalter weithin gebräuchlich.
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Sed adversarii reclamant, quod vita aeterna debeatur de condigno pro bonis operibus, quiaυ vita aeterna vocetur merces.l 231 Breviter et plane respondemus. Paulusm vitam aeternam donum appellat, quia ncum reputamur iustin propter Christum, Simul efficimur filii Dei et coheredes Christi.232 oAlibi vero scriptum est: Merces vestra copiosa eritp in caelis.233 Haec, si videntur adversariis qinter seq pugnare, ipsi expediant. Sed parum aequi iudices sunt. [n5r] Nam doni vocabulum omittunt, omittunt et fontes totius negotii, rquomodo iustificentur homines, quod perpetuo sit mediator Christus. Interimr excerpunt vocabulum mercedis. Idque acerbissime interpretantur non solum contra scripturam, sed etiam contra sermonis consuetudinem. Hinc ratiocinantur, quia merces nominatur, ideos opera nostra sunt eiusmodi, quae debeant esse pretium, pro quo debetur vita aeterna.t Plane nova est haec Dialectica. Vocabulum audimus Mercedis. Igitur uopera nostra legi satisfaciunt, igitur sumus accepti Deo propter opera nostra nec indigemus misericordia aut propitiatore Christo aut fide apprehendente misericordiam. Ac ingentem Soritenu Chrysippeo more vcumulant. Bona operav sunt pretium, pro quo debetur wvita aeterna. Bona opera legi Dei satisfaciunt. Et praeter haec fieri possunt opera supererogationis. Non solum igitur legi Dei satisfacere homines possunt, sed etiam amplius facere. Et quia Monachi amplius faciunt, supersunt eis merita. Et quoniam liberalitas est largiri aliis de eo, quod superest, licet donare illa merita aliis. Affingunt et sacramentumw huius donationis, mortuis xcircumdant cucullos, ut testentur eis applicata esse aliena merita.x Talibus coacervationibus beneficium Christi [n5v] et iustitiamy fidei zobscurant adversarii.z l
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l – l lat. 4° (1531): s. QuM I, 484,25–485,39. [Teneamus igitur ... bona opera] | m danach: Roma. vi. lat. 4° (1531) | n – n donata iustitia lat. 4° (1531) | o davor: Sicut ait Iohannes: Qui credit in filium, habet vitam aeternam. Et Augustinus inquit et hunc secuti alii multi idem dixerunt: Dona sua coronat Deus in nobis lat. 4° (1531) | p est Vg Clem | q – q nicht in lat. 4° (1531) | r – r et lat. 4° (1531) | s igitur lat. 4° (1531) | t danach: Sunt igitur digna gratia et vita aeterna nec indigent misericordia aut mediatore Christo aut fide. lat. 4° (1531) | u – u lat. 4° (1531): s. QuM I, 486,13–21 [nihil opus ... Haec portenta] | v – v coacervant hac una voce mercedis audita. Merces appellatur, igitur habemus opera, quae lat. 4° (1531) | w – w merces. Igitur opera per sese, non propter mediatorem Christum placent. Et cum alius alio plura habeat merita, Igitur quibusdam supersunt merita. Et haec merita donare aliis possunt isti, qui merentur. Mane lector, nondum habes totum Soriten. Addenda sunt enim certa sacramenta lat. 4° (1531) | x – x induitur cucullus etc. lat. 4° (1531) | y iustitia lat. 4° (1531) | z – z obscurata sunt. lat. 4° (1531) υ
qua lat. 4° (1540)
231
Vgl. o. S. 388, Anm. 407. | 232 Röm 8,17; vgl. 6,23. | 233 Mt 5,12; vgl. Lk 6,23.
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Wir aber zancken nicht umb das wort lon, sondernh von diesen grossen, hohen, allerwichtigsten sachen, nemlich, wo Christliche hertzen rechten gewissen trost suchen sollen, Item, Ob unsere werck die gewissen können zu ruhen odder fride bringen, Item, ob wir halten sollen, das unsere werck des ewigen lebens wirdig sind odder ob es umb Christus willen geben werde. Dieses sind die rechten fragen inn diesen sachen, wenn da die gewissen nicht recht bericht sein, so können sie keinen gewissen trost haben. Wir aber haben klar gnug gesagt, das die guten wercke das gesetze nicht erfüllen, das wir Gottes barmhertzigkeit bedürffen und das wir durch den glauben Gott angenem werden und das die guten wercke – sie sein wie köstlich, [wie] sie wollen, wenn es auch Sanct Pau|lus wercke selbst weren – kein gewissen können zu ruhe machen. Aus dem allem folget, das wir sollen gleuben, das wir das ewige leben erlangen durch Christum aus gnaden, nicht umb der wercke odder des gesetzes willen. Was sagen wir aber von dem lon, wilches die schrifft gedenckt? Fur das erste, wenn wir sag[T2v]ten, das das ewige leben werde ein „lohn“ genent darümb, das es den gleubigen Christi aus der Göttlichen verheissung gehöret, so hetten wir recht gesagt. Aber die schrifft nennet das ewige leben einen lohn, nicht das Gott schüldig sey, umb die werck das ewige leben zu geben, sondern, nachdem das ewig leben sonst geben wird aus andern ursachen, das dennoch damit vergolten werden unsere werck und trübsal, ob schon der schatz so gros ist, das ihn Gott uns umb die werck nicht schuldig were. Gleich wie das erbteil odder alle güter eins vaters dem son geben werden und sind ein reiche vergleichung und belohnung seins gehorsams. Aber dennoch entpfehet er das erbe nicht umb seines verdiensts willen, sondern das es ihm der vater gan412 als ein vater etc. Darümb ists gnug, das das ewige leben deshalben werde ein lohn genennet, das dadurch vergolten werden die trübsaln, so wir leiden, und die wercke der liebe, die wir thun, ob es wol damit nicht verdienet wird. Denn es ist zweierley vergelten, eins das man schuldig ist, das ander, das man nicht schuldig ist, als, so der Keiser eim diener ein Fürstenthumb gibt, damit wird vergolten des dieners arbeit, und ist doch die arbeit nicht wirdig des Fürstenthumbs, sondern der diener bekennet, es sey ein gnadelehen. Also ist uns Gott umb die werck nicht schuldig das ewige leben. Aber dennoch, so ers gibt umb Christus willen den gleubigen, so wird damit unser leiden und werck vergolten. [T3r] Weiter sagen wir, das die gute wercke warlich verdienstlich und „meritoria“ sein, Nicht, das sie vergebung der sunde uns solten verdienen odder fur Gott gerecht machen. Denn sie gefallen Gott nicht, sie geschehen denn von
h
cj.: ondern
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gegeben hat
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Non movemus inanem λογομαχίαν de vocabuloa. bDe magna re litigamus: Unde debeant piae mentes certam spem salutis concipere, Utrum bona opera possint conscientias reddere pacatas, Utrum sentire debeant ita contingere vitam aeternam, si bona opera opponant iudicio Dei, an vero debeant sentire, quod propter Christum per misericordiam reputentur iusti et consequantur vitam aeternam. Haec veniunt in controversiam, quam nisi diiudicet conscientia, non potest habere firmam et certam consolationem. Nos autem satis clare ostendimus, quod bona opera non satisfaciant legi Dei, quod habeant opus misericordia, quod fide | simus accepti Deo propter Christum, quod bona opera non reddant pacatam conscientiam. Ex his omnibus sequitur, quod oporteat sentire, quod propter Christum per misericordiam, non propter legem, iustificati consequantur vitam aeternam.
Quid igitur de mercede? Primum, si diceremus: Vitam aeternam dici mercedem, quia debetur iustificatis propter promissionem, nihil absurdi di[n6r] ceremus. Sunt enim ordinata inter se haec dona, Sicut et Augustinus ait: Dona sua coronat Deus234 in nobis. Sed scriptura vitam aeternam vocat mercedem, non quia propter opera debeatur, sed quia compenset afflictiones et opera, et si propter aliam causam contingit. Sicut hereditas venit filio familias non propter officia sua et tamen est merces et compensatio officiorum filii.
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Satis est igitur nomen mercedis hac ratione convenire vitae aeternae, quia vita aeterna compensat bona opera et afflictiones. Non est igitur vita aeterna merces, quia opera sufficiant, quia debeatur pro operibus. Sed consecutive, quia, cum propter aliam causam contigit, tamen compensat opera et afflictiones.
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Praeterea concedimus opera vere esse meritoria, non remissionis peccatorum aut iustificationis. Non enim placent nisi in iustificatis propter fidem. Nec sunt digna vita aeterna. Sicut enim iustificatio, ita vivificatio fide contingit
a danach: mercedis lat. 4° (1531) | sciamus Ecclesiam]
b–b
lat. 4° (1531): s. QuM I, 486,29–491,17 [Si concedent ...
234 Augustinus, De gratia et libero arbitrio VI, 15, in: PL 44, 890: „Dona sua coronat Deus, non merita tua.“
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denjhenigen, welchen die sunde schon vergeben sind. So sind sie auch nicht werd des ewigen lebens, sondern sie sind verdienstlich zu andern gaben, welche inn diesem und nach diesem leben gegeben werden. Denn Gott, der verzeuhet413 viel gaben bis inn jhenes leben, da nach diesem leben Gott die Heiligen wird zu ehren setzen. Denn hie inn diesem leben wil er den alten Adam creutzigen und tödten mit allerley anfechtunge und trübsaln. Und dahin gehört der spruch Pauli: „Ein jederi wird lohn empfahen nach seiner arbeit.“414 Denn die seligen werden belohnung haben, einer | höher denn der ander. Solch unterschied macht der verdienst, nachdem er nu Gott gefelt, und ist verdienst, dieweil diejhenigen solche guteυ werck thun, die Gott zu kinder und erben angenomen hat, so haben sie denn eigen und sonderlichen verdienst wie ein kind fur dem andern. Die widdersacher ziehen auch andere sprüche an, zu beweisen, das die werck das ewig leben verdienen, als diese: Paulus sagt415: „Er wird einem jedemj geben nach seinen wercken.“416 Item, Johannis am v.: „Die gutes gethan haben, werden aufferstehenk zur aufferstehung des lebens.“417 Item, Matthei am xxv.: „lMich hat gehungertl, und ihr habt [T3v] mich gespeiset.“418 Antwort: Diese sprüche alle, wilche die werck loben, sollen wir verstehen nach der regeln (wilche ich oben gesagtφ habe),419 nemlich, das die werck ausserhalb Christo Gott nicht gefallen und das man inn keinen weg ausschliessen sol den mitler Christum. Darümb, so der Text sagt, das das ewig leben werde geben den, „die gutes gethan haben“,420 so zeigt er an, das es werde denjhenigen geben, die durch den glauben an Christum zuvor gerecht sein worden. Denn Gott gefallen keine gute wercke, es sey denn der glaub dabey, dadurch sie gleuben, das sie Gott angenem sein umb Christus willen; und wilche also durch den glauben sind gerecht worden, die bringen gewislich gute werck und gute früchte, als der text saget: „mMich hat gehungertm, und ihr habt mich gespeiset“421 etc. Da mus man ja bekennen, das Christus nicht allein das werck verstehe, sondern das hertz haben wolle, das da recht von Gott haltet und gleubet, das es Gott gefalle durch barmhertzigkeit. Also leret Christus, das das ewig leben den gerechten gegeben wird, wie dabey Christus spricht: „Die gerechten werden ins ewig leben gehen.“422 Und [er] nennet doch droben die frücht, das wir lernen sollen, das gerechtigkeit und glaube nicht ein heuchley, sondern ein neu leben sey, da gute werck müssen folgen. Wir suchen hie nicht ein unnötige subtilitet, sondern es hat grosse ursache, warümb man inn diesen fragen ein gewissen bericht mus haben. Denn alsbald, wenn man den widdersachern [T4r] zulesset, das die wercke das i
jeglicher L45 | j jeglichen L45 | bin hungrig gewesen L45 υ
k
hervorgehen L45 |
l–l
ich bin hungrig gewesen L45 |
m–m
ich
nicht in CR | φ gefaßt CR
413 schiebt auf | 414 I Kor 3,8 | 415 Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 91,14f (deutsch: ebd., 90,24f). | 416 Röm 2,6 | 417 Joh 5,29 | 418 Mt 25,35 | 419 Vgl. o. S. 361,19–24;
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propter Christum, sed sunt meritoria aliorum praemiorum corporalium et spiritualium, quae redduntur tum in hac vita, tum post hanc vitam. Differt enim Deus pleraque praemia, donec glorificet sanctos post hanc vitam, quia vult eos in hac vita exerceri ad mortifi[n6v]candum veterem hominem. Evangelium gratis exhibet promissionem iustificationis et vivificationis propter Christum. At in lege non gratis, sed pro operibus offertur et debetur merces. Cum igitur opera sint quaedam impletio legis, recte dicuntur meritoria, recte dicitur eis deberi merces. Et haec merces parit gradus praemiorum iuxta illud Pauli: Unusquisque accipiet mercedem iuxtac suum laborem.235 Hi gradus sunt merces operum atque afflictionum.
Sed contendunt adversarii vitam aeternam proprie deberi pro operibus, quia Paulus ait: Reddet unicuique secundum opera eius.236 Iohan. 5.: Qui bona fecerunt in resurrectionem vitae.237 Matth. 25.: Esurivi et dedistis mihi manducare.238 In his locis omnibus, in quibus opera laudantur, necesse est ad Canonem supra traditum recurrere, quod opera non placeant sine Christo, quod non sit excludendus mediator Christus. Quare cum textus ait: operibus reddit vitam aeternam, Significat reddi iustificatis, quia non placent Deo bona opera nisi in iustificatis, hoc est in his, qui sentiunt se acceptos esse Deo propter Christum. Et iustificati necessario pariunt bona opera seu bonos fructus ut: Esurivi et dedistis mihi cibumd.239 Hic, cum dicitur reddi vita [n7r] aeterna his operibus, intelligitur reddi iustitiae. Fidem igitur complectitur, cum nominat fructus. Porro scriptura nominat fructus, ut ostendat requiri non hypocrisin, sed iustitiam, quae sit efficax et quaedam nova vita pariens bonos fructus.
Nec nos aliquam otiosam subtilitatem hic affectamus. Sunt enim gravissimae causae, propter quas haec disputamus. Et enim si largiamur adversariis, quod
c
secundum Vg Clem. | d manducare Vg Clem.
235
I Kor 3,8 | 236 Röm 2,6 | 237 Joh 5,29 | 238 Mt 25,35 | 239 Mt 25,35
365,4–7 u. ö. (deutsch: 360,23–31; 364, 6–10). | 420 Joh 5,29 | 421 Mt 25,35 | 422 Mt 25,46
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ewige leben verdienen, bald spinnen sie diese ungeschickte lere daraus, das wir vermügen, Gottes gesetz zu halten, das wir keiner barmhertzigkeit bedürffen, das wir fur Gott gerecht sein, das ist, Gott angenem durch unsere wercke, nicht umb Christus willen, das wir auch „opera supererogationis“423 und mehr thun können, denn das gesetz erfoddert. Also wird denn die gantze lere vom glauben gar unterdrückt; sol aber ein Christliche kirche sein und bleiben, so mus jhe die reine lere von Christo, von gerechtigkeit des glaubens erhalten werden. Darümb müssen wir solche grosse Phariseische irthumb anfechten, damit wir den namen Christi und die ehre des Evangelii und Christi erretten und den Christlichen hertzen ein rechten, bestendigen, gewissen trost erhalten. Denn wie ist es müglich, das ein hertz odder gewissen könne zu ruhen komen odder die seligkeit hoffen, wenn inn anfechtungen und todtesengsten fur Gottes urteil und augen unsere werck so gar zu staub werden, wo es nicht durch glauben des gewis wird, das wir selig werden aus gnaden umb Christus willen, nicht umb unser werck, umb unser erfüllung des gesetzes. Und freilich Sanct Lorentz, da er auff dem Rost gelegen und umb Christus willen gemartert [wurde],424 ist nicht also gesynnet gewest, das dasselbige sein werck Gottes gesetz volkömlich und rein erfüllet, das er one sunde were, das er des mitlers Christi odder der gnade nicht dürffet. Er hats [T4v] freilich bleiben lassen bey dem wort des Propheten Davids: „nDu wollestn nicht inn gericht geheno, Herre, mit deinem knecht“425 etc. Sanct Bernhardus hat auch nicht gerhümet, das sein wercke wirdig weren des ewigen lebens, da er spricht: „Perdite vixi“426, Ich habe sundlich gelebt etc. Doch richtet er sich getrost widder auff, heltet sich an die verheissung der gnade und gleubet, das er umb Christus willen vergebung der sunde habe und das ewig leben, wie der Psalm saget: „Wol pdenen, welchenp die sunde vergeben seinq“,427 und Paulus zu den Römern am iiii.: „rDis istr des menschen
n–n
Und gehe L45 | o nicht in L45 | p – p dem, dem L45 | q sind L45 | r – r daß sei L45
423 Vgl. CA XXVII, o. S. 160–187, bes. 185,19–187,3. | 424 Römischer Märtyrer, Diakon unter dem römischen Bischof Sixtus II., Helfer in Feuergefahr. Seine häufigsten Attribute sind der Rost und ein Kelch mit Goldstücken. Vgl. Johannis Plinius, De S. Laurentio Archidiacono ac Martyre, Romae, in: Acta Sanctorum Augusti. Bd. 2, hg. Jean-Baptiste Du Sollier u.a., Antwerpen 1735, 485–487. | 425 Ps 143 (Vg 142),2 | 426 Bernhard von Clairvaux, Confessionis Privatae Formula (zugeschrieben) und Sermones in Cantica XX, in: PL 183, 773. 867. | 427 Ps 32 (Vg 31),1
e–e f–f φ
cj.: plusquam; plus quam lat. 8° (1580); plusquam lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559) in conspectu tuo Vg Clem. | g accepto fert Vg Clem.
contingat lat. 4° (1540)
240
Ps 143 (Vg 142),2 | 241 Bernhard von Clairvaux, Confessionis Privatae Formula (zugeschrieben) und Sermones in Cantica XX, in: PL 183, 773. 867. | 242 Ps 32 (Vg 31),1 | 243 Röm 4,6 244 Kanonische Aussprüche
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opera mereantur vitam aeternam, mox attexunt illa absurda, quod opera legi Dei satisfaciant, quod non habeant opus misericordia, quod simus iusti, hoc est, accepti Deo propter nostra opera, non propter Christum, quod eplus quame legem facere homines possint. Ita tota doctrina de iustitia fidei obruitur. Est autem necessarium retinere in Ecclesia puram doctrinam de iustitia fidei. Quare cogimur Pharisaicas opiniones adversariorum reprehendere, et ut gloriam Christi illustremus et ut conscientiis firmas consolationes proponamus. Quomodo enim concipiet conscientia firmam spem salutis, cum in iudicio sentiet opera indigna esse, nisi sciet homines reputari iustos et salvari per misericordiam propter Christum, non propter propriam legis impletionem?
An Laurentius in [n7v] craticula sentiebat se hoc opere legi Dei satisfacere, se sine peccato esse, se non indigere mediatore Christo et misericordia Dei? Ille vero non dissensit a Propheta, qui ait: Non intres in iudicium cum servo tuo, quia non iustificabitur fcoram tef omnis vivens.240
Bernardus fatetur sua opera non esse digna vita aeterna, cum inquit: perdite vixi.241 Sed erigit se et spem salutis concipit inde, quod sentit propter Christum per misericordiam donari remissionem peccatorum et vitam aeternam, Sicut Psalmus docet: Beati, quorum remissae sunt iniquitates.242 Et Paulus ait: David dicit beatitudinem hominis, cui Deus imputat iustitiamg sine operibus.243 Hunc ait Paulus beatum esse, cui imputatur iustitia per fidem in Christum, etiamsi nulla habeat bona opera. Talibus consolationibus erigendae sunt conscientiae et confirmandae, quod propter Christum per fidem contingantφ remissio peccatorum, reputatio iustitiae et vita aeterna. Quod si in locis de operibus hoc modo fides intelligetur, nihil officiunt nostrae sententiae. Et profecto necesse est semper addere fidem, ne excludamus mediatorem Christum. Fidem autem bona opera sequi debent, quia fides sine bonis operibus hypocrisis est. Habent et in Scholis quaedam apophtheg[n8r]mata244 consentanea nostrae sententiae, qualia sunt, quod bona opera placeant Deo propter gratiam, Item, quod sit confidendum gratiae Dei. Haec dicta parum commode interpretantur. Veteres enim sentiebant confidendum esse gratiae, hoc est, misericordiae Dei promittentis, quod propter Christum simus accepti. At recentiores fiduciam transferunt ad nostrum opus. Sentiunt confidendum
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seligkeit, swenn ihms die gerechtigkeit wirdett zugerechnet one wercke.“428 So sagt nu Paulus: Der sey selig, welchem die gerechtigkeit wird zugerechnet durch den glauben an Christum, ob er gleich kein gute wercke gethan hat. Das ist der rechte bestendige trost, welcher inn anfechtungen bestehet, damit die hertzen und gewissen können gesterckt und getröstet werden, nemlich, das umb Christus willen durch den glauben uns vergebung der sunde, gerechtigkeit und ewiges leben geben wird. Wenn nu die sprüche, so von wercken reden, dermas verstanden werden, das sie den glauben mit begreiffen, so sind sie gar nichts widder diese lere. Und man mus allzeit den glauben mit begreiffen, damit wir den mitler Christum nicht ausschliessen. Dem glauben aber folget erfüllung des gesetzs, denn der heilig geist ist da, der macht ein neu leben. Das sey gnug von diesem artikel.
s–s
welchem Gott L45 | t nicht in L45
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esse gratiae, hoc est, dilectioni, qua nos Deum diligimus. Haec interpretatio est vitiosa. Non enim debemus confidere nostra dilectione, cum sit immunda et exigua, sed promissione misericordiae. Iactatur et hoc, quod bona opera valeant virtute passionis Christi. Recte dictum est, sed fidei mentionem fieri oportuit in his sententiis. Non enim communicatur nobis meritum passionis Christi, nisi id fide apprehendamus et opponamus adversus terrores peccati et mortis. Paulus enim inquit: Christus est propitiatio per fidem.245 Item Ecclesia in omnibus precationibus addit: per Dominum nostrum Iesum Christum.246 Hic etiam admonendi sunt homines de fide. Significat enim Ecclesia nostra opera et nostras preces Deo placere, si credamus Deum nobis propitium et nos exaudire propter Pontificem Christum. [n8v] Haec in praesentia sufficiant de hoc loco. Scimus autem hanc sententiam quam defendimus Evangelio consentaneam esse et piis conscientiis firmissimas consolationes afferre. Ideo piae mentes non patiantur se ab hac sententia propter iniqua et calumniosa iudicia adversariorum abduci. Scriptura praedicit futurum esse, ut in Ecclesia grassentur mali doctores, qui oppressa iustitia fidei in Christum doceant mereri remissionem peccatorum per nostros cultus et opera. Et res gestae in Israel sunt imago futuri status in Ecclesia. Videmus autem Prophetas ubique taxare hanc persuasionem populi, qui somniabatχ se mereri remissionem peccatorum per sacrificia legis et hac opinione cumulabatψ opera et cultus. Ita in Ecclesia multi exsistunt, qui falsam persuasionem de suis operibus et cultibus habent. Monuit autem nos scriptura, ne multitudine impiorum perturbemur. Ac facile potest fieri iudicium de spiritu adversariorum. Videmus enim in multis articulis manifestam veritatem ab eis damnari. Nec offendat quemquam, quod sibi Ecclesiae nomen vindicant. Nam Ecclesiab Christi apud hos esth, qui Evangelium Christi rectei docent, non japud illos,j qui pravas opiniones contra Evangelium defendunt, sicut inquit Dominus: Oves meae vocem meam audiunt.k 247
h esse lat. 4° (1531) | i nicht in lat. 4° (1531) | j – j nicht in lat. 4° (1531) | k danach lat. 4° (1531): s. QuM I, 491,20–26: [Et Augustinus ... testimonia defendunt.] χ
somniabant lat. 8° (1542/1559) | ψ cumulabant lat. 8° (1542/1559)
245
Vgl. Röm 3,25. | 246 Röm 5,1; I Kor 15,57 u. ö. | 247 Joh 10,27
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[a1r] Von der Kirchen
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Den Siebenden Artikel unsers bekentnis,429 da wir sagen, das die Christliche Kirche sey die versamlung der heiligen, verdamnen die widdersacher.430 Und [sie] füren weitleufftig geschwetz ein,431 das die bösen odder Gottlosen von der Kirchen nicht sollen gesondert werden, Dieweil Johannes der Teuffer die Kirchen vergleicht einem tennen, inn wilchem korn und spreu beinander ligen,432 Item, | Christus χdie Kirchen vergleichtχ einem netze, da böse und gute fische innen sein.433 Da sehen wir, das war ist, wie man sagt, das man nicht so deutlich reden kan, [dass nicht] böse zungen könnens verkeren.434 Wir haben eben darümb und aus dieser ursach den achten Artikel435 dazugesetzt, das niemands darff gedancken fassen, als wolten wir die bösen und heuchler von der eusserlichen geselschafft der Christen odder Kirchen absondern odder als were unsere meinung, das die Sacrament, wenn sie durch Gottlose gereicht werden, one krafft odder wirckung sein. Darümb darff436 diese falsche, unrechte deutung keiner langen antwort; der acht Artikel entschüldiget uns gnugsam. Wir bekennen und sagen auch, das die heuchler und bösen auch mögen gelider der Kirchen sein inn eusserlicher gemein[a1v]schafft des namens und der empter und das man von bösen möge die Sacrament recht entpfahen, sonderlich wenn sie nicht verbannet sein. Und die Sacrament sind darümb nicht one krafft odder wirckung, das sie durch Gottlose gereicht werden, Denn auch Paulus zuvor hat prophezeit, dasψ Antichristus sol sitzen im Tempel Gottes, hirschen und regieren inn der Kirchen, regiment und ampt darinne haben.437 Aber die Christliche Kirche stehet nicht allein inn geselschafft eusserlicher zeichen, sondern stehet furnemlich inn gemeinschafft innwendig der ewigen güter im hertzen, als des heiligen geists, des glaubens, der forcht und liebe Gottes. Und dieselbige Kirche hat doch auch | eusserliche zeichen, dabey man sie kennet, nemlich, wo Gottes wort rein gehet, wo die Sacrament demselbigem gemes gereicht werden, da ist gewis die Kirche, da sein Christen und dieselbige Kirche wird allein genennet inn der schrifft „Christus leib“. Denn Christus ist ihr heupt und heiliget und stercket sie durch seinen geist, wie Paulus zu den Ephe. am ersten sagt: „Und hat ihnen gesetzt zum heupt der gemeinen, wilche ist sein leib undu die fülle des, der alles inn allen erfüllet.“438
u
nämlich L45
χ–χ
vergleicht die Kirchen dt. 8° (1533) | ψ danach: der dt. 8° (1533)
429 Vgl. CA VII, o. S. 102f. | 430 Vgl. Confutatio VII, in: Immenkötter, Confutatio, 95,9–97,15, hier 97,2f: „[…] Quapropter hic articulus confessionis omnino non acceptatur“ (deutsch: ebd., 94,16–96,20, hier: 96,2). | 431 Vgl. Confutatio VII, in: Immenkötter, Confutatio, 95,9–17: „Septimus confessionis articulus, quo affirmatur ecclesiam esse congregationem sanctorum, non potest citra fidei praeiudicium admitti, si per hoc segregentur mali et peccatores. Nam articulus ille in Constantiensi condemnatus est concilio inter errores damnatae memoriae Joannis Huss et plane contradicit evangelio. Nam ibi legitur Joannem Baptistam comparasse ecclesiam areae, quam
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[A1r] De ecclesia
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Septimum articulum confessionis nostrae damnaverunt, in quo diximus Ecclesiam esse congre|gationem sanctorum. Et addiderunt longam declamationem, quod mali non sint ab Ecclesia segregandi, cum Iohannes comparaverit Ecclesiam areae, in qua triticum et paleae simul coacervata sint.248 Et Christus comparaverit eam sagenael, in qua pisces boni et mali sunt etc.249 Profecto verum est, quod aiunt Nullum remedium esse adversus Sycophantae morsum. Nihil tam circumspecte dici potest, ut calumniam evitare queat. Nos ob hanc ipsam causam adiecimus octavum articulum, ne quis existimaret nos segregare malos et hypocritas ab externa societate Ecclesiae aut adimere sacramentis efficaciam, quae per hypocritas aut malos administrantur. Itaque hic non est opus longa defensione adversus hanc calumniam.
Satis nos purgat articulus octavus. Concedimus enim, quod hypocritae et mali in hac vita sint admixti Ecclesiae et sint membra Ecclesiae secundum externam societatem signorum Ecclesiae, hoc est, verbi, professionis et sacramentorum, praesertim si non sint excommunicati. Nec sacramenta ideo non sunt efficacia, quia per malos tractantur. Imo recte uti possumus sacramentis, quae per malos administran[A1v]tur. Nam et Paulus praedicit futurum, ut Antichristus sedeat in templo Dei, hoc est, in Ecclesia dominetur et gerat officia.250 At Ecclesia non est tantum societas externarum rerum ac rituum sicut aliae politiae. Sed principaliter est societas fidei et spiritus sancti in cordibus, quae tamen habet externas notas, ut agnosci possit, videlicet puram Evangelii doctrinam et administrationemω sacramentorum consentaneam Evangelio Christi. Et haec Ecclesia sola dicitur corpus Christi, quod Christus spiritu suo renovat, sanctificat et gubernat, ut testatur Paulus Ephe. 1., cum ait: Et ipsum dedit caput msuper omnia Ecclesiaem, quae est corpus eiusn videlicet integritas, id est tota congregatio ipsius, qui omnia in omnibus perficito.251 Quare illi, in
l
cj.: lagenae; sagenae Vg Clem., lat. 8° (1559); lagenae lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1580) supra omnem Ecclesiam Vg Clem. | n ipsius Vg Clem. | o adimpletur Vg Clem.
m–m ω
admirationem lat. 4° (1540)
248
Vgl. Mt 3,12. | 249 Vgl. Mt 13,47f. | 250 Vgl. II Thess 2,4. | 251 Eph 1,22f
Christus permundabit ventilabro suo et congregabit triticum in horreum suum, paleas autem comburet igni inextinguibili, Mat. 3[,12]. Quid autem paleae significant, nisi malos sicuti triticum bonos? Et Christus ecclesiam comparavit sagenae, in qua sunt pisces boni et mali, Matth. 13[,47f]“ (deutsch: ebd., 94,16–28). | 432 Vgl. Mt 3,12 par. | 433 Vgl. Mt 13,47f. | 434 Sprichwort nicht sicher nachweisbar. | 435 Vgl. CA VIII, o. S. 102f. | 436 bedarf | 437 Vgl. II Thess 2,4. | 438 Eph 1,22f
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Darümb inn wilchen Christus durch seinen geist nichts wircket, die sein nicht gliedmas Christi. Und das bekennen auch die widdersacher, das die bösen allein todte gliedmas der Kirchen sein.439 Darümb kan ich mich nicht gnugsam verwundern, warümb sie doch unsern beschlus von [a2r] der Kirchen anfechten, so wir von lebendigen gliedmas der Kirchen reden; und wir haben nichts neues gesagt, Denn Paulus zu den Ephesern am v. Cap. sagt gleichω auch also, was die Kirche sey, und setzt auch die eusserlichen zeichen, Nemlich, das Evangelium [und] die Sacrament, denn also sagt er: „Christus hat geliebt die gemeine und sich selbst fur sie gegeben, auff das er sie heiligetv, und hat sie gereiniget durch das wasserbad im wort, auff das er sie ihmw selbst zurichtetx [als] ein gemeine, die herlich sey, die nicht habe flecken odder runtzel, sondern das sie heilig sey, unstrefflich“440 etc. Diesen spruch des Aposteln haben wir gar nahe von wort zu wort gesetzt inn unser bekentnis,441 und also bekennen wir auch inn unserm heiligen symbolo und glauben: „Ich gleube ein heilige Christliche Kirche“. Da sagen wir, das die Kirche heilig sey, die Gottlosen aber und bösen können nicht die heilig Kirche sein; inn unserm glauben442 folgt bald hernach „Gemeinschafft der heiligen“, wilchs noch klerer, deutlicherα auslegt, was die Kirche heist, Nemlich, den hauffen und die versamlung, wilche ein Evangelium bekennen, gleich ein erkentnis Christi haben, βeinen Geist haben,β wilcher ihr hertzen verneuet, heiliget und regiret. Und der Artikel von der Catholickγ odder gemein Kirchen, wilche von aller Nation unter der sonnen zusamen sich schickt, ist gar tröstlich und hohenötig. Denn der hauff der Gottlosen ist [a2v] viel grösser, gar nahe unzehelich, wilche das wort verachten, bitter hassen und auffs eusserst verfolgen, als da sein Türcken, Mahometisten, ander Tyrannen, Ketzer etc. Darüber wird die rechte lare und Kirche offt so gar unterdrückt und verloren, wie unterm Bapstumb geschehen, als sey kein Kirche; und [es] lest sich offte ansehen, als sey sie gar untergangen. Dagegen, das wir gewis sein mügen, nicht zweifeln, sondern fest und gentzlich gleuben, | das eigentlich ein Christlich Kirche bis an das ende der welt auff erden sein und bleiben werde,443 Das wir auch gar nicht zweifeln, das ein Christliche Kirche auff erden lebe und sey, Wilche Christi braut sey,444 obwol der Gottlos hauff mehr und grösser ist, das auch der Herr Christus hie auff erden inn dem hauffen, wilcher Kirche heist, teglich wircke, sunde vergebe, teglich das gebet erhöre, teglich inn anfechtungen mit reichem, starckem troste die seinen erquicke und imer wider auffrichte, So ist der tröstlich Artikel inn glauben gesetzt: v
heiligte L45 | w sich L45 | x darstellete L45
ω
nicht in CR | α und deutlicher dt. 8° (1533) | β – β nicht in CR | γ Catholica dt. 8° (1533)
439 Die Confutatio vergleicht sie mit der „Spreu“ Mt 3,12. Vgl. Confutatio VII, in: Immenkötter, Confutatio, 95,16: „Quid autem paleae significant, nisi malos sicuti triticum bonos?“ (deutsch: ebd., 94,25f.). | 440 Eph 5,25–27 | 441 Vgl. CA VII, o. S. 102f. | 442 Vgl. das Apostolicum, o. S. 42f.
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quibus nihil agit Christus, non sunt membra Christi. Idque fatentur adversarii malos esse mortua membra Ecclesiae. Quare miramur, cur reprehenderint nostram descriptionem, quae de vivis membris loquitur. Neque novi quidquam diximus. Paulus omnino eodem modo definivit Ecclesiam Ephe. 5., quod purificetur, ut sit sancta.252 Et addit externas notas: verbum et sacramenta. Sic enim ait: Christus dilexit Ecclesiam et sep tradidit pro ea, ut qeam sanctificet puri[A2r]ficansq lavacro aquae rper verbum, ut exhibeat eamr sibi gloriosam Ecclesiam non habentem maculam neques rugam aut aliquid talet, sed ut sit sancta et inculpatau.253
Hanc sententiam paene totidem verbis nos in confessione posuimus. Sic definit Ecclesiam et articulus in Symbolo, qui | iubet nos credere, quod sit sancta catholica Ecclesia. Impii vero non sunt sancta Ecclesia. Et videtur additum, quod sequitur sanctorum communio, ut exponeretur, quid significet Ecclesia nempe congregationem sanctorum, qui habent inter se societatem eiusdem Evangelii seu doctrinae et eiusdem spiritus sancti, qui corda eorum renovat, sanctificat et gubernat.
Et hic articulus necessaria de causa propositus est. Infinita pericula videmus, quae minantur Ecclesiae interitum. Infinita multitudo est impiorum in ipsa Ecclesia, quiα opprimunt eam. Itaque ne desperemus, sed sciamus Ecclesiam tamen mansuram esse, Item, ut sciamus, quamvis magna multitudo sit impiorum, tamen Ecclesiam exsistere et Christum praestare illa, quae promisit Ecclesiae (remittere peccata, exaudire, dare spiritum sanctum), Has consolationes proponit nobis articulus ille in Symbolo.
p se ipsum Vg Clem. | q – q illam sanctificaret mundans Vg Clem. | r – r in verbo vitae, ut exhiberet ipse Vg Clem. | s aut Vg Clem. | t huiusmodi Vg Clem. | u immaculata Vg Clem. α
quia lat. 8° (1559)
252
Vgl. Eph 5,26. | 253 Eph 5,25–27
443
Vgl. Mt 28,20; Joh 14,16. | 444 Vgl. Apk 21,2.9.
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„Ich gleube ein Catholickδ, gemeine Christliche Kirche“, Damit niemands dencken möchte, die Kirche sey wie ein ander eusserlich Politey an dieses odder jhenes land, Königreich odder stand gebunden, wie von Rom der Bapst sagen wil, sondern das gewis war bleibt, das der hauff und die menschen die rechte Kirche sein, wilche hin und widder inn der welt von auffgang der sonnen bis zum nidergang445 an Christum warlich [a3r] gleuben, wilche denn ein Evangelium, einen Christum, einerley Tauff und Sacrament haben, durch einen heiligen geist regiret werden, ob sie wol ungleiche Ceremonien haben. Denn auch im Decret Gratiani sagt klar die glosse, das dis wort „Kirche“, large zu nemen, begreifft böse und gute, Item, das die bösen allein mit dem namen inn der Kirchen sein, nicht mit dem wercke, die guten aber sind beide mit namen und wercken darinne.446 Und auff die meinung liest man viel sprüch bey den Vetern, Denn Hieronymus sagt: wilcher ein sunder ist und inn sunden noch unrein ligt, der kan nicht genennet werden ein gliedmas der Kirchen noch inn dem reich Christi sein.447 Wiewol nu die bösen und Gottlose heuchler mit der rechten Kirchen geselschafft haben inn eusserlichen zeichen, im namen und emptern, dennoch, wenn man eigentlich reden wil, was die Kirche sey, mus man von dieser Kirchen sagen, die der leib Christi heist und gemeinschafft hat nicht allein inn eusserlichen zeichen, sondern die güter im hertzen hat, den heiligen geist und glauben. Denn man mus jhe recht eigentlich wissen, wodurch wir gliedmas Christi werden und was uns macht zu lebendigen gliedmasen der Kirchen; denn so wir würdeny sagen, das die Kirche allein ein eusserlich Politey were wie andere regimente, darinne böse und gute weren etc., so wird [a3v] niemands daraus lernen noch verstehen, das Christi reich Geistlich ist, wie es doch ist, darinne Christus innwendig die hertzen regiret, stercket, tröstet, den heiligen geist und mancherley geistliche gaben austeilet, Sondern man wird gedencken, es sey ein eusserlich weis, [eine] gewisse ordnung etlicher Ceremonien und Gottesdiensts. Item, was wolt fur ein unterscheid sein zwischen dem volck | des gesetzs und der Kirchen, so die Kirche allein ein eusserlich Politey were? Nu unterscheidet Paulus also die Kirche von den Jüden, das er sagt, die Kirche sey ein geistlich volck, das ist ein solch volck, wilchs nicht allein in der Politey und bürgerlichem wesen unterschiden sey von den Heiden, sondern ein recht volck Gottes, wilchs im hertzen erleuchtet wird und neu geborn durch den heiligen geist. Item, in dem Jüdischen volck, da hatten alle diejenigen, so von natur Jüden und aus Abrahams samen geborn waren, uber die verheissung
y
cj.: wurden; würden lat. 8° (1533)
δ
Catholica dt. 8° (1533)
445
Vgl. Ps 113,3; Mal 1,11. |
446
Vgl. die Glosse zu C. 33 q. 3: De poen. Dist. 1 c. 70 (Friedberg I,
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Et catholicam Ecclesiam dicit, ne intelligamus Ecclesiam esse politiam externam certarum gentium, [A2v] Sed magis homines sparsos per totum orbem, qui de Evangelio consentiunt et habent eundem Christum, eundem spiritum sanctum et eadem sacramenta, sive habeant easdem traditiones humanas sive dissimiles.
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Et in Decretis inquit glossa Ecclesiam large dictam complecti bonos et malos, Item malos nomine tantum in Ecclesia esse non re, bonos vero re et nomine. Et in hanc sententiam multa leguntur apud Patres. Hieronymus enim ait: Qui ergo peccator est aliqua sorde maculatus, de Ecclesia Christi non potest appellari nec Christo subiectus dici.254
Quamquam igitur hypocritae et mali sint socii huius verae Ecclesiae secundum externos ritus, tamen cum definitur Ecclesia, necesse est eam definiri, quae est vivum corpus Christi, Item, quae est nomine et re Ecclesia. Et multae sunt causae.
15
Necesse est enim intelligi, quae res principaliter efficiat nos membra et viva membra Ecclesiae. Si Ecclesiam tantum definiemus externam politiam esse bonorum et malorum, non intelligent homines regnum Christi esse iustitiam cordis et donationem spiritus sancti, sed iudicabunt tantum externam observationem esse certorum cultuum ac ri[A3r]tuum.
20
Item, quid intererit inter populum legis et Ecclesiam, si Ecclesia est externa politia? At sic discernit Paulus Ecclesiam a populo legis, quod Ecclesia sit populus spiritualis, hoc est, non civilibus ritibus distinctus a gentibus, Sed verus populus Dei renatus per spiritum sanctum. In populo legis praeter
254
Hieronymus, Commentarii in epistolam ad Ephesios III, 5 (zu Eph 5,24), in: PL 26, 531.
1179): „Ecclesia Christi quandoque large sumitur, ut granum et poleam complectatur […] Vel dic aliud esse de ecclesia, quod hic negatur de malis; aliud esse in ecclesia, quod in contrariis conceditur. Vel distingue. Nam sunt quidam in ecclesia nomine et re, ut boni catholici; ut hic: quidam nec nomine nec re ut praecisi.“ | 447 Vgl. Hieronymus, Commentarii in epistolam ad Ephesios III, 5 (zu Eph 5,24), in: PL 26, 531.
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der geistlichen güter inn Christo auch viel zusage von leiplichen gütern Als vom Königreiche etc., und umb der Göttlichen zusage willen waren auch die bösen unter inen „Gottes volck“ genennet, Denn den leiplichen samen Abrahae und alle geborne Jüden hatte Gott abgesondert von andern Heiden durch dieselbigen leiplichen verheissunge; und dieselbigen Gottlosen und bösen waren doch nicht das rechte Gottesvolck, gefilen auch Gott nicht. Aber das Evangelium, wilchs inn der [a4r] Kirchen geprediget wird, bringet mit sich nicht allein den schattenz der ewigen güter,448 sondern ein jeder rechter Christ, der wird hie auff erden der ewigen güter selbst teilhafftig, auch des ewigen trosts, des ewigen lebens und heiligen geists und der gerechtigkeit, die εaus Gott istε, teilhafftig, bis das er dort volkömlich selig werde. Derhalben sind die allein nach dem Evangelio Gottes volck, wilche die geistlichen güter, den heiligen geist, entpfahen; und dieselbig Kirch ist das reich Christi, unterschieden von dem reich des Teuffels. Denn es ist gewis, das alle Gottlosen imζ gewalt des Teuffels sein und gliedmas seines reichs, wie Paulus zu den Ephesern sagt, das der Teuffel krefftig regire inn den kindern des unglaubens.449 Und Christus sagt zu den Phariseern (wilche die heiligsten waren und auch den namen hattenη, das sie Gottes volck und die Kirche weren, wilche auch ihr opffer theten): „Ihr seid aaus eurema vater, dem Teuffel.“450 Darümb die rechte Kirche ist das reich Christi, das ist die versamlung aller heiligen, denn die Gottlosen werden nicht regiert durch den geist Christi. Was sind aber viel wort vonnöten inn so klarer, offentlicher sache? allein die widdersacher widdersprechen der hellen warheit. So die Kirche, wilche jhe gewis Christi und Gottes reich ist, unterschiden ist von des Teuffels reich, so können die Gottlosen, wilche inn des Teuffels reich sein, jhe nicht die Kirche sein, wie[a4v]wol sie inn diesem leben, dieweil das reich Christi noch nicht offenbart ist, unter den rechten Christen und inn der Kirchen sein, darinne auch lereampt und andere empter mit haben. Und die Gottlosen sind darümb mitlerzeit nicht ein stück des reichs Christi, weil es noch nicht offenbart ist. Denn das recht reich Christi, der recht hauff Christi, sind und bleiben allzeit diejhenigen, wilche Gottes geist erleucht hat, stercket, regiret, ob es wol fur der welt noch nicht offenbart, sondern un|term Creutz verborgen ist. Gleich wie es allzeit ein Christus ist und bleibt, der die zeit gecreutziget ward und nu inn ewiger herligkeit hirschet und regiret im himel. Und da reimen sich auch die gleichnus Christi hin, da er klar sagt Matthei am xiii., das „der gute same sind die kinder des reichs, das unkraut seinb die kinder cdes Teuffelsc, der acker seyd die welt“451, nicht die Kirche. Also ist auch zu vorstehen das wort Johannis, da er sagt Matthei am iii.: „Er wird seine
z
cj.: schaten; schatten CR | a – a von dem L45 | b sind L45 | c – c der Bosheit L45 | d ist L45
ε–ε
fur Gott gilt dt. 8° (1533) | ζ inn CR | η hetten dt. 8° (1533)
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promissionem de Christo habebat et carnale semen promissiones rerum corporalium, regni etc. Et propter has dicebantur populus Dei etiam mali in his, quia hoc carnale semen deus separaverat | ab aliis gentibus per certas ordinationes externas et promissiones. Et tamen mali illi non placebant Deo. At Evangelium affert non umbram aeternarum rerum, sed ipsas res aeternas, spiritum sanctum et iustitiam, qua coram Deo iusti sumus.
Igitur illi tantum sunt populus iuxta Evangelium, qui hanc promissionem spiritus accipiunt. Ad haec Ecclesia est regnum Christi distinctum contra regnum diaboli. Certum est autem impios in potestate diaboli et membra regni diaboli esse, sicut docet Paulus Ephe. ii., cum ait diabolum efficacem esse in incredulis.255 Et Christus inquit ad Phariseos, quibus certe erat externa societas cum Ecclesia, id est, cum sanctis in populo legis (Praeerant enim, sacrificabant et docebant): [A3v] Vos ex patre diabolo estis.256
Itaque Ecclesia, quae vere est regnum Christi, est proprie congregatio sanctorum. Nam impii reguntur a diabolo et sunt captivi diaboli, non reguntur spiritu Christi; sed quid verbis opus est in re manifesta? Si Ecclesia, quae vere est regnum Christi, distinguitur a regno diaboli, necesse est impios, cum sint in regno diaboli, non esse Ecclesiam, Quamquam in hac vita, quia nondum revelatum est regnum Christi, sint admixti Ecclesiae et gerant officia in Ecclesia. Nec propterea impii sunt regnum Christi, quia revelatio nondum facta est. Semper enim hoc est regnum Christi, quod spiritu suo vivificat, sive sit revelatum sive sit tectum cruce. Sicut idem est Christus, qui nunc glorificatus est, antea afflictus erat.
Et conveniunt huc similitudines Christi, qui clare dicit Matth. 13. Bonum semen esse filios regni, At Zizania filios diaboli;257 agrum dicit mundum esse, non Ecclesiam. Ita Iohannes de illa tota gente Iudeorum loquitur et dicit fore,
255
Vgl. Eph 2,2. | 256 Joh 8,44 | 257 Vgl. Mt 13,38.
448
Vgl. Kol 2,17; Hebr 10,1. | 449 Vgl. Eph 2,2. | 450 Joh 8,44 | 451 Mt 13,38
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Tenne fegene und denf weitzen inn seine scheure samlen, aber die spreu wird er verbrennen.“452 Da redet er von dem gantzen Jüdischen volck und sagt, die rechte Kirche solle von dem volck abgesondert werden. Derselbige spruch ist den widersachern mehr entgegen denn fur sie, denn er zeigt klar an, wie das recht gleubig, geistlich volck solle von dem leiplichen Israel abgescheiden werden. Und da Christus spricht:453 „Das himelreich [b1r] ist gleich einem netz“, Item, den „zehen Jungfrauen“454, wil er nicht, das die bösen die kirche sein, sondern unterricht, wie die kirche scheinet inn dieser welt, darümb spricht er, sie sey gleich diesen etc. Das ist, wie im hauffen fisch die guten und bösen durcheinander ligen,455 also ist die kirche hie verborgen unter dem grossen hauffen und menige der Gottlosen und will, das sich die fromen nicht ergern sollen, Item, das wir wissen sollen, das das wort und die Sacrament darümb nicht one krafft sein, obgleich Gottlose predigen odder die Sacrament reichen. Und leret uns Christus damit also, das die Gottlosen, ob sie wol nach eusserlicher geselschafft inn der kirchen sein, doch nicht gliedmas Christi, nicht die rechte kirche sein, denn sie sind gliedmas des Teuffels. Und wir reden nicht von einer ertichten kirchen, die nirgend zu finden sey,456 sondern wir sagen und wissen furwar, das diese kirche, darinne heiligen leben, warhafftig auff erden ist und bleibt, Nemlich, das etlich Gotteskinder sind, hin und widder inn allerθ welt, inn allerley Königreichen, Inseln, Lendern, Steten, vom auffgang der sonnen bis zum niedergang,457 die Christum und das Evangelium recht erkent haben. Und [wir] sagen, dieselbig kirche habe diese eusserliche zeichen, das predigampt odder Evangelium und die Sacrament. Und dieselbige kirche ist eigentlich, wie Paulus sagt: „ein seulg der warheit“458, denn sie behelt das [b1v] rein Evangelium, den rechten grund, Und wie Paulus sagt: „einen andern grund kan niemands legen ausser dem, der gelegt ist, wilcher ist Christus.“459 Auff | den grund sind nu die Christen gebauet. Und wiewol nu inn dem hauffen, wilcher auff den rechten grund, das ist Christum und den glauben, gebauet ist, viel schwache sein, wilche auff solchen grund stroh und hau bauen, das ist, etliche menschliche gedancken und opinion, mit wilchen sie doch den grund Christum nicht umbstossen noch verwerffen, Derhalben sie dennoch Christen sind, und werden ihnen solche feihl vergeben, werden auch etwa erleucht und besser unterricht, Also sehen [wir] wie inn Vetern, das sie auch beyweilen stroh und hau auff den grunt gebauet haben, doch haben sie damit den grund nicht umbstossen wöllen.460 e
durch und durch reinigen L45 | f seinen L45 | g Pfeiler und Grundfeste L45
θ
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452 Mt 3,12 par. | 453 Vgl. Confutatio VII, in: Immenkötter, Confutatio, 95,16–97,2: „Et Christus ecclesiam comparavit sagenae, in qua sunt pisces boni et mali, Matth. 13[,47f]. Christus item comparat ecclesiam decem virginibus, quarum quinque erant prudentes et quinque fatuae, Matth. 25[,1f]“ (deutsch: ebd., 94,28–96,2). | 454 Mt 13,47; 25,1 | 455 Vgl. Mt 13,48. | 456 Schon Luther
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ut vera Ecclesia separetur ab illo populo.258 Itaque hic locus magis contra adversarios facit quam pro eis, quia ostendit verum et spiritualem populum a populo carnali separandum esse. Et Christus de specie Ecclesiae dicit, cum ait: Simile est regnum caelorum sagenaev [A4r] aut decem virginibus,259 et docet Ecclesiam tectam esse multitudine malorum, ne id scandalum pios offendat, Item, ut sciamus verbum et sacramenta efficacia esse, etsi tractentur a malis, atque interim docet impios illos, quamvis habeant societatem externorum signorum, tamen non esse verum regnum Christi et membra Christi. Sunt enim membra regni diaboli.
Neque vero somniamus nos Platonicam civitatem, ut quidam impie cavillantur. Sed dicimus exsistere hanc Ecclesiam videlicet vere credentes ac iustos sparsos per totum orbem. Et addimus notas, puram doctrinam Evangelii et sacramenta. Et haec Ecclesia proprie est columna veritatis.260 Retinet enim purum Evangelium et, ut Paulus inquit, fundamentum, hoc est, veram Christi cognitionem et fidem, etsi sunt in his etiam multi imbecilles, qui | supra fundamentum aedificant stipulas perituras, hoc est, quasdam inutiles opiniones, quae tamen, quia non evertunt fundamentum, tum condonantur illis, tum etiam emendantur.261 Ac sanctorum Patrum scripta testantur, quod interdum stipulas etiam aedificaverint supra fundamentum, sed quae non everterunt fidem eorum.
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cj.: lagenae; sagenae Vg Clem., lat. 8° (1559); lagenae lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1580)
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Vgl. Mt 3,12. | 259 Mt 13,47; Mt 25,1 | 260 I Tim 3,15 | 261 Vgl. I Kor 3,10–15.
hatte diese Unterstellung entschieden zurückgewiesen. Vgl. Luther, Auf das überchristlich usw. Buch Bock Emsers Antwort (1521), in: WA 7, 683,8–26. | 457 Vgl. Ps 113,3; Mal. 1,11. | 458 I Tim 3,15 | 459 I Kor 3,11 | 460 Vgl. I Kor 3,10–15.
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Aber viel Artikel bey unsern widdersachern stossen den rechten grund nidder, das erkentnis Christi und den glauben, denn sie verwerffen und verdamnen den hohen, grösten Artikel, da wir sagen, das wir allein durch den glauben one alle wercke vergebung der sunde durch Christum erlangen. Dagegen leren sie vertrauen auff unsere wercke, damit vergebung der sunden zu verdienen, und setzen anstat Christi ihre wercke, orden, messe, wie auch die Jüden, Heiden und Türcken mit eigen wercken furhaben selig zu werden. Item, sie leren, die Sacrament machen from „ex opere operato“, one glauben. Wer nu den glauben [b2r] nicht nöttig achtet, der hat Christum bereit verloren. Item, sie richten heiligendienst an, ruffen sie an anstat Christi als mitteler etc. Wie aber klare verheissunge Gottes inn der schrifft stehen, das die kirche allzeit sol den heiligen geist haben, also stehen auch ernste drauung inn der schrifft, das neben den rechten predigern werden einschleichen falsche lerer und wolffe.461 Diese ist aber eigentlich die Christlich kirche, die den heiligen geist hat. Die wolffe und falsche lerer, wiewol sie inn der kirchen wüten und schaden thun, so sind sie doch nicht die kirche odder das reich Christi, Wie auch Lira bezeuget, da er sagt: Die rechte kirche stehet nicht auff Prelaten ihres gewalts halben, denn viel hohes standes, Fürsten und Bischofe, auch viel nider standes sind vom glauben abgefallen. Darümb stehet die kirche auff denjhenigen, inn wilchen ist ein recht erkentnis Christi, ein rechte Confession und bekentnis des glaubens und der warheit.462 Nu haben wir inn unser Confession nicht anders gesagt im grunde denn eben das, das Lira also mit klaren worten sagt, das er nicht klerer reden könt. Aber es wolten gern die widdersacher ein neu Römische definition der kirchen haben, das wir solten sagen: die kirche ist die oberste Monarchia, die gröste, mechtigste hoheit inn der gantzen welt, darinne der Römische Bapst als das heupt der kirchen, aller hohen und nidern [b2v] sachen und hendel, weltlicher, geistlicher, wie er wil und dencken darff, durchaus gantzmechtig463 ist, von wilches gewalt (er brauchs, misbrauchs, wie er wolle) niemands disputiren, reden odder mucken darff. Item, inn wilcher kirchen der Bapst macht hat, Artikel des glaubens zu machen, allerley Gottesdienst auffzurichten, die heilige schrifft nach allem seinem gefallen abzuthun, zu vorkeren Und zu deuten widder alle Göttliche gesetz, widder sein eigen Decretal, widder alle Keiserrecht, wie offte, wieviel und wenn es ihnen gelüst, freiheit und dispensation umb gelt zu verkeuffen, von wilchem der Römische Keiser, alle Könige, Fürsten und potentaten schuldig sein, ihr Königliche kron, ihre herligkeit und titel zu entpfahen als | vom stadhalder Christi. Derhalben der Bapst ein irdenischer Gott, ein öberste Majestet und allein der grosmechtigst herre inn aller welt ist, uber alle Königreich, uber alle lande und leute, uber alle güter, geistlich und weltlich, und also inn seiner hand hat alles, beide, 461
Vgl. Act 20, 29. |
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Vgl. Biblia: Cum postillis Nicolai de Lyra et expositionibus Guillelmi
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Verum pleraque istorum, quae adversarii nostri defendunt, fidem evertunt, ut quod damnant articulum de remis[A4v]sione peccatorum, In quo dicimus fide accipi remissionem peccatorum. Manifestus item et perniciosus error est, quod docent adversarii mereri homines remissionem peccatorum dilectione erga Deum ante gratiam. Nam hoc quoque est tollere fundamentum, hoc est, Christum.262 Item, quid opus erit fide, si sacramenta ex opere operato sine bono motu utentis iustificant?
Sicut autem habet Ecclesia promissionem, quod semper sit habitura spiritum sanctum, Ita habet comminationes, quod sint futuri impii doctores et lupi. Illa vero est proprie Ecclesia, quae habet spiritum sanctum. Lupi et mali doctores, etsi grassantur in Ecclesia, tamen non sunt proprie regnum Christi. Sicut et Lyra testatur, cum ait: Ecclesia non consistit in hominibus ratione potestatis vel dignitatis Ecclesiasticae vel saecularis, quia multi Principes et summi Pontifices et alii inferiores inventi sunt apostatasse a fide. Propter quod Ecclesia consistit in illis personis, in quibus est notitia vera et confessio fidei et veritatis.263 Quid aliud diximus nos in confessione nostra, quam quod hic dicit Lyra?
Sed fortassis adversarii sic postulant definiri Ecclesiam, quod sit Monarchia externa suprema toti[A5r]us orbis terrarum, in qua oporteat Romanum Pontificem habere potestatem ἀνυπεύθυνον264, de qua nemini liceat disputare aut iudicare: condendi articulos fidei, abolendi scripturas, quas velit, instituendi cultus et sacrificia, Item condendi leges, quas velit, dispensandi et solvendi, quibuscumque legibus velit, divinis, canonicis et civilibus, a quo Imperator et Reges omnes accipiant potestatem et ius tenendi regna de mandato Christi; cui cum pater omnia subiecerit, intelligi oporteat hoc ius in Papam translatum esse. Quare necesse sit Papam esse dominum totius orbis terrarum, omnium regnorum mundi, omnium rerum privatarum et publicarum, habere plenitudinem potestatis in temporalibus et spiritualibus, habere
262 Vgl. I Kor 3,11. | 263 Biblia: Cum postillis Nicolai de Lyra et expositionibus Guillelmi Britonis in omnes prologos S. Hieronymi et additonibus Pauli Burgensis replicisque Matthiae Doering. Postilla super totam Bibliam IV (zu Mt 16,18), Straßburg: Johann Grüninger 1492 (ND Frankfurt/Main 1971), e4r. | 264 Unumschränkt
Britonis in omnes prologos S. Hieronymi et additonibus Pauli Burgensis replicisque Matthiae Doering. Postilla super totam Bibliam IV (zu Mt 16,18), Straßburg: Johann Gruninger 1492 (ND Frankfurt/Main 1971), e4r. | 463 allmächtig
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weltlich und geistlich schwerd.464 Diese definition, wilche sich auff die rechte kirchen gar nicht, aber auff des Römischen Bapsts wesen wol reimet, findet man nicht allein inn der Canonisten büchern, sondern Daniel, der Prophet, malet den Antichrist auff diese weis.465 Wenn wir ein solche definitionh setzten und sagten, das die kirche were ein solcher pracht, wie des Bapsts wesen stehet, so möchten wir vieleicht nicht so gar ungnedig richter haben. Denn es [b3r] sind der widdersacher bücher am tag, darinne des Bapsts gewalt allzuhoch gehaben wird, dieselbige strafft niemands. Allein wir müssen herhalten derhalben, das wir Christus wolthat preisen und hoch heben und die klaren worte und lere der Aposteln schreiben und predigen, Nemlich, das wir vergebung der sunde erlangen durch den glauben an Jhesum Christum und nicht durch heucheley odder ertichte Gottesdienst, wilche der Bapst unzehelich angericht. Christus aber und die Propheten und Aposteln schreiben und reden gar viel anders davon, was die kirche Christi sey, und des Bapsts reich wil sich zu der selbigen kirchen gar nicht reimen, sondern sihet ihr gar unehnlich. Darümb sol man die sprüche, so von der rechten kirchen reden, nicht auff die Bepst odder Bischofe deuten, Nemlich, das sie „seuleni der warheit“466 sein, Item, das sie nicht irren konnen. Denn wieviel findet man wol odder wieviel sind bisanher funden unter Bischofen, Bepsten etc., die sich des Evangelii mit ernst und hertzlich angenomen odder das werd geacht hetten, ein bletlin, einen buchstab darinne recht zu lesen? Man weis wol leider viel Exempel, das ihr viel inn Welschland und sonst sein, wilche die gantze Religion, Christum und das Evangelium verlachen und offentlich fur ein spot halten, und lassen sie ihnen467 etwas gefallen, so lassen sie ihnen468 das gefallen, das menschlicher vernunfft gemes [ist], das ander alles halten sie fur fabeln. [b3v] Darümb sagen und schliessen wir nach der heiligen schrifft, das die rechte Christliche kirche sey der hauff hin und widder inn der welt derjhenigen, die da warlich gleuben dem Evangelio Christi und den heiligen geist haben. Und wir bekennen doch auch, das, solange dieses leben auff erden weret, viel heuchler und böse inn der kirchen sein unter den rechten Christen, wilche auch glieder sind der kirchen, sofern [es] eusserliche zeichen betrifft. Denn sie haben empter inn der kirchen, predigen, reichen Sacrament und tragen den titel und namen der Christen. Und die Sacramente, Tauffe etc., sind darümb nicht one wirkung odder krafft, das sie durch unwirdige und Gottlose gereicht | werden, denn umb des beruffs willen der kirchen sind solche da, nicht fur ihr eigen person, sondern als Christus, wie Christus zeuget: „wer euch höret, der höret mich.“469 Also ist auch Judas zu predigen gesendet. Wenn nu gleich Gottlose predigen und die Sacrament reichen, so h
cj.: difinition; definition CR | i Pfeiler und Grundfeste L45
464 Eine seit Bernhard von Claivaux, De consideratione IV, 3,7, in: PL 182, 776, üblich gewordene Deutung von Lk 22, 38: „Uterque ergo Ecclesiae et spiritualis scilicet gladius, et materialis; sed is
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utrumque gladium, spiritualem et temporalem. Atque haec definitio non Ecclesiae Christi, sed regni Pontificii habet auctores non solum Canonistas, sed etiam Danielem Cap. xi.265
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Quod si hoc modo definiremus Ecclesiam, fortassis haberemus aequiores Iudices. Multa enim | exstant immoderate et impie scripta de potestate Roma[ni] Pontificis, propter quae nemo umquam reus factus est. Nos soli plectimur, quia praedicamus beneficium Christi, quod fide in Christum consequamur remissionem peccatorum, non cultibus excogitatas [A5v] a Pontifice. Porro Christus, Prophetae et Apostoli longe aliter definiunt Ecclesiam Christi quam regnum Pontificium.
Nec est ad Pontifices transferendum, quod ad veram Ecclesiam pertinet, quod videlicet sint columnae veritatis,266 quod non errent. Quotus quisque enim curat Evangelium aut iudicat dignum esse lectione? Multi etiam palam irrident religiones omnes aut, si quid probant, probant illa, quae humanae rationi consentanea sunt. Cetera fabulosa esse arbitrantur et similia tragoediis Poetarum.
Quare nos iuxta scripturas sentimus Ecclesiam proprie dictam esse congregationem sanctorum, qui vere credunt Evangelio Christi et habent spiritum sanctum. Et tamen fatemur multos hypocritas et malos his in hac vita admixtos habere societatem externorum signorum, qui sunt membra Ecclesiae secundum societatem externorum signorum. Ideoque gerunt officia in Ecclesia. Nec adimit sacramentis efficaciam, quod per indignos tractantur, quia repraesentant Christi personam propter vocationem Ecclesiae, non repraesentant proprias personas, ut testatur Christus: Qui vos audit, me audit.267 Cum verbum Christi, cum sacramenta porrigunt, Christi vice et loco porri-
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Vgl. Dan 11,36. | 266 Vgl. I Tim 3,15. | 267 Lk 10,16
quidem pro Ecclesia, ille vero et ab Ecclesia exserendus“. Vgl. dazu dann besonders auch Bonifaz VIII., Bulle „Unam Sanctam“ (18. Nov. 1302), in: QGPK, 459: „In hac eiusque potestate duos esse gladios, spiritualem videlicet et temporalem, evangelicis dictis instruimur.“ | 465 Vgl. Dan 11,36. 466 I Tim 3,15 | 467 sich | 468 sich | 469 Lk 10,16
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reichen sie dieselbigen an Christus stad. Und das leret uns das wort Christi, das wir inn solchem fall die unwirdigkeit der diener uns nicht sollen irren lassen. Aber von dem stücke haben wir klar gnug gered inn unser Confession, Nemlich, das wir es nicht halten mit den Donatisten470 und Wicklevisten471, die da hilten, das diejhenigen sundigen, die die Sacrament inn der kirchen von Gottlosen dienern entpfahen. Dieses, achten wir, sol gnug sein, zu schutzen und zu erhalten die definition, da [b4r] wir gesagt, was die kirche sey; und nachdem die rechte kirche in der schrifft genent wird Christus leib, so ist jhe gar nicht müglich, anders davon zu reden, denn wie wir davon gered haben. Denn es ist jhe gewis, das die heuchler und Gottlosen nicht Christus leib sein konnen, sondern inn das reich des Teuffels gehören, wilcher sie gefangen hat und treibt, wozu er will. Dieses alles ist gantz offentlich und so klar, das niemands leugnenj mag. Werden aber die widdersacher mit ihren calumnien fortfaren, sol ihnen ferner antwort geben werden. Auch verdamnen die widdersacher dieses stücke vom sibenden Artikel, da wir gesagt haben, das gnug sey zu einigkeit der kirchen, das einerley Evangelium, einerley Sacrament gereicht werden, und sey nicht not, das die menschensatzungen allenthalben gleichförmig sein.472 Dieseι stück lassen sie also zu, das nicht not sey zu einigkeit der kirchen, das „traditiones particulares“ gleich sein. Aber das „traditiones universales“ gleich sein, das sey not zu warer einigkeit der kirchen.473 Das ist ein gute, grobe distinctio; wir sagen, das diejhenigen ein eintrechtige kirchen heissen, die an einen Christum gleuben, ein Evangelium, einen Geist, einen glauben,474 einerley Sacrament haben, und reden also von geistlicher einigkeit, one wilche der glaube und ein Christlich wesen nicht sein kann. Zu derselbigen einigkeit, sagen wir nu, [b4v] sey nicht not, das menschensatzungen – sie sein universales odder particulares – allenthalben gleich sein. Denn die gerechtigkeit, welche fur Gott gilt,475 die durch den glauben kömpt, ist nicht gebunden an eusserliche Ceremonien odder menschensatzungen. Denn der glaub ist ein | liecht im hertzen,476 das die hertzen verneuet und lebendig macht, da helffen eusserliche satzungen odder Ceremonien – sie sind universal odder particular – wenig zu.
j
cj.: leucken; leucken CR
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Dieses dt. 8° (1533)
470 Eine im Wesentlichen auf Nordafrika beschränkte rigoristische Kirchenspaltung, die in der Theologie des Cyprian von Karthago einerseits und der Situation der diokletianischen Verfolgung (303–305 n. Chr.) andererseits wurzelte (nach Donatus von Karthago, von 315 bis 355 Primas der Donatisten) und die Gemeinden des nördlichen Afrika fast ein Jahrhundert lang dominierte. 471 In CA VIII waren die Wiklefiten nicht genannt worden. Vgl. dazu aber Confutatio VIII, in: Immenkötter, Confutatio, 99,3–5: „[…] Quam haeresim postea Waldenses et Pauperes de Lugduno resuscitarunt; quod deinde Joannes Wicleph in Anglia et Joannes Huss in Bohemia secuti sunt“ (deutsch: ebd., 98,4–6). | 472 Vgl. CA VII, o. S. 102f. | 473 Vgl. Confutatio VII, in: Immenkötter, Confutatio, 97, 8–15: „Laudantur et in eo, quod existimant rituum varietatem non
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gunt. Id docet nos illa vox Christi, ne indignitate [A6r] ministrorum offendamur.
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Sed de hac re satis clare diximus in confessione nos improbare Donatistas268 et Viglevistas269, qui senserunt homines peccare accipientes sacramenta ab indignis in Ecclesia. Haec in praesentia videbantur sufficere ad defensionem descriptionis Ecclesiae, quam tradidimus. Neque videmus, cum Ecclesia proprie dicta appelletur corpus Christi, quomodo aliter describenda fuerit, quam nos descripsimus. Constat enim impios ad regnum et corpus diaboli pertinere, qui impellit et habet captivos impios. Haec sunt luce meridiana clariora, quae tamen, si pergent calumniari adversarii, non gravabimur copiosius respondere.
Damnant adversarii et hanc partem Septimi articuli, quod diximus ad veram unitatem Ecclesiae satis esse consentire de doctrina Evangelii et administratione sacramentorum nec necesse esse ubique similes traditiones humanas esse seu ritus aut ceremonias ab hominibus institutas.270 Hic distinguunt universales et particulares ritus et probant articulum nostrum, si intelligatur de particularibus ritibus. De universalibus ritibus non recipiuntβ. Non satis intelligimus, quid velint adversarii. Nos | de vera, hoc est, spirituali unitate loquimur, sine qua non potest exsistere fides in corde seu iustitia cordis coram [A6v] Deo. Ad hanc dicimus non esse necessariam similitudinem rituum humanorum sive universalium sive particularium, quia iustitia fidei non est iustitia alligata certis traditionibus, sicut iustitia legis erat alligata Mosaicis ceremoniis, quia illa iustitia cordis est res vivificans corda. Ad hanc vivificationem nihil conducunt humanae traditiones sive universales sive particulares nec sunt effectus spiritus sancti sicut castitas, patientia, timor Dei, dilectio proximi et opera dilectionis.
β
concipiunt lat. 8° (1542/1559)
268
Vgl. o. S. 412, Anm. 470. | 269 Vgl. o. S. 412, Anm. 471. | 270 CA VII, o. S. 102f.
dissecare fidei unitatem, si de specialibus ritibus loquantur. Nam sic unaquaeque provincia in suo sensu abundat, ait Hieronimus. Quod si hanc confessionis partem ad universales ecclesiae ritus extenderent, et hoc prorsus reiiceretur et eis cum sancto Paulo diceretur: Nos talem consuetudinem non habemus, 1 Cor. 11[,16]. Ab omnibus enim fidelibus universales ritus observandos esse, pulchre sanctus Augustinus ad Januarium, cuius testimonio et ispsi utuntur, docet. Praesumendum enim sit illos ritus ab apostolis dimanasse“ (deutsch: ebd., 96,9–20). | 474 Vgl. Eph 4,5. 475 Vgl. Röm 1,17. | 476 Vgl. II Kor 4,6; Eph 3,17.
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Und es hat nicht geringe ursachen gehabt, das wir den Artikel gesetzt haben, denn es ist gar mancher grosser irthumb und nerrisch opinion von den satzungen eingerissen inn der kirchen. Etliche haben wolt wehnen, das Christliche heiligkeit und glaube one solche menschensatzungen nicht gelte fur Gott;477 [es] könne auch niemand Christen sein, er halte denn solch traditiones, so es doch nicht anders sein denn eusserliche ordnung, wilche offte zufellig, offte auch aus ursachen an einem ort anders sein denn am andern, wie im weltlichem regiment ein Stad andere gebreuch hat denn die ander. Auch list man inn Historien, das eine kirche die andern inn ban gethan solcher satzung halben, als umb des Ostertags willen, umb der bildeκ willen und desgleichen.478 Darümb haben die unerfarnen nicht anders gehalten, denn das man durch solche Ceremonien fur Gott from würde und das niemands Christen sein könte one solche Gottesdienste und [c1r] Ceremonien, denn es sind gar viel ungeschickter bücher der Summisten479 und anderer davon noch fur augen. Aber wie die einigkeit der kirchen dadurch nicht getrennet wird, ob inn einem land an einem ort die tage natürlich lenger odder kürtzer sein denn am andern, Also halten wir auch, das die einigkeit der kirchen dadurch nicht getrennet wird, ob solche menschensatzungen an einem ort diese, am andern jhene ordnung haben, Wiewol es uns auch wolgefellet, das die universal Ceremonien umb einigkeit und guter ordnung willen gleichförmig gehalten werden, wie wir denn inn unsern kirchen dieλ | Messe, des Sontagsfeier und die ander hohe feierμ auch behalten.480 Und wir lassen uns gefallen alle gute, nützliche menschensatzungen, sonderlich [jene], die da zu einer feinen, eusserlichen zucht dienen der jugent und des volcks. Aber hie ist die frage darüber nicht, Ob menschensatzungen umb eusserlicher zucht willen, umb frides willen zuhalten sein. Es ist gar viel ein ander frage, Nemlich, ob solche menschensatzunge [zu] halten, ein Gottesdienst sey, dadurch man Gott versüne, und das one solche satzungen niemands fur Gott gerecht sein möge. Das ist die heuptfrage; wenn darauff schlieslich und entlich geantwort ist, so ist darnach klar zu urteilen, ob das heisse, einig odder eintrechtig mit der kirchen sein, wenn wir allenthalben solche satzungen zugleich halten. κ bilder dt. 8° (1533) | 8° (1533)
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ordnung der dt. 8° (1533) |
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danach: und viel gemeiner Ceremonien dt.
477 Das Gegenüber ist hier wohl Johannes Eck, der schon Anfang August in einem Gutachten (über CA XXVIII [abusus VII]) geschrieben hatte: „Articulus 7. discordat cum ecclesia, quia auffert ei regimen et potestatem statuendi pro subditis, ut perveniant in vitam aeternam.“, Schirrmacher, Briefe und Acten, 207. Eck hatte diese Position dann später auch in den Augsburger Ausschussverhandlungen (vgl. Einleitung) vertreten. | 478 Gedacht ist hier wohl an den Osterfeststreit der 190er Jahre (Rom exkommunizierte die Kleinasiaten), den Bilderstreit des 8. Jahrhunderts (die vorwiegend von fränkischen Bischöfen besuchte Lateransynode von 769 verurteilte die Reichssynode von Konstantinopel von 754), das Schisma des Photius (863/867–880) und das große Schisma von 1054 (Exkommunikation der griechischen Kirche). | 479 Verfasser kasuisti-
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Nec leves causae fuerunt, cur hunc articulum poneremus. Constat enim multas stultas opiniones de traditionibus serpsisse in Ecclesiam. Nonnulli putaverunt humanas traditiones necessarios cultus esse ad promerendam iustificationem.271 Et postea disputaverunt, qui fieret, quod tanta varietate coleretur Deus, quasi vero observationes illae essent cultus et non potius externae et politicae ordinationes nihil ad iustitiam cordis seu cultum Dei pertinentes, quae alibi casu, alibi propter quasdam probabiles rationes variant. Item aliae Ecclesiae alias propter tales traditiones excommunicaverunt ut propter observationem Pascatis, picturas et res similes. Unde imperiti existimaverunt fi[A7r]dem seu iustitiam cordis coram Deo non posse exsistere sine his observationibus. Exstant enim de hoc negotio multa inepta scripta Summistarum et aliorum.
Sed sicut dissimilia spatia dierum ac noctium non laedunt unitatem Ecclesiae, Ita sentimus non laedi veram unitatem Ecclesiae dissimilibus ritibus institutis ab hominibus, Quamquam placet nobis, ut universales ritus propter tranquillitatem serventur. Sicut et nos in Ecclesiis ordinem Missae, diem Dominicum et alios dies festos celebriores libenter servamus.
Et gratissimo animo amplectimur utiles ac veteres ordinationes, praesertim cum contineant paedagogiam, qua prodest populum et imperitos assuefacere ac docere. Sed non disputamus nunc, an conducat propter tranquillitatem aut corporalem utilitatem servare. Alia res agitur. Disputatur enim, Utrum observationes traditionum humanarum sint cultus necessarii ad iustitiam coram Deo. Hoc est κρινόμενον272 in hac controversia, quo constituto postea iudicari potest, Utrum ad veram unitatem Ecclesiae necesse sit ubique similes esse traditiones humanas.
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Vgl. o. S. 414, Anm. 477. | 272 zu entscheiden
scher Beichthandbücher. So seit der „Summa de casibus conscientiae“ des katalonischen Kanonisten Raimund von Pennaforte/Penjafort. | 480 Die zahlreichen Heiligenfeste, auch das Allerheiligen- und Allerseelenfest (vgl. Luther, Predigt „Vonn der heiligen erhe“ [2. November 1522], in: WA 10/3, 407–419) waren abgeschafft, die Apostelfeste z. T. auf den folgenden Sonntag verlegt. Nach Luthers Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn im Kurfürstentum zu Sachsen (1528), in: WA 26, 220,2–4. 15–18, sollten die Sonntage „Annuntiacionis, Purificationis, Visitationis der reinen Jungfrauen Maria, Sanct Johannis des Teuffers, Michaelis, der Aposteln, Magdalene [...] Christtag, Beschneidung, Epiphanie, die Osterfeier, Auffart, Pfingsten“ (WA 26, 222,28–223,3f) erhalten bleiben.
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[c1v] Denn, so solche menschensatzungen nicht ein nötiger Gottesdienst sind, so folgt, das etlich from, heilig, gerecht Gotteskinder und Christen sein können, die gleich nicht die Ceremonien haben, so inn andern kirchen im gebrauch sein. Als ein gleichnis: Wenn dis stehet, das Deudsch und Frantzosisch kleidung tragen, nicht ein nötiger Gottesdienst sey, so folget, das etlich gerecht, heilig und inn der kirchen Christi sein konnen, die auch gleich nicht Deudsch odder Frantzösisch kleidung tragen. Also leret auch Paulus klar zu den Colossern am ii. Capitel: „So lasset nu niemand euch gewissen machen uber speise, uber tranck odder bestimpte feiertage odder neue Monden odder Sabbaterν, kwilche sindk der schatten von dem, dasl zukünfftig war, aber der cörper selbst ist in Christo.“481 Item: „So ihr denn nu abgestorben seid mit Christo den satzungen der welt, was last ihr euch denn fangen mit satzungen, als lebet ihr noch inn der welt, die da sagen: Du solt das nicht angreiffen, du solt das nicht kosten, du solt das nicht anrüren, wilchs sich doch alles unter den henden verzeret und ist menschengebot und -lere, welche haben ein schein der weisheit durch selbsterwelet geistligkeit und demut?“482 Denn das ist Pauli meinung: Der glaub im hertzen, dadurch wir from werden, ist ein geistlich ding und liecht im hertzen,483 dadurch wir verneuet werden, ander syn und mut gewinnen. Die menschensatzungen aber sind nicht ein solch [c2r] lebendig liecht und krafft des heiligen geists im hertzen, sind nicht ewiges. Darümb machen sie nicht ewig leben, sondern sind eusserliche, leipliche ubung, die das hertz nicht endern. Darümb ist nicht zu halten, das sie nötig seien zu der gerechtigkeit, die fur Gott gilt.484 Und auff die meinung redet Paulus auch zu den Römern am xiiii.: „Das reich | Gottes ist nicht mspeis und tranckm, sondern gerechtigkeit, fride und freude im heiligen geist.“485 Aber es ist nicht not, hie viel sprüche anzuzeigen, so die gantze Bibel der486 vol ist und wirξ auch inn unser Confession inn οden letzten Artikelnο der487 viele furbracht;488 so wollen wir dieser sachen heuptfrage hernach auch sonderlich handeln, Nemlich, ob solch menschensatzungen ein Gottesdienst sein, wilcher not sey zur seligkeit, da wir denn reichlicher und mehr von dieser sache reden wollen. Die widdersacher sagen, man müsse darümb solche satzungen, sonderlich die universal Ceremonien halten, denn es sey vermutlich, das sie von den Aposteln auff uns geerbet.489 O wie gros, heilige, treffliche Apostolische leute, wie from und geistlich sind sie doch nu worden! Die satzungen und Ceremonien, von den Aposteln, wie sie sagen, auffgericht, wollen sie halten und der Aposteln lere und klare wort wollen sie nicht halten. Wir sagen aber und wissen, das es recht ist.
k–k ν
welches ist L45 | l was L45 | m – m Essen und Trinken L45
Sabbat dt. 8° (1533) | ξ wie dt. 8° (1533) | ο – ο dem letzten Artikel dt. 8° (1533)
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Kol 2,16f |
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Kol 2,20–23 |
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Si enim traditiones humanae non sunt cultus necessarii ad iustitiam coram Deo, Sequitur posse iustos et filios [A7v] Dei esse, etiam si quas traditiones non habent, quae alibi receptae sunt. Ut si forma vestitus | Germanici non est cultus Dei necessarius ad iustitiam coram Deo, Sequitur posse iustos ac filios Dei et Ecclesiam Christi esse, etiam si qui utantur non Germanico, sed Gallico vestitu. Hoc clare docet Paulus ad Colossenses, cum ait: Nemo vos iudicet in cibo aut in potu aut in parte diei festi aut neomeniae aut sabbatorum, quae sunt umbra futurorum, corpus autem Christi.273 Item: Si mortui estis cum Christo ab elementis mundi, quid adhuc tamquam viventes mundo wdecreta facitisw? Ne tetigeritis neque gustaveritis neque contrectaveritis, quae omnia xpereunt usu consumpta et sunt praecepta et doctrinaex hominum speciemy habentia sapientiae in superstitione et humilitate.274
Est enim sententia, cum iustitia cordis sit res spiritualis vivificans corda et constet, quod traditiones humanae non vivificent corda nec sint effectus spiritus sancti, sicut dilectio proximi, castitas etc. nec sint instrumenta, per quae Deus movet corda ad credendum, sicut verbum et sacramenta divinitus tradita, sed sint usus rerum nihil ad cor pertinentium, quae usu pereant; non est sentiendum, quod sint necessariae ad iustitiam coram Deo. Et in eandem sententiam inquit [A8r] Roma. 14.: Regnum Dei non est esca et potus, sed iustitia et pax et gaudium in spiritu sancto.275 Sed non est opus citare multa testimonia, cum ubique sint obvia in scripturis et nos plurima in confessione congesserimus in posterioribus articulis. Et huius controversiae κρινόμενον infra paulo post repetendum erit: videlicet Utrum traditiones humanae sint cultus necessarii ad iustitiam coram Deo, Ubi de hac re copiosius disputabimus.
Adversarii dicunt universales traditiones ideo servandas esse, quia existimentur ab Apostolis traditae esse. O Religiosos homines! Ritus ab Apostolis sumptos retineri volunt. Non volunt retineri doctrinam Apostolorum. w–w
decernitis Vg Clem. | x – x sunt in interitum ipso usu secundum praecepta et doctrinas Vg Clem. | y rationem Vg Clem. 273
Kol 2,16f | 274 Kol, 2,20–23 | 275 Röm 14,17
14,17 | 486 derer | 487 derer | 488 Gemeint sind die unmittelbar vorausgegangenen Artikel IV–VI der CA. Vgl. o. S. 98–103. | 489 Vgl. Confutatio VII, in: Immenkötter, Confutatio, 97,13–15: „Ab omnibus enim fidelibus universales ritus observandos esse, pulchre sanctus Augustinus ad Januarium, cuius testimonio et ipsi utuntur, docet. Praesumendum enim sit illos ritus ab apostolis dimanasse“ (deutsch: ebd., 96,17–20).
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Apologia Confessionis Augustanae
Man sol also und nicht anders von allen satzungen leren, urteilen und reden, denn wie die [c2v] Aposteln selbst inn ihren schrifften davon geleret haben; die Aposteln aber fechten auff das allersterckest und hefftigest allenthalben nicht allein widder diejhenigen, so menschensatzungen wollen hoch heben, sondern auch [wider diejenigen], die das Göttlich gesetz, die Ceremonien der beschneidung etc. wollen als nötig achten zur seligkeit. Die Aposteln haben inn keinen weg eine solche bürde auff die gewissen legen wöllen, das solche satzungen von gewissen tagen, von fasten, von speis etc. [und] dergleichen solten sunde sein, so mans nicht hielt. Und das mehr ist, Paulus nennet klar solche lere Teuffelslere.490 Darümb, was die Aposteln inn dem fur gut und recht gehalten, das mus man aus ihren klaren schrifften suchen und nicht allein Exempel anzeigen. Sie haben wol gehalten etliche gewisse tage, nicht das solchs nötig were, fur Gott from und recht zu werden, sondern das das volck wüste, wenn es solt zusamenkomen. Auch haben sie wol etliche breuch und Ceremonien gehalten, als ordentlichn lection in der Bibel, wenn sie zusamenkamen etc. Auch haben im anfang der kirchen die Jüden, so Christen worden, viel behalten von ihren Jüdischen festen und Ceremonien, wilchs die Aposteln darnach auff die Historien des Evangelii gericht | haben. Also sind unsere Ostern von der Jüden Ostern und unsere Pfingsten von der Jüden Pfingsten herkomen. Und haben die Aposteln nicht allein mit leren, sondern auch durch solche [c3r] feste von der Historien das erkentnis Christi und den grossen schatz auff die nachkomen erben wollen. So nu solche und dergleichen Ceremonien nötig sind zur seligkeit, Warümb haben hernach die Bischofe viel darinne verendert? Denn sind sie durch Gottes befehl eingesetzt, so hat kein mensch macht gehabt, die zu vorendern. Die Ostern hat man fur dem Concilio πzu Nicenπ an eim ort auff ein andere zeit gehalten denn am andern.491 Und die ungleicheit hat dem glauben oder der Christlichen einigkeit nichts geschadet. Darnach hat man mit fleis den Ostertag verrückt, das unser Ostertag mit der Jüden Ostertag jhe nicht solt ubereintreffen. Die Aposteln aber haben befohlen, inn kirchen den Ostertag also auff die zeit zu halten, wie ihnen die brüder, so aus dem Jüdenthumb bekart waren, hielten.492 Darümb haben etlich Bistumb und völcker, auch nach dem Concilio ρzu Nicenρ, hart darüber gehalten, das der Ostertag mit dem Jüdischen Ostertag solt gleicher zeit gehalten werden.493 Aber die Aposteln haben mit ihrem Decret den kirchen nicht wollen ein solch last aufflegen, als were solchs nötig zur seligkeit, wie die klaren wort auch desselbigen
n
cj.: ordenlich; ordentlich CR
π–π
Niceno dt. 8° (1533) | ρ – ρ Niceno dt. 8° (1533)
490 Vgl. I Tim 4,1. | 491 Vgl. CA XXVI, o. S. 150–161. Vgl. auch Gerhard Bernhard Winkler, Art. Passa-/Osterterminstreitigkeiten, in: RGG4 6 (2003), 973; Eckard Otto, Art. Feste/Feiern II. Altes Testament, in: RGG4 3 (2000), 87–89. | 492 Vgl. u. S. 420, Anm. 495. | 493 Vgl. o. S. 415, Anm. 480.
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Artikel VII
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Sic iudicandum est de ritibus illis, sicut ipsi Apostoli in suis scriptis iudicant. Non enim voluerunt Apostoli nos sentire, quod per tales ritus iustificemur, quod tales ritus sint res necessariae ad iustitiam coram Deo. Non voluerunt Apostoli tale onus imponere conscientiis, non voluerunt iustitiam et peccatum collocare in observationibus dierum, ciborum et similium rerum. Imo Paulus appellat huiusmodi opiniones doctrinas daemoniorum.276 Itaque voluntas et consilium Apostolorum ex scriptis eorum quaeri debet, non est satis allegare exemplum. Servabant cer[A8v]tos dies, non quod ea observatio ad iustificationem necessaria esset, sed ut populus sciret, quo tempore conveniendum esset; servabant et alios quosdam ritus, ordinem lectionum, si quando conveniebant. Quaedam etiam ex patriis moribus, ut fit, retinebat populus, quae Apostoli nonnihil mutata ad historiam Evangelii accommodaverunt ut Pasca, Pentecosten, ut non | solum docendo, sed etiam per haec exempla memoriam maximarum rerum traderent posteris.
Quod si haec tradita sunt tamquam necessaria ad iustificationem, cur in his ipsis postea multa mutarunt Episcopi? Quod si erant Iuris divini, non licuit ea mutare auctoritate humana. Pasca ante Synodum Nicenam alii alio tempore servabant. Neque haec dissimilitudo laesit fidem. Postea ratio inita est, ne incideret nostrum Pasca in Iudaici Pascatis tempus. At Apostoli iusserant Ecclesias servare Pasca cum fratribus conversis ex Iudaismo. Itaque hunc morem quaedam gentes pertinaciter post Synodum Nicenam retinuerunt, ut Iudaicum tempus observarent.277 Verum Apostoli decreto illo non voluerunt Ecclesiis imponere necessitatem. Id [est], quod verba Decreti testantur. Iubent enim, ne quis curet, etiam si fratres servantes Pasca non recte supputent tempus. Verba Decreti [B1r] exstant apud Epiphanium: ὑμεῖς μὴ ψηφίζητε, ἀλλὰ ποιεῖτε, ὅταν oἱ ἀδελφοὶ ὑμῶν, oἱ ἐκ περιτομῆς, μετ᾽ αὐτῶν ἅμα ποιεῖτε278, κἄντε πλανηθῶσι μηδὲν ὑμῖν μελέτω.279 Haec scribit Epiphanius verba esse Apostolorum in Decreto quodam posita de Pascate, in quibus prudens lector facile potest iudicare Apostolos voluisse populo stultam opinionem de necessitate certi temporis eximere, cum prohibent curare, etiam si in supputando erretur. Porro quidam in oriente, qui Audiani appellati sunt ab
276 Vgl. I Tim 4,1. | 277 Vgl. o. S. 418, Anm. 491. | 278 Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses III, 1: Haeresis LXX, 10,2, in: PG 42, 356 (GCS 37, 243,2f). | 279 Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses III, 1: Haeresis LXX, 10,6, in: PG 42, 356 (GCS 37, 243,20).
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ihres Decrets anzeigen, denn sie drückens mit klaren worten aus, das niemands sich darümb bekömern solle, ob die brüder, so Ostertag halten etc., gleich die zeit nicht eigentlich abrechenσ.494 Denn Epiphanius495 zeucht an die wort der [c3v] Aposteln, daraus ein jder verstendiger klar zu mercken hat, das die Aposteln die leute von dem irthumb haben wollen abweisen, damit ihm niemands gewissen machet uber feiertage, gewisse zeit etc. Denn sie setzen klar dazu, man sol sich nicht gros darümb bekömern, ob schon inn der rechnung des Ostertags geirret sey.
BSLK 246
Dergleichen unzeheliche [Beispiele] könte ich aus den Historien furbringen und noch klerer anzeigen, das solche ungleicheit an eusserlichen satzungen niemands von der gemeinen Christen kirchen absondert odder scheidet. Die widdersacher verstehen gar nicht, was der glaube, was das reich Christi sey, die da leren, das inn den satzungen, wilche von speis, von tagen, von kleidung und dergleichen dingen reden, die Gott nicht ge|boten hat, die einigkeit der Christlichen kirchen stehe. Es mag aber hie jderman sehen und mercken, wie andechtige, uberaus heilige leute die widdersacher sein. Denn so universalordnung nötig sind und nicht sollen geendert werden, wer hat ihnen befohlen, die ordnung im abentmahl Christi zu endern, wilche nicht ein menschensatzunge ist, sondern ein Göttliche ordenung? Aber davon wollen wir hernach sonderlich handeln.496
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[Was die Kirche sei] Den achten Artikel497 lassen ihnen498 die widdersacher gantz gefallen,499 da wir sagen, das auch heuchler und Gottlosen inn der kirchen funden werden und das die Sacrament nicht darümb one krafft sein, ob sie durch heuchler gereicht [c4r] werden, denn sie reichens an Christus stad und nicht fur ihre person, wie der spruch lautet: „Wer euch höret, der höret mich.“500 Doch sol man falsche lerer nicht annemen odder hören, denn dieselbigen sind nicht mehr an Christus stad, sondern sind widderchristiτ; und Christus hat von den klar befohlen: „Hüttet euch fur den falschen Propheten!“501 Und Paulus zu den Galatern: „Wero euch ein anderp Evangelium predigt, der sey verflucht!“502 o
So jemand L45 | p anders L45
σ
abbrechen dt. 8° (1533) | τ Antichristi dt. 8° (1533)
494 berechnen | 495 Vgl. Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses III, 1: Haeresis LXX, 10, 2, in: PG 42, 356 (GCS 37, 243,2f.20). | 496 Vgl. AC XIII und XXII, u. S. 510–519, 580–587. | 497 Vgl. CA VIII, o. S. 102f. | 498 sich | 499 Vgl. Confutatio VIII, in: Immenkötter, Confutatio, 97,17–99,5: „Octavus vero articulus confessionis de ministris ecclesiae malis et hypocritis, quod eorum malitia sacramentis et verbo non obsit, acceptatur cum sancta et Romana ecclesia laudanturque principes hoc loco Donatistas et veteres Origenistas damnantes, qui
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Artikel VII und VIII
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auctore dogmatis, propter hoc decretum Apostolorum contenderunt Pascaγ cum Iudaeis servandum esse. Hos revellens Epiphanius laudat decretum et inquit nihil continere, quod dissentiat a fide aut Ecclesiastica regula, et vituperatδ Audianos, quod non recte intelligantε τὸ ῥητὸν,280 et interpretatur in hanc sententiam, in quam nos interpretamur, quod non senserint Apostoli referre, quo tempore servaretur Pasca. Sed quia praecipui fratres ex Iudaeis conversi erant, qui morem suum servabant, horum exemplum propter concordiam voluerint reliquos sequi. Et sapienter admonuerunt lectorem Apostoli se neque libertatem Evangelicam tollere neque necessitatem conscientiis imponere, quia addunt non esse cur[B1v]andum, etiam si erretur in supputando. Multa huius generis colligi possunt ex historiis, in quibus apparet dissimilitudinem humanarum observationum non laedere unitatem fidei. Quamquam quid opus est disputatione? Omnino, quid sit iustitia fidei, quid sit regnum Christi, non intelligunt adversarii, si iudicant necessariam esse similitudinem observationum in cibis, diebus, vestitu | et similibus rebus, quae non habent mandatum Dei. Videte autem religiosos homines, adversarios nostros! Requirunt ad unitatem Ecclesiae similes observationes humanas, cum ipsi mutaverint ordinationem Christi in usu coenae, quae certe fuit antea ordinatio universalis. Quod si ordinationes universales necessariae sunt, cur mutant ipsi ordinationem coenae Christi, quae non est humana, sed divina? Sed de hac tota controversia infra aliquoties dicendum erit.
[Quid ecclesia sit] 25
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Octavus articulus approbatus est totus, in quo confitemur, quod hypocritae et mali admixti sint Ecclesiae Et quod sacramenta sint efficacia, etiam si per malos ministros tractentur, quia ministri fungun[B2r]tur vice Christi, non repraesentant suam personam Iuxta illud: Qui vos audit, me audit.281 Impii doctores deserendi sunt, quia hi iam non funguntur persona Christi, sed sunt Antichristi. Et Christus ait: Cavete a pseudo Prophetis!282 Et Paulus: Si quis zaliud Evangeliumz evangelizaverit, anathema sit!283Ceterum monuit nos
z–z γ
praeter id, quod accepistis Vg Clem.
Pascata lat. 4° (1540) | δ vituperant lat. 4° (1540), lat. 8° (1542/1559) | ε intellegens lat. 8° (1559)
280 Das festgesetzte Datum (juristischer Terminus für einen Prozesstermin). Vgl. LS 1569. | 281 Lk 10,16 | 282 Vgl. Mt 7,15. | 283 Gal 1,9
negabant licitum esse uti ministerio malorum in ecclesia. Quam haeresim postea Waldenses et Pauperes de Lugduno resuscitarunt; quod deinde Joannes Wicleph in Anglia et Joannes Huss in Bohemia secuti sunt.“ (deutsch: ebd., 96,22–98,6). | 500 Lk 10,16 | 501 Mt 7,15 | 502 Gal 1,9
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Apologia Confessionis Augustanae
Sonst, was der priester eigen leben belanget, hat uns Christus vermanet inn den gleichnisen von der kirchen,503 das wir nicht Schismata odder trennung sollen anrichten, ob die priester odder das volck nicht allenthalben rein Christlich leben, wie die Donatisten gethan haben.504 Diejhenigen aber, die darümb an etlichen orten haben Schismata und trennung angericht, das sie furgeben, die priester dörfften nicht güter odder eigens haben, die achten wir fur auffrürisch.505 Denn eigens haben, güter haben ist ein weltlich ordnung. Die Christen aber mügen allerley weltliche ordnung so frey brauchen, als sie der lufft, speis, tranck, gemeins liechts brauchen. Denn gleich wie himel, erde, Sonn, Mondq und sternen Gottes ordnung sind und von Gott erhalten werden, also sind Politien und alles, was zuυ politey gehöret, Gottes ordnung und werden erhalten und beschützt von Gott widder den Teuffel.
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[c4v] Von der Tauffe
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Den Neunden Artikel506 lassen ihnen507 die widdersacher auch gefallen,508 da wir bekennen, das die Tauffe zur seligkeit vonnöten sey und das die Tauffe der jungen kinder nicht | vergeblich sey, sondern nötig und seliglich. Und dieweil das Evangelium bey uns rein und mit allem fleis geprediget wird, so haben wir auch – Gottlob! – den grossen nutz und selige frucht davon, das nicht Widderteuffer inn unser kirchen eingerissen. Denn unser volck ist – Gottlob! – unterricht durch Gottes wort widder die Gottlosen, auffrürischen rotten derselbigen mördrischen böswicht; und so wir viel andere irthumb der Widerteuffer dempffen und verdamnen, so haben wir den [Artikel] doch sonderlich widder sie erstritten und erhalten, das die kindertauff nicht unnütz sey. Denn es ist gantz gewis, das die Göttlichen verheissungen der gnaden, des heiligen geists nicht allein die alten, sondern auch die kinder belangen. Nu gehen die verheissungen diejhenigen nicht an, so ausserhalben der kirchen Christi sein, da wedder Evangelium noch Sacramente ist, Denn das reich Christi ist nirgend, denn wo das wort Gottes und die Sacrament sind. Darümb ist es auch recht Christlich und [d1r] not, die kinder zu Teuffen, damit sie des Evangelii, der verheissung des heils und der gnaden teilhafftig werden, wie Christus befihlet: „Gehet hin, Teuffet alle Heidenr.“509 Wie ihnen nu wird gnade, heil inn Christo [angeboten], also wird ihnen angeboten die Tauffe, beide, mannen und weiben, knaben und jungen kindern, So folgt
q
cj.: Mon; Mon CR | r Völker L45
υ
zur dt. 8° (1533)
503
Vgl. Mt 13,24–30.36–43.47–50. | 504 Vgl. o. S. 412, Anm. 470. | 505 Einige Vertreter der radikalen Reformation wie z.B. (in Ansätzen) Thomas Müntzer oder auch einzelne täuferische Gruppierungen (eschatologisch motivierte Gütergemeinschaft). | 506 Vgl. CA IX, o. S. 104f. | 507 sich 508 Vgl. Confutatio IX, in: Immenkötter, Confutatio, 99,7–12: „Nonus articulus de baptismo,
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Artikel VIII und IX
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Christus in collationibus de Ecclesia, ne offensi privatis vitiis sive sacerdotum sive populi schismata excitemus,284 sicut scelerate fecerunt Donatistae. Illos vero, qui ideo excitaverunt schismata, quia negabant sacerdotibus licere tenere possessiones aut proprium, plane seditiosos iudicamus. Nam tenere proprium civilis ordinatio est. Licet autem Christianis uti civilibus ordinationibus, sicut hoc aere, hac luce, cibo, potu. Nam ut haec rerum natura et hi siderum certi motus vere sunt ordinatio Dei et conservantur a Deo, ita legitimaeζ politiae vere sunt ordinatio Dei et retinentur ac defenduntur a Deo adversus diabolum.
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[De baptismo]
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Nonus articulus approbatus est, in quo confitemur, quod Baptismus sit necessarius ad salutem et quod pueri sint baptizandi285 et quod baptismus [B2v] puerorum non sit irritus, sed necessarius et efficax ad salutem. Et quoniam Evangelium pure ac diligenter apud nos docetur, Dei beneficio hunc quoque fructum ex eo capimus, quod in Ecclesiis nostris nulli exstiterunt Anabaptistae, quia populus verbo Dei adversus impiam et seditiosam factionem illorum latronum munitus est. Et cum plerosque alios errores Anabaptistarum damnamus, tum hunc quoque, quod disputant baptismum parvulorum inutilem esse.
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Certissimum est enim, quod promissio salutis pertinet etiam ad parvulos. Neque vero pertinet ad illos, qui sunt extra Ecclesiam Christi, ubi nec verbum nec sacramenta sunt, quia regnum Christi tantum cum verbo et sacramentis exsistit. Igitur necesse est baptizare parvulos, ut applice|tur eis promissio salutis iuxta mandatum Christi: Baptizatea omnes gentes,286 Ubi sicut offertur omnibus salus, ita offertur omnibus baptismus: viris, mulieribus, pueris, infantibus. a
docete baptizantes Vg Clem.
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egitime lat. 8° (1542)
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Vgl. Mt 13,24–30. 36–43. 47–50. | 285 CA IX, o. S. 104f. | 286 Mt 28,19
quod sit necessarius ad salutem et quod pueri sint baptizandi, probatur et acceptatur. Recteque damnant Anabaptistas, hominum genus seditiosissimum, procul a finibus sacri Romani imperii eliminandum, ne inclita Germania exitialem et sanguinarium denuo patiatur tumultum, qualem annis ab hinc quinque [gemeint ist der Bauernkrieg von 1524/1525] tot millium hominum clade experta est“ (deutsch: ebd., 98,8–13). | 509 Mt 28,19
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gewis daraus, das man die jungen kinder Teuffen mag und sol, denn inn und mit der Tauff wird ihnen die gemein gnad und der schatz des Evangelii angeboten. Zum andern ists am tage, das Gott der Herr ihm gefallen lest die Tauffe der jungen kinder; derhalben leren die Widderteuffer unrecht, so dieselbige Tauffe verdamnen. Das aber Gott gefallen hat an der Tauffe der jungen kinder, zeigt er damit an, das er vielen, so inn der kindheit getaufft sein, den heiligen geist hat geben, denn es sind viel heiliger leute inn der kirchen gewesen, die nicht anders getaufft sein.
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[Vom Abendmahl]
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Den x. Artikel510 fechten die widdersacher nicht an,511 darinne wir bekennen, das unsers Herrn Christus leib und blut war|hafftiglich im nachtmal Christi zugegen und mit dens sichtbarn dingen, brot und wein, dargereicht und genomen wird, Wie man bisanher inn der kirchen gehalten hat, wie φauch der Greken Canon zeuget512 undφ Cyrillus spricht, das uns Christus leiplich gereicht und geben wird im abendmal, denn so sagt er: Wir leugnen nicht, das wir durch rech[d1v]ten glauben und reine liebe Christo geistlich vereiniget werden. Das wir aber nach dem fleisch gar kein vereinigung mit ihm haben solten, da sagen wir nein zu, und das ist auch widder die schrifft.
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s
cj.: dem; den CR und dt. 8° (1533)
φ–φ
nicht in dt. 8° (1533)
510
Vgl. CA X, o. S. 104f. | 511 Vgl. Confutatio X, in: Immenkötter, Confutatio, 101,2–103,3: „Decimus articulus in verbis nihil offendit, quando fatentur in eucharistia post consecrationem legitime factam corpus et sanguinem Christi substantialiter et vere adesse, si modo credant, sub qualibet specie integrum Christum adesse, ut non minus sit sanguis Christi sub specie panis per concomitantiam quam est sub specie vini et e diverso. Alioquin in eucharistia corpus Christi esset mortuum et exsangue contra sanctum Paulum, quia Christus resurgens ex mortuis, amplius non moritur, ad Rom. 6[,9]. Adiicitur unum tamquam ad huius confessionis articulum valde necessarium, ut credant ecclesiae potius quam nonnullis aliter male docentibus, omnipotenti verbo dei in consecratione eucharistiae substantiam panis in corpus Christi mutari. Ita enim in concilio generali definitum est c. Firmiter. De summa trinitate et fide catholica. Laudantur itaque, quod Caphernaitas veritatem corporis et sanguinis domini nostri Jesu Christi in eucharistia negantes damnant“ (deutsch: ebd., 100,2–102,3). | 512 Vgl. die Epiklese der Chrysostomusliturgie, in BL 1, 387,5: καὶ ποίησον τὸν μὲν ἄρτον τοῦτον τίμον σῶμα τοῦ Χριστοῦ σου.
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Artikel IX und X
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Sequitur igitur clare infantes baptizandos esse, quia salus cum baptismo offertur.
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Secundo manifestum est, quod Deus approbat baptismum parvulorum. Igitur Anabaptistae impie sentiunt, qui damnant baptismum parvulorum. [B3r] Quod autem Deus approbetη baptismum parvulorum, hoc ostendit, quod Deus dat spiritum sanctum sic baptizatis. Nam si hic Baptismus irritus esset, nullis daretur spiritus sanctus, nulli fierent salvi, denique nulla esset Ecclesia. Haec ratio bonas et pias mentes vel sola satis confirmare potest contra impias et fanaticas opiniones Anabaptistarum.
[De coena Domini] Decimus articulus approbatus est, in quo confitemur nos sentire, quod in coena Domini vere et substantialiter adsint corpus et sanguis Christi et vere exhibeantur cum illis rebus, quae videntur, pane et vino, his qui sacramentum accipiunt. Hanc sententiam constanter bdefenderunt nostri Contionatoresb.θ Et comperimus non tantum Romanam Ecclesiam affirmare corporalem praesentiam Christi, sed idem et nunc sentire et olim sensisse Graecam Ecclesiam, utc testatur Canon Missae apud dGraecos. Et exstant quorundam scriptorum testimonia. Nam Cyrillus in Iohannem Cap. 15. inquitd Christum corporaliter nobis exhiberi in coena. Sic enim ait: Non tamen negamus recta nos fide caritateque sin[B3v]cera Christo spiritualiter coniungi. Sed nullam nobis coniunctionis rationem secundum carnem cum illo esse, id profecto pernegamus Idque a divinis scripturis omnino alienum dicimus.
b – b defendimus re diligenter inquisita et agitata. Cum enim Paulus dicat Panem esse participationem corporis Domini etc. sequeretur panem non esse participationem corporis, sed tantum spiritus Christi, si non adesset vere corpus Domini lat. 4° (1531) | c Id enim lat. 4° (1531) | d – d lat. 4° (1531): s. QuM I, 500,15–18 [illos, in quo ... qua docet] η approbat lat. 8° (1542/1559) | θ Cum enim Paulus dicat panem esse participationem corporis Domini etc., sequeretur panem non esse participationem corporis, sed tantum spiritus Christi, si non adesset vere corpus Domini Anmerkung in lat. 8° (1580)
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Apologia Confessionis Augustanae
Denn wer wil zweifeln, das Christus auch also der weinstock sey, wir die reben, das wir safft und leben von ihm haben?513 Höre, wie Paulus sagt: wir sind alle ein leib inn Christo, wiewol unser viel sind, so sind wir inn ihm doch eins, denn wir gniessen alle eins brods.514 Meinstu, das wir die krafft des Göttlichen segens im abendmal nicht wissen? denn wenn der geschicht, so macht er, das durch die gniessung des fleischs und leibs Christi Christus auch leiplich inn uns wonet. Item, darümb ist das zu mercken, das Christus nicht allein durch geistlich einigkeit, durch die liebe, sondern auch durch natürliche gemeinschafft inn uns ist.515 Und wir reden von gegenwertigkeit des lebendigen leibs, denn wir wissen, wie Paulus sagt, das der tod forthin nicht uber ihn hirschen wird.516
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[Von der Beichte] Den xi. Artikel,517 da wir sagen von der Absolucion, lassen ihnen518 die widdersacher gefallen,519 aber was die beicht belanget, setzen sie dieses dazu, das [es] mit der beicht sol gehalten werden nach dem Capitel „Omnis utriusque sexus“,520 das ein jder Christ alle jar einmal beichte und, ob er alle sunde so rein nicht kan erzelen, das er doch fleis habe, sich der alle zu erinnern und, soviel er sich erinnern mag, das er die inn der beicht sage.
513 Vgl. Joh 15,5. | 514 Vgl. I Kor 10,17; Röm 12,5; Gal 3,28. | 515 Vgl. Cyrill von Alexandrien, In Ioannis Evangelium X, 2 (zu Joh 15,5), in: PG 74, 341f. | 516 Röm 6, 9 | 517 Vgl. CA XI, o. S. 104f. 518 sich | 519 Vgl. Confutatio XI, in: Immenkötter, Confutatio, 103,5–105,3: „Quod articulo undecimo fatentur absolutionem privatam in ecclesia retinendam esse cum confessione tamquam catholicum et fidei nostrae conveniens acceptatur, quoniam firmatur verbo Christi absolutio. Cum dicit Johannes 20[,23] apostolis: Quorum remiseritis peccata, remittuntur eis. Duo tamen hic exigenda ab eis sunt. Unum ut confessionem observari faciant a subditis annuam iuxta constitutionem c. Omnis utriusque. De remissionibus et poenitentiis et communis ecclesiae consuetudinem. Alterum ut per concionatores fideliter admoneri faciant subditos suos, quatenus confessuri licet omnia peccata sua singillatim enuntiare non possint, diligenti tamen examine conscientiae suae facto delictorum suorum confessionem faciant integram, omnium scilicet, quae sibi in eiusmodi discussione in memoriam venerint. Super aliis vero oblitis et quae mentem nostram subterfugiunt, licet in genere confessionem facere et dicere cum psalmista, Ps. 18 [19,13]: Ab occultis meis munda me, domine!“(deutsch: ebd., 102,5–104,4) | 520 X.5.38.12 (Friedberg II, 887f).
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Artikel X und XI
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Quis enim dubitavit Christum etiam sic vitem esse, nos vero palmites,287 qui vitam inde nobis acquirimus? Audi Paulum dicentem, quia | omnes unum corpus sumus in Christo, quia etsi multi sumus, unum tamen in eo sumus. Omnes enim uno pane participamus.288 An fortasse putat ignotam nobis ιmysticae benedictionisι virtutem esse? quae cum in nobis fit, nonne corporaliter quoque facit communicatione carnis Christi Christum in nobis habitare? Et paulo post: unde considerandum est non habitudine solum, quae per caritatem intelligitur, Christum in nobis esse, verum etiam participatione naturali etc.289 Haec recitavimus, non ut hic disputationem de hac re institueremus – Non enim improbat hunc articulum Caes[area] Maiestas –, sed ut clarius etiam perspicerent, quicumque ista legent, nos defendere receptam in tota Ecclesia sententiam, quod in coena Domini vere et substantialiter adsint corpus et sanguis Christi et vere exhibeantur cum his rebus, quae videntur, pane et vino. Et loquimur de prae[B4r]sentia vivi Christi. Scimus enim, quod mors eie ultra non dominabitur.290
[De confessione]
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Undecimus articulus de retinenda Absolutione in Ecclesia probatur. Sed de Confessione addunt correctionem videlicet observandum esse constitutionem Cap. Omnis utriusque291, ut et quotannis fiat confessio, et quamvis omnia peccata enumerari non queant, tamen diligentiam adhibendam esse, ut colligantur et illa, quae redigi in memoriam possunt, recenseantur.
e ι–ι
illi Vg Clem. mystice benedictionem lat. 4° (1540)
287 Vgl. Joh 15,5. | 288 Vgl. I Kor 10,17; Röm 12,5; Gal 3,28. | 289 Vgl. Cyrill von Alexandrien, In Ioannis Evangelium X, 2 (zu Joh 15,5), in: PG 74, 341f. | 290 Röm 6,9 | 291 X.5.38.12 (Friedberg II, 887f).
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Apologia Confessionis Augustanae
[d2r] Vom gantzen Artikel wollen wir hernach weiter handeln, wenn wir von der Christlichen bus werden reden.521 Es ist am tage und es können die widdersacher nicht leugnen, das die unsern von der Absolution, von den schlüsseln, also Christlich, richtig, rein gepredigt, geschrieben und gelert haben, das viel betrübte, angefochtene gewissen daraus grossen trost entpfangen, nachdem sie dieses nötigen stücks klar unterricht sein, nemlich, | das es Gottes gebot ist, das es der rechte brauch des Evangelii ist, das wir der Absolution gleuben und gewis bey uns dafur halten, das one unsernχ verdienst uns sunde vergeben werden durch Christum, das wir auch so warhafftig, wenn wir dem wort der Absolution gleuben, Gotte werden versünet, als höreten wir eine stimme von himel. Diese lare, wilche fast522 nötig, ist vielen angefochtenen gewissen fast523 tröstlich gewest. Auch haben viel redeliche, verstendige leute, viel frome hertzen im anfang dieser, unser lere halben Doctor Luthern hoch gelobet und des ein sonder freude gehabt, das der nötige, gewisse trost widerümb were an tag bracht. Denn zuvor wart die gantze nötige lere von der bus und Absolution unterdrückt, nachdem die Sophisten kein rechten und bestendigen trost des gewissens lereten, sondern weiseten die leute auff ihr eigne wercke, daraus eitel verzweifelung inn erschrocken gewissen kömpt. Was aber die gewisseu zeit der beicht belan[d2v]get, so ist es war und den widdersachern unvorborgen, das inn unsern kirchen viel leute des jars nicht allein einmal, sondern offte beichten, der absolution und des heiligen Sacraments brauchen. Und die prediger, wenn sie von dem brauch und nutz der heiligen Sacrament leren, leren sie also, das sie das volck mit fleis vermanen, des heiligen Sacraments offte zu gebrauchen. Und es sind auch die bücher und schriffte der unsern am liecht,524 wilche also geschrieben, dasψ die widdersacher, wilche erbare, Gotförchtige leute sein, solche nicht anfechten, sondern loben müssen. So wird auch von unsern predigern allezeit daneben gemeldetv, das die sollen verbannet und ausgeschlossen werden, die inn offentlichen lastern leben (hurerey, ehebruch etc.), Item, so die heiligen Sacrament verachten. Das halten wir also nach dem Evangelio und nach den alten Canonibus. Aber auff gewisse tage oder zeit im jar wird niemands zum Sacrament gedrungen, denn es ist nicht müglich, das die leute alle gleich auff ein gewisse zeit geschickt sein; und wenn sie alle inn einer gantzen pfarre auff ein zeit zum altar lauffen, können sie nicht so fleissig verhört und unterricht werden, wie sie bey uns unterricht werden. Und die alten Canones und Veter setzen t
cj.: was; was CR | u cj.: gewise; gewiss CR; gewisse dt. 8° (1533) | v cj.: gemelt; gemelt CR
χ
unserm dt. 8° (1533) | ψ danach: auch dt. 8° (1533)
521 Vgl. AC XII, u. S. 434–511. | 522 sehr | 523 sehr, ganz | 524 Vgl. CA XI, o. S. 104f. Vgl. auch Luther, Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn im Kurfürstentum zu Sachsen (1528), in: WA 26, 220,2–4.15–18: „Die Bepstische Beicht ist nicht geboten, Nemlich alle sunden zu erzelen, Das
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De hoc toto articulo dicemus paulo post copiosius, cum sententiam nostram de poenitentia totam explicabimus. Constat nos beneficium Absolutionis et potestatem clavium ita illustravisse et ornavisse, ut multae afflictae conscientiae ex doctrina nostrorum consolationem conceperint, postquam audiveruntκ mandatum Dei esse, imo propriam Evangelii vocem, ut Absolutioni credamus et certo statuamus nobis gratis donari remissionem peccatorum propter Christum et sentiamus vere nos hac fide reconciliari Deo.
Haec sententia multas pias mentes erexit et initio commendationem maximam apud omnes bonos viros attulit Luthero, cum ostendit certam et firmam consolationem conscientiis, [B4v] quia antea tota vis Absolutionis erat oppressa doctrinis operum, cum de fide et gratuita remissione nihil docerent Sophistae et Monachi.
Ceterum de tempore certe in Ecclesiis nostris plurimi saepe in anno utuntur sacramentis, Absolutione et coena Domini. Et qui docent de dignitate et fructibus sacramentorum, ita dicunt, ut invitent populum, ut saepe utantur sacramentis. Exstant enim deλ hac re multa a nostris ita scripta, ut adversarii, si qui sunt boni viri, haud dubie probent ac laudent. Denuntiatur et excommunicatio flagitiosis et contemptoribus sacramentorum. Haec ita fiunt et iuxta Evangelium et iuxta veteres Canones.
Sed certum tempus non praescribitur, quia non omnes pariter eodem tempore idonei sunt. Imo si accurrant eodem tempore omnes, non possunt ordine audiri et institui homines. Et veteres Canones ac Patres non constituunt certum tempus. Tantum ita dicit Canon: Si qui intrant Ecclesiam Dei et
κ
audiverant lat. 4° (1540) | λ et lat. 8° (1542/1559)
auch unmüglich ist, Wie im neuntzehenden Psalm stehet: ‚Wer mercket auff die fehle?‘ […] Zum brauch des Sacraments inn solcher verhöre sollen die leute auch vermanet werden zu beichten, das sie unterricht werden, wo sie irrige felle hetten inn ihren gewissen, Auch das sie trost empfahen, wo rechte reuige hertzen sind, so sie die absolution hören.“
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keine gewisse zeit; allein also sagt der Canon: So etliche sich zu der kirchen begeben und befunden werden, das sie das Sacrament nicht brauchen, sol man sie vermanen. ωWo etlicheω nicht communi[d3r]cirn, sollen sie zur bus vermanet werden. So sie aber wollen fur Christen gehalten sein, sollen sie sich nicht allzeit davon halten.525 Christusα sagt, das diejhenigen das Sacrament βzum gerichteβ entpfahen, die es unwirdig entpfahen.526 Darümb zwingen unser pfarrer diejhenigen nicht, die nicht geschickt sein, das Sacrament zu entpfahen. γVon dem erzelen aber und vorinnerungγ der sunde inn der beicht unterrichten | unser prediger also die leute, das sie doch die gewissen nicht verstricken, als sey es not, alle sunde bey namen zu erzelen. Wiewol es nu gut ist, die groben, unerfarnen dazu [zu] unterweisen, das sie etliche sunde inn der beicht namhafftig machen, was sie drücket, damit man sie leichtlicher unterrichten kann, So disputiren wir doch davon hie nicht, sondern davon, ob Gott geboten habe, das man die sunde also alle erzelen müsse, und ob die sunde unerzelet nicht mögen vergeben werden. Derhalben solten die widdersacher uns nicht angezogen haben das Capitel „Omnis utriusque sexus“, wilchs wir sehr wol kennen, sondern aus der heiligen schrifft, aus Gottes wort uns beweist haben, das solch erzelenδ der sunde von Gotte gebotten were. Es ist leider allzuklar am tage und rüchtig durch alle kirchen inn gantz Europa, wie diesesε particula des capitels „Omnis utriusque sexus“, da es gebeut, man solle schuldig sein, alle sunde [d3v] zu beichten, die gewissen inn elend, jammer und verstrickung bracht hat; und der Text an ihm selbst hat nicht so viel schadens gethan als hernach der Summisten527 bücher, darinne die umbstende, circumstantiasw der sunde, zusamengelesen, denn damit haben sie erst die gewissen recht irre gemacht und unsaglich geplaget und dazu eitel guthertzige leute, denn die frechen und wilden haben darnach nicht viel gefragt. ζDarüber, nachdem der Text also lautetζ, „ein jder solt seinem eigen priester beichten“, was grosses zancks und wie mördlichen neid und has hat zwischen pfarrern und Mönchen allerley orden diese frage angericht, wilchs doch der eigen prister were! Denn da war alle bruderschafft, alle freundschafft aus, wenn es umb dieη herschafft, umb den beichtpfennig zuthun war.528 Darümb halten wir, das Gott nicht geboten hat, die sunde namhafftig zu machen und w
cj.: circunstantz; circumstantz CR
ω–ω
und so sie dt. 8° (1533) | α Paulus BSLK (121998) 250,52. | β – β zur straff dt. 8° (1533) Aber von erzelung dt. 8° (1533) | δ erzelung dt. 8° (1533) | ε diese dt. 8° (1533) | ζ – ζ Weiter, diese particula dt. 8° (1533) | η diese dt. 8° (1533) γ–γ
525 Vgl. die Isidor von Sevilla zugeschriebe Bestimmung des Concilium Toletanum XIII, in: PL 84, 331; De cons. Dist. 2 c. 20 (Friedberg I, 1320). | 526 Vgl. I Kor 11,29. | 527 Vgl. o. S. 414f, Anm. 479. | 528 Neben dem Beschluss des 4. Laterankonzils 1215, „omnia sua peccata saltem semel in anno fideliter confiteatur proprio sacerdoti“ (can. 21, X.5.38.12 [Friedberg II, 887]), hatten eine Fülle von Beichtprivilegien der Orden, namentlich der Bettelorden Raum gefunden. Die dagegen
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deprehenduntur numquam communicare, admoneantur. Quod si non communicant, ad poenitentiam accedant. Si communicant, non semper abstineant. Si non fecerint, abstineant.292 Christus ait illos sibi iudicium man[B5r]ducaref, qui manducant indigne.293 Ideo pastores non cogunt hos, qui non sunt idonei, ut sacramentis utantur.
De Enumeratione peccatorum in Confessione sic docentur homines, ne laquei iniciantur conscientiis, Etiam si prodest rudes assuefacere, ut quaedam enumerent, ut doceri facilius possint. Verum disputamus nunc, quid sit necessarium iure divino. Non igitur debebant adversarii nobis allegare constitutionem Omnis utriusque, quae nobis non est ignota, sed ex Iure divino ostendere, quod enumeratio peccatorum sit necessaria ad consequendam remissionem. Tota Ecclesia per universam Europam scit, quales laqueos iniecerit conscientiis illa particula constitutionis, quae iubet omnia peccata confiteri. Nec tantum habet incommodi textus per se, quantum postea affinxerunt Summistae, qui colligunt circumstantias peccatorum. Quales ibi Labyrinthi, quanta carnificina fuit optimarum mentium! Nam feros et prophanos ista terriculamenta nihil movebant.
Postea quales tragoedias excitavit quaestio de proprio sacerdote inter Pastores et fratres, qui tunc minime erant fratres, cum de regno con[B5v]fessionumμ belligerabantur! Nos igitur senti|mus enumerationem peccatorum non esse necessariam Iure divino Idque placet Panormitano et plerisque aliis eruditis
f
manducat Vg Clem.
μ
confessionem lat. 8° (1542/1559)
292
Isidor von Sevilla (zugeschrieben), Concilium Toletanum XIII, in: PL 84, 331. | 293 I Kor 11,29
gerichtete Lehre des Johannes de Polliaco wurde 1321 verurteilt (Extrav. Comm. 5.3.2 [Friedberg II, 1291f]).
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[zu] erzelen. Und das helt auch Panormitanus529 und viel ander gelerte. Darümb wollen wir kein bürde auff die gewissen legen durch das Capitel „Omnis utriusque sexus“, sondern sagen von demselbigen wie von andern menschensatzungen, Nemlich, das es nicht ein Gottesdienst sey, θder nötig sey zur seligkeit.θ Auch so wird inn dem Capitel ein unmüglich ding gebotten, Nemlich, das wir alle sunde beichten sollen.530 Nu ists gewis, das wir viel sunde nicht können gedencken, auch wol die grösten sunde nicht sehen, wie der Psalm sagt: Wer kennet sein feile?531 [d4r] Wo verstendige, Gottförchtige pfarrer und prediger sein, die werden wol wissen, | wie fern not und nütze sein mag, die jugent und sonst unerfarne leute inn der beicht zu fragen. Aber diese Tiranney uber die gewissen, da die Summisten als die stockmeister die gewissen one unterlas geplagt haben, können noch wollen wir nicht loben, Wilche denn noch weniger beschwerlich gewesen were, wenn sie doch mit einem wort auch des glaubens an Christum, dadurch die gewissen recht getröstet werden, gedacht hetten. Nu aber ist von Christo, von glauben, von vergebung der sunde nicht ein syllabe, nicht ein titel inn so viel grossen büchern ihrer Decretal,532 ihrer Comment,533 ihrer Summisten,534 ihrer Confessional.535 Da wird niemands ein wort lesen, daraus er Christum odder was Christus sey müge lernen; allein gehen sie mit diesen registern umb, die sunden ιzu sameln, zu hauffenι; und were noch etwas, wenn sie doch die sunde verstünden, die Gott fur sunde heltet. Nu ist der grösser teil ihrer Summen nicht anders denn von narrenwerck, von menschensatzungen. O, was hat die heilose, Gotlose lere viel fromer hertzen und gewissen, die gern recht gethan hetten, zu verzweifelung bracht, wilche nicht haben ruhenx können! denn sie wusten nicht anders, sie müsten sich also fressen und beissen mit dem erzelen, zusamenrechen der sunde, und befunden doch immer unruhe und das es ihnen unmüglich war. Aber nicht weniger ungeschicks [d4v] dings haben die widdersacher von der gantzen bus geleret, wilchs wir hernach wollen erzelen.
x
cj.: rugen; rugen CR
θ – θ on welchen man nicht möge vergebung der sunden erlangen. dt. 8° (1533) | hauffen dt. 8° (1533) 529
ι–ι
zusammenzu-
Nikolaus de Tudeschis (Panormitanus, Abbas Siculus, Abbas Modernas), seit 1434 Erzbischof von Palermo, der einflussreichste Jurist und Kanonist des 15. Jahrhunderts. Stelle nicht eindeutig zu identifizieren. | 530 Vgl. o. S. 430f, Anm. 528. | 531 Vgl. Ps 19 (Vg 18),13. | 532 „Epistolae decretales“, päpstliche Rechtsentscheide. | 533 Wohl analog zu „glossae“. Erläuterungen des kanonischen Rechtes. | 534 Vgl. o. S. 414f, Anm. 479. | 535 Ablass- oder Beichtbriefe.
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Iuris consultis. Nec volumus imponere necessitatem conscientiis nostrorum per constitutionem illam Omnis utriusque, de qua perinde iudicamus ut de aliis traditionibus humanis, de quibus sentimus, quod non sint cultus ad iustificationem necessarii. Et haec constitutio rem impossibilem praecipit, ut omnia peccata confiteamurν. Constat autem plurima nos nec meminisse nec intelligere iuxta illud: Delicta quis intelligit?294
Si sint boni Pastores, scient, quatenus prosit examinare rudes, sed illam carnificinam Summistarum confirmare non volumus, quae tamen minus fuisset intolerabilis, si verbum unum addidissent de fide consolante et erigente conscientias. Nunc de hac fide consequente remissionem peccatorum nulla est syllaba in tanta mole constitutionum, glossarum, Summarum, Confessionalium. Nusquam ibi Christus legitur. Tantum leguntur supputationes peccatorum. Et maxima pars consumitur in peccatis contra traditiones humanas, quae est vanissima. Haec doctrina adegit multas pias [B6r] mentes ad desperationem, quae non potuerunt acquiescere, quia sentiebant Iure divino necessariam esse enumerationem et tamen experiebantur impossibilem esse. Sed haerent alia non minora vitia in doctrina adversariorum de poenitentia, quae iam recensebimus.
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confiteantur lat. 8° (1542/1559)
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Ps 19 (Vg 18),13
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Von der Bus
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Inn dem Zwelfften Artikel536 lassen ihnen537 die widdersacher das erste teil gefallen,538 da wir sagen, das alle diejhenige, so nach der Tauff inn sunde fallen, vergebung der sunde erlangen, zu was zeit und wie offte sie sich bekeren. Das ander teil verwerffen und verdamnen sie,539 da wir sagen, die bus habe zwey stücke, Contritionem und fidem, das ist, zur bus gehören diese zwey: ein reuhig, zurschlagen hertz und der glaube, das ich gleube, das ich vergebung der sunde durch Christum erlange. Da höre man nu, wozu die widdersacher „nein“ sagen; da dörffen sie540 unvorschampt verneinen, das der glaube nicht ein stücke der bus sey. Was sollen wir nu hie, allergnedigster herr Keiser, gegen diesen leuten thun? Gewis ists, das wir durch den glauben vergebung der sunde erlangen; dieses wort ist nicht unser wort, sondern die stimme und [das] wort Jhesu Christi, unsers heilands. Das klare wort Christi nu verdamnen diese [e1r] meister der confutacion; darümb können wir inn keinen weg die confutacion willigen; wir wollen, ob Gott wil, die klaren wort des Evangelii, die heilige Göttliche warheit und das selige wort, darinne aller | trost und seligkeit stehet, nicht verleugnen. Denn dieses also vorneinen, das wir durch den glauben vergebung der sunde erlangen, was wer das anders, denn das blut Christi und seinen tod lestern und schendenκ? Darümb bitten wir, allergnedigster herr Keiser, das Euer Keiserlich Maiestet inn dieser grossen, hohesten, allerwichtigsten sachen, wilche unser eigene seel und gewissen, wilche auch den gantzen Christenglauben, das gantz Evangelium, das erkentnis Christi und das hohist, gröst nicht allein in diesem vorgenglichem, sondern auch künfftigem leben, ja, unser aller ewigs genesen und verterben fur Gott belanget, gnediglich und mit fleis hören und erkennen [möge]. Es sollen alle Gottforchtige, frome und erbare leute nicht anders befinden, denn das wir inn dieser sache die Göttliche warheit und eitel heilsame, hohenotigste, tröstlichiste unterricht der gewissen geleret haben und leren lassen, daran allen fromen hertzen, der gantzen Christlichen kirchen λdas mircklichst und grossest, ja, all ihrλ heil und wolfart gelegen, one wilche unterricht kein predigampt, kein Christlich kirch sein noch bleiben kan. Es sollen alle Gottforchtige befinden, das diese lare der unsern von der bus das Evangeli[e1v]um und reinen verstand widder an tag bracht hat und das dadurch viel schedlicher, heslicher irthumb abgethan, wie denn durch der Scholastikenμ und Canonisten541 bücher diese lare, was doch rechte bus sey odder nicht sey, gar unterdruckt war.
κ danach: Und die gewissen inn zweifel und verzagung füren dt. 8° (1533) | (1533) | μ Sophisten dt. 8° (1533)
λ–λ
nicht in dt. 8°
536 Vgl. CA XII, o. S. 106f. | 537 sich | 538 Vgl. Confutatio XII, in: Immenkötter, Confutatio, 105,5–12: „Quod autem articulo duodecimo confitentur lapsis contingere posse remissionem peccatorum, quocumque tempore convertantur, et ecclesiam debere redeuntibus absolutionem impartiri, commendatur, quoniam iustissime damnant Novatianos poenitentiam negantes
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De poenitentia
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In articulo duodecimo probant primam partem, qua exponimus Lapsis post Baptismum contingere posse remissionem peccatorum, quocumque tempore et quotiescumque convertuntur. Secundam partem damnant, in qua poenitentiae partes dicimus esse contritionem et fidem. Negant fidem esse alteram partem poenitentiae. Quid hic, Carole Caesar invictissime, faciamus? Haec est propria vox Evangelii, quod fide consequamur remissionem peccatorum. Hanc vocem Evangelii damnant isti scriptores confutationis. Nos igitur nullo modo assentiri confutationi possumus. Non possumus saluberrimam vocem Evangelii et plenam consolationis damnare. Quid est aliud negare, quod fide consequamur remissionem peccatorum, quam contumelia afficere sanguinem et mortem Chri[B6v]sti? Rogamus igitur te, Carole Caesar Invictiss[ime], ut nos de | hac re maxima, quae praecipuum Evangelii locum, quae veram Christi cognitionem, quae verum cultum Dei continet, patienter ac diligenter audias et cognoscas. Comperient enim omnes boni viri nos in hac re praecipue docuisse vera, pia, salubria et necessaria universae Ecclesiae Christi. Comperient ex scriptis nostrorum plurimum lucis accessisse Evangelio et multos perniciosos errores emendatos esse, quibus antea obruta fuit doctrina de poenitentia per Scholasticorum et Canonistarum opiniones.
iterandam, tum contra prophetam pollicentem gratiam peccatori, quacumque hora ingemuerit, Ezech. 18[,21ff], tum contra misericordem Christi salvatoris sententiam sancto Petro respondentis, ut nedum septies sed septuagies septies fratri peccanti in die condonet, Matth. 18[,22]“ (deutsch: ebd., 104,6–17). | 539 Vgl. Confutatio XII, in: Immenkötter, Confutatio, 105,13–107,9: „At altera huius articuli pars omnino reiicitur. Nam cum duas tribuant dumtaxat partes poenitentiae, adversantur toti universali ecclesiae, quae usque ab apostolorum tempore tenuit et credidit tres esse poenitentiae partes: contritionem, confessionem et satisfactionem. Ita antiqui doctores Origenes, Cyprianus, Chrysostomus, Gregorius, Augustinus, sacrarum litterarum testimoniis docuerunt praesertim ex 2 [II] Regum 12[,16 = II Sam 12,16] de David, 2 [II] Paralip. 23 [33,16] de Manasse, Ps. 31 [32], 37 [38], 50 [51], 101 [102] etc. Quapropter Leo papa decimus felicis recordationis hunc merito damnavit Lutheri articulum sic docentem: Tres esse partes poenitentiae, confessionem, contritionem et satisfactionem non est fundatum in sacra scriptura nec in sanctis christianis doctoribus [Bulle Exsurge Domine, 15. Juni 1520, Artikel 5] Haec igitur articuli pars nequaquam admitti potest, sicut nec ea quae asserit fidem esse alteram partem poenitentiae, cum omnibus compertum sit fidem praeviam esse poenitentiae. Nisi enim quis crediderit, non poenitebit“ (deutsch: ebd., 104,18–106,14). | 540 wagen sie es ... zu | 541 Lehrer des kanonischen Rechts
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Und ehe wir zur sache greiffen, müssen wir dieses anzeigen: Es werden alle erbare, redliche, gelerte leute, hohes und nider stands, auch die Theologen selbst bekennen müssen, und one zweifel auch die feinde werden von ihrem eigen hertzen uberzeuget, das zuvor und ehedenn Doctor Luther geschrieben hat, eitel tunckel, verworren schriffte und bucher von der bus verhanden gewest, Wie man sihet bey den Sentenciarien,542 da unzeliche unnütze fragen sein, wilche noch keine Theologi selbst haben νgnugsam konnen ausortern.ν Viel weniger hat das volck aus ihren predigten und verwirreten buchern von der bus ein Summe fassen mügen odder mercken, was doch zu warer bus furnemlich gehöret, wie oder durch was weis ein hertz und gewissen ruhe und fride suchen müst. Und trotz, es tret noch einer hervory, der aus ihren büchern ein einigen menschen unterrichte, wenn543 gewis die sunde vorgeben sind! Lieber Herr Gott, wie sicht man da blindheit! wie wissen sie so garnicht davon, wie sind ihr schriffte eitel nacht, eitel finsternis! Sie brengen fragen | fur, ob „inn attritione“ odder „contritione“ vergebung der sunde geschehe;544 und so die sunde vergeben wird umb der reu odder contrition willen, was denn der absolution vonnöten sey? [e2r] und so die sunde schon vergeben sein, was denn die gewalt der schlüssel vonnöten sey? Und da engsten sie sich und verbrechen sich erst uber und machen die gewalt der schlüssel gar zunicht. Etliche unter ihnen ertichten und sagen, durch die gewalt der schlüssel werde nicht vergeben die schuld fur Gott, sondern die ewigen pein werden dadurch furwandelt inn zeitliche.545 Und [sie] machen also aus der absolution, aus gewalt der schlussel, dadurch wir trost und leben gewarten sollen, ein solche gewalt, dadurch uns nur straff auffgeleget werde. Die andern wollen klüger sein, die sagen, das durch gewalt der schlussel sunde vergeben werden fur den leuten odder fur der Christlichen gemein, aber nicht fur Gott.546 Das ist auch fast547 ein schedlicher irthumb; denn so die gewalt der schlüssel, wilche von Gott geben ist, uns nicht tröstet fur Gott, wodurch wil denn das gewissen zu ruhenz komen? Darüber, so leren und schreiben sie noch ungeschickter und verwirreter ding; sie leren, man könne durch reue gnade verdienen.548 Und wenn sie da gefragt werden, warümb denn Saul und Judas und dergleichen nicht gnade verdienet haben, inn wilchen gar ein schrecklich contritio gewesen ist, Auff diese frage solten sie antworten, das es Judas und Saul am Evangelio und glauben gefeilet hette, das Judas sich nicht getröst hat durchs Evangelium und hat nicht gleubet; denn der glaube unterscheidet die y
cj.: erfur; erfur CR | z cj.: rugen; rugen CR
ν–ν
verstanden dt. 8° (1533)
542
Vgl. o. S. 294f, Anm. 160. | 543 wann | 544 Eine Unterscheidung der Franziskaner-Theologen vornehmlich seit Alexander von Hales. Die contritio ist nach Gabriel Biel „perfecta et sufficiens ad dimissionem peccati […] Alia est imperfecta non sufficiens ex parte paenitentis ad remissionem peccati […] Et attritio est informis, quandoque indifferens, quandoque vitiosa. Contritio vero
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Ac priusquam accedimus ad defensionem nostrae sententiae, hoc praefandum est. Omnes boni viri, omnium ordinum ac Theologici ordinis etiam, haud dubie fatentur ante Lutheri scripta confusissimam fuisse doctrinam poenitentiae. Exstant libri Sententiariorum, ubi sunt infinitae quaestiones, quas nulli Theologi umquam satis explicare potuerunt. Populus neque rei summam complecti potuit nec videre, quae praecipue requirerentur in poenitentia, ubi quaerenda esset pax conscientiae. Prodeat nobis aliquis ex adversariis, qui dicat, quando fiat remissio peccatorum. Bone Deus, [B7r] quantae tenebrae sunt! Dubitant, utrum in attritione vel in contritione fiat remissio peccatorum. Et si fit propter contritionem, quid opus est Absolutione? quid agit potestas clavium, si peccatum iam est remissum? Hic vero multo magis etiam sudant et potestatem clavium impie extenuant. Alii somniant potestate clavium non remitti culpam, sed mutari poenas aeternas in temporales. Ita saluberrima potestas esset ministerium non vitae et spiritus, sed tantum irae et poenarum; alii videlicet cautiores fingunt potestate clavium remitti peccata coram Ecclesia, non coram Deo.
Hic quoque perniciosus error est. Nam si potestas clavium non consolatur nos coram Deo, quae res tandem reddet pacatam conscientiam? Iam illa sunt magis etiam perplexa. Docent nos contritione mereri gratiam. Ubi, si quis interroget, quare Saul, Iudas et similes non consequantur gratiam, qui horribiliter contriti sunt? Hic de fide et de Evangelio respondendum erat, quod Iudas non crediderit, non erexerit se Evangelio et promissione Christi. Fides enim ostendit discrimen inter contritionem Iudae et Petri. Verum adversarii
semper formata caritate.“ (Collectorium circa quattuor libros Sententiarum IV d. 16. q. 1 art. 1 not. 3 C, in: BCS 4/2 349,2.5 und 350,13f). | 545 Richard von St. Viktor, Tractatus De potestate ligandi et solvendi IV, in: PL 196, 1166: „Statim namque ad veram poenitentiam transit poena in poenam, aeterna in transitoriam, non purgatoria in purgatoriam.“ | 546 Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum IV d. 18. q. 1. art. 2. concl. 3 I, in: BCS 4/2, 524,1f: „Potestas clavium extendit se ad remissionem et retentionem culpae, non coram Deo, sed in facie ecclesiae.“ | 547 ganz | 548 Duns Scotus, Liber sententiarum IV d. 14 q. 2, Scholium 14, in: DOO 9, 45: „Iste motus [detestatio der Sünde] dicitur attritio et est dispositio sive meritum de congruo ad deletionem peccati mortalis.“
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reue Petri und Judae. [e2v] Aber die widdersacher gedencken des Evangelii und glaubens garξ nicht, sondern des gesetzs, sagen, Judas hab Gott nicht geliebet, sondern hab sich fur der straff gefürcht. Ist aber das nicht ungewis und ungeschickt von der bus geleret? Denn wenn549 wil ein erschrocken gewissen, sonderlich inn den rechten, grossen engsten, wilche inn Psalmen und Propheten beschrieben werden, wissen, ob es Gott aus liebe als seinen Gott fürchtet odder ob es sein zorn und ewig verdamnis fleuhet und hasset? Es mügen diejenigen von diesen grossen engsten nicht viel erfaren haben, dieweil sie also mit worten spielen und nach ihrem treumen unterschied machen. Aber im hertzen und wenn es zu erfarung kömpt, findet sichs viel anders, οund mit den schlechten syllaben und worten findet kein gewissen Ruhea, wie die guten, senfften, müssigen Sophisten treumen.ο Hie beruffen wir uns auff erfarung aller Gottforchtigen, auff alle redliche, verstendige leute, die auch gern die warheit erkenten; die werden bekennen, das die widdersacher inn allen ihren büchern nichts rechtschaffens geleret haben von der bus, sondern eitel, verworren, unnütz geschwetz. Und ist doch dis ein heuptartikel der Christlichen lare von der bus, von vergebung der sunde. Nu ist dieselbige lare von den fragen, die jtzo erzelet, voller grosser irthumb und heuchley, dadurch die rechte lare von Christo, von den [e3r] schlüsseln, von glauben zu unsaglichem schaden der gewissen unterdruckt gewesen. πWeiter richten sie noch mehr irthumb anπ, wenn man von der beicht550 reden sol; da leren sie nichts denn lange register machen und sund erzelen und [dies] mehrerteil innρ sunden widder menschengebot. Und [sie] treiben hie die leute, als sey solch zelen „de iure divino“, das ist von Gott gebotten; und dieses wer noch so hoch beschwerlichb nicht, wenn sie nur auch recht von der Absolution und glauben hetten gelert! Aber da faren sie abermal furuber und lassen den hohen trost ligen und tichten, das werck, beichten und reuen mache from „ex opere operato“, one Christo, one glauben, σdas heissen rechte Jüden.σ Das dritte stücke551 von diesem spiel ist die satisfactio odder gnugthuung fur die sunde.552 Daselbst leren sie noch ungeschickter, verwirreter, werffen das hundert ins tausent, das da selbst nicht ein tröpfflein gutes odder nötiges trostes ein arm gewissen finden möcht. Denn da ertichten sie ihnen553 selbst, das die ewig pein werde fur Gott verwandelt inn pein des fegfeuers und ein teil der pein werde vergeben und erlassen durch die schlüssel, fur ein teil aber müsse man gnugthun mit wercken.554 Darüber sagen sie weitter und nennen die gnugthuung „opera supererogationis“. Das sind denn bey ihnen die kindi-
a
cj.: ruge; ruge CR | b cj.: beswerlich; beschwerlich CR
ξ nicht in dt. 8° (1533) | ο – ο denn inn den grossen schrecken fület man eitel zorn und verzagen, man fület da nicht lieb. dt. 8° (1533) | π – π Darnach dt. 8° (1533) | ρ von dt. 8° (1533) | σ – σ Und so ein schwach gewissen inn zweifel fallt, trösten sies nicht, sondern leren, man sol zweifeln, das heisst ein greuliche lar, die eitel Gotteslesterung und verzagen bringt. dt. 8° (1533)
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de lege respondent, quod Iudas non dilexerit Deum, sed timuerit poenas. Quando autem territa conscientia, prae[B7v]sertim in seriis, veris et illis magnis terroribus, qui describuntur in Psalmis ac Prophetis et quos certe degustant isti, qui | vere convertuntur, iudicare poterit, Utrum Deum propter se timeat an fugiat aeternas poenas?
Hi magni motus litteris et vocabulis discerni possunt, re ipsa non ita divelluntur, ut isti suaves Sophistae somniant. Hic appellamus iudicia omnium bonorum et sapientum virorum. Hi haud dubie fatebuntur has disputationes apud adversarios perplexissimas et intricatissimas esse. Et tamen agitur de re maxima, de praecipuo Evangelii loco, de remissione peccatorum. Tota haec doctrina de his quaestionibus, quas recensuimus, apud adversarios plena est errorum et hypocrisis et obscurat beneficium Christi, potestatem clavium et iustitiam fidei.
Haec fiunt in primo actu. Quid, cum ventum est ad Confessionem? Quantum ibi negotii est in illa infinita enumeratione peccatorum, quae tamen magna ex parte consumitur in traditionibus humanis? Et quo magis crucientur bonae mentes, fingunt hanc enumerationem esse Iuris divini. Et cum ipsam enumerationem exigant praetextu Iuris divini, interim de absolutione, quae vere est Iuris di[B8r]vini, frigide loquuntur. Fingunt ipsum sacramentum ex opere operato conferre gratiam sine bono motu utentis; de fide apprehendente absolutionem et consolante conscientiam nulla fit mentio. Hoc vere est, quod dici solet ἀπιέναι πρὸ τῶν μυστηρίων. Restat tertius actus de satisfactionibus. Hic vero habet confusissimas disputationes. Fingunt aeternas poenas mutari in poenas purgatorii Et harum partem remitti potestate clavium, partem docent redimendam esse satisfactionibus. Addunt amplius, quod oporteat satisfactiones esse opera supererogationis, et haec constituunt in stultissimis observationibus velut in peregrinati-
549
wann | 550 Der zweite der drei Akte des Bußsakraments (contritio, confessio, satisfactio). Vgl. die vorausgegangene Anmerkung. | 552 Vgl. Confutatio XII, in: Immenkötter, Confutatio, 107,10–111,5 (deutsch: ebd., 106,15–110,7). | 553 sich | 554 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 87. art. 5, in: L 7, 126; III q. 86 art. 4, in: L 12, 311f; III Suppl. q. 25 art. 1, in: L 12,48. 551
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schen, nerrischtenτ wercke als Walfart, Rosenkrentze und dergleichen, da kein gebot Gottes von ist. [e3v] Und weiter, wie sie die pein des fegfeuers abkeuffen und -lösen mit ihrem gnugthuen, also haben sie noch weiter ein fündlein erdacht, dieselbigen gnugthuung fur das fegfeuer auch abzulösen, wilchs denn ein recht genieslicher, reicher kauff und grosser jarmarckt worden, Denn sie haben unvorschampt ihren Ablassc 555 verkaufft und gesagt: wer Ablassd löset, der kauff sich also ab, da er sonst müst gnugthuen; und die Kretzmerey, den jarmarckt, haben sie unvorschampt getriben, nicht allein, das den lebendigen Ablasse verkaufft, sondern auch fur die todten hat man Ablassf müssen keuffen. Darüber haben sie auch den schrecklichen misbrauch der Messe eingefurt, das sie die todten haben mit Messehaltenυ erlösen wollen; und unter solchen Teuffelslaren ist unterdrückt gewesen die gantz Christlich lere von glauben, von Christo, wie wir dadurch sollen getröst werden. Darümb mercken und verstehen hie alle erbare, redliche, ehrliebend, verstendige leute, schweig denn Christen, das gantz hohe vonnöten gewesen ist, solche ungöttliche lere | der Sophisten und Canonisten von der bus zu tadeln. Denn dieselbige ihre lare ist offentlich falsch, unrecht, widder die klaren wort Christi, widder alle schrifft der Aposteln, widder die gantze heilige schrifft und Veter; und sind das ihre irthumb:556 i. Das φuns Gott mus die sunde vergeben, so wir gute wercke thuen, auch ausserhalben der gnaden.557 [e4r] ii. Das wir durch die attrition odder reu gnade verdienen.558 iii. Das, unser sunde auszuleschen, gnug sey, wenn ich die sunde an mir selbst hasse und schelde.559 iiii. Das wir durch unser reue, nicht umb des glaubens willen an Christum vergebung der sunde erlangen.φ 560 v. Das die gewalt der schlüssel verleihe vergebung der sunde nicht fur Gott, sondern fur der kirchen odder den leuten.561 vi. Das durch die gewalt der schlüssel nicht χallein dieχ sunde vergeben werden, sondern dieselbige gewalt sey darümb eingesetzt, das sie die ewigen pein verwandelt inn zeitliche und das sie den gewissen etliche gnugthuung c
cj.: ablos; ablas CR | d cj.: ablos; ablas CR | e cj.: ablos; ablas CR | f cj.: ablos; ablas CR
τ nerrischen dt. 8° (1533) | υ Messen dt. 8° (1533) | gnug ... gnugsam sey.] | χ – χ nicht in dt. 8° (1533)
φ–φ
dt. 8° (1533): QuM I, 669,3–14 [reue
555
Indulgentia (so seit dem frühen 13. Jahrhundert als fester terminus technicus). Gemeint ist der Nachlass zeitlicher Strafen vor Gott für Sünden, deren Schuld schon getilgt ist; ihn erlangt der Gläubige – unter vorab festgelegten Voraussetzungen (Ersatzleistungen Geldzahlungen) – durch die Vermittlung der Kirche, die hierzu den Schatz der überschüssigen Verdienste Christi und der Heiligen (so seit Hugo von St. Cher) autoritativ verwaltet und zuwendet. | 556 Die Herkunft der hier eingefügten Thesenreihe ist unklar. Die Varianten im Drucktext von ApolCA lat. 4o („Quarttext“; Mai 1531) lassen auf einen Ursprung im Kontext von Melanchthons Arbeit an deren Recht-
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onibus, Rosariis aut similibus observationibus, quae non habent mandata Dei. Deinde, sicut purgatorium satisfactionibus redimunt, Ita excogitata est ars redimendi satisfactiones, quae fuit quaestuosissima. Vendunt enim indulgentias, quas interpretantur esse remissiones satisfactionum. Et hic quaestus non solum ex vivis, sed multo amplior est ex mortuis. Neque solum indulgentiis, sed etiam sacrificio Missae redimunt satisfactiones mortuorum; denique infinita res est de satisfactionibus. Inter haec scandala – non enim possumus enumerare omnia – et doctrinas daemoniorumξ iacet obruta doctrina de iustitia [B8v] fidei in Christum et de beneficio Christi. Quare intelligunt omnes boni viri utiliter et pie reprehensam esse doctrinam Sophistarum et Cano|nistarum de poenitentia. Nam haec dogmata aperte falsa sunt et non solum aliena a scripturis sanctis, sed etiam ab Ecclesiasticis patribus:
I. Quod per bona opera extra gratiam facta mereamur ex pacto divino gratiam.295 II. Quod per attritionem mereamur gratiam.296 III. Quod ad deletionem peccati sola detestatio criminis sufficiat.297 IIII. Quod propter contritionem, non fide in Christum, consequamur remissionem peccatorum.298 V. Quod potestas clavium valeat ad remissionem peccatorum non coram Deo, sed coram Ecclesia.299 VI. Quod potestate clavium non remittantur peccata coram Deo, sed quod sit instituta potestas clavium, ut mutet poenas aeternas in temporales, ut impo-
ξ
in lat. 8° (1542/1559) endet hier der Einschub [ – non enim possumus ...]
295
Vgl. o. S. 270f, Anm. 105. | 296 Vgl. u. S. 441, Anm. 558. | 297 Vgl. u. S. 441, Anm. 558. | 298 Vgl. o. S. 436f, Anm. 544. | 299 Vgl. o. S. 437, Anm. 546. fertigungartikel schließen. | 557 Vgl. o. S. 270f, Anm. 105. | 558 Duns Scotus, Liber sententiarum IV d. 14 q. 2, Scholium 14, in: DOO 9, 45: „Iste motus [detestatio der Sünde] dicitur attritio et est dispositio sive meritum de congruo ad deletionem peccati mortalis.“ | 559 Vgl. die vorausgegangene Anmerkung. | 560 Vgl. o. S. 436f, Anm. 544. | 561 Vgl. o. S. 437, Anm. 546.
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aufflege und Gottesdienst und satisfactiones auffrichte, dazu die gewissen fur Gott verpflichte und verbinde. vii. Das das erzelen und eigentlich rechenen aller sunde von Gott geboten sey. viii. Das satisfactiones, welche doch von menschen auffgesetzet, not sein zu bezalen ψdie pein odder auch die schuld; dennψ wiewol man inn der schul die satisfactiones allein fur die pein abrechnet, so verstehet doch meniglich, das man dadurch vergebung der schuld verdiene.562 ix. Das wir aus entpfahung ωdes Sacraments der busω ex opere operato, wenn das hertz [e4v] gleich nicht dabey ist, one den glauben an Christum gnade erlangen.563 x. Das aus dem gewalt der schlüssel durch den Ablassg die seelen aus dem fegfeuer erlöset werden.564 xi. Das inn reservatfellen nicht die straff der Canonum, sondern die schuld der sunden fur Gott durch den Bapst müge reservirt werden inn denen, die sich warlich zu Gott bekeren.565 BSLK 257
Das wir nu den gewissen hülffen aus den unzelichen stricken und verworren netzen der Sophisten, so sagen wir, die bus odder bekerung habe zwey stücke: „Contritionem“ und „fidem“.566 So nu jmands wil das dritte stücke dazu setzen, Nemlich, die fruchte der bus und bekerung, wilche sind gute wercke, so folgen sollen und müssen, αmit demα wil ich nicht βgros fechtenβ. Wenn wir aber „de contritione“, das ist von rechter reue, reden, schneiden wir ab die unzelichen, unnützen fragen, da sie fragen furgeben: Wenn567 wir aus der liebe Gottes, Item, wenn568 wir aus forcht der straffe reue haben.569 Denn es sein allein blose wort und vergeblich geschwetz derjenigen, die nicht erfaren, wie einem erschrockenem gewissen zu synne ist. Wir sagen, das „contritio“ odder rechte reue das sey, wenn das gewissen erschreckt wird und sein sunde und den grossen zorn Gottes uber die sunde anhebt zu fülen, und ist ihm leid, das es gesundiget hat. Und dieselbige cong
cj.: ablos; ablas CR
ψ–ψ β–β
den ewigen tod; und dt. 8° (1533) | anfechten dt. 8° (1533)
ω–ω
der Absolutio dt. 8° (1533) |
α–α
das dt. 8° (1533)
562 So lehrt die Scholastik seit Petrus Abaelard, Ethica seu scito te ipsum XIX und XXV, in: PL 178, 665. 672; ders., Dialogus inter philosophum, Judeum et Christianum, in: PL 178, 1634. 563 Vgl. CA XIII, o. S. 108f; vgl. auch o. S. 108, Anm. 67. | 564 Vgl. Johannes von Paltz, Coelifodiana (1502), in: Köhler, Ablaßstreit, 65,23–83,7; Ablassbulle Leos X. vom 31.3.1515, in: ebd., 92,8–93,22. | 565 Vgl. CA XXVIII, o. S. 186–219. Casus reservati, Fälle, in denen die Absolution den Bischöfen oder – seltener und im Mittelalter weniger bedeutsam – auch dem Papst selbst vorbehalten war. Vgl. X.5.39 (Friedberg II, 889–913); Wilhelm Rees, Art. Reservation, in: RGG4 7 (2004), 455, sowie das Tridentinum, hier: Sessio XIV c. 7, in: DH 546: „Hanc autem delictorum reservationem consonum est divinae auctoritati non tantum in externa politia, sed etiam coram Deo vim habere.“ | 566 Vgl. CA XII, o. S. 106f. | 567 Wann | 568 wann | 569 Durandus, In Petri Lombardi Sententias Theologicas Commentariorum IV d. 17 q. 2 ad 1, Venedig 1571 (Nachdruck
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nat certas satisfactiones conscientiis, ut instituat novos cultus et ad tales satisfactio[C1r]nes et cultus obligetο conscientias. VII. Quod enumeratio delictorum in Confessione, de qua praecipiunt adversarii, sit necessaria Iure divino. VIII. Quod Canonicae satisfactiones necessariae sint ad poenam purgatorii redimendam aut prosint tamquam compensatio ad tollendamg culpam. Sic enim imperiti intelligunt.300 IX. Quod susceptio sacramenti poenitentiae ex opere operato sine bono motu utentis, hoc est, sine fide in Christum conferath gratiam.301
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X. Quod potestate clavium per indulgentias liberentur animae ex purgatorio.302 XI. Quod in reservatione casuum non solum poena Canonica, sed etiam culpa reservari debeat in eo, qui vere convertitur.303
Nos igitur, ut explicaremus pias conscientias ex his labyrinthis Sophistarum, constituimus duas partes poenitentiae: videlicet contritionem et fidem.304 Si quis volet addere tertiam videlicet dignos fructus poenitentiae, hoc est, ibona opera sequentia conversionem,i non refragabimur. jNeque ignora[C1v]mus, quod vocabulum poenitentiae | Grammaticis significet improbare id, quod antea probabamus. Id magis quadrat ad contritionem quam ad fidem. Sed nos hic docendi causa poenitentiam totam conversionem intelligimus, in qua duo sunt termini: mortificatio et vivificatio. Nos vocamus usitatis nominibus contritionem et fidem.j De | contritione praecidimus illas otiosas et infinitas disputationes, quando ex dilectione Dei, quando ex timore poenae doleamus. Sed dicimus contriti-
g delendam lat. 4° (1531) | h consequatur lat. 4° (1531) | i – i mutationem totius vitae ac morum in melius, lat. 4° (1531) | j – j nicht in lat. 4° (1531) ο
obligat lat. 8° (1559)
300 So lehrt die Scholastik seit Petrus Abaelard, Ethica seu scito te ipsum XIX und XXV, in: PL 178, 665. 672; ders., Dialogus inter philosophum, Judeum et Christianum, in: PL 178, 1634. 301 Vgl. CA XIII, o. S. 108f; vgl. auch o. S. 108, Anm. 67. | 302 Vgl. Johannes von Paltz, Coelifodiana (1502), in: Dokumente zum Ablasstreit 1517, hg. v. Walther Köhler, Tübingen u. a. 1907, 65,23–83,7; Ablassbulle Leos X. vom 31.3.1515, in: ebd., 92,8–93,22. | 303 Vgl. o. S. 442, Anm. 565. | 304 Vgl. CA XII, o. S. 106f.
Ridgewood, New Jersey 1964), VV3r: „Quando voluntas hominis adhaerens peccato premitur timore et consideratione poenae debitae peccato et ob hoc resilit a peccato, dicitur attrita, et quando non solum timore poenae, sed amore vitae aeternae totaliter resilit a peccato, plene detestando ipsum, dicitur contrita“.
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tritio gehet also [f1r] zu, wenn unser sund durch Gottes wort gestrafft wird. Denn inn diesen zweien stücken stehet die Summa des Evangelii. Erstlich sagt es: „Bessert euch!“ und macht jderman zu sundern. Zum andern beuts an vergebung der sunde, γdas ewige leben, seligkeit, alles heil und den heiligen geistγ durch Christum, durch wilchen wir neu geporn werden. Also fasset auch die Summa des Evangelii Christus, da er Lucae am letzten sagt: „zuh predigen inn meinem namen bus und vergebung der sunde unter allen Heideni.“570 Und von dem schrecken und angst des gewissens redet die schrifft im xxxvii. Psalm: „Denn mein jmissethat sindj uber mein heupt gangenk, wie eine schwere last sind sie mir zu schwer worden“;571 und im vi. Psalm: „Herr, sey mir gnedig, denn ich bin schwach, heile mich, Herr, denn meine gebeine sind erschrocken und mein seele ist sehr erschrocken etc., ach du, Herre, wie lange?“572 und Esaiae am xxxviii.: „Ich sprach: nu mus ich zur hellepforten faren, da ich lenger zu leben gedacht etc. Ich dacht: möcht ich bis morgen leben, aber er zubrach mir alle mein gebeine wie ein Lewe.“573 | Item: „mein augen wolten mir brechen, Herr, ich leide not“574 etc. Inn denselbigen engsten fület das gewissen Gottes zorn und ernst widder die sunde, wilches gar ein unbekante sache ist solchen müssigen und fleischlichen leuten wie die Sophisten und ihrsgleichen; denn da merckt erst das gewissen, was die sunde fur ein grosser ungehorsam gegen Gott ist, da drücket erst [f1v] recht das gewissen der schrecklich zorn Gottes, und es ist unmüglich der menschlichen natur, denselbigen zu tragen, wenn sie nicht durch Gottes wort würde auffgericht. Also sagt Paulus: „durch das gesetz bin ich dem gesetz gestorben“;575 denn das gesetz klaget allein die gewissen an, gebeut, was man thun solle, und erschreckt sieδ. Und da reden die widdersacher nicht ein wort vom glauben, leren also kein wort vom Evangelio noch von Christo, sondern eitel gesetzlere. Und [sie] sagen, das die leute mit solchen schmertzen, reue und leide, mit solchen engsten gnade verdienen; doch wo sie aus liebe Gottes reue haben oder Gott lieben, Lieber HERR Gott, was ist doch das fur ein predigt fur die gewissen, den trosts vonnöten ist? Wie konnen wir doch εdann Gott liebenε, wenn wir in so hohen, grossen engsten und unsaglichem kampff stecken, wenn wir so grossen schrecklichen Gottesernst und -zorn fülen, Wilcher sich da stercker fület, denn kein mensch auff erden nachsagen odder -reden kan? Was leren doch solche prediger und Doctores anders denn eitel verzweifelung, die inn so grossen engsten einem armen gewissen kein Evangelium, kein trost, allein das gesetz predigen?
h
und lassen L45 | i Völkern L45 | j – j Sünden gehen L45 | k nicht in L45
γ–γ
den heiligen geist und ewiges leben dt. 8° (1533) | δ uns dt. 8° (1533) | ε – ε denn liebe fülen, dt. 8° (1533) 570
Lk 24,47 | 571 Ps 38 (Vg 37),5 | 572 Ps 6,3f | 573 Jes 38,10.13 | 574 Jes 38,14 | 575 Gal 2,19
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onem esse veros terrores conscientiae, quae Deum sentit irasci peccato et dolet se peccasse. Et haec contritio ita fit, quando verbo Dei arguuntur peccata, quia haec est summa praedicationis Evangelii: Arguere peccata et offerre remissionem peccatorum et iustitiam propter Christum et spiritum sanctum et vitam aeternam, et ut renati benefaciamus. Sic complectitur summam Evangelii Christus, cum ait Lucae ultimo Praedicari in nomine meok poenitentiam et remissionem peccatorum interl omnes gentes.305 Et de his terroribus loquitur scriptura, ut Psalm 37.: Quoniam iniquitates meae supergressae sunt caput meum, Sicut onus grave gravatae sunt super me306 etc. Afflictus sum [C2r] et humiliatus sum nimis. Rugiebam a gemitu cordis mei.307 Et Psal. 6.: Miserere mei, domine, quoniam infirmus sum! Sana me, domine, quoniam conturbata sunt ossa mea! Et anima mea turbata est valde. Etm tu, domine, usque quo?308 Et Esaiae. 38.: Ego dixi: in dimidio dierum meorum vadam ad portas inferi.309 Sperabam usque ad mane. Quasi leo sic contrivit omnia ossa mea.310 In his terroribus sentit conscientia iram Dei adversus peccatum, quae est ignota securis hominibus secundum carnem ambulantibus. Videt peccati turpitudinem et serio dolet se peccasse, etiam fugit interim horribilem iram Dei, quia non potest eam sustinere humana natura, nisi sustentetur verbo Dei.
Ita Paulus ait: Per legem legi mortuus sum.311 Lex enim tantum accusat et terret conscientias. In his terroribus adversarii nostri nihil de fide dicunt. Ita tantum proponunt verbum, quod arguit peccata. Quod cum solum traditur, doctrina legis est, non Evangelii. His doloribus ac terroribus dicunt homines mereri gratiam, si | tamen diligunt Deum. At quomodo diligent Deum homines in veris terroribus, cum sentiunt horribilem et inexplicabilem humana voce iram Dei? Quid aliud nisi desperationem docent, qui in his terroribus tantum ostendunt legem?
k
eius Vg Clem., lat. 4° (1531), lat. 8° (1559/1580) | l in Vg Clem. | m sed Vg Clem.
305 311
Lk 24,47 | Gal 2,19
306
Ps 38 (Vg 37),5 |
307
Ps 38 (Vg 37),9 |
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Ps 6,3f |
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Jes 38,10 |
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Jes 38,13
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Wir aber setzen das ander stücke der bus dazu, nemlich den glauben an Christum, und sagen, das in solchem schrecken den gewissen sol vorgehalden werden das Evangelium von Christo, inn wilchem verheissen ist vergebung der sunde aus gnaden durch Christum. Und solche gewissen sollen gleuben, das ihnen [f2r] umb Christus willen sunde vergeben werden.ζ Derselbig glaub richtet widder auff, tröstet und macht widder lebendig und frölich solche zurschlagene hertzen, wie Paulus zu den Römern am v. sagt: „So wir nu ηgerechtfertiget seinη, haben wir fride mit Gott.“576 Derselbig glaub θzeigt recht an [den]θ unterschied unter577 der reue Judae und Petri, Sauls und Davids, und darümb ist Judae und Sauls reue nichts nutz gewest. Denn da ist nicht glaub gewest, der sich gehalten hette an die verheissung Gottes durch Christum. Dagegen sind Davids und Sanct Peters reue rechtschaffen gewesen, Denn da ist der glaube gewest, wilcher gefast hat die zusage Gottes, wilche anbeut vergebung der sunde durch Christum. Denn eigentlich ist inn keinem hertzen einig liebe Gottes, es sey denn, das wir erst Got versünet werden durch Christum, denn Gottes gesetz oder das erst gepot kan one Christo niemands erfüllen noch halten, wie Paulus zu den Ephesern sagt: „Durch Christuml haben wir meinen zutrit zu Gottm.“578 Und derι glaub kempffet das gantz leben durch wider die sunde und wird durch mancherley anfechtung probirt und | nimpt zu. Wo nu der glaub ist, da folget denn erst die lieb Gottes, wie wir hie oben gesagt. Und das heist also recht geleret, was „timor filialis“ sey, nemlich ein solches forchten und erschrecken fur Gott, da dennoch der glaub an Christum uns widderümb tröstet. „Servilis timor [f2v] autem“, knechtlich forcht, ist forcht one glauben, da wird eitel zorn und verzweifelung. Die gewalt nu der schlüssel, die verkündiget uns durch die absolution das Evangelium, denn das wort der Absolution verkündiget mir fride und ist das Evangelium selbst. Darümb, wenn wir vom glauben reden, wollen wir κdie absolutionκ mit begriffen haben, denn der glaub ist aus dem gehör;579 und wenn ich die absolution höre, das ist, die zusage Göttlicher gnade odder das Evangelium, so wird mein hertz und gewissen getröstet; und dieweil Gott durch das wort warlich neue leben und trost ins hertz gibt, so werden auch durch gewalt der schlüssel warhafftig hie auff erden die sunde los gezelet, also das sie fur Gott im himel los sein, wie der spruch laut: „Wer euch hört, der höret mich.“580 Darümb sollen wir das wort der absolution nicht weniger achten nach581 glauben, denn wenn wir Gottes klar stimme von himel höreten, und die absolution, das selige tröstliche wort, solt billich das „Sacrament der bus“ heissen, wie denn auch etlicheλ Scholastici, μwilche gelerter denn die andern gewesen,μ davon reden.582 l
ihn L45 | m – m den Zugang alle beide in einem Geiste zum Vater L45
ζ
danach: dt. 8° (1533): QuM I, 671,8–13 [Und damit ... wirdig sind,] |
η–η
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gerecht sind durch
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[C2v] Nos igitur addimus alteram partem poenitentiae de fide in Christum, quod in his terroribus debeat conscientiis proponi Evangelium de Christo, in quo promittitur gratis remissio peccatorum de Christo. Debent igitur credere, quod propter Christum gratis remittunturn ipsis peccata. Haec fides erigit, sustentat et vivificat contritos iuxta illud: Iustificati ex fide pacem habemus.312 Haec fides consequitur remissionem peccatorum. Haec fides iustificat coram Deo, ut idem locus testatur: Iustificati ex fide. Haec fides ostendit discrimen inter contritionem Iudae et Petri, Saulis et Davidis. Ideo Iudae aut Saulis contritio non prodest, quia non accedit ad eam haec fides apprehendens remissionem peccatorum donatam propter Christum.
Ideo prodest Davidis aut Petri contritio, quia ad eam fides accedit apprehendens remissionem peccatorum donatam propter Christum. Nec prius dilectio adest, quam sit facta fide reconciliatio. Lex enim non fit sine Christo iuxta illud: Per Christumo habemus accessum pad Deump.313 Et haec fides paulatim crescit et per omnem vitam luctatur cum peccato, ut vincat peccatum et mortem. Ceterum fidem sequitur dilectio, ut supra diximus. Et sic clare definiri potest filialis timor talis pavor, qui cum [C3r] fide coniunctus est, hoc est, ubi fides consolatur et sustentat pavidum cor. Servilis timor [est], ubi fides non sustentat pavidum cor.
Porro potestas clavium administrat et exhibet Evangelium per Absolutionem, quae est vera vox Evangelii. Ita et absolutionem complectimur, cum de fide dicimus, quia fides est ex auditu,314 ut ait Paulus. Nam audito Evangelio audita absolutione erigitur et concipit consolationem conscientia. Et quia Deus vere per verbum vivificat, claves vere coram Deo remittunt peccata iuxta illud: Qui vos audit, me audit.315 Quare voci absolventis non secus ac voci de caelo sonanti credendum est. Et Absolutio proprie dici potest sacramentum poenitentiae, ut etiam Scholastici theologi eruditiores loquuntur. n
remittantur lat. 4° (1531) | o quem Vg Clem. | p – p in gratiam istam Vg Clem.
312
Röm 5,1 | 313 Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12. | 314 Röm 10,17 | 315 Lk 10,16
glauben dt. 8° (1533) und L45 | θ – θ macht recht dt. 8° (1533) | ι dieser dt. 8° (1533) | κ – κ das Evangelium und absolution dt. 8° (1533) | λ danach: gelarte dt. 8° (1533) | μ – μ nicht in dt. 8° (1533) 576 Röm 5,1 | 577 zwischen | 578 Eph 2,18; vgl. Eph 3,12; Röm 5,2. | 579 Vgl. Röm 10,17. | 580 Lk 10,16 | 581 noch | 582 Duns Scotus, Liber sententiarum IV d. 16, q. 1 Comm. 7, in: DOO 9, 254.
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Und derselbig glaub an das wort sol fur und fur gesterckt werden durch predigthören, durch lesen, durch brauch der Sacrament, denn das sind die sigel und zeichen des bunds und der gnaden im neuen νTestament. Das sein zeichenν der versünung und vergebung der sunde, [f3r] ξdenn sie bietenn an vergebung der sunde, Wie denn klar zeugen die wort im abendmal: „das ist mein leib, der fur euch gegeben wird“583 etc., „das ist der kilch odes neuen Testamentso“584 etc. Also wird auch der glaub gesterckt durch das wort der absolution, durch die prediger des Evangelii, durch entpfahen des Sacraments, damit er inn solchem schrecken und engsten des gewissens nicht untergehe.ξ Das ist ein klare, gewisse, richtige lere von der bus, dadurch kan man verstehen und wissen, was die schlüssel sein odder nicht sein, was die Sacrament nütz sein, was Christi wolthat ist, warümb und wie Christus unser mitler ist. Dieweil aber die widdersacher verdamnen, das wir die zwey teil der bus gesetzt haben,585 so müssen wir anzeigen, das nicht wir, sondern die schrifft diese zwey stück der bus oder bekerung also ausdrückt. Christus sagt Matthei am xi.: „Kompt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich wil euch erquicken!“586 da sind zwey stück: die last odder bürde, da Christus von redet, das ist der jammer, das gros erschrecken fur Gottes zorn im hertzen. Zum andern das komen zu Christo, denn | das komen ist nicht anders denn gleuben, das umb Christus willen uns sunde vergeben οwerden und das wir durch den heiligen geist neu geporn und lebendig werden.ο Darümb müssen diese zwey die furnemste stück inn der bus sein: die reue und der glaube. [f3v] Und Marci am ersten sagt Christus: „thut bus und gleubet dem Evangelio!“587 Fur das erst macht er uns zu sundern und schreckt uns. Zum andern tröstet er uns und verkündiget vergebung der sunde. Denn dem Evangelio gleuben heist nicht allein die Historien des Evangelii gleuben, wilchen glauben auch die Teuffel haben, sondern heist eigentlich gleuben, das uns durch Christum sunde vergeben seinπ, denn denselbigen glauben predigt uns das Evangelium. Da sehet ihr auch die zwey stücke, die reue odder das schrecken des gewissens, da er sagt: „thut bus“, und den glauben, da er sagt: „gleubetp dem Evangelio.“ Ob nu jemands wolt sagen: Christus begreifft auch die fruchte der bus [oder] das gantz neu leben, das fechten wir nicht grosρ an. Es ist uns hie gnug, das die schrifft diese zwey stücke furnemlich ausdruckt, reue und glauben. Paulus inn allen Episteln, soofft erq handelt, wie wir bekeret werden, fasset err diese zwey stück zusamen: [das] sterben des alten menschen, das ist reue, n r
cj.: bitten; bitten CR | cj.: ehr; er CR
o–o
das neue Testament L45 |
p
cj.: gleube; gleube CR |
q
cj.: ehr; er CR
ν – ν Testament, nemlich dt. 8° (1533) | ξ – ξ wie die wort klar im Abendmal melden vergebung der sunden: „das ist mein blut, das fur euch vergossen wird zu vergebung der sunde.“ Darümb vermanen uns die Sacrament zu solchem glauben. dt. 8° (1533) | ο – ο werden, das uns Gott gnedig sein, uns aus tod und ewigen zorn helffen wol. dt. 8° (1533) | π werden dt. 8° (1533) | ρ nicht in dt. 8° (1533)
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Interim haec fides in temptationibus multipliciter alitur per Evangelii sententias et per usum sacramentorum. Haec enim sunt signaπ novi testamenti, hoc est, signa remissionis peccatorum. Offerunt igitur remissionem peccatorum, sicut clare testantur verba coenae Domini: | Hoc est corpus meum, quod pro vobis traditurq.316 Hic est calix rnovi testamentir 317 etc. Ita fides concipitur et confirmatur per absolutionem, per audi[C3v]tum Evangelii, per usum sacramentorum, ne succumbat, dum luctatur cum terroribus peccati et mortis.
Haec ratio poenitentiae plana et perspicua est et auget dignitatem potestatis clavium et sacramentorum et illustrat beneficium Christi; docet nos uti mediatore ac propitiatore Christo. Sed quia confutatio damnat nos, quod has duas partes poenitentiae posuerimus, ostendendum est, quod scriptura in poenitentia seu conversione Impii ponat has praecipuas partes. Christus enim inquit Matth. xi.: Venite ad me omnes, qui laboratis et onerati estis, et ego reficiam vos.318 Hic duo membra sunt: labor et onus significant contritionem, pavores et terrores peccati et mortis. Venire ad Christum est credere, quod propter Christum remittantur peccata, cum credimus, vivificantur corda spiritu sancto per verbum Christi. Sunt igitur hic duae partes praecipuae: contritio et fides. Et Marci primo Christus ait: sAgite poenitentiams et credite Evangelio.319 Ubi in priore particula arguit peccata, in posteriore consolatur nos et ostendit remissionem peccatorum. Nam credere Evangelio non est illa generalis fides, quam habent et [C4r] diaboli, sed proprie est credere remissionem peccatorum propter Christum donatam. Haec enim revelatur in Evangelio. Videtis et hic duas partes coniungi: Contritionem, cum arguuntur peccata, Et fidem, cum dicitur: credite Evangelio. Si quis hic dicat Christum complecti etiam fructus poenitentiae seu totam novam vitam, non dissentiemus. Nam hoc nobis sufficit, quod hae partes praecipue nominantur contritio et fides.
Paulus fere ubique, cum describit conversionem seu renovationem, facit has duas partes: Mortificationem et Vivificationem, ut Coloss. 2.: In quo circum-
q
datur Vg Clem. | r – r novum testamentum Vg Clem. | s – s poenitemini Vg Clem.
π
signo lat. 8° (1559)
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Lk 22,19 | 317 Lk 22,20; I Kor 11,25 | 318 Mt 11,28 | 319 Mk 1,15
583
Lk 22,19 | 584 Lk 22,20; I Kor 11,25 | 585 Vgl. o. S. 435, Anm. 539. | 586 Mt 11,28 | 587 Mk 1,15
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erschrecken fur Gottes zorn und gericht, und dagegen [die] verneurung durch den glauben,588 Denn durchσ glauben werden wir getröst und widder zum leben gebracht und errettet von tod und helle; von diesen zweien stücken redet ers klar Rom. vi.: Das wir der sunden gestorben seien, das geschicht durch reue und schrecken, und widderümb sollen wir mit Christo aufferstehen, das geschihet, so wir durch glauben widderümb trost und leben erlangen;589 und dieweil glauben sol trost [f4r] und fride im gewissen bringen lautt des spruchs Rom. v.u: „Sov wir gerecht sind worden durch glauben, haben wir fride“590, [so] folget, das zuvor schrecken und angst im gewissen ist; also gehen reue und glaube nebeneinander.
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Wiewol, was ist not, viel spruche odder zeugnis der schrifft einzufüren, so die gantze schrifft der sprüche vol ist, als im cxvii. Psal.: „Der Herr züchtiget mich wol, aber er gibt mich dem todt nicht“591 und im cxviii. Psalm: Mein seele vergehet fur gremen, richte mich auff nach deinen worten!592 Erstlich saget er von schrecken oder von der reue. Im andern stücke des vers zeigt er klar an, wie ein reuig, arm gewissen widder getröstet wird, nemlich durch das wort Gottes, wilches gnade anbeutet und widder erquicket. Item i. Reg. am ii.: „Der Herr tödet und macht lebendig, er füret inn die helle und widder herausw“593; da werden auch die zwey stücke gerürt, reue und glaube. Item, Esaiae am xxviii.: Der Herr wird zürnen, τdas er sein werck thue, wilchs doch nicht sein werck ist.τ 594 Erx sagt, Gott werde schrecken, wiewol dasselbige nicht Gottes werck sey, denn Gottes eigen werck ist lebendig machen; andere werck als schrecken [und] tödten sind nicht Gottes eigne werck, Denn Gott
s cj.: ehr; er CR | t cj.: lauts lauts CR | u cj.: iiii.; iiii. CR | v Nun L45 | w cj.: eraus; eraus CR | x cj.: Ehr; Er CR σ danach: den dt. 8° (1533) | (1533)
τ–τ
und ein frembd werck thun, damit sein werck auch thue. dt. 8°
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cisi estis circumcisione non manu facta videlicett exspoliatione corporis peccatorum carnis.320 Et postea: in quo usimul resuscitati estisu per fidem efficaciaev Dei.321 Hic duae sunt partes. Altera est exspoliatio corporis peccatorum. Altera est resuscitatio per fidem. Neque haec verba (mortificatio, vivificatio, exspoliatio corporis peccatorum, resuscitatio) Platonice intelligi debent de simulata mutatione. Sed mortificatio significat veros terrores, quales sunt morientium, quos sustinere natura non posset, nisi erigeretur fide. Ita hic exspoliationem corporis peccatorum vocat, quam nos dicimus usitate contritionem, quia in illis dolori[C4v]bus concupiscentia naturalis expurgatur. Et vivificatio intel|ligi debet non imaginatio Platonica, sed consolatio, quae vere sustentat fugientem vitam in contritione. Sunt ergo hic duae partes: contritio et fides. Quia enim conscientia non potest reddi pacata nisi fide, Ideo sola fides vivificat iuxta hoc dictum: Iustus ex fide vivet.322 Et deinde in Colossensibus inquit Christum delere Chirographum, quod per legem adversatur nobis.323 Hic quoque duae sunt partes: Chirographum et deletio Chirographi. Est autem Chirographum conscientia arguens et condemnans nos. Porro lex est verbum, quod arguit et condemnat peccata. Haec igitur vox, quae dicit: Peccavi domino,324 sicut David ait, est Chirographum. Et hanc vocem impii et securi homines non emittunt serio. Non enim vident, non legunt scriptam in corde sententiam legis. In veris doloribus ac terroribus cernitur haec sententia. Est igitur Chirographum ipsa contritio condemnans nos. Delere Chirographum est tollere hanc wsententiam condemnationis ex animo etw sententiam insculpere, qua sentiamus nos liberatos esse ab illa condemnatione. Est autem fides nova illa sententia, quae abolet priorem sententiam et reddit pacem et vitam cordi. [C5r] Quamquam quid opus est multa citare testimonia, cum ubique obvia sint in scripturis? Psalmo 117.: Castigans castigavit me Dominus et morti non tradidit me.325 Psalmo 118.: Defecitx anima mea prae angustiay. Confirma me zverbo tuoz!326 Ubi in priore membro continetur contritio, in secundo modus clare describitur, quomodo in contritione recreemur scilicet verbo Dei, quod offert gratiam. Id sustentat et vivificat corda. Et 1. Regum 2.: Dominus mortificat et vivificat, deducit ad inferos et reducit.327 Horum altero significatur contritio, altero significatur fides. Et Esaiae 28.: Dominus irascetur, ut faciat opus suum. Alienum est opus eius, ut operetur opus suum.328 Alienum opus Dei
t in Vg Clem. | u – u et resurrexistis Vg Clem. | v operationis Vg Clem. | w – w sententiam, qua pronuntiamus fore, ut damnemur, et lat. 4° (1531) | x Dormitavit Vg Clem.; Deficit lat. 8° (1542/1559/1580) | y taedio Vg Clem. | z – z in verbis tuis Vg Clem. 320 325
Kol 2,11 | 321 Kol 2,12 | 322 Röm 1,17; vgl. Hab 2,4. | 323 Vgl. Kol 2,14. | Ps 118 (Vg 117),18 | 326 Ps 119 (Vg 118),28 | 327 I Sam 2,6 | 328 Jes 28,21
324
II Sam 12,13
588 Vgl. Kol 2,11f. | 589 Vgl. Röm 6,2.4.11. | 590 Röm 5,1 | 591 Ps 118 (Vg 117),18 | 592 Vgl. Ps 119 (Vg 118),28. | 593 I Sam 2,6 | 594 Vgl. Jes 28,21.
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macht allein lebendig; und wenn ery schrecket, thut ers darümb, das sein seliger trost uns deste angenehmer und süsser werde, denn sichere und fleischliche hertzen, die Gottes zorn und ihre sunde nicht fülen, achten keins trosts. [F4v] Auff die weis pflegt die heilige schrifft die zwey stücke beinander zu setzen, Erstlich das schrecken, darnach den trost, das sie anzeigenυ, das diese zwey stücke zu einer rechten bus odder bekerung gehören: Erstlich hertzlich reue, darnach glaube, der das gewissen widder auffrichte. Und ist jhe gewis also, das nicht wol müglich ist, von der sache klerer odder richtiger zu reden, so wissen wir furwar, das Gott inn seinen Christen, inn der kirchen also wircket. Dis sind nu die furnemeste zwey werck, dadurch Gott inn den seinen wircket; von den zweien stücken redet die gantze schrifft: Erstlich, das er unser hertzen erschrecket und uns die sunde zeiget, Zum andern, das er widderümb uns tröstet, auffrichtet und lebendig macht. Darümb füret auch die gantze schrifft diese zweierley lere; eine ist das gesetz, wilche uns zeiget unsern jammer, straffet die sunde, Die ander lere ist das Evangelium; dennφ Gottes verheissung, da er gnade zusagt durch Christum, und die verheissung der gnaden wird von Adam her durch die gantze schrifft immer widder | erholet;595 denn erstlich ist die verheissung der gnaden odder das erste Evangelium Adam zugesagt: χ„Ich wilz feindschafft setzen“596 etc.χ Hernach sind Abraham und andern Patriarchen von demselbigen Christo verheissung geschehen, wilche denn die Propheten hernach geprediget; und zuletzt ist dieselbige verheissung der gnade durch Christum selbst, als er nu komen war, ψgeprediget unter den Jüden und entlich durch die [g1r] Aposteln unter die Heiden inn alle welt ausgebreitet. Denn durch den glauben an das Evangelium odder an die zusage von Christo sind alle Patriarchen, alle heiligen von anbegin der welt gerecht fur Gott worden und nicht umb ihrer reue odder leide odder einigerley werck willen. Und die Exempel, wie die heiligen sind from worden, zeigen auch die obgedachten zwey stücke an, nemlich das gesetz und [das] Evangelium. Denn Adam, als er gefallen war, wird erω erst gestrafft, das sein gewissen erschrickt und inn grosse engste kömpt; dasselbe ist die rechte reue odder contritio. Hernach sagt ihm Gott gnade und heil zu durch den gebenedeiten samen, das ist Christum, durch wilchen der tod, die sunde und des Teuffels reich solt zubrochen werden; da beutet er ihm widder an gnade und vergebung der sunde. Das sind die zwey stücke; denn wiewol Gott hernach Adam straff auffleget, so verdienet er doch durch die straff nicht vergebung der sunde. Und von derselbigen auffgelegter straff wollen wir hernach sagen.597 Also wird David vom
y
cj.: ehr; er CR | z werde L45
υ anzeige dt. 8° (1533) | (1533) | ω nicht in CR
φ
das ist dt. 8° (1533) |
χ–χ
nicht in dt. 8° (1533) |
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ψ
davor: klar dt. 8°
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vocat, cum terret, quia Dei proprium opus est vivificare et ρconsolari. Verum ideo terret, inquit, ut sit locus consolationiρ et vivificationi, quia secura corda et non sentientia iram Dei fastidiunt consolationem.
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Ad hunc modum solet scriptura haec duo coniungere, terrores et consolationem, ut doceat haec praecipua membra esse in poenitentia contritionem et fidem consolantem et iustificantem. Neque videmus, quomodo natura poenitentiae clarius et simplicius tradi possit. Haec enim sunt duo praecipua opera Dei in hominibus: perterrefacere [C5v] et iustificare ac vivificare perterre|factos. In haec duo opera distributa est universa scriptura. Altera pars lex est, quae ostendit, arguit et condemnat peccata. Altera pars Evangelium, hoc est promissio gratiae in Christo donatae, et haec promissio subinde repetitur in tota scriptura: primum tradita Adae, postea Patriarchis, deinde a Prophetis illustrata, Postremo praedicata et exhibita a Christo inter Iudaeos et ab Apostolis sparsa in totum mundum. Nam fide huius promissionis sancti omnes iustificati sunt non propter suas attritiones vel contritiones. Et exempla ostendunt similiter has duas partes. Adam obiurgatur post peccatum et perterrefit. Haec fuit contritio. Postea promittit Deus gratiam, dicitσ futurum semen, quo destruetur regnum diaboli, mors et peccatum. Ibi offert remissionem peccati.
Haec sunt praecipua. Nam etsi postea additur poena, tamen haec poena non meretur remissionem peccati. Et de hoc genere poenarum paulo post dicemus. Sic David obiurgatur a Nathan et perterrefactus inquit: Peccavi
ρ–ρ
consolari lat. 4° (1540) | σ praedicet lat. 8° (1580)
595 wiederholt | 596 Gen 3,15 | 597 Vgl. u. S. 497,5–511,15 (deutsch: 496,10–510,23), bes. 501,15– 503,10 (deutsch: 500,18–502,15).
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Propheten Nathan hart angered und erschrecket, das er spricht und bekennet: „Ich hab afur dema Herrn gesundiget“;598 das ist nu die reu, hernach höret er das Evangelium und die absolution: „Der Herr hat deine sunde weggenomen, du soltb nicht sterben“599; als David das wort gleubet, entpfehet sein hertz widder [g1v] trost, liecht und leben; und wiewol ihm auch die straff wird auffgelegt, so verdienet er doch durch die straff nicht vergebung der sunde. Und es sind auch wol Exempel, da solch sonderlich straffe nicht dazu gethan werden, sondern diese zwey stücke gehören allzeit furnemlich zu einer rechten bus: Erst, das unser gewissen die sunde erkenne und erschrecke, Zum andern, das wir der Göttlichen zusage gleuben, als Lucae am vii.: Kömpt das arm sundig weib zu Christo und weinet bitterlich;600 das weinen zeigt die reue an, hernach höret sie das Evangelium: „deine sunde sind dir vergeben; dein glaub hat dir geholffen, gehe imc friden.“601 das ist nu das ander furnemste stücke der bus, Nemlich der glaub, der sie widder tröstet. Aus disem können hie alle Christliche leser mercken, das wir nicht unnötige disputationes einfüren, sondern klar, richtig und eigentlich das | stücke der bus setzen, one wilche die sunde nicht können vergeben werden, one wilche niemands fur Gott from, heilig odder neu geporn wird. Die früchte aber und gute wercke, Item, gedult, das wir gern leiden creutz und straff, was Gott dem alten Adam aufflegt, das alles folget, wenn also erst durch den glauben die sunde vergeben ist und wir neu geporn sein. Und wir haben diese zwey stücke klar gesetzt, damit der glaube an Christum, davon die Sophisten, Canonisten alle geschwigen, auch einmal geleret werd, damit
a–a
wider den L45 | b wirst L45 | c hin mit L45
598
II Sam 12,13 | 599 II Sam 12,13 | 600 Vgl. Lk 7,37f. | 601 Lk 7,48.50
a
transtulit Vg Clem. | b – b nicht in lat. 4° (1531) | c attestante PL | d eis Vg Clem.
τ ostendit lat. 8° (1542/1559) | (1542/1559)
υ
proprie lat. 4° (1540), lat. 8° (1542/1559) |
φ
dissimilitudo lat. 8°
329 II Sam 12,13 | 330 II Sam 12,13 | 331 Vgl. Lk 7,37f | 332 Lk 7,48 | 333 Lk 7,50 | 334 Ps 143 (Vg 142),8 | 335 Ps 147 (Vg 146),11 | 336 Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae III, 3, in: PL 183, 394.
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Domino.329 Ea est contritio. Postea auditτ absolutionem: Dominus sustulita peccatum tuum. Non morieris.330 Haec vox erigit Davidem et fide sustentat, iustificat et vivificat eum. Additur et hic poena, sed [C6r] haec poena non meretur remissionem peccatorum. Nec semper adduntur peculiares poenae, sed haec duo semper exsistere in poenitentia oportet, contritionem et fidem, ut Lucae 7. Mulier peccatrix venit ad Christum lacrimans.331 Per has lacrimas agnoscitur contritio. Postea audit absolutionem: Remittuntur tibi peccata.332 Fides tua salvam te fecit, vade in pace.333 Haec est altera pars poenitentiae, fides, quae erigit et consolatur eam. Ex his omnibus apparet piis lectoribus nos eas partes poenitentiae ponere, quae propriaeυ sunt in conversione seu regeneratione et remissione peccati.
Fructus digni et poenae sequuntur regenerationem et remissionem peccati. Ideoque has duas partes posuimus, ut magis conspici fides possit, quam in poenitentia requirimus. Et magis intelligi potest, quid sit fides, quam praedicat Evangelium, cum opponitur contritioni ac mortificationi. bEt ut totus orbis terrarum videat, quanta sit inscitia verae pietatis in nostris Criticis, qui confutationem scripserunt, addemus et Bernardi sententiam, qui prorsus ad eundem modum coniungit haec duo membra in poenitentia, contritionem et | fidem, sicut nos coniungimus. Verba sunt haec in sermone tertio de annuntiatione: Auditam fac mi[C6v]hi mane misericordiam tuam, quia in te speravi,334 Domine. Sola nimirum spes apud te miserationis locum obtinet nec oleum misericordiae, nisi in vase fiduciae ponis. Sed est infidelis fiducia solius utique maledictionis capax, cum videlicet in spe peccamus. Quamquam nec fiducia illa dicenda sit, sed insensibilitas quaedam et dissimulatioφ perniciosa. Quae enim fiducia est ei, qui periculum non attendit? aut quod ibi timoris remedium, ubi nec timor sentitur nec materia ipsa timoris? Fiducia solacium est nec eget ille solatio, qui laetatur, cum male fecerit, et in pessimis rebus magis exultat. Rogemus itaque fratres responderi nobis, quantas habeamus iniquitates et peccata; scelera nostra et delicta nobis desideremus ostendi. Scrutemur vias nostras et studia nostra periculaque universa vigili intentione pensemus. Dicat quisque in pavore suo: vadam ad portas inferi, ut iam non nisi in sola Dei misericordia respiremus. Haec vera hominis fiducia est a se deficientis et innitentis domino suo. Haec, inquam, vera fiducia est, cui misericordia non denegatur Propheta testantec. Beneplacitum est domino super timentes eum et in hisd, qui sperant super misericordia eius.335 Nec parva utique suppetit nobis: in nobis quidem causa [C7r] timoris, in ipso autem causa fiduciae.336 Hactenus Bernar-
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man auch deste klerer sehen müge, was der [g2r] glaub sey odder nicht sey, wenn er also gegen das gross schrecken und angst gehalten wird.
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Dieweil aber die widdersacher diesen klaren, gewissen, trefflichsten artikel one alle scheu αund scham namhafftigα verdamnen, da wir sagen, das βdie menschen vergebung der sunde erlangen durch den glauben an Christum,β 602 so wollen wir des etlich gründeγ und beweisung setzen, δaus wilchen zu verstehen sey, das wir vergebung der sunde nicht erlangen ex opere operato odder durch das gethane werck, durch reu odder leide etc., sondern allein durch den glauben, da ein jder fur sich selbst gleubet, das ihm sunde vergeben sein. Denn dieser artikel ist der furnemste und nötigste, darümb wir mit den widdersachern streitten, wilcher auch der nötigst ist, allen Christen zu wissen. So wir aber hier oben im artikel „de iustificatione“603 von demselbigen gnugsam gesagt, so wollen wir deste kürtzer hie dasselb handeln. Die widdersacher, wenn sie vom glauben reden, sagen sie, der glaube müsse fur der bus hergehen,604 und [sie] verstehen nicht den glauben, wilcher fur Gott gerecht macht, sondern den glauben, durch wilchen „in genere“, das ist inn gemein, gegleubet wird, das ein Gott sey, das ein helle sey etc. Wir reden aber darober von einem glauben, da ich fur mich gewis gleube, das mir die sunde vergeben sein umb Christus willen; von diesem glauben streiten wir, der nach dem schrecken folgen sol und mus und das gewissen trösten und das [g2v] hertz inn dem schweren kampff und angst widder zufriden machen [soll]. Und das wollen wir, wil Gott, ewiglich verfechten und wider alle pforten der helle erhalten, das derselbig glaube mus da sein, sollen jmands sunde vergeben werden. Darümb setzen wir dieses stück auch zur bus. Es kan auch die Christlich kirche nicht anders halten, denn das sund vergeben werden durch solchen glauben, wiewol die widdersacher als die wütenden hunde dawidder bellen. Fur das erst frage ich hie die widdersacher, Ob es auch ein stücke der bus sey, die absolution hören oder entpfahen? Denn wied sie die absolution absondern von der beicht, | wie sie denn subtil sein wollen zu distinguirn, so wird niemands wissen odder sagen können, was die beicht one die absolution nutz sey. So sie aber die absolution von der beicht nicht absondern, so müssen sie d
cj.: wue; wie CR
α – α nicht in dt. 8° (1533) | β – β uns umb Christus willen vergebung der sunden geschenckt wird durch glauben nicht von wegen der wirdigkeit unser reue, liebe, wercke etc., dt. 8° (1533) γ grund dt. 8° (1533) | δ dt. 8° (1533) bietet von hier an bis zum Ende des Artikels eine völlige Neubearbeitung; vgl. QuM I, 675,21–681,2 [Doch wollen wir ... verdamnen lassen.] 602
Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 91,11f: „Quod vero in eodem articulo
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dus, cuius sententiam propterea etiam non inviti retulimus, ut videant lectores, quomodo fidem hic intelligamus de fiducia misericordiae, quae erigit et consolatur perterrefactos, quam iste recte fiduciam appellat. Et haec clare conspici potest, cum fit Antithesis terrorum et consolationis. Sicut hic Bernardus vult in hominibus existere cognitionem peccatorum seu contritionem seu terrores. Et vult accedere fiduciam, quae erigat in contritione.b Sed quia adversarii nominatim hoc damnant, quod dicimus homines fide consequi remissionem peccatorum, addemus paucas quasdam probationes, ex quibus intelligi poterit remissionem peccatorum contingere non ex opere operato propter contritionem, sed fide illa speciali, qua unusquisque credit sibi epropter Christume remitti peccata. Nam hic articulus praecipuus est, de quo digladiamur cum adversariis et cuius cognitionem ducimus maxime necessariam esse Christianis omnibus. Cum autem supra de iustificatione, de eadem re satis dictum videatur, hic breviores erimus. Sunt enim loci maxime cognati: doctrina poenitentiae et doctrina iustificationis.
[C7v] Adversarii, cum de fide loquuntur et dicunt eam praecedere poenitentiam, intelligunt fidem non hanc, quae iustificat, Sed quae in genere credit Deum esse, poenas propositas esse impiis etc. Nos praeter illam fidem requirimus, ut credat sibi quisque fpropter Christumf remitti peccata. De hac fide speciali litigamus et opponimus eam opinioni, quae iubet confidere non in promissione Christi, sed in opere operato contritionis, confessionis et satisfactio|num etc. Haec fides ita sequitur terrores, ut vincat eos et reddat pacatam conscientiam. Huic fidei tribuimus, quod iustificet et regeneret, dum ex terroribus liberat et pacem, gaudium et novam vitam in corde parit. Hanc fidem defendimus vere esse necessariam ad remissionem peccatorum. Ideo ponimus inter partes poenitentiae gseu conversionisg. Nec aliud sentit Ecclesia Christi, etiam si adversarii nostri reclamant.
Principio autem interrogamus adversarios, Utrum absolutionem accipere pars sit poenitentiae nec ne? Quod si a confessione separant, ut sunt subtiles in distinguendo, non videmus, quid prosit confessio sine absolutione. Sin autem non separant a confessione acceptionem absolutionis, ne[C8r]cesse est
e–e
nicht in lat. 4° (1531) | f – f nicht in lat. 4° (1531) | g – g nicht in lat. 4° (1531)
iustificationem soli fidei tribuunt, ex diametro pugnat cum evangelica veritate opera non excludente“ (deutsch: ebd., 90,18f.). | 603 Vgl. AC IV–VI, o. S. 267–397 (deutsch: 266–396). | 604 Vgl. Confutatio XII, in: Immenkötter, Confutatio, 107,7–9: „Haec igitur articuli pars nequaquam admitti potest, sicut nec ea quae asserit fidem esse alteram partem poenitentiae, cum omnibus compertum sit fidem praeviam esse poenitentiae. Nisi enim quis crederit, non poenitebit“ (deutsch: ebd., 106,11–14).
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sagen, das der glaub an das wort Christi sey ein stücke der bus, so man die absolution nicht entpfahen kan denn allein durch den glauben. Das man aber das wort der absolution nicht entpfahen kan denn allein durch den glauben, ist zu beweisen aus Paulo, Rom. iiii., da er sagt, Das die verheissung Gottes niemands fassen kan denn allein durch den glauben.605 Die absolution aber ist nichts anders denn das Evangelium, ein Göttliche zusage der gnaden und hulde Gottes etc., darümb kan man sie nicht haben noch erlangen denn allein durch den glau[g3r]ben. Denn wie kan denjhenigen das wort der absolution nutz werden, die sie nicht gleuben? Die absolution aber nicht gleuben, was ist das anders, denn Gott lügen straffen, dieweil das hertz wancket, zweifelt, helts fur ungewis, das Gott dazu saget? Darümb stehet i. Johan. v. geschrieben: „Wer Gott nicht gleubt, der elügenstrafft ihnene, denn er gleubt nicht dem zeugnis, daf Gott von seinem sone zeuget.“606 Zum andern, so müssen jhe die widdersacher gewis bekennen, das die vergebung der sunde sey ein stücke odder, das wir auff ihr weis reden, sey „finis“, das ende, oder „terminus ad quem“ der gantzen bus.607 Denn was hülffe bus, wenn nicht vergebung der sunde erlangt würde? Darümb dasjhenige, dadurch vergebung der sunde erlanget wird, sol und mus jhe ein furnemest stücke der bus sein; eigentlich ist es aber war, klar und gewis, wenn alle Teuffel, alle pforten der helle dawidder schrien, das das wort niemands von der vergebung der sunde fassen kan denn allein durch den glauben, Rom. iii.: „Wilchen Gott hat furgestelt zu einem gnadenstuel durch den glauben“608 etc. Item, Rom. v. Capit.: „durch wilchen wir auch ein zutrit haben im glauben zu dieser gnade“609 etc. Denn ein erschrocken gewissen, das sein sunde fület, merckt balde, das Gottes zorn mit unsern elenden wercken nicht zu vorsünen ist, sondern, also kömpt ein gewissen recht zufriden, wenn es sich heltet an den mitler Christum und gleubet den Göttlichen zusagen. Denn diejhenigen verste[g3v]hen nicht, was vergebung der sunde sey odder wie man dieselbige erlanget, die da wehnen, die hertzen und gewissen können gestillet werden one den glauben an Christum. Petrus, der Apostel, füret ein den spruch Esaiae: „Wer an ihnen gleubet, der wird nicht zuschanden werden.“610 Derhalben müssen die heuchler fur | Gott zuschanden werden, die da meinen, sie wollen vergebung der sunde erlangen durch ihr werck, nicht umb Christus willen. Und Petrus inn den geschichten der Aposteln am x. saget: „gDem Jhesu geben zeugnisg alle Propheten, das diejhenigenh vergebung der sunde durch seinen namen erlangen, soi an ihnen gleuben.“611 Er hette nicht klerer reden können, denn das er sagt: „durch seinen namen“ und setzt dazu: „alle, die an ihnen gleuben.“ Darümb erlangen
e–e
macht ihn zum Lügner L45 | f das L45 | g – g Von diesem zeugen L45 | h alle L45 | i die L45
605 Vgl. Röm 4,16. | 606 I Joh 5,10 | 607 Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 113 art. 6 c, in: L 7, 336. | 608 Röm 3,25 | 609 Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12. | 610 I Petr 2,6; vgl. Jes 28,16; 49,23. 611 Act 10,43
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eos sentire, quod fides sit pars poenitentiae, quia absolutio non accipitur nisi fide. Quod autem absolutio non accipiatur nisi fide, ex Paulo probari potest, qui docet Roma. 4., quod promissio non possit accipi nisi fide.337
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Absolutio autem est promissio remissionis peccatorum. Igitur necessario requirit fidem. Nec videmus, quomodo dicatur is accipere absolutionem, qui non assentitur ei. Et quid aliud est non assentiriχ absolutioni quam Deum accusare mendacii, si cor dubitet, sentit incerta et inania esse, quae promittit Deus? Ideo 1. Iohannis 5. scriptum est: Qui non credit Deoh, mendacem facit eum, quia non credit in testimonium, quod testificatus est Deus de filio suo.338
Secundo fateri adversarios existimamus remissionem peccatorum poenitentiae seu partem seu finem seu, ut ipsorum more loquamur, terminum esse ad quem. Ergo id, quo accipitur remissio peccatorum, recte additur partibus poenitentiae. Certissimum est autem, etiam si omnes portae inferorum reclament, remissionem peccatorum non posse accipi nisi sola fide, quae credit peccata remitti propter Christum iuxta illud Roma. 3.: Quem proposuit Deus propitiatoremi per fidem in san[C8v]guine ipsius.339 Item, Roma. 5.: per quem accessum habemus per fidem in gratiam340 etc. Nam conscientia territa non potest opponere irae Dei opera nostra aut dilectionem nostram, sed ita demum fit pacata, cum apprehendit mediatorem Christum et credit promissionibus propter illum donatis. Non enim intelligunt, quid sit remissio peccatorum aut quomodo nobis contingat, qui somniant corda pacata fieri sine fide in Christum.
Petrus citat ex Esaia: Qui crediderit in eum, non confun|detur.341 Necesse est igitur confundi hypocritas confidentes se accipere remissionem peccatorum propter sua opera, non propter Christum. Et Petrus ait in Actis Cap. 10.: Huic omnes Prophetae testimonium perhibent remissionem peccatorum accipere per nomen eius omnes, qui credunt in eum.342 Non potuit dici magis dilucide, quam quod ait per nomen eius. Et addit: omnes, qui credunt in eum. Tantum
h
Filio Vg Clem. | i propitiationem Vg Clem.
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assentire lat. 4° (1540)
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Vgl. Röm 4,16. | 338 I Joh 5,10 | 339 Röm 3,25 | 340 Röm 5,2; vgl. Eph 2,18; 3,12. | 341 I Petr 2,6; vgl. Jes 28,16; 49,23. | 342 Act 10,43
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wir vergebung der sunde durch den namen Christi, das ist umb Christus willen, nicht umb unsers verdiensts odder wercke willen; und das geschihet also, wenn wir gleuben, das uns sunde vergeben werden umb Christus willen. Die widdersacher schreien wol, sie sein die Christliche kirche und sie halten, was die Catholica, [die] gemein kirch heldet. Petrus aber, derj Apostel, hie inn unser sache und unserm höchsten Artikel rhümet auch ein Catholica, gemein kirche, da er sagt: „kdem Jhesu geben zeugnusk alle Propheten, das wirl vergebung der sunde erlangen durch seinen namen.“612 Ich meine jhe, wenn alle heilige [g4r] Propheten eintrechtig zusamenstimmen (nachdem Gott auch ein einigen Propheten fur ein weltschatz achtet), solle jhe auch ein decret, ein stimme und eintrechtig starck beschlus sein der gemein, Catholicken, Christlichen, heiligen kirchen und billich dafur gehalten werden. Wir werden wedder Bapst, Bischoff noch kirchen den gewalt einreumen, widder aller Propheten eintrechtige stimme etwas zu halten odder zu schliessen, Noch hat Bapst Leo der x. diesen Artikel als irrig dörffen verdamnen.613 Und die widdersacher vordamnen dieses auch. Darümb ist gnug am tag, was das fur ein feine, Christlich kirche sey, die nicht allein durch offentliche, geschriebene decret und mandat diesen Artikel, Nemlich, das wir vergebung der sunde one wercke durch den glauben an Christum erlangen, verdamnen darff, sondern auch uber dem bekentnis dieses Artikels unschuldig blut verdamnen und erwürgen. Sie dürffen614 gebot ausgehen lassen, das man frome, redliche leute, die also leren, solle veriagen, und trachten inen durch allerley Tiranney als die bluthunde nach leib und leben. Aber sie werden villeicht sagen, sie haben auch lerer fur sich: Scotum,615 Gabrielem616 und dergleichen, die auch grossen namen haben, dazu auch die sprüche der Veter, wilche im decret617 verstümpelt angezogen. Ja, es ist war, sie heissen alle lerer und Scribenten. Aber am gesang kan [g4v] man mercken, wilche vögel es sind.618 Dieselbigen Scribenten haben nicht anders denn Philosophy geleret und von Christo und Gottes werck nicht gewisst, das beweisen ihre bücher klar. Derhalben lassen wir uns nichts irren, | sondern wissen furwar, das wir das wort des heiligen Apostels Petri als einen grossen Doctors frölich mügen halten gegen alle Sententiarios619 uber ein hauffen, j
cj.: den; der CR | k – k Von diesem zeugen L45 | l alle L45
612 Act 10,43 | 613 Vgl. die Bannandrohung gegen Luther: Leo X., Bulle „Exsurge Domine“ (15. Juni 1520). Art. 15, in: QGPK, 506: „Magnus est error eorum, qui ad Sacramenta Eucharistiae accedunt, huic innixi, quod sint confessi, quod non sint sibi conscii alicuius peccati mortalis, quod praemiserint orationes suas, et praeparatoria, omnes ille, ‚ad iudicium sibi manducant, et bibunt‘ [I Kor 1,29]: sed si credant et confidant se gratiam ibi consecuturos, haec sola fides facit eos puros, et dignos.“ Vgl. o. S. 435, Anm. 539. | 614 sie wagen es | 615 Johannes Duns Scotus lehrte in Oxford und Paris und war zuletzt Lector principalis der Franziskaner in Köln. | 616 Gabriel Biel, zunächst Domprediger in Mainz, schloss sich den Brüdern vom gemeinsamen Leben an und lehrte von 1484 bis 1492 im Sinne des Spätfranziskanismus (via moderna) als Professor in Tübingen. 617 Das Decretum Gratiani bildet den ersten Teil des später im Corpus Iuris Canonici (CIC, so
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igitur ita accipimus remissionem peccatorum per nomen Christi, hoc est, propter Christum, non propter ulla nostra merita atque opera. Et hoc ita fit, cum credimus nobis remitti peccata propter Christum. Adversarii nostri vociferantur se esse Ecclesiam, se consensum Ecclesiae sequi. At Petrus hic in nostra causa etiam allegat consensum Ec[D1r]clesiae: huic, inquit, omnes Prophetae perhibent testimonium, remissionem peccatorum accipere per nomen eius343 etc. Profecto consensus Prophetarum iudicandus est universalis Ecclesiae consensus esse. Nec Papae nec Ecclesiae concedimus potestatem decernendi contra hunc consensum Prophetarum. At Bulla Leonis aperte damnat hunc articulum de remissione peccatorum, damnant et adversarii in confutatione.
Qua ex re apparet, qualis sit Ecclesia iudicanda istorum, qui non solum decretis improbant hanc sententiam, quod remissionem peccatorum consequamur fide non propter opera nostra, sed propter Christum, sed etiam iubent eam vi ac ferro abolere. Iubent omni genere crudelitatis perdere viros bonos, qui sic sentiunt.
Sed habent magni nominis auctores: Scotum, Gabrielem et similes, dicta Patrum, quae in Decretis truncata citantur. Certe, si numeranda sunt testimonia, vincunt. Est enim maxima turba nugacissimorum scriptorum in sententias344, qui tamquam coniurati defendunt illa figmenta de merito attritionis et operum et cetera, quae supra recitavimus. Sed ne quis multitudine moveatur, non magna auctoritas est in testimoniis posteriorum, qui non genuerunt sua scripta, sed tantum compilatis superioribus [D1v] transfuderunt illas opiniones ex aliis libris in alios. Nihil iudicii adhibuerunt, sed ut pedanei senato-
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Act 10,43 | 344 Gemeint sind Kommentare zu den Sentenzen des Petrus Lombardus
seit Ende des 16. Jahrhunderts) zusammengefassten katholischen Kirchenrechtes. Es ist nach seinem Verfasser, dem Mönch und Rechtsgelehrten Gratian benannt, der in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts in Bologna lebte, und bietet eine umfassende, nach systematischen Gesichtspunkten gegliederte Canonessammlung. | 618 Deutsches Sprichwort: „Den Vogel kennt man am Gesang, den Hafen an dem Klang, den Esel an den Ohren und am Gesang den Toren“ (Wander IV. „Vogel“, Nr. 62). | 619 Vgl. o. S. 294f, Anm. 160.
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und wenn ihr viel tausent weren! Denn Petrus sagt klar, es sey ein eintrechtig stimme aller Propheten, und dieselbige herliche predigt des hohen, grossen Aposteln hat Gott krefftig dasmal bestetiget durch austeilung des heiligen geists. Denn also sagt der Text:, „alsm Petrus noch redetn, fiel der heilige geist auff alle, die dem wort zuhöreten.“620
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Derhalben sollen die Christliche gewissen das wol mercken, das dieses Gottes wort und gebot ist, das uns one verdienst sunde vergeben werden durch Christum, nicht umb unser wercke willen. Und solch Gotteswort und -gebot ist ein rechter, starcker, gewisser, unvergenglich trost widder alles schrecken der sunde, des tods, widder alle anfechtunge und verzweifelung, qual und angst des gewissens. Da wissen die müssigen Sophisten wenig von; und diese selige predigt, das Evangelium, wilche vergebung der sunde predigt durch den gebenedeiten samen, das ist Christum, ist von anbegin der welt aller Patriarchen, aller fromer Köni[h1r]gen, aller Propheten, aller gleubigen gröster schatz und trost gewest. Denn sie haben an denselbigen Christum gegleubt, da wir an glauben. Denn von anfang der welt ist kein heilige anders denn durch den glauben desselbigen Evangelii selig worden. Darümb sagt auch Petrus, Es sey ein eintrechtig stimme aller Propheten,621 und die Aposteln predigen auch eintrechtig gleich dasselbig, und zeiget an, das die Propheten gleich als durch einen mund gered haben. Darüber sind die zeugnis der heiligen Veter, Denn Bernhardus sagt mit klaren worten also: „Darümb ist fur allen dingen not zu wissen, das wir vergebung der sunde nicht anders haben können denn durch Gottes gnade;622 doch soltu dieses dazu setzen, das du das gleubest, das auch dir, nicht allein andern, durch Christum sunde vergeben werden. Das ist das zeugnis des heiligen geistes innwendig inn deinem hertzen, wann er dir selb sagt in deinem hertzen: dir selb sind deine sunde vergeben. Denn also nennets der Apostel, das der mensch one verdienst gerecht wird durch den glauben.“623 Diese wort Sanct Bernhards streichen erst diese unser lare recht heraus und setzen sie recht an das liecht. Denn er sagt, das wir nicht allein inn gemein gleuben sollen, das uns sunde vergeben werden, sondern sagt, dieses mus dazu gesetzt werden, das ich fur mich gleube, das mir sunde vergeben sein. Und [er] leret darüber noch eigentlicher und klerer, wie wir innwendig im her[h1v]tzen der gnad, der vergebung unser sunde gewis werden, nemlich, Wenn die hertzen getröstet werden und gestillet innwendig durch diesen trost. Wie aber nu, ihr widdersacher? Ist Sanct Bernhard auch ein ketzer? Was wolt ihr | doch mehr haben? Wolt ihr noch leugnen, das wir vergebung der sunde erlangen durch den glauben? m
Da L45 | n diese Worte redete L45
620 Act 10,44 | 621 Vgl. Act 10,43. | 622 Vgl. Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae Virginis I, 1, in: PL 183, 383. | 623 Vgl. Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B.
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res345 taciti comprobaverunt superiorum errores non intellectos. Nos igitur hanc Petri vocem non dubitemus opponere quamlibet multis legionibus Sententiariorum, quae allegat consensum Prophetarum. Et accedit testimonium spiritus sancti ad hanc contionem Petri. Sic enim ait textus: Adhuc loquente Petro verba haec, Cecidit spiritus sanctus super omnes, qui audiebant verbum.346 Sciant igitur piae conscientiae hoc esse mandatum Dei, ut credant sibi gratis ignosci propter Christum, non propter opera | nostra. Et hoc mandato Dei sustentent se adversus desperationem et adversus terrores peccati et mortis. Et hanc sententiam sciant a principio mundi in Ecclesia exstitisse apud sanctos. Petrus enim clare allegat consensum Prophetarum et Apostolorum scripta testantur eos idem sentire.
Nec desunt Patrum testimonia. Nam Bernardus idem dicit verbis minime obscuris: Necesse est enim primo omnium credere, quod remissionem peccatorum habere non possis nisi per indulgentiam Dei347, sed adde adhuc, ut credas et hoc, quod per ipsum peccata tibi donantur. Hoc est testimonium, quod perhibet spiritus sanctus in corde tuo [D2r] dicens: Dimissa sunt tibi peccata tua. Sic enim arbitratur Apostolus gratis iustificari hominem per fidem.348 Haec Bernardi verba mirifice illustrant causam nostram, quia non solum requirit, ut in genere credamus peccata remitti per misericordiam, Sed iubet addere specialem fidem, qua credamus et nobis ipsis remitti peccata. Et docet, quomodo certi reddamur de remissione peccatorum, videlicet cum fide corda eriguntur et fiunt tranquilla per spiritum sanctum. Quid requirunt amplius adversarii? Num adhuc audent negare fide nos consequi remissionem peccatorum aut fidem partem esse poenitentiae?
345 Niedere Senatoren, die noch kein kurulisches Amt bekleidet haben und Hilfsaufgaben ausführen. | 346 Act 10,44 | 347 Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae Virginis I, 1, in: PL 183, 383. | 348 Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae Virginis I, 1, in: PL 183, 384. Vgl. Röm 3,24.28.
Mariae Virginis I, 1, in: PL 183, 384; vgl. Röm 3,24.28.
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Fur das dritte sagen die widdersacher, Das die sunde also vergeben werde, „quia attritus vel contritus elicit actum dilectionis Dei“.624 Wenn wir uns aus der vernunfft furnemen, Gott zu lieben durch das werck (sagen sie), erlangen wir vergebung der sunde; das ist nichts anders, denn das Evangelium und die Göttlichen verheissung abthun und eitel gesetz leren, denn sie reden von eitel gesetz und unsern wercken, denn das gesetz foddert liebe. Darümb leren sie vertrauen, das wir vergebung der sunden erlangen durch solche reue und unser lieben. Was ist das anders denn vertrauen auff unser wercke, nicht auff die zusage odder verheissung von Christo? So nu das gesetz gnug ist, vergebung der sunde zu erlangen, was ist Christi, was ist des Evangelii vonnöten? Wir aber weisen die gewissen abe von dem gesetz, von ihren wercken auff das Evangelium und die verheissung der gnade. Denn das Evangelium, das beutet625 Christum an und eitel gnade und heist uns auff die zusage vertrauen, das wir umb Christus willen vorsünet werden dem vater, nicht [h2r] umb unser reue odder lieb willen, denn es ist kein ander mitler odder versüner denn Christus. So können wir das gesetz nicht erfüllen, wenn wir nicht erst durch Christum versünet sein. Und ob wir schon etwas guts thun, so müssen wir es doch dafür halten, das wir nicht umb der werck willen, sondern umb Christus willen vergebung der sunde erlangen. Derhalben heist das Christum geschmecht626 und das Evangelium abgethan, wenn jmand wolt halten, das wir vergebung der sunde durch das gesetz odder auff andere weise denn durch den glauben an Christum erlangen. Und dieses haben wir auch oben gehandelt, „De iustificatione“, da wir gesagt haben, Warümb wir leren, das wir durch den glauben gerecht werden und nicht durch die liebe Gottes odder durch unsere liebe gegen Gott.627 Derhalben, wenn die widdersacher leren, das wir durch reue und liebe vergebung der sunde erlangen, und drauff vertrauen, ist [das] nichts anders, denn das gesetz leren, wilches sie dennoch nicht verstehen, was es fur ein liebe gegen Gott foddere, | sondern sehen wie die Jüden allein inn das vordeckt angesicht Mose.628 Denn ich wil gleich setzen, das die wercke und die liebe da sein, dennoch können widder wercke noch liebe Gott versünen odder als viel als Christus gelten, wie der Psalm sagt: „oDu wollesto nicht mit deinem knechte inn das gerichte gehenp“629 etc. Darümb sollen wir die ehre Christi nicht unsern wercken geben. [h2v] Aus dieser ursach streittet Paulus, das wir nicht durch das gesetz gerecht werden, und [er] helt gegen das gesetz die zusage Gottes, die verheissung der gnaden, wilche umb Christus willen uns gegeben wird. Da rücket uns Paulus o–o
Und gehe L45 | p nicht in L45
624 Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum IV d. 16 q. 4 art. 3. dub. 3 X, in: BCS 4/2, 456,10f: „Per nihil magis placatur Deus quam per actum a caritate elicitum.“; Herborn, Enchiridion, 31,22: „Operibus ex caritate elicitis ex divino decreto meremur, quibus et merces vitae aeternae debetur.“ | 625 bietet | 626 geschmäht | 627 Vgl. AC IV–VI, o. S. 267–397 (deutsch: 266–396). | 628 Vgl. II Kor 3,13; Ex 34,29–35. | 629 Ps 143 (Vg 142),2
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Tertio. Adversarii dicunt peccatum ita remitti, quia attritus seu contritus elicit actum dilectionis Dei; propterj hunc actum meretur accipere remissionem peccatorum. Hoc nihil est nisi legem docere deleto Evangelio et abolita promissione de Christo. Tantum enim requirunt legem et nostra opera, quia lex exigit dilectionem. Praeterea docent confidere, quod remissionem peccatorum consequamur propter contritionem et dilectionem. Hoc quid est aliud nisi collocare fiduciam in nostra opera, non in verbum et promissionem Dei de [D2v] Christo? Quod si lex satis est ad consequendam remissionem peccatorum, quid opus est Evangelio, quid opus est Christo, si propter nostrum opus consequimur remissionem peccatorum? Nos contra a lege ad Evangelium revocamus conscientias et a fiducia propriorum operum ad fiduciam promissionis et Christi, quia Evangelium exhibet nobis Christum et promittit gratis remissionem peccatorum propter Christum. Hac promissione iubet nos confidere, quod propter Christum reconciliemur patri, non propter nostram contritionem aut dilectionem. Non enim alius est mediator aut propitiator nisi Christus. Necψ legem facere pos|sumus, nisi prius per Christum reconciliati simus. Et si quid faceremus, tamen sentiendum est, quod non propter illa opera, sed propter Christum mediatorem et propitiatorem consequimur remissionem peccatorum. Imo contumelia Christi et Evangelii abrogatio est sentire, quod remissionem peccatorum propter legem aut aliter consequamur quam fide in Christum. Et hanc rationem supra tractavimus de iustificatione, cum diximus, quare profiteamur homines fide iustificari non dilectione. Itaque doctrina adversariorum, cum docent homines kpropter contritionem et dilectionemk consequi remissionem [D3r] peccatorum et confidere hac contritione et dilectioneω, tantum est doctrina legis etα quidem non intellectae, sicut Iudaei in velatam Moisi faciem intuebantur.349 Fingamus enim adesse dilectionem, fingamus adesse opera, tamen neque dilectio neque opera possunt esse propitiatio pro peccato. Ac ne possunt quidem opponi irae et iudicio Dei iuxta illud: Non intrabisl in iudicium cum servo tuo, quia non iustificabitur in conspectu tuo omnis vivens.350 Nec debet honos Christi transferri in nostra opera.
Propter has causas contendit Paulus, quod non iustificemur ex lege, et opponit legi promissionem remissionis peccatorum, quae propter Christum do-
j ψ
per lat. 4° (1531) | k – k contritione et dilectione sua lat. 4° (1531) | l intres Vg Clem. Neque lat. 4° (1540) | ω delectione lat. 8° (1542) | α nicht in lat. 8° (1542/1559)
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Vgl. II Kor 3,13; Ex 34,30–35. | 350 Ps 143 (Vg 142),2
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herümb und weiset uns vom gesetz auff die Göttliche verheissung, da wil er, das wir sollen auff Gott und sein zusage sehen und den Herrn Christum fur unsern schatz halten; denn dieselbig zusage wird vergeblich sein, so wir durch des gesetzs werck gerecht fur Gott werden, so Wir durch unser gerechtickeit vergebung der sunde verdienen. Nu ist es gewis, das Gott darümb die zusage thut, darümb Christus auch komen ist, das wir das gesetz nicht halten noch erfüllen können; darümb müssen wir erst durch die verheissung versünet werden, ehe wir das gesetz erfüllen; die verheissung aber kan man nicht fassen denn allein durch den glauben. Darümb alle diejhenigen, so rechte reue haben, ergreiffen die verheissung der gnaden durch den glauben und gleuben gewis, das wir dem vater versünet werden durch Christum, das ist auch die meinung Pauli zun Röm. am iiii.: „qDarümb erlangen wir gnadeq durch den glaubenr, das die verheissung fest stehes.“630 Und zu den Galat. am iii.: „Die schrifft hat alles unter die sunde beschlossen, das die verheissung tJhesu Christit durch den glaubenu werde gegeben vden gleubigenv“631, das ist: Alle menschen sind unter der sunde und können nicht [h3r] erlöset werden, sie ergreiffen denn vergebung der sunde durch den glauben. Darümb müssen wir erst vergebung der sunde durch den glauben erlangen, ehe wir das gesetz erfüllen. Wiewol, wie wir oben gesagt, aus dem glauben die liebe gewis folget, denn diejhenigen, so gleuben, empfahen den heiligen geist, Darümb fahen sie an, dem gesetz hold zu werden und demselbigen zu gehorchen. Wir wolten hie mehr sprüche einfüren, aber die schrifft ist der allenthalben vol; ich wolt es auch gern nicht zu lang machen, damit dise sache deste klerer sey. Denn es hat gar keinen zweifel, das dieses Pauli meinung sey, Das wir vergebung der | sunde erlangen umb Christus willen durch den glauben, das wir auch den mitler setzen müssen gegen Gottes zorn, nicht unsere werck. Es sollen sich auch frome, Christliche gewissen daran nichts irren, ob die widdersacher die klaren sprüche Pauli felschlich auslegen und unrecht deuten. Denn so einfeltig, so gewis und rein, so klar kan man nichts reden odder schreiben, [dass] man kan ihm mit worten ein ander nasen machen. Wir sind aber des gewis und wissens furwar, das die meinung, die wir gesatzt, die rechte meinung Pauli ist; so hat das auch gar kein zweifel, das diese lare allein ein recht gewisser trost ist, die hertzen und gewissen inn rechtem kampff [h3v] und inn agone des todes und anfechtungen zu stillen, zu trösten, wie es die erfarung gibt. Derhalben nur weit, weit von uns mit den Phariseischen leren der widdersacher, da sie sagen, das wir vergebung der sunde nicht durch den glauben
q–q
Derhalben muß die Gerechtigkeit L45 | r danach: kommen L45 | s bleibe L45 | L45 | u danach: an Jesum Christum L45 | v – v denen, die da glauben L45 630
Röm 4,16 | 631 Gal 3,22
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natur, ac docet non gratis propter Christum fide accipere remissionem peccatorum. Ad hanc promissionem revocat nos Paulus a lege. In hanc promissionem iubet intueri, quae certe irrita erit, si prius lege iustificamur quam per promissionem aut si propter nostram iustitiam consequimur remissionem peccatorum. At constat, quod ideo nobis data est promissio, ideo exhibitus est Christus, quia legem non possumus facere. Quare necesse est prius nos promissione reconciliari, quam legem facimus. Promissio autem tantum fide accipitur. Igi[D3v]tur necesse est contritos apprehendere fide promissionem remissionis peccatorum donatae propter Christum ac statuere, quod gratis propter Christum habeant placatum Patrem. Haec est sententia Pauli ad Roma. quarto, ubi inquit: Ideo ex fide, ut secundum gratiam firma sit promissio.351 Et ad Galatas 3.: Conclusit scriptura omnia sub peccatumm, ut promissio ex fide Iesu Christi deturn credentibus.352 Id est, omnes sunt sub peccato nec possunt aliter liberari, nisi fide apprehendant promissionem remissionis peccatorum. Prius igitur | oportet nos fide accipere remissionem peccatorum, quam legem facimus, etsi, ut supra dictum est, fidem dilectio sequitur, quia renati spiritum sanctum accipiunt, ideo legem facere incipiunt.
Citaremus plura testimonia, nisi obvia essent cuilibet pio lectori in scripturis. Et nos non nimisβ prolixi esse cupimus, ut facilius haec causa perspici possit. Neque vero dubium est, quin haec sit sententia Pauli, quam defendimus, quod fide accipiamus remissionem peccatorum propter Christum, quod fide mediatorem Christum opponere debeamus irae Dei, non opera nostra. Nec perturbentur piae mentes, etiamsi Pauli sententias calumnientur adversarii. Nihil tam simpliciter dicitur, quod non queat depravari cavillando. Nos [D4r] scimus hanc, quam diximus, veram et germanam sententiam Pauli esse; scimus hanc nostram sententiam piis conscientiis firmam consolationem afferre, sine qua nemo consistere in iudicio Dei queat.
Itaque repudientur illae Pharisaicae opiniones adversariorum, quod non accipiamus fide remissionem peccatorum, sed quod oporteat mereri dilecti-
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peccato Vg Clem. | n daretur Vg Clem. minus lat. 8° (1542/1559)
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erlangen, sondern das wir sie verdienen müssen mit unsern wercken und mit unser liebe gegen Gott, Item, das wir mit unsern wercken und liebe sollen Gottes zorn versünen; denn es ist ein rechte Phariseische lere, ein lere des gesetzs, nicht des Evangelii, da sie leren, das der mensch erst durch das gesetz gerecht werde, ehe er durch Christum Gott versünet werde, so doch Christus sagt: „One mich könd ihr nichts thun.“ Item: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die reben.“632 Die widdersacher aber, die reden davon, als sein wir nicht Christi reben, sondern Mosi. Denn sie wollen erst durchs gesetz from und gerecht fur Gott werden und erst unsere wercke und dilection Gott opfferen, ehe sie reben am weinstock Christi sein. Paulus aber, welcher freilich ein viel höher Doctor ist denn die widdersacher, redet klar und streitet widderümb dis allein, das niemands das gesetz thun könne one Christo. Darümb diejhenigen, so die sunde und angst des gewissens recht fülen odder erfaren haben, die müssen sich an die zusage der gnaden halten, das sie durch glauben erst Gott versünet werden umb Christus willen, ehe sie das gesetz erfüllen. Dieses [h4r] alles ist offentlich und klar genug bey Gottforchtigen gewissen, und hieraus werden Christen wol verstehen, warümb wir hiroben gesagt haben, das wir allein durch den glauben fur Gott gerecht werden, nicht durch unser wercke odder dilection etc. Denn alle unser vermügen, alle thun und werck sind zu schwach, Gottes zorn wegzunehmen und zu stillen. Darümb müssen wir Christum, den mitler, darstellen. Entlich aber solten die widdersacher bedencken, wenn633 wil doch ein arme gewissen zu friden komen und stille werden, so | wir gnade und vergebung der sunde darümb erlangen, das wir Gott lieb haben oder das wir das gesetz erfüllen? Das gesetz wird uns allzeit anklagen, denn kein mensch erfüllet das gesetz, wie Paulus sagt: „das gesetz richtet zorn an.“634 Es fraget Chrysostomus,635 so fragen auch die Sententiarii,636 Wie einer gewis wird, das ihm die sund vergeben sein? Es ist warlich wol fragenswert. Wol dem, der da recht antwort gibt. Auff diese allernötigeste frage ist nicht müglich zu antworten. Es ist auch nicht müglich, das gewissen inn anfechtungen recht zu trösten odder zu stillen, man antwort denn auff diese meinung: Es ist Gottes beschlus, Gottes befehl von anbegin der welt her, das uns durch den glauben an den gebenedeiten samen, das ist, durch den glauben umb Christus willen one verdienst [h4v] sollen sunde vergeben werden. So jemands aber daran wancket odder zweifelt, der lügenstraffet Gott inn seiner verheissunge, wie Johannes sagt.637 Da sagen wir nu, das ein Christ solchs fur gewis als Gottes befehl halten sol, und heltet ers also, so ist er gewis und fület friden und trost.
632 Joh 15,5 | 633 wann | 634 Röm 4,15 | 635 Chrysostomus, Ad Theodorum lapsum I, 5–8, in: PG 47, 282–287. | 636 Vgl. o. S. 294f, Anm. 160. | 637 Vgl. I Joh 5,10.
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one nostra et operibus, quod dilectionem nostram et opera nostra irae Dei opponere debeamus. Haec doctrina legis est, non Evangelii, quae fingit prius hominem lege iustificari, quam per Christum reconciliatus sit Deo, cum Christus dicat: Sine me nihil potestis facere. Item: Ego sum vitis vera, vos palmites.353
Verum adversarii fingunt nos esse palmites non Christi, sed Moisi. Prius enim volunt lege iustificari, dilectionem suamo et opera offerre Deo, quam reconcilientur Deo per Christum, quam sint palmites Christi. Paulus contra contendit legem non posse fieri sine Christo. Ideo promissio prius accipienda est, ut fide reconciliemur Deo propter Christum, quam legem facimus. Haec satis perspicua esse piis conscientiis existimamus. Et hinc intelligent, Cur supra professi simus iustificari hominesγ fide, non dilectione, quia oportet nos opponere irae Dei non nostram dilectionem aut [D4v] opera aut confidere nostra dilectione ac operibus, sed Christum mediatorem. Et prius oportet apprehendere promissionem remissionis peccatorum, quam legem facimus.
Postremo, quando erit pacata conscientia, Si ideo accipimus remissionem peccatorum, quia nos diligimus aut legem facimus? Semper enim accusabit nos lex, quia numquam legi Dei satisfacimus, Sicut inquit Paulus: Lex iram operatur.354 Chrysostomus quaerit de poenitentia, unde certi reddamur peccata nobis remissa esse. Quaerunt et in sen|tentiis eadem de re adversarii. Hoc non potest explicari, non possunt conscientiae reddi tranquillae, nisi sciant mandatum Dei esse et ipsum Evangelium, ut certo statuant propter Christum gratis remitti peccata nec dubitent sibi remitti. Si quis dubitat, is, ut Iohannes ait, accusat promissionem divinam mendacii.355 Hanc certitudinem fidei nos docemus requiri in Evangelio.
o
nostram lat. 4° (1531)
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hominem lat. 8° (1542/1559)
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Die widdersacher, wenn sie lang predigen und leren ausser dieser lare, lassen sie die armen gewissen im zweifel stecken; da ist nicht müglich, das da solt ruhe sein, ein stillε oder fridlich gewissen, wenn sie zweifeln, ob Gott gnedig sey. Denn so sie zweifeln, ob sie ein gnedigen Gott haben, ob sie recht thun, ob sie vergebung der sunde haben, Wie können sie denn inn dem zweifel Gott anruffen? Wie können sie gewis sein, das Gott ihr gebet achte und erhöre? Also ist alle ihr leben one glauben, und [sie] können Gott nicht recht dienen. Das ists, das Paulus zunζ Römern sagt: „Was nicht aus dem glauben istw, das ist sunde.“638 Und dieweil sie inn dem zweifel allzeit und ewig steckenbleiben, so erfaren sie nimmer, was Gott, was Christus, was glaub sey. Darüber gehets zuletzt also, das sie in verzweifelung, one Gott, one alle Gotteserkentnis sterben. Eine solche schedliche lere füren die widdersacher, nemlich ein solche lere, dadurch das gantz Evangelium wird weggethan, Christus unterdrückt, die leut inn hertzleid und qual der gewissen, entlich, wenn anfechtungen komen, inn verzweifelung gefüret [werden]. [i1r] Dieses wolle nu Keiserlich Maiestet gnediglich betrachten und wol auffsehen; es belanget nicht gold odder silber, sondern seelen und gewissen. Auch wollen alle erbare, verstendige hie wol auffmercken, was diese sache sey odder nicht sey. Hie mügen wir leiden, das alle erbare leute urteilen, wilches teil fur die Christlichen gewissen das nützlichst geleret habe, wir odder die widdersacher. Denn warlich sol man es dafur halten, das uns mit zanck und zwiespald nicht wol ist. Und wenn es nicht die grösten, allerwichtigsten ursach hette, nemlich unser aller gewissen, heil und seel belangend, warümb wir dieses müssen mit den widdersachern so hefftig streitten, so wolten wir wol schweigen. Aber nachdem sie das heilig Evangelium, alle klare schrifft der Aposteln, die Göttliche warheit | verdamnen, so können wir mit Gott und gewissen diese selige lare und Göttliche warheit, daran wir entlich, wenn dis arm zeitlich leben auffhöret und aller creatur hülff aus ist, den einigen, ewigen, höchsten trost warten, nicht verleugnen, auch von dieser sache inn keinen weg weichen, Wilche nicht unser allein ist, sondern der gantzen Christenheit und belanget den höchsten schatz, Jhesum Christum. Wir haben nu angezeigt, aus was ursachen wir die zwey stücke der bus gesetzt haben, nemlich die reue und den glauben, und das haben wir darümb auch gethan. Denn man findet allerley sprüche hin und widder inn büchern der widder[i1v]sacher von der bus, wilche sie aus Augustino und den andern alten Veter stückweis, verstümmelt einfüren, wilche sie denn allenthalben dahin gedeut und gestreckt haben, die lare vom glauben gantz unterzudrü-
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gehet L45 stille CR | ζ zu CR
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Adversarii relinquunt conscientias incertas et ambigentes. Nihil autem agunt conscientiae ex fide, cum perpetuo dubitant, utrum habeant remissionem. Quomodo possunt in hac dubitatione invocare Deum? quomodo possunt statuere, quod exaudiantur? Ita tota vita est sine [D5r] Deo et sine vero cultu Dei. Hoc est, quod Paulus inquit peccatum esse, quidquid non fit ex fide.356 Et quia in hac dubitatione perpetuo versantur, numquam experiuntur, quid sit fides. Ita fit, ut ad extremum ruant in desperationem.
Talis est doctrina adversariorum, doctrina legis, abrogatio Evangelii, doctrina desperationis. Nunc libenter omnibus bonis viris permittimus iudicium de hoc loco poenitentiae – nihil enim habet obscuri –, ut pronuntient, utri magis pia et salubria conscientiis docuerint: nos an adversarii. Profecto non delectant nos hae dissensiones in Ecclesia, quare nisi magnas et necessarias causas haberemus dissentiendi ab adversariis, summa voluntate taceremus. Nunc cum ipsi manifestam veritatem damnentδ, non est integrum nobis deserereε causam non nostram, sed Christi et Ecclesiae.
Diximus quas ob causas posuerimus has duas partes poenitentiae, contritionem et fidem. Idque hoc fecimus libentius, quia circumferuntur multa dicta de poenitentia, quae truncata citantur ex Patribus, quae ad obscurandam fidem detorserunt adversarii. Talia sunt: Poenitentia est mala praeterita plan-
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damnant lat. 8° (1542/1559) | ε disserere lat. 4° (1540)
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Vgl. Röm 14,23
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cken. Als diesen spruch haben sie gesetzt: Die bus ist ein schmertz, dadurch die sund gestrafft wird.639 Item: Die bus ist, das ich beweine die vorige sunde und die beklagten sunde nicht widder thue.640 Inn den sprüchen wird des glaubens gar nicht gedacht, und auch in ihren Schulen, da sie gleich solche sprüche nach der lenge handeln, gedencken sie des glaubens garnicht. Darümb, damit die lare vom glauben deste bekenter würde, haben wir den glauben fur ein stücke der bus gesetzt. Denn die sprüche, die unser reue und unser gute wercke leren und des glaubens gar nicht gedencken, die sind gar ferlich, wie die erfarung gibt. Darümb, wenn sie die grossen fahr der seelen und gewissen bedacht hetten, solten die Sententiarii641 und Canonisten uber ihr decret billich weislicher geschrieben haben. Denn so die Veter von dem andern teil der bus auch reden, nicht allein von einem teil, sondern von beiden, von der reue und vom glauben, so solten sie beides beieinander gesetzt haben. Denn Tertullianus auch redet gar tröstlich vom glauben, und sonderlich preiset er den Göttlichen eid, davon der Prophet redet: „Als war ich lebe, sagtx der Herr, ywil ich nicht deny tod des [i2r] sundersz, sondern das era sich bekere und lebe“642; dieweil Gott schweret (sagt er), er wolle nicht den tod des sunders, so erfoddert er gewis den glauben, das wir seinem eid und schweren643 gleuben sollen, das er uns sunde vergeben wolle. Gottes zusage sollen onedas bey uns auffs höchst angesehen und geacht sein. Nu ist die zusage mit einem eid bestetiget. Darümb so jmands heldet, das ihm sunde nicht vergeben werden, der lügenstraffet Gott, | wilchs die gröst Gottslesterung ist. Denn also sagt Tertullianus: „Invitat praemio salutem, iurans etiam“ etc., das ist: Gott locket uns zu unserm eigen heil mit seinem eigen eide, „das man ihm gleube. O wol denen, umb deretwillenb Gott schweret! O wehe uns elenden leuten, wenn wir auch dem Göttlichem eid nicht gleuben!“644 Und hie müssen wir wissen, das der glaub gewis dafur halten sol, das uns Gott aus gnaden sunde vergibt umb Christus willen, nicht umb unser werck willen, umb beicht odder gnugthuen willen. Denn alsbald wir uns auff wercke gründen, werden wir ungewis. Denn ein erschrocken gewissen merckt bald, das sein beste wercke nichts werd sein gegen Gott. Darümb sagt Ambrosius ein fein wort von der bus: „Wir müssen bus thuen und auch gleuben, das uns gnade widderfare, doch also, das wir der gnade hoffen aus dem glauben, denn der glaube wartet und erlanget wie aus einer handschrifft gnade.“645 Item: „Der glaub ist eben das, dadurch die sunde bedeckt x spricht L45 | y – y ich habe keinen Gefallen am L45 | z Gottlosen L45 | a der Gottlose L45 | b cj.: dere willen; dere willen CR 639 Vgl. Ps.-Ambrosius von Mailand, Sermones XXV, 1, in: PL 17, 655; C. 33 q. 3: De poen. Dist. 3 c. 1 (Friedberg I, 1211). | 640 Vgl. Ps.-Augustinus, De vera et falsa poenitentia XIX, 35, in: PL 40, 1129; C. 33 q. 3: De poen. Dist. 3 c. 4 (Friedberg I, 1211f). | 641 Vgl. o. S. 294f, Anm. 160. | 642 Ez 33,11 | 643 schwören | 644 Vgl. Tertullian, De paenitentia IV, in: PL 1, 1344 (CSEL 76, 149,29–32). 645 Vgl. Ambrosius von Mailand, De paenitentia II, 9,80, in: PL 16, 516 (CSEL 73, 196,1–4).
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gere et plangenda iterum non committe[D5v]re.357 Item: Poenitentia est quaedam dolentis vindicta puniens in se, quod dolet se commisisse.358 In his dictis nulla fit mentio fidei. Ac ne in scholis quidem, cum interpretantur, aliquid de fide additur. 5
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Quare nos eam, ut magis conspici doctrina fidei posset, inter partes poenitentiae numeravimus. Nam illa dicta, quae contritionem aut bona opera requirunt et nullam fidei iustificantis mentionem faciunt, periculosa esse res ipsa ostendit. Et merito desiderari prudentia in istis potest, qui centones illos sententiarum et decretorum congesserunt. Nam cum Patres alias de alia parte poenitentiae loquantur, non tantum de una parte, sed de utraque, hoc est de contritione et fide, excerpere et | coniungere sententias profuisset.
Nam Tertullianus egregie de fide loquitur amplificans iusiurandum illud apud Prophetam: Vivo ego, dicit Dominus, nolo mortem peccatorisp, sed ut convertatur et vivat.359 Quia enim iurat Deus nolle se mortem peccatoris, ostendit requiri fidem, ut iuranti credamus et certo statuamus eum nobis ignoscere. Magna debet esse auctoritas apud nos promissionum divinarum per sese. At haec promissio etiam iureiurando confirmata est. Quare si quis non statuit sibi ignosci, is negat Deum verum iurasse, [D6r] qua blasphemia atrocior nulla excogitari potest. Sic enim ait Tertullianus: Invitat praemio salutemq iurans etiam. Vivo dicens cupit sibi credi. O beatos, quorum causa iurat Deus! O miserrimos, si nec iuranti Domino credimus!360
Atque hic sciendum est, quod haec fides debeat sentire, quod gratis nobis ignoscat Deus propter Christum, propter suam promissionem, non propter nostra opera, contritionem, confessionem, rsatisfactionem aut dilectionemr. Nam si fides nitatur his operibus, statim fit incerta, quia conscientia pavida videt haec opera indigna esse. Ideo praeclare ait Ambrosius de poenitentia: Ergo et agendam poenitentiam et tribuendam veniam credere nos convenit, ut veniam tamen tamquam ex fide speremus, tamquam ex syngrapha fides impe-
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impii Vg Clem. | q salute CSEL | r – r aut satisfactiones lat. 4° (1531)
357 Ps.-Ambrosius von Mailand, Sermones XXV, 1, in: PL 17, 655; C. 33 q. 3: De poen. Dist. 3 c. 1 (Friedberg I, 1211f). | 358 Ps.-Augustinus, De vera et falsa poenitentia XIX, 35, in: PL 40, 1129; C. 33 q. 3: De poen. Dist. 3 c. 4 (Friedberg I, 1211f). | 359 Ez 33,11 | 360 Tertullian, De paenitentia IV, in: PL 1, 1344 (CSEL 76, 149,29–32).
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werden.“646 [i2v] Darümb sind klare sprüche inn den büchern der Veter, nicht allein von wercken, sondern auch vom glauben. Aber die widdersacher, so sie nicht verstehen die rechten art der bus, verstehen auch der Veter sprüche nicht, klauben sie heraus, etliche verstümmelt von einem teil der bus, nemlich von der reue und von den wercken, und was vom glauben geredt ist, da lauffen sie uberhin.
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Von der Beicht und gnugthuung
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Gottförchtige, Erbare, frome, Christliche leute können hie wol mercken, das viel daran gelegen ist, das man „de poenitentia“, von der reue und dem glauben, ein rechte gewisse lare inn der kirchen habe und erhalte. Denn der gros betrug vom ablas etc., Item, die ungeschickt lere der Sophisten hat uns gnug gewitziget, was grossen unrats und ferlickeit daraus entstehet, wenn man hie feil schlecht. Wie hat manch from gewissen unterm Bapstumb hie so mit grosser arbeit den rechten weg gesucht und unter solchem finsternis nicht funden! Darümb haben wir allzeit grossen fleis gehabt, von diesem stück klar, gewis, richtig zu [i3r] leren, von der Beicht und gnugthuung haben wir nicht sonders gezanckt. Denn die beicht behalten wir auch umb der absolu|tion willen, wilche ist Gottes wort, dadurch uns die gewalt der schlüssel losspricht von sunden. Darümb were es widder Gott, die absolution aus der kirchen also abthuen etc.647 Diejhenigen, so die absolution verachten, die wissen nicht, was vergebung der sunde ist odder was die gewalt der schlüssel ist. Von dem erzelen aber der sunden haben wir oben inn unserm bekentnis gesagt, das wir halten, es sey von Gott nicht gebotten.648 Denn das sie sagen, ein jglicher richter mus erst die sachen und gebrechen hören, ehe er das urteil spreche, Also müssen erst die sunde erzelt werden etc.,649 das thut nichts zur sache. Denn die absolution ist schlecht650 der befehlc loszusprechen und ist nicht ein neue gericht, sunde zu erforschen. Denn Gott ist der richter, der hat den Aposteln nicht das richterampt, sondern die gnaden executio befolen, diejhenigen loszusprechen, so es begeren, und sie [zu] entbinden auch und [zu] absolvirn von sunden, die uns nicht einfallen. Darümb ist die absolutio ein stimme des Evangelii, dadurch wir trost entpfangen, und ist nicht ein urteil odder gesetz.
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cj.: bevelh; bevelh CR
646 Zitat nicht sicher zu identifizieren. Die Formulierung erinnert an I Petr 4,8: „Caritas multitudinem peccatorum cooperit.“ | 647 Vgl. CA XXV, o. S. 146–151. | 648 Vgl. CA XI, o. S. 104f. 649 Herborn, Enchiridion, 81,15f: „atqui rerum incognitarum nemo bonus iudex.“ | 650 schlicht, einfach
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trat.361 Item fides est, quae peccata nostra cooperit.362 Exstant itaque sententiae apud Patres non solum de contritione et operibus, sed etiam de fide. Verum adversarii, cum neque naturam poenitentiae intelligant neque sermonem Patrum, excerpunt dicta de parte poenitentiae videlicet de operibus. Alibi dicta de fide, cum non intelligunts, praetereunt.
De confessione et satisfactione
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[D6v] Boni viri facile iudicareζ possunt plurimum referre, ut de superioribus partibus videlicet contritione et fide conservetur vera doctrina. Itaque in his locis illustrandis semper plus versati sumus; de confessione et satisfactionibus non admodum rixati sumus. Nam et nos confessionem retinemus praecipue propter Absolutionem, quae est verbum Dei, quod de singulis auctoritate divina pronuntiat potestas clavium. Quare impium esset ex Ecclesia privatam Absolutionem tollere.
Neque quid sit | remissio peccatorum aut potestas clavium intelligunt, si qui privatam Absolutionem aspernantur. Ceterum de enumeratione delictorum in confessione supra diximus, quod sentiamus eam non esse iure divino necessariam. Nam quod obiciunt quidam Iudicem prius debere cognoscere causam, priusquam pronuntiat, hoc nihil ad hanc rem pertinet, quia tAbsolutio est executio alieni beneficii, non est iudicium. Christus enim dedit mandatum remittendi peccata. Id mandatum exequuntur ministri. Non habent mandatum de cognoscendis occultis. Hoc intelligi potest ex eo, quia infinita peccata remittunt, quae nec nos ipsi meminimus, quibus remittuntur. Et si penderet remissio ex cognitione, tota res esset incerta. Ceterum [D7r] in his delictis, quae publice nota sunt, qualem habeat Iurisdictionem Ecclesia, id non pertinet ad praesentam disputationem. Nam haec, quia nota sunt, nominatim accusantur et postea nominatim remittuntur, si auctor velit recipi ab Ecclesia.t
s intelligant lat. 4° (1531) | requirit cognitionem.] ζ
t–t
lat. 4° (1531): s. QuM I, 515,17–21 [ministerium absolutionis ...
iudicari lat. 4° (1540)
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Ambrosius von Mailand, De paenitentia II, 9,80, in: PL 16, 516 (CSEL 73, 196,1–3. 4). Zitat unbekannt. Die Formulierung erinnert an I Petr 4,8: Caritas multitudinem peccatorum cooperit. 362
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Und es ist nerrisch und kindisch gnug bey verstendigen, den spruch Salomonis, da er am xxvii. sagt: „Diligenter cognosced vultum pecoris tui“, das ist: „Habe acht auff edein schaffe“651 etc., [i3v] an dem ort von der beicht odder absolution ein[zu]füren. Denn Salomon redet da garnichts von der beicht, sondern gibt ein gebot den hausvetern, das sie sollen mit dem iren zufriden sein und sich frembds guts enthalten, und befielet mit dem wort, Ein jder solle seines vihes und güter fleissig warnehmen, doch sol er aus geitz Gottesforcht, Gottes gebot und wort nicht vergessen. Aber die widdersacher machen aus der schrifft schwartz und weis, wenn und wie sie wollen, widder alle natürliche art der klaren wort; an dem ort: „cognoscef vultum pecoris“652 etc., da mus „cognoscere“ „beicht hören“ heissen, „vihe“ oderg „schaffe“ mus da „menschen“ heissen, „stabulum“, achten wir, heist auch ein schuel, da solch Doctores und Oratores inne sein. Aber ihnen geschihet recht, die also die heilige schrifft, all gute kunste verachten, das sie so grob inn der Grammatickη feilen. Wenn jmands an dem ort jhe lust hette, ein hausvater, davon Salomon redet, mit einem seelhirten zu vorgleichen, so müst „vultus“ da nicht „arcana conscientiae“, sondern den eusserlichen wandel bedeuten. Aber ich las das faren. Es wird an etlichen orten inn Psalmen gedacht des worts „confessio“, als im xxxii. Psalm: „Ich wil dem Herrn meine ubertrettung bekennen hwidder michh.“653 Dasselbig beichten und bekennen, das Gott geschihet, ist die reue selbst. Denn wenn wir Gott beichten, so müssen wir im hertzen uns fur sunder erkennen, [i4r] nicht al|lein mit dem munde, wie die heuchler die wort allein nachreden. So ist dieselbig beicht, die Gott geschihet, ein solch reue im hertzen, da ich Gottes ernst und zorn füle, Gott recht gebe, das er billich zornet, das er auch mit unserm verdienst nicht könne versünet werden, und da wir doch barmhertzigkeit suchen, nachdem Gott hat gnade inn Christo zugesagt. Also ist das ein beicht im 50.i Psalm: „An dir allein hab ich gesundiget, das du recht jerfunden werdestj, wenn du gerichtet wirdest“654, das ist: Ich bekenne mich ein sunder und das ich verdienet habe ewigen zorn und kan mit meinen wercken noch mit meinem verdienst deinen zorn nicht stillen. Darümb sag ich, das du gerecht bist und billich uns straffest. Ich gebe dir recht, obwol die heuchler dich richten, du seist unrecht, das du ihren verdienst und gute wercke nicht ansihest. Ja, ich weis, das mein werck fur deinem urteil nicht bestehen, sondern also werden wir gerecht, so du uns fur gerecht schetzest durch deine barmhertzigkeit. Es möcht etwa auch einer den spruch Jacobi anziehen: Bekennet einander euer sunde.655 Er redet aber da nicht von der beicht, die dem priester geschihet etc., sondern redet von einem versünen und bekennen, wenn ich sonst mich mit meinem nehisten versüne. d
agnosce Vg Clem. | e – e deine Schafe L45 | f agnosce Vg Clem. | g cj.: ader; oder CR | h – h nicht in L45 | i cj.: 1.; 1. CR | j – j behaltest L45 η
Grammatica dt. 8° (1533)
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Et ridiculum est huc transferre dictum Salomonis: Diligenter cognosceu vultum pecoris tui.363 Nihil enim dicit Salomon de confessione, sed tradit Oeconomicum praeceptum patri familias, ut utatur suo et abstineat ab alieno, et iubet eum res suas diligenter curare, ita tamen, ne studio augendarum facultatum occupatus animus abiciat timorem Dei aut fidem aut curam verbi Dei.
Sed adversarii nostri mirifica metamorphosi transformant dicta scripturae in quaslibet sententias. Hic cognoscere significat eis audire confessiones, Vultus non externam conversationem, sed arcana conscientiae. Pecudes significant homines. Sane bella est interpretatio et digna istis contemptoribus studiorum eloquentiae. Quod si velit aliquis per similitudinem transferre praeceptum a patre familias ad pastorem Ecclesiae, certe vultum debebit interpretari de externa conversatione. Haec similitudo magis quadrabit.
Sed omittamus ista. Aliquoties fit in Psalmis mentio confessionis ut: [D7v] Dixi: confitebor adversum me iniustitiam meam Domino; et tu remisisti iniquitatemv peccati mei.364 Talis confessio peccati, quae Deo fit, est ipsa contritio. Nam cum Deo fit confessio, corde fieri necesse est non solum voce, sicut fit in scaenis ab histrionibus. Est igitur talis confessio contritio, in qua sentientes iram Dei confitemur Deum iuste irasci nec placari posse nostris operibus. Et tamen | quaerimus misericordiam propter promissionem Dei. Talis est haec confessio: Tibi soli peccavi, ut tu iustificeris et vincas, cum iudicaris,365 id est, fateor me peccatorem esse et meritum aeternam iram nec possum opponere meas iustitias, mea merita tuae irae. Ideo pronuntio te iustum esse, cum condemnasη et punis nos. Pronuntio te vincere, quando hypocritae iudicant te, quod sis iniustus, qui ipsos punias aut condemnes bene meritos. Imo nostra merita non possunt opponi tuo iudicio, sed ita iustificabimur, si tu iustifices, si tu reputes nos iustos per misericordiam tuam. Fortassis et Iacobum citabit aliquis: Confitemini vicissim delicta.366 Sed hic non loquitur de confessione sacerdotibus facienda, sed in genere de reconciliatione fratrum inter se. Iubet enim mutuam esse confessionem.
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agnosce Vg Clem.; cognoscere lat. 8° (1542/1559) | v impietatem Vg Clem.
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condemnes lat. 8° (1540)
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Prov 27,23 | 364 Ps 32 (Vg 31),5 | 365 Ps 51 (Vg 50),6 | 366 Vgl. Jak 5,16.
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Prov 27,23 | 652 Prov 27,23 | 653 Ps 32 (Vg 31),5 | 654 Ps 51 (Vg 50),6 | 655 Vgl. Jak 5,16.
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Es müssen auch die widdersacher gar viel ihr eigen lerer verdamnen, so sie wollen sagen, das erzelung der sunde müsse geschehen und von Gott gebotten sey. Denn wiewol wir die beicht [i4v] auch behalten und sagen, es sey nicht unnütz, das man jugent und unerfarne leute auch frage, damit sie deste besser mügen unterrichtet werden, doch ist das alles also zu messigen, damit die gewissen nicht gefangen werden, wilche nimmer können zufriden sein, solange sie inn dem wahn sein, das man fur Gott schuldig sey, die sunde zu erzelen. Derhalben ist das wort der widdersacher, da sie sagen, das zur seligkeit not sey ein gantz rein beicht, da kein sunde furschwigen etc.,656 gantz falsch, Denn solche beicht ist unmüglich. O Herr Gott, wie jemmerlich haben sie manch from gewissen geplaget und gequelet damit, da sie gelert, die beicht musse gantz rein, kein sunde ungebeicht bleiben! Denn wie kan ein mensch imer gewis werden, wenn er gantz rein gebeicht habe? Die Veter gedencken auch der beicht, aber sie reden nicht von | erzelung der heimlichen sund, sondern von einer Ceremonien einer offentlichen bus.657 Denn vorzeiten hat man diejhenige, so inn offentlichen lastern gewesen, nicht widder angenomen inn der kirchen on ein offentlich Ceremonien und straff; derhalben so mustenθ sie den priestern ihr sunde namhafftig beichten, das nach der grösse der ubertrettung die satisfactiones konden auffgelegt werden. Das ιgantz ding aber ist nichts gleich gewesen dem sundeerzelen, davon wir reden.ι Denn dieselb beicht und bekentnis geschach nicht darümb, das one dieselbige beicht [k1r] vergebung der sunde fur Gott nicht geschehen kan, sondern [darum], das man ihnen kein eusserlich straff kond aufflegen, man wüste denn die sunde.κ Und von der eusserlichen Ceremonien der öffentlichen bus ist auch das wort „satisfactio“ odder „gnugthuung“ herkomen, Denn die Veter wolten diejhenigen, so inn öffentlichen lastern erfunden, nicht wider annemen on ein straff; und dieses hatte viel ursachen, Denn es dienet zu einem Exempel, das offentliche laster gestrafft wurdenλ, wie auch die glosse im Decret sagt;658 so war es auch ungeschickt, das man diejhenigen, so inn offene laster gefallen waren, solt bald unversucht zu dem Sacrament zulassen. Dieselbigen Ceremonien alle sind nu verlangest659 abgekomen, und ist nicht not, das man sie widder auffrichte, denn sie thun garnichts zu der versünung fur Gott. Auch ist das der Veter meinung inn keinen weg gewest, das die menschen dadurch soltenμ vergebung der sunde erlangen, wiewol solche eusserliche Ceremonien leichtθ müsten dt. 8° (1533) | ι – ι ist gar ein ander ding gewesen denn die jtzige erzelung der heimlichen sund. dt. 8° (1533) | κ danach: Dazu geschach dieselbige Beicht nicht von heimlichen sunden, sondern von offentlichen lastern. dt. 8° (1533) | λ würden dt. 8° (1533) | μ sollen dt. 8° (1533) 656 Vgl. Confutatio XXV, in: Immenkötter, Confutatio, 175,19–177,1: „Quare admonendi sunt [principes et civitates], cum confessio integra nedum sit ad salutem necessaria, sed etiam nervus exsistat christianae disciplinae et totius quoque oboedientiae, ut ecclesiae orthodoxae se conforment“ (deutsch: ebd., 174,26–176,2). | 657 Die Alte Kirche kannte mit Ausnahme des Mönchtums
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Porro adversarii nostri multos doctores re[D8r]ceptissimos damnabunt, si contendent enumerationem delictorum in confessione necessariam esse Iure divino. Quamquam enim confessionem probamus et quandam examinationem prodesse iudicamus, ut institui homines melius possint, tamen ita moderanda res est, ne conscientiis iniciantur laquei, quae numquam erunt tranquillae, si existimabunt se non posse consequi remissionem peccatorum nisi facta illa scrupulosa enumeratione. Hoc certe falsissimum est, quod adversarii posuerunt in confutatione, quod confessio integra sit necessaria ad salutem. Est enim impossibilis. Et quales laqueos hic iniciunt conscientiae, cum requirunt integram confessionem? Quandoθ enim statuet conscientia integram esse confessionem?
Apud scriptores Ecclesiasticos fit mentio confessionis, sed hi non loquuntur de hac enumeratione occultorum delictorum, sed de ritu publicae poenitentiae. Quia enim lapsi aut famosi non recipiebantur sine certis satisfactionibus, ideo confessionem faciebant isti apud presbyteros, ut pro modo delictorum praescriberentur eis satisfactiones. Haec tota res nihil simile habuit huic enumerationi, de qua nos disputamus. Confessio illa fiebat, non quod sine ea non posset fieri remissio peccatorum coram Deo, Sed quod [D8v] non poterant satisfactiones praescribi nisi prius cognito genere delicti. Nam alia delicta habebant alios Canones367.
Et ex illo ritu publicaeι poenitentiae reli|quum habemus etiam nomen satisfactionis. Nolebant enim sancti Patres recipere lapsos aut famosos, nisi prius cognita et spectata poenitentia eorum, quantum fieri poterat. Et huius rei multae videntur fuisse causae. Nam ad exemplum pertinebat castigare lapsos, sicut et glossa in Decretis admonet, et indecorum erat homines famosos statim admittere ad communionem. Hi mores diu iam antiquati sunt. Nec necesse est eos restituere, quia non sunt necessarii ad remissionem peccatorum coram Deo. Neque hoc senserunt Patres mereri homines remissionem peccatorum per tales mores aut talia opera. Quamquam haec spectacula imperitos solent fallere, ut putent se per haec opera mereri remissionem θ
Quomodo lat. 4° (1540) | ι publice lat. 4° (1540)
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Bußkanones
und anderer unbedeutender Ansätze zur Privatbeichte nur ein öffentliches Bußverfahren (erstmals greifbar seit der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert bei Tertullian, De paenitentia, nach 206). Davon reden auch die in Confutatio XXV angeführten Väterstellen. Vgl. dazu Immenkötter, Confutatio, 173,18–175,18 (deutsch: ebd., 172,24–174,25). | 658 Glosse zu C. 24. q. 3. c. 18 (Friedberg I, 995f). | 659 seit langem, längst
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lich die unerfarnen dahin bringen, das sie meinen, sie helffen etwas zur selickeit. Wer nu das leret odder heldet, der leret und heldet gantz Jüdisch und Heidnisch, Denn die Heiden haben auch gehabt etlich reinigung, da sie haben wollen wenen, sie würden dadurch gegen Gott versünet. Nu aber, so dieselbige weise der offentliche bus abkomen ist, ist blieben der name „satisfactio“, und ist noch blieben der schattenk des alten [k1v] brauchs, das sie inn der beicht gnugthuung aufflegen und nennens „Opera non debita“, wir nennens „satisfactiones Canonicas“.660 Davon leren wir wie von erzelung der sunden, nemlich, das dieselbigen offentliche Ceremonien von Gott nicht geboten sind, auch nicht not sind und nicht helffen zur vergebung der | sunde. Denn diese lere mus fur allen dingen erhalten werden und stehen bleiben, das wir durch den glauben vergebung der sunde erlangen, nicht durchν unser wercke, die fur odder nach geschehen, wenn wir bekart odder neu geborn sein inn Christo. Und wir haben furnemlich aus dieser ursach von den satisfactionibus gered, ξdamit niemands die gnugthuung also verstünde,ξ das dadurchο die lare vom glauben πwürde untergedrückt,π als ρkönten wir durch unser wercke vergebung der sunde verdienen. Denn der ferliche irthumb von satisfactionibus ist also eingerissen und bestetiget durch etliche ungeschickte lare, so die widdersacher schreiben, Die gnugthuung sey ein solch werck, dadurch der Göttlich zorn und ungnad versünet werde.ρ 661 Jedoch bekennen die widdersacher selbst, das die satisfactiones nicht los machen die schuld fur Gott, sondern sie ertichten, das sie allein quitt und los machen die peen odder straff. Denn, so leren sie, das, wenn die sund vergeben wird, so wird die schuld odder „culpa“ one mittel, allein durch Gott vergeben, und doch dieweil er ein gerechter [k2r] Gott ist, lest er sunde nicht one straff und verwandelt die ewige straffe inn ein zeitliche straffe.662 Darüber leren sie, das ein teil der zeitlichen straffe erlassen werde durch die gewalt der schlüssel. Ein teil aber sol durch die „satisfactiones“ odder gnugthuung bezalt werden, und man kan nicht verstehen, wilches teil der straffe odder pein erlassen werde durch die gewalt der schlüssel, sie wolten denn sagen, das ein teil der pein des fegfeuers erlassen werde, daraus folgen wolt, das die satisfactiones allein dieneten, zu erlösen die pein des fegfeuers. Und weiter sagen sie, die satisfactiones tügen663 fur Gott, wenn sie gleich von denjhenigen geschek
cj.: schaten; schaten CR
ν
umb dt. 8° (1533) | ξ – ξ nicht in dt. 8° (1533) | ο nicht in dt. 8° (1533) | π – π nicht durch die satisfactiones unterdrückt wurde, dt. 8° (1533) | ρ – ρ konden die sunde nicht vergeben werden, wo wir sie nicht mit unser gnugthuung bezaleten. dt. 8° (1533) 660 Der Bezug dieses Verweises bleibt unklar. | 661 Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum IV d. 16. q. 2. art. 1. C, in: BCS 4/2, 361,2–4 (zitiert Duns Scotus): „Satisfactio est operatio exterior laboriosa seu penalis voluntarie assumpta ad puniendum peccatum commissum a se ad placandam divinam offensam.“ Vgl. ebd. q. 4. art. 3. dub. 3 X, in: BCS 4/2, 455–457. Vgl. die Titelüberschriften bei Herborn, Enchiridion, 88. 97. Nach Thomas ist Satisfaktion möglich
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peccatorum coram Deo. Verum si quis sicκ sensit, Iudaice et gentiliter sensit. Nam et ethnici habuerunt quasdam expiationes delictorum, per quas fingebant se reconciliari Deo.
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Nunc autem more antiquato manet nomen satisfactionis et vestigium morisλ, quod in confessione praescribuntur certae satisfactiones, quas definiunt esse [E1r] opera non debita. Nos vocamus satisfactiones Canonicas. De his sic sentimus sicut de enumeratione, quod satisfactiones Canonicae non sint necessariae Iure divino ad remissionem peccatorum. Sicut neque illa spectacula vetera satisfactionum in poenitentia publica Iure divino necessaria fuerunt ad remissionem peccatorum. Retinenda est enim sententia de fide, quod fide consequamur remissionem peccatorum propter Christum, non propter nostra opera praecedentia aut sequentia. Et nos ob hanc causam praecipue de satisfactionibus disputavimus, ne susciperentur ad obscurandam iustitiam fidei neve existimarent homines se propter illa opera consequi remissionem peccatorum. Et adiuvant errorem multa dicta, quae in scholis iactantur, quale est, quod in definitione satisfactionis ponunt: fieri eam ad placandam divinam offensam.368
Sed tamen fatentur adversarii, quod satisfactiones non prosint ad remissionem culpae. Verum fingunt satisfactiones prodesse ad redimendas poenas seu purgatorii seu alias. Sic enim docent in remissione peccati Deum remittere culpam Et tamen, quia convenit iustitiae divinae punire peccatum, mutare poenam aeternam in poenam tempora[E1v]lem. Addunt amplius partem illius temporalis poenae remitti potestate clavium, reliquum autem redimi per satisfactiones. Nec potest intelligi, quarum poenarum pars remittatur potestate clavium, nisi dicant partem poenarum purgatorii remitti, qua ex re se|queretur satisfactiones tantum esse poenas redimentes purgatorium. Et has
κ
hic lat. 4° (1540) | λ mortis lat. 8° (1542/1559)
368
Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum IV. d. 16. q. 2. art. 1. C, in: BCS 4/2, 361,4 (zitiert Duns Scotus). Vgl. auch o. S. 480f, Anm. 661.
nicht nach der aequalitas quantitatis, sondern der aequalitas proportionis, da der Mensch den Eltern und Gott gegenüber auch nach Aristoteles außerstande ist, aequivalens reddere secundum quantitatem; sed sufficit, ut homo reddat, quod potest, quia amicitia non exigit aequivalens, sed quod possibile est. (Summa theologiae III Suppl. q. 13. art. 1. C, in: L 12, 27). Vgl. auch III q. 86 art. 3. C, in: L 12,310. | 662 Thomas von Aquin, Summa theologiae III Suppl. q. 18 art. 2 ad 1, in L 12, 37: „sacerdos non remittit totam poenam temporalem, sed partem. Et ideo adhuc manet obligates ad poenam satisfactoriam.“ Vgl. auch o. S. 437, Anm. 545. | 663 taugen, gelten
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hen, dieσ inn todsunde gefallen sein,664 gleich als las sich Gott von den versünen, die inn todsunde ligen und seine feinde sind.
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Dieses alles sind eitel ertreumete, ertichte lere und worte one allen grund der schriffte und widder alle schriffte der alten Veter. Auch redet Longo|bardus selbst nicht auff die weis von den satisfactionibus.665 Die Scholastici haben wol von hörsagen gehabt, das etwan satisfactiones inn der kirchen gewesen weren, und haben nicht bedacht, das es ein eusserlich Ceremonie gewest, da die „publice poenitentes“ oder die büsser sich gegen der kirchen erzeigen musten mit einer Ceremonien, wilche dazu war eingesetzt, Erstlich zu einem schrecken und Exempel, daran sich ander möchten stossen, Zum andern zu einer probe, ob dieselben sunder odder büsser, so widder gnade be[k2v]gerten, auch hertzlich sich bekeret hetten. Inn Summa, sie haben nicht gesehen, das solch satisfactio ein eusserlich zucht, straff und disciplina ist gewest und ein solch ding, wie ein ander weltlich zucht zu einer scheu odder forcht auffgericht. Darümb haben sie geleret, das sie nicht allein zu einer zucht, sondern auch Gott zu vorsünen dieneten und not weren zur seligkeit. Wie sie aber inn vielen andern stücken das reich Christi, wilchs geistlich ist, und der welt reich und eusserlich zucht inneinander gekocht haben, also haben sie auch gethan mit den satisfactionibus. Aber die glossen in Canonibus zeigen an etlichen vielen orten an, das dieτ satisfactiones allein zu einem Exempel fur der kirchen dienen sollen.666 Hie last uns aber sehen, wie die widdersacher solche ihr treume gründen und beweisen inn der confutation, wilche sie Keiserlicher Maiestet zuletzt auffgehengt.667 Sie zihen viel sprüche der schrifft an, das sie den unerfarnen ein schein machen, als sey ihr lar von satisfactionibus in der schrifft gegründet, wilches doch noch zu Longobardus zeiten unbekant war. Sie bringen diese sprüche hervorl: „Thut bus, Bringetm früchte der bus!“668 Item: „Begebt neuer gelidmas zu dienenn der gerechtickeit.“669 Item, Christus hat gesagt: „Thut bus!“670, Item, Christus befilet den Aposteln, bus zu predigen.671 Item, Petrus prediget bus inn geschichten der Aposteln am ii.672 Darnach zeigen sie an
l
cj.: erfur; erfur CR | m tut rechtschaffene L45 | n – n eure Glieder zu Dienste L45
σ
danach: widderümb dt. 8° (1533) | τ dieselbigen dt. 8° (1533)
664
So z.B. Duns Scotus. | 665 Petrus Lombardus, Sententiarum IV d. 14–19, in: PL 192, 868–892. Glosse zu C. 23. q. 4. cc. 18–19 (Friedberg I, 905f). | 667 Vgl. Confutatio XII, in: Immenkötter, Confutatio, 109,1–20: „Joannes Baptista clamat: Facite dignos fructus poenitentiae, Matth. 3[,8]. Sanctus Paulus praecipit: Sicut exhibuistis membra vestra servire immunditiae, ita exhibete membra vestra servire iustitiae in sanctificationem, Rom. 6[,19]. Idem gentibus annuntiavit, quatenus poenitentiam agerent et converterentur ad deum digna poenitentiae opera facientes, Act. 20 [26,20]. Ita et Christus ipse coepit praedicare et docere: Poenitentiam agite, appropinquabit regnum caelorum, Matth. 4[,17]. Hunc modum praedicandi et docendi imperavit deinde apostolis, Luc. 24[,47]. Et fideliter paruit ei sanctus Petrus in primo sermone suo, Actuum secundo[,38]. Ita hortatur etiam Augustinus, ut quisque in se ipsum severitatem exerceat, ut a se ipso iudicatur, a deo 666
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satisfactiones dicunt valere, etiam si fiant ab his, qui relapsi sunt in peccatum mortale, quasi vero divina offensa placari queat ab his, qui sunt in peccato mortali. Haec tota res est commenticia recens conficta sine auctoritate scripturae et veterum scriptorum Ecclesiasticorum. Ac ne Longobardus quidem de satisfactionibus hoc modo loquitur. Scholastici viderunt in Ecclesia esse satisfactiones. Nec animadverterunt illa spectacula instituta esse tum exempli causa, tum ad probandos hos, qui petebant recipi ab Ecclesia. In summa non viderunt esse disciplinam et rem prorsus politicam. Ideo superstitiose finxerunt eas non ad disciplinam coram Ecclesia, sed ad placandum Deum valere. Et sicut alias saepe incommode commiscuerunt spiritualia et πολιτικὰ, idem accidit et in satisfactionibus. Atqui glossa in Canonibus aliquoties testatur has observationes institutas esse propter disciplinam Ecclesiae.
[E2r] Videte autem, quomodo in confutatione, quam ausi sunt obtrudere Caes[areae] Maiestati, probent haec sua figmenta! Multa dicta ex scripturis citant, ut fucum imperitis faciant, quasi haec res habeat auctoritatem ex scripturis, quae adhuc Longobardi tempore ignota erat. Allegant has sententias: Facite wfructus dignosw poenitentiae.369 Item: Exhibete membra vestra servire iustitiae.370 Item Christus praedicat poenitentiam: Agite poenitentiam.371 Item Christus iubet Apostolos poenitentiam praedicare.372 Et Petrus praedicat poenitentiam Actu. 2.373 Postea citant quaedam dicta Patrum et Canones. Et
w–w 369
fructum dignum Vg Clem. Mt 3,8 | 370 Röm 6,19 | 371 Mt 4,17 | 372 Vgl. Lk 24,47. | 373 Vgl. Act 2,38.
non iudicetur, uti Paulus 1 Cor. 11[,31f]. Leo papa, cognomento Magnus, inquit: Mediator dei et hominum, homo Christus Jesus, hanc praepositis ecclesiae dedit potestatem, ut confitentibus actionem poenitentiae darent et salubri satisfactione purgatos ad sacramentorum communionem per ianuam reconciliationis admitterent. Sic Ambrosius inquit: Secundum conscientiae molem exhibenda est poenitentiae magnitudo. Unde diversi canones poenitentiales in sacratissima synodo Nicena constituti sunt pro satisfactionum diversitate. Iovinianus autem haereticus existimavit omnia peccata esse paria, ideo diversitatem satisfactionum pro peccatis non admisit. Satisfactiones ergo in ecclesia contra expressum evangelium, et conciliorum et patrum decreta abolendae non sunt“ (deutsch: ebd., 108,1–29). | 668 Mt 3,2.8; Mk 1,15 | 669 Röm 6,19 | 670 Mt 4,17 | 671 Vgl. Lk 24,47. | 672 Vgl. Act 2,38.
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etliche sprüche der Veter und die Canones [k3r] und beschliessen: Es sollen die gnugthuung inn der kirchen widder das Evangelium, widder der Veter und concilien Decret, widder beschlus der heiligen kirchen nicht abgethan werden, sondern diejhenigen, so absolution erlangen, sollen ihr υbus und satisfaction,υ gnugthuung, so ihnen vom priester auffgelegt, volnbringen etc. Gott wölle schenden und straffen solche verzweifelte Sophisten, die so vorreterlich und böslich das heilig Evangelium auff ihre treume deuten! Wilchem fromen, erbarn man solt nicht solch gros offentlich misbrauch Göttliches worts im hertzen wehe thun? Christus spricht: „Thut bus!“673 Die Aposteln predigen auch: „Thut bus!“674 Darümb ist durch die sprüche beweiset, das | Gott sunde nicht vergebe one umb der ertichten satisfactio willen. Wer hat die groben, unverschampten Esel solche Dialectiken geleret? Es ist aber nicht Dialectica noch Sophistica, sondern es sind bubenstück, mit Gottes wort also zu spielen und so verdrislichen mutwillen [zu] treiben. Darümb zihen sie den spruch als tunckel und verdeckt an aus dem Evangelio: „Thut bus!“ etc., das, wenn φdie unerfarnenφ hören, das dis wort aus dem Evangelio wird widder uns angezogen, [sie dann] dencken sollen, wir sein solche leute, die garnichts von der bus halten. Mit solchen boswichtstücken gehen sie mit uns umb, wiewol sie wissen, das wir recht von der bus leren, so wollen sie doch die leut abschrecken und gern viel leute widder uns verbittern, [k3v] das χdie unerfarnen schreien sollenχ: Creutzige, Creutzige675 solche schedliche ketzer, wilche von der bus nichts halten! ψund [wir] werden also offentlich als die lügener hie uberwunden.ψ Aber wir trösten uns desseno und wissensω furwar, das bey Gottforchtigen, ja, bey Erbarn, fromen, redlichen leuten solche unverschampte lügen und felscherey der heiligen schrifft doch nichts schaffen. So wird auch Gott, der Herre, als war er ein lebendiger Gott ist, solche unverschampt Gotteslesterung und ungehört bosheit nicht lange leiden. Sie werden sich gewis am ersten und andern gebot Gottes verbrennen. Und nachdem wir inn unser Confession fast676 alle höchste artickel der gantzen Christlichen lere begriffen haben, also, das uber diese sache kein größerep, hochwichtigere sache kan unter der sonnen sein, solt man zu diesen hohen, allerwichtigsten hendeln (die gantz heilig, Christliche religion, wolfart und einigkeit der gantzen Christlichen kirchen und inn aller welt so viel unzelich seele und gewissen jtzund dieser zeit und bey unsern nachkomen belangende) billich mit allem treuen, höchsten fleis leute gesucht und auserlesen haben, die Gottforchtiger, verstendiger, erfarner, tüglicher und redlicher weren, auch mehr treus, gutes hertzen und synnes zu gemeinem nutz, zu o
cj.: des; des CR | p cj.: grosser; grosser CR
υ–υ
nicht in dt. 8° (1533) | φ – φ fremde leut dt. 8° (1533) | χ – χ man schreie dt. 8° (1533) | ψ – ψ nicht in dt. 8° (1533) | ω wissen CR 673
Mt 4,17 | 674 Act 2,38 | 675 Vgl. Mk 15,13f; Lk 23,21.23; Joh 19,6.15. | 676 durchaus
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concludunt xhis verbisx: Satisfactiones in Ecclesia contra expressum Evangelium et Conciliorum et Patrum decreta abolendae non sunt, quin imo absoluti a sacerdote iniunctam poenitentiam perficere debent illud Pauli sequentes: Dedit semet ipsum pro nobis, ut redimeret nos ab omni iniquitate et mundaret sibi populum acceptabilem, sectatoremμ bonorum operum.374 Deus perdat istos impios Sophistas tam sceleste detorquentes verbum Dei ad sua somnia vanissima! Quis bonus vir non commoveatur indignitate tanta? Christus inquit: Agite poenitentiam.375 Apostoli praedicant poenitentiam.376 Igitur poenae [E2v] aeternae compensantur ysatisfactionibus nostrisy. Igitur claves habent mandatum remittendi partem poenarum purgatorii. Igitur satisfactiones redimunt poenas purgatorii. Quis docuit istos asinos hanc Dialecticam? Sed haec neque Dialectica neque | Sophistica est, sed est Sycophantica! Ideo allegant hanc vocem: Agite poenitentiam, ut cum tale dictum contra nos citatum imperiti audiunt, concipiant opinionem nos totam poenitentiam tollere. His artibus alienare animos et inflammare odiaν conantur, ut conclament contra nos imperiti tollendos esse e medio tam pestilentes haereticos, qui improbentξ poenitentiam.
Sed speramus apud bonos viros has calumnias parum profecturas esse. Et Deus tantam impudentiam ac malitiam non diu feret. Nec utiliter consulit suae dignitati Romanus Pontifex, quod tales Patronos adhibet, quod rem maximam iudicio horum Sophistarum permittit.
Nam cum nos in confessione fere summam doctrinae Christianae universae complexi simus, adhibendi fuerant iudices de tantis, tam multis et tam variis negotiis pronuntiaturi, quorum doctrina et fides zbonis viris probaretur.z
x – x nicht in lat. 4° (1531) | y – y poenis purgatorii lat. 4° (1531) | Sophistarum, qui hanc confutationem scripserunt. lat. 4° (1531) μ
z–z
probatior esset quam horum
sectatorum lat. 8° (1559) | ν odio lat. 4° (1540) | ξ improbant lat. 8° (1542/1559)
374 Confutatio XII, in: Immenkötter, Confutatio, 111,1–3 = Tit 2,14. | 2,38.
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Mt 4,17 |
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Vgl. Act
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einigkeit der kirchen, zu wolfart des reichs trügen und erzeigten denn die losen, leichtfertigen [k4r] Sophisten, so die confutation geschriben haben.677 Und ihr, Herrq Cardinal Campegi,678 als der verstendige, dem diese sache zu Rome vertrauet, dessenr weisheit man rhümen wil, Wenn ihr auch nichts denn des Bapsts und stuls zu Rom ehr woltet achten odder ansehen, hettet hie besser sollen haushalten und dieses mit höchstem fleis vorkomen, das inn sol|cher so gar grosser, trefflichen sachen durch die odder dergleichen Sophisten nicht ein solch ungeschickt Confutatio were geschrieben, Wilche beide, zu dieser zeit und künfftig bey den nachkomen, euch nicht anders denn zu eiteln spot, zu vorkleinerung euers gerüchts und namens, zu ewigen, unvorwindlichen schimpff und schaden gereichen wird.679 Ihr Romanisten, sehet, das diese die letzen zeiten seind vor dem Jüngsten tag, von welchen Christus warnet, das viel ferligkeit sollen vorfallen inn der kirchen.680 Ihr nu, die ihr wöllet wechter, dieα hirten und heubter der kirchen genent sein, solt in dieser zeit mit sonderm, treuen, höchsten fleis aufsehen haben. Es sein viel zeichen vor augen schon, das, wo ihr euch nicht gantz wol inn die zeit und sachen schicket und richtet, das es mit dem gantzen Römischen stuel und wesen ein gros, starck vorenderung gewinnen wil. Und dürfft euch βinn syn nichtβ nemen, ja, dürfft nicht gedencken, das ihr die γgemeynden undγ kirchen allein mit dem schwerde und gewalt wölt bey euch δund dem Römischen [k4v] stuelδ erhalten. Denn gute gewissen schreien nach der warheit und rechtem unterricht aus Gottes wort, und denselbigen ist der tod nicht so bitter, als bitter ihnen ist, wo sie etwa inn einem stück zweyfeln, darumb müssen sie suchen, wo sie unterricht finden. Wölt ihr die kirch bey euch erhalten, so müsst ihr darnach trachten, das ihr recht leren und predigen lasset, damit künd ihr ein guten willen und bestendigen gehorsam anrichten.
q
cj.: er; er CR | r cj.: des; des CR
α nicht in dt. 8° (1533) | β – β nicht inn syn dt. 8° (1533) | γ – γ nicht in dt. 8° (1533) | δ – δ nicht in dt. 8° (1533) 677 Zu diesem Kreis von mehr als 20 Theologen (die Zusammensetzung scheint im Laufe der Zeit geschwankt zu haben) Immenkötter, Confutatio, 15–23. | 678 Der päpstliche Legat Lorenzo Campeggio (Campeggi), zunächst seit 1500 Professor der Rechte in Bologna, seit 1517 Kardinal. 679 Trotz des Spottes der Evangelischen und des Drängens katholischer Kreise erschien die Confutatio erst 1559 im Druck. Vgl. Immenkötter, Confutatio, 52f. | 680 Vgl. Mk 13,1–37 par.
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Idque te, Campegi, pro tua sapientia provide[E3r]re decebat, ne quid in tantis rebus isti scriberent, quod aut hoc tempore aut ad posteros videatur posse minuere Romanae sedis existimationem. Si Romana sedes censet aequum esse, ut omnes gentes agnoscant eam pro magistra fidei, debet operam dare, ut docti et integri viri de religionibus cognoscant. Quid enim iudicabit mundus, si quando proferetur in lucem scriptum adversariorum? quid iudicabit posteritas de his calumniosis iudiciis? Vides, Campegi, haec esse postrema tempora, in quibus Christus praedixit plurimum periculi fore religioni. Vos igitur, qui tamquam in specula sedere et gubernare religiones debetis, his temporibus oportuit singularem adhibere, tum prudentiam, tum diligentiam. Multa sunt signa, quae nisi provideritis, minantur mutationem Romano statui. Et erras, si tantum vi et armis existimas Ecclesias retinendas esse. Doceri de religione postulant homines. Quam multos esse existimas non tantum in Germania, sed etiam in Anglia, in Hispania, in Galliis, in Italia, denique in ipsa urbe Roma, qui quoniam vident exortas esse de maximis rebus controversias, dubitare alicubi incipiunt et taciti indignantur, quod has tantas res rite cognoscere et iudicare recusatis, quod non explicatis [E3v] ambigentes conscientias, quod tantum iubetis nos armis opprimi ac deleri? Multi autema sunt boni viri, | bqui facilius mortem et omnia genera suppliciorum ferrent, quam ferunt hanc dubitationem. Necb satis expendis, quanta res sit Religio, si bonos viros leviter existimas angi, sicubi incipiunt ambigere de aliquo dogmate. Et haec dubitatio non potest non parere summam odii acerbitatem adversus illos, qui cum mederi conscientiis debebant, obsistunt, quo minus explicari res possit. Non hic dicimus Dei iudicium vobis pertimescendum esse. Nam hoc leviter curare Pontifices putant, qui cum ipsi teneant claves, scilicet patefacere sibi caelum, cum volunt, possunt. De hominum iudiciis deque tacitis voluntatibus omnium gentium loquimur, quae profecto hoc tempore requirunt, ut haec negotia ita cognoscantur atque constituantur, ut sanentur bonae mentes et a dubitatione liberentur. Quid enim futurum sit, si quando eruperintο odia illa adversus vos, pro tua sapientia facile iudicare potes. Verum hoc beneficio devincire omnes gentes vobis poteritis, quod omnes sani homines summum et maximum iudicant, si dubitantes conscientias sanaveritis. Haec non eo diximus, quod nos de nostra confessione dubitemus. Scimus enim eam veram, pi[E4r]am et piis conscientiis utilem esse. Sed credibile est passim multos esse, qui non de levibus rebus ambigunt nec tamen audiunt idoneos Doctores, qui mederi conscientiis ipsorum possint.
a
nicht in lat. 4° (1531) | b – b quibus haec dubitatio morte acerbior est. Non lat. 4° (1531)
ο
eripuerunt lat. 4° (1540)
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Wir wöllen hie widder zur sachen komen. Die sprüche aus der schrifft, so angezogen von widersachern, reden nichts von den gnugthuungen und satisfaction, davon die widdersacher streiten.681 Darumb ist es lauter felscherey der schrifft, das sie Gottes wort auff ihre meynung deuten, εund [wir]ε sagen: Wo rechte buss, ζvorneuerung des heiligen geistsζ ist im hertzen, da folgen gewis gute früchte, gute wercke. Und ist nicht müglich, das ein mensch solt sich zu Gott bekeren, rechte buss thun, hertzlich reu haben und | solten nicht folgen gute wercke, gute früchte. Denn ein hertz und gewissen, das recht sein jamer und sunde gefület hat, recht erschreckt ist, das wird nicht viel wollüste der welt achten odder suchen. Und wo der glaube ist, do ist er Gott danckbar, achtet und liebet hertzlich seine gebot. Auch ist inwendig im hertzen gewislich kein rechte buss, wenn wir nicht eusserlich gute wercke, Christlich gedult erzeigen. Und also meinets auch Johannes der Teufer, do er saget: „sErzeigetη rechtes früchte der buse.“682 Item, [l1r] Paulus, da er saget zun Römern am vi.: „Begebet euer gelider zu waffen der gerechtigkeit“683 etc. Und Christus, da er spricht: „Thut bus!“684, redet warlich von der gantzen bus und von dem gantzen neuen leben und seinen früchten. Er redet nicht von den heuchlischen satisfaction, davon die Scholasticiθ treumen und dürffen685 sagen, das sie denn auch gelten fur Gott fur die straff, wenn sie inn todsunden geschehen.686 Das solt freilich ein köstlicher Gottesdienst sein! Auch so sind sonst viel argument und gründe, das die obangezeigten sprüche der schrifft sich nichts reimen auff die gnugthuung, davon die Scholasticiι reden. Sie ertichten und sagen, die satisfactiones sein wercke, die wir nicht schüldig sein. Die heilige schrifft aber, in den sprüchen, so eingefüret, foddert solche wercke, die wir schuldig sein. Denn dieses wort Christi, da er sagt: „Thut bus!“, ist ein wort des Göttlichen gebots. Item, Die widersacher schreiben, das diejhenigen, so da beichten, ob sie schon die auffgelegten satisfactiones nicht wöllen annemen, das sie doch darümb nicht sundigen, sondern werden im fegfeuer müssen straff tragen und gnugthuen. Nu hats jhe kein zweifel, das diese sprüche („Thut bus!“687 etc., Item Pauli: „Gebet teuer gliedmas zu dienent der gerechtigkeit“688) und dergleichen sprüche sein Christi und der Aposteln, die κdas fegfeuer gar nichts, sondern allein dieses leben angehen.κ s–s
tut rechtschaffene L45 | t – t eure Glieder zu Dienste L45
ε–ε
Wir dt. 8° (1533) | ζ – ζ und rechte, ernstliche bekerung dt. 8° (1533) | η Bringet dt. 8° (1533) Sophisten dt. 8° (1533) | ι Sophisten dt. 8° (1533) | κ – κ gebieten nicht, was man im fegefeuer, sondern, was man inn diesem leben thun müsse. dt. 8° (1533) θ
681 Der Begriff der satisfactio findet sich erstmals bei Tertullian (De paenitenia VII, in: PL 1, 1352 [CSEL 76, 160, 50f]). Im scholastischen Sinn der Tilgung zeitlicher Sündenstrafen in der Bußlehre begegnet er dann seit Petrus Abaelardus. Vgl. zu ihm o. S. 442, Anm. 562. | 682 Mt 3,8 | 683 Röm 6,13; vgl. Röm 6,19. | 684 Mt 3,2; 4,17; Mk 1,15 | 685 wagen zu | 686 Vgl. Luther, Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum (1517), in: WA 1, 233,10f: „Dominus et magister noster Iesus Christus dicendo Penitentiam agite etc. omnem vitam fidelium poenitentiam esse voluit“ (These
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Sed redeamus ad propositum; scripturae citatae ab adversariis prorsus nihil loquuntur de Canonicis satisfactionibus et de opinionibus Scholasticorum, cum constet eas nuper natas esse. Quare mera calumnia est, quod detorquent scripturas ad illas suas opiniones. Nos dicimus, quod poenitentiam, hoc est, conversionem seu regenerationem, boni fructus, bona opera in omni vita sequi debeant. Nec potest esse vera conversio aut vera contritio, ubi non sequuntur mortificationes carnis et boni fructus. Veri terrores, veri dolores animi non patiuntur corpus indulgere voluptatibus et vera fides non est ingrata Deo nec contemnit mandata Dei. Denique nulla est interior poenitentia, nisi foris pariat etiam castigationes carnis. Et hanc dicimus esse sententiam Iohannis, cum ait: Facite cfructus dignosc poenitentiae!377 Item Pauli, cum ait: Exhibete membra vestra servire iustitiae!378 sicut et alibi inquit: Exhibeted corpora vestra hostiam vivame, sanctam!379 etc. Et cum Christus inquit: [E4v] Agite poenitentiam!380 certe loquitur de tota poenitentia, de tota novitate vitae et fructibus; non loquitur de illis hypocriticis satisfactionibus, quas fingunt Scho|lastici tum quoque valere ad compensationem poenae purgatorii aut aliarum poenarum, cum fiunt ab his, qui sunt in peccato mortali.
Ac multa colligi argumenta possunt, quod haec dicta scripturae nullo modo pertineant ad Scholasticas satisfactiones. Isti fingunt satisfactiones esse opera indebita. Scriptura autem in his sententiis requirit opera debita. Nam haec vox Christi est vox praecepti: Agite poenitentiam!381 Item, Adversarii scribunt confitentem, si recuset suscipere satisfactiones, non peccare, sed persoluturum esse has poenas in purgatorio. Iam hae sententiae sine controversia praecepta sunt ad hanc vitam pertinentia: Agite poenitentiam!382 facite ffructus dignosf poenitentiae!383 Exhibete membra vestra servire iustitiae!384
c – c fructum dignum Vg Clem. | dignum Vg Clem. 377 383
Mt 3,8 | 378 Röm 6,19 | Mt 3,8 | 384 Röm 6,19
379
d
ut exhibeatis Vg Clem. |
Röm 12,1 |
380
e
Mt 3,2; 4,17 |
viventem Vg Clem. |
f–f
381
Mt 3,2; 4,17
Mt 3,2; 4,17 |
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fructum
1). Vgl. dazu auch ders., Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute (1518), in: WA 1, 531,4–13. | 687 Mt 3,2; 4,17; Mk 1,15 | 688 Röm 6,13; vgl. Röm 6,19.
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[l1v] Derhalben können sie nicht gestreckt werden zu den auffgelegten satisfactionibus, die ich mag annemen odder nicht annemen, denn Gottes gepot seinλ uns nicht also frey heimgestellet etc. Zum dritten, so leret des Bapsts recht und Canon, das durch den ablas solche satisfactiones werden erlassen Cap. „Cum ex eo, de poenitentiis [et remissionibus]“.689 Aber der ablas macht niemands los von diesen geboten: „Thut bus!“690 „uErzeigetμ rechteu früchte der bus!“691 etc. Darümb ist es helle am tage, das | man gantz ungeschickt die sprüche der schrifft einfüret von den satisfactionibus. Denn so die peinen des fegfeuers sind satisfactiones odder satispassiones odder so die satisfactiones sind quittirung der pein des fegfeurs, so müssen die obangezeigte sprüche Christi und Pauli auch beweisen und probiren, das die seelen ins fegfeuer faren und daselbst pein leiden. So nu das von not folget aus der widdersacher opinion, so müssen die sprüche alle neu röcke anzihen und also ausgelegt werden: „Facite fructusv“ etc., „wErzeigetν rechtew fruchte der bus“692, das ist: leidet im fegfeuer nach diesem leben. Aber es ist verdrislich, so von offentlichem irthumb der widdersacher mehr wort zu machen. Denn man weis furwar, das die schrifft an den orten redet von wercken, die wir schüldig sein, und von dem gantzen neuen leben eins Christen etc., nicht von den ertichten wercken, die wir nicht schüldig sein, davon die widdersacher re[l2r]den; und doch mit diesen lügen vorteidigen sie die Moncherey, das keuffen und verkeuffen der Messen und unzeliche andere tradition, nemlich das es werck sein, gnugzuthuen fur die peen und straffe, ob sie gleich fur die schuld gegen Gott nicht gnugthuen. So nu die sprüche, aus der schrifft angezogen, gar nicht melden, das durch die werck, so wir nicht schuldig, die ewige pein odder fegfeuer bezalt werden, so sagen die widdersacher one allen grund, das durch solche satisfactiones die peinen des fegfeuers abgelöset werden. So haben auch die schlüssel nicht befehl, pein auffzulegen odder die pein zum teil, halb odder gantz zu quittirn. Man lieset solche treume und lügen nirgent inn der schrifft. Christus redet von vergebung der sunde, da er saget: „Was ihr aufflösetx“693 etc.; wenn die sunde vergeben ist, so ist auch der tod weggenomen und das ewig leben geben. Auch so redet der Text: „Was ihr aufflöset“ etc. nicht von straffaufflegen, sondern das auff denjhenigen die sunde bleiben, die sich nicht bekeren.
u–u λ
tut rechtschaffene L45 | v fructum Vg Clem. | w – w tut rechtschaffene L45 | x lösen werdet L45
sind dt. 8° (1533) | μ Bringet dt. 8° (1533) | ν Bringet dt. 8° (1533)
689 X.5.38.14 (Friedberg II, 888f). | 18,18
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Mt 3,2; 4,17; Mk 1,15 |
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Quare non possunt detorqueri ad satisfactiones, quas recusare licet. Non enim licet recusare praecepta Dei. Tertio. Indulgentiae remittunt illas satisfactiones, ut docet Cap. Cum ex eo, de poenitentiis et remission[ibus].385 At indulgentiae non solvunt nos illis praeceptis: Agite poenitentiam!386 facite gfructus [E5r] dignosg poenitentiae!387
Itaque manifestum est male detorqueri illa dicta scripturae ad Canonicas satisfactiones. Videte porro, quid sequatur! Si poenae purgatorii sunt satisfactiones seu satispassiones aut satisfactiones sunt redemptio poenarum purgatorii, num etiam hae sententiae praecipiunt, ut animae castigentur in purgatorio? Id cum sequi necesse sit ex adversariorum opinionibus, hae sententiae novo modo interpretandae erunt: Facite hfructus dignosh poenitentiae!388 Agite poenitentiam!389 hoc est, patiamini poenas purgatorii post hanc vitam. Sed piget has ineptias adversariorum pluribus revellere. Constat enim scripturam loqui de operibus debitis, de tota novitate vitae, non de his observationibus operum non debitorum, de quibus loquuntur adversarii. Et tamen his figmentis defendunt ordines, venditionem Missarum et infinitas observationes, quod scilicet sint opera, si non pro culpa, tamen pro poena satisfacientia.
Cum igitur scripturae citatae non dicant, quod operibus non debitis poenae aeternae compensandae sint, temere affirmant adversarii, quod per satisfactiones Canonicas poenae illae compensentur. iPraeterea, cum certissimum sit remissio|nem peccatorum gra[E5v]tuitam esse seu gratis propter Christum donari, sequitur non requiri satisfactiones. Et Evangelium habet mandatum gratis remittendi peccata, non imponendi poenas et novas leges aut partem poenarum imponendi parte remissa.i Ubi enim leguntur haec in scripturis? Christus de remissione peccati loquitur, cum ait: Quidquid solveris 390 etc., quo remisso sublata est mors aeterna et reddita vita aeterna. Neque hic loquitur de imponendis poenis, quidquid ligaveris, Sed de retinendis peccatis illorum, qui non convertuntur. Sed dictum Longobardi de parte poenarum remittenda sumptum est a Canonicis poenis. Harum partem remittebant pastores.391
g – g fructum dignum Vg Clem. | h – h fructum dignum Vg Clem. | i – i Nec habent claves mandatum poenas aliquas commutandi, Item partem poenarum remittendi. lat. 4° (1531) 385 X.5.38.14 (Friedberg II, 888f). | 386 Mt 4,17 | 387 Mt 3,8 | 388 Mt 3,8 | 389 Mt 4,17 | 390 Vgl. Mt 18,18. | 391 Petrus Lombardus, Sententiarum IV d. 14–19, in: PL 192, 868–892.
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Wiewol ξnu wirξ halten, das nach der rechten bus gute fruchte und wercke folgen sollen, Gott zu lobe und dancke, und von denselbigen guten wercken und früchten haben wir Gottes gebot als von fasten, beten, almosen etc., so findet man doch nirgent inn der schrifft, das Gottes zorn odder die ewigen peine solten mügen abgelöset werden durch die pein des fegfeuers od[l2v]der durch satisfactiones odder gnugthuen, das ist durch etliche wercke, die wir onedas nicht schüldig weren, odder das die gewalt der schlüs|sel befehly haben, pein auffzulegen odder ein teil der pein zu erlassen. Dasselbige solten nu die widdersacher aus der schrifft beweisen, das werden sie wol lassen. Darüber, so ist es gewis, das Christus tod ein gnugthuung ist nicht allein fur die schuld gegen Gott, sondern auch fur den ewigen tod, wie klar der spruch Osee lautet: „Tod, ich wil zdein todz sein!“694 Was ist es denn fur ein greuel zu sagen, das Christi tod genugthue fur die schuld gegen Gott, aber die pein, so wir leiden, die erlöse uns von ewigem tode? Also, das dis wort des Propheten: „Tod, ich wil dein tod sein“ nicht von Christo, sondern von unsern wercken und dazu von elenden menschlichen satzungen, die Gott nicht gepoten hat, sollen verstanden werden. Und noch darüber dürffen sie695 sagen, das dieselbigen wercke fur den ewigen tod gnugthuen, wenn sie gleich inn todsunden geschehen. Es mus billich eim fromen hertzen wehe thuen die gantz ungeschickte rede der widdersacher. Denn wer es lieset und bedencket, dem müssen jhe hertzlich wehe thun solche offentliche Teuffelslere, die der leidige Satan inn die welt gestreuet hat, die rechte lere des Evangelii unterzudrücken, damit niemands odder wenig möchten unterricht werden, was gesetz odder [l3r] Evangelium, was bus oder Glaube odder was die wolthat Christi sein. Denn vom gesetz sagen sie also: Gott hat unser schwacheit angesehen und hat dem menschen ein ziel und mas gesetzt der wercke, wilche er zu thuen schüldig ist, das sind die wercke der Zehen gepot etc., das er von dem uberigen, von den „operibus supererogationis“, das ist von den wercken, die er nicht schüldig ist, möcht genugthuen fur seine feil und sunde.696 Da ertichten sie ihnen697 selbst einen traum, als vermüge odder könne ein mensch also Gottes gesetz erfüllen, das er etwas mehr und ubrigs thue, denn das gesetz erfoddert, so doch die gantze heilige schrifft zeuget, alle Propheten auch zeugen, das Gottes gesetz viel höhers foddere, denn wir imer zu thun vermügen. Aber sie wollen wehnen, das gesetz Gottes und Gott sey zufriden mit eusserlichen wercken, und sehen nicht, wie das gesetz foddert, das wir Gott lieben sollen von gantzem hertzen etc. und aller böse lüste los sein. Darümb ist kein mensch auff erden, der so viel thut, als das gesetz erfoddert. y
cj.: bevelh; bevelh CR | z – z dir ein Gift L45
ξ–ξ
wir nu dt. 8° (1533)
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Hos 13,14 | 695 wagen sie zu | 696 Zur doppelten Gesetzeserfüllung und dem Verhältnis von praecepta und consilia bes. Bonaventura, Breviloquium V, 9, in: BO 5, 262f. Vgl. außerdem CA XXVII, o. S. 160–187. | 697 sich
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Quamquam igitur sentimus, quod poenitentia debeat bonos fructus parere propter gloriam et mandatum Dei. Et boni fructus habent mandata Dei, vera ieiunia, verae orationes, verae elemosynae etc.; tamen hoc nusquam reperimus in scripturis sanctis, quod poenae aeternae non remittantur nisi propter poenam purgatorii aut satisfactiones Canonicas, hoc est propter certa quaedam opera non debita, aut quod potestas clavium habeat mandatum commutandi poenas aut partem remittendi. Haec probanda erant adversariis.
Praeterea mors Christi non est solum satis[E6r]factio pro culpa, sed etiam pro aeterna morte iuxta illud: Ero mors tua, o mors!392 Quid est igitur monstri dicere, quod Christi satisfactio redimat culpam? Nostrae poenae redimant mortem aeternam, ut iam illa vox, Ero mors tua, intelligi debeat non de Christo, sed de nostris operibus et quidem non de operibus a Deo praeceptis, sed de frigidis quibusdam observationibus excogitatis ab hominibus. Et dicuntur mortem abolere, etiam cum fiunt in peccato mortali. Incredibile est, quanto cum dolore has ineptias adversariorum recitemus; quas qui expendit, non potest non succensere istis doctrinis daemoniorum, quas sparsit in Ecclesia diabolus, ut opprimeret cognitionem legis et Evangelii, poenitentiae et vivificationis et beneficiorum Christi.
Nam de lege sic dicunt: Deus condescendens nostrae infirmitati constituit homini mensuram eorum, ad quae de necessitate tenetur, quae est observatio praeceptorum, ut de reliquo, id est, de operibus supererogationis possit satisfacere de commissis. Hic fingunt homines legem Dei ita facere posse, ut plus etiam, quam lex exigit, facere possimus. Atqui scriptura ubique clamat, quod multum absimus ab illa perfectione, quam lex requirit. Sed isti fingunt legem Dei contentam esse externa et civili iustitia; [E6v] non vident eam requirere veram dilectionem Dei ex toto corde etc., damnare totam concupiscentiam in natura. Itaque nemo tantum | facit, quantum lex requirit.
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Darümb ist bey verstendigen gantz nerrisch und kindisch anzusehen, das sie ertichten, wir können noch etwas | mehr thun, denn das Gottlich gesetz erfoddert. Denn wiewol wir die arme, eusserliche wercke thun können, die nicht Gott, sondern menschen geboten haben, welche Pau[l3v]lus bettelische satzunge nennet,698 so ist doch das ein nerrisch, vergeblich vertrauen, das ich vertrauen wolt, ich hette damit Gottes gesetz erfüllet, ja, mehr gethan, denn Gott erfoddert. Item, rechte gebete und rechte almosen, rechte fasten, die sind von Gott geboten, und im fal, da sie von Gott geboten sein, da kan man sie one sunde nicht nachlassen; dagegen diese werck, sofern sie nicht geboten sein inn Gottes gesetze, sondern haben ein form nach menschlicher wal, so sind sie nichts denn menschensatzung, von wilchen Christus sagt: „Sie dienen mir vergeblich amit menschengebotena“,699 wie denn seinο etzliche gewisse fasten nicht dazu erfunden, das fleisch zu zemen, sondern damit πGott zu ehren undπ, wie Scotus sagt,700 des ewigen todes los zu werden. Item, wie denn sind etliche gebet, etliche gewisse almosen, wilche sollen ein Gottesdienst sein, wilcher ex opere operato Gott versüne und von ewigem verdamnis erlöse. Denn sie sagen und leren, das solch werck ex opere operato, das ist durchs gethan werck, fur die sunde gnugthun, und leren, das solch satisfaction gelte, obgleich einer inn todsunden liget. Darüber sind noch werck, die noch weniger Göttlichen befehl odder gebot haben, als da sind Rosenkrentze, Walfarten, wilche denn mancherley sind; denn etliche gehen inn vollem harnisch zu Sanct Jacoff,701 etliche mit blossen [l4r] füssen und dergleichen. Das nennet Christus vergeblich, unnütz Gottesdienst.702 Darümb sind sie nicht nutz, Gott zu versünen, wie doch die widdersacher sagen; und dieselbigen wercke als Walfart rhümen sie doch und achtens fur grosse, köstliche werck, nennen es „opera supererogationis“; und das schendlicher ist, das noch Gotteslesterischer ist, man gibt ihnen die ehre, die Christi tod und blut alleine gebüret, das sie sollen das „pretium“, das ist der schatz sein, damit wir von dem ewigen tode erlöset sein. Pfu, des leidigen Teuffels, der Christus heiligen und teuren tod so schmehen darff! Also werden dieselbenρ Walfarten furgezogen den rechten wercken, so inn den Zehen geboten sein ausgedrückt, und wird also zweierleyweis Gottes gesetz vertunckelt: Erstlich, das sie wenen, sie haben dem gesetz gnuggethan, so sie die eusserlichen werck gethan haben, Zum andern, das sie die elenden menschensatzung höher achten denn die wercke, so Gott geboten hat. Darüber wird auch untergedrückt die lere von der bus und gnade, denn der ewige tod und die engste der hellen lassen sich nicht also quittirn, wie sie wenen
a–a ο
dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebot sind L45
sind dt. 8° (1533) | π – π nicht in dt. 8° (1533) | ρ dieselbigen dt. 8° (1533)
698
Vgl. Gal 4,9. |
699
Mt 15,9 |
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Duns Scotus, Liber sententiarum IV d. 15 q. 1 art. 3, in: DOO
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Ridiculum igitur est, quod fingunt nos amplius facere posse. Quamquam enim externa opera facere possumus, non mandata lege Dei, tamen illa est vana et impia fiducia, quod legi Dei sit satisfactum.
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Et verae orationes, verae elemosynae, vera ieiunia habent praecepta Dei. Et ubi habent praeceptum Dei, non possunt sine peccato omitti. Verum illa opera, quatenus non sunt praecepta lege Dei, sed habent certam formam ex humano praescripto, sunt opera traditionum humanarum, de quibus Christus dicit: Frustraj colunt me mandatisk hominum,393 ut certa ieiunia instituta non ad carnem coercendam, sed ut per id opus reddatur honos Deo, ut ait Scotus, et compensetur mors aeterna. Item certus numerus precum, certus modus elemosynarum, cum ita fiunt, ut ille modus sit cultus ex opere operato reddens honorem Deo et compensans mortem aeternam. Tribuunt enim his ex opere operato satisfactionem, quia docent, quod valeant etiam in his, qui sunt in peccato mortali.
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Iam illa longius recedunt a praeceptis Dei peregrinationes et harum magna est varietas: alius [E7r] facit iter cataphractus394, alius facit iter nudis pedibus. Haec vocat Christus inutiles cultus, quare non prosunt ad placandam offensam Dei, ut adversarii loquuntur. Et tamen haec opera magnificis titulis ornantur, vocantur opera supererogationis. Tribuitur eis honos, quod sint pretium pro morte aeterna. Ita praeferuntur operibus praeceptorum Dei.
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In hunc modum lex Dei bifariam obscuratur, et quia putatur legi Dei satisfactum esse per externa et civilia opera et quia adduntur traditiones humanae, quarum opera praeferuntur operibus legis divinae. Deinde obscuratur poenitentia et gratia. Nam mors aeterna non redimitur illa compensatione operum, quia est otiosa nec degustat in praesentia mortem. Alia res opponenda est
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Sine causa Vg Clem. | k docentes mandata Vg Clem.
393
Mt 15,9 | 394 gepanzert
9, 104f. | 701 St. Jakob in Compostella, der Legende nach Ort des Martyriums des Zebedaiden Jakobus (Mt 4,21; 10,2; 17,1 par.), der beliebteste Wallfahrtsort des mittelalterlichen Europa. 702 Vgl. Mt 15,9.
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wollen. Man mus gar viel ein andern und grössern schatz haben, dadurch wir vom tod, ewigen engsten und schmertzen erkaufft werden, denn unsere werck sein. Denn solche werckheiligkeit ist ein müssig ding, und die werckheiligen schmecken nicht einmal, was der tod ist, [l4v] sondern wie Gottes zorn nicht anders mag noch kan uberwunden werden | denn durch den glauben an Christum, Also wird auch der Tod uberwunden allein durch Christum, wie Paulus sagt: „Gott sey lobb, der uns sieg gibtc durch Jhesum Christum, unsern Herrn.“703 Er sagt nicht: der uns sieg gibt durch unsere gnugthuung. Die widdersacher reden σfast704 kald und schlefferigσ von der vergebung der sunde gegen Gott und sehen nicht, das vergebung solcherτ schuld undυ erlösung von Gottes zorn und ewigem φTode ein solch gros ding ist, das solchs allein durch den einigen mitler Christum und durch den glauben an ihnen erlanget wird.φ So nu der Tod und das blut Christi die rechte bezalung ist vor den ewigen Tod – Und die widdersacher bekennen selbs, das solche wercke der Satisfaction wercke sein, die wir nicht schüldig sein, sondern menschensatzunge, Von wilchen Christus Matth. am xv. sagt, das es vergebliche Gottesdienste sein –705, So mügen wir frey auch aus ihren eigen worten schliessen, das solche satisfactiones nicht von Gott geboten sein, auch ewige pein und schuld oder pein des fegfeurs nicht ablösen. Es werden die widdersacher villeicht uns hie fürwerffen, das die pein und straff eigentlich zur busse gehöre. Denn Augustinus sagt, Die busse sey eine rache, angstχ und straffe uber die sund.706 [m1r] Antwort: Unser widdersacher sind grobe Esel, das sie die wort Augustini, der da redet von der Reu und gantzen bus, deuten auff die Ceremonien der satisfaction Und weiter noch daran hengen, das solche satisfactio sol verdienen vergebung des ewigen todes. Wir leren auch, das inn der bus straffe der sunden sey, Denn die grossen schrecken, dadurch die sund inn uns gerichtet wird, ist ein straff viel grösser und höher denn walfarten und dergleichen gauckelspiel. Aber solch
b
Dank L45 | c gegeben hat L45
σ – σ als unerfarne dt. 8° (1533) | τ der dt. 8° (1533) | υ zugleich ist dt. 8° (1533) | φ – φ tod. Aber die Esel wissen davon nichts. dt. 8° (1533) | χ nicht in dt. 8° (1533) 703 I Kor 15,57 | 704 sehr, ganz | 705 Vgl. Mt 15,9. Die Stelle wird in Confutatio XXVI zitiert, in: Immenkötter, Confutatio, 181,19–183,1. | 706 Ps.-Augustinus, De vera et falsa poenitentia XIX, 35, in: PL 40, 1129, und C. 33 q. 3: De poen. Dist. 3 c. 4 (Friedberg I, 1211f): „Poenitentia itaque est vindicta puniens in se, quod dolet comisisse.“
l gratias Vg Clem. | m dedit Vg Clem. | n – n Concedimus vindictam seu poenam in poenitentia necessariam esse, non tamquam meritum seu pretium, sicut adversarii fingunt satisfactiones lat. 4° (1531) | o danach: hoc est lat. 4° (1531) | p – p nicht in lat. 4° (1531) | q – q Sed de qua poena, de qua vindicta loquitur Augustinus, certe de vera poena, de vera vindicta scilicet de contritione, de veris terroribus. Neque hic excludimus mortificationes externas corporis, quae sequuntur veros animi dolores. lat. 4° (1531)
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morti, cum temptat nos. Sicut enim ira Dei fide in Christum vincitur, ita vincitur mors fide in Christum, Sicut Paulus ait: Deo gratial, qui datm nobis victoriam per Dominum nostrum Iesum Christum;395 non inquit: qui dat nobis victoriam, si adversus mortem opponamus satisfactiones nostras.
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Adversarii otiosas speculationes tractant de remissione culpae nec vident, quomodo in remissione culpae liberetur cor ab ira Dei et a morte aeterna per fidem in Christum. Cum igitur mors Christi sit satisfa[E7v]ctio pro morte aeterna et cum ipsi adversarii fateantur illa opera satisfactionum esse opera non debita, sed opera traditionum humanarum, de quibus Christus inquit, quod sint inutiles cultus,396 tuto possumus affirmare, quod satisfactiones Canonicae non sint necessariaeπ Iure divino ad remissionem culpae aut poenae aeternae aut poenae purgatorii.
Sed obiciunt adversarii vindictam seu poenam necessariam esse ad poenitentiam, quia Augustinus ait Poenitentiam esse vindictam punientem397 etc. nSicut alibi, quoties opera praecipiuntur, interpretantur ea adversarii satisfactiones et propitiationes esse, ita hic, quia fit poenae mentio, detorquent eam ad satisfactionem. Augustinus non hoc sensit dolorem in poenitentia pretium esse, propter quod debeatur remissio peccatorum. Sciebat enim gratis remitti peccata propter Christum. Sciebat Christi mortem sacrificium esse pro peccatis nostris. Quidquid igitur de vindicta, de poenis citatur, semper ita accipi debet, ne gratuitam remissionem peccatorum evertat, ne obscurat meritum Christi et abducat homines a fiducia Christi ad fiduciam operum. Ceterum vindictam concedimus esse in poenitentia non ut pretiumn, sed [E8r] vindicta formaliter est in poenitentiao, quia ipsa regeneratio fit perpetua mortificatione vetustatis pnostrae. Sunt terrores, sunt et alii motus, qui peccato irascuntur, sed his non debetur remissio. Imo si fides non accederet, hi dolores afferent mortem aeternamp. Sit sane belle dictum a Scoto poenitentiam appellari quasi poenae tenentiam, qmodo ut poena non intelligatur esse pretium, pro quo debeatur remissio. Et Augustinus non loquitur de poenis, quas remittunt
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necessarie lat. 4° (1540)
395 I Kor 15,57 | 396 Vgl. Mt 15,9. | 397 Vgl. Ps.-Augustinus, De vera et falsa poenitentia XIX, 35, in: PL 40, 1129; vgl. C. 33 q. 3: De poen. Dist. 3 c. 4 (Friedberg I, 1211f).
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schrecken gehet die satisfactiones nicht an, so verdienet es auch nicht vergebung der sund odder des ewigen Tods, Sondern, wo wir nicht durch glauben getröstet würden, were solch schrecken und straff eitel sund und Tod. Also leret Augustinus von der straff. Aber unser widdersacher, die groben Esel, wissen gar nicht, was buss odder reu sey, sondern gehen mit ihrem gaukelspiel umb, mit Rosenkrentzen, walfarten und dergleichen.
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Aber da sprechen sie: Gott, als er ein gerechter Richter ist, mus die sunde one straffe nicht lassen. Ja, warlich strafft er die sunde, wenn er in solchem schrecken die gewissen so starck mit seinem zorn drenget und engstet, wie David im vi. Psalm sagt: „Herr, straff mich nicht inn deinem grimd!“707 und Hieremias am x. Capitel: „Straffe mich, Herre, doch mit gnadene, nicht inn deinem grimme, das fich nicht vergehef!“708 Da redet er warlich von grosser unsaglicher angst, und die wid[m1v]dersacher selbst bekennen, die Reu könne so bitter und geschwinde sein, das die satisfaction nicht not sey. Darümb ist die Contritio odder Reu gewisser ein pein denn die satisfactio.
Darüber müssen die heiligen den tod, allerley creutz und trübsal tragen wie die andern, wie Petrus sagt i. Petri iiii.: „ψEs ist zeit,ψ das ωgericht anzufahenω an dem hause Gottes.“709 Und wiewol dieselbigen trübsaln offt peen und straffe sein uber die sunde, so haben sie doch inn den Christen ein andere ursach, nemlich das sie sollen die Christen treiben und uben, das sie inn anfechtung mercken ihrn schwachen glauben und lernen Gottes hülffe und trost suchen, wie Paulus von ihm selbst sagt ii. Corin. i.: „Dasg wir uber die mas beschwerd waren und ubermachth 710, also, das wir bey uns beschlossen
d
Zorn L45 | e Maße L45 | f – f du mich nicht aufreibest L45 | g da L45 | h über Macht L45
ψ–ψ 707
Die Zeit ist da dt. 8° (1533) | ω – ω Gericht fehet an dt. 8° (1533); anfange das Gericht L45 Ps 6,2 | 708 Jer 10,24 | 709 I Petr 4,17 | 710 über unsere Kraft hinaus
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claves, quare non recte detorquetur hoc dictum ad satisfactiones. De veris poenis, hoc est, de terroribus et veris animi doloribus loquitur, qui exsistunt in poenitentia. Neque tamen excludimus externam carnis vexationem, haec enim veros animi dolores ultro sequitur. Acq longe errant adversarii, si verius poenam esse iudicant satisfactiones Canonicas quam veros terrores in corde. Stultissimum est nomen poenae detorquere ad hasr frigidas satisfactiones, non referre ad illos horribiles terrores conscientiae, de quibus ait David: Circumdederunt me dolores mortis398 etc. Quis non malit loricatus399 et cataphractus400 quaerere templum Iacobi, Basilicam Petris 401, quam sustinere illam ineffabilem vim doloris, quae est etiam in mediocribus, si sit vera poenitentia? [E8v] At inquiunt: convenit iustitiae Dei punire peccatum. tPrimum quod disputant, quod conveniat punire peccatum, satis ostendunt se contemnere Christi beneficium. Constituit Deus pretium pro nostris peccatis, non nostras poenas, non nostras satisfactiones, sed mortem filii sui. Quae tandem insania est praeferre nostras satisfactiones satisfactioni Christi? Deinde ut maxime puniat Deus, tamen sentiendum est remissionem peccatorum non deberi propter illam poenam, et ne iniuria afficiatur | beneficium Christi et quia conscientia non potest reddi pacata, si remissio non contingit gratis. Postremo ut maxime Deus puniat, tamen poenae illae nihil ad claves pertinent. Hae nec de imponendis nec de remittendis illis poenis, quae sunt opera Dei, mandatum habent. Ceterum concedimus Deum punire peccata primum in contritione, cum in illis terroribus iram suam ostendit, sicut significat David, cum orat: Domine, ne in furore tuo arguas me!402 Et Ieremiae: Corripe me, Domine, verumtamen in iudicio, non in furore, ne ad nihilum redigas me!403 Hic sane de acerbissimis poenis loquitur. Et fatentur adversarii contritionem posse tantam esse, ut non requira[F1r]tur satisfactio. Verius igitur contritio poena est quam satisfactiones Canonicae. Secundo subiecti sunt sancti morti et aliis communibus afflictionibus, Sicut ait Petrus: Tempus est incipereu iudicium a domo Dei. Si autem primum a nobis, qualisv erit finis istorum, qui non credunt?404 Et ut hae afflictiones plerumque sint poenae peccatorum, tamen in piis habent alium finem, infliguntur enim ad mortificandum praesens peccatum, quia in sanctis extinguunt et mortificant concupiscentiam. Mors enim ad hoc reliqua est in sanctis, ut aboleat hanc naturam immundam. Ideo Paulus ait: Corpus mortuum est ρpropter peccatum,405 id est, mortificaturρ propter praesens peccatum, quod r illas lat. 4° (1531) | s danach: etc. lat. 4° (1531) | t – t lat. 4° (1531): s. QuM I, 523,1–31 [Certe punit ... oporteat satisfacere.] | u ut incipiat Vg Clem. | v quis Vg Clem. ρ–ρ
nicht in lat. 4° (1540)
398 Ps 18 (Vg 17),5; vgl. II Sam 22,5. | 399 im Harnisch | 400 gepanzert | 401 St. Peter in Rom, wo nach der Überlieferung Petrus begraben ist. | 402 Ps 6,2 | 403 Jer 10,24 | 404 I Petr 4,17 | 405 Röm 8,10
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hatten, wir müsten sterben, idamit wir lerneten, nicht auff uns vertraueni.“711 Und Esaias sagt: Die not und angst, darinne sie stecken und dich anruffen, ist ihnen ein zucht,712 das ist: Die trübsal ist die kinderzucht, dadurch Gott ubet die heiligen. Item, Die trübsaln auch schicket uns Gott zu, die sunde inn uns, so noch uberig ist, zu tödten und zu dempffen, das wir im geist verneuert werden, wie Paulus Rom. viii. sagt: „Der leib αist todα umb der sunde willen“713, das ist: Er wird teglich mehr und mehr getödtet umb der sunde willen, die noch im fleisch uberig ist. Und der tod selbst dienet dazu, das er des sundlichen fleischs ein ende mache und das wir gar heilig und verneuert auffstehen entlich von toden. [m2r] Von diesen trübsaln und peenen werden wir nicht los durch die satisfactiones; derhalben kan man nicht sprechen, das die satisfactiones gelten fur solche creutz und trübsal und zeitlich straff, der sund wegneme. Denn dis ist gewis, das die gewalt der schlüssel niemands frey, βlos absolvirenβ kan vom creutz oder von andern gemeinen trübsaln. Und so sie wöllen, das das wort „peene“, dadurch gnuggethan wird, solle von gemein trubsaln verstanden werden, Wie leren sie denn, man müsse im fegfeuer gnugthuen? Sie werffen uns Exempel fur von Adam und David, wilcher umb seines Ehebruchs willen gestrafft ist.714 Aus den Exempeln machen sie ein Regel, das jtzliche sunde müsse ihr gewis zeitlich straffe haben, ehe die sunde vergeben werden. Ich habe zuvorj gesagt, das die Christen trübsaln leiden, dadurch sie gezüchtiget werden, so leiden sie schrecken inn gewissen, manchen kampff und anfechtung. Also legt unser Herr Gott auch etlichen sundern eigen peen und straff auff zu einem Exempel. Und mit den peenen hat die gewalt der schlüssel nichts zu thun, sondern allein Gott hat sie auffzulegen und zu lösen, wie er wil. Es folgt auch gar nicht, ob David ein eigen straff auffgelegt ist, das darümb uber die gemein creutz und trübsall aller Christen noch ein pein des fegfeuers sey, da ein jtzliche sunde ihren grad und mas der pein hat. Denn es ist nirgend inn [m2v] der schrifft zu finden, das wir von ewiger pein und tod nicht solten können erlöset werden denn durch solch quittirung unsers leidens und gnugthuens. Aber allenthalben zeuget die schrifft, das wir vergebung der sunde one verdienst erlangen durch Christum Und das Christus allein die sunde und den tod uberwunden hat. Darümb sollen wir unsern verdienst nicht dran pletzen und flicken, und wiewol Christen allerley peene, straff und trübsal leiden müssen, so zeigt doch die schrifft an, das solche uns auffgelegt werden, den alten Adam zu tödten und zu demütigen, nicht damit uns von dem ewigen tod zu lösen.
i–i
daß wir unser Vertrauen nicht auf uns selbst stelleten L45 | j cj.: vor; vor CR
α–α
wird getödtet dt. 8° (1533) | β – β und los sprechen dt. 8° (1533)
711
II Kor 1,8f | 712 Vgl. Jes 26,16. | 713 Röm 8,10 | 714 Herborn, Enchiridion, 83,12–41.
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adhuc in carne reliquum est. Crux igitur non poena, sed exercitium est et praeparatio ad renovationem. Nam cum mortificatur praesens peccatum cumque inter temptationes discimus quaerere auxilium Dei et experimur praesentiam Dei, magis magisque agnoscimus diffidentiam cordium nostrorum et erigimus nos fide. Ita crescit novitas spiritus, Sicut Paulus ait: wEtsi exteriorw homo corrumpiturx, tamen interiory renovatur de die in diem.406 Item Esaias ait: Angustia, in qua clamant, discipli[F1v]na tua est ipsis.407 Praeterea mors tunc vere poena est, quando cor perterrefactum sentit iram Dei iuxta illud: Aculeusz mortis peccatum est.408 Postquam autem in sanctis fide terrores peccati superati sunt, mors sine illo sensu irae Dei proprie non est poena. Porro claves neque imponunt neque remittunt has poenas. Quare satisfactiones non pertinent ad has poenas. Claves enim non remittunt aut mortem aut partem afflictionum communium. Iam si has poenas compensant satisfactionibus, quare iubent in purgatorio satisfacere?t
Obiciunt de Adam, de Davide, qui propter adulterium punitus est. Ex his exemplis faciunt universalem regulam, quod singulis peccatis respondeant propriae poenae temporales ain imponenda potestate claviuma. Prius dictum est sanctos sustinere poenas, quae sunt opera Dei, sustinent contritionem seu terrores, sustinent et alias communes afflictiones. Ita sustinent aliqui proprias poenas a Deo impositas exempli causa. Et hae poenae nihil pertinent ad claves, quia claves neque imponere neque remittere eas possunt, sed Deus sine ministerio clavium imponit et remittit. Nec sequitur universalis regula. Davidi propria poena im[F2r]posita est. Igitur praeter communes afflictiones alia quaedam purgatorii poena est, in qua singulis peccatis singuli gradus respondent. Ubi docet hoc scriptura non posse nos a morte aeterna li|berari nisi per illam compensationem certarum poenarum praeter communes afflictiones? At contra saepissime docet remissionem peccatorum gratis contingere propter Christum, Christum esse victorem peccati et mortis, quare non est assuendum meritum satisfactionis. Et quamvis afflictiones reliquae sint, tamen has interpretatur praesentis peccati mortificationes esse, non compensationes aeternae mortis seu pretia pro aeterna morte.
w–w z
licet is, qui foris est, noster Vg Clem. | x corumpatur Vg Clem. | Stimulus Vg Clem. | a – a in remissione peccatorum lat. 4° (1531)
406
y
is, qui intus est Vg Clem.
II Kor 4,16 | 407 Vgl. Jes 26,16. | 408 I Kor 15,56
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Job wird entschüldiget inn der schrifft, das er nicht geplagt sey umb einiger böser thatten willen.715 Darümb sind die trübsale und anfechtungen nicht allzeit Göttlichs zorns zeichen, sondern man mus die gewissen fleissig unterrichten, das sie die trübsal lernen gar viel anders ansehen, nemlich als gnadenzeichen, das sie nicht dencken, Gott habe sie von sich gestossen, wenn sie in trubsaln sein. Man sol die andern, γrechten fruchteγ des Creutzs ansehen, nemlich das Gott uns angreifft und darümb ein frembde werck thut, wie Esaias sagt, damit er sein eigen werck inn uns haben müge, wie er denn davon ein lange tröstliche predigt macht am xxviii. Capitel.716 Und da die Jünger fragten von dem blinden Johannis am ix., sagt Christus, das widder717 des blinden eldern noch er gesundiget haben, sondern Gottes ehre und | [m3r] wercke müssen offenbart werden.718 Und also sagt auch Hieremias, der Prophet: „Diejhenigen, so knicht schuld dran haben, sollen auchk den kilch trincken“719 etc. Also sind die Propheten erwürget, also ist Johannes Baptista getödtet und andere heiligen. Darümb sind die trübsal nicht allzeit straffe odder peenen fur die vorigen sunde, sondern sind Gottes wercke zu unserm nutze gericht, das Gottes stercke und krafft inn unser schwacheit deste klerer erkennet werde, wie er mitten im tode helffen kan etc. Also sagt Paulus: Gottes krafft und stercke lest sich inn schwacheit erfaren und sehen.720 Darümb sollen wir unser leibe opfferen inn Gottes willen, unser gehorsam und gedult zu erzeigen, nicht von dem ewigen tode odder ewiger pein uns zu erlösen. Denn da hat Gott ein andern schatz verordent, nemlich den tod seines Sons, unsers Herrn Christi. Und also legt Sanct Gregorius das Exempel Davids aus, da er sagt: So Gott umb derselbigen sunde willen ihm gedrauet hat, das er also von seinem eigen son solt gedemütiget werden, warümb hat er denn solchs ergehen lassen, da die sunde schonl vergeben war? Ist zu antworten, das die vergebung geschehen ist, das der mensch nicht verhindert würde, das ewig leben zu entpfahen; δdie gedraute straffe istδ nichtsdesteweniger gefolget, das er ihnen prüffet und inn demut behilde. Also hat auch Gott dem menschen den natürlichen tod auffgelegt und denselbigen auch, [m3v] als er die sunde vergeben, nicht weggenomen,721 damit beweret werden und geprüffet diejhenigen, wilchen sunde vergeben und sie geheiliget werden. Nu ist öffentlich, das die schlüssel diese gemeine straff, als krieg, teurung und dergleichen plagen, nicht wegnemen, Item, das auch „Canonicae satisfactiones“ uns nicht losmachen von solchen plagen, also, das unsere satisfactiones dafur helffen odder gelten solten, wenn wir schon inn todsunden ligen. Auch k–k
es nicht verschuldet hatten, müssen L45 | l cj.: schön; schon CR
γ–γ
ursachen dt. 8° (1533) | δ – δ Doch ist die straffe dt. 8° (1533)
715 Vgl. Hi 2,3.10. | 716 Vgl. Jes 28,21. | 717 weder | 718 Vgl. Joh 9,2f. | 719 Jer 49,12 | 720 Vgl. II Kor 12,5.9. | 721 Melanchthon hat hier C. 33. q. 3. De poen. Dist. 1. cc. 82 und 83 (Friedberg I, 1182) miteinander verwechselt. Vgl. Augustinus, De peccatorum meritis et remissione et de
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Iob excusatur, quod non sit afflictus propter praeterita mala facta.409 Itaque afflictiones non semper sunt poenae aut signa irae. Imo pavidae conscientiae docendae sunt alios fines afflictionum potiores esse, ne sentiant se a Deo reici, si in afflictionibus nihil nisi poenam et iram Dei videant. Alii fines potiores sunt considerandi, quod Deus alienum opus faciat, ut suum opus facere possit etc., Sicut longa contione docet Esaias Cap. 28.410 Et cum discipuli interrogarent de caeco: quis peccasset, Iohannis 9. respondet Christus causam caecitatis esse non peccatum, sed ut opera Dei in eo manifestentur.411 Et apud Ieremiam dicitur: [F2v] Quibus non erat iudicium, bibentes bibent412 etc., Sicut Prophetae interfecti sunt, Iohannes Baptista et alii sancti.
Quare afflictiones non semper sunt poenae pro certis factis praeteritis, sed sunt opera Dei destinata ad nostram utilitatem, et ut potentia Dei fiat conspectior in infirmitate nostra. Sic Paulus ait: Potentia Dei perficitur in infirmitate mea.413 Itaque corpora nostra debent esse hostiae propter voluntatem Dei ad oboedientiam nostram declarandam, non ad compensandam mortem aeternam, pro qua aliud pretium habet Deus scilicet mortem filii sui.
Et in hanc sententiam interpretatur Gregorius ipsam etiam poenam Davidis, cum ait: Si Deus propter peccatum illud fuerat comminatus, but sic humiliaretur a filiob, cur dimisso peccato, quod erat ei comminatus, implevit? Respondeturc remissionem illam peccati factam esse, ne homo dad percipiendam vitam impediretur aeternamd. Subsecutum vero illude comminationis exemplumf, ut pietas hominis etiam in illa humilitate exerceretur atque probaretur. Sic et mortem corporis propter peccatum Deus homini inflixit et post peccatorum remissionem propter exercendam iustitiam non ademit414, videlicet ut exerceatur et probetur iustitia istorum, qui santificantur. [F3r] Neque vero tolluntur communes calamitates proprie per illa opera satisfactionum Canonicarum, hoc est per illa opera traditionum humanarum,
b – b In PL 44, 184 und CSEL 60, 125,12 im vorangehenden Satz. | c respondebitur PL, CSEL | d – d a percipienda vita impediretur aeterna PL, CSEL | e illius PL, CSEL | f effectum PL, CSEL 409
Vgl. Hi 2,3.10. | 410 Vgl. Jes 28,21. | 411 Vgl. Joh 9,2f. | 412 Jer 49,12 | 413 Vgl. II Kor 12,9. Augustinus, De peccatorum meritis et remissione et de baptismo parvulorum ad Marcellinum II, 34,56, in: PL 44, 184 (CSEL 60, 125,13–20). 414
baptismo parvulorum ad Marcellinum II, 34, 56, in: PL 44, 184 (CSEL 60, 125,13–20).
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bekennen die widdersacher selbst, das sie die satisfactiones aufflegen nicht fur solche gemeine plagen, sondern fur das fegfeuer, darümb sind ihre satisfactiones eitel ertichte treume. Aber hie ziehen etliche den spruch Pauli an i. Corin. xi.: „So wir uns selbst richteten, so würden wir nicht gerichtet.“722 Daraus schliessen sie, so wir uns selbst straffe aufflegeten, würde Gott gnediger straffen. Antwort: Paulus redet von besserung des gantzen lebens, nicht von eusserlicher straff | und Ceremonien, darümb thut dieser spruch nichts zur satisfactio. Denn was fraget Gott nach der straff one besserung? ja, es ist ein greuliche Gottslesterung, das man leret, unser satisfactio lindert Gottes straff, wenn sie schon inn todsunden geschicht! Paulus redet von Reu und glauben und von der gantzen besserung, [er] redet nicht von der eusserlichen straff allein. Darümb kan man heraus nicht mehr erzwingen denn, so [m4r] wir uns bessern, so wende Gott sein straff ab. Das ist war und ist nützlich, tröstlich und not zu predigen, das Gott die straff lindert, wenn wir uns bessern, wie er mit Ninive thete.723 Und also leret Esaias am ersten Capitel: wenn schon euer sund blutrot sind, sollen sie dennoch ab und schneeweis sein, wenn ihr euch bessert.724 Und diese besserung stehet nicht inn der Canonica satisfactio, sondern inn andern stücken der pus, inn reu, inn glauben, inn guten wercken, so folgen nach dem glauben. Aber unser widdersacher deuten diese tröstliche sprüche auff ihr lügen- und gauckelspiel von der satisfactio. Das aber die alten lerer und Veter der satisfaction gedencken, das die Concilia von den satisfactionibus Canones gemacht, hab ich droben gesagt,725 Es sey ein eusserlich Ceremonien gewesen, und ist der Veter meinung nicht gewesen, das dieselb Ceremonie der bus solt ein ausleschen sein der schuld gegen Gott odder der pein. Denn so etlich Veter gleich sein, die des fegfeuers gedencken, so legen sie es doch selbst aus, ob es auch were, so sey es doch nicht erlösung von ewigem tod und pein, wilchs Christus allein thut, sondern das es ein reinigen und segen sey (wie sie reden) der unvolkomenen seelen. Also sagt Augustinus: Die teglichen sunden werden verbrant und ausgelescht, als schwacher glaub gegen Gott und dergleichen etc.726 Man findet auch an etlichen orten, das die Veter das wort „satisfactio“ odder „gnugthuung“, [m4v] wilchs ursprünglich von der Ceremonien der offentlichen penitenz herkömpt, wie ich gesagt, brauchen fur rechte reu und todtung des alten Adams. Also sagt Augustinus, die recht satisfactio odder gnugthuung ist ursach der sunden abschneiden,727 das ist, das fleisch töden etc., Item: das fleisch zemen und casteien, nicht, das ewiger tod odder pein
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I Kor 11,31 | 723 Vgl. Jon 3,10. | 724 Vgl. Jes 1,16–19. | 725 Vgl. o. S. 483,7–13 (deutsch: 482,5–21). | 726 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXI, 26, 4, in: PL 41, 745 (CSEL 40/2, 571,22–26). | 727 Vgl. Gennadius (Ps.-Augustinus), Liber ecclesiasticorum dogmatum XXIV, in: PL 42, 1218, und C. 33 q. 3: De poen. Dist. 3 c. 3 (Friedberg I, 1211f): „Satisfactio poenitentiae est causas peccatorum excidere nec earum suggestionibus aditum indulgere.“
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quae ipsi sic valere dicunt ex opere operato, ut, etiam si fiant in peccato mortali, tamen redimantσ poenas.
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Et cum obicitur illud Pauli: Si nos iudicaremus ipsi, | non iudicaremur a Domino,415 verbum iudicare intelligi debet de tota poenitentia et fructibus debitis, non de operibus non debitis. Adversarii nostri dant poenas contemptae Grammatices, cum intelligunt iudicare idem esse, quod cataphractum peregre ire ad S. Iacobum aut similia opera. Iudicare significat totam poenitentiam, significat damnare peccata. Haec damnatio vere fit in contritione et mutatione vitae. Tota poenitentia, contritio, fides, boni fructus impetrant, ut mitigentur poenae et calamitates publicae et privatae, sicut Esaias Capite primo docet: gDesinite male facere etg discite benefacere etc. Si fuerint peccata vestra ut coccinum, quasi nix dealbabuntur. Si volveritis et audieritis me, bona terrae comedetish.416 Nec est ad satisfactiones et opera traditionum humanarum transferenda gravissima et saluberrima sententia a tota poenitentia et operibus debitis seu a Deo praeceptis. Et hoc prodest [F3v] docere, quod mitigentur communia mala per nostram poenitentiam et per veros fructus poenitentiae, per bona opera facta ex fide, non ut isti fingunt facta in peccato mortali. Et huc pertinet exemplum Ninivitarum, qui sua poenitentia, de tota loquimur, reconciliati sunt Deo et impetraverunt, ne deleretur civitas.417 Quod autem Patres mentionem faciunt satisfactionis, quod concilia fecerunt Canones, diximus supra disciplinam Ecclesiasticam fuisse exempli causa constitutam. Nec sentiebant hanc disciplinam necessariam esse vel ad culpae vel ad poenae remissionem. Nam si qui in his mentionem purgatorii fecerunt, interpretantur esse non compensationem aeternae poenae, non satisfactionem, sed purgationem imperfectarum animarum. Sicut Augustinus ait venialia concremari,418 hoc est, mortificari diffidentiam erga Deum et alios affectus similes.
Interdum Scriptores transferunt satisfactionis vocabulum ab ipso ritu seu spectaculo ad significandam veram mortificationem. Sic Augustinus ait: Vera satisfactio est peccatorum causas excidere,419 hoc est mortificare carnem. Item: coercere carnem, non ut compensentur aeternae poenae, [F4r] sed ne caro pertrahat ad peccandum.420 Ita Gregorius de restitutione loquitur falsam esse g–g σ
quiescite agere perverse, Vg Clem. | h comeditis Vg Clem.
redimans lat. 8° (1559)
415
Vgl. I Kor 11,31. | 416 Jes 1,16–19 | 417 Vgl. Jon 3,10. | 418 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXI, 26,4, in: PL 41, 745 (CSEL 40/2, 571,22–26). | 419 Gennadius (Ps.-Augustinus), Liber ecclesiasticorum dogmatum XXIV, in: PL 42, 1218, und C. 33 q. 3: De poen. Dist. 3 c. 3 (Friedberg I, 1211f). | 420 Zitat unbekannt
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damit quittirt werde, sondern, das uns das fleisch nicht zu sunden zihen müge.728 Also sagt Gregorius von widdergeben frembder güter, das es ein falsche bus sey, | wenn denjhenigen nicht gnug geschihet, der729 güter wir mit unrecht innehaben.730 Denn den gereuets nicht, das er gestolen hat, der noch immer stilet, denn so lange er frembde gut innenhat, so lange ist er ein dieb odder reuber; dieselbigε satisfactio gegen denen731, so einer schuldig ist, sol gegen denselbigen geschehen, und von derselbigen „civili satisfactione“ ist nicht not, hie zu disputirn. Item, die Veter schreiben, das es gnug sey, das einmal im gantzen leben geschehe die „publica penitenz“ odder die offentliche bus, davon die Canones satisfactionum gemacht sein.732 Daraus kan man mercken, das ihr meinung nicht gewest, das dieselbigen Canones nötig sein solten zu vergebung der sunden. Denn ohne dieselbigen Ceremonien der offentlichen bus leren sie sonst viel von der Christlichen bus, da sie der Canones satisfactionum nicht gedencken. [n1r] Die Esel, so die Confutation gestellet haben, sagen, es sey nicht zu leiden, das man die satisfactiones widder das offentliche Evangelion wolle abthun.733 Wir haben aber bisanher klar genug angezeigt, das dieselbigen Canonicae satisfactiones, das ist solche wercke (wie sie davon reden), so wir nicht schüldig sein, inn der schrifft odder Evangelio nicht gegründet sein. So zeiget das die sach an ihr selbs an. Denn wenn die satisfactiones wercke sein, die man nicht schüldig ist, warümb sagen sie, wir leren widder das klar Evangelion? Denn so im Evangelio stünde, das die ewige pein und Tod weggenomen würden durch solche wercke, so weren es wercke, die man vor Gott zuthun schüldig were. Aber sie reden also, das sie dem unerfarnen ein schein fur der nasen machen, und ziehen sprüche der heiligen schrifft an, welche von rechten | Christlichen wercken, die wir schüldig sein, reden, so sie doch ihr genugthuen gründen auff wercke, die wir nicht schüldig sein und welche sie „opera non debita“ nennen. Sie leren und geben selbs nach in ihren schulen, das man one todsunde solche satisfaction könne nachlassen. Darümb ist das falsch, das sie sagen, das klar Evangelion vermüge734, man mus die satisfactiones halten. Weiter haben wir nu offt gesagt,735 das rechtschaffene buss on gute werck und früchte nicht ε
Dieselbige bürgerliche dt. 8° (1533)
728 Zitat nicht sicher zu identifizieren. | 729 deren | 730 Vgl. C. 33 q. 3: De poen. Dist. 5 c. 6 (Friedberg I, 1241); vgl. auch C. 33 q. 3: De poen. Dist. 1 c. 63 (Friedberg I, 1177): „Non sufficit mores in melius commutare et a praeteritis malis recedere, nisi etiam de his, quae facta sunt, satisfiat Domino per penitenciae dolorem, per humilitatis gemitum, per contriti cordis sacrificium, cooperantibus elemosynis et ieiuniis.“ Vgl. Eph 4,28. | 731 denjenigen | 732 Wohl ein Missverständnis der Äußerungen Tertullians, De paenitentia VII, in: PL 1, 1354f (CSEL 76, 157–160); Hieronymus, Epistula LXXX, 9, in: PL 22, 1115; Ambrosius, De poenitentia II, 10, 95, in: PL 16, 520: „Si vere agerent poenitentiam, iterandam non putarent, quia sicut unum baptisma, ita una poenitentia, quae tamen publice agitur; nam cotidiani nos debet poenitere peccati: sed haec delictorum leviorum, illa graviorum.“ | 733 Vgl. Confutatio XII, in: Immenkötter, Confuta-
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poenitentiam, si non satisfiat illis, quorum res occupatas tenemus.421 Non enim vere dolet se furatum esse aut rapuisse is, qui adhuc furatur. Tantisper enim fur aut praedo est, dum est iniustus possessor alienae rei. Civilis illa satisfactio necessaria est, quia scriptum est: qui ifuratus est, deincepsi non furetur.422 Item Chrysostomus inquit: In corde contritio, in ore con|fessio, in opere tota humilitas.423 Hoc nihil contra nos facit; debent sequi bona opera poenitentiam, debet poenitentia esse, non simulatio, sed totius vitae mutatio in melius. Item Patres scribunt satis esse, si semel in vita fiat illa publica seu solemnis poenitentia, de qua sunt facti Canones satisfactionum. Qua ex re intelligi potest, quod sentiebant illos Canones non esse necessarios ad remissionem peccatorum. Nam praeter illam solemnem poenitentiam saepe alias volunt poenitentiam agi, ubi non requirebatur Canones satisfactionum.
Architecti confutationis scribunt non esse tolerandum, ut satisfactiones contra expressum [F4v] Evangelium aboleantur. Nos igitur hactenus ostendimus Canonicas illas satisfactiones, hoc est opera non debita, facienda propter compensationem poenae [esse], non habere mandatum Evangelii. Res ipsa hoc ostendit; si opera satisfactionum sunt opera non debita, quare allegant expressum Evangelium? Nam si Evangelium iuberet compensari poenas per talia opera, iam essent debita opera. Sed sic loquuntur, ut fucum faciant imperitis, et allegant testimonia, quae de debitis operibus loquuntur, cum ipsi in suis satisfactionibus praescribant opera non debita.
Imo ipsi concedunt in scholis sine peccato recusari posse satisfactiones. Falso igitur hic scribunt, quod expresso Evangelio cogamur satisfactiones illas Canonicas suscipere. Ceterum nos saepe iam testati sumus, quod poenitentia
i–i
furabatur, iam Vg Clem.
421 Vgl. o. S. 506, Anm. 730. | (Friedberg I, 1168. 1212).
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Eph 4,28 |
423
C. 33 q. 3: De poen. Dist. 1 c. 40 und Dist. 3 c. 8
tio, 107,10–109,1: „Sed neque illa pars admittitur, quae satisfactiones poenitentiales contemnit. Est enim contra evangelium, contra apostolos, contra patres, contra concilia et contra universam ecclesiam catholicam“ (deutsch: ebd., 106,15–108,1). | 734 verfüge, bestimme | 735 Vgl. CA VI und CA XII, o. S. 100–103; 106f; vgl. hierzu auch o. S. 371,3–11; 443,15–17; 489,4–7 (deutsch: 370,3–13; 442,18–20; 488,3–6).
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sein könne; und was rechte gute wercke sein, leren [n1v] die Zehen gepot, nemlich Gottm, den Herren, warlich und von hertzen am höchsten gros achten, fürchten und ζlieben,736 ihnen inn nöten frölich anruffen,ζ ihm allzeitη dancken, sein wort bekennen, dasselbige wort hören, auch andere dadurch trösten, leren, eldern, öberkeit gehorsam sein, seines ampts, beruffs treulich warten, nicht bitter, nicht hessig sein, nicht tödten, sondern tröstlich, freuntlich sein, dem nehisten, den armen nach vermügen helffen, nicht huren, nicht ehebrechen, sondern das fleisch allenthalben im zaum halten. Und das alles, nicht vor737 den ewigen tod odder ewige pein gnugzuthun, wilchs Christo allein gebüret, sondern also zu thun, damit dem Teuffel nicht raum gegeben werde und Gott erzörnet und der heilige Geist betrübet und geunehret werden. Diese früchte und gute werck hat Gott geboten, [sie] haben auch ihre belonung Und umb Gottes ehre und Göttlichs gepots willen sollen sie auch geschehen. Das aber die ewigen pein nicht anders erlassen werden denn allein durch gnugthuen im fegfeuer odder etliche gute wercke menschlicher tradition, da sagt die heilig schrifft nirgent von. Durch den ablas θwerden etwaθ solche auffgelegte ιbus undι satisfactio quittirt den „publice poenitentibus“ odder bussern, das die leute nicht zu sehr beschwerd werdenκ.738 Haben nu menschen macht, die satisfactiones und auffgelegte straff odder peen zu erlassen, so ist solch satisfactio von Gott [n2r] nicht geboten, Denn Göttlichen befehl und gepot kan ein mensch nicht abthuen. Nachdem aber die alte weise der öffentlichen bus und gnugthuung ist vorlangst abgethan, wilchs die Bischoffe von einer zeit inn die ander haben geschehen lassen, ist des ablas nicht vonnöten, und ist doch der name „indulgentia“ odder „ablas“ inn der kirche blieben. Gleichwie nu das wort „satisfactio“ | ist anders verstanden denn fur einerλ kirchenordnung und Ceremonia, Also hat man das wort „indulgentz“ odder „ablas“ auch unrecht gedeutet und ausgelegt fur solche gnade und ablas, durch wilchen die seelen aus dem fegfeuer erlösetμ werden, so doch die gantze gewalt der schlüssel inn der kirchen nicht weiter sich erstreckt denn allein hie auff erdenν, wie der Text lautet: „Was du binden wirdest auff erden, das sol gebunden sein im himel, was du aufflösenn wirdest auff erden, das sol auffgelöseto sein im himel.“739 So ist die gewalt der schlüssel nicht ein solch gewalt, sonderliche, eigen straffe odder Gottesdienst auffzurichten, sondern allein, sunde zu vergeben denjhenigen, so sich bekeren, und zu verbannen diejhenigen, so sich nicht bekeren. Denn „aufflösen“ an dem ort heist: „sunde vergeben“. „Binden“ m
cj.: Got; Got CR | n lösen L45 | o los L45
ζ–ζ
ihm gleuben, guts von ihm bitten und gewislich hoffen, dt. 8° (1533) | η nicht in dt. 8° (1533) ist vor zeiten dt. 8° (1533) | ι – ι nicht in dt. 8° (1533) | κ wurden dt. 8° (1533) | λ eine dt. 8° (1533) | μ danach: solten dt. 8° (1533) | ν die lebendigen dt. 8° (1533) θ–θ
736
Luthers Formel. | 737 für | 738 In den ältesten Ablassurkunden wird die Hälfte, ein Viertel usw.
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debeat bonos fructus parere; et qui sint boni fructus, docent mandata: videlicet invocatio, gratiarum actio, confessio Evangelii, docere Evangelium, oboedire parentibus et magistratibus, servire vocationi, non occidere, non retinere odia, sed esse placabilem, dare egentibus, quantum pro facultatibus possumus, non scortari, non moechari, sed coercere et refrenare, castigare carnem non propter compensationem poenae aeternae, sed ne obtem[F5r]peret diabolo, ne offendatτ spiritum sanctum, Item vera dicere. Hi fructus habent praecepta Dei et propter gloriam et mandatum Dei fieri debent, habent et praemia.
Sed quod non remittantur poenae aeternae nisi propter compensationem certarum traditionum aut purgatorii, hoc non docet scriptura. Indulgentiae olim erant condonationes publicarum illarum observationum, ne nimium gravarentur homines. Quod si humana auctoritate remitti satisfactiones et poenae queunt, non igitur Iure divino necessaria est illa compensatio. Nam Ius divinum non tollitur humana auctoritate.
Porro cum nunc per se antiquatus sit mos et quidem dissimulantibus Episcopis, nihil | opus est remissionibus illis. Et tamen mansit nomen indulgentiarum. Et sicut satisfactiones non intellectae sunt de politica disciplina, sed de compensatione poenae, Ita indulgentiae male intellectae sunt, quod liberent animas ex purgatorio. At clavis non habet potestatem nisi super terram ligandi et solvendi iuxta illud: Quidquid ligaveris super terram, erit ligatum in caelo. Quidquid solveris super terram, erit solutum in caelo.424
Quamquam, ut supra diximus, clavis potestatem habet non imponendi poenas aut cultus instituendi, sed tantum habet mandatum [F5v] remittendi peccata his, qui convertuntur, et arguendi et excommunicandi istos, qui
τ
offendant lat. 4° (1540)
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Vgl. Mt 18,18.
der Buße erlassen. | 739 Mt 16,19; vgl. Mt 18,18.
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heist: „sunde nicht vergeben“. ξDenn Christus redet von einem geistlichen reich undξ Gott hat befolen, diejhenigen, so sich bekeren, von sunden zu entbinden, wie Paulus sagt: die gewalt ist uns [n2v] geben, zu erbauen und nicht zu brechen.740 Darümb ist auch die „Reservatio Casuum“,741 das ist: darinne der Bapst und die Bischofe etliche felle furbehalten, ein eusserlich, weltlich ding. Denn sie behalten ihn fur die „absolutio a poena Canonica“, nicht von der schuld gegen Gott. Darümb leren die widdersacher recht, da sie selbst bekennen und sagen, das an der todsstunde ein solche reservatio odder furbehaltung nicht solle hindern die recht Christlich absolution. Hiemit haben wir die Summa unser lere von der busse angezeigt und wissen furwar, das dieselbige Christlich istο und fromen hertzen gantz nützlich ist und hoch vonnöten. Und so Gotfurchtige, frome, erbar leute diesen allerwichtigsten handel nach notturfft bedencken werden und diese unsere, ja, Christi und der Apostel lere πhalten gegen so viel ungeschickter, verworren, kindische disputation und bücher der widdersacher, soπ werden sie befinden, das ρsie das allerhöchst, nötigest stücke, nemlich vom glauben an Christum, ohnep wilchs niemants etwas rechtschaffens, Christlichs leren odder lernen mag, gar haben ausgelassen, dadurch allein die gewissen mügen rechten trost haben. Sie werden auch sehen, das die widdersacher viel aus eignem hirn ertichten von verdienst der attrition, von der erzelung der sunde, von gnugthuung, wilchs alles inn der schrifft ungegründet und widder oben noch unthen anreicht, Wilchs die widdersacher selbs nicht verstehen.ρ
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[n3r] Von den Sacramenten und ihrem rechten brauch
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Im xiii. Artickel742 lassen ihnen743 die widdersacher gefallen,744 das wir sagen, die Sacrament sind nicht schlechte745 zeichen, dabey die leute unthereinander sich kennen, wie losung im krieg und hoffarb etc., Sondern sind krefftige zeichen und gewisse zeugnis Göttlicher gnade und willens | gegen uns, dadurch Gott unsere hertzen erinnert und stercket, deste gewisser und frölicher zu gleuben. Aber hie wollen sie haben, wir sollen auch bekennen, das an der zal Sieben Sacramente sein, nicht mehr noch weniger. Darauff sprechen wir, das nott sey, diese Ceremonien und Sacrament, die Gott eingesetzt hat durch sein wort, wieviel und inn was zal die sind, zu erhalten. Aber von dieser zal p
cj.: ane; ane CR
ξ – ξ Und dt. 8° (1533) | ο nicht in dt. 8° (1533) | π – π gegen unser widdersacher lahr halten, dt. 8° (1533) | ρ – ρ dt. 8° (1533): s. QuM I, 697,2–6 [grosser unterschied ... auff dismal.] 740 Vgl. II Kor 10,8. | 741 Casus reservati, Fälle, in denen die Absolution den Bischöfen oder – seltener und im Mittelalter weniger bedeutsam – auch dem Papst selbst vorbehalten war. Vgl. CA XXVIII, o. S. 186–219. | 742 Vgl. CA XIII, o. S. 108f. | 743 sich | 744 Vgl. Confutatio XIII, in: Immenkötter, Confutatio, 111,7–11: „Tredecimus articulus nihil offendit, sed acceptatur, dum sacramenta aiunt instituta non modo, ut sint notae professionis inter homines, sed magis ut sint
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nolunt converti. Sicut enim solvere significat remittere peccata, Ita ligare significat non remittere peccata. Loquitur enim Christus de regno spirituali. Et mandatum Dei est, ut ministri Evangelii absolvant hos, qui convertuntur, iuxta illud: Potestas nobis data est ad aedificationem.425 Quare reservatio casuum politica res est. Est enim reservatio poenae Canonicae, non est reservatio culpae coram Deo in his, qui vere convertuntur. Proinde recte iudicantυ adversarii, cum fatentur, quod in articulo mortis illa reservatio casuum non debeat impedire absolutionem.
Exposuimus summam nostrae doctrinae de poenitentia, quam certo scimus piam et salubrem bonis mentibus esse. Et boni viri, si contulerint nostram doctrinam cum confusissimis disputationibus adversariorum, perspicient adversarios omisisse doctrinam de fide iustificante et consolante pia corda. Videbunt etiam multa fingere adversarios de merito attritionis, de illa infinita enumeratione delictorum, de satisfactionibus, οὔτε γῆς φασὶν, οὔτε οὐρανοῦ ἁπτόμενα426, quae ne ipsi quidem adversarii satis explicare possunt.
[F6r] De numero et usu sacramentorum
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In XIII. articulo probant adversarii, quod dicimus Sacramenta non esse tantum notas professionis inter homines, ut quidam fingunt, sed magis esse signa et testimonia voluntatis Dei erga nos, per quae movet Deus corda ad credendum. Sed hic iubent nos etiam septem Sacramenta numerare. Nos sentimus praestandum esse, ne neglegantur res et ceremoniae in scripturis institutae, quotcumque sunt. Nec multum referre putamus, etiam si docendi
υ
iudicent lat. 4° (1540)
425 Vgl. II Kor 10,8. | dung)
426
Dinge, die weder Himmel noch Erde betreffen (griechische Redewen-
signa et testimonia voluntatis dei erga nos. Petendum tamen ab eis erit, ut quod hic in genere de sacramentis perhibent, speciatim quoque de septem sacramentis ecclesiae fateantur et a subditis suis observari procurent“ (deutsch: ebd. 110,9–16). | 745 schlichte, bloße
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der sieben Sacrament befindet man, das die Veter selbs nicht gleich gezelet haben,746 so sind auch diese sieben Ceremonien nicht alle gleich nötig. So wir Sacrament nennen die eusserlichen zeichen und Ceremonien, die da haben Gottes befehl und haben ein angeheffte Göttliche zusage der gnaden,747 so kan man bald schliessen, was Sacrament sein. Denn Ceremonien und andere eusserliche ding, von menschen eingesetzt, sein [n3v] auff die weise nicht Sacrament, Denn menschen one befehl haben nicht Gottes gnade zu verheissen. Darümb zeichen, so one Gottes befehl sein eingesetzt, die sind nicht zeichen der gnade, wiewol sie den kindern und groben leuten sonst mügen ein erinnerung bringen als ein gemalet Creutz. So sind nu rechte Sacrament die Tauff und das nachtmal des Herren, die Absolutio, Denn diese haben Gottes befehl, haben auch verheissung der gnaden, wilche denn eigentlich gehöret zum neuen Testament und ist das neue Testament. Denn dazu sind die eusserlichen zeichen eingesetzt, das dadurch bewegt werden die hertzen, nemlich durchs wort und eusserlich zeichen zugleich, das sie gleuben, wenn wir getaufft werden, wenn wir des Herrn leib empfahen, das Gott uns warlich gnedig sein wil durch Christum, wie Paulus sagt: Der glaub ist aus dem gehöre.748 Wie aber das wort in | die ohren gehet, also ist das eusserlich zeichen fur die augen gestellet, als inwendig das hertz zu reitzen und zu bewegen zum glauben; denn das wort und eusserlich zeichen wircken einerley im hertzen, Wie Augustinus ein fein wort gered hat. Das Sacrament, sagt er, ist ein sichtlich wort.749 Denn das eusserlich zeichen ist wie ein gemele750, dadurch dasselbige bedeutet wird, das durchs wort geprediget wird. Darümb richtets beids einerley aus. Aber die Confirmatio und die letzte Olung sind Ceremonien, wilche von den alten Vetern [n4r] herkomen, wilche auch die Kirche nie als vor751 nötig zur selickeit geachtet hat,752 Denn sie haben nicht Gottes befehl noch gebot. Darumb ists σwol gutσ, dieselbigen zu unterscheiden von den obangezeigten, wilche durch Gottes wort eingesetzt und befolen sein und ein angeheffte zusage Gottes haben. Durch das Sacrament des Ordens odder Priesterschafft verstehen die widdersacher nicht das predigampt und das ampt, die Sacrament zu reichen und auszuteilen, sondern verstehen von Priestern, die zu opffern geordent sein, Gleich als753 mus im neuen Testament ein pristerthumb sein, wie das Levitisch priesterthumb gewesen, da die priester fur das volck opfern τund den σ–σ
not dt. 8° (1533) | τ – τ dt. 8° (1533): s. QuM I, 698,12–24 [Aber sie ... mehr gered.]
746 Die Siebenzahl der Sakramente setzte sich seit der Mitte des 12. Jahrhunderts im Anschluss an Petrus Lombardus durch (Sententiarum IV d. 2,1, in: PL 192, 841f). Sie war aber nicht unumstritten. Ältere Theologen zählten anders. | 747 So schon Melanchthons Definition in den „Loci Communes“ von 1521, in: MWA 2/1, 164,10–31. | 748 Vgl. Röm 10,17. | 749 Vgl. Augustinus: In Ioannis Evangelium tractatus LXXX, 3 (zu Joh 15,3), in: PL 35, 1840 (CChr.SL 36, 529,5f): „Accedit verbum ad elementum et fit Sacramentum, etiam ipsum tamquam visibile verbum.“; ders., De cataclysmo, in: PL 40, 694: „Accedit verbum ad elementum et fit sacramentum.“ | 750 Gemälde
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causa alii numerant aliter, si tamen recte conservent res in scriptura traditas. Nec veteres eodem modo numeraverunt. Si Sacramenta vocamus ritus, qui habent mandatum Dei et quibus addita est promissio gratiae, facile est iudicare, quae sint proprie Sacramenta. Nam ritus ab hominibus instituti non erunt hoc modo proprie dicta Sacramenta. Non est enim auctoritatis humanae promittere gratiam. Quare signa sine mandato Dei instituta non sunt certa signa gratiae, etiam si fortasse rudes docent aut admonent aliquid.
Vere igitur sunt sacramenta Baptismus, coena Domini, Absolutio, quae est sacramentum poeni[F6v]tentiae. Nam hi ritus habent mandatum Dei et promissionem gratiae, quae est propria novi Testamenti. Certo enim debent statuere corda, cum baptizamur, cum vescimur corpore Domini, cum absolvimur, quod vere ignoscat nobis Deus propter Christum. Et corda simul per verbum et ritum movet Deus, ut credant et concipiant fidem, sicut ait Paulus: Fides ex auditu est.427 Sicut autem verbum incurrit in aures, ut feriat corda, Ita ritus ipse incurrit in oculos, ut moveat corda. Idem effectus est verbi et ritus, sicut praeclare dictum est ab Augustino Sacramentum esse verbum visibile, quia ritus oculis accipitur et est quasi pictura verbi idem significans quod verbum.428 Quare idem est utriusque effectus.
Confirmatio et Extrema unctio sunt ritus accepti a patribus, quos ne Ecclesia quidem tamquam necessarios ad salutem requirit, quia non habent mandatum Dei. Propterea non est inutile hos ritus discernere a superioribus, qui habent expressum mandatum Dei et claram promissionem gratiae.
Sacerdotium intelligunt adversarii non de ministerio verbi et sacramentorum aliis porri[F7r]gendorum, sed intelligunt de sacrificio, quasi oporteat esse in novo Testamento, sacerdotium simile Levitico, quod pro populo sacrificet et mereatur aliis remissionem peccatorum. Nos docemus sacrificium Christi morientis in Cruce satis fuisse pro peccatis totius mundi nec indigere prae-
427
Röm 10,17 | 428 Vgl. o. S. 512, Anm. 749.
751 für | 752 Katholische Lehre bis heute (CIC 787), jedoch nur im Sinne von Thomas von Aquin, Summa theologiae III q. 72. art. 1 ad 3, in: L 12, 126: „Confirmatio est de necessitate salutis: quamvis sine ea possit esse salus, dummodo tamen non praetermittantur ex contemptu sacramenti.“ | 753 So als müsste
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andern vergebung der sunde erlangen.754 Wir aber leren, das das einige opfer Christi am creutze gnuggethan hat fur aller welt sunde und das wir nicht eins andern opfers fur die sund dörffen755, Denn wir haben im neuen Testament nicht ein solch priesterthumb, wie das Levitische priesterthumb war, wie die Epistel zu den Ebreern leret.τ 756
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Wo man aber das Sacrament des ordens wolt nennenυ ein „Sacrament von dem predigampt und Evangelio“, so hette es kein beschwerung, die ordinatio ein Sacrament zu nennen, Denn das predigampt hat Gott eingesetzt und geboten, und [es] hat herliche zusage Gottes Rom. i.: „Das Evangelium ist ein krafft Gottes qalle denjhenigen, soq daran gleuben“757 etc. Esaie lv.: „Das wort, dasr aus [n4v] meinem munde gehet, sol nicht widder zu mir lere komen, sondern thuen, was mir gefellet.“758 Wenn man das Sacrament des ordens also verstehen wolt, so möcht man auch das aufflegen der hende ein Sacrament nennen, Denn die kirche hat Gottes befehl, | das sie sol prediger und Diaconos bestellen. Dieweil nu solchs sehrs tröstlich ist, so wir wissen, das Gott durch menschen und diejhenigen, so von menschen gewelet sind, predigen und wircken wil, so ist gut, das man solche wahle hoch rhüme und ehre, sonderlich widder die teuffelischen Anabaptisten, welche solche wahl sampt dem predigampt und leiblichen wort verachten und lestern.759 Aber der Eheliche Stand ist nicht erst eingesetzt im neuen Testament, sondern bald, als das menschlich geschlecht erst geschaffen ist;760 und er ist auch durch Gott befolen und geboten. Er hat auch Göttliche zusagung, welche wol nicht eigentlich zum neuen Testament gehören, sondern mehr das leiplich leben angehen. Darumb, so es jemants wil ein Sacrament nennen, fechten wir nicht hoch an. Es sol aber gleichwol abgesondert werden von den vorigen zweien, wilche eigentlich zeichen und siegel sind des neuen Testaments. Denn so der Ehestand allein darümb solt ein Sacrament heissen, das Gott denselbigen eingesetzt und befolen hat, so müsten die andern [o1r] Empter und stende auch Sacrament genent werden, die auch inn Gottes wort und befehl gehen, als Oberkeit odder Magistrat etc. Und entlich, so man alle die ding wolt mit so herlichem titel „Sacrament“ nennen, darümb das sie Gottes wort und befehl haben, so solt man billich fur allen andern das gebet ein Sacrament nennen, Denn da ist ein starcker q–q υ
die da selig machet alle, die L45 | r so L45 | s cj.: seer; seer CR
verstehen [als] dt. 8° (1533)
754 Petrus Lombardus, Sententiarum IV d. 24,9, in: PL 192, 841f. 904.; Fisher, Defensio contra Lutherum, 49f; Herborn, Enchiridion, 52–71. | 755 bedürfen | 756 Vgl. Hebr 7–9. | 757 Röm 1,16 758 Jes 55,11 | 759 Gedacht ist wohl an bestimmte Vertreter der radikalen Reformation, aber auch
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terea aliis sacrificiis, quasi illud non satis fuerit pro peccatis nostris. Ideo iustificantur homines non propter ulla reliqua sacrificia, sed propter illud unum Christi sacrificium, si credant illo sacrificio se redemptos esse. Ideo sacerdotes vocantur non ad ulla sacrificia velut in lege pro populo facienda, ut per ea mereantur populo remissionem peccatorum, sed vocantur ad docendum Evangelium et sacramenta porrigenda populo. Nec habemus nos aliud sacerdotium simile Levitico, sicut satis docet Epistola ad Ebreos.429 Si autem ordo de ministerio verbi intelligatur, non gravatim vocaverimus ordinem sacramentum. Nam ministerium verbi habet mandatum Dei. Et habet magnificas promissiones. Roma. I.: Evangelium est potentiaj Dei adk salutem omni credenti.430 Item Esaiae 55.: Verbum meum, | quod egredietur de ore meo, non revertetur ad me vacuum, sed faciet quaecumque volui431 etc.
Si ordo hoc modo intelligatur, [F7v] neque impositionem manuum vocare sacramentum gravemur. Habet enim Ecclesia mandatum de constituendis ministris, quod gratissimum esse nobis debet, quod scimus Deum approbare ministerium illud et adesse in ministerio. Ac prodest, quantum fieri potest, ornare ministerium verbi omni genere laudis adversus fanaticos homines, qui somniant spiritum sanctum dari non per verbum, sed propter suas quasdam praeparationes, si sedeant otiosi, taciti in locis obscuris expectantes illuminationem, quemadmodum olim ἐνθουσιασταὶ docebant et nunc docent Anabaptistae. Matrimonium non est primum institutum in novo Testamento, sed statim initio creato genere humano.432 Habet autem mandatum Dei, habet et promissiones non quidem proprie ad novum Testamentum pertinentes, sed magis pertinentes ad vitam corporalem, quare si quis volet sacramentum vocare, discernere tamen a prioribus illis debet, quae proprie sunt signa novi Testamenti et sunt testimonia gratiae et remissionis peccatorum. Quod si Matrimonium propterea habebit appellationem sacramenti, quia habet mandatum Dei. Etiam alii status seu officia, quae habent mandatum [F8r] Dei, poterunt vocari sacramenta sicut Magistratus. Postremo, si omnes res annumerari sacramentis debent, quae habent mandatum Dei et quibus sunt additae promissiones, cur non addimus orationem,
j
virtus Vg Clem. | k in Vg Clem.
429
Vgl. Hebr 7–9. | 430 Röm 1,16 | 431 Jes 55,11 | 432 Vgl. Gen 1,27–30.
Mystiker, wie z.B. Sebastian Franck, oder Spiritualisten, wie Kaspar von Schwenckfeld. Vgl. CA V, o. S. 100f. | 760 Vgl. Gen 1,27–30.
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Gottesbefehl und viel herlicher Göttlicher zusage;761 φes hette auch wol ursache, Denn wenn man dem gebet so grossen titel göbe, würden die leute zum gebet gereitzet.φ Auch könd man die almosen unter die Sacrament rechnen, Item, das creutz und die trübsaln der Christen, denn die haben auch Gottes zusage. Doch wird kein verstendiger man grossen zanck darüber machen, ob sieben odder mehr Sacrament gezelet werden, doch sofern, das Gottes wort und befehl nicht abgebrochen werde. Das ist aber mehr vonnöten zu disputiren und zu wissen, was der recht brauch der | Sacrament sey. Da müssen wir frey verdamnen den gantzen hauffen der Scholasticorum und ihren irthumb straffen, da sie leren, das diejhenigen, so die Sacrament schlecht762 gebrauchen, wenn sie nicht „obicem“ setzen, „ex opere operato“ Gottes gnade erlangen, wenn schon das hertz alsdenn kein guten gedancken hat.763 Das ist aber stracks ein Jüdischer irthumb, so sie halten, das wir solten durch [o1v] ein werck und eusserlich Ceremonien gerecht und heilig werden one glauben, und wenn das hertz schon nicht dabey ist; und diese schedlich lere wird doch gepredigt und geleret weit und breit, durchaus und uberall im gantzen Bapstsreich und Bapstskirchen. Paulus schreiet dawidder und sagt, das Abraham sey fur Gott gerecht worden nicht durch die beschneidung, sondern die beschneidung sey ein zeichen gewesen, den glauben zu uben und zu stercken.764 Darümb sagen wir auch, das zum rechten brauch der Sacramenten der glaub gehöre, der da gleube der Götlichen zusage und zugesagte gnade entpfahe, wilche durchs Sacrament und wort wird angeboten. χUnd dis ist ein gewisser rechter brauch der heiligen Sacramente, da sich ein hertz und gewissen auff wagen und lassen mag. Denn die Göttliche zusage kan niemands fassen denn allein durch den glauben. Und die Sacrament sein eusserlich zeichen und sigel der verheissung.χ
φ–φ
und möchte dazu dienen, die leut zum gebet zu reitzen, so sie durch den ehrlichen titel vermanet würden der grossen verheissungen, die Gott an das gebet gehenget hat. dt. 8° (1533) χ – χ Denn Sacrament und verheissung gehört zusamen und sind die Sacrament nicht anders denn nur zeichen und sigel der verheissung. Nu kan man verheissung nicht anders empfahen denn durch glauben. dt. 8° (1533) 761 Vgl. Mt 7,7f; 21,22; Joh 11,22; 14,13, 15,16; 16,23. | 762 schlicht, rein äußerlich | 763 Die Formel „ex opere operato“ ist seit dem 13. Jahrhundert gebräuchlich. Als einzige Vorbedingung gilt das „non ponere obicem“. Augustinus, Epistolarum Classis II, 98, 10, in: PL 33, 364 (CSEL 34, 532,14); Innocentius III. Arelatensi Archiepiscopo, in: X.3.42.3 (Friedberg II, 644–646); Duns Scotus, Liber sententiarum IV d. 17 q. 1,13f, in: DOO 9, 303f; Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum IV 1. q. 1 art. 1B, in: BCS 4/1, 6–8. | 764 Vgl. Röm 4,9–12.
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quae verissime potest dici sacramentum? Habet enim et mandatum Dei et promissiones plurimas. Et collocata inter sacramenta, quasi in illustriore loco, invitat homines ad orandum. Possent hic numerari etiam Elemosynae, Item afflictiones, quae et ipsae sunt signa, quibus addidit Deus promissiones, sed omittamus ista. Nemo enim vir prudens de numero aut vocabulo magnopere rixabitur, si tamen illae res retineantur, quae habent mandatum Dei et promissiones. Illud magis est necessarium intelligere, quomodo sit utendum sacramentis. Hic damnamus totum populum Scholasticorum doctorum, qui docent, quod sacramenta non ponenti obicem conferant gratiam ex opere operato sine bono motu utentis. Haec simpliciter Iudaica opinio est sentire, quod per ceremoniam iustificemur sine bono motu cordis, hoc est sine fide. Et tamen haec impia et perniciosa opinio magna auctoritate docetur in toto regno Pontificio.
Paulus reclamat et negat Abraham [F8v] iustificatum esse circumcisione, sed circumcisionem esse signum propositum ad exercendam fidem.433 Ita nos docemus, quod in usu sacramentorum fides debeat accedere, quae credat illis promissionibus et accipiat res promissae, quae ibi in | sacramento offeruntur. Et est ratio plana et firmissima.
433
Vgl. Röm 4,9–13.
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Darümb zumψ rechtem brauch ωderselbigen gehört glaubeω, als wenn ich das Sacrament des leibs und blutst Christi entpfahe, sagt Christus klar: „das ist das neu Testament“765; da sol ich gewis gleuben, das mir gnade und vergebung der sunde, wilche im neuen Testament verheissen ist, widderfare. Und solchs sol ich entpfahen im glauben und damit trösten mein erschrocken, blöde gewissen und stehen darauff gewis, das Gottes wort und zusage nicht feilen, sondern so [o2r] gewis αund noch gewisserα sein, als ob Gott mir ein neu stimme oder neu wunderzeichen von himel lies geben, dadurch mir würde gnade zugesagt. Was hülffen aberβ wunderzeichen, wenn nicht glaube da were? Und wir reden hie vom glauben, da ich selbst gewis fur mich gleube, das mir die sunde vergeben sein, nicht allein vom „fide generali“, da ich gleube, das einγ Gott sey. Derselbig rechte brauch der Sacrament tröstet recht und erquicket die gewissen. Was aber die hesliche, schendliche, ungöttliche lere vom opere operato, da sie geleret, das, wenn ich der Sacrament gebrauche, so macht das gethane werck mich fur Gott from δund erlangt mir gnadeδ, ob gleich das hertz kein guten gedancken dazu hat,766 fur misbrauch und irthumb eingefüret, kan niemands gnug nachdencken, schreiben noch sagen. Denn daher ist auch | der unsaglich, unzeliche, greuliche misbrauch der Messen komen.767 Und sie können kein titel noch buchstaben aus den alten Vetern anzeigen, dadurch der Scholaster768 opinion beweiset werde; ja, Augustinus sagt stracks dawidder, das der glaube in brauch des Sacraments, nicht das Sacrament fur Gott uns from mache.769
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[Von der Kirchenordnung]
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Im xiiii. Artikel,770 da wir sagen, das man niemands gestate zu predigen odder die Sacrament zu reichen inn der kirchen denn allein denjhenigen, so recht gebürlich beruffen sein, das nemen sie an,771 wenn wir den beruff also verstehen [o2v] von priestern, wilche nach innhalt der Canonum geordenirt odder gewelet sein. Von der sache haben wir uns etlich mal auff diesem Reichstage hören lassen, das wir zum höchsten geneigt sind, alte kirchenordnung und der Bischofe regiment, das man nennet „Canoni|cam politiam“, helffen zu
t
cj.: blus; bluts CR
ψ gehört auch glaube zu dt. 8° (1533) | ω – ω der Sacrament dt. 8° (1533) | (1533) | β auch dt. 8° (1533) | γ nicht in dt. 8° (1533) | δ – δ nicht in dt. 8° (1533) 765
α–α
nicht in dt. 8°
Lk 22,20 | 766 Vgl. o. S. 516, Anm. 763. | 767 Vgl. AC XXIV, u. S. 617–663 (deutsch: 616–662). pejorativ für „Scholastiker“ | 769 Vgl. Augustinus, In Ioannis Evangelium tractatus LXXX, 3 (zu Joh 15,3), in: PL 35, 1840 (CChr.SL 36, 529,9–11): „Unde ista tanta virtus aquae, ut corpus tangat et cor abluat, nisi faciente verbo: non quia dicitur, sed quia creditur?“ | 770 Vgl. CA XIV, o. S. 108f. | 771 Vgl. Confutatio XIV, in: Immenkötter, Confutatio, 111,13–113,6: „Quando autem articulo quarto decimo confitentur neminem debere in ecclesia verbum dei et sacramenta administrare, nisi rite vocatum, intelligi debet eum rite vocatum, qui secundum formam iuris iuxta 768
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Promissio est inutilis, nisi fide accipiatur. At sacramenta sunt signa promissionum. Igitur in usu debet accedere fides, ut si quis utetur coena Domini, sic utatur, Quia id est sacramentum novi Testamenti, ut Christus clare dicit.434 Ideo statuat sibi offerri res promissas in novo Testamento scilicet gratuitam remissionem peccatorum. Et hanc rem fide accipiat, erigat pavidam conscientiam et sentiat haec testimonia non esse fallacia, sed tam certa, quam si Deus novo miraculo de caelo promitteret se velle ignoscere. Quid autem prodessent illa miracula et promissiones non credenti? Et loquimur hic de fide speciali, quae praesenti promissioni credit, non tantum quae in genere credit Deum esse, sed quae credit offerri remissionem peccatorum. Hic usus sacramenti consolatur pias et pavidas mentes.
Quantum autem in Ecclesia abusuumφ pepererit illa fanatica opinio de opere operato sine bono motu utentis, nemo verbis consequi [G1r] potest. Hinc est illa infinita prophanatio missarum, sed de hac infra dicemus. Neque ulla littera ex veteribus Scriptoribus proferri potest, quae patrocinetur hac in re Scholasticis. Imo contrarium ait Augustinus, quod fides sacramenti, non sacramentum iustificet.435 Et est nota Pauli sententia: Corde creditur ad iustitiam.436
[De ordine ecclesiastico] 20
Articulum XIIII., in quo dicimus nemini nisi rite vocato concedendamχ esse administrationem sacramentorum et verbi in Ecclesia, ita recipiunt, si tamen utamur ordinatione Canonica. Hac de re in hoc conventu saepe testati sumus nos summa voluntate cupere conservare politiam Ecclesiasticam et gradus in Ecclesia factos etiam humana auctoritate. Scimus enim bono et utili consilio a
φ
abusum lat. 4° (1540) | χ concedendum lat. 8° (1542/1559)
434
Vgl. Lk 22,20. | 435 Vgl. o. S. 518, Anm. 769. | 436 Röm 10,10
ecclesiasticas sanctiones atque decreta ubique in orbe christiano hactenus observata vocatur, non secundum Hieroboiticam vocationem seu plebis tumultum aut quamlibet aliam inordinatam intrusionem, non vocatus sicut Aaron. In hac itaque sententia confessio acceptatur. Admonendi tamen sunt, ut in ea perseverent et neminem neque pastorem neque concionatorem, nisi rite vocatum, in ditionibus suis admittant“ (deutsch: ebd., 110,18–112,10).
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erhalten, so die Bischofe unser lahr dulden und unsere priester annemen wolten.772 Nu haben die Bischofe bisanher die unsern verfolget und widder ihre eigne recht ermordet; so können wir auch noch nicht erlangen, das sie von solcher Tyranney ablassen; derhalben ist die schuld unsers gegenteils, das den Bischofen der gehorsam entzogen wird, und sind wir fur Gott und allen fromen leuten entschuldigetu. Denn dieweil die Bischofe die unsern nicht dulden wollen, sie verlassen denn diese lahr, so wir bekant haben, und wir doch fur Gott schüldig sind, diese lahr zu bekennen und zu erhalten, müssen wir die Bischofe farenlassen und Gott mehr gehorsam sein.773 Und [wir] wissen, das die Christliche Kirche da ist, da Gottes wort recht geleret wird; die Bischofe mögen zusehen, wie sie es verantworten wollen, das sie durch solch Tyranney die kirchen zerreissen und wüst machen.
[o3r] Von den Menschlichen satzungen inn der kirchen Im xv. Artikel774 lassen sie ihnen775 gefallen,776 da wir sagen: Die Ceremonien und satzungen sol man halten inn der kirchen, die man mit gutem gewissen one sunde halten kan und die zu guter ordnung und fride dienen. Das ander stücke verdamnen sie,777 da wir sagen, das die satzungen, wilche auffgericht sein, Gott zu versünen und vergebung der sunde εzu erlangenε, stracks widder das Evangelium sein. Wiewol wir inn der Confession von ζunterscheid der speise und von satzungenζ viel gesagt haben,778 so müssen wir es doch kurtz
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cj.: entschüdiget; entschüldiget CR
ε–ε
damit zu verdienen dt. 8° (1533) | ζ – ζ diesem Artikel dt. 8° (1533)
772 Im umfassendsten Sinne Melanchthon in seinen (durch den Kurfürsten und dessen Berater gebilligten) Sonderverhandlungen mit dem päpstlichen Legaten Lorenzo Campeggio. Vgl. hierzu Melanchthon an Kardinal Lorenzo Campeggio. Augsburg, 4. Juli 1530, in: MBW.T 4/1, 323–326 (Nr. 952); Melanchthon an Kardinal Lorenzo Campeggio. Augsburg, 5. Juli 1530, in: MBW.T 4/1, 327–329 (Nr. 953) sowie ein gleichzeitiges Schreiben an Luca Bonfio. Augsburg, 6./7. Juli 1530, in: MBW.T 4/1, 332f (Nr. 955). | 773 Vgl. Act 5,29. | 774 Vgl. CA XV, o. S. 108–111. | 775 sich | 776 Vgl. Confutatio XV, in: Immenkötter, Confutatio, 113,8–15: „Dum vero articulo decimo quinto confitentur ritus illos ecclesiasticos servandos esse, qui sine peccato servari possunt et prosunt ad tranquillitatem et bonum ordinem in ecclesia, acceptatur admonendique sunt, ut ritus ecclesiastici
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Patribus Ecclesiasticam disciplinam hoc modo, ut veteres Canones describunt, constitutam esse. Sed Episcopi sacerdotes nostros aut cogunt hoc doctrinae genus, quod confessi sumus, abiicere ac damnare aut nova et inaudita crudelitate miseros et innocentes occidunt. Hae causae impediunt, quo minus agnoscant hos Episcopos nostri sacerdotes. Ita saevitia Episcoporum in causa est, quare alicubi dissolvitur illa Canonica politia, [G1v] quam nos magnopere cupiebamus conservare. Ipsi viderint, quomodo rationem Deo reddituri sint, quod dissipant Ecclesiam. Nostrae conscientiae hac in re nihil habent periculi, quia cum sciamus confessionem nostram veram, piam et catholicam esse, non | debemus approbare saevitiam istorum, qui hanc doctrinam persequuntur. Et Ecclesiam esse scimus apud hos, qui verbum Dei recte docent et recte administrant sacramenta, non apud illos, qui verbum Dei non solum edictis delere conantur, sed etiam recta et vera docentes trucidant erga quos, etiam si quid contra Canones faciunt, tamen ipsi Canones mitiores sunt. Porro hic iterum volumus testatum nos libenter conservaturos esse Ecclesiasticam et Canonicam politiam, si modo Episcopi desinant in nostras Ecclesias saevire. Haec nostra voluntas et coram Deo et apud omnes gentes ad omnem posteritatem excusabit nos, ne nobis imputari possit, quod Episcoporum auctoritas labefactatur, ubi legerint atque audierint homines nos iniustam saevitiam Episcoporum deprecantes nihil aequi impetrare potuisse.
De traditionibus humanis in ecclesia
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[G2r] In articulo XV. recipiunt primam partem, in qua dicimus observandos esse ritus Ecclesiasticos, qui sine peccato observari possunt et ad tranquillitatem et bonum ordinem in Ecclesia prosunt. Alteram partem omnino damnant, in qua dicimus traditiones humanas institutas ad placandum Deum, ad promerendam gratiam et satisfaciendum pro peccatis adversari Evangelio. Quamquam in ipsa confessione de discrimine ciborum satis multa diximus de traditionibus, tamen hic quaedam breviter repetenda sunt. Etiam si arbi-
tam universalis ecclesiae, quam qui in qualibet provincia usque ad nos pie et religiose sunt custoditi, ipsi quoque principes et civitates in suis dominiis et districtibus faciant observari et, si qui ex illis fuerint intermissi, ut eosdem restituant atque omnia iuxta pristinam formam in ecclesiis suis fieri ordinent, disponant atque cum effectu subditis praecipiant“ (deutsch: ebd., 112,12–20). 777 Vgl. Confutatio XV, in: Immenkötter, Confutatio, 115,1–4: „Appendix tamen articuli illius omnino tollenda est, cum falsum sit, constitutiones humanas ad placandum deum et satisfaciendum pro peccatis institutas, adversari evangelio, uti de votis, de delectu ciborum et similibus posterius latius declarabitur“ (deutsch: ebd., 114,1–5). | 778 Vgl. CA XV und XXVI, o. S. 108–111. 150–161.
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hie widder erholen. | Wiewol wir gedachten, das die widdersacher ηandere ursach suchen würden, die Menschlichen satzungen zu schutzen,η so hetten wir doch nicht gemeint, das sie diesen Artikel (nemlich, Durch menschentradition verdienet niemands vergebung der sunde) verdamnen solten. Dieweil aber derselb gantz Artikel unverschampt verdamnet ist, so haben wir ein leichte, schlechte779 sache, Denn das ist öffentlich Jüdisch, das heist öffentlich mit des Teuffels lere das Evangelium unterdrücken, Denn die heilige schrifft und Paulus nennen solche satzungen denn erst rechte Teuffels[o3v]lere, wenn man sie dafur rhümet, das sie sollen dienen, dadurchθ vergebung der sunde zu erlangenι.780 Denn da sind sie stracks widder Christum, widder das Evangelium, wie feuer und wasser widdereinander sein. κDas Evangelium leret, das wir durch den glauben an Christum one verdienst vergebung der sunde erlangen und Gott versünet werden. Die widdersacher aber setzen ein andern mitler, nemlich menschengesetz, durch die wöllen sie vergebung der sunde erlangen, durch die wöllen sie den zorn Gottes versünen. Aber Christus sagt klar: „Sie dienen mir vergeblich vdurch menschengebotv.“781 Droben haben wir reichlich angezeigt, das wir durch den glauben fur Gott gerecht werden, wenn wir gleuben, das wir ein gnedigen Gott haben nicht durch unsere werck, sondern durch Christum.782 Nu ists gar gewis, das solchs das rein Evangelium sey, denn Paulus sagt klar zu den Ephesern am ii. Cap.: „wOhnex verdienstw seid ihr selig worden und dasy nicht aus euch, dennz Gottes gabe ist [es], nicht aus wercken.“783 Nu sagen die widdersacher, die leute verdienen vergebung der sunde durch solche menschliche satzung und wercke. Was ist das anders, denn uber Christum ein andern mitler, ein andern versüner stellen und setzen? Paulus sagt zu den Galatern: „Ihr aseid von Christo abgefallen, soa ihr durchs gesetz wolt gerecht werden“784, das ist, so ihr haltet, das ihr [o4r] durchs gesetz fur Gott gerecht werdet, so ist euch Christus nichts nütze. Denn was dürffen785 diejhenigen des mitlers Christi, die durch die werck des gesetzs vertrauen, Gott zu versünen? Gott hat Christum dargestellet, das er umb desselben mitlers willen, nicht umb unser gerechtigkeit willen uns wil gnedig sein. Aber sie halten, das Gott umb ihrer wercke willen und umb solcher tradition willen uns gnedig sey. So nemen sie nu und rauben Christo sein ehr, und [es] ist kein unterscheid zwischen den Ceremonien des gesetzes Mosi und solchen sat|zungen, soviel es diese sache belanget. Paulus verwirfft Moses Ceremonien eben darümb, drümb er auch menschengebot verwirfft, nemlich, das es die Jüden fur solche werck hilten, dadurch man vergebung der v – v dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebot sind L45 | w – w aus Gnaden L45 | x cj.: Ane; Ane CR | y dasselbige L45 | z nicht in L45 | a – a habt Christum verloren, die L45 η – η menschliche satzung schutzen wurden und etwa sonst ein schein dazu und ursach suchen, dt. 8° (1533) | θ damit dt. 8° (1533) | ι verdienen dt. 8° (1533) | κ – κ dt. 8° (1533) bietet von hier an bis S. 526,7 [ob sie Gotte gefallen.] eine völlige Neubearbeitung; vgl. QuM I, 701,23–702,29 [Sanct Paulus ... Confessio angezogen.]
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tramurψ adversarios ex aliis causis defensuros esse traditiones humanas, tamen hoc non putavimus futurum, ut hunc articulum damnarent: Non mereri nos remissionem peccatorum aut gratiam observatione traditionum humanarum. Postquam igitur hic articulus damnatus est, facilem et planam causam habemus. Nunc aperte Iudaizant adversarii, aperte obruunt Evangelium doctrinis daemoniorum. Tunc enim scriptura vocat traditiones doctrinas daemoniorum, quando docetur, quod sint cultus utiles ad promerendam remissionem peccatorum et gratiam.437 Tunc enim obscurant Evangelium, beneficium Christi et iustitiam fidei.
Evangelium docet nos fide propter Christum gratis accipere remissionem peccatorum [G2v] et reconciliari Deo. Adversarii contra alium mediatorem constituunt scilicet has traditiones. Propter has volunt consequi remissionem peccatorum, per has volunt placare iram Dei. At Christus aperte dicit: Frustral colunt me mandatism hominum.438 Supra copiose disputavimus homines | iustificari fide, cum credunt se habere Deum placatum non propter nostra opera, sed gratis propter Christum. Hanc certum est Evangelii doctrinam esse, quia Paulus clare dicit ad Ephes. 2.: Gratisn salvati estis per fidem et hoc non ex vobis. Dei donum est, non ex hominibuso.439 Nunc isti dicunt promereri homines remissionem peccatorum per has observationes humanas. Quid hoc est aliud quam praeter Christum alium iustificatorem, alium mediatorem constituere?
Paulus inquit ad Galatas: Evacuati estis a Christo, qui lege iustificamini,440 id est, Si sentitis vos mereri observatione legis, ut iusti coram Deo reputemini, nihil proderit vobis Christus; namp quorsum opus est Christo istis, qui sentiunt se iustos esse sua observatione legis? Deus proposuit Christum, quod propter hunc mediatorem, non propter nostras iustitias velit nobis esse propitius. At isti sentiunt Deum esse placatum, propitium propter traditiones et non propter [G3r] Christum. Adimunt igitur Christo honorem mediatoris. Nec interest inter nostras traditiones et Mosaicas ceremonias, quod ad hanc rem attinet. Paulus ideo damnat Mosaicas ceremonias, sicut traditiones
l Sine causa Vg Clem. | Clem. | p cj.: quia ψ
m
docentes mandata Vg Clem. |
n
Gratia Vg Clem. |
o
operibus Vg
arbitrabamur lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559); arbitramur lat. 8° (1580)
437
Vgl. I Tim 4,1–3. | 438 Mt 15,9 | 439 Eph 2,8f | 440 Gal 5,4
779 schlichte, einfache | 780 Vgl. I Tim 4,1–3. | 781 Mt 15,9 | (deutsch: 266–396). | 783 Eph 2,8f | 784 Gal 5,4 | 785 bedürfen
782
Vgl. AC IV–VI, o. S. 267–397
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sunde verdienet, Denn dadurch ward Christus untergedrückt; darümb verwirfft er die werck des gesetzs und menschengebot zugleich und streitet dieses, das nicht umb unser werck, sondern umb Christus willen, one verdienst verheissen sey vergebung der sunde, doch also, das wir sie durch den glauben fassen, Denn die verheissung kan man nicht anders denn durch den glauben fassen. So wir nu durch den glauben vergebung der sunde erlangen, so wir durch den glauben ein gnedigen Gott haben umb Christus willen, so ist es ein gros irthumb und Gottslesterung, das wir durch solche satzunge solten vergebung der sunde erlangen. [o4v] Wenn sie nu hie sagen wolten, das wir nicht durch solche werck vergebung der sunde erlangen, sondern, wenn wir durch den glauben jtzund vergebung haben, so sollen wir darnach durch solche werck verdienen, das uns Gott gnedig sey. Da streitet aber Paulus widder zu den Galatern am ii. Capitel, da er sagt: „Solten wir aber, die da suchen, durch Christum gerecht zu werden, auch noch selber sunder erfunden werden, so were Christus ein sundendiener.“786 Item: Zu eines menschen testament sol niemands ein zusatz machen.787 Darümb sol man auch zu dem testament Gottes, da er uns verheisset, Er wil uns gnedig sein umb Christus willen, nichts zuthun odder dieses anflicken, als verdienen wir erst, das uns Gott umb solcher werck willen gnedig sein müsse. Und wenn gleich noch jmands wolt solche wercke auffrichten odder erwelen, damit Gott zu versünen, vergebung der sunde zu verdienen, wie wolt der gewis werden, das die werck Gott gefielen, so er kein Gottes befehl noch wort davon hat? Wie wolt er die gewissen und hertzen versichern, wie sie mit Gott stehen, Item, das die werck Gott gefallen, wenn kein Gotteswort noch befehl da ist? Es verbieten die Propheten allenthalben, eigenerwelte, sonderliche Gottesdienst anzurichten one Gottes wort und befehl, Ezechielis am xx.: Wandelt nicht inn geboten euer Veter, so haltet ihr sitten nicht und werdet nicht unrein von [p1r] ihren Götzen. Ich bin der Herr, euer Gott, inn meinen geboten wandelt und haltet meine rechte und sitten und thut dieselbigen.788 So die menschen macht haben, Gottesdienst anzurichten, das wir dadurch sund bezalen und from werden fur Gott, so müssen aller Heiden Gottesdienst, alle Abgötterey aller Gottlosen Könige inn Israel, Jeroboams und ander, auch gut sein. Denn es ist kein unterscheid. Stehet | bey menschen die macht, Gottesdienst auffzurichten, dadurch man müge seligkeit verdienen, Warümb solten der Heiden und Israeliten selbsterwelt Gottesdienst unrecht sein? Denn darümb sein der Heiden und Israeliten dienst verworffen, das sie wehnen wolten, solche dienste gefielen Gotte, und wusten nichts vom höchsten Gottesdienste, der da heist Glaube. Item, Woher sind wir gewis, das solche Gottesdienst und wercke one Gottes wort fur Gott gerecht machen, so kein mensch Gottes willen anders erfaren 786
Gal 2,17 | 787 Vgl. Gal 3,15. | 788 Vgl. Ez 20,18f.
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damnat, quia existimabantur esse opera, quae mererentur iustitiam coram Deo. Ita obscurabatur officium Christi et iustitia fidei. Quare remota lege, remotis traditionibus contendit, quod non propter ista opera, sed propter Christum gratis promissa sit remissio peccatorum, modo ut fide accipiamus eam. Nam promissio non accipitur nisi fide. Cum igitur fide accipiamus remissionem peccatorum, cum fide habeamus propitium Deum propter Christum, error et impietas est constituere, quod per has observationes mereamur remissionem peccatorum, Si quis hic dicat non mereri nos remissionem peccatorum, sed iam iustificatos per has traditiones mereri gratiam. Hic iterum reclamat Paulus Christum peccati ministrum fore,441 si post iustificationem sentiendum sit, quod deinde non propter Christum iusti reputemur, sed primum mereri debeamus per alias observationes, ut iusti reputemur. Item: hominis testamento nihil addi debet.442 Ergo nec Dei testamento, qui promittit, quod propter Christum propitius nobis esse velit, addi [G3v] debet, quod primum per has observationes debeamus mereri, ut accepti et iusti reputemur. Quamquam, quid opus est longa disputatione? Nulla traditio a sanctis Patribus hoc consilio instituta est, ut mereatur remissionem peccatorum aut iustitiam, sed sunt institutae propter bonum ordinem in Ecclesia et propter tranquillitatem. Et ut velit aliquis instituere certa opera ad promerendam remissionem peccatorum aut iustitiam, quomodo sciet illa opera Deo placere, cum non habeat testimonium verbi Dei? quomodo de voluntate Dei certos reddet homines sine mandato et verbo | Dei? Nonne ubique in Prophetis prohibet instituere peculiares cultus sine suo mandato? Ezechielis 20. scriptum est: In praeceptis Patrum vestrorum nolite incedere nec iudicia eorum custodiatis nec in Idolis eorum polluamini. Ego Dominus Deus vester. In praeceptis meis ambulate et iudicia mea custodite et facite ea.443 Si licet hominibus instituere cultus et per hos cultus merentur gratiam, iam omnium gentium cultus erunt approbandi, cultus instituti a Ieroboam et aliis extra legem erunt approbandi. Quid enim interest, si nobis licuit instituere cultus utiles ad promerendam gratiam aut [G4r] iustitiam? cur non licuit idem gentibus et Israelitis? Ideo gentium et Israelitarum cultus improbati sunt, quod sentiebant sese per illos mereri remissionem peccatorum et iustitiam, et iustitiam fidei non norant.
Postremo, unde reddimur certi, quod cultus ab hominibus instituti sine mandato Dei iustificent, Si quidem de voluntate Dei nihil affirmari potest sine 441
Vgl. Gal 2,17. | 442 Vgl. Gal 3,15. | 443 Ez 20,18f
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odder wissen kan denn allein durch sein wort? Wie, wenn solche Gottesdienst Gott, der Herr, nicht allein verachtet, sondern auch fur ein greuel heltet? Wie dörffen denn die widdersacher sagen, das sie fur Gott gerecht machen? Ohneb Gottes wort kan jhe niemands das sagen. Paulus sagt zu den Römern: „Allesc, was nicht aus dem glauben geschihetd, das ist sunde.“789 So nu dieselbigen Gottesdienst kein Göttlichen befehl haben, so müssen die hertzen im zweifel stehen, ob sie Gotte gefallen.κ [p1v] Und was darff790 diese öffentliche sache vieler wort? wenn die widdersacher diese Gottesdienst also verteidingen, als seins wercke, dadurch man vergebung der sund und seligkeit verdienet, so richten sie offentliche Antichristische lere und reich an. Denn das reich Antichristi ist eigentlich solch neu Gottesdienst, durch menschen ertichtet, dadurch Christus verworffen wird, λwie Mahomets reichλ selbsterwelte Gottesdienst hat, eigne wercke, dadurch sie fur Gott vermeinen heilig und from zu werden, und halten nicht, das man allein durch den glauben an Christum gerecht werde.μ Also wird das Bapstumb auch ein stücke vom reich Antichristi, so es leret, durch menschengebot vergebung der sunden zu erlangen und Gott [zu] versünen. Denn da wird Christo sein ehr genomen, wenn sie leren, das wir nicht durch Christum one verdienst gerecht werden durch den glauben, sondern durch solche Gottesdienst, sonderlich, wenn sie leren, das solch selbsterwelt Gottesdienst nicht allein nütz sey, sondern auch nötig, wie sie denn oben im achten artikel halten,791 da sie das verdamnen, das wir gesagt, zu rechter einigkeit der Kirchen sey nicht not, das allenthalben gleichförmig menschensatzungen sein.792 Daniel im xi. Capitel malet das reich Antichristi also ab, das er anzeigtν, das solch neu Gottesdienst, von menschen erfunden, werde ξdie | politia undξ das recht wesen des Antichri[p2r]stischen reichs sein, denn also sagt er: „Dene Gott Maosim wird er ehren fund dem Gott, den sein Veter nicht gekennetf haben, wird er mit Gold, Silber und edelgestein dieneng.“793 Da beschreibt er solche neu Gottesdienst, denn er sagt von einem solchem Gott, davon die Veter nichts gewust haben. Denn die heiligen Veter, wiewol sie auch Ceremonien und satzungen gehabt, so haben sie doch nicht dafur gehalten, das solche Ceremonien nütz und nötig weren zur seligkeit; so haben sie doch damit Christum nicht untergedrückt, sondern haben geleret, das uns Gott umb Christus willen gnedig sey, nicht umb solcher Gottesdienst willen. Aber dieselbigen satzungen haben sie gehalten von wegen leiblicher ubung als die feste, das das volck wüste, wenn794 b cj.: Ane; Ane CR | c nicht in L45 | d gehet L45 | e seinen L45 | f – f einen Gott, davon seine Väter nichts gewußt L45 | g ehren L45 λ–λ ν
das dt. 8° (1533) | μ werde, wie denn solch alles inn Mahomets reich geschihet. dt. 8° (1533) angezeigt dt. 8° (1533) | ξ – ξ nicht in dt. 8° (1533)
789
Röm 14,23 |
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bedarf |
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Gemeint ist Confutatio VII, in: Immenkötter, Confutatio,
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verbo Dei? Quid si hos cultus non approbat Deus? Quomodo igitur affirmant adversarii, quod iustificent, qcum idq sine verbo ac testimonio Dei non possitr affirmari? Et Paulus dicats Omne, quod non est ex fide, peccatum esset.444 Cum autem hi cultus nullum habeant testimonium verbi Dei, dubitare conscientiam necesse est, utrum placeant Deo. Et quid in re manifesta verbis opus est? si hos humanos cultus defendunt adversarii nostri tamquam promerentes iustificationem, gratiam, remissionem peccatorum, simpliciter constituunt regnum Antichristi. Nam regnum Antichristi est novus cultus Dei excogitatus humana auctoritate reiciens Christum, sicut regnum Mahometi habet cultus, habet opera, per quae vult iustificari coram Deo, nec sentit homines coram Deo gratis iustificari fide propter Christum.
Ita et Papatus erit [G4v] pars regni Antichristi, si sic defendit humanos cultus, quod iustificent. Detrahitur enim honos Christo, cum docent, quod non propter Christum gratis iustificemur per fidem, Sed per tales cultus maximeque, cum docent tales cultus non solum utiles esse ad iustificationem, sed necessarios etiam, sicut supra in articulo octavo sentiunt, ubi damnant nos, quod diximus, quod non sit necessarium ad veram unitatem Ecclesiae, ubique similes esse ritus ab hominibus institutos.
Daniel Capite undecimo significat novos cultus huma|nos ipsam formam et πολίτειαν regni Antichristi fore. Sic enim inquit: Deum Maosim in loco suo coletu et Deum, quem vnon noveruntv Patres eius, colet auro et argento et wlapidibus pretiosisw.445 Hic describit novos cultus, quia inquit talem Deum coli, qualem Patres ignoraverint.
Nam S. Patres, etsi habuerunt et ipsi ritus et traditiones, tamen non sentiebant has res utiles aut necessarias esse ad iustificationem; non obscurabant gloriam et officium Christi, sed docebant nos iustificari fide propter Christum, non propter illos humanos cultus. Ceterum ritus humanos observabant propter utilitatem corporalem, ut sciret populus, quo tempore conveniendum
q–q
nicht in lat. 4° (1531) | r potest lat. 4° (1531) | s ait lat. 4° (1531) | t est Vg Clem. | bitur Vg Clem. | v – v ignoraverunt Vg Clem. | w – w lapide pretioso Vg Clem.
444
u
venera-
Röm 14,23 | 445 Dan 11,38
95,9–97,15 (deutsch: ebd., 94,16–96,20). | 792 Vgl. Confutatio VII, in: Immenkötter, Confutatio, 97,8–15 (deutsch: ebd., 96,9–20). | 793 Dan 11,38 | 794 wann
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es solt zusamenkomen, das inn den kirchen alles ördenlich und züchtiglich umb guter Exempel willen zugienge, das auch das gemein, grob volck inn einer feinen kinderzucht gehalten würde. Denn solch unterscheid der zeit und οsolch mancherley Gottesdienstο dienen, das volck inn zucht zu behalten und zu erynnern der historien. Diese ursachen haben die Veter gehabt, menschlich ordenung zu erhalten. Und auff die weis fechten wirs auch nicht an, das man gute gewonheit halteπ. Und wir können uns nicht gnugsam wundern, das die widdersacher wider alle schrifft der Apostel, widders alt und neu Testament leren dörffen, das wir [p2v] durch solch Gottesdienst sollen ewiges heil und vergebung der sunde erlangen. Denn was ist das anders denn, wie Daniel sagt, Gott ehren mit gold, silber und edelgestein?795 das ist halten, das Gotth uns gnedig werde durch mancherley kirchenschmuck, durch fanen, kertzen, wie denn unzelich sein bey solchen menschensatzungen?
h
cj.: Got; Got CR
ο–ο
andere löbliche Ceremonien dt. 8° (1533) | π halte, wie man andere weltliche gewonheit helt, als das ein priester ein langes kleid tregt dt. 8° (1533) 795
Vgl. Dan 11,38.
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esset, ut ordine et graviter in templis exempli [G5r] causa fierent omnia, denique ut vulgus etiam haberet quandam paedagogiam. Nam discrimina temporum et varietas rituum valet ad admonendum vulgus.
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Has causas habebant Patres rituum xservandorum, ut aperte testatur Epiphanius in disputatione contra Encratitas446, quod genus simile fuit Monachorum nostrorum. Fuerunt enim sodalicia, quae sibi certas traditiones imponebant; abstinebant a vino etiam in ipsa coena Domini. Nullis carnibus vescebantur, ne piscium quidem, qua in re fratres Dominici longe superabant. A coniugio vero vel maxime abhorrebant, et si a consuetudine mulierum non abhorrebant. Id enim obicit eis Epiphanius; habebant enim muliercularum greges idem vitae genus sequentes, sicut hoc tempore fere ubique habent Monachi vicina mulierum Monasteria. Et has observationes fingebant esse cultum Dei et iustitiam, propter quam Deo accepti essent, qua placarent iram Dei. Hanc opinionem improbat Epiphanius et alios fines esse traditionum ostendit; dicit probandas esse traditiones factas διὰ τὴν ἐγκράτειαν, ἢ διὰ τὴν πολίτειαν447, hoc est aut ad coercendam carnem propter disciplinam rudium aut propter politicum ordinem. Et nos propter has causas recte servari posse tra[G5v] ditiones iudicamus, Ut populus sobrius intersit sacris, sicut Iosaphat et Rex Ninive ieiunia indixerunt,448 Item ut ordo et politia Ecclesiae doceat imperitos, quid quo tempore gestum sit. Hinc sunt feriae Natalis, Paschatis, Pentecostes et similes. Hoc est, quod Epiphanius ait politiae causa institutas esse traditiones, videlicet ordinis causa et ut ordo ille admoneat homines de historia et de beneficiis Christi. Etenim multo efficacius admonent vulgus notae rerum, quasi pictae in moribus ac ritibus, quam litterae. Hos fines proderat ostendi | populo et illustrari. Sed his finibus affingunt adversarii alium quadam Pharisaica persuasione, quod videlicet tales observationes mereantur remissionem peccatorum, quod sint cultus necessarii ad iustificationem, quod propter eos reputentur homines iusti coram Deo. Hoc plane est Deum colerex auro, argento et rebus pretiosis,y 449 sentire, quod Deus fiat placatus varietate vestitus, ornamentorum et similibus rebusz, quales sunt infinitae in traditionibus ahumanis, aut quod eiusmodi res sint cultus Dei, temporum, ciborum, vasorum, vestitus discrimina.a
x–x
servandorum et propter has causas nos quoque recte servari traditiones posse iudicamus. Et valde miramur adversarios alium finem traditionum defendere, quod videlicet mereantur remissionem peccatorum, gratiam aut iustificationem. Quid hoc aliud est quam colere Deum lat. 4° (1531) | y danach: id est lat. 4° (1531) | z ritibus lat. 4° (1531) | a – a humanis? lat. 4° (1531) 446
Vgl. für das Folgende Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses II, 1: Haeresis XLVII, 1, 6–8; 2, 3f, in: PG 41, 852 (GCS 31,216,7–15; 217,10–19). | 447 Vgl. Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses II, 1: Haeresis XLVII, 1, 6, in: PG 41,852 (GCS 31, 216,7–10). | 448 Vgl. II Chr 20,3; Jon 3,7f. | 449 Vgl. Dan 2,32 u. ö.
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Paulus zu den Colossern schreibtρ, das solche satzungen haben ein schein der weisheit.796 Und hat auch ein grossen schein, als sey es fast797 heilig. Denn unordnung stehet ubel, und solche ordentlich kinderzucht ist nützlich inn der kirchen etc. Dieweil aber menschliche vernunfft nicht verstehet, was glaub ist, so fallen diejhenigen, so nach vernunfft richten, von σstund anσ drauff und machen ein solch werck draus, das uns gen himel helffen solle und Gott versünen. Also haben die irthumb und schedliche abgötterey eingerissen bey den Israeliten. Darümb machten sie auch einen Gottesdienst uber den andern, wie bey unser zeit ein altar uber den andern, eine kirche uber die andern gestifftet ist. Also richtet auch die menschliche vernunfft von andern leiplichen | ubung als von fasten etc. Denn fasten dienet dazu, den alten Adam zu zemen. Da fellet bald die vernunfft drauff und macht ein werck draus, das Gott versüne, wie Thomas schreibt: Fasten sey ein werck, das da [p3r] tüge798, schuld gegen Gott auszuleschen und ferner zu verhüten.799 Das sind die klaren wort Thomae. Also dieselbigen Gottesdienste, wilche sehr gleissen, haben ein grossen schein und ein gros ansehen der heiligkeit fur den leuten. Und dazu helffen nu die Exempel der heiligen, τda sie sprechen: Sanct Franciscus hat eine kappen getragen und dergleichen. Hie sehen sie allein die eusserliche ubung an, nicht das hertz und glauben.τ Und wenn nu die leute also durch so grossen und prechtigen schein der heiligkeit betrogen werden, so folget denn unzeliche far und unrad draus, nemlich das Christi erkentnis und das Evangelium vergessen wird und das man alles vertrauen auff solche werck setzet. Darüber, so werden durch solche heuchlische wercke die rechte, guten wercke, die Gott inn Zehen geboten foddert, gantz unterdrückt (wilchs schrecklich ist zu hören), Denn die werck müssen allein geistlich, heilig, volkomen leben heissen und werden denn weit furgezogen den rechten, heiligen, guten wercken, da ein jeder nach Gottes gebot inn seinem beruff zu wandeln, die oberkeit fleissig, treulich zu regiren, die hausveter, die ehelichen leute, weib und kind, gesind in Christlicher zucht zu halten schüldig sein, Item, da ein Magd, ein knecht seinem herren treulich zu dienen pflichtig ist. Dieselbigen wercke heltet man nicht fur Göttlich, sondern fur weltlich wesen, also das viel leute darüber ihnen800 ein schwere gewissen gemacht. Denn [p3v] man weis jhe, das etliche ihren Furstenstand verlassen, etliche den ehestand und sind inn Klöster gangen, heiligυ und geistlich zu werden. Und ist uber den irthumb noch der jammer dabey, das, wenn die leute inn dem Wahni sein, das solche satzung nötig sein zur seligkeit, die gewissen one i
cj.: whane; wahne CR
ρ in dt. 8° (1533) nach Paulus | σ – σ Stunden dt. 8° (1533) | τ – τ darin sie allein das eusserlich werck ansehen und nicht den glauben. dt. 8° (1533) | υ heilige dt. 8° (1533) 796 Vgl. Kol 2,22f. | 797 sehr, ganz | 798 tauge | 799 Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae II, 2 q. 147 art. 3 c., in: L 10, 155. | 800 sich
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Paulus ad Colossenses scribit traditiones habere speciem sapientiae.450 Et habent profecto. Nam [G6r] εὐταξία illa valde decet in Ecclesia eamque ob causam necessaria est, sed humana ratio, quia non intelligit iustitiam fidei naturaliter affingit, quod talia opera iustificent homines, quod reconcilient Deum etc. Sic sentiebat vulgus inter Israelitas et hac opinione augebant tales ceremonias, sicut apud nos in monasteriis creverunt. Sic iudicat humana ratio etiam de exercitiis corporis, de ieiuniis, quorum finis, cum sit coercere carnem, ratio affingit finem, quod sint cultus, qui iustificent. Sicut Thomas scribit Ieiunium valereb ad deletionem et prohibitionemc culpae.451 Haec sunt verba Thomae. Ita sapientiae ac iustitiae species in talibus operibus decipit homines. Et accedunt exempla Sanctorum, quos dum student imitari homines, imitantur plerumque externa exercitia, non imitantur fidem eorum.
Postquam fefellit homines haec species sapientiae ac iustitiae, deinde sequuntur infinita incommoda, obscuratur Evangelium de iustitia fidei in Christum et succedit vana fiducia talium operum. Deinde obscurantur praecepta Dei, haec opera arrogant sibi titulum perfectaed et spiritualis vitae et longe praeferuntur operibus praeceptorum Dei ut operibus suae cuiusque vocationis, administrationi rei pub[G6v]licae, administrationi Oeconomiae, vitae coniugali, educationiω liberorum. Haec prae illis ceremoniis iudicantur esse prophana, ita ut cum quadam dubitatione conscientiae a multis exerceantur. Constat enim multos deserta administratione rei publicae deserto coniugio illas observationes amplexos esse tamquam meliores et sanctiores.
Neque hoc satis est, ubi occupavit animos persuasio, quod tales observationes ad iustificationem necessariae sint; misere vexantur conscientiae, quia non
b utile est L 10, 155 | c cohibitionem L 10, 155 | d cj.: perfecte; perfectae lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559/1580) ω
educatione lat. 4° (1540)
450
Vgl. Kol 2,22f. | 451 Thomas von Aquin, Summa Theologiae II,2 q. 147 art. 3 co, in: L 10, 155.
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unterlas inn unruhe und qual sein, das sie ihr orden, ihr Möncherey, ihr auffgelegte wercke nicht so gestrenge gehalten haben. Denn wer könt die satzunge alle erzelen? Es sind unzeliche viel bücher, inn wilchen nicht ein titel, nicht ein syllabe von Christo, vom glauben geschrieben odder von den rechten guten wercken, die Gott gebeut, wilche jder nach seinem beruff zu thun schuldig ist, sondern allein von solchen satzungen schreiben sie als von den viertzig tagen zu fasten, von Messe hören, von φviergezeiten betenφ 801 etc.; da ist des deutens und dispensirens kein ende. Wie jemmerlich martert sich, wie ringet und windet sich uber den dingen der gute, fromme man Ger|son, da er gern den gewissen mit dem rechten troste helffen wolt, da er „gradus“ und „latitudines“ suchet „praeceptorum“, wiefern dieselbenχ gebot binden, und kan doch nicht finden einen gewissen grad, da er darff dem hertzen sicherheit und fride gewis zusagen. Darümb klaget er auch gantz hefftig, wie inn grosser fahr die gewissen und conscientz dadurch stehen, das man solche satzung also bey einer todsunde foddert und wil gehalten haben.802 [p4r] Wir aber sollen uns widder solche heuchlische, gleissende satzungen, dadurch viel verfurt und jemmerlich die gewissen one ursache geplagt werden, rüsten und stercken mit Gottes wort Und sollen erstlich das gewis halten, das vergebung der sunde nicht durch solche satzung verdienet wird. Wir haben den Apostel droben803 angezogen zu den Colossern: „Last euch niemands gewissen machen uber speis, tranck, neumonden, sabbatern.“804 Und der Apostel wil das gantz gesetz Mosi und solche tradition zugleich begriffen haben, damit die widdersacher hie nicht entschlieffen805, wie sie pflegen, als rede Paulus allein vom gesetz Mosi.806 Er zeigt aber klar gnug an, das er von menschlichen satzungen auch rede, wiewol die widdersacher selbst nicht wissen, was sie sagen. Denn so das Evangelium und Paulus klar melden, das auch die Ceremonien und wercke des gesetz Mosi fur Gott nicht helffen, so werden es viel weniger menschliche satzungen thuen. Derhalben haben die Bischofe nicht macht noch gewalt, eigene erwelte Gottesdienst auffzurichten, wilche sollen die leute fur Gott heilig und from machen. Denn es sagen auch die Aposteln, Actuum am xv.: „Was versucht ihr Gott jund legt eine bürden auff die jüngerj?“807 etc. Da schilt es Petrus als ein gros sunde, damit man Gott verlestere und versuche. Darümb ist es der Aposteln meinung, das diese freiheit inn der kirchen bleiben sol, das keine Ceremonien widder das gesetze [p4v] Mosi noch andere satzunge sollen als nötige
j–j φ–φ
mit Auflegen des Jochs auf der Jünger Hälse L45 Horis canonicis dt. 8° (1533) | χ dieselbigen dt. 8° (1533)
801 Das Tagzeitengebet oder Stundengebet (Mette/Laudes, Sext, Vesper und Komplet). | 802 Vgl. Johannes Gerson, De Vita spirituali animae II, in: GOC 3, 16f: „in hominum praeterea conscientiis modo scrupuli vani contemnendi surrepunt, modo contemptus insurgit temerarius et audacior quam satis est. Fit insuper, quoniam ignoratur virtus Legis divinae, frequenter irritum Mandatum Dei propter traditiones hominum. Fit amplius de levi iugo Christi et Lege libertatis
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possunt omnes observationes exacte praestare. Nam quotus quisque numerare omnes potuit? Exstant immensi libri, imo Bibliothecae totae nullam syllabam de Christo, de fide in Christum, de bonis operibus suae cuiusque vocationis continentes, sed tantum colligentes tra|ditiones et harum interpretationes, quibus interdum exacerbantur, interdum relaxantur. Quomodo torquetur vir optimus Gerson, dum quaerit gradus et latitudines praeceptorum. Nec tamen potest constituere ἐπιείκειαν452 in gradu certo. Interim graviter deplorat pericula piarum conscientiarum, quae parit haec acerba interpretatio traditionum.453
Nos igitur contra illam speciem sapientiae et [G7r] iustitiae in humanis ritibus, quae fallit homines, muniamus nos verbo Dei et primum sciamus eas neque remissionem peccatorum neque iustificationem mereri coram Deo neque ad iustificationem necessarias esse. Testimonia quaedam supra citavimus. Et plenus est Paulus, ad Coloss. 2. clare dicit: Nemo vos iudicet in cibo, potu aut estato festo aut novilunio aut sabbatise, quae sunt umbrae futurorum, corpus autem Christi.454 Atque hic simul et legem Moisi et traditiones humanas complectitur, ne adversarii eludant haec testimonia, ut solent, quod Paulus tantum de lege Moisi loquatur. Ille vero hic clare testatur se loqui de traditionibus humanis. Quamquam, quid dicant adversarii, non vident; si Evangelium negat ceremonias Moisi, quae erant divinitus institutae iustificare, quanto minus iustificant traditiones humanae! Nec habent Episcopi potestatem instituendi cultus tamquam iustificantes aut necessarios ad iustificationem. Imo Apostoli Actorum 15. dicunt: Quid temptatis Deum imponentesf iugum455 etc., ubi velut magnum peccatum accusatα Petrus hoc consilium onerandae Ecclesiae. Et ad Galatas 5. vetat Paulus
e–e α
parte diei festi aut neomeniae aut sabbatorum Vg Clem. | f imponere Vg Clem.
accuset lat. 4° (1540)
452
Vgl. o. S. 358, Anm. 343. | 453 Vgl. o. S. 532f, Anm. 802. | 454 Kol 2,16f | 455 Act 15,10
iugum ferreum et onus grave, premens cervices Christianorum, dum scilicet aliqui suas omnes leges, suas institutiones, suas Regulas et Statuta arbitrari volunt accipiendas esse sicut praecepta legis Dei.“ | 803 Vgl. o. S. 417,1–18 (deutsch: 416,1–23). | 804 Kol 2,16 | 805 ausweichen, entschlüp806 Vgl. Confutatio VI, in: Immenkötter, Confutatio, 93,18–95,7 (deutsch: ebd., fen | 92,25–94,14). | 807 Act 15,10
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Gottesdienst geschatzt werden, wie etliche Ceremonien im gesetz Mosi als nötig musten im alten Testament ein zeitlang gehalten werden. ψDarümb müssen wir auch weren, das die Predigt von der gnad und von Christo, von vergebung der sunde aus lauter gnade nicht unterdrückt werde und der schedliche irthumb einreisse, als sind die satzungen nötig, from fur | Gott zu sein.ψ Es haben Gerson und viel andere, treue, frome leute, wilche uber die grossen ferligkeit der gewissen mitleiden getragen, „Epikeian“808 und linderung gesucht, wie man doch darinne den gewissen helffen möcht, das sie durch die tradition nicht so inn manchfeltig wege gemartert würden, und haben nichts gewisses finden können, den gewissen aus den banden zu helffen. Die heilig schrifft und die Aposteln aber sein kurtz hindurchgangen und [haben] schlecht809 mit einem strieche alles quittirt und klar dürre herausk gesagt, das wir inn Christo frey, ledig sein von allen tradition, sonderlich, wenn man dadurch seligkeit und vergebung der sunden zu erlangen suchet. Darümb leren auch die Aposteln, das man der schedlichen Phariseischen lere sol widderstreben mit leren und mit dem Gegenexempel. Darümb leren wir, das solche satzunge nicht gerecht machen fur Gott, das sie auch nicht not sein zur seligkeit, das auch niemands [q1r] solche satzunge machen odder annemen sol der meinung, das er wölle fur Gott dadurch gerecht werden. Wer sie aber halten wil, der halte sie, wie ich ein ander stadgebrauch möcht halten, da ich wone, one alle vertrauen, dadurch gerecht zu werden fur Gott, als das ich bey den Deudschen deudsch kleidung trage, bey den Wahlen welsch, halte ich als ein landbrauch, nicht dadurch selig zu werden.ω Die Aposteln, wie das Evangelium angezeigt, brechen frisch solche satzungen und werden von Christo derhalben gelobt.810 Denn man mus es nicht allein mit leren predigen, sondern auch mit der that den Phariseern anzeigen und beweisen, das solche Gottesdienst nichts nutz sein zur seligkeit. Und darümb, ob die unsern gleich etliche tradition und Ceremonien nachlassen, so sind sie doch gnugsam entschuldiget. Denn die Bischofe foddern solchs allesα [als] nötig zur seligkeit; das ist ein irthumb, der nicht zu leiden ist. Weitter, die eldesten satzungen aber inn der kirchen, als die dreyβ hohen feste etc., die Sontagsfeier und dergleichen, wilche umb guter ordnung, einigkeit und frides willen erfunden etc., die halten wir gerne. Auch so predigen die unsern auffs glimpfflichst gegen dem volck davon, allein darneben sagen sie, das sie fur Gott nicht gerecht machen. Darümb reden die widdersacher ihren gewalt und thuen uns gantz fur Gott unrecht, wenn sie uns schuld geben, das wir alle gute Cere[q1v]monien, alle ordnung inn der kirchen abbrengen und niderlegen. Denn wir mügen es mit der warheit sagen, das es Christlicher, erlicher inn unsern kirchen mit rechten Gottesdiensten gehalten wird denn k
cj.: eraus; eraus CR
ψ–ψ
Denn man mus diesen Artikel erhalten, das wir erlangen verge[i1r]bung der sunden und Gott
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iterum servituti subici.456 Volunt igitur Apo[G7v]stoli in Ecclesia manere hanc libertatem, ne iudicentur ulli cultus legis aut traditionum necessarii esse, sicut in lege fuerunt necessariae ceremoniae ad tempus, ne obscuretur iustitia fidei, si iudicent homines cultus illos mereri iustificationem aut ad iustificationem necessarios esse. Multi varias ἐπιεικείας457 quaerunt in traditionibus, ut conscientiis medeantur, neque tamen certos gradus reperiunt, per quos explicent conscientias ex his vinculis. Verum sicut Alexander solvit gordium nodum, quem cum explicare non posset, gladio semel dissecuit, ita Apostoli semel liberant conscientias traditionibus, praesertim si tradantur ad promerendam iustificationem. Huic doctrinae cogunt nos Apostoli adversari docendo et exemplis.
Cogunt nos docere, quod traditiones non iustificent, quod non sint necessariae ad iustificationem, quod | nemo debeat condere aut recipere traditiones hac opinione, quod mereantur iustificationem. Tunc etiam, si quis observatβ, observetγ sine superstitione tamquam politicos mores, sicut sine superstitione aliter vestiuntur milites, aliter Scholastici. Apostoli violant traditiones et excusantur a Christo. Erat enim exemplum ostendendum Phariseis, quod illi cultus essent inutiles. Et si quas traditiones parum commodas [G8r] omittunt nostri, Satis nunc excusati sunt, cum requiruntur tamquam promereantur iustificationem. Talis enim opinio in traditionibus est impia.
Ceterum traditiones veteres factas in Ecclesia utilitatis et tranquillitatis causa libenter servamus easque interpretamur πρὸς τὸ εὐφημότερον458 exclusa opinione, quae sentit, quod iustificent. Ac falso nos accusant inimici nostri, β
nicht in lat. 8° (1559) | γ observat lat. 4° (1540)
456
Vgl. Gal 5,1. | 457 Vgl. o. S. 358, Anm. 343. | 458 im besten Sinne
gefallen umb Christus willen, nicht von wegen solcher erweleten satzungen und ob wir schon solche satzunge nicht halten etc. dt. 8° (1533) | ω danach: Denn das Evangelium lesst eusserlich leben, essen, trincken, leiblich ordnung und Regiment bleiben, darümb lesst es Ceremonien als leibliche nützliche ordnung auch bleiben. dt. 8° (1533) | α als dt. 8° (1533) | β nicht in dt. 8° (1533) 808
Vgl. o. S. 358, Anm. 343. | 809 schlicht, einfach | 810 Vgl. Mt 12,1–8 par.
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bey den widdersachern.811 Und wo Gotförchtige, erbare, verstendige, unparteische leute sein, die diese sache recht genau wollen bedencken und ansehen, so halten wir die alten Canones und „mentem legis“ mehr, reiner und fleissiger denn die widdersacher.812 Denn | die widdersacher tretten unverschampt die allererlichsten Canones mit füssen, wie sie denn Christo und dem Evangelio auch thun. Die Pfaffen und Mönche inn stifften misbrauchen der Messe auffs schrecklichst und greulichst, halten Messe teglich in grosser anzal allein umb der zinse γwillen, umbs gelt, umb des schendlichen bauchs willen.γ So singen sie die Psalmen inn stifften nicht, das sie studiren odder ernstlich beten (denn das mehrerteil verstünde nicht ein vers inn Psalmen), sondern halten ihr Metten und Vesper als ein gedingten Gottesdienst, der ihnen ihr rente und zinse tregt. Dieses alles können sie nicht leugnen. Es schemen sich auch selbst etliche redliche unter ihnen desselbigen jarmarcks und sagen, [der] Clerus dörffe813 einer reformation. Bey uns aber braucht das volck des heiligen Sacraments willig, ungedrungen, alle Sontage, wilche man erst verhöret, ob sie inn Christlicher lere unterricht δsein, im Vaterunser, im Glauben, inn Zehen geboten etwas wissen odder [q2r] verstehen.δ Item, die jugent und das volck singet ördentlich latinische und Deudsche Psalmen, das sie der sprüche der schrifft gewonen und beten lernen.814 Bey den widdersachern ist kein Catechismus, da doch die Canones εvon reden. Bey uns werden die Canones gehalten, das die Pfarrer und kirchendiener öffentlich und daheim die kinder und jugent inn Gottes wort unterweisen.ε 815 Und derζ Catechismus ist nicht ein kinderwerck wie fanen, kertzen tragen, sondern ein fast816 nützlich unterrichtung. Bey den widdersachern wird inn vielen lendern, als inn Italien und Hispanien etc., das gantz jar durch nicht geprediget denn allein inn der fasten.817 Da solten sie schreien und billich hoch klagen, denn das heist auff einmal alle Gottesdienst recht umbgestossenη. Denn der allergröste, heiligste, nötigste, höchste Gottesdienst, wilchen Gott im ersten und andern gebot als das gröste hat gefoddert, ist Gottes wort predigen. Denn das predigampt ist das hochste ampt inn der kirchen. Wo nu der Gottesdienst gelassenθ wird, wie kan da erkentnis Gottes, die lere Christi odder das Evangelium sein? Darümbι, wenn sie gleich inn der fasten odder sonst ander zeit predigen, leren sie nichts denn von solchen menschensatzungen, von anruffen der heiligen, von Weywasser und von solchen narrenwercken; und ist der gebrauch, das ihr volck bald, wenn der Text des Evangelii gesagt ist, aus der kirchen lauffe, Wilches sich vieleicht davon angefangen, das sie [q2v] nicht haben mügen die andern lügen hören. Etliche wenig unter ihnen heben nu auch an, von guten wercken
γ – γ willen. dt. 8° (1533) | δ – δ sein. dt. 8° (1533) | ε – ε ernstlich gebieten, Catechismum zu treiben. Bey uns aber müssen die Pfarner diese arbeit haben mit der jugent, sie zu unterweisen von den furnemisten Artikeln Christlicher lahr. dt. 8° (1533) | ζ solcher dt. 8° (1533) | η umbstossen dt. 8° (1533) | θ ausgelassen dt. 8° (1533) | ι Weiter dt. 8° (1533)
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quod bonas ordinationes, quod disciplinam Ecclesiae aboleamus. Vere enim praedicare possumus publicam formam Ecclesiarum apud nos honestiorem esse quam apud adversarios. Et si quis recte expendere velit, Verius servamus Canones quam adversarii. Apud adversarios Missas faciunt sacrificuli inviti et mercede conducti et plerumque tantum mercedis causa. Canunt Psalmos, non ut discant aut orent, Sed cultus causa, quasi illud opus sit cultus aut certe mercedis causa.
Apud nos utuntur coena Domini multi singulis dominicis, sed prius instituti, explorati et absoluti. Pueri canunt Psalmos, ut discant, canit et populus, ut vel discat vel oret. Apud adversarios nulla prorsus est κατήχησις puerorum, de qua quidem praecipiunt Canones. Apud nos coguntur pastores et ministri Ecclesiarum publice instituere et audire [G8v] pueritiam. Et haec ceremonia optimos fructus parit.
Apud adversarios in multis regionibus toto anno nullae habentur contiones praeterquam in quadragesima. Atqui praecipuus cultus Dei est docere Evangelium. Et cum contionantur, adversarii dicunt de traditionibus humanis, de cultu sanctorum et similibus nugis, quasδ iure fastidit populus. Itaque deseruntur statim initio, postquam recitatus est Evangelii textus. Pauci quidam meliores nunc de bonis operibus dicere incipiunt. De iustitia fidei, de fide in
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quare lat. 8° (1580)
811 Vgl. dazu Luther an Kurfürst Johann. Veste Coburg, 20. Mai 1530, in: WA.B 5, 325–328 (Nr. 1572). | 812 Vgl. dazu Luther, Vorrede zu Spenglers Auszug aus den päpstlichen Rechten (1530), in: WA 30/2, 219. | 813 bedürfe | 814 Vgl. dazu Luther, Deutsche Messe (1526), in: WA 19, 80–113 sowie ders., Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn im Kurfürstentum zu Sachen (1528), in: WA 26, 230–233. | 815 Luther selbst hat dies schon seit 1516 getan. Seit 1523 wurden in Wittenberg regelmäßig Katechismuspredigten gehalten. Vgl. hierzu WA 30/1, 468–474. | 816 sehr 817 So sicher nicht generell, aber doch wohl in manchen ländlichen Gemeinden.
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zu predigen. Von dem erkentnis Christi aber, vom glauben, von trost der gewissen können sie nichts predigen, κsondern dieselbigen seligen lere, das lieb heilig Evangelium nennen sie „Lüterisch“.κ Inn unserλ kirchen aber werden von predigern diese folgende nötige stücke mit höchstem fleis geleret: Von rechter bus, von der forcht Gottes, von dem Glauben, was der sey, von dem erkentnis Christi, μvon der gerechtigkeit, die aus dem glauben kömpt, Item,μ wie die gewissen inn engsten und anfechtung sollen trostν suchen, wie ξder glaub durch allerley anfechtunge mus geübet werden,ξ Was ein recht gebet sey, wie man beten sol, Item, das ein Christ gewis sich trösten sol, | das sein ruffen und bitten Gott werde erhören im himel, Von dem heiligen creutz, von gehorsam gegen der oberkeit, οItem, wie ein jeder inn seinem stand Christlich leben und faren mag, von gehorsam der herrn gebot, aller weltlicherο ordnung und gesetz, Item, wie zu unterscheiden sein das geistliche reich Christi und die regimente und reiche inn der welt, Von dem ehestande und wie der Christlich zu füren sey, von Christlicher zucht der kinder, von der keuscheit, von allerley wercken der liebe gegen dem nehisten.818 Also ist unser kirche mit lere und wandel bestellet, daraus unparteisch leute wol mercken und abnemen können, das wir [q3r] Christliche, rechte Ceremonien nicht abthuen, sondern mit fleis auffs treulichst erhalten. Und die Casteiung des fleischs odder alten Adams leren wir also, wie unser Confession meldet,819 das die rechte Casteiung denn820 geschihet, wenn uns Gott den willen bricht, creutz und trübsal zuschickt, das wir lernen seinem willen gehorsam sein, wie Paulus zun Römern am xii. sagt: „Begebt euer eigen leibe zu einem heiligen opffer.“821 Und das sind rechte heilige Casteiung, also inn anfechtungen lernen Gott kennen, ihnen förchten, lieben etc. Uber dieselbigen trübsaln, wilche nicht inn unserm willen stehen, sind auch noch die leiplichen ubunge, da Christus von sagt: „Hüttet euch, das πeure leibeπ nicht beschweret wird mit fressen und sauffen“;822 und Paulus zu den Corin.: „Ich zeme meinen leib“823 etc. Die ubunge sollen darümb geschehen, nicht, das es nöttige Gottesdienst sein, dadurch man fur Gott from werde, sondern das wir unser fleisch im zaum halten, damit wir durch füllerey und beschwerung des leibs nicht sicher und müssig werden, des Teuffels reitzunge und des fleischs lüsten folgen. Dasselbigen fasten und Casteien solt nicht allein auff gewisse zeit, sonder allzeit geschehen. Denn Gott wil, das wir allzeit messig und nüchtern leben, und wie die erfarung gibt, so helffen dazu nicht vielρ bestimpte σfastentag. Denn man hat mit fischen und allerley fastelspeise mehr unkost und quasserey getrieben denn [q3v] ausser der fasten.σ
κ–κ
wissen auch nicht, was es ist, sondern haben nur menschliche und Philosophische gedancken von guten sitten, wenn sie es zum besten machen. dt. 8° (1533) | λ unsern dt. 8° (1533) | μ – μ nicht in dt. 8° (1533) | ν getrost CR | ξ – ξ wir fur Gott gewislich gerecht werden durch vertrauen auff Christum, dt. 8° (1533) | ο – ο alle weltliche dt. 8° (1533) | π – π euer leib dt. 8° (1533); eure Herzen L45 | ρ nicht in dt. 8° (1533) | σ – σ fastentag und bestimpte fastenspeise, denn damit kan man sich auch uberladen. dt. 8° (1533)
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Christum, de consolatione conscientiarum nihil dicunt. Imo hanc saluberrimam Evangelii partem lacerant convitiis.
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Econtra in nostris Ecclesiis omnes contiones in his locis consumuntur: de poenitentia, de timore Dei, de fide in Christum, de iustitia fidei, de consolatione conscientiarum per fidem, de exercitiis fidei, de oratione, qualis esse debeat et quod certo statuendum sit, quod sit efficax, quod exaudiatur, de cruce, de dignitate | magistratuum et omnium civilium ordinationum, de discrimine regni Christi seu regni spiritualis et politicarum rerum, de coniugio, de educatione et institutione puerorum, de castitate, de omnibus officiis caritatis. Ex hoc statu Ecclesiarum iudicari potest nos disciplinam Ecclesiasticam et pias cere[H1r]monias et bonos mores Ecclesiasticos diligenter conservare.
Ac de mortificatione carnis et disciplina corporis ita docemus, sicut narrat confessio, quod vera et non simulata mortificatio fiat per crucem et afflictiones, quibus Deus exercet nos. In his oboediendum est voluntati Dei, sicut ait Paulus: Exhibeteg corpora vestra hostiam459 etc.
Et haec sunt spiritualia exercitia timoris et fidei. Verum praeter hanc mortificationem, quae fit per crucem, est et voluntarium quoddam exercitii genus necessarium, de quo Christus ait: Caveteh, ne corda vestra graventur crapula.460 Et Paulus: Castigo corpus meum et in servitutem redigo461 etc. Et haec exercitia suscipienda sunt, non quod sint cultus iustificantes, sed ut coerceant carnem, ne saturitas obruat nos et reddat securos et otiosos, qua ex re fit, ut affectibus carnis indulgeant et obtemperent homines. Haec diligentia debet esse perpetua, quia habet perpetuum mandatum Dei. Et illa praescripta forma certorum ciborum ac temporum nihil facit ad coercendam carnem. Est enim delicatior
g
ut exhibeatis Vg Clem. | h Attendite Vg Clem.
459
Röm 12,1 | 460 Lk 21,34 | 461 I Kor 9,27
818 In der Apologie begegnet hier eine Themenfolge, die an Luther, Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn im Kurfürstentum zu Sachsen (1528), in: WA 26, 195–240, erinnert. Vgl. auch o. S. 912–1157. | 819 Vgl. CA XXVI, o. S. 150–161. | 820 dann | 821 Röm 12,1 | 822 Lk 21,34 | 823 I Kor 9,27
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Apologia Confessionis Augustanae
Und die widdersacher selbst haben die fasten nie gehalten der gestalt, wie sie inn Canonibus angezeigetτ ist.824 Dieser Artikel von der menschlichen tradition odder satzunge hat gantz viel schwere disputation und frage hinter sich, und die erfarung hats allzustarck geben, das solche satzung rechte, schwere keten und stricke sein, die gewissen jemmerlich zu quelen. Denn wenn dieser wahn da ist, das sie nötig sein zur seligkeit, so plagen sie uber alle massen ein arm gewissen. Wie denn frome hertzen wol υerfaren, wenn sie inn horis Canonicis ein Complet825 ausgelassen etc. odder dergleichen dawidder gethan.υ Widderümb schlechthin die freiheit leren, hat auch sein bedencken und seine frage, nachdem das gemeine volck eusserlicher zucht und | anleitung bedarff. Aber die widdersacher machen diese sache selbst gewis und schlecht.826 Denn sie verdamnen uns darümb, das wir leren, das wir durch menschlich satzung nicht verdienen vergebung der sunde fur Gott. Item, sie wollenφ ihr satzung χdurch die gantz kirche universaliter durchaus gehalten haben, schlechts827 als nötig, und setzen sie an Christus stad.χ Da haben wir ein starcken patron fur uns, den Aposteln Paulum, wilcher an allen orten das streittet, ψdas solch satzungen fur Gott nicht gerecht machen und nicht nötig sein zur seligkeit.ψ [q4r] Auch leren die unsern deutlich und klar, das man der Christlichen freiheit inn den dingen also gebrauchen sol, das man fur den schwachen, so solchs nicht unterrichtet sein, nicht ergernis anrichte, und das nicht etwa diejhenigen, so der freiheit misbrauchen, die schwachen von der lere des Evangelii abschrecken. Darümb leren auch unser prediger, das one sondere, one bewegende ursachen an den kirchenbreuchen nichts geendert sol werden, sondern umb frides und einigkeit willen sol man diejhenige gewonheiten halten, so man one sunde und one beschwerung der gewissen halten kan. Und auff diesem Augspurger Reichstag haben wir uns gleich gnug finden und vernemen lassen,828 das wir umb liebe willen unbeschweret sein wolten, etlichω „Adiaphora“829 mit den andern zu halten. Denn wir haben auch bey uns wol bedacht, das gemeine einigkeit und friede, soviel derselbigen one beschwerung der gewissen zu erhalten were, billich allen andern geringen sachen würde furgezogen. Aber von dem allen wollen wir hernach weiter reden, wenn wir „von klöstergelübden“830 und „von der Potestate ecclesiastica“831 handelen werden.
τ geboten dt. 8° (1533) | υ – υ erfaren. dt. 8° (1533) | φ machen dt. 8° (1533) | χ – χ nötig, also das man one solche werck nicht Christen sein könne und nicht ein gnedigen Gott haben könne. dt. 8° (1533) | ψ – ψ dt. 8° (1533): s. QuM I, 709,4–8 [das wir ... Christen sein.] | ω nicht in dt. 8° (1533) 824
Vgl. CA XXVI, o. S. 159,3–161,13 (deutsch: 158,4–160,18). | 825 Vgl. o. S. 532, Anm. 801. schlicht | 827 schlicht | 828 In der Zeit vor der Verlesung der Confutatio und während der Ausschussverhandlungen des August 1530. Vgl. die Einleitung, o. S. 230. | 829 Mitteldinge. Die Füllung dieses Begriffes geht zurück auf Diogenes Laertios, De vitis, dogmatibus et apophtegmatibus clarorum philosophorum VII, 102. 104. | 830 Vgl. AC XXVII, u. S. 662–695 (deutsch: 662– 694). | 831 Vgl. AC XXVIII, u. S. 694–709 (deutsch: 694–708). 826
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Artikel XV
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et sumptuosior quam reliqua convivia. Et ne adversarii quidem observant formam in Canonibus traditam. [H1v] Multas et difficiles disputationes habet hic locus de traditionibus ac nos re ipsa experti sumus traditiones vere esse laqueos conscientiarum. Cum exiguntur tamquam necessariae, miris modis cruciant conscientias praetermittentes aliquam observationem. Rursus abrogatio sua habet incommoda, suas quaestiones. Sed nos facilem et planam causam habemus, quia adversarii damnant nos, quod docemus traditiones humanas non mereri remissionem peccatorum. Item requirunt universales traditiones, quas sic vocant, tamquam necessarias ad iustificationem.
Hic habemus Patronum constantem Paulum, qui ubique contendit has observationes neque iustificare neque necessarias esse supra iustitiam fidei.462 Et tamen usum libertatis in his rebus, ita moderandum esse docemus, ne imperiti offendantur et propter abusum libertatis fiant iniquiores verae doctrinae Evangelii neve sine probabili causa mutetur aliquid in usitatis ritibus, sed ut propter alendam concordiam serventur veteres mores, qui sine peccato aut sine magno | incommodo servari possunt. Et in hoc ipso conventu satis ostendimus nos propter caritatem ἀδιάφορα463 non gravatim observaturos esse cum aliis, etiam si quid incommodi haberent, sed publicam concordiam, quae [H2r] quidem sine offensione conscientiarum fieri posset, iudicavimus omnibus aliis commodis anteferendam esse. Sed de hac tota re paulo post etiam dicemus, cum de votis et de potestate Ecclesiastica disputabimus.
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Vgl. Kol 2,20–23. | 463 Mitteldinge. Vgl. o. S. 540, Anm. 829.
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[Von den weltlichen Ständen]
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Den xvi. Artikel832 lassen ihnen833 die widdersacher gefallen one alle weiter fragen,834 da wir inn der Confession sagen und leren, das ein Christ mit Gott und gewissen in derα öberkeit sein mag, land und leute regiren, urteil und recht sprechen aus Keiserlichen und andern landleufftigen rechten, die ubeltheter mit dem schwerd und sonst nachl [q4v] der scherff straffen, Kriege furen,β keuffen und verkeuffen, haus, hoff und sonst eigens haben und behalten, auffgelegte eide inn gerichten schweren. Inn Summa, da wir leren, das Oberkeit und regiment, Item, ihr recht und straff und alles, was dazu gehöret, sein gute creaturen Gottes und Gottes ordnung, der835 ein Christ mit | gutem gewissen brauchen mag. Dieser artikel gefelt ihnen wol. Dieser gantz wichtiger, nötiger artikel von unterscheid des geistlichen reichs Christi und weltlichen reichs, wilcher fast836 nötig ist zu wissen, ist durch die unsern gantz eigentlich, richtig und klar geben vielen gewissen zu mercklichem grossem trost.837 Denn wir haben klar geleret, das Christi reich geistlich ist, da er regirt durch das wort und die predigt, wircket durch den heiligen geist und mehret inn uns glauben, Gottesforcht, liebe, gedult innwendig im hertzen und fehet hie auff erden inn uns Gottes reich und das ewig leben an. Solange aber dis leben weret, lest er unsγ nichtsdesteweniger brauchen der gesetze, der ordnung und stende, so inn der welt gehen, darnach eines jedern beruff ist, gleich wie er uns lest brauchen der ertzney, Item, bauens und pflantzens, der lufft, des wassers. Und das Evangelium brenget nicht neu gesetz imδ weltregiment, sondern gebeutet und wil haben, das wir den gesetzen sollen gehorsam [r1r] sein und der oberkeit, darunter wir wonen, es sein Heiden odder Christen, und das wir inn solchem gehorsam unser liebe erzeigen sollen. Denn Carolostadius war inn diesem fall gar toll und töricht, das er leret, man solt nach dem gesetz Mosi die stad- und landregiment bestellen.838 Von diesem stücke haben die unsern darümb deste fleissiger geschrieben, Denn die Mönche hatten viel und gantz schedliche irthumb geleret inn der kirchen, Denn sie haben dieses ein Evangelisch leben genent, das man nicht eigens hette, das man nicht straff und rach ubet, das man nicht weib und kind hette. Solcheε lere habenζ die reine Evangelische lere gantz unterdrückt, das man gar nicht verstanden hat, was Christlich odder das geistlich reich Christi l
cj.: noch; nach CR
α
nicht in dt. 8° (1533) | β danach: kriegen, CR und dt. 8° (1533) | γ danach: zu erhaldung des leiblichen lebens dt. 8° (1533) | δ inn dt. 8° (1533) | ε danach: heuchlische dt. 8° (1533) | ζ hat dt. 8° (1533) 832 Vgl. CA XVI, o. S. 110–113 (deutsch: 110–112). | 833 sich | 834 Vgl. Confutatio XVI, in: Immenkötter, Confutatio, 115,5-14: „Decimus sextus articulus de magistratibus civilibus libenter acceptatur tamquam consentaneus non solum iuri civili, verum etiam iuri canonico, evangelio, sacris litteris et universae normae fidei. Quoniam apostolus praecipit, ut omnis anima potestatibus
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[De ordine politico]
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Articulum XVI. recipiunt adversarii sine ulla exceptione, in quo confessi sumus, quod liceat Christiano gerere magistratus, exercere iudicia, ex Imperatoriis legibus seu aliis praesentibus legibus supplicia iure constituere, iure bella gerere, militare, iure contrahere, tenere proprium, iusiurandum postulantibus magistratibus dare, contrahere matrimonium, denique quod legitimaeε ordinationes civiles sint bonae creaturae Dei et ordinationes divinae, quibus tuto Christianus uti potest.
Hic totus locus de discrimine regni Christi et regni civilis litteris nostrorum utiliter illustratus est, quod regnum Christi sit spirituale, hoc est, in corde notitiam Dei, timorem Dei et fidem, iustitiam aeternam et vitam aeternam inchoans. Interim foris sinat nos uti politicis ordinationibus legitimis, quarumcumque gentium, inter quas vivimus, sicut sinit nos uti medicina aut Architectonica aut cibo, potu, aere.
Nec fert Evangelium novas leges de statu civili, sed praecipit, ut praesentibus legibus obtempere[H2v]mus, sive ab ethnicis sive ab aliis conditae sint, et hac oboedientia caritatem iubet exercere. Insaniebat enim Carolostadius, qui nobis imponebat leges iudiciales Moisi.
De his rebus ideo copiosius scripserunt nostri, quia Monachi multas perniciosas opiniones sparserunt in Ecclesiam. Vocaverunt politiam Evangelicam communionem rerum, dixerunt esse consilia non tenere proprium, non ulcisci. Hae opiniones valde obscurant Evangelium et regnum spirituale et
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legitime lat. 8° (1542)
sublimioribus subdita sit. Non enim est potestas, nisi a deo. Quae autem sunt, a deo ordinata sunt. Itaque qui resistit potestati, dei ordinationi resistit. Qui autem resistunt, ipsi sibi damnationem acquirunt, Rom. 13[,1f]. Laudaturque, quod principes damnant Anabaptistas omnes ordinationes civiles dissipantes et christianis prohibentes magistratus atque alia civilia officia, sine quibus nulla res publica feliciter administratur“ (deutsch: ebd., 114,8–19) | 835 die | 836 sehr, ganz | 837 Vgl. Luther, Von weltlicher Obrigkeit (1523), in: WA 11, 245–281; ders., Ob Kriegsleute auch im seligen Stand sein können (1526), in: WA 19, 623–662. | 838 Vgl. Luther, Wider die himmlischen Propheten (1525), in: WA 18, 63,21–67,7.
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Apologia Confessionis Augustanae
sey, und haben weltlich und geistlich reich inneinander gekocht, daraus viel unrats und auffrürischer, schedlicher lere erfolget etc. Denn das Evangelium zureisset nicht ηweltlich regiment, haushaldung, keuffen, verkeuffen und ander weltlich politey,η sondern bestetigt oberkeit und regiment und befilet, denselbigen gehorsam zu sein als Gottes ordnung, nicht allein umb der straff willen, sondern auch umb des gewissens willen. Julianus apostata,839 Celsus840 und etliche andere, die haben den Christen furgeworffen, das ihr Evangelium die weldregiment und politien zurisse und zurüttet, dieweil es verbote, man solt θsich nicht rechenθ und dergleichen. Und dieselbi[r1v]gen fragen haben Origeni841 und Nazanzeno842 und etlichen andern viel zu thuen gemacht, so man doch leichtlich darauff antworten kan, wenn wir allein wissen, das die Evangelisch lere nicht neu gesetz macht vonι weltregimenten, sondern | prediget vergebung der sunde und dasκ das geistlich reich und ewig leben inn hertzen der gleubigen anfehetλ. Das Evangelium aber lest nicht allein bleiben dieselbigen eusserlichen politien, weltregiment und ordnung, sondern wil auch, das wir solchen sollen gehorsam sein, gleich [so,] wie wir inn diesem zeitlichen leben gehorsam und unterworffen sein sollen und müssen gemeinem laufft der natur als Gottes ordnung; wir lassen es winter und sommer werden etc., das hindert nichts am geistlichem reich. Das Evangelium verbeut allein „privatam vindictam“, das niemand der oberkeit inn ihr ampt greiffe. Und das zeigt Christus darümb so offte an, das die Aposteln nicht dechten, sie solten weltherrn werden und die Königreiche und oberkeit denjhenigen nemen, die die zeit inn herschafften waren, wie denn die Jüden vom reich des Messiae gedachten, sondern das sie wüsten, das ihr ampt were zu predigen vom geistlichen reich, nicht einiges weltregiment zu verendern. Derhalben ist das gebot, da Christus verbeut, sich selbst zu rechen, nicht allein ein rath, sondern ein ernst gebotμ, Matthei am v.843 und Rom. xii.844 [r2r] Die rache aber und straff des argen, so von oberkeit geschihet, ist damit nicht verboten, sondern vielmehr geboten, Denn es ist Gottes werck, wie Paulus Rom. am xiii. sagt.845 Dieselbige rache geschihet, wenn man ubeltheter straffet, krieg füret umb gemeines frides willen, des schwerts, νder pferde und harnischν braucht etc. Von den dingen haben etliche lerer solche schedliche irthumb geleret, das gar nahe alle Fürsten, herrn, Ritter, knechte ihren stand fur weltlich, ungöttlich und verdampt gehalten etc. Und ist nicht wolξ mit worten auszureden, was unsagliche fahr und schaden der seelen und gewissen daraus geursachet, Denn man hat geleret, als sey das Evangelium und die Christliche lere eitel Möncheleben. Und [sie] haben nicht gesehen, das das Evangelium leret, wie man fur Gott und im gewissen von der sunde, helle, dem Teuffel erlöset wird, und lest auswendig der welt ihr regiment in eusserlichen dingen. η – η Oeconomien noch politien, dt. 8° (1533) | θ – θ nicht rach üben dt. 8° (1533) | ι danach: der dt. 8° (1533) | κ fahet an dt. 8° (1533) | λ nicht in dt. 8° (1533) | μ danach: von rach ausser der öberkeit dt. 8° (1533) | ν – ν nicht in dt. 8° (1533) | ξ not, dt. 8° (1533)
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sunt periculosae rebus publicis. Nam Evangelium non dissipat politiam aut Oeconomiam, sed multo magis approbat et non solum propter poenam, sed etiam propter conscientiam iubet illis parere tamquam divinae ordinationi.
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Iulianus Apostata, Celsus et plerique alii obiecerunt Christianis, quod Evangelium dissiparet res publicas, quia prohiberet vindictam et alia quaedam traderet parum apta civili societati. Et hae quaestiones mire exercuerunt Origenem, Nazanzenum et alios, Cum quidem facillime explicari possint, si sciamus Evangelium non ferre leges de statu Civili, sed esse remissionem peccatorum et inchoationem vitae aeternae in cordibus credentium,
Ceterum non solum externas politias appro[H3r]bare, sed nos etiam subiicere illis, sicut necessario subditi sumus legibus temporum, vicibus hiemis et aestatis tamquam divinis ordinationibus. Evangelium prohibet vindictam privatam. Idque hoc consilio Christus toties inculcat, ne Apostoli putarent se Imperia debere istis eripere, qui alioqui tenebant, sicut Iudaei de regno Messiae somniabant, Sed ut scirent se de regno spirituali docere oportere, non mutare civilem statum. Itaque privata vindicta non consilio, sed praecepto prohibetur Matth. quinto et Roma. 12.464 Publica, quae fit ex officio magistratus, non dissuadetur, sed praecipitur et est opus Dei iuxta Paulum Roma. 13.465 Iam publicae vindictae species sunt iudicia, supplicia, bella, militia. De his rebus quam male iudicaverint multi scriptores constat, quia in hoc errore fuerunt Evangelium externam quandam novam et monasticam politiam esse, nec viderunt Evangelium cordibus afferre iustitiam aeternam, foris autem probare statum civilem.
464
Vgl. Mt 5,39; Röm 12,19. | 465 Vgl. Röm 13,1f.
839
Kaiser Julian, Contra christianos, Fragm. 12, in: Kaiser Julians Bücher gegen die Christen, hg. v. Karl Johannes Neumann, Leipzig 1880, 237. | 840 Origenes, Contra Celsum VII, 58, in: PG 11, 1503f (SVigChr 54, 508f). | 841 Origenes, Contra Celsum VII, 59–61, in: PG 1503–1508 (SVigChr 54, 508–512). | 842 Gregor von Nazianz, Oratio IV. Contra Julianum I, 97, in: PG 35, 631f. Die Anwendung auf den Staat geht wie bei der Celsus-Origenes-Stelle auf Melanchthon zurück. 843 Vgl. Mt 5,39. | 844 Vgl. Röm 12,19. | 845 Vgl. Röm 13,1f.
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So ist das auch ein lauter lügen und betrug gewesen, das sie geleret haben unverschampt, das die Christliche volkomenheit stehe darinne, das man nichts eigens habe. Denn Christlich volkomenheit stehet nicht darinne, das ich mich eusserlich from stelle und von dem weltwesen mich absondere, sondern der Glaub und rechte Gottesforcht im hertzen ist die volkomenheit. Denn Abraham, David, Daniel sind inn Königlichem stande, grossen fürstenrethen und emptern gewesen, haben auch grosse reichtümerο [r2v] gehabt und sind doch heiliger, volkomener gewesen, denn jhe ein Mönch odder Cartheuser ist auff erden komen. Aber die Mönche, πsonderlich Barfusen,π haben den leuten ein schein fur den augen gemacht. Darüber hat niemands gewust, worinne die rechte heiligkeit stünde. Denn wie hoch Evangelisch, wie fur gros heiligkeit haben die Mönche allein dieses gerhümet, das man | nicht eigens haben solt, das man solt willig arm sein? Aber dasselbige sind gar schedliche lere, nachdem die schrifft ρnichts darvon meldet, sondern stracks dawidder leret. Dieρ zehen gebot Gottesσ sagen klar: „Du solt nicht stelen!“846 τda lest ja Gott nach, das ein jeder das sein hab.τ Inn diesem stücke hat Wiclefus gar gewütet, da erm hat darauff gedrungen, kein Bischoff nochn Pfaffυ solt eigens haben.847 So sind unzeliche, verworne disputation von Contracten848, da Christliche gewissen nimmermehr können gestillet werden, sie sind denn dieses nötigen stücks unterricht, das ein Christ mit gutem gewissen sich halten mag nach landrecht und gebrauch. Denn diesesφ unterricht errettet viel gewissen, da wir leren, das die contract sofern fur Gott one fahr sein, sofern sie inn gemeinen rechten und landgebreuchen, wilche den rechten gleich gelten, angenomen sein. Dieser hohenötige artikel, nemlich von oberkeit, von weltgesetzen, ist von den unsern gantz klar und richtig geben, also das viel grosser, [r3r] hoher, erbare leute, die nach ihrem stand mit regimenten müssen umbgehen und inn grossen hendeln sein, bekennen, das ihr gewissen mercklichen trost entpfangen haben, wilche zuvor durch solche irthumb der Mönche unsagliche qual erliden und inn zweifel stunden, ob ihr stende auch Christlich weren und ob das Evangelium solchs nachlisse. Dieses haben wir darümb erzelt, das auch die frembden, feind und freund, verstehen mügen, das durch diese lare die oberkeit, landregiment, Keiserlich m
cj.: ehr; er CR | n cj.: nach; nach CR
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reichthümb dt. 8° (1533) | π – π nicht in dt. 8° (1533) | ρ – ρ dagegen leret, weltliche ordnung zu halten, und die dt. 8° (1533) | σ nicht in dt. 8° (1533) | τ – τ damit ordnet ja Gott, das ein jglicher eigens haben möge. dt. 8° (1533) | υ priester dt. 8° (1533) | φ dieser dt. 8° (1533) 846 Ex 20,15; Dtn 5,19 | 847 Vgl. John Wyclif, Tractatus de ecclesia VIII R–V, in: WTE, 176,19–182,5. Vgl. auch die von Martin V. (Bulle „Inter cunctas“, 22. Febr. 1418) verurteilten Artikel Wyclifs Nr. 32: „Ditare clerum est contra regulam Christi“, Nr. 39: „Imperator et domini saeculares sunt seducti a diabolo, ut ecclesiam dotarent bonis temporalibus“, in: QGPK, 479. 848 Das Wort Kontrakt (lat. contractus, engl.: contract) wird in der Kanzleisprache seit dem 15.
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Vanissimum et hoc est, quod sit perfectio Christiana non tenere proprium. Nam perfectio Christiana est sita non in contemptu civilium ordinationum, sed in motibus cordis, in magno timore [H3v] Dei, in magna fide, sicut Abraham, David, Daniel etiam in magnis opibus atque imperiis non minus perfecti erant quam ulli eremitae.
Sed Monachi illam externam hypocrisin offuderunt oculis hominum, ne videriζ posset in quibus rebus sit vera perfectio. Quibus laudibus vexerunt communionem rerum, quasi Evangelicam! At hae laudes plurimum habent periculi, praesertim cum longe dissentiant a scripturis. Scriptura enim non praecipit, ut res sint communes, sed lex decalogi, cum inquit: Non furtum facies,466 dominia distinguit et suum quemque tenere iubet.
Plane furebat Vuiglefus, qui negabat licere sacerdotibus tenere proprium. Sunt infinitae disputationes de contractibus, de quibus numquam satis fieri bonis conscientiis potest, nisi sciant hanc regulam, quod Christiano liceat uti civilibus ordinationibus ac legibus. Haec regula tuetur conscientias, cum docet eatenus licitos esse contractus coram Deo, quatenus eos magistratus seu leges approbant.
Hic totus locus rerum politicarum a nostris ita patefactus est, ut plurimi boni viri, qui versantur in re publica, et in negotiis praedicaverint se magnopere adiutos esse, qui antea Monachorum [H4r] opinionibus vexati dubitabanti, Utrum illa civilia | officia et negotia Evangelium permitteretj.
Haec ideo recitavimus, ut etiam exteri intelligant hoc doctrinae genere, quod nos sequimur, non labefactari, sed multo magis muniri auctoritatem magis-
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dubitant lat. 4° (1531) | j promitteret lat. 4° (1531)
ζ
videre lat. 4° (1540)
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Ex 20,15; Dtn 5,19
Jahrhundert als Bezeichnung für eine verbindliche Abmachung oder einen Vertrag verwendet. Vgl. Tilmann Repgen, Art. Vertrag I, in: RGG4 8 (2005), 1074f; Gottfried Schiemann., Art. Vertrag, in: NP 12/2, 97–101.
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recht und ander nicht niddergestossen, sondern vielmehr hochgehaben und geschutzt wird, das auch diese lere erst recht unterricht gibet, wie ein herlich, gros ampt vol Christlicher guter wercke das ampt der regiment ist etc., Wilchs alles zuvor durch die heuchlisch Mönchslere fur sundliche, weltliche stende, leben und wesen zu unsaglicher ferligkeit des gewissens gehalten ist worden. Denn die Mönche haben solche heuchley ertichtet, ihr demut und armut viel höher gerhümet und gehalten denn Fürsten und herrn, vater, mutter, hausvaterstand, so doch diese stende Gottes wortsχ befehl haben, die Möncherey kein befehl Gottes hat.
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[Christi Rückkehr zum Gericht]
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Den xvii. Artikel nemen die widdersacher an,849 da wir bekennen, „das Christus am Jüngsten tage komen werde, die todten aufferwecken, den fromen das ewig leben und freud geben, die Gottlosen zu ewiger pein mit ψdem Teuffelψ verdamnen“ [werde].850
[Der freie Wille]
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[r3v] Den xviii. Artikel851 nemen die widdersacher an,852 vom freien willen, wiewol sie etliche sprüche der schrifft anzihen, die sich zu der sache nicht reimen. Auch machen sie ein gros geschrey davon, das man den freien willen nicht solle zu hoch heben wie die Pelagianer853; ebensoo sol man ihm nicht zu viel nemen mit den Manicheern854.855 Ja, alles wol gered, was ist aber fur unterscheid zwischen den Pelagianern und unsern widdersachern, so sie beide leren, das die menschen one den heiligen geist können Gott liebenω, Gottes gebot halten α„quoad substantiam actuum“?856 das ist, die wercke können sie thun durch naturlich vernunfft one den heiligen geist, dadurch sie die gnade Gottes verdienen? o
cj.: so; so CR
χ
danach: und dt. 8° (1533) | ψ – ψ den Teuffeln dt. 8° (1533) | ω zum höhisten lieben und dt. 8° (1533) | α – α und das die menschen von wegen solcher werck fur Gott from und gerecht seien? Diese irthumb treiben unser widdersacher starck inn schulen und Kirchen. dt. 8° (1533) 849 Vgl. Confutatio XVII, in: Immenkötter, Confutatio, 117,2–8: „Articuli decimi septimi confessio acceptatur, quoniam ex symbolo apostolorum et ex sacris scripturis tota novit ecclesia catholica Christum venturum in novissima die ad iudicandum vivos et mortuos. Iuste ergo hic damnant Anabaptistas, qui sentiunt hominibus damnatis et diabolis finem poenarum futurum esse, qui sibi quaedam Iudaica fingunt regna piorum ante mortuorum resurrectionem in hoc praesenti saeculo, ubique oppressis impiis“ (deutsch: ebd., 116,2–9). | 850 Vgl. CA XVII, o. S. 112f. | 851 Vgl. CA XVIII, o. S. 112–115. | 852 Vgl. Confutatio XVIII, in: Immenkötter, Confutatio, 117,10–12: „Articulo decimo octavo confitentur liberi arbitrii potestatem, quod habeat libertatem ad efficiendam civilem iustitiam, sed non habeat vim sine spiritu sancto efficiendae iustitiae dei, quae confessio approbatur et acceptatur.“ Der Schriftstellenkatalog dann ebd., 119,4–19 (deutsch: ebd., 116,11–15). | 853 Anhänger verschiedenster, mit dem britischen Mönch Pelagius in Verbindung gebrachter Vorstellungen, welche die strenge Auffassung der Erbsünde im Sinne des Augus-
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Artikel XVI, XVII und XVIII
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tratuum et dignitatem omnium ordinationum civilium, quarum rerum magnitudo fatuis illis opinionibus monasticis mirifice antea fuit obscurata, quae longe kpraeferebant politiae et Oeconomiae ridiculam et vanissimam hypocrisin paupertatis et humilitatis, Cum quidem politia et Oeconomia habeant mandata Deik, Illa lPlatonica communiol non habeat mandatum Dei.
[De Christi reditu ad iudicium]
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Articulum XVII. recipiunt adversarii sine exceptione, in quo confitemur Christum in consummatione mundi appariturum esse ac mortuos omnes resuscitaturum et piis aeternam vitam et aeterna gaudia daturum, Impios vero condemnaturum esse, ut cum diabolo sine fine crucientur.
[De libero arbitrio]
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Articulum XVIII. recipiunt adversarii de libero arbitrio, Etsi quaedam addunt testimonia parum apta ad eam causam. Addunt et declamationem, quod non sit nimium tribuendum libero arbitrio cum Pelagianis neque omnem ei libertatem [H4v] adimendam esse cum Manicheis. Praeclare sane [est]; sed quid interest inter Pelagianos et adversarios nostros, cum utrique sentiant homines sine spiritu sancto posse Deum diligere et praecepta Dei facere quoad substantiam actuum, mereri gratiam ac iustificationem operibus, quae ratio per se efficit sine spiritu sancto?
k – k praeferebant hypocrisin paupertatis et humilitatis, politiae et Oeconomiae, cum hae mandatum Dei habeant lat. 4° (1531) | l – l communio Platonica lat. 4° (1531)
tinus nivellierten oder sogar völlig leugneten und die natürlichen Anlagen und Kräfte des Menschen, sofern diese nur recht gebraucht würden, für hinreichend zur Seligkeit erklärten. | 854 Anhänger einer von ihrem Stifter Mani im 3. Jh. bewusst synkretistisch begründeten Religion, die einen strengen Dualismus lehrte und in der Alten Welt zu einem ernsthaften Konkurrenten des Christentums avancierte. | 855 Vgl. Confutatio XVIII, in: Immenkötter, Confutatio, 117,13–119,3: „Nam sic catholicos convenit media via incedere, ne nimium tribuant libero arbitrio cum Pelagianis neque omnem libertatem ei adimant cum impiis Manicheis. Nam utrumque non caret vitio. Sic Augustinus inquit: Liberum arbitrium inesse hominibus, certa fide credimus et praedicamus indubitanter. Namque inhumanus est error negare liberum arbitrium in homine, quod quilibet in se ipso experitur et toties in sacris litteris asseritur“ (deutsch: ebd., 116,16–118,3). | 856 Duns Scotus, Liber sententiarum III d. 27 q. 1, in: DOO 7,2, 644f; Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum II 28B, in: BCS 2, 529–531, unterscheidet die dem natürlichen Menschen mögliche Erfüllung der Gebote quantum ad substantiam actus und die nur durch die gratia gratum faciens mögliche quantum ad intentionem praecipientis. Der Widerspruch dagegen gehört zu Luthers frühesten und bleibenden Einwänden gegen die scholastische Lehre.
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Wieviel unzelich irthumb erfolgen aus dieser Pelagianischen lere, die sie gleichwol inn ihren Schulen gar starck treiben und predigen!α Dieselbigen irthumb widderficht Augustinus aus Paulo auffs hefftigest, wilchs meinung wir oben „de iustificatione“ gesetzt.857 Und wir sagen auch, das die vernunfft etlichermas einen freien willen hat. Denn inn den dingen, wilche mit der vernunfft zu fassen, zu begreiffen sein, haben wir einen freien willen. Es ist etlichermas inn uns ein vermügen, eusserlich erbar zu leben, von Gott zu reden, ein eusserlichen Gottesdienst odder heilig geberde zu erzeigen, oberkeit und eltern zu gehorchen, nicht [zu] stelen, nicht [zu] tödten. Denn dieweil nach Adams fal gleichwol [r4r] bleibt die natürlich vernunfft, das ich böses und gutes kenne inn den dingen, die mit synnen und vernunfft zu begreiffen sein, so ist auch etlichermas unsers freien willens vermügen, erbar odder unerbar zu leben. Das nennet die heilige schrifft die „gerechtigkeit des gesetzs odder fleischs“, wilche die vernunfft etlichermas vermag one den heiligen geist, wiewol die angeborne böse lust so gewaltig ist, das die menschen öffter denselbigen folgen denn der vernunfft; und der Teuffel, wilcher, wie Paulus sagt, krefftiglich wircket inn den Gottlosen, reitzet one unterlas die arme, schwache natur zu allen sunden.858 Und das ist die ursache, warümb auch wenig der natürlichen vernunfft nach ein erbar leben füren, wie wir sehen, das auch wenig Philosophi, wilche doch darnach hefftig sich bemühet, ein erbar, eusserlich leben recht gefurt haben. Das ist aber falsch und erticht, das diejhenigen solten one sunde | sein, die solch wercke thun βausserhalben der gnaden, odder das solch gute wercke „de congruo“ vergebung der sunde und gnade verdienen solten.β Denn solche hertzen, die one den heiligen geist sein, die sind one Gottesforcht, one glauben, vertrauen, gleuben nicht, das Gott sie erhöre, das er ihr sunde vergebe, das er ihnen inn nöten helffe, darümb sind sie Gottlos. Nu „kan ein böserp baum nicht gute frucht tragenq“859, und „one glauben rkan niemandsr Gott gefal[r4v]len.“860 Darümb, ob wir gleich nachgeben, das inn unserm vermügen sey, γsolch eusserlichγ werck zu thun, so sagen wir doch, das der freie wille und vernunfft inn geistlichen sachenδ nichts vermag, nemlich, Gott warlich gleuben, gewis sich zu verlassen, das Gott bey uns sey, uns erhöre, unser sunde vergebe etc. Denn das sind die rechten, hohen, edelsten guten wercke der ersten Taffel inn Zehen geboten,861 die vermag kein menschenhertz one des heiligen geists liecht und gnade, wie Paulus sagt zu den Corinthern: „Der natürlich mensch vernimpt nichts vom geist Gottes“862, das ist: Ein mensch, der nicht erleucht ist durch Gottes geist, vernimpt gar nichts aus natürlicher vernunfft von
p
fauler L45 | q bringen L45 | r – r ist es unmöglich L45
β–β
das solche werck verdienen solten vergebung der sunden, das man von wegen solcher werck fur Gott gerecht sein solt. dt. 8° (1533) | γ – γ eusserlich gute dt. 8° (1533) | δ danach: allein dt. 8° (1533)
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Artikel XVIII
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Quam multa absurda sequuntur ex his Pelagianis opinionibus, quae in scholis magna auctoritate docentur. Has Augustinus sequens Paulum magna contentione refutat. Cuius sententiam supra in articulo de Iustificatione recitavimus. Neque vero adimimus humanae voluntati libertatem. Habet humana voluntas libertatem in operibus et rebus deligendisη, quas ratio per se comprehendit. Potest aliquo modo efficere iustitiam civilem seu iustitiam operum; potest loqui de Deo, exhibere Deo certum cultum externo opere, oboedire magistratibus, parentibus in opere externo eligendo; potest continere manus a caede, ab adulterio, aθ furto. Cum reliqua sit in natura hominis ratio et iudicium de rebus sensui subiectis, reliquus est etiam delectus earum rerum et libertas et facultas efficiendae iustitiae civilis. | Id enim vocat Scriptura iustitiam carnis, quam natura carnalis, hoc est ratio, per se efficit sine spiri[H5r]tu sancto. Quamquam tanta est vis concupiscentiae, ut malis affectibus saepius obtemperent homines quam recto iudicio. Et diabolus, qui est efficax in Impiis, ut ait Paulus, non desinit incitare hanc imbecillem naturam ad varia delicta.467
Hae causae sunt, quare et civilis iustitia rara sit inter homines, sicut videmus, ne ipsos quidem Philosophos eam consecutos esse, qui videntur eam expetivisse. Illud autem falsum est non peccare hominem, qui facit opera praeceptorum extra gratiam. Et addunt amplius mtalibus operibus necessario deberim remissionem peccatorum ac iustificationem. Nam humana corda sine spiritu sancto sunt sine timore Dei; sine fiducia erga Deum non credunt se exaudiri, sibi ignosci, se iuvari et servari a Deo. Igitur sunt impia. Porro arbor mala non potest ferren bonos fructus.468 Et sine fide impossibile est Deo placere.469
Igitur etiam si concedimus libero arbitrio libertatem et facultatem externa opera legis efficiendi, tamen illa spiritualia non tribuimus libero arbitrio, scilicet vere timere Deum, vere credere Deo, vere statuere ac sentire, quod Deus nos respiciat, exaudiat, ignoscat nobis etc. Haec sunt vera [H5v] opera primae tabulae, quae non potest humanum cor efficere sine spiritu sancto,
m–m η
talia opera etiam de congruo mereri lat. 4° (1531) | n facere Vg Clem.
diligendis lat. 8° (1542) | θ nicht in lat. 8° (1542/1559)
467
Vgl. Eph 2,2. | 468 Mt 7,18 | 469 Hebr 11,6
857
Vgl. o. S. 307,12–20 (deutsch: 306,22–34). | Vgl. o. S. 252, Anm. 48. | 862 I Kor 2,14
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858
Vgl. Eph 2,2. |
859
Mt 7,18 |
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Hebr 11,6
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Gottes willen odder Götlichen sachen. Und das εempfinden die menschen,ε wenn ζsie ihr hertz fragen,ζ wie sieη gegen Gottes willen gesinnet seinθ, ob sieι auch gewis κdafur halten,κ das Gott λihr863 warneme und sie erhöre.λ Denn solchs gewis zu gleuben und also auff ein unsichtbarn Gott sich gantz wagen und verlassen und, wie Petrus sagt, den Christum, den wir nicht sehen, lieben und gros achten,864 das kömpt auch die heiligens schweer an; wie solt es denn inn Gottlosen leicht sein? Denn865 aber heben wir an recht zu gleuben, wenn unser hertzen erst erschrecket werden und durch Christum widder μauffgericht, da wir durch den heiligen geist neu geboren werden, wie oben gesagt.μ Darümb ists gut, das man dieses klar un[s1r]terscheidet, nemlich, das die vernunfft und frey wille vermag etlichermas eusserlich erbar zu leben. Aber νneu geborn werden,ν innwendig ander hertz, syn und mut kriegen,ξ das wircket alleinο der heilig geist, also bleibt weltlich eusserlich zucht. Denn Gott wil ungeschickts, wilds, freches wesen und leben nicht haben, und [es] wird doch ein recht unterscheid gemacht unter866 eusserlichem weltleben und frömkeit und der frömkeit, die fur Gott gilt, die nicht Philosophisch eusserlich ist, sondern innwendig im hertzen. Und diese unterscheid haben wir nicht erticht, sondern die heilige schrifft setzet solchs klar, so handelts auch Augustinus.867 Und ist neulich von Guilhelmo | Parisiensi auch fleissig geschrieben und gehandelt.868 Aber diejhenigen, die ihnen869 selbst ertichten und ertreumen, als vermügen die menschen Gottes gesetz zu halten one den heiligen geist und als πwerde der heilige geist uns gnade geben inn ansehung unsers verdiensts,π haben diese nötige lere schendlich unterdrückt.
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[Die Ursache der Sünde] Den xix. Artikel870 lassen ihnen871 die widdersacher gefallen,872 da wir leren, das, wiewol der einig Gott die gantz welt und gantze natur geschaffen hat und alle stunde alle creaturn erheltet, so ist er doch nicht ein ursach der sunde, sondern der böse willet inn Teuffeln und menschen, der sich von Gott abkeret, der ist ein ursach der sunde, wie Christus sagt von dem Teuffel: „wenn er lügen redet, so redet er ausu seinem eigen.“873
s
cj.: heilige; heiligen CR | t cj.: wilde; wille CR | u von L45
ε – ε befindet ein jglicher, dt. 8° (1533) | ζ – ζ er sein eigen hertz fraget, dt. 8° (1533) | η es dt. 8° (1533) | θ sey dt. 8° (1533) | ι er dt. 8° (1533) | κ – κ sich schliesse und halt, dt. 8° (1533) | λ – λ ihn erhöre, annemen und helffen wölle. dt. 8° (1533) | μ – μ aufgericht. Und so das hertz durch Gottes wort getröst wird, empfehet es zugleich den heiligen geist, denn Gott wirckt durch sein wort. Also wird das hertz neue geborn, wie droben gesagt ist. dt. 8° (1533) | ν – ν nicht in dt. 8° (1533) ξ danach: glauben und forcht gegen Gott, dt. 8° (1533) | ο nicht in dt. 8° (1533) | π – π seien wir von wegen solcher werck gerecht fur Gott, dt. 8° (1533) 863 ihrer | 864 Vgl. I Petr 1,8. | 865 Dann | 866 zwischen | 867 Vgl. die in CA XVIII (o. S. 114f) zitierte Stelle aus Ps.-Augustinus, Hypomnesticon (Hypognosticon) III, 4, 5, in: PL 44, 1623f. 868 Wilhelm Peraldus, Summae virtutum ac vitiorum. Tomus 1. Tertiae partis principalis de
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Artikel XVIII und XIX
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sicut ait Paulus: Animalis homo, hoc est homo tantum naturalibus viribus utens, non percipit ea, quae Dei sunt.470 Et hoc iudicariι potest, si considerent homines, quomodo corda de voluntate Dei sentiant, Utrum vere statuant se respici et exaudiri a Deo. Hanc fidem difficile est et sanctis retinere, tantum abest, ut sit in impiis. Concipitur autem, ut supra diximus, cum corda perterrefacta Evangelium audiunt et consolationem concipiunt.
Prodest igitur ista distributio, in qua tribuitur libero arbitrio iustitia civilis et iustitia spiritualis gubernationi spiritus sancti in renatis. Ita enim retinetur paedagogia, quia omnes homines pariter debent scire, et quod Deus illam civilem iustitiam requirat et quod aliquo modo praestare eam possimus. Et tamen ostenditur discrimen inter iustitiam humanam et spiritualem, inter Philosophicam et doctrinam spiritus sancti et intelligi potest, ad quid opus sit spiritu sancto. Neque haec distributio a nobis inventa est, sed scriptura clarissime tradit eam. Tractat eam et Augustinus et est recens egregieκ tractata a Guielmo Parisiensi, sed [H6r] | sceleste obruta est ab istis, qui somniaverunt homines legi Dei oboedire posse sine spiritu sancto, dari autem spiritum sanctum, ut accedat respectus meritorii.
[De causa peccati] 20
Articulum XIX. recipiunt adversarii, in quo confitemur, quod etsi unus ac solus Deus condiderit universam naturam et conservet omnia, quae exsistunt, tamen causa peccati sit voluntas in diabolo et hominibus avertens se a Deo iuxta dictum Christi de diabolo: Cum loquitur mendacium, ex propriis loquitur.471
ι
iudicare lat. 4° (1540) | κ egregia lat. 4° (1540)
470
I Kor 2,14 | 471 Joh 8,44
quatuor virtutibus cardinalibus. Tractatus quintus: De Iustitia, Antwerpen 1571, D5v–N1r (214–281). | 869 sich | 870 Vgl. CA XIX, o. S. 114f. | 871 sich | 872 Vgl. Confutatio XIX, in: Immenkötter, Confutatio, 121,2–7: „Articulus decimus nonus itidem probatur et acceptatur. Deus enim, summe bonus, non est auctor malorum sed voluntas rationalis, defectibilis causa est peccati. Quare nullus scelera sua et facinora imputet deo sed sibi iuxta illud Hieremiae 2[,19]: Arguet te malitia tua, et aversio tua increpabit te. Et illud Oseae 13[,9]: Perditio tua, Israhel, tantummodo in me auxilium tuum. Et David in spiritu cognovit deum esse hunc, qui nolit iniquitatem, Psalmo quinto [,5]“ (deutsch: ebd., 120,2–10). | 873 Joh 8,44
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[Von den guten Werken]
ρ
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[s1v] Im xx. Artikel874 setzen sie klar diese wort, das sie unser lere verwerffen und verdamnen,875 da wir sagen, das die leute durch gute wercke nicht verdienen vergebung der sunde. Das mercke jderman wol: eben den Artikel verdamnen und verwerffen sie mit klaren worten. Was ist nu not, inn dieser offentlichen sachen viel wort zu machen? Die grossen Docter und meister der Confutation geben da offentlich an tag, was fur ein geist aus ihnen redet. Denn inn der Christlichen kirchen ist das kein geringer Artikel, sondern der allerhohist und heuptartikel, das wir vergebung der sunde erlangen one unsern verdienst durch Christum und das nicht unsere wercke, sondern Christus sey die versunung fur unsere sunde, wie Petrus sagt: „vDem Jhesu geben zeugnisv alle Propheten, das wirw vergebung der sunde erlangen, alle, die an ihnen gleuben.“876 Solch starck zeugnis aller heiligen Propheten mag billich ein beschlus heissen der Catholice Christlichen kirchen, Denn auch ein einiger Prophet gar gros bey Gott geacht und ein weltschatz ist derselbigen heiligen kirchen. Und dem eintrechtigen munde aller Propheten sollen wir billicher gleuben denn den heilosen, Gottlosen Sophisten, so die Confutation gemacht haben und Christum so unverschampt lestern. Denn wiewol etliche lerer also auch davon geschrieben, das wir hernach, wenn uns die sunde vergeben ist, nicht durch den glauben, sondern durch unser eigen | werck gnade erlangen, so haben sie doch [s2r] das nicht gehalten, das die vergebung der sunde an ihr selbst umb unser werck willen uns widderfare und nicht umb Christus willen. Darümb ist es ein greulich Gottslesterung, die ehre Christi also unsern menschenwercken zu geben. Und wir vortrösten und versehen uns zu Keiserlicher Maiestat und auch andern Fürsten dieser Keiserlichen, Fürstlichen tugent, das sie so offentliche unwarheit und ungrund, dadurch fur aller welt Gott und das Evangelium gelestert wird, inn keinen weg würden inn der Confutation, wenn sie verwarnet weren, gelassen haben. Denn das dieser artikel gewislich Göttlich und war ist und das diesx die heilige Göttliche warheit sey, köndten wir hie gar nahezuy unzeliche sprüche der schrifft furbringen, auch aus den Vetern. Und ist gar nahezuz kein syllabe, kein blat inn der Bibel, inn den furnemsten büchern der heiligen schriffte, da das nicht klar gemeldet were. Wir haben oben auch viel von diesen stücken gesagt. Und Gottförchtige, frome hertzen, die da wol wissen, warümb Christus geben ist, die da nicht fur aller welt güter und Königreiche emperen877 wolten, das Christus nicht unser einiger schatz, unser einiger mitler und versüner were, die
v – v Von diesem zeugen L45 | nahe CR
w
nicht in L45 |
x
cj.: di; dis CR |
y
cj.: nahe; nahe CR |
ρ–ρ
z
cj.: nahe;
dt. 8° (1533) bietet von hier an bis S. 558,18 [an Christum.] eine völlige Neubearbeitung; vgl. QuM I, 714,31–717,16 [Von vergebung ... lassen. Amen.]
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Artikel XX
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[De bonis operibus]
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In Articulo XX. diserte ponunt haec verba, quod reiciant et improbent hoc, quod dicimus, quod non mereantur homines remissionem peccatorum bonis operibus. Hunc articulum clare praedicant se reiicere et improbare. Quid in re tam manifesta dicendum est? Hic aperte ostendunt architecti confutationis, quo spiritu agantur. Quid est enim certius in Ecclesia, quam quod remissio peccatorum contingat gratis propter Christum, quod Christus sit propitiatio pro peccatis, non nostra opera, sicut Petrus inquit: Huic omnes Prophetae perhibent testimonium oin nomine ipsiuso accipere remissionem peccatorum omnes, qui credunt in eum.472
Huic [H6v] Ecclesiae Prophetarum assentiamur potius quam istis perditis Scriptoribus confutationis, qui tam impudenter blasphemant Christum. Nam etiam si qui fuerunt Scriptores, qui senserunt postλ remissionem peccatorum homines iustos esse coram Deo, non fide, sed ipsis operibus, tamen hoc non senserunt, quod ipsa remissio peccatorum contingat propter opera nostra, non gratis propter Christum.
Non ferenda est igitur blasphemia tribuere honorem Christi nostris operibus. Nihil pudet iam istos theologos, si talem sententiam in Ecclesia audent ferre. Neque dubitamus, quin optimus Imperator ac plerique Principum hunc locum nullo modo fuerint in confutatione relicturi, si essent admoniti. Infinita hoc loco testimonia ex Scriptura, ex Patribus citare possemus. Verum et supra satis multa de hac re diximus. Et nihil opus est pluribus testimoniis illi,
o–o λ
per nomen eius Vg Clem.
nicht in lat. 4° (1540)
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Act 10,43
874 Vgl. CA XX, o. S. 116–129. 875 Vgl. Confutatio XX, in: Immenkötter, Confutatio, | 121,9–123,1: „In articulo vicesimo, qui non tam continet confessionem principum ac civitatum quam excusationem concionatorum, unum dumtaxat est, quod ad principes et civitates pertinet, de bonis scilicet operibus, quod non mereantur remissionem peccatorum, quod, ut superius reiectum ac improbatum est, ita et nunc reiicitur ac improbatur“ (deutsch: ebd., 120,12–16). 876 Act 10,43 | 877 entbehren, darauf verzichten
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müssen sich hie entsetzen und erschrecken, das Gottes heilig wort und warheit so offentlich von armen menschen verachtet und verdampt wird. Esaias, der Prophet, sagt: „Der Herre ahat auff ihnen gelegta unser aller sunde“878; die widder[s2v]sacher aber lügenstraffen Esaiam und die gantze Bibel und schrifft und sagen, Er habe unser sunde auff uns und unsere wercke und bettelisch gnugthuung gelegt. Ich wil dennoch hie schweigen der kindischen werck, rosenkrentz, walfarten etc. und dergleichen etc. Wir sehen gar wol die ernstliche mandat und das Keiserlich Edict, widder uns und unsere lere ausgangen,879 des solten wir billich erschrecken, wenn wir von leichten, geringen sachen odder von sachen, die inn zweifel stünden, zu handeln hetten. Nachdem wir aber – Gottlob! – durch Gottes wort inn unsern hertzen und gewissen des gantz one allen zweifel fur Gott gewis sein, das die widdersacher verdamnen die offentlichen, Göttlichen warheit und die rechten Christliche, selige, heilige lere, one wilche kein Christlich kirche irgent sein kan, wilche ein jder Christ, sofern sein leib und leben reicht, schüldig ist, zu der ehre Gottes zu bekennen, zu retten und zu schutzen, So lassen wir uns von solcher heilsamer lahr nicht abschrecken. Denn wer wolt ihm doch nicht wünschen an seinem letzten ende, das er inn bekentnis des artikels sterben möcht, das wir vergebung der sunde durch den glauben one unsere verdienst und wercke durch das blut Christi erlangen? Es gibt die erfarung, wie die Mönche selbst bekennen müssen, das sich die gewissen nicht lassen stillen noch zu friden bringen denn durch [s3r] den glauben an Christum; und die gewissen können keinen rechten bestendigen trost haben inn den grossen engsten an der todstunde und inn anfechtung wider das gros schrecken des tods, der sunde, wenn sie nicht an die zusage der gnade inn Christo sich | halten. Auch können sie keinen bestendigen trost haben widder den Teuffel, wilcher denn erst starck die hertzen drenget und engstet, zur verzweifelung reitzt und alle unser werck inn einem augenblick wie den staub hinwegbleset, wenn sie nicht an dem Evangelio, an dieser lere festhalten, das wir one unsern verdienst durch das teuer blut Christi vergebung der sunde erlangen. Denn der glaub allein erquicket und erhelt uns inn dem grossen todskampff, inn den grossen engsten, wenn kein Creatur helffen kan, ja, wenn wir ausserhalb dieser gantzen sichtlichen creatur von dannen inn ein ander wesen und welt sollen abscheiden und sterben. Darümb ist es ein sache, die warlich der rede werd ist, umb wilcher willen ein jder Christ von hertzen gerne alles wagen und inn far setzen sol. Darümb alle diejhenigen, so dieser unser Confession anhangen, dörffen sich nicht schrecken odder irren lassen, sondern mügen inn aller freidigkeit auff Gott und den Herrn Christum es getrost und frölich wagen Und diese offentliche warheit widder alle welt, Tiranney, zorn, trauen, schrecken, auch widder alles a–a
warf auf ihn L45
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Jes 53,6 | 879 Der endgültige Abschied des Augsburger Reichstages vom 19. November 1530.
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qui scit, quare Christus nobis donatus sit, qui scit Christum esse propitiationem pro peccatis nostris. Esaias inquit: Posuit Dominus in eo iniquitatesp omnium nostrum.473 Adversarii contra docent Deum ponere iniquitates nostras non in Christo, sed in nostris operibus. Neque hic dicere libet, qualia opera doceant.
Videmus horribile decretum contra nos composi[H7r]tum esse, quod magis terreret nos, si de ambiguis aut levibus rebus contenderemus. Nunc cum conscientiae nostrae intelligant damnari ab adversariis manifestam veritatem, cuius propugnatio Ecclesiae ne|cessaria est et amplificat gloriam Christi, facile terrores mundi contemnimus et ingenti animo, si quid erit patiendum, propter gloriam Christi, propter utilitatem Ecclesiae feremus. Quis non gaudeat mori in confessione horum articulorum, quod remissionem peccatorum fide consequamur gratis propter Christum, quod operibus nostris non mereamur remissionem peccatorum?
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Nullam habebunt satis firmam consolationem conscientiae piorum adversus terrores peccati et mortis et adversus diabolum sollicitantem ad desperationem, si non sciant se debere statuere, quod gratis propter Christum habeant remissionem peccatorum. Haec fides sustentat et vivificat corda in illo asperrimo certamine desperationis.
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Digna igitur causa est, propter quam nullum recusemus periculum. Tu ne cede malis, sed contra audentior ito,474 quisquis assentiris confessioni nostrae, cum adversarii terroribus, cruciatibus, suppliciis conantur excutere tibi
p
iniquitatem Vg Clem.
473
Jes 53,6 | 474 Vergil, Aeneis VI, 95.
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Tirannisch teglich morden und verfolgen frölich bekennen. [s3v] Denn wer wolt ihm doch solchen grossen, ja, ewigen trost, daran der gantzen Christlichen kirchen alles heil gelegen ist, nemen lassen? Wer die Bibel inn die hand nimpt und mit ernst lieset, der merckt balde, das allenthalben inn der schrifft diese lere gegründet ist. Denn Paulus sagt klar zun Römern am iii. und iiii., Das die sunde one verdienst umb Christus willen vergeben werden; darümb sagt er: „bWir werden gerecht durch den glauben one verdienstb, das die verheissung fest stehec“880, das ist, so die verheissung aus unsern wercken were, so were sie nicht fest. Und wenn die gnade odder vergebung der sunde geben würde umb unser werck willen, wenn881 würden wir denn gewis, das wir gnade erlanget hetten? Wenn882 wolt das gewissen ein solch werck finden, das gnug were, Gottes zorn zu versünen? Wir haben hieoben davon gnug gesagt,883 da mag ein jder sprüche der schrifft, so diese lere gründen, suchen. Denn an diesem ort hat mich bewegt, so hefftig zu klagen, die greuliche, unverschampt, ubermacht884, furgefast bosheit der widdersacher, da sie mit klaren worten setzen, das sie diesen artikel verwerffen, das wir vergebung der sunde erlangen nicht durch unser wercke, sondern one verdienst durch den glauben an Christum.ρ Die widdersacher furen auch etliche sprüche der schrifft ein, warümb sie diesen artikel verdamnen, nemlich bringen sie den spruch Petri her[s4r]vord:885 Fleisset euch, euern beruff fest zu machen durch gute wercke etc.886 Da sihet jderman, das unser widdersacher ihr gelt nicht ubel angelegt, da sie Dialecticam studirt haben, Denn sie mügen die sprüch der schrifft gereimet, ungereimt, schlieslich, unschlieslich, wie sie wöllen und wie es ihnen gefellet, einfüren. Denn also schliessen sie: Petrus sagt: | Fleisset euch, durch gute wercke euern beruff fest zu machen,887 darümb verdienen wir durch wercke vergebung der sunde. Es ist warlich ein fein argumentation, als wenn einer spreche von einem beklagten im halsgericht, wilchem das leben gefriestet were: Der richter hat geboten, das der forthin sich solcher ubelthat sol enthalten, darümb so hat er verdienet mit solchem enthalten, das ihm das leben gefristet ist. Also argumentirn, das heist „ex non causa causam“ machen. Denn Petrus redet von guten wercken und früchten, die da folgen dem glauben, und leret, warümb man sie thun solle, nemlich, das wir unsern beruff fest machen, das ist, das wir nicht widderümb vom Evangelio fallen, wenn wir widderümb sundigeten, wil sagen: Thut gute wercke, das ihr bey dem Evangelio, bey euerm himlischen beruff bleibt, das ihr nicht widder abfallet, kalt werdet, verlieret geist und gaben, die euch aus gnaden durch Christum widderfaren sind, nicht umb der folgenden werck willen, Denn inn
b – b Derhalben muß die Gerechtigkeit durch den Glauben kommen L45 | erfur; erfur CR 880 885
c
bleibe L45 |
d
cj.:
Röm 4,16; vgl. Röm 3,24f.28. | 881 wann | 882 Wann | 883 Vgl. o. S. 284f. | 884 unerhörte Vgl. Confutatio XX, in: Immenkötter, Confutatio, 123,6–8: „Cur sanctus Petrus tam obnixe
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Artikel XX
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tantam consolationem, quae universae Ecclesiae in hoc nostro articulo proposita [H7v] est.
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Non deerunt quaerenti testimonia Scripturae, quae confirmabunt animum. Nam Paulus tota voce, ut dicitur, clamitat Roma. 3. et 4. gratis remitti peccata propter Christum. Ideo inquit: ex fide iustificamur et gratis, ut firma sit promissio.475 Id est, Si ex nostris operibus penderet promissio, non esset firma. Si propter nostra opera daretur remissio peccatorum, quando sciremus eam nos consecutus esse? quando reperiret opus conscientia territa, quod statueret ad placandam iram Dei sufficere? Sed supra de tota re diximus. Inde lector sumat testimonia. Nam hanc non disputationem, sed querelam indignitas rei nobis expressit, quod hoc loco diserte posuerunt se improbare hunc nostrum articulum, quod remissionem peccatorum consequamur non propter opera nostra, sed fide et gratis propter Christum.
Adversarii etiam addunt testimonia suae condemnationi. Et operaeμ pretium est unum atque alterum recitare. Allegant ex Petro: Studete firmam facere vocationem vestram etc.476 Iam vides lector adversarios nostros non perdidisse operam in discenda Dialectica, sed habere artificium ratiocinandi ex Scripturis prorsus, quidquid libet. Facite firmam vocationem vestram per bona opera. Igitur opera merentur remissionem pecca[H8r]torum. Sane concinna erit argumentatio, Si quis sic ratiocinetur de reo capitalis poenae, cui poena remissa est. Magistratus praecipit, ut in posterum abstineas ab alieno. Igitur per hoc meritus es condonationem poenae, quod nunc ab alieno absti|nes. Sic argumentari est ex non causa causam facere. Nam Petrus loquitur de operibus sequentibus remissionem peccatorum et docet, quare sint facienda, scilicet ut sit firma vocatio, hoc est, ne vocatione sua excidant, si iterum peccent. Facite bona opera, ut perseveretis in vocatione, ne amittatis dona vocationis, quae prius contigerunt non propter sequentia opera, sed iam
μ
opere lat. 4° (1540)
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Röm 4,16; vgl. Röm 3,24f.28. | 476 Vgl. II Petr 1,10.
nos hortatus esset ad opera dicens: Quapropter, fratres mei, satagite, ut per bona opera vestra certam vocationem vestram et electionem faciatis? 2 Petri 1[,10]“ (deutsch: ebd., 122,7–12). 886 Vgl. II Petr 1,10. | 887 Vgl. II Petr 1,10.
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dem beruff bleibt man fest σdurch den glauben, und der glaube und heilig geist bleibt inn denjhenigen nicht, die sundlich leben füren.σ [s4v] Der sprüche und zeugnis setzen sie mehr, die sich ebensowol reimen. Dazu dürffen sie888 sagen888 das diese meinung fur tausent jaren zu Augustinus zeiten verdamnet sey;889 das ist nicht war, sondern ein lügen. Denn die Christlich kirche hat allzeit gehalten, das vergebung der sunde one verdienst uns widderfare, und die Pelagiani sind darümb verdampt, die da sagten, τDie gnade würde uns gebenτ umb unser werck willen.890 Wir haben oben gnug angezeigt, das wir auch leren, das, wo glaub ist, da sollen gute früchte und gute wercke folgen, Denn wir thun das gesetz nicht ab, sondern richten es auff, wie Paulus sagt.891 Denn wenn wir durch glauben den heiligen geist entpfangen haben, so folgen gute früchte, da nemen wir denn zu inn der liebe, inn gedult, inn keuscheit und andern früchten des geistes.
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Von anruffen der Heiligen
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Den xxi. artikel892 verdamnen die widdersacher gantz,893 das wir von anruffen der Heiligen nichts leren, und sie handeln kein [anderes] stücke so gar mit weitleufftigem geschwetze und richten doch nichtsυ aus, denn das sie sagen, man solle die heiligen [t1r] ehren. Item, sie probirn894, die lebendigen heiligen beten einer fur den andern, daraus schliessen | sie, das man die todten heiligen solle und müsse anruffen. Sie zihen an Cyprianum, der hab Cornelium, da er noche gelebet, gebeten, das er, wenn er gestorben were, fur die brüder bitten wolte.895 Damit beweisen sie, das man die todten heiligen müsse anruffen. Auch zihen sie an Hieronymum „Wider Vigilantium“ und sagen: Inn dieser sache hat fur Tausent jaren Hieronymus Vigilantium uberwunden.896 Also gehen sie uberhin, meinen, sie haben weit gewonnen, und sehen die groben Esel nicht, das inn Hieronymo „Widder Vigilantium“ kein syllabe stehet von anruffen der heiligen. Hieronymus redet nicht von anruffen der heiligen, sondern von heiligen ehren.897 Auch so haben die alten lerer fur898 Gregorius zeiten des anruffens der heiligen nicht gedacht.899 Und die anrue
cj.: nach; noch CR
σ – σ dt. 8° (1533): s. QuM I, 717,37–718,2 [so man ... zu sunden.] | sunden dt. 8° (1533) | υ nicht mehr dt. 8° (1533)
τ–τ
wir hetten vergebung der
888
wagen sie, zu | 889 Vgl. Confutatio XX, in: Immenkötter, Confutatio, 123,20f: „Haec autem de bonis operibus opinio etiam ante mille centum annos tempore Augustini damnata fuit et reprobata“ (deutsch: ebd., 122,25–27). Dies geschah auf der Zweiten Synode von Orange 529. Vgl. DH 388. Vgl. dazu auch Immenkötter, Confutatio, 123 mit Anm. 64. | 890 So geschehen auf den Synoden von Karthago und Mileve 416 und dem Konzil von Ephesus 431. | 891 Vgl. Röm 3,31. 892 Vgl. CA XXI, o. S. 128–131. | 893 Vgl. Confutatio XXI, in: Immenkötter, Confutatio, 125,2–131,12 (deutsch: ebd., 124,2–130,13). | 894 argumentieren, führen an, machen geltend 895 Cyprian, Epistula LX, 5 (Cornelio fratri), in: PL 3, 863 (CSEL 3/2, 695,7). Vgl. Confutatio XXI, in: Immenkötter, Confutatio, 129,8–12: „Postremo sanctus Ciprianus martyr ante mille ducentos et quinquaginta annos scripsit Cornelio papae, lib. 1. ep. 1, petens, ut si quis eorum prior decesse-
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Artikel XX und XXI
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retinentur fide; et fides non manet in his, qui amittunt spiritum sanctum, qui abiciunt poenitentiam, sicut supra diximus477 fidem exsistere in poenitentia. Addunt alia testimonia non melius cohaerentia. Postremo dicunt hanc opinionem ante mille annos Augustini tempore damnatam esse. Id quoque falsissimum est. Semper enim Ecclesia Christi sensit remissionem peccatorum gratis contingere. Imo Pelagiani damnati sunt, qui gratiam propter opera nostra dari contendebant. Ceterum supra satis ostendimus, quod sentiamus bona opera necessario sequi debere fidem. Non enim abolemus legem, inquit Paulus, sed stabilimus,478 quia [H8v] cum fide accepimusν spiritum sanctum, necessario sequitur legis impletio, quae subinde crescit dilectio, patientia, castitas et alii fructus spiritus.
De invocatione sanctorum
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Articulum XXI. simpliciter damnant, quod invocationem sanctorum non requirimus. Nec ullo in loco prolixius rhetoricantur. Neque tamen aliud quidquam efficiunt quam sanctos honorandos esse, Item sanctos, qui vivunt, orare pro aliis, quasi vero propterea necessaria sit invocatio mortuorum sanctorum. Allegant Cyprianum, quod vivum Cornelium rogaverit, ut discedens pro fratribus oret. Hoc exemplo probant mortuorum invocationem. Citant et Hieronymum contra Vigilantium. In hac arena, inquiunt, ante mille et centum annos vicit Hieronymus Vigilantium. Sic triumphant adversarii, quasi iam sit debellatum. Nec vident isti asini apud Hieronymum contra Vigilantium nullam exstare syllabam de invocatione! Loquitur de honoribus sanctorum, non de invocatione. Neque reliqui veteres Scriptores ante Gregorium fecerunt mentionem invocationis. [I1r] Certe haec invocatio cum his
ν
accipimus lat. 8° (1542/1559)
477 Vgl. o. S. 325,7–18 (deutsch: 324,12–26); vgl. hierzu auch das Zitat des direkt vorausgehenden Textes (559,23–561,2) in: FC.SD IV, u. S. 1427,26–32. | 478 Vgl. Röm 3,31.
rit, pro fratribus et sororibus nostris non cesset oratio. Nisi autem vir sanctus exploratum habuisset sanctos post hanc vitam orare pro vivis, frustra Cornelium hortatus fuisset hoc facere.“ (deutsch: ebd., 128,10–16). | 896 Vigilantius, Presbyter in Aquitanien, wandte sich Anfang des 5. Jahrhunderts gegen den Kult der Märtyrer und ihrer Reliquien. Vgl. Confutatio XXI, in: Immenkötter, Confutatio, 125,6f: „Cum ante mille et centum annos beatus Hieronimus in hac arena vicerit Vigilantium haereticum“ (deutsch: ebd., 124,7–9). | 897 Hieronymus, Liber contra Vigilantium V und VII, in: PL 23, 343. 345. | 898 vor | 899 Man pflegte in der Alten Kirche zwischen der „λατρεία“ Gott gegenüber und dem cultus der Heiligen (Augustinus) zu unterscheiden. Alternativ wurde zwischen „λατρεία“ und „δουλεία“ unterschieden (so z.B. auch im Mittelalter bei Petrus Lombardus, Sententiarum III, d. 9,1, in: PL 192, 776).
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ffung der heiligen, wie auch die applicatio des verdiensts der heiligen, davon die widdersacher leren, hat gar kein grund inn der schrifft. Inn unser Confession leugnen wir nicht, das man die heiligen ehren sol. Denn dreyerley ehre ist, damit man die heiligen ehret. Fur das erst, das wir Gott danck sagen, das er uns an den heiligen Exempel seiner gnaden hat dargestellet, das er hat lerer inn der kirchen und andere gaben geben, und die gaben, weil sie gros sein, sol man [t1v] sie hoch preisen, auch die heiligen selbst loben, die solcher gaben wol gebraucht haben, wie Christus im Evangelio lobet die treuen knechte.900 Die ander ehre, so wir den heiligen thun mügen, das wir an ihrem Exempel unsern glauben stercken. Als wenn ich sehe, das Petro aus so reicher gnade die sunde vergeben ist, da er Chri|stum verleugnet,901 wird mein hertz und gewissen gesterckt, das ich gleube, das die gnade mechtiger sey denn die sunde. Fur das drit ehren wir die heiligen, wenn wir ihrem glauben, ihrer liebe, ihrer gedult Exempeln nachfolgen, ein jder nach seinem beruff. Von dieser rechten ehre der heiligen reden die widdersacher garnichts, allein von dem anruffen der heiligen, wilchs, wenn es auch one ferligkeit der gewissen were, doch nicht not ist, da zancken sie von. Darüber, so geben wir ihnen nach, das die Engel fur uns bitten, denn Zachariae am i. stehet geschrieben, das der Engel bitt:902 „Herre Zebaoth, φwie langφ wiltu χdich nicht erbarmenχ uber Jerusalem?“903 Und wiewol wir nachgeben, das gleich wie die lebendigen heiligen fur die gantzen kirchen bitten inn gemein odder in genere, Also mügen fur die gantzen kirchen die heiligen im himel bitten inn gemein, in genere, doch hat solchs kein zeugnis inn der schrifft denn allein den [t2r] traum, der genomen ist aus dem andern buch Machabeorum904.905 Weitter, ob die heiligen gleich betten fur die kirchen, so folget doch daraus nicht, das man die heiligen solle anruffen, wiewol unser Confession allein dis setzt, inn der schrifft stehe nichts von dem anruffen der heiligen odder das man hülff suchen solle bey den heiligen.906 So man nu widder907 gebot noch zusag noch Exempel aus der schrifft mag furbringen, so folget, das kein hertz noch gewissen darauff sich verlassen kan. Denn dieweil ein jtzlich gebet sol aus dem glauben geschehen, woher wil ich denn wissen, das Gott ihm gefallen lest [das] anruffen der heiligen, wenn ich nicht Gottes wort davon habe? Wodurch werde ich gewis, das die heiligen mein gebet und eines jedern besondern hören? φ–φ
wenn dt. 8° (1533) | χ – χ doch auffhören, zu zörnen dt. 8° (1533)
900
Vgl. Mt 25,21.23. | 901 Vgl. Mt 26,69–75. | 902 Vgl. Confutatio XXI, in: Immenkötter, Confutatio, 127,17–19 (deutsch: ebd., 126,21–24). Luther hatte in seiner Predigt von den Engeln, die er am 29. September 1530 in Coburg gehalten hatte, die Aufgabe der Engel dahingegehend bestimmt, dass „die guten Engel das ergste zum besten wenden, alles wol auslegen, trosten, radten, helffen, schutzen und leren“, in: WA 32, 119,20–22. | 903 Zach 1,12f | 904 Vgl. II Makk 15,12–14. | 905 Vgl. Confutatio XXI, in: Immenkötter, Confutatio, 127,10–16: „Sic in veteri testamento fecerunt Onias et Hieremias. Nam Iudae Machabaeo visus est Onias, summus sacerdos, manus protendens et
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opinionibus, quas nunc docent adversarii de applicatione meritorum, non habet testimonia veterum Scriptorum. Confessio nostra probat honores sanctorum. Nam hic triplex honos probandus est. Primus est gratiarum actio. Debemus enim Deo gratias agere, | quod ostenderit exempla misericordiae, quod significaverit se velle salvare homines, quod dederit doctores aut alia dona Ecclesiae. Et haec dona, ut sunt maxima, amplificanda sunt et laudandi ipsi sancti, qui his donis fideliter usi sunt, sicut Christus laudat fideles negotiatores.479 Secundus cultus est confirmatio fidei nostrae, cum videmus Petro condonari negationem, erigimur et nos, ut magis credamus, quod vere gratia exuberet supra peccatum.480 Tertius honos est imitatio, primum fidei, deinde ceterarum virtutum, quas imitari pro sua quisque vocatione debet. Hos veros honores non requirunt adversarii. Tantum de invocatione, quae etiam si nihil haberet periculi, tamen non est necessaria rixantur.
Praeterea et hoc largimur, quod Angeli orent pro nobis. Exstat enim testimoniumξ Zachariae 1., ubi Angelus orat: Domine exercituum, usque quo tu [I1v] non misereberis Ierusalem481 etc.? De Sanctis etsi concedimus, quod sicut vivi orant pro Ecclesia universaο in genere, ita in caelis orent pro Ecclesia in genere, tametsi testimonium nullum de mortuis orantibus exstat in Scripturis praeter illud somnium sumptum ex libro Machabeorum posteriore.482
Porro ut maxime pro Ecclesia orent Sancti, tamen non sequitur, quod sint invocandi. Quamquam confessio nostra hoc tantum affirmat, quod Scriptura non doceat Sanctorum invocationem seu petere a sanctis auxilium. Cum autem neque praeceptum neque promissio neque exemplum ex Scripturis de invocandis Sanctis afferri possit, Sequitur conscientiam nihil posse certi de illa invocatione habere. Et cum oratio debeat ex fide fieri, quomodo scimus, quod Deus approbet illam invocationem? Unde scimus sine testimonio Scripturae, quod sancti intelligant singulorum preces?
ξ
testimonia lat. 8° (1542/1559) | ο nicht in lat. 4° (1540)
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Vgl. Mt 25,21.23. | 480 Vgl. Röm 5,20. | 481 Sach 1,12 | 482 Vgl. II Makk 15,14.
orans pro omni populo Iudaeorum. Post hoc apparuit alius vir et aetate et gloria mirabilis et magni decoris circa illum, de quo respondens Onias dixit: Hic est fratrum amator et populi Israhel. Hic est, qui multum orat pro populo et universa sancta civitate Hieremias, propheta dei. 2 Machab. 15[,12–14]“ (deutsch: ebd., 126,12–19). | 906 Vgl. CA XXI, o. S. 128–131. | 907 weder
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Etliche machen schlechts908 Götter aus den heiligen und sagen, sie können unser gedancken wissen und uns ins hertz sehen. Dasselbige ertichten sie, nicht das sie damit die heiligen ehren, sondern das sie ihr kretzschmerey909 und jar|marckt, welcher ihnen gelt tregt, verteidigen. Wir sagen noch910 wie vor: inn Gottes wort, inn der schrifft stehet nichts, das die heiligen unser anruffen verstehen, und ob sie es verstünden, das Gott ihm solch anruffen gefallen lasse, so hats jhe kein grund; dawidder können die widdersacher nichts auffbringen. Darümb solten die widdersacher uns zu ungewissen dingen nicht zwingen odder [t2v] dringen, Denn ein gebet one glauben ist nicht ein gebet. Denn das sie sagen, die kirche habe es inn gebrauch, so ists doch gewis, das solchs ein neu brauch in der kirchen ist, Denn die alten Collecten, ob sie wol der heiligen gedencken, so ruffen sie doch die heiligen nicht an.911 Darüber reden die widdersacher nicht allein von anruffen der heiligen, sondern sagen auch, das Gott der heiligen verdienst anneme fur unsere sunde, und machen also aus den heiligen nicht allein furbitter, sondern mitler und versüner. Das ist nu garnicht zu leiden, denn da geben sie die ehre, so Christo allein gebürt, den heiligen, Denn sie machen aus ihnen mitler und versüner. Und wiewol sie wollen unterscheid machen unter912 mitlern, die fur uns bitten, und dem mitler, der uns erlöset und Gott versünet hat,913 so machen sie doch aus den heiligen mitler, dadurch die leute versünet werden. Und das sie sagen, die heiligen sind mitler, fur uns zu bitten, das sagen sie auch one alle schrifft; und wenn man schon davon auffs glimpflichest reden wil, so wird doch Christus und sein wolthat durch solche lere unterdrücket, und [sie] vertrauen da auff die heiligen, da sie auff Christum vertrauen solten, Denn sie ertichten ihnen914 selbst einen wahn, als sey Christus ein strenger richter und die heiligen gnedige, gütige mitler; [sie] flihen also zu den heiligen, scheuen sich fur Christo wie fur einem Tirannen, [t3r] vertrauen mehr auff die güte der heiligen denn auff die güte Christi, lauffen von Christo und suchen der heiligen hülffe; also machen sie im grund doch „mediatores redemptionis“ aus den heiligen. 908 schlicht | 909 Geldgeschäfte | 910 nach | 911 Das Kollekten- oder Tagesgebet (von lateinisch colligere, sammeln) sammelt und bündelt die stillen Gebete der Mitfeiernden und wendet sich immer an Gott. | 912 zwischen | 913 Vgl. Confutatio XXI, in: Immenkötter, Confutatio, 129,13–131,4: „Neque roborata est exhibita confessio ex eo, quia unus sit mediator dei et hominum, 1 Tim. 2[,5] et 1 Joa. 4 [2,1]. Nam etsi fatetur unum esse mediatorem redemptionis Caesarea maiestas cum tota ecclesia, tamen multi sunt mediatores intercessionis. Sic et Moyses fuit mediator et sequester inter deum et hominem, Deut. 5[,5]. Oravit enim pro filiis Israhel, Exodi 17[,4] et 32[,11–13.31f]. Sic oravit sanctus Paulus pro navigantibus, Act. 27[,23f]. Sic sane Paulus ipse petit orari pro se a Romanis, ad Rom. 15,[30] a Chorinthiis, 2 Cor. 1,[11] a Colossensibus, ad Col. 4[,3]. Sic dum Petrus servaretur in carcere, oratio fiebat sine intermissione in ecclesia ad deum pro eo, Act. 12[,5]. Est igitur Christus advocatus noster primaries et quidem maximus, at cum sancti sint membra Christi, 1 Cor. 12[,12.27] et ad Ephes. 5[,30], et voluntatem suam conforment voluntati Christi et videant caput Christum orare pro nobis, quis dubitare potest sanctos hoc idem facere, quod vident Christum facientem“ (deutsch: ebd., 128,17–130,4). | 914 sich
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Quidam plane tribuunt divinitatem sanctis, videlicet quod tacitas cogitationes mentium in nobis cernant. Disputant de matutina et vespertina cognitione483 fortassis, quia dubitant, Utrum mane anπ vesperi audiant. Haec comminiscuntur, non ut sanctos honore afficiant, sed ut quaestuosos cultus defendant. Nihil afferri potest [I2r] ab adversariis contra hanc rationem, quod, cum invocatio non habetq testimonium ex verbo Dei, non possit affirmari, quod sancti intelligant invo|cationem nostram aut, ut maxime intelligant, quod Deus eam approbet. Quare adversarii non debebant nos ad rem incertam cogere, quia oratio sine fide non est oratio. Nam quod allegant Ecclesiae exemplum, constat novum hunc in Ecclesia morem esse. Nam veteres orationes, etsi mentionem sanctorum faciunt, non tamen invocant Sanctos. Quamquam etiam illa nova invocatio in Ecclesia dissimilis est invocationi singulorum. Deinde adversarii non solum invocationem in cultu sanctorum requirunt, sed etiam applicant merita sanctorum pro aliis et faciunt ex sanctis non solum deprecatores, sed etiam propitiatores. Id nullo modo ferendum est. Nam hic prorsus transfertur in sanctos proprius honor Christi. Faciunt enim eos mediatores et propitiatores et, quamquam distinguunt de mediatoribus intercessionis et mediatoribus redemptionis, tamen plane faciunt ex sanctis mediatores redemptionis. Atque etiam illud dicunt sine testimonio scripturae, quod sint mediatores intercessionis, quod ut verecundissime [I2v] dicatur, tamen obscurat officium Christi et fiduciam misericordiae debitam Christo transfert in sanctos. Fingunt enim homines Christum duriorem esse et sanctos placabiliores et magis confidunt misericordiaρ sanctorum quam misericordiaσ Christi et fugientes Christum quaerunt sanctos. Ita faciunt ex eis re ipsa mediatores redemptionis.
q
habeat lat. 4° (1531)
π
aut lat. 8° (1542/1559) | ρ misericordiae lat. 8° (1542/1559) | σ misericordiae lat. 8° (1542/1559)
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Vgl. die scholastische Unterscheidung der Engel, in: Gabriel Biel, Canonis missae expositio XXXI E und G, in: BCM 1, 317f: „Cognoscit enim angelus res vel in creatore sive in verbo aut in creatura, sive cognoscat in seipso angelo per species concreatas sive in propriis generibus per species a rebus receptas. Prima cognitio est supernaturalis et beatifica et in lumine gloriae, secunda est naturalis in lumine naturae […] Prima cognitio in verbo vocatur matutina, secunda dicitur vespertina.“ Biel bezieht sich auf Augustinus, De genesi ad litteram IV, 24. 29–32, in: PL 34, 313. 315–317 (CSEL 28/1, 123. 127–131).
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Derhalben wollen wir beweisen, das sie aus den heiligen machen nicht allein furbitter, sondern versüner und mediatores redemptionis.ψ Wir reden hie noch nicht von groben misbreuchen, wie der gemein pöfel mit den heiligen und walfarten öffentlich abgötterey treibt, wir reden, was | ire gelerten von diesem stücke predigen, schreiben und in ihren Schulen leren. Das ander, als die groben misbreuche, können auch ωunerfarne, grobeω leute urteilen und richten. αEs gehören zwey stücke zu einem mitler odder versüner; fur das erst, Ein gewis klar Gottes wort und verheissung, das Gott durch den mitler erhören wil all, die ihn anruffen; ein solch Götlich zusage stehet inn der schrifft von Christo: „Wasf ihr werdet bitten den Vater inn meinem namen, gdas wird erg euch geben.“915 Von den heiligen stehet nirgent in der schrifft ein solche zusage, darümb kan keiner bey sich gewis schliessen, das er auff anruffen der heiligen erhört werde; darümb ist solch anruffen nicht aus dem glauben. Darüber haben wir Gottes wort und gebot, das wir sollen Christum anruffen, da er sagt: „Kompt zu mir alle, die ihr mühe[t3v]selig und beladen seid, und ich wil euch erquicken.“916 Psalm xliiii.h: Fur deinem angesicht werden anbeten alle reichen im volck;917 und Psalm lxxi.: „Undi werden ihnen anbeten alle Könige jauff erdenj“;918 und bald hernach: Sie werden teglich fur ihm knien etc.919 und Johan. am v. sagt Christus: „Damitk sie alle ehren den Son, wie sie ehren den Vater.“920 Item, [2.] Tessa. ii. sagt Paulus, da er betet: „Unser H E R R921, Jhesus Christus, und Gott, unser Vater, ermane euer hertzen und stercke euch.“922 Das sind eitel sprüche von Christo. Aber von anruffen der heiligen können die widdersacher kein Gottes gebot, kein Exempel der schrifft bringen. Zum andern gehöret zu einem versüner, das sein verdienst fur andere leute bezale, das seins verdiensts und betzalung andere teilhafftig werden, als hetten sie selbst bezalt. Als, wenn ein gut freund fur den andern schuld bezalt, da wird der schüldiger durch eins andern bezalung als durch sein eigen bezalen der schuld los. Also wird uns Christi verdienst geschenckt und zugerechnet, wenn wir an ihnen gleuben, gleich als were sein verdienst unser, das uns also sein gerechtigkeit und sein verdienst wird zugerechnet, und wird sein verdienst unser eigen. Auff beide stücke, nemlich, auff die Göttliche zusage und auff Christi verdienst, mus ein Christlich gebet gründen. Ein solcher glaube an [t4r] die Göttliche zusage und auff den verdienst Christi gehöret zum gebet. Denn wir sollen gewis dafur halten, das wir umb Christus willen erhört werden und das ψ
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f So L45 | g – g so wird er’s L45 | h cj.: xliii.; xliii. CR | i nicht in L45; et Vg Clem. | j – j nicht in L45; terrae Vg Clem. | k auf daß L45 ψ – ψ nicht in dt. 8° (1533) | ω – ω ungelarte dt. 8° (1533) | α davor: Und das man klar sehe, das die heiligen nicht mitler sein können, wollen wir davon weiter reden. dt. 8° (1533) 915 Joh 16,23 | 916 Mt 11,28 | 917 Vgl. Ps 45 (Vg 44),13. | 918 Ps 72 (Vg 71),11 | 919 Vgl. Ps 72 (Vg 71),15. | 920 Joh 5,23 | 921 Hervorhebung im Original. | 922 II Thess 2,16f
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Itaque ostendemus, quod vere faciant ex sanctis non tantum deprecatores, sed propitiatores, hoc est, mediatores redemptionis. Nondum recitamus hic vulgi abusus. De doctorum opinionibus adhuc loquimur. Reliqua etiam imperiti iudicare possunt.
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In propitiatore haec duo concurrunt. Primum oportet exstare verbum Dei, ex quo certo sciamus, quod Deus velit misereri et exaudire invocantes per hunc propitiatorem. Talis exstat de Christo promissio: Quidquidr petieritis Patrem in nomine meo, dabit vobis.484 De sanctis nulla exstat talis promissio, quare conscientiae non possunt certo statuere, quod per sanctorum invocationem exaudiamur. Itaque invocatio illa non fit ex fide. Deinde mandatum etiam habemus, ut invocemus Christum iuxta illud: Venite ad me, qui laboratis485 etc., quod certe nobis quoque dictum est. Et Esaias ait 11.s: [I3r] In die illa stabit radix Iesse in signum populorum. Ipsum gentes deprecabuntur.486 Et Psal. 44.t: Vultum tuum deprecabuntur omnes divites plebis.487 Et Psalmo 71.: Et adorabunt eum omnes reges terrae.488 Et paulo post: orabunt coram eo iugiter.489 Et Iohan. 5. inquit Christus: Ut omnes honorificent | filium, sicut honorificant Patrem.490 Et Paulus 2.u Thessalo. 2. orans inquit: Ipse autem Dominus noster Iesus Christus et Deus et pater noster exhortetur corda vestra et confirmet vos491 etc. At de sanctorum invocatione, quod possunt adversarii praeceptum, quod exemplum ex Scripturis afferre? Alterum est in propitiatore, quod merita ipsius proposita sunt, ut quae pro aliis satisfacerent, quae aliis donentur imputatione divina, ut propterv ea tamquam propriis meritis iusti reputentur, ut si quis amicus pro amico solvit aes alienum, debitor alieno merito tamquam proprio liberaturτ. Ita Christi merita nobis donantur, ut iusti reputemur fiducia meritorum Christi, cum in eum credimus, tamquam propria merita haberemus. Et ex utroque, nempe ex promissione et donatione meritorum, oritur fiducia misericordiae. Talis fiducia promissionis divinae, Item meritorum [I3v]
r Quid Vg Clem. | s cj.: 9.; xi. lat. 4° (1531); nono lat. 4° (1540); 9. lat. 8° (1542/1559/1580) | t cj.: 43.; xliii. lat. 4° (1531); 43. lat. 4° (1540), lat. 8° (1542/1559/1580) | u cj.: 1.; 1. lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559/1580) | v per lat. 4° (1531) τ
liberator lat. 4° (1540)
484 Joh 16,23 | 485 Mt 11,28 | 486 Jes 11,10 | 487 Ps 45 (Vg 44),13 | 488 Ps 72 (Vg 71),11 | 489 Vgl. Ps 72 (Vg 71),15. | 490 Joh 5,23 | 491 II Thess 2,16f
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wir umb seinetwillen ein gnedigen Gott haben. | βDa leren nu die widdersacher, wir sollen die heiligen anruffen, so wir dazu widder gebot noch verheissung, noch Exempel inn der schrifft haben,β und machen dochγ damit, das man δgrösser vertrauen auff dieδ heiligen setzetε denn auff Christum, ζso doch Christus sagt: Kompt zu mir, nicht zu den heiligen.ζ Zum andern sagen sie, Das Gott der heilgen verdienst anneme fur unser sunde, und leren also vertrauen auff der heilgen verdienst, nicht auff den verdienst Christi, und solchs leren sie klar vom ablas, darinne sie der heilgen verdienst austeilen als satisfactiones fur unsere sund. Und Gabriel, der den Canonem Missae auslegt, der darff frey sagen:923 Wir sollen nach der ordnung, die Gott eingesetzt hat, flihen zu den heiligen, das wir durch ihr hülff und verdienst selig werden.924 Dis sind die klaren wort Gabrielis. Und hin und widder inn der widdersacher büchern findet man noch viel ungeschickters von verdienst der heiligen. Heist das nu, die heiligen nicht zu versünern gemacht? denn da werden sie doch gar Christo gleich, wenn wir vertrauen sollen, das wir durch ihren verdienst selig werden. [t4v] Wo ist aber die ordnung von Gott eingesetzt, da Gabriel von redet, das wir sollen zu den heiligen flihen? er bringe doch ein wort, ein einig Exempel aus der heiligen schrifft! Sie machen vielleicht die ordnung von dem brauch, der inn weltlichen Furstenhöffen ist, da die rethe des Fürsten armer leute sachen furtragen und als mitler föddern. Wie aber, wenn ein Furst odder ein König ein einigen mitler bestellet und wolt durch kein andern die sachen inn gnaden hören odder alle bitte durch den allein erhören? Darümb, so Christus nu allein zu einem hohenpriester und mitler gesetzt ist, warümb suchen wir denn andere? Was können nu hie die widdersacher ηdawidder sagenη? Es ist ein gemein form der absolution bisanher gebraucht, die laut alsol: „Das leiden unsers HERRN925, Jhesu Christi, die verdienst der mutter Mariae und aller heiligen sollen sein dir zu vergebung der sunde.“926 Da wird öffentlich die absolutio gesprochen, | nicht allein durch den verdienst Christi, sondern auch durch verdienst der andern heiligen, θdas wir durch denselbigen sollen gnade und vergebung der sunde erlangen.θ Etliche aus uns haben gesehen ein Docter der heiligen schrifft inn agone odder an seinen letzten zögen, dem war ein Mönch beigeben, ihnen zu trösten. Nu rieff und schrey er dem sterl
cj.: aiso; also CR
β–β
dt. 8° (1533): s. QuM I, 721,22–26 [Hie sihet ... dazu geben,] | γ nicht in dt. 8° (1533) mehr auff dt. 8° (1533) | ε vertrauet dt. 8° (1533) | ζ – ζ und achtet die heiligen gütiger und gnediger den Christum. dt. 8° (1533) | η – η straffen dt. 8° (1533) | θ – θ gleich, als hette der heiligen verdienst unser sund bezalet. dt. 8° (1533) δ–δ
923 wagt es, frei heraus zu sagen | 924 Vgl. Gabriel Biel, Canonis Missae expositio XXX N, in: BCM 1, 312: „Ex quibus patet, preces nostras spemque consequendae beatitudinis per mediatores sanctos in caelo inanes non esse, sed ordine a Deo instituto nos ad eorum auxilia confugere debere ac debita veneratione eos semper implorare, ut salvemur eorum meritis atque votis.“
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Christi debet afferri ad orandum. Vere enim statuere debemus, et quod propter Christum exaudiamur et quod ipsius meritis habeamus placatum Patrem. Hic adversarii primum iubent invocare sanctos, cum neque promissionem Dei neque mandatum neque exemplum Scripturae habeant. Et tamen faciunt, ut maior fiducia misericordiae sanctorum concipiatur quam Christi, cum Christus ad se venire iusserit, non ad sanctos. Secundo applicant merita sanctorum aliis sicut merita Christi. Iubent confidere meritis sanctorum, quasi reputemur iusti propter merita sanctorum, sicut iusti reputamur meritis Christi. Nihil hic fingimus. In indulgentiis dicunt se applicare merita sanctorum. Et Gabriel interpres Canonis Missae confidenter pronuntiat nos ordine instituto a Deo debere ad auxilia sanctorumw confugere, ut salvemur eorum meritis et votis.492 Haec sunt verba Gabrielis. Et tamen passim in libris et contionibus adversariorum leguntur absurdiora. Quid est facere propitiatores, si hoc non est? Prorsus aequantur Christo, si confidere debemus, quod meritis eorum salvemur. Ubi autem institutus est ille ordo a Deo, quem dicit iste, quod debeamus ad auxilia sanctorum confugere? proferat exemplum ex Scripturis aut praeceptum! Fortas[I4r]sis ex aulis Regum sumunt hunc ordinem, ubi amicis intercessoribus utendum est. At si Rex constituerit certum intercessorem, non volet ad se causas per alios deferri. Ita cum Christus sit constitutus intercessor et Pontifex, cur quaerimus alios?
Passim usurpatur haec forma absolutionis: Passio Domini nostri Iesu Christi, merita beatissimae virginis Mariae et omnium sanctorum sint tibi in remissionem peccatorum.493 Hic | pronuntiatur absolutio, quod non solum meritis Christi, sed meritis aliorum sanctorum reconciliemur et iusti reputemur. Quidam e nobis viderunt morientem doctorem Theologiae, ad quem consolandum adhibitus erat Monachus quispiam Theologus. Is morienti nihil
w 492
eorum BCM 1, 312 Gabriel Biel, Canonis Misse expositio XXX N, in: BCM 1, 312. | 493 Vgl. u. S. 569, Anm. 926.
925 Hervorhebung im Original | 926 Vgl. die Generalis Absolutio der Erzdiözese Paris, in: MCH, 600: „De disciplina in administratione sacramenti poenitentiae: Per meritum Passionis et Resurrectionis Domini nostri Iesu Christi, per intercessionem B. Mariae semper Virginis et omnium Sanctorum et Sanctarum misereatur vestri omnipotens Deus et dimittat vobis omnia peccata vestra et perducat vos ad vitam aeternam. Amen.“
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benden menschen nichtι anders ein denn allein dieses gebet: „Maria, du mutter der güte und gnaden, be[v1r]hüte uns fur dem feinde und inn der todsstunde nime uns auff, Maria, mater Gratiae“ etc. Ob nu gleich Maria, die mutter Gottes, fur die kirchen bittet, so ist doch das zu viel, das sie solt den tod κuberwinden, das sie vor der grossen gewalt des Satans uns behüten solt.κ Denn was were Christus not, wenn Maria das vermöcht? Denn wiewol sie alleshöchsten lobes werd ist, so wil sie doch nicht Christo gleich gehalten sein, sondern wil vielmehr, das wir die Exempel ihres glaubens und irer demut folgen sollen. Nu ist dis offentlich am tag, das durch solche falsche lere Maria an Christus stad ist komen, dieselbigen haben sie angeruffen, auff der güte haben sie vertrauet, durch die haben sie wolt927 Christum versünen, gleich als sey er nicht ein versüner, sondern allein ein schrecklicher, rachgiriger richter. Wir sagen aber, das man nicht leren sol auff die heiligen vertrauen, als mache uns ihr verdienst selig, sondern allein umb Christus verdienst willen erlangen wir vergebung der sunde und seligkeit, wenn wir an ihnen gleuben. Von den andern heiligen ist gesagt: „Ein jederm wird lon entpfahen nach seiner arbeit“928 etc., das ist, sie unternander können einer dem andern ihr verdienst nicht mitteilen, wie die Mönche ihrer Orden verdienst uns unvorschampt verkaufft haben. Und Hilarius sagt von den törichten Jungfrauen: Dieweil die tollen dem breutigam nicht können [v1v] entgegengehen, dieweil ihr Lampen verloschen sind, so bitten sie die weisen, das sie ihnen wöllen öle leihen. Aber dieselbigen antworten, sie könnens ihnen nicht leihen, denn es möcht beiden feilen, es sey nicht gnug fur alle etc. Da zeigt er an, das niemands unter uns durch fremde wercke odder verdienst λdem andern helffen kan.λ 929 So nu die widdersacher leren, das wir auff anruffen der heiligen vertrauen sollen, so sie doch des kein Gottesbefehl haben, kein Gotteswort noch Exempel alts oder neues Testaments haben, so sie auch den verdienst der heiligen so hoch heben als den verdienst Christi und die ehre, so Christo gebürt, den heiligen geben, so können wir ihr meinung und gewonheit von anbeten odder anruffen der heiligen nicht loben noch annemen. Denn wir wissen, das wir unser vertrauen sollen setzen auff Christum, da haben wir Gottes zusage, das er sol der mitler sein; so wissen wir, das allein Christi verdienst ein versünung fur unser sunde ist. Umb Christus willen werden wir versünet, wenn wir inn ihn gleuben, wie der Text sagt: „nAlle, die an ihnen gleuben, die sollenn nicht zuschanden werden.“930 Und man sol nicht vertrauen, das wir von wegen des verdiensts Mariae fur Gott gerecht sind. m
jeglicher L45 | n – n wer an ihn glaubet, der soll L45
ι
nichts dt. 8° (1533) | κ – κ wegnemen und der seel trost und leben geben. dt. 8° (1533) | Gott gerecht ist. dt. 8° (1533)
λ–λ
fur
927 gewollt | 928 I Kor 3,8 | 929 Vgl. Hilarius von Poitiers, In Mattheum commentarius XXVII, 5 (zu Mt 25,8f): PL 9, 1060f. | 930 Röm 9,33; I Petr 2,6; Jes 8,14; 28,16
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inculcabat nisi hanc precationem: Mater gratiae nos ab hoste protege, in hora mortis suscipe.
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Ut largiamur, quod beata Maria oret pro Ecclesia, num ipsa suscipit animas in morte? num vincit mortem? num vivificat? Quid agit Christus, si haec facit beata Maria, quae etsi est dignissima amplissimis honoribus, tamen non vult se aequari Christo, sed potius exempla sua nos intueri et amplecti vult? At res loquitur ipsa, quod publica persuasione beata virgo prorsus in locum Christi successerit. Hanc invocaverunt homines, huius misericordia con[I4v]fisi sunt, per hanc voluerunt placare Christum, quasi is non esset propitiator, sed tantum horrendus Iudex et ultor. Nos autem xsentimus nos tantum fiducia meritorum Christi iustificari, non fiducia meritorum B. Virginis aut aliorum sanctorum.x De aliis sanctis dictum est: Unusquisque recipiety mercedem secundum suum laborem,494 id est, ipsi inter se donare sua merita alii aliis non possunt, sicut Monachi vendunt suorum ordinum merita. Et Hilarius ait de fatuis virginibus: Et quia prodire obviam fatuae extinctis lampadibus non possunt, deprecantur eas, quae prudentes erant, ut oleum mutuentz; quibus responderunt non posse se dare, quia non sit forte, quod omnibus satis sit; alienis scilicet operibus ac meritis neminem adiuvandum, quia unicuique lampadi suae emere oleum necesse sit.495
Cum igitur adversarii doceant fiduciam collocare in invocationem sanctorum, cum neque verbum Dei neque exemplum Scripturae habeant, cum applicent merita sanctorum pro aliis non secus ac merita Christi et proprium Christi honorem in sanctos transferant, neque opiniones eorum de cultu sanctorum neque consuetudinem invocationis recipere possumus. Scimus enim fiduciam in Christi intercessionem collocan[I5r]dam esse, quia haec sola habet promissionem Dei. Scimus solius Christi merita propitiationem pro nobis esse. Propter Christi merita reputamur iusti, cum credimus in eum, sicut textus ait: Omnesa, qui confiduntb in eum, non con|fundenturc.496 Nec diustificamur fiducia meritorumd B. Virginis aut aliorum sanctorum.
x – x sentimus, quod non sit confidendum, quod merita sanctorum nobis applicentur, quod propter illa Deus nobis reconcilietur aut reputet nos iustos aut salvet nos. Tantum enim Christi meritis consequimur remissionem peccatorum, cum in eum credimus. lat. 4° (1531) | y accipiet Vg Clem. | z mutuentur PL | a Omnis Vg Clem. | b credit Vg Clem. | c confundetur Vg Clem. d – d est confidendum, quod iusti reputemur meritis lat. 4° (1531) 494 I Kor 3,8 | 495 Hilarius von Poitiers, In Mattheum commentarius XXVII, 5 (zu Mt 25,8f): PL 9, 1060f. | 496 Röm 9,33; vgl. I Petr 2,6.
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Auch so predigen ihre gelerten unverschampt, das jder untern heiligen ein sonderliche gabe könne geben, als Sanct Anna behüt fur armut,931 S. Sebastianus fur der Pestilentz,932 Sanct Valentino [v2r] fur die fallend seuche.933 Den heiligen Ritter Sanct Georgp haben die reutter angeruffen, fur stich und schos und allerley fahr zu behüten;934 und das alles im grund ist von Heiden herkomen. Und ich wil gleich setzen, das die widdersacher nicht so gar unverschampt Heidnisch lügen vom anruffen der heiligen lereten, dennoch ist das Exempel fehrlich, μso sie auchμ des keinen Gottesbefehl noch -wort haben, auch aus den alten Vetern davon nichts gewisses können auffbringen. Was ists denn not, das man solchen ungrund verteidingen wil? Erstlich aber ists darümb gantz fehrlich, denn so man ander mitler süchet denn Christum, so setzt man vertrauen auff dieselbigen und wird also Christus und das erkentnis Christi gantz unterdrückt, wie wir leider die erfarung haben. Denn es mag sein, das erstlich etliche guter meinung der heiligen gedacht haben inn ihrem gebet, | bald hernach ist gefolget das anruffen der heiligen, bald nach dem anruffenν sein entzeln935 eingerissen die wünderliche Heidnische greuel und misbreuche etc., Als das mans dafur gehalten, das die bilder ein eigen heimliche krafft hetten, wie die zeuberer und Magi dafur halten, das, wenn man etlicher stern zeichen zu gewisser zeit inn golt odder ander metal grebet odder bildet, die solten ein sonderliche, heimliche krafft haben und wirckung. Unserer etliche haben etwan936 inn einem Klo[v2v]ster ein Marienbild gesehen, von holtz geschnitzt, wilchs also innwendig mit schnürlein kont gezogen werden, das es von aussen scheine, als reget sichs von ihm selbst, als winckets mit dem heupt den anbetern, die es erhöret, und als wendet es das angesicht weg von anbetern, die nicht viel opfferten, die es nicht erhöret. ξUnd ob solcher-ξ greuel, solch abgötterey, walfarten und betrug mit den bildern unzelich und unsaglich οnicht weren gewesen, so sind dochο noch greulicher und hesslicher gewesen die viel fabeln und lügen der Legenden von Heiligen, wilche man öffentlich gepredigt, als von Sanct Barbara haben sie gepredigt, das sie an ihrem tode Gott gebeten hat, vor937 ihr marter den938 lon zu geben, Wer sie anrieff, das der nicht kondte one Sacrament sterben.939
o
cj.: Valten; Valten CR | p cj.: Jorgen; Jorgen CR
μ–μ
Dieweil sie nu dt. 8° (1533) | 8° (1533) | ο – ο sind dt. 8° (1533)
ν
danach: der heiligen dt. 8° (1533) |
ξ–ξ
Weiter, uber solche dt.
931
Die Mutter der Maria, erstmals im sogenannten „Protevangelium des Jakobus“ (Mitte des 2. Jahrhunderts) genannt, gilt u.a. als Patronin der Armut. | 932 Nach der Überlieferung des Ambrosius (Acta S. Sebastiani Martyris, in: PL 17, 1021–1058), Offizier der Prätorianergarde, Märtyrer unter Diokletian, Patron gegen die Pest mit berühmten Wundererfolgen | 933 Missionar in Rhätien im 5. Jahrhundert, Schutzpatron von Passau, Helfer gegen Epilepsie und Gicht. | 934 Kappadokischer Krieger, Märtyrer unter Diokletian, der „Großmärtyrer“ („Megalomärtyrer“) der östlichen Kirchen, einer der 14 Nothelfer, Schutzpatron der Ritter. | 935 einzeln | 936 einmal, einst 937 für | 938 denen den | 939 So nach einer älteren Legende, die später vor allem durch Johannes
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Haeret et hic error apud doctos, quod singulis sanctis certae procurationes commissae sint, ut Anna divitias largiatur, Sebastianus arceat pestilentiam, Valentinus medeatur morbo comitiali, Georgius tueatur equites. Hae persuasiones planeυ sunt ortae ex ethnicis exemplis. Sic enim apud Romanos putabatur Iuno ditare497, Febris arcere febrim498, Castor et Pollux defendere equites499 etc. Et fingamus moderatissime tradi invocationem sanctorum, tamen cum exemplum sit periculosissimum, quorsum opus est eam defendere, cum nullum habeat mandatum aut testimonium ex verbo Dei? Imo nec veterum Scriptorum testimonium habet. Primum, quia, ut supra dixi, cum alii mediatores praeter Christum quaeruntur, collocatur fiducia in alios, obruitur tota notitia Christi. Idque res ostendit. Videtur initio mentio sanctorum, qualis est in veteribus orationibus tolerabili consilio re[I5v]cepta esse. Postea secuta est invocatio, invocationem prodigiosi et eplus quame ethnici abusus secuti sunt. Ab invocatione ad imagines ventum est, hae quoque colebantur et putabatur eis inesse quaedam vis, sicut magi vim inesse fingunt imaginibus signorum caelestium certo temporo sculptis.
Vidimus in quodam monasterio simulacrum beatae virginis, quod quasi αὐτόματον aptef movebatur, ut videretur aut aversari petentes aut annuere. Et tamen omnium statuarum atque picturarum portenta superant fabulosae historiae de sanctis, quae magna auctoritate publice tradebantur. Barbara petit inter tormenta praemium, ne quis invocans ipsamφ moriatur sine eucharistia. Alius totum Psalterium stans pede in uno quotidie recitavit.
e–e υ
cj.: plusquam; plusquam lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559/1580) | f arte lat. 4° (1531)
planae lat. 4° (1540) | φ ipsum lat. 4° (1540)
497
Vgl. Fabius Claudius Gordianus Fulgentius, Mitologiarum II; Hyginus Mythographus, Fabulae XCII (Urteil des Paris). | 498 Vgl. Brigitte Schaffner, Art. Febris, in: NP 4, 455, und Vivian Nutton, Art. Fieber, in: NP 4, 510f. | 499 Vgl. ALM 1/1, 1156. von Damaskus (PTS 29, 247–278) und Symeon Metaphrastes (10. Jahrhundert; PG 116, 301–316) bearbeitet und erweitert wurde.
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Sanct Christophorum, wilcher auff deudsch heist „Christtreger“, hat etwan940 ein weiser man den kindern inn solcher grossen lenge malen lassen und hat wöllen anzeigen, das ein grössere stercke, denn menschen stercke istπ, inn denjhenigen sein müsse, die Christum sollen tragen, die das Evangelium predigen und bekennen sollen, Denn sie müssen durch das gros Meer bey nacht wathen etc., das ist, allerley grosse anfechtung und fahr ausstehen. Da sind darnach die tollen, ungelerten, heilosen Mönche zugefaren und haben das volck also geleret, den Christophorum anruffen, als sey etwan941 ein solch grosser Rise leip[v3r]lich verhanden gewesen, der Christum durchs Meer getragen hat.942 ρSo nuρ Gott, der allmechtig, durch seine heiligen als sunderliche leute viel grosses dinges gewircket in beiden regimenten, inn der kirchen und in weltlichen hendeln, So sind viel grosse Exempel an der heiligen leben, wilche Fürsten und herren, rechten pfarrern und seelsorgern, beide, zum weltregiment und kirchenregirungσ, furnemlich | zu sterckung des glaubens gegen Gott gantz nütz weren, die haben sie lassen faren und das geringst von den heiligen geprediget, von ihrem harten lager, von heeren943 hembden etc., wilchs des grössern teils lügen sind. Nu were es jhe nütz und fast944 tröstlich zu hören, wie etliche grosse, heilige leute (wie inn der heiligen schrifft von Königen Israel und Juda erzelt wird) inn ihrem regiment land und leute regirt hetten, wie sie geleret und geprediget, was mancherley fahr und anfechtung sie ausgestanden, Wie auch viel gelerter leute den Königen, Fürsten und herrn in grossen, ferlichen leufften rehtig und tröstlich sein gewest, wie sie geleret und das Evangelium gepredigt haben, was mancherley kempffe sie mit den ketzern ausgestanden. So weren auch die Exempel, da den heiligen gros sunderlich barmhertzigkeit von Gott erzeiget, fast945 nütz und tröstlich, Als wenn wir sehen, das Petrus, so Christum verleugnet,946 gnad erlanget hat, das Cypriano sein Magia vergeben ist,947 Item, wir lesen, [v3v] das Augustinusτ, da er todkrank gewesen, erstυ die krafft des glaubensφ erfaren hat und χoffentlich Gott bekent mit diesen worten: Nu hab ich erst entpfunden, das Gott der gleubigen seufftzen undχ gebet erhöre.948 Solch Exempel des glaubens, das man lernt Gott förchten, Gott vertrauen, daraus man recht sihet, wie es Gottförchtigen leuten inn der kirchen, auch inn grossen sachen der hohen, weltlichen Regiment ergangen, die hette man fleissig und klar von den heiligen schreiben und predigen sollen. π
nicht in dt. 8° (1533) | ρ – ρ Nachdem aber dt. 8° (1533) | σ Kirchenregiment dt. 8° (1533) danach: auff ein zeit dt. 8° (1533) | υ nicht in dt. 8° (1533) | φ unglaubens dt. 8° (1533) | χ – χ als er mit etlichen mehr Gott angeruffen und bald besserung gefület hat, zeucht er sein eigen Exempel an zu sterckung des glaubens inn andern und spricht, da habe ihn die erfarung gelert, das Gott gewis der gleubigen dt. 8° (1533) τ
940 einmal, einst | 941 einmal, einst | 942 Die bekannte Christophoruslegende. In ihrer klassischen Form begegnet sie in der „Legenda aurea“ (cap. 100) des Jacobus de Voragine (13. Jahrhundert). Christophorus, Beschützer der Reisenden und Patron der Seeleute und Krieger, zählte zu den
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Christophorum pinxit aliquis vir prudens, ut significaret per allegoriam magnum oportere robur animi esse in his, qui ferrent Christum, hoc est, qui docerent Evangelium aut confiterentur, quia necesse sit subire maxima pericula. Deinde stolidi monachi apud populum docuerunt invocare Christophorum, quasi talis polyphemus aliquando exstitisset.
Cumque sancti maximas res gesserint vel rei publicae utiles vel continentes privata exempla, quarumχ commemoratio, tum ad fidem confirmandam, [I6r] tum ad imitationem in rebus gerendis multum conduceret, has nemo ex veris historiis | conquisivit. At vero prodest audire, quomodo sancti viri administraverint res publicas, quos casus, quae pericula subierint, quomodo sancti viri regibus auxilio fuerint in magnis periculis, quomodo docuerint Evangelium, quas habuerint cum haereticis dimicationes; prosunt et exempla misericordiae, ut cum videmus Petro condonatam esse negationem, cum videmus Cypriano condonatum esse, quod magusψ fuisset, cum videmus Augustinum in morbo expertum vim fidei, constanter affirmare, quod vere Deus exaudiat preces credentium. Huiusmodi exempla, quae vel fidem vel timorem vel administrationem rei publicae continent, proderat recitari.
χ
quorum lat. 8° (1542/1559) | ψ magis lat. 4° (1540)
populärsten Heiligen des Spätmittelalters. | 943 hären, aus Haaren bestehend. Vgl. Gen 37,34. 944 sehr, ganz | 945 sehr, ganz | 946 Vgl. Mt 26,69–75. | 947 Cyprian, Bischof von Antiochien im 3. Jahrhundert, war nach der Legende ein bekehrter Zauberer. | 948 Vgl. Augustinus, Confessiones V, 9, 16f: „et ingravescentibus febribus iam ibam et peribam. [...] et hoc illa [sc. mater] nesciebat et tamen pro me orabat absens; tu autem ubique praesens, ubi erat, exaudiebas eam, et ubi eram, miserebaris mei, ut recuperarem salutem corporis adhuc insanus corde sacrilego. Neque enim desiderabam in illo tanto periculo baptismum tuum [...] dignaris enim, quoniam in saeculum misericordia tua, eis, quibus omnia debita dimittis, etiam promissionibus debitor fieri.“
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Nu haben etliche müssige Mönch und lose buffen949 (wilche nicht gewist, wie grosse und schwere sorge es ist, kirchen odder sonst leute [zu] regirn) fabeln ertichtet, zum teil aus der Heiden bücher, da nichts denn Exempel sind, wie die heiligen heeren hembde getragen, wie sie ihr siebenzeitengebet, wie sie wasser und brod gessen, und haben das alles gericht auff ir kretzschmerey, aus den walfarten gelt zu marcken, wie denn sind die wunderzeichen, wilche sie vom rosenkrantz rhümen, und wie die Barfusen Mönche von ihren höltzern körnern rhümen.950 Und ist hie nicht gros not, Exempel anzuzeigen, ihr Lügenlegenden951 sind noch furhanden, das mans nicht verneinen mag. Und solchen greuel widder Christum, solche Gotteslesterung, schendliche, unverschampte lügen und fabeln, solche lügenprediger können die Bischoff und Theologen leiden und haben sie lange zeit geliden zu grossem schaden der ge[v4r]wissen, das es schrecklich ist zu gedencken, Denn solche lügen haben gelt und zinse getragen. Uns aber, die wir das Evangelium rein predigen, wolten sie gern vertilgen, so wir doch darümb das anruffen der heiligen anfechten, damit Christus allein der mitler bliebeψ und der gros misbrauch abgethan werde. So auch lang fur dieser zeit, ehe Doctor Luther geschrieben, ihre Theologenq selbst, auch | alle frome Gottforchtige, erbare leute uber die Bischofe und prediger geschrien, das sie die misbreuche umb des bauchs und gelts willen zu straffen ubergiengen, so gedencken doch unser widdersacher inn ihrer Confutation solcher misbreuche nicht mit einem wort, das, so wir die Confutation annemen, müsten wir zugleich in alle ihr öffentliche misbreuch gehen. Also vol hinderlist und geferlich betrugs ist ihr gantz Confutatio nicht allein an diesem ort, sondern allenthalben; sie stellen sich, als sein sie gar goldrein, als haben sie nie kein wasser betrübt. Denn an keinem ort unterscheiden sie von ihren dogmatibus oder lere die öffentliche misbreuch. Und doch viel unter ihnen sind so erbar und redlich, bekennen selbst, das viel irthumb sind in der Scholasticorum und Canonisten bücher, das auch viel misbreuche durch ungelerte prediger und durch so grossen schendlichen unfleis der Bischofe eingerissen sein inn der kirchen. Es ist auch Doctor Luther nicht allein, noch der erstr gewesen, der uber solche unzeliche mis[v4v]breuche geschrien und geklagt hat. Es sein viel gelerte, redliche leute fur dieser zeit gewesen, wilche erbarmlich geklagt haben uber den grossen misbrauch der Messen, uber misbrauch der Möncherey, Item, uber solchen geitz und geltmarckt der walfarten, Und sonderlich, das der nötigst artikel „Von der bus“, „Von Christo“, one wilchen keine Christliche q
cj.: Teologen; Theologen CR | r cj.: ernst; erst CR
ψ
bleibe dt. 8° (1533)
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lächerliche Gestalt | 950 Paternosterkörnlein, Rosenkranzperlen, die an die Türen geheftet wurden. Vgl. Luther, Vermahnung an die Geistlichen, versammelt auf dem Reichstag zu Augsburg (1530), in: WA 30/2, 253 mit Anm. 83 sowie 302,13–15. | 951 Die „Legenda aurea“ des Jacobus de
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Sed histriones quidam nulla neque fideiω neque rerum publicarum regendarum scientia praediti confinxerunt fabulas imitatione Poematum, in quibus tantum insunt superstitiosa exempla de certis precibus, certis ieiuniis et addita sunt quaedam ad quaestum facientia. Cuiusmodi sunt miracula de rosariis et similibus ceremoniis conficta. Neque opus est hic recitare exempla. Exstant enim legendae, ut vocant, et specula500 exemplorum et Rosaria501, in quibus pleraque sunt non dissimilia veris narrationibus Luciani.502
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[I6v] His prodigiosis et impiis fabulis applaudunt Episcopi, Theologi, Monachi, quia faciunt πρὸς τὰ ἄλφιτα503. Nos non ferunt, qui, ut Christi honos et officium magis conspici possit, non requirimus invocationem sanctorum et abusus in cultu sanctorum taxamus. Cumque omnes boni viri ubique desiderent in his abusibus corrigendis vel Episcoporum auctoritatem vel diligentiam contionantium, tamen adversarii nostri in confutatione omnino dissimulant etiam manifesta vitia, quasi recepta confutatione velint nos cogere, ut etiam notissimos abusus approbemus.
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Ita insidiose scripta est confutatio non tantum in hoc loco, sed fere ubique. Nullus est locus, in quo a dogmatibus suis discernant manifestos abusus. Et tamen apud ipsos, si qui sunt saniores, fatentur multas falsas persuasiones haerere in doctrina Scholasticorum et Canonistarum, multos praeterea abusus in tanta inscitia et negligentia pastorum irrepsisse in Ecclesiam.
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Neque enim primus fuit Lutherus, qui de publicis abusibus querereturα. Multi docti et praestantes viri longe ante haec tempora deploraverunt abusus Missae, fiduciam observationum Monasticarum, quaestuosos cultus sanctorum, confusionem doctrinae de poenitentia, quam vel maxime oportebat perspicuam [I7r] et explicatam exstare in Ecclesia. Ipsi audivimus excellentes
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fide lat. 8° (1542/1559) | α quaereretur lat. 4° (1540)
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„Spiegel“ verschiedenster Art, z. B. Speculum perfectionis (Franziskuslegende) | 501 Beliebter Titel erbaulicher, aber auch juristischer und naturwissenschaftlicher Schriften | 502 Lukian von Samosata am Oberlauf des Euphrat, griechischer Satiriker | 503 Unterhalt Voragine (13. Jahrhundert). Vgl. o. S. 574f, Anm. 942.
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kirche sein noch bleiben kan, wilcher fur allen andern rein und richtig solt gelert werden, so jemerlich ward unterdrückt. | Darümb haben die widdersacher darinne nicht treulich noch Christlich gehandelt, das sie inn ihr Confutation die offentliche misbreuche stilschweigend ubergangen; und wenn es ihn rechter ernst were, der kirchen und den armen gewissen zu helffen und nicht vielmehrω pracht und geitz zu erhalten, so hetten sie hie recht zutrit und ursach gehabt. Und [sie] solten sonderlich an diesem ort die Keiserliche Maiestet, unsern allergnedigsten herrn, auffs unterthenigest angesucht haben, solche grosse, offentliche, schendliche misbreuche, wilche uns Christen auch bey Türcken, bey Jüden und allen ungleubigen zu spot gereichen, abzuschaffen. Denn wir inn vielen stücken klar gnug vermercket, das Keiserliche Maiestet, unser allergnedigster herr, one zweifel mit allem treuen fleis die warheit forschen und nachsuchen und gern die Christliche kirche recht bestellet und geordnet sehen. Aber den widdersachern ist daran nicht [x1r] viel gelegen, wie sie der Keiserlichen Maiestet, Keiserlichem Christlichem gemüt, willen und löblichem bedencken gnugthuen oder wie sie den sachen helffen, sondern wie sie nur die warheit und uns unterdrücken, Denn sie ligen darümb nicht viel ungeschlaffen952, das die Christliche lere und das Evangelium rein gepredigt werde. Das predigampt lassen sie gantz wüste stehen, verteidingen öffentlich misbreuche, vergissen noch teglich unschüldig blut aus ungehörter Tiranney und wüterey, allein ihr offentliche lügen zu verteidingen. Auch so wöllen sie frome Christliche prediger nicht dulden; wo das entlich hinausgehen wil, können verstendige leute wol abnemen, | Denn mit eitel gewalt und Tiranney werden sie nicht lang kirchen regiren. Und obgleich die widdersacher nichts anders denn allein des Bapsts reich zu erhalten sucheten, so wird doch das der weg nicht dazu sein, sondern ein eitel wüstungα des Reichs und der kirchen. Denn wenn sie gleich alle frome Christliche prediger also erwürget hetten und das Evangelium unterdrückt were, so werden darnach Rottengeister βund Schwermergeisterβ komen, wilche mit der faust γauch auffrürisch fechten werden,γ wilche die gemein und kirchen mit falschen leren werden betrüben, alle kirchordnung verwüstenδ, wilche wir gern erhalten wölten. Derhalben, allergnedigster herr Keiser, nachdem wir nicht zweifeln, Euer Keiserliche[x1v] Maiestet gemüt und hertz sey, das die Göttliche warheit, die Ehre Christi und das Evangelium müge erhalten werden und allzeit reichlich zunemen, Bitten wir auffs unterthenigst, Euer Keiserliche Maiestet wollen dem unbillichen furnemen der widdersacher nicht stadgeben, sondern gnediglich andere wege suchen der einigkeit, damit die Christlichen gewissen ω
danach: ihrn dt. 8° (1533) | α verwüstung dt. 8° (1533) | β – β nicht in dt. 8° (1533) | die sach angreiffen wollen, dt. 8° (1533) | δ zerreissen dt. 8° (1533) 952
schlaflos
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Theologos desiderare modum in Scholastica doctrina, quae multo | plus habet rixarum philosophicarum quam pietatis. Et tamen in his veteres fere propiores sunt scripturae quam recentiores. Ita magis magisque degeneravit istorum theologia. Nec alia causa fuit multis bonis viris, qui initio amare Lutherum coeperunt, quam quod videbant eum explicare animos hominum ex illis labyrinthis confusissimarum et infinitarum disputationum, quae sunt apud Scholasticos theologos et Canonistas, et res utiles ad pietatem docere. Quare non fecerunt candide adversarii, quod cum vellent nos assentiri confutationi, dissimulaverunt abusus. Ac si vellent Ecclesiae consultum, maxime isto in loco, in hac occasione, debebant hortari optimum Imperatorem, ut de corrigendis abusibus consilium caperet, quem quidem non obscure animadvertimus cupidissimum esse bene constituendae et sanandae Ecclesiae. Sed adversarii non hoc agunt, ut honestissimam et sanctissimam voluntatem Imperatoris adiuvent, Sed ut nos quoquo modo opprimant. De statu Ecclesiae multa signa ostendunt eos parum sollicitos esse. Non dant operam, ut exstet apud populum certa quaedam summa dogmatum Eccle[I7v]siasticorum. Manifestos abusus nova et inusitata crudelitate defendunt.
Nullos patiuntur in Ecclesiis idoneos doctores. Haec quo spectent, boni viri facile iudicare possunt. Sed hac via neque suo regno neque Ecclesiae beneβ consulunt. Nam interfectis bonis doctoribus oppressa sana doctrina postea exsistent fanatici spiritus, quos non poterunt reprimere adversarii, qui et Ecclesiam impiis dogmatibus perturbabunt et totam Ecclesiasticam politiam evertent, quam nos maxime cupimus conservare.
Quare te, optime imperator Carole, propter gloriam Christi, quam nihil dubitamus te cupere, ornare atque augere, oramus, ne violentis consiliis adversariorum nostrorum assentiaris, sed ut quaeras alias honestas vias concordiae ita constituendae, ne piae conscientiae graventur neve saevitia
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suae lat. 8° (1542/1559)
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nicht also beschwert werden, Damit auch die Göttliche warheit nicht so mit gewalt unterdrücket oder unschuldige leute darümb durch eitel Tiranney erwürget [werden], wie bisanher geschehen. Denn Euer Keiserliche Maiestet wissen sich des one zweifel zu erinnern, das solchs sonderlich Euer Keiserlicher Maiestet ampt ist, die Christliche lere, soviel menschlich odder müglich, also zu erhalten, das sie müge auff die nachkomen reichen, auch frome, rechte prediger schützen und handhaben, Denn das foddert Gott, der Herr, von allen Königen und Fürsten, da er ihnen seinen titel mitteilet und nennet sie „Götter“, da er sagt: „Ihr seid Götter.“953 Darümb nennet er sie aber Götter, das sie Göttliche sachen, das ist das Evangelium Christi und die reinen Göttlichen lere auff erden, soviel müglich, schützen, rhetten und handhaben sollen, auch rechte Christliche lerer und prediger an Gottes stad widder unrechten gewalt inn schirm und schutze haben.
[x2r] Von beiderley Gestaltε im abendmal
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w ε
cj.: bevelh; bevelh CR | t cj.: bevelh; bevelh CR | u cj.: bevelh; bevelh CR | Solches L45 | x nicht in L45 | y diesem L45 | z von diesem L45
v
nicht in L45
danach: in des Herrn Christi dt. 8° (1533) | ζ – ζ miteinander dt. 8° (1533)
953
Ps 82 (Vg 81),6 | 954 I Kor 11,23 | 955 I Kor 11,24 | 956 wiederholt | 957 I Kor 11,28 | 958 I Kor
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Es hat kein zweifel, das es Göttlich ist und recht und dem befehls Christi und den worten Pauli gemes, beiderley gestalt im abendmal brauchen, Denn Christus hat beiderley gestalt eingesetzt, nicht allein fur ein teil der kirchen, sondern fur die gantzen kirchen. Denn nicht allein die Priester, sondern die gantze kirche brauchet des Sacraments aus befehlt Christi, nicht aus men|schen befehlu, und das müssen die widdersacher bekennen. So nu Christus fur die gantze kirchen das gantze Sacrament hat eingesetzt, warümb nemen sie denn der kirchen die eine gestalt? warümb endern sie die ordnung Christi, sonderlich, so er es sein Testament nennet? Denn so man eins menschen Testament nicht sol brechen, viel weniger sol man das Testament Christi brechen. Und Paulus sagt: „Ich hab esv vom Herren entpfangen, das ich euch geben habe.“954 Nu hat er ihnen jhe beide gestalt geben, wie der Text klar anzeigt, i. Corin. xi.: „Dasw thut“, sagt er, „zu meinem gedechtnis.“955 Da redet er vom leibe, darnach erholet956 er dieselbigen wort vom blut Christi und sagt bald hernach: „Esx brüffe sich aber der mensch selbst und [x2v] esse also von demy brod, trincke also vomz kilche“957 etc. Da nennet er sie beide. Das sind die klaren wort des Apostels Pauli, und er macht eine vorrede kurtz zuvor,958 das diejhenigen, so das Sacrament brauchen wöllen, sollen es ζin einem Abendmalζ zugleich brauchen. Darümb ists gewis, das [es] nicht allein fur die Priester, sondern fur die gantzen kirchen ist eingesetzet. Und solcher brauch wird auch heutiges tages gehalten in der krichischen kirchen, so ist er s
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aliqua in homines innocentes, sicut hactenus fieri vidimus, exerceatur neve sanaγ doctrina in Ecclesia opprimatur.
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Hoc officium Deo maxime omnium debes sanam doctrinam conservare et propagare ad posteros et defendere recta docentes. Id enim postulat Deus, cum Reges ornatδ nomine suo et Deos appellat inquiens: Ego dixi: Dii estis,504 ut res divinas, hoc est, Evangelium Christi in terris conservari et propagari curent et tam|quam vica[I8r]rii Dei vitam et salutem innocentum defendant.
De utraque specie coenae Domini 10
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Non potest dubitari, quin pium fit et consentaneum institutioni Christi et verbis Pauli uti utraque parte in coena Domini. Christus enim instituit utramque partem et instituit non pro parte Ecclesiae, sed pro tota Ecclesia. Nam non presbyteri solum, sed tota Ecclesia auctoritate Christi, non auctoritate humana utitur Sacramento. Idque fateri adversarios existimamus. Iam si Christus instituit pro tota Ecclesia, cur altera species adimitur partiε Ecclesiae? Cur prohibetur usus alterius speciei? Cur mutatur ordinatio Christi, praesertim cum ipse vocet eam testamentum suum? Quod si hominis testamentum rescindere non licet, multo minus Christi testamentum rescindere licebit. Et Paulus inquit se a Domino accepisse, quod tradidit.505 Tradiderat autem usum utriusque speciei, sicut clare ostendit textus 1. Corinth. xi.: Hoc facite,506 inquit, primum de corpore, postea eadem verba de poculo repetit. Et deinde: Probet se ipsum homo et sic de pane comedatg et hex poculoh bibat.507
[I8v] Haec sunt verba disponentis. Et quidem praefatur,508 ut, qui sunt usuri coena Domini, simul utantur. Quare constat pro tota Ecclesia sacramentum institutum esse. Et manet mos adhuc in Ecclesiis Graecis. Et fuit quondam
g
edat Vg Clem. | h – h de calice Vg Clem.
γ
sua lat. 8° (1542/1559) | δ ornant lat. 8° (1542/1559) | ε parte lat. 4° (1540)
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Ps 82 (Vg 81),6 | 505 Vgl. I Kor 11,23. | 506 I Kor 11,24 | 507 I Kor 11,28 | 508 I Kor 11,17–22
11,17–22
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auch in den Latinischen oder Römischen kirchen gewesen, wie Cyprianusa 959 und Hieronymus zeugen. Denn also sagt Hieronymus uber den Propheten Sophoniam: Die priester, so das Sacrament reichen und das blut Christi dem volck austeilen etc.960 Dasselbig zeuget auch Synodus Toletana.961 Und es were fast962 leicht, viel sprüche und zeugnis hie einzufüren; wir wollens aber umb kürtze willen unterlassen, denn ein jtzlicher Christlicher leser wird selbst bedencken können, ob sichs gebür, ordnung und einsetzung Christi [zu] verbitten und [zu] endern. Die widdersacher gedencken gar nicht in ihrer Confutation, wie derjhenigen gewissen zu trösten odder zu entschüldigen sein, den963 unterm Bapstumb ein gestalt entzogen ist. Dieses hette gelarten und Gottförchtigen Doctoribus wol angestanden, das sie bestendige ursach hetten angezeigt, solch gewissen zu trösten. [x3r] Nu dringen sie darauff, | das es Christlich und recht sey, beiderley gestalt zu verbiten, und wollen nicht gestatten, beiderley gestalt zu gebrauchen.964 Fur das erst ertichten sie aus irem kopffe, das im anfang der kirchen ein gebrauch gewesen sey, das man den Leien alleine einerley gestalt gereicht habe, und können doch des gebrauchs kein gewisη Exempel anzeigen.965 Sie zihen etliche sprüche aus dem Evangelisten Luca an966 von dem brechen des brods, da geschrieben stehet, das die Jünger den Herrn erkent haben im brodbrechen.967 Sie zihen auch mehr sprüche von dem brodbrechen an;968 wiewol wir nu nicht hart dawidder sein, ob etliche vom Sacrament wolten verstanden werden, so folget doch daraus nicht, das nur die eine gestalt anfenglich gereicht sey, Denn es ist gemeine, das man ein stück nennet und das gantz meinet. Sie zihen auch an die „Laica Communio“,969 gleich als sey es ein gestalt brauchen, wilchs nicht war ist; denn so die Canones aufflegen den priestern, derθ Laica Communioι zu gebrauchen, meinen sie, das sie zu einer straff nicht selbst consecriren sollen, sondern von einem andern gleichwol beiderley gestalt entpfahen.970 Und die widdersacher wissen das selber wol, aber sie machen also ein schein den ungelerten und unerfarnen, denn wenn dieselbigen hören das wort „Communio Laica“, dencken sie von stund an, es sey ein Communio [x3v] gewesen wie zu unser zeit, das man die Leien mit einerley gestalt gespeiset habe. Aber lasset sehen weitter, wie unverschampt ding schreiben doch die widdersacher widder Christi einsetzung und ordnung! Gabriel unter andern ursachen, warümb den Leien nicht beiderκ gestalt ge-
a
cj.: Ciprianus; Cyprianus CR
η
nicht in dt. 8° (1533) | beide dt. 8° (1533)
κ
θ
nicht in CR und dt. 8° (1533) |
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Communione CR und dt. 8° (1533)
959 Cyprian von Karthago, Epistola LXXV, 2, in: CSEL 3/2, 652,7: „quomodo ad martyrii poculum idoneos facimus, si non eo prius ad bibendum in ecclesia poculum Domini iure communicatione admittimus?“ | 960 Vgl. Hieronymus, Commentarii in Sophoniam prophetam III, in: PL 25, 1375 (CChr.SL 76A, 697,119f). | 961 4. Konzil von Toledo (633) c. 7, in: Mansi 10, 620: „[…] corporis-
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etiam in Latinis Ecclesiis, sicut Cyprianus et Hieronymus testantur. Sic enim inquit Hieronymus in Sophoniam: Sacerdotes, qui Eucharistiae serviunt et sanguinem Domini populis eius dividunt509 etc. Idem testatur Synodus Toletana. Nec difficile fuerit magnum acervum testimoniorum congerere. Hic nihil exaggeramus, tantum relinquimus prudenti lectori expendendum, quid sentiendum sit de divina ordinatione.
Adversarii in confutatione non hoc agunt, ut excusent Ecclesiam, cui adempta est altera pars sacramenti. Id decuit bonos et religiosos viros. Erat quaerenda firma ratio excusandae Ecclesiae et docendarum conscientiarum, quibus non potest contingere nisi pars sacramenti. Nunc ipsi defendunt recte prohiberi alteram partem et vetant concedere usum utriusque partis. Primum fingunt initio Ecclesiae alicubi morem fuisse, ut una pars tantum porrigeretur. Neque tamen exemplum huius rei vetus ullum afferre possunt. Sed allegant [K1r] locos, in quibus fit mentio panis, ut apud Lucam, ubi scriptum est, quod discipuli agnoverint Chri|stum in fractione panis.510 Citant et alios locos de fractione panis.511 Quamquam autem non valde repugnamus, quo minus aliqui de sacramento accipiantur, tamen hoc non consequitur unam partem tantum datam esse, quia partis appellatione reliquum significatur communi consuetudine sermonis.
Addunt de Laica communione, quae non erat usus alterius tantum speciei, sed utriusque. Et si quando Sacerdotes Laica communione uti iubentur, significatur, quod a ministerio consecrationis remoti fuerint. Neque hoc ignorant adversarii, sed abutuntur inscitia imperitorum, qui cum audiunt Laicam communionem, statim somniant morem nostri temporis, quo datur Laicis tantum pars sacramenti. Ac videte impudentiam! Gabriel inter ceteras causas
509
Hieronymus, Commentarii in Sophoniam prophetam III, in: PL 25, 1375 (CChr.SL 76A, 697,119f). | 510 Vgl. Lk 24,35. | 511 Vgl. Act 2,42.46; Act 20,7.
que eius [sc. Christus], & sanguinis sacramentum mundi a peccatis sumamus.“ | 962 sehr, ganz 963 denen | 964 Vgl. Confutatio XXII, in: Immenkötter, Confutatio, 133,3–143,9 (deutsch: ebd., 132,3–142,13). | 965 Vgl. Confutatio XXII, in: Immenkötter, Confutatio, 133,8–137,12 (deutsch: ebd., 132,10–136,23). | 966 Vgl. Confutatio XXII, in: Immenkötter, Confutatio, 133,9–15 (deutsch: ebd., 132,12–19). | 967 Vgl. Lk 24, 30f. | 968 Vgl. Confutatio XXII, in: Immenkötter, Confutatio, 133,15–135,12 (deutsch: ebd., 132,20–136,2). Aus der Bibel hier nur Joh 6,32–35. Vgl. auch Act 2,42.46; 20,7. | 969 Vgl. Confutatio XXII, in: Immenkötter, Confutatio, 135,12–137,1: „Fuit ergo semper discrimen in ecclesia laicae communionis sub una et sacerdotalis sub utraque specie“ (deutsch: ebd., 136,2f). | 970 Vgl. Konzil von Orleans (538) c. 19, in: Mansi 9, 17.
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reicht werde, setzt auch diese: Es habe müssen ein unterscheid sein, sagt er, unter priestern und Leien.971 Und ich halt wol, es sey die gröst und furnemst ursach, warümb sie heutigstag so fest halten, damit der Pfaffenstand heiliger scheine gegen dem Leienstand. Das ist nu ein menschen|gedancken, worauff der gehe, ist wol abzunemen. Und inn der Confutation zihen sie an die kinder Heli im i. buch der Könige am ii. Capitel, da der Text sagt: „Wer ubrig ist von deinem hause, der wird komen und λihnen anbetenλ umb ein stück brods und wird sagen: Lieber, las mich zu einem priesterteil, das ich ein bissen brods esse“972 etc. Da, sagen sie, ist die einerley gestalt bedeutet, und sagen nu: Also sollen auch unsere Leien mit einem priesterteil, das ist: mit einerley gestalt zufriden sein.973 Die meister der Confutation sind rechte unverschampte, grobe Esel; sie spielen und gaukeln mit der schrifft, wie sie wollen, so [sie] die Historien von den kindern Heli auff das Sacrament deuten, denn an dem ort wird beschrieben die [x4r] ernstliche straff uber Heli und seine kinder. Wollen sie denn auch sagen, das den Leien eine gestalt werd darümb geweret zu einer straffe? Sie sind gar töricht und tol! Das Sacrament ist von Christo eingesetzt, erschrockene gewissen zu trösten, ihren glauben zu stercken, wennμ sie gleuben, das Christi fleisch fur der welt leben geben ist und das wir durch die speis mit Christo vereiniget werden, gnad und leben haben. Aber die widdersacher schliessen also, das diejhenigen, so solch Sacrament inn einer gestalt entpfahen, damit also gestrafft werden, und sprechen: Es sollen und müssen die Leien inen genügen lassen; das heist jhe stoltz gnug daher getrotzet! Wie, ihr herrn, dörfften wir auch ursach fragen, warümb sie ihnen sollen genügen lassen? νodder soll es eitel warheit heissen, was ihr wolt und was ihr sagt? Sehet aber wunder zu, wie unverschampt und frech die widdersacher sein; sie dürffen ihr wort als eitel herrngebot setzen, sagen frey: die Leien müssen ihnen974 [das] genügen lassen! wie aber, wenn sie nicht müssen? Sind das nu die gründe und ursachen,ν dadurch diejhenigen entschüldiget sollen sein fur Gottes urteil, die bisanher die leute von beiderley gestalt abgedrungen und ξunschuldig dieξ leute darümb er|würget haben? sollen sie sich damit trösten, das von kindern Heli geschrieben, sie werden betteln? Das wird ein faule entschüldigung sein fur Gottes gericht!
λ – λ bitten dt. 8° (1533); vor jenem niederfallen L45 | μ das dt. 8° (1533) | ν – ν odder ist es gnug, das ihr herrn das saget? Sol das ursach gnug sein, dt. 8° (1533) | ξ – ξ unschuldige dt. 8° (1533) 971 Vgl. Gabriel Biel, Canonis Missae expositio LXXXIV T, in: BCM 4, 93: „Ex illo autem errore, quod communio sub utraque specie esset de necessitate salutis, sequuntur alii non minus periculosi errores, ut recitat Gerson. Scilicet primo quod tanta esset dignitas laicorum circa sumptionem corporis Christi sicut sacerdotum.“ | 972 I Sam 2,36 | 973 Vgl. Confutatio XXII, in: Immenkötter, Confutatio, 137,5–7: „Hic clare ostendit sacra scriptura posteros Heli ablato ab eis sacerdotio petere admitti ad unam partem sacerdotalem, ad buccellam panis. Sic ergo et nostri laici una parte sacerdotali una specie contenti esse debent“ (deutsch: ebd., 136,12–17). | 974 sich
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Artikel XXII
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recitat, cur non detur utraque pars, quia fuerit discrimen inter Laicos et Presbyteros faciendum. Et credibile est hanc praecipuam causam esse, cur defendatur prohibitio unius partis, ut dignitas ordinis religione quadam fiat commendatior. Hoc est consilium humanum, ut nihil dicamus incivilius, quod quo spectet, facile iudicari potest. Et in confutatione allegant de filiis Heli, quod amisso summo sa[K1v]cerdotio petituri sint unam partem sacerdotalem 1. Regum 2.512 Hic dicunt usum unius speciei significatum esse. Et addunt: Sic ergo et nostri Laici una parte sacerdotali, una specie contenti esse debent.
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Plane ludunt adversarii, cum ad sacramentum transferunt historiam de posteris Heli. Ibi describitur poena Heli. Num hoc quoque dicent Laicos propter poenam removeri ab altera parte? Sacramentum institutum est ad consolandas et erigendas territas mentes, cum credunt carnem Christi datam pro vita mundi cibum esse, cum credunt se coniunctos Christo vivificari.
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Verum adversarii argumentantur Laicos removeri ab altera parte poenae causa. Debent, inquiunt, esse contenti. Satis pro Imperio [est]. Cur autem debent? Non est quaerenda ratio, sed lex esto, quidquid dicunt Theologi. Haec est ἑωλοκρασία513 Ecciana. Agnoscimus enim istas Thrasonicas voces514, quas si exagitare vellemus, non defutura nobis esset oratio. Videtis enim, quanta sit impudentia! Imperat tamquam aliquis Tyrannus in tragoediis: Quod noluntζ, velint! debent esse contenti! Num hae rationes, quas citat, excusabuntη hos in Iudicio Dei, qui prohibent partem sacramenti, qui saeviunt in homines bonos utentes integro sacramento? Si hac ratione prohibent, ut [K2r] sit ordinis discrimen, haec ipsa ratio movere debeat, ne assentiamur adversariis, vel si alioqui morem cum ipsis servaturi eramus. Alia sunt discrimina ordinis sacerdotum et populi, sed non est obscurum, quid habeant consilii; cur hoc | discrimen tantopere defendant? Nos ne de vera dignitate ordinis detrahere videamur, de hoc callido consilio plura non dicemus.
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ζ
nolint lat. 8° (1559/1580) | η excusabit lat. 4° (1540)
512 Vgl. I Sam 2,36. | 513 Zusammengegossener Bodensatz, häufig in der deutschen Form „Grundsuppe“ | 514 Thraso, großmäuliger Soldat in den „Eunuchen“ des Terenz
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[x4v] Doch zihen sie noch mehr ursach an, warümb beide gestalt nicht solle gereicht werden, nemlich umb ferlickeit willen, damit nicht etwa ein tröpfflein aus dem kilche verschuttet werde.975 Dergleichen treum bringen sie mehr fur, umb willcher willen Christus ordnung billich nicht sol geendert werden. Ich wil aber gleich setzen, das frey were, einer odder beiderley gestalt brauchen. Wie wolten sie denn beweisen, das sie macht hetten, beiderley gestalt zu verbiten, Wiewol auch den menschen odder der kirchen nicht gebüret, die freiheit selbst zu machen odder das sie aus Christi ordnung wolten „res indifferentes“, das ist frey auff beiden seiten machen? Die armen gewissen, wilchen die eine gestalt mit gewalt entzogen ist und solch unrecht haben leiden müssen, die wollen wir hie nicht richten. Aber diejhenigen, so beiderley gestalt verboten haben und noch nicht allein verbieten, sondern auch also offentlich leren, predigen, die leute darümb fahen976, erwürgen etc., die laden auff sich Gottes schrecklich gericht und zorn und die wissen wir gar nicht zu entschüldigen; sie mügen sehen, wie sie Gott wollen rechenschafft geben ihres furnemens. Und es ist auch nicht so bald der kirchen beschlus, was die Bischofe und Pfaffen beschliessen, sonderlich, so die schrifft und der Prophet Ezechiel sagt: Es werden priester und Bischofe komen, die kein Gottes gebot noch gesetz wissen.977
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[y1r] Von der Priester ehe
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Wiewol die grosse, ungehört unzucht mit hurerey und ehebruch unter Pfaffen und Mönchen etc. auff hohen Stifften, andern kirchen und Klöstern inn aller welt also rüchtig ist, das man davon singet und saget, Noch978 sind die widdersacher, so die Confutation gestellet, so gantz verblend und unverschampt, das sie des Bapsts gesetz, dadurch die ehe verbotten, verteidingen, und dazu mit falschem schein, als sey es geistlickeit. Darüber, wiewol sie billich sich des uberaus schendlichen, unzüchtigen, freien, losen bubenlebens auff ihren Stiefften und inn Klöstern inn ihr hertz schemen solten und allein des stücks halben nicht künlich die sonnen ansehen, wiewol auch ihr bös, unrüwig hertz und gewissen ihnen billich so bange macht, sich zu entsetzen und zu scheuen, fur so löblichem, ehrliebenden Keiser ihr augen auffzuheben, so sind sie doch henckersküne, thun wie der Teuffel selbst und alle vorwegene, vorrüchte leute, gehen inn ihrem blinden trotz dahin, aller ehre und scham vergessen, und die reinen, keuschen leute dörffen Keiserliche Maiestet, die Churfürsten und Fürsten vermanen, das sie der priester ehe nicht leiden sollen „ad infamiam et ignominiam imperii“979, das ist | zu deudsch: dem Römischen Reich zu schmach und unehren. [y1v] Denn dis sind ihre wort, gleich als sey ihr schendlich leben der kirchen sehr ehrlich und rhümlich.
975
Vgl. Confutatio XXII, in: Immenkötter, Confutatio, 137,13–139,1: „Quamvis autem multis
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Artikel XXII und XXIII
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Allegant et periculum effusionis et similia quaedam, quae non habent tantam vim, ut ordinationem Christi mutent. Et fingamus sane liberum esse Uti una parte aut ambabus; quomodo poterit prohibitio defendi? Quamquam Ecclesia non sumit sibi hanc libertatem, ut ex ordinationibus Christi faciat res indifferentes. Nos quidem Ecclesiam excusamus, quae hanc iniuriam pertulit, cum utraque pars ei contingere non posset, sed auctores, qui defendunt recte prohiberi usum integri sacramenti, quique nunc non solum prohibent, sed etiam utentes integro sacramento excommunicant et vi persequuntur, non excusamus. Ipsi viderint, quomodo Deo rationem suorum consiliorum reddituri sint. Neque statim iudicandum est Ecclesiam constituere aut probare, quidquid Pontifices constituunt, praesertim cum Scriptura de Episcopis et pastoribus [K2v] vaticinetur in hanc sententiam, ut Ezechiel ait: Peribit lex a sacerdote.515
De coniugio sacerdotum 15
In tanta infamia inquinati caelibatus audent adversarii non solum defendere legem Pontificiam impio et falso praetextu nominis divini, sed etiam hortari Caesarem ac Principes, ne tolerent coniugia sacerdotum ad ignominiam et infamiam Romani Imperii. Sic enim loquuntur.
515
Ez 7,26
olim in ecclesiis utraque species laicis data fuerit; nam tunc liberum erat sub una aut utraque specie communicare. Tamen propter multa pericula mos iste dandi utramque speciem sensim desiit. Pensata enim populi multitudine, ubi sunt senes, iuvenes, tremuli, debiles, inepti, si non adhibeatur magna diligentia, per effusionem liquidi facile fieret iniuria sacramento. Pro tanta quoque multitudine populi difficultas esset in vase pro specie vini caute promenda, quae et diutius asservata acesceret, moveret nauseam vel vomitum sumentibus. Neque sine periculo effusionis facile circumferri posset ad infirmos“ (deutsch: ebd., 136,24–138,1). | 976 fangen, verhaften 977 Vgl. Ez 7,26. | 978 dennoch | 979 Vgl. Confutatio XXIII, in: Immenkötter, Confutatio, 151,13–16: „Hanc sacerdotum corruptelam et abusum principes tolerare non debent in perpetuam sacri Romani imperii ignominiam et infamiam, sed conforment se potius universali ecclesiae neque moveantur ab his, quae eis suggeruntur“ (deutsch: ebd., 150,18–21).
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Wie kondten doch die widdersacher ungeschickter, unverschampter und offentlicher ihr eigene schande und schaden wircken und reden? Dergleichen unverschampt furbringen fur einem Römischen Keiser wird man inn keiner Historien finden! Wenn sie nicht alle welt kente, wenn nicht viel fromer, redlicher leute, ihr eigen Concanonicken unter ihnen selbst uber so schendlich, unzüchtig, unehrlich wesen vor langer zeit geklagt hetten, wenn ihr ehrlosb, schendlich, ungöttlich, unzüchtig, Heidnisch, Epicurisch leben und die grundsuppe aller unzucht zu Rom nicht so gar am tage were, das [es] sich widder980 decken noch ferben, noch schmücken wil lassen, so möcht man dencken, ihr gros reinigkeit und ihr unverrückt jungferliche keuscheit were ein ursache, das sie ein weib odder die ehe auch nicht mügen hören nennen, das sie die heiligen ehe, wilche der Bapst selbst ein „Sacrament der heiligen ehe“ heist, „infamiam imperii“ Teuffen. Wolan, ihr argument und gründe wollen wir hernach erzelen. Dieses wolle aber ein jder Christlicher leser, alle erbare, ehrliebende, frome leute zu hertzen nemen und wol bedencken, wie gantz on ehre und scheu und alle scham die leute sein müssen, so die heiligen ehe, wilche die heilige schrifft auffs hohest preiset und lobet, ein schandflecken, ein „infamien des Römischen Reichs“ dürffen nen[y2r]nen, gleich als sey es so ein gros ehre der kirchen und des Reichs, ihr lesterlich, greulich unzucht, wie man das Römisch und der Pfaffen wesen kennet. Und, allergnedigster herr Keiser, bey Euer Keiserlicher Maiestet, wilche inn alten schrifften wirdet ein züchtiger Fürst und König genent – Denn freilich dieser spruch von Euer Keiserlicher Maiestet gesagt ist: „Pudicus facie regnabit ubique“981 –, ja, bey Euer Maiestet und denc löblichen Reichsstenden dürffen solche leute suchen und unverschampt foddern, das Euer Maiestet, das Gott vorhüte, solche greuliche unzucht sollen handhaben,982 ihr Keiserliche macht, wilche der allmechtig bisanher Euer Maiestet sighafftig und seliglich zu gebrauchen gnediglich verlihen hat, darauff wenden solle, schendliche unzucht und ungehorte laster, wilche auch bey den Heiden fur greulich gehalten, zu schützen und zu verteidingen. Und wie sie inn ihren blutdürstigen, verblendten hertzen gesinnet sein, das sie gern wolten, ungeacht aller Göttlichen und natürlichen recht, ungeacht der Concilien und ihrer eigen Canones, solche priesterehe mit gewalt auff einmal zureissen, viel armer, unschüldiger leute, οkeiner ander ursach denn allein umb des ehestands willen Tyrannisch mit galgen und schwerd dahin richten, die priester selbst, wilcher doch πinn grossern fellen auchπ die Heiden verschonet haben, als die grossen ubeltheter umb der ehe willen erwürgen, so viel fromer, unschüldiger weib und kind [y2v] ins elend vertreiben, | zu armen verlassen witwen und waisen machen und ihren Teuffelischen has an unschüldigem blut rechen, dazu dürffen sie E[uer] Keiserliche Maiestet vermanen. b
cj.: eherlos; ehrlos CR | c cj.: dem; den CR
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Quae maior impudentia umquam ulla in historia lecta est, quam haec est adversariorum?
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Nam argumenta, quibus utuntur, postea recensebimus. Nunc hoc expendat prudens lector, quid frontis habeant isti nihili homines, qui dicunt coniugia parere infamiam et ignominiam Imperio, quasi vero Ecclesiam valde ornet ista publica infamia flagitiosarum ac prodigiosarum libidinum, quae flagrant apud istos S. Patres, qui Curios simulant et bacchanalia vivunt.516 Ac pleraque ne verecundei quidem nominari queunt, quae isti summa licentia faciunt.
Et has suas libidines castissima dextra tua, Carole Caesar, quem etiam vetera quaedam vaticinia appellant regem [K3r] pudica facie – De te enim dictum apparet: Pudicus facie regnabit ubique517 –, propugnari postulant. Postulant, ut contra Ius divinum, contra Ius gentium, contra Canones conciliorum dissipes matrimonia, ut in homines innocentes jpropter coniugium atrocia supplicia constituas, ut Sacerdotes | trucides, quibus religiose parcunt etiam barbari, ut in exilium agas extorres mulieres, orbos pueros. Tales leges tibi ferunt, optime et castissime Imperator, quas nulla barbaria quamlibet immanis ac fera posset audire.
i cj.: verecundae; verecunde lat. 4° (1531), lat. 8° (1559/1580); verecundae lat. 4° (1540), lat. 8° (1542) | j davor: tantum lat. 4° (1531) 516
ο
Iuvenal, Saturae II, 3. | 517 Vgl. u. S. 589, Anm. 981.
davor: aus dt. 8° (1533) | π – π inn öffentlichen Kriegen dt. 8° (1533)
980 weder | 981 Oracula Sibyllina VIII, 169f, in: GCS 8, 150: Καὶ τότε ἁγνὸς ἄναξ πάσης γῆς σκῆπτρα κρατήσει εἰς αἰῶνας ἅπαντας. | 982 schützen
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Dieweil aber Gott, der allmechtige, Euer Maiestet mit sonderlicher, angeborner güte und zucht begnadet, das Euer Maiestet aus hohem, adelichem, Christlichem gemüt, so gros unzucht zu handhaben odder so ungehört Tyranney furzunemen, selbst scheu haben und diese handelung one zweifel vielρ Fürstlicher und Christlicher bedencken denn die losen leute, So hoffen wir, Euer Maiestet werden inn diesem gantz Keiserlich und gnediglich sich erzeigen und bedencken, das wir diesses guten grund und ursach haben aus der heiligen schrifft, Dargegen die widdersacher eitel lügen und irthumb furbringen. Auch so ist es ihnen gewis nicht ernst, solchen Celibat und ehelosen stand zu verfechten, Denn sie wissen wol, wie rein Junckfern sie sein, wie wenig unter ihnen die keuscheit halten; σallein sie bleiben bey ihrem trostwort, das sie inn ihrer schrifft finden: „Si non caste, tamen caute“983, und wissen, das keusch sich rhümen odder nennen (und doch nicht sein) inn der welt ein schein der keuscheit hat, das auch ihr Bapstreich und Pfaffenwesen dadurch fur der welt deste heiliger scheinet, Denn Petrus, der Apostel, hat recht gewar[y3r]net, das solche falsche Propheten werden die leute betriegen mit ertichten worten.σ 984 Die widdersacher nemen sich der sache, der Religion, wilches die heuptsache ist, garnicht mit ernst an; was sie schreiben, reden, handeln, sind eitel wort ad hominem; da ist kein ernst, kein treu, kein recht hertz zu gemeinem nutz, den armen gewissen odder der kirchen zu helffen; im grund ist es ihnen umb die herschafft zu thun. Derselbigen haben sie sorge und unterstützelen sie fein mit eitel Gottlosen, heuchlischen τlügen, so wird sie auch stehen wie butter an der sonnen.τ Wir können das gesetz vom ehelosen stand darümb nicht annemen, Denn es ist widder Göttlich und natürlich recht, widder alle heilige schrifft, widder die Concilien und Canones selbst.985 Darüber ists lauter heuchley und den gewissen fehrlich und gantz schedlich; so erfolgen auch daraus unzeliche ergernis, hesliche, schreckliche sunde und schande, und wie man sihet inn den rechten Pfaffenstedten und -residentzen, wie sie es nennen, Zerrüttungd aller weltlicher ehr und zucht. Die andern Artikel unser Confession, wiewol sie gewis gegründ, sind dennoch so klar nicht, das sie nicht mit eim schein möchten angefochten werden. Aber dieser Artikel ist so klar, das er auff beiden seitten gar nahe keiner rede darff986; allein, wer erbar und Gottforchtig ist, der [y3v] kan hie bald richter sein. Und wiewol wir die offentlichen warheit hie nu fur uns haben, noch987 suchen die widdersacher fündlin, unser grunde etwas anzufechten. d
cj.: zueruttung; zerruttung CR
ρ danach: erbarlicher, dt. 8° (1533) | chen hat.] | τ – τ lügen. dt. 8° (1533)
σ–σ
dt. 8° (1533): s. QuM I, 732,6–10 [Sie halten ... gespro-
983 Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen, zitiert in: Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis III, 31 (Schol. 76[77]), in: MGH.SRG 2, 173. | 984 Vgl. II Petr 2,1. | 985 Vgl. Luther, De votis monasticis (1521), in: WA 8, 583–669 sowie ders., Wider den falsch genannten geistlichen Stand
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Sed quia nulla cadit in hos tuos mores vel turpitudo vel saevitia, speramus te et in hac causa clementer nobiscum acturum esse, praesertim ubi cognoveris nos gravissimas habere causas nostrae sententiae sumptas ex verbo Dei, cui adversarii nugacissimas et vanissimas persuasiones opponunt. Et tamen non tuentur serio caelibatum. Neque enim ignorant, quam pauci praestent castitatem, sed praetexunt speciem religionis regno suo, cui prodesse caelibatum putant, ut intelligamus Petrum recte monuisse futurum, ut pseudoprophetae fictis verbis decipiant homines.518 Nihil enim vere, simpliciter et candide in hac tota causa dicunt, scribunt aut agunt adversarii, sed re ipsa dimicant de dominatione, quam falso putant periclitari, et hanc [K3v] impio praetextu pietatis munire conantur.
Nos hanc legem de caelibatu, quam defendunt adversarii, ideo non possumus approbare, quia cum Iure divino et naturali pugnat et ab ipsis Canonibus conciliorumθ dissentit. Et constat superstitiosam et periculosam esse. Parit enim infinita scandala, peccata et corruptelam publicorum morum. Aliae controversiae nostrae aliquam disputationem doctorum desiderant. In hac ita manifesta res est in utraque parte, ut nullam requirat disputationem. Tantum requirit iudicem virum bonum et timentem Dei. Et cum defendatur a nobis manifesta veritas, tamen adversarii calumnias quasdam architectati sunt ad cavillanda argumenta nostra.
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consiliorum lat. 8° (1542/1559)
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Vgl. II Petr 2,1.
des Papsts und der Bischöfe (1522), in: WA 10/2, 105–158. Das Konzil von Nizäa lehnte ein Verbot ehelichen Lebens ab. Sokrates, Historia ecclesiastica I, 11, in: PG 67, 101–104. Vgl. auch u. S. 597, Anm. 1004, und u. S. 598f, Anm. 1009. | 986 bedarf | 987 dennoch
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Erstlich ist geschrieben Genesis am i., Das man und weib also geschaffen von Gott sein, das sie sollen fruchtbar sein, kinder zeugen etc., das weib geneigt sey zum man, der | man widder zum weibe.988 Und wir reden hie nicht von der unordenlichen brunst, die nach Adams fal gefolget ist, sondern von natürlicher neigung zwischen man und weib, welche auch gewesen were inn der natur, wenn sie rein blieben were. Und das ist Gottes geschepff und ordnung, das der man zum weib geneigt sey, das weib zum man. So nu die Göttliche ordnung und die angeschaffne art niemands endern mag noch sol denn Gott selbst, so folgt, das der ehestand durch kein menschlich statut odder gelübde mag abgethan werden. Widder diesen starcken grund spielen die widdersacher mit worten, sagen, Im anfang der schepffung habe das wort noch stadgehabt: „Wachsete und mehret euch und erfülletf die erden“989, Nu aber, so die erde erfüllet ist, sey die ehe nicht gebotten.990 Sehet aber, wie weise leute sein da die widdersacher! durch dis Göttliche wort: „Wachset und mehret euch“, wilchs noch immer gehet und nicht auffhöret, ist man und weib also geschaffen, das sie sollen fruchtbar sein, nicht allein die zeit des anfangs, sondern solang diese natur [y4r] weret. Denn gleich wie durch das wort Genesis am i., Da Gott sprach: „Es lasse die erde auffgehen gras und kraut“991 etc., die erde also geschaffen ist, das sie nicht allein im anfang frucht bracht, sondern das sie alle jar gras, kreutter und ander gewechs brecht, solang diese natur weret, Also ist auch man und weib geschaffen, fruchtbar zu sein, solang diese natur weret; wie nu dasυ menschengebot und -gesetz nicht endern kan, das die erde nicht solt grüne werden etc., Also kan auch kein Klostergelübde, kein menschengebot die menschlich natur endern, das ein weib nicht solt eins mans begeren, ein man eins weibs, one ein sonderlich Gotteswerck. Zum andern, dieweil das Göttliche geschepff und Gottes ordnung natürlich recht und gesetz ist, so haben die Iurisconsulti992 recht gesagt, φdas des mans und weibs beinandersein und zusamengehören ist natürlich recht.φ So aber das natürlich recht niemands verendern kan, so mus jhe einem jdern die ehe frey sein. Denn wo Gott die natur nicht verendert, da mus auch die art bleiben, die Gott der natur eingepflantzt hat, und sie kan mit menschengesetzen nicht verendert werden. Derhalben ist es gantz kindisch, das die widdersacher sagen, Im anfang, da der mensch geschaffen, sey die ehe | geboten, nu aber nicht. Denn es ist gleich, als wenn sie sprechen: etwan993 zu Adams und der Patriarchen zeitten, wenn ein man [y4v] geborn ward, hatte er mannes art e
Seid fruchtbar L45 | f füllet L45
υ dieses dt. 8° (1533) | (1533)
φ–φ
das natürlich recht sey, das man und weib zusamenkomen. dt. 8°
988 Vgl. Gen 1,28. | 989 Gen 1,28 | 990 Vgl. Confutatio XXIII, in: Immenkötter, Confutatio, 153,13–16: „Praeceptum tunc erat de procreatione prolis, ut repleretur terra, qua modo repleta et adeo quidem, ut sit pressura gentium, non est a modo praeceptum valentibus continere“ (deutsch:
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Primum. Genesis docet homines conditos esse, ut sint fecundi et sexus recta ratione sexum appetat.519 Loquimur enim non de concupiscentia, quae peccatum est, sed de illo appetitu, qui in integra natura futurus erat, quem vocant στοργὴν φυσικήν. Et haec στοργὴ est vere ordinatio divina sexus ad sexum. Cum autem haec ordinatio Dei sine singulari opere Dei tolli non possit, Sequitur Ius contrahendi matrimonii non posse tolli statu[K4r]tis aut votis.
Haec cavillantur adversarii, dicunt initio fuisse mandatum, ut repleretur terra, nunc repleta terra non esse mandatum coniugium. Videte, quam prudenter iudicent. Natura hominum formatur illo verbo Dei, ut sit fecunda non solum initio creationis, sed tantisper dum haec corporum natura | exsistet. Sicut hoc verbo terra fit fecunda: Germinet terra herbam virentem.520 Propter hanc ordinationem non solum initio coepit terra producere graminaι, sed quotannis vestiuntur agri, donec exsistet haec natura. Sicut igitur legibus humanis non potest natura terrae mutari, Ita neque votis neque lege humana potest natura hominis mutari sine speciali opere Dei.
Secundo. Et quia haec creatio seu ordinatio divina in homine est Ius naturale, ideo sapienter et recte dixerunt Iurisconsulti coniunctionem maris et feminae esse Iuris naturalis. Cum autem Ius naturale sit immutabile, necesse est semper manere Ius contrahendi coniugii. Nam ubi natura non mutatur, necesse est et illam ordinationem manere, quam Deus indidit naturae, necκ potest legibus humanis tolli. Ridiculum igitur est, quod adversarii nugantur initio fuisse mandatum coniugium, [K4v] nunc non esse. Hoc perinde est, ac si dicerent: Olim nascentes homines secum attulerunt sexum, nunc non afferunt. Olim secum attulerunt Ius naturale nascentes, nunc non afferunt.
ι
germina lat. 8° (1542/1559) | κ non lat. 8° (1542/1559)
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Vgl. Gen 1,28. | 520 Gen 1,11
ebd., 152,20–23). | 991 Gen 1,11 | 992 Rechtsgelehrten | 993 damals, einst
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an sich, wenn ein weib geborn ward, hatt sie weibs art an sich, jtzund aber ists anders; vorzeitten bracht ein kind aus mutterleib natürlich art mit sich, nu aber nicht. So bleiben wir nu billich bey dem spruch, wie die Iurisconsulti weislich und recht gesagt haben, das man und weib beieinandersein ist natürlich recht. Ists nu natürlich recht, so ist es Gottes ordnung, also inn der natur gepflantzt, und ist also auch Göttlich recht. Dieweil aber das Göttlich und natürlich recht niemands zu endern hat denn Gott allein, so mus der Ehestand jderman frey sein, denn die natürlich angeborn neigung des weibs gegen dem man, des mans gegen das weib ist Gottes geschepff und ordnung. Darümb ists recht und hat kein Engel noch mensch zu endern. χGott, der Herr, hat nicht Adam allein geschaffen, sondern auch Evam, nicht allein ein man, sondern auch ein weib und sie gesegnet, das sie fruchtbar seien.χ Und wir reden, wie ich gesagt habe, nicht von der unordentlichen brunst, die da sundlich ist, sondern von der natürlichen neigung, die zwischen man und weib auch gewesen were, so die natur rein blieben were; die böse lust nach dem fahl hat solche neigung noch stercker gemacht, das wir nu des ehestands viel mehr dürffen994, nicht allein kinder zu zeugen, sondern auch ergerψ sund zu verhüten. Dis ist so klarer grund, das es niemands [z1r] wird umbstossen, sondern der Teuffel und alle welt wird es müssen bleiben lassen. Fur das dritte sagt Paulus: „gzu vermeiden die hurereyg hab ein jtzlicherh sein eigen eheweibi.“995 Das ist ein gemein befehl und gebot und gehet alle diejhenigen an, die nicht vermügen, one ehe zu bleiben. Die ωwiddersacher, dieω foddern, wir sollen Gottes gebot zeigen, da er gebiete, das die priester sollen weiber nemen, gleich als sein die priester nicht menschen. Was die schrifft inn gemein von gantzem menschlichen geschlecht redet, das gehet warlich die priester mit an. Paulus gebeut da, das diejhenigen sollen weiber nemen, so nicht haben die gabe der Jungfrauschafft, denn er legt sich bald hernach selbst aus, da er saget: „Es ist besser, jehelich werden denn brennenj.“996 Und Christus saget klar: „ksie fassen nicht allek das wort, sondern denl es geben ist.“997 Dieweil nu nach Adams fal inn uns allen dieα beide beinander sein, die natürlich neigung und angeborn böse lust, wilche die natür|lich neigung noch stercker macht, also das des ehestands mehr vonnöten ist denn, da die natur unverterbet war, Darümb redet Paulus also von der ehe, das damit unser schwacheit geholffen werde; und solch brennen zu vermeiden, gebeut er, das diejhenigen, so es dürffen998, sollen ehelich werden; und dis wort: „Es ist besser, mehelich werden denn zu brennenm“999, mag durch kein menschen-
g – g Aber um der Hurerei willen L45 | h jeglicher L45 | i weib L45; uxorem Vg Clem. | j – j freien denn Brunst leiden L45 | k – k Das Wort fasset nicht jedermann L45 | l denen L45 | m – m freien denn Brunst leiden L45 χ – χ nicht in dt. 8° (1533) | diese stück dt. 8° (1533)
ψ
nicht in dt. 8° (1533) |
ω–ω
widdersacher dt. 8° (1533) |
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Nullus Faber fabrilius cogitare quidquam posset,521 quam hae ineptiae excogitatae sunt ad eludendum Ius naturae.
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Maneat igitur hoc in causa, quod et Scriptura docet et Iurisconsultus sapienter dixit coniunctionem maris et feminae esse Iuris naturalis. Porro Ius naturale vere est Ius divinum, quia est ordinatio divinitus impressa naturae. Quia autem hoc Ius mutari non potest sine singulari opere Dei, λnecesse est manere Ius contrahendi coniugii, quia ille naturalis appetitus est ordinatio Dei in natura sexus ad sexum et propterea Ius est; alioqui quare uterque sexus conderetur? Et loquimur, ut supra dictum est, non de concupiscentia, quae peccatum est, sed de illo appetitu, quem vocant στοργὴν φυσικὴν; quem concupiscentia non sustulit ex natura, sed accendit, ut nunc remedio magis opus habeat et coniugium non solum procreationis causa necessarium sit, sed etiam remedii | causa. Haec sunt perspicua et adeo firma, ut nullo modo labefactari queant.
Tertio. Paulus ait: Propter fornicationem [K5r] unus quisque habeat uxorem suam.522 Hoc iam expressum mandatum est ad omnes pertinens, qui non sunt idonei ad caelibatum. Adversarii iubent sibi ostendi praeceptum, quod praecipit Sacerdotibus uxores ducere, quasi sacerdotes non sint homines. Nos quae de natura hominum in genere disputamus, profecto etiam ad sacerdotes pertinere iudicamus. An non praecipit hic Paulus, ut ducant uxorem isti, qui non habent donum continentiae? Interpretatur enim se ipse paulo post, cum ait: Melius est nubere quam uri.523 Et Christus clare dixit: Non omnes capiunt hock verbum, sed quibus datum est,524 quia nunc post peccatum concurrunt haec duo, naturalis appetitus et concupiscentia, quae inflammat naturalem appetitum, ut iam magis opus sit coniugio quam in natura integra. Ideo Paulus de coniugio tamquam de remedio loquitur et propter illa incendia iubet nubere. Neque hanc vocem: Melius est nubere quam uri,525 ulla humana
k
istud Vg Clem.
λ
davor: neque lat. 8° (1542/1559)
521
Anspielung auf den zu den Confutatoren gehörenden Johannes Fabri (Faber), zunächst Generalvikar von Konstanz, später Bischof von Wien. | 522 I Kor 7,2 | 523 I Kor 7,9 | 524 Mt 19,11 | 525 I Kor 7,9 994
bedürfen | 995 I Kor 7,2 | 996 I Kor 7,9 | 997 Mt 19,11 | 998 dessen bedürfen | 999 I Kor 7,9
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gesetz, durch kein Klostergelübde weggethan werden, Denn [z1v] kein gesetz kan die natur anders machen, denn sie geschaffen odder geartet ist. Darümb haben wirβ freiheit und macht ehelich zu werden alle, so das brennen fülen. Und alle, die nicht recht rein und keusch vermügen zu bleiben, die sein schüldig, diesem gebot und wort Pauli zu folgen: „Es nsol ein jtzlichern sein eigen weib ohaben, zu vermeiden hurereyo“1000; darinne hat ein jeder fur sich sein gewissen zu prüffen. Denn das die widdersacher sagen, man sol Gott umb keuscheit bitten und anruffen, man solle den leib mit fasten und arbeit casteien,1001 solten sie billich solch casteien anfahen. Aber, wie ich hie oben gesagt, die widdersacher meinen diese sache nicht mit ernst; sie spielen und schertzen ihrs gefallens. Wenn Junckfrauschafft einem jedern müglich were, so dorffets keiner sondern Gottesgabe. Nu sagt der Herr Christus Matth. am xix.: Es sey ein besonder hohe Gottesgabe, und nicht jderman fasse das wort;1002 die andern nu, wil Gott, das sie sollen brauchen des ehestands, den Gott hat eingesetzt. Denn Gott wil nicht, das man sein geschepff und ordination verachten sol; so wil er dennoch, das dieselbigen auch sollen keusch sein, nemlich das sie des ehestands brauchen, wilchen er, ehelich reinigkeit und keuscheit zu erhaltenγ, hat eingesetzt, wie er auch wil, das wir sollen der speise und des trancks brauchen, die er uns zu leibsenthaltung1003 geschaffen hat. Und Gerson, der zeigt an, das viel fromer, [z2r] grosser leute gewesen sein, die durch leibscasteien haben wollen keuscheit halten und haben dennoch nichts geschafft.1004 Darümb sagt auch Sanct Ambrosius recht: Allein die Junckfrauschafft ist ein solch ding, die man raten mag und nicht gebiten.1005 Ob jmands hie nu sagen wolt: Der Herr Christus lobet diejhenigen, „die sich selbst verschnitten haben umb des himelreichs willen“1006, Der sol auch bedencken, das Christus von denjhenigen redet, wilche die gabe der Junckfrauschafft haben; denn darümb setzt er dazu: „Wer es fassen kan, der fasse es!“1007 Denn dem Herrn Christo gefelt solche unreine keuscheit nicht, wie inn Stifften und Klöstern ist. Wir lassen auch rechte keuscheit ein fein, Edel Gottesgabe sein; wir reden aber hie davon, das solch gesetz | und verbot der Ehe unrecht ist, undδ von den1008, die Gottes gabe nicht haben. Darümb sol es frey sein, und sollen nicht solch stricke den armen gewissen angeworffen werden. n–n β
habe ein jeglicher L45 | o – o um der Hurerei willen L45
nicht in dt. 8° (1533) | γ halten dt. 8° (1533) | δ danach: reden dt. 8° (1533)
1000
I Kor 7,2 | 1001 Vgl. Confutatio XXIII, in: Immenkötter, Confutatio, 157,1–9: „Frustra ergo queruntur mundum senescere et remedium imbecillitati laxandum. Nam deo consecrati alia habent imbecillitatis remedia, utpote feminarum consortia devitent, otia fugiant, ieiuniis et vigiliis carnem emacerent, prohibeant sensus exteros ab illicitis et praecipue visum et auditum, oculos quidem ne videant vanitatem, parvulos denique, id est carnales cogitationes allidant ad petram – petra autem Christus est – affectus reprimant, deum frequenter et devote orationibus pulsent. Haec procul dubio sunt potentissima continentiae remedia in ecclesiasticis viris et deo servien-
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auctoritas, ulla lex, ulla vota tollere possunt, quia haec non tollunt naturam aut concupiscentiam. Retinent igitur Ius ducendi omnes, qui uruntur. Et tenentur hoc mandato Pauli: propter fornicationem unus quisque habeat uxorem suam,526 omnes, qui non vere continent, de qua re iudicium ad conscientiam cu[K5v]iusque pertinet.
Nam quod hic iubent petere a Deo continentiam, iubent corpus laboribus et inedia conficere, cur sibi quoque non canunt haec magnifica praecepta? Sed ut supra diximus, Tantum ludunt adversarii, nihil agunt serio. Si continentia esset omnibus possibilis, non requireret peculiare donum. At Christus ostendit eam peculiari dono opus habere, quare non contingit omnibus. Reliquos vult Deus uti communi lege naturae, quam instituit. Non enim vult Deus contemni suas ordinationes, suas creaturas. Ita vult illos castos esse, ut remedio divinitus proposito utantur, sicut ita vult vitam nostram alere, si cibo, si potu utamur.
Et Gerson testatur multos fuisse bonos viros, qui conati domare corpus, tamen parum profecerunt. | Ideo recte ait Ambrosius: Sola virginitas est, quae suaderi potest, Imperari non potest; res magis voti quam praecepti est.527 Si quis hic obiecerit Christum laudare hos, qui se castrant propter regnum caelorum, is hoc quoque consideret, quod tales laudat, qui donum continentiae habent. Ideo enim addiditμ: Qui potest capere, capiat!528 Non enim placet Christo immunda continentia. Laudamus et nos veram continentiam. Sed nunc de lege disputamus et de his, qui non habent donum continentiae. Res debebat relinqui li[K6r]bera, non debebant inici laquei imbecillibus per hanc legem.
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addit lat. 8° (1542/1559)
526 I Kor 7,2 | 19,12
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Ambrosius von Mailand, Exhortatio virginitatis I, 3, in: PL 16, 356. |
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Mt
tibus“ (deutsch: ebd., 156,1–13). | 1002 Vgl. Mt 19,12. | 1003 Erhaltung des Leibes | 1004 Etwa Gerson, Super Caelibatu sive castitate ecclesiasticorum III, in: GOC 2, 629: „Porro si pauci sunt caelibes, & electi, & elevate, perfectique, multo rariores sunt (ceteris paribus) nuptiis dati, qui sine contaminatione se custodiant.“ | 1005 Vgl. Ambrosius von Mailand, Exhortatio virginitatis I, 3, in: PL 16, 356. | 1006 Mt 19,12 | 1007 Mt 19,12 | 1008 denen
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Zum vierden, so ist auch dasselbige Bapstsgesetz widder die Canones und alten Concilien. Denn die alten Canones verbitten nicht die ehe, sie zureissen auch nicht den ehestand, wiewol sie diejhenigen, so sich zum ehestand begeben, ihrs geistlichen ampts entsetzen;1009 das war die zeit nach gelegenheit mehr ein gnade denn ein straffe. Aber die neuen Canones, die nicht inn den Conciliis, sondern durch die Bepste gemacht sein,1010 die ver[z2v]bitten die ehe und zureissen die „Iam contracta matrimonia“ etc. So ist nu am tag, das solchs widder die schrifft, auch widder Christi gebot ist, da er saget: „Diep Gott zusamengefüget hat, sol der mensch nicht scheiden.“1011 Die widdersacher schreien fast1012, das der Celibat oder keuscheit der priester geboten sey in den Conciliis;1013 wir fechten die Concilia des teils1014 nicht an, Denn sie verbitten die ehe nicht, sondern das neue gesetz fechten wir an, wilches die Bepst widder die Concilia gemacht haben. Also gar verachten die Bepste selbs die Concilia, so sie doch andern bei Gottes zorn und ewiger verdamnis dörffen gebieten, die Concilien zu halten. Darumb ist das gesetz, dadurch priesterehe verboten, ein recht Bapstsgesetz der Römischen Tyranney, Denn der Prophet Daniel hat das Antichristisch reich also abgemalet, das es solle ehestand und eheweiber, ja, das weiblich geschlecht verachten leren.1015 Zum fünfften, wiewol sie das ungöttlich gesetz nicht heiligkeit halben odder aus unwissenheit verteidingen – Denn sie wissen wol, das sie keuscheit nicht halten –, so εgeben sie doch ursache zu unzelicher heuchley, dieweil sieε ein schein der heiligkeit ζfurwenden; sieζ sagen, das darümb die priester sollen keuscheit halten, denn sie müssen heilig und rein sein, gleich als sey der ehestand ein unreinigkeit, gleich als werde man eherq heilig und gerecht fur Gott durch den Celibat denn durch [z3r] den ehestand; und | ηdazu zihen sie an die priesterη im gesetz Mosi, θDenn sie sagen, wenn die priester haben im Tempel gedienet, haben sie sich ihrer weiber müssen enthalten, darümb, soθ im neuen Testament die priester allzeit beten sollen, sollen sie sich auch allzeit keusch halten.1016 Solch ungeschickt, nerrisch gleichnis zihen sie an als ein gantz klaren gewissen grund, dadurch schon erstritten sey, das die priester schuldig sein, ewig keuscheit zu halten, so sie doch, wenn auch das gleich-
p
Was nun L45 | q cj.: ehe; ehe CR
ε – ε wenden sie doch fur dt. 8° (1533) | ζ – ζ zu erhaltung ihres wesens und dt. 8° (1533) | η – η hie sagen sie von den priestern dt. 8° (1533) | θ – θ dieselbigen haben sich von ihren Weibern enthalten müssen die zeit, solang sie ihrs ampts im Tempel warten mussten, Daraus schliessen die widdersacher, dieweil dt. 8° (1533) 1009 Ursprünglich bestanden die Einschränkungen für die Kleriker nur im Verbot der zweiten Ehe (I Tim 3,2), des Eheschlusses nach dem Empfang der Weihe, später des Geschlechtsverkehrs vor Vollzug der Eucharistie, schließlich seit dem 4. Jahrhundert – nach dem Aufkommen des täglichen Messopfers – des gesamten ehelichen Umgangs. Die Forderung der Ehelosigkeit ist vom Mönchtum auf den Klerus übergegangen, in kirchlichen und weltlichen Gesetzen vom 8. bis 11. Jahrhundert immer wieder erhoben, aber erst von der cluniazensischen Reform einigermaßen
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Quarto. Dissentit lex Pontificia et a Canonibus conciliorum. Nam veteres Canones non prohibent coniugium nec contracta coniugia dissolvunt, et si hos, qui in ministerio contraxerunt, removent ab administratione. Haec missio istis temporibus beneficii loco erat. Sed novi Canones, qui non sunt in Synodis conditi, sed privato consilio Pontificum facti, et prohibent contrahere matrimonia et contracta dissolvunt. Idque palam est fieri contra mandatum Christi: Quosl Deus coniunxit, homo non separet.529
Adversarii vociferantur in confutatione caelibatum praeceptum esse a conciliis. Nos non accusamus decreta Conciliorum. Nam haec certa conditione permittunt coniugium, sed accusamus leges, quas post veteres Synodos Romani Pontifices contra auctoritatem Synodorum condiderunt. Adeo Pontifices contemnunt auctoritatem Synodorum, quam aliis volunt videri sacrosanctam. Propria igitur est haec lex de perpetuo caelibatu huius novae Pontificiae dominationis. Neque id abs re [est]. Daniel enim tribuit hanc notam regno Antichristi videlicet contemptum mulierum.530
[K6v] Quinto. Etsi adversarii non defendunt legem superstitionis causa, cum videant non solere observari, tamen superstitiosas opiniones serunt, dum praetexunt religionem. Caelibatum ideo praedicant se requirere, quod sit mundities, quasi coniugium sit immundities ac peccatum aut quasi caelibatus mmereatur remissionem peccatorum et reconciliationem, Coniugium vero non mereatur remissionem peccatorum etc.m Et huc allegant ceremonias legis Mosaicae, quod cum in lege tempore ministerii sacerdotes separati fuerintν ab uxoribus, in novo testamento sacerdosξ, cum semper orare debeatο, semper debeat continere. Haec inepta similitudo allegatur | tamquam demonstratio, l
Quod Vg Clem. | m – m magis mereatur iustificationem quam coniugium. lat. 4° (1531)
ν
fuerant lat. 4° (1540) | ξ sacerdotes lat. 8° (1559) | ο debeant lat. 8° (1559)
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Mt 19,6 | 530 Vgl. Dan 11,37.
durchgeführt worden. Doch fanden noch die Gesetze Gregors VII. (1073–1085) heftigen Widerstand. In Deutschland war noch im 12. Jahrhundert der größte Teil der Priester verheiratet. 1010 Melanchthon denkt wohl vor allem an die von den Päpsten unter dem Eindruck der cluniazensischen Reform erlassene Reihe von Verordnungen: Leo IX. (1054), in: Dist. 32 c. 14 (Friedberg I, 121), Nikolaus II. (1059), in: Dist. 32 c. 5. (Friedberg I, 117) und Alexander II. (1063), in: Dist. 32. c. 6. und Dist. 81. c. 16–18 (Friedberg I, 117, 285f), die die Fastensynode von Rom 1074 unter Gregor VII. wieder aufnahm. | 1011 Mt 19,6 | 1012 sehr, laut | 1013 Vgl. Confutatio XXIII, in: Immenkötter, Confutatio, 143,11–147,11 (deutsch: ebd., 142,15–146,16). | 1014 diesbezüglich 1015 Vgl. Dan 11,37. | 1016 Vgl. Confutatio XXIII, in Immenkötter, Confutatio, 147,12–15: „Ad haec sacerdotes veteris legis tempore officii et ministerii sui in templo separabantur ab uxoribus sicut Zacharias tempore vicis suae, Lucae I. Cum autem sacerdos novae legis semper debeat esse in ministerio, sequitur semper eum debere continere“ (deutsch: ebd., 146,17–21).
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nis hie tüchte1017 oder sich reimete, nichts mehr damit erhalten, denn das die priester sich ihrer weiber, allein ein zeitlang, enthalten solten, nemlich wenn sie kirchendienst furhetten. Auch so ist ein ander ding beten, ein ander ding inn der kirchen priesterlich ampt thun, Denn viel heiligen haben wol gebett, wenn sie gleich nicht im Tempel gedienet, und hat sie ehelich beywonung daran nichts gehindert. Wir wollen aber ordentlich nacheinander auff solche treume antworten. Fur das erst müssen jhe die widdersacher bekennen und konnen nicht leugnen, das der Ehestand an Christgleubigen ein rein, heilig stand sey, denn er ist jhe geheiliget durch das wort Gottes. Denn von Gott ist er eingesetzt, durch Gottes wort ist er bestetigt, wie da die schrifft reichlich zeuget, denn Christus sagt: „Was Gott hat zusamengefüget, das sol rkein menschr scheiden.“1018 Da sagt Christus, eheleut und ehestand füge Gott zusamen. So ist es ein rein, heilig, edel, löblich Gotteswerck. [z3v] Und Paulus sagt von der Ehe, von speise und dergleichen, das „ssie geheiliget werdens durch das wort Gottes und durch das gebet.“1019 Erstlich durchs Göttlich wort, dadurch das hertz gewis wird, das Gott dem Herrn der ehestand gefellet, Zum andern durch das gebet, das ist durch dancksagung, wilche im glauben geschihet, da wir des ehestands, speis, trancks mit dancksagung brauchen i. Corin. vii.: „Der ungleubige man wirdt geheiligt durch das gleubigu weib“1020, das ist, der ehestand ist rein, gut, Christlich und heilig umb des glaubens willen inn Christum, des wir brauchen mügen mit dancksagung, wie wir speis, tranck etc. brauchen. Item i. Timo. ii.: „vDas weibv aber wird selig durch kindergeberen, so sie bleibtw im glauben“1021 etc. Wenn die widersacher von ihrer Pfaffenkeuscheit ein solchen spruch köndten furbringen, wie solten sie triumphiren? Paulus sagt, das weib werde selig durch kindergeberen. Was hette doch der heilig Apostel widder die schendlichen heuchley der unfletigen, erlogen keuscheit trefflichers reden können, denn das er sagt, sie werden selig durch die ehelichenx wercke, durch geberen, durch kinder|seugen und -zihen, durch haushalten etc.? Ja, wie meint das Paulus? er setzt dazu mit klaren worten: „so sie bleibty im glauben“1022 etc., Denn die wercke und arbeit im ehestand fur sich selbst one den glauben werden hie allein nicht gelobet. So wil er nu fur allen dingen, das sie Got[z4r]tes wort haben und gleubig sein, durch wilchen glauben (wie er denn allenthalben sagt) sie entpfahen vergebung der sunde und Gott ιversünet werdenι. Darnach gedenckt er des wercks ihrs weiblichen ampts und beruffs, gleich wie inn allen Christen ausκ dem glauben sollen gute wercke folgen, das ein jder nach seinem beruff etwas thue, damit er seinem nehisten nütz werde; und wie dieselbigen gute wercke
r–r
der Mensch nicht L45 | s – s es wird geheiliget L45 | t ist L45 | u nicht in L45 | v – v Sie L45 bleiben L45; permanserit Vg Clem. | x cj.: eheliche; eheliche CR | y bleiben L45; permanserit Vg Clem. w
ι–ι
gefallen dt. 8° (1533) | κ nicht in dt. 8° (1533)
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quae cogat sacerdotes ad perpetuum caelibatum, cum quidem in ipsa similitudine coniugium concedatur; tantum ministerii tempore consuetudo interdicitur. Et aliud est orare, aliud ministrare. Orabant Sancti tunc quoque, cum non exercebant publicum ministerium, nec consuetudo cum coniuge prohibebat, ne orarent. Sed respondebimus ordine ad haec figmenta. Primum hoc fateri necesse est adversarios, quod coniugium sit mundum in credentibus, quia est sanctificatum verbo Dei, hoc est, est res licita et approbata verbo Dei, sicut copiose testatur Scriptura. [K7r] Christus enim vocat coniugium coniunctionem divinam, cum ait: Quosn Deus coniunxit.531 Et Paulus de coniugio, de cibis et similibus rebus inquit: Sanctificantur per verbum et orationem,532 hoc est per verbum, quo conscientia fit certa, quod Deus approbet, et per orationem, hoc est per fidem, quae cum gratiarum actione tamquam dono Dei utitur. Item 1. Corinth. 7.: Sanctificaturo vir infidelis per uxoremp fidelem533 etc.; id est, usus coniugalis licitus et sanctus est propter fidem in Christum, sicut licitum est uti cibo etc. Item 1. Thimoth. 2.: Salvaturq mulier per filiorum generationem534 etc. Si talem locum adversarii de caelibatu proferre possent, tum vero miros triumphos agerent. Paulus dicit salvari mulierem per filiorum generationem. Quid potuit dici contra hypocrisin caelibatus honorificentius quam mulierem salvari ipsis coniugalibus operibus, usu coniugali, pariendo et reliquis Oeconomicis officiis? Quid autem sentit Paulus? Lector observet addi fidem nec laudari officia Oeconomica sine fide, si manserint, inquit, in fide. Loquitur enim de toto genere matrum.
Requirit igitur praecipue fidem, qua mulier accipit remissionem peccatorum et iustificationem. Deinde addit certum opus vocationis, si[K7v]cut in singulis hominibus fidem sequi debet bonum opus certae vocationis. Id opus placet
n Quod Vg Clem. | o sanctificatus est Vg Clem. | Salvetur lat. 8° (1542) 531
1017
p
mulierem Vg Clem. |
q
Salvabitur Vg Clem.;
Mt 19,6 | 532 I Tim 4,5 | 533 I Kor 7,14 | 534 I Tim 2,15 taugte | 1018 Mt 19,6 | 1019 I Tim 4,5 | 1020 I Kor 7,14 | 1021 I Tim 2,15 | 1022 I Tim 2,15
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Gott gefallen, also gefallen auch Gott solche wercke, die ein gleubig weib thut ihrem beruff nach, und ein solch weib wird selig, die alsoλ ihrem beruff nach im ehelichen stand ihr weiblich ampt thutμ. Diese sprüche zeigen an, das der Ehestand νein heilig und Christlich dingν sey. So nu reinigkeit auchξ das heist, das fur Gott heilig und angenem ist, so ist der ehestand heilig und angenem, Denn er ist bestetigt durch das wort Gottes, und wie Paulus sagt: „Den reinen ist alles rein“1023, das ist denenz, die da gleuben in Christum. Derhalben, wie die Junckfrauschafft in den Gottlosen unrein ist, also ist der ehestand heilig inn den gleubigen umb des Göttlichen worts und glaubens willen. So aber die widdersacher das reinigkeit heissen, da kein unzucht ist, so heists reinigkeit des hertzens, da die böse lust getödt ist, Denn Gottes gesetz verbeut nicht die ehe, sondern die unzucht, ehebruch, hurerey. Darümb eusserlich one weibο sein ist nicht die recht reinigkeit, sondern [z4v] es kan ein grösser reinigkeit des hertzens sein inn einem eheman, wiea inn Abraham und Jacob, denn inn vielen, die gleich nach leiplicher reinigkeit ihr keuscheit recht halten. Entlich, so sie die keuscheit derhalben reinigkeit nennen, das man dadurch ehr solt fur Gott gerecht werden denn durch den ehestand, so ist es ein irthumb, Denn one verdienst umb Christus willen allein erlangen wir vergebung der sunde, wenn wir gleuben, das wir durch Christus blut und sterben ein gnedigen Gott haben. Hie aber werden die widdersacher schreien, das wir wie Jovinianus den ehestand der Junckfrauschafft gleich achten.1024 Aber umb ihrs geschreis willen werden wir die Göttliche warheit und die lere von Christo, von gerechtigkeit des glaubens, die wir oben angezeigt, nicht verleugnen. Doch lassen wir dennoch der Jungfrauschafft ihr preis und lob und sagen auch, das [sie] ein gabe sey höher denn die andern. Denn gleich wie weisheit zu regirn ein höher gabe ist | denn andere künste, also ist die Junckfrauschafft oder keuscheit ein höher gabe denn der ehestand. Und doch widderümb, wie der Regent nicht von wegen seiner gabe und klugheit fur Gott mehr gerecht ist denn ein ander von wegen seiner kunst, also ist der keusch nicht mehr gerecht fur Gott von wegen seiner gabe denn die ehelichen von wegen ihres standes, sondern ein jder sol treulich dienen mit seiner gabe und dabey wissen, das er umb Christus willen durch [Aa1r] glauben vergebung der sund habe und πgerecht fur Gott geschetzet wird.π Der Herr Christus und Paulus auch loben die Junckfrauschafft nicht darümb, das sie fur Gott gerecht mache, sondern das diejhenigen, so ledig one weib, z
cj.: den; den CR | a cj.: als; als CR
λ danach: vertrauet, sie gefalle Gott umb Christus willen, und thut daneben dt. 8° (1533) | μ in dt. 8° (1533) an anderer Position | ν – ν nicht verbotten dt. 8° (1533) | ξ nicht in dt. 8° (1533) | ο eheweib dt. 8° (1533) | π – π Gott gefalle. dt. 8° (1533) 1023
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Der aus Mailand stammende Asket Jovinianus bekämpfte seit etwa 385 in Rom
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Deo propter fidem. Ita mulieris officia placent Deo propter fidem et salvatur mulier fidelis, quae in talibus officiis vocationis suae pie servit.
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Haec testimonia docent coniugium rem licitam esse. Si igitur mundities significat id, quod coram Deo licitum et approbatum est, Coniugia sunt munda, quia sunt approbata verbo Dei. Et Paulus ait de rebus licitis: Omnia munda mundis,535 hoc est his, qui credunt Christo et fide iusti sunt. Itaque ut virginitas in impiis est immunda, ita coniugium in piis est mundum propter verbum Dei et fidem. Deinde. Si mundities proprie opponiturπ concupiscentiae, significat munditiem cordis, hoc est, mortificatam concupiscentiam, quia lex non prohibet coniugium, sed concupiscentiam, adulterium, scortationem. Quare caelibatus non est mundities. Potest enim esse maior mundities cordis in coniuge velut in Abraham aut Iacob quam in plerisque etiam vere continentibus.
Postremo. Si ita intelligunt caelibatum munditiem esse, quod mereatur iustificationem magis quam coniugium, maxime reclamamus. Iustifica[K8r]mur enim neque propter virginitatem neque propter coniugium, sed gratis propter Christum, cum credimus nos propter eum habere Deum propitium. Hic exclamabunt fortassis Ioviniani more aequari coniugium virginitati. Sed propter haec convicia non abiciemus veritatem de iustitia fidei, quam supra exposuimus. Neque tamen aequamus coniugio virginitatem. Sicut enim donum dono praestat, Prophetia praestat eloquentiae, Scientia rei militaris praestat agriculturae, Eloquentia praestat architectonicae, Ita virginitas donum est praestantius coniugio. Et tamen sicut Orator non est magis iustus coram Deo propter eloquentiam quam Architectus propter Architectonicam, ita virgo non magis meretur iustificationem virginitate quam coniunx coniugalibus officiis, sed unusquisque in suo dono fideliter servire debet ac sentire, quod propter Christum fide consequatur remissionem peccatorum et fide iustus coram Deo reputetur.
Nec Christus aut Paulus laudant virginitatem ideo, quod iustificet, sed quia sit expeditior et minus distrahatur domesticis occupationibus in orando, doπ
apponitur lat. 8° (1542)
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die mönchische Verdienstlehre und Stufenethik, nicht „Kasteiungen und Zucht“ (in diesem Sinne hatten ihn die Schriften des Hieronymus denunziert).
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one man sein, deste freier, unverhindert mit haushalten, kinderzihen etc., lesen, betenρ, schreiben, dienen können. Darümb sagt Paulus zu den Corinthern: Aus der ursach wird die Junckfrauschafft gelobt, das man inn dem stand mehr raum hat, Gottes wort zu lernen und andere zu leren.1025 So lobet auch Christus nicht schlechthin diejhenigen, so „sich verschnietten σumb des himelreichs willenσ“, sondern setzt dazu: „umb des himelreichs willen“;1026 das ist, das sie deste leichter lernen und leren können das Evangelium. Er sagt nicht, das Junckfrauschafft vergebung der sunde verdiene. Auff das Exempel von den Levitischen priestern haben wir geantwort, das damit gar nicht beweiset ist, das die priester sollen one ehestand sein.1027 Auch so gehet uns Christen das gesetz Mosi mit den Ceremonien der reinigkeit odder unreinigkeit nichts an. Im gesetz Mosi, wenn ein man sein weib berüret, ward er etlich zeit unrein, jtzund ist ein Christeneheman nicht unrein, Denn das neu Testament saget: „den reinen ist alles rein.“1028 Denn durch das Evangelium sind wir gefreiet von allen Mosis Ceremonien, nicht allein von den gesetzen der unreinigkeit. Wo aber den [Aa1v] Celibat jmands aus demτ grunde wolte verfechten, das er die gewissen wolt verpflichten zu solchen Levitischen reinigkeiten, dem müssen wir ebenso hefftig widderstehen, als die Apostel den Jüden widderstanden haben inn geschichten der Aposteln am xv. Capitel, Da sie zu dem gesetz Mosi und zu der beschneidung die Christen verpflichten wolten.1029 Hie aber werden Christlich, Gottförchtig eheleut wol inn ehelicher pflicht mas zu halten wissen, Denn diejhenigen, so inn regimenten odder der kirchen empter sein und zu schaffen haben, die werden auch im ehe|stand wol keusch müssen sein. Denn mit grossen sachen und hendeln beladen sein, da landen und leuten, regimenten und kirchen an gelegen ist, ist ein gut remedium, das der alte Adam nicht geil werde. So wissen auch die Gottförchtigen, das Paulus i. Tessa. amυ iiii. sagt: „Ein jglicher unter euch wisse sein fas zu behalten inn heiligung und ehren, nicht inn der lust seuche.“1030 Dagegen aber, Was kan vor1031 ein keuscheit bey so viel tausent Mönch und Pfaffen sein, die on sorg in allem lust leben, müssig und vol haben, dazu kein Gotteswort, lernens nicht und achtens nicht? Da mus alle unzucht folgen. Solche leute können widder Levitisch noch ewige keuscheit halten. Viel ketzer, wilche das gesetz Mosi odder wie es zu brauchen sey nicht verstanden, reden schmelich von dem ehestand, wilche doch umb solchs heuchlischen scheins willen fur heilig ge[Aa2r]halten sein. Und Epiphanius klagt
ρ nicht in dt. 8° (1533) | und dt. 8° (1533) 1025 1028
σ–σ
nicht in dt. 8° (1533) |
τ
diesem dt. 8° (1533) |
υ
nicht in CR 28,261
Vgl. I Kor 7,32. | 1026 Mt 19,12 | 1027 Vgl. o. S. 513,24–515,21 (deutsch: 512,31–514,20). Tit 1,15 | 1029 Vgl. Act 15,10f. | 1030 I Thess 4,4f | 1031 für
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cendo, serviendo. Ideo Paulus ait: Virgo curat ea, quae sunt Domini.536 Laudatur igitur virgi[K8v]nitas propter meditationem et studium. Sicρ Christus non simpliciter laudat hos, qui se castrant, sed addit: propter regnum caelorum,537 hoc est, ut discere aut docere Evangelium vacet. Non enim dicit virginitatem mereri remissionem peccatorum aut salutem. Ad exempla Sacerdotum Leviticorum respondimusσ, quod non efficiunt oportere perpetuum caelibatum imponi sacerdotibus. Deinde immunditiae Leviticae non sunt ad nos transferendae. Consuetudo contra legem tunc erat immunditia, Nunc non est immunditia, quia Paulus dicit: Omnia munda mundis.538 Liberat enim nos Evangelium ab illis immunditiis Leviticis. Ac si quis hoc consilio legem caelibatus defendit, ut illis observationibus Leviticis gravet conscientias, huic perinde adversandum est, ut Apostoli in Actis Cap. 15. | adversantur his, qui circumcisionem requirebant et legem Moisi Christianis imponere conabantur.539
Interim tamen boni scient moderari usum coniugalem, praesertim cum sunt occupati publicis ministeriis, quae quidem saepe tantum faciunt negotii bonis viris, ut omnes domesticas cogitationes animis excutiant. Sciunt boni et hoc, quod Paulus iubet vasar possidere in sanctificatione.540 Sciunt item, quod interdum secedendum sit, ut vacent orationi, sed Paulus hoc [L1r] ipsum non vult esse perpetuum.541 Iam talis continentia facilis est bonis et occupatis, sed illa magna turba otiosorum sacerdotum, quae in collegiis est, in his deliciis ne quidem hanc Leviticam continentiam praestare potest, ut res ostendit. Et nota sunt poemata: Desidiam puer ille sequi solet, odit agentes542 etc.
Multi haeretici male intellecta lege Moisi contumeliose ssenserunt de coniugio, quales fuerunt Encratitae, de quibus supra diximus.543 Et constat Mona-
r
vas Vg Clem. | s – s lat. 4° (1531): s. QuM I, 556,5–26 [de coniugio ... cultus iustificantes.]
ρ
Sicut lat. 4° (1540) | σ respondebimus lat. 8° (1542/1559)
536 Vgl. I Kor 7,32. | 537 Mt 19,12 | 538 Tit 1,15 | 539 Vgl. Act 15,10f. | Kor 7,5. | 542 Ovid, Remedia amoris 149. | 543 Vgl. o. S. 529,4−17.
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Vgl. I
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hefftig, das die Encratiten1032 mit dem heuchlischen schein, sonderlich der keuscheit, bey φden unerfarnenφ ein ansehen gewonnen haben.1033 Sie truncken keinen wein, auch nicht im Abentmal des Herren, und enthilten sich gar beide, fische und fleisch zu essen, waren noch heiliger denn die Mönche, wilche fische essen, Auch enthilten sie sich des ehestands; das hatte erst ein grossen schein. Und [sie] hielten also, das sie durch diese werck und erticht heiligkeit Gott versüneten, wie unsere widdersacher leren.
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Widder solche heuchley und Engelheiligkeit streittet Paulus hefftig zu den Colossern,1034 Denn dadurch wird Christus gar unterdrückt, wenn die leute inn solchen irthumb komen, das sie verhoffen, rein und heilig zu sein fur Gott durch solche heuchley. So kennen auch solche heuchler Gottes gabe noch gebot nicht, denn Gott wil haben, das wir mit dancksagung seiner gaben brauchen sollen. Und ich wustχ wol, Exempel furzubringen, wie manch from hertz und armes gewissen dadurch betrübet worden und inn fahr komen ist, das es nicht unterricht, das der ehestand, die ehepflicht ψund was an der ehe istψ heilig und Christlich were. ωDer grosω jammer ist erfolget aus der Mönchen ungeschicktem predigen, wilche one mas den Celibat, die keusch|eit, lobeten und den ehelichen stand fur ein unrein leben ausschrien, [Aa2v] das er sehr hinderlich were zu der seligkeit und vol sundenα. Aber unser widdersacher halten nicht so hart uber dem ehelosen stand umb des scheins willen der heiligkeit, denn sie wissen, das zu Rom auch inn allen ihren Stifften one heuchley, one schein eitel unzucht ist. So ist es auch ihr ernst nicht keusch zu leben, sondern wissentlich machen sie die heuchley fur den leuten. Derhalben sind sie erger, und ihr heuchley ist heslicher denn der ketzer Encratiten, den1035 war doch mehr ernst. Aber diesen Epicureis1036 ists nicht ernst, sondern sie spotten Gott und der welt und wenden allein diesen schein fur, damit ihr frey leben zu erhalten. Zum sechsten, so wir soviel ursache haben, warümb wir des Bapsts gesetz vom Celibat nicht können annemen, so sind doch darüber unzeliche ferligkeiten der gewissen, unsaglich viel ergernis. Darümb, ob solch Bapstsgesetz gleich nicht unrecht were, so solt doch billich alle erbare leute abschrecken solche beschwerung der gewissen, das so unzelich seelen dadurch verterben. Es haben lang fur dieser zeit viel erbarer leute, auch unter ihr eigen Bischofe, Canonici etc., geklagt uber die grosse, schwere last des Celibats und befunden, das sie selbst und andere leute inn βgrosser fahrβ ihrer gewissen darüber komenγ. Aber der klag hat sich niemand angenomen. Darüber ist es am tag, wie an vielen orten, [Aa3r] wo Pfaffenstiffte sein, gemeine zucht dadurch
φ – φ einfeltigen leuten dt. 8° (1533) | χ wiste dt. 8° (1533) | ψ – ψ nicht in dt. 8° (1533) | ω – ω Solcher dt. 8° (1533) | α sunde dt. 8° (1533) | β – β grosse beschwerung dt. 8° (1533) | γ kemen CR 1032
Asketische Gruppierung in den christlichen Gemeinden des 2. Jahrhunderts. Irenäus von Lyon führt sie auf Satornil und Marcion zurück, Eusebius von Caesarea hingegen nennt als Be-
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chos passim solitos esse de caelibatu superstitiosos sermones serere, qui multas pias conscientias propter legitimum usum coniugii perturbaverunt. Nec difficile nobis esset exempla commemorare. Nam etsi non damnabant coniugium in totum propter procreationem, tamen vituperabant tamquam vitae genus, quod vix umquam Deo placeret aut certe non placeret nisi propter procreationem. Caelibatum vero efferebant tamquam angelicum vitae genus; hunc praedicabant gratissimum Deo sacrificium esse, mereri remissionem peccatorum, mereri aureolas, ferre centesimum fructum et alia infinita. Has religiones Angelorum Paulus valde improbat ad Coloss.544 Opprimunt enim cognitionem Christi, cum sentiunt homines se iustos re[L1v]putari propter tales observationes, non propter Christum; deinde opprimunt cognitionem praeceptorum Dei, cum praeter Dei praecepta excogitantur novi cultus et praeferuntur praeceptis Dei. Quare sedulo adversandum est in Ecclesia his superstitiosis persuasionibus de caelibatu, et ut piae conscientiae sciant coniugium Deo placere et ut intelligant, quales cultus approbet Deus.s
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Sed adversarii nostri non requirunt caelibatum per superstitionem. Sciunt enim non solere praestari castitatem. Verum praetexunt superstitiosas opiniones, ut imperitis fucum faciant. Magis igitur odio digni sunt quam Encratitae, qui quadam specie religionis lapsi videntur; illi Sardanapali545 consulto abutuntur praetextu religionis.
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Sexto. Cum habeamus tot causas improbandae legis de perpetuo caelibatu, tamen praeter has accedunt etiam pericula animarum et publica scandala, quae etiamsi lex non esset iniusta, tamen absterrere bonos viros debent, ne approbent tale onus, quod innumerabiles animas perdidit. Diu omnes boni viri de hoc onere questiτ sunt vel sua vel aliorum causa, quos periclitari videbant, sed has [L2r] querelas nulli Pontifices audiunt. Neque obscurum est, τ
quaesti lat. 4° (1540), lat. 8° (1542/1559)
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Vgl. Kol 2,18. | 545 Sardanapal, nach Ktesias von Knidos der letzte Assyrerkönig, hier sprichwörtlich für „Lüstling“, „Schlemmer“ o. ä.
gründer Tatian. Vgl. Christoph Markschies, Art. Enkratiten, in RGG4 2 (1999), 1315f. | 1033 Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses I, 3: Haeresis XLVI, 2,2, in: PG 41, 840 (GCS 31, 205,6–10). Vgl. o. S. 529, Anm. 446. | 1034 Vgl. Kol 2,18. | 1035 denen | 1036 Anhänger des griechischen Philosophen Epikur, hier wohl synonym mit „Hedonisten“, d.h. (pejorativ) sittlich zweifelhaften, von ihren Begierden beherrschten Menschen.
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zuruttert wird, was greulicher unzucht, sunde und schande, was grosser ungehörter laster dadurch geursacht. Es sind der Poeten schriffte und Satyre verhanden, darinne mag sich Roma spiegeln. Also rechnetδ Gott, der allmechtige, die verachtung seiner gabe und seiner gebot inn denjhenigen, die den Ehestand verbitten. So man nu offt etliche, nötige gesetz aus ursach geendert hat, wenn es der gemein nutz erfoddert, warümb solt denn dis gesetz nicht geendert werden, da so viel trefflicher ursachen sein, so viel unzelich beschwerung der gewissen, darümb es billich geendert werde? Wir sehen, das dis die letzten zeitten sein; und wie ein alter mensch schwecher ist denn ein junger, So ist auch die gantze welt und gantz natur inn ihrem letzten alter und im abnemen. Der sunde und laster wird nicht weniger, sondern teglich mehr. Derhalben solt man widder die unzucht und laster deste ehr der hülff brauchen, die Gott geben hat, als des Ehestands. Wir sehen in dem i.ε buch Mosi, das solche laster der hurerey auch hatten uberhand genomen fur der sindflut.1037 Item, zu Sodoma, zu Sibari, zu Rom und andern Steten ist greulich unzucht eingerissen, ehe sie verstört würdenζ.1038 Inn diesen Exempeln ist abgemalet, wie es zu den letzten zeiten gehen werde, kurtz fur der welt ende. Derhalben, so es auch die erfarung gibt, das jtzund inn diesen letzten zei[Aa3v]ten unzucht stercker denn jhe leider eingerissen, solten treue Bischoffe und oberkeit viel mehr gesetz und gebot machen, die ehe zu gebitten denn zu verbiten, ηauch mit worten, wercken und Exempeln die leute zu dem ehestande vermanen. Das were der öberkeit ampt, denn dieselbige sol fleis haben, das ehre und zucht erhalten wird.η Nu hat Gott die welt also geblend, das man ehebruch und hurerey gar nahe one straff duldet, θdagegen strafft man umb des ehestands willen. Ist das nichtθ schrecklich zu hören? Dabey solten die prediger beiderley unterrichtenι, diejhenige, soκ dieλ gabe der keuscheit haben, vermanenμ, das sie dieselbigenν nicht verachteten, sondern ξzu Gottes ehre braucheten, die andern, wilchen der ehelich stand vonnöten ist, dazu auchξ vermanen. Der Bapst dispensirt sonst teglich inn vielen nötigen gesetzen, daran gemeinem nutz viel gelegen, da er billich solt fest sein; allein in diesem gesetze vom Celibat erzeiget er sich als hart als stein und eisen, so man doch weis, das [es] nichts denn ein menschengesetz ist. Sie haben viel fromer, redlicher, Gottförchtiger leute, wilche niemands kein leide gethan, wütrichs und Tyrannisch erwürget allein umb des ehestands willen, das sie aus notdurfft ihrer gewissen sind ehelich worden. Derhalben zu besorgen, das des Habels blut so starck δ rechet dt. 8° (1533) | ε ersten dt. 8° (1533) | ζ wurden dt. 8° (1533) | η – η das gebürt der öberkeit, zucht zu erhalden. dt. 8° (1533) | θ – θ und strafft dagegen den ehestand, das ist ja dt. 8° (1533) ι thun dt. 8° (1533) | κ danach: nicht keuscheit halten, zur ehe vermanen, die andern, welche dt. 8° (1533) | λ danach: schone dt. 8° (1533) | μ in dt. 8° (1533) nach ehe | ν dieselbige dt. 8° (1533) ξ – ξ sie Gott zu ehren halten und zugut der Kirchen gebrauchen, das sie zu lernen und zu leren desteweniger verhinderung haben. Solchs geburt den predigern zu leren und zu dt. 8° (1533) 1037
Vgl. Gen 6,5–7. | 1038 Vgl. Gen 19,24–29; Sap 10,6.
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quantum haec lex noceat publicis moribus, quae vitia, quam flagitiosas libidines pepererit. Exstant Romanae Satyrae. In his etiamnum agnoscit mores Roma legitque suos. Sic ulciscitur Deus contemptum sui doni suaeque ordinationis in istis, qui prohibent. Cum autem hoc fieri in aliis legibus consueverit, ut mutentur, si id evidens utilitas suaserit, cur idem non fit in hac lege, in qua tot graves causae concurrunt, praesertim his postremis temporibus, cur mutari debeat? Natura senescit et fit paulatim debilior et crescunt vitia, quo magis remedia divinitus tradita adhibenda erant. Videmus, quod vitium accuset Deus ante diluvium546, quod accuset ante conflagrationem quinque urbium.547 Similia vitia praecesserunt excidia aliarum urbium multarum ut Sybaris, Romae. Et in his imago temporum proposita est, quae proxima erunt rerum fini. Ideo in primis oportuit hoc tempore severissimis legibus atque exemplis munire coniugium et ad coniugium | invitare homines. Id ad magistratus pertinet, qui debent publicam disciplinam tueri. Interim doctores Evangelii utrumque faciant, hortentur ad coniugium incontinentes, hortentur alios, ut donum [L2v] continentiae non aspernentur.
Pontifices quotidie dispensant, quotidie mutant alias leges optimas; in hac una lege caelibatus ferrei et inexorabiles sunt, cum quidem constet eam simpliciter humani Iuris esse. Et hanc ipsam legem nunc exacerbant multis modis. Canon iubet suspendere sacerdotes;548 isti parum commodi interpretes
546 Vgl. Gen 6,5–7. | 547 Vgl. Gen 19,24−29; Sap 10,6. | 548 Vgl. die Römische Fastensynode (1078) can. 12, in: QGPK, 288: „Si quis episcopus fornificationem presbyterorum diaconorum seu subdiaconorum vel crimen incestus in sua parroecchia, precibus vel pretio interveniente, consenserit, vel commissum sibique compertum auctoritas sui officii non impugnaverit, ab officio suspendatur.“
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gen himel schreiet, das sie es nimmer werden verwinden, sondern wie Cain [Aa4r] zittern müssen; und dieselbigen Cainische mörderey des unschül|digen bluts zeigt an, das diese lere vom Celibat Teuffelslere sey. Denn der Herr Christus nennet den Teuffel einen mörder,1039 wilcher solch Tyrannisch gesetz mit eitel blut und morden auch gern wolt verteidingen. Wir wissen fast1040 wol, das etliche sehr schreien, wir machen Schismata. Aber οunser gewissen sind gantz sicherο, nachdem wir mit allem treuen fleis fride und einigkeit gesucht haben und die widdersacher ihnen1041 nicht wollen genügen lassen, wir verleugnen denn (das Gott verhüte!) die offentliche, Göttliche warheit, wir willigen denn mit ihnen das hesliche Bapstgesetz anzunemen, from, unschuldige eheleute voneinander zu reissen, die ehelich priester zu erwürgen, unschuldige weib und kind ins ehelend zu vertreiben, one alle ursache unschüldig blut zu vergissen. Denn nachdem es gewis ist, das solchs Gott nicht gefellet, so sollen wir uns lassen lieb sein, das wir kein einigkeit noch gemeinschafft, auch kein schuld an so viel unschüldigem blut mit den widdersachern haben. Wir haben ursach angezeigt, warümb wir es mit gutem gewissen mit den widdersachern nicht halten können, die den Celibat verteidingen, Denn es ist widder alle Göttlich und natürlich recht, widder die Canones selbst. Dazu ists eitel heuchley und fahr, denn sie halten uber derselben ertichten keuscheit nicht so hart [der] heiligkeit [Aa4v] halben odder das sie es nicht anders verstünden – Sie wissen wol, das jderman der hohen Stiffte wesen, πwilche wir wol zu nennen wüsten, kennetπ –, sondern allein ihre Tyranney und herschafft zu erhalten. Und | es wird kein erber mensch widder obangezeigte starcke, klare gründe etwas mügen auffbringen. Das Evangelium lest alle denjhenigen den Ehestand frey, den1042 er vonnöten ist. So zwinget es die zum ehestand nicht, so die gabe der keuscheit ρhaben, wenn es allein rechte keuscheit und nicht heuchley ist.ρ Die freiheit, halten wir, sey den priestern auch zu vergönnen, und wir wollen niemands mit gewalt zum Celibat zwingen, wollen auch frome eheleute nicht voneinander treiben odder ehe zureissen. Wir haben nu etliche unser gründ auff dismal kurtz angezeigt, auch haben wir vermeldet, wie die widdersacher so ungeschickten behelff und traum dawidder auffbringen. Nu wollen wir anzeigen, mit was starcken gründen sie ihr Bapstgesetz verteidingen. Erstlich sagen sie, solch gesetz sey von Gott offenbart.1043 Da sihet man, wie gantz unverschampt die heilosen leute sein! ο–ο
wir sind entschuldiget dt. 8° (1533) | π – π kenne dt. 8° (1533) | ρ – ρ haben. dt. 8° (1533)
1039
Vgl. Joh 8, 44. | 1040 sehr | 1041 sich | 1042 denen | 1043 Gemeint ist eine angeblich an Cyprian erfolgte Offenbarung: Ps.-Cyprian, De singularitate clericorum I, in: PL 4, 911 (CSEL 3/3, 173,9f). Vgl. Confutatio XXIII, in: Immenkötter, Confutatio, 151,3–9: „Hinc sanctus martyr Ciprianus testatur sibi a domino revelatum et cum severitate iniunctum, ut clericos studiose admoneret, ne cum feminis commune haberent domicilium. Unde continentia sacerdotalis, cum sit a conciliis et a pontificibus praecepta, a deo revelata, proprio voto a sacerdote deo promissa, non est reiicienda.
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suspendunt non ab officio, sed ab arboribus.549 Multos bonos viros crudeliter occidunt tantum propter coniugium. Atque haec ipsa parricidia ostendunt hanc legem doctrinam esse daemoniorum. Nam diabolus, cum sit homicida, legem suam defendit his parricidiis. 5
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Scimus aliquid offensionis esse in Schismate, quod videmur divulsi ab his, qui existimantur esse ordinarii Episcopi. Sed nostrae conscientiae tutissimae sunt, postquam scimus nos summo studio concordiam constituere cupientes non posse placare adversarios, nisi manifestam veritatem proiciamus, deinde nisi cum ipsis conspiremus, quod velimus hanc iniustam legem defendere, contracta matrimonia dissolvere, interficere sacerdotes, si qui non obtemperent, in exilium agere miseras mulieres atque orbos pueros. Cum autem certum sit has conditiones Deo displicere, nihil doleamus nos non habere συμμαχίαν tot parricidiorum cum adversariis.
[L3r] Exposuimus causas, quare non possimus bona conscientia assentiri adversariis legem Pontificiam de perpetuo caelibatu defendentibus, quia pugnet cum Iure divino et naturali ac dissentiat ab ipsis Canonibus et sit superstitiosa et plena periculi, Postremo quia tota res sit simulata. Non enim imperatur lex religionis causa, sed dominationis causa et huic impie praetexitur religio. Neque quidquam a sanis hominibus contra has firmissimas rationes afferri potest. Evangelium permittit coniugium his, quibus opus est. Neque tamen hos cogit ad coniugium, qui continere volunt, modo ut vere contineant. Hanc libertatem et sacerdotibus concedendam esse sentimus nec volumus quemquam vi cogere ad caelibatum nec contracta matrimonia dissolvere.
Obiter etiam, dum recensuimus argumenta nostra, indicavimus, quomodo adversarii unum atque alterum cavillentur, et calumnias illas diluimus. Nunc brevissime commemorabimus, quam gravibus rationibus defendant legem. Primum dicunt a Deo revelatam esse. Videtis extremam impudentiam
549 Wortspiel mit „suspendere“ (= absetzen und aufhängen). Die Misshandlung verheirateter Kleriker kam zuerst im großen Stil im ekstatisch-religiös motivierten Aufstand der Mailänder Pataria im 11. Jahrhundert auf. Papst Gregor VII. (1073–1085) versuchte, eine ähnliche Bewegung auch in Deutschland zu entfesseln.
Nam hanc exigit sacrificii, quod tractant excellentia, orationis frequentia, libertas et puritas spiritus, ut curent, quo[modo] deo placeant iuxta sancti Pauli doctrinam“ (deutsch: ebd., 150,5–13).
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sie dürffen1044 sagen, das ihr Eheverbitten von Gott offenbart sey, so es doch öffentlich ist widder die schrifft, widder Paulum, da er sagt: „bHurerey zu vermeidenb, habe ein jtzlicherc sein eigen Eheweibd.“1045 Item, so die schrifft und Canones starck verbitten, das man die Ehe, so schon vollzogene, inn keinen weg zureissen sol,1046 Was dürffen die buben sagen und den hohen, allerheiligesten na[Bb1r]men der Göttlichen Maiestat so frech und unverschampt misbrauchen? Paulus, der Apostel, sagt recht, wer der Gott sey, der solch gesetz erst eingefurt, nemlich der leidigef Sathan, denn er nennets „Teuffelslere.“1047 Und warlichg, die frucht leret uns den baum kennen,1048 so wir sehen, das so viel schrecklicher, greulicher laster dadurch geursacht werden, wie an Rom zu sehen, Item, das auch uber diesem gesetz des würgens und blutvergiessens der teuffel kein ende macht. Der ander grund der widdersacher ist, das die Priester sollen reinσ sein, wie die schrifft sagt: „hIhr sollet rein seinh, die ihr traget idie gefesi des Herrn.“1049 Das argument haben | wir hie oben verleget,1050 denn wir haben gnug angezeigt, das keuscheit one glauben kein reinigkeit fur Gott sey, und der Ehestand ist heiligkeit und reinigkeit umb des glaubens willen, wie Paulus sagt: „Den reinen ist alles rein.“1051 So haben wir klar gnug gesagt, das Mosis Ceremonien von reinigkeit und unreinigkeit dahin nicht zu ziehen sein, Denn das Evangelium wil haben reinigkeit des hertzens. Und [es] hat kein zweifel, das Abrahams, Isaac, Jacobs, der ertzveter hertzen, wilche doch viel weiber gehabt, reiner gewest sein denn vieler Jungkfrauen, die gleich nach reinigkeit des leibs recht rein jungkfrauen gewestτ. Das aber Esaias sagt: „jIhr sollet rein seinj, die ihr υdas gefesυ des Herrn traget“1052, das ist zu verstehen von gantzer Christlicher heiligkeit und nicht von Jungfrauschafft; und ebendieser [Bb1v] spruch gebeut den unreinen, ehelosen priestern, das sie reine, eheliche priester werden, denn, wie zuvor gesagt ist: die ehe ist reinigkeit bey den Christen. Das dritte ist erstlichφ ein schrecklich argument, das der priester ehe solle ketzerey sein.1053 Gnadet unserer armen seele, lieben herrn, fart schone1054! das ist gar ein neues, das der heilig Ehestand, den Gott im Paradis geschaffen hat, sol ketzerey sein wordenχ! mit der weis würde die gantze welt eitel | ketzerkinder sein! Es ist ein grosse, unverschampte lügen, das der priester ehe solle b–b
um Hurerei willen L45 | c jeglicher L45 | d Weib L45; uxorem Vg Clem. | e cj.: verzogen; verzogen CR | f cj.: ledige; leidig CR | g cj.: warlch; warlich CR | h – h reinigt euch L45 | i – i Geräte L45 | j – j reinigt euch L45 σ in dt. 8° (1533) vor sollen | τ sind dt. 8° (1533) | υ – υ die gefes dt. 8° (1533); Geräte L45 | φ nicht in dt. 8° (1533) | χ nicht in dt. 8° (1533) 1044 wagen zu | 1045 I Kor 7,2 | 1046 Mt 5,32; 19,6; I Kor 7,10.27 | 1047 Vgl. I Tim 4,1. | 1048 Vgl. Mt 12,33. | 1049 Jes 52,11 | 1050 widerlegt | 1051 Tit 1,15 | 1052 Jes 52,11 | 1053 Zu Jovinianus vgl. o. S. 602f, Anm. 1024. Vgl. Confutatio XXIII, in: Immenkötter, Confutatio, 151,10–13: „Et quia constat hanc antiquam fuisse haeresim Iovininiani, quem damnavit Romana ecclesia et scriptis convicit
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istorum nebulonum. Audent affirmare, quod divinitus revelata sit lex de perpetuo caelibatu, cum [L3v] adversetur manifestis Scripturae testimoniis, quae iubent, ut unus quisque habeat uxorem suam pro|pter fornicationem,550 Item quae vetant dissolvere contracta matrimonia.551 Paulus admonet, quem auctorem habitura fuerit ista lex, cum vocat eam doctrinam daemoniorum.552 Et fructus indicant auctorem, tot monstrosae libidines, tot parricidia, quae nunc suscipiuntur praetextu illius legis.
Secundum argumentum adversariorum est, quod sacerdotes debeant esse mundi iuxta illud: Mundamini, qui fertis vasa Domini.553 Et citant in hanc sententiam multa. Hanc rationem, quam ostentant velut maxime εὐπρόσωπον554, supra diluimus. Diximus enim virginitatem sine fide non esse munditiem coram Deo Et coniugium propter fidem mundum esse iuxta illud: Omnia munda mundis.555 Diximus et hoc, externas munditias et ceremonias legis non esse huc transferendas, quia Evangelium requirit munditiem cordis, non requirit ceremonias legis. Et fieri potest, ut cor mariti velut Abrahae aut Iacob, qui fuerunt πολύγαμοι, mundius sit et minus ardeat cupiditatibus quam multarum virginum, etiam vere continentium. Quod vero Esaias ait: Mundamini, qui fertis vasa Domi[L4r]ni,556 intelligi debet de munditie cordis, de tota poenitentia. Ceterum Sancti in externo usu scient, quatenus conducat moderari usum coniugalem, et ut Paulus ait: Possidere vasat in sanctificatione.557 Postremo cum coniugium sit mundum, recte dicitur his, qui in caelibatu non continent, ut ducant uxores, ut sint mundi. Ita eadem lex: Mundamini, qui fertis vasa Domini,558 praecipit, ut immundi caelibes fiant mundi coniuges. Tertium argumentum horribile est, quod sit haeresis Ioviniani coniugium Sacerdotum; bona verba! Novum hoc crimen estυ coniugium esse haeresin. Ioviniani tempore nondum norat mundus legem de perpetuo caelibatu. Impudens igitur mendacium est coniugium sacerdotum Ioviniani haeresin esse aut ab Ecclesia tunc id coniugium damnatum esse. In huiusmodi locis est
t
vas Vg Clem.
υ
nicht in lat. 4° (1540)
550 554
I Kor 7,2 | 551 Vgl. Mt 5,32; 19,6; vgl. I Kor 7,10.27. | 552 Vgl. I Tim 4,1. | glänzend | 555 Tit 1,15 | 556 Jes 52,11 | 557 I Thess 4,4 | 558 Jes 52,11
553
Jes 52,11
beatus Hieronimus et sanctus Augustinus dixit hanc haeresim confestim esse extinctam neque pervenisse ad sacerdotum corruptionem“ (deutsch: ebd., 150,14–18). | 1054 verschont uns
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Ioviniani ketzerey sein odder das solch priesterehe zu der zeit von der kirchen solle verdampt sein, Denn zu Iovinianus zeitten hat die kirch von diesem Bapstsgesetz, dadurch den priestern die ehe gantz verboten ist, noch nicht gewust,1055 und solchs wissen unser widdersacher wol. Aber sie ziehen offt alte ketzereyψ an und reimen unser lere dazu widder ihr eigen gewissen, allein den ungelarten einzubilden, als sey unser lere fur alters von der kirchen verdamnet, und also meniglich widder uns zu bewegen; mit solchen griffen gehen sie umb, und darümb haben sie uns die Confutation nicht wöllen zustellen; sie haben besorget, man möchte ihr öffentliche lügen verantworten, welchs ihnen ein ewige schande bey allen nachkomen sein wirt. Was aber Ioviniani lere belanget, haben wir hie oben gesagt,1056 was wir von keuscheit, was wir vom ehestande halten. Denn wir sagen nicht, das der ehestand [Bb2r] gleich sey der Jungfrauschafft, wiewol widder Jungfrauschafft noch Ehestand gerecht macht fur Gott. Mit solchen schwachen, losen gründen schützen und verteidingen sie das Bapstgesetz vom Celibat, das so zu grossen lastern und unzucht hat ursach geben. Die Fürsten und Bischofe, so diesen lerern gleuben, werden wol sehen, ob solche gründe den stich halten, wenn es zu der todsstunde kömpt, dasω man fur Gott solle rechenschafft geben, Warümb sie fromer leute Ehe zurissen haben, warümb sie diese gestöckt und | geplöckt haben, warümb sie so viel Priester erwürget und unschuldig blut uber alles klagen, heulen und weinen so vieler witwen und waisen vergossen haben. Denn das dürffen sie ihnen1057 nicht inn syn nemen: die zeeren und trenen der armen witwen, das blut der unschuldigen ist im himel unvergessen! es wird zu seiner stund als starck als des heiligen, unschuldigen Habels blut uber sie inn hohen himel schreien und fur Gott, dem rechten richter, ruffen. Wenn nu Gott solche Tyranney richten wird, werden sie erfaren, das ihr argument strohe und hau sind und Gott ein verzerend feuer, fur dem nichts bleiben kan ausser Göttlichs wortes, i. Petri i.1058 Unsere Fürsten und Herrn, es gehe, wie es wolle, haben sich des zu trösten, das sie mit gutem gewissen gehandelt haben. Denn ich wil gleich setzen, das der Priester ehe αetwa anzufechten sey, als nicht ist,α doch ist das stracks widder [Bb2v] Gottes wort und willen, das die widdersacher die volzogenen ehe also zureissen, arme unschuldige leute ins elend jagen und erwürgen. Es haben unsere Fürsten und Herren ja nicht lust an neurung und zwispalt; dennoch sind sie schuldig, das sie das Göttlich wort und warheit inn so gerechter und gewisser sachen mehr lassen gelten denn alle andere sachen, da verley Gott gnade zu. Amen.
ψ ketzereien CR | (1533) 1055
ω
da dt. 8° (1533) |
α–α
inn etliche wege möcht beschwerlich [sein], dt. 8°
Vgl. o. S. 590f, Anm. 985, und o. S. 598f, Anm. 1009. 602,4–35). | 1057 sich | 1058 Vgl. I Petr 1,24f; Jes 40,6–8.
|
1056
Vgl. o. S. 603,3–28 (deutsch:
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videre, quid consilii habuerint adversarii in scribenda confutatione. Iudicaverunt ita facillime moveri imperitos, si crebro audiant convicium haeresis, si fingant nostram causam multis ante iudiciis Ecclesiae confossam et damnatam esse. Itaque saepe falso allegant Ecclesiae iudicium. Id, quia non ignorant, exhibere nobis exemplum Apologiae559 noluerunt, [L4v] ne haec vanitas, ne hae calumniae coargui possent. Quod vero ad Ioviniani causam attinet, de collatione virginitatis et coniugii supra diximus, quid sentiamus. Non enim aequamus coniugium et virginitatem, etsi neque virginitas neque coniugium meretur iustificationem. Talibus argu|mentis tam vanis defendunt legem impiam et perniciosam bonis moribus.
Talibus rationibus muniunt Principum animos adversus iudicium Dei, in quo Deus reposcet rationem, cur dissipaverint coniugia, cur cruciaverint, cur interfecerint Sacerdotes. Nolite enim dubitare, quin ut sanguis Abel mortui clamabat,560 ita clametφ etiam sanguis multorum bonorum virorum, in quos iniuste saevitum est! Et ulciscetur hanc saevitiam Deus. Ibi comperietis, quam sint inanes hae rationes adversariorum, et intelligetis in iudicio Dei nullas calumnias adversus verbum Dei consistere, ut ait Esaias: Omnis caro fenum et omnis gloria eius quasi flos feniu.561
Nostri Principes, quidquid acciderit, consolari se conscientia rectorum consiliorum poterunt, quia etiam si quid Sacerdotes in contrahendis coniugiis mali fecissent, tamen illa dissipatio coniugiorum, illae proscriptiones, illa saevitia manifeste adversatur voluntati et verbo Dei. Nec delectat nostros Prin[L5r] cipes novitas aut dissidium, sed magis fuit habenda ratio verbi Dei, praesertim in causa non dubia, quam aliarum rerum omnium.
u
agri Vg Clem.
φ
clamat lat. 8° (1542/1559)
559
Gemeint ist hier eine Ausfertigung der Confutatio | 560 Vgl. Gen 4,10. | 561 Jes 40,6
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Von der Messe
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Erstlich müssen wir aber dis hie zum eingange sagen, das wir die Messe nicht abthun.1059 Denn alle Sontag und Feste werden inn unser kirchen Messen gehalten, dabey das Sacrament gereicht wird denjhenigen, die es begern, doch also, das sie erst verhört und absolvirt werden. So werden auch Christliche Ceremonien gehalten mit lesen, mit gesengen, gebetten und dergleichen etc.1060 Die widdersacher machen ein gros geschwetz von der Lateinischen Messe und reden | gantz ungeschickt und kindisch davon, wie auch ein ungelerter, der Latein nicht verstehe, gros verdiene mit Messehören im glauben der kirchen.1061 Da ertichten sie ihnen1062 selbst, das dasβ schlecht1063 [Bb3r] werck des Messhörens ein Gottesdienst sey, wilcher auch denn1064 nütze sey, wenn ich kein wort höre odder verstehe. Das wil ich nicht hie dermassen ausstreichen, wie es werd were, wir wollen verstendige leute hie richten lassen. γWir gedencken des darumb,γ das wir anzeigen, das bey uns die Lateinische Messe, lection und gepet auch gehalten werden. So aber die Ceremonien sollen darumb gehalten werden, das die leute die schrifft und Gottes wort lernen und dadurch zu Gottesforcht komen und trost erlangen und also recht beten – denn darümb sind Ceremonien eingesetzt –, So behalten wir das Latein umb der1065 willen, die Lateinisch können, und lassen daneben deudsche Christliche gesenge gehen, damit das gemeyn volck auch etwas lerne und zu Gottesforcht und -erkentnus unterricht werde.1066 Der brauch ist allzeit fur löblich gehalten inn der kirchen, denn wiewol an etlichen orten mehr, an etlichen orten weniger Deudscher gesenge gesungen werden, so hat doch inn allen kirchen jhe etwas das volck deudsch gesungen, darumb ists so neu nicht. Wo stehet aber diese Phariseische lere geschrieben, das Messhören on verstand, ex opere operato, verdienlich und seliglich sey? Schemet euch ins hertz, ihr Sophisten, mit solchen treumen! Das wir aber nicht privatmessen, sondern alleine eine öffentliche Mess, wenn das volck mit Communicirt, halten, das ist nichts [Bb3v] widder die gemein Christliche kirchen. Denn inn der Kriechischen kirchenδ werden [bis] auff diesen tag kein Privatmessen gehalten, sondern allein ein Messe, und dasselbige auff die Sontage und hohe feste;1067 das ist alles | ein anzeigung des alten
β was CR | (1533)
γ–γ
Aber derhalben gedencken wir dieses stücks, dt. 8° (1533) |
1059
δ
Pfarkirchen dt. 8°
Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio XXIV, 159,6–11: „Quicquid in hoc articulo proponitur de sacratissimo missae officio, quod sanctae Romanae et apostolicae convenit ecclesiae, approbatur. Quicquid autem adiicitur, quod communis et universalis ecclesiae orthodoxae observationi contrarium est, reiicitur, quia deum graviter offendit, christianam unitatem laedit ac dissensiones, tumultus ac seditiones in sacro Romano imperio suscitat“ (deutsch: ebd., 158,7–13). | 1060 Melanchthon wehrt sich hier vor allem gegen Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio, 165,10–20: „Danieli quoque dixit angelus: Eligentur et dealbabuntur et quasi ignis probabuntur multi et impie agent omnes impii neque intellegent omnes impii. Porro docti intellegent et a tempore, cum ablatum fuerit iuge sacrificium et posita fuerit abominatio in desolationem dies
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De missa
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Initio hoc iterum praefandum est nos non abolere Missam, sed religiose retinere ac defendere. Fiunt enim apud nos Missae singulis Dominicis et aliis festis, in quibus porrigitur sacramentum his, qui uti volunt, postquam sunt explorati atque absoluti. Et servantur usitatae ceremoniae publicae, ordo lectionum, orationum, vestitus et alia similia. Adversarii longam declamationem habent de usu latinae linguae in Missa, in qua suaviter ineptiunt, quomodo prosit auditori indocto in fide Ecclesiae Missam non intellectam audire; videlicet fingunt ipsum opus audiendi cultum esse et prodesse sine intellectu. Haec nolumus odiose exagitare, sed iudicio lectorum relinquimus. Nosque ideo commemoramus, ut obiter admoneamus et apud nos retineri latinas lectiones atque orationes.
Cum autem ceremoniae debeant observari, tum ut discant homines Scripturam, tum ut verbo admoniti concipiant fidem, timorem atque ita orent etiam [L5v] – nam hi sunt fines ceremoniarum –, Latinam linguam retinemus propter hos, qui latine discunt atque intelligunt. Et admiscemus Germanicas cantiones, ut habeat et populus, quod discat et quo excitet fidem et timorem. Hic mos semper in Ecclesiis fuit. Nam etsi aliae frequentius, aliae rarius admiscuerunt | Germanicas cantiones, tamen fere ubique aliquid canebat populus sua lingua. Illud vero nusquam scriptum aut pictum est hominibus prodesse opus audiendi lectiones non intellectas, prodesse ceremonias, non quia doceant vel admoneant, sed ex opere operato, quia sic fiant, quia spectentur. Male valeant istae Pharisaicae opiniones. Quod vero tantum fit apud nos publica Missa seu communis, nihil fit contra catholicam Ecclesiam. Nam in Graecis parochiis ne hodie quidem fiunt privatae Missae, sed fit una publica Missa idque tantum Dominicis diebus et Festis. In Monasteriis fit quotidie Missa, sed tantum publica. Haecχ sunt vestigia morum veterum. Nusquam enim veteres Scriptores ante Gregorium mentioχ
Nec lat. 8° (1542/1559)
mille ducenti nonaginta, Danielis 12[,10f]. Hanc prophetiam esse implendam nondum tamen impletam, testatur Christus, Mat. 24[,15-28]. Iuge ergo sacrificium christianorum in adventu abominationis, id est antichristi, cessabit universaliter, sicut iam in aliquibus ecclesiis cessat particulariter et sic sedebit in loco desolationis, quando videlicet ecclesiae erunt desolatae, in quibus non cantabuntur horae canonicae, missae non celebrabuntur, nulla dispensabuntur sacramenta, nulla erunt altaria, nullae sanctorum imagines, nullae candelae, nullus ornatus“ 1061 Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio, (deutsch: ebd., 164,15–30). | 159,12–161,15 (deutsch: ebd., 158,14–160,22). | 1062 sich | 1063 einfache, bloße | 1064 dann 1065 derer | 1066 Vgl. Luther, Deutsche Messe (1526), in: WA 19, 80–113 und ders., Unterricht der Visitatoren (1528), in: WA 26, 230–233. | 1067 Vgl. o. S. 418, Anm. 491.
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Apologia Confessionis Augustanae
brauchs der kirchen, Denn die Lererε, so fur der zeit Sanct Gregorius gewest, gedencken an keinem ort der Privatmessen.1068 Wie aber die entzeln Messen odder Privatmessen einen anfang gehabt, lassen wir jtzund anstehen; das [aber] ist gewis: da die Bettelorden und Münch also uberhand genomen, sind die Messen aus den falschen leren derselbigen also teglich mehr und mehr gestifft und eingerissen umb gelts und geitz willen, also das die Theologen selbst darüber allzeit geklagt. Und wiewol Sanct Franciscus aus rechter, guter meinung hat dem dinge wollen fürkomen und hat geordent den seinen, das ein jtzlich Kloster teglich mit einer gemeinen Messe solte zufrieden sein,1069 Dasselbig nützlich statut ist hernach durch heuchley odder umb gelts willen geendert. Also verendern sie die ordenung der alten Veter, wenn und wo sie gelüstet, wenn es ihnen inn die küchen treget, und sagen uns darnach, man müsse der alten Veter ordnung heiliglich halten. Epiphanius schreibt, das inn Asia alle wochen Communio dreymal gehalten sey und man hab nicht teglich Messe gehalten. Und [er] sagt, der brauch sey von den Aposteln also herkomen.1070 Wiewol nu dieζ widdersacher an diesem ort [Bb4r] viel wort und sprüche inneinander gekocht haben, da sie mit beweisen wöllen, das die Messe ein opffer sey,1071 so ist doch das grosse geschrey mit dieser einigen antwort bald gestillet und ist ihnen das maul bald gestopffet, wenn wir sagen, die sprüche, die argument, gründe und alles, was furbracht, beweisen nicht, das die Messe ex opere operato dem priester odder andern, fur die so sie applicirt werden, verdienen vergebung der sunde, verlassung der pein und schuld. Diese einige, klare antwort stöst uber ein hauffen zu boden alles, was die widdersacher furbringen, nicht allein inn der Confutation, sondern inn allen ihren büchern und Schriftenk, welche sie von der Messe geschrieben. Und das ist die heuptfrage inn dieser gantzen sache, davon wollen wir ein jeden Christlichen leser verwarnet haben, das er den widdersachern genau drauffsehe, ob sie auch bey der heuptfrage bleiben, Denn sie pflegen aus der heuptsache viel vergeblich, ungereimpte umbschweiff zu machen. Denn wenn man gleich und ungewanckt bey der heuptfrage bleibet und nichts frembs einmenget, ηda ist deste leichterη zu urteilen θauff beiden seiten.θ Wir haben inn unser Confession angezeigt, das wir halten, das das Abentmal odder die Messe niemand from mache ex opere operato und das die Messe, so fur ander gehalten wird, ihnen nicht verdiene vergebung der sunde, verlas-
k
cj.: Stifften; schrifften CR
ε lere CR | (1533)
ζ
unser dt. 8° (1533) |
η–η
so wird sehr leicht dt. 8° (1533) |
θ–θ
inn dieser sach dt. 8°
1068 Die Spezialisierung der Messen ist zuerst im sogenannten „Sacramentarium Leonianum“ (auch: „Sacramentarium Veronense“; 7. Jahrhundert) greifbar. | 1069 Franziskus, Epistola ad capitulum generale III, in: Analekten zur Geschichte des Franciscus von Assisi, hg. v. Heinrich Boehmer u.a., Tübingen 31961 (SQS.NS 4), 40,26–28: „Moneo praeterea et exhortor in Domino, ut
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nem faciunt privatarum Missarum. Qualia fuerint initia, nunc omittimus; hoc constat, quod postquam Monachi mendicantes regnare coeperunt, ex falsissi[L6r]mis persuasionibus et propter quaestum ita auctae sunt, ut omnes boni viri diu iam eius rei modum desideraverint. Quamquam S. Franciscus recte voluit ei rei prospicere, qui constituit, ut singula collegia quotidie unica communi Missa contenta essent. Hoc postea mutatum est sive per superstitionem sive quaestus causa. Ita ubi commodum est instituta maiorum mutant ipsi, postea nobis allegant auctoritatem maiorum. Epiphanius scribit in Asia Synaxin ter celebratam esse singulis septimanis nec quotidianas fuisse Missas. Et quidem ait hunc morem ab Apostolis traditum esse. Sic enim inquit: συνάξεις δὲ ἐπιτελούμεναι ταχθεῖσαί εἰσιν ἀπὸ τῶν ἀποστόλων τετράδι καὶ προσαββάτῳ καὶ κυριακῇ.562
Etsi autem adversarii in hoc loco multa congerunt, ut probent Missam esse sacrificium, tamen ille ingens tumultus verborum prolata hac unica responsione consilescet, quod haec quamvis longa coacervatio auctoritatum, rationum, testimoniorum non ostendat, quod Missa ex opere operato conferat gratiam aut applicata pro aliis mereatur eis remissionem venialium et mortalium peccatorum, culpae et poenae. Haec una responsio evertit omnia, quae adversarii obiciunt non solum in hac confutatione, [L6v] sed in omnibus scriptis, quae de Missa ediderunt.
Et hic causae status est, de quo ita nobis admonendi sunt lectores, ut Aeschines admonebat Iudices, ut perinde ac pugiles de statu inter se certant, ita cum adversario dimicarent ipsi de statu controversiae nec sinerent eum extra causam egredi.563 Ad eundem modum hic adversarii nostri cogendi sunt, ut de re proposita dicant. Et | cognito controversiae statu facillima erit diiudicatio de argumentis in utraque parte. Nos enim in confessione nostra ostendimus nos sentire, quod coena Domini non conferat gratiam ex opere operato nec applicata pro aliis vivis aut mor-
562
Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses III, 2: Expositio fidei XXII, 1, in: PG 42, 825 (GCS 37, 522,26f). | 563 Aeschines, In Ctesiphontem CCVI. in locis, in quibus fratres morantur, una tantum missa celebretur in die secundum formam sanct[a]e ecclesi[a]e.“ | 1070 Vgl. Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses III, 2: Expositio fidei XXII, 1, in: PG 42, 825 (GCS 37, 522,26f), zitiert im Text auf S. 619,12f. | 1071 Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio, 167,13–171,3 (deutsch: ebd., 166,16–170,4).
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Apologia Confessionis Augustanae
sung [der] pein und schuld.1072 Und des1073 heuptstücks haben [Bb4v] wir gantz starcken, gewissen grund, nemlich diesen: ιEs ist unmüglich, das wir solten vergebung der sunde erlangen durch unser werck ex opere operato, das ist durch das gethane werck an ihm selbst, „Sine bono motu utentis“, wenn schon das hertz kein guten gedancken hat, sondern durch den glauben an Christum mus das schrecken der sunde, des tods uberwunden werden, Wenn unser hertzen auffgericht und getröst werden durch das erkentnus Christi, wie oben gesagt, Wenn wir entpfinden, das wir umb Christus willen ein gnedigen Gott haben, also das uns sein verdienst und gerechtigkeit geschanckt wirdet, Roma. v. cap.: „Sol wir denn gerecht seinm worden durch den glauben, so haben wir friede mit Gott“1074 etc. Dis ist ein solch starcker, gewisser grund, das alle pforten der helle dawider nichts werden können auffbringen, des sind wir gewis.ι Und dieses were eben gnug von der gantzen sach, Denn kein vernünfftiger oder verstendiger wird die Phariseisch oder Heidnisch heuchley und den grossen misbrauch vomn opere operato loben mügen. Und ist doch derselb irthumb inn aller welt eingerissen, daher hat man so viel unzelich Messen inn aller welt, inn allen Stifften, Klöstern, kirchen, klausen, inn allen winckeln gestifftet. Denn dazu werden Messe umb gelt gehalten, Gottes zorn zu versunen durch das werck, vergebung der sund, erlösung | von pein und schuld zu erlangen, die todten aus dem fegfeuer zu erlösen, [Cc1r] gesundheit, reichtumb, glücke und wolfart inn hantirung zu erlangen etc.; dieκ heuchlisch, Phariseische opinion haben die Mönche und Sophisten inn die kirchen gepflantzt.1075 Wiewol nu der irthumb vomo misbrauch der Mess gnugsam verleget1076 ist, dadurch das man nicht durch unser werck, sondern durch glauben an Christum vergebung der sunden erlangt, doch dieweil die widdersacher viel sprüche der schrifft gantz ungeschickt einfüren, ihren irthumb zu verteidingen, wollen wir etwas mehr hie noch dazu setzen. Die widdersacher reden inn ihrer Confutation viel vom „opffer“,1077 so wir doch inn unser Confession das wort „sacrificium“ mit fleis gemeidet haben umb ungewisses verstandes willen, sondern haben ihren hohisten misbrauch mit klaren worten ausgedrückt, den sie unter dem namen „sacrificium“ meinen und treiben. Das wir nu die sprüche, so sie unrecht und felschlich eingefüret, verlegen1078 mügen, müssen wir erst sagen, was das wort „sacrificium“ odder „opffer“ heisset.
l
Nun L45 | m sind L45 | n cj.: von; von CR | o cj.: von; von CR
ι–ι
dt. 8° (1533): s. QuM I, 745,27–746,7 [Erstlich ists ... hiezu sagen?] | κ Diese dt. 8° (1533)
1072
Vgl. CA XXIV, o. S. 140–147. | 1073 dieses | 1074 Röm 5,1 | 1075 Vgl. CA XIII, o. S. 108f; vgl. auch o. S. 108, Anm. 67. | 1076 widerlegt | 1077 Vgl. o. S. 619, Anm. 1071. | 1078 widerlegen
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tuis mereatur eis ex opere operato remissionem peccatorum, culpae aut poenae. Et huius status clara et firma probatio est haec, quia impossibile est consequi remissionem peccatorum propter opus nostrum ex opere operato, sed fide oportet vinci terrores peccati et mortis, cum erigimus corda cognitione Christi et sentimus nobis ignosci propter Christum ac donari merita et iustitiam Christi. Roma. 5.: Iustificati ex fide pacem habemusv.564 Haec tam certa, tam firma sunt, ut adversus omnes portas inferorum consistere queant.
Si quantum opus est, dicendum fuit, iam causa dicta est. Nemo enim sanus illam Pharisaicam [L7r] et Ethnicam persuasionem de opere operato probare potest. Et tamen haec persuasio haeret in populo, haec auxit in infinitum Missarum numerum. Conducuntur enim Missae ad iram Dei placandam et hoc opere remissionem culpae et poenae consequi volunt; volunt impetrare, quidquid in omni vita opus est. Volunt etiam mortuos liberare. Hanc Pharisaicam opinionem docuerunt in Ecclesia Monachi et Sophistae.
Quamquam autem causa iam dicta est, tamen quia adversarii multas scripturas inepte detorquent ad defensionem suorum errorum, pauca ad hunc locum addemus. Multa de sacrificio in confutatione dixerunt, cum nos in confessione nostra consulto id nomen propter ambiguitatem vitaverimus. Rem exposuimus, quid sacrificium isti nunc intelligant, quorum improbamus abusus. Nunc ut male detortas scripturas explicemus, necesse est initio, quid sit sacrificium exponere.
v
habeamus Vg Clem.
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Röm 5,1
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Sie haben zehen gantzer jar viel bücher geschrieben, das die Messe ein opffer sey,1079 und ihr keiner hat noch nie definirt, was opffer sey odder nicht sey. Sie suchen allein das vocabel odder wort λ„sacrificium“, wo sie es findenλ inn Concordantiis Bibliae, und denen es hieher, es reime sich odder nicht, also thun sie auch inn der alten Veter büchern; darnach ertichten sie ihre treume dazu, gleich als müsse „sacrificium“ heissen, was sie wollen.
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[Cc1v] Was opffer sey odder nicht sey und wie mancherley opffer Und damit man nicht blind inn die sach falle, müssen wir erstlich unterscheid anzeigen, was opffer und was nicht opffer sey, und dis ist nützlich und gut allen Christen zu wissen.
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Die Theologen pflegen recht zu | unterscheiden „Sacrificium“ und „Sacramentum“, opffer und Sacrament.1080 Nu, das GENUS wollen wir lassen sein „Ceremonia“ odder heilig werck. „Sacramentum“ ist ein Ceremonia odder eusserlich zeichen odder ein werck, dadurch uns Gott gibt dasjhenige, so die Göttliche verheissunge, wilche derselbigen Ceremonien angehefft ist, anbeutet, Als die Tauff ist ein Ceremonien und ein werck, nicht das wir Gott geben odder anbiten, Sondern inn wilchem uns Gott gibet und anbeutet, inn wilchem uns Gott Teuffet odder der diener an Gottes stat. Da beut uns Gott an und gibt uns vergebung der sunde nach seiner verheissunge. „Wer da gleubt und getaufft wird, der sol selig werden.“1081 Widderümb „sacrificium“ odder opffer ist ein Ceremonia odder ein werck, das wir Gott geben, damit wir ihnen ehren. Es ist aber furnemlich zweierley opffer und [Cc2r] nicht mehr, darunter alle ander opffer begriffen sein. Fur eins ist ein versünopffer, dadurch gnuggethan wird fur pein und schuld, Gottes zorn gestillet und versünet und vergebung der sunde fur andere erlangt. Zum andern ist ein danckopffer, dadurch nicht vergebung der sunde odder versünung erlangt wird, sondern geschihet von denjhenigen, wilche schon versünet sein, das sie fur die erlangte vergebung der sunde und andere gnaden und gaben dancksagen.
λ–λ
nicht in dt. 8° (1533)
1079
Vgl. Johannes Cochläus, De gratia sacramentorum (1522); ders., Adversus cucullatum Minotaurum Wittenbergensem de sacramentorum gratia iterum (1523); Konrad Wimpina, Sectarum errorum, hallucinationum et schismatum (1528); Heinrich VIII. v. England, Assertio septem sacramentorum adversus Martinum Lutherum (1521); Eck, Enchiridion (1525); Herborn, Enchiridion (1529). | 1080 Vgl. Luther, Sermon von dem neuen Testament (1520), in: WA 6,
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Toto iam decennio infinita paene volumina ediderunt adversarii de sacrificio, nequew quisquam eorum definitionem sacrificii hactenus posuit. Tantum arripiunt nomen sacrificii vel ex Scripturis vel ex Patribus. Postea affingunt sua somnia, quasi vero sa[L7v]crificium significet, quidquid ipsis libet.
Quid sit sacrificium et quae sint sacrificii species
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Socrates in Phaedro Platonis ait se maxime cupidum esse divisionum, quod sine his nihil neque explicari dicendo neque intelligi possit; ac si quem deprehenderit peritum dividendi, hunc inquit se assectari eiusque tamquam Dei vestigia sequi565. Et iubet dividentem in ipsis articulis membra secare, | ne quod membrum mali coqui more quassatum frangat. Sed haec praecepta adversarii magnifice contemnunt ac vere sunt iuxta Platonem κακοὶ μάγειροι566 sacrificii membra corrumpentes, quemadmodum intelligi poterit, cum species sacrificii recensuerimus. Theologi recte solent distinguere sacramentum et sacrificium. Sit igitur genus horum vel ceremonia vel opus sacrum. Sacramentum est ceremonia vel opus, in quo Deus nobis exhibet hoc, quod offert annexa ceremoniae promissio, ut Baptismus est opus, non quod nos Deo offerimus, sed in quo Deus nos baptizat videlicet minister vice Dei et hic offert et exhibet Deus remissio[L8r]nem peccatorum etc. iuxta promissionem: Qui crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit.567 Econtra Sacrificium est ceremonia vel opus, quod nos Deo reddimus, ut eum honore afficiamus.
Sunt autem sacrificii species proximae duae nec sunt plures. Quoddam est sacrificium propitiatorium, id est opus satisfactorium pro culpa et poena, hoc est reconcilians Deum seu placans iram Dei, seu quod meretur aliis remissionem peccatorum. Altera species est sacrificium εὐχαριστικὸν, quod non meretur remissionem peccatorum aut reconciliationem, sed fit a reconciliatis, ut pro accepta remissione peccatorum et pro aliis beneficiis acceptis gratias agamus seu gratiam referamus. w 565 567
nec lat. 4° (1540) Vgl. Platon, Phaedrus L, 266B. | Mk 16,16
566
Schlechte Köche. Vgl. Platon, Phaedrus XLIX, 265E.
367,13–37 sowie ders., De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 526,13–21. | 1081 Mk 16,16
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Dieser zweierley opffer mus man mit fleis warnemen inn diesem handel und inn vielen andern disputationen gantz wol darauff sehen, das man diese zwey nicht inneinander menge. Und diese unterschidlich teilung hat wol starcke beweisung aus der Episteln zu den Ebreern und an vielen örten inn der schrifft.1082 Und alle opffer im gesetz | Mosi, wie mancherley die sein, können unter diese zweierley opffer als unter ihre Genera beschlossen und begrieffen werden. Denn etzliche opffer im gesetz Mosi werden genent süneopffer odder opffer fur die sunde umb der bedeutung willen, nicht das vergebung der sunde dadurch verdienet wird fur Gott, sondern das es eusserliche versünung waren μumb der bedeutung willen,μ Denn diejhenigen, fur wilche sie geschahen, wurden durch solche opffer versüntν, das sie nicht aus dem volck Israel verstossen wurden. Darümb waren es genent süneopffere, die andern opffer aber waren danckopffer.1083 [Cc2v] Also sind im gesetz wol bedeutung gewesen des rechten opffers, aber es ist allein ein einigs, warhafftiges süneopffer, ξopffer fur die sunde, inn der welt gewesen, nemlich der tod Christi, wie die Epistel zu den Ebreern sagt: „Es ist unmüglich pgewest, das derp Ochssen und Böcke blut qsolte sunde wegnemenq.“1084 und bald hernach stehet von dem gehorsam und willen Christi: „inn wilchem willen wir geheiliget seinr durch das opffern des leibs Jhesu Christi einmal“1085 etc. Und Esaias, der Prophet, hat auch zuvor das gesetz Mosi ausgelegt und zeigt an, das der tod Christi die bezalung fur die sunde ist und nicht die opffer im gesetz, da er von Christo sagt: „Wenn er sein leben zum schuldopffer gegeben hat, so wird er samen haben und inn die lenge leben.“1086 Denn der Prophet hat das wort schuldopffer auff Christus tod gezogen, anzuzeigen, das die schuldopffer im gesetz nicht das recht opffer weren, die sund zu bezalen, sondern es müste ein ander opffer komen, nemlich Christus tod, dadurch Gottes zorn solt versünet werden. Item, die schuldopffer im gesetz musten auffhören, da das Evangelium geoffenbaret und das recht opffer ausgericht ward. Darümb sind es nicht rechte versünung fur Gott gewesen, denn sie
p–p μ–μ
durch L45 | q – q Sünden wegzunehmen L45 | r sind L45
den künfftigen tod Christi zu bedeuten, dt. 8° (1533) | und dt. 8° (1533)
1082 1085
ν
also versunt dt. 8° (1533) |
Vgl. Hebr 10,5–10; 13,15f; vgl. Ex 32,6; II Sam 6,17 u.ö. | Hebr 10,10 | 1086 Jes 53,10
1083
Lev 1–7 |
1084
davor:
Hebr 10,4
x cj.: Postquam; Si Vg Clem.; Postquam lat. 4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559/1580) | peccato Vg Clem.
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Has duas species sacrificii magnopere oportet et in hac controversia et in aliis multis disputationibus in conspectu et ob oculos positas habere et singulari diligentia cavendum est, ne confundantur. Quod si modus huius libri pateretur, rationes huius divisionis adderemus. Habet enim satis multa testimonia in Epistola ad Ebreos et alibi.568 Et omnia sacrificia Levitica ad haec membra referri tamquam ad sua domicilia possunt. Dicebantur enim in lege quaedam propitiatoria sacrificia [L8v] propter significationem seu similitudinem, non quod mererentur remissionem peccatorum coram Deo, Sed quia merebantur remissionem peccatorum secundum iustitiam legis, ne illi, pro quibus fiebant, excluderentur ab ista politia. Dicebantur itaque propitiatoria pro peccato; pro delicto holocaustum [erat]. Illa vero erant εὐχαριστικὰ: oblatio, libatio, retributiones, primitiae, decimae. 569 Sed revera unicum tantum in mundo fuit sacrificium propitiatorium videlicet mors Christi, ut docet Epistola ad Ebreos, quae ait: Impossibile est sanguine taurorum et hircorum auferri peccata.570 Et paulo post de voluntate Christi: In qua voluntate sanctificati sumus per oblationem corporis Iesu Christi semel.571
Et Esaias interpretatur legem, ut sciamus mortem Christi vere esse satisfactionem pro peccatis nostris seu expiationem, non ceremonias legis, quare ait: Six posuerit ani|mam suam hostiam ypro delictisy, videbit semen longaevum572 etc. Nam vocabulum ~Xa573, quo hic usus est, significat hostiam pro delicto, quae in lege significavit, quod ventura esset hostia quaedam satisfactura pro peccatis nostris et reconciliatura Deum, ut scirent homines, quod non propter no[M1r]stras iustitias, sed propter aliena merita videlicet Christi velit Deus nobis reconciliari. Paulus idem nomen ~Xa interpretatur peccatum Roma. 8.: De peccato damnavit peccatum,574 id est, peccatum punivit de peccato, id est per hostiam pro peccato. Significantia verbi facilius intelligi potest ex moribus gentium, quos videmus ex Patrum sermonibus male intellectis acceptos esse. Latini vocabant piaculum hostiam, quae in magnis calamitatibus, ubi insigniter videbatur Deus irasci, offerebatur ad placandam iram Dei et litaverunt aliquando humanis hostiis, fortassis quia audierant quandam humanam hostiam placaturam esse Deum toti generi humano575. Graeci alibi καθάρματα, alibi περιψήματα appellaverunt.576 Intelligunt igitur Esaias et Paulus
568
Vgl. Hebr 10,5–10; 13,15f; Ex 32,6; II Sam 6,17 u. ö. | 569 Vgl. Lev 1–7. | 570 Hebr 10,4 Hebr 10,10 | 572 Jes 53,10 | 573 Schuldopfer | 574 Röm 8,3 | 575 Piakulum bezeichnet zum einen eine Sühnehandlung zur Wiederherstellung der pax deorum und zum anderen das zu diesem Zweck verwendete Opfertier. Vgl. Anne Viola Siebert, Art. Piaculum, in: NP 9, 1000f. | 576 Nach I Kor 4,13. Vgl. LS, 850 s.v. κάθαρμα. Περίψημα ist nicht klassisch; vgl. hierzu GM, 641 s.v. περίψημα. 571
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haben fallen müssen und hat ein anders müssen komen; derhalben sind es allein bedeutungen und furbild der rechten versünung gewesen. Darümb bleibet dieses fest stehen, das nur [CC3r] ein einig opffer gewesen ist, | nemlich der tod Christi, das fur ander solt applicirt werden, Gottes zorn zu versünen.
Uber dieses einig süneopffer, nemlich den tod Christi, sind nu andere opffer, die sind alle nur danckopffer als alles leiden, predigen, gute werck der heiligen; dasselbige sind nicht solche opffer, dadurch wir versünet werden, die man fur andere thun könne odder die da verdienen ex opere operato vergebung der sunde odder versünung, Denn sie geschehen von denjhenigen, so schon durch Christum versünet sein. Und solch opffer sind unser opffer im neuen Testament, wie Petrus, der Apostel, i. Petri ii. sagt: Ihr seid ein heilig priesterthumb, das ihr opfferet geistliche opffer.1087
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Und im neuen Testament gilt kein opffer „ex opere operato sine bono motu utentis“, | das ist, das werck on οein guten gedanckenο im hertzen. Denn Christus spricht Johan.π iiii.: „Die rechtens anbeter werden den Vater anbeten im geist und inn der warheit“1088, das ist, mit hertzen, mit hertzlicher forcht und hertzlichem glauben. Darümb ists eitel Teuffelisch, Phariseisch und Antichristisch lar und Gottesdienst, das unser widdersacher leren, ihr Mess verdiene vergebung schuld und pein ex opere operato. Die Jüden verstunden ihre Ceremonien auch nicht recht und meineten, sie weren fur Gott from, wenn sie die werck gethan hetten ex opere operato.
s
wahrhaftigen L45
ο–ο
glauben dt. 8° (1533) | π danach: am dt. 8° (1533)
1087
Vgl. I Petr 2,5. | 1088 Joh 4,23f
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Esaias et Paulus Christum factum esse hostiam, hoc est piaculum, ut ipsius meritis, non nostris reconciliaretur Deus. Maneat ergo hoc in causa, quod sola mors Christi est vere propitiatorium sacrificium. Nam Levitica illa sacrificia propitiatoria tantum sic appellabantur ad significandum futurum piaculum. Propterea similitudine quadam erant satisfactiones redimentes iustitiam legis, ne ex politia excluderentur isti, qui peccaverant. Debebant autem cessare post revelatum Evangelium. [M1v] Et quia cessare in Evangelii revelatione debebant, non erant vere propitiationes, cum Evangelium ideo promissum sit, ut exhibeat propitiationem. Nunc reliqua sunt sacrificia εὐχαριστικὰ, quae vocantur sacrificia laudis, praedicatio Evangelii, fides, invocatio, gratiarum actio, confessio, afflictiones sanctorum, Imo omnia bona opera sanctorum. Haec sacrificia non sunt satisfactiones pro facientibus vel applicabiles pro aliis, quae mereantur eis ex opere operato remissionem peccatorum seu reconciliationem. Fiunt enim a reconciliatis. Et talia sunt sacrificia novi testamenti, sicut docet Petrus 1. Petri 2.: Sacerdotium sanctum, zut offeratisz hostias spirituales.577 Opponuntur autem hostiae spirituales non tantum pecudibus, sed etiam humanis operibus ex opere operato oblatis, quia spirituale significat motus spiritus sancti in nobis. Idem docet Paulus Roma. 12.: Exhibetea corpora vestra hostiam viventem, sanctam, bcultum rationalemb.578 Significat autem cultus rationalis cultum, in quo Deus intelligitur, mente apprehenditur, ut fit in motibus timoris et fiduciae erga Deum. Opponitur igitur non solum cultui Levitico, in quo pecudes mactabantur, sed etiam cultui, in quo fingitur opus [M2r] ex opere operato offerri. Idem docet Epistola ad | Ebreos Cap. 13.: Per ipsum offeramus hostiam laudis semper Deo; et addit interpretationem: id est, fructum labiorum confitentium nomini eius.579 Iubet offerre laudes, hoc est, invocationem, gratiarum actionem, confessionem et similia. Haec valent non ex opere operato, sed propter fidem. Id monet particula: per ipsum offeramus, hoc est fide in Christum. In summa cultus novi testamenti est spiritualis, hoc est, est iustitia fidei in corde et fructus fidei. Ideoque abrogat Leviticos cultus. Et Christus ait Iohan. 4.: Veri adoratores adorabunt Patrem in spiritu et veritate. Nam et Pater tales quaerit, qui adorentψ eum. Deus est spiritus et eos, qui adorant eum, in spiritu et veritate oportet adorare.580 Haec sententia clare damnat opiniones de sacrificiis, quae fingunt ex opere operato valere. Et docet, quod oporteat spiritu, id est motibus cordis et fide adorare. Ideo et Prophetae damnant in veteri testamento opinionem populi de opere operato et docent iustitiam et sacrificia spiritus. Ieremiae 7.: Non sum locutus
z–z ψ
offerre Vg Clem. | a ut exhibeatis Vg Clem. | b – b rationabile obsequium vestrum Vg Clem.
adorant lat. 4° (1540)
577
I Petr 2,5 | 578 Röm 12,1 | 579 Hebr 13,15 | 580 Joh 4,23f
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Dawidder schreienρ die Propheten auffs [Cc3v] allerernstlichest, damit sie die leute von eigen wercken auff die zusage Gottes wiesen und sie zum glauben und rechtem Gottesdienst brechten. Also stehet Jeremiae am vii.: Ich hab nicht mit euern Vetern von opffer gered oder brandopffer, da ich sie aus Egiptenlande füret, sondern dis wort hab ich inen geboten: Höret meine stimme, und ich wil euer Gott sein etc.1089 Was werden wol die halstarrigen Jüden zu diese predigt und lere gesagt haben, die da gantz öffentlich widder das gesetz und Mosen scheinet? Denn es war jhe öffentlich, das Gottt den Vetern von opffern geboten hatte, das kond Jeremias nicht leugnen. Jeremias aber verdampt ihren irthumb von den opffern, von wilchen kein Gottesbefehl war, nemlich da sie meineten, das die opffer ex opere operato Gott versüneten und gefilen. Darümb setzet Jeremias das dazu vom glauben, das Gott gebotten hat: „Höret mich“, das ist, gleubt mir, das ich euer Gott bin, das ich euch erhalte, mich euer erbarme, σeuch alle stunde helffe und darff1090 euer opffer nicht; gleubt, das ich euer Gott bin, der euch gerecht macht und heilig, nicht umb euers verdiensts willen, sondern umb meiner zusag willen. Darümb solt ihr von mir allen trost und hülff warten.σ Auch so verwirfft die Heidnisch opinion vomu opere operato der xlix. Psalm, da er sagt: „Meinstu, das ich Ochssenfleisch essen wolle odder Bocksblut trincken?“1091 „Ruff mich an inn vder zeitv der not“1092 etc. Da wird das opus operatum ver[Cc4r]worffen, und [er] sagt: „Ruff mich an“, da zeigt er den höchsten Gottesdienst an, wenn wir ihnen von hertzen anruffen. | Item, im xxxix. Psalm: „wDu hast kein lust amw opffer und speisopffer, aber die oren hastu mir auffgethan“1093, das ist, du hast mir ein wort geben, das ich hören sol, und fodderst, das ich deinem wort gleuben sol und deinen zusagen, das du mir helffen wilt. Item, Psalm. 50.x.: „Du hast nicht lust zum opffer, ich gebey dir es sonstz etc., die opffer Gottesa sind ein zubrochenb geist“1094 etc. Item, im iiii. Psalm: „Opffert copffer derc gerechtigkeit und hoffet auff den Herrn.“1095 Da befilet er, das wir sollen auff den Herrn hoffen, und nennet das ein recht opffer; da zeigt er an, das die andern nicht recht opffer sein etc. Item, Psalm cxv.: „Dir wil ich danckopfferd opffern und des Herren namen anruffene“1096 etc. Und die gantze schrifft ist vol solcher sprüche, die da anzeigen, das kein opffer, kein werck ex opere operato Gott versünet. Darümb leret sie, das im neuen Testament die opffer des gesetzs Mosi abgethan sein und sind eitel
t cj.: Got; Got CR | u cj.: von; von CR | v – v nicht in L45 | w – w dir gefallen nicht L45 | x cj.: 1.; 1. CR | y wollte L45 | z danach: geben L45 | a die Gott gefallen L45 | b geängsteter L45 | c – c nicht in L45 | d Dank L45 | e predigen L45 ρ
schrien dt. 8° (1533) | σ – σ dt. 8° (1533): s. QuM I, 749,5–9 [und euch ... unwirdig seid.]
1089
Vgl. Jer 7,22f. | 1090 bedarf | 1091 Ps 50 (Vg 49),13 | 1092 Ps 50 (Vg 49),15 | 39),7 | 1094 Ps 51 (Vg 50),18f | 1095 Ps 4,6 | 1096 Ps 116,17 (Vg 115,8)
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cum Patribus vestris et non praecepi eis in die, qua eduxi eos de terra [M2v] Aegypti, de cholocaustis et victimisc. Sed hoc verbum praecepi eis dicens: Audite vocem meam et ero vobis Deus581 etc. Quomodo existimemus Iudaeos hanc contionem excepisse, quae videtur palam pugnare cum Moise? Constabat enim Deum praecepisse Patribus de holocaustis ac victimis, sed Ieremias opinionem de sacrificiis damnat, hanc non tradiderat Deus, videlicet quod illi cultus ex opere operato placarent eum. Addit autem de fide, quod hoc praeceperit Deus: Audite me, hoc est, credite mihi, quod ego simω Deus vester, quod velim sic innotescere, cum misereor et adiuvo, nec habeam opus vestris victimis; confidite, quod ego velim esse Deus, iustificator, salvator non propter opera, sed propter verbum et promissionem meam; a me vere et ex corde petite et expectate auxilium.
Damnat opinionem de opere operato et Psalm. 49. Qui repudiatis victimis, requirit invocationem: Numquid manducabo carnes taurorum582 etc.? Invoca me in die tribulationis dtuae et eripiamd te et honorificabis me.583 Testatur hanc esse veram λατρείαν, hunc esse verum honorem, si ex corde invocemus ipsum. Item Psal. 39.: Sacrificium et oblationem noluisti. Aures autem aperu[M3r]istie mihi,584 id est, verbum mihi proposuisti, quod audirem, et requiris, ut credam verbo tuo et promissionibus tuis, | quod vere velis misereri, opitulari etc. Item Psalmo 50.: Holocaustis non delectaberis. Sacrificium Deo spiritus contribulatus, cor contritum et humiliatum, Deus, non despicies.585 Item Psal. 4.: Sacrificate sacrificium iustitiae et sperate in Domino!586 Iubet sperare et dicit id esse iustum sacrificium significans cetera sacrificia non esse vera et iusta sacrificia. Et Psal. 115.: Sacrificabo hostiam laudis et nomen Domini invocabo.587 Vocat invocationem hostiam laudis.
Sed plena est scriptura talibus testimoniis, quae docent, quod sacrificia ex opere operato non reconcilient Deum. Ideoque in novo testamento abrogatis cultibus Leviticis docet fore, ut nova et munda sacrificia fiant: videlicet fides,
c–c ω
verbo holocautomatum et victimarum Vg Clem. | d – d eruam Vg Clem. | e perfecisti Vg Clem.
sum lat. 8° (1542/1559)
581 Jer 7,22f | 582 Ps 50 (Vg 49),13 | 583 Ps 50 (Vg 49),15 | 50),18f | 586 Ps 4,6 | 587 Ps 116,17 (Vg 115,8)
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Ps 40 (Vg 39),7 |
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Ps 51 (Vg
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reine opffer one mackel, nemlich der glaub gegen Gott, dancksagung, Gottes lob, predigt des Evangelii, kreutz und leiden der heiligen und dergleichen. Und von diesen opffern redet Malachias, da er sagt: „von auffgang der sonnen bis zu ihrem nidergange istf mein name gros unter den Heideng, und an allen örten sol meinem namen geop[CC4v]ffert werden ein rein opfferh.“1097 Denselbigen spruch deuten die widdersacher felschlich und nerrisch, von der Messe zu verstehen, und zihen die alten Veter an.1098 Es ist aber da bald geantwort; wenn gleich Malachias von der Messe redet, als er nicht thut, so folget doch daraus nicht, das die Messe ex opere operato uns fur Gott from mache odder das man Messe könne halten fur andere, denselbigen vergebung der sunde zu erlangen; der keins sagt der Prophet, sondern die Sophisten und Mönche ertichtens unverschampt aus ihrem eigen hiern. Die wort aber des Propheten brengen selbst den rechten verstand mit, denn erst sagt der Prophet, Es solle der name des Herren gros werden; das geschihet durch die predigt des Evangelii, Denn durch | dieselbigen wird der name Christi bekent und wird bekant die gnade, inn Christo verheissen. Durch die predigt aber des Evangelii komen die leute zum glauben, die ruffen denn Gott recht an, die dancken Gott, die leiden umb Gottes willen verfolgung, die thun gute wercke. Darümb nennets der Prophet das „rein“ opffer nicht die Ceremonien der Messe allein ex opere operato, sondern alle geistliche opffer, durch wilche Gottes namen gros wird, nemlich ein rein, heilig opffer ist die predigt des Evangelii, der glaub, τanruffen inn nötenτ, gebet, das Evangelium und Christum fur der welt bekennen etc. Und wir fechten nicht gros an, ob es je[Dd1r]mands jhe auch auff die Ceremonien der Messe deuten wolt, wenn er nur nicht sagt, das die schlecht1099 Ceremonia ex opere operato Gott versüne. Denn wie wir die predigt heissen ein Lobopffer, so mag die Ceremonia des Abendmals υan ihm selbstυ ein lobopffer sein, aber nicht ein solch opffer, das ex opere operato fur Gott gerecht mache odder das man fur andere thun könne, ihnen vergebung der sunde zu erlangen. φAber bald hernach wollen wir auchφ sagen, wieχ die Ceremonia ein opffer sey. Dieweil aber Malachias redet von allen Gottesdiensten und opffern des neuen Testaments, so redet er nicht allein von der Messe odder Abendmal. Item, dieweil er klarψ widder denselben Phariseischen irthumb vom opere operato istω, so thut der spruch nichts widder uns, f
soll L45 | g danach: werden L45 | h Speiseopfer L45
τ–τ χ
anruffung CR | υ – υ nicht in dt. 8° (1533) | φ – φ Davon wollen wir bald hernach dt. 8° (1533) danach: und wenn dt. 8° (1533) | ψ danach: redet dt. 8° (1533) | ω nicht in CR
1097
Mal 1,11 | 1098 Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, 163,19–165,2: „Nam praedixit dominus per Malachiam Iudaeorum abiectionem, vocationem gentium et evangelicae legis sacrificium. Non est, inquit, mihi voluntas in vobis nec munus accipiam de manu vestra. A solis enim ortu usque ad occasum magnum est nomen meum in gentibus et in omni loco sacrificatur et offertur nomini meo oblatio munda, Malachiae 1[,10f]. Nulla autem est oblatio munda in omni loco iam deo oblata quam eucharistia mundissima in altaris sacrificio. Hac auctoritate sanctus Augustinus
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invocatio, gratiarum actio, confessio et praedicatio Evangelii, afflictiones propter Evangelium et similia. Et de his sacrificiis loquitur Malachias: Ab ortu solis usque ad occasum magnum est nomen meum in gentibus et in omni loco incensumf offertur nomini meo et oblatio munda.588 Hunc locum detorquent adversarii ad Missam et allegant auc[M3v]toritatem Patrum. Facilis est autem responsio, quod ut maxime loqueretur de Missa, non sequaturα Missam ex opere operato iustificare aut applicatam aliis mereri remissionem peccatorum etc. Nihil horum dicit Propheta, quae Monachi et Sophistae impudenter affingunt.
Ceterum ipsa Prophetae verba offerunt sententiam. Primum enim hoc proponunt magnum fore nomen Domini. Id fit per praedicationem Evangelii. Per hanc enim innotescit nomen Christi et misericordia patris in Christo promissa cognoscitur. Praedicatio Evangelii parit fidem in his, qui recipiunt Evangelium. Hi invocant Deum, hi agunt Deo gratias, hi tolerant afflictiones in confessione, hi bene operantur propter gloriam Christi. Ita fit magnum nomen Domini in gentibus.589 Incensum igitur et oblatio munda significant non ceremoniam ex opere operato, sed omnia illa sacrificia, per quae fit magnum nomen Domini: scilicet fidem, invocationem, praedicationem Evangelii, confessionem etc. Et facile patimur, si quis hic velit complecti ceremoniam, modo neque intelligat solam ceremoniam neque doceat ceremoniam ex opere operato prodesse. Sicut enim inter sacrificia laudis, hoc est, inter laudes Dei complectimur [M4r] praedicationem verbi, ita laus esse potest seu gratiarum actio, ipsa sumptio coenae Domini, sed non ex opere operato iustificans aut applicanda aliis, ut | mereatur eis remissionem peccatorum. Sed paulo post exponemus, quomodo et ceremonia sacrificium sit. Verum quia Malachias de omnibus cultibus novi testamenti non solum de coena Domini loquitur, item quia non patrocinatur Pharisaicae opinioni de opere operato, ideo nihil contra nos
f
sacrificatur et Vg Clem.
α
consequatur lat. 4° (1540)
588
Mal 1,11 | 589 Mal 1,11
et alii catholici usi sunt pro missa contra perfidos Iudaeos, quae certe plus debet valere apud catholicos principes quam omnes adversariorum obiectiones“ (deutsch: ebd., 162,25–164,4). 1099 schlichte, bloße
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sondern viel mehr fur uns, denn er foddert innwendig das hertz, Gott danckopffer zu thun, durch welchs der namen des Herrn recht gros werde. Es wird auch aus dem Malachia noch ein spruch angezogen:1100 „Und er wird seigerni 1101 die sönej Levi wie golt und wie silber, kund sie werdenk Gott lopffern opffer derl gerechtigkeit.“1102 Da sagt er von opffern der gerechtigkeit. Darümb ist der Text widder das opus operatum. Die opffer aber der söne Levi, das ist derjhenigen, die da predigen im Neuen Testament, ist die predigt des Evangelii und die gute fruchte der prediget, wie Paulus zu den Römern sagt am xv.: „Ich sol sein ein diener Christi, unter den Heiden zu opffern das [Dd1v] Evangelium Gottes, auff das die Heiden ein opffer werden, Gott angenem mdurch den glaubenm.“1103 Denn das ochssen- und schaffschlachten im gesetz hat bedeut den | tod Christi und das predigampt des Evangelii, dadurch der alte Adam teglich getödet werde und das neue und ewig leben sich anfehet. Aber die widdersacher deuten allenthalben das wort „opffer“ odder „sacrificium“ allein auff die Ceremonien der Mess.1104 Von dem predigampt des Evangelii, vom glauben, Vom dancken und anruffen Göttlichs namens reden sie gar nichts, so doch die Ceremonia darümb ist eingesetzt, So doch das neu Testament eitel geistlich opffer hat innwendig des hertzens und nicht solch opffer wie das Levitisch priesterthumb. Auch so zihen die widdersacher an das „iuge sacrificium“, das ist, das teglich opffer, und sagen, wie im gesetz Mosi sey gewesen ein teglich opffer, also sey die Messe [das] „iuge sacrificium des neuen Testaments“.1105 Wenn die sach mit allegorien auszurichten were, so würde jderman allegorien finden, ihm dienlich. Aber alle verstendige wissen, das man inn solchen hochwichtigen sachen fur Gott gewis und klar Gotteswort haben mus und nicht tunckel und frembde sprüch herzuzihen mit gewalt. Solche ungewis deutungen halten den stich nicht fur1106 Gottes gericht. Wiewol wir wolten den widdersachern zu [Dd2r] gefallen noch die Messe wol „iuge sacrificium“ odder teglich opffer nennen lassen, wenn sie die gantze Messe, das ist, die Ceremonien mit der dancksagungα, mit dem glauben im hertzen, mit dem hertzlichen anruffen Göttlicher gnade „iuge sacrificium“ nenneten. Denn das alles zusamen möcht „iuge sacrificium des neuen Testaments“ heissen. Denn die Ceremonia βder Mess odderβ des Abentmals ist umb des alles willen auffgericht, denn sie ist umb des predigens willens ein-
i
reinigen L45 | j Kinder L45 | k – k Dann werden sie L45 | geheiligt durch den Heiligen Geist L45
l–l
Speiseopfer bringen in L45
m–m α
predigt dt. 8° (1533) | β – β nicht in dt. 8° (1533)
1100
Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio, 165,3–9: „Praeterea idem propheta, cum loquitur de adventu Messiae, ait: Et purgabit filios Levi et colabit eos, quasi aurum et argentum et erunt domino offerentes sacrificia in iustitia et placebit domino sacrificium Iuda et Hierusalem sicut dies saeculi et anni antiqui, Malach. 3[,3f]. Hic in spiritu praevidit propheta filios Levi, hoc est
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facit, sed magis adiuvat nos. Requirit enim cultus cordis, per quos vere fit magnum nomen Domini. Citatur ex Malachia et alius locus: Et purgabit filios Levi et colabit eos quasi aurum et quasi argentum et erunt Domino offerentes sacrificia in iustitia.590 Hic locus aperte requirit sacrificia iustorum, quare non patrocinatur opinioni de opere operato. Sunt autem sacrificia filiorum Levi, hoc est, docentium in novo testamento, praedicatio Evangelii et boni fructus praedicationis, sicut Paulus ait Roma. 15.: Sacrificog Evangelium Dei, ut oblatio gentium fiat accepta, sanctificata spiritu sancto,591 id est, ut gentes fiant hostiae acceptae Deo per fidem etc. Nam illa mactatio in lege significabat et mortem Christi et praedi[M4v]cationem Evangelii, qua hanc vetustatem carnis mortificari oportet et inchoari novam et aeternam vitam in nobis.
Sed adversarii ubique sacrificii nomen ad solam ceremoniam detorquent, praedicationem Evangelii, fidem, invocationem et similia omittunt, cum ceremonia propter haec instituta sit. Et novum testamentum debeat habere sacrificia cordis, non ceremonialia pro peccatis facienda more Levitici sacerdotii. Allegant et iuge sacrificium, quod sicut in lege fuit iuge sacrificium, ita Missa debeat esse iuge sacrificium novi testamenti. Bene cum adversariis agitur, si patimur nos vinci allegoriis. Constat autem, quod allegoriae non pariunt firmas probationes.
Quamquam nos quidem facile patimur Missam intelligi iuge sacrificium, modo ut tota Missa intelligatur, hoc est, ceremonia cum praedicatione Evangelii, fide, invocatione et gratiarum actione. Nam haec simul coniuncta sunt iuge sacrificium novi testamenti, quia ceremonia propter haec instituta est nec ab his divellenda est. Ideo Paulus ait: hQuoties comedetish panem hunc et
g
sanctificans Vg Clem. | h – h Quotiescumque manducabitis Vg Clem.
590
Mal 3,3 | 591 Röm 15,16
evangelicos sacerdotes, dicit Hieronimus, oblaturos sacrificia, non in sanguine hircorum sed in iustitia sicut dies saeculi. Unde eo spiritu, quo illa verba a propheta fuerunt scripta, eodem sunt in canone missae ab ecclesia repetita“ (deutsch: ebd., 164,5–14). | 1101 reinigen, läutern | 1102 Mal 3,3 | 1103 Röm 15,16 | 1104 Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio, 163,15–171,3 (deutsch: ebd., 162,19–170,4). | 1105 Vgl. o. S. 616f, Anm. 1060. | 1106 vor
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gesetzt, wie Paulus sagt: „Soofft ihr dasn brot esset und deno kelch trincket, solt ihr den tod des Herrn verkündigen.“1107 Das folget aber gar nicht aus der figur des teglichen opffers, das die Messe sey ein solch opffer, das ex opere operato Gott versüne odder das man fur ander halten odder thun könne, ihnen vergebung der sunde zu erlangen. Und wenn man iuge sacrificium odder das teglich opffer recht ansihet, so malets ab und bedeut nicht allein die Ceremonien, sondern auch die predigt des Evangelii. Denn im iiii. buch Mosi am xxviii. werden gesetzt drey stücke, die zu denselbigen teglichen opffer gehöreten: Erstlich ward geopffert ein Lamb zu einem Brandopferp und ward wein darauff gossen. Darnach ward auch geopffert ein kuch mit semelmehl und öle gemenget.1108 Das gantz gesetz Mosi ist ein schattenq und figur Christi und des neuen Testaments.1109 Darümb, so wird Christus darin abgemalet: das [Dd2v] Lamb bedeutet den tod Christi, Wein drauff giessen bedeut, das inn aller welt alle gleubigen von des Lambs blut besprengt werden durch das Evangelium, das ist, das sie geheiliget werden, wie Petrus sagt i. Petri i.: „Durch heiligung des geistes imr gehorsam und sbesprengung des bluts Jhesu Christi.“1110 Der Kuch bedeut das anruffen und die dancksagung inn aller gleubigen hertzen. Wie nu im alten Testament der schattent ist und die bedeutung Christi odder des Evangelii, Also ist im neuen Testament dasselbige Evangelium und die warheit, wilche durch die figur bedeut ist,1111 zu suchen und nicht erst ein neu Typus odder figur zu suchen, das sie möchten odder wolten „sacrificium“ nennen. Darümb, wiewol die Messe odder Ceremonia im Abentmal ein gedechtnis ist des tods Christi, so ist doch nicht die Ceremonia allein das iuge sacrificium odder teglich opffer, sondern das gedechtnis des tods Christi zusampt mit der Ceremonia ist das teglich opffer, das ist die predigt von glauben und Christo, wilcher glaube warlich gleubt, das Gott durch den tod Christi versünet sey. Zu demselbigen iuge sacrificio gehöret auch die frucht der prediget, da wir mit dem blut Christi besprenget, das ist geheiliget werden, das der alt Adam getödtet und der geist zuneme, das ist das gissen. Darnach sollen wir auch dancken und Gott loben und den glauben mit leiden und guten wercken bekennen. Das ist durch mehl und öle bedeutet. [Dd3r] Also, wenn der grob, Phariseisch irthumb von dem opere operato weggethan ist, findet sich, das durch das iuge sacrificium bedeut ist das geistlich opffer und teglich opffer der hertzen. Denn Paulus sagt: Im alten Testament ist der schatten der künfftigen güter. Der leib aber und γdie war|heitγ ist inn Christo.1112 Das ist nu das erkentnis Christi und der heilig geist im hertzen, wilcher eitel dancksagung und teglich geistlich opffer im hertzen wircket. Aus dem erscheint nuδ gnug, das das gleichnis vom iuge sacrificio odder teglichem opffer nichts widder uns ist, sondern viel mehr fur uns, Denn wir haben klar angezeigt, das alles,
n von diesem L45 | o von diesem L45 | p cj.: brandopffert; brandopffer CR | q cj.: schaten; schaten CR | r zum L45 | s davor: zur L45 | t cj.: schaten; schaten CR
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poculumi Domini bibetis, annuntiatej mortem Domini.592 Illud vero nullo modo sequitur ex hoc typo Levitico, [M5r] quod ceremonia sit opus ex opere operato iustificans aut applicandum pro aliis, ut mereatur eis remissionem peccatorum etc. 5
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Et typus apte pingit non ceremoniam solam, sed etiam praedicationem Evangelii. In Nume. Ca. 28. tres ponuntur partes illius quotidiani | sacrificii: crematio agni, klibatio et oblatiok similae.593 Lex habebat picturas seu umbras rerum futurarum.594 Ideo in hoc spectaculo Christus et totus cultus novi testamenti pingitur. Crematio agni significat mortem Christi. Libatio significat ubique in toto mundo credentes illius agni sanguine aspergi per Evangelii praedicationem, hoc est sanctificari, sicut Petrus loquitur: In sanctificationem spiritus, in oboedientiam et aspersionem sanguinis Iesu Christi.595 Oblatio similae significat fidem, invocationem et gratiarum actionem in cordibus. Ut igitur in veteri testamento umbra cernitur, ita in novo res significata quaerenda est,596 non alius typus tamquam ad sacrificium sufficiens.
Quare etiam si ceremonia est memoriale mortis Christi, tamen sola non est iuge sacrificium, sed ipsa memoria est iuge sacrificium, hoc est praedicatio et fides, quae vere credit Deum morte Christi reconciliatum esse. Re[M5v]quiritur libatio, hoc est effectus praedicationis, ut per Evangelium aspersi sanguine Christi sanctificemur mortificati ac vivificati. Requiruntur et oblationes, hoc est, gratiarum actiones, confessiones et afflictiones. Sic abiecta Pharisaica opinione de opere operato intelligamus significari cultum spiritualem et iuge sacrificium cordis, quia in novo testamento corpus bonorum, hoc est spiritus sanctus, mortificatio et vivificatio597, requiri debent. Ex his satis apparet
i
calicem Vg Clem. | j annuntiabitis Vg Clem. | k – k et libatio, oblatio lat. 4° (1531)
592
I Kor 11,26 | 593 Vgl. Num 28,3–7. | 594 Vgl. Kol 2,17. | 595 I Petr 1,2 | 596 Vgl. Kol 2,17. Von Melanchthon gern gebrauchte Begriffe. Vgl. Melanchthon, Loci communes (1521), in: MWA 2/1, 169,33–170,13.
597
γ–γ
das wesen dt. 8° (1533) | δ nicht in dt. 8° (1533)
1107
I Kor 11,26 | 1108 Vgl. Num 28,4f. | Vgl. Kol 2,17.
1112
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Vgl. Kol 2,17. |
1110
I Petr 1,2 |
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Vgl. Kol 2,17.
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was zum teglichen opffer im gesetz Mosi gehöret hat, mus ein ware hertzlich opffer, nicht opus operatum bedeuten. Der widdersacher traum ist falsch, da sie wenen wollen, es werde allein das schlecht1113 eusserlich werck und Ceremonia bedeut, so doch der glaube im hertzen, das predigen, bekennen, dancksagen und hertzliches anruffen die rechten teglichen opffer sein und das beste an der Messe, sie nennens gleich opffer odder anders. Nu können alle Gottförchtige, frome, erbare, Christliche leute leichtlich mercken, das der widdersacher beschuldigung unrecht ist, da sie sagen: Wir thun das iuge sacrificium ab. Die erfarung aber gibts, das sie die rechten Antiochi sein,1114 die als die wütende Tyrannen mit eitel turst1115 und gewalt sich erzeigen inn der kirchen, die unter einem schein der geistligkeit zu sich zihen allen ge[Dd3v]walt der welt und fragen doch nichts nach dem predigamt, nach Christo oder dem Evangelio; darüber unterstehen sie sich, neue Gottesdienst ihrs gefallens inn der kirchen anzurichten und mit eitel gewalt zu fechtenε. ζDenn die widdersacher behalten alleinζ die Ceremonien der Messe. Den rechten brauch aber der Messe lassen sie faren und brauchen die Messe allein zum geitz und schendlichen jarmarckt und ertichten darnach, es sey ein werck, das andern zugut kome, das andern vergebung der sunden, pein und schuld verdiene. Inn ihren predigten aber leren sie nicht das Evangelium, sie trösten auch nicht die gewissen, sie predigen auch nicht, das die sunde one verdienst vergeben werden umb Christus willen, sondern predigen von anruffen der heiligen, von satisfactionibus, von gnugthuung, von menschensatzungen und sagen, das dadurch die leute fur Gott from werden. Und wiewol ηderselbigen öffentlichen Gotteslesterlichen misbreuch viel sein, so wollen sie doch dieselbigen, dieweil sie gelt tragen, mit gewalt erhalten. Und die gelertesten prediger unter ihnen predigen verworren Philosophisch Question und frage, wilche weder sie selbst noch das volck verstehen. Entlich, ob etlich unter ihnen sein nicht gar ungelert, so leren sie doch eitel gesetz und leren von Christo odder vom glauben gar nichts.η Die widdersacher zihen den Daniel an, der da sagt: Es werden greuel und verwüstung in der kirchen stehen,1116 und deuten dieses auff unser kir[Dd4r]chen, derhalben, das die altar nicht bedeckt sein, nicht lichter darin brennen und dergleichen.1117 Wiewol es nicht war ist, das wir solche eusserliche ornament alle wegthun, dennoch, so es schon also were, redet Daniel nicht von solchen dingen, die gar eusserlich sind und zur Christlichen kirchen nicht gehören, sondern meinet viel ein andere, greulicherθ verwüstung, wilche im Bapstumb starck gehet, nemlich von verwüstung des nötigesten, grösten Gottesdiensts, des predigampts, und unterdrückung des Evangelii. Denn bey den widdersachern prediget man das mehrerteil von menschensatzungen, dadurch die gewissen von Christo auff eigen werck und vertrauen
ε verfechten CR und dt. 8° (1533) | ζ – ζ Dazu behalten sie allein dt. 8° (1533) | η – η dt. 8° (1533): s. QuM I, 753,4–8 [viel ihr ... und verzagen.] | θ greuliche dt. 8° (1533)
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typum de iugiβ sacrificio nihil contra nos facere, sed magis pro nobis, quia nos omnes partes significatas iugi sacrificio requirimus. Adversarii falso somniant solam ceremoniam significari, non etiam praedicationem Evangelii, mortificationem et vivificationem cordis etc.
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Nunc igitur boni viri facile iudicare poterunt falsissimam hanc criminationem esse, quod iuge sacrificium aboleamus. Res ostendit, qui sint Antiochi illi, qui regnum tenent in Ecclesia, qui praetextu religionis trahunt ad se regnum mundi et abiecta cura religionis et docendi Evangelii dominantur, belligerantur velut reges mundi, qui novos cultus instituerunt in Ecclesia. Nam adversarii in Missa solam retinent ceremoniam eamque con[M6r]ferunt publice ad sacrilegum quaestum. Postea fingunt hoc opus applicatum pro aliis mereri eis gratiam et omnia bona. In contionibus non docent Evangelium, non consolantur conscientias, non ostendunt gratis remitti peccata propter Christum, sed proponunt cultus sanctorum, satisfactiones humanas, traditiones humanas, per has affirmant homines coram Deo iustificari. Et harum quaedam, cum sint manifeste impiae, tamen vi defenduntur. Si qui contionatores volunt perhiberi doctiores, | tradunt quaestiones Philosophicas, quas neque populus neque ipsi, qui proponunt, intelligunt. Postremo, qui sunt tolerabiliores, legem docent, de iustitia fidei nihil dicunt.
Adversarii in confutatione miras tragoedias agunt de desolatione templorum, quod videlicet stent inornatae arae sine candelis, sine statuis. Has nugas iudicant esse ornatum Ecclesiarum. Longe aliam desolationem significat Daniel videlicet ignorationem Evangelii.598 Nam populus obrutus multitudine
β
iuge lat. 4° (1540)
598
Vgl. Dan 11,31; Dan 12,11.
1113
schlichte, bloße | 1114 Gemeint ist Antiochus IV. Epiphanes, der den Tempel in Jerusalem plünderte und anstatt des jüdischen Gottesdienstes den Zeuskult einzuführen suchte. Vgl. I Makk 1,57–68. | 1115 Mutwillen | 1116 Vgl. Dan 11,31; 12,11. | 1117 Vgl. o. S. 616f, Anm. 1060.
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gefüret werden. So ists gewis, das unterm Bapstumb dieι predigt von der bus odder „De poenitentia“κ, wie die widdersacher davon gelert, niemands verstanden hat, und das ist dochκ das nötigest stück λder gantzen Christlichenλ lere. Die widdersacher haben die arme gewissen gequelet und geplaget mit sundenerzelen. Vom glauben an Christum, dadurch man erlangt vergebung der sunde, Von dem rechten kampff und anfechtung, wilche sind ubung des glaubens, haben sie gar nichts recht geleret, dadurch die gewissen hetten mügen trost haben. Alle ihr bücher, alle ihr predigetμ sind inn dem stücke als nütze gewesen als nichts und haben dazu unsaglichen schaden gethan. Darüber ist bey den widdersachern der schrecklich, greulich misbrauch der Messe, desgleichen kaum jhe auff erden ge[Dd4v]west, und sonst unzelich viel unchristlich, nerrisch Gottesdienstν, das ist die rechte verwüstung, davon Daniel sagt. Dagegen inn unsern kirchen warten die priester ξrecht ihresξ ampts, leren und predigen das Evangelium, predigen Christum, das wir nicht umb unser wercke willen, sondern umb Christus willen vergebung der sunde und ein gnedigen Gott haben. Diese lere gibt den hertzen ein rechten, gewisen, bestendigen trost. Auch so leren sie die Zehen gebot und von rechtschaffen guten wercken, wilche Gott geboten hat, Darüber auch von rechtem, Christlichem brauch der heiligen Sacrament. | Und wenn ja das Abentmal oder die Messe solt das teglich opffer genennet werden, so möcht billicher die Messe bey uns also heissen. Denn bey ihnen halten ihr Pfaffen das mehrerteil all umb ihr Praebenden und umb gelts willen Messe. In unsern kirchen wirdet der heiligen Sacrament alsoο nicht misbrauchet, Denn da wird niemand mit gelt dazu getrieben, sondern man lesset die gewissen sich prüffen, trost da zu suchen; dazu werden die leute unterrichtet von rechtem Christlichem brauch des Sacraments, das es nemlich dazu eingesetzt ist, das es sey ein sigel und gewis zeichen der vergebung der sunde, dadurch die hertzen erinnert und der glaub gesterckt wird, das sie gewis gleuben, das ihnen die sunde vergeben sind. So wir nu die predigt des Evangelii und [Ee1r] den rechten brauch des Sacraments bey uns behalten, so haben wir one zweifel das teglich opffer. Und wenn man gleich von eusserlichem wolstehen sagen solt, so sind unsere kirchen besser geziret denn des gegenteils. Denn der rechte, eusserlich kirchenschmuck ist auch rechte predig, rechter brauch der Sacrament und das das volck mit ernst dazu gewehnet sey und mit fleis und züchtig zusamenkome, lerne und bette. Dieweil man nu durch Gottes gnad inn unsern kirchen Christlich und heilsam ding leret von trost inn allem anfechten, bleiben die leute gern bey guter predigt. Denn es ist kein ding, das die leute mehr bey der kirchen behelt denn dieπ gute prediget. Aber unser widdersacherρ predigen ihre leute aus der kirchen, denn sie leren nichts von den nötiι
keine rechte dt. 8° (1533) |
κ–κ
ist und dazu dasjhenige, so sie davon leren, verstehen sie selbst
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et varietate traditionum atque opinionum nullo modo potuit complecti summam doctrinae Christianae. Quis enim umquam de populo intellexit doctrinam de poenitentia, quam adversarii tradiderunt?
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Et hic praecipuus locus est doctrinae Christianae. Vexabantur conscientiae enumeratione [M6v] delictorum et satisfactionibus. De fide, qua gratis consequimur remissionem peccatorum, nulla prorsus fiebat ab adversariis mentio; de exercitiis fidei luctantis cum desperatione, de gratuita remissione peccatorum propter Christum omnes libri, omnes contiones adversariorum mutae erant. Ad haec accessit horribilis prophanatio Missarum et alii multi impii cultus in templis. Haec est desolatio, quam Daniel describit.599
Econtra Dei beneficio apud nos serviunt ministerio verbi sacerdotes, docent Evangelium de beneficiis Christi, ostendunt remissionem peccatorum gratis contingere propter Christum. Haec doctrina affert firmam consolationem conscientiis. Additur et doctrina bonorum operum, quae Deus praecipit. Dicitur de dignitate atque usu sacramentorum. Quod si iuge sacrificium esset usus sacramenti, tamen nos magis retineremus quam adversarii, quia apud illos sacerdotes mercede conducti utuntur sacramento. Apud nos crebrior et religiosior usus est. Nam populus utitur, sed prius institutus atque exploratus. Docentur enim homines de vero usu sacramenti, quod ad hoc institutum sit, ut sit sigillum et testimonium gratuitae remissionis [M7r] peccatorum. Ideoque debeat pavidas conscientias admonere, ut vere statuant et credant sibi gratis remitti peccata. Cum igitur et praedicationem Evangelii et legitimum usum sacramentorum retineamus, manet apud nos iuge sacrificium.
Et si de externa specie dicendum est, frequentia in templis apud nos maior est quam apud adversarios. Tenentur enim auditoria utilibus et perspicuis contionibus. Verum adversariorum doctrinam numquam neque populus neque doctores intellexerunt. Et verus ornatus est Ecclesiarum doctrina pia, utilis et perspicua, usus pius sacramentorum, oratio ardens et similia. Candelae, vasa aurea et similes ornatus decent, sed non sunt proprius ornatus Ecclesiae. 599
Vgl. Dan 9,26f.
nicht, viel weniger verstehets das volck. Also handeln sie dt. 8° (1533) | λ – λ inn Christlicher dt. 8° (1533) | μ prediger CR | ν Abgötterey dt. 8° (1533) | ξ – ξ ihres rechten dt. 8° (1533) | ο nicht in dt. 8° (1533) | π nicht in dt. 8° (1533) | ρ widdersacher, die dt. 8° (1533)
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gisten stücken Christlicher lare, sagen Heiligenlegend und ander fabeln. Uber das, wo unser widdersacher ire kertzen, altartücher, bilder und dergleichenu zier fur nöttige stück [halten] und damit Gottesdienst anrichten, sind sie des Antichrists gesind, davon Daniel sagt, das sie iren Gott ehren mit silber, gold und dergleichen schmuck.1118 Auch so zihen sie an aus der Epistel zu den Ebreern am v. Capitel: „Ein jtzlicherv hoherpriester, der aus den menschen genomen wird, der wird gesetzt fur die menschen gegen Gott, auff das er opffere gaben und opffere fur die sunde.“1119 Da schliessen sie: Nach|dem im neuen Testament Bi[Ee1v]schofe sein und priester, so folget, das auch ein opffer müsse sein fur die sunde. Dieses nu möcht am meisten die ungelerte und unerfarne bewegen, sonderlich, wenn sie ansehen das herlich geprenge inn Tempeln und kirchen, Item, die kleidung Aaronis,1120 da im alten Testament auch viel schmuck von gold, silber und purpur gewesen, dencken sie, es müsse im neuen Testament gleich also ein Gottesdienst, solch Ceremonien und opffer sein, da man fur ander leute sunde opffere, wie im alten Testament. σDenn der gantzeσ misbrauch der τMessen und Bepstlich Gottesdienst ist nirgent herkomen, dennτ das sie haben wollen den Mosisceremonien nachfolgen; und [sie] haben es nicht verstanden, das das neu Testament mit andern sachen umbgehet und das solch eusserlich Ceremonien, ob man sie zu kinderzucht braucht, sollen ihr mas haben. Und wiewol unser sache sonderlich wolgegründet ist inn der Epistel zu den Ebreern, so zihen doch die widdersacher aus derselbigen Epistel etliche sprüche verstümpffelt an, als eben an dem obangezeigtem ort, da der Text sagt: „Ein jtzlicherw hoherpriester etc. wird gesetzt xzu opffernx“1121 etc.1122 Der Text füret das bald auff Christum, die wort, so fürhergehen, reden vom Levitischen priesterthumb und sagen, das Levitisch priesterthumb sey ein deutung des priesterthumbs Christi. Denn die Levitischen opffer fur die sunde, die verdienen nicht vergebung der sunde fur Gott, sondern waren allein ein bild Christi, wil[Ee2r]cher war das recht, einige, ware opffer fur die sunde, wie ich oben gesagt habe; und gar nahe1123 die gantz Epistel zu den Ebreern handelt das mehrteil davon, das das Levitisch priesterthumb und die opffer im gesetz dazu nicht eingesetzt [sind], das man vergebung der sunde odder versünung fur Gott damit verdienen solle, sondern allein zu bedeuten das künfftige recht opffer, Christum. Denn die Patriarchen und heiligen im alten Testament sind auch gerecht worden und Gott versünet durch den glauben an die verheissung von dem künfftigen Christo, durch wilchen heil u
cj.: der glecichen; der gleichen CR | v jeglicher L45 | w jeglicher L45 | x – x das er opfere L45
σ – σ Denn das hat grosse ursach geben zum dt. 8° (1533) | Gottesdiensten, dt. 8° (1533)
τ–τ
Messe und zu andern Bepstlichen
1118
Vgl. Dan 2,32; 11,38. | 1119 Hebr 5,1 | 1120 Vgl. Ex 28,2.4–43; 29,5.9; 39,1.27.41. | 1121 Hebr 5,1 | 1122 Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio, 167,3–8: „Postremo sanctus Paulus
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Quod si adversarii in talibus rebus collocant cultus, non in prae|dicatione Evangelii, in fide, in certaminibus fidei, sunt in istis numerandi, quos Daniel describit colere Deum suum auro et argento.600
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Allegant et ex Epistola ad Ebreos: Omnis Pontifex ex hominibus assumptus pro hominibus constituitur in hisl, quae sunt ad Deum, ut offerat dona et sacrificia pro peccatis.601 Hinc ratiocinantur: cum in novo testamento sint Pontifices et Sacerdotes, sequitur, quod sit et sacrificium aliquod [M7v] pro peccatis. Hic locus vel maxime movet indoctos, praesertim cum illa pompa sacerdotii et sacrificiorum veteris testamenti offunditur oculis. Haec similitudo decipit imperitos, ut iudicent oportere ad eundem modum apud nos exsistere aliquod ceremoniale sacrificium applicandum pro peccatis aliorum sicut in veteri testamento. Neque aliud est ille cultus Missarum et reliqua politia Papae quam mκακοζηλία Leviticae politiaem male intellectae.
Et cum sententia nostra habeat praecipua testimonia in Epistola ad Ebreos, tamen adversarii locos ex illa Epistola truncatos contra nos detorquent, ut in hoc ipso loco, ubi dicitur Pontificem constitui, ut offerat sacrificia pro peccatis, Scriptura ipsa statim attexit Christum Pontificem.602 Verba praecedentia de Levitico sacerdotio loquuntur et significant Leviticum Pontificatum fuisse imaginem Pontificatus Christi. Nam sacrificia Levitica pro peccatis non merebantur remissionem peccatorum coram Deo, tantum erant imago sacrificii Christi, quod unum futurum erat propitiatorium sacrificium, ut supra diximus. Itaque Epistola magna ex parte consumitur in hoc loco, quod vetus Pontificatus et vetera sacrificia non fuerint ad hocn [M8r] instituta, ut mererentur remissionem peccatorum coram Deo seu reconciliationem, sed tantum ad significandum futurum sacrificium unius Christi. Oportuit enim sanctos in veteri testamento iustificari fide ex promissione remissionis pecca-
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iis Vg Clem. | m – m Levitica politia lat. 4° (1531) | n haec lat. 4° (1531)
600
Vgl. Dan 2,32; 11,38. | 601 Hebr 5,1 | 602 Vgl. Hebr 5,5f. 10.
inquit ad Hebraeos 3 [5,1]: Omnis pontifex ex hominibus assumptus pro hominibus constituitur in his, quae sunt ad deum, ut offerat dona et sacrificia pro peccatis. Cum autem pontificatus externus non cessaverit in nova lege, sed mutatus sit in meliorem. Ergo et hodie pontifex et totum sacerdotium offeret in ecclesia sacrificium externum, quod non est nisi unum, eucharistia scilicet“ (deutsch: ebd., 166,3–10). | 1123 nahezu
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und gnade verheissen ward, gleich wie wir im neuen Testament durch den glauben an Christum, der da offenbart ist, gnad erlangen. | Denn alle gleubigen von anbegin haben gegleubt, das ein opffer und bezalung fur die sunde geschehen würde, nemlich Christus, wilcher künfftig und verheissen war, wie Esaias am liii. sagt: „Wenn er sein yseel wird geben [als] ein schuldopffer fur die sundey“1124 etc. So nu im alten Testament durch die opffer niemands hat erlangt vergebung der sunde, denn alleinυ sie haben bedeut das einig opffer Christi, so folget, das allein ein einiges opffer ist, nemlich Christus, wilcher fur aller welt sunde bezalt und gnuggethan hat. Derhalben ist im neuen Testament furder1125 auch kein ander opffer zu machen, dadurch die sunde bezalet werden, denn allein der einig tod Christi, so am creutz einmal geopffert ist.
[Ee2v] Darümb, wenn sie so sagen, es müsse im neuen Testament ein priester sein, der da opffertφ, so ist das allein von Christo nachzugeben und zu verstehen. Und darauff dringet und stimmet starck die gantz Epistel zu den Ebreern. Und das hies auch gar andere mitler darstellen und eindringen neben Christo, wenn wir ein ander satisfaction fur die sunde zuliessen und versünung denn denχ tod Christi. Und dieweil das Priesterthumb des neuen Testaments ein ampt ist, dadurch der heilig geist wirckt,1126 kan kein opffer sein, das ex opere operato andern helff. Denn wo nicht eigner glaub und leben durch den heiligen geist gewirckt wird, kan mich eines andern opus operatum nicht from und selig machen. Darümb kan die Mess nicht fur andere gelten, das ist ja klar und gewis.
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Wir haben nu ursach angezeigt, warümb die Messe niemands fur Gott gerecht mache ex opere operato, warümb auch Messen fur andere nicht können gehalten werden, Denn beides ist stracks widder den glauben und die lere von Christo. Denn es ist unmüglich, das sunde solten vergeben werden odder das die schrecken des tods, der helle solten durch eins andern werck y–y υ
Leben zum Schuldopfer gegeben hat L45
in dt. 8° (1533) nach haben | (1533) 1124
φ
danach: fur die sund dt. 8° (1533) |
χ
danach: einigen dt. 8°
Jes 53,10 | 1125 fortan | 1126 Vgl. II Kor 3,6.
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torum donandae propter Christum, sicut et sancti in novo testamento iustificantur. Omnes sanctos ab initio mundi sentire oportuit hostiam et satisfactionem fore pro peccato Christum, qui promissus erat, sicut Esaias docet Cap. 53.: Cumo posuerit animam suam hostiam pro peccato603 etc.
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Cum igitur in veteri testamento sacrificia non mererentur reconciliationem nisi similitudine quadam – Merebantur enim reconciliationem politicam –, sed significarent venturum sacrificium, Sequitur unicum esse sacrificium Christi applicatum pro aliorum peccatis. Nullum igitur reliquum est in novo testamento sacrificium applicandum pro peccatis aliorum praeter unum Christi sacrificium in cruce. | Tota via errant, qui fingunt sacrificia Levitica coram Deo meruisse remissionem peccatorum. Et hoc exemplo sacrificia applicandaγ pro aliis in novo testamento requirunt praeter mortem Christi. Haec imaginatio simpliciter obruit meritum pas[M8v]sionis Christi et iustitiam fidei et corrumpit veteris et novi testamenti doctrinam et pro Christo alios mediatores et propitiatores nobis efficit Pontifices et sacrificulos, qui quotidie vendunt operam suam in templis. Quare si quis ita argumentatur oportere in novo testamento Pontificem esse, qui pro peccatis offerat, tantum de Christo concedendum est. Et hanc solutionem confirmat tota Epistola ad Ebreos. Et id prorsus esset alios mediatores constituere praeter Christum, si aliam satisfactionem applicandam pro peccatis aliorum et reconciliantem Deum praeter mortem Christi requireremus. Deinde quia sacerdotium novi testamenti est ministerium spiritus, ut docet Paulus 2. Corinth. 3.,604 Ideo unicum habet sacrificium Christi satisfactorium et applicatum pro peccatis aliorum. Ceterum nulla habet sacrificia similia Leviticis, quae ex opere operato applicari pro aliis possint, sed exhibet aliis Evangelium et Sacramenta, ut per haec concipiant fidem et spiritum sanctum et mortificentur et vivificentur, quia ministerium spiritus pugnat cum applicatione operis operati. Est enim ministerium spiritus, per quod spiritus sanctus efficax [N1r] est in cordibus, quare habet tale ministerium, quod ita prodest aliis, cum in eis efficax est, cum regenerat et vivificat eos. Id non fit applicatione alieni operis pro aliis ex opera operato. Ostendimus rationem, quare Missa non iustificet ex opere operato nec applicata pro aliis mereatur eis remissionem, quia utrumque pugnat cum iustitia fidei. Impossibile est enim remissionem peccatorum contingere, vinci terrores peccati et mortis ullo opere aut ulla re nisi fide in Christum iuxta illud:
o
Si Vg Clem.
γ
appellanda lat. 4° (1540)
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Jes 53,10 | 604 Vgl. II Kor 3,6.
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uberwunden werden denn allein durch den glauben an Christum, wie der spruch laut zu den Römern am v.: „Soz wir gerecht ψsein worden,ψ haben wir fride mit Gott“1127 etc. [Ee3r] Dazu haben wir angezeigt, das die sprüche der schrifft, wilche man widder uns anzeucht, auch nichts beweisen vor1128 die Heidnisch und Antichristische lere der widdersacher vom opere operato. Und das können nu alle Gottförchtige, erbare leute inn aller welt, inn allen Nationen mercken und urteilen. Darümb ist zu verwerffen der irthumb Thomae, der da schreibt, das der leib des Herrn einmal am Creutz geopffert sey fur die erbsunde und werde teglich fur die teglichen sunde geopffert auff dem altar, das also die kirche habe seinω opffer, teglich Gott zu versünen.1129 Auch sind die andern irthumb zu verwerffen, das die Messe zugutkomme ex opere operato dem, der sie heltet, Item, wenn man Mess heltet fur andere, die nicht „obicem“ setzen, wenn sie gleich Gottlos sein, das dieselbigen vergebung der sunde und erlösung von pein und schuld erlangen. Das alles sind eitel irthumb und falsch und von eitel ungelerten, heilosen Mönchen ertichtet, die dochα vom Evangelio, von Christo und dem glauben gar βnichts wissen.β Aus diesem irthumb von solchen misbreuchen der Messen sind unzelich andere erwachsen, nemlich das sie disputirn, ob ein Mess, wenn sie fur viel gehalten wird, auchγ krefftig sey, als wenn ein jde person ein eigen Messe fur sich halten lesset. Aus dieser disputation δsind die Messen gewachssen und jhe höher verkaufft worden.δ Weiter, so halten sie noch Messe fur die tod[Ee3v]ten, zu erlösen die seelen aus dem fegfeuer (welchs ein schendlich jarmarckt ist), so doch | das Sacrament widder den lebendigen noch todten nütze ist one den glauben. Und die widdersacher können aus der schrifft nicht einen buchstaben, nicht eine syllaben furbringen zu bestettigung der treume und fabeln, wilche sie doch one alle scheu und scham mit grossem geschrey in grossem ansehen predigen, so sie doch darüber widder der Kirchen noch der Veter zeugnis haben. Darumb sind es heilose, verblente leute, welche die offentlichen warheit Gottes wissentlich verachten und mit füssen tretten.
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Was die alten lerer odder Veter vom opffer schreiben Nachdem wir die sprüche, so die widdersacher aus der schrifft angezogen, recht ausgelegt und verantwort haben, so müssen wir auch auff der alten Veter sprüche, wilche sie anzihen, antworten. Wir wissen wol, das die Veter z
Nun L45
ψ – ψ werden durch glauben, dt. 8° (1533); sind worden L45 | ω ein CR und dt. 8° (1533) | α nicht in dt. 8° (1533) | β – β nicht gewisst haben. dt. 8° (1533) | γ so dt. 8° (1533) | δ – δ ist gefolget, das der Messen sehr viel worden ist und das sie höher verkaufft sind. dt. 8° (1533) 1127
Röm 5,1 | 1128 für, zugunsten von | 1129 Vgl. Ps.-Thomas von Aquin, De venerabili sacramento altaris I (Opusculum 51), in: FT 28, 184.
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Iustificati ex fide pacem habemusp.605 Ad haec ostendimus scripturas, quae contra nos citantur, minime patrocinari impiae opinioni adversariorum de opere operato. Idque iudicare omnes boni viri apud omnes gentes possunt. Quare repudiandus est error Thomae, qui scripsit corpus Domini semel oblatum in cruce pro debito originali qiugiter offerri pro quotidianis delictis in altari, utq habeat in hoc Ecclesia munus ad placandum sibi Deum.606 Repudiandi sunt et reliqui communes errores, quod Missa conferat gratiam ex opere operato facienti, Item quod applicata pro aliis etiam iniustis non ponentibus obicem | mereatur eis remissionem peccatorum culpae et poenae. Haec [N1v] omnia falsa et impia sunt, nuper ab indoctis Monachis conficta et obruunt gloriam passionis Christi et iustitiam fidei.
Et ex his erroribus infiniti alii nati sunt, quantum Missae valeant applicatae simul pro multis, quantum valeant singulae pro singulis. Sophistae habent descriptos gradus meritorum sicut argentarii gradus ponderum in auro aut argento. Deinde vendunt Missam tamquam pretium ad impetrandum, quod quisque expetit: Mercatoribus, ut felix sit rnegotiatio, venatoribus, ut felix sit venatio.r Et alia infinita. Postremo transferunt eam et ad mortuos, liberant animas applicatione sacramenti a poenis purgatorii, cum sine fide nec vivis Missa prosit. Neque ex scripturis adversarii afferre vel unam syllabam possunt ad defensionem istarum fabularum, quas in Ecclesia magna auctoritate docent. Neque Ecclesiae veteris neque Patrum testimonia habent.
Quid patres de sacrificio senserint Et quoniam loca Scripturae, quae contra nos citantur, explicavimus, de Patribus etiam re[N2r]spondendum est. Non ignoramus Missam a Patribus appel-
p habeamus Vg Clem. | 184 | r – r negotiatio. CR 605 Röm 5,1 | FT 28, 184.
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q–q
sic offeratur iugiter pro nostris quotidianis delictis in altari et FT 28,
Ps.-Thomas von Aquin, De venerabili sacramento altaris I (Opusculum 51), in:
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die Messe ein opffer nennen. Aber der Veter meinung ist nicht, das man durch Messehalten ex [Ee4r] opere operato vergebung der sunde erlange odder das man Messe halten solle fur lebendige und todte, ihnen vergebung der sunde, ablas von pein und schuld zu erlangen. Denn sie werden nimmermehr beweisen, das von solchem greuel widder alle schrifft die Veter etwas geleret, sondern der Veter bücher reden von dancksagung und danckopffer, darumb nennen sie die Messe „Eucharistian“.1130 Wir haben aber hie oben angezeigt, das die danckopffer uns nicht vergebung der sunde erlangen, sondern geschehen von denjhenigen, die schon versünet sein durch den glauben an Christum. Gleich wie creutz und trübsal nicht versünung gegen Gott verdienen, sondern sind danckopffer, wenn diejhenigen, so versünet sein, solch trübsal tragen und leiden. Und diese kurtze wort sind antwort gnug widerε die sprüche der Veter, schützen uns auch gnug wider unser widdersacher. Denn es ist gewis, das die treume voma opere operato nirgent inn der Veter büchern odder schrifften funden werden.1131 Aber damit diese gantze sache und handel von der Messe deste klerer zu verstehen sey, so wollen wir auch vom rechten brauch des Sacraments reden und [das] also, wie es inn der heiligen schrifft und in allen schrifften der Veter auch zu finden.
[Ee4v] Von rechtem brauch des Sacraments und von dem opffer.
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cj.: von; von CR
ε
auff dt. 8° (1533) | ζ – ζ dt. 8° (1533): s. QuM I, 757,28–758,5 [sey nicht ... der Sacrament.]
So zuerst Did 9,1. | 1131 Vgl. CA XIII, o. S. 108f; vgl. auch o. S. 108, Anm. 67. | Zwingli; vgl. hierzu o S. 248, Anm. 33. | 1133 sich
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Etliche furwitzige gelarte1132 ertichten inen1133 selbst, das Abendmal ζdes Herrn sey umb zweierley ursachen willen eingesetzt: Erstlich, das es sey ein losung und zeichen eins ordens, wie die Mönchskappen irer orden unterschied und zeichen sein. Darnach gedencken sie, Christus habe sonderlich wolgefallen, dieselbige losung durch ein essen oder Abendmal zu geben oder anzurichten, das er anzeigt die freundschafft brüderlicher verwantnis, so untern Christen sein sol, Denn miteinander essen und trincken ist ein zeichen der freundschafft. Aber das ist ein menschlicher gedanck und zeigt nicht den rechten brauch des Sacraments an. Da wird allein von liebe und freundschafft gered, wilchs weltliche leute auch verstehen. Da ist aber vom glauben nichts gered odder von der verheissung Gottes, wilchs das gröst ist, wilcher glaube ein viel höher, grösser ding ist, denn man gedenckt.ζ
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lari sacrificium, sed hi nons volunt Missam ex opere operato conferre gratiam et applicatam pro aliis mereri eis remissionem peccatorum culpae et poenae. Ubi leguntur haec portenta verborum apud Patres? sed aperte testantur se de gratiarum actione loqui. Ideoque vocant εὐχαριστίαν. Diximus autem supra sacrificium εὐχαριστικὸν non mereri reconciliationem, sed fieri a reconciliatis, sicut afflictiones non merentur reconciliationem, sed tunc sunt sacrificia εὐχαριστικὰ, quando reconciliati sustinent eas.
Et hoc responsum in genere ad Patrum dicta satis tuetur nos contra adversarios. Certum est enim illa figmenta de merito operis operati nusquam exstare apud Patres. Sed ut tota causa magis perspici possit, dicemus et nos de usu sacramenti ea, quae certum est, consentanea esse Patribus et Scripturae.
De usu sacramenti et de sacrificio
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Quidam belli homines fingunt coenam Domini institutam esse propter duas causas. Primum, ut sit nota et testimonium professionis, [N2v] sicut certa | forma cuculli est signum certet professionis. Deinde cogitant praecipue talem notam Christo placuisse videlicet convivium, ut significaret mutuam inter Christianos coniunctionem atque amicitiam, quia symposia sunt signa foederum et amicitiae. Sed haec opinio est civilis nec ostendit praecipuum usum rerum a Deo traditarum. Tantum de caritate exercenda loquitur, quam homines prophani et civiles utcumque intelligunt. De fide non loquitur; quae quid sit, pauci intelligunt.
s
danach: hoc lat. 4° (1531) | t certae lat. 4° (1531), lat. 8° (1542/1559/1580); certe lat. 4° (1540)
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Dieη Sacramente aberθ sindι zeichen κdes Göttlichenκ willens gegen uns λund sind nicht allein losungen odder zeichen, dabey sich die leute kennen, und diejhenigen sagen recht, die da sagen:λ [Ff1r] Die Sacramenta sind „signa gratiae“, das ist, die Sacrament sind zeichen μder gnade.μ 1134 Und dieweil im Sacrament zwey dinge seinν, das eusserlich zeichen und das wort, So ist im neuen Testament das wort, die verheissung der gnade, wilche dem zeichen angehefft ist. Und dieselbige verheissung im neuen Testament ist ein verheissung der vergebung der sunde, wie der Text sagt: „Das ist mein leib, der fur euch geben wird. Das ist der kilch bdes neuen Testamentsb inn meinem blut“1135, „wilchs vergossen wird fur viele, zur vergebung der sundec.“1136 Das wort beutet uns an vergebung der sunde. Das eusserlich zeichen ist wie ein sigel und bekrefftigung der wort und verheissung, wie es Paulus auch nennet.1137 Darümb, wie die verheissung vergeblich ist, wenn sie nicht durch den glauben gefast wird, Also ist auch die Ceremonia odder eusserlich zeichen nicht nütz, es sey denn der glaub da, wilcher warhafftig dafur | helt, das uns vergebung der sunde widderferet. Und derselbige glaub tröstet die erschrockenen gewissen. Und wie Gott die verheissung gibt, solchen glauben zu erwecken, also ist auch das eusserlich zeichen daneben geben und fur die augen gestelt, das es die hertzen zu gleuben bewege und den glauben stercke. Denn durch die zwey, durchs wort und eusserlich zeichen, wircket der heilige geist. Und dis ist der rechte brauch des heiligen Sacraments, wenn durch den glauben an die Göttlichen verheissung die erschrockenen gewis[Ff1v]sen werden widder auffgericht. Und das ist der rechte Gottesdienst im neuen Testament. Denn im neuen Testament gehet der höchst Gottesdienst innwendig im hertzen zu, das wir nach dem alten Adam getödtet werden und durch den heiligen geist neu geborn werden, und dazu hat auchξ Christus das Sacrament eingesetzt, da er sagt: „Solchs thut zu meinem gedechtnis.“1138 Denn solchs zu Christi gedechtnis thun ist nicht ein solch ding, das allein mit geberden und wercken zugehet, allein zu einer erinnerung und zu einem Exempel, wie man inn Historien Alexandri und dergleichen gedenckt etc., sondern heist daο Christum recht erkennen, Christi wolthat suchen und begeren. Der glaub nud, der da erkennet die uberschwenckliche gnade Gottes, der macht lebendig. b–b
das neue Testament L45 | c Sünden L45 | d cj.: nn; nu CR
η
Denn die dt. 8° (1533) | θ nicht in dt. 8° (1533) | ι danach: nicht allein zeichen des standes, dabey sich die leut untereinander kennen, wie sich das kriegsvolck bey einer lösung kennet, Sondern es sind viel mehr dt. 8° (1533) | κ – κ Göttliches dt. 8° (1533) | λ – λ und ist recht gesagt: dt. 8° (1533) | μ – μ damit Gott anzeiget, er wolle uns gnedig sein. dt. 8° (1533) | ν sind dt. 8° (1533) ξ nicht in dt. 8° (1533) | ο das dt. 8° (1533) 1134
Vgl. CA IV, o. S. 98f. Formal ähnlich auch Thomas von Aquin, Summa theologiae III q. 62. art. 1 ad 1, in: L 12,20. | 1135 Lk 22,19f; vgl. I Kor 11,24f; Mt 26,26.28; Mk 14,22.24. | 1136 Mt 26,28; vgl. Mk 14,24; Lk 22,20 | 1137 Vgl. Röm 4,11. | 1138 I Kor 11,24; vgl. Lk 22,19.
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Sacramenta sunt signa voluntatis Dei erga nos, non tantum signa sunt hominum inter sese.607 Et recte definiunt sacramenta in novo testamento esse signa gratiae, Et quia in sacramento duo sunt: Signum et Verbum. Verbum in novo testamento est promissio gratiae addita signou. Promissio novi testamenti est promissio remissionis peccatorum, sicut Textus hic dicit: Hoc est corpus meum, quod pro vobis datur. Hic est calix vnovi testamenti cumv sanguine meo,608 qui pro multis effundetur in remissionem peccatorum.609 Verbum igitur offert remissionem peccatorum. Et ceremonia est quasi pictura verbi seu sigillum, ut Paulus vocat,610 ostendens promissionem. Ergo sicut promissio inutilis est, nisi fi[N3r]de accipiatur, ita inutilis est ceremonia, nisi fides accedat, quae vere statuat hic offerri remissionem peccatorum. Et haec fides erigit contritas mentes. Et sicut verbum ad hanc fidem excitandam traditum est, Ita sacramentum institutum est, ut illa species incurrens in oculos moveat corda ad credendum. Per haec enim videlicet per verbum et sacramentum operatur spiritus sanctus.
Et talis usus sacramenti, cum fides vivificat perterrefacta corda, cultus est novi testamenti, quia novum testamentum habet motus spirituales: mortificationem et vivificationem. Et ad hunc usum instituit Christus, cum iubet facere in sui commemorationem.611 Nam meminisse Christi non est otiosa spectaculi celebratio aut exempli causa instituta, sicut in Tragoediis celebraturw memoria Herculis aut Ulyssis. Sed est meminisse beneficia Christi eaque fide accipere, ut per ea vivificemur. Ideo Psalmus ait: Memoriam fecit mirabilium suorum misericors et miserator Dominus. Escam dedit timentibus se.612 Significat enim voluntatem et misericordiam Dei agnoscendam esse in illa ceremonia. Illa autem fides, quae agnoscit misericordiam, vivificat.
u
nicht in lat. 4° (1531) | v – v novum testamentum in Vg Clem. | w celebrabatur lat. 4° (1531)
607
Vgl. CA XIII, o. S. 108f. | 608 Lk 22,19f; I Kor 11,24f; Mt 26,26.28; Mk 14,22.24 | 609 Mt 26.28; vgl. Mk 14,24; Lk 22,20. | 610 Vgl. Röm 4,11. | 611 Vgl. Lk 22,19; I Kor 11,24. | 612 Ps 111 (Vg 110),4f
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Und das ist der furnemeste brauch des Sacraments, daran wol zu mercken, wilche recht geschickt sein zu dem Sacrament, nemlich die erschrockene gewissen, wilche ihre sunde fülen, fur Gottes zorn πund urteilπ erschrecken und sich nach trost senen. Darümb sagt der Psalm: „Er hat ein gedechtnis gemachte seiner wunder, der gnedige und barmhertzige Herre, Er fhat speise gebenf denen, so ihnen fürchten.“1139 Und der glaube, der da erkennet solche barmhertzigkeit, der macht lebendig, und das ist der rechte brauch des Sacraments. Da ist denn auch und findet sich das danckopffer odder dancksagung. Denn wenn das hertz [Ff2r] und gewissen entpfindet, aus was grosser not, angst und schrecken es erlöset ist, so dancket es aus hertzengrunde fur so grossen, unsaglichen schatz und braucht auch der Ceremonien odder eusserlichen zeichen zu Gottes lobe und erzeigt sich, das es solch Gottesgnade mit danckbarkeit anneme, gros und hoch achte. Also wird die Messe ein danckopffer odder opffer des lobes. Und also reden die Veter davon, von zweierley effect odder nutze des Sacraments: Erstlich, das dadurch die gewissen getröstet werden, Zum andern, das Gott lob und danck gesagt wird. Das erst gehört | eigentlich zum rechten brauch des Sacraments, das ander zu dem opffer. Vom trost sagt Ambrosius: „Gehet zu ihm, das ist zu Christo, und entpfahet gnade etc. Denn er ist die vergebung der sunde. Fraget ihr aber, wer er sey? Höret ihnen selbst reden: ‚Ich bin das brot des lebens. Wer zu mir kömpt, den wird nicht hungern, und wer an mich gleubet, den wird nichtg dürsten‘1140.“1141 Da zeigt er an, das mit dem Sacrament angeboten wird vergebung der sunde; er sagt auch, man sol solchs mit dem glauben fassen. Man find der sprüch unzelich inn der Veter büchern, wilche die widdersacher alle auff das opus operatum und auff das Messehalten, so fur ander geschihet, deuten, So doch die Veter vom glauben an die verheissung Gottes und von dem trost, den die gewissen entpfangen, reden und de applicatione gar nichts sagen. [Ff2v] Darüber findet man sprüche inn den Väternh von dancksagung, wie denn Ciprianus fast1142 lieblich redet vom Christlichen Communicirn: Ein Christlich hertz (sagt er) teilet seinen danck auff einem teil vor1143 den geschanckten schatz, auffs ander teil fur die vergebenen sunde und dancket fur so reiche gnade.1144 Das ist ein Christlich hertz, das ρsihet an, was ihm geschanckt ist in Christo und was ihm auch fur grosse schuld aus gnaden verlassen ist,ρ heltet gegenander unsern jammer und die grosse barmhertzigkeit Gottes und danckt Gott etc.σ Und daher ist es „Eucharistia“ genent inn der kirchen. Darümb ist die Messe nicht ein solche dancksagung, die man ex opere operato fur ander thun odder halten solle, ihnen vergebung der sunde
e
gestiftet L45 | f – f gibt Speise L45 | g nimmermehr L45 | h cj.: Veter; Vetern CR
π – π nicht in dt. 8° (1533) | ρ – ρ nicht in dt. 8° (1533) | σ danach: das er unser sund und ewigen tod wegnimmet und dagegen gibt trost, hülff und ewiges leben. dt. 8° (1533)
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Et hic principalis usus est sacramenti, in quo apparet, qui sint idonei ad sacramentum videlicet perterrefactae [N3v] conscientiae et quomodo uti debeant. | Accedit et sacrificium. Sunt enim unius rei plures fines. Postquam conscientia fide erecta sensit, ex qualibus terroribus liberetur, tum vero serio agit gratias pro beneficio et passione Christi et utitur ipsa ceremonia ad laudem Dei, ut hac oboedientia gratitudinem ostendat et testatur se magnifacere dona Dei. Ita fit ceremonia sacrificium laudis.
Ac Patres quidem de duplici effectu loquuntur: de consolatione conscientiarum et de gratiarum actione seu laude. Horum effectuum prior ad sacramenti rationem pertinet, posterior pertinet ad sacrificium. De consolatione ait Ambrosius: Accedite ad eum et absolvimini, quia est remissio peccatorum. Qui sit iste, quaeritis. Audite ipsum dicentem: Ego sum panis vitae; qui venit ad me, non esuriet; et qui credit in me, non siciet umquam.613 Hic testatur in sacramento offerri remissionem peccatorum, testatur et fide accipi debere. Infinita testimonia leguntur in hanc sententiam apud Patres, quae omnia detorquent adversarii ad opus operatum et applicandum pro aliis, cum Patres aperte requirant fidem et de propria cuiusque consolatione loquantur, non de applicatione.
Praeter haec [N4r] leguntur et sententiae de gratiarum actione, qualis illa est suavissime dicta a Cypriano de pie communicantibus: Pietas, inquit, inter data et condonatax se dividens, gratias agit tam uberis beneficii largitori,614 id est, pietas intuetur data et condonata, hoc est, confert inter se magnitudinem beneficiorum Dei et magnitudinem nostrorum malorum, mortis et peccati, et agit gratias etc. Et hinc exstitit appellatio εὐχαριστίας in Ecclesia. Neque vero
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condonando PL
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Ambrosius von Mailand, Expositio de Psalmo CXVIII (zu Ps 118,141; Sermo 18,28), in: PL 15, 1538 = Joh 6,35. | 614 Ernald von Bonneval, Liber de cardinalibus operibus Christi usque ad ascensum VI, in: PL 189, 1647. 1139
Ps 111 (Vg 110),4f | 1140 Joh 6,35 | 1141 Vgl. Ambrosius von Mailand, Expositio de Psalmo CXVIII (zu Ps 118,141; Sermo 18,28), in: PL 15, 1538. | 1142 sehr, ganz | 1143 für | 1144 Vgl. Ernald von Bonneval, Liber de cardinalibus operibus Christi usque ad ascensum VI, in: PL 189, 1647.
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zu erlangen, Denn solchs were stracks wider den glauben, τgleich alsτ die Messe oder die eusserlich Ceremonie one den glauben jmandsυ from und selig machetφ.
Von dem wort Messe
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Hie ist zu sehen, wilche grobe Esel unser widdersacher sind. Sie sagen das wort „Missa“ kome von dem wort „Misbeach“, das ein altar heist.1145 Daraus sol folgen, das die Mess ein opffer sey, denn auff dem altar opffert man. Item, das [Ff3r] wort „Liturgia“, wie die Grecken die Mess nennen, sol auch ein opffer heissen.1146 Darauff wöllen wir kurtz antworten: Alle welt sihet, das aus diesen gründen dieser Heidnisch und Antichristisch irthumb nicht folgen müsse, das die Mess helff „ex opere operato sine bono motu utentis“. Darümb sind sie Esel, das sie inn solcher groswichtigen sach so ungereumet ding furbringen. Auch so wissen die Esel kein Grammatica, Denn Missa und Liturgia heissen nicht opffer. Missa heist Hebraisch ein zusamengetragen steuer, Denn also ist etwa die weis gewesen, das die Christen speis und tranck zugut den armen inn die versamlung gebracht haben. Und solche weis ist von Jüden herkomen, die auff ihre fest musten solche steuer bringen, die nenneten sie Missa.χ So heisset „Liturgia“ Grekisch eigentlich ein ampt, darin man der gemein dienet. Das schickt sich wol auff unser lar, das der priester da als τ–τ
nemlich, das dt. 8° (1533) | υ danach: helffe dt. 8° (1533) | φ mache dt. 8° (1533) | χ danach: und [dies] ist eine rechte, freundliche und löbliche Ceremonia gewesen, zugut den priestern und armen geordnet, welchen dadurch geholffen wurde. Solche weis ist hernach inn das geltopffer verwandelt, das man den priestern auff den altar bringet. dt. 8° (1533) 1145
Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio, 171,1–3: „Denique missam sacrificium vis vocabulorum ostendit, quoniam ‚missa‘ nihil aliud est quam oblatio, et altare ab Hebreo vocabulo ‚misbeach‘, Graece vero ‚thysiastírion‘ propter oblationem nomen accepit“ (deutsch: ebd., 170,1–4). | 1146 Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio, 167,8–12: „Huic loco servire et accomodari potest, quod in Actis Apostolorum legitur cap. decimo iuxta novam translationem: Barnabas, Simon, Lucius, Cyrenaeus, Manahes et Saulus sacrificaverunt, hoc est obtulerunt; quod non de oblatione idolis facta, verum de missa, cum Graecis ‚litturgia‘ vocetur, potest ac debet merito intelligi“ (deutsch: ebd., 166,10–15). y
ut Vg Clem. | z mysteriorum Vg Clem. | a – a Pro Christo Vg Clem. | b – b exhortante; obsecramus pro Christo Vg Clem. | c cj.: ff.; ff. lat.4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559/1580) | d ἀνέσται DIA 2, 919,11 δ
ratio lat. 4° (1540)
615 σύναξις = Eucharistie. Vgl. etwa Pseudo-Dionysius Areopagita, De ecclesiastica hierarchia III, 1, in: PG 3, 424. Häufiger jedoch wird σύναξις im Sinne von „Versammlung“ gebraucht; vgl. LS, 1696 s.v. σύναξις. | 616 I Kor 4,1 | 617 II Kor 5,20 | 618 Demosthenes, Oratio ad Leptinem 1, 6f. 619 D. 50,6,6,2: in: DIA.M 2, 919,8f. 11. | 620 Ulpian, Commentarii in Demosthenes: Oratio adversus Leptinem CDXCIV, 26, in: Demosthenes, Scholia Graeca ex codicibus aucta et emendata. Bd. 9, hg. v. Wilhelm Dindorf, Oxford 1851, 512. | 621 Vgl. II Kor 9,12. | 622 Phil 2,25 | 623 „Leitur-
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ceremonia ipsa est gratiarum actio ex opere operato applicanda pro aliis, ut mereatur eis remissionem peccatorum etc., ut liberet animas defunctorum. Haec pugnant cum iustitia fidei, quasi ceremonia sine fide prosit aut facienti aut aliis. 5
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De vocabulis missae Adversarii revocant nos etiam ad Grammaticam, sumunt argumenta ex appellationibus Missae, quae non habent opus longa disputatione. Non enim sequitur Missam, etiamsi vocatur sacrificium, opus esse ex opere operato gratiam conferens aut applicatum pro aliis mereri eis remissionem peccatorum etc. λειτουργία, inquiunt, significat sacrificium. Et Graeci Missam appellant litur[N4v]giam. Cur hic omittunt appellationem veterem Synaxis615, quae ostendit Missam olim fuisse multorum communicationem? Sed dicamus de Liturgia. Ea vox non significat proprie sacrificium, sed potius publicum ministerium et apte quadrat ad nostram sententiam, quod videlicet unus minister consecrans re|liquo populo exhibet corpus et sanguinem Domini, sicut unus minister docens exhibet Evangelium populo, sicut ait Paulus: Sic nos existimet homo tamquamy ministros Christi et dispensatores sacramentorumz Dei,616 hoc est, Evangelii et sacramentorum. Et 2. Corinth. 5.: aPropter causam Christia legatione fungimur tamquam Deo per nos badhortante; rogamus Christi causab, reconciliamini etc.617 Ita apte quadrat nomen λειτουργία ad ministerium. Est enim vetus verbum usurpatum in publicis ministeriis civilibus ac significat Graecis onera publica sicut tributum sumptum instruendae classis aut similia, ut testatur oratioδ Demosthenis πρὸς Λεπτίνην, quae tota consumitur in disputatione de publicis muneribus et immunitatibus: φήσει δὲ ἀναξίους τινὰς ἀνθρώπους εὑρομένους ἀτέλειαν ἐκδεδοκέναι τὰς λειτουργίας,618 id est, dicet indignos quosdam homines inventa immunitate detrectare publica onera. Et sic Romanis tem[N5r]poribus locuti sunt, ut ostendit rescriptum Pertinacis Digestisc de iure immunitatis, L[ex] Semper: εἰ καὶ μὴ πασῶν λειτουργιῶν τοὺς πατέρας ὁ τῶν τέκνων ἀριθμὸς ἀνεῖταιd.619 [Inquit:] Etsi non liberat parentes omnibus oneribus publicis numerus natorum. Et Commentarius Demosthenis scribit λειτουργίαν genus esse tributorum, sumptus ludorum, sumptus instruendarum navium, curandi gymnasii et similium publicarum curationum.620 Et Paulus pro collatione usurpavit 2. Corinth. 9.: Officium huius collationis non solum supplet ea, quae desunt sanctis, Sed etiam efficit, ut plures Deo ubertim agant gratias etc.621 Et Philippenses 2. appellat Epaphroditum λειτουργὸν ministrum necessitatis suae,622 ubi certe non potest intelligi sacrificulus. Sed nihil opus est pluribus testimoniis, cum exempla ubique obvia sint legentibus Graecos scriptores, in quibus λειτουργία usurpatur pro publicis oneribus civilibus seu ministeriis.623 Et propter gia“ ist Dienstleistung für die Allgemeinheit. Vgl. Hans-Jürgen Feulner, Art. Liturgie, in: NP 7, 358–363.
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ein gemeiner diener denjhenigen, so Communicirn wöllen, dienet und das heilig Sacrament reichet. Etliche meinen, „Missa“ kom nicht aus dem Hebraischen, sondern sey als viel als „remissio“, vergebung der sunde. Denn so man Communicirt hat, hat man gesprochen: „Ite, missa est“, Zihet hin, ihr habt vergebung der sunde.1147 Und das dem also sey, zihen sie an, das man bey den Grecken gesprochen hat: „Lais aphesis“1148, das ist auch soviel [wie]: ihnen ist verzigen1149. Wo dem also, were dieses ein feiner verstand, denn es sol allezeit bey dieser [Ff3v] Ceremonien vergebung der sunden geprediget und verkündiget werden; doch ist diesem handel wenig geholffen, das wort „Missa“ heis, was es wol.
1147
Das Wort „Missa“ ist nicht als Verbalform zu erklären; weder wie oben noch in dem Sinne, wie die Schlussformel der Messe lange gedeutet wurde: Ite, missa est (sc. contio). Es handelt sich um ein Substantiv im Sinne von „Entlassung“. | 1148 Vgl. die dimissio der Chrysostomusliturgie, in: BL 1, 399,6–30. | 1149 verziehen ε
nicht in lat. 8° (1542/1559)
624 Es wird abgeleitet von λήϊτον (von λαός, Volk); λεῖτον ist ungebräuchlich. | 625 Vgl. Confutatio XXIV, in: Immenkötter, Confutatio, 171,2: „[…] et altare ab Hebraeo vocabulo ‚misbeach‘ […]“ (deutsch: ebd., 170, 2f). | 626 Vgl. Dtn 16,10. | 627 Constitutiones Apostolorum VIII, 47,1–5, in: Didascalia et Constitutiones Apostolorum, hg. v. Franz Xaver von Funk, Paderborn 1905, 565. | 628 Ein liturgisch gestaltetes Gemeindemahl. Der Terminus begegnet erstmals Jud 12 und im Brief des Ignatius an Smyrna (vgl. Christoph Markschies, Art. Agape, in: NP 1,
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diphthongum Grammatici non deducunt a λιτὴ, quod significat preces, Sed a publicis bonis, quae vocant λεῖτα, ut sit λειτουργέω curo, tracto publica bona.624 Illud est ridiculum, quod argumentantur altaris mentionem fieri in sacris litteris, quare necesse [N5v] sit Missam esse sacrificium, cum parabola altaris per similitudinem a Paulo citetur. Et Missam fingunt dictam ab altari xbzm625. Quorsum opus erat tam procul accersere etymologiam, nisi volebant ostentare scientiam Ebraicae linguae? Quorsum opus est procul quaerere etymologiam, cum exstet no|men Missa Deutero. 16., ubi significat collationes seu munera populi, non oblationem sacerdotis.626 Debebant enim singuli venientes ad celebrationem Pascae aliquod munus, quasi symbolam afferre. Hunc morem initio retinuerunt et Christiani. Convenientes afferebant panes, vinum et alia, ut testantur Canones Apostolorum.627 Inde sumebatur pars, quae consecraretur. Reliquum distribuebatur pauperibus. Cum hoc more retinuerunt et nomen collationum: Missa. Et propter tales collationes apparet etiam alicubi Missam dictam esse ἀγάπην, nisi quis mavult ita dictam esse propter commune convivium,628 sed omittamus has nugas. Ridiculum est enim adversarios in re tanta adeo leves coniecturas afferre. Nam etiam si Missa dicitur oblatio, quid facit vocabulum ad illa somnia de opere operato et applicatione, quam fingunt aliis mereri remissionem peccatorum? Et potest oblatio dici propterea, quia ibi offeruntur ora[N6r]tiones, gratiarum actiones et totus ille cultus, sicut et εὐχαριστία dicitur. Verum neque ceremoniae neque orationes ex opere operato sine fide prosunt. Quamquam nos hic non de orationibus, sed proprie de coena Domini disputamus. Graecus Canon etiam multa dicit de oblatione, sed palam ostendit se non loqui proprie de corpore et sanguine Domini, sed de toto cultu, de precibus et gratiarum actionibus. Sic enim ait: καὶ ποίησον ἡμᾶς ἀξίους γενέσθαι τοῦ προσφέρειν σοι δεήσεις καὶ ἱκεσίας καὶ θυσίας ἀναιμάκτους ὑπὲρ παντὸς λαοῦ.629 Nihil offendit, recte intellectum. Orat enim nos dignos effici ad offerendas preces et supplicationes et hostias incruentas pro populo. Nam ipsas preces vocat hostias incruentas, Sicut et paulo post: ἔτι προσφέρομέν σοι τὴν λογικὴν ταύτην καὶ ἀναίμακτον λατρείαν.630 Offerimus, inquit, hunc rationalem et incruentum cultum. Inepte enim exponunt, qui hic rationalem hostiam malunt interpretari et transferunt ad ipsum corpus Christi, cum Canon loquatur de toto cultu etε λογικὴ λατρεία a Paulo dicta sit contra opus operatum: videlicet de cultu mentis, de timore, de fide, de invocatione, de gratiarum actione etc.631
230). Das Phänomen ist im 2. Jahrhundert weit verbreitet. Im 3. Jahrhundert verstärkt sich der karitative Grundzug der Agapen (Constitutiones Apostolorum II, 28, in: Didascalia et Constitutiones Apostolorum, hg. v. Franz Xaver von Funk, Paderborn 1905, 109–111). Mit der kirchenrechtlichen Regelung der Armenfürsorge im 4. Jahrhundert geht das Verbot von Agapen in Kirchenraumen einher. | 629 Gebet zu Beginn der Messe in der Chrysostomusliturgie, in: BL 1, 375,21.23–27. | 630 Die Invocatio, in: BL 1, 386,24f. | 631 Vgl. Röm 12,1.
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Apologia Confessionis Augustanae
Von den Messen fur die todten Das aber die widdersacher noch dis wollen verteidingen, das die Messe den todten helffe, davon sie ein eigen jarmarckt und sonderlich unsaglich kretzmerey gemacht, des haben sie kein zeugnis noch befehl Gottes inn der schrifft. Nu ist es jhe ein unsaglicher, grosser greuel und nicht eine kleine sunde, das sie dürffen1150 one Gottes wort, one alle schrifft ein Gottesdienst inn der kirchen anrichten und dürffen das Abentmal des Herrn, wilchs Christus hat eingesetzt, das wort zu predigen, dabey seines tods zu gedencken, zu stercken den glauben | derjhenigen, so die Ceremonien brauchen, unverschampt zihen auff die todten. Denn das heist recht Gottes namen misbrauchen widder das ander gebot.ψ Denn erstlich istω das die höchsteα schmach und lesterung des Evangelii und Christi, das βdas schlechte1151 werck der Messenβ ex opere operato γein opffer sey, das Gott versüne undγ fur die sunde [Ff4r] δgnugthue. Es ist ein recht schrecklich, heslich predigt und lere und ein grosser, unsaglicher greuel,δ das εdas schlechte1152 gethaneε werck einsζ priesters ηals viel gelten solle als derη tod Christiθ. So ιist jhe gewis,ι das dieκ sunde und derλ tod nicht könnenμ uberwunden werdenν denn alleinξ durch den glauben οan Christum,ο wie Paulus πsagt zu den Röm. am v.1153 Darümb so könnenπ die Messe ρden todten inn keinen wegρ ex opere operato helffenσ. τWir wollen hie nicht erzelen, wie schwache gründe die widdersacher vom fegfeuer haben, Item, woher die lere von der gnugthuung und satisfaction erst auffkomen, wie wir denn haben oben angezeigt, das es eitel treume und ertichter menschentand ist.1154 Allein das wollen wir ihnen sagen, das gewis ist: Das Abendmal gehört eigentlich zurτ vergebung der schuld. Denn was trost hetten wir, so uns da solt vergebung angebotten werden und solt doch nicht vergebung der schuld sein? So nu die Ceremonia vergebung der schuld anbeut, folget, das unmüglich ist, das es ein satisfactio sey ex opere operato odder den todten υhelffe, denn gehöretυ sie zur vergebung der schuld, so mus sie allein dazu dienen, die φgewissen zu trösten,φ das sie glauben, ihnen sey die schuld warhafftigχ vergeben.ψ Und warlich, es were nicht wunder, das alle frome, Christliche leute fur angst und leide blut weineten, wenn sie recht bedechten, wie unsaglich, greulich und schrecklich misbrauch der [Ff4v] Messen unter dem Bapstumb ist, nemlich, das die Messe das mehrerteil nirgent zu anders gebraucht wird, denn fur ψ
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ψ–ψ
dt. 8° (1533): s. QuM I, 760,34–761,2 [Und das ... gewesen sind.] | ω danach: ja dt. 8° (1533) höhist dt. 8° (1533) | β – β sie furgeben, das wercke der Mess dt. 8° (1533) | γ – γ versüne Gott und thue gnug dt. 8° (1533) | δ – δ was ist das anders, denn den todt Christi lestern, dt. 8° (1533) ε – ε man das dt. 8° (1533) | ζ des dt. 8° (1533) | η – η gleich machet dem dt. 8° (1533) | θ danach: und dazu den glauben wegnimmet? denn sie sagen ihr werck helff den todten ex opere operato, dt. 8° (1533) | ι – ι doch öffentlich ist, dt. 8° (1533) | κ nicht in dt. 8° (1533) | λ nicht in dt. 8° (1533) μ nicht in dt. 8° (1533) | ν danach: anders dt. 8° (1533) | ξ nicht in dt. 8° (1533) | ο – ο nicht in dt. 8° (1533) | π – π leret Rom. 5. Darümb ist öffentlich, das dt. 8° (1533) | ρ – ρ nicht in dt. 8° (1533) α
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[De missa pro defunctis]
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Quod vero defendunt adversarii nostri ap[N6v]plicationem ceremoniae pro liberandis animise defunctorum, qua ex re quaestum infinitum faciunt, nulla habent testimonia, nullum mandatum ex scripturis. Neque vero est leve peccatum tales cultus sine mandato Dei, sine exemplo scripturae in Ecclesia instituere et coenam Domini institutam ad recordationem et praedicationem inter vivos transferre ad mortuos. Hoc est abuti nomine Dei con|tra secundum praeceptum.
Primum enim contumelia est Evangelii sentire, quod ceremonia ex opere operato sine fide sit sacrificium reconcilians Deum et satisfaciens pro peccatis. Horribilis oratio est tantundem tribuere operi sacerdotis quantum morti Christi. Deinde peccatum et mors non possunt vinci nisi fide in Christum, sicut Paulus docet: Iustificati ex fide pacem habemusf,632 quare non potest vinci poena purgotarii applicatione alieni operis.
Omittemus iam qualia habeant adversarii testimonia de purgatorio, quales existiment poenas esse purgatorii, quales habeat causas doctrina satisfactionum, quam supra ostendimus vanissimam esse. Illud tantum opponemus: Certum est coenam Domini institutam esse propter remissionem culpae. Offert enim remissionem peccatorum, [N7r] ubi necesse est vere culpam intelligere. Et tamen pro culpa non satisfacit, alioqui Missa esset par morti Christi. Nec remissio culpae accipi potest aliter nisi fide. Igitur Missa non est satisfactio. Sed promissio et sacramentum requirens fidem.
Ac profecto necesse est omnes pios acerbissimo dolore affici, si cogitent Missam magna ex parte ad mortuos et ad satisfactiones pro poenis translatam e
cj.: animabus; animabus lat.4° (1531/1540), lat. 8° (1542/1559/1580) | f habeamus Vg Clem.
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Röm 5,1
σ den todten nicht helffen kan dt. 8° (1533) | τ – τ dt. 8° (1533): s. QuM I, 761,12–33 [Zum andern ... gewislich zu] | υ – υ helff. Denn gehört dt. 8° (1533) | φ – φ erschrocken hertzen zu vermanen, dt. 8° (1533) | χ gewislich dt. 8° (1533) | ψ danach: dt. 8° (1533): s. QuM I, 761,39–762,5 [Was konnen ... nicht helffen.] 1150
es wagen | 1151 schlichte, bloße | 1152 schlichte, bloße | 1153 Vgl. Röm 5,1. | 1154 Vgl. o. S. 479, 21–485,5 (deutsch: 478,26–484,5).
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die todten und die pein des fegfeuers abzulösen. Sie schreien: wir thuen „Iuge sacrificium“, ωdas istω [das] teglich opffer, ab. Das heist recht iuge sacrificium, das teglich opffer abgethan aus der kirchen! Das ist αein recht Tyranney und wüterey des Gottlosen Antiochi,α 1155 also das gantz Evangelium, die gantze lare vom glauben, von Christo unterdrücken und auff solche treume von satis|factionibus, solche lügen vom opere operato an die stad1156 predigen! Das heist recht, das Evangelium unter die füs tretten, den brauch der Sacrament schendlich verkeren! Das sind die rechten lesterer, da Paulus von sagt, „idas sie schüldig sein ami leib und blut des Herrn“1157, wilche die lere von Christo, vom glauben unterdrücken und misbrauchen der Messe und des Abentmals zu einem schendlichen, unverschampten, öffentlichem geitz, zu einem jarmarckt und kretzmerey, βUnd das alles unter einem heuchlischem schein der satisfaction. Und ebenβ umb dieser grossen, unsaglichen Gotteslesterung willen werden die Bischofe schwere straffe von Gott gewarten müssen. Es wird einmal Gott das ander gebot warlich war machen und ein grossen, grimmigen zorn uber sie ausgissen. Darümb haben wir uns und alle wol vorzusehen, das wir uns der widdersacher misbrauch nicht teilhafftig machen. [Gg1r] Wir wollen aber widder auff die sache komen. So die Messe nu nicht ein gnugthuung ist, widder fur pein noch schuld ex opere operato, so folget, das die Messe, so man fur die todten heltet, unnütz und nichts sey. Und es darff nicht langerγ disputation, Denn das ist gewis, das solche Messe halten fur die todten inn der schrifft gar kein grund hat. Nu ist es ein greuel, inn der kirchen Gottesdienst anrichten one alle Gotteswort, one alle schrifft. Und wenn es not wird sein, so wollen wir von diesem stücke gantz reichlich, mehr und nach aller notdurfft weiter reden. Denn was sollen wir uns jtzund hie viel mit den widdersachern zancken, so sie gar nicht verstehen, Was opffer, was Sacrament, was vergebung der sunde, was glaube sey? Und der Kriechisch Canon applicirt auch nicht die Messe als ein gnugthuung fur die todten, denn er applicirt sie zugleich fur alle Patriarchen, Propheten, Aposteln; daraus erscheinet, das die Kriechen auch als ein dancksagung opffern, nicht aber als ein satisfaction fur die pein des fegfeuers, Denn es wird freilich nicht ihr meinung sein, die Propheten und Aposteln aus dem fegfeuer
i–i
der ist schuldig an dem L45
ω – ω oder das CR; das dt. 8° (1533) | α – α Abgötterey, durch den Antiochum inn der Kirchen auffgericht, dt. 8° (1533) | β – β und [sie] bauen die gantze sach auff eitel lügen von Satisfactionibus. dt. 8° (1533) | γ lenger dt. 8° (1533) 1155
Vgl. o. S. 637, Anm. 1114. | 1156 stattdessen | 1157 I Kor 11,27
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esse. Hoc est tollere iuge sacrificium ex Ecclesia, hoc est Antiochi regnum, qui saluberrimas promissiones de remissione culpae, de fide transtulit ad vanissimas opiniones de satisfactionibus. Hoc est Evangelium contaminare, corrumpere usum sacramentorum. Hi sunt, quos Paulus dixit greos esseg corporis et sanguinis Domini,633 qui oppresserunt doctrinam de fide et remissionem culpae et corpus et sanguinem Domini ad sacrilegum quaestum praetextu satisfactionum contulerunt. Et huius sacrilegii poenas aliquando dabunt. Quare cavendum est nobis et omnibus piis conscientiis, ne approbent adversariorum abusus.
Sed redeamus ad causam. Cum Missa non sit satisfactio nec pro poena nec pro culpa ex opere operato sine fide, Sequitur applicationem pro [N7v] mortuis inutilem esse. Neque hic opus est longiore disputatione. Constat enim, quod illae applicationes pro mortuis nulla habeant ex scripturis testimonia. Nec tutum est in Ecclesia cultus instituere sine auctoritate scripturae. Et siquando opus erit, prolixius de tota re dicemus. Quid enim nunc rixemur cum adversariis, qui neque quid sacrificium neque quid sacramentum neque quid remissio peccatorum neque quid sit fides, intelligunt?
Nec Graecus Canon applicat oblationem tamquam satisfactionem pro mortuis, quia applicat eam pariter beatis omnibus Patriarchis, Prophetis, | Apostolis. Apparet igitur Graecos tamquam gratiarum actionem offerre, non applicare tamquam satisfactionem pro poenis, Quamquam etiam loquuntur non de sola oblatione corporis et sanguinis Domini, Sed de reliquis Missae partibus videlicet orationibus et gratiarum actionibus. Nam post consecrationem precantur, ut sumentibus prosit, non loquuntur de aliis. Deinde addunt: ἔτι προσφέρομέν σοι τὴν λογικὴν ταύτην λατρείαν ὑπὲρ τῶν ἐν πίστει ἀναπαυσαμένων προπατόρων, πατέρων, πατριαρχῶν, προφητῶν, ἀποστόλων634 etc. At λογικὴ λατρεία non significat ipsam hostiam, Sed orationes et omnia, [N8r] quae ibi geruntur. Quod vero allegant adversarii patres de oblatione pro mortuis, Scimus veteres loqui de oratione pro mortuis, quam nos non prohig–g
reus erit Vg Clem.
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I Kor 11,27 | 634 Die Intercessio der Chrysostomusliturgie, in: BL 1, 387,30–32.
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zu erlösen, sondern allein danck zu opffern, neben und mit ihnen, fur die hohe, ewige güter, so ihnen und uns gegeben sind.
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Die widdersacher zihen an, das etwa fur ketzerey verdampt sein sol, das einer genant Aerius sol gehalten haben, die Mess sey nicht [Gg1v] ein opffer fur die todten.1158 Hie behelffen sie sich aber mit ihren gewönlichen griffen, das sie ertichten, unser lare sey fur1159 alters herδ verworffen. Aber die Esel schemen sich keiner lügen, so wissen sie nicht, wer Aerius gewesen odder was er geleret hat. Epiphanius schreibt, das Aerius gehalten habe, das das gebet fur die todten sey unnütz.1160 Nu reden wir nicht vom gebet, sondern vom Nachtmalε Christi, ob das ex opere operato ein opffer sey, den todten zu helffen. Dieser unser handel betrifft Aerium nichts. Was auch sonst aus den Vetern vor1161 die Mess angezogen wird, belangt alles diesen handel nicht, denn die guten, fromen Veter haben diesen greulichen, lesterlichen, Antichristischen irthumb nicht geleret, das die Mess ex opere operato den lebendigen und todten vergebung [der] pein und schuld verdiene. Denn dieser irthumb vom opere operato ist ein offentliche ketzereyζ widder alle schrifft, widder alle Propheten und Apostel. Und alle Christen sollen lernen, das solche Papistische Mess eitel schreckliche abgötterey sein. Es bleibet aber inn der welt solche Abgötterey, solang der Antichrist regirt und bleibet. Denn wie inn Israel ein falscher Gottesdienst ward angericht mit Baal,1162 auchη unrechte Gottesdienst waren unterm schein des Gottesdiensts, den Gott geordnet hatt, Also hat der Antichrist inn der kirchen auch ein falschen Gottesdienst aus dem Nachtmalθ Christi gemacht; und doch [Gg2r] wie Gott unter Israel und Juda dennoch seine kirch, das ist etliche heiligen, behalten hat, Also hat Gott seine kirch, das ist etliche heiligen unterm Bapstumb, dennoch erhalten, das die Christliche kirch nicht gantz untergangen ist. Wiewol nu der Antichrist mit seinem falschen Gottesdienst zum teil bleiben wird, bis das Christus, der Herr, öffentlich komen und richten wird, So sollen doch alle Christen verwarnet sein, sich zu hüten vor solcher Abgötterey, und soltenι lernen, wie man Gott recht dienen und vergebung der sunde durch den glauben an Christum erlangen sol, das sie Gott recht ehren δ nicht in lat. 8° (1533) | ε Abendmal dt. 8° (1533) | ζ Abgötterey dt. 8° (1533) | Juda dt. 8° (1533) | θ Abendmal dt. 8° (1533) | ι sollen dt. 8° (1533) 1158
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und sonst inn
Aerius, Presbyter aus Sebaste in Pontus, griff verschiedene Punkte im kirchlichen Ritus und im Verfassungsleben an, so u.a. die abergläubischen Vorstellungen von der Fürbitte für die Toten und besonders die gesetzliche Fastenpraxis der Kirche. | 1159 seit, von | 1160 Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses III, 1: Haeresis LXXV, 3,5, in: PG 42, 508 (GCS 37, 335,4–10). | 1161 für, im Blick auf | 1162 Vgl. Jer 2,8.26–28; 17,1–3.
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bemus; sed applicationem coenae Domini pro mortuis ex opere operato improbamus. Nec patrocinantur adversariis veteres de opere operato. Et ut maxime Gregorii aut recentiorum testimonia habeant, nos opponimus clarissimas et certissimas scripturas. Et patrum magna dissimilitudo est. Homines erant et labi ac decipi poterant. Quamquam si nunc reviviscerent ac viderent sua dicta praetexi luculentis illis mendaciis, quae docent adversarii de opere operato, longe aliter se ipsi interpretarentur. Falso etiam citant adversarii contra nos damnationem Aerii, quem dicunt propterea damnatum esse, quod negaverit in Missa oblationem fieri pro vivis et mortuis. Saepe hoc colore utuntur: allegant veteres haereses et cum his falso comparant nostram causam, ut illa collatione praegravent nos. Epiphanius testatur Aerium sensisse, quod orationes pro mortuis sint inutiles. Id reprehendit. Neque nos Aerio patrocinamur, sed vobiscum litigamus, qui haeresin manifeste pugnantem cum Prophetis, Apostolis et sanctis Patribus sceleste defenditis, [N8v] videlicet quod Missa ex opere operato iustificet, quod mereatur remissionem culpae et poenae etiam iniustis, pro quibus applicatur, si non ponantζ obicem. Hos perniciosos errores improbamus, qui laedunt gloriam passionis Christi et penitus obruunt doctrinam de iustitia fidei. Similis fuit persuasio impiorum in lege, quod mererentur remissionem peccatorum hper sacrificia ex opere operato, non acciperent gratis per fidem.h
Itaque augebant illos cultus et sacrificia, institue|bant cultum Baal in Israel. In Iuda etiam sacrificabant in lucis. Quare Prophetae damnata illa persuasione belligerantur non solum cum cultoribus Baal, sed etiam cum aliis sacerdotibus, qui sacrificia a Deo ordinata cum illa opinione impia faciebant.635 Verum haeret in mundo haec persuasio et haerebit semper, quod cultus et sacrificia sint propitiationes. Non ferunt homines carnales soli sacrificio Christi tribui hunc honorem, quod sit propitiatio, quia iustitiam fidei non intelligunt, sed parem honorem tribuunt reliquis cultibus et sacrificiis. Sicut igitur in Iuda haesit apud impios Pontifices falsa persuasio de sacrificiis, sicut in Israel Baalitici cultus duraverunt. Et tamen erat ibi Ecclesia Dei, quae impios cultus improbabat. Ita haeret in regno Pontificio cultus [O1r] Baaliticus, hoc est abusus Missae, quam applicant, ut per eam mereantur iniustis remissionem culpae et poenae. Et videtur hic Baaliticus cultus una cum regno Pontificio duraturus esse, donec veniet Christus ad iudicandum et gloria adventus sui
h–h ζ
non gratis per fidem, sed per sacrificia ex opere operato. lat. 4° (1531)
ponunt lat. 4° (1540)
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Vgl. Jer 2,8.26–28; 17,1–3.
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und bestendigen trost widder die sund haben können; denn darümb hat Gott gnediglich | sein Evangelium scheinen lassen, das wir verwarnet und selig würden. Dieses haben wir von der Messen kurtz gesagt, das alle Gottförchtige, frome, erbare leute inn allen Nationen verstehen mügen, das wir mit allem treuen fleis die rechte ehre und den rechten brauch der Messen erhalten haben, Und das wir des grosse, hochwichtige ursachen haben, warümb wir es mit den widdersachern nicht halten. Und wir wollen alle frome, erbare leute verwarnet haben, das sie des grossen greuels und misbrauchs der Messen sich mit den widdersachern nicht teilhafftig machen, damit sie sich nicht mit frembden sunden beschweren. Es ist ein grosser handel und ein gantz wichtige sache, Denn dieser misbrauch ist nicht geringer, denn zu Helias zeitten die sach war mit dem falschen Got[Gg2v]tesdienst Baal.1163 Wir haben auff dismal mit gelinden worten und one schmehewort diese sache furgetragen, werden aber die widdersacher nicht auffhören zu lestern, so sollen sie innenwerden, das wir ihn auch herter zusprechen wollen.
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Von den Kloster Gelübden
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Inn der Stad Isenach im land zu Döringen ist etwan1164 gewesen fur dreissig jaren ein Barfusermönch, Johannes Hielten genent,1165 wilcher von seinen brüdern ist inn ein kercker geworffen, darümb das er etlich öffentliche misbreuche im Klosterleben hatte angefochten; wir haben auch seiner schrifft zum teil gesehen, aus wilchen wol zu mercken ist, das er Christlich und der heiligen schrifft gemes gepredigt; und die ihnen kant haben, sagen heutigstags, das es ein fromer, stiller, alter man gewesen ist, gantz redlichs, erbars wesens und wandels. Derselbig hat viel von diesen zeiten Propheceiet und zuvorgesagt, das bereit geschehen ist, etlichs auch, das noch geschehen sol, wilchs wir doch hie nicht erzelen wöllen, damit niemands gedencke, das wir κaus neid odder jemandsκ zu gefallen λsolches fur[Hg3r]brechten.λ Entlich, als er alders halben und | auch das ihm das gefengknis sein gesundheit verterbet in ein kranckheit gefallen, hat er zu sich lassen bitten den Guardian, ihm sein schwacheit angezeigt, und als der Guardian1166 aus Phariseischer bitterkeit und neid ihnen mit harten worten angefaren, darümb das solche predigt nicht wolt inn μder küchen nütz seinμ, hat er seines leibs schwacheit zu klagen
κ–κ
solches melden jemand dt. 8° (1533) | dienen dt. 8° (1533)
λ–λ
odder zu verdries. dt. 8° (1533) |
1163
μ–μ
die kuchen
Vgl. I Reg 18,17–40. | 1164 einst, einmal | 1165 Johann Hilten (Johannes Herwich aus Ilten), franziskanischer Apokalyptiker. 1425 in Ilten bei Hannover geboren, nahm er 1445 sein Studium in Erfurt auf und erreichte 1447 den Grad eines Baccalaureus artium. Nach Abschluss seiner Studien trat Hilten in den Franziskanerorden ein. 1463 ging er nach Riga in Livland und hatte bereits viele Anhänger in der Oberschicht Revals. 1471 bekam er Probleme aufgrund von „mit Blut geschriebener Liebesbriefe“ an Frau Margrete Zirenberg. 1472 wurde er Lektor und Prediger
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perdet regnum Antichristi. Interim omnes, qui vere credunt Evangelio, debent improbare illos impios cultus excogitatos contra mandatum Dei ad obscurandam gloriam Christi et iustitiam fidei. Haec de Missa breviter diximus, ut omnes boni viri ubique gentium intelligere queant nos summo studio dignitatem Missae tueri et verum usum ostendere et iustissimas habere causas, quare ab adversariis dissentiamus. Ac volumus admonitos esse omnes bonos viros, ne adiuvent adversarios defendentes prophanationem Missae, ne gravent se societate alieni peccati. Magna causa, magna res est nec inferior illo negotio Eliae Prophetae, qui cultum Baal improbabat.636 Nos modestissime causam tantam proposuimus et nunc sine contumelia respondimus. Quod si commoverintη nos adversarii, ut omnia genera abusuum Missae colligamus, non tam clementer erit agenda causa.
[O1v] De votis monasticis 15
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Apud nos in oppido Turingiae Isenaco Franciscanus quidam fuit ante annos triginta, Iohannes Hilten, qui a suo sodalicio coniectus est | in carcerem, propterea quod quosdam notissimos abusus reprehenderat. Vidimus enim eius scripta, ex quibus satis intelligi potest, quale fuerit ipsius doctrinae genus. Et qui norunt eum, testantur fuisse senem placidum et sine morositate gravem. Is multa praedixit, quae partim evenerunt hactenus, partim iam videntur impendere, quae non volumus recitare, ne quis interpretetur ea aut odio cuiusquam aut in gratiam alicuius narrari. Sed postremo, cum vel propter aetatem vel propter squalorem carceris in morbum incidisset, accersivit ad se Guardianum, ut suam valetudinem illi indicaret; cumque Guardianus accensus odio Pharisaico duriter obiurgare hominem propter doctrinae genus, quod videbatur officere culinae, coepisset, tum iste omissa iam mentione valetudinis ingemiscens inquit se has iniurias aequo animo propter Christum tolerare, cum quidem nihil scripsisset aut docuisset, quod labefac-
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convenerint lat. 8° (1542/1559)
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Vgl. I Reg 18,17–40.
in Dorpat, 1477 aufgrund mehrerer Anklagepunkte in Weimar und Eisenach inhaftiert. Die Sicherheitsverwahrung Hiltens mag auch mit seiner Neigung zu apokalyptischen Vorhersagen und seiner Kritik am Papsttum zusammengehangen haben. 1485 verfasste er einen DanielKommentar und sagte das Ende der Welt für das Jahr 1651 voraus. Der Tod Hiltens im Jahr 1500 stellt den Beginn einer reichhaltigen Sagenbildung um seine Person dar. | 1166 Oberhaupt eines Franziskanerkonvents
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unterlassen, tief erseufftzet und mit ernsten geberden gesagt, Er wolte solche unrecht umb Christus willen gern tragen und leiden, wiewol er nichts geschrieben noch geleret hette, das der Mönchen stand nachteilig, sondern hette allein grobe misbreuche angegriffen. Zuletzt hat er gesagt: Es wird ein ander man komen, wenn man schreibt M.D.xvi., der euch Mönchen tilgen wird, und der wird fur euch wol bleiben, dem werdet ihr nicht widderstehen können. Dasselbig wort, wie die Möncherey würde ins fallen geraden und dieselbige jarzal, hat man hernach funden inn andernν seinen büchern und sonderlichξ inn den Commentariis uber den Danielem.1167 Was aber von dieses mans rede zu halten sey, lassen wir eim jden sein urteil. Doch sind sonst zeichen, das der Mönche wesen nicht lang bestehen könne. οEs ist am tage, das dasπ Klosterwesen nichts denn ein unverschampte heuchley und betrug ist, vol geitzes und hoffarts, und jhe ungelerter Esel die Mönche sind, jhe1168 halstarriger, grimmiger und bitterer, jhe gifftiger ottern sie sein, die [Gg3r] warheit und Gottes wort zu verfolgen. So sind ihr predigt und schrifften lauter kindisch, ungereimet, nerrisch ding, und ist all ihr wesen dahin gericht, das sie den bauch und ihren geitz füllen.ο Anfenglich sein die Klöster nicht solche kercker odder ewige gefengnis gewesen, sondern Schülen, darinne man die jugent und ander inn der | heiligen schrifft hat aufferzogen. Nu ist solch edel golt zu kot worden und der wein wasser worden; fast1169 inn den ρrechten, grösten Stifften undρ Klöstern sein eitel faule, unnütze, müssige Möncheσ, die unterm schein der heiligkeit von gemeinen almosen inn allem pracht und wollust lebenτ. Christus sagt aber, das das taube saltz nichts nütze sey, denn das mans hinwegwerffe und mit füssen trette.1170 υDarümb, so die Mönche ein solch ungöttlich wesen füren, so singen sie ihnen mit der that ihr eigen Requiem, und wird balt mit ihn aus sein.υ Darüber ist noch ein zeichen, das die Mönche werden untergehen, das sie ursacher, stiffter und anreger sein, das viel gelerter, redlicher leute unschüldig erwürget und dahingerichtet werden; das1171 Habels blut schreiet uber sie, und Gott wird es rechen. Wir sagen nicht von allen; es mügen etliche inn Klöstern sein, die das heilig Evangelium von Christo wissen und kein heiligkeit auff ire traditiones setzen, die sich auch des bluts nicht schüldig gemacht haben, wilchs die heuchler unter ihnen vergiessen. [Gg4r] Wir reden aber hie von der lere, wilche die meister der Confutation loben und verteidingen. Wir disputirn nicht, Ob man gelübde Gott halten sol, ν
nicht in dt. 8° (1533) | ξ nemlich dt. 8° (1533) | ο – ο nicht in dt. 8° (1533) | π der CR | ρ – ρ reichen, großen dt. 8° (1533) | σ grobe Esel dt. 8° (1533) | τ danach: und sonst sind alle Klöster vol ungelarter leut, deren wesen auch allein darin gericht ist, das sie den bauch und ihren geitz füllen. Sie predigen nicht mehr odder predigen eitel ungereimet, nerrische fabeln. dt. 8° (1533) | υ – υ Darümb kan der Mönche wesen nicht lang bestehen. dt. 8° (1533) 1167
Melanchthon hatte den Danielkommentar Hiltens gelesen und exzerpiert; vgl. Melanchthon an König Christian III. von Dänemark. Wittenberg, 5. Mai 1552, in: CR 7, 994–998, hier: 995f (Nr. 5112 = MBW, Nr. 6435) und Melanchthon an Johannes Mathesius. Wittenberg, 18. Mai 1552, in:
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tare statum Monachorumθ posset, tantum notos quosdam abusus reprehendisset. Sed alius [O2r] quidam, inquit, veniet anno Domini M. D. XVI., qui destruet vos nec poteritis ei resistere. Hanc ipsam sententiam de inclinatione regni Monachorum et hunc annorum numerum postea etiam repererunt eius amici perscriptum ab ipso in commentariis suis inter annotationes, quas reliquerat in certos locos Danielis637. Quamquam autem quantum huic voci tribuendum sit, eventus docebit, tamen exstant alia signa, quae minantur mutationem regno Monachorum non minus certa quam oracula.
Constat enim, quantum sit in Monasteriis hyprocrisis, ambitionis, avaritiae, quanta inscitia et indoctissimi cuiusque saevitia, quanta vanitas in contionibus, in excogitandis subinde novis aucupiis pecuniae. Et sunt alia vitia, quae non libet commemorare. Cumque fuerint olim Scholae doctrinae Christianae, nunc degeneraverunt velut ab aureo genere in ferreum, seu ut cubus Platonicus in malas harmonias degenerat, quas Plato ait exitium afferre.638 Locupletissima quaeque Monasteria tantum alunt otiosam turbam, quae ibi falso praetextu religionis helluatur de publicis elemosynis Ecclesiae. Christus autem admonet de sale insipido, quod soleat effundi et conculcari.639 Quare ipsi sibi Monachi his moribus fata canunt. Et accedit nunc aliud signum, [O2v] quod passim auctores sunt interficiendorum bonorum virorum. Has caedes Deus haud dubie brevi ulciscetur. Neque vero accusamus omnes. Arbitramur enim passim aliquos viros | bonos in Monasteriis esse, qui de humanis cultibusi moderate sentiunt nec probant saevitiam, quam exercent hypocritae apud ipsos.
Sed de genere doctrinae disputamus, quod nunc defendunt Architecti confutationis, non utrum vota servanda sint – Sentimus enim licita vota servari i
danach: et facticiis, ut quidam scriptores vocant, lat. 4° (1531)
θ
Monachatum lat. 8° (1542/1559)
637
Vgl. o. S. 664f, Anm. 1167. | 638 Wohl Timaeus Locrus (Ps.-Plato), De Natura mundi et animae XCVIIIc (216,8–10). | 639 Vgl. Mt 5,13.
CR 7, 1006f, hier: 1007 (Nr. 5124 = MBW 6450); vgl. auch CR 24, 64 und CR 25, 14. | besonders | 1170 Vgl. Mt 5,13. | 1171 des
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desto
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Denn wir halten auch, das man rechte gelübde zu halten schüldig sey; sondern davon reden wir: ob man φdurch die gelübde und solche Möncherey erlange vergebung der sunde fur Gott:φ Ob sieχ gnugthuung sein fur die sunde? Ob sieψ der Tauff gleich seinω? Ob sieα die volkomenheit seinβ, dadurch dieγ praecepta und Consilia, das ist, nicht allein die gebot, sondern auch die rethe gehalten werden? Ob δsie sindδ Evangelische volkomenheitε? Ob die Münche haben „merita supererogationis“, das ist, so viel uberigs verdiensts und heiliger wercke, das sie der auch nicht alle dürffen1172? Ob ihr verdienste, wenn sie sie den andern mitteilen, dieselbigen selig machen? Ob die Klöstergelübde Christlich sein, der | meinung also gethan? Item, Ob die Klöstergelübde, wilche erzwungen sein von unwilligen und denjhenigen, wilche noch jugent halben nicht verstanden, was sie thun, wilche die Eltern odder freunde inn die Klöster gestossen des bauchs halben, allein ihr veterlich erbe zu sparen, Christlich und Götlich sein? Ob die Klostergelübde Christlich sein, die gewislich zu sunden ursach geben, nemlich das [Gg4v] die ordensperson den heslichen misbrauch der Messe, das anruffen und anbeten der heiligen loben und annemen müssen und des unschüldigen bluts, das bisanher vergossen ist, sich müssen teilhafftig machen? Item, Da die gelübde schwacheit halben doch nicht gehalten werden, ob dieselbigen recht gelübde und Christlich sein? Von diesen fragen ist unser streit und disputation, und so wir inn unser Confession von vielen untüchtigen gelübden auch gesaget haben,1173 wilche die Canones der Bepste selbst verwerffen, noch wollen die widdersacher alles, was wir furbracht, verworffen haben. Denn also sagen sie mit klaren worten: Das alles, so wir furbracht haben, sol verworffen werden.1174 Es wil aber hie not sein anzuzeigen, wie sie doch unser gründe anfechten und was sie furbringen, ihre sache zu erhalten. Darümb wollen wir kurtz verlegen1175, was die widdersacher furbringen. Und so nu dieser handel fleissig und reichlich gehandelt ist inn dem buch Doctoris Martini „von Klöstergelübden“1176, so wollen wir dasselbig buch hie als vor1177 erneuert und erholet1178 achten. Fur das erst ist das gewis, das solche gelübde nicht Göttlich noch Christlich sein, Wenn ich also mein Klostergelübde thu, das ich gedencke, ζdadurch zu erlangenζ vergebung der ηsunde gegen [Hh1r] Gott odder fur dieη sunde gnugzuthun.1179 Denn das ist ein irthumb, der da öffentlich widder das Evangelium ist, und ist ein lesterung Christi, Denn das Evangelium leret, das wir one φ–φ
dt. 8° (1533): s. QuM I, 765,23–32 [vergebung der ... sol zweifeln,] | χ Möncherey dt. 8° (1533) | ψ die gelübden dt. 8° (1533) | ω sind dt. 8° (1533) | α Möncherey dt. 8° (1533) | β sey dt. 8° (1533) | γ nicht in dt. 8° (1533) | δ – δ Möncherey dt. 8° (1533) | ε danach: sey dt. 8° (1533) ζ – ζ damit dt. 8° (1533) | η – η sunden zu verdienen und sie gegen Gottes zorn zu halten und fur dt. 8° (1533) 1172
bedürfen | 1173 Vgl. CA XXVII, o. S. 160–187. | 1174 Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 195,13: „Quare impia sunt, quae hic contra monasticen [!] allegantur“ (deutsch: ebd., 194,20f). | 1175 widerlegen | 1176 Vgl. Luther, De votis monasticis Martini Lutheri iudicium
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debere –, sed utrum cultus illi mereantur remissionem peccatorum et iustificationem, Utrum sint satisfactiones pro peccatis, Utrum sint pares baptismo, Utrum sint observatio praeceptorum et consiliorum, Utrum sint perfectio Evangelica, Utrum habeant merita supererogationis, Utrum merita illa applicata aliis salvent eos, Utrum jsint licitaj vota his opinionibus facta, Utrum licita sint vota, quae praetextu religionis tantum ventris et otii causa suscepta sunt, Utrum vere sint vota, quae sunt extorta aut invitis aut his, qui per aetatem nondum iudicare poterant de genere vitae, quos parentes aut amici intruserunt in monasteria, utι de [O3r] publico alerentur sine patrimonii privati iactura, Utrum licita sint vota, quae palam vergunt ad malum exitum, vel quia propter imbecillitatem non servantur vel quia hi, qui sunt in illis sodaliciis, coguntur abusus Missarum, impios cultus sanctorum, consilia saeviendi in bonos viros approbare et adiuvare. De his quaestionibus disputamus.
Et cum nos in confessione pleraque diximus de eiusmodi votis, quae etiam Canones Pontificum improbant, tamen adversarii iubent omnia, quae produximus, reiicere. His enim verbis usi sunt.640 Ac operaeκ pretium est audire, quomodo cavillentur nostras rationes et quid afferant ad muniendam suam causam. Ideo breviter percurremus pauca quaedam argumenta nostra et diluemus in his obiter cavillationes adversariorum. Cum autem haec tota causa diligenter et copiose a Luthero tractata sit in libro, cui titulum fecit De votis Monasticis, volumus hic librum illum pro repetito habere.
Primum hoc certissimum est non esse licitum votum, quo sentit is, qui vovet, se mereri remissionem peccatorum coram Deo aut satisfacere pro peccatis coram Deo. Nam haec opinio est manifesta contumelia Evangelii, quod docet nobis gratis [O3v] donari remissionem peccatorum propter Chri|stum, ut
j–j ι
licita sint lat. 4° (1531)
aut lat. 8° (1542/1559) | κ opere lat. 4° (1540)
640 Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 195,13: „Quare impia sunt, quae hic contra monasticen [!] allegantur“ (deutsch: ebd., 194,20f).
(1521), in: WA 8, 573–669. | 165,13–169,9.
1177
für |
1178
wiederholt |
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Vgl. CA XXVII, o. S. 160–187, bes.
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verdienst vergebung der sunde erlangen durch Christum, wie wir hieoben reichlich gesagt haben. Darümb haben wir Pauli sprüche recht eingefürt zu den Galathern: „Soj ihr durchs | gesetz wolt gerecht werden, sok seid ihr lvon Christo undl der gnade abgefallen.“1180 Denn die da suchen vergebung der sunde nicht durch den glauben inn Christum, sondern durch die Klöstergelübde und Möncherey, die rauben Christo sein ehre und creutzigen ihnen auffs neu. Höret aber lieber, höret, wie die meister der Confutation hie gern behelff suchen wolten! [Sie] sagen, Paulus sey allein vom gesetz Mosi zu verstehen, die Mönche aber thun und halten alles umb Christus willen und fleissigen sich auffs allernehest dem Evangelio gemes zu leben, damit sie das ewige leben verdienen. Und [sie] setzen ein schrecklich wort dazu: darümb ist es (sagen sie) unchristlich und ketzerisch, was widder das Mönchleben wird furbracht.1181 O Herre Jhesu Christe, wie lang wiltu leiden und dulden solche öffentliche schmach deines heiligen Evangelii, da unser feinde dein wort und warheit lesteren? Wir haben inn unserer Confession gesagt, das man vergebung der sunde one verdienst durch den glauben an Christum erlangen mus.1182 Ist das nicht das lauter, reine Evangelium, wie [Hh1v] es die Aposteln gepredigt? Ist das nicht die stimme des Evangelii, des ewigen vaters, wilche du, Herre, „der du sitzest im schos des Vaters“1183, der welt offenbart hast, so sollen wir billich gestrafft werden! Aber dein herber, bitter tod am creutz, dein heiliger geist, wilchen du reichlich ausgeteilet hast, dein gantze, heilige Christliche kirche gibt starck, gewaltig und gewis gezeugnis, wilches so helle und offenbar ist als die sonne, das dis die Summa, der kern des Evangelii ist, das wir vergebung der sunde erlangen nicht umb unsers verdiensts willen, sondern durch den glauben an Christum. Wenn Paulus darff sagen, das wir durch das heilig, Göttlich gesetz Mosi und seine wercke nicht verdienen vergebung der sunde, | so wil er, das wir viel weniger das θthun durch menschliche satzunge,θ und das zeigt er zu den Colossern klar gnug an.1184 Denn so die wercke des gesetzs Mosi, wilchs ιdurch Gott war offenbart,ι nicht verdienen vergebung der sunde, wieviel weniger werdens thun die nerrischen wercke, Möncherey, Rosenkrentze und dergleichen, die auch zu weltlichem leben nicht not noch nütze sein! viel weniger geben sie der seel ewiges leben! j
die L45 | k und L45 | l – l nicht in L45
θ–θ
ausrichten mit menschlichen satzungen, dt. 8° (1533) | ι – ι Gott geboten hat, dt. 8° (1533)
1180
Gal 5,4 | 1181 Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 195,5–13: „Cassatur quoque, quod aiunt, vitam votariam esse inventum hominum. Nam in sacris litteris est fundata, a spiritu sancto religiosis patribus inspirata. Neque detrahit honori Christi, quoniam monastici omnia propter Christum observant et Christum imitantur. Falsa est ergo sententia, qua cultum monasticum damnant ut impium, qui est christianissimus. Non enim evacuantur monastici a gratia dei sicut Iudei, de quibus sanctus Paulus loquitur ad Gala. 5[,4], qui iustificationem adhuc in lege Moysi quaerebant. Sed monastici contendunt propius secundum evangelium vivere, ut
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supra copiose dictum est. Recte igitur citavimus Pauli locum ad Galatas: Evacuati estis a Christo, qui in lege iustificamini; a gratia excidistis.641 Qui quaerunt remissionem peccatorum non fide in Christum, sed operibus Monasticis, detrahunt de honore Christi et iterum crucifigunt Christum. Audite autem, audite, quomodo hic elabantur Architecti confutationis! Pauli locum tantum de lege Moisi exponunt et addunt Monachos omnia propter Christum observare et conari propius secundum Evangelium vivere, ut mereantur vitam aeternam. Et addunt horribilem epilogum his verbis: Quare impia sunt, quae hic contra Monasticen allegantur.642 O Christe, quamdiu feresλ has contumelias, quibus Evangelium tuum afficiunt hostes nostri!
Diximus in confessione remissionem peccatorum gratis accipi propter Christum per fidem.643 Si haec non est ipsa Evangelii vox, si non est sententia Patris aeterni, quam tu, qui es in sinu Patris, revelasti mundo, iure plectimur. Sed tua mors testis est, tua resurrectio testis est, Spiritus sanctus testis est, tota Ecclesia tua testis est vere hanc esse Evangelii sententiam, quod consequamur remissionem peccatorum non propterk meri[O4r]ta, sed propter te per fidem.
Paulus cum negat homines lege Moisi mereri remissionem peccatorum, multo magis detrahit hanc laudem traditionibus humanis. Idque aperte ad Colossenses testatur.644 Si lex Moisi, quae erat divinitus revelata, non merebatur remissionem peccatorum, quanto minus istae fatuae observationes abhorrentes a civili consuetudine vitae merentur remissionem peccatorum?
k
danach: nostra lat. 4° (1531)
λ
feras lat. 8° (1542/1559)
641 Gal 5,4 | 642 Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 195,13. | 98f. | 644 Vgl. Kol 2,16.
643
Vgl. CA IV, o. S.
mereantur vitam aeternam. Quare impia sunt, quae hic contra monasticen [!] allegantur“ (deutsch: ebd., 194,8–21). | 1182 Vgl. CA IV, o. S. 98f. | 1183 Das Apostolicum; vgl. o. S. 42f. 1184 Vgl. Kol 2,16.
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Die widdersacher ertichten ihnen1185 selbst ein traum, das Christus das gesetz Mosi habe abgethan und sey komen also nach Mose und [habe] ein neue, gute gesetz gebracht, κdadurch man vergebung der sunde erlangen müsse.κ Durch den [Hh2r] schwermerischen, nerrischen gedancken drücken sie Christum unter und seine wolthat. Darnach ertichten sie weiter, das unter denen, wilche die neuen gesetze Christi halten, die Mönche Christo und den Aposteln am nehisten ehnlich leben und wandeln durch ihren gehorsam, armut und keuscheit, so doch die gantze Möncherey eitel unverschampt, schendlich heuchley ist. Sie sagen von armut, so sie doch fur grossem uberflus nie haben erfaren können, wie einem recht armen zu hertzen ist. Sie rhümen ihren gehorsam, so kein volck auff erden freier ist denn die Mönche, wilche aus Bischoff- und Fürstengehorsam sich meisterlich geschlossen haben. Von irer heiligen, grossen, ferlichen keuscheit mag ich nicht sagen. Ich wil es Gerson sagen lassen,1186 der auch von denjhenigen, so ernstlich sich gefliessen keusch zu leben, warlich nicht viel reinigkeit und heiligkeit saget, wiewol das mehrerteil istλ heuchley und unter tausent nicht einer, der mit ernst gedenckt, rein und keusch μzu leben, das wir inwendig der hertzen gedancken schweigen.μ Sol nu das die grosse heiligkeit sein? heist das Christo und dem Evangelio gemes gelebt? Christus ist nicht also nach Mose komen, neue gesetze zu bringen, das er umb unser werck willen die sunde ver|gebe, sondern seinen verdienst, seine eigen wercke setzet er gegen Gottes zorn fur uns, das wir one verdienst gnade erlangen. Wer aber νone die versünung Christiν seine eigen wercke ge[Hh2v]gen Gottes zorn setzet und umb seins eigens verdiensts willen vergebung der sunde erlangen wil, ξer brengeξ die wercke des gesetzs Mosi, der zehen gebot, der Regeln οBenedicti,1187 Augustini1188 odder anderer Regeln,ο so wirfft er hinweg die verheissung Christi, fellet ab von Christo und seiner gnade. Hie wöllen aber Keiserliche Maiestet, alle Fürsten und Stende des Reichs mercken, wie uberaus unverschampt die widdersacher sind, das sie trötzlich dürffen sagen, Es sey alles Gottlosπ, was wir widder die Möncherey haben furbracht,1189 so wir doch gantze gewisse und klare sprüch Pauli angezogen haben, und jhe nichts klerer, gewisser in der gantzen Bibel istρ, denn das wir vergebung der sunde erlangen allein durch den glauben an Christum. Und diese gewisse Göttliche warheit dürffen die meister der Confutation, die verzweifelten böswicht und heilosen buffen1190 σ„Gottlose lere“σ heissen. Wir κ–κ
und werck geleret, das wir müssen vergebung verdienen mit unsern eigen wercken und wirdigkeit. dt. 8° (1533) | λ ists CR | μ – μ leben. dt. 8° (1533) | ν – ν nicht in dt. 8° (1533) | ξ – ξ und meinet, Christus helff nicht on allein umb unser verdienst, und henget also an Christus zusage die conditio unsers eignen verdiensts, dieser bringe dt. 8° (1533) | ο – ο nicht in dt. 8° (1533) | π ketzerey dt. 8° (1533) | ρ in dt. 8° (1533) vor jhe | σ – σ „Ketzerey“ dt. 8° (1533) 1185
sich | 1186 Vgl. o. S. 597, Anm. 1004. | 1187 Die aus älterem Material (unter Einbeziehung eigener Erfahrungen) kompilierte „Regel“ Benedikts von Nursia (1. Hälfte des 6. Jahrhunderts),
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Adversarii fingunt Paulum abolere legem Moisi et Christum ita succedere, ut non gratis donet remissionem peccatorum, Sed propter opera aliarum legum, si quae nunc excogitentur. Hac impia et fanatica imaginatione obruunt beneficium Christi. Deinde fingunt inter hos, qui observant illam legem Christi, Monachos propius observare quam alios propter hypocrisin paupertatis, oboedientiae et castitatis, cum quidem omnia sint plena simulationis. Paupertatem iactant in summa copia rerum omnium, oboedientiam iactant, cum nullum genus hominum libertatem habeat maiorem quam Monachi. De caelibatu non libet dicere; qui quam purus sit in plerisque, qui student continere, Gerson indicat. Et quotus quisque con|tinere studet? Scilicet hac simulatione propius secundum Evangelium vivunt Mo[O4v]nachi.
Christus non ita succedit Moisi, ut propter nostra opera remittat peccata, sed ut sua merita, suam propitiationem opponat irae Dei pro nobis, ut gratis nobis ignoscatur. Qui vero praeter Christi propitiationem propria merita opponit irae Dei et propter propria merita consequi remissionem peccatorum conatur, sive afferat opera legis Mosaicae sive Decalogi sive Regulae Benedicti sive regulae Augustini sive aliarum Regularum, is abolet promissionem Christi, abiecit Christum et excidit gratia. Haec est Pauli sententia.
Vide autem, Carole Caesar Imperator clementissime, videte Principes, videte omnes ordines, quanta sit impudentia adversariorum! cum Pauli locum in hanc sententiam citaverimus, ipsi adscripserunt: Impia sunt, quae hic contra Monasticen allegantur.645 Quid est autem certius, quam quod remissionem peccatorum consequuntur homines fide propter Christum? Et hanc senten-
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Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 195,13.
die Grundurkunde des abendländischen Mönchtums. | 1188 Die aus einem Schreiben des Augustinus an die Nonnen von Hippo (Epistula CCXI, in: PL 33,958–965 [CSEL 57, 356–371]) umgestaltete Grundregel für das Gemeinschaftsleben (die vita canonica) der Weltgeistlichen. 1189 Vgl. o. S. 666, Anm. 1174. | 1190 lächerlichen Gestalten
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haben aber keinen zweifel, wo Keiserliche Maiestet und die Fürsten des verwarnet werden, sie werdenτ eine solche offentliche Gotteslesterung lassen aus der Confutation tilgen und ausreissen. Dieweil wir aber hie oben reichlich angezeigt, das es ein irthumb sey, das wir vergebung der sunde umb unsers verdiensts willen erlangen solten, so wöllen wir hie deste kürtzer reden. Denn ein jder verstendiger leserυ kan leichtlich abnemen, das wir durch die elenden Mönchewercke nicht [Hh3r] können φvom todte undφ des Teuffels gewalt erlösetχ werden ψund vergebung der | sunde verdienen.ψ Darümb ist auch das Gotteslesterisch, heslich wort, wilchs Thomas schreibet, inn keinen weg zu leiden, das ins Kloster [zu] gehen solle ein neue Tauff sein odder der Tauff gleich sein.1191 Denn es ist ein Teuffelisch wüterey und irthumb, das man ein heilose, menschlich satzunge und gebot, wilchs widder1192 Gottes gebot noch zusage hat, der heiligen Tauffe vergleichen solt, dabey kein zusage und verheissung Gottes ist. Zum andern, ωso sind diese stücke: willig armut, gehorsam, keuscheit, wenn sie anders nicht unrein ist,ω eitel „Adiaphora“1193 undα leiblich ubung, βdarin widder sund noch gerechtigkeit zu suchen ist. Darümb haben die heiligen derselbigen viel anders gebraucht, als Sanct Bernhard, Franciscus und ander, denn jtzund die Mönche. Denn dieselbigen haben solchs dings gebraucht zu ubung des leibs, das sie deste leichter warten können [des] lerens, predigens und anderer dergleichen, nicht das solche wercke Gottesdienst solten sein, fur Gott gerecht zu machen odder das ewig leben zu verdienen, sondern die wercke malet Paulus recht ab, da er sagt: „Leiplich ubung ist wenig nütz.“1194 Und es ist müglich, das inn etlichen Klöstern noch etliche frome leute sein, wilche lesen und studiren, die solcher Regeln und satzunge brauchen one heuchley und mit diesem bericht, das sie ihr Möncherey nicht fur heiligkeit halten. [Hh3v] Das [sie] aber halten, das dieselbigen wercke ein Gottesdienst sein, dadurch wir fur Gott from werden und das ewige leben verdienen, das ist stracks widder das Evangelium und widder Christum, Denn das Evangelium leret, das wir durch den glauben an Christum gerecht werden und das ewige leben erlangen. So ist es auch stracks widder das wort Christi: „sie dienen mir vergeblich mmit menschen gebotenm.“1195 So ist es wider diesen spruch Pauli: „Allesn, was nicht aus dem glauben isto, das ist sunde.“1196 Wie können sie aber sagen, das es Gottesdienste sind, die Gott gefallen und angenem sein fur ihm, so sie kein Gotteswort noch befehl haben? m–m o
dieweil die leren solche Lehren, die nichts denn Menschengebot sind L45 | gehet L45
τ
n
nicht in L45
hetten dt. 8° (1533) | υ Christ dt. 8° (1533) | φ – φ von dt. 8° (1533) | χ erret dt. 8° (1533) die greuliche schrecken der sund und den tod uberwinden. dt. 8° (1533) | ω – ω Diese stück, darauff die Moncherey furnemlich stehet, nemlich nicht ehelich werden, nicht eigens haben und andere dergleichen eigne observationes sind dt. 8° (1533) | α das ist dt. 8° (1533) | β – β dt. 8° (1533) bietet von hier an bis S. 676,4 [auszusaugen, denn] eine völlige Neubearbeitung; vgl. QuM I, 768,35–771,19 [von welcher ... etc., sondern] ψ–ψ
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tiam audent isti nebulones impiam vocare. Nihil dubitamus, quin si admoniti fuissetis de hoc loco, eximi e confutatione tantam blasphemiam curassetis.
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Cum autem supra copiose ostensum sit impiam opinionem esse, quod propter opera nostra consequamur remissionem peccatorum, breviores in hoc loco erimus. [O5r] Facile enim inde prudens lector ratiocinari poterit, quod non mereamur remissionem peccatorum per opera Monastica. Itaque et illa blasphemia nullo modo ferenda est, quae apud Thomam legitur, professionem Monasticam parem esse baptismo.646 Furor est humanam traditionem, quae neque mandatum Dei neque promissionem habet, aequare ordinationi Christi, quae habet et mandatum et promissionem Dei, quae continet pactum gratiae et vitae aeternae.
Secundo. Oboedientia, paupertas et caelibatus, si tamen non sit impurus, exercitia sunt ἀδιάφορα. Ideoque sancti uti eis sine impietate possunt, sicut usi sunt Bernardus, Franciscus et alii sancti viri. Et hi usi sunt propter utilitatem corporalem, ut expeditiores essent ad docendum et ad alia pia officia, non quod opera ipsa per se sint cultus, qui iustificent aut mereantur vitam aeternam. Denique sunt ex illo genere, de quo Paulus ait: Corporalis exercitatio parumperl utilis est.647 Et credibile est alicubi nunc quoque esse bonos viros in Monasteriis, qui serviunt ministerio verbi, qui illis observationibus sine impiis opinionibus utuntur. At sentire, quod illae observationes sint cultus, | propter quos coram Deo iusti reputentur et per quos mere[O5v]antur vitam aeternam, hoc pugnat cum Evangelio de iustitia fidei, quod docet, quod propter Christum donetur nobis iustitia et vita aeterna. Pugnat et cum dicto Christi: Frustram colunt me mandatisn hominum.648 Pugnat et cum hac sententia: Omne, quod non est ex fide, peccatum est.649 Quomodo autem possunt affirmare, quod sint cultus, quos Deus approbet tamquam iustitiam coram ipso, cum nullum habeant testimonium verbi Dei?
l
ad modicum Vg Clem. | m Sine causa Vg Clem. | n docentes mandata Vg Clem.
646
Vgl. u. S. 673, Anm. 1191. | 647 I Tim 4,8 | 648 Mt 15,9 | 649 Röm 14,23
1191
Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae II,2 q. 189 art. 3 ad 3, in: L 10, 540f: „Rationabiliter autem dici potest, quod etiam per ingressum religionis aliquis consequatur remissionem omnium peccatorum. [...] in satisfactionem pro omnibus peccatis sufficit, quod aliquis se totaliter divinis obsequiis mancipet per religionis ingressum.“ | 1192 weder | 1193 Mitteldinge. Vgl. o. S. 540, Anm. 829. | 1194 I Tim 4,8 | 1195 Mt 15,9 | 1196 Röm 14,23
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Hie ist aber erst zu mercken, wie gar unverschampt heuchler und buffen1197 sie sein! Sie | dürffen1198 sagen, das ihr Klostergelübde und orden nicht allein Gottesdienst sein, die gerecht und from fur Gott machen, sondern setzen noch dis dazu: das es Stende sein der volkomenheit, das ist heiliger und höher stend denn andere, als ehestand, Regentenstand.1199 Und sind also inn solcher ihrer Mönchischen heuchley und Phariseischem wesen unzeliche andere greuliche, ketzerische irthumb begriffen. Denn sie rhümen sich fur die allerheiligsten leute, wilche nicht allein die gebot odder praecepta, sondern auch die Consilia, das ist die hohen Rethe, was die schrifft von hohen gaben nicht ein gebot, sondern ein rath gibt, halten.1200 Darnach, so sie ihnen1201 selbst ertichten, sie sein so reich von verdienst und heiligkeit, das ihnen noch [Hh4r] uberbleibt, so sind dennoch die fromen heiligen so milde, das sie ihre „merita supererogationis“, ihre ubrige verdienst, andern anbitten und umb ein gleichen pfennig, umb gelt lassen zu stehen. Dieses alles ist eitel grobe, greuliche, erlogen, erstuncken heiligkeit und eitel Phariseische heuchley und gleisnerey. Denn nachdem das erst gebot Gottes („Du solt Gott deinen Herrn lieben von gantzem hertzen, von gantzer seele!“1202 etc.) höher ist, denn ein mensch auff erden begreiffen kan, nachdem es die hohist Theologia ist, daraus alle Propheten, alle Aposteln ihr beste, höhiste lere als aus dem brunne geschepfft haben, Ja, so es ein solch hohe gebot ist, darnach allein aller Gottesdienst, alle Gottes ehre, alle opffer, alle dancksagung im himel und auff erden regulirt und gericht müssen werden, also das alle Gottesdienste, wie hoch, köstlich und heilig sie scheinen, wenn sie ausser dem gebot sein, eitel schalen und hülsen one kern, ja, eitel unflat und greuel fur Gott sein, Wilchs hohe gebot, so gar kein Heilig volkomen erfüllet hat, das noch wol Nohae und Abraham, David, Petrus und Paulus da sich fur unvolkomen, fur sunder bekennen und hie unten bleiben müssen, So ist es ungehörter, Phariseischer, ja, recht Teuffelischer stoltz, das ein laussichter1203 Barfusermönche odder dergleichen heiloser heuchler sol sagen, ja, predigen und leren, er habe das heilige, hohe gebot also volkömlich gehalten und erfüllet und nach erfoddern und willen [Hh4v] Gottes so viel guter werck gethan, das ihm noch verdienst uberbleiben! Ja, lieben heuchler, [als] wenn sich die heiligen zehen gebot und das hohe erst Gottes gebot also erfüllen liessen, wie sich die brot und die partecken1204 lassen inn sack stecken! Es sind unverschampt heuchler, damit die welt inn diesen letzten zeitten geplagt ist. Der Prophet David sagt: „Alle menschen seinp lügner“1205, das ist, kein mensch auff erden, auch nicht die heiligen, achten odder förchten Gott so hohe und gros, als sie solten, kein mensch auff erden gleubet und vertrauet Gott so gantz volkömlich, als er sol etc. Darümb sind es lügen und heuchlisch ertichte treume, das die | Mönche rhümen, sie leben nach der volkomenheit des Evangelii und der gebot Gottes odder thun mehr, denn sie schüldig sein, das ihnen gute wercke und etliche Centener ubriger, uberflüssiger heiligkeit im vorrat bleiben.
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Sed videte impudentiam adversariorum! Non solum docent, quod observationes illae sint cultus iustificantes, sed addunt perfectiores esse cultus, hoc est, magis merentes remissionem peccatorum et iustificationem, quam sint alia vitae genera. Et hic concurrunt multae falsae ac perniciosae opiniones; fingunt se servare praecepta etμ consilia. Postea homines liberales, cum somnient se habere merita supererogationis, vendunt haec aliis. Haec omnia plena sunt Pharisaicae vanitatis. Extrema enim impietas est sentire, quod decalogo ita satisfaciant, ut supersint merita, Cum haec praecepta omnes sanctos accusent: Diligaso Dominum Deum tuum ex toto corde tuo!650 Item: Non concupiscasp!651 Prophetaν ait: Omnis homo mendax;652 id est non recte de [O6r] Deo sentiens, non satis timens, non satis credens Deo;653 quare falso gloriantur Monachi in observatione Monasticae vitae praeceptis satisfieri ac qplus quamq praecepta fieri.
o
Diliges Vg Clem. | p concupisces Vg Clem. | lat.8° (1542/1559/1580)
μ
cj.: plusquam; plusquam lat. 4° (1531/1540),
ac lat. 4° (1540) | ν Propterea lat. 8° (1542/1559)
650 Dtn 6,5; Mt 22,37 par. | CA II, o. S. 94–97.
p
q–q
651
Ex 20,17; Dtn 5,21; Röm 7,7 |
652
Ps 116,11 (Vg 115,2) |
653
Vgl.
sind L45
1197
Vgl. o. S. 671, Anm. 1190. | 1198 wagen zu | 1199 Vgl. u. S. 680f, Anm. 1225f. | 1200 Vgl. CA XXVII, o. S. 160–187, bes. 185,19–187,3, und auch S. 492, Anm. 696. | 1201 sich | 1202 Dtn 6,5 1203 lausiger, verlauster | 1204 Stückchen, Stück [Almosen]Brot | 1205 Ps 116,11 (Vg 115,2)
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Auch so ist das falsch und erlogen, das das Möncheleben solte sein ein erfüllung der Consilien odder rethe im Evangelio; denn das Evangelium hat nirgent geraten solche unterscheid der kleider, der speise odder durch solchen bettelstab der leute güter auszusaugen, dennβ es sind eitel menschensatzungen, γvon wilchen Paulus sagt:γ „Die speise qmacht uns nicht heiligerq fur Gott“1206 etc. Darümb sind es auchδ nicht Gottesdienst, die εfur Gottε from machen, ζsind auch nicht ein Evangelisch volkomenheit, sondern wenn man sie mit [Ji1r] den prechtigen titeln leret, prediget und ausschreiet, so sinds, wie sie Paulus nennet, rechte Teuffelslerer.1207 Die Jungfrauschafft lobet Paulus, und als ein guten rath prediget ers denen, welche dieselb gaben haben, wie ich hieroben gesagt hab.1208 Derhalb ist es ein schendlicher, hellischer irthumb [zu] leren und [zu] halten, das Evangelische volkomenheit inn menschlichen satzungen stehe. Denn auff die weis möchten sich auch die Mahometisten und Türcken rhümen (denn sie haben auch Einsiedel und München, wie gleubliche historien vorhanden), das sie Evangelische volkomenheit hielten. So ist auch die Evangelische volkomenheit nicht inn den dingen, welche „Adiaphora“1209 sind, sondern dieweil dieses das reich Gottes ist, das inwendig der heilige geist unsere hertzen erleuchte, reinige, stercke und das er ein neu liecht und leben inn den hertzen wircke, So ist die rechte Evangelische Christliche volkomenheit, das wir teglich im glauben, inn Gottesforcht, inn treulichem fleis des beruffs und ampts, das uns befohlen ist, zunemen, Wie auch Paulus die volkomenheit beschreibet, do er sagt ii. Corinth. iii.: „Wir werden vorkleret inn dasselbige bilde, von einer klarheit zu der andern als vom geist des herrn.“1210 Er saget nicht: wir gehen von einem orden inn den andern, Wir ziehen jtzund diese, denn1211 jhene kappen an, Jtzund diesen gürtel, denn1212 jhenen strick etc. Es ist erbermlich, das inn der Christlichen kirchen solche Pharisaische, ja, Türkische und Mahometische lere [Ji1v] uberhand genomen haben, das sie leren, die Evangelische volkomenheit und das reich Christi, durch welchs sich hie die ewigen güter und das ewige leben anheben sollen, stehen inn kappen, inn kleidern, inn speise und dergleichen kinderwerck. Hie höre man aber weiter die trefflichen Lerer, wie sie inn ihr Confutacion so ein offentlich Gottslesterung und heslich | wortζ gesetzt haben; sie dürffen1213 unvorschampt sagen: Es sey inn der heiligen schrifft geschriebenη, das das Münchleben und die heiligen orden das ewige leben verdienen Und Christus habe dasselbige sonderlich den München uberschwenglich zugesagt, welche q–q
fördert uns nicht L45
γ – γ damit man Gott vergeblich ehret, und Paulus nennets „bettelwerck“ und spricht: dt. 8° (1533) | δ nicht in dt. 8° (1533) | ε – ε nicht in dt. 8° (1533) | ζ – ζ dt. 8° (1533): s. QuM I, 771,22–772,26 [sondern, so ... ihrem poemate] | η öffentlich ausgedrückt dt. 8° (1533) 1206 1209
I Kor 8,8 | 1207 Vgl. I Tim 4,1. | 1208 Vgl. o. S. 595,15–597,23 (deutsch: 594,21–596,34). Vgl. o. S. 540, Anm. 829. | 1210 II Kor 3,18 | 1211 dann | 1212 dann | 1213 wagen es ... zu
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Deinde falsum et hoc est, quod observationes Monasticae sint opera consiliorum Evangelii. Nam Evangelium non consulit discrimina vestitus, ciborum, abdicationem rerum propriarum. Hae sunt traditiones humanae, de quibus omnibus dictum est: Esca non commendat Deo,654 quare neque cultus iustificantes sunt neque perfectio. Imo cum his titulis fucatae proponuntur, sunt merae doctrinae daemoniorum.655 Virginitas suadetur, sed his, qui donum habent, ut supra dictum est. Error est autem perniciosissimus sentire, quod perfectio Evangelica sit in traditionibus humanis. Nam ita etiam Mahometistarum Monachi gloriari possent se habere perfectionem Evangelicam. Neque est in observatione aliorum, quae dicuntur ἀδιάφορα656, sed quia regnum Dei est iustitia et vita in cordibus,657 ideo perfectio est crescere timorem Dei, fiduciam mi|sericordiae promissae in Christo et curam oboediendi vocationi, sicut et Paulus describit perfectionem: transformamur a claritate in claritatem [O6v] tamquam a Domini spiritu.658 Non ait: alium subinde cucullum accipimus aut alios calceos aut alia cingula. Miserabile est in Ecclesia tales Pharisaicas, imo Mahometicas voces legi atque audiri videlicet perfectionem Evangelii, regni Christi, quod est vita aeterna, in his stultis observationibus vestium et similium nugarum collocari.
Nunc audite Areopagitas nostros659, quam indignam sententiam posuerint in confutatione. Sic aiunt: Sacris litteris expressumr est Monasticam vitam, debita observatione custodiam, quam per gratiam Dei quilibet Monastici custodire
r
im Text durch Großbuchstaben hervorgehoben
654 I Kor 8,8 | 655 Vgl. I Tim 4,1. | 656 Vgl. o. S. 540, Anm. 829. | 657 Vgl. Röm 14,17. | 658 II Kor 3,18 | 659 Richter; nach den Mitgliedern des Areopags, der obersten Athener Gerichtsbehörde
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also verlassen haus, hoff, brüder, schwester1214.1215 Das sind die klaren wort der widdersacher. Ist aber das nicht ein gantz unverschampt, heslich lügen, Es sey inn der heiligen schrifft geschriebenθ, das man durch das Münchleben könne das ewige leben verdienen? Wie seid ihr doch küne, wo redet doch die schrifft von Müncherey? Also ιhandelen diese grosse trefflichen sachen die widdersacher, also füren sie die schrifft ein.ι Die gantz welt weis, die Historien sind vor augen, das die Orden und Müncherey ein gantz neu ding ist, noch1216 dürffen sie rhümen, κdie heilige schrifft rede von ihr Müncherey!κ Darüber so lestern sie und schmehen Christum, das sie sagen, Man könne durch klosterleben das ewige leben verdienen. Gott thuet seinem eigen gesetz nicht die ehre, das man durch die [Ji2r] werck des gesetzs solt das ewige leben verdienen, wie er klar sagt Ezechielis am xx.: Ich habe ihnen geben gesetz, dadurch sie das leben nicht haben können.1217 Denn fur das erst ist das gewis, das durch Möncherey niemands kan das ewige leben verdienen, sondern umb Christus verdiensts willen, durch lauter barmhertzigkeit wird das ewige leben geben denjhenigen, so durch den glauben vergebung der sunde erlangen und halten denselbigen gegen Gottes urteilλ, nicht ihren armen vordienst. Wie auch S. Bernhart ein fein wort gered hat, das wir vergebung der sunde nicht haben können, denn allein durch Gottes gnade und guete, Item, das wir gar nichts von guten wercken haben können, wenn er es nicht gibet, Item, das wir das ewige leben nicht verdienen können mit wercken, sondern es werde uns auch aus gnaden geben.1218 Und dergleichen redet S. Bernhard viel auff dieselbige meynung, wie wir oben erzelt.1219 Und am ende setzt noch S. Bernhard dazu: Darümb wölle niemands darinnen sich selbs betriegen noch verfüren, Denn wird er es selbs recht bedencken, so wird er gewis finden, das er mit zehentausent dem nicht kan entgegenkomen (nemlich Gotte), der mit zwentzigtausent auff ihn zu dringet1220.1221 So wir denn auch nicht durch die werck des Göttlichen gesetzs vergebung der sunde odder das ewige leben verdienen, sondern | müssen die barmhertzigkeit suchen, welche inn Christo verheissen ist, So verdienen wir es viel weniger durch Klosterleben, Möncherey, dasμ eitel mensch[Ji2v]ensatzungen seind, und sol die ehre viel weniger den bettelischen satzungen geben werden. νDiejenigen, die da leren, das wir durch Müncherey können vergebung der sunde verdienen, Und setzen also das vertrauen, welchs Christo allein gebü-
θ
öffentlich ausgedrückt dt. 8° (1533) | ι – ι spielen unser widdersacher mit der schrifft und Gottes wort. dt. 8° (1533) | κ – κ ihr Möncherey sey ausgetruckt inn der schrifft! dt. 8° (1533) | λ zorn dt. 8° (1533) | μ welchs dt. 8° (1533) | ν – ν nicht in dt. 8° (1533) 1214
Vgl. Mt 19,29. | 1215 Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 191,7–13: „Quare admittenda non sunt, quae hic in sinistram partem interpretantur, cum sacris litteris sit expressum, monasticam vitam debita observatione custoditam, quam per gratiam dei quilibet monastici custodire possunt, mereri vitam aeternam et quidem multo auctiorem. Christus enim hoc eis promisit: „Qui reliquerit domum aut fratres aut sorores aut uxorem aut patrem aut matrem aut uxorem [!] aut filios aut agros propter nomen meum, centuplum accipiet et vitam aeternam
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possunt, mereri vitam aeternam et quidem multo auctiorem Christus eis promisit, qui reliquerint domum aut fratres660 etc. Haec sunt verba adversariorum, in quibus hoc primum impudentissime dicitur, quod sacris litteris expressum sit vitam Monasticam mereri vitam aeternam. Ubi enim loquuntur sacrae litterae de Monastica? Sic agunt causam adversarii, sic citant scripturas nihili homines! cum nemo nesciat Monasticam recens excogitatam esse, tamen allegant auctoritatem scripturae et quidem dicunt hoc suum decretum expressum esse in scripturis. Praeterea contumelia afficiunt [O7r] Christum, cum dicunt homines per Monasticam mereri vitam aeternam. Deus ne suae quidem legi hunc honorem tribuit, quod mereatur vitam aeternam, sicut clare dicit apud Ezechielem Cap. 20.: Ego dedi eis praecepta non bona et iudicia, in quibus non vivent.661 Primum hoc certum est, quod vita Monastica non meretur remissionem peccatorum, sed hanc fide gratis accipimus, ut supra dictum est. Deinde propter Christum per misericordiam donatur vita aeterna his, qui fide accipiunt remissionem nec opponunt merita sua iudicio Dei, sicut et Bernardus gravissime dicit: Necesse est primo omnium credere, quod remissionem peccatorum habere non possis nisi per indulgentiam Dei, Deinde quod nihil prorsus habere queas operis boni, nisi et hoc dederit ipse, Postremo quod aeternam vitam nullis potes operibus promereri, nisi gratis detur et illa.662 Cetera, quae in eandem sententiam sequuntur, supra recitavimus. Addit autem in fine Bernardus: Nemo se seducat, quia si bene cogitare voluerit, inveniet procul dubio, quod nec cum decem millibus possitξ occurrere ei, qui cum viginti millibus venit ad se.663 Cum autem nec divinae legisο operibus mereamurπ remissio|nem peccatorum aut vitam aeternam, sed necesse sit quaerere misericordiam pro[O7v]missam in Christo multo minus observationibus Monasticis, cum sint merae traditiones humanae, tribuendus est hic honor, quod mereantur remissionem peccatorum aut vitam aeternam.
Ita simpliciter obruunt Evangelium de gratuita remissione peccatorum et de apprehendenda misericordia promissa in Christo, qui docent Monasticam ξ
posset lat. 8° (1542/1559) | ο leges lat. 8° (1542/1559) | π mereantur lat. 8° (1559)
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Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 191,8–11; vgl. Mt 19,29. | 661 Ez 20,25 Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae I, 1, in: PL 183, 383. | 663 Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae I, 1, in: PL 183, 383 = Lk 14,31. 662
possidebit, Mat. 19[,29]“ (deutsch: ebd., 190,9–17). | 1216 dennoch | 1217 Vgl. Ez 20,25. | 1218 Vgl. Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae I, 1, in: PL 183, 383. | 1219 Vgl. o. S. 463,13–25; 673,12–27 (deutsch: 462,21–38; 672,15–35). | 1220 Vgl. Lk 14,31. | 1221 Vgl. Bernhard von Clairvaux, In Festo Annuntiationis B. Mariae I, 1, in: PL 183, 383.
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ret, auff die elenden satzungen, die treten schlecht1222 das heilige Evangelion und die verheissung von Christo mit füssen. Und fur den heiland Christum ehren sie ihre schebichte kappen, ihr Münchische, tolle werck. Und so es ihnen noch selbs feilet an gnade, so thun sie als die gottlosen, heilosen leut, das sie noch ihr „merita supererogationis“ ertichten und andern leuten das uberich teil am himel verkeuffen.ν Wir reden hie deste kürtzer von dieser sach, denn aus dem, so droben geredt, „von der Busse“, „de iustificatione“, „von menschensatzungen“ etc.,1223 ist genug zu mercken, das die Klostergelübde nicht der schatz sein, dadurch wir erlöset ξund erlangen ein ewiges leben etc. Und soξ Christus dieselbigen satzungenο nennetπ vergebliche Gottesdienste,1224 ρso sind sie inn keinen weg ein Evangelische volkomenheit.ρ σDoch haben etlichσ vernünfftige Münch ein scheu gehabt, ihr Müncherey so hoch zu rhümen, das [sieτ] solt Christliche volkomenheit heissen. Die haben diesen hohenυ rhum gemessiget, habenφ gesagt, Es sey nicht Christlich volkomenheit, sondern es sey ein stand, der dazu dienen sol, Christlich volkomenheit zu suchen.1225 Solcher messigung [Ji3r] gedenckt auch Gerson und verwirfft die unchristlich rede, das Müncherey Christliche volkomenheit sey.1226 Wo nu Müncherey nur ein stand ist, volkomenheit zu suchen, so ists nicht mehr ein stand der volkomenheit denn der bauren und ackerleut, der | schneider und becker leben etc. Denn das alles sind auch stende, Christliche volkomenheit zu suchen. Denn alle menschen, sie sein inn was stande sie wöllen, ein jeder nach seinem beruff, so sollen sie nach der volkomenheit, solang dis leben weret, streben und allzeit zunemen inn Gottesforcht, im glauben, inn liebe gegen dem nehisten und dergleichen geistlichen gabenχ. Man lieset inn „Vitis Patrum“ von S. Antonior und etlichen andern grossen, heiligen Einsiedeln, welche durch erfarung dahin sind entlich komen, das sie gemerckt, das sie ihre werck vor Gott nicht mehr from machenψ denn anderer stend werck. Denn S. Anthonius hat auff ein zeit Gott gebeten, das er ihm doch zeigen wölt, ωwie weit er komen were ins leben der volkomenheit.ω Da ward ihm angezeigt ein Schuster zu Alexandria und ward ihm gesagt, Dem handwercksmanne wer er inn heiligkeit gleich. Bald den andern tag macht sich Anthonius auff, zoch gen Alexandria, sprach denselbigen schuster an und fragt mit fleis, was er vor1227 ein heiligen wandel, leben und wesen füret. Do antwort ihm der Schuster: Ich thue nichts besonders denn morgens r
cj.: Augustino; Antonio CR
ξ–ξ
sind von ewigem zorn und tod etc., denn dt. 8° (1533) | ο nicht in dt. 8° (1533) | π in dt. 8° (1533) nach Christus | ρ – ρ wie solten sie denn jmand von ewigem tod erretten etc.? dt. 8° (1533) σ – σ Es haben auch etliche dt. 8° (1533) | τ es CR | υ nicht in dt. 8° (1533) | φ und dt. 8° (1533) χ sachen dt. 8° (1533) | ψ machten dt. 8° (1533) | ω – ω ob er angenemer wer von wegen seines harten lebens denn andere. dt. 8° (1533) 1222
schlicht | 1223 Vgl. AC IV–VI, XII, XV, o. S. 267–397; 435–511; 521–541 (deutsch: 266–396; 434–510; 520–540). | 1224 Vgl. Mt 15,9. | 1225 Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 195,14–17: „Quod autem odiosius opponitur, quod religiosi sint in statu perfectionis. Ita ab eis
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vitam mereri remissionem peccatorum aut vitam aeternam, et fiduciam debitam Christo transferunt in illas stultas observationes. Pro Christo colunt suos cucullos, suas sordes. Cum autem et ipsi egeant misericordia, impie faciunt, quod fingunt merita supererogationis eaque aliis vendunt. Brevius de his rebus dicimus, quia ex his, quae supra de iustificatione, de poenitentia, de traditionibus humanis diximus, satis constat vota Monastica non esse pretium, propter quod detur remissio peccatorum et vita aeterna. Et cum Christus vocet traditiones cultus inutiles, nullo modo sunt perfectio Evangelica.
Verum adversarii videri volunt astute moderari vulgarem persuasionem de perfectione. Negant Monasticam vitam perfectionem esse, sed dicunt statum esse acquirendae perfectionis. Belle dictum est et meminimus hanc correctionem exstare [O8r] apud Gersonem.664 Apparet enim prudentes viros offensos immodicis illis encomiis vitae Monasticae, cum non auderent in totum detrahere ei laudem perfectionis, addidisse hanc ἐπανόρθωσιν, quod sit status acquirendae perfectionis. Hoc si sequimur, nihilo magis erit Monastica status perfectionis quam vita agricolae aut fabri. Nam hi quoque sunt status acquirendae perfectionis. Omnes enim homines in quacumque vocatione perfectionem expetere debent, hoc est crescere in timore Dei, in fide, in dilectione proximi et similibus virtutibus spiritualibus.
Exstant in historiis Eremitarum exempla Antonii et aliorum, quae exaequant genera vitae. Scribitur Antonio petenti, ut Deus sibi ostenderet, quantum in hoc vitae genere proficeret, quendam in urbe Alexandria sutorem monstratum esse per somnium, cui compararetur. Postridie Antonius veniens in urbem accedit ad sutorem exploraturus illius exercitia et dona, collocutus cum homine nihil audit nisi mane eum pro universa civitate paucis verbis
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Vgl. u. S. 681, Anm. 1226.
numquam auditum est. Religiosi enim non sibi arrogant perfectionem sed statum perfectionis acquirendae, quia eorum instituta sunt instrumenta perfectionis non ipsa perfectio.“ (deutsch: ebd., 194,22–27). | 1226 Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae II,2 q. 184 art. 3 co., in: L 10, 453, zitiert in: Johannes Gerson, De Consiliis Evangelicis et statu perfectionis, in: GOC 2, 15: „Ieiunia, vigiliae, nuditas, privatio omnium facultatum; non perfectio, sed perfectionis sunt instrumenta, quia non in ipsis consistit disciplinae finis, sed per illa perveniuntur.“ Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 195,17f: „Et hoc pacto accipiendus est Gerson, qui non negat religiones status esse perfectionis acquirendae […]“ (deutsch: ebd., 194,27–30). | 1227 für
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spreche ich mein gebet vor die gantze stad und arbeit [Ji3v] darnach mein handwerk, warte meins hauses etc.1228 Do verstund Anthonius bald, was Gott durch die offenbarung gemeint hette. Denn man wird nicht durch dis odder jhenes leben vor Gott gerecht, sondern allein αdurch den glauben an Christum.α Die widdersacher aber, wiewol sie sich jtzund auch schemen, die Möncherey „volkomenheit“ zu nennen, so halten sie es doch im grund dafur. Denn sie verkeuffen ihre werck und verdienste und geben fur, sie halten nicht allein die gebot, sondern die Consilia und Rethe, und wenen, sie behalten vordinst noch uberig. Heist das nu nicht mit der that volkomenheit und heiligkeit rhümen, wenn sie gleich mit worten ein wenig die sach messigen? Auch ist klar gesetzt inn der Confutation, das die Mönche neher und genauer nach dem Evangelio leben denn andere weltlichen.1229 Wo nu ihr meinung ist, das man dadurch dem Evangelio neher lebet, wenn man nicht eigens hat, ausserhalb der ehe lebet, ein sonderlich kleidung odder kappen tregt, also fastet, also betet, so ist ja ihr meinung, das ihr Müncherey Christlich volkomenheit sey, dieweil sie dem Evangelio neher sein sol denn gemein leben. Item, inn der Confutation stehet geschrieben, das die Mönche das ewige leben reich|licher erlangen denn andere, und [sie] ziehen an die schrifft: „Wer shaus und hoffs verlest“1230 etc. Do rhümen sie auch ein volkomenheit, welche sol an der Möncherey sein.1231 Aber der spruch redet nichts von der [Ji4r] Möncherey, Denn Christus wil da nicht, das vater, mutter, weib, kind, haus und hoff verlassen ein solch werck sey, damit man vergebung der sunde und das ewige leben verdiene, Sondern auff die weise vater und mutter [zu] verlassen, gefelt Gott gar nichts und ist inn die helle vormaledeiet; Denn wenn jemands darümb eldern, haus, hoff verlest, das er dadurch wil vergebung der sunde und das ewige leben verdienen, do lestert er Christum. Es ist aber zweierley verlassen. Eins geschihet aus beruff und Gottes gepot. Das verlassen, welches one beruff und Gotts gepot geschihet, das lest ihm der Herr Christus gar nicht gefallen, Denn die werck, so wir selbs erwelen, nennet der Herr Christus unnütze, vergebliche Gottesdienst.1232 βMan sihet aber daraus noch klerer,β das Christus nicht meinet ein solchs fliehen von weib und kind. Er sagt: Wer da verlest weib, kind, haus, hoff etc.1233 Nu wissen wir, das Gott verbotenγ hat, weib, kind nicht zu verlassen. Es ist aber ein ander verlassen, wenn wir aus Gotts gebot verlassen Eldern, weib, kind etc. Und wenn wir es selb vernemenδ. Denn wenn Tyrannen mich wolten zwingen, das Evangelion zu verleugnen, odder [mich] verjagen, do haben wir Gotts befehl, das wir sollen ehe1234 unrechtsε leiden, als das wir nicht allein
s–s
Häuser oder Brüder L45
α – α damit, das man barmhertzigkeit sucht und vertrauet auff Christum. dt. 8° (1533) | β – β Und daraus sihet man klar, dt. 8° (1533) | γ geboten dt. 8° (1533) | δ aus eignem furnemen on gezwungen thun dt. 8° (1533) | ε unrecht dt. 8° (1533)
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orare, deinde | arti suae operam dare. Hic intellexit Antonius non esse iustificationem tribuendam illi vitae generi, quod susceperatρ.
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Sed adversarii, etsi nunc moderantur laudes [O8v] de perfectione, tamen aliter re ipsa sentiunt. Vendunt enim merita et applicant pro aliis hoc praetextu, quod observent praecepta et consilia, quare re ipsa sentiunt sibi superesse merita. Quid est autem arrogare sibi perfectionem, si hoc non est? Deinde in ipsa confutatione positum est, quod Monastici contendant propius secundum Evangelium vivere. Tribuit igitur perfectionem traditionibus humanis, si ideo propius secundum Evangelium vivunt Monachi, quia non habent proprium, quia sunt caelibes, quia oboediunt Regulae in vestitu, cibis et similibus nugis.
Item confutatio dicit Monachos mereri vitam aeternam auctiorem et allegatσ Scripturam: Qui reliquerit domum665 etc., scilicet hic quoque perfectionem arrogat facticiis religionibus. Sed hic locus Scripturae nihil facit ad vitam Monasticam. Non enim hoc vult Christus, quod deserere parentes, coniugem, fratres sit opus ideo faciendum, quia mereatur remissionem peccatorum et vitam aeternam. Imo maledicta est illa desertio. Fit enim cum contumelia Christi, si quis ideo deserat parentes aut coniugem, ut hoc ipso opere mereatur remissionem peccatorum et vitam aeternam.
Duplex autem desertio est; quaedam fit sine vocatione, sine [P1r] mandato Dei, hanc non probat Christus. Nam opera a nobis electa sunt inutiles cultus.666 Clarius autem hincτ apparet Christum non probare hanc fugam, quia loquitur de deserenda uxore et liberis. Scimus autem, quod mandatum Dei prohibet deserere uxorem et liberos. Alia desertio est, quae fit mandato Dei, videlicet cum cogit nos potestas aut tyrannis cedere aut negare Evangelium. Hic habemus mandatum, ut potius sustineamus iniuriam, potius eripi
ρ
susceperit lat. 8° (1542/1559) | σ allegant lat. 8° (1542/1559) | τ hic lat. 8° (1542/1559)
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Mt 19,29 | 666 Vgl. Mt 15,9.
1228
Rufinus (zugeschrieben), De vitis patrum III (Verba seniorum), 130, in PL 73, 785. | 1229 Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 195,11f: „Sed monastici contendunt propius secundum evangelium vivere, ut mereantur vitam aeternam“ (deutsch: ebd., 194,17–20). | 1230 Mt 19,29 | 1231 Vgl. o. S. 678f, Anm. 1215. | 1232 Vgl. Mt 15,9. | 1233 Vgl. Mt 19,29. | 1234 eher, lieber
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von weib und kindern, haus und hoff vertrieben werden, sondern auch, das man uns unser leib und leben nimpt. Von dem verlassen redet Christus, darumb setzt er auch dazu: „umb ζdes [Ji4v] Evangelionsζ willen“1235, und zeigt gnug an, das er von den rede, die umb des Evangelionsη willen leiden, nicht weib und kind aus eignem furnemen verlassen, Denn wir sind auch schuldig, unser eigen leben zu lassen umb des Evangelionsθ willen. Da were es nu nerrisch und gantz widdersyns verstanden, wenn ich mich selbs tödten wolt one Gottes befehl. Also ist es auch nerrisch, das fur heiligkeit und Gottesdienst [zu] halten, das ich aus eigenem vornemen vorliesse weib und kind one Gottes befehl. Derhalb wird der spruch Christi ubel auff die Möncherey gedeut. Es möcht sich aber das auff die Mönchen reimen, das sie hundertfeltiges inn diesem leben entpfahen. Denn viel werden Mönche umb des bauchs willen und das sie müssiggangι und feiste kuchenκ haben, da sie als betler dennoch | inn reiche kloster komen. Wie aber die gantze Möncherey vol, volλ heuchley ist und betrugs, also ziehen sie auch die schrifft felschlich an, thun also zweierley schreckliche sunde: Vor eins,1236 das sie μdie welt mit Abgötterey betriegen,μ Zum andern, das sie Gottes namen und wort felschlich anziehen, ihre Abgötterey zu schmücken. Auch so wird ein spruch angezogen: „tSo du wiltt volkomen sein, so gehe, vorkeuff allesu, was du hast, und gibs den armen, und folge mir nach!“1237 Der spruch hat vielen zu schaffen gemacht, das sie haben wollen wenen, das sey die höhiste heiligkeit und volkomenheit, nichtν eigens [zu] haben, nicht [Kk1r] haus, hoff, gueter [zu] haben. Es mügen aber die Cynici, als Diogenes,1238 der kein haus haben wolt, sondern lage inn einem fass, solche Heidnische heiligkeit rhümen. Christliche heiligkeit stehet viel auffξ höhern sachen denn auffο solcher heuchley. Denn gueter haben, haus und hoff sind weltlicher regiment ordenunge, welche durch Gott bestetiget sind als im fünfften1239 gebot: „Du solt nicht stelen“1240 etc. Darümb, gueter, haus und hoff verlassen ist inn der schrifft nicht geboten noch geraten, Denn Evangelische Christliche armut stehet nicht darinne, das ich die gueter verlasse, sondern das ich πnicht darauff vertraue,π gleich wie David gleichwol arm war bey einem grossen gewalt und königreich. Darümb, dieweil solch verlassen der gueter nichts ist denn ein menschlich satzunge, so ist es ein unnütz Gottesdienst, und des Bapsts „Extravagant“
t–t
Willst du L45 | u nicht in L45
ζ – ζ des Evangelii dt. 8° (1533); meines Namens L45 | η Evangelii dt. 8° (1533) | θ Evangelii dt. 8° (1533) | ι gehen dt. 8° (1533) | κ küchen dt. 8° (1533) | λ in CR als erratum gestrichen | μ – μ die grosse Abgötterey treiben, dt. 8° (1533) | ν nichts dt. 8° (1533) | ξ inn dt. 8° (1533) | ο inn dt. 8° (1533) | π – π sie nicht höher liebe denn Gott, dt. 8° (1533) 1235
Mt 19,29 | 1236 Zum ersten | 1237 Mt 19,21 | 1238 Diogenes von Sinope, griechischer Philosoph der Strömung des Kynismus. | 1239 recte siebenten | 1240 Ex 20,15; Dtn 5,19
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nobis patiamur non solum facultates, coniugem, liberos, sed vitam quo|que. Hanc desertionem probat Christus ideoque addit propter Evangelium, ut significet se de his loqui, non qui faciunt iniuriam uxori et liberis, sed qui propter confessionem Evangelii sustinent iniuriam. Corpus nostrum etiam deserere debemus propter Evangelium. Hic ridiculum fuerit sentire, quod cultus Dei sit se ipsum occidere et relinquere corpus sine mandato Dei. Ita ridiculum est sentire, quod cultus Dei sit deserere possessiones, amicos, coniugem, liberos sine mandato Dei.
Constat igitur male detorqueri dictum Christi ad vitam Monasticam. Nisi fortassis hoc quadrat, quod centuplum in hac vita recipiuntυ. Plurimi enim fiunt Monachi non propter Evangelium, sed propter culinam [P1v] et otium, qui pro exiguis patrimoniis inveniunt amplissimas opes. Sed ut tota res Monastica simulationis plena est, ita falso praetextu testimonia scripturae citant, ut dupliciter peccent, hoc est, ut fallant homines et fallant praetextu nominis divini.
Citatur et alius locus de perfectione: Si vis perfectus esse, vade, vende, quae habes, et da pauperibus et veni et sequere me!667 Hic locus exercuit multos, qui finxerunt perfectionem esse possessiones ac dominia rerum abiicere. Sinamus Philosophos Aristippum praedicare, qui magnum auri pondus abiecit in mare.668 Talia exempla nihil pertinent ad Christianam perfectionem. Rerum divisio, dominia et possessio sunt ordinationes civiles approbatae verbo Dei in praecepto: Non furtum facies.669 Desertio facultatum non habet mandatum aut consilium in Scripturis. Nam Evangelica paupertas non est desertio rerum, sed non esse avarum, non confidere opibus, sicut David pauper erat in ditissimo regno.
Quare cum desertio facultatum sit mere traditio humana, est inutilis cultus. Et immodica sunt illa Encomia in extravagante, quae ait abdicationem prop-
υ
recipiant lat. 4° (1540)
667 Mt 19,21 | 668 Vgl. Diogenes Laertios, De vitis, dogmatibus et apophtegmatibus clarorum philosophorum II, 77. Aristipp, der Gründer der Schule der Hedoniker, im 5./4. Jahrhundert, tat es jedoch, um sein Geld nicht Seeräubern in die Hände fallen zu lassen. | 669 Ex 20,15; Dtn 5,19
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rhümet und lobet auchρ σviel zu hoheσ solche Mönchische, heuchlische armut, da sie sagt, nicht eigens haben umb Gottes willen sey ein verdienstlich, heilig dieng und ein weg der volkomenheit.1241 Wenn unerfarne leute solch rhümen hören, fallen sie darauff, es sey unchristlich, inn guetern [zu] sitzen; daraus folgen denn viel irthumb und auffruren; durch solch rhümen ist Müntzer1242 betrogen worden und werden dadurch viel Anabaptisten verfurt. Sie sprechen aber: hats doch Christus selb volkomenheit genennet. Da sage ich nein | zu, denn sie thuen dem Text gewalt, das sie ihn nicht gantz [Kk1v] anziehen. Volkomenheit stehet inn diesem stück, da Christus spricht: „Folge mir nach!“1243 und darinn stehet eins jeden Christen volkomenheit, das er Christo folge, ein jeder nach seinem beruff, und sind doch die beruff ungleich, einer wird beruffen zu eim regenten, der ander zu eim hausvater, der drit zu eim Prediger. Darümb, ob schon jhener jüngling berufft ist, das er verkauffen solt, betrifft sein beruff nicht andere, wie Davids beruff, das er König werden solt,1244 nicht alle betrifft, Abrahams beruff, das er sein son opffern solt,1245 betrifft nicht andere. Also sind die beruff ungleich, aber der gehorsam soll gleich sein, und darin stehet volkomenheit, so ich inn meinem beruff gehorsam bin, nicht, so ich mich eins frembden beruffs annim, da ich nicht befehl odder Gottes gebot von habe. τVor1246 das dritte,τ eins von den substantial Klöstergelübden ist die keuscheit. Nu haben wir oben von der Priesterehe gesaget, das man durch kein gesetz odder klostergelübde natürlich odder Göttlich recht endern kan.1247 Und soυ nicht alle leute die gabe der keuscheit haben, so halten sie auch dieselbigen, das Gott geklagt sey. So können auch keine klostergelübde noch gesetz dem heiligen geist sein gebot endern, da Paulus sagt: „vHurerey zu vormeidenv, habe ein jglicher sein eigen eheweibw.“1248 Darümb sind die klostergelübde nicht Christlich in denen, welche nicht haben die gabe der keuscheit, sondern fallen und machens erger aus schwacheit. Von dem artickel haben wir hir oben gesagt, und [Kk2r] ist warlich wunder, so die widersacher vor augen sehen so viel unzelich ferligkeit der gewissen und ergernis, das sie nichtdesteweniger als die törichten, rasenden leute dringen auff solche menschensatzunge widder das offentliche Gottesgebot und sehen nicht, das der Herr Christus so ernstlich straffet die Phariseer, welcheφ satzungenχ widder Gottes gebot leretenψ. v–v
um der hurerei willen L45 | w Weib L45; uxorem Vg Clem.
ρ
nicht in dt. 8° (1533) | σ – σ in dt. 8° (1533) nach armut | τ – τ Zum vierden dt. 8° (1533) | υ dieweil dt. 8° (1533) | φ darümb, das sie dt. 8° (1533) | χ danach: machten, die dt. 8° (1533) | ψ waren dt. 8° (1533) 1241
Extrav. Joann. 14.5 (Friedberg II, 1232): „declaratio Nicolai IV. [recte III.] [...] dicens. quod abdicatio proprietatis omnium rerum, tam in speciali quam in communi, propter Deum meritoria est et sancta, quam et Christus, viam perfectionis ostendens, verbo docuit et exemplo firmavit“. Zitat aus einer Konstitution Nikolaus III., in: VI.5.12.3 (Friedberg II, 1114). | 1242 Thomas Müntzer, enthusiastischer Prediger, mystischer Theologe und Revolutionär, zunächst begeisterter
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rietatis omnium rerum propter Deum meritoriam et sanctam et [P2r] viam perfectionis esse. Et periculosissimum est rem pugnantem cum civili consue|tudine talibus immoderatis laudibus efferre. At Christus hic perfectionem vocat. Imo, Iniuriam faciunt textui, qui truncatum allegant. Perfectio est in hoc, quod addit Christus: sequere me!670 Exemplum oboedientiae in vocatione propositum est. Et quia vocationes dissimiles sunt, ita haec vocatio non est omnium, sed proprie ad illam personam, cum qua ibi loquitur Christus, pertinet, sicut vocatio David ad regnum, Abraham ad mactandum filium non sunt nobis imitandae. Vocationes sunt personales, sicut negotia ipsa variant temporibus et personis. Sed exemplum oboedientiae est generale. Perfectio erat futura illi iuveni, si huic vocationi credidisset et oboedivisset. Ita perfectio nobis est oboedire unumquemque vera fide suae vocationi.
Tertio. In votis Monasticis promittitur castitas. Supra autem diximus de coniugio Sacerdotum non posse votis aut legibus tolli Ius naturae in hominibus. Et quia non omnes habent donum continentiae, multi propter imbecillitatem infeliciter continent. Neque vero ulla vota aut ullae leges possunt abolere mandatum spiritus sancti: Prop[P2v]ter fornicationem unusquisque habeat uxorem suam.671 Quare hoc votum non est licitum in his, qui non habent donum continentiae, sed propter imbecillitatem contaminantur. De hoc toto loco satis supra dictum est, in quo profecto mirum est, cum versentur ob oculos pericula et scandala, tamen adversarios defendere suas traditiones contra manifestum Dei praeceptum. Nec commovet eos vox Christi, qui obiurgat Phariseos, qui traditiones contra mandatum Dei fecerant.672
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Mt 19,21 | 671 I Kor 7,2 | 672 Vgl. Mt 23,13–36.
Schüler, dann erbitterter Gegner Luthers und der Wittenberger. | 1243 Mt 19,21 | 1244 Vgl. I Sam 16,1–13. | 1245 Vgl. Gen 22,1–19. | 1246 Für | 1247 Vgl. o. S. 591,12–603,28 (deutsch: 590,24–602,35). | 1248 I Kor 7,2
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Zum vierden, so solt doch jderman von klosterleben abschrecken der greulich, schrecklich misbrauch der Messen, welche gehalten werden vor1249 lebendige und vor1250 die todten, Item, das anruffen der Heiligen, das alles auff geitz, auff eitel Teuffelsgreuel gericht ist. Denn am anruffen der Heiligen ist zweierley greuel: Der ein, das der heiligendienst auff geitz gericht ist, Der ander, das die Heiligen werden gesetzt an Christus stad und das sie werden Abgöttisch ange|bettet und vor1251 Mitler gegen Gott gehalten, wie allein die Predigermönch (schweige unzelich tolle treume der ander Mönche) mit der bruderschafft des Rosenkrantzs1252 ein rechte, unverschampt Abgötterey haben angericht, welchs jtzund feind und freund selbst spotten. Item, das Evangelion, welchs da prediget vergebung der sunde umb Christus willen, von rechter buss, von rechten guten wercken, die Gottes befehl haben, hören sie nicht, sie lerens auch nicht, sondern leren aus ihren predigen fabeln von Heiligen und eigne ertichte werck, dadurch Christus wird unterdrücket. Das alles haben die Bischofe leiden können. [Kk2v] Wir wöllen hie geschweigen der unzelichen, kindischen Ceremonien und nerrichten Gottesdienst mit Lection, mit gesengen1253 und dergleichen, welche zum teil möchten zu dulden sein, wenn sie ein mas hetten und zu guter ubunge gebraucht würden, Wie man der lection inn der schule und der predigt dazu gebrauchet, das die zuhörer davon sich bessern. Aber nu ertichten sie ihnen1254 selbst, das solch mancherley Ceremonien sollen Gottesdienst sein, vergebung der sunde dadurch zu verdienen, ihnen1255 selbs und andern, darümb machen sie auch an1256 unterlas neu Ceremonien. Denn wenn sie solche kirchendienst und Ceremonien dahin richten, das die jugent und der gemein man möcht geübet werden inn Gottes wort, so weren kurtze und fleissige lection viel nützer denn ihr geplerre im Chor, das widder mas noch ende hat. Also ist das gantze klosterleben gar vol abgöterey und vol heuchlischer irthumb widder das erst und ander gebot, widder Christum. Darüber ist noch die ferligkeit dabey, das diejhenigen, die also inn Stifften odder Klöstern sind, müssen wissentlich helffen, die warheit [zu] verfolgen. Derhalb sind viel grosser ursach, darümb from, redlich leut klosterleben fliehen odder auch verlassen mügen.ω Darüber so sprechen die Canones selbs diejhenigen loss, die uberredt sind mit guten worten, ehe sie zu ihrem rechten alter komen sind, odder welche die freunde widder ihren willen inn einα Kloster verstossen haben. Aus dem allen erschei[Kk3r]net, das viel ursachen sind, welche da anzeigen, das die klostergelübde, welche bisher geschehen sind, nicht recht Christlich, bündige ω
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ω–ω
dt. 8° (1533): s. QuM I, 777,1–778,16 [Summa der ... zu willigen.] | α die dt. 8° (1533)
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für | 1250 für | 1251 für | 1252 Das Rosenkranz-Gebet ist aus älteren Elementen (gehäuften Vaterunsern schon bei den ägyptischen Mönchen und dem Ave-Maria-Gebet Ende des 11. Jahrhunderts) am Ende des Mittelalters entstanden. Die Dominikaner haben es besonders gefördert; ihre Legende führt es seit dem 15. Jahrhundert auf eine Marienvision des Dominikus zurück.
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Quarto. Liberant hos, qui vivunt in Monasteriis, impii cultus, quales sunt: prophanatio Missae ad quaestum collatae pro mortuis, cultus sanctorum, in quibus duplex vitium est, et quod sancti in locum Christi surrogantur et impie coluntur, sicut finxerunt Dominicastri Rosarium B. Virginis, quod est mera βαττολογία non minus stulta quam impia vanissimam fiduciam alens.673 Deinde hae ipsae impietates tantum conferuntur ad quaestum. Item | Evangelium de gratuita remissione peccatorum propter Christum, de iustitia fidei, de vera poenitentia, de operibus, quae habent mandatum Dei, neque audiunt neque docent. Sed versantur aut in Philosophicis disputationibus aut in traditionibus cere[P3r]moniarum, quae obscurant Christum.
Non hic dicemus de illo toto cultu ceremoniarum, de lectionibus, cantu et similibus rebus, quae poterant tolerari, si haberentur pro exercitiis sicut lectiones in Scholis, quarum finis est docere audientes et inter docendum aliquos commovere ad timorem aut fidem. Sed nunc fingunt has ceremonias esse cultus Dei, qui mereantur remissionem peccatorum ipsis et aliis. Ideo enim augent has ceremonias. Quod si susciperent ad docendos et adhortandos auditores, breves et accuratae lectiones plus prodessent quam illae infinitae βαττολογίαι. Ita tota vita Monastica plena est hypocrisi et falsis opinionibus. Ad haec omnia accedit et hoc periculum, quod qui sunt in illis collegiis, coguntur assentiri persequentibus veritatem. Multae igitur graves et magnae rationes sunt, quae liberant bonos viros ab hoc vitae genere.
Postremo multos liberant ipsi Canones, qui aut illecti artibus Monachorum sine iudicio voverunt aut coacti ab amicis voverunt. Talia vota ne Canones quidem pronuntiant esse vota. Ex his omnibus apparet plurimas esse causas, quae docent vota Monastica, qualia hactenus facta sunt, non [P3v] esse vota,
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1253 1255
Vgl. Mt 6,7. Die Lektionen, Psalmen, Kantiken, Antiphonen, Responsorien usw. des Breviers. | sich | 1256 ohne
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gelübde sind. Darümb mag man Klosterleben mit gutem gewissen verlassen, nachdem es voll heuchley und allerley greuel ist. Hie werffen uns die widdersacher fur die Nazareer im gesetze Mosi.1257 Aber die theten ihre gelübde nicht der meinung, dadurch vergebung der sunde zu erlangen, wie wir | oben von den Münchengelübden geklagt haben. Der Nazareer orden war ein leiblich ubung mit fasten, mit gewisser speis, dadurch sie ihren glauben bekenneten,1258 nicht das sie dadurch vergebung der sunde erlangten odder dadurch von ewigem tod erlöset würden. Denn das suchten sie anderswo, nemlich inn der verheissung von dem gebenedeiten samen. Item, wie die beschneidung im gesetz Mosi odder das opfferschlachten jtzund nicht soll fur ein Gottesdienst auffgericht werden, Also sol man das fasten odder Ceremonien der Nazareer nicht auffrichten odder anziehen als ein Gottesdienst, sondern sol gehalten werden fur ein mittelding und leiblich ubung. Derhalben können noch sollen sie ihren Münchstand, welcher one Gottes wort ertichtet ist als ein Gottsdienst, dadurch Gott versünet werde, nichtβ vergleichen mit der Nazareer stand, welchen Gott befohlen hatte; und [dieser] war nicht dazu erdacht, das die Nazareer dadurch solten erlangen ein gnedigen Gott, sondern das es ein eusserlich zucht und ubung were des leibs wie an[Kk3v]dere Ceremonien im gesetz Mosi. Item, gleich dasselbige ist auch von ander mancherley gelübden, die im gesetz Mosi gesetzt werden, zu antworten. Auch so ziehen die widersacher an das Exempel der Rechabiten,1259 welche kein gueter hatten, auch keinen wein truncken, wie Hieremias sagt Capitel xxxv.1260 Ja warlich, es reimet sich wol der Rechabiten Exempel zu unsern Mönchen, γso ihre Klöster prechtiger denn der Könige pallast gebauet sind, so sie innγ allem uberflus leben! Auch so sind die Rechabiten bey ihrem armut doch Eheleut gewesen, unser Mönche, so sie allen bracht, allen uberflus haben, geben inn ihrer heuchley keuschheit für. Nu, die verstendigen und gelerten wissen wol, das man alle exempel nach der Regeln, das ist nach der klaren schrifft, und nicht widder die Regel odder schrifft sol auslegen oder einfüren, Darümb, so die Rechabite inn der schrifft gelobet werden, so ist es gewis, das sie ihre weis und Ceremonien nicht darümb gehalten haben, dadurch vergebung der sunde oder ewiges leben zu verdienen odder dasδ ihre werck εan ihnen selbsε sie fur Gott versünen künten, sonder sie haben als frome, Gotfurchtige kinder gegleubt an den gesegneten, gebenedeiten samen, an den zukünfftigen Chri|stum. Und dieweil sie haben gebot und befehl β
nicht in CR und dt. 8° (1533) | γ – γ die inn Fürstlichen heusern und dt. 8° (1533) | solche dt. 8° (1533) | ε – ε nicht in dt. 8° (1533)
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δ
danach:
Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 187,10: „In veteri enim testamento approbavit deus vota Nazareorum, Numeri 6[,1–4]“ (deutsch: ebd., 186,9f). | 1258 Die Nasiräer Israels hatten sich Jahwe durch ein eigenes (ausnahmsweise auch fremdes) Gelübde zu besonderem Dienst geweiht (Num 6,1–21); der bekannteste ist Simson. Vgl. Jdc 13–16. | 1259 Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 187,11f: „[…] vota Rechabitarum, qui non biberunt
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quare tuto deseri potest vitae genus plenum hypocrisis et falsarum opinionum. Hic obiciunt ex lege Nazareos.674 Sed hi non suscipiebant vota sua cum his opinionibus, quas hactenus diximus nos reprehendere in votis Monachorum. Nazareorum ritus erat exercitium aut protestatio fidei coram hominibus; non merebatur remissionem peccatorum coram Deo, non iustificabat coram Deo. Deinde sicut nunc circumcisio aut mactatio victimarum non esset cultus, ita nec ritus Nazareorum nunc debet proponi tamquam cultus, sed debet iudicari simpliciter ἀδιάφορον. Non igitur recte confertur Monachatus sine verbo Dei excogitatus, ut sit cultus, qui mereatur remissionem peccatorum et iustificationem, cum ritu Nazareorum, qui habebat verbum Dei nec traditus erat in hoc, ut mereretur remissionem peccatorum, sed ut esset exercitium externum, sicut aliae ceremoniae legis. Idem de aliis votis in lege traditis dici potest.
Allegantur et Rechabitae, qui nec posses|siones habebant ullas nec vinum bibebant, ut scribit Ieremias Cap. 35.675 Scilicet pulchre quadrat exem[P4r]plum Rechabitarum ad Monachos nostros, quorum Monasteria superant palatia Regum, qui lautissime vivunt. Et Rechabitae in illa omnium rerum penuria tamen erant coniuges. Nostri Monachi, cum affluant omnibus deliciis, profitentur caelibatum. Ceterum exempla iuxta regulam, hoc est iuxta scripturas certas et claras, non contra regulam seu contra scripturas interpretari convenit. Certissimum est autem observationes nostras non mereri remissionem peccatorum aut iustificationem. Quare cum laudantur Rechabitae, necesse est eos morem suum non ideo servasse, quod sentirent se per eum mereri remissionem peccatorum aut opus ipsum cultum esse iustificantem aut propter quem consequerentur vitam aeternam, non per misericordiam Dei propter semen promissum. Sed quia habuerunt mandatum
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Vgl. Num 6,2–21. | 675 Vgl. Jer 35,6f.
vinum nec comedebant uvas, Hieremiae 36[,6.8.14]“ (deutsch: ebd., 186,10–12). Die Rechabiter führten sich auf „Jonadab, den Sohn des Rechab“ (II Reg 10,15.23) zurück, der in der Revolution des Jehu (9. Jahrhundert v. Chr.) eine unterstützende Rolle gespielt hatte. Sie hielten streng an einer asketisch-nomadischen Lebensform fest. | 1260 Vgl. Jer 35,6f.
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gehabt ihrer Eldern, wird inn der schrifft gelobet ihr gehorsam, von welchem das vierde gebot redet: „Du solt dein vater und dein mutter ehren!“1261 [Kk4r] Item, So hat der Rechabiter weis noch ein ursache. Sie waren unter den Heiden gewesen, da hat sie ihr vater unterscheiden wöllen von den Heiden mit etlichen zeichen, das sie nicht widder fielen inn Gotlos wesen und abgötterey.1262 Darümb hat sie ihr vater dadurch wollen erinnern der Gottsforcht, des glaubens, der aufferstehung der todten; und das ist ein gute ursache. Aber die Müncherey hat viel andere ursach. Sie ertichten, das die Möncherey sey ein Gottesdienst, dadurch man verdiene vergebung der sunde und Gott versünet werde. Darümb istsζ gar kein vergleichung mit der Rechabiten Exempel, das ich geschweig ander unzelich unrath und ergernis, welche darüber noch am klosterleben sind. Auch so bringen sie fur aus der andernη Epistel zu Timotheo am v. von den Witwen, welche den kirchen dieneten und von dem gemeyn kirchengut erneeret wurdenθ,1263 da Paulus sagt: „Denn wenn sie geil worden sind widder Christum, so wöllen sie freien und haben ihr urteil, das sie den ersten glauben verbrochenx haben.“1264 Ich wil gleich setzen, das da der Apostel von denι gelübden rede (wie doch nicht ist), so thut doch der spruch gar nichts dazu, das die klostergelübde solten Christlich sein. Denn die klostergelübde geschehen darümb, das sie sollen ein Gottesdienst sein, dadurch man vergebung der sunde verdienteκ. Paulus aber verwirfft alle gesetz, alle wercke, allenλ Gottsdienst, welche also gehalten und angenomen werden, [Kk4v] dadurch vergebung der sunde und das ewige leben yzu verdieneny, welches wir allein durch Christum erlangen. Darümb ist es gewis, ob die Witwen etliche gelübde gethan hetten, das sie doch ungleich den jtzigen klostergelübden gewesen sind. Darüber wenn die widdersacher jhe den spruch Pauli wolten auff die klöstergelübde ziehen und denen, so müsten sie das auch annemen, das Paulus verbeut, Es solle kein Witwe eingenomen werden, die jünger were denn sechtzig jar.1265 Also werden denn alle klostergelübde, welche vor der zeit des alters geschehen sind von jüngern leuten, unbindig und nichts sein. Aber die kirche hat von den klostergelübden die zeit nichts gewust. So verwirfft nu | Paulus die Witwen nicht darümb, das sie ehlich werden – denn er heist die jungen ehelich werden –, sondern, das sie aus dem gemeinen kirchenkasten sich neren liessen, desselbigen zu ihrer lust und mutwillen misbrauchten und also den ersten glauben brechen. Das heist er: den ersten glauben faren lassen, nicht der klostergelübde, sondern ihrer Tauffe, ihr Christlichen pflicht, ihrs Christenthumbs. Und also redet er auch vom glauben im selbigen Capitel: „So jemands sein hausgenossen nicht versorget, der hat seinz glauben x
gebrochen L45 | y – y cj.: zuvermeiden; zuverdienen CR | z den L45
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ist CR und dt. 8° (1533) | η ersten dt. 8° (1533) | verdiene dt. 8° (1533) | λ alles dt. 8° (1533)
κ
θ
worden dt. 8° (1533) |
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diesen dt. 8° (1533)
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parentum, laudatur oboedientia, de qua exstat praeceptum Dei: Honora patrem et matrem!676 Deinde, mos habebat finem proprium: quia peregrini erant, non Israelitae, apparet patrem voluisse eos certis notis discernere a suis popularibus, ne relaberentur ad impietatem popularium.677 Volebat his notis eos admonere doctrinae fidei et immortalitatis. Talis finis est licitus. At fines [P4v] Monasticae longe alii traduntur. Fingunt opera Monastices cultus esse, fingunt ea mereri remissionem peccatorum ac iustificationem. Est igitur dissimile Monasticae exemplum Rechabitarum, ut omittamus hic alia incommoda, quae haerent in praesenti Monastica.
Citant et ex priore ad Timotheum Cap. 5. de viduis, quae servientes Ecclesiae alebantur de publico, ubi ait: Nubere volunt habentes damnationem, quia primam fidem irritam fecerunt.678 Primum hic fingamus Apostolum de votis loqui, tamen hic locus non patrocinabitur Monasticis votis, quae fiunt de impiis cultibus et hac opinione, ut mereantur remissionem peccatorum et iustificationem. Paulus enim tota voce damnat omnes cultus, omnes leges, omnia opera, si ita observentur, ut mereantur remissionem peccatorum aut ut propter ea consequamur vitam aeternam, non propter Christum per misericordiam. Ideo necesse est vota viduarum, si qua fuerunt, dissimilia fuisse votis Monasticis.
Praeterea, si non desinant adversarii detorquere locum ad vota, detorquendum erit eodem hoc quoque, quod vetat eligi viduam minorem annis sexaginta.679 Ita vota ante eam aeta[P5r]|tem facta erunt irrita. Sed nondum norat Ecclesia haec vota. Itaque damnat Paulus viduas, non quia nubunt − Iubet enim nubere iuniores −, sed quia publico sumptu alitae lasciviebant ideoque fidem abiciebant. Hoc vocat primam fidem scilicet non voti Monastica, sed Christianismi. Et hoc modo fidem accipit in eodem Cap.: Si quis proprios et maxime domesticos non curat, fidem abnegavit.680 Aliter enim de fide loqui-
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Ex 20,12; Dtn 5,16 | 677 Vgl. Jer 35,6–10. | 678 I Tim 5,11f | 679 Vgl. I Tim 5,9. | 680 Vgl. I Tim
5,8. 1261
Ex 20,12; Dtn 5,16 | 1262 Vgl. Jer 35,6–10. | 1263 Vgl. Confutatio XXVII, in: Immenkötter, Confutatio, 191,17–20: „Pro damnatis haberi debent iuxta tenorem tum scripturae sacrae tum legum quoque et canonum omnia matrimonia et votifragia monachorum et monialium, qui primam fidem irritam fecerunt, habentes damnationem, ut ait sanctus Paulus ad [I] Timot. 5[,2]“ (deutsch: ebd., 190,23–27). | 1264 I Tim 5,11f | 1265 Vgl. I Tim 5,9.
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verleugnet“,1266 Denn er redet anders vom glauben denn die Sophisten. Darümb sagt er, das diejhenigen den glauben verleugnen, die ihre hausgenossen nicht versorgen. Also sagt er auch von den vorwitzigen weibern, das sie den glauben faren lassen. [Ll1r] Wir haben μetliche ursach angezeigt und verleget, was die widdersacher furbracht;μ dieses haben wir nicht allein umb der widdersacher willen erzeletν, sondern viel mehr umb etlicher Christlicher hertzen und gewissen willen, das sie mügen klar vor augen haben, warümb die Klostergelübde und die mancherley Müncherey nicht recht odder Christlich sind, welch auch alle mit ein1267 das einige wort Christi mocht zu boden stossen, da er saget: „Sie dienen mir vergeblich amit menschengebotena.“1268 Denn aus dem wort allein hat man kurtz, das die gantze Müncherey, kappen, strick, gürtel1269 und alle eigne, ertichte heiligkeit fur Gott unnütz, vergeblich Gottsdienst sein. Und alle Christliche, frome hertzen sollen das gantz fur gewis halten, das dis gewis ein Pharisaisch, verdampt, heslicher irthumb ist, das wir solten durch solche Müncherey vergebung der sunde odder das ewige leben verdienen und nicht vielmehr erlangenξ durch den glauben an Christum. Darumb, frome leut, so inn klosterleben selig worden und erhalten sind, die haben entlich müssen dahin komen, das sie an allen ihrem klosterleben verzagt, alle ihre werck wie kot veracht, alle ihre heuchlisch Gottesdienst verdampt und sich an die zusage der gnade inn Christo festgehalten haben, wie man des denn von S. Bernhard ein exempel hat, das er gesagt: „Perdite vixi“1270, Ich hab sundlich gelebt, Denn Gott wil kein andere Gotsdienste haben, denn welch er hat selbs aufgerichtb durch sein wortο.
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[Ll1v] Von der potestate Ecclesiastica
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Die widersacher machen hie ein gros geschrey von den freiheiten und privilegien | der geistlichen (wie sie es nennen) und setzen darnach ein solchen beschlus: Es ist (sagen sie) alles nichts und untüchtig, was inn diesem Artickel widder die freiheit und privilegien der kirchen und Priester wird furbracht.1271 Hie handeln die meisterπ der Confutacion aber als buben, uns zu verunglimpffen, Denn in unser Confessio ist nichts gered wider der Kirchen odder Priester freiheiten, damit sie von weltlicher öberkeit, Keisern, Königen und Fürsten begnadet sind, Denn wir leren ja, man sol weltlich ordenung und recht halten.1272
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a – a dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebot sind L45 | nicht in dt. 8° (1533)
b
cj.: ausgericht;
μ–μ
zusamengezogen ursach, warümb die Möncherey zu verlassen sey, haben auch verleget der widdersacher vermeinte gründe. dt. 8° (1533) | ν gethan dt. 8° (1533) | ξ nicht in dt. 8° (1533) ο danach: befohlen hat dt. 8° (1533) | π meisten CR
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I Tim 5,8 |
1267
miteinander, zusammen |
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Mt 15,9 |
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Gürtel von Bruderschaften, die
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Artikel XXVII und XXVIII
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tur quam Sophistae. Non tribuit fidem his, qui habent peccatum mortale. Ideo dicit hos abiicere fidem, qui non curant propinquos. Et ad eundem modum dicit mulierculas petulantes fidem abiicere.
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Percurrimus aliquot nostras rationes et obiter diluimus ea, quae adversarii obiciunt. Et haec collegimus non solum propter adversarios, sed multo magis propter pias mentes, ut habeant in conspectu causas, quare improbare debeant hypocrisin et fictos cultus Monasticos, quos quidem totos haec una vox Christi abrogat, cum ait: Frustras colunt me mandatist hominum.681 Quare vota ipsa et observationes ciborum, lectionum, cantuum, vestitus, calceorum, cingulorum inutiles cultus sunt coram Deo. Et certo sciant omnes piae [P5v] mentes simpliciter Pharisaicam et damnatam opinionem esse, quod illae observationes mereantur remissionem peccatorum, quod propter eas iusti reputemur, quod propter eas consequamur vitam aeternam, non per misericordiam propter Christum. Et necesse est sanctos viros, qui in his vitae generibus vixerunt, abiecta fiducia talium observationum didicisse, quod remissionem peccatorum propter Christum gratis haberent, quod propter Christum per misericordiam consecuturi essent vitam aeternam, non propter illos cultus, quod Deus tantum approbet cultus suo verbo institutos, qui valeant in fide.
De potestate ecclesiastica
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Vehementer hic vociferantur adversarii de privilegiis et immunitatibus Ecclesiastici status. Et addunt Epilogum: Irrita sunt omnia, quae in praesenti articulo contra immunitatem Ecclesiarum et Sacerdotum inferunturu.682 Haec est mera calumnia. Nos enim de rebus aliis in hoc articulo disputavimus. Ceterum saepe testati sumus nos politicas | ordinationes et donationes Principum et privilegia non reprehendere.
s Sine causa Vg Clem. | 199,15 681
t
docentes mandata Vg Clem. |
u
inseruntur Immenkötter, Confutatio,
Mt 15,9 | 682 Confutatio XXVIII, in: Immenkötter, Confutatio, 199,14f.
religiöse Verpflichtungen übernehmen und Ablässe vermitteln. | 1270 Bernhard von Clairvaux, Confessionis Privatae Formula (zugeschrieben) und Sermones in Cantica XX, in: PL 183, 773. 867. | 1271 Vgl. Confutatio XXVIII, in: Immenkötter, Confutatio, 197,11–199,15, hier: 199,14f: „Irrita igitur et cassa sunt omnia, quae in praesenti articulo contra immunitatem ecclesiarum et sacerdotum inseruntur“ (deutsch: ebd., 196,14–198,19, hier: 198,18f). | 1272 Vgl. CA XXVIII, o. S. 191,23–193,25; 217,20–219,5.
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Aber wolt Gott, das die widdersacher doch auch einmal höreten die unsaglich, erbermlich, grosse klag aller kirchen, das gros schreien und seufftzen so viel frommer hertzen und gewissen! Der kirchen freiheit und was gelt und gut belanget vergessen die widdersacher nicht, Aber wie die nötigsten, nützlichsten ampt inn der kirchen bestellet sind, da sorgen sie nichts. Sie fragen garnichts darnach, wie man lere odder predige, sie fragen nicht darnach, wie Christlicher brauch der Sacrament erhalten werde. Sie ordiniren grobe Esel; damit ist Christliche lere untergangen, das die kirchen nicht mit tüchtigen Predi[Ll2r]gern bestelt sind. Sie machen traditiones und untregliche bürden, die seelen zu verderben. Und ob solchen ihren tradition halten sie viel fester denn ob Gottes geboten. Viel armer seelen stecken jtzund inn zweifel, wissen nicht, was sie halten sollen. Da gebürt den Praelaten zu hören, was recht, was unrecht were, und die misbreuch zu endern, den armen leuten aus dem zweifel zu helffen und die last von den beschwerten gewissen zu nemen. Was sie aber thun, ist am tag: sie machen Edict widder offentliche warheit, erzeigen unerhörte tyranney widder frome leut zu erhaltung etlicher ihrer tradition, die offentlich widder Gott sind. So sie nu ihre Privilegia rhümen, solten sie billich auch ihr ampt bedencken und vieler | fromer Christen seufftzen und klagen hören, die one zweifel Gott höret, und [er] wird einmal rechenschafft von den Praelaten foddern. Auch antwort die Confutatio nicht auff unsere gründ,1273 sondern stellet sich recht Bepstlich, sagt von grosser gewalt der Bischoffe und beweiset sie nicht, spricht also: Das die Bischoffe gewalt haben, zu herschen, zu richten, zu straffen, zu zwingen, gesetz zu machen dienlich zum ewigen leben.1274 Also rhümet die Confutatio der Bischoffe gewalt und beweiset sie doch nicht. Von diesem Artickel ist nu der streit, Ob die Bischofe macht haben, gesetz zu machen ausser dem Evangelio und zu gebieten, dieselbigen zu halten als Gottesdienst, dadurch ewig leben zu verdienen. Darauff thun wir diesen bericht: Man mus [Ll2v] inn der kirchen diese lere behalten, das wir on verdienst umb Christus willen durch den glauben vergebung der sunde erlangen. So mus man auch die lere behalten, das alle menschensatzunge nicht nütze sind, Gott zu versünen. Darumb inn speis, tranck, kleider und dergleichen ist widder sunde noch gerechtigkeit zu setzen,1275 Denn Paulus spricht: „Das Reich Gottes ist nicht essen und trincken.“1276 Darumb haben die Bischofe nicht macht, satzunge zu machen ausser des Evangelii, also das man dadurch vergebung der sunde erlangen wolt odder das es solten Gottesdienste sein, umb welcher willen uns Gott gerecht schetze und zu welchen sie die gewissen verpflichten bey einer todsunde. Das alles leret der einige spruch inn geschichten der Apostel am xv. Capit., da Petrus 1273 Vgl. CA XXVIII, o. S. 186–219. | 1274 Vgl. Confutatio XXVIII, in: Immenkötter, Confutatio, 199,8–14: „Ex quibus satis aperte dignoscitur episcopos non solum habere potestatem ministerii verbi dei sed etiam potestatem regiminis et coercitivae correctionis ad dirigendum subditos in finem beatitudinis aeternae. Ad potestatem regiminis requiritur potestas iudicandi, diffiniendi,
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Sed utinam vicissim [P6r] audirent adversarii querelas Ecclesiarum et piarum mentium! Dignitates et opes suas fortiter tuentur adversarii. Interim statum Ecclesiarum negligunt; non curant recte doceri Ecclesias et sacramenta rite tractari. Ad Sacerdotium admittunt quoslibet sine discrimine. Postea imponunt onera intolerabilia, quasi delectentur exitio aliorum; suas traditiones longe accuratius servari postulant quam Evangelium. Nunc in gravissimis et difficillimis controversiis, de quibus populus misere cupit doceri, ut habeat aliquid certi, quod sequatur, non expediunt mentes, quas dubitatio acerbissime cruciat. Tantum conclamant ad arma; praeterea in rebus manifestis decreta sanguine scripta proponunt, quae minantur horrenda supplicia hominibus, nisi manifeste contra mandata Dei faciant. Hic vicissim oportebat vos videre lacrimas miserorum et audire miserabiles querelas multorum bonorum hominum, quas haud dubie respicit et exaudit Deus, cui aliquando rationem procurationis vestrae reddituri estis. Cum autem nos in confessione in hoc articulo varios locos complexi simus, adversarii nihil respondent nisi Episcopos habere potestatem [P6v] regiminis et coercitivae correctionis ad dirigendum subditos in finem beatitudinis aeternae Et ad potestatem regiminis vrequiri potestatemv iudicandi, definiendi, discernendi et statuendi ea, quae ad praefatum finem expediunt aut conducunt.683 Haec sunt verba confutationis, in quibus docent nos adversarii, quod Episcopi habeant auctoritatem condendi leges utiles ad consequendam vitam aeternam. De hoc articulo controversia est.
Oportet autem in Ecclesia retinere hanc doctrinam, quod gratis propter Christum fide accipiamus remissionem peccatorum. Oportet et hanc doctrinam retineri, quod humanae traditiones sint inutiles cultus, quare nec peccatum nec iustitia in cibo, potu, vestitu et similibus rebus collocanda est, quarum usum voluit Christus liberum relinqui, cum ait: Quod intrat in os, non coinquinat hominem.684 Et Paulus: Regnum Dei non est esca autw potus.685 Itaque nullum habent ius Episcopi condendi traditiones extra Evangelium, ut mereantur remissionem peccatorum, ut sint cultus, quos approbet Deus tamquam iustitiam et qui gravent conscientias ita, ut peccatum sit eos omitv–v
requiritur potestas Immenkötter, Confutatio, 199,12 | w et Vg Clem.
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Confutatio XXVIII, in: Immenkötter, Confutatio, 199,8–14. | 684 Mt 15,11 | 685 Röm 14,17
discernendi et statuendi ea, quae ad praefatum finem expediunt aut conducunt“ (deutsch: ebd., 198,11–17). | 1275 Vgl. Mt 15,11. | 1276 Röm 14,17
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sagt, das die hertzen werden durch den glauben gereiniget.1277 Und darnach verbieten sie, ein joch odder bürde auff die Jünger zu legen, und sagen, wie ferlich das sey. Auch geben sie zu verstehen, das die | schrecklich sundigen und wider Gott handeln und Gott versuchen, die also die kirchen beschweren, denn sie sagen: „Was versuchet ihr Gott?“1278 Dis hart, ernst wort der Aposteln, welchs sie billich als ein donnerschlag schrecken solt, lassen ihnen1279 die widdersacher garnicht zu hertzen gehen, sondern wöllen noch mit aller Tyranney und gewalt ihre ertichte Gottesdienst verteidigen. Denn den xv. Artickel, darinne wir gesetzt haben, das wir durch menschensatzunge nicht ver[Ll3r]dienen vergebung der sunde, verdammen sie1280 und sagen hie: Die menschensatzunge sind nütz und dienstlich, das ewige leben zu verdienen. Dagegen ist ja öffentlich, das sie das hertz inwendig nicht trösten, so bringen sie auch kein neu liecht odder leben ins hertz, wie denn Paulus zu den Colossern sagt, das darumb die satzungen nichts helffen, ewige gerechtigkeit odder ewiges leben zu erlangen, Denn die satzungen leren von unterscheid der speis, kleider und der dinge, welche sich untern henden verzeren.1281 Das ewige leben aber, welchs inwendig durch glauben inn diesem leben anfehet, wircket der heilige Geist im hertzen durch das Evangelion. Darumb werden die widdersacher nimmermehr nichtρ beweisen, das man durch menschensatzung das ewig leben verdiene. So nu das Evangelion klar verbeut, das mit solchen satzungen die kirchen und gewissen nicht sollen beschweret werden, also das man dadurch vergebung der sunde erlangen müsse odder müsse sie halten als nötige Gottesdienst, one welche Christliche heiligkeit nicht sein könne, odder das man, sie bey einer todsunde zu halten, sol schüldig sein, so werden die widdersacher nimmermehr beweisen, das die Bischofe, solche Gotsdienst anzurichten, macht haben. Was aber die Bischoffe vor1282 ein ampt odder gewalt haben inn der kirchen, haben wir inn | der Confession gesagt.1283 Die Bischoffe, so jtzund den Bischoffsnamen tragen inn der kirchen, thun [Ll3v] garnicht ihr Bischofflich ampt nach dem Evangelio. Aber lasse sie gleich Bischoffe sein der Canonica politia nach, welche wir inn ihrem werd lassen. Wir reden aber von rechten, Christlichen Bischoffen. Und es gefelt mir die alte division odder teilung nicht ubel, da sie gesagt haben, Bischoffliche gewalt stehe inn diesen zweien, „potestate ordinis“ und „potestate iurisdictionis“, das ist inσ reichung der Sacrament und geistlichem gerichtszwang. So hat ein jeder Christlicher Bischoff „potestatem ordinis“, das ist das Evangelion zu predigen, Sacrament zu reichen. Auch hat er gewalt eins geistlichen gerichtzwangs inn der kirchen, das ist macht und gewalt, aus der Christlichen gemein zu schliessen diejenigen, so inn offentlichen lastern funden werden, und dieselbigen, wenn sie ρ
nicht in dt. 8° (1533) | σ danach: leren und dt. 8° (1533)
1277
Vgl. Act 15,9. | 1278 Act 15,10 | 1279 sich | 1280 Vgl. Confutatio XV, in: Immenkötter, Confuta-
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tere. Haec omnia docet vel unus Locus in Actis, ubi Apostoli dicunt: [P7r] Fide purificarix corda.686 Et deinde prohibent imponere iugum et ostendunt, quantum periculi sit; exaggerant peccatum istorum, qui onerant Ecclesiam. Quid temptatis Deum?687 inquiunt. Hoc fulmine nihil terrentur adversarii nostri, qui vi defendunt traditiones et impias opiniones.
Nam | et supra damnaverunt articulum XV., in quo posuimus, quod traditiones non mereantur remissionem peccatorum, et hic dicunt traditiones conducere ad vitam aeternam. Num merentur remissionem peccatorum? num sunt cultus, quos approbat Deus tamquam iustitiam? num vivificant corda? Paulus ad Colossenses ideo negat prodesse traditiones ad iustitiam aeternam et vitam aeternam, quia cibus, potus, vestitus et similia sint res usu pereuntes.688 At vita aeterna in corde rebus aeternis, hoc est verbo Dei et spiritu sancto efficitur. Expediant igitur adversarii, quomodo conducant traditiones ad vitam aeternam.
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Cum autem Evangelium clare testetur, quod non debeant imponi Ecclesiae traditiones, ut mereantur remissionem peccatorum, ut sint cultus, quos approbet Deus tamquam iustitiam, ut gravent conscientias ita, ut omittere eas iudicetur esse peccatum, numquam poterunt adversarii ostendere, quod [P7v] Episcopi habeant potestatem tales cultus instituendi.
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Ceterum quam potestatem tribuat Evangelium Episcopis, diximus in confessione. Qui nunc sunt Episcopi, non faciunt Episcoporum officia iuxta Evangelium, sed sint sane Episcopi iuxta politiam Canonicam, quam non reprehendimus. Verum nos de Episcopo loquimur iuxta Evangelium. Et placet nobis vetus partitio potestatis in potestatem ordinis et potestatem Iurisdictionis. Habet igitur Episcopus potestatem ordinis, hoc est, ministerium verbi et sacramentorum; habet et potestatem Iurisdictionis, hoc est, auctoritatem excommunicandi obnoxios publicis criminibus et rursus absolvendi eos, si conversi petant absolutionem. Neque vero habent potestatem tyrannicam,
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purificans Vg Clem.
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Act 15,9 | 687 Act 15,10 | 688 Vgl. Kol 2,20−23.
tio, 113,8–115,4 (deutsch: ebd., 112,12–114,5). | XXVIII, o. S. 186–219.
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Vgl. Kol 2,20–23. |
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für |
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sich bekeren, widder anzunemen und ihnen absolution mitzuteilen. Sie haben aber nicht ein tyrannischen gewalt, das ist one gewis gesetz zu urteilen. So haben sie auch keinen königlichen gewalt, das ist uber die gegeben gesetz zu schaffen, sondern [sie] haben ein gewis Gotsgebot und gemessen befehl, unter welchen sie sind, nach welchem sie ihrs geistlichen gewalts und gerichtzwang brauchen sollen. Ob sie schon solche iurisdictio uber offentliche laster haben, so folget doch nicht, das sie darumb macht haben, neu Gottesdienst anzurichten, Denn iurisdictio und neu Gotsdienst machen sind weit voneinander. Item, es streckt sich auch die iurisdictio nicht auff sund wider ihre neu gesetz, sondern allein auff solche sunde, die wider Gottes gepot [Ll4r] sind, Denn das Evangelion richt ihn nicht ein regiment an ausser dem Evangelio, das ist ja klar und gewis. Wiewol wir nu inn der Confession dazu gesetzt haben,1284 wie ferne die Bischofe mügen satzunge machen, nemlich das sie die nicht als nötige Gotsdienst auffrichten und leren, sonder das [es] stille und ordenlich inn der kirchen zugehe,1285 Aber damit sollen die gewissen nicht gefangen sein, als seiens nötige | Gotsdienst. Denn Paulus zun Galater sagt am iiii. Cap.: „So stehetc nu inn der freiheit, dwie euch Christus hat frey gemachtd, und last euch nicht ewidder unter das joch der knechtschafft bringene!“1286 So mus man nu frey lassen, solcher eusserlicher satzung zu brauchen τodder nicht zu brauchenτ, das es nicht fur solche Gottesdienst geacht odder gehalten werden, welche nöttig solten sein zur seligkeit. Doch ist man schuldig, ergernis zu meiden. Also haben die Apostel viel dings umb guter zucht willen inn der kirchen geordent, das mit der zeit geendert ist. Und [sie] haben nicht satzunge also gemacht, das sie solten nötig sein odder ewig bleiben, Denn sie haben widder ihr eigen schrifft und lere nicht gehandelt, darinne sie das gar hefftig streitten, das man die kirchen nicht solle mit satzungen also beschweren odder verpflichten, als sind sie nötig zur seligkeit. Das ist ein einfeltige, klare unterricht von menschensatzungen, nemlich das wir wissen, das es nicht nötige Gottesdienst sind und das man sie [Ll4v] dennoch nach gelegenheit, ergernis zu meiden, halten sol. Und also haben viel gelerte, grosse leute inn der kirchen gehalten und geleret, und [es] ist gewis, das die widdersacher dawidder nichts können auffbringen. So ist es auch gewis, das dieses wort des Herrn Christi: „Wer euch höret, der höret mich“1287, nicht von menschensatzungen redet, sonder ist stracks dawidder. Denn die Apostel empfahen da nicht ein „mandatum cum libera“, das ist ein gantzen, freien, ungemessen befehlf und gewalt, sondern haben ein gemessen befehlg, nemlich nicht ihr eigen wort, sondern Gottes wort und das Evangelion zu predigen. Und der Herr Christus wil inn den worten, „Wer euch höret, c
bestehet L45 | d – d damit uns Christus befreiet hat L45 | e – e wiederum in das knechtische Joch fangen L45 | f cj.: befelh; befehl CR | g cj.: befelh; befehl CR τ–τ
nicht in dt. 8° (1533)
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hoc est sine certa lege, neque regiam, hoc est supra legem, sed habent certum mandatum, certum verbum Dei, quod docere, iuxta quod exercere suam Iurisdictionem debent. Quare non sequitur, etiamsi habeant aliquam Iurisdictionem, quod possint novos cultus instituere. Nam cultus nihil pertinent ad Iurisdictionem. Et habent verbum, habent mandatum, quatenus exercere Iurisdictionem debeant, scilicet Si quis commiserit adver[P8r]sus illud verbum, quod acceperunt a Christo.
Quamquam nos in confessione addidimus etiam, quatenus liceat eis condere traditiones videlicet non tamquam necessarios cultus, sed ut sit ordo in Ecclesia propter tranquillitatem. Et hae non debent laqueos inicere conscientiis, tamquam praecipiant necessarios cultus, sicut Paulus docet, cum ait: In libertate, qua Christus vosy liberavit, state necz iterum iugo servitutis subiciaminia!689 Oportet igitur liberum usum talium ordinationum relinqui, modo ut scandala vitentur, ne iudicentur esse cultus necessarii, sicut pleraque ordinaverunt ipsi Apo|stoli, quae tempore mutata sunt. Neque ita tradiderunt, ut mutare non liceret. Non enim dissentiebant a suis scriptis, in quibus magnopere laborant, ne Ecclesiam opprimat opinio, quod ritus humani sint necessarii cultus.
Haec est simplex ratio traditionum interpretandarum, videlicet ut sciamus eas non esse necessarios cultus et tamen propter vitanda scandala in loco sine superstitione observemus. Et sic multi docti et magni viri in Ecclesia senserunt. Nec videmus, quid opponi possit. Certum est enim sententiam illam: Qui vos audit, me audit,690 non loqui de tradi[P8v]tionibus, sed maxime contra traditiones facere. Non est enim mandatum cum libera, ut vocant, sed cautio de rato, de speciali mandato, hoc est testimonium datum Apostolis, ut eis de
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nos Vg Clem. | z et nolite Vg Clem. | a contineri Vg Clem.
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Gal 4,31−5,1 | 690 Lk 10,16
1284 Vgl. CA XXVIII, o. S. 205,2–207,7. | 10,16
1285
Vgl. I Tim 2,2. |
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Gal 5,1 (Vg 4,31–5,1) |
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der höret mich“1288, alle welt stercken, wie auch vonnöten war, das wir solten gantz gewis sein, das das leiplich wort Gottes krafft were und das niemants vom himel ein ander wort dürfft suchen odder gewarten. Darümb kan dis | wort, „Wer euch höret, der höret mich“1289, von satzungen nicht verstanden werden. Denn Christus wil da, das sie also leren sollen, das man durch ihren mund Christum selbs höre, So müssen1290 sie ja nicht ihr eigen wort predigen, sondern sein wort, sein stymme und Evangelion, sol man Christum hören. Dis tröstlich wort, welches auffs allersterckest unsere [Lehreυ] bestetiget und viel nötiger lere und trostes fur die Christliche gewissen inn sich hat, Das deuten die groben Esel auff ihr nerrische satzunge, auff ihr speis, tranck, kleider und dergleichen kinderwerck. Auch ziehen sie diesen spruch an zu den [Mm1rh] Ebreern am xiii.: Gehorchet denen, die euch furgehen! Etc.1291.1292 Der spruch fodert, das man sol gehorsam sein dem Evangelio, denn er gibt den Bischofen nicht ein eigen herschafft und herrengewalt ausser dem Evangelio. So sollen auch die Bischofe nicht widder das Evangelium satzunge machen, noch ihre satzunge widder das Evangelium auslegen, denn wenn sie das thun, so verbeut uns das Evangelium, ihnen gehorsam zu sein, wie Paulus zu den Galatern sagt: „So euch jemands iwürde ein ander Evangelium predigeni, der sey verflucht!“1293 Gleich dasselbige antworten wir auch auff den spruchj Matthei am xxiii.: „Auff Moses stul sitzen die Schrifftgelerten etc. Alles nu, was sie euch sagen, das ihr halten sollet, das haltet und thuts.“1294 Das ist gewis, das damit nicht geboten wird universaliter, in gemein, das wir alles sollen halten, was sie gebieten, auch widder Gottes gepot und wort, denn an einem andern ort sagt die schrifft: „Man mus Gott mehr gehorchen denn den menschen.“1295 Darumb, wenn sie unchristlich und widder die schrifft leren, sol man sie nicht hören. So richt dieser spruch auch nicht ein regiment an ausser dem Evangelio; damitφ können sie ihr gewalt, die sie ausser dem Evangelio auffgericht haben, nicht durchs Evangelium beweisen, Denn das Evangelium redet nicht „de traditionibus“, sondern von Gottes wort zu leren. Das aber die widdersacher zu ende der Con[Mm1v]futatio uns verunglimpffen und beschweren, das diese lar zu ungehorsam und ander mehr ergernus
h Kustos zeigt: Ebre= | sprnch; spruch CR υ
i–i
Evangelium prediget anders, denn ihr empfangen habt L45 |
j
cj.:
lere CR; lar dt. 8° (1533) | φ darümb CR
1288 Lk 10,16 | 1289 Lk 10,16 | 1290 dürfen | 1291 Vgl. Hebr 13,17. | 1292 Vgl. Herborn, Enchiridion, 116,2f. 126,1. | 1293 Gal 1,9 | 1294 Mt 23,2f | 1295 Act 5,29
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alieno verbo, non de proprio credamus. Vult enim Christus nos confirmare, quemadmodum opus erat, ut sciremus verbum traditum per homines efficax esse nec quaerendum esse aliud verbum de caelo. De traditionibus non potest accipi, qui vos audit, me audit.691 Requirit enim Christus, ut ita doceant, ut ipse audiatur, quia dicit: Me audit. Igitur suam vocem, suum verbum vult audiri, non traditiones humanas. Ita dictum, quod maxime pro nobis facit et gravissimam consolationem et doctrinam continet, detorquent isti asini ad res nugacissimas, discrimina ciborum, vestitus et similia.
Citant et hoc: Oboedite praepositis vestris!692 Haec sententia requirit oboedientiam erga Evangelium. Non enim constituit regnum Episcopis extra Evangelium. Nec debent Episcopi traditiones contra Evangelium condere aut traditiones suas contra Evangelium interpretari. Idque cum faciunt, oboedientia prohibetur iuxta illud: Si quis aliud Evangelium docet, anathema sit.693
[Q1r] Idem respondemus ad hunc locum: Quidquidb dixerint, facite,694 quod constet non universaliter praecipi, ut omnia recipiamus, quia alibi iubet scriptura plus oboedire Deo, quam hominibus.695 Quando igitur impia docent, non sunt audiendi. Haec autem impia sunt, quod traditiones humanae sint cultus Dei, quod sint necessarii cultus, quod mereantur remissionem peccatorum et vitam aeternam.
Obiciunt et scandala publica et motus, qui exorti sunt praetextu nostrae doctrinae. Ad haec breviter respondemus. | cPrimum constat Dei beneficio Principes nostros habere oboedientem populum in suis ditionibus. Et hoc ipsum doctrinae genus, quod sequimur, quia amplissimis laudibus ornat auctoritatem magistratuum, auget reverentiam erga eos. Ea res etiam plurimum conducit ad tranquillitatem retinendam. Deinde,c si dconferantur in unum scandala omniad, tamen ehi duo articuli – videlicet quode gratis consequamur remissionem peccatorum fpropter Christumf per fidem get quod iusti
b Omnia, quaecumque Vg Clem. | c – c nicht in lat. 4° (1531) | d – d in unum conferantur omnia scandala lat. 4° (1531) | e – e unus articulus de remissione peccatorum, quod propter Christum lat. 4° (1531) | f – f in lat. 4° (1531) vor: gratis | g – g nicht in lat. 4° (1531) 691
Lk 10,16 | 692 Hebr 13,17 | 693 Vgl. Gal 1,8f. | 694 Mt 23,3 | 695 Vgl. Act 5,29.
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ursach gebe,1296 solchs wird dieser unser lar unbillich auffgelegt, Denn es ist offentlich, das Oberkeit auffs höhist durch diese lar gepreiset ist; so weis man [auch], das an denen orten, da diese lar gepredigt ist, durch Gottes gnade bisanher die Oberkeit in allen ehren von unterthanen gehalten ist.
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Das aber uneinigkeit und spaltung in der kirchen ist, weis man, wie sich diese hendel erstlich zugetragen haben und wer ursach zur trennung gegeben, nemlich die Indulgentzkremer,1297 die unleidliche lügen, unverschampt predigten und nachmals den Luther verdampten, das er dieselbige lügenk nicht billicht. Dazu erregten [sie] fur und fur mehr hendel, das Luther ander mehr irthumb anzufechten verursacht ward. Dieweil aber unser gegenteil die warheit nicht hat dulden wollen und sich unterstehet, öffentliche irthumb noch mit gewalt zu handhaben, ist leichtlich zu richten, wer an der trennung schuldig ist. Es solt ja billich χalle welt,χ alle weisheit, aller gewalt Christo und seinem heiligen wort weichen. Aber der Teuffel ist Gottes feind, darumb erreget er alle seine macht widder Christum, Gottes wort zu dempffen und unterzudrücken. Also ist der Teuffel mit seinen gelidern, so sich wider Gottes wort legt, ursach der spaltung und uneinigkeit, denn wir zum höchsten friden gesucht haben, des wir noch zum höchsten begern, sofern das wir nicht gedrungen werden, Christum zu lestern und zu verleugnen. [Mm2r] Denn Gott weisse, der aller hertzen richter ist, das wir an dieser schrecklichen uneinigkeit nicht lust odder freud haben, so hat der gegenteil bisanher kein friden machen wöllen, darin nicht gesucht sey, das wir die heilsame lar von vergebung der sund durch Christum on unser verdienst solten fallen lassen, dadurch doch Christus zum höchsten gelestert würde. Und wiewol nicht ohnel ist, das, wie die welt pflegt, inn dieser spaltung dennoch ergernus durch frevel und ungeschickte leute etwa furgefallen – Denn der Teuffel richt solch ergernus an zu schmach dem Evangelio –, so sind sie doch alle nicht zu achten gegen dem hohen trost, den diese lar mit sich bracht k
cj.: lüger; lügen CR | l cj.: on; on CR
χ–χ
nicht in dt. 8° (1533)
1296
Vgl. Confutatio XXVIII, in: Immenkötter, Confutatio, 201,3–203,17 (deutsch: ebd., 200,3–202,21). | 1297 Ablasshändler
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propter Christum reputemur fide, non propter nostram impletionem legis, Et alter, quod magistratus leges et tota politia sint ordinationes divinae, quibus Christianus sancte uti potest –g tantum habenth boni, [Q1v] ut incommoda omnia obruant. iNullam enim firmam consolationem pavidae conscientiae habere possunt adversus iram Dei nisi cognito altero articulo. Alter articulus valde munit tranquillitatem rerum publicarum. Porro, quam perniciosis opinionibus ante haec tempora utrumque doctrinae genus oppressum fuerit, nemo ignorat et libri adversariorum testantur, qui nusquam fidei mentionem faciunt, cum de remissione peccatorum loquuntur. Nusquam docent de dignitate rerum civilium. Nusquam docent, quomodo Evangelium tradat iustitiam aeternam. Interim in vita corporali velit nos uti politicis legibus ac moribus. Hae res patefactae initio favorem conciliaverunt Luthero non solum apud nos, sed etiam apud multos,i qui nunc atrocissimej nos oppugnant. Παλαιὰ γὰρ εὕδει χάρις, ἀμνάμονες δὲ βροτοί,696 inquit Pindarus. kIam si qui tumultus exstiterunt, iure conferri culpa potest in adversarios, qui primum iniusta condemnatione Lutheri Schisma excitarunt et Ecclesias dissipaverunt. Et nunc miram saevitiam exercent in viros bonos et pia docentes.
Irritant hominum animos et aliis modis, quos hic non libet recitare. Neque vero adeo ferrei, adeo sine sensu sumus, ut offensiones publicae nihil perturbent nos. Sed me[Q2r]minimus a Christo dictum esse: Beatus, quil in me non fuerit scandalizatus.697 Hoc enim agit diabolus, tum ut opprimat, tum ut
h affert lat. 4° (1531) | i – i Et hic initio conciliavit Luthero non tantum nostrum favorem, sed etiam multorum, lat. 4° (1531) | j nicht in lat. 4° (1531) | k – k lat. 4° (1531): s. QuM I, 590,3–7 [Nos tamen ... apud adversarios?] | l quicumque Vg Clem. 696
Pindarus, Isthmia 7,16f | 697 Lk 7,23
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hat, die leret, das wir umb Christus willen on unser verdienst vergebung der sund und ein gnedigen Gott haben,ψ Item, das sie unterricht, das Gottesdienst nicht sey verlassen weltliche stende und Oberkeit, sondern das solche stende und Oberkeit Gott gefallen und rechte heilige werck und Gottesdienst sein.
So wir auch des gegenteils ergernus erzelen solten, dazu wir warlich nicht lust haben, würde es gar ein schrecklich register werden, wie die Mess zu eim schendlichen, lesterlichen jarmarck durch den gegenteil gemacht, wie ein unzüchtig leben durch ihren Celibat angericht ist, wie die Bepst nu lenger denn vierhundert jar mit den Keisern gekrieget haben und des Evangelii vergessen und allein darnach getracht, das sie selbst [Mm2v] Keiser weren und gantz Italia unter sich brechten, wie sie mit den kirchengütern gespilet haben, wie durch ihren unfleis viel falscher lar und falsche Gottesdienst durch die Mönch auffgericht sind, Ist doch ihr heiligendienst ein öffentlich, Heidnische Abgötterey. Alle ihre Scribenten sagen nicht ein wort von diesem glauben an Christum, dadurch man vergebung der sund erlangt. Die höhist heiligkeit setzen sie inn menschensatzungen, davon schreiben und predigen sie furnemlich. So ist das billich auch unter ihren ergernus zu zelen, das sie sich öffentlich erzeigen, was geist sie haben, das sie so viel unschuldiger, fromer leute jtzund umb Christlicher lar willen ermorden. Doch wollen wir hievon jtzund nicht reden, denn diese sachen sol man nach Gottes wort richten und ergernus beider seiten dieweil nicht ansehen.ω ω
Wir hoffen, es sollen alle Gottsförchtigen inn dieser, unser schrifft gnugsam sehenα, das unser larβ Christlich und allen fromen tröstlich und heilsam sey. γDarumb bitten wir Gott, das er gnad verleihe,γ das sein heiligesδ Evangelium εbey allenε erkant und geehret ζwerde zu seinem lobe undζ zu friede, einigkeit
ψ
danach: das wir nicht zweifeln, sondern gewislich gleuben sollen, das uns Gott gnedig sey, erhören wol etc., dt. 8° (1533) | ω – ω dt. 8° (1533): s. QuM I, 786,4–788,2 [Es mus ... angesehen werden.] | α befinden dt. 8° (1533) | β danach: recht und dt. 8° (1533) | γ – γ dt. 8° (1533): s. QuM I, 788,5–37 [Derhalben wollen ... Jhesum Christum,] | δ nicht in dt. 8° (1533) | ε – ε allenthalben dt. 8° (1533) | ζ – ζ werde, Gott zu lobe, gantzer Christenheit dt. 8° (1533) m–m φ
nicht in lat. 4° (1531) | n – n lat. 4 ° (1531): s. QuM I, 590,8–12 [Missae ad ... vere confutasse.]
quaeritur lat. 8° (1542)
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Vgl. Apk 17.
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deformet Evangelium infinitis modis. Alibi tyrannos contra Evangelii professores inflammat, alibi bella, alibi seditiones, alibi haereses excitat, ut reddat invisum hoc doctrinae genus, quod videtur occasionem praebere talibus motibus. Ac vero prudentibus viris facilius est sua pericula neglegere quam illa scandala publicorum motuum. Ve|rum adversus haec quoque oportet Christianam mentem praemunitam esse, ne propter ea verbum Dei abiciat. Quamquam autem non delectat nos comparatio, tamen quia adversarii hac criminatione praegravant nos, non sunt dissimulanda ipsorum vitia.k Quantum mali est mapud adversariosm in sacrilega prophanatione nMissarum! quantam turpitudinis habet caelibatus eorum! Cultus sanctorum plenus apud eos est manifesta Idolatria. Nihil ne scandali est in ambitione Pontificum, qui iam annis amplius quadringentis belligerantur cum nostris Imperatoribus, Plerumque in Italia, interdum etiam in ipsa Germania, ubi inter se filium et Patrem, cognatos ac cives commiserunt. Quod si bellorum isto[Q2v]rum causae requirantur ex historiis, nihil invenietur dignum Pontificibus, dicemus enim moderatissime. Quantum est mali, quod in ordinandis sacerdotibus non deligunt idoneos! quid in mercatu sacerdotiorum? Item in periculosis dispensationibus nihilne est vitii? Sed haec vitia utcumque condonari possent, si tamen conservassent puram doctrinam in Ecclesiis. Haec vero quomodo contaminata sit impiis opinionibus ac traditionibus, testantur Canonistarum scripta, testantur libri Theologorum pleni disputationum prophanarum, quae partim sunt inutiles ad pietatem, partim etiam dissident ab Evangelio. Deinde in interpretatione scripturae ludunt et comminiscuntur, quidquid libet. Haec doctrinae confusio praecipuum est scandalum et maxime perniciosum, de quo praecipue queriturφ Iohannes in Apocalypsi, cum describit Pontificium regnum.698 Quid, cum ventum est | ad Monachorum superstitiones, quae fuerunt infinitae? quantum ibi est perniciosarum offensionum! qualis fuit applicatio meritorum, si cadaveri circumdaretur cucullus etc.? Porro nihilne scandali est, quod hoc tempore manifestam veritatem Evangelii opprimere conantur, quod crudeliter occidunt bo[Q3r]nos viros pia docentes, quod prohibent, ne rebus cognitis sanentur ambigentes conscientiae, quod Reges hortantur ad crudele latrocinium? Scilicet haec non sunt scandala iudicanda, sed mera κατορθώματα Pontificia! Neque vero libet nobis hic quidquam pro magnitudine rerum exaggerare, ne quis delectari nos ista commemoratione putet, quam extorserunt nobis invitis scriptores confutationis. Nam haec causa non ex hominum moribus aut ex fortuna, sed ex verbo Dei iudicari debet, quod utinam adhiberent in consilium omnes, qui de his controversiis pronuntiant. Iterum autem hic dicendum est, quod saepe iam diximus. Nos maxime cupidi sumus publicae concordiae pacisque, quam certe Christianos maxime inter se colere decet. Deinde inviti dissentimus ab optimo Imperatore, quem non solum propter Imperii fastigium, sed etiam propter virtutes vere heroicas, quibus cognovimus eum praeditum esse,
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und seligkeit ηunser allenη. Und [wir] erbieten uns hiemit, θwo es not ist, von allen Artikelnθ weiter bericht zu thun.
Gedrückt zu Wittemberg durch Georgen Rhau. Anno M. D. xxxi.
η–η
Amen dt. 8° (1533) | θ – θ von allen Artikeln, wo es not sein wird, dt. 8° (1533)
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veneramur; sed adversarii non patiuntur coire concordiam nisi hac lege, ut nos assentiamur condemnantibus manifestam veritatem Evangelii et Ecclesiae necessariam. Id facere non possumus. Oportet enim Deo magis oboedire quam hominibus.699 Quare adversarii rationem Schismatis reddituri sunt Deo, qui Ecclesias nova et inusitata [Q3v] saevitia dissipant. Neque dubium est, quin haec saevitia mutationem aliquam rebus publicis allatura sit. Haec pro tempore respondimus ad confutationem ac iudicium piis omnibus permittimus, utra pars recte sentiat. Et offerimus nos nostram sententiam de singulis locis, Si quid alicubi desiderabitur, copiosius declaraturus esse.n τέλος. Impressum Vitebergae per Georgium Rhau. M. D. XXXI.
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Act 5,29
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Die Schmalkaldischen Artikel bearbeitet von Klaus Breuer und Hans-Otto Schneider
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Die Schmalkaldischen Artikel von 1538 Einleitung (Hans-Otto Schneider) Im Dezember 1536 erhielt Martin Luther von seinem Landesherrn, dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, den Auftrag, die wesentlichen Inhalte seiner Lehre detailliert schriftlich niederzulegen, gleichsam als theologisches Testament. Anlass dazu gab neben Luthers angeschlagener Gesundheit vor allem die Bulle „Ad dominici gregis“ vom 2. Juni 1536,1 mit der Papst Paul III. auf den 23. Mai 1537 ein Generalkonzil nach Mantua ausgeschrieben hatte. Zwar war die Teilnahme protestantischer Abgesandter an dem geplanten Konzil durchaus nicht sicher, gleichwohl hielt der Kurfürst es für sinnvoll, den Termin nicht unvorbereitet herankommen zu lassen. Die Confessio Augustana, die Philipp Melanchthon in irenischer Absicht für den Augsburger Reichstag von 1530 verfasst hatte, schien nicht geeignet, die protestantische Position selbstbewusst und offensiv zu vertreten. So wünschte der Kurfürst ein Bedenken Luthers, „was vnd wie weith, das es kegen goth zu vorantwortten vnd mit guten gewissen umb cristlicher liebe willen, zu erhaltung fridens und einigkeit in der cristenheit, nachzulassen und zu weichen, auch worauf des bapstumb halben und seiner gewalt und angemasten vicariat Christi auff die artikel, so formals von euch geleret, geschrieben und geprediget, endtlich zu beruhen und zu vorharren sein wil ader nit“.2 Luther machte sich sogleich ans Werk. In den Tagen vom 12. bis 18. Dezember 1536 schrieb er die Artikel bis einschließlich „Von der falschen Busse der papisten“ nieder; infolge eines schweren Herzleidens musste er die weiteren Teile diktieren. Für den 28. Dezember hatte Luther unter dem Siegel der Verschwiegenheit Johann Agricola aus Eisleben, Nikolaus von Amsdorf aus Magdeburg und Georg Spalatin aus Altenburg zu Beratungen über die Artikel nach Wittenberg geladen; die Ortsansässigen Philipp Melanchthon, Justus Jonas, Johannes Bugenhagen und Caspar Cruciger wurden ebenfalls hinzugezogen. Wegen Luthers körperlicher Schwäche dauerte die Konferenz mehrere Tage. Dabei wurden auch abweichende Ansichten dokumentiert, wie es der Kurfürst gewünscht hatte. Drei Artikel zum Abendmahl unter einer Gestalt, zur Ordination und zu den Adiaphora, die einige gern angehängt hätten, lehnte Luther strikt ab; der Ergänzung eines Artikels über die Heiligenanrufung stimmte er hingegen zu. Georg Spalatin fertigte eine Reinschrift der Artikel
1
Vgl. Hans Volz, Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte von Martin Luthers Schmalkaldischen Artikeln (1536–1574), Berlin 1957 (KlT 179), 15–17. 2 Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Martin Luther, Justus Jonas, Johannes Bugenhagen, Melanchthon und Caspar Cruciger in Wittenberg. Torgau, 11. Dezember 1536, in: MBW.T 7, 302f (Nr. 1822), hier: 302,16–22.
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Schmalkaldische Artikel
an, die von den acht Teilnehmern der Beratung unterzeichnet wurden, von Melanchthon allerdings mit einer einschränkenden Anmerkung bezüglich der Stellung des Papstamtes. Melanchthon war es auch, der insgeheim vor einer Verhandlung von Luthers Artikeln im Plenum der Abgesandten des Schmalkaldischen Bundes warnte, weil angesichts des gegenüber der Wittenberger Konkordie von 1536 wieder verschärften Abendmahlsartikels Zwistigkeiten zu befürchten waren. Die Vertreter des Schmalkaldischen Bundes einigten sich rasch darauf, die Einladung zu dem von Papst Paul III. ausgeschriebenen Konzil abzulehnen. Damit war auch die tagespolitische Bedeutung von Luthers Artikeln nicht mehr gegeben. Man kam überein, dass die Augsburger Konfession durchgearbeitet und mit beweiskräftigen Zitaten aus der Heiligen Schrift, den Kirchenvätern und Konzilien unterbaut werden sollte; außerdem sollte eine Ergänzung zur Frage der Amtsgewalt des Papstes erarbeitet werden. Da es an geeigneter Fachliteratur vor Ort fehlte, unterblieb schließlich die Untermauerung der Confessio Augustana durch Zeugnisse aus Schrift und Tradition, die Ergänzung zur Stellung des Papsttums kam hingegen zustande, im Wesentlichen von Philipp Melanchthon verfasst, und zwar in einem weniger versöhnlichen Ton, als seine Anmerkung zu den Schmalkaldischen Artikeln hätte vermuten lassen. Am 24. Februar 1537 bekannten sich die anwesenden Theologen durch ihre Unterschriften zur Augsburger Konfession, zu deren Apologie und zu Melanchthons Traktat. Ambrosius Blarer unterschrieb zwei Tage später, Luther infolge seiner Erkrankung gar nicht. Das Bekenntnis wurde Bestandteil des Bundesabschieds vom 6. März 1537. Am 24. Februar haben zahlreiche der anwesenden Theologen auch Luthers Artikel unterzeichnet, wahrscheinlich auf Betreiben Bugenhagens.3 Da Kurfürst Johann Friedrich letztlich darauf verzichtet hatte, die Artikel zum Gegenstand offizieller Verhandlungen zu machen, blieb es den Anwesenden freigestellt, ob sie die Artikel unterzeichnen wollten, die man als Privatarbeit Luthers ansah. Luther, der die Vorgänge selbst nicht miterlebt hatte, ging später davon aus, auch seine Artikel seien „von den unsern angenomen und eintrechtiglich bekennet und beschlossen, Das man sie solte [...] offentlich uberantworten,“4 wenn es zu einem Konzil käme. 1538 veröffentlichte Luther seine Schmalkaldischen Artikel, ergänzt um eine Vorrede und fünf größere Abschnitte über die Messe, das Fegfeuer, die Anrufung der Heiligen, die Buße und die Beichte, ohne die Unterschriftenliste.5 1541 3
Vgl. die Unterschriftenliste der Schmalkaldischen Artikel von 1537, in: QuM I, 802–809. ASm, Vorrede, o. S. 718,21f.24f. 5 Außerdem nahm Luther noch etwa fünfzig kleinere Änderungen vor. – Zwei altgläubige Gegenschriften erschienen noch 1538: Johann Cochlaeus, Ein nötig vnd Christ=||lich Bedencken / auff des Luthers || Artickeln / die man Gemey=||nem Concilio für=||tragen sol. || M.D. XXXVIII, Leipzig: Nikolaus Wolrab (VD 16 C 4347); Antwort auff Martin || Luthers letzt bekennete Artickel / || vnsere gantze Religion vnd || das Concili be=||langend || Georgij Wicelij [...] || ANNO M.D. XXXVIII. || XXX. AVGVSTI, Leipzig: Nikolaus Wolrab (VD 16 W 3853). Eine weitere Gegenschrift erschien im Jahr darauf: Warhafftige Endeck||ung vnnd widerlegung deren || Artickel / die 4
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brachte der Däne Petrus Generanus eine lateinische Übersetzung zum Druck, deren verbesserte Version von 1542 Grundlage für die erste englische Übersetzung von 1543 wurde.6 Der sächsische Kurfürst war an Luther mit dem Wunsch herangetreten, noch vor Eröffnung des nächsten Reichstages im Februar 1544 in Speyer eine Oktavausgabe der Schmalkaldischen Artikel in deutscher und lateinischer Sprache zu veröffentlichen.7 Wohl in Reaktion darauf brachte Luther 1543 bei Peter Seitz in Wittenberg eine neue Ausgabe in deutscher Sprache heraus, vermehrt um einige weitere Texte.8 Im Jahre 1553 veröffentlichten die Weimarer Hofprediger Johann Stoltz und Johann Aurifaber auf der Grundlage der Ausgaben von 1538 und 1543 eine neue Ausgabe der Artikel, unter Berücksichtigung der Abschrift Georg Spalatins, aus der erstmals auch die Unterschriften publiziert wurden.9 In der Folgezeit wurden die Schmalkaldischen Artikel in die Corpora Doctrinae etlicher Territorien aufgenommen und mehr und mehr als verbindliche Lehrnorm angesehen, obwohl sie ursprünglich nicht förmlich rezipiert worden waren.10 Auch in das deutsche Konkordienbuch Dresden 1580 wurden die Schmalkaldischen Artikel mit den Unterschriften aufgenommen, in der Textfassung von 1555, korrigiert nach der Fassung von 1538. Für das lateinische Konkor-
M. Luther auff das || Concilium zu schicken / vnd || darauff beharren fur||genummen. || Mit vorgesetzter anzeig / wer das Concilium || fliehe oder hindere / || durch B. Johannem Hoffmeister A., Colmar: Bartholomäus Grüninger 1539 (VD 16 H 4282). Vgl. Hans Volz, Drei Schriften gegen Luthers Schmalkaldische Artikel von Cochlaeus, Witzel und Hoffmeister (1538 und 1539), Münster 1932 (CCath 18). 6 Vgl. die Schmalkaldischen Artikel in zeitgenössischer lateinischer und englischer Übersetzung von 1541/42 und 1543, in: QuM I, 814–879. 7 Vgl. Hans Volz, Luthers Schmalkaldische Artikel und Melanchthons Tractatus de potestate papae. Ihre Geschichte von der Entstehung bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, Gotha 1931, 32f. 8 Vgl. unsere Sigle Witt2. Darin wurde in der Vorrede der Absatz mit Bezug auf das bevorstehende Konzil gestrichen, weil es am 21. Mai 1539 auf unbestimmte Zeit suspendiert worden war. Beigegeben wurden: 1. Bekenntnis des Glaubens (WA 26, 499–509, ohne 507,17–27, stattdessen hinter 508,24 ein andere Abschnitt ‚Von der Beicht‘); 2. Von der rechten und falschen Kirche (WA 51, 466; 479,29–535,6; etwas gekürzt); 3. Die drei Symbola (WA 50, 260; 262,17–266,31; 282,30–283,10; etwas gekürzt und umgestellt); 4. Das Gebet Manasse (WA.DB 12, 528–533); 5. Ein Gebet wider den Türken (WA 51, 608,24–610,34); 6. Schlussformeln (vgl. WA 30/I, 679). – Diese Ausgabe diente als Vorlage für die zweite englische Übersetzung: The chiefe || and pryncypall Articles of || the Christen faythe, to holde againste || the Pope, and al Papistes, and the ga || tes of hell, with other thre very pro= || fitable and necessary bokes the na= || mes or tyttels, whereof are || conteyne in the leafe || next followynge. || Made by Do= || ctor Marten || Luther, London 1548. Die englische Ausgabe enthält statt des Gebets Manasses „A singular and fruteful maner of prayeng, vsed by the famous clarke Doctour Marten Luther, and compyled at the desyre and instaunte of a special frende of hys ...“ [= Eine einfältige Weise zu beten, für einen guten Freund, WA 38, 358–375]. Vgl. hierzu auch die Schmalkaldischen Artikel in zeitgenössischer lateinischer und englischer Übersetzung von 1541/42 und 1543, in: QuM I, 814–879. 9 Vgl. unsere Sigle Magd. Anlass für die Neuausgabe waren die Osiandrischen Streitigkeiten. Die beiden Herausgeber veränderten an zwei Stellen Luthers „Ich“ in ein „Wir“ und machten den Text so zu einem Bekenntnis der Kirche. Vgl. hierzu ASm, u. S. 776, Anm. δ–ζ und S. 778, Anm. μ–π. Die Vorrede ist (gekürzt) abgedruckt bei Volz, Urkunden, 198–209. 10 Vgl. Volz, Luthers Schmalkaldische Artikel, 40. Anm. 3.
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Schmalkaldische Artikel
dienbuch Leipzig 1580 erstellte Nikolaus Selnecker eine neue Übersetzung, die er für die Ausgaben von 1582 und 1584 nochmals überarbeitete.11
Überlieferung Deutsche Drucke: Witt1
Artickel / || so da hetten sol || len auffs Concilion zu || Mantua / oder wo es würde || sein / vberantwortet werden / || von vnsers teils wegen. || Vnd was wir annemen || oder geben kündten || oder nicht etc. || D. Mart. Luth., Wittenberg: Hans Lufft 1538 VD 16 L 3862.
Der deutsche Text unserer Edition folgt dieser Ausgabe. Witt2
DJE Heubt=||artikel des Christlich=||en Glaubens / Wider || den Bapst / vnd der || Hellen Pforten zu er=||halten. Sampt andern || dreien seer nützlichen || Büchlin / Welcher Na=||men oder Titel am fol=||genden Blat ange=||zeigt sind. || Mar. Luth. Wit., Wittenberg: Peter Seitz d.Ä. 1543. VD 16 L 4802.
Magd
Artikel der Euange=||lischen Lere / so da hetten sollen || auffs Concilium vberantwort || werden / wo es sein würde / Vnd vom gewalt || des Bapsts / vnd seiner Bischoffe / || was in dem allen / vnd wie et=||was zugeben / oder nicht / || zuuor also nie auß=||gangen. || Gestellet auf dem Tage zu || Schmalkalden. Anno. 1537. Mit vn=||terschreibung vieler Lande vnd || Stedte Theologen. || Jtzt alles aus vrsachen / in der || Vorrede vermeldet / aus Fürstlichem be=||fehl zu Weymar durch die Hoff=||prediger daselbst in druck || geben, Magdeburg: Michael Lotter 1553. VD 16 ZV 10063.
Konk1580 Concordia || hwhy || Christliche || Widerholete einmütige Bekentnüs || nachbenanter Churfürsten / Fürsten vnd Stende Augspurgischer Confession || vnd derselben Theologen Lere vnd glaubens: || Mit angeheffter / in Gottes wort / als der einigen Richt=||schnur / wolgegründter erklerung etlicher Artickel / bey || welchen nach D. Martin Luthers seligen absterben / || Disputation und streit vorgefallen. || Aus einhelliger vergleichung
11
Die Übersetzung des Generanus war ihm erst zu spät bekannt geworden. Vgl. Selneckers Brief an Zacharias Schilter und Wolfgang Harder. Leipzig, 31. Mai 1581, in: Volz, Luthers Schmalkaldische Artikel, 67f (= Beilage V).
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vnd || beuehl obgedachter Churfürsten / Fürsten und Stenden / || derselben Landen / Kirchen / Schulen vnd Nachkommen / || zum vnderricht vnd warnung in Druck || vorfertiget. || Mit Churf. G. zu Sachsen befreihung, Dresden: Matthes Stöckel und Gimel Bergen 1580. VD 16 K 1990.
Lateinischer Druck: Conc1584 Concordia. || PIA ET VNANIMI || CONSENSV REPETITA || Confessio Fidei & doctrinae || ELECTORVM, PRINCIPVM, || ET ORDINVM IMPERII, || Atque eorundem Theologorum, qui || Augustanam Confessionem am-||plectuntur. || CVI EX SACRA SCRIPTVRA, || VNICA ILLA VERITATIS NORMA ET || regula, quorundam Articulorum, qui post Doctoris MARTI-||NI LVTHERI felicem ex hac vita exitum, in con-||trouersiam venerunt, solida accessit || Declaratio. || COMMVNI CONSILIO ET MAN-||dato eorundem Electorum, Principum ac Ordinum Imperij, & || erudiendis & monendis subditis, Ecclesijs & Scholis suis, || ad memoriam posteritatis denuo typis || vulgata, Leipzig: Georg Deffner 1584. VD 16 K 2006.
Der lateinische Text unserer Edition folgt dieser Ausgabe.
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Schmalkaldische Artikel
[A1r] Artickel, so da hetten sollen auffs Concilion zu Mantua oder wo es würde sein uberantwortet werden von unsers teils wegen. Und was wir annemen oder geben kündten oder nicht etc. D. Mart. Luth. Wittemberg. M. D. XXXVIII.
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[A1v]Vorrede D. Martini Luther Da der Bapst Paulus, des namens der Dritte, ein Concilium ausschreib, im vergangenem jar auff die Pfingsten zu Mantua zu halten, und hernach | von Mantua wegruckt1, das man noch nicht weis, wo hin ers legen wil oder kann, Und wir uns auff unserm teil versehen sollten, das wir entweder auch zum Concilio beruffen, oder unberuffen verdampt würden, Ward mir befolhen, Artickel unser Lere zu stellen2 und zusamen bringen, obs zur handelung keme,3 was und wie fern4 wir wolten oder kundten den Papisten weichen5 und auff welchen wir gedechten, endlich6 zu beharren und zu bleiben.α βDem nach hab ich dieseβ Artickel zu samen bracht und unserm teil uberantwortet. Die sind auch von den unsern angenomen und eintrechtiglich bekennet und beschlossen, Das man sie solteγ (wo der Bapst mit den seinen ein mal so küne wolt werden, on liegen7 und triegen8, mit ernst und warhafftig ein recht freyδ Concilium zu halten, wie er wol [A2r] schuldig were) offentlich uberantworten und unsers glau|bens bekentnis fürbringen.9 Aber weil sich der Römisch hoff so greulich fur einem freyenε Concilio furcht10 und das liecht so schendlich fleucht11, das er auch denen, die seines teils sind,12 die hoffnung genomen hat, als werde er nimer mehr ein freyζ Concilion leiden, viel weniger selbs halten, Daran sie sich denn, wie billich,13 fast14 ergern15 und nicht geringe beschwerung16 drüber haben, Als die daran mercken, das der Bapst lieber wolt die gantze Christenheit verloren und alle Seelen verdampt sehen, ehe er sich oder die seinen wolt ein wenig reformieren und seiner Tyranney ηeine masη setzen lassen. So hab ich gleich wol diese Artickel inn des wollen durch offentlichen druck an den tag geben, ob ich ja ehe sterben solt,17 denn ein Concilium würde (wie α
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α–α
nicht in Witt2 | β – β Ich hab Witt2 | γ solle Witt2, Konk1580 | δ danach: christlich Konk1580 danach: Christlichen Konk1580 | ζ danach: Christlich Konk1580 | η – η ein mass Witt2, Magd, Konk1580 ε
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verlegte | 2 aufzustellen | 3 falls es womöglich zur Verhandlung käme | 4 weit | 5 nachgeben, Zugeständnisse machen | 6 endgültig | 7 Lügen | 8 Betrügen | 9 Luther war irrtümlich der
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[281] Articuli christianae doctrinae, qui a nostris Concilio, si quod vel Mantuae vel alibi congregandum fuisset, exhibendi fuerant, indicantes, Quid recipere, vel concedere possemus et quid non: 5
Scripti a D. Martino Luthero Anno 1537. Praefatio D. Mart. Luth.
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Cum Papa Paulus, huius nominis tertius, Concilium indiceret anno superiori, circa Pentecosten Mantuae congregandum et paulo post ab urbe Mantua alio trans|ferret (unde nondum constat, quo illud convocare vel velit vel possit) et nobis quoque sperandum esset, ut ad Concilium ipsi etiam vocaremur, vel metuendum, ne non vocati damnaremur: Iniungebatur mihi, ut Articulos doctrinae nostrae conscriberem et colligerem, si forte res procederet, ut constaret, [282] quid et quatenus Pontificiis cedere et in quibus capitibus constanter perseverare et vellemus et possemus. Conscripsi igitur hosce Articulos et nostrae parti tradidi. A nostris illi recepti et unanimi confessione approbati sunt et decretum est, ut Concilio (si quod a Papa et Pontificiis tandem sine mendaciis et fraudibus vero, legitimo et Christiano modo instituere|tur, sicut omnino deberet) publice offerrentur et fidei nostrae confessionem explicarent. Cum autem Romana ista aula seu Curia adeo formidet Christianum liberumque Concilium et lucem turpissime fugiat, ita ut etiam ipsis Pontificiis spes Concilii Christiani non tantum convocandi, sed etiam ferendi et concedendi prorsus ademta sit, unde sane offenduntur merito multi Pontificii et aegre ferunt negligentiam istam Papae ac inde facile colligunt, malle Papam interitum totius Christianitatis et damnationem omnium animarum quam sui et suorum vel exiguam saltem reformationem et quam tyrranidi suae modum praescribi patiatur: ideo et nihilominus articulos hos in publicum emittere volui, ut, si citius ex hac vita evocarer, quam Concilium congregaretur (quod ita eventurum esse
Ansicht, die Artikel seien auf dem Bundestag in Schmalkalden im Februar 1537 als offizielles gemeinsames Bekenntnis angenommen worden. | 10 fürchtet | 11 flieht | 12 die auf seiner Seite stehen, zu seiner Partei gehören | 13 verständlicherweise | 14 sehr | 15 sich ergern = Anstoß nehmen | 16 Belastung, Kummer | 17 falls ich vorher sterben sollte
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ich mich gantz versehe und verhoffe)18, weil die liechtflüchtigen und tagscheuende Schelmen19 so jemerlich mühe haben, dasθ Concilium zu verzihen20 und zu verhindern, Damit die, so nach mir leben und bleiben werden, mein zeugnis und bekentnis haben vorzuwenden21 uber22 das bekentnis, das ich zuvor hab lassen ausgehen,23 Darauff ich auch noch bisher blieben bin und bleiben wil mit Gottes gnaden. Denn was sol ich sa[A2v]gen? Wie sol ich klagen? Ich bin noch im leben, schreibe, predige und lese24 teglich; Noch25 finden sich solche gifftige | Leute nicht allein unter den widersachern, sondern auch falsche Brüder, die unsers teils sein wollen,26 die sich unterstehen mein schrifft und lere stracks27 widder mich zu furen28, lassen mich zusehen und zuhören, ob sie wol wissen, das ich anders lere, und wollen ire gifft mit meiner erbeit schmücken29 und die armen leute unter meinem namen verfüren. Was wil doch imer mehr30 nach meinem tode werden? Ja, ich solte billich31 alles verantworten32, weil33 ich noch lebe? Ja widerumb,34 wie kan ich allein alle meuler des Teuffels stopffen? Sonderlich denen (wie35 sie alle vergifftet sind), die nicht hören noch mercken wollen, was wir schreiben, Sondern allein an dem sich uben36 mit allem vleis, wie sie unsere wort inn allen buchstaben auffs schendlichst verkeren37 und verderben mügen. Solchen lasse ich den Teuffel antworten oder zu letzt Gottes zorn, wie sie verdienen. Ich dencke offt an den guten Gerson,38 der zweivelt, ob man etwas guts solt öffentlich schreiben: Thut mans nicht, So werden viel seelen verseumet39, die man kundte erretten. Thut mans aber, so ist der Teuffel da mit unzeligen gifftigen bösen meulern, die alles vergifften und verkern40, das doch [A3r] die frucht verhindert wird.41 Doch was sie dran gewinnen, sihet man am tage; Denn sintemal42 sie so schendlich wider uns gelogen und die leute mit liegen haben wollen behalten,43 hat Gott sein werck imer fort getrieben, iren hauffen imer kleiner und unsern grösser gemacht und sie mit iren lügen zuschanden lassen werden und noch imer fort. Ich mus eine Historia sagen:44 Es ist hie zu Wittemberg gewest aus Franckreich ein Doctor45 gesand, der fur uns öffentlich sagt, Das sein König46 gewis und uber47 gewis were, Das bey uns kein Kirche, kein Oberkeit, kein Ehestand sey, sondern gienge alles unternander wie das Viehe und thet iderman, was er wolt. Nu rat48, wie werden uns an jhenem tage fur dem Richtstuel Christi ansehen die, so solche grobe lügen dem Könige und andern Landen durch ire θ
ein frey Witt2
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wie ich mit ziemlicher Sicherheit erwarte und erhoffe | 19 Betrüger | 20 zu verzögern, aufzuschieben | 21 vorzulegen, vorzuweisen | 22 über (das Bekenntnis) hinaus, ergänzend zu (demjenigen Bekenntnis) | 23 Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 499,14– 509,28 | 24 halte Vorlesungen an der Universität | 25 dennoch | 26 die angeblich auf unserer Seite stehen. Luther spricht hier aus Erfahrungen, die er im Zuge des zweiten antinomistischen Streits (ab 1537) machen musste. | 27 geradewegs | 28 ins Feld zu führen, anzuwenden | 29 beschönigen, attraktiv machen | 30 nun gar erst | 31 ordentlicherweise, von Rechts wegen | 32 beantworten,
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omnino confido et spero, cum lucifugi isti nebulones nimium in protrahendo et impediendo Concilio laborent), ut, inquam, ii, qui post me vivent et remanebunt, testimonium et confessionem meam haberent et proponere possent adiunctam Confessioni, quam antea publicavi, in qua hactenus constanter permansi et permanebo deinceps per Dei gratiam. Quid enim dicam? Quomodo querelam instituam? Ad[283]huc superstes sum, scribo, conciones habeo et praelego publice et quotidie: et tamen virulenti | homines, non tantum ex adversariis, sed etiam falsi fratres, qui nobiscum se sentire aiunt, mea scripta et doctrinam meam simpliciter contra me adferre et allegare audent me vivente, vidente et audiente, etiamsi sciant me aliter docere, et volunt virus suum meo labore exornare et miseros homines meo sub nomine decipere et seducere. Quid ergo, bone Deus, post obitum meum fiet? Deberem quidem ad omnia respondere, dum adhuc vivo. Sed quaeso, quomodo omnia diaboli ora obstruere solus possum? praesertim eorum (utpote venenatorum omnium), qui nec audire nec attendere volunt, quid scribamus, sed in eo toti sunt, ut verba nostra etiam in minutissimis literis scelerate pervertant et depravent. His ergo diabolus respondeat et tandem ira Dei, quemadmodum merentur. Saepe recordor boni Gersonis dubitantis, num quid boni publice scribendum et proferendum sit. Si scriptio omittitur, multae animae negliguntur, quae liberari potuissent Si vero illa praestatur, statim diabolus praesto est cum linguis pestiferis et calumniarum plenis, quae omnia corrumpunt et veneno inficiunt, ut utilitas scriptorum impediatur. Quid tamen ex ista malitia sua commodi recipiant, manifestum est. Quia enim nos mendaciis perdite onerarunt et simpliciores per ista mendacia in suo coetu retinere voluerunt, Deus opus suum subinde promovit et ipsorum coetum reddidit minorem, nostrum vero maiorem ac ipsos ob mendacia confudit et confundit etiamnum. Recitabo historiam. Fuit Witebergae Doctor quidam ex Galliis missus, qui nobis palam indicabat Regi suo [284] certo certius persuasum esse apud nos nullam esse Ecclesiam, nullum magistratum, nullum coniugium, sed promiscue omnes pecudum more vivere pro arbitrio. Dic iam, quo vultu nos coram tribunali Christi in ultimo iudicio sint aspecturi ii, qui tam crassa et prodigiosa mendacia Regi et aliis regnis per sua scripta inculcarunt ceu veritatem?
richtigstellen | 33 solange | 34 im Gegenteil | 35 wiewohl | 36 sich damit beschäftigen | 37 verdrehen | 38 Johannes Gerson, Kanzler der Universität Paris. Ein entsprechendes Zitat findet sich in: Gerson, De laude scriptorum XI, in: GOC 9, 432. | 39 vernachlässigt | 40 verkehren, verdrehen 41 so dass unsere Bemühungen dennoch keine Frucht tragen | 42 weil | 43 und die Leute mit Lügen auf ihre Seite ziehen/auf ihrer Seite halten wollten | 44 eine Geschichte erzählen | 45 Gervasius Waim (Vaim, Weim, Vain) aus Memmingen, ein Schüler Johannes Ecks, kam im Juli 1531 als französischer Gesandter nach Torgau. | 46 Franz I., König von Frankreich 1515–1547 | 47 mehr als | 48 denke dir, stelle dir vor
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schrifft eingebildet49 haben fur eitel50 warheit? Christus, unser aller Herr und Richter, weis ja wol,51 das sie liegen und gelogen haben. Des urteil werden sie widerumb müssen hören, das weis ich fur wahr. Gott bekere, die zu bekeren sind, zur busse, den andern wirds heissen Weh und ach ewiglich. Und das ich wider kome zur sache, Möchte ich fur war wol gern ein rechtι Concilium [A3v] sehen, damit doch viel sachen und Leuten geholffen würde. Nicht das wirs bedürffen; Denn unser Kirchen sind nu durch Gottes gnaden mit dem reinen wort und rechtem brauch der Sacrament, mit erkentnis allerley Stenden52 und rechten wercken also erleucht und beschickt,53 das wir unser halben nach keinem Concilio fragen und inn solchen stücken vom Concilio nichts bessers zu hoffen noch zu gewarten54 wissen. Sondern da sehen wir inn den Bistumen allent|halben viel Pfarrhen ledig und wüst,55 das einem das hertz möcht brechen. Und fragen doch weder Bischoff noch Thumherrn56 darnach, wie die armen Leute leben oder sterben, fur die doch Christus ist gestorben, Und sollen den selben nicht hören mit inen reden als den rechten Hirten mit seinen Schafen,57 Das mir grauet und bange ist, Er möchte ein malκ ein Engel Concilium lassen gehen uber Deudsch Land, das uns alle inn grund verderbet wie Sodom und Gomorra,58 weil wir sein so frevelich59 mit dem Concilio spotten. Uber60 solche notige Kirchen sachen weren auch inn weltlichem Stande unzelige, große stücke zu bessern; da ist uneinigkeit der Fürsten und Stende, Wucher und Geitz61 sind wie eine Sintflut62 eingerissen und eitel Recht [A4r] worden, Mutwil63, unzucht,64 ubermut65 mit kleiden, fressen, spielen, prangen,66 mit allerley untugent und Bosheit, Ungehorsam der unterthanen, gesinde und erbeiter, Aller handwerck, auch der Baurn ubersetzung67 (und wer kans alles erzelen?) haben also68 uberhand genomen, das mans mit zehen Conciliis und zwenzig reichstagen nicht wider wird zu recht bringen. Wenn man solche Heubtstück69 des geistlichen und weltlichen Standes, die widder Gott sind, im Concilio wurde handeln70, So würde man wol zu thun kriegen alle hende vol, | das man die weil71 wol würde vergessen des kinderspiels und narrenwercks von langen röcken,72 grossen platten73, breiten gürteln,74 Bisschoffs und Cardinals Hüten oder steben75 und der gleichen geuckeley76. Wenn wir zuvor hetten Gottes gebot und befelh ausgericht im Geistlichen ι
danach: Christlich Konk1580 | κ danach: einst Witt2, Magd, Konk1580
49 eingeprägt, vermittelt, vorgespiegelt | 50 als reine | 51 sehr genau | 52 mit der zutreffenden Einschätzung unterschiedlicher Formen der Lebensgestaltung in der Gesellschaft (es geht um die Neubewertung der sog. geistlichen Stände, die Aufwertung des weltlichen Berufs, der Hausarbeit usw.) | 53 ausgestattet | 54 erwarten, gewärtigen | 55 unbesetzt und vernachlässigt, geistlich unversorgt. Vgl. WA 50, 512,33; 618,2–5; WA.T 4, 67,17f und 68,5f. Im Bistum Würzburg war angeblich eine große Zahl gut dotierter Pfarreien unbesetzt. | 56 Domherren | 57 Vgl. Joh 10,27f. 58 Vgl. Gen 19,1–29. | 59 mutwillig. | 60 Abgesehen von, über ... hinaus | 61 Habgier | 62 Vgl. Gen 7,17–24. | 63 Willkür | 64 Zuchtlosigkeit, Sittenlosigkeit, Frechheit | 65 Verschwendung | 66 Prahlerei, Prachtentfaltung | 67 Übervorteilen, Ansetzen überhöhter Preise, Aufstellen überzogener Forderungen | 68 derart | 69 wesentliche Gegenstände, Hauptpunkte | 70 verhandeln, behandeln,
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Christus, omnium nostrum Dominus et iudex, scit ipse istos mentiri et semper mentitos esse. Huius sententiam vicissim audire cogentur, quod certo scio. Deus convertat convertendos, ut agant poenitentiam: caeteros obruet Vae et ah in aeternum. Ut autem redeam ad rem, Optarim ex animo Concilium Christianum et liberum aliquando congregari, ut multis et rebus et hominibus consuleretur, non quod nos Concilio indigeamus (Nostrae enim Ecclesiae per Dei gratiam puritate Verbi et vero usu Sacramentorum ac cognitione vocationum et verorum operum ita sunt illustratae et constitutae, ut Concilio opus nobis non sit nec a Concilio de his rebus quidquam melius sperare et expectare possimus), sed quod in Episcopatibus videamus | passim multas parochias plane desertas et vacuas, ita ut prae dolore cor hominis pii extingui facile possit. Et tamen nec Episcopi nec Canonici curant quomodo miseri homines vel vivant vel moriantur, pro quibus tamen Christus est mortuus, quem miseri homines ut verum pastorem cum ovibus suis loquentem audire non possunt.1 Et hoc me movet, ut exhorrescens vehementer metuam, ne Christus ipse aliquando convocet Concilium Angelicum contra Germaniam, quo funditus deleamur sicut Sodoma et Gomorrha,2 quandoquidem tam temere ipsi illudimus nomine et praetextu Concilii. [285] Praeter haec tam necessaria negotia Ecclesiastica essent quoque res magnae in statu politico corrigendae ut discordia Principum et statuum. Usura et avaritia ceu diluvium3 inundarunt et specie iuris defenduntur. Petulantia, lascivia, superbia et luxus ac fastus in vestitu, crapula, alea, pompa, vitiorum et scelerum concursus, malitia, contumacia subditorum, familiae, opificum, mercenariorum, rusticorum aucupia et iniquissima in venditionibus aestimatio (et quis recitare potest omnia?) adeo accreverunt, ut decem Conciliis et viginti Comitiis politicis corrigi nequeant. Si haec principalia in Ecclesiastico et politico statu, quae contra Deum fiunt, in Concilio tractarentur, satis superque esset, de quibus ageretur, nec opus esset ludicris et iocularibus confabulationibus de veste talari, de insignibus verticalibus, | rasuris et tonsuris, de cingulis latis seu baltheis, de Episcoporum et Cardinalium infulis, galeris, pileis et baculis et similibus vanitatibus. Si antea Dei mandatum et voluntatem in ecclesiastico et politico ordine expedivissemus, satis postea otii et temporis nobis relinqueretur ad reformationem ciborum,
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Vgl. Joh 10,27f. | 2 Vgl. Gen 19,1–29. | 3 Vgl. Gen 7,17–24.
erörtern | 71 die weil = unterdessen | 72 Chorröcken bzw. Alben | 73 Tonsuren | 74 mit dem cingulum bzw. der zona wird die Albe gegürtet | 75 Die Bischöfe tragen bei liturgischen Anlässen die Mitra oder Infula, eine hohe Mütze, die Kardinäle das rote Birett oder den breitkrempigen rotseidenen Hut, beiden steht der Krummstab zu als Zeichen ihres Hirtenamtes. | 76 Possenspiel
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und weltlichen Stande, so wolten wir zeit gnug finden, die speise,77 kleider, platten und Casel78 zu reformirn. Wenn wir aber solche Camelen verschlingen und da fur Mücken seygen,79 die Balcken lassen stehen und die Splitter richten wollen,80 so möchten wir wol auch mit dem Concilio zufrieden sein. Darumb hab ich wenig Artickel gestellet;81 Denn wir on das82 von Gott so viel befehl83 haben, inn der Kirchen, inn der Oberkeit, im [A4v] Hause zu thun, das wir sie nimer mher ausrichten können. Was sols denn, oder wo zu hilffts, das man darüber viel decret und satzung im Concilio machet, Sonderlich, so man diese heubtstück, von Gott geboten, nicht achtet noch hellt? Gerade als müste er unser gauckelspiel feiren84 dafur, das wir seine ernste Gebot mit füssen tretten. Aber unser sunde drücken uns und lassen Gott nicht gnedig uber uns sein; denn wir büssen auch nicht, wollen dazu noch allen greuel verteidi|gen. Ah, lieber Herr Jhesu Christi, halt du selber Concilium und erlöse die deinen durch deine herrliche zu kunfft85. Es ist mit dem Pabst und den seinen verloren. Sie wollen dein nicht, So hilff du uns armen und elenden,86 die wir zu dir seufftzen und dich suchen mit ernst, nach der gnade, die du uns gegeben hast durch deinenλ heiligen Geist, der mit dir und dem Vater lebet und regirt ewiglich gelobt, AMEN.
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den Witt2
77 Die Formulierung zielt auf die Fastenbestimmungen. | 78 Casula, verzierter glockenförmiger Mantel, Messgewand | 79 Vgl. Mt 23,24. | 80 Vgl. Mt 7,3–5. | 81 aufgestellt, formuliert | 82 ohnedies | 83 Aufträge | 84 ehren | 85 deine Wiederkunft in Herrlichkeit | 86 Heimatlosen, Hilflosen
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vestium, cereorum, rasurarum, casularum etc. At quia camelos deglutimus et interea culices excolamus,4 trabes relinquimus et festucas inquirimus et iudicamus,5 supersedere Concilio possumus.
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Paucos igitur articulos conscripsi. Habemus enim iam antea satis mandatorum Dei in Ecclesia, in politia, in oeconomia, quibus satisfacere nunquam possumus. Ad quid ergo prodest copia ista decretorum, traditionum et legum in Concilio, cum praecipua capita a Deo mandata nec curentur nec serventur? quasi vero Deus in ludicris fabulis nostris acquiescere et interea sua divina mandata pedibus, ut conculcentur, [286] ferre cogatur. Peccata autem nostra nos aggravant nec sinunt Deum nobis esse propitium, quia poenitentiam non agimus et insuper omnem abomina|tionem defendere volumus. O Domine Iesu Christe, indicito et celebra tu ipse Concilium, et libera tuos adventu tuo glorioso. Actum est de Papa et Pontificiis. Hi te non curant. Iuva ergo nos miseros et inopes, qui ad te gemimus et te ex corde quaerimus secundum gratiam, quam nobis dedisti per Spiritum sanctum tuum, qui tecum et cum Patre vivit et regnat benedictus in saecula, Amen.
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Vgl. Mt 23,24. | 5 Vgl. Mt 7,3–5.
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[Schmalkaldische Artikel] [B1r] Das Erste Teil ist von den hohen Artikeln der Göttlichen Majestet, als87 I. Das Vater, Son und heiliger Geist inn einem Göttlichen wesen und Natur drey unterschiedliche Personen ein einiger88 Gott ist, der Himel und Erden geschaffen hat. II. Das der Vater von niemand, der Son vom Vater geboren, der heilige Geist vom Vater und Son ausgehend. III. Das nicht der Vater noch heiliger Geist, sondern der Son sey Mensch worden.
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[B1v] IIII. Das der Son sey also Mensch worden, das er vom heiligen Geist on menlich zuthun empfangen und von der reinen, heiligen Jungfrauen Maria geboren sey. Darnach gelitten, gestorben, begraben, zur Helle89 gefaren, aufferstanden von den Todten, Auffgefaren gen Himel, sitzend zur rechten Gottes, künfftig zu richten die lebendigen und die todten etc., Wie der Aposteln, Item90 S. Athanasii Symbolon und der gemeine91 kinder Catechismus leret. Diese Artikel sind inn keinem zanck noch streit, weil wir zu beiden teilen die selbigen bekennen. Darümb nicht von nöten, itzt davon weiter zu handeln.
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[B2r] Das Ander Teil ist von den Artikeln, so das Ampt und Werck Jhesu Christi oder unser Erlösung betreffen. Hie ist der erste und Heubtartikel.
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Das Jhesus Christus, unser Gott und Herr,92 sey „umb unser Sünde willen gestorben und umb unser Gerechtigkeit willen aufferstanden“, Ro. 4.,93 Und er allein „das Lamb Gottes“ ist, „das der welt sunde tregt“, Joh. i.,94 Und Gott unser aller sunde auff in gelegt hat, Isa. 53.,95 Item: Sie sind allzumal Sünder und werden on verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung Jhesu Christi inn seinem blut etc., Ro. 3.96
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und zwar | 88 einziger | 89 Hölle | 90 ebenso | 91 allgemein gebräuchliche | Röm 4,25 | 94 Joh 1,29 | 95 Vgl. Jes 53,6. | 96 Vgl. Röm 3,23–25.
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Vgl. Joh 20,28.
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[Articuli Smalcaldici] [287] Prima pars De summis articulis divinae maiestatis 5
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I. Pater, Filius et Spiritus sanctus in una divina essentia et natura tres distinctae personae sunt unus Deus, qui creavit coelum et terram. II. Pater a nullo, Filius a patre genitus est, Spiritus sanctus a Patre et Filio procedit. III. Non Pater, non Spiritus sanctus, sed Filius homo factus est. IIII. Filius ita factus est homo, ut a Spiritu sancto sine virili opera conciperetur et ex Maria pura, sancta, sempervirgine nasceretur. Postea passus et mortuus est, sepultus, descendit ad inferna, resurrexit a mortuis, ascendit ad coelos, sedet ad dexteram Dei venturus iudicare vivos et mortuos etc., sicut de his Symbolum Apostolicum et Athanasianum et Catechismus noster puerilis nos edocent. De his articulis nulla est inter nos et adversarios controversia, cum illos utrinque confiteamur: quamobrem non est necesse, ut pluribus iam de illis agamus.
[288] Secunda pars est de articulis, qui officiuma et opus Iesu Christi sive redemptionem nostram concernunt. Hic primus et principalis articulus est,
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Quod Iesus Christus, Deus et Dominus noster,6 sit propter peccata nostra mortuus et propter iustitiam nostram resurrexerit, Rom. 4.7 Et quod ipse solus sit Agnus Dei, qui tollit peccata mundi, Iohan. 1.8 Et quod Deus omnium nostrum iniquitates in ipsum posuerit, Esaiae 53.9 Omnes peccaverunt et iustificantur gratis absque operibus seu meritis propriis ex ipsius gratia per redemptionem, quae est in Christo Iesu in sanguine eius, Rom. 3.10
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OFFI-|ficium Conc Vgl. Joh 20,28. | 7 Vgl. Röm 4,25. | 8 Joh 1,29 | 9 Vgl. Jes 53,6. | 10 Vgl. Röm 3,23–25.
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Die weil nu solches mus gegleubet werden und sonst mit keinem Werck, Gesetze noch verdienst mag97 erlanget oder gefasst98 werden, So ist es klar und gewis, das allein solcher Glaube uns gerecht mache, Wie Rom. 3. S. Paulus spricht: [B2v] Wir halten, das der Mensch gerecht werde on werck des Gesetzes durch den glauben,99 Item: Auff das er alleine Gerecht sey und gerecht mache denenμ,100 der da ist des glaubens an Jhesu.101 Von diesem Artikel kan man nichts weichen oder nachgeben, Es falle Himel und Erden oder was nicht bleiben will; Denn es | ist kein ander Name den Menschen gegeben, da durch wir können selig werden, spricht S. Petrus Act. 4.102 Und durch seine Wunden sind wir geheiletν. Isaie 53.103 Und auff diesem Artikel stehet alles, das wir wider den Bapst, Teufel und Welt leren und leben. Darümb müssen wir des gar gewis sein und nicht zweiveln. Sonst ists alles verloren, und behelt Bapst und Teufel und alles wider uns den Sieg und Recht. Der ander Artikelξ
οMesse im Bapstumο
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Das die Messe im Bapstum mus der grösseste und schrecklichste Greuel sein, als die stracks104 und gewaltiglich105 wider diesen Heubtartikel strebt und doch uber und für allen andern Bepstlichen Abgöttereyen die höhest und schönest gewest ist; Denn es ist gehalten,106 das solch Opf[B3r]fer oder werck der Messe (auch durch einen bösen Buben107 gethan)108 helffe denπ Menschen von Sünden, beide hie im Leben und dort im Fegfeur, Welches doch allein sol und mus thun das Lamb Gottes, wie droben gesagt. Von diesem Artikel ist auch nicht zu weichen oder nach zu lassen; Denn der erste Artikel leidets nicht.109 Und wo etwa vernünfftige Papisten weren, möchte man der massen110 und freundlicher weise mit inen reden, nemlichρ, warümb sie doch so hart111 an der Messen hielten112? Ists doch ein lauter Menschen | fündlin113, von Gott nicht geboten. Und alle Menschen fündlin mögen wir fallen lassen, Wie Christus spricht Matth. 15.: Sie dienen mir vergeblich mit menschen Geboten.114 Zum andern ists ein unnötig ding, das man on sunde und fahr115 wol lassen116 kan. Zum dritten kan man das Sacrament viel besser und seliger weise (ja allein seliger weise) nach Christus einsetzung kriegen.117 Was ists denn, das man μ
den Witt2, Magd, Konk1580 | ν geheiliget Witt2, Magd | ξ danach: von der Messe Magd, Konk1580 | ο – ο Witt2 | π dem Witt2, Magd, Konk1580 | ρ Erstlich Konk1580 97
kann | 98 erfasst | 99 Röm 3,28 | 100 denjenigen | 101 Röm 3,26 | 102 Act 4,12 | 103 Jes 53,5 geradewegs | 105 mit Macht, nachdrücklich | 106 man meint, es besteht die Auffassung 107 Schurken | 108 In der Auseinandersetzung mit den Donatisten hatte bereits der Kirchenvater Augustinus mit Nachdruck festgestellt, dass die Sakramente gültig bzw. wirksam seien unabhängig von der persönlichen Heiligkeit ihres jeweiligen Spenders. Vgl. Augustinus, De baptismo contra Donatistas, in: PL 43, 107–244; ders., Tractatus in evangelium Iohannis VI, 7, in: PL 35, 1428 104
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Hoc cum credere necesse sit et nullo opere, lege aut merito acquiri et apprehendi possit, certum est et manifestum solam hanc fidem nos iustificare, sicut Paulus Rom. 3. inquit: Statuimus iustificari hominem per fidem absque operibus legis.11 Item: Ut sit ipse iustus et iustificans eum, qui est ex fide Iesu Christi.12
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De hoc articulo cedere aut aliquid contra illum largiri aut permittere nemo piorum potest, etiamsi coelum et terra ac omnia corruant. Non enim est aliud | nomen hominibus datum, per quod salvari possimus, (inquit Petrus Actorum 4.)13 Et per vulnera eius sanati sumus, Esaiae 53.14 [289] Et in hoc articulo sita sunt et consistunt omnia, quae contra Papam, diabolum et universum mundum in vita nostra docemus, testamur et agimus. Quare oportet nos de hac doctrina esse certos et minime dubitare, alioquin actum est prorsus et Papa et diabolus et omnia adversa ius et victoriam contra nos obtinent.
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II. Articulus de Missa docet,
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Quod Missa in Papatu sit maxima et horrenda abominatio simpliciter et hostiliter e diametro pugnans contra articulum primum, quae tamen prae omnibus aliis Pontificiis idolatriis summa et speciosissima fuit. Statuerunt enim, quod sacrificium istud seu opus Missae etiam ab impio ac perdito nebulone praestitum liberet hominem a peccatis cum in hac vita, tum in purgatorio, cum tamen solus agnus Dei nos liberet, ut supra dictum est. Hic nihil permittendum nec cedendum est, quia prior articulus id non fert. Cum sanioribus Pontificiis placide hoc modo conferri posset. Primum: Quare tam rigide Missae patrocinium suscipiant, cum illa tantummodo sit hominum inventum | et a Deo non mandata sit? Hominum vero inventiones tuto omittere possumus, ut Christus testatur Matth. 15.: Frustra colunt me mandatis hominum.15 Secundo: Res est non necessaria, quae sine peccato et periculo omitti potest.
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Tertio: Sacramentum meliori et Deo magis accepto, imo hoc solo accepto, salutari et beato modo secundum Christi institutionem sumi potest. Cur
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Röm 3,28 | 12 Röm 3,26 | 13 Vgl. Act 4,12. | 14 Vgl. Jes 53,5. | 15 Vgl. Mt 15,9.
(CChr.SL 36, 56f [bes. Z. 24–31]). | 109 lässt es nicht zu | 110 dem gemäß, dementsprechend 111 unnachgiebig | 112 festhielten | 113 ein bloßes Erzeugnis menschlicher Erfindung/Vorstellung/Einbildung | 114 Mt 15,9 | 115 Gefahr | 116 unterlassen | 117 bekommen, erhalten
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Schmalkaldische Artikel
umb einer ertichten118, unnötigen sachen willen, da mans sonst wol und seliger haben kann, die welt inn jamer und not wolt zwingen?
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BSLK 419 | υSich selbs communicirnυ
Man lasse den Leuten offentlich predi[B3v]gen, wie119 die Messe als ein Menschen tand müge on sunde nachbleiben120 und niemand verdampt werde, wer sie nicht acht, sondern müge wol on Messe wolσ durch121 bessere weise selig werden. Was gilts, ob die Messe als denn nicht von ir selbs fallen wird,122 nicht allein bey dem tollen pöfel,123 Sondern auch bey allen fromen, Christlichen, vernünfftigen, Gottfürchtigen hertzen? Viel mehr,124 wo sie hören würden, das es ein ferlich125 ding, on Gottes wort und willen erticht und erfunden ist. Zum vierden, weil solch unzeliche, unaussprechliche Misbreuche inn aller welt mit keuffen und verkeuffen der Messen126 entstanden, solt man sie billich lassen faren127, auch allein, τumb solche misbreucheτ zu weren, wenn sie gleich an ir selbs128 etwas nützlichs und gutes hette. Wie viel mehr sol man sie faren lassen, | solche misbreuche ewiglich zuverhüten, weil sie doch gar unnötig, unnütze und ferlich ist und man alles nötiger, nützlicher und gewisser on die Messe haben kan. Zum fünfften, Nu aber die Messe nichts anders ist noch sein kan (wie der Canon129 und alle Bücher130 sagen), denn ein werck der Menschen (auch böser Buben131), damit einer sich selbs und andere mit sich gegen Gott versünen, vergebung der sunden und gnade erwerben und verdienen wil132 (Denn so wird sie gehalten, wenn sie auffs aller beste wird gehalten. Was solt sie sonst?) So sol und mus man [B4r] sie verdammen und verwerffen; Denn das ist stracks wider den Heubtartikel, der da sagt, das nicht ein böser oder fromer Messeknecht133 mit seim werck, Sondern das Lamb Gottes und Son Gottes unsere sunde tregt.134 Und ob einer zum guten schein135 wolt fürgeben, Er wolt zur andacht136 sich selbs berichten137 oder communicirn. Das ist nicht ernst; Denn wo er mit ernst wil communiciren, so hat ers gewis und auffs beste im Sacrament nach der einsetzung Christi gereicht. Aber sich selbs | communicirn ist ein menschen dünckel,138 ungewis und unnötig, dazu verboten. Und er weis auch nicht, was er macht, weil er on Gottes wort falschem menschen dünckel und fündlin folget. So ists auch nicht recht (wenn alles sonst schlecht139 were), das einer das gemein Sacrament der kirchen nach seiner eigen andacht wil brau-
σ
nicht in Konk1580 | τ – τ solchen misbreuchen Magd, Konk1580 | υ – υ Witt2
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erfundenen | 119 dass | 120 unterbleiben | 121 auf | 122 Zweifellos wird die Messe dann von selbst in Missachtung fallen | 123 nicht nur bei der unverständigen Menge | 124 Erst recht, um so mehr | 125 gefährliches | 126 Luther zielt hier auf die Praxis der Privatmessen, bei denen gegen Entrichtung eines Beitrages zum Lebensunterhalt des Priesters das geistliche Verdienst, das man durch eine Messfeier zu erwirken meinte, einer oder mehreren bestimmten Personen zugewandt werden sollte, um deren Stellung vor Gott zu verbessern. | 127 gerechterweise aufgeben | 128 für sich genommen, an und für sich | 129 Luther versteht darunter die Messliturgie von „Te igitur“ bis zum Schlusssegen. | 130 Vgl. Wilhelm Durandus, Rationale divinorum officiorum IV, 35,12, in:
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igitur propter figmentum humanum et non necessarium, cum aliter et rectius res ipsa haberi possit, ad extremas miserias homines cogerentur et adigerentur? Curetur, ut publice hominibus ostendatur Missam ut rem commentitiam seu humanum figmentum posse sine [290] peccato omitti et neminem damnari, qui Missam non curat, sed etiam sine Missa meliore ratione homines salvari posse. Sic fiet, ut Missa sit sponte corruitura non tantum in vulgo rudi, sed etiam in animis omnium piorum, Christianorum et sanorum, idque multo magis, cum audierint Missam esse quiddam valde periculosum sine Dei verbo et voluntate confictum atque inventum. Quarto: Cum fere innumeri et inenarrabiles abusus in universo mundo ex negotiatione Missarum exstiterint, abroganda merito Missa est, ut abusus isti removeantur, etiamsi quid utilitatis et boni in se contineret. Quanto magis autem, cum | plane inutilis, non necessaria et periculosa sit et omnia utilius atque certius absque Missa haberi possint, eam missam facere debemus, ut abusus istos tetros perpetuo fugiamus?
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Quinto: Cum Missa nihil sit aliud nec aliud esse possit (sicut Canon et omnes libri pronuntiant) quam opus hominum (etiam impiorum nebulonum), quo opere aliquis seipsum et alios una cum seipso cum Deo reconciliare, remissionem peccatorum et gratiam impetrare et mereri conatur (sic enim aestimatur Missa, cum maxime praedicatur; ad quid enim alioqui prodesset?), ideo certe damnanda et reiicienda est. Hoc enim directe pugnat cum primario articulo, qui affirmat non Missificum sacerdotem vel bonum vel malum suo opere, sed Agnum Dei et Filium Dei tollere peccata nostra. Quod si quis fucum facere et praetendere vellet se ex devotione sibi ipsi communionem exhibere velle, is longe erraret nec serio et ex animo loqueretur. Communio enim vera et certa est in sacramento, quae fit secundum institutionem | Christi. Seipsum autem communicare humana persuasio est, incerta et non necessaria, imo prohibita. Nescit enim ille, quid faciat, cum absque verbo Dei opinioni et figmento humano obsequatur. Non etiam recte facit is (etiamsi res alioqui plana esset), qui sacramentum proprium Ecclesiae
CChr.CM 140, 417,135f: „Traditur autem quod Gelasius papa, quinquagesimus primus a beato Petro, canonem principaliter ordinavit.“ Die meisten liturgischen Werke des Mittelalters griffen diese Bemerkung auf. | 131 Schurken | 132 wodurch jemand sich selbst und weitere Menschen mit Gott versühnen ... will | 133 polemische Bezeichnung für einen Altaristen, dessen Pfründe mit der Verpflichtung verbunden ist, Messen zugunsten Verstorbener zu lesen | 134 Vgl. Joh 1,29. | 135 als rechtfertigenden Vorwand | 136 Erbauung | 137 sich selbst das Abendmahl reichen | 138 bloßer Einfall | 139 in Ordnung
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φCampegiusφ
χFegfeurχ | BSLK 420
αAugustinusα
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Schmalkaldische Artikel
chen und damit seins gefallens on Gottes wort ausser der Kirchen gemeinschafft spielen.140 Dieser artikel von der Messe wirds gantz und gar sein141 im Concilio; Denn wo es müglich were, das sie uns alle andere Artikel nachgeben, So künnen sie doch diesen Artikel nicht nachgeben, Wie der Campegius142 zu Augspurg gesagt: Er wolt sich ehe auff stücken zu reissen143 lassen, ehe er wolt die Messe faren lassen.144 So werde ich mich auch mit Got[B4v]tes hülffe ehe lassen zu asschen machen,145 ehe ich einen Messknecht mit seinem wercke, er sey Gut oder Böse, lasse meinem Herrn und Heilande Jhesu Christo gleich oder höher sein. Also sind und bleiben wir ewiglich gescheiden und widernander. Sie fülens wol: wo die Messe fellet, so ligt das Bapstum. Ehe sie das lassen geschehen, so tödten sie uns alle, wo sie es vermügen. Uber das alles hat dieser Trachenschwantz, die Messe, viel unzifers und geschmeis mancherley Abgötterey gezeuget. Erstlich das Fegfeur. Da hat man mit Seelmessen,146 Vigilien,147 dem Siebenden, dem Dreissigsten und jerlichen begengnisψ,148 Zu letzt mit der Gemeind wochen149 und aller Seelen tag150 und Seelbad151 ins Fegfeur gehandelt,152 das die Messe schier allein fur die Todten gebraucht ist. ωSo Christus dochω das Sacrament allein fur die Lebendigen gestifftet hat. Darümb ist das Fegfeur mit allem seinem geprenge, Gottesdienst und gewerbe153 fur ein lauter Teufels gespenste154 zu achten; Denn es ist auch wider den Heubtartikel, das allein Christus und nicht menschen werck den Seelen helffen sol, On das sonst auch uns nichts von den Todten befolhen noch geboten ist, Derhalben [C1r] man es mag wol lassen, wenn es schon kein irthum noch Abgötterey were. Die Papisten füren155 hie Augustinum156 und etliche Veter,157 die vom Fegfeur sollen geschrieben haben, Und meinen, wir sehen nicht, wozu und wohin | sie solche Sprüche füren. Sanct Augustinus schreibet nicht, das ein Fegfeur sey, hat auch keine schrifft,158 die in dazu zwinge, Sondern lesst es im zweivel hangen,159 ob eins sey, Und saget, seine Mutter habe begert, das man ir solt gedencken bey dem Altar oder Sacrament.160 Nu solches alles ist ja nichts denn Menschen andacht gewest einzeler Personen, die kein Artikel des glaubens (welches allein Gott zugehöret) stifften. φ – φ Witt2 | χ – χ Witt2 | Konk1580 | α – α Witt2
ψ
Begengnissen Witt2, Magd |
ω–ω
So doch Christus Witt2, Magd,
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dass einer das allgemeine, gemeinschaftliche Sakrament der Kirche gemäß seinen eigenen Vorstellungen gebrauchen und damit nach Gutdünken ohne Gottes Wort außerhalb der Kirchengemeinschaft ohne den nötigen Ernst umgehen möchte | 141 wird von alles entscheidender Bedeutung sein | 142 Lorenzo Campeggi (Campeggio) nahm als päpstlicher Legat am Augsburger Reichstag von 1530 teil. | 143 in Stücke reißen | 144 aufgeben | 145 auf dem Scheiterhaufen verbrennen (wie Jan Hus in Konstanz 1415) | 146 Messen zugunsten des Seelenheils Verstorbener 147 Totenmesse beim feierlichen Leichenbegängnis (von der nächtlichen Totenwache) | 148 Gedenkmessen für Verstorbene am siebten bzw. dreißigsten Tag nach dem Sterbetag oder Tag der Beisetzung, sowie am Jahrestag | 149 Die Woche nach dem Michaelistag (29. September), in der zahlreiche Messen zugunsten Verstorbener gelesen wurden. | 150 2. November | 151 Kostenlose
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[291] extra Ecclesiae communionem sine verbo Dei ex propria quadam devotione et affectione usurpare vult. In hoc articulo de Missa Concilium potissimum sudabit et consummabitur. Etsi enim possibile esset, ut omnes reliquos articulos nobis concederent, tamen hunc concedere non poterunt, quemadmodum Campegius16 Augustae dixit se prius omnia tormenta, membrorum dilaniationem et mortem passurum quam Missam missam facturum esse. Et ego etiam, per Dei opem, in cineres corpus meum redigi et concremari patiar prius, quam ut Missarium ventrem vel bonum vel malum aequiparari Christo Iesu, Domino et servatori meo, aut eo superiorem esse feram. Sic scilicet in aeternum disiungimur et contrarii invicem sumus. Sentiunt quidem optime cadente Missa cadere Papatum. Hoc priusquam fieri patiantur, omnes nos trucidabunt, si poterunt. Caeterum Draconis cauda ista (Missam intelligo) peperit multiplices abominationes et idolatrias. Primo Purgatorium. Missis enim pro animabus, item Vigiliis, septimis et tricesimis, anniversariis exequiis, postremo vulgari septimana et omnium animarum die, balneis, et quae his affinia sunt, innumeris aliis phantasiis irruerunt in purgatorium. Sic missa propemodum pro solis defunctis fuit celebrata, cum tamen Christus sacramentum pro solis viventibus instituerit. Quapropter purgatorium et quicquid ei solennitatis, cultus et quaestus adhaeret, mera Diaboli larva est. Pugnat enim cum primo articulo, qui docet Christum solum et non hominum opera animas liberare. Et constat etiam de mortuis nihil nobis divinitus mandatum esse. Idcirco tuto omitti illud omne potest, etiamsi nihil erroris et idolatriae ei inesset. Pontificii allegant Augustinum17 et quosdam Patres,18 qui de purgatorio scripserint, | et non putant nos intelligere, ad quid et quare sic illi locuti sint. Augustinus non scribit esse purgatorium nec etiam habet testimonium scripturae, quo nitatur, sed in dubio relinquit, num sit, et inquit matrem [292] suam petiisse, ut sui commemoratio fieret ad altare sive sacramentum. At hoc in universum nihil nisi hominum et quidem unius atque alterius devotio fuit non constituens articulum fidei, id quod solius Dei est.
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Vgl. Anm. 142 zum deutschen Text | 17 Vgl. z.B. Augustinus, Enchiridion ad Laurentium seu de fide, spe et caritate LXIX, in: PL 40, 265 (CChr.SL 46, 87,74–78). | 18 Vgl. Cyprian, Epistolae LV, 20, in: PL 3, 786 (CSEL 3/2, 638,16–22; CChr.SL 3B, 279,339–280,345); Gregor I., der Große, Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum IV, 39, in: PL 77, 396.
Bäder für Bedürftige wurden gestiftet, um das eigene Seelenheil zu fördern. | 152 Geschäfte mit der Vorstellung des Fegfeuers betrieben | 153 eigennützigen Geschäftigkeit | 154 Gespinst, Machination | 155 führen als Argument an, führen ins Feld | 156 Vgl. z.B. Augustinus, Enchiridion ad Laurentium, seu de fide, spe et caritate LXIX, in: PL 40, 265 (CChr.SL 46, 87,74–78). | 157 Vgl. Cyprian, Epistulae LV, 20, in: PL 3, 786 (CSEL 3/2, 638,16–22; CChr.SL 3B, 279,339– 280,345); Gregor I., der Große, Dialogi IV, 39, in: PL 77, 396. | 158 biblischen Beleg | 159 lässt es dahingestellt sein | 160 Vgl. Augustinus, Confessiones IX, 11. 13, in: PL 32, 775f. 778–780 (CSEL 33, 219,16–25. 223,13–226,4; CChr.SL 27, 149,28–37. 152,1–154,58).
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BSLK 422 | γPoltergeisterγ
εWalfartε
BSLK 423 | ζBrüderschafftenζ
Schmalkaldische Artikel
Aber unser Papisten füren solch menschen wort dahin,161 das man solle gleuben irem schendlichen, lesterlichen, verfluchten Jarmarckt von Seelmessen, ins Fegfeur zu opffern etc. Solches werden sie noch lange nicht aus Aug[ustino] beweisen. Wenn sie nu den Fegfeurisschen Messen jarmarckt abgethan haben, davon S. Augustinus nie getreumet hat, Als denn wollen wir mit inen reden, ob S. Augustinus wort on Schrifft müge zu dulden sein und der Todten gedacht werden bey dem Sacrament. Es gilt nicht,162 das man aus der heiligen Veter werck oder wort Artikel des glaubens macht. Sonst müst auch ein [C1v] Artikel des glaubens werden, was sie fur speise, kleider, heuser etc. gehabt hetten, wie man mit dem Heiligthum163 gethan hat. Es heisst, Gottes wort sol Artikel des glaubens stellen und sonst niemand, auch kein Engel.164 Zum andern istβ daraus gefolget, das die bösen Geister haben viel büberey165 angericht, das sie als menschen Seelen erschienen sind, Messe, Vigilien, Walfarten und andere Almosen geheisscht166 mit unsaglichen lügen und schalckheit,167 Welchs wir alle haben fur Artikel des glaubens halten und darnach leben müssen, Und der Bapst solches bestetiget wie auch die Messe und δandere alleδ Greuel. Hie ist auch kein weichen oder nachlassen.168 Zum dritten die Walfarten. Da hat man auch gesucht Messen, Vergebung der sunden und Gottes gnaden; Denn die Mess hats alles regiert. Nu ist das ja gewis, das solch Walfarten on Gottes wort uns nicht geboten, auch nicht von nöten, weil wirs wol besser haben mügen und sie on alle sunde und fahr lassen169 mügen. Warümb lesst170 man denn daheimen eigen Pfarr, Gotts wort, weib und kind etc., die nötig und geboten sind, und leufft den unnötigen, ungewissen, schedlichen Teufels irrwisschen171 nach, On das172 der Teufel den Bapst geritten hat,173 [C2r] solchs zu preisen und bestetigen, damit die leute ja heuffig von Christo auff ire eigen werck fielen und Abgöttisch wurden, welches das ergeste dran ist? Uber das, das es unnötig, ungeboten, ungeraten und ungewis, dazu schedlich ding ist. Darümb ist hie auch kein weichen oder nachgeben etc. Und man lasse solchs predigen, das es unnötig, dazu fehrlich sey, Darnach sehen, wo Walfarten bleiben.
Zum vierden die Bruderschafften, da sich die Klöster, Stifften, | auch Vicaristen174 haben verschrieben und mitgeteilet (recht und redlichs kauffs)175 alle β
danach: das Konk1580 | γ – γ Witt2 | δ – δ alle andere Magd, Konk1580 | ε – ε Witt2 | ζ – ζ Witt2
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führen es zu dem Zweck an; legen es in der Weise aus | 162 Es ist nicht zulässig | 163 Reliquien, angebliche oder tatsächliche Überreste des Körpers oder von Besitztümern einer als heilig angesehenen Person | 164 Vgl. Gal 1,8. | 165 Unfug, Gaunerei | 166 erbeten, verlangt | 167 Bosheit. Luther bezieht sich an dieser Stelle auf Erzählungen von Geistererscheinungen, die Gregor I., der Große, Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum IV, 40, in: PL 77, 396–397, und Petrus Damiani, Opusculum XXXIV, 5, in: PL 145, 578, zur Illustrierung der Fegfeuerstrafe kolportierten. 168 Auch in diesem Punkt sind keine Zugeständnisse möglich. | 169 unterlassen, aufgeben
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Nostri autem Pontificii sententias istas hominum citant, ut fides habeatur tetris, blasphemis et maledictis nundinationibus de Missis pro animabus in purgatorio seu de inferiis et oblationibus etc. Sed ex Augustino nunquam ista probabunt. Et cum nundinationes istas et Missas purgatorio destinatas aboleverint, quae ne per somnium quidem Augustino in mentem venerunt, colloquemur tandem cum illis, An Augustini dicta destituta verbo sint admittenda et an mortuorum commemoratio ad Eucharistiam sit facienda. Ex patrum enim verbis et factis non sunt extruendi articuli fidei, alioquin etiam articulus fidei fieret victus ipsorum, vestimentorum ratio, domus etc., quemadmodum cum reliquiis sanctorum luserunt. Regulam autem aliam habemus, ut videlicet verbum Dei condat articulos fidei et praeterea nemo, ne Angelus quidem.19 Secundo. Hoc etiam inde evenit, ut cacodaemones malitiam suam exercerent et ceu animae defunctorum apparerent, Missas, vigilias, peregrinationes et eleemosynas exigerent horrendis mendaciis et ludibriis:20 quae omnia oportuit nos pro articulis fidei recipere et vitam secundum illa instituere atque haec Papa confirmavit sicut et Missam et alias abominationes omnes. In his ergo cedere aut aliquid concedere nec possumus nec debemus. Tertio ortae inde sunt peregrinationes. Ad has etiam postulatae sunt Missae, remissio peccatorum et gratia Dei. Missa enim omnia gubernavit. Constat autem certo peregrinationes istiusmodi carentes verbo Dei nobis mandatas non esse nec esse necessarias, cum melius ad animae curam pervenire et sine peccato et periculo peregrinationes illas omittere possimus. Cur domi vocationes, parochiae, verbum Dei, uxores et liberi etc. deseruntur, quorum cura necessaria et mandata est et non necessarii, incerti, pericu[293]losi et diabolici ignes vere fatui seu errores illis praeferuntur? Sic scilicet Satanas Papam dementavit, ut ista laudaret et stabiliret et multi magno numero a Christo ad propria sua opera desciscerent et idolatrae fierent, quod omnium pessimum est, cum alioqui res ipsa per se nec necessaria nec praecepta sit, sed consilio et certitudine destituatur et plane noxia sit. Quamobrem hic cedere aut concedere aliquid non licet etc. Atque hoc pro concione doceatur peregrinationes istas esse non necessarias, sed perniciosas et postea videatur, ubinam peregrinationes maneant. Sic enim sponte corruent. Quarto. Fraternitates seu societates. Coenobia enim, Canonicatus et Vicaristae | scriptis se obligarunt et communicaverunt (contractu certo et emtione
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Vgl. Gal. 1,8. | 20 Vgl. Anm. 167 zum deutschen Text.
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verlässt, lässt zurück, vernachlässigt | 171 Irrlichtern | 172 ganz abgesehen davon, dass ... ; überdies hat ... | 173 dazu bewegt hat | 174 Messpriester, die stellvertretend für den Inhaber einer Pfründe dessen liturgische Obliegenheiten erledigen, als Gegenleistung für einen Teil der Einnahmen | 175 haben einander gegenseitig vertraglich beteiligt (nach den ordentlichen Gepflogenheiten des Geschäftslebens) an allen Messen ... Seit dem 8. Jahrhundert sind Gebetsverbrüderungen zwischen Klöstern bezeugt, die die Mitglieder beim Tode eines Bruders zu Gebeten und
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BSLK 424 θAblasθ
Schmalkaldische Artikel
Messen, gute werck etc. beide176 fur Lebendigen und Todten, Welches nicht allein eitel177 menschen thand on Gotteswort, gantz unnötig und ungeboten, Sondern auch wider den ersten Artikel der Erlösung ist, Darümb keines weges zu leiden. Zum fünfften Das Heiligthum,178 darinn so manche offentliche179 lügen und narren werck erfunden von Hunds und Ross knochen, das auch umb solcher büberey willen, des der Teufel gelacht hat, lengst solt verdampt worden sein, wenn gleich etwas gutes dran were, Dazu auch on Gottes wort, weder geboten noch geraten, gantz unnötig und unnütz ding ist; Aber das ergest, das es [C2v] auch hat müssen Ablas180 und Vergebung der sunden wircken als ein gut werck und Gottesdienst wie die Messe etc. Zum sechsten: Hie gehöret her das liebe Ablas, so beide | den Lebendigen und Todten ist gegeben (doch umb geld) und der leidige181 Judas182 oder Bapst die verdienst Christi sampt den ubrigen183 verdiensten aller Heiligen und der gantzen Kirchen darinn verkeufft etc.,184 Welches alles nicht zu leiden ist, Und auch nicht allein on Gottes wort, on not, ungeboten, sondern zu wider ist dem ersten Artikel; Denn Christus verdienst nicht durch unser werck oder pfenning, sondern durch den glauben aus gnaden erlanget wird on alles geld und verdienst, Nicht durchs Bapsts gewalt, sondern durch die predigt oder Gottes wort fürgetragen.185 ι
κAnruffung der
Heiligenκ
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Witt2 | Witt2
θ–θ
Witt2 |
ι–ι
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Von Heiligen anruffenι186
[C3r] Anruffung der Heiligen ist auch der EndChristischen Misbreuche einer undλ streitet wider den ersten Heubtartikel und tilget die erkentnis Christi. Ist auch nicht geboten, noch geraten, hat auch kein Exempel der schrifft, Und habens alles tausent mal besser an Christo, wenn jenes gleich köstlich187 gut were, als doch nicht ist. Und wiewol die Engel im Himel fur uns bitten (wie Christus selber auch thut),188 Also auch die Heiligen auff Erden oder vielleicht auch im Himel, So folget daraus nicht, das wir die Engel und Heiligen anrüffen, anbeten, inen fasten, feiren,189 Messe halten, opffern, Kirchen, Altar, Gottesdienst stifften und ander weise mehr dienen und sie fur Nothelffer halten und allerley Hülffe unter sie teilen190 und iglichem ein sonderliche zu eigen sollten, wie die Papisten leren und thun; Denn das ist Abgötterey, Und solche ehre gehöret Gott alleine zu; Denn du kanst als ein Christ und Heilige auff Erden fur mich η–η
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Von Anruffung der Heilige Magd, Konk1580 |
κ–κ
Witt2 |
λ
nicht in
frommen Leistungen verpflichteten, im späteren Mittelalter kamen kirchliche Bruderschaften hinzu, in denen sich zum Teil auch Laien zu gemeinschaftlichen Leistungen für das eigene Seelenheil verbanden. Vgl. Luther, Ein Sermon von dem hochwürdigen Sakrament des Leichnams Christi und von den Bruderschaften (1519), in: WA 2, 754,19–757,21. | 176 gleichermaßen 177 reiner, bloßer | 178 die Reliquien | 179 offenbare | 180 Nachlass von Sündenstrafen 181 widerwärtige | 182 Vgl. Joh 12,6. | 183 überschüssigen | 184 Clemens VI. lehrt in seiner Bulle
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confirmata) Missas omnes et bona opera etc. pro vivis et mortuis. Hoc non tantum prorsus humanum figmentum est sine verbo Dei, non necessarium, non mandatum, sed etiam contra Primarium articulum redemptionis, Quare nec admittendum nec ferendum. Quinto. Reliquiae sanctorum refertae multis mendaciis, ineptiis et fatuitatibus. Canum et equorum ossa ibi saepe reperta sunt. Et licet aliquid forte laudandum fuisset, tamen propter imposturas istas, quae diabolo risum excitarunt, iam dudum damnari debuissent, cum praesertim careant verbo Dei et non necessariae et inutiles sint. Estque hoc omnium teterrimum, quod finxerunt istas reliquias indulgentiam et remissionem peccatorum operari et loco cultus Dei et boni operis sicut Missam illas venerati sunt etc. Sexto. Huc pertinent Indulgentiae vivis et defunctis pro pecunia attributae, | quibus sacrilegus et damnatus ille Iudas21 seu Papa meritum Christi et merita superflua omnium sanctorum et totius Ecclesiae vendidit etc.,22 quae omnia et singula nequaquam ferenda sunt, quia carent verbo Dei, non sunt mandata, non sunt necessaria, sed pugnant cum articulo primo. Meritum enim Christi non nostris operibus aut nummis, sed per fidem ex gratia apprehenditur et [294] obtinetur sine pecunia et merito, non per Papae potestatem, sed per praedicationem verbi Dei oblatum et propositum.
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De invocatione sanctorum
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Invocatio sanctorum est etiam pars abusuum et errorum Antichristi pugnans cum primo principali articulo et delens agnitionem Christi. Non etiam est mandata nec consilio nec exemplo nec testimonio scripturae nititur. Omnia in Christo melius et certius nobis sunt proposita, ut non egeamus invocatione sanctorum, etiamsi res pretiosa esset, cum tamen sit res maxime perniciosa. Etsi Angeli in coelo pro nobis orent (sicut ipse quoque Christus facit)23 et sancti in terris et fortassis etiam in coelis, tamen inde non sequitur Angelos et sanctos a nobis esse invocandos, adorandos, ieiuniis, feriis, Missis, oblationibus, templorum, altarium, cultuum fundationibus et aliis modis honorandos ut patronos et intercessores et unicuique eorum certa auxilia esse tribuenda, ut Papistae docent et faciunt. Hoc enim idolatricum est et hic honos soli Deo tribuendus est. Potes quidem ut Christianus et sanctus in terris pro
21
Vgl. Joh 12,6. | 22 Vgl. Anm. 184 zum deutschen Text. | 23 Vgl. Mt 18,10; I Joh 2,1; Hebr 9,24.
„Unigenitus Dei Filius“ vom 27. Januar 1343, die Kirche verfüge über einen Schatz, der sich aus den überschüssigen Verdiensten Christi und der Heiligen speise, aus dem sie Ablässe, d.h. Strafnachlässe für Bußstrafen gewähren könne (DH 1025–1027). | 185 dargeboten | 186 Über den Brauch, Heilige um Hilfe zu bitten | 187 ein kostbares, wertvolles | 188 Vgl. Mt 18,10; I Joh 2,1; Hebr 9,24. | 189 Feiertage zu ihren Ehren halten | 190 aufteilen, ihnen zuschreiben
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Schmalkaldische Artikel
bitten nicht inn einerley,191 sondern inn allen nöten. Aber [C3v] darümb sol ich dich nicht anbeten, anrüffen, feiren, fasten, opffern, Messe halten dir zu ehren und auff dich meinen glauben zur seligkeit setzen. Ich kan dich sonst192 wol ehren, lieben undμ dancken inn Christo. Wenn nu solche Abgöttische ehre von den Engeln und todten Heiligen weg gethan wird, So wird die ander ehre on schaden sein, ja balde vergessen werden; Denn wo der nutz und hülffe, beide leiblich und geistlich, nicht mehr zuhoffen ist, Werden sie die Heiligen wol mit frieden193 lassen, beide im Grabe und im Himel. Denn umb sonst oder aus liebe wird ir niemand viel gedencken, achten noch ehren. Und inn summa: Was die Messe ist, Was daraus komen ist, Was daran hanget, das künnen wir nicht leiden194 und müssens verdammen, Damit wir das heilige Sacrament rein und gewis, nach der einsetzung Christi durch den glauben gebrauchet und empfangen, behalten mügen.
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Das die Stiffte195 und Klöster, vorzeiten guter meinung gestifft, zu erziehen gelerte leute und züchtige Weibs bilder, solten widerumb inn solchem brauch [C4r] geordent werden,196 Damit man Pfarherr, Prediger und andere Kirchendiener haben müge, Auch sonst nötige Personen zu weltlichem Regiment inn Stedten und Lendern, Auch wolgezogene Jungfrauen zu Hausmüttern und Haushalterinο etc. Wo sie dazu nicht dienen wollen, ists besser, man las sie wüste197 liegen oder reisse sie ein; Denn das sie solten mit irem lesterlichem Gottes dienst, durch Menschen ertichtet,198 als etwas bessers, denn der gemein Christenstand und von Gott gestiffte Empter199 und Orden200 | gehalten werden; Denn das ist alles auch wider den ersten Heubtartikel von der Erlösung Jhesu Christi. Zu dem, das sie auch (wie alle andere Menschen fündlin) nicht geboten, nicht von nöten, nicht nütze, dazu fehrliche und vergebliche mühe machen, Wie die Propheten solche Gottesdienste Aven,201 das ist Mühe, heissen.202 π
ρBapst ist nicht der Christenheit Heubtρ
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Der dritte Artikelν
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ξStiffte und Klösterξ
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Der vierde Artikelπ
Das der Bapst nicht sey Iure divino oder aus Gottes wort das Heubt der gantzen Christenheit (Denn das gehört einem allein zu, der heisst Jhesus
μ danach: dir Konk1580 | ν Artikel von den Stifften und Klöstern Magd; Artickel von Stifften und Klöstern Konk1580 | ξ – ξ Witt2 | ο Haushaltern Magd | π – π Der Vierde Artikel vom Bapstumb Magd; Der IIII. Artickel vom Bapsthumb Konk1580 | ρ – ρ Witt2 191
nicht in nur einer einzigen Art von Notlagen | 192 auf andere Weise | 193 in Ruhe, unbehelligt dulden | 195 Kapitalstiftung zur Alimentation einer durch eine Regel geordnete Gemeinschaft männlicher oder weiblicher Kleriker an einer Stiftskirche, einem Münster oder einem Dom, die
194
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me orare, non in una tantum, sed in omni necessitate; propterea autem non debeo te adorare, invocare, ferias, ieiunia, oblationes, Missas in tui honorem et cultum celebrare et fidem ad salutem meam tibi mancipare, cum aliis modis te honorare, diligere et tibi gratias agere in Christo possim. Hic ergo idolatricus cultus de Angelis et defunctis sanctis si sublatus fuerit, reliqua veneratio periculo carebit et cito oblivioni tradetur. Ubi enim spes commodi et subsidii corporalis et spiritualis ademta fuerit, ibi cultus sanctorum facile evanescet, sive illi sint in sepulcris, sive in coelis. Frustra enim aut ex mera caritate nemo ipsorum facile recordabitur nec eos colet et honore divino afficiet. [295] Summatim: Quidquid Missa Pontificia est et quidquid habet, quod ex ea natum est et quidquid ei adhaeret, id universum ferre non possumus, sed damnare cogimur, ut venerandum sacramentum purum et certum secundum institutionem Christi per fidem usurpatum et acceptum retinere possimus. III. Articulus de Collegiis Canonicorum, Cathedralibus et monasteriis. Collegia Canonicorum et coenobia olim optima intentione maiorum fundata ad educandos viros doctos et castas ac modestas foeminas debebant rursum converti in talem usum, ut pastores, concionatores et alii Ecclesiarum ministri haberi possent, item alii idonei ad politicam administrationem sive ad rempublicam in civitatibus et regionibus ac pie educatae virgines ad oeconomiam et liberorum educationem etc. Hunc usum si non retineant, consultum est, ut vasta deserantur aut diruantur potius, quam ut idolatricis cultibus et figmentis hominum propagata praeferantur Christianae vitae et a Deo mandatis officiis et vocationibus. Haec enim omnia | pugnant cum primo principali articulo de redemptione facta per Iesum Christum. Quid, quod sicut alia hominum somnia non sunt praecepta, non necessaria, non utilia, sed periculosa et causam praebent vano labori, molestiis periculosis et cultui infrugifero, quem Prophetae appellant Aven, id est dolorem et laborem.24 IIII. Articulus de Papatu docet, [296] Quod Papa non sit iure divino seu secundum verbum Dei caput totius Christianitatis (hoc enim nomen uni et soli Iesu Christo debetur),25 sed
24 Vgl. z. B. Sach 10,2; Hab 1,3; Jes 1,13; 29,20; 41,29. | 5,23; Kol 1,18.
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Vgl. I Kor 8,6; 12,5; Eph 1,22f; 4,15f;
zur Teilnahme an gemeinsamen Gottesdiensten verpflichtet waren | 196 wieder gemäß diesem Bestimmungszweck verwendet werden | 197 leer, ungenutzt | 198 erfunden | 199 Aufgabenbereiche, Tätigkeitsfelder | 200 Ordnungen | 201 | ׇאוֶן202 Vgl. z. B. Sach 10,2; Hab 1,3; Jes 1,13; 29,20; 41,29.
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σBepstliche Bullen und
Bücherσ
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Christus),203 Sondern allein Bis[C4v]schoff oder Pfarherr der Kirchen zu Rom und der jenigen, so sich williglich oder durch menschliche Creatur (das ist weltliche Oberkeit)204 zu im begeben haben, nicht unter im als einem Herren, sondern neben im als Brüder und Gesellen,205 Christen zu sein, Wie solchs auch die alten Concilia206 und die zeit S. Cypriani207 weisen. Itzt aber thar208 kein Bisschoff den Bapst Bruder heissen wie zu der zeit, Sondern mus in seinen aller gnedigsten Herrn heissen, | wens auch ein König oder Keiser were.209 Das wollen, sollen und künnen wir nicht auff unser gewissen nehmen. Wer es aber thun will, der thue es on uns. Hieraus folget, das alle das jenige, so der Bapst aus solcher falscher, freveler, lesterlicher, angemasster gewalt gethan und fürgenomen hat, eitel210 Teuflisch geschicht und gescheffte211 gewest und noch sey (On212 was das leibliche Regiment belanget, darinn Gott auch wol durch einen Tyrannen und Buben213 lesst einem volck viel gutes geschehen) zu verderbung der gantzen heiligen Christlichen Kirchen (so viel an im gelegen) und zu verstören den ersten Heubtartikel von der Erlösung Jhesu Christi. Denn da stehen alle seine Bullen214 und Bücher, darinn er brüllet wie ein Lewe (als [D1r] der Engel Apocalypsis 12.215 bildet),216 das kein Christ künne selig werden, Er sey denn im217 gehorsam und unterthan inn allen dingen, was er will, was er saget, was er thut.218 Welches alles nichts anders ist, denn also viel gesagt: Wenn du gleich an Christum gleubest und alles an im hast, was zur seligkeit not ist, So ists doch nichts und alles umb sonst, wo du mich nicht fur deinen Gott heltest, mir unterthan und gehorsam bist. So es doch offenberlich ist, das die heilige Kirche on Bapst gewest zum wenigsten uber fünff hundert jaren219 Und bis auff diesen tag die Griechisch und viel anderer sprachen Kirchen noch nie unter dem Bapst gewest und noch nicht sind. | So ists, wie offte gesaget, ein menschen Geticht, das nicht geboten, on not und vergeblich; Denn die heilige Christliche Kirche on solch Heubt wol bleiben kan und wol besser blieben were, wo solch Heubt durch den Teufel nicht auffgeworffen were. Und ist auch das Bapstum kein nutz inn der Kirchen;
σ–σ
Witt2
203 Vgl. I Kor 8,6; 12,5; Eph 1,22f; 4,15f; 5,23; Kol 1,18. | 204 zur Ausdrucksweise vgl. I Petr 2,13, creatura humana = menschengemachte Ordnung (vgl. auch Luthers Auslegung des 1. Petrusbriefes von 1523 zur Stelle, in: WA 12, 328,11–25). Gedacht ist wohl an die landesherrschaftliche Funktion des Papstes innerhalb des Patrimonium Petri. Man wird vermutlich nicht fehlgehen, wenn man menschengemachte Ordnung als grundsätzlich veränderbar einstuft. | 205 Partner 206 Vgl. Luther, Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 54, 243,24–27: „Sie wusten wol, das die vier hohe Concilia, Nicenum [325], Constantinopolitanum [381], Ephesinum [431], Calcedonense [451], und viel ander Concilia, solchen Bebstlichen grewel nie erkennet hatten.“ 207 Cyprian redet den römischen Bischof Cornelius in seinen Briefen als „Bruder“ an, vgl. Cyprian, Epistulae, in: PL 3, 700. 703. 708. 710. 725. 731. 796. 830 (CSEL 3/2, 597,8. 599,11. 605,12. 606,5. 614,5. 616,6. 666,9. 691,7). | 208 wagt es | 209 selbst ein König oder Kaiser muss ihn so nennen | 210 ganz und gar | 211 Tat und Unternehmung | 212 davon abgesehen | 213 Schurken,
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tantum Episcopus et pastor Ecclesiae, quae est Romae, et eorum, qui voluntarie et sponte vel per humanam Creaturam, id est politicum magistratum26 se ad eum conferunt, non ut sub ipso tanquam sub Domino vivant, sed ut cum eo tanquam fratres, collegae, sodales et Christiani sint, quemadmodum hoc ipsum vetera Concilia et aetas Cypriani ostendunt. Hodie vero nullus Episcoporum audet Papam nominare fratrem, ut aetate Cypriani factum est, sed oportet, ut Episcopi, imo Caesares et | Reges Papam appellent Omnium Gratiosissimum Dominum. Hanc arrogantiam bona conscientia nec volumus nec possumus nec debemus probare. Qui vero se ei subiicere voluerit, faciat id suo periculo sine nobis. Hinc sequitur omnia, quae Papa ex tam arrogante, temeraria, mendace, blasphema et furto arrepta potestate suscepit et fecit et adhuc facit, fuisse et esse mere diabolica acta et instituta (excepta politici regni administratione, ubi Deus saepe etiam per tyrannos et perfidos nebulones populo alicui benefacit) ad perditionem totius sanctae Ecclesiae Catholicae seu Christianae (quantum in ipso est) et ad destructionem primi et praecipui articuli de redemptione facta per Iesum Christum. Prostant enim omnes ipsius Bullae et libri, in quibus rugit ut Leo (ut Angelus Apoc. 12. significat)27 clamitans neminem Christianorum posse salvari, nisi ei obediat et subiectus sit in omnibus, quaecunque vult, quaecunque dicit, quaecunque facit. Hoc totum quid aliud dictum est nisi, licet in Christum credas et omnia, quae ad salutem necessaria sunt, in ipso solo habeas, tamen te nihil proficere, nisi Papam habeas et colas ut Deum tuum et ei subditus sis et obedias? cum tamen manifestum sit sanctam Ecclesiam sine Papa fuisse ad minimum ultra quingentos annos et adhuc hodie Graecorum et multarum aliarum linguarum Ec[297]clesias nec fuisse hactenus nec | adhuc esse sub Papa. Taceo, quod, ut saepe dictum est, hominum hoc figmentum sit, non mandatum, non necessarium, non utile. Sancta enim Christiana sive Catholica Ecclesia consistere absque isto capite optime potest et constitisset, certe rectius ac melius cum ea ageretur, nisi diabolus illud caput in medium proiecisset et exaltasset. Et certum est Papatum nullius esse usus in Ecclesia, quia 26
Vgl. I Petr 2,13. | 27 Vgl. Apk 10,3.
Bösewicht | 214 Urkunden mit Gesetzescharakter, benannt nach dem anhängenden Metallsiegel, lat. bulla | 215 Vgl. Apk 10,3. | 216 nach dem Vorbild des Engels in Apk 10; wie es der Engel in Apk 10 darstellt. Vgl. die Randglosse zu Apk 10,1 in der Deutschen Bibel von 1545: „Das ist der Römisch Bapst im geistlichen wesen.“ Zu Apk 10,6: „(Keine zeit) Alles sol vnter den Bapst / was selig wil werden / Ausser dem Bapstum ist kein Christen / Er wil das Heupt allein sein.“ Der Holzschnitt mit der Darstellung des Engels ist betitelt „Bapst“. Vgl. WA.DB 7, 445 (dort allerdings die Fassung von 1546) und Abbildung ebd., 501. | 217 ihm | 218 Vgl. die Bulle „Unam sanctam“ von Papst Bonifatius VIII. aus dem Jahr 1302, in der es heißt: „Porro subesse Romano pontifici omni humanae creaturae declaramus, dicimus, diffinimus et pronunciamus omnino esse de necessitate salutis“ (DH 875). | 219 Luther betrachtete Gregor I., den Großen, als letzten römischen Bischof, seine Nachfolger als die ersten Päpste; vgl. Luther, Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 54, 229,14–230,19.
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BSLK 431 | ψUber und wider Gott sich setzenψ
Schmalkaldische Artikel
Denn es ubet kein Christlich ampt und mus also die Kirche bleiben und bestehen on den Bapst. Und ich setze,220 das der Bapst wolte sich des begeben,221 das er nicht Iure divino oder aus Gottes gebot der Oberst were, Sondern damit die einigkeit der Christenheitτ [D1v] wider die Rotten und Ketzerey deste bas222 erhalten würde, müste man ein Heubt haben, daran sich die andern alle hielten. Solchs Heubt würde nu durch menschen erwelet, und stunde inn menschlicher walh und gewalt, dasselbe Heubt zu endern, zu entsetzen, wie zu Constentz das Concilium fast die weise hielt223 mit den Bepsten, setzten der drey ab und weleten den vierden.224 Ich setze nu (sage ich), das sich der Bapst und der Stuel zu Rom solchs begeben und annemen wolt, Welches doch unmüglich ist; Denn er müste sein gantz Regiment und Stand lassen umbkeren und zerstören mit allen seinen Rechten und Büchern. Summa, Er kans nicht thun. Dennoch were damit der Christenheit nichts geholffen, und würden viel mehr Rotten werden denn zuvor; Denn weil man solchem Heubt nicht müste unterthan sein aus Gottes befelh, Sondern aus menschlichem guten willen, wurde es gar leichtlich und | bald veracht, zu letzt kein gelied behalten, Musteυ auch nicht imerdar zu Rom oder anderm Ort225 sein, Sondern wo und inn welcher Kirchen Gott einen solchen Man hette gegeben, der tüchtig dazu were. O das wolt ein weitleufftig, wüste wesen226 werden. [D2r] Darümb kan die Kirche nimer mehr bas227 regiert und erhalten werden, Denn das wir alle unter einem Heubt Christo leben und die Bisschove alle gleich nach dem Ampt (ob sie wol ungleich nach den Gaben)228 vleissig zusamen halten inn eintrechtiger Lere, Glauben, Sacramenten, Gebeten und wercken der Liebe etc. Wie S. Hieronymus schreibet,229 das die Priester zu Alexandria semptlich und inn gemein die Kirchen regierten, wieφ die Apostel auch gethan und hernach alle Bisschove inn der gantzen Christenheit, bis der Bapst seinen Kopff uber alle erhub. Dis stücke zeiget gewaltiglich,230 das er der rechte Endechrist231 oder WiderChrist sey, der sich uber und wider Christum gesetzet und erhöhetχ, Weil er wil die Christen nicht lassen selig sein on seine gewalt, welche doch nichts ist, von Gott nicht geordent noch geboten. Das heisst eigentlich uber Gott und wider Gott sich | setzen, wie S. Paulus sagtω232. Solchs thut dennoch233 der τ Christen Konk1580 | υ Müste Witt2, Konk1580; Müsste Magd | φ Und Konk1580 | χ erhöhet hat Witt2, Magd, Konk1580 | ψ – ψ Witt2 | ω danach: 2.Thessalo Magd; sagt 2.Thessa 2. Konk1580 220
ich setze einmal den Fall | 221 darauf verzichten | 222 desto besser | 223 ganz wie das Konzil verfuhr ... | 224 Das Konzil zu Konstanz beendete das große abendländische Schisma, indem es am 29. Mai 1415 Johannes XXIII. (1410–1415 Pisa) absetzte und am 4. Juli die Abdankung Gregors XII. (1406–1415 Rom) entgegennahm; am 26. Juli 1417 setzte es Benedikt den XIII. (1394–1417 Avignon) ab und wählte am 11. November 1417 Martin V. (1417–1431 Rom) zum Papst, der sich auch gegen Clemens VIII. (1423/26–1429 Aragon) und Benedikt XIV. (1425–um 1430), die beiden Nachfolger Benedikts XIII., durchsetzte. | 225 etwa Avignon, wo Päpste in den Jahren 1309–1415 residierten | 226 ausuferndes, nicht zu bändigendes Durcheinander | 227 besser 228 Vgl. I Kor 12,4–11; Röm 12,4–8. | 229 Vgl. Hieronymus, Epistola CXLVI ad Evangelum presby-
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nullum Ecclesiasticum officium exercet. Et necesse est Ecclesiam permanere et consistere sine Papa. Pono autem Papam fateri se non iure divino sive ex mandato Dei esse Supremum, sed ut concordia et unitas Christianorum adversus sectarios et haereticos commodius conservari possit, caput certum esse eligendum, cui caeteri omnes quasi innitantur atque tale caput per homines eligi et in hominum quoque electione et potestate situm esse, illud caput ut mutet et semoveat, sicut Constantiense Concilium hac propemodum ratione tres Papas removit et quartum elegit: Pono, inquam, haec a Papa et sede Romana ita dici et accipi (quod tamen impossibile est: sic enim universum suum regnum et statum immutari, everti et destrui pateretur omniaque iura et volumina sua, id quod, ut paucis dicam, nunquam faciet); tamen neque hoc modo consuleretur Ecclesiae Christianae, sed plures quam antea sectae oriturae essent. Si enim non ex mandato Dei, verum ex hominis libera voluntate Capiti isti obedientia praestanda esset, facile et brevi tempore contemtum | tandem nullum membrum retineret nec etiam perpetuo Romae aut quovis alio in loco illud esse oporteret, sed ubicunque et in quacunque Ecclesia Deus Virum talem, qui ad tantum munus obeundum idoneus esset, largireturb. Haec res perplexa et confusionis plena futura esset. Quapropter Ecclesia nunquam melius gubernari et conservari potest, quam si omnes sub uno capite, quod est Christus, vivamus et Episcopi omnes pares officio (licet dispares sint quoad dona)28 summa cum diligentia coniuncti [298] sint unanimitate doctrinae, fidei, sacramentorum, orationis et operum caritatis etc., sicut S. Hieronymus scribit sacerdotes Alexandriae communi opera gubernasse Ecclesias.29 Et Apostoli idem fecerunt ac postea omnes Episcopi in toto orbe Christiano, donec Papa caput suum super omnes attolleret. Haec doctrina praeclare ostendit Papam esse ipsum verum Antichristum, qui supra et contra Christum sese extulit et evexit, quandoquidem Christianos non vult esse salvos sine sua potestate, quae tamen nihil est et a Deo nec ordinata nec mandata | est. Hoc proprie loquendo est se efferre supra et contra Deum, sicut Paulus 2. Thess. 2. loquitur.30 Et hoc profecto nec Turcae nec Tartari faciunt, quantumvis sint Christianorum atroces hostes, sed perb
largirerur Conc
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Vgl. I Kor 12,4–11; Röm 12,4–8. | 29 Vgl. Hieronymus, Epistola CXLVI ad Evangelum presbyterum, in: PL 22, 1194 (CSEL 56, 310,8–109); ders., Commentarius in Epistolam ad Titum I, 5f, in: PL 26, 562. | 30 Vgl. II Thess 2,4. terum, in: PL 22, 1194 (CSEL 56, 310,8–109); vgl. WA 50, 339–343; Dist. 93 c. 24 (Friedberg I, 328); Hieronymus, Commentarius in Epistolam ad Titum I, 5f, in: PL 26, 562; Dist. 95 c. 5 (Friedberg I, 332f). | 230 nachdrücklich, überaus deutlich | 231 volksetymologisch aus „Antichrist“ 232 Vgl. II Thess 2,4. | 233 demgegenüber
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βBapsts lereβ
BSLK 432 | γDecretalesγ
δBepstlich Regimentδ
Schmalkaldische Artikel
Türcke noch Tatter234 nicht, wie grosse Feinde sie der Christen sind, Sondern lassen gleuben an Christum, wer da will, und nemen leiblichen Zins und Gehorsam von den Christen. Aber der Bapst wil nicht lassen gleu[D2v]benα, Sondern spricht, Man solle im gehorsam sein, So werde man selig.235 Das wollen wir nicht thun oder drüber sterben inn Gottes namen. Das kompt alles daher, das er Iure divino der Oberst hat sollen heissen uber die Christliche Kirche.236 Darumb hat er sich müssen Christo gleich und uber Christum setzen, sich das Heubt, hernach einen Herren der Kirchen, zu letzt auch der gantzen Welt und schlecht237 einen irrdischen Gott rhümen lassen,238 Bis er auch den Engeln im Himelreich zu gebieten sich unterstund.239 Und wenn man unterscheidet des Bapsts lere von der heiligen Schrifft oder sie dagegen stellet und hellt, So find sich’s, das des Bapsts lere, wo sie am aller besten ist, so ist sie aus dem Keiserlichen, Heidnischem Recht genomen und leret Weltliche Hendel und Gerichte,240 wie seine Decretales241 zeugen. | Darnach leret sie Ceremonien von Kirchen, Kleidern, Speisen, Personen und des kinderspiels, larven242 und narrenwercks243 on masse, Aber inn diesem allen gar nichts von Christo, glauben und Gottes geboten. Zu letzt ists nichts denn eitel244 Teufel, da er seine lügen von Messen, Fegfeur, Klösterey, eigner werck und Gottsdienst (Wel[D3r]ches denn das recht Bapstum ist) treibet245 uber und wider Gott, verdammet, tödtet und plaget alle Christen, so solchen seinen Greuel nicht uber alles heben und ehren. Darümb so wenig wir den Teufel selbs fur einen Herrn oder Gott anbeten künnen, So wenig künnen wir auch seinen Apostel, den Bapst oder Endechrist, inn seinem Regiment zum Heubt oder Herrn leiden;246 Denn lügen und mord,247 leib und seel zuverderben ewiglich, das ist sein Bepstlich Regiment eigentlich, Wie ich dasselbe inn vielen Büchern beweiset habe.248 An diesen vier Artikeln werden sie gnugsam zu verdammen haben im Concilio; Denn sie nicht das geringste geliedlin249 von der artikel einem uns lassen250 künnen noch wollen. Des müssen wir gewis sein und uns erwegen251
α
danach: an Christum Magd | β – β Witt2 | γ – γ Witt2 | δ – δ Witt2
234 Tatar | 235 Vgl. oben Anm. 217. | 236 Vgl. z. B. Dist. 21 c. 3 (Friedberg I, 70); Dist. 22 c. 1f (Friedberg 73f); X.5.33.23 (Friedberg II, 866). | 237 schlechterdings, geradezu | 238 Vgl. Augustinus de Ancona (Augustinus Triumphus), Summa de potestate ecclesiastica, q. 6, a. 1: „Solus papa dicitur esse vicarius dei [...] Sentencia igitur pape et sentencia dei una sententia est [...] nullus ergo potest appellare a papa ad deum, sicut nullus potest intrare ad consistorium dei nisi mediante papa qui est eterne vite consistorii claviger et ostiarius, et sicut nullus potest appellare ad se ipsum, quia una sentencia est, et una curia dei et papae“; Zenzelinus de Cassanis, ad c. 4 in Extravagantes Ioannis XXII, 14: „credere autem dominum deum nostrum papam ... sic non potuisse statuere, prout statuit, haereticum censetur“ (beide Zitate nach Paul Hinschius, Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutschland. Bd. 1, Berlin 1869, 169, Anm. 5). | 239 Hier spielt Luther auf eine (wahrscheinlich unechte) Bulle „Ad memoriam reducendo“ (datiert auf den 27. Juni 1346) an, gemäß deren Wortlaut Papst Clemens VI. im Vorfeld des Jubeljahrs 1350 den
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mittunt, ut credat in Christum, quicunque voluerit, et accipiunt tributum et obedientiam externam sive corporalem a Christianis.
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Papa vero prohibet hanc fidem aiens sibi obediendum esse, si quis salvari velit. Hoc autem facere nolumus, etiamsi nobis propterea moriendum sit in nomine Domini. Et id in universum inde oritur, quod Papa iure divino voluit esse summum caput Christianae Ecclesiae. Ideo seipsum Christo aequiparavit et supra Christum tandem extulit et se Caput, deinde Dominum Ecclesiae, postea totius mundi et simpliciter terrestrem Deum praedicari voluit, donec etiam ipsis Angelis in coelo praecipere haec et illa conaretur.31 Et cum instituitur discrimen inter dogma Papae et sacram scripturam et utriusque fit collatio, manifeste patet Papae dogma, etiam optimum, ex civili, Caesareo et ethnico Iure concinnatum esse et politica negotia et iudicia seu iura tractare, sicut | ostendunt Decretales: Deinde proponere Ceremonias de templis, vestibus, cibis, personis et similibus ludicris, larvis et iocularibus supra modum et inter haec omnia nihil plane de Christo, fide et mandatis Dei. Postremo repraesentare ipsum diabolum, dum mendacia Papalia de Missis, purgatorio, monastica vita, operibus [299] propriis et cultibus fictitiis (in quibus singulis merus Papatus fundatur et consistit) supra et contra Deum urget et disseminat et omnes Christianos, qui has Papae abominationes super omnia praedicare et honorare nolunt, damnat, trucidat, excruciat. Quare sicut diabolum ipsum non possumus adorare et pro Domino et Deo colere, ita nec eius Apostolum, Papam seu Antichristum, in regno eius ut caput et Dominum ferre possumus. Mentiri enim et occidere,32 animas et corpora in aeternum perdere Pontificii regni proprium est, sicut hoc ipsum multis libris evidentissime ad oculum demonstravi.33 Hi Articuli quatuor sufficiunt, quos in Concilio sibi damnandos proponant. Non enim vel minimum punctulum in his articulis nobis concedent. Et de hoc certos nos esse oportet et praemonitos ac obfirmatos firma spe Christum,
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Vgl. Anm. 239 zum deutschen Text. | 32 Vgl. Joh 8,44. | 33 Vgl. Anm. 248 zum deutschen Text.
Engeln befohlen haben soll, die Seelen von auf der Reise verstorbenen Rompilgern unmittelbar, unter Umgehung des Fegfeuers, gen Himmel zu führen. | 240 Vgl. zu den Quellen des Decretum Gratiani die Übersicht bei Friedberg I, XXXIXf. | 241 Decretales litterae oder Epistulae decretales: Urkunden über kirchenrechtliche Entscheidungen der Päpste, die als für die gesamte Kirche maßgeblich gesammelt und publiziert wurden. | 242 Larvenwerk = irreführende Äußerlichkeiten, Täuschungsmanöver | 243 Unsinnigkeiten | 244 lauter, reiner, purer | 245 betreibt, ausbreitet, voranbringt | 246 dulden, ertragen | 247 Vgl. Joh 8,44. | 248 Vgl. z. B. Luther, Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig (1520), in: WA 6, (277) 285–324. 249 nicht den kleinsten Abschnitt | 250 gelten lassen, zugestehen | 251 uns verlassen, vertrauen darauf
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Schmalkaldische Artikel
der hoffnung, Christus, unser Herr, habe seinen Widersacher angegriffen und werde nachdrücken,252 beide253 mit seinem Geist254 und Zukunfft,255 Amen. Denn im Concilio werden wir nicht fur dem Keiser oder weltlicher Oberkeit (wie zu Augspurg),256 der gantz ein gnediges ausschreiben thet und inn der güte lies die sachen verhören,257 Sondern fur dem Bapst und dem Teufel selbs werden wir da stehen, | der nichts gedenckt zu hören, Sondern [D3v] schlechts258 verdammen, morden, und zur Abgötterey zu zwingen. Darümb müssen259 wir hie nicht seine füsse küssen260 oder sagen: „Ir seid mein gnediger Herr“, Sondern wie inn Zacharia der Engel zum Teufel sprach: „Straffe dich Gott, Satan.“261
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Das Dritte Teil der Artikel Folgende stücke oder Artikel mügen wir mit gelerten, vernünfftigen oder unter uns selbs handlen. Der Bapst und sein Reich achten der selben nicht viel; Denn Conscientia ist bey inen nichts, Sondern gelt, ehr und gewalt ists gar.262
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[D4r] Von der Sundeε ζErbsundeζ
BSLK 434 ηFrüchte der Erbsundeη
Hie müssen wir bekennen, wie S. Paulus Ro. 5.263 saget, Das die Sünde sey von Adam dem einigen264 Menschen her komen, durch welches ungehorsam alle Menschen sind Sünder worden, dem Tode und dem Teufel unterworffen. Dis heisst die Erbsunde oder Heubtsunde. Solcher sunden früchte sind darnach die bösen werck, so inn den zehen Geboten verboten sind Als unglaube, falscher glaube, Abgötterey, on Gottes furcht sein, vermessenheit, verzweiveln, blindheit und summa: Gott nicht kennen oder achten, Darnach liegen,265 bey Gottes namen schweren,266 nicht beten, nicht anruffen, Gottes wort nicht achten, Eltern ungehorsam sein, morden, unkeuscheit, stelen, triegen etc. Solche Erbsunde ist so gar ein tieff267 böse verderbung der Natur, das sie kein ver[D4v]nunfft nicht kennet, Sondern mus aus der Schrifft offenbarung gegleubet werden, Psal. 51. undθ Rom. 5., Exo. 33., Gen. 3.268 Darümb sind das eitel irthum und blindheit wider diesen Artikel, das die Schultheologen269 gelert haben.270 ε
danach: I. Konk1580 | ζ – ζ Witt2 | η – η Witt2 | θ nicht in Witt2, Magd, Konk1580
252 weiter gegen ihn vorrücken, ihn weiter zurückdrängen und letztlich besiegen | 253 sowohl ... als auch | 254 Vgl. Joh 14,16.26; 16,7–11. | 255 Herbeikommen, Wiederkunft; vgl. II Thes 2,8. 256 beim Reichstag 1530 | 257 außergerichtlich erörtern und anhören; Luther schätzte die Haltung des Kaisers – auch aufgrund des konziliant gehaltenen Reichstagsausschreibens vom 21. Januar 1530 – fälschlicherweise als sehr wohlwollend ein. | 258 bloß, kurzerhand, ohne Umschweife 259 dürfen (nicht) | 260 Adoratio durch Niederknien und Fußkuss beanspruchte der Papst grundsätzlich von allen Gläubigen; Karl V. war der letzte Kaiser, der einem Papst den Fuß küsste.
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Dominum nostrum, irruisse in adversarium suum, quem et insecuturus et confecturus est spiritu34 et adventu suo,35 Amen. Nam in Concilio stabimus non coram Caesare aut politico magistratu sicut Augustae Vindelicorum (ubi Caesar clementissimum edictum promulgans benigne et placide causam et rem ipsam audiri volebat), sed coram Papa ac ipso diabolo | comparebimus, qui nihil audire vult, sed simpliciter indicta causa damnare, occidere et ad idolatriam vi cogere. Quare hic non sunt nobis exosculandi pedes eius nec dicendum: Gratiosissimus Dominus es, sed quemadmodum in Zacharia Angelus ad Satanam dicebat: Increpet Dominus te, Satana.36
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[300] Tertia pars articulorum
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De sequentibus articulis agere poterimus cum doctis et prudentibus Viris vel etiam inter nos ipsos. Papa et regnum Pontificium illos non magnopere curant. Conscientia enim apud eos nihil est, sed pecunia, gloria, honores, potentia ipsis sunt omnia. I. De Peccato
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Hic confitendum nobis est, ut Paulus Rom. 5.37 affirmat, peccatum ab uno homine Adamo ortum esse et introiisse in mundum, per cuius inobedientiam omnes homines facti sunt peccatores morti et diabolo obnoxii. Hoc nominatur originale, haereditarium, principale et capitale peccatum. Huius peccati fructus postea sunt mala opera in decalogo prohibita, ut sunt diffidentia, incredulitas, falsa fides sive κακοπιστία, idolatria, sine Dei timore esse, praesumtio seu temeritas, desperatio, coecitas seu excoecatio et, ut summatim dicam, Deum non agnoscere, non curare. Deinde mentiri, nomine Dei abuti, peierare, non orare, non invocare, verbum Dei contemnere vel negligere, parentibus immorigerum esse, occidere, lascivire, furari, decipere etc. Hoc peccatum haereditarium tam profunda et tetra est corruptio naturae, ut nullius hominis ratione intelligi possit, sed ex scripturae patefactione agnoscenda et credenda sit, Psal. 51., Rom. 5., Exod. 33., Genes. 3.38 Quapropter meri sunt errores et caligines contra hunc articulum scholasticorum doctorum dogmata, quibus docetur:
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Vgl. Joh 14,16.26; 16,7–11. | 35 Vgl. II Thes 2,8. | 36 Sach 3,2 Vg [Increpet Dominus in te, Satan] | 37 Vgl. Röm 5,12. | 38 Vgl. Ps 51,7; Röm 5,12–14; Ex 33,20; Gen 3,6–19. 261
Sach 3,2 | 262 ganz und gar; alles, worauf es ankommt | 263 Vgl. Röm 5,12. | 264 einen lügen | 266 schwören, fluchen | 267 eine so ungemein tiefe | 268 Vgl. Ps 51,7; Röm 5,12–14; Ex 33,20; Gen 3,6–19. | 269 Scholastiker | 270 Zu den folgenden Thesen vgl. Luther, Disputatio contra scholasticam theologiam (1517), in: WA 1, 224–228. 265
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Schmalkaldische Artikel
I.ι Nemlich Das nach dem Erbfall Ade des menschen natürlichen kreffte sind gantz und unverderbt blieben. Und der mensch habe von Natur eine rechte vernunfft und guten willen, Wie die Philosophi272 solchs leren.273 271
κLere der Schultheologenκ
II.λ Item274 Das der Mensch habe einen Freien willen, guts zu thun und böses zu lassen und widerumb guts zu lassen und böses zu thun.275
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III.μ Item Das der Mensch müge aus natürlichen Krefften alle gebot Gottes thun und halten.276 IIII.ν Item Er müge aus natürlichen krefften Gott lieben uber alles Und seinen Nehesten als sich selbs.277 V.ξ Item Wenn ein Mensch thut, so viel [E1r] an im ist, So gibt im Gott gewislich seine gnade.278 VI.ο Item Wenn er zum Sacrament wil gehen, ist nicht not ein guter fürsatz, gutes zuthun, Sondern sey gnug, das er nicht einen bösen fürsatz, sunde zuthun habe, so gar279 gut ist die Natur und das Sacrament so krefftig.280
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VII.π Es sey nicht inn der Schrifft gegründet, das zum guten werck von nöten sey der heilige Geist mit seiner gnaden.281 Solche und der gleichen viel stücke sind aus unverstand und unwissenheit beide der sunden und Christi, unsers Heilands, komen, rechte Heidnische lere, die wir nicht leiden282 künnen. Denn wo diese lere recht solt sein, So ist Christus vergeblich gestorben, weil kein schaden noch sunde im Menschen ist, dafur er sterben muste, Oder were allein fur den leib nicht fur die Seele auch gestorben, weil die seele gesund und allein der leib des todes ist. ι
nicht in Magd, Konk1580; in Witt2 am Rand | κ – κ Witt2 | am Rand | μ nicht in Magd, Konk1580; in Witt2 am Rand | am Rand | ξ nicht in Magd, Konk1580; in Witt2 am Rand | am Rand | π nicht in Magd, Konk1580; in Witt2 am Rand
λ ν ο
nicht in Magd, Konk1580; in Witt2 nicht in Magd, Konk1580; in Witt2 nicht in Magd, Konk1580; in Witt2
271 nach dem sich auf seine Nachkommen forterbenden Sündenfall Adams, Gen 3 | 272 z. B. Plato und Aristoteles; vgl. Gerhard Ebeling, Disputatio de homine. Bd. 2: Die philosophische Definition des Menschen. Kommentar zu These 1–19, Tübingen 1982. | 273 Vgl. Luther, Disputatio contra scholasticam theologiam (1517). These 4, in: WA 1, 224,13f. | 274 weiter, desgleichen, ebenso 275 Vgl. Luther, Disputatio contra scholasticam theologiam (1517). Thesen 5–7, in: WA 1, 224,15–19. | 276 Vgl. Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum, 3 dist. 39 q. Un. art. 3 dub. 1, in: BCS 3, 639–641; anders Luther, Disputatio contra scholasticam theologiam
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[I.] Post Adae lapsum hominis naturales vires mansisse integras et incorruptas et Hominem naturaliter habere [301] rationem rectam et bonam voluntatem, sicut philosophi docent. 5
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[II.] Et: Hominem habere liberum arbitrium faciendi bonum et omittendi malum et econtra omittendi bonum et faciendi malum. [III.] Item: Hominem posse naturalibus viribus omnia mandata Dei servare et facere. [IIII.] Et: Posse naturalibus viribus Deum super omnia diligere et proximum sicut seipsum. [V.] Item: Si faciat homo, quantum in se est, Deum largiri ei certo suam gratiam. [VI.] Et: Si accedere velit homo ad Eucharistiam, non opus esse bono proposito recte faciendi, sed sufficere, si non adsit malum propositum peccandi: tam bonam scilicet esse naturam et tantam esse vim sacramenti.
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[VII.] Item: Non posse ex scriptura probari ad bonum opus necessario requiri Spiritum sanctum et eius gratiam. Talia et similia portenta orta sunt ex inscitia et ignorantia peccati et Christi, servatoris nostri, suntque vere et mere ethnica dogmata, quae tolerare non possumus. Si enim ista approbantur, Christus frustra mortuus est, cum nullum peccatum et damnum sit in homine, pro quo mori eum oportuerit, aut solummodo pro corpore mortuus diceretur, non pro anima, quandoquidem anima prorsus sana et solum corpus morti obnoxium perhiberetur.
(1517). Thesen 14–15, in: WA 1, 224,30–33. | 277 Vgl. Luther, Disputatio contra scholasticam theologiam (1517). Thesen 13, 16–19, in: WA 1, 224,28f.34–225,6. | 278 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 112 art. 3, in: L 7, 325; vgl. dagegen Luther, Disputatio contra scholasticam theologiam (1517). These 33, in: WA 1, 225,35f; ders., Disputatio Heidelbergae habita (1518). Thesen 13 und 16, in: WA 1, 354,5f.11f. | 279 durch und durch, vollkommen | 280 Vgl. Augustinus, Epistola XCVIII, 10, in: PL 33, 364 (CSEL 34, 532,14). | 281 Vgl. Luther, Disputatio contra scholasticam theologiam (1517). Thesen 55, 68, 71–72, 76, in: WA 1, 227,1–3.23.26–28.35f; ders., Disputatio Heidelbergae habita (1518). These 3, in: WA 1, 353,19f. | 282 dulden
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[E1v] Vom Gesetzeρ σWarümb das Gesetze
gegeben seyσ
τRohe Böse Leuteτ
BSLK 436 φHeuchler und falsche
Heiligeφ
χAmpt und krafft des
Gesetzsχ
Hie halten wir,283 das das Gesetze gegeben sey von Gott, Erstlich der Sünden zu steuren,284 mit dreuen285 und schrecken der straffe und mit verheissen und anbieten der gnaden und wolthat. Aber solches alles ist der bosheit halben, so die sunde im Menschen gewircket, ubel geraten, Denn eins teils sind davon erger worden, Als die dem Gesetze feind sind darümb, das es verbeut, was sie gerne thun, und gebeut, was sie ungern thun. Derhalben, wo sie fur der straffe künnen,286 thun sie nuυ mehr wider das Gesetze denn zuvor. Das sind denn die rohen, bösen Leute, die böses thun, wo sie stet287 und raum haben. Die andern werden blind und vermessen, lassen sich düncken, sie halten und künnen das Gesetz halten aus iren krefften, wie itzt droben gesagt ist von den Schultheologen. Da her komen die Heuchler und falsche Heiligen. [E2r] Aber das fürnemste ampt oder krafft des Gesetzes ist, das es die Erbsunde mitψ früchten und allem offenbare288 und dem Menschen zeige, wie gar tieff seine natur gefallen und gründlos289 verderbet ist, als dem das Gesetz sagen mus, das er keinen Gott habe noch achte und bete frembde Götter an, Welches er zuvor und on das Gesetz nicht gegleubt hette. Damit wird er erschreckt, gedemütigt, verzagt, verzweivelt, wolte gern, das im geholffen würde, Und weis nicht, wo aus, Fehet an Gotte feind zu werden undω murren etc. Das heisst denn Ro. 3.: „das Gesetze erregt zorn“290 Und Ro. 5.: Die sunde wird grösser durchs Gesetze.291
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Von der Busseα
δJere.23δ | BSLK 437 εRechte reueε
Solch amptβ292 behelt das neue Testament und treibts293 auch, Wie Paulus Rom. i. thut und spricht: „Gottes zorn wird vom Himel offenbaret uber alle Menschen.“294 Item 3.: Alle welt ist fur Gott schüldig. Und Kein mensch ist fur im gerecht,295 Und Christus Joh. 16.: Der heilige Geist „wird die welt straffen296 umb die Sünde“γ.297 [E2v] Das ist nu die Donneraxt298 Gottes, da mit er beide, die offenberlichen Sünder und falschen Heiligen inn ein hauffen schlegt299 und lesst keinen recht haben, treibet sie alle sampt inn das schrecken und verzagen. Das ist der Hamer (wie | Jeremias spricht): „Mein Wort ist ein Hamer, der die Felsen zuschmettert.“300 Das ist nicht activa contritio, eine gemachte Reu, Sondern passiva contritio, das rechte hertzeleid, leiden und fülen des todes. ρ
danach: II. Konk1580 | σ – σ Witt2 | τ – τ Witt2 | υ nur Magd | φ – φ Witt2 | χ – χ Witt2 | ψ danach: den Konk1580 | ω danach: zu Konk1580 | α danach: III. Konk1580 | β danach: des Gesetzes Magd | γ Sünde etc. Magd | δ – δ Witt2 | ε – ε Witt2
283 In dieser Frage vertreten wir die Auffassung | 284 die Sünde(n) in Zaum zu halten, einzudämmen | 285 androhen | 286 soweit die Strafe sie nicht hindert | 287 Stätte, Platz; im übertragenen Sinne: Gelegenheit | 288 Vgl. Röm 3,20; 7,7. | 289 bodenlos, abgrundtief | 290 Röm 4,15 | 291 Vgl.
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II. De Lege
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Sentimus Legem a Deo datam esse, primum ut peccatum prohiberetur comminationibus et metu poenarum. Item promissione et annunciatione gratiae et beneficiorum. Sed haec omnia propter malitiam, quam peccatum in homine effecit, male cesserunt. Quidam enim inde deteriores redditi fuerunt, qui scilicet legem oderunt prohibentem ea, quae facere ipsi mallent, et praecipientem, quae gravatim [302] praestant. Quare, nisi poena coërceantur, plura patrant contra legem quam antea. Atque hi sunt mali, effrenes et securi homines, qui perpetrant mala, quoties occasionem aliquam offerri sibi animadvertunt. Quidam vero arrogantia et caecitate percutiuntur et insolenti opinione tenentur se servare et posse servare legem viribus suis, sicut iam paulo ante de scholasticis doctoribus dictum est. Hinc hypocritae et iusticiarii seu in speciem sancti proveniunt. Praecipuum autem officium et ἐνέργεια legis est, ut peccatum originale et omes fructus eius revelet39 et homini ostendat, quam horrendum in modum natura eius lapsa sit et funditus ac totaliter depravata, ita ut Lex ei dicat hominem nec habere nec curare Deum et adorare alienos Deos, id quod antea et sine lege homo non credidisset. Hac ratione perterrefit, humiliatur, prosternitur, desperat de seipso et anxie desiderat auxilium nec scit, quo fugiat, incipit irasci Deo et obmurmurare prae impatientia. Hoc est, quod Paulus inquit Rom. 4.: Lex iram operatur.40 Et Rom. 5.: Lex auget peccatum.41 Lex subintravit, ut abundaret delictum.42
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III. De Poenitentia 25
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Hoc officium Legis retinetur in novo Testamento et in eo exercetur, ut Paulus Rom. 1. facit inquiens: Ira Dei de coelo revelatur super omnes homines.43 Et 3.: Omnes sunt rei coram Deo. Nemo hominum iustus est coram eo.44 Et Christus Johan. 16. inquit: Spiritus sanctus arguet mundum de peccato.45 Hoc igitur fulmen est Dei, quo et manifestos peccatores et hypocritas prosternit et nullum iustum pronunciat, sed omnes ad terrorem et desperationem adigit. Hic | malleus est, ut Hieremias inquit: Verbum meum quasi malleus conterens petras.46 Haec non est activa contritio seu factitia [303] et accersita, sed passiva contritio, conscientiae cruciatus, vera cordis passio et sensus mortis. 39 Vgl. Röm 3,20; 7,7. | 40 Röm 4,15 | 41 Vgl. Röm 5,13. | Röm 3,10.23. | 45 Joh 16,8 | 46 Jer 23,29
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Röm 1,18 |
44
Vgl.
Röm 5,20. | 292 Aufgabe, Funktion | 293 versieht es, füllt es aus, kommt ihm nach | 294 Röm 1,18 295 Vgl. Röm 3,19f. | 296 tadeln, zurechtweisen | 297 Joh 16,8 | 298 Donnerkeil, Blitzstrahl 299 gemeinsam auf einen Schlag vernichtet | 300 Jer 23,29
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BSLK 437 | Ierem.13.
752 ζRechte Busse anfahenζ
θVerheissung der
gnadenθ ιMarci.iι
λLuce.24λ
νAmpt des Gesetzs on
zuthun des Evangeliiν
ξTrost des Evangeliiξ
BSLK 438
Schmalkaldische Artikel
Und das heisset denn, die rechte Busse anfahen. Und mus der Mensch hie hören solch urteil: Es ist nichts mit euch allen, ir seid offentliche301 Sünder oder Heiligen, Ir müst alle anders werden und anders thun, weder302 ir itzt seid und thut, Ir seid wer und wie gros, weise, mechtig und heilig, als ir wolt, Hie ist niemand from.303 Aber zu solchem Ampt304 thut das neue Testament fluxη die tröstliche verheissung der gnaden durchs Evangelion, der man gleuben solle. Wie Christus spricht Marci i.: „Thut busse und gleubet dem Evangelio“305, Das ist: werdet und machts anders und gleubet meiner verheissung. Und fur im her Johannes wird genand Ein Prediger der Busse, doch zur vergebung der sunden.306 Das ist, Er solt sie alle straffen307 und zu [E3r] Sünder machen,308 auff das sie wüsten, was sie fur Gott weren und sich erkenneten als verlorne Menschen und also dem Herrn bereitκ würden,309 die gnade zu empfahen und der sunden vergebung von im gewarten310 und annemen. Also sagt auch Christus Luce ultimo selbs: Man mus inn meinem Namen inn alleμ welt predigen Busse und Vergebung der sunden.311 Wo aber das Gesetze solch sein Ampt allein treibet on zuthun des Evangelii, da ist der Tod und die Helle,312 und mus der Mensch verzweiveln wie Saul und Judas,313 Wie S. Paulus sagt: Das Gesetze tödtet durch die Sünde.314 Widerümb gibt das Evangelion nicht einerley weise315 trost und vergebung, Sondern durch wort, | Sacrament und der gleichen, wie wir hören werden,316 Auff das die erlösung ja reichlich sey bey Gott, Wie der 130. Psalm317 sagt, wider die grosse gefengnis318 der sunden. Aber itzt müssen wir die falsche Busse der Sophisten319 gegen die rechte Busse halten, damit sie beide deste bas320 verstanden werden.
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[E3v] Von der falschen Busse der Papisten321
οLere der Schueltheologenο
Unmüglich ists gewest, das sie solten recht von der Busse leren, weil sie die rechten Sünde nicht erkenneten; Denn (wie droben gesagt) sie halten von der Erbsunde nicht recht, Sondern sagen, Die natürlichen Kreffte des Menschen seien gantz und unverderbt blieben, die vernunfft künne recht leren, und der Wille künne recht darnach thun, das Gott gewislich seine Gnade gibt, wenn ein Mensch thut, so viel an im ist, nach seinem freien willen.
ζ–ζ ν–ν
Witt2 | η jetzt Konk1580 | θ – θ Witt2 | Witt2 | ξ – ξ Witt2 | ο – ο Witt2
ι–ι
Witt2 |
κ
bereitet Magd |
λ–λ
301
Witt2 |
μ
aller Magd
offenkundige | 302 als | 303 rechtschaffen, gut | 304 neben dieser Funktion | 305 Mk 1,15 Vgl. Mk 1,4. | 307 tadeln, zurechtweisen | 308 aufzeigen, dass sie Sünder sind | 309 Vgl. Mk 1,3. | 310 von ihm her erwarten, darauf vertrauen | 311 Vgl. Lk 24,47. | 312 Hölle | 313 Vgl. I Sam 28,20; 31,4; Mt 27,3–5. | 314 Röm 7,10 | 315 nicht nur in einer einzigen Weise | 316 Vgl. ASm, Artikel „Vom Evangelio“, u. S. 764–767. | 317 Vgl. Ps 130 (Vg 129),7. | 318 Fesseln; Gefangenschaft 319 polemische Bezeichnung für die scholastischen Theologen. Das Schlagwort war im Kreis der Erfurter Humanister im Schwange und wurde von Luther 1518 übernommen. | 320 besser | 321 zu den mittelalterlichen Bußbestimmungen vgl. C. 33 q. 3: De poen. (Friedberg I, 1159–1247). 306
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Sic scilicet incipit vera poenitentia. Et hic homo audit sententiam promulgari dicentem: Quotquot estis, nihil estis, sive manifesti peccatores, sive opinione vestra sancti sitis. Omnes vos alios fieri oportet et aliter operari, quam quales nunc estis et sicut iam operamini, qualescunque sane sitis, magni, sapientes, potentes, sancti. In summa hic nemo iustus, sanctus, pius est. Huic officio novum Testamentum statim adiungit consolationem et promissionem gratiae Evangelii, cui credendum est, sicut Christus inquit Marci 1. : Agite poenitentiam et credite Evangelio,47 id est, fiatis alii et faciatis aliter et credatis meae promissioni. Et ante Christum Iohannes nominatur praeco poenitentiae, sed ad remissionem peccatorum, hoc est, Iohannes omnes arguit et peccatores esse evicit, ut scirent, quid coram Deo essent, et seipsos agnoscerent ut perditos homines atque ita Deo appararentur ad gratiam amplectendam et remissionem peccatorum ab eo sperandam et accipiendam. Sic etiam Christus Lucae 24. ipse inquit: In nomine meo ubique praedicanda est poenitentia et remissio peccatorum inter omnes gentes.48 Quando autem lex hoc officium suum sola exercet sine Evangelio, nihil aliud nisi mors et infernus hominem opprimunt prorsus desperantem ut Saulem et Iudam,49 sicut Paulus testatur legem per peccatum hominem morti tradere.50 Econtra Evangelium adfert consolationem et remissionem non uno tantum modo, sed per Verbum, | Sacramenta et similiter, quemadmodum audiemus paulo post, ut ita redemptio apud Deum sit copiosa, ut in 130. Psalmo51 scriptum est, contra horrendam captivitatem peccati. Nunc porro falsam poenitentiam sophistarum cum vera poenitentia conferemus, ut utraque melius intelligi possit. [304] De falsa poenitentia pontificiorum Impossibile fuit Pontificios recte docere de poenitentia, cum verum peccatum non recte agnoverint. Nam, ut supra ostensum est, de peccato originali non recte sentiunt, quia aiunt naturales vires hominis mansisse omnino integras et incorruptas et rationem recte posse docere ac voluntatem posse ea, quae docentur, praestare et Deum certo donare suam gratiam, cum homo tantum facit, quantum in se est, secundum liberum suum arbitrium.
47 Mk 1,15 | 48 Lk 24,47 | 130 (Vg 129),7.
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Vgl. I Sam 28,20; 31,4; Mt 27,3–5. |
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Vgl. Röm 7,10. |
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Vgl. Ps
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Schmalkaldische Artikel
Hieraus muste folgen, das sie allein die wircklichen322 Sünde büsseten, als323 böse bewilligete gedancken324 (Denn böse bewegung,325 lust,326 reitzung327 war nicht sunde), böse wort, böse werck, die der freie wille wol hette kundπ lassen.
σDrey teil der Busseσ
BSLK 439
υReuυ
BSLK 440 | φContritioφ χAttritioχ
Und zu solcher Busse setztenρ sie drey teil, Reu, Beicht, Gnugthun328 mit solcher vertröstung und zusage: Wo der Mensch [E4r] recht | reuet,329 beichtet, gnugthet, So hette er damit vergebung verdienet und die sunde fur Gott bezalet,330 Weiseten soτ die Leute inn der Busse auff zuversicht eigener werck.331 Daher kam das wort auff der Cantzel, wenn man die gemeine332 Beicht dem volck fürsprach: Friste mir Herr Gott mein leben, bis ich meine Sünde büsse und mein leben bessere.333 Hie war kein Christus und nichts vom glauben gedacht,334 Sondern man hoffete, mit eigenen wercken die sunde fur Gott zu uberwinden und zu tilgen. Der meinung335 wurden wir auch Pfaffen und Mönche, das wir uns selbs wider die sunde legen336 wolten. Mit der Reu war es also gethan:337 Weil niemand alle seine sunde kundte bedencken (sonderlich das gantze jar begangen),338 flickten sie den peltz also.339 Wenn die verborgen sunde hernach ins gedechtnis kemen, müste man sie auch bereuen und beichten etc.340 Inn des341 waren sie Gottes gnaden befolhen. Zu dem, weil auch niemand wuste, wie gros die Reue sein solt, damit sie ja gnugsam were fur Gott, gaben sie solchen trost. Wer nicht kündte Contritionem, das ist reu haben, der solte Attri|tionem haben, [E4v] welchs ich mag eine halbe oder anfang der Reue nennen; Denn sie haben selbs alles beides nicht verstanden, wissen auch noch342 nicht, was es gesagt sey,343 so wenig als ich. Solche Attritio ward denn344 Contritio gerechent, wenn man zur Beicht gieng. Und wenn sichs begab, das etwa einer sprach, Er künde nicht reuen noch leide haben fur seine sunde, Als möcht geschehen sein inn der Huren liebe oder Rachgir etc. Fragten sie, ob er denn nicht wündschte oder gern wollte, das er Reue möchte haben? Sprach er denn: Ja (Denn wer wolt hie nein sagen, onψ345 der Teufel selbs?), so namen sie es fur die Reu an und vergaben im seine π
können Magd | ρ setze Magd, Konk1580 | Witt2 | χ – χ Witt2 | ψ nicht in Magd
σ–σ
Witt2 |
τ
also Magd, Konk1580 |
υ–υ
Witt2
φ–φ 322
Tat(sünden) | 323 wie etwa | 324 böse Gedanken, in die sie eingewilligt hatten | 325 Regung Neigung, Begehren | 327 Anreizung (zum Bösen) | 328 Contritio cordis, confessio oris und satisfactio operis werden seit Petrus Lombardus als Bestandteile der Buße genannt, vgl. Petrus Lombardus, Sententiae 4, dist. 16, cap. 1, in: PL 192, 877f. | 329 bereute | 330 Vgl. Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum 4, dist. 14, qu. 2 L, in: BCS 4/1, 465. | 331 verwiesen so die Leute in der Buße darauf, sich auf eigene Werke zu verlassen | 332 gemeinsame, allgemein gültige und allgemein gebräuchliche | 333 Luther zitiert hier aus der sogenannten „Offenen Schuld“ dem Schuldbekenntnis, das der Priester nach der Predigt im Namen der Gemeinde spricht; die betreffende Formulierung ist seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar. | 334 erwähnt, in 326
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Ex hoc dogmate sequitur tantum ob actualia peccata agendam esse poenitentiam, ut sunt malae cogitationes, quibus homo obtemperat (concupiscentia enim, vitiosi affectus, inclinatio, libido et affectio prava secundum illos non sunt peccata), sermones mali, mala opera, quae voluntas libera omittere potuisset. Huic poenitentiae adiungunt tres partes, Contritionem, Confessionem et Satisfactionem addita grandi consolatione et policitatione remissionis peccatorum, | meriti, expiationis peccatorum ac plenariae redemptionis coram Deo, si homo vere doleat, confiteatur et satisfaciat. Sic in poenitentia homo ad fiduciam propriorum operum ducitur. Hinc orta est vox, quae in suggestis, cum praelegeretur vulgo publica absolutio, usurpata fuit: Prolonga, Deus, vitam meam, donec pro meis peccatis satisfecero et vitam meam emendavero. Hic altum fuit silentium de Christo et fide et tantum opinio et spes fuit de propriis operibus, quibus peccata coram Deo delerentur. Et hanc ob causam facti sumus sacrifici et monachi, ut nos ipsos peccato opponeremus. Quod ad contritionem attinet, cum nemo posset omnia peccata sua in memoria retinere, praesertim per integrum annum commissa, centones hos assuebant, si memoria peccati absconditi forte recurreret, etiam illud sufficiente [305] contritione deflendum et confitendum esse etc. Interea Dei gratiae homo committebatur. Cum etiam nemo sciret, quanta contritio esse deberet, quae coram Deo sufficeret, dicebant, si quis contritionem non haberet, eum saltem attritionem habere oportere, | id est dimidiam quasi contritionem vel initium contritionis. Haec vocabula ipsi nec intellexerunt nec intelligunt minus quam ego. Et attritio reputabatur pro contritione venientibus ad confessionem.
Et cum quis diceret se non posse habere contritionem seu non dolere posse ob peccata sua (ut fieri potuit in illicito amore aut vindictae cupiditate et caeteris), interrogabant, an is non optaret et cuperet dolere? Respondenti cupere se (quis enim nisi ipse diabolus negaret se cupere?) accipiebant hoc
Erinnerung gebracht | 335 Aufgrund dieser Ansicht | 336 gegen die Sünde ankämpfen | 337 verhielt es sich folgendermaßen | 338 Das 4. Laterankonzil hatte 1215 bestimmt, jedes Gemeindeglied, das die Unterscheidungsjahre erreicht hat, solle wenigstens einmal jährlich bei seinem zuständigen Priester die Beichte ablegen (vgl. DH 812). | 339 behalfen sie sich folgendermaßen, fanden sie folgenden Ausweg | 340 Vgl. Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum, 4 dist. 17 q. 1 art. 3 dub. 2 X 32–86, in: BCS 4/2, 498f. | 341 Zwischenzeitlich, bis dahin | 342 noch immer 343 was es wirklich bedeuten soll | 344 dann als | 345 als nur, außer
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ωBeichtω | αAlle sunde
beichten etc.α BSLK 441
εGnugthuungε
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Schmalkaldische Artikel
sunde auff solch sein gut werck. Hie zogen sie S. Bernhard346 zum Exempel an etc. Hie sihet man, wie die blinde Vernunfft tappet347 inn Gottes sachen und trost suchet inn eignen wercken nach irem dünckel348 und an Christum oder den glauben nicht dencken kan. Wenn mans nu beim liecht besihet, ist solche Reue ein gemachter und getichter349 gedancke aus eigen krefften on glaube, on erkentnis Christi, darinn zu weilen der arm Sünder, wenn er an die lust oder rache gedacht, lieber gelacht denn geweinet hette, Ausgenomen die entweder [F1r] mit dem Gesetze recht troffen350 oder von dem Teufel vergeblich351 sind mit traurigem Geist geplaget gewest. Sonst ist gewis solche Reu lauter Heucheley gewest und hat der sunden lust nicht getödtet; Denn sie musten reuen, hetten lieber mehr gesundigt, wenn es frey gewest were. Mit der Beicht stund es also. Ein iglicher muste alle seine sunde erzelen (welchs ein unmüglich ding ist), das war eine | grosse marter. Welche er aber vergessen hatte, wurden im so fern352 vergeben, wenn sie im würden einfallen, das er sie noch must beichten. Damit kundte er nimer wissen, wenn er rein gnug gebeicht oder wenn das beichten ein mal ein ende haben solt, Ward gleichwol auff βsein werckβ geweiset γund gesagtγ, Je reiner er beicht und je mehr er sich schemet und sich selbs also fur dem Priester schendet,353 je ehe und besser er gnug thet fur die sunde; Denn solche demut erwürbe gewislich gnade bey Gott.354 Hie war auch kein glaube noch Christus, Und die krafft der Absolution ward im nicht gesagt, Sondern auff sunde zelen355 und schemen stund sein trost. Es ist aber nicht δzur zelenδ, was marter,356 büberey357 und Abgötterey solch beichten angericht hat. [F1v] Die Gnugthuung ist noch358 das aller weitleufftigst; Denn kein Mensch kund wissen, wie viel er thun solt fur ein einige359 sunde, schweige360 denn fur alle. Hie funden sie nu einen rat, nemlich das sie wenig gnugthuns auffsetzten,361 die man wol halten kundte Als fünff Pater noster, einen tag fasten etc. Mit der ubrigen busse weiset man sie ins Fegfeur. Hie war nu auchζ eitel jamer und not; etliche meineten, sie würden nimerη aus dem Fegfeur komen, die weil nach den alten Canonen362 sieben jar busse auff ein Todsunde gehöret. Noch363 stund die zuversicht auch auff unserm werck
ω–ω
Witt2 | α – α Witt2 | β – β seine werck Magd; seine wercke Konk1580 | γ – γ und so getröste Witt2, Konk1580 | δ – δ zu erzelen Konk1580 | ε – ε Witt2 | ζ danach: ein Witt2, Magd, Konk1580 η danach: mehr Magd
346
Vgl. Bernhard von Clairvaux, Tractatus de gratia et libero arbitrio IV, 10, in: PL 182, 1007. sich unsicher vorantastet | 348 Einbildung | 349 erfundener | 350 getroffen | 351 ohne wirklichen Grund | 352 ihm insoweit, unter der Bedingung | 353 erniedrigt | 354 Vgl. Abaelard, Ethica seu scito teipsum XXIV, in: PL 178, 668; ders., Epitome theologiae christianae XXXVI, in: PL 178, 1756. | 355 aufzählen | 356 welche (Gewissens-)qual | 357 Schlechtigkeit, Abgebrühtheit | 358 erst recht | 359 eine einzige | 360 geschweige | 361 auferlegten | 362 Vermutlich sind die 47 canones 347
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pro contritione et remittebant peccata propter hoc bonum ipsius opus, quod nomine Contritionis ornabant. Hic allegabant exemplum Bernhardi etc. Videmus autem, quam palpet et titubet coeca ratio in rebus divinis et consolationem quaerat in propriis operibus pro sua opinione et Christi et fidei prorsus obliviscatur. Quod si res ipsa perspicue consideretur, contritio ista est factitia et fictitia cogitatio seu imaginatio ex propriis viribus absque fide, absque agnitione Christi. Et in ista contritione miser peccator forte recordans suae flammae et cupiditatis vindictae vel ridere vel lacrymare potius potuit quam aliud cogitare exceptis iis, qui vel legis fulmine tacti vel a diabolo spiritu tristiciae afflicti fuerunt. His, inquam, exceptis Contritio ista fuit mera hypocrisis et peccati flammas non mortificavit. Oportuit enim homines dolere, cum libentius peccassent, si liberum ipsis fuisset. Confessio sic instituebatur, ut homines iuberentur omnia sua peccata enumerarec (quod factu impossibile est), haec ingens carnificina fuit. Et si quis quorundam | peccatorum oblitus esset, is eatenus absolvebatur, ut, si in memoriam illa recurrerent, ea postea confiteretur. Nemo igitur scire potuit, num unquam sufficienter, pure et [306] recte confessus esset et quando confessionis finis futurus esset. Et tamen nihilominus ducebantur homines ad propria sua opera et haec consolatio ipsis proponebatur. Quo confessio esset purior, magis ingenua et aperta, pudore et ignominia coram sacerdote suffusa, eo satisfactionem pro peccato esse pleniorem et humilitate illa certo ac merito gratiam Dei impetrari. Nulla hic fides, nullus Christus erat. Et virtus absolutionis non explicabatur confitenti, sed consolatio eius in enumeratione peccatorum et pudefactione consistebat. Nemo autem recitare potest miserias, carnificinas, fraudes et idolatrias ex Confessione ista natas. Caeterum Satisfactio longe perplexior est. Nemo enim scire poterat, quantum faciendum esset pro uno tantum peccato, nedum pro omnibus. Hic arte utebantur et parum satisfactionum imponebant, quae etiam facile servari poterant, ut quinque orationes dominicas, ieiunium unius diei etc.; caetera, quae in poenitentia desiderari dicebant, relegabant ad purgatorium. Hic quoque magna calamitas oriebatur. Quidam enim metuebant se in aeternum ex purgatorio non liberari posse, cum secundum veteres Canones pro uno peccato mortali poenitentia septennis seu septem annorum constituta esset. Et tamen fiducia semper collocata erat in nostro opere satisfactionis ac,
c
euumerare Conc
poenitentiales gemeint, ein Auszug aus dem Decretum Gratiani und den Dekretalen Gregors IX., den der Franziskaner Astesanus in seine „Summa de casibus conscientiae“ (lib. V tit. 32) aufnahm und der auch separat gedruckt eine sehr weite Verbreitung fand (vgl. z. B. Textus canonum penitentionalium, cunctis curam animarum habentibus multum salubris atque perutilis de verbo ad verbum pene, de summa fratris astensis ordinis minorum extractus [Leipzig: Martin Landsberg 1495]). | 363 Dennoch
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θAblasθ
κGüldenjarκ | BSLK 443
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Schmalkaldische Artikel
der gnugthuung, Und, wo die gnugthuung hette mügen364 volkomen sein, so hette die zuversicht gar365 drauff gestanden und were weder glaube noch Christus nütz gewest, Aber sie war unmüglich. Wenn nu einer hundert jar also gebüsset hette, So hette er doch nicht gewust, wenn er ausgebüsset hette. Das hies imerdar gebüsst und nimer mehr zur busse komen. Hie kam nu der heilige Stuel zu Rom der armen Kirchen zu hülffe und erfand das Ablas,366 damit vergab und hub er auff die gnugthuung, Erstlich einzelen, sieben jar, hundert jar etc. und teilet esι unter die Cardinal und Bisschoff, das einer kund [F2r] hundert jar, einer hundert tage Ablas geben;367 Aber die gantze gnugthuung auffzuheben, behielt er im368 allein zuvor.369 Da nu solchs begunst,370 gelt zu tragen,371 und der Bullen marckt gut ward, Erdacht er das Gülden jar372 und legts gen Rom, das | hiesλ vergebung aller pein373 und schuld.374 Da lieffen die Leute zu; Denn es were jederman gern der schweren untreglichen last los gewestμ. Das hies: die schetze der Erden finden und erheben.375 Fluxs eilet der Bapst weiter und machet viel Gülden jar376 auffeinander, Aber je mehr er geld verschlang, je weiter im der schlund ward. Darumb schicket ers darnach durch Legaten heraus inn die Lender,377 bis alle Kirchen und Heuser vol Gülden jar wurden. Zu letzt rumpelt378 er auch ins Fegfeur unter die todten, Erstlich mit Messen und Vigilien Stifften,379 darnach mit dem Ablas380 und dem Gülden jar,381 und wurden endlich die Seelen so wol feil, das er eine umb ein schwert grosschen382 los gab.383 Noch384 halff das auch alles nicht; Denn der Bapst, wie wol er die Leute auff solch Ablas leret sich verlassen und vertrauen, So macht ers dochν selbs widerumb auch ungewis; Denn er setzt inn seine Bullen: Wer des Ablas oder θ–θ ν
Witt2 | ι danach: aus Konk1580 | danach: alles Magd
κ–κ
Witt2 |
λ
danach: er Konk1580 |
364
μ
gemacht Konk1580
können | 365 ganz und gar | 366 zunächst ging es dabei um die Ermäßigung bzw. Erlassung kirchlicher Bußstrafen, dann auch um den Nachlass von Fegfeuer-Strafen | 367 Das 4. Laterankonzil hatte 1215 die Vollmacht der Bischöfe auf vierzigtägige Ablässe beschränkt; Ende des 14. Jahrhunderts spendeten Kardinäle üblicherweise Ablässe bis 100 Tage, während päpstliche Legaten Ablässe bis zu einem Jahr und 100 Tagen gewährten; Plenarablässe konnte nur der Papst erteilen. | 368 sich | 369 Alexander II. gewährte 1063 den Teilnehmern eines Kreuzzuges gegen die Sarazenen in Spanien den ersten bisher bekannten Plenarablass. | 370 begann | 371 Geld einzubringen, einträglich zu werden | 372 Das erste Jubeljahr (annus jubilaeus) wurde von Papst Bonifatius VIII. für 1300 proklamiert (Bulle „Antiquorum habet fida relatio“ vom 22. Februar 1300; vgl. DH 868); in der Folgezeit wurden die Abstände zwischen den Jahren, in denen Rompilger Plenarablässe erwerben konnten, deutlich verkürzt. Ein Bezug zum Erlassjahr (Jobeljahr), das in Lev 25,8–17.23–55 postuliert wird, ist schwerlich konstitutiv. | 373 Strafe (poena) | 374 Der Ausdruck „remissio [...] poenae et culpae“ ist seit der Mitte des 13. Jahrhunderts bezeugt, wurde aber seit dem Konstanzer Konzil in kurialen Schriftstücken nicht mehr gebraucht. | 375 In Anknüpfung an Dan 11,43 hatte sich im Mittelalter die Vorstellung entwickelt, der Teufel werde dem Antichrist die in der Erde verborgenen Schätze zugänglich machen, um damit Menschen zu verführen; vgl. Hans Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im späten Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemik. Ein Beitrag zur Theologie Luthers und zur Geschichte der christlichen
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si satisfactio potuisset esse perfecta, tota fiducia in eam coniecta fuisset nec opus fuisset Christo et fide. At impossibilis illa erat. Et si qui[s] centum annos poenitentiam ista ratione exercuisset, nondum certus tamen de sufficientia, perfectione et fine poenitentiae suae fuisset. Hoc scilicet erat perpetuo poenitere et nunquam ad poenitentiam pervenire. Hac de causa sedes ista Romana sancta miserae Ecclesiae subveniebat et Indulgentias effingebat, quibus remittebatur et abolebatur expiatio seu satisfactio, primum particulatim ad annos septem, centum etc. et eas distribuebat inter Cardinales et Episcopos, ita ut quidam annos centum, qui[307]dam ad dies centum indulgentiam conferrent. Totam autem satisfactionem relaxandi potestatem sibi reservabat. Hac ratione cum accresceret pecunia et nundinatio bullarum esset fructuosa, excogitavit annum aureum, Iubilaeum, vere auriferum (Jubeljar, Güldenjar), quem | Romae celebrari voluit. Hunc appellabat remissionem omnis culpae et poenae. Accurrebant igitur plurimi, quia ab onere molestissimo liberari unusquisque cupiebat. Hoc erat effodere et conquirere thesauros terrae. Mox Papa annos aureos multiplicabat et alium super alium accumulabat et, quo plus auri devorabat, eo plus fauces ipsius appetebant. Ideoque per legatos suos mittebat annos istos passim in provincias, quoad omnia templa et domus annis aureis opplerentur. Tandem irruebat etiam in purgatorium ad defunctos, primum Missarum et Vigiliarum fundatione, deinde indulgentiis et anno aureo et animas tam vili pretio aestimabat, ut unam pro sex nummis liberam pronuntians dimitteret. Neque tamen hoc quoque sufficiebat. Papa enim etsi iubebat homines indulgentiis istis tuto fidere ad salutem, tamen ipse rem universam denuo incertam in dubium vocabat. Nam in bullis suis scribit Eum, qui indulgentiarum seu
Frömmigkeit, Leipzig 1906, 20. | 376 Jubeljahre/Heilige Jahre wurden begangen 1300, 1350, 1390, 1423, 1450, 1475, 1500, 1525 ... | 377 Den Jubelablass von 1450 verkündete z. B. in Deutschland der Kardinallegat Nikolaus Cusanus; in den Jahren 1501 bis 1504 warb der päpstliche Ablasskommissar Raimundo Peraudi für einen Plenarablass zugunsten der Türkenkriege; ab 1514 hielten der päpstliche Nuntius Giovannangelo Arcimboldi und der Mainzer Erzbischof Albrecht von Brandenburg einen Plenarablass zugunsten des Neubaus des Petersdoms in Rom feil. | 378 drängte sich ein, polterte | 379 Messfeiern anlässlich des Begräbnisses, am 7. und 30. Tag danach und zum Jahrestag wurden in Auftrag gegeben zugunsten des Seelenheils der Verstorbenen, es wurden auch Stiftungen errichtet, um die dauerhafte Lesung von Seelmessen nach dem Tode der Stifter zu gewährleisten etc. | 380 Sixtus IV. gewährte 1476 in der Bulle „Salvator noster“ (vgl DH 1398) wohl erstmals einen Ablass für Verstorbene, per modum suffragii (dazu vgl. DH 1405–1407). 381 Der Ablass für Verstorbene wurde seit 1500 mit dem Jubelablass verknüpft. | 382 Eine kursächsische Münze mit geringem Silbergehalt, benannt nach den Kurschwertern auf der Vorderseite, ab 1482 als halber Schwertgroschen geprägt; der Wert im Verhältnis zu einem Rheinischen Gulden entsprach (ab 1491) 6 Pfennigen. | 383 Die Ablassinstruktion für die Mainzer Kirchenprovinz aus dem Jahr 1516 sah als reguläre Gebühr für jemanden, der die Beichte abgelegt hatte, einen Viertelgulden rheinischer Währung vor, für Verstorbene konnten die Sätze deutlich geringer angesetzt werden. | 384 Dennoch
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οGute werck und ubrige
gerechtigkeit andern verkeuftο BSLK 445
ρJohan. Baptista der rechten busse Prediger. Matt. 3ρ
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Schmalkaldische Artikel
Gülden jars wolt teilhafftig sein, der solt bereuet und gebeichtξ [F2v] sein385 und geld geben.386 Nu haben wir droben gehört, das solche Reu und Beicht bey inen ungewis und heucheley ist. Desgleichen wuste auch niemand, welche seele im Fegfeur were. Und so etliche drinnen weren, wuste niemand, welche recht gereuet und gebeicht hette. Also nam er das liebe geld und vertröstet sie die weil auff sein Gewalt387 und Ablas und weiset sie doch widerümb auff ir ungewis werck. Wo nu etliche waren, die nicht solcher wircklicher sunden388 mit gedancken, worten und wercken sich schüldig dauchten,389 wie ich und meins gleichen inn Klöstern und Stifften Mönch und | Pfaffen sein wollten, die wir mit fasten, wachen, beten, Meshalten, harten kleidern und lager etc. uns wereten wider böse gedancken und mit ernst und gewalt wolten heilig sein, Und doch das erblich angeborn ubel etwa im schlaff thet (wie auch S. Augustinus und Hierony[mus] mit andern bekennen),390 was sein art ist, So hielt doch ein iglicher vom andern, das etliche so heilig weren, wie wir lereten, die on sunde, vol guter werck weren, Also das wir darauff unser gute werck andern als uns uberflüssig391 zum Himel mitteileten und verkaufften, Das ist ja392 war und sind Siegel, Brieve393 und Exempel vorhanden. [F3r] Diese dürfften394 der Busse nicht; Denn was wolten sie bereuen? weil395 sie inn böse gedancken nicht bewilligten.396 Was wolten sie Beichten?, weil sieπ wort vermidden.397 Wa fur wolten sie gnugthun?, weil sie der that unschuldig waren, Also das sie auch andern armen Sündern ire ubrige398 gerechtigkeit verkeuffen kundten.399 Solche Heiligen waren auch die Phariseer und Schrifftgelerten zur zeit Christi.400 Hie kompt der feurige Engel S. Johannes,401 der rechten busse Prediger, und schlegt mit einem Donner alle beide inn einen hauffen,402 spricht: „Thut busse.“403 So dencken jene: Haben wir doch gebüst; Diese dencken: Wir dürffen404 keiner busse. Spricht Johannes: Thut alle beide busse; Denn ir seid falsche Büsser, So405 sind diese falsche Heiligen, und dürfft406 alle beide vergebung der sunden, Weil ir alle beide noch nicht wisset, was die rechte | Sünde sey, schweige,407 das ir sie büssen oder meiden soltet. Es ist eur keiner gut, seid voller unglaubens, unverstands und unwissenheit Gottes und seines willens; ξ
cj.: gbeiecht | ο – ο Witt2 | π danach: böse Magd | ρ – ρ Witt2
385
In vielen Ablassbewilligungen seit Mitte des 13. Jahrhunderts wird festgehalten, der Ablass werde gewährt „omnibus vere poenitentibus et confessis“. | 386 „Pro plenissima omnium peccatorum remissione obtinenda ultra contritionem et confessionem sacramentalem necessarium est christifideles de bonis suis contribuere“ (Hans Volz, Eine unbekannte Ablaßinstruktion von 1516 für die Mainzer Kirchenprovinz, in: Vierhundertfünfzig Jahre lutherische Reformation: 1517– 1967. FS Lau, Göttingen 1967, 395–415, hier: 404, Zeile 313f); vgl. auch Walther Köhler, Dokumente zum Ablaßstreit von 1517, 2., verb. Aufl. Tübingen 1934, 111,27–34. | 387 Machtfülle; vgl. Sixtus IV. in seiner Bulle „Salvator noster“ vom 3. August 1476: „[...] de divina misericordia confisi ac de plenitudine potestatis concedimus pariter ac indulgemus [...]“ (DH 1398). | 388 Tatsünden (peccata actualia) | 389 (sich nicht schuldig) dünkten, fühlten, (sich nicht) dafür hielten
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Iubilaei anni particeps fieri velit, oportere contritum et confessum esse ac pecuniam numerare. Audivimus autem supra Contritionem et Confessionem illorum esse incertam et hypocriticam. Nemo etiam sciebat, quae anima in purgatorio esset ac, si quae in eo esse dicebantur, nemo sciebat, quae recte et contritae et confessae fuissent. Sic Papa sanctum denarium corradebat et interea ducebat homines ad fiduciam potestatis et indulgentiarum suarum et rursum inde abducebat ac remittebat ad incerta ipsorum opera et merita. Cumque nonnulli essent, qui se actualium peccatorum istorum vel cogitationibus vel verbis vel factis commissorum non agnoscebant reos, quemadmodum ego et mei similes in monasteriis et fundationibus seu sacerdotum [308] sodalitiis seu Collegiis | monachi et flamines ieiuniis, vigiliis, orationibus, Missarum celebrationibus, duris lectisterniis et vestibus etc. resistere conabamur malis cogitationibus et violenter sancti esse volebamus et licet innatum malum saepe etiam inter dormiendum (sicut Augustinus et Hieronymus et alii quoque conqueruntur) naturam suam exereret, tamen nos mutuo sanctos esse aestimabamus, sicut docebamus, sine peccato et plenos operum bonorum usque adeo, ut bona opera nostra etiam aliis quasi superflua in nobis ad salutem consequendam communicaremus et venderemus, id quod ita factum esse testantur sigilla, literae, exempla, quae extant. Cum igitur, inquam, tales essent, hi poenitentia non indigebant. Quae enim contritio poterat esse in iis, qui malis cogitationibus non assentirentur? Quae confessio de verbis non prolatis? Quae satisfactio pro non factis seu pro innocentia, qua aliis miseris peccatoribus superabundans iusticia vendi poterat? Tales hypocritae et sancti erant tempore Christi etiam Pharisaei et scribae.52 Hic exurgit Angelus ille igneus B. Iohannes,53 praeco verus verae poenitentiae, et tonitru ac fulmine uno ferit ambos (vendentes et ementes opera) inquiens: Agite poenitentiam!54 Attamen egimus poenitentiam, aiunt miseri illi. Caeteri vero dicunt: non indigemus poenitentia. Iohannes autem inquit: Ambo agite poenitentiam, quia falsi estis poenitentiarii et caeteri sunt falsi sancti seu hypocritae et ambo indigetis remissione peccatorum, cum nondum sciatis, quid sit vere peccatum, | nedum, ut de eo poenitere et fugere illud possitis. Nullus vestrum bonus est, pleni estis incredulitate, ruditate et ignorantia Dei et volun52
Vgl. Lk 18,9–14; Mk 12,38–40. | 53 Vgl. Mt 11,10; Mal 3,1f. | 54 Mt 3,2
390 Vgl. Augustinus, Confessiones X, 30, in: PL 32, 796f (CSEL 33, 257,8–258,12; CChr.SL 27, 176,7–177,33); Hieronymus, Epistolae XXII, 7, in: PL 22, 398 (CSEL 54, 152,15–153,12). 391 überschüssig (opera supererogationis oder superabundantia) | 392 tatsächlich, wirklich 393 Urkunden | 394 bedurften | 395 da (sie) ja | 396 einwilligten | 397 da der Klosteralltag möglichst schweigend zugebracht wurde, konnte es zum Sündigen mit Worten schwerlich kommen 398 überschüssige | 399 Vgl. o. S. 736f, Anm. 184. | 400 Vgl. Lk 18,9–14; Mk 12,38–40 401 Johannes der Täufer, vgl. Mt 11,10; Mal 3,1f. | 402 trifft mit einem einzigen Schlag beide Gruppen und macht ihre Selbstzufriedenheit zuschanden | 403 Mt 3,2 | 404 bedürfen | 405 dementsprechend, als Gegenstück dazu passend | 406 braucht, bedürft | 407 geschweige
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Apocal.10.
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762 σJoh.iσ
τRom.3τ
υAct.17υ
φRechte Busseφ
ψReuψ
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ωBeichtω
αGnugthuungα
βRechte Bussβ
Schmalkaldische Artikel
Denn da ist er vorhanden,408 von des fülle wir alle müssen nemen gnade umb gnade,409 Und kein Mensch on in fur Gott kan gerecht sein. Darümb wolt ir büssen, so büsset recht. Eur busse thuts nicht. Und „ir Heuchler, die ir keiner busse bedürfft, ir [F3v] Schlangen ziefer,410 wer hat euch versichert, das ir dem künfftigen zorn entrinnen werdet?“411 etc. Also predigt auch S. Paulus Rom. 3. und spricht: „Es ist keiner verstendig, keiner gerecht, keiner achtet Gottes, keiner thut guts, auch nicht einer, Allzumal sind sie untüchtig und abtrünnig.“412 Und Act. 17.: „Nu aber gebeut Gott allen Menschen, an allen enden busse zu thun.“413 Allen Menschen (spricht er), niemand ausgenomen, der ein Mensch ist. Diese Busse leret uns, die sunde erkennen, Nemlich das mit uns allen verlorn,414 haut und har nicht gut ist415 und müssen schlechts416 neue und andere Menschen werden. Diese Busse ist nicht stücklich417 und bettelisch418 wie jene, so419 die wircklichen sunde büsset, Und ist auch nicht ungewis wie jene; Denn sie disputirt nicht, welchs sunde oder nicht sunde sey, Sondern stösset alles inn hauffen,420 spricht, Es sey alles und eitel421 sunde mit uns. Was wollen wir lange suchen, teilen422 oderχ unterscheiden? Darümb so ist auch hie die reu nicht ungewis; Denn es | bleibt nichts da, damit wir möchten was guts gedencken,423 die Sünde zubezalen, Sondern ein blos gewis verzagen an allem, das wir sind, gedencken,424 reden oder thun etc. Desgleichen kan die Beicht auch nicht [F4r] falsch, ungewis oder stücklich sein; Denn wer bekennet, das alles mit im eitel sunde sey, der begreifft425 alle sunde, lesst keine aussen und vergisset auch keine. Also kan die gnugthuung auch nicht ungewis sein; Denn sie ist nicht unser ungewisse, sundliche werck, Sondern das leiden und blut des unschüldigen lemlin Gottes, das der welt sunde tregt.426 Von dieser busse predigt Johannes und hernach Christus im Evangelio,427 Und wir auch. Mit dieser Busse stossen wir Bapst und alles, was auff unser guten werck gebauet ist, zu boden; Denn es ist alles auff einen faulen, nichtigen grund gebauet, welcher heist Gute werck oder Gesetz, So doch kein gut werck da ist, Sondern eitel böse werck Und niemand das Gesetze thut (wie Christus Joh. 7.428 sagt), Sondern allzumal ubertretten. Darümb ist das
σ–σ α–α
Witt2 | τ – τ Witt2 | Witt2 | β – β Witt2
υ–υ
Witt2 |
φ–φ
Witt2 |
χ
und Konk1580 |
ψ–ψ
Witt2 |
ω–ω
Witt2
408 gegenwärtig | 409 Vgl. Joh 1,16. | 410 Schlangenbrut | 411 Mt 3,7; Lk 3,7 | 412 Röm 3,10–12; Ps 14,1–3 | 413 Act 17,30 | 414 dass wir alle völlig wertlos sind, zu nichts zu gebrauchen, am Ende 415 dass nichts Gutes an uns ist | 416 schlechterdings, ganz und gar, völlig | 417 unvollkommen, bruchstückhaft | 418 kümmerlich, kläglich | 419 die | 420 wirft alles zusammen, macht keinen Unterschied | 421 ganz und gar | 422 zerlegen, unterteilen | 423 erdenken, ausdenken | 424 denken,
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tatis Dei. Praesens enim hic coram adest, de cuius plenitudine nos omnes accipere oportet gratiam pro gratia.55 Et nemo hominum sine ipso coram Deo iustus esse potest. Quare si poenitentiam agere volueritis, recte illam agite: vestra poenitentia nulla est. Et, vos hypocritae, qui non egetis poenitentia, vos ge[309]nimina viperarum, quis vos certos reddidit, ut fugeretis a ventura ira?56 etc. Eodem modo etiam Paulus Roman. 3. concionatur: Non est iustus quisquam, non est intelligens, non est requirens Deum, non est, qui faciat bonum, ne unus quidem. Omnes declinaverunt et inutiles facti sunt.57 Et Actor. 17: Nunc Deus annunciat hominibus, ut omnes ubique poenitentiam agant.58 Omnes, dicit, nemine excepto, qui modo homo est. Haec poenitentia docet nos agnoscere peccatum, videlicet de nobis omnibus plane actum esse et intus et in cute nihil boni in nobis esse et simpliciter fieri nos alios et novos homines oportere. Haec poenitentia non est partialis et mutilata, qualis est ista actualium peccatorum, nec etiam est incerta, qualis ista est. Non enim disputat, utrum sit peccatum vel non peccatum, sed totum prosternit et affirmat universum et merum esse peccatum quo ad nos (et nihil esse in nobis, quod non sit peccatum sive reum). Quid enim diu quaerere, partiri et distinguere volumus? Quamobrem etiam Con|tritio hic non est dubia aut incerta. Nihil enim remanet, quo aliquid boni cogitare possimus ad expiandum peccatum, sed abiicienda nobis est omnis spes de omnibus, quidquid sumus, quidquid cogitamus, loquimur et facimus etc. Similiter Confessio quoque non potest esse falsa, incerta, manca aut mutila. Qui enim confitetur totum in se esse merum peccatum, is comprehendit omnia peccata, nullum excludit, nullius obliviscitur. Sic et satisfactio non potest esse incerta, quia non est nostrum incertum et peccato contaminatum opus, sed est passio et sanguis immaculati et innocentis Agni Dei, qui tollit peccata mundi.59 De hac poenitentia concionatur Iohannes, deinde Christus in Evangelio60 et nos etiam. Et hac poenitentiae concione destruimus Papam et omnia, quae nituntur nostris bonis operibus. Omnia enim fundamento putri et vano insistunt, quod appellatur Bonum opus sive Lex, cum tamen nullum bonum opus adsit, sed tantum mala opera et nemo [310] faciat legem (ut Christus Iohan. 7.61 testatur), sed omnes eam transgrediantur. Quare aedificium, quod
55 Joh 1,16 | 56 Mt 3,7; Lk 3,7 | 57 Röm 3,10–12; Ps 14 (Vg 13),1–3 | 58 Act 17,30 | 1,29. | 60 Vgl. Mt 3,1–12; 4,17; Mk 1,2–8.14f; Lk 3,1–18; 4,14f; 5,32. | 61 Vgl. Joh 7,19.
planen | 425 fasst zusammen | 426 Vgl. Joh 1,29. | 3,1–18; 4,14f; 5,32. | 428 Vgl. Joh 7,19.
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Vgl. Joh
Vgl. Mt 3,1–12; 4,17; Mk 1,2–8.14f; Lk
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Matth.3
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δUbrige sunde im
fleischδ
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εi.Joh.3ε
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ζi.Joh.iζ
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gebeu429 eitel falscheγ lügen und heucheley, wo es am aller heiligsten und aller schönesten ist. Und diese Busse weret bey den Christen bis inn den tod; Denn sie beisst sich mit der ubrigen430 sunde im fleisch durchs gantze leben, wie S. Paulus Ro. 7.431 zeuget, das er kempff mit dem Gesetz seiner glieder etc., Und das nicht durch eigen kreffte, sondern durch die Gabe des heiligen Geists, welche folget auff die Vergebung der Sünden. [F4v] Die selbige Gabe reiniget und feget teglich die ubrige sunden aus und erbeitet, den Menschen recht rein und heilig zu machen. Hie von weis Bapst, Theologen, Juristen noch kein Mensch nichts, Sondern ist eine lere vom Himel, durchs Evangelion offenbart, und mus Ketzerey heissen bey den Gottlosen Heiligen. Widerumb ob etliche Rottengeister komen würden, wie vielleicht etliche bereit da fürhanden sind und zur zeit der auffrhur432 mir selbs fur augen kamen, die da halten, Das alle die, so ein mal den Geist oder Vergebung der sunden empfangen hetten oder gleubig worden weren, Wenn die selbigen hernach sundigeten, So blieben sie gleichwol im glauben und schadet inen solche sunde nicht und schreien also: Thu was du wilt, gleubstu, so ists alles nichts, Der glaube vertilget alle sunde etc., Sagen dazu, wo jemand nach dem glauben und geist sundiget, so habe er den geist und glauben nie recht gehabt. Solcher unsinnigen Menschen hab ich viel fur mir gehabt Und sorge, das noch inn etlichen solcher Teufel stecke. Darümb so ist von nöten, zu wissen und zu leren, das, wo die heiligen Leute uber das, so433 sie die Erbsunde noch haben und [G1r] fülen, dawider auch teglich büssen und streitten, etwa inn offentliche434 sunde fallen Als David inn Ehebruch, mord und Gottslesterung,435 das als denn der glaube und Geist weg ist gewest; Denn der heilige Geist lesst die sunde nicht walten und uberhand gewinnen, das sie volnbracht werde, Sondern steuret und wehret, das sie nicht mus436 thun, was sie wil. Thut sie aber, was sie will, So ist der heilige Geist und glaube nicht dabey; Denn es heisst, wie S. Johans sagt: Wer aus Gott geborn ist, | der sundigt nicht und kan nicht sundigen.437 Und ist doch auch die warheit (Wie der selbige S. Johannes schreibt): „So wir sagen, das wir nicht sunde haben, so liegen wir, und Gottes warheit ist nicht inn uns.“438
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Vom Evangelioη
θMündlich wortθ
Wir wollen nu wider zum Evangelio komen, welchs gibt nicht einerley weise439 rat und hülffe wider die sunde; Denn Gott ist uberschwenglich reich inn seiner Gnade: Erstlich durchs mündlich wort, darinn gepredigt wird
γ
nicht in Konk1580 | δ – δ Witt2 | ε – ε Witt2 | ζ – ζ Witt2 | η danach: IIII. Konk1580 | θ – θ Witt2
429 Gebäude | 430 liegt in Streit mit der verbliebenen | 431 Vgl. Röm 7,23. | 432 während des Bauernkriegs 1525 | 433 davon abgesehen, dass ... ; über das hinaus, dass ... | 434 öffentlich
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superstruitur, tantummodo mendacium et hypocrisis est, etiam qua in parte sanctissimum et formosissimum est. Haec poenitentia in Christianis durat usque ad mortem, quia luctatur cum peccato residuo in carne per totam vitam, sicut Paulus Rom. 7.62 ostendit se belligerari cum lege membrorum suorum etc. idque non propriis viribus, sed dono Spiritus sancti, quod remissionem peccatorum sequitur et quotidie reliquias peccati purgat et expellit et in eo est, ut hominem purificet, rectificet, sanctificet. De tantis rebus Papa, Theologi, Iuristae aliique homines ex ratione sua nihil norunt, sed haec doctrina est e coelo per Evangelium patefacta et ab impiis sanctis seu hypocritis pro haeresi proclamatur. Caeterum, si sectarii quidam orirentur, quorum nonnulli iam forsan adsunt et tempore seditionis rusticanae mihi ipsi in conspectum veniebant, sentientes Omnes eos, qui semel Spiritum aut remissionem peccatorum accepissent et credentes facti essent, etsi deinde peccarent, manere tamen in fide et peccatum ipsis nihil obesse. Hinc voces ipsorum: Fac, quidquid lubet, modo credas, nihil tibi nocet, fides omnia peccata delet etc. Addunt praeterea: Si quis post fidem et Spiritum acceptum peccet, eum nunquam spiritum et fidem vere habuisse. Et tam insanos homines vidi et audivi multos et vereor, ne adhuc in nonnullis daemon iste latitans habitet. Si igitur, inquam, tales in posterum etiam orirentur, sciendum et docendum est. Quod si sancti, qui originale peccatum adhuc habere se sentiunt et quotidie de eo poenitent et cum eo luctantur, insuper ruant in manifesta peccata ut David in adulterium, homicidium et blasphemiam,63 eos excutere fidem et Spiritum sanctum et abesse tum ab ipsis fidem et Spiritum sanctum. Spiritus enim sanctus non sinit peccatum dominari, invalescere et victoriam obtinere ac consummari, sed reprimit et coërcet, ne facere possit, quod [311] vult. Si vero facit, quod vult, certe Spiritus sanctus et fides amittuntur nec simul adsunt. Sic enim inquit Iohannes: Qui ex | Deo natus est, non peccat et peccare non potest.64 Et tamen etiam hoc verum est, quod idem Iohannes dicit: Si dicimus nos peccatum non habere, mentimur et veritas Dei non est in nobis.65 IIII. De Evangelio
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Nunc ad Evangelium redibimus, quod non uno modo consulit et auxiliatur nobis contra peccatum. Deus enim superabundanter dives et liberalis est gratia et bonitate sua, primum per verbum vocale, quo iubet praedicari 62
Vgl. Röm 7,23. | 63 Vgl. II Sam 11. | 64 I Joh 3,9; 5,18 | 65 I Joh 1,8
bekannte | 435 Vgl. II Sam 11. | 436 nicht darf | 437 Vgl. I Joh 3,9; 5,18. | 438 I Joh 1,8 | 439 nicht nur auf eine einzige Weise
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Schmalkaldische Artikel
vergebung der sunde inn alleι [G1v] welt, welchs ist das eigentliche Ampt des Evangelii, Zum andern durch die Tauffe, Zum dritten durchs heilig Sacrament des Altars, Zum vierden durch die krafft der Schlüssel440 und auch per mutuum colloquium et consolationem fratrum,441 Matth. 18.: Ubi duo fuerint congregati442 etc.
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Von der Tauffeκ
BSLK 450 μThomas Aquinasμ
νScotusν
Die Tauffe ist nicht443 anders denn Gottes wort im wasser, durch seine einsetzung befolhen, oder wie Paulus sagtλ: Lavacrum in verbo,444 wie auch Augustinus sagt: Accedat verbum ad elemen|tum et fit Sacramentum.445 Und darumb halten wirs nicht mit Thoma446 und den prediger Mönchen,447 die des worts (Gottes einsetzung) vergessen und sagen, Gott habe eine geistliche krafft ins wasser gelegt, welche die sunde durchs wasser abwassche,448 Auch nicht mit Scoto449 und den Barfussen Mönchen,450 die da leren, das die Tauffe die sunde abwassche aus beystehen Göttlichs willens,451 Also das diese abwasschung geschicht allein durch Gottes willen, gar nicht durchs wort oder wasser.
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[G2r] ξVon der Kinder tauffeξ Halten wir, das man die Kinder teuffen solle;452 Denn sie gehören auch zu der verheissenen Erlösung, durch Christum geschehen,453 Und die Kirche sol sie inen reichen.454 Vom Sacrament des Altarsπ ο
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Halten wir, das brod und wein im Abendmal sey der warhafftige leib und blut Christi Und werde | nicht allein gereicht und empfangen von fromen, sondern auch von bösen Christen.455 Und das man nicht sol einerley gestalt allein geben.456 Und wir bedürffen der hohen kunst457 nicht, die uns lere, das unter einer gestalt so viel sey als unter
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BSLK 451
ι
aller Magd, Konk1580 | κ danach: V. Konk1580 | λ danach: zun Ephesern das Wasserbad im wort Magd | μ – μ Witt2 | ν – ν Witt2 | ξ – ξ bei Witt2 und Konk1580 nicht in Form einer Überschrift ο – ο bei Witt2 nicht in Form einer Überschrift | π danach: VI. Konk1580 440
Vgl. Mt 16,19; 18,18. | 441 Vgl. Mt 18,15f. | 442 Mt 18,20 | 443 nichts | 444 Eph 5,26 | 445 Augustinus, Tractatus in evangelium Ioannis LXXX, 3, in: PL 35, 1840 (CChr.SL 36, 529,5f). | 446 Thomas von Aquin | 447 Dominikanern (Ordo praedicatorum); die Lehren des Aquinaten sind ihre Ordensdoktrin | 448 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae III qu. 62 art. 4, in: L 12, 25: „Et hoc modo vis spiritualis est in sacramentis, in quantum ordinantur a Deo ad effectum spiritualem.“ | 449 Johannes Duns Scotus | 450 Franziskanern | 451 Vgl. Johannes Duns Scotus, Quaestiones in quartum librum Sententiarum, dist. 1, qu. 5 mit Rückbezug auf qu. 2 ad 3, in: DOO 16, 187f mit 94. | 452 Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, die Zwickauer Propheten, Thomas Müntzer und die Täufer lehnten die Säuglingstaufe ab, weil den Kindern der Glaube fehle (vgl. Mk 16,16). | 453 Vgl. Mt 19,14; Mk 10,14f; Lk 18,16f. | 454 Vgl. Mt 28,18–20. | 455 Vgl. hierzu die Formulierung der Wittenberger Konkordie von 1536: „Demnach halten vnd leren sie, das mit dem brot vnd wein warhafftig vnd wesentlich zugegen sey vnd dargereicht vnd empfangen werde der leib vnd das blut Christi. [...] Darumb, wie S. Paulus sagt, das auch die vnwirdigen dis Sacra-
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remissionem peccatorum in universo mundo. Et hoc est proprium officium Evangelii. Secundo per baptismum. Tertio per venerandum sacramentum altaris. Quarto per potestatem clavium atque etiam per mutuum colloquium et consolationem fratrum, Matth. 18.: Ubi duo aut tres fuerint congregati66 etc.
V. De Baptismo
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Baptismus nihil est aliud quam Verbum Dei cum mersione in aquam secundum ipsius institutionem et mandatum sive, ut Paulus inquit: Lavacrum in verbo,67 sicut et Augustinus ait: Accedat verbum ad elementum et fit sacramentum.68 Quare | non sentimus cum Thoma et monachis praedicatoribus seu Dominicanis, qui Verbi et institutionis Dei obliti dicunt Deum spiritualem virtutem aquae contulisse et indidisse, quae peccatum per aquam abluat. Non etiam facimus cum Scoto et Minoritis seu Monachis Franciscanis, qui docent baptismo ablui peccatum ex assistentia divinae voluntatis et hanc ablutionem fieri tantum per Dei voluntatem et minime per verbum et aquam.
Ephes.5. BSLK 450
[312] De paedobaptismo docemus Infantes esse baptizandos. Pertinent enim ad promissam redemptionem per Christum factam.69 Et Ecclesia debet illis baptismum et promissionis illius annunciationem.70 VI. De Sacramento altaris
20
De Sacramento Altaris sentimus Panem et Vinum in Coena esse verum Corpus | et Sanguinem Christi et non tantum dari et sumi a piis, sed etiam ab impiis Christianis.71 Et non tantum unam speciem esse dandam. Non enim indigemus doxosophia ista, quae nos doceat sub una specie tantum esse, quantum sub utraque, sicut
66
Mt 18,20 | 67 Eph 5,26 | 68 Augustinus, Tractatus in evangelium Ioannis LXXX, 3, in: PL 35, 1840 (CChr.SL 36, 529,5f). | 69 Vgl. Mt 19,14; Mk 10,14f; Lk 18,16f. | 70 Vgl. Mt 28,18–20. 71 Vgl. hierzu die Formulierung der Wittenberger Konkordie von 1536: „Itaque sentiunt et docent cum pane et vino vere et substantialiter adesse, exhiberi et sumi Corpus Christi et sanguinem [...] Quare, sicut Paulus ait [I Kor 11,27], etiam indignos manducare, ita sentiunt porrigi vere corpus et sanguinem domini etiam indignis et indignos sumere, vbi seruantur verba et institutio Christi.“, in: WA.B 12, 209,4f.13–15 = BDS 6/1, 120,4f; 122,8–124,2. ment niessen, also halten sie, das auch den vnwirdigen warhafftig dargereicht werde der leib vnd das blut Christi und die vnwirdigen warhafftig dasselb empfahen, so man des herrn Christi einsetzung vnd befelh hellt.“, in: WA.B 12, 206,5–7; 207,20–23 = BDS 6/1, 121,6–123,2; 125,2–5. 456 Seit dem Hochmittelalter hatte sich allmählich die Praxis durchgesetzt, den Laien nur noch das Brot bzw. den Leib Christi zu reichen, die Vollgestalt des Sakraments blieb in der Regel den Zelebranten vorbehalten. | 457 Erkenntnis, Wissenschaft
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Schmalkaldische Artikel
beiden,458 wie uns die Sophisten459 und das Concilium zu Costentzρ460 leren; Denn obs gleich war were, das unter einer so viel sey als unter beiden, So [G2v] ist doch die eine gestalt nicht die gantze ordnung und einsetzung, durch Christum gestifft und befolhen.461 Und sonderlich verdammen und verfluchen wir inn Gottes namen die jenigen, so nicht allein beide gestalt lassen anstehen,462 sondern auch gar herrlich463 daher verbieten, verdammen, lestern als Ketzerey und setzen sich damit wider und uber Christum, unsern Herrn und Gott etc. Von der Transsubstantiatio464 achten wir der spitzen465 Sophisterey466 gar nichts, da sie leren, Das brod und wein verlassen oder verlieren ir natürlich wesen und bleibe allein gestalt und farbe des brods und nicht recht brod; Denn es reimet sich467 mit der Schrifft auffs beste, das brod da sey und bleibe, wie es S. Paulus selbs nennet: „Das brod das wir brechen“468, Und: „also esse er von dem brod“469. Von Schlüsselnσ
τPsal.19τ
ψPsal.143ψ
Die Schlüssel sind ein Ampt und gewalt, der Kirchen von Christo gegeben,470 zu binden und zu lösen die sunde, Nicht allein die groben und wolbekandten sunde, [G3r] sondern auch die subtilen, heimlichen, die Gott allein erkennet Wie geschrieben stehetυ: Wer kennet wie viel er feilet?471 Und Paulus Ro. 7.472 klagt selbs, das er mit dem fleisch diene dem Gesetz der sunde; Denn es stehet nicht bey uns, sondern bey Gott allein zu urteilen, welche, wie gros und wie viel dieφ sunde sind, Wie geschrieben stehetχ: „Gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht; denn fur dir ist kein lebendig Mensch gerecht“473; und Paulus i. Cor. 4. auch saget: „Ich bin mir wol nichts bewust, Aber darumb bin ich nicht gerecht.“474 Von der Beichtω
BSLK 453 αAbsolutioα
Weil die Absolutio oder krafft βdes Schlüsselsβ auch ein hülffe und trost ist wider die sunde und böse gewissen, im Evangelio durch Christum gestifft,475 ρ
Costnitz Magd | σ danach: VII. Konk1580 | τ – τ Witt2 | υ danach: im XIX. Psalm Magd; stehet im 19.Psalm Konk1580 | φ nicht in Konk1580 | χ danach: im cxliij. Psalm Magd; stehet im 143. Psalm Konk1580 | ψ – ψ Witt2 | ω danach: VIII. Konk1580 | α – α Witt2 | β – β der Schlüsseln Witt2, Magd, Konk1580
458 die Lehre von der Konkomitanz; vgl. DH 1199, 1640f (vgl. Anm. 454). | 459 scholastischen Theologen, vgl. z. B. Johannes Gerson, Tractatus de necessaria communione laicorum sub utraque specie, in: GOC 10, 55–68. | 460 Das Konstanzer Konzil verabschiedete in seiner 13. Sitzung am 15. Juni 1415 das Dekret „Cum in nonnullis“ (vgl. DH 1198–1200), worin die Forderung nach dem Laienkelch für häretisch erklärt und die Lehre von der Konkomitanz dogmatisiert wurde. Das Konzil von Basel gestand den Böhmen in den Prager Kompaktaten von 1433 (1462 durch Pius II. für ungültig erklärt) neben anderem den Laienkelch zu. | 461 Vgl. Mt 26,26–28; Mk 14,22–24; Lk 22,19f; I Kor 11,23–25. | 462 die nicht nur die Abendmahlsfeier unter beiderlei Gestalt unterlassen, nicht praktizieren | 463 anmaßend, selbstherrlich | 464 Unter (unsachgemäßem) Rückgriff auf die aristotelische Unterscheidung zwischen Substanz und Akzidenz postu-
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Sophistae et Concilium Constantiense docent. Etsi enim verum esse forte possit, quod sub una tantum sit, quantum sub utraque, tamen una species non est tota ordinatio et institutio per Christum facta, tradita et mandata.72 In primis vero damnamus et execramur in nomine Domini omnes eos, qui non tantum utramque speciem omittunt, verum etiam tyrannice eam prohibent, damnant et blasphemant ut haeresin et ita se ipsos supra et contra Christum, Dominum et Deum nostrum, extollunt opponentes et praeponentes se Christo etc. De Transsubstantiatione subtilitatem sophisticam nihil curamus, qua fingunt panem et vinum relinquere et amittere naturalem suam substantiam et tantum speciem et colorem panis et non verum panem remanere. Optime enim cum sacra scriptura congruit, quod panis adsit et maneat, sicut Paulus ipse nominat: Panis, quem frangimus.73 Et: ita edat de pane.74
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VII. De Clavibus 15
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Claves sunt officium et potestas Ecclesiae a Christo data ad ligandum et solvendum peccata75 non tan[313]tum enormia et manifesta, sed etiam subtilia, abscondita, soli Deo nota, sicut Psal. 19. scriptum est: Delicta quis intelligit?76 Et Rom. 7. Paulus conqueritur se carne servire legi peccati.77 Non enim penes nos est, sed solius Dei est iudicare, quae, quanta et quotuplicia sint peccata, ut scriptum est Psal. 144.: Ne intres in iudicium cum servo tuo, quia non iustificabitur coram te omnis vivens.78 Et Paulus 1. Corinth. 4. inquit: Nullius quidem mihi conscius sum, sed per hoc non iustificatus sum.79
VIII. De Confeßione 25
Cum Absolutio et virtus Clavium etiam sit consolatio et auxilium contra peccatum et malam conscientiam in Evangelio ab ipso Christo instituta,80
72 75 79
Vgl. Mt 26,26–28; Mk 14,22–24; Lk 22,19f; I Kor 11,23–25. | 73 I Kor 10,16 | 74 I Kor 11,28 Vgl. Mt 16,19; 18,18. | 76 Ps 19 (Vg 18),13 | 77 Vgl. Röm 7,25. | 78 Vgl. Ps 143 (Vg 142),2. Vgl. I Kor 4,4. | 80 Vgl. Mt 16,19; 18,18; Joh 20,22f.
liert die Transsubstantiationslehre, während der Messfeier werde die Substanz von Brot und Wein vollständig und dauerhaft in die Substanz von Leib und Blut Christi verwandelt, während die Akzidenzien (Aussehen, Geruch, Geschmack etc.) unverändert blieben. Das 4. Laterankonzil hat diese Auffassung aufgenommen, das Tridentinum hat sie bestätigt; vgl. DH 802; 1642. | 465 spitzfindigen | 466 Haarspalterei, Wortklauberei; nach der antiken Philosophenschule der Sophisten 467 passt zusammen | 468 I Kor 10,16 | 469 I Kor 11,28 | 470 Vgl. Mt 16,19; 18,18. | 471 Ps 19,13 472 Vgl. Röm 7,25. | 473 Ps 143 (Vg 142),2 | 474 I Kor 4,4 | 475 Vgl. Mt 16,19; 18,18; Joh 20,22f.
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BSLK 453
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δDie erzelung der sunden sol frey sein.δ
εEnthusiastenε | BSLK
454 ζMüntzerζ
θBapstumθ
ιGen.3ι
BSLK 455
Schmalkaldische Artikel
So sol man die Beicht oder Absolutio bey leib476 nicht lassen abkomen477 inn der Kirchen, Sonderlich umb der blöden478 gewissen willen, auch umb des jungenγ rohen479 volcks willen, damit es verhöret480 und unterrichtet werde inn der Christlichen lere. [G3v] Die erzelung481 aber der sunden sol frey sein eim jedern,482 was er erzelen oder nicht erzelen will; Denn so lang wir im fleisch sind, werden wir nicht liegen,483 wenn wir sagen: „Ich bin ein armer Mensch voller sunde“484, Ro. 7.: „Ich füle ein ander Gesetz inn meinen gliedern etc.“485 Denn die weil die Absolutio privata von dem Ampt herkompt der Schlüssel, sol man sie nicht verachten, sondern hoch und werd halten wie alle ander Empter der Christlichen Kirchen. Und inn diesen stücken, so das mündlich, eusserlich wort betreffen, ist fest darauff zu bleiben, das Gott niemand seinen Geist oder gnade gibt, on486 durch oder mit dem vorgehend eusserlichem wort, Damit wir uns bewaren fur den Enthusiasten, das ist | geistern, so sich rhümen, on und vor dem wort den geist zu haben, und darnach die Schrifft oder mündlich wort richten, deuten und dehnen ires gefallens, wie der Müntzer487 thet und noch viel thun heutigs tages, die zwisschen dem Geist und Buchstaben scharfe richter sein wollen und wissen nicht, was sie sagen oder setzen; Denn das Bapstum auchη eitel Enthusiasmus ist, darin der Bapst rhümet, alle rechte sind im schrein seines hertzen488 Und, was er mit seiner Kirchen urteilt und heisst, das sol Geist und Recht sein, wens gleich uber und wider die schrifft oder mündlich wort ist. Das ist alles der al[G4r]te Teufel und alte Schlange, der Adam und Eva auch zu Enthusiasten machte, vom eusserlichen wort Gotts auff geisterey489 und eigen dünckel füret490 Und thetts doch auch durch andere eusserlich wort, Gleich wie auch unsere Enthusiasten das eusserliche wort verdammen und doch sie selbs nicht schweigen, sondern die welt vol plaudern und schreiben, gerade als kündte der geist durch die Schrifft oder mündlich wort der Apostel nicht komen. Aber durch ire schrifft und wort muste er komen. Warumb lassen sie auch ire predigt und schrifft nicht an|stehen,491 bis der Geist selber inn die Leute on und vor irer schrifft kompt, wie sie rhümen, das er inn sie komen sey on predigt der schrifft? Davon hie weiter nicht zeit ist zu disputirn, Wir habens sonst gnugsam getrieben.492
γ
danach: unnd Magd | Witt2
δ–δ
Witt2 |
ε–ε
Witt2 |
ζ–ζ
Witt2 |
η
danach: ein Konk1580 |
θ–θ
Witt2
ι–ι
476 nur ja | 477 außer Gebrauch kommen, wegfallen | 478 verzagten | 479 unerzogenen | 480 abgefragt | 481 Aufzählung, Angabe | 482 soll einem jeden freigestellt sein | 483 lügen | 484 Die Formulierung begegnet nicht wortwörtlich in der Bibel (vgl. aber etwa Lk 5,8), nimmt wohl ein traditionelles Beichtformular auf. | 485 Röm 7,23 | 486 es sei denn, außer | 487 Thomas Müntzer, radikalreformatorischer Theologe, für kurze Zeit Anführer der aufständischen Bauern in Thüringen, nach der Schlacht von Frankenhausen gefangengenommen, am 27. Mai 1525 hingerichtet 488 Vgl. VI.1.2.1 (Friedberg, II, 937): „Licet Romanus Pontifex, qui iura omnia in scrinio pectoris
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nequaquam in Ecclesia confessio et absolutio abolenda est, praesertim propter teneras et pavidas conscientias et propter iuventutem indomitam et petulantem, ut audiatur, examinetur et instituatur in doctrina Christiana.
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Enumeratio autem peccatorum debet esse unicuique libera, quid enumerare aut non enumerare velit. Quam diu enim in carne sumus, non mentiemur confitentes et dicentes: Agnosco me miserum esse peccatorem et scatere peccatis,81 Rom. 7.:82 Sentio aliam legem in membris meis etc. Et cum Absolutio privata ab officio Clavium oriatur, negligenda non est, sed maximi facienda, sicut et alia officia Christianae Ecclesiae magnifacienda sunt. Et in his, quae vocale et externum Verbum concernunt, constanter tenendum est. Deum nemini spiritum vel gratiam suam largiri nisi per Verbum et cum verbo externo et praecedente, ut ita praemuniamus nos adversum Enthusiastas, id est | spiritus, qui iactitant se ante verbum et sine verbo Spiritum habere et ideo scripturam sive vocale verbum iudicant, flectunt et reflectunt pro libito, ut faciebat Monetarius83 et multi adhuc hodie, qui acute discernere [314] volunt inter Spiritum et literam et neutrum norunt nec, quid statuant, sciunt. Quid, quod etiam Papatus simpliciter est merus Enthusiasmus, quo Papa gloriatur omnia iura esse in scrinio sui pectoris84 et, quidquid ipse in Ecclesia sua sentit et iubet, id Spiritum et iustum esse, etiamsi supra et contra scripturam et vocale verbum aliquid statuat et praecipiat. Hoc in universum antiquus est Satanas et serpens, qui etiam Adamum et Evam in enthusiasmum coniiciebat et ab externo verbo Dei ad spiritualitates et proprias opiniones abducebat, id quod tamen et ipse per alia externa verba perficiebat.85 Perinde ac hodie nostri Enthusiastae externum verbum damnant et tamen ipsi non silent, sed mundum garrulitatibus et scriptionibus implent, quasi vero Spiritus per scripta et vocale verbum Apostolorum venire nequeat, sed per ipsorum verba et scripta primum veniat. Cur ergo non ipsi etiam omittunt suas conciones et scriptiones, donec | Spiritus ipse ad homines sine ipsorum scriptis et ante ea veniat, quemadmodum gloriantur spiritum se accepisse sine praedicatione scripturarum? Sed de his iam non vacat pluribus disputare. Et satis alias de his a nobis dictum est.
81 84
Vgl. Anm. 484 zum deutschen Text. | 82 Röm 7,23 | 83 Vgl. Anm. 487 zum deutschen Text. Vgl. Anm. 488 zum deutschen Text. | 85 Vgl. Gen 3,1–7.
sui censetur habere, constitutionem condendo posteriorem, priorem, quamvis de ipsa mentionem non faciat, revocare noscatur [...]“. | 489 Schwarmgeisterei | 490 Vgl. Gen 3,1–7. | 491 (unter) bleiben | 492 an anderer Stelle hinlänglich behandelt; vgl. z. B. Luther, Wider die himmlischen Propheten (1525), in: WA 18, 136,24–139,12; ders., Summarien über die Psalmen ... (1531–1533), in: WA 38, 28,1–11.
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κCorneliusκ
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μExod.3μ
ν2.Pet.1ν
Schmalkaldische Artikel
Denn auch die, so vor der Tauffe gleuben oder inn der tauffe gleubig werden, habens durchs eusserliche vorgehende wort Als493 die alten, so zu vernunfft komen sind, müssen zuvor gehört haben, das: „Wer da gleubt und getaufft wird, der ist selig“494, ob sie gleich, erst ungleubig, nach x. jaren den Geist und tauffe kriegen. Und Cornelius Act. io.495 hatte lange zuvor gehöret bey den Jüden vom künfftigen Messia, dadurch er gerecht fur Gott, und sein gebet und almosen angenem waren inn solchem glauben (wie [G4v] Lucas in gerecht und Gottfürchtig nennet)496 Und nicht on solch vorgehend wort oder gehör kundte gleuben noch gerecht sein. Aber S. Petrus must im offenbarn, das der Messias (an welchen zukünfftigen er bis daher gegleubet hatte) nu komen were und sein glaube vom zukünfftigen Messia in nicht bey den verstockten, ungleubigen Jüden gefangen hielte, Sondern wuste, das er nu must selig werden durch den gegenwertigen Messiam und den selben nicht mit den Jüden verleugnen noch verfolgen etc.497 Summa, der Enthusiasmus sticket498 inn Adam und seinen Kindern von anfang bis zu ende der welt, von dem alten Trachen499 inn sie gestifftet500 und gegifftet,501 Und ist aller Ketzerey, auch des Bapstums und Mahomets502 ursprung, krafft und macht. Darumb sollen | und müssen wir darauff beharren, das Gott nicht wil mit uns Menschen handeln denn503 durch sein eusserlich wort und Sacrament. Alles aber, was on solch wort und Sacrament vom Geist gerhümet wird, das ist der Teufel; Denn Gott wolt auch Mosi erstλ durch den feurigen Pussch und mündlich wort erscheinen.504 Und kein Prophet, weder Elias noch Eliseus, ausser oder on die zehen Gebot den geist kriegt haben. Und Johannes, der Teuffer, nicht on Gabriels vorgehend wort empfangen505 Noch on [H1r] Marie stim inn seiner mutter leibe sprang.506 Und S. Petrus spricht: Die Propheten haben nicht aus menschlichem willen, Sondern aus dem heiligen Geist geweissaget, doch als die heiligen menschen Gottes.507 Aber on eusserlich wort waren sie nicht heilig, viel weniger hette sie als noch unheilig der heilige Geist zu reden getrieben; Denn sie waren heilig, spricht er, da der heilige Geist durch sie redet. Vom Bannξ
οGrosser Bannο
BSLK 457 πKleiner Bannπ
Den grossen Bann, wie es der Bapst nennet, halten wir fur ein lauter weltliche straffe und gehet uns Kirchen diener nichts an.508 Aber der kleine, das ist | der rechte Christliche Bannρ, das man offenberliche, halstarrige sünder nicht sol
κ–κ ο–ο
Witt2 | λ erstlich Magd, Konk1580 | μ – μ Witt2 | Witt2 | π – π Witt2 | ρ danach: ist Magd, Konk1580
ν–ν
Witt2 |
ξ
danach: IX. Konk1580
493
ebenso wie | 494 Mk 16,16 | 495 Vgl. Act 10. | 496 Vgl. Act 10,2.22. | 497 Vgl. Act 10,34–43. steckt | 499 Vgl. Apk 12,9. | 500 ihnen mitgegeben | 501 als Gift eingeflößt | 502 Mohammeds, des Begründers des Islam | 503 außer | 504 Vgl. Ex 3,2.4–4,17. | 505 Vgl. Lk 1,13–20. | 506 Vgl. Lk 1,41. | 507 Vgl. II Petr 1,21. | 508 Als excommunicatio maior wurde der völlige Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft bezeichnet, der in einer ganz wesentlich durch die christliche Kirche 498
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Nam etiam ii, qui ante baptismum credunt vel in baptismo credere incipiunt, per externum praecedens verbum credunt ut adulti. Audiunt enim: Quicunque crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit:86 etiamsi primum increduli post decennium accipiant Spiritum et baptismum. Cornelius Actor. 10. longe ante audierat apud Iudaeos de venturo Messia, per quem iustus coram Deo preces et eleemosynas Deo gratas praestabat ex fide (sicut Lucas eum nominat iustum, pium et timentem Dei)87 et sine praecedente illo verbo atque auditu credere et iustus esse non poterat. Petrus autem patefacere ei iubebatur Messiam (in quem venturum hactenus ille crediderat) iam advenisse, ut fides eius de venturo Messia eum apud induratos et incredulos Iudaeos non captivum teneret, sed ut sciret se salvandum esse per prae[315]sentem Messiam et hunc cum Iudaeorum turba non negaret nec persequeretur etc.88
Quid multis? Enthusiasmus insitus est Adamo et filiis eius a primo lapsu usque ad finem mundi ab antiquo Dracone89 ipsis veneno quodam implantatus et infusus estque omnium haeresium et Papatus et Mahometismi90 origo, vis, vita et potentia. | Quare in hoc nobis est constanter perseverandum, quod Deus non velit nobiscum aliter agere nisi per vocale verbum et sacramenta et quod, quidquid sine verbo et sacramentis iactatur ut spiritus, sit ipse diabolus. Nam Deus etiam Mosi voluit apparere per rubum ardentem et vocale verbum.91 Et nullus propheta, sive Elias, sive Elisaeus, Spiritum sine decalogo sive verbo vocali accepit. Et Iohannes Baptista nec concipiebatur sine Gabrielis praecedente verbo92 nec in matris utero saliebat sine Mariae verbo.93 Et Petrus inquit: Prophetae non ex voluntate humana, sed Spiritu sancto inspirati locuti sunt sancti Dei homines,94 qui sine verbo externo non erant sancti nec a Spiritu sancto ut non sancti seu profani ad prophetandum impulsi, sed sancti erant, inquit Petrus, cum per eos Spiritus sanctus loqueretur.
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2.Pet.1.
IX. De Excommunicatione
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Maiorem illam excommunicationem, quam Papa ita nominat, non nisi civilem poenam esse ducimus non pertinentem ad nos ministros Ecclesiae. Minor autem, | quam nominat, vera et Christiana est excommunicatio, quae manifestos et obstinatos peccatores non admittit ad sacramentum et commu-
86 Mk 16,16 | 87 Vgl. Act 10,2.22. | 88 Vgl. Acta 10,34–43. | 89 Vgl. Apk 12,9. | 90 Mahometismus = Islam | 91 Vgl. Ex 3,2.4–4,17. | 92 Vgl. Lk 1,13–20. | 93 Vgl. Lk 1,41. | 94 II Petr 1,21
dominierten Gesellschaft auch die gesellschaftliche Ächtung mit sich brachte; die excommunicatio minor hingegen schloss für eine bestimmte Zeit vom Sakramentsempfang aus.
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Schmalkaldische Artikel
lassen zum Sacrament oder ander gemeinschafft der Kirchen komen, bis sie sich bessern und die sunde meiden. Und die Prediger sollen inn diese geistliche straffe oder Bann nicht mengen die weltliche straffe. Von der Weihe und Vocationσ
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[H1v] Wenn die Bisschove wolten rechte Bisschove sein und sich der Kirchen und des Evangelions annemen, So möchte manτ das umb der liebe und einigkeit willen, doch nicht aus not lassen gegeben sein, das sie uns und unsere Prediger Ordinirten und Confirmirten,509 Doch hindan gesetzt alle larven und gespenste510 un|christlichs wesens und geprenges.511 Nu sie aber nicht rechte Bisschove sind oder auch nicht sein wollen, sondern weltliche Herrn und Fürsten, die weder predigen noch leren noch Teuffen noch Communicirn noch einiges512 werck oder Ampt der Kirchen treiben wollen, Dazu die jenigen, die solch Ampt beruffen treiben, verfolgen und verdammen, So mus513 dennoch umb iren willen die Kirche nicht on Diener bleiben. Darumb wie die alten Exempel der Kirchen und der Veter uns leren, Wollen und sollen wir selbs Ordinirn tüchtige Person zu solchem Ampt. Und das haben sie uns nicht zuverbieten nachυ zu weren, auch nach irem eigen Rechte; Denn ire Rechte sagen, das die jenigen, so auch von Ketzern Ordinirt sind, sollen geordinirt heissen und bleiben.514 Gleich wie S. Hieronymus schreibet von der Kirchen zu Alexandria, das sie erstlich onφ Bisschove durch die Priester [H2r] und Prediger inn gemein515 regiert sind worden.516
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Von der Priester eheχ
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Das sie die Ehe verboten und den Göttlichen stand der Priester mit ewiger keuscheit beschweret haben, das haben sie weder fug noch recht gehabt, Sondern haben gehandelt als die Endechristischen, Tyrannisschen, verzweivelten517 Buben518 Und damit ursache gegeben allerley erschrecklicher, gräulicher, unzeliger519 sunde der unkeuscheit, darinne sie denn noch stecken. Als520 wenig nu uns oder inenψ macht gegeben ist, Aus eim Menlin ein Freulin oder aus eim Freulin ein Menlin zumachen oder beides nichts zu machen,521 So wenig haben sie auch macht gehabt, solche Creatur Gottes zu scheiden oder verbieten, das sie nicht ehrlich und Ehlich bey einander solten wonen. Darumb wollen wir inn iren leidigen522 Celibat nicht willigen auch nicht leiden, sondern die Ehe frey haben, wie sie Gotte geordnet und gestifftet
σ φ
danach: X. Konk1580 | τ danach: inen Magd, Konk1580 | υ noch Witt2, Magd, Konk1580 von Witt2, Magd, Konk1580 | χ danach: XI. Konk1580 | ψ danach: die Magd
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ins Amt einführten bzw. im Amt bestätigten. | 510 doch ohne alle Vorspiegelungen und Erfindungen | 511 Prachtentfaltung, Prunk | 512 überhaupt irgendein | 513 darf (nicht) | 514 Vgl. Dist. 68 c. 1; C. 9 q. 1 c. 4; De cons. Dist. 4 c. 107 (Friedberg I, 254. 601. 1395). Cochläus wendet gegen Luthers Argumentation ein, die betreffenden ketzerischen Bischöfe hätten in apostolischer Sukzession gestanden und nach dem Gebrauch der Kirche gehandelt, die Reformatoren hingegen
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nionem Ecclesiae, donec emendentur et scelera vitent. Et ministri non debent confundere hanc Ecclesiasticam poenam seu excommunicationem cum poenis civilibus. [316] X. De Initiatione, Ordine et Vocatione 5
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Si Episcopi suo officio recte fungerentur et curam Ecclesiae et Evangelii gererent, posset illis nomine caritatis et tranquillitatis, non ex necessitate permitti, ut nos et nostros concionatores ordinarent et confirmarent hac tamen conditione, ut | seponerentur omnes larvae, praestigiae, deliramenta et spectra pompae ethnicae. Quia vero nec sunt nec esse volunt veri Episcopi, sed politici dynastae et Principes, qui nec concionantur et docent nec baptizant nec coenam administrant nec ullum opus et officium Ecclesiae praestant, sed eos, qui vocati munus illud subeunt, persequuntur et condemnant, profecto ipsorum culpa Ecclesia non deserenda nec ministris spolianda est. Quapropter, sicut vetera exempla Ecclesiae et Patrum nos docent, idoneos ad hoc officium ipsi ordinare debemus et volumus. Et hoc nobis prohibere non possunt, etiam secundum sua iura, quae adfirmant etiam ab haereticis Ordinatos vere esse ordinatos et illam ordinationem non debere mutari. Et Hieronymus scribit de Ecclesia Alexandrina eam primum ab Episcopis, presbyteris et ministris communi opera gubernatam fuisse.
XI. De Coniugio Sacerdotum
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Quod coniugium prohibuerunt et divinum ordinem sacerdotum perpetuo coelibatu onerarunt, malitiose sine omni honesta causa fecerunt et in eo Antichristi, tyrannorum et pessimorum nebulonum opus exercuerunt ac causam praebuerunt multis horrendis, abominandis, innumeris peccatis tetrarum libidinum, in quibus adhuc vo[317]lutantur. Sicut autem nec nobis nec ipsis datum est, ut ex masculo foeminam aut ex femella marem condamus aut utrunque annihilemus, ita etiam ipsis non est datum, ut creaturas Dei disiungant, separent, vetent, ne in coniugio honeste una cohabitent et vivant. Quare ipsorum spurco coelibatui assentiri nolumus nec etiam illum feremus, sed coniugium liberum habere volumus, sicut Deus illud ipse ordinavit et instituit,95 cuius opus nec rescindere nec destruere nec impedire
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Vgl. Gen 1,27f; Mk 10,6–9.
nicht. Vgl. Johannes Cochläus, Ein nötig und christlich bedencken auff des Luthers artickeln, die man gemeynem concilio fürtragen sol (1538), in: CCath 18, 48,11–22. | 515 gemeinschaftlich, miteinander | 516 Vgl. o. S. 742f, Anm. 229. | 517 heillosen | 518 Schurken | 519 unaussprechlicher 520 So | 521 den Unterschied zwischen den Geschlechtern aufzuheben | 522 widerwärtigen
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Schmalkaldische Artikel
hat,523 Und wollen sein werck nicht zureissen noch hindern; Denn S. Paul sagtω, Es sey ein Teuflische lere.524 [H2v] Von der Kirchenα
βKircheβ
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Wir gestehen in nicht,525 das sie die Kirche seien, und sinds auch nicht, und wollens auch nicht hören, was sie unter dem namen der Kirchen gebieten oder verbieten; Denn es weis Gott lob ein kind von sieben jaren,526 was die Kirche sey, Nemlich die heiligen gleubigen und die Scheflin, die ires Hirten stim hören;527 | Denn also beten die Kinder: Ich gleube eine heilige Christliche Kirche.528 Diese heiligkeit stehet529 nicht inn Korhemden,530 blatten,531 langen röcken532 und andern iren Ceremonien, durch sie uber533 die heilige schrifft ertichtet, Sondern im wort Gottes und rechtem glauben.
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Wie man fur Gott gerecht wird Und von Guten werckenγ.
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Was ichδ davon bisher und stetiglich gelert habeε, das ζweis ichζ gar nicht zu endern, Nemlich Das wir durch den glauben (wie S. Petrus [H3r] sagt)534 ein ander neu, rein hertz kriegen und Gott umb Christi willen, unsers Mitlers, uns fur gantz gerecht und heilig halten wil und hellt; ob wol die sunde im fleisch noch nicht gar535 weg oder tod ist, so wil er sie doch nicht rechen noch wissen. Und auff solchen glauben, verneuerung und vergebung der sunde folgen denn gute werck, Und, was an den selben auch noch sundlich oder mangel ist, sol nicht fur sunde oder mangel gerechnet werden eben umb desselben Christi willen, sondern der Mensch sol gantz, beide nach der person und seinen wercken, gerecht und heilig heissen und sein aus lauter gnade und barmhertzigkeit inn Christo uber uns ausgeschut536 und ausgebreit. Darümb | künnen wir nicht rhümen viel verdienst unserη wercke, wo537 sie on gnad und barmhertzigkeit angesehen werden, Sondern, wie geschrieben stehetθ: „Wer sich rhümet, der rhüme sich des Herrn“538, das ist, das er einen gnedigen Gott hat, So ists alles gut, Sagen auch weiter, Das, wo gute werck nicht folgen, so ist der glaube falsch und nicht recht.
ω danach: 1.Tim.4. Konk1580 | α danach: XII. Konk1580 | β – β Witt2. | γ danach: XIII. Konk1580 | δ wir Magd | ε haben Magd | ζ – ζ wissen wir Magd | η und Konk1580 | θ danach: zun Corinthern Magd; stehet 1.Cor.1. Konk1580 523
Vgl. Gen 1,27f; Mk 10,6–9. | 524 Vgl. I Tim 4,1–3. | 525 Wir gestehen ihnen nicht zu | 526 unterste Grenze der Selbstständigkeit | 527 Vgl. Joh 10,3f.27f. | 528 Vgl. KK, 2. Hauptstück, 3. Artikel, u. S. 872. | 529 besteht | 530 Chorhemd/Chorrock (superpelliceum), ein Leinengewand, das seit dem 13. Jahrhundert von Inhabern aller geistlichen Weihegrade bei Amtshandlungen getragen wurde, sofern nicht die Albe (vgl. u. S. 776, Anm. 532) vorgeschrieben war, aus der es sich wohl entwickelt hatte. | 531 Tonsuren | 532 Alben. Die Alba ist ein knöchellanges, unter den Messgewändern zu tragendes, leinenes liturgisches Untergewand, das sich aus der Tunica ent-
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volumus. Paulus enim dicit prohibitionem coniugii esse doctrinam daemoniorum 1. Tim. 4.96 XII. De Ecclesia 5
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Nequaquam largimur ipsis, quod sint Ecclesia, quia revera non sunt Ecclesia. Non etiam audiemus ea, quae nomine Ecclesiae vel mandant vel vetant. Nam (Deo sit gratia) puer septem annorum novit hodie, quid sit Ecclesia, nempe credentes, | sancti, oviculae audientes vocem pastoris sui.97 Sic enim orant pueri: Credo sanctam Ecclesiam Catholicam sive Christianam. Haec sanctitas non consistit in amiculo linteo, insigni verticali, veste talari et aliis ipsorum ceremoniis contra sacram scripturam excogitatis, sed in verbo Dei et vera fide.
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XIII. Quomodo coram Deo homo iustificetur. Et De bonis operibus 15
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Quod de iustificatione hactenus semper et assidue docui, mutare nec in minimo possum, videlicet nos per fidem (ut Petrus loquitur)98 aliud novum et mundum cor acquirere et Deum propter Christum, mediatorem nostrum, nos iustos et sanctos reputare. Et etsi peccatum in [318] carne nondum plane ablatum et mortuum est, tamen Deus illud nobis non vult imputare nec meminisse. Hanc fidem, renovationem et remissionem peccatorum sequuntur bona opera. Et quod in illis pollutum et imperfectum est, pro peccato et defectu non censetur idque etiam propter Christum atque ita totus homo, cum quo ad personam suam, tum quo ad opera sua iustus et sanctus est et nominatur ex mera gratia et misericordia in Christo super nos effusa, expansa et amplificata. Quare gloriari ob merita | et opera non possumus, cum absque gratia et misericordia aspiciuntur, sed, ut scriptum est 1. Corinth. 1.99 Qui gloriatur, in Domino glorietur, quod scilicet habeat Deum propitium. Sic enim omnia bene se habent. Dicimus praeterea, ubi non sequuntur bona opera, ibi fidem esse falsam et non veram.
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Vgl. I Tim 4,1–3. | 97 Vgl. Joh 10,3f.27f. | 98 Vgl. Act 15,9. | 99 I Kor 1,31
wickelt hat. | 533 über ... hinaus | 534 Vgl. Act 15,9. | ausgegossen | 537 soweit | 538 I Kor 1,31; II Kor 10,17
535
gänzlich, völlig |
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ausgeschüttet,
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Schmalkaldische Artikel
Von Clostergelubdenι [H3v] Weil die Clostergelübde stracks539 wider den ersten Heubtartikel streitten, so sollen sie schlecht abe540 sein; Denn sie sinds, da Christus von sagt Matth. 24.: Ego sum Christus etc.541; Denn wer da gelobt ein Closterleben, der gleubt, das er ein besser leben füre denn der gemein Christen man, und wil durch seine werck nicht allein im542 selber, sondern auch andern zum Himel helffen. Das heisst Christum verleugen. Und sie rhümen aus irem S. Thoma, Das Clostergelübde der Tauffe gleich sey.543 Das ist eine Gotteslesterunge. Von menschen Satzungenκ
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Das die Papisten sagen, Menschen satzungen dienen zu vergebung der sunden oder verdienen die seligkeit, das ist unchristlich und verdampt, Wie Christus spricht: „Vergeblich dienen sie | mir, weil sie leren solche lere, die nichts sind denn menschen Gebot.“544 Item ad Tit. i.: Aversantium veritatem545 λ. Item das sie sagen, es sey Todsunde, solche Satzungen brechen, ist auch nicht recht. [H4r] Dis sind die Artikel, darauff ichμ stehen musν und stehen wilξ bis inn meinenο tod, ob Gott will, Und weisπ darinne nichts zu endern noch nachzugeben. Wil aber jemand etwas nachgeben, das thue er auff sein gewissen.
ρKirchweiheρ | σGlockteuffenσ
Zuletzt ist noch der Geuckelsack546 des Bapsts dahinden547 von nerrischen und kindischen Artikeln Als von Kirchweihe,548 von Glocken teuffen,549 Altarstein teuffen550 und Gevattern551 dazu bitten, die dazu gaben552 etc. Welches teuffen ein spott und hohn der heiligen Tauffe ist, das mans nicht leiden sol.
ι
danach: XIIII. Konk1580 | κ danach: XV. Konk1580 | λ danach: welche sich abwenden von der warheit Magd | μ wir Magd | ν Mussen Magd | ξ wollen Magd | ο unsern Magd | π wissen Magd ρ – ρ Witt2 | σ – σ Witt2
539 geradewegs, unmittelbar | 540 schlicht abgetan, abgeschafft | 541 Mt 24,5 | 542 sich | 543 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae II,2 q. 189, art. 3 ad 3, in: L 10, 540f, bes. 541: „[...] Unde in Vitis Patrum legitur, quod eandem gratiam consequuntur religionem ingredientes quam consequuntur baptizati.“ | 544 Mt 15,9 | 545 Tit 1,14 | 546 Requisitentasche eines Gauklers | 547 übrig 548 Die Weihe von Kirchengebäuden, Glocken und Altären war dem Bischof (bzw. einem Weihbischof) vorbehalten. | 549 Da man den Glocken bei der Weihe Namen gab (zumeist von Heiligen), sie mit gesalzenem Wasser abwusch und mit Chrisam und Krankenöl salbte, wurde die Bezeichnung „Glockentaufe“ für die gesamte Weihehandlung üblich. | 550 Die Altarmensa sollte aus einem einzigen Naturstein gehauen sein, mindestens groß genug, um Kelch und Patene für die Eucharistie zu tragen. Bei der Weihe wurde der Altar vom Bischof gesegnet und mit Chrisma gesalbt, und es wurde (mindestens) eine Reliquie darin deponiert. | 551 Paten | 552 Geschenke machen
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XIIII. De votis monasticis
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Quia vota monastica e diametro pugnant cum primo principali articulo, ideo plane abroganda sunt. Ea enim sunt, de quibus Christus inquit Matth. 24.100 Ego sum Christus etc. Qui enim votum facit in monasterio vivendi, is credit se vitae rationem sanctiorem initurum esse, quam alii Christiani ducunt, et suis operibus non tantum sibi, sed etiam aliis coelum mereri vult. Hoc vero quid aliud est quam Christum negare? Et Pontificii ex suo Thoma dicere non erubescunt votum monasticum esse aequale et par baptismo.101 Haec blasphemia est in Deum. XV. De humanis traditionibus
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Quod Pontificii dicunt humanas traditiones facere ad remissionem peccatorum et mereri salutem, plane impium et damnatum est, sicut Christus in[319]quit:102 Frustra | colunt me docentes doctrinas et mandata hominum et Tit. 1. aversantium veritatem.103 Item, quod dicunt esse peccatum mortale, si quis non servet ista statuta, etiam impium est.
Hi sunt articuli, in quibus constantem me esse oportet, et constans ero usque ad mortem meam Deo dante. Et nec mutare nec concedere quidquam in illis possum. Si quis alius voluerit aliquid concedere, faciat id periculo suae conscientiae. Postremo restant praestigiae Papales de stultis et puerilibus articulis ut de templorum dedicationibus, campanarum baptizationibus, altarium dedicationibus et baptizationibus adhibitis patrimis seu susceptoribus, qui munera largiebantur etc. Haec baptizatio fit in contumeliam, ignominiam et dedecus sacrosancti baptismi et ideo minime toleranda est.
100 102
Mt 24,5 | 101 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae II,2 q. 189, art. 3 ad 3, in: L 10, 540f. Mt 15,9 | 103 Tit 1,14
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Darnach von Liecht τweihen,553 Palmen,554 fladen555 weihen, würtz,556 hafern557 etc.τ. Welches doch nicht kan geweihet heissen noch sein, sondern eitel spott und betrug ist. | Und des gauckelwercks unzelich viel, welche wir befehlen irem Gott und inen selbs anzubeten, bis sie es müde werden, wir wollen damit unverworren558 sein.
5
Gedruckt zu Wittemberg durch Hans Lufft.559 M. D. XXXVIII.
Martinus Lutherus subscripsit. Justus Jonas,560 rector, subscripsit manu propria. Joannes Bugenhagen Pomer561, doctor, subscripsit. Caspar Creutziger562 D. subscripsit. Niclas Amsdorff563 subscripsit Magdeburgensis. Georgius Spalatinus564 subscripsit Aldemburgensis. υ
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Ich Philippus Melanthon565 halt dise obgestelte artikel auch fur recht und christlich. Vom | bapst aber halt ich, so ehr das evangelium wolte zulassen, das yhm umb fridens und gemeiner einikeit willen der jenigen christen, so auch unter yhm sind und kunfftig sein möchten, sein superioritet uber die bischove, die ehr hatt iure humano, auch von uns zuzulassen sey. Joannes Agricola Eisleben[sis]566 subscripsit. Gabriel Didymus567 subscripsit. Ego Urbanus Rhegius568 D. ecclesiarum in ducatu Luneburgensi superintendens subscribo meo et fratrum meorum nomine et ecclesiae etiam Hannopheranae.
τ – τ Palmen Fladen Hafern Wurtz weihen etc. Witt2, Magd; weihen Palmen Fladen Hafern Würtz weihen etc. Konk1580 | υ Die Unterschriftenliste, die im Druck 1538 nicht veröffentlicht wurde, wird hier nach dem Manuskript wiedergegeben; s. QuM I, 802–809. 553 Besonders bedeutungsvoll für die Volksfrömmigkeit war die Segnung der Kerzen mit anschließender Prozession am Tage Mariae Lichtmess (2. Februar). In der Osternacht wurde die Osterkerze geweiht, die bis Himmelfahrt den Erdenwandel Jesu nach seiner Auferstehung symbolisierte. | 554 Für die Prozession am Palmsonntag – in Anlehnung an Joh 12,13 – wurden Sträuße aus grünem Gezweig (je nach regionaler Verfügbarkeit und Herkommen) geweiht und anschließend als Sakramentale in Haus, Hof und Feld angebracht zum Schutz vor Unwettern, Viehseuchen, Krankheiten, Missernten und dergleichen. Am Aschermittwoch des folgenden Jahres wurde aus den Resten der Palmsträuße die zu segnende Asche bereitet. | 555 Ostergebäck, das man am Ostersamstag oder -sonntag in der Kirche weihen ließ, mitunter kamen weitere Esswaren hinzu, wie Fleisch, Eier und Käse. | 556 An Mariä Himmelfahrt (15. August) wurden im altgläubigen Bereich Kräuterbüschel geweiht, weshalb das Fest auch bekannt ist als Maria-Krautweihe oder
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Deinde de consecrationibus cereorum, palmarum, placentarum, avenae, herbarum et aromatum etc., quae omnia non possunt dici consecrationes, sed ludibria et merae imposturae sunt. | Et sunt talium praestigiarum infinitae aliae, quas committimus Deo ipsorum et ipsis adorandas, donec illis defatigentur. Nobis nihil cum istis negocii esse debet.
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Martinus Luther D. subscripsit. Iustus Ionas D. Rector, subscripsit manu propria. Iohannes Pugenhagen Pomer, D. subscripsit. Caspar Creutziger D. subscripsit. Niclas Ambsdorf subscripsit Magdeburgensis. Georgius Spalatinus subscripsit Aldenburgensis. Ego Philippus Melanthon supra positos articulos approbo ut pios et Christianos. | De Pontifice autem statuo, si Evangelium admitteret, posse ei propter pacem et communem tranquillitatem Christianorum, qui iam sub ipso sunt et [320] in posterum sub ipso erunt, superioritatem in Episcopos, quam alioqui habet, iure humano, etiam a nobis permitti. Iohannes Agricola Eisleben subscripsit. Gabriel Dydimus subscripsit. Ego Urbanus Regius D. Ecclesiarum in Ducatu Luneburgensi Superintendens, subscribo meo et fratrum meorum nomine, et Ecclesiae Hannopheranae. Würzweihe. | 557 Am Stephanustag (26. Dezember) wurden mancherorts Hafer(garben) und/oder Pferde durch den Priester mit Weihwasser gesegnet, um die Tiere besonders gut gedeihen zu lassen und vor Gefahren zu schützen. | 558 unbehelligt | 559 Hans Lufft, geboren 1495 in Amberg, begann 1523 in Wittenberg zu drucken; als führender Lutherdrucker brachte er es zu Wohlstand und Ansehen in der Bürgerschaft, er bekleidete verschiedene öffentliche Ämter. Anfang September 1584 starb Hans Lufft in Wittenberg. | 560 Justus Jonas (1493–1555), Propst des Allerheiligenstiftes und Theologieprofessor in Wittenberg, 1536/37 Rektor der Universität | 561 Johannes Bugenhagen (1485–1558), Stadtpfarrer und Theologieprofessor in Wittenberg | 562 Caspar Cruciger d. Ä. (1504–1548), Prediger an der Schlosskirche und Theologieprofessor in Wittenberg 563 Nikolaus von Amsdorf (1483–1565), Pfarrer und Superintendent in Magdeburg | 564 Georg Spalatin [Georg Burckhardt aus Spalt, Mittelfranken] (1484–1545), Pfarrer und Superintendent in Altenburg | 565 Philipp Melanchthon [Schwarzerd] (1497–1560), Professor für griechische Sprache an der Universität Wittenberg | 566 Johann Agricola [Schneider, Schnitter] aus Eisleben (1494–1566), Rektor der Lateinschule und Prediger in Eisleben | 567 Gabriel Zwilling [Didymus] aus Annaberg (etwa 1487–1558), Pfarrer in Torgau | 568 Urbanus Rhegius [Urban Rieger] (1489–1541), Landessuperintendent von Braunschweig-Lüneburg. Er unterschrieb auch (mit Vollmacht) für Hannover.
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Schmalkaldische Artikel
Ego Stephanus Agricola569, ecclesiastes Curiensis, subscribo. Et ego Joannes Draconites570 subscribo professor et ecclesiastes Marpurgensis. Ego Chunradus Figenber571 pro gloria Dei subscribo me ita cre[di]disse et ad huc praedico et credo firmiter uti supra. Andreas Osiander572, ecclesiastes Nurembergensis, subscribo. M. Vitus Diethrich573, ecclesiastes Noribergensis. Erhardus Schnepffius574, concionator Stugardiensis, subscribo. Conradus Öttingerus Phorcensis575, Ulrichi ducis contionator. Simon Schneeweiß576, parochus ecclesiae in Creilsheim. Johannes Schlachinhauffen577, pastor ecclesiae Coetensis, subscribo. M. Georgius Heltus Forhemius578. M. Adamus a Fulda579, M. Antonius Corvinus580, contionatores Hassiaci Rursum ego Joannes Bugenhagius Pomeranus D. subscribo nomine magistri Joannis Brencii581, quemadmodum a Schmalkaldia recedens mihi mandavit ore et literis, quas his fratribus, qui subscripserunt, ostendi. Ego Dionysius Melander582 subscribo confessioni, apologiae et concordiae in re eucharistiae. Paulus Rhodius583, superintendens Stettinensis. Gerardus Oemcken584, superintendens ecclesiae Mindensis. Ego Brixius Northanus585 ecclesiae Christi, quae est Susati, minister subscribo articulis reverendi patris M. Lutheri et fateor me hactenus ita credidisse et docuisse et porro per spiritum Christi ita crediturum et docturum. Michael Caelius586, contionator Mansfeldensis, subscribit. M. Petruß Geltneruß587, contionator Franckenfurdiensis, subscripsit. Wendalinus Faber588, parrochus Seburgae in Mansfeldia. Ego Joannes Aepinus589 subscribo. Similiter et ego Joannes Amsterdamus590 Bremensis. Ego Friderichus Myconius591, Gothane ecclesiae apud Thuringos pastor meo et Justi Menii592 Isenacensis nomine subscribo.
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Stephan Agricola [Kastenbauer] (wohl 1491–1547), Pfarrer in Hof. Er unterschrieb im Auftrag von Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach auch für die Ansbachischen Geistlichen „oberhalb des Gebirges“. | 570 Johannes Drach (1494–1566), Prediger und Theologieprofessor in Marburg | 571 Konrad Feigenbutz († wohl 1538), Pfarrer in Zerbst. Er vertrat die Geistlichen von Anhalt-Zerbst. | 572 Andreas Osiander (1496/98–1552), Pfarrer an der Lorenzkirche in Nürnberg 573 Veit Dietrich (1506–1549), Pfarrer an der Sebalduskirche in Nürnberg | 574 Erhard Schnepf (1495–1558), Prediger in Stuttgart | 575 Konrad Öttinger aus Pforzheim († 1540), Hofprediger des Herzogs Ulrich von Württemberg | 576 Simon Schneeweiß († 1545), Pfarrer in Crailsheim. Er unterschrieb für die Geistlichen der Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach „unterhalb des Gebirges“. | 577 Johannes Schlaginhaufen († um 1560), Pfarrer in Köthen. Er vertrat die Geistlichen von Anhalt-Köthen. | 578 Georg Helt aus Forchheim bei Bamberg (1545), Berater des Fürsten Georg III. von Anhalt. Er vertrat in Schmalkalden die Geistlichen von Anhalt-Dessau. 579 Adam Krafft aus Fulda (1493–1558), Superintendent und Theologieprofessor in Marburg. Er reiste vor der Unterzeichnung ab; für ihn unterschrieb Antonius Corvinus. | 580 Antonius Corvinus [Rabe] (1501–1553), Pfarrer in Witzenhausen. Mit Krafft Vertreter der hessischen
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Ego Stephanus Agricola Ecclesiastes Curiensis subscribo. Et ego Iohannes Draconites subscribo, Professor et Ecclesiastes Marburgensis. Ego Chunradus Figenbotz pro gloria Dei subscribo, me ita credidisse, et adhuc praedico et credo firmiter, uti supra. Andreas Osiander Ecclesiastes Nurembergensis subscribo. M. Vitus Dieterich Ecclesiastes Noribergensis subscribo. Erhardus Schnepffius concionator Stugardiensis subscribo. Conradus Otingerus Phorcensis Ulrichi Ducis concionator. Simon Schneweis Parochus Ecclesiae in Crailsheim. Iohannes Schlainhauffen Pastor Ecclesiae Cotensis subscribo. M. Georgius Heltus Forchemius. M. Adamus a Fulda. M. Anthonius Corvinus, concionatores Hessiaci. Rursum ego Iohannes Bugenhagius Pomeranus Doctor, subscribo nomine Magistri Iohannis Brentii, quemadmodum a Smalcaldia recedens mihi mandavit ore et literis, quas his fratribus, qui subscripserunt, ostendi. Ego Dionysius Melander subscribo Cofessioni, Apologiae et Concordiae in re Eucharistiae. Paulus Rhodius Superintendens Stetinensis. Gerardus Oeniken Superintendens Ecclesiae Mindensis. [321] Ego Brixius Northanus Ecclesiae Christi, quae est Susati, minister, subscribo articulis reverendi Patris Mart. Lutheri, et fateor me hactenus ita credidisse, et docuisse, et porro per Spiritum Christi ita crediturum et docturum. Michael Caelius concionator Mansfeldensis subscripsit. M. Petrus Geltnerus concionator Franckenfurdensis subscripsit. Wendalinus Faber Parochus Seburgae in Mansfeldia. Ego Iohannes Aepinus subscribo. Similiter et ego Iohannes Amsterdamus Bremensis. Ego Fridericus Myconius Gothanae Ecclesiae apud Thuringos Pastor, meo et Iusti Menii Isenacensis nomine subscribo.
Pfarrer. | 581 Johannes Brenz (1499–1570), Pfarrer in Schwäbisch-Hall. Er erteilte Bugenhagen Vollmacht, die Artikel in seinem Namen zu unterschreiben, s. u. 836f. | 582 Dionysius Melander (um 1486–1561), Pfarrer und Hofprediger in Kassel | 583 Paul von Rhode (1489–1563), Pfarrer und Superintendent in Stettin | 584 Gerhard Oemeken (um 1500–1562), Superintendent in Minden | 585 Brictius thon Norde († 1557), Superintendent in Soest | 586 Michael Caelius [Coelius] (1492–1559), Hofprediger in Mansfeld | 587 Petrus Geltner († 1572), Pfarrer in Frankfurt am Main | 588 Wendelin Faber, Schlossprediger des Grafen Gebhard von Mansfeld in Seeburg | 589 Johannes Aepinus [Hoeck] (1499–1553), Superintendent in Hamburg | 590 Johann Timann aus Amsterdam († 1557), Pfarrer in Bremen | 591 Friedrich Myconius (1490–1546), Pfarrer und Superintendent in Gotha | 592 Justus Menius (1499–1558), Superintendent in Eisenach. Da er vorzeitig abreiste, unterschrieb Myconius für ihn.
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BSLK 468
Schmalkaldische Artikel
Ego Johannes Langus593, doctor et Erphurdiensis ecclesiae concionator, meo et aliorum meorum in evangelio cooperariorum nomine nempe. Domini Licentiati Ludovici Platzii594 Melosung[ensis]. D. Magistri Sigismundi Kirchneri595. D. Wolphgangi Kiswetter596. D. Melchioris Weittman597. D. Johannis Thall598. D. Johannis Kiliani599. D. Nicolai Fabri600. D. Andreae Menseri601 mea manu subscribo. Et ego Egidius Mechelerus602 mea manu subscripsi.
593 Johann Lang (um 1488–1548), Neunuhrprediger an der Predigerkirche in Erfurt, Visitator und Berater der Schwarzburger Herrschaft in kirchlichen Fragen | 594 Ludwig Platz aus Melsungen, Prediger an der Andreaskirche in Erfurt | 595 Sigismund Kirchner, Pfarrer an St. Thomas in Erfurt | 596 Wolfgang Kieswetter, Pfarrer an der Predigerkirche in Erfurt | 597 Melchior Weitmann, Pfarrer an der Andreaskirche in Erfurt | 598 Johannes Thal, Pfarrer an der Kaufmannskirche in Erfurt | 599 Johannes Kilian, Pfarrer an der Reglerkirche (Augustinerchorherrenkirche) in Erfurt | 600 Nicolaus Fabri, Pfarrer an der Augustinerkirche in Erfurt | 601 Andreas Menser, an der Michaeliskirche in Erfurt tätig, anscheinend als Vikar für Johann Lang | 602 Aegidius Mechler, Prediger an der Franziskanerkirche in Erfurt
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Articuli Smalcaldici
5
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Ego Iohannes Langus D. et Erphordiensis Ecclesiae concionator meo et aliorum meorum in Evangelio Cooperariorum nomine, nempe: Domini Licentiati Ludovici Platzii Melosingi. Domini Magistri Sigismundi Kirchneri. Domini Wolfgangi Kiswetterd. Domini Melchioris Weitman. Domini Iohannis Tall. Domini Iohannis Kiliani. Domini Nicolai Fabri. Domini Andreae Menseri, mea manu subscribo. Et ego Egidius Mechlerus mea manu subscripsi.
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Kismetter Conc
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De potestate et primatu papae tractatus bearbeitet von Klaus Breuer und Hans-Otto Schneider
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De potestate et primatu papae tractatus per Theologos Smalcaldiae congregatos conscriptus. Anno 1537. Einleitung (Klaus Breuer) Nach dem Scheitern der Verhandlungen über die Annahme von Luthers Artikeln auf dem Bundestag des Schmalkaldischen Bundes, der vom 10. Februar bis zum 6. März 1537 stattfand, wurde der bereits in der Eröffnungsrede des kursächsischen Kanzlers Gregor Brück am 10./11. Februar geäußerte Vorschlag aufgegriffen, die anwesenden Gelehrten sollten das Augsburger Bekenntnis und die Apologie durchsehen und die Artikel mit Belegen aus der Schrift, den Kirchenvätern und Konzilsdekreten „befestigen“.1 Dieser Auftrag, dem Luther ohnehin skeptisch gegenüberstand, konnte mangels in Schmalkalden zur Verfügung stehenden Quellenmaterials nicht ausgeführt werden. Stattdessen erging an die Theologen die – ebenfalls schon von Brück angesprochene – Aufgabe, das Augsburger Bekenntnis um Artikel zum Primat des Papstes und der Jurisdiktionsgewalt der Bischöfe zu ergänzen. Melanchthon sah in diesem Auftrag lediglich eine Maßnahme zur Beschäftigung der anwesenden Theologen.2 Auf Vorschlag Melanchthons wählten die Theologen einen dreizehnköpfigen Ausschuss,3 der noch am selben Tag Philipp Melanchthon, Johannes Brenz, Martin Bucer, Andreas Osiander und Urbanus Rhegius beauftragte, die Schrift zu verfassen.4 Als Alleinverfasser kann aber Melanchthon gelten,5 der seine Arbeit gegenüber Justus Jonas selbst als „paulo, quam soleo, asperius“6 bezeichnete. Melanchthons Tractatus wurde bereits am 17. Februar von Bucer den Gelehrten vorgelesen. Diese erklärten ihr Einverständnis und legten ihn als ihre Arbeit den Ständen vor. Ohne Erwähnung der Verfasserschaft Melanchthons
1
Vgl. hierzu und zum Folgenden die ausführliche Darstellung von Hans Volz, Luthers Schmalkaldische Artikel und Melanchthons Tractatus de potestate papae. Ihre Geschichte von der Entstehung bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, Gotha 1931, 42–72, sowie ders., Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte von Martin Luthers Schmalkaldischen Artikeln (1536–1574), Berlin 1957 (KlT 179). Zum Gang der Verhandlungen in Schmalkalden über Luthers Artikel und Melanchthons Tractatus vgl. die Auszüge aus den Berichten von Städteboten und Gesandten in: Volz, Urkunden, 145–175. 2 Melanchthon an Camerarius. Schmalkalden, 1. März 1537 in: MBW.T 7, 363–365 (Nr. 1858). 3 Volz, Schmalkaldische Artikel, 45f; Volz, Urkunden, 168f. 4 Volz, Urkunden, 170. 5 Volz, Urkunden, 167f. Vgl. o. Anm. 2 sowie Dietrich an Johann Forster am 16. Mai 1537 in: Volz, Urkunden, 139–143. 6 Melanchthon an Jonas. Schmalkalden, 23. Februar 1537, in: MBW.T 7, 346f (Nr. 1851).
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De potestate et primatu papae tractatus
blieb auch die von Spalatin angefertigte und von Melanchthon an einer Stelle korrigierte Reinschrift des Tractatus.7 Fast einhellig (Luther war erkrankt) bekannten sich am 24. Februar die auf dem Bundestag anwesenden Theologen zum Augsburger Bekenntnis, der Apologie und dem Tractatus. Ihre Unterschriften befinden sich auf einem gesonderten Aktenstück, das Melanchthon mit einer kurzen Einleitung versehen hatte. Es ist – von Spalatins Hand – bezeichnet als: „Vertzeichnis der doctorn und prediger so sich zur Confession und Apologia, etc. unterschriben haben. 1537.“8 Noch während des Bundestages übersetzte Veit Dietrich den Traktat ins Deutsche. Eine Abschrift von Schreiberhand, die mehrere Zusätze und Korrekturen von Dietrichs Hand aufweist, befindet sich im Weimarer Archiv.9 Den Theologen war der Tractatus bereits am 17. Februar zur Abschrift übergeben worden; die Stände erhielten Abschriften am 5. März. Der Tractatus erhielt den Rang einer offiziellen Bekenntnisschrift und wurde als solche im Bundesabschied vom 6. März 153710 ausdrücklich genannt. Im Druck erschien der Tractatus in lateinischer Fassung (ohne Unterschriften) erstmals 1540 als ἀδέσποτον (anonym) innerhalb einer kleinen Sammlung von Schriften Melanchthons bei Crato Mylius in Straßburg.11 Diesem Druck (und nicht der Reinschrift Spalatins) folgten im Wesentlichen alle späteren lateinischen Drucke.12 Erstmals mit Nennung Melanchthons als Verfasser erschien der lateinische Tractatus 1571 in der dritten Auflage der „Explicatio Apocalypsis Johannis perspicua et brevis“ von David Chyträus.13 Das im selben Jahr erschienene Corpus Doctrinae Thuringicum enthält den lateinischen Text erstmals mit den Unterschriften einschließlich der Vollmacht Brenz’. Die Verfasserschaft Melanchthons wird nicht erwähnt.14 Für das lateinische Konkordienbuch 1580 übersetzte Nikolaus Selnecker die Dietrichsche Übertragung ins Deutsche15 zurück ins Lateinische, da er sie irrigerweise für die Urfassung hielt. Im lateinischen Konkordienbuch von 1584 wurde der ursprüngliche Text mit den Unterschriften abgedruckt. Melanchthon wurde nicht als Verfasser erwähnt.16 Dieser Ausgabe folgt der
7
ThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. H 124, fol. 43r–59r. ThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. H 124, fol. 40r–41r. 9 ThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. H 124, fol. 60r–80r. 10 ThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. H, fol. 177–186 (Nr. 84); Auszug: Volz, Urkunden, 139. 11 Vgl. unsere Sigle Straßb. 12 Vgl. Volz, Schmalkaldische Artikel, 52f. 13 Vgl. unsere Sigle Chytr. In den Ausgaben 1563 und 1564 fehlt Melanchthons Name. 14 Vgl. unsere Sigle CD Thur. 15 Vgl. o. Anm. 9. 16 Vgl. unsere Sigle Conc. 8
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Einleitung
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Text in unserer Edition, abgeglichen mit Spalatins Reinschrift (Spal) und dem Straßburger Druck von 1540 (Straßb). Die von Veit Dietrich angefertigte Übersetzung des Tractatus ins Deutsche erschien 1541 im Druck bei Johann Petreius in Nürnberg. Melanchthon als Verfasser und Dietrich als Übersetzer wurden genannt.17 Im selben Jahr erschien ein Nachdruck bei Joseph Klug in Wittenberg.18 Diese Drucke weichen erheblich ab von der Dietrichschen Urschrift. In ihrer Ausgabe der Schmalkaldischen Artikel von 1553, die zur meistbenutzten Ausgabe werden sollte, fügten die Weimarer Hofprediger Stoltz und Aurifaber den Artikeln den deutschen Text des Tractatus – im Wesentlichen der Übersetzung Dietrichs folgend – an unter dem auf der Handschrift befindlichen Titel: „Von der gewalt und Obrickeit des Bapsts durch die Gelerten zusamen gezogen. Schmalkalden. 1537.“ Erstmals wurden die Unterschriften abgedruckt. Weder Melanchthon noch Dietrich wurden genannt.19 Fortan wurde der Tractatus in der Regel als Anhang zu den Schmalkaldischen Artikeln gedruckt, gelangte in der Fassung von 1553 in die meisten Corpora Doctrinae und schließlich in das deutsche Konkordienbuch von 1580.20 Dieser Ausgabe folgt der Text in unserer Edition, abgeglichen mit dem Druck von 1541 (Nürnb) und der Ausgabe von 1553 (Magd).
Überlieferung Handschriften: 1. lateinisch Spal
De Papatu. || M.D.XXXVII. || Schmalkaldiae HSA Thüringen Weimar: Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. H 124, fol. 43r–59r. Reinschrift des Tractatus von Spalatins Hand.
Vertzeichnis der doctorn und || prediger so sich zur Con= || fession und Apologia, etc. || unterschriben haben. || 1537. HSA Thüringen Weimar. Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. H 124, fol. 40r–41r.
17 18 19 20
Vgl. unsere Sigle Nürnb. Titel wie Anm. 17; jedoch statt „1541“: „Wittemberg M.D.XLI.“ Vgl. unsere Sigle Magd. Vgl. unsere Sigle Konk1580.
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De potestate et primatu papae tractatus
2. deutsch Diet
Vonn der gewalt unnd obrickeit || des Babsts durch die gelerten || zusamenn gezogenn. || Schmalkalden || 1537. HSA Thüringen Weimar. Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. H 124, fol. 60r–80r. Veit Dietrichs Übersetzung; von Schreiberhand.
Drucke (Auswahl): 1. lateinisch Straßb
DEFENSIO || CONIVGII SACERDOTVM PIA || & erudita, missa ad Regem Angliae, || collecta à Philippo Melan=||thone. || ΑΔΕΣΠΟΤΑ. || REFVTATIO ABVSVVM COE=||nae Domini. || ERVDITA ET VTILIS DISPV=||tatio de potestate Pon=||tificia, Straßburg: Crato Mylius 1540. VD 16 M 2915. [110–131: DE POTESTATE || & Primatu Papae. || ἀδέσποτον. // 132–140: DE POTESTATE ET || Iurisdictione Episco=||porum.]
Chytr
EXPLICATIO || APOCALYPSIS || IOHANNIS PERSPI=||CVA ET BREVIS, || TRADITA ET RECOGNITA || a Doctore || DAVIDE CHYTRAEO, Wittenberg: Johannes Crato 1571. VD 16 ZV 2008. [451–473: SCRIPTVM || PHILIPPI ME=||LANTHONIS DE POTE=||STATE ET PRIMATV PAPAE seu regno Antichristi]
CD Thur
CORPVS || DOCTRINAE CHRISTIANAE, || EX MONVMENTIS || PROPHETARVM ET APOSTO=||LORVM, ROTVNDE, BREVITER, NER=||uose a D. MARTINO LVTHERO, & alijs harum || Regionum Theologis collectum & com=||prehensum. || SICVT EA DOCTRINA IN REGIONIBVS || Illustrißimi Principis ac Domini, D. IOHANNIS VVILHELMI, Du=||cis Saxoniae, Landgrauij Thuringiae, [...] Marchionis Misniae, || vnanimi consensu traditur publicaque confes=||sione extat, Jena: Günther Hüttich 1571. VD 16 M 2889.
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Einleitung
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[224r–230v: DE POTESTATE ET || PRIMATV PAPAE TRACTATVS, PER || THEOLOGOS SMALCALDIAE CON=||gregatos conscriptus.]
Conc1584 Concordia. || PIA ET VNANIMI || CONSENSV REPETITA || Confessio Fidei & doctrinae || ELECTORVM, PRINCIPVM, || ET ORDINVM IMPERII, || Atque eorundem Theologorum, qui || Augustanam Confessionem am=||plectuntur. || CVI EX SACRA SCRIPTVRA, || VNICA ILLA VERITATIS NORMA ET || regula, quorundam Articulorum, qui post Doctoris MARTI=||NI LVTHERI felicem ex hac vita exitum, in con=||trouersiam venerunt, solida accessit || Declaratio. || COMMVNI CONSILIO ET MAN=||dato eorundem Electorum, Principum ac Ordinum Imperij, & || erudiendis & monendis subditis, Ecclesijs & Scholis suis, || ad memoriam posteritatis denuo typis || vulgata, Leipzig: Georg Deffner 1584. VD 16 K 2006. [322–339: DE POTESTATE || ET PRIMATV PAPAE || tractatus, per Theologos Smalcal=||diae congregatos con=||scriptus. || Anno M.D.XXXVII.]
Der lateinische Text unserer Edition folgt dieser Ausgabe.
2. deutsch Nürnb
Von des Bapsts gewalt / || welches er sich anmasset wider die Göt=||lichen Schrifft / vnd der ersten || Kirchen brauch. || Jtem von der Bischoffen Jurisdiction / Ge=||stellet durch Herrn Philippum Melan=||thon / vnd verdeutschet durch || Vitum Dietherich, Nürnberg: Johann Petreius 1541. VD 16 M 3283.
Magd
Artikel der Euange=||lischen Lere / so da hetten sollen || auffs Concilium vberantwort || werden / wo es sein würde / Vnd vom gewalt || des Bapsts / vnd seiner Bischoffe / || was in dem allen / vnd wie et=||was zugeben / oder nicht / || zuuor also nie auss=|| gangen. || Gestellet auff dem Tage zu || Schmalkalden. Anno. 1537. Mit vn=||terschreibung vieler Lande vnd || Stedte Theologen. || Jtzt alles aus vrsachen / in der || Vorrede vermeldet / aus Fürstlichem be=||fehl zu Weymar / durch die Hoff=||prediger daselbst in druck || geben, Magdeburg: Michael Lotter 1553. VD 16 ZV 10063.
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De potestate et primatu papae tractatus [g 2r–k 4r: Von der gewalt vnd || Obrickeit des Bapsts / durch die || Gelerten zusamen gezogen. || Schmalkalden. || 1537.]
Konk1580 CONCORDIA. || hwhy || Christliche, || Widerholete / einmütige Bekentnüs || nachbenanter Churfürsten / Fürsten vnd Stende || Augspurgischer Confession / vnd derselben zu ende || des Buchs vnderschriebener Theologen || Lere vnd glaubens. || Mit angeheffter / in Gottes wort / als der einigen Richt=||schnur / wolgegründter erklerung etlicher Artickel / bey || welchen nach D. Martin Luthers seligen absterben || disputation vnd streit vorgefallen. || Aus einhelliger vergleichung vnd || beuehl obgedachter Churfürsten / Fürsten vnd Stende / || derselben Landen / Kirchen / Schulen vnd Nachkommen / || zum vnderricht vnd warnung in Druck || vorfertiget, Dresden: Matthes Stöckel und Gimel Bergen 1580. VD 16 K 1991. [151r–159v: Von der Gewalt vnd Ober=||keit des Bapsts / durch die Gelerten zusamen || gezogen zu Schmalkalden. || Anno M.D.XXXVII.]
Der deutsche Text unserer Edition folgt dieser Ausgabe.
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De potestate et primatu papae
[322] De potestate et primatu papaea tractatus, per Theologos Smalcaldiae congregatos conscriptus.
BSLK 471
ANNO M. D. XXXVII.b 1
b
Romanus Pontifexc arrogat sibi, quod iure divino sit supra omnes Episcopos et Pastores.2
5
Deinde addit etiam, quod iure divino habeat utrunque gladium,3 hoc est autoritatem detiam regna conferendid et transferendi. Et tertio dicit, quod haec credere sit de necessitate salutis.4 Et propter has causas Romanus Episcopus vocat se Vicarium Christi in terris.5
BSLK 472
Hos tres articulos sentimuse falsos, impios,f Tyrannicos et perniciosos Ecclesiae esse. Ut autem intelligi nostra confirmatio possit: primum definiemus, quid vocent supra omnesg esse iure divino. Intelli|gunt enimh esse Episcopum universalem et, ut ipsi loquuntur, οἰκουμενικόν,i 6 id est, a quo debeant petere ordinationem et confirmationem omnes Episcopi et Pastores per totum orbem terrarum, qui habeat ius eligendi, ordinandi, confirmandi, deponendi omnes Episcopos.7
Ad haec arrogat sibi autoritatem condendi leges de cultibus, de mutatione Sacramentorum, de doctrina et vult suos Articulos, sua decreta, suas leges a papae ἀδέσποτον Straßb | b – b nicht in Spal, Straßb | c episcopus Spal, Straßb | d – d conferendi regna Spal | e sentimus et profitemur Spal | f nicht in Straßb | g omnes episcopos Spal | h enim papam Spal | i oecumenicum Spal 1
Über Melanchthons Stellung zum Papst vgl. ASm, Unterschriftenliste, o. S. 780,14–18. Vgl. hierzu auch Luther, Regnum papae et Turcae (Winter von 1542 auf 1543), in: WA.TR 5, 231 (Nr. 5551); Melanchthon, Gutachten an Ulrich Geiger für Guillaume du Bellay (1534), in: MBW.T 6, 144f (Nr. 1467); ders., Brief an Camerarius (1. März 1537), in: MBW.T 7, 366f (Nr. 1859); ders., Denkschrift für den Kaiser (17. Juni 1541), in: MBW.T 10, 264–275 (Nr. 2720a); ders., Oratio de Pontificum Rom. ambitione, monarchia, tyrannide … (1556), in: CR 12, 200–206; Luther, Zusatz zu einem Bedenken Melanchthons über den Primat des Papstes (Coburg, Juni 1530), in: WA.B 12, 115–117 (Nr. 4239); ders., Der Bapstesel durch Philippen Melanchthon deuttet (1523), in: WA 11, 375–379. | 2 Vgl. z.B. Dist. 21 c. 3 (Friedberg I, 70); Dist. 22 cc. 1 und 2 (Friedberg I, 73–75); X.5.33.23 (Friedberg II, 866). | 3 Vgl. insbesondere die Bulle Bonifaz’ VIII. „Unam sanctam“ vom 18. Nov. 1302, in: Extrav. Comm. 1.8.1 (Friedberg II, 1245f); DH 870–875. Vgl. auch Bernhard von Clairvaux, De consideratione ad Eugenium papam lib. 4, c. 3, 7, in: PL 182, 776 (BCW 1, 454,11–14); vgl. auch Melanchthon, De quaestione: Rectene Bonifacius VIII. constituerit quod iure divino Papa habeat utrumque gladium, hoc est, et summam potestatem Ecclesiasticam, et summam potestatem seu mandatum, seu ius conferendi regna et imperia mundi (1537), in: CR 3, 466–472; ders., Denkschrift (wie o. S. 796, Anm. 1). | 4 Das Konstanzer Konzil verurteilte 1415 als 41. Artikel Wyclifs: „Non est de necessitate salutis credere Romanam ecclesiam esse supremam inter alias ecclesias“, in: DH 1191; vgl. dazu Luther, Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: WA 2, 279; ders., Contra malignum Iohannis Eccii iudicium super aliquot articulis a fratribus quibusdam ei suppositis Martini Lutheri defensio (1519), in: ebd.,
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Von der Gewalt und Oberkeit des Papsts
797
[151r] aVon der Gewalt und Oberkeit des Bapsts, durch die Gelerten zusamen gezogen zu Schmalkalden. Anno M. D. XXXVII.a 5
10
15
20
Der Bapst rhümet sich zum ersten, Das er aus Göttlichen Rechten der Oberste sey uber alle andere Bischoffe und Pfarherrn in der gantzen Christenheit. Zum andern, Das er aus Göttlichen Rechten habe beide Schwert, das ist, das er müge Könige setzen1 und entsetzen,2 weltliche Reich ordenen etc. Zum dritten sagt er, das man solchs bey verlust der ewigen Seligkeit zu gleuben schüldig sey; und dis sind die ursachen, das der Bapst sich nennet und rhümet, Er sey der Stadhalter Christi auff Erden. Diese drey Artickel halten und erkennenb 3 wir, das sie falsch, ungöttlich, tyrannisch und der | Christlichen Kirchen gantz schedlich sind. Auff das nu unser grund und meinung deste bas müge4 verstanden werden, wöllen wir zum ersten anzeigen, was es heisse, das er rhümet, er sey aus Göttlichen Rechten der Oberste; Denn also meinen sie es, das der Bapst uber die gantze Christliche Kirche gemeiner Bischoff und, wie sie es nennen, Oecumenicus Episcopus sey, das ist, von welchem alle Bischoffe und Pfarherrn durch die gantze Welt sollen Ordinirt und bestetiget werden, das er allein Recht und macht habe, alle Bischoffe und Pfarherrn zu wehlen, ordnen,5 bestetigen und einzusetzen.c Neben dem masset er sich auch dis an, das er macht habe, allerley Gesetz zu machen von Gottesdienst, denderung der Sacrament und der Lere,d und wil,
a–a
Von dem Bepstlichen gewalt. Nürnb | b bekennen Nürnb | Nürnb | d – d die Sacrament und die lere endern Nürnb
1
c
entsetzen Magd; zu entsetzen
einsetzen | 2 absetzen | 3 beurteilen | 4 möge umso besser | 5 ordinieren
643. | 5 Ab dem 3. Jahrhundert ist von einem vicarius Christi die Rede, wobei wechselnd Petrus, die Apostel, Bischöfe und Kleriker gemeint waren. Die Römische Synode von 495 nannte erstmals den Papst „vicarius Christi“. Um das Recht römisch-deutscher Kaiser, diesen Titel zu führen, kam es im Investiturstreit zu Auseinandersetzungen. Seit Innozenz III. (1198–1216) führen nur noch die Päpste diesen Titel. Vgl. X.1.7.2 und 4 (Friedberg II, 97–100); VI.1.6.3 §4 (Friedberg II, 948); Konzil von Florenz 1439, in: Mansi 31, 1031; vgl. auch Epitoma responsionis ad Martinum Luther (per Fratrem Silvestrum de Prierio) (1520), in: WA 6, 331; Wyclifs Lehrsatz „Ecclesia Romana est synagoga satanae nec Papa est proximus et immediatus vicarius Christi et Apostolorum“ wurde als 37. Artikel 1415 vom Konstanzer Konzil verurteilt, in: DH 1187; vgl. dazu Luther, Contra malignum Iohannis Eccii iudicium super aliquot articulis a fratribus quibusdam ei suppositis Martini Lutheri defensio (1519), in: WA 2, 643. | 6 Vgl. Melanchthon, Historica de inventione et exaltatione crucis Christi, cuius fit mentio in Calendariis die 14. Septembris, in: CR 25, 501. Bei Thomas von Aquino heißt es: „Legitur enim in Calcedonensi concilio, quod tota synodus clamavit Leoni papae: Leo sanctissimus, apostolicus et oecumenicus, id est universalis patriarcha per multos annos vivat!“, in: Opusculum contra errores Graecorum ad Urbanum IV. 2, 33 in: QGPK, 5. Aufl. 1934, 199; vgl. dazu auch unten Anm. 27. | 7 gemäß der päpstlichen „plenitudo potestatis“. Vgl. z. B. Dist. 21 c.1 §8 (Friedberg I, 68).
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jexistimari pares legibus divinis, Hoc est, sentit sic obligari conscientias hominum, legibus Pontificiis, ut peccent mortaliter, qui eas negligunt etiam sine scandalo.j 8 Et atrocius est quod addit, quod sit de necessitate salutis haec omnia credere.
[323] Primumk igitur ostendamus ex Evangelio, quod Romanus Episcopus non sit iure divino supra alios Episcopos etl Pastores.
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Lucae 22: Christus expresse prohibet dominationem inter Apostolos.9 Nam haec ipsa erat quaestio, cum Christus dixisset de sua passione, disputabant, quis esset praefuturus et tanquam absentis Christi Vicarius futurus. Ibi Christus hunc Apostolorum errorem reprehendit et docet, non futuram inter illos dominationem seu superioritatem, sed Apostolos | tanquam pares ad commune ministerium Evangelii mittendos esse. Ideo ait: Reges gentium dominantur eis, vos autem non sic, sed quicunque voluerit esse maior inter vos, erit minister vester. Hic ostendit Antithesis, quod dominatio improbetur.
Idem docet similitudo, cum Christus in eadem disputatione de regno collocat in medio puerum,10 significans non futurum principatum inter ministros, sicut nec puer principatum aliquem sibi sumit aut appetit.
Iohannism 20: Christus pariter mittit Apostolos sine discrimine, cum ait: Sicut misit me Pater, ita et ego mitto vos.11 Eodem modo ait se mittere singulos, sicut ipse missus est: quare nulli tribuit praerogativam aut dominationem prae reliquis.
j – j haberi pro articulis fidei seu pro mandatis Dei obligantibus conscientias, quia tribuit sibi potestatem jure divino, imo etiam vult anteferri mandatis Dei. Spal | k I. Spal am Rand | l aut Spal | m II. Spal am Rand 8 Vgl. z. B. Dist. 15 c. 2 (Friedberg I, 35f); Dist. 19 cc. 2 und 6 (Friedberg I, 60–62); Dist. 20 c. 1 (Friedberg I, 65f); Luther, Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis (1519), in: WA 2, 427; ders., Assertio omnium articulorum M. Lutheri per bullam Leonis X. novissimam damnatorum (1520), in: WA 7, 131–133; ders., Warum des Papstes und seiner Jünger Bücher von D. Martin Luther verbrannt sind (1520), in: ebd. 175f; ders., Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers, so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind (1521), in: ebd., 423–427; ders., Einer aus den hohen Artikeln des päpstlichen Glaubens, genannt Donatio Constantini (1537), in: WA 50, 86; WA.TR 5, 687 (Nr. 6481). | 9 Vgl. Lk 22,24–27. | 10 Vgl. Mt 18,1–4. | 11 Vgl. Joh 20,21
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das man seine Statuta und Satzungen andern Artickeln des Christlichen Glaubens und der heiligen Schrifft sol gleich halten, als die one sünde nicht mögen nachgelassen werden. Denn er wil solche gewalt auff das Göttliche Recht und heilige Schrifft gründen, ja er wil, das man es der heiligen Schrifft und den Geboten Gottes sol fürziehen; und das noch erger ist, setzet er noch das hinzu, solchs alles sol und mus man gleuben bey verlust der ewigen Seligkeit.
[151v] Darumb wöllen wir zum ersten aus dem heiligen Evangelio anzeigen, das der Bapst gar keiner Oberkeit uber andere Bischoffe und Seelsorger aus Göttlichem recht sich müge anmassen. I. Luc. 22. verbeut6 Christus mit klaren, hellen Worten, das kein Apostel einige Oberkeit uber die andern haben sol; denn eben dis war die Frage unter den Jüngern, als Christus von seinem Leiden schone gesagt hatte, das sie disputirten unternander, wer unter inen Herr sein und Christum nach seinem ab|sterben verwesen7 solt. Aber Christus straffet8 solchen irthumb der Apostel und leret sie, Es werde die weise nicht haben, das sie wolten Herrn sein und Oberkeit haben, sondern sie solten zu gleich9 s Apostel sein und in gleichem Ampt das Evangelium predigen. Darumb saget er auch: „Die weltlichen Könige herrschen, und die Gewaltigen heisset man gnedige Herrn. Ir aber nicht also, sondern der Grössest unter euch sol sein wie der Geringst und der Fürnemest wie ein Diener.“ Hie sihet man, wenn mans gegen einander helt, das er keine Herrschafft unter den Aposteln haben wil. II.f Wie solches auch wol scheinet aus der andern Gleichnis, da Christus in gleicher Disputation von der Herrschafft ein Junges kind gmitten unter die Apostelg stellet, auff das er anzeige, das, gleich wie ein kind keiner Herrschafft begeret noch sich unterfehet,h Also auch die Apostel und alle, so das Wort füren sollen, nicht Oberkeit sollen suchen noch brauchen. III.i Johan. 20. Sendet Christus seine Jünger zu gleich zum Predigampt on alle unterscheid, das einer weder mehr noch weniger gewalt sol haben denn der andere. Denn, so sagt er: „Gleich wie mich mein Vater gesand hat,j so sende Ich euch.“ Die wort sind hell und klar, das er ein jeden also sende, wie er ist gesendet worden. Da kan je keiner keine sondere Oberkeit oder gewalt für und uber die andern rhümen.
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inen Nürnb | f nicht in Magd, Nürnb | g – g in die mitten Magd, Nürnb | Nürnb | i II. Magd, Nürnb | j nicht in Nürnb 6
verbietet | 7 vertreten, ersetzen | 8 tadelt | 9 gleichrangig, gleichberechtigt
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unterstehet Magd,
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Galat.n 2. Paulus manifeste affirmat, se neque ordinatum neque confirmatum esse a Petro, nec agnoscit Petrum talem, a quo opetenda sito confirmatio. Et nominatim pugnat hac de re suam vocationem non pendere ab autoritate Petri. Debuit autem agnoscere Petrum tanquam superiorem, si Petrus erat iure divino superior.12
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Ideo inquit Paulus, se non consulto Petro statim docuisse Evangelium. Item: Mea nihil refert, quales illi fuerint, qui aliquid esse videntur : personam enim hominis Deus non accipit.13 Item: Qui videbantur esse aliquid, nulla mihi mandata dederunt.14
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Cum igitur Paulus clare testetur, se ne pvoluisse quidemp requirere | Confirmationem Petri, etiam cum ad eum venisset: docet autoritatem Ministerii a verbo Dei pendere et Petrum non [324] fuisse superiorem caeteris Apostolis nec unius Petri ordinationem aut confirmationem requirendam esse. 1.q Corinth. 3: Paulus exaequat ministros et docet Ecclesiam esse supra ministros.15 Quare Petro non tribuitur superioritas aut dominatio supra Ecclesiam aut reliquos ministros. Sic enim ait: Omnia vestra sunt, sive Paulus, sive rApollo, sive Cephas,r id est: Nec ceteri ministri nec Petrus sibi sumat dominationem aut superioritatem supra Ecclesiam,
non onerent Ecclesiam traditionibus, non valeat ullius autoritas plus quam verbum, non opponatur autoritas Cephae contra autoritatem aliorum Apostolorum, sicut argumentabantur eo tempore: Cephas hoc observat, qui est superior Apostolus, Ergo et Paulus et caeteri debent hoc observare. Hunc praetextum Paulus detrahit Petro et negat eius autoritatem anteferendam esse caeteris aut Ecclesiae.s
Ex historiis Nicenat Synodus ordinavit, ut Alexandrinus Episcopus curaret Ecclesias in Oriente et Romanus Episcopus curaret suburbanas, hoc est eas, quaeu in n
III. Spal am Rand | o – o sit petenda Spal | p – p quidem voluisse Spal | q IIII. Spal am Rand Cephas, sive Apollo Spal | s Ecclesiae. I. Petri V.: Non dominantes in clero. Spal | t V. Spal am Rand | u qui Straßb
r–r
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Vgl. Gal 2,2.6. | 13 Gal 2,6 | 14 Gal 2,6 | 15 Vgl. I Kor 3,4–8.21f.
k III. Magd, Nürnb | l – l und erkennet Magd, Nürnb | m – m Petrum darumb bespracht Magd; Petrum darumb besprachet Nürnb | n – n nicht in Nürnb | o Item Mir Nürnb | p zum Nürnb
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IIII.k Galat. 2. Zeigt der heilige Paulus klar an, das er von Petro weder Ordinirt noch Confirmirt und bestetiget sey. lEr kennetl auch Petrum in keinem weg10 dafür, als hette er von im müssen bestetiget werden, und in sonderheit streitet er dieses, das sein Beruff11 auff S. Peters gewalt gar nicht stehe noch gegründet sey. Nu solt er je Petrum als ein Obersten erkennet12 haben, wo Petrus anders solche Oberkeit von Christo hette empfangen, wie der Bapst on allen grund rhümet. [152r] Darumb spricht auch Paulus, er habe das Evangelium eine lange zeit frey gepredigt, ehe er msich mit Petro und den andern drüber besprochenm habe. Item er spricht, „Es liege im nichts an denen, die das ansehen | haben, welcherley sie gewesen sind. Denn Gott achtet das ansehen der nPerson undn Menschen nicht, miro aber haben die, so das ansehen hatten, kein befehl gethan.“ Weil nu Paulus klar zeugt, er habe bey Petro nicht wöllen ansuchen, das er im zu predigen erleubte, auch dazumal, da er amp letzten sey zu im komen, haben wir ein gewisse Lere, daß das Predigampt vom gemeinen Beruff der Apostel herkompt, und ist nicht not, das alle dieser einigen Person Petri beruff oder bestetigung haben. V.q 1. Corinth. 3. Machet Paulus alle Kirchendiener gleich und leret, das die Kirchen mehr sey denn die Diener. Darumb kan man mit keiner warheit sagen, das Petrus einige Oberkeit oder gewalt für andern Aposteln uber die Kirchen und alle andere Kirchendiener gehabt habe. Denn, so spricht er: „Es ist alles euer, es sey Paulus oder Apollo oder Cephas“, das ist: Es darff weder Peter noch andere Diener des Worts inen zu messen13 einigen Gewalt oder Oberkeit uber die Kirchen. Niemand sol die Kirchen beschweren14 mit eignen Satzungen, sondern hie sol es so heissen, das keines gewalt noch ansehen mehr gelte denn das Wort Gottes. Man darff nicht Cephas gewalt höher machen denn der andern Aposteln, wie sie denn zu der zeit pflegten zu sagen: Cephas helt dis also, der doch der fürnemste Apostel ist, darum sol es Paulus und andere auch so halten. Nein, spricht Paulus, und zeucht Petro disr hütlein ab,15 das sein ansehen und gewalt solt höhers sein denn der andern Aposteln oder Kirchen.
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Aus den Historient
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VI.u Das Concilium zu Nicea hat beschlossen, das der Bischoff zu Alexandrien solte bestellen die Kirchen in Orient und der Bischoff zu Rom die Suburbanos,v das ist die, so zu Rom gehörten in Occident. | Hie ist des Römi-
q IIII. Magd, Nürnb | r das Nürnb | s mer und höher Nürnb | t – t Andere zeugnus aus den Historien Nürnb | u V. Magd, Nürnb | v Suburbanas Nürnb 10
keineswegs, in keiner Weise | 11 Auftrag | 12 anerkannt | 13 sich anmaßen, beanspruchen belasten, bedrücken | 15 zieht dem Petrus dies Hütchen weg, entkleidet ihn seiner vermeintlichen Sonderstellung
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provinciis Romanis in Occidente erant.16 Hinc pri|mum humano iure, hocv est ordinatione Synodi crevit autoritas Romani Episcopi. Iam si Romanus Episcopus habuisset iure divino superioritatem, non licuisset synodo detrahere ei aliquid iuris et in Alexandrinum transferre. Imo omnes Orientis Episcopi perpetuo debuissent petere ordinationem et confirmationem a Romano. Itemw Synodus Nicena constituit, ut Episcopi eligerentur a suis Ecclesiis praesente aliquo vicino Episcopo aut pluribus.17 Idem servatum est etiam in Occidente et in Latinis Ecclesiis, sicut testaturx Cyprianus18 et Augustinus.19 Sic enim ait Cyprianus in Epistola 4. ad Cornelium:20 Propter quod diligenter de divina traditione et Apostolica observatione servandum est et tenendum, quod apud nos quoque [325] et fere in omnibus provinciis tenetur, ut ad ordinationes rite celebrandas ad eam plebem, cui praepositus ordinatur, Episcopi eiusdem provinciae proximi quique conveniant et Episcopus deligatur plebe praesente, quae singulorum vitam plenissime novit, quod et apud nosy factum videmus in Sabini, collegae nostri, ordinatione, ut de universae fraternitatis suffragio et de Episcoporum, qui in praesentia convenerant, iudicio Episcopatus ei deferretur et manus ei imponeretur.
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Hunc morem Cyprianus vocat divinam traditionem et Apostolicam observationem et affirmat fere in omnibus provinciis observari. Cum igitur nec ordinatio nec confirmatio a Romano Episcopo peteretur in maxima orbis parte, in Graecis et Latinis Ecclesiis, satis apparet Ecclesias | tunc non tribuisse superioritatem et dominationem Romano Episcopo. v
id Spal | w VI. Spal am Rand | x testantur Spal, Straßb | y vos Spal, Straßb
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Konzil von Nizäa, can. 6, in: Mansi II, 669. 672; der Ausdruck „suburbicanas“ stammt erst aus Rufins Übersetzung, Eusebii Historia Ecclesiastica I, 6: „Et ut apud Alexandriam et in urbe Roma vetusta consuetudo servetur, ut vel ille Aegypti vel hic suburbicariarum Ecclesiarum sollicitudinem gerat“, in: PL 21, 473; damit sind jedoch nicht die später so genannten suburbikarischen Bistümer gemeint, sondern die zehn italienischen Provinzen: Kampanien, Tuscien und Umbrien, Picenum suburbicarium, Sizilien, Apulien und Kalabrien, Brutti und Lucanien, Samnium, Sardinien, Korsika, Valeria. Bei der Argumentation gegen den göttlichen Ursprung des päpstlichen Primates beruft sich Luther häufig auf das Nicaenum: Vgl. etwa Luther und Karlstadt an Kurfürst Friedrich v. Sachsen. Wittenberg, 18. August 1519, in: WA.B 1, 458–478, hier: 469 (Nr. 192); Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 238; Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: ebd., 285; Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis (1519), in: ebd., 397; Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 50, 537f; Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 236. | 17 Can. 4 des Nicaenums setzt die Wahl durch die „Kirche“ voraus und enthält Bestimmungen über die Ordination des Neugewählten, vgl. Mansi 2, 669 und Rufin, Eusebii Historia Ecclesiastica I, 6, in: PL 21, 473; vgl. auch Luther, Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: WA 2, 258; ders., An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 455. | 18 Vgl. Cyprian, Epistula LXVII ad Felicem presbyterum et Aelium diaconum, in: CSEL 3/2, 735–743 (CChr.SL 3C, 446–462); in den älteren Ausgaben wird dieser Brief als vierter an Cornelius gezählt;
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schen Bischoffs macht zum ersten gewachsen, nicht aus Göttlichen, sondernw Menschlichen Rechten, wie es im Concilio Niceno ist beschlossen worden. So nu der Römische Bischoff nach Göttlichem Rechte were der Oberst gewesen, hette das Concilium zu Nicea nicht macht gehabt, im solche Gewalt zu nemen und auff den Bischoff zu Alexandria zu wenden, ja alle [152v] Bischoffe in Orient solten je und je vom Bischoffe zu Rom begert haben, das er sie Ordiniret und bestetiget hette. VII.x Item im Concilio Niceno ist beschlossen worden, das ein jegliche Kirche einen Bischoff für sich selbst in beywesen16 eines oder mehr Bischoffen, so in der nehe woneten, welen solte. Solches ist nicht allein in Orient eine lange zeit, sondern auch in yandern undy Lateinischen Kirchen gehalten worden, wie solchs klar imz Cypriano und Augustino ist ausgedrückt. Denn so spricht Cyprianus Epist. 4. ad Cornelium: „Darumb sol man es fleissig nach dem Befehl Gottes und der Apostel gebrauch halten, wie es denn bey uns und fast in allen Landen gehalten wird, das zu der gemeine, da ein Bischoff zu welen ist, andere des Orts nahende gelegene Bischoffe zusamen sollen komen und in gegenwart der gantzen Gemein, die eines jeden wandel und leben weis, der Bischoff sol gewelet werden, wie wir denn sehen, das esa in der wahl Sabini, unsers Mitgesellen, auch geschehenb ist, das er nach wahl der gantzen Gemeine und Rath etlicher Bischoffe, so vorhanden17 gewest, zum Bischoffe erwelet und die Hende im auffgeleget sind“ etc. Diese weise heisset Cyprianus einec Göttliche weise und Apostolischen gebrauchd und zeuget,18 das es fast in allen Landen dazumal so | gehalten sey. Weil nu weder die Ordinatio noch Confirmatio dazumal durch das grossee teil der Welt in allen Kirchen der Griechen und Lateinischen beim Bischoffe zu Rom ist gesucht worden, ist es klar, das die Kirche dazumal solche Oberkeit und Herrschafft dem Bischoffe zu Rom nicht gegeben hat.
w sonder aus Nürnb | x VI. Magd, Nürnb | y – y Occident und der Nürnb | z in Nürnb | a es bey euch Nürnb | b beschehen Magd, Nürnb | c euer Magd | d brauch Nürnb | e gröste Nürnb 16
Beisein, Anwesenheit | 17 anwesend, zugegen | 18 bezeugt
vgl. Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 230f; ders., Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: ebd., 258; ders., An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 408, 455; ders., Exempel, einen rechten christlichen Bischof zu weihen. Geschehen zu Naumburg Anno 1542, 20. Januar (1542), in: WA 53, 257. 19 Augustinus, De baptismo contra Donatistas II, 2, in: PL 43, 128 (CSEL 51, 177); ders., Epistula CCXIII, in: PL 33, 966–968 (CSEL 57, 372–379); vgl. Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 230; ders., Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: ebd., 258. | 20 Cyprian, Epistula LXVII ad Felicem presbyterum et Aelium diaconum IV, in: CSEL 3/2, 739,7–18 (CChr.SL 3C, 454,99–455,110). Die Nummerierung bezieht sich auf die Erasmus-Ausgabe DIVI CAECILII CY-||PRIANI EPISCOPI CARTHAGINENSIS ET || martyris opera [...), Basel 1540 (VD 16 C 6514), 18–22.
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Superioritasz illa est impossibilis. Nam impossibile est unum Episcopum esse inspectorem Ecclesiarum totius orbis terrarum aut Ecclesias in ultimis terris sitas petere ab uno ordinationem. Constat enim regnum Christi dispersum esse per totum orbem terrarum hodieque multae sunt Ecclesiae in Oriente,21 quae non petunt a Romano Episcopo ordinationem aut confirmationem. Itaque superioritas illa cum sit impossibilis et nona agnoverint eam Ecclesiae in maxima parte orbis, satis apparet non institutam esse.
Multaeb veteres Synodi sunt indictae et habitae, in quibus non praesedit Romanus Episcopus ut Nicena et plaeraeque aliae.22 Id quoque testatur, quod Ecclesia tunc non agnoverit primatum seu superioritatem Romani Episcopi.
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Hieronymusc inquit:23 Si autoritas quaeritur, orbis dest maiord urbe. Ubicunque Episcopus fuerit sive Romae, sive Eugubii, sive Constantinopoli, sive Regii, sive Alexandriae, eiusdem meriti est et eiusdem sacerdotii etc.e BSLK 477
Gregoriusf scribens ad Alexandrinum Patriarcham24 vetat se appellari universalem Episcopum. Et in Regestis25 di[326]cit in Synodo Chalcedonensi goblatum esse primatumg Romano Episcopo nec tamen acceptum. Postremo,h quomodo potest Papa iure divino esse supra totam Ecclesiam, cum Ecclesia habeat electionem et paulatim mos invaluerit, ut Romani Episcopi ab Imperatoribus confirmarentur?26 Item, cum diu fuissent certamina de primatu inter Romanum et inter Constantinopolitanum Episcopum, tandem Phocas Imperator constituit Romano z VII. Spal am Rand | a nunquam in usu fuerit nec Spal (am Rand von fremder Hand) | b VIII. Spal am Rand | c IX. Spal am Rand | d – d major est Spal | e Potentia divitiarum et humilitas paupertatis sublimiorem vel inferiorem facit. Spal | f X. Spal am Rand | g – g primatum esse oblatum Spal | h XI. Spal am Rand 21 Vgl. ASm, Der vierde Artikel, o. S. 740,25f. | 22 Vgl. dazu das wohl für Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen bestimmte Gutachten Melanchthons zu der Frage, ob Kaiser berechtigt seien, Konzilien auszuschreiben (1536), in: MBW.T 7, 307–310 (Nr. 1826); vgl. auch Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 413; ders., Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 50, 522–524, 549, 581, 592; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 221f. | 23 Hieronymus, Epistula CXLVI ad Evangelum, in: PL 22, 1194 (CSEL 56, 310,13–311,3); Dist. 93 c. 24 (Friedberg I, 327–329) (hier als Nr. 85 gezählt); vgl. dazu Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 228; ders., Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: ebd., 259; ders., Einer aus den hohen Artikeln des päpstlichen Glaubens, genannt Donatio Constantini (1537), in: WA 50, 84; ders., Epistola Sancti Hieronymi ad Euagrium de potestate papae cum praefatione Lutheri (1538), in: ebd., 340. Eugu-
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Solchef Oberkeit und Herrschafft ist auch gantz und gar unmüglich; denn wie köndte es müglich sein, das ein Bischoff solte alle Kirchen der gantzen Christenheit versorgen oder das die Kirchen, so fern von Rom gelegen, allein von einem alle ire Kirchendiener köndten Ordiniren lassen. Denn das ist je gewis, daß das Reich Christi durch die gantze Welt ist ausgeteilet.19 So sind auch noch heutigs tags viel Christliche versamlung der Kirchen in Orient, welche Kirchendiener haben, so weder vom Bapst noch den seinen Ordinirt noch Confirmirt sind. Weil nu solche Oberkeit, der sich der Bapst wider alle Schrifft anmasset, auch gantz und gar unmüglich ist und die Kirchen in der Welt hin und wider den Bapst für einen solchen Herrn weder erkennet20 noch gebraucht haben, sihet man wol, das solche Oberkeit nicht von Christo eingesetzt und nicht aus Göttlichen Rechten kömet. [153r] VIII. Es sind vor alters viel Concilia ausgeschrieben und gehalten worden, in welchen der Bischoff zu Rom nicht als der Oberste gesessen ist als21 zu Nicea und an andern orten mehr. Dasselb ist je auch ein anzeigunge,g das die Kirche dazumal den Bapst für einen Oberherrn uber alle Kirchen und Bischoffe nicht erkennet habe. IX. S. Hieronymus spricht: „Wenn man wil von Gewalt und Herrschafft reden, so ist je Orbis mehr dann urbs“, das ist, Welt ist mehr denn die Stadt Rom. Darumb „es sey der Bischoff zu Rom oder Eugubien, zu Constantinopel oder Regio oder Alexandrien, so ist Wirde und Ampt gleich“ etc. X. Item Gregorius schreibt zum hPatriarchen zu Alexandriah und verbeut22 im, er sol in nicht heissen den höchsten Bischoff. Und in den Regesten sagt er, es sey im Concilio zu Chalcedon dem Bischoff zu Rom angeboten worden, er sol der öberst Bischoff sein, aber er habe es nicht angenomen. XI. Zum letzten, wie kan der Bapst nach Göttlichen Rechten uber die Kirchen sein, weil doch die wahl bey der Kirchen stehet und dis igar mit der zeiti in die f VII. Solche Magd, Nürnb | g anzeigen Magd, Nürnb | h – h Alexandro Patriarcha Nürnb | i – i mit der zeit gar Nürnb 19
verteilt, ausgebreitet | 20 anerkannt | 21 wie etwa | 22 verbietet
bium ist das heutige Gubbio in Umbrien, das schon zur Zeit Silvesters I. (314–335) als Bistum bezeugt ist. | 24 Gregor I., der Große, Epistula XXX, in: PL 77, 933 (CChr.SL 140A, 552,56–60); CIC Decr. Grat. Dist. 99, c. 5. Vgl. Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 201,15–34. | 25 Gregor I., der Große, Epistula XLIII, in: PL 77, 771 (CChr.SL 140, 321,26–36). Vgl. dazu oben Anm. 6; Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 201,15–34; ders., Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: ebd., 280. 300; ders., Contra malignum Iohannis Eccii iudicium super aliquot articulis a fratribus quibusdam ei suppositis Martini Lutheri defensio (1519), in: ebd., 643; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 229. | 26 Hatte zunächst der oströmische Kaiser (bis 781) den neugewählten Papst bestätigt, so erlangten später Lothar I. (Constitutio Romana, 11.11.824, in: MGH.Cap 1, 322–324 [Nr. 161]) und Otto I. (Privilegium Ottonianum, 13.2.962, in: MGH.Const 1, 23–27 [Nr. 12]) dieses Recht; vgl. auch Luther, Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 230; Luther an Spalatin (Februar 1519), in: WA.B 1, 353 (Nr. 157).
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De potestate et primatu papae
Episcopo tribuendum esse primatum.27 Quod si Ecclesia vetus agnovisset Romani Pontificis primatum, haec contentio inon inciderei potuisset nec fuisset opus decreto Imperatoris. Sedj obiiciuntk quaedam dicta, videlicet: Tu es Petrus et super hanc Petram aedificabo Ecclesiam meam. Item: Tibi dabo | claves.28 Item: Pasce oves meas,29 et alia quaedam. Cum autem haec tota controversia copiose et accurate tractata sit alibi in libris nostrorum30 nec recenseri omnia hoc loco possint, referimusl nos ad eam scripta eaque pro repetitis habere volumus. Breviter tamen respondebimus de interpretatione. In omnibus illis dictis Petrus sustinet personam communem totius coetus Apostolorum, sicut ex ipso textu apparet. Nam Christus ninterrogat nonn unum Petrum, sed ait: Vos quem me esse dicitis?31 Et quod hic singulari numero dicitur: Tibi dabo claves, Quicquid ligaveris,32 alibi plurali numero dicitur: Quidquido ligaveritis33 etc. Et in Iohanne: Quorum remiseritis peccata34 etc. Haec verba testantur pariter omnibus Apostolis tradi claves et pariter mitti omnes Apostolos.
Ad haec necesse est fateri, quod claves non ad personam unius certi hominis, sed ad Ecclesiam pertineant, ut multa clarissima et firmissima argumenta testantur. Nam Christus de clavibus dicens Matth. 18. addit: Ubicunque duo vel tres consenserint super terram35 etc. Tribuit igitur pprincipaliter claves
i – i incidere non Spal | Straßb | m illa Spal | principaliter Spal
j
CONFUTATIO Straßb (Überschrift) | k objiciuntur Spal | l referemus interrogat non Spal | o Quicquid Spal, Straßb | p – p claves ecclesiae
n–n
27 Nach dem Liber Pontificalis (LP 1, 316) soll Kaiser Phokas 607 auf Verlangen von Papst Bonifaz III. Rom als „caput omnium ecclesiarum“ anerkannt haben. Vgl. Luther, Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 230; Melanchthon, Historica … (wie o. S. 797, Anm. 6), in: CR 25, 501. Melanchthon schöpft vermutlich aus der späteren Umformung des Liber Pontificalis von Bartolomeo Platina: Liber de vita Christi ac de vitis summorum pontificum Romanorum. Venetiis: Joh. de Colonia, 1479 u. ö. (bereits 1481 Nürnberg: Anton Koberger). 28 Mt 16,18f. Vgl. z. B. Dist. 19 c. 7 (Friedberg I, 62); Dist. 21 cc. 2 und 3 (Friedberg I, 69f); Dist. 22 c. 2 (Friedberg I, 73–75); C. 24 q. 1 c. 18 (Friedberg I, 971f); VI.1.6.17 (Friedberg II, 957–959). Von altgläubiger Seite vgl. Schriften von Johannes Eck, Hieronymus Emser, Silvester Prierias und Augustin Alveld über den Primat des Papstes. | 29 Joh 21,17. Vgl. z. B. X.1.6.4 (Friedberg II, 49f) und Bulle „Unam sanctam“, in: Extrav. Comm. 1.8.1 (Friedberg II, 1245f); DH 870–875. | 30 Zu Mt 16,18f vgl. Luther, Acta Augustana (1518), in: WA 2, 19f; ders., Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: ebd., 187–194; ders., Ein Sermon gepredigt zu Leipzig auf dem Schloß am Tage Petri und Pauli (1519), in: ebd., 248; ders., Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: ebd., 272, 277f, 286f, 299, 301, 320; ders., Contra malignum Iohannis Eccii iudicium super aliquot articulis a fratribus quibusdam ei suppositis Martini Lutheri defensio (1519), in: ebd., 628f; ders., Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig (1520), in: WA 6, 309–311, 314; ders., Assertio omnium articulorum M. Lutheri per bullam Leonis X. novissimam damnatorum (1520), in: WA 7, 128f; ders., Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers, so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind (1521), in: ebd., 409–415; ders., Ad librum
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gewonheit komen ist, das die Römischen Bischoffe von den Keisern sind bestetiget worden.
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Hie werden etliche Sprüche wider uns gefüret23 als Matth. 16.: „Du bist Petrus, und auff diesen Fels wil ich bauen | meine Gemeine oder Kirchen.“ Item: „Dir wil ich die Schlüssel geben.“ Item: „Weide meine Schaffe“ und dergleichen mehr. Weil aber dieser gantze Handel24 vleissig und gnugsam von den unsern zuvor ist tractirt, wöllen wir dieselben Schrifften hie erholet25 haben und auff dismal kurtz antworten, wie bemelte26 Sprüche im Grund zu verstehen sind. In allen diesen Sprüchen ist Petrus ein gemeine Person27 und redet nicht für sich allein, sondern für alle Apostel. Dieses beweisen die Text klar; denn Christus fragt je Petrum allein nicht, sondern spricht: „Wer sagt ir, das ich sey?“ Und das Christus hie zu Petro allein redet als: „Dir wil ich die Schlüssel geben.“ Item: „Was du binden wirst“ etc. Dasselb redet er an andern orten zu dem gantzen hauffen: „Allesj was ir binden werdet auff Erden“ etc.k Item im Johanne: „Welchenl ir die Sünde vergebet“ etc. Diese Wort zeugen,28 das die Schlüssel allen in gemein gegeben und sie alle zu gleich zu predigen gesand worden sind. [153v] Uber das mus man je bekennen, das die Schlüssel nicht einem Menschen allein, sondern der gantzen Kirchen gehören und gegeben sind, wie denn solches mit hellen und gewissen29 ursachen gnugsam kan erwiesen werden. Denn gleich wie die verheissung des Evangelii gewis und one mittel30 der gantzen Kirchen zugehöret, also gehörenm die Schlüssel one mittel der gantzen Kirchen, dieweil die Schlüssel nichts anders sind denn das Ampt, dadurch solche verheissung jederman, wer es begert, wird mitgeteilet, wie es denn im werck31 für augen ist, das die Kirche macht hat,n Kirchendiener zu ordiniren. Und Christus spricht bey diesen worten: „Was ir binden werdet“
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als Nürnb | k nicht in Nürnb | l Welchem Magd | m gehören auch Nürnb | n hab Nürnb
23 angeführt | 24 Angelegenheit, Sachverhalt | 25 darauf verwiesen | 26 die erwähnten | 27 handelt in Stellvertretung, im allgemeinen Auftrag | 28 belegen, zeigen | 29 klaren und eindeutigen 30 unmittelbar | 31 in der Tat
eximii Magistri nostri Ambrosii Catharini, defensoris Silvestri Prieratis acerrimi, responsio (1521), in: ebd., 708–714; ders., Annotationes in aliquot capita Matthaei (1538), in: WA 38, 611ff, und ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 230f, 246–273. Zu Joh 21,17 vgl. Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 194–197; ders., Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: ebd., 301f; ders., Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig (1520), in: WA 6, 316–321; ders., Assertio omnium articulorum M. Lutheri per bullam Leonis X. novissimam damnatorum (1520), in: WA 7, 130; ders., Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers, so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind (1521), in: ebd., 415–417; außerdem ders., Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 231, 273–285. | 31 Mt 16,15 | 32 Mt 16,19 | 33 Mt 18,18 | 34 Joh 20,23 | 35 Mt 18,20
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De potestate et primatu papae
Ecclesiaep et immediate, sicut et ob eam causam Ecclesia principaliter habet ius vocationis.
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Itaque necesse est in illis dictis Petrum sustinere perso[327]nam totius coetus Apostolorum. Quare non tribuunt aliquam praerogativam seu superioritatem seu dominationem Petro.
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Quod vero dictum est: Super hanc petram aedificabo Ecclesiam meam,36 certe Ecclesia non est aedificata super autoritatem hominis, sed super ministerium qillius professionis,q quam Petrus fecerat, in qua praedicat Iesum esse Christum, filium Dei. Ideo alloquitur eum tanquam ministrum: Super hanc petram, id est super hoc ministerium.
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Porro ministerium novi Testamenti non est alligatum locis et personis sicut ministerium Leviticum, sed est dispersum per totum orbem terrarum et ibi est, ubi Deus dat dona sua, Apostolos, Prophetas, Pastores, Doctores: nec valet illud ministerium propter ullius personae autoritatem, sed propter verbum a Christo traditum.
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Et hoc modo non de personar Petri interpretantur plurimi ex sanctis Patribus hanc sententiam super hanc petram ut Origenes,s 37 Cyprianus,38 Augustinus,t 39 Hilarius40 etu Beda.41 Sic ait | Chrysostomus:42 Super hanc Petram,v non super Petrum. Non enim super hominem, sed super fidem Petri aedificavit Ecclesiam suam. Quae autem erat fides? Tu es Christus, filius Dei vivi. Etw Hilarius:43 Petro revelavit pater, ut diceret: Tu es filius Dei vivi. Super hanc igitur confessionis petram Ecclesiae aedificatio est; haec fides Ecclesiae fundamentum est. q – q professionis illius Spal | r persona aut superioritate Spal | s Origenes, Ambrosius Spal | t nicht in Spal | u nicht in Spal | v petram ait Spal | w nicht in Spal 36 Mt 16,18 | 37 Origenes, Commentarius in Matthaeum XII, 11, in: PG 13, 1000; vgl. auch Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 188; ders., Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: ebd., 299. | 38 Cyprian, De ecclesiae catholicae unitate IV, in: PL 4, 500 (CChr.SL 3, 251f; SC 500, 180); vgl. auch Luther, Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: WA 2, 278; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 246. | 39 Augustinus, Retractationes I, 21 (20): „Petra autem erat Christus, quem confessus Simon.“, in: PL 32, 618 (CChr.SL 57, 62); vgl. dazu I Kor 10,4; ferner Augustinus, Enarrationes in Psalmos LX, in: PL 36, 724 (CChr.SL 39, 767); ders., Sermo LXXVI, in: PL 38, 479; ders., Sermo CCXLIV, in: PL 38, 1148; ders., Sermo CCCLVIII, in: PL 39, 1589; ders., In Johannis Evangelium Tractatus CXXIV, 21, in: PL 35, 1973 (CChr.SL 36, 684f); ders., Sermo CCLXX: „Petrus unus pro ceteris, unus pro omnibus: ‚Tu es‘, inquit, ‚Christus, filius Dei vivi‘ [...] non supra Petrum, quod tu es, sed supra petram, quem confessus es.“, in: PL 38, 1238f; ders., Sermo CCXXXII, 3: „Tunc ait Petrus, unus pro omnibus, quia unitas in omnibus.“, in: PL 38, 1109 (SC 116, 266); ders., In epistulam Johannis ad Parthos X: „Super hanc fidem, super id, quod dictum
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etc. und deutet, wem | er die Schlüssel gegeben, nemlich der Kirchen: „Wo zween oder drey versamlet sein in meinem Namen“ etc. Item Christus gibt32 das höhest und letzte Gericht der Kirchen, da er spricht: „Sags der Kirchen.“ Daraus folget nu, das in solchen Sprüchen nicht allein Petrus, sondern der gantze hauffe der Aposteln gemeinet wird. Darumb kan man in keinen wege aus solchen Sprüchen ein sonder gewalt dero Oberkeit gründen, die Petrus für andern Aposteln gehabt hab oder haben hat sollen. Das aber stehet: „Und auff diesen Fels wil ich meine Kirchen bauen“. Da mus man je bekennen, das die Kirche nicht auff einiges Menschen gewalt gebauet sey, sondern sie ist gebauet auff das Ampt, welches die bekentnis füret, die Petrus thut, nemlich das Jhesus sey der Christ33 und Son Gottes. Darumb redet er in auch an als ein Diener solches Ampts, da diese bekentnis und Lere innen gehen sol, und spricht: „Auff diesen Felsen“, das ist auff diese Predigt und Predigampt. Nu ist je das Predigampt an kein gewis ort noch Person gebunden, wie der Leviten Ampt im Gesetz gebunden war, sondern es ist durch die gantze Welt ausgestreuet und ist an dem ort, da Gott seine gaben gibt Aposteln, Propheten, Hirten, Lerer etc. Und thut die Person gar nichts zu solchem wort und Ampt, von Christo befohlen. Es predige und lere es, wer da wölle, wo hertzen sind, die es gleuben und sich daran halten, den wider|feret, wie sie es hören und gleuben.p Auff diese weise legen qsolchen Spruchq viel alter Lerer aus, nicht von der person Petri, sondern vom Ampt und bekentnis als Origenes, Ambrosius, Cyprianus, Hilarius, Beda.
o Oder Nürnb | p glauben, darumb das es Christus so zu predigen befohlen und seinen verheissungen zu glauben geheissen hat. Nürnb | q – q solche sprüche Nürnb 32
weist ... zu | 33 der Christus, der erwartete Messias
est: ‚Tu es Christus, filius Dei vivi‘. ‚Super hanc petram‘, inquit, ‚fundabo ecclesiam meam‘“, in: PL 35, 2054 (SC 75, 410); ders., Sermo CCXCV, 1, in: PL 38, 1349; ders., De Trinitate II, 17, in: PL 42, 864 (CChr.SL 50, 119); vgl. Luther, Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: WA 2, 277f, 286, 299; ders., Annotationes D. M. Lutheri in aliquot capita Matthaei (1538), in: WA 38, 618f; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 246. | 40 Vgl. unten Anm. 43. | 41 Beda, In Matthaei Evangelium Expositio III, 16, in: PL 92, 78f: „Metaphorice ei dicitur: ‚Super hanc petram’, id est Salvatorem, quem confessus es, aedificatur ecclesia.“; vgl. auch Luther, Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: WA 2, 299. | 42 Ps.-Chrysostomus, Sermo I in Pentecosten, in: PG 52, 806.; vgl. auch Johannes Chrysostomus, In Matthaeum Homilia LIV (LV), in: PG 58, 534 und Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 188; ders., Disputatio Iohannis Eccii et Martini Lutheri Lipsiae habita (1519), in: ebd. 278, 299; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 246. | 43 Hilarius, De Trinitate VI, 36f, in: PL 10,186f (CChr.SL 62, 240f; SC 448, 244. 246). Die drei Sätze folgen bei Hilarius nicht unmittelbar aufeinander.
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Et hoc, quod dicitur: Pasce oves meas.44 Item: Diligis me plus his?45 Hinc nondum sequitur peculiarem superioritatem Petro traditam esse. Iubet eumx pascere, hoc est docere verbum seu Ecclesiam verbo regere, quod habet Petrus commune cum caeteris Apostolis.
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Secundus articulus magis etiam perspicuus est, quod Christus dederit Apostolis tantum potestatem spiritualem, hoc est mandatum docendi Evangelii, annunciandi remissionem peccatorum, administrandi Sacramenta, excommunicandi impios sine vi | corporali nec dederit potestatem gladii aut ius constituendi, occupandi aut conferendi regna [328] mundi. Christus enim ait: Ite docentes servare ea, quae praecepi vobis.46 Item: Sicut misit me pater, ita et ego mitto vos.47
Constat autem Christum non esse missum, ut gladium gereret aut teneret regnum mundanum, sicut ipse inquit: Regnum meum non est de hoc mundo.48 Et Paulus ait: Non dominamur fidei vestrae.49 Item: Arma militiae nostrae non sunt carnalia50 etc. Quod igitur Christus in passioney spinis coronatur et producitur deridendus in regia purpura, significatum est fore, ut spreto regno spirituali, hoc est oppresso Evangelio constituatur aliud mundanum regnum praetextu potestatis Ecclesiasticae. Quare Bonifacii Octavi constitutio51 et cap. Omnes distinct. 22.52 et similes sententiae sunt falsae et impiae, quae contendunt iure divino Papam esse Dominum regnorum mundi. Ex qua persuasione tenebrae in Ecclesiam horribiles invectae sunt, deinde etiam magni in Europa motus orti. Neglectum zest enimz ministerium Evangelii. Extincta est notitia fidei et regni spiritualis, Christiana iustitia putabatur esse ailla externaa Politia, quam Papa constituisset.
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enim Spal | y passione sua Spal | z – z enim est Spal | a – a externa illa Spal
44 Joh 21,17 | 45 Joh 21,15 | 46 Mt 28,19f | 47 Joh 20,21 | 48 Joh 18,36 | 49 II Kor 1,24 | 50 II Kor 10,4 | 51 Die Bulle: „Unam sanctam“ vom 18. Nov. 1302, in: Extrav. Comm. 1.8.1 (Friedberg II, 1245f); DH 870–875. | 52 Dist. 22 c. 1 (Friedberg I, 73). Vgl. dazu Melanchthon, Quaestio, in: CR 3, 466, 471; Melanchthon an Justus Jonas d. J. (1538), in: MBW.T 8, 83–89 (Nr. 2015); Luther, Warum des Papstes und seiner Jünger Bücher von D. Martin Luther verbrannt sind (1520), in: WA 7, 172; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 262, 264f.
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Das nu ran andern ortenr stehet: „Weide meine Schaffe“, item: „Petre, hastus mich auch lieber denn diese?“, folgett nochu nicht, das Petrusv mehr gewalt solt haben denn andere Apostel,w sondern er heist in weiden, das ist das Evangelium predigen oder die Kirchen durchs Evangeliumx regiren, das gehet je eben so wol auff andere Aposteln als auff Petrum. [154r] Der ander Artickel ist noch klerer denn der erste; denn Christus hat seinen Jüngern allein geistliche gewalt gegeben, das ist: Er hat inen befohlen, das Evangelium zu predigen, vergebung der Sünden zu verkündigen, die Sacrament zu reichen und die | Gottlosen zu bannen on leiblichen gewalt durchsy wort. Und hat inen gar nicht befohlen, das Schwert zu füren noch weltliche Regiment zu bestellen, einzunemen,z Könige zu setzen oder zu entsetzen. Denn so spricht Christus: „Gehet hin und leret, das man das halte, was ich euch geboten hab“. Item: „Wie mich mein Vater gesand hat, so sende ich euch.“ Nu ist es je am tag, das Christus nicht dazu gesand ist, das er das Schwert asolt fürena oder auff weltliche weis regieren,b wie er denn selbs sagt: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Und Paulus spricht: „Wir herrschen nicht uber euern Glauben“. Item: „Unser Kriegsrüstung und Waffen sind nicht fleischlich“ etc. Das nun Christus in seinem Leiden mit Dornen gekrönet und im Purpurkleid herfür gefürt und so verspottet ist worden, ist alles ein deutung34 gewesen, das mit der zeit das rechte geistliche Reich Christi solt verachtet und sein Evangelium unterdrückt und ein ander eusserlich Reich an stat desselben unter dem schein geistlicher gewalt auffgerichtet werden. Darumb ist die Constitutio Bonifacii 8. und das Cap. Omnes. Dist. 22. und dergleichen andere Sprüch mehr gantz und gar falsch und Gottlos, damit sie erhalten wöllen, das der Bapst vermög Göttlichs Rechts ein Herr sey uber die Königreich der Welt, wie | denn aus solchem falschen wahn zum ersten schreckliche finsternis in der Kirchen und darnach greuliche zerrüttung und rumor in Europa erfolget sind. Denn da hat man das Predigampt classen fallen,c und ist die Lere vom Glauben und geistlichem Reich Christi gar verloschen, und dman hatd des Bapsts eusserlichs wesen und satzungen füre Christliche gerechtigkeit gehalten.
r – r am andern ort Nürnb | s hast Nürnb | t Aus diesem folget Nürnb | u nicht in Nürnb | v Peter damit Nürnb | w nicht in Nürnb | x wort Nürnb | y allein durchs Nürnb | z nicht in Nürnb a – a füret Nürnb | b regiret Nürnb | c – c fallen lassen Nürnb | d – d nicht in Nürnb | e hat man für Nürnb 34
Vorausdeutung
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De potestate et primatu papae
Deinde Papae rapere ad se Imperia coeperunt,53 | transtulerunt regna,54 vexarunt iniustis excommunicationibus55 et bellis56 fere omnium nationum Reges in Europa, sed maxime Imperatores Germanicos, alias ut occuparent bItalicas civitates,b 57 alias ut Episcopos Germaniae redigerent in suam servitutem et eriperent Imperatoribus collationem.58 Imo etiam in Clementina59 scriptum est: Vacante imperio Papam esse legitimum successorem.
Ita Papa non solum dominationem contra mandatum Christi60 invasit, | sed etiam Tyrannice praetulit se omnibus Regibus.61 Nec tantum in hac re factum b–b
civitates Italicas Spal
53 Die Begründer des Kirchenstaates am Ende des 15. Jahrhunderts waren Alexander VI., sein Sohn Cesare Borgia und Julius II. Vgl. dazu Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 435; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 243, 292. Pactum Hludovicianum (817, in: RI 1, 268f [Nr. 643]) und Privilegium Ottonianum (13.2.962, in: MGH.Const 1, 23–27, [Nr. 12]) (Dist. 63 cc. 30 und 33 [Friedberg I, 244. 246]), die neben der „Donatio Constantini“ (Dist. 96 cc. 13 und 14 [Friedberg I, 342–345]) eine wichtige Rechtsgrundlage für die päpstlichen Gebietsansprüche bilden, hielt Luther irrigerweise für eine päpstliche Fälschung: Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 264. – Die Normannenfürsten Robert Guiscard und Richard ließen sich 1059 von Nikolaus II. mit Unteritalien und Sizilien belehnen und erkannten damit das auf die „Donatio Constantini“ gegründete päpstliche Besitzrecht an. Dazu Luther: „das sich der Bapst enthalt, […] sich keynis Titels unterwinde des kunigreichs zu Neapel und Sicilien. Er hat eben so viel recht dran als ich, wil dennocht Lehenherr drober sein. Es ist ein raub und gewalt, wie fast alle ander seine gutter sein, drumb solt ihm der keyszer solchs lehens nit gestatten“: An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 435; vgl. auch ders., Einer aus den hohen Artikeln des päpstlichen Glaubens, genannt Donatio Constantini (1537), in: WA 50, 79. – 1213 belehnte Innozenz III. Johann ohne Land mit England und Schottland. Dazu Luther: „Item er hats dahin bracht, das er sich schreibt und rühmet des Königreichs zu Engelland Erbherr und Lehenherr. Solche schrifft hab ich mit meinen augen gesehen, die der frome Man […] Petrus Paulus Vergerius heraus brachte an den Römischen König Ferdinand und andere Deudsche Fürsten, sie wider den König zu Engelland zu hetzen“, in: Einer aus den hohen Artikeln des päpstlichen Glaubens, genannt Donatio Constantini (1537), in: WA 50, 78. | 54 Vgl. z. B. die von Päpsten eingesetzten deutschen Gegenkönige: Rudolf von Schwaben (1077) durch Gregor VII., Heinrich Raspe (1246) und Wilhelm von Holland (1247) durch Innozenz IV., Karl IV. (1346) durch Clemens VI.; vgl. auch Melanchthon, Historia de Henrico III. Imperatore, ac Rodolpho Duce Saxoniae (1528), in: CR 11, 164. | 55 Johann ohne Land von England wurde 1208 von Innozenz III. gebannt, 1212 abgesetzt. Von den deutschen Königen und Kaisern wurden Heinrich IV. 1076 und 1080 von Gregor VII. gebannt und abgesetzt, 1094 von Urban II. gebannt; Heinrich V. 1118 von Gelasius II. gebannt; Friedrich I. 1160 von Alexander III. gebannt; Philipp von Schwaben 1201, Otto IV. 1210 von Innozenz III. gebannt; Friedrich II. 1227 und 1239 von Gregor IX. gebannt, 1245 von Innozenz IV. gebannt und abgesetzt; Konradin 1267 von Klemens IV. gebannt; Ludwig der Bayer 1324 und 1327 von Johann XXII., 1346 von Klemens VI. gebannt und abgesetzt. Den Bann gegen Philipp IV. von Frankreich konnte Bonifaz VIII. 1303 infolge seiner Gefangennahme nicht mehr verkünden. Vgl. dazu Luther, Einer aus den hohen Artikeln des päpstlichen Glaubens, genannt Donatio Constantini (1537), in: WA 50, 76f; vgl. ferner Melanchthon, De Imperatore Friderico Barbarossa Declamatio (1536), in: CR 11, 310; ders., Oratio de Imperatore Ludovico Bavaro (1558), in: CR 12, 291; Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 405f; ders., Wider den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll erhoben werden (1524), in: WA 15, 185f; ders., Von den Schlüsseln (1530), in: WA 30/2, 488; ders., Einer aus den hohen Artikeln des päpstlichen
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Darnach sind die Bepste auch zugefaren,35 haben Fürstenthumb und König|reich zu sich gerissen, Könige gesetzt und entsetzt und mit unbillichem bann und kriegen fast alle Könige in Europa geplagt, sonderlich aber die deudschen Keiser bisweilen darumb, das sie die Stedt in Welschland36 an sich brechten, bisweilen, das sie die Bischoffe in Deudschland inen unterthan machten und die Bisthum selbst verleihen möchten, die der Keiser allein zuverleihen hat.f Ja das mehr ist, in der Clementina stehet also: „Wenn das Keiserthumb ledig stehe, so sey der Bapst der rechte erbe dazu.“ Also hat sich der Bapst nicht allein weltlicher Herrschafft wider [154v] Gottes klaren befehl unbillich unterfangen, sondern hat wie ein Tyrann uber alle Könige sein wöllen. Wiewol nu solchs thun gder Bepsteg an im selbst gantz
f 35
hatte Nürnb | g – g des Bapsts Nürnb weiter verfahren, vorgegangen | 36 Italien
Glaubens, genannt Donatio Constantini (1537), in: WA 50, 79; ders., Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: ebd., 510f; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 234, 263f, 298; ders., Vorrede über den Propheten Daniel (1541), in: WA.DB 11/2, 82,8–10. | 56 1495/96 gegen Karl VIII. von Frankreich (Alexander VI., Heilige Liga); 1511/13 gegen Ludwig XII. von Frankreich (Julius II., Heilige Liga); 1526/29 gegen Karl V. (Klemens VII., Liga von Cognac); vgl. auch Melanchthon, Historia de Henrico III. Imperatore, ac Rodolpho Duce Saxoniae (1528), in: CR 11, 164; ders., Oratio de Imperatore Ludovico Bavaro (1558), in: CR 12, 286. | 57 1115 waren der Kurie nach dem Tode der Markgräfin Mathilde von Tuszien durch Schenkung die sog. Mathildischen Güter zugefallen, auf die die deutschen Kaiser als erledigtes Reichslehen Anspruch erhoben. Nachdem zunächst Otto IV. 1209 zugunsten des Papstes auf diese Güter verzichtet hatte, erklärte Friedrich II. mit der Goldbulle von Eger 1213 den rechtlich verbindlichen Verzicht des Reiches (RI 5/1/1, 181f [Nr. 705]). Vgl. auch Melanchthon, Denkschrift für den Kaiser (17. Juni 1541), in: MBW.T 10, 265 (Nr. 2720a). | 58 Der durch das Wormser Konkordat beigelegte Investiturstreit (1075–1122). Vgl. dazu Melanchthon, Historia de Henrico III. Imperatore, ac Rodolpho Duce Saxoniae (1528), in: CR 11, 164; Luther, Einer aus den hohen Artikeln des päpstlichen Glaubens, genannt Donatio Constantini (1537), in: WA 50, 75, 77; Ulrich von Hutten, Wie allwegen sich die Römischen Bischöff oder Bäpst gegen den teutschen Kayseren gehalten haben, in: UHO, 363–384. | 59 Clem. 2.11.2: „Nos tam ex superioritate, quam ad imperium non est dubium nos habere, quam ex potestate, in qua vacante imperio imperatori succedimus, […] declaramus.“, in: Friedberg II, 1151–1153. Vgl. dazu Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 434; ders., Warum des Papstes und seiner Jünger Bücher von D. Martin Luther verbrannt sind (1520), in: WA 7, 173; ders., Passional Christi und Antichristi (1521), in: WA 9, 701; ders., Von den Schlüsseln (1530), in: WA 30/2, 488; ders., Glosse auf das vermeinte kaiserliche Edikt (1531), in: WA 30/3, 381; ders., Einer aus den hohen Artikeln des päpstlichen Glaubens, genannt Donatio Constantini (1537), in: WA 50, 87; ders., Vorrede über den Propheten Daniel (1541), in: WA.DB 11/2, 82,1–4. | 60 Vgl. Mk 10,42f; dazu Melanchthon, De quaestione: Rectene Bonifacius VIII. … (wie o. S. 796, Anm. 3), in: CR 3, 471; ders., Denkschrift … (1541), (wie o. S. 813, Anm. 57), 266; Luther, Passional Christi und Antichristi (1521), in: WA 9, 701. | 61 Vgl. X.1.33.6: „...quanta est inter solem et lunam, tanta inter pontifices et reges differentia cognoscatur.“, in: Friedberg II, 198. Vgl. dazu Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 216–225; ders., Warum des Papstes und seiner Jünger Bücher von D. Martin Luther verbrannt sind (1520), in: WA 7, 165; ders., Von den Schlüsseln (1530), in: WA 30/2, 488; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 240; ferner Extrav. Comm. 1.1.1 (Friedberg II, 1237); Luther, Passional Christi und Antichristi (1521), in: WA 9, 709.
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ipsum reprehendendum est, quantum illud detestandum, quod praetexit autoritatem Christi, quod claves ad regnum mundanum transfert, quod salutem alligat ad has impias et nefarias opiniones, cum ait de necessitate salutis esse, ut credant homines iure divinoc hanc dominationem competere.62 Hi tanti errores cum obscurent fidem et regnum Christi, [329] nullo modo dissimulandi sunt. Eventus enim ostendit eos fuisse magnas pestes Ecclesiae.
Tertio loco hoc addendum est. Etiamsi Romanus Episcopus divino iure primatum et superioritatem haberet, tamen non debetur oboedientia his Pontificibus, qui defendunt impios cultus, idolatriam et doctrinam pugnantem cum Evangelio. Imo tales Pontifices et tale regnum haberi debent tanquam anathema, sicutd Paulus clare docet: Si Angelus de coelo aliud Evangelium doceret praeter id, quod vos docui, anathema sit.63 Et in Actis: Oportet Deo magis oboedire quam hominibus.64 Idem et Canones clare docent haeretico Papae non esse oboediendum.65
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Leviticus Pontifex iure divino erat summus sacerdos et tamen impiis Pontificibus non erat oboediendum, ut Ieremias et alii Prophetae dissentiebant a Pontificibus. Apostoli dissentiebant a Caipha nec debebant ei obedire.
Constat autem Romanos Pontifices cum suis membris defendere impiam doctrinam et impios cultus. Ac plane notae Antichristi competunt in regnum Papae et sua membra.
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Paulus enim ad Thessalonicenses describens Antichristum vocat eum adversarium Christi extollentem se super omne, quod dicitur aut colitur Deus, sedentem in templo Dei tanquam Deum.66 Loquitur igitur de aliquo regnante in Ecclesia, non de Regibus Ethnicis et hunc vocat adversarium Christi, quia doctrinam pugnantem cum Evangelio excogitaturus sit, et is arrogabit sibi autoritatem divinam.
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divino papae Spal | d Sic Spal
62 Vgl. dazu CA XX, o. S. 116,21–23. | 63 Gal 1,8 | 64 Act 5,29 | dazu auch C. 2 q. 7 c. 13 (Friedberg I, 485). | 66 II Thess 2,3f
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Dist. 40 c. 6 (Friedberg I, 146),
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und gar strefflich, so ist doch dis das ergste daran, das er solchen mutwillen und frevel mit dem befehl Christi decket37 und die Schlüssel deutet auff weltliche Herrschafft und hengeth an solche ungöttliche und schendliche opinion der Seelen seligkeit, da er sagt: „Es sollen es die Leute bey irer Seelen seligkeit also gleuben, das der Bapst solche macht habe aus Göttlichen Rechten.“ Weil nun solche greuliche irthumb die Lere vom Glauben und Reich Christi gantz verfinstert haben, wil es sich in keinem weg leiden,38 das man dazu solte still schweigen; denn man sihets im werck für augen, was grosser schade der Kirchen daraus erwachsen ist. Zum dritten mus man auch dis wissen, ob schon der Bapst den Primat und Oberkeit aus Göttlichem Recht hette, das man den jenigen Bepsten, so falsche Gottesdienst, Abgötterey und falsche Lere wider das Evangelium fürgeben,39 keinen gehorsam schüldig ist. Ja das mehr ist, man solle auch solche Bepste und solch Reich für ein Anathema und verfluchtes wesen halten, wie Paulus klar sagt: „Wenn ein Engel von | Himel keme und ein ander Evangelium prediget, anders denn wir euch geprediget haben, der sey verflucht.“ Und in Actis stehet, „Man solle Gott mehr gehorchen denn den Menschen“, wie die Geistlichen Recht selbst sagen: „Eim Bapst, der ein Ketzer ist, sol man nicht gehorsam sein.“ Der Hohepriester im Gesetze Mosi hatte das Ampt aus den Göttlichen Rechten, gleichwoli war niemand verpflicht zum gehorsam, wenn sie wider Gottes wort handelten, wie man sihet, das Jeremias und andere Propheten sich von den Priestern sonderten. Also sonderten sich die Apostel von Caipha und waren im kein gehorsam schuldig. Nu ist es je40 am tag, das die Bepste sampt irem anhang Gottlose Lere und falsche Gottesdienst erhalten wöllen und handhaben.41 So reimen sich42 auch alle untugend, so in der heiligen Schrifft vom Antichrist sind weisgesagt, mit des Bapsts Reich und seinen Gliedern. Denn Paulus, da er den Antichrist malet, j2. Thess. 2.j nennet er in einen „Widersacher Christi, der sich uber alles erhebe, das Gott oder Gottesdienst heisset, also das er sich setzet in den Tempel Gottes als ein Gott und gibt für, er sey eink Gott“ etc.l Hie redet Paulus von einem, der in der Kirchen regiret, und nicht von weltlichen Königen und nennet in einen Widerwertigen Christi, weil er ein andere Lere werde erdencken, und das er sich solchs alles werde anmassen, als thetm ers aus nGöttlichen Rechten.n Nu ist am ersten dis war,o das der Bapst in der Kirchen regirt [155r] und unter dem schein geistlicher gewalt solche Herrschafft phat an sich brachtp; denn er
h bindet Nürnb | i und gleichwol Magd, Nürnb | j – j zun Thessalonichern Magd, Nürnb | k nicht in Nürnb | l nicht in Nürnb | m hett Nürnb | n – n Göttlichem gewalt Nürnb | o offentlich Nürnb p – p an sich bracht hat Nürnb 37
bemäntelt | 38 ist es völlig unerträglich | 39 anordnen | 40 ja | 41 schützen | 42 treffen zu ... auf, passen ... zu
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Primum autem constat Papam regnare in Ecclesia et praetextu Ecclesiasticae autoritatis et ministerii sibi hoc regnum constituisse. Praetexit enim haec verba: Tibi dabo claves.67 Deinde doctrina Papae multipliciter pugnat cum Evangelio et arrogat sibi Papa autoritatem divinam tripliciter: Primum, quia sumit sibi ius mutandi doctrinam Christi et cultus a Deo institutos et suam doctrinam et suos cultus vult observari tanquam divina.68 Secundo, quia sumit sibi potestatem non solum eligandi et solvendie in hac vita, sed etiam sumit sibi ius de animabus post hanc vitam.69 Ter[330]tio, quia Papa non vult ab Ecclesia aut ab ullo iudicari et antefert suam autoritatem iudicio Conciliorum et totius Ecclesiae.70 Hoc autem est se Deum facere nolle ab Ecclesia aut ab ullo iudicari. BSLK 485
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Postremo hos tam horribiles errores et hanc impietatem de|fendit summa saevitia et interficit dissentientes.71 Haec cum ita sint, cavere omnes Christiani debent, ne fiant participes impiae doctrinae, blasphemiarum et iniustae crudelitatis Papae. Ideo Papam cum suis membris tanquam regnum Antichristi deserere et execrari debent, sicut Christus iussit:72 Cavete a Pseudoprophetis. Et Paulus iubetf impios Doctores vitandos et execrandos esse tanquam anathemata.73 Et 2. Corinth. 6.74 ait: Ne sitis consortes infidelium, quae est enim societas lucis et tenebrarum?
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Dissidere a consensu tot gentium et dici schismaticos grave est. Sed autoritas divina mandat omnibus, ne sint socii et propugnatores impietatis et iniustae saevitiae.
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Ideo satis excusatae sunt conscientiae nostrae. Sunt enim manifesti errores regni Papae. Et scriptura tota voce clamitat errores illos esse doctrinam daemoniorum et Antichristi.75 Manifesta est idolatria | in prophanatione
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solvendi et ligandi Spal | f jussit Spal
67 Mt 16,19; vgl. dazu oben Anm. 28. | 68 Vgl. Tractatus, o. S. 796,18–798,4. | 69 Vgl. ASm, Von der falschen Buße der Papisten, o. S. 758,18–21. | 70 Vgl. Dist. 40 c. 6 (Friedberg I, 146), vgl. oben Anm. 65; C. 9 q. 3 c. 13 (Friedberg I, 609); vgl. auch u. S. 820,5f. Die Aussage der Bulle ‚Unam sanctam‘ (1302): „Porro subesse Romano Pontifici omni humanae creaturae declaramus, diffinimus et pronunciamus omnino esse de necessitate salutis.“ bekräftigte das 5. Laterankonzil am 19. Dez. 1516 durch die Bulle Leos X. ‚Pastor aeternus gregem‘: „[...] cum etiam solum Romanum pontificem pro tempore existentem tamquam autoritatem super omnia concilia habentem, conciliorum indicendorum, transferendorum ac dissolvendorum plenum ius et potestatem habere, [...] manifeste constet“, in: DH 1445. Vgl. auch Luther, Epitoma responsionis ad Martinum Lutherum (per Fratrem Silvestrum de Prierio) (1520), in: WA 6, 336; ders., An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: ebd., 410; ders., Warum des Papstes und seiner Jünger Bücher von D. Martin Luther verbrannt sind (1520), in: WA 7, 167;
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gründet sich auff diese wort: „Ich wil dir die Schlüssel qdes Himelreichsq geben.“
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Zum andern ist je des Bapsts Lere rin alle weger wider | das Evangelium. Zum dritten, das er fürgibt, er sey Gott, ist in dreien stücken zu mercken. Zum ersten, das er sich des anmasset, er möge die Lere Christi und rechte Gottesdienst, von Gott selbst eingesetzt, endern, und wil seine Lere und eigne ertichte Gottesdienst gehalten haben, als hette sie Gott selbst geboten. Zum andern, das er sich der gewalt anmasset zu binden und entbinden,43 nicht allein in diesem zeitlichen Leben hie, sondern auch in jenem Leben. Zum dritten, das der Bapst nicht wil leiden, das die Kirche oder sonst jemands in richte, sondern sein gewalt sol uber alle Concilia und die gantze Kirchen gehen. Das heist aber, sich selbst zum Gott machen, wenn man weder Kirchens noch jemands urteil leiden wil. Zum letzten hat der Bapst solche irthumb und Gottlos wesen auch mit unrechter gewalt und morden verteidiget, das er alle, so es nicht aller mas44 mit im gehalten, hat umbbringen lassen. Weil nu dem also ist, sollen alle Christen auff das vleissigst sich hüten, das sie solcher Gottlosen Lere, Gotteslesterung und unbillicher wüterey sich nicht teilhafftig machen, sondern sollen vom Bapst und seinen gliedern oder anhang als von des Antichrists Reich weichen und es verfluchen, wie Christus befohlen hat: „Hütet euch für den falschen Propheten.“ Und Paulus gebeut, das man falschet Prediger meiden und als ein greuel verfluchen sol, und 2. Corinth. 6. spricht er: „Ziehet nicht am frembden joch mit den Ungleubigen; denn was hat das Liecht für gemeinschafft mit der Finsternis“ etc.u Schwer ist es, das man von so viel Landen und Leuten sich trennen und ein sondere Lere füren wil. Aber hie stehet Gottes befehl, das jederman sich sol hüten und nicht mit denen einhellig sein, so unrechte lere füren oder mit wüterey zuerhaltenv gedencken. Darumb sind unsere gewissen deshalben wol entschüldigt und versichert. Denn man sihet je für augen die grosse | irthume, so ins Bapsts Reich gehen, und die Schrifft schreiet mit aller macht, das solche irthumb des Teuffels und Antichrists Lere sey. Die Abgötterey im missbrauch der Messen ist offenbar,
q – q nicht in Magd, Nürnb | r – r offentlich Nürnb | s der Kirchen Nürnb | t gotlose Nürnb | u nicht in Nürnb | v erhalten Nürnb 43
lösen, befreien (von Schuld und Strafe) | 44 in jeder Hinsicht
ders., Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 271, 285–295. | 71 Hingerichtet wurden u. a.: 1. Juli 1523 die Antwerpener Augustiner Heinrich Vos und Johannes van den Esschen in Brüssel, 17. September 1524 Kaspar Tauber in Wien, 10. Dezember 1524 Heinrich von Zütphen in Ditmar, 10. Mai 1527 Johann Heuglin aus Lindau in Meersburg, 16. August 1527 Leonhard Kaiser in Schärding, 15. September 1528 Lambert Thorn in Brüssel, 28. September 1529 Adolf Clarenbach und Peter Fliesteden in Köln. | 72 Mt 7,15 | 73 Vgl. Tit 3,10. | 74 II Kor 6,14 75 Vgl. I Tim 4,1.
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Missarum,76 quae cum alia vitia habent, tum ad turpissimum quaestum impudenter collatae sunt. Doctrina de Poenitentia77 prorsus depravata est a Papa et a suis membris. Docent enim remitti peccata propter dignitatem nostrorum operum.78 Deinde iubent dubitare, an contingat remissio. Nusquam docent, quod gratis propter Christum remittantur peccata et quod hac fide consequamur remissionem peccatorum.
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Ita gloriam Christi obscurant et conscientiis firmam consolationem eripiunt et abolent veros cultus, videlicetg exercitia fidei luctantis cum desperatione.
Obscuraverunt doctrinam de peccato79 et finxerunt traditionem de enumeratione delictorum80 parientem multos errores et desperationem;
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affinxerunt satisfactiones,81 quibus etiam obscuraverunt beneficium Christi. Ex his natae sunt indulgentiae,82 quae sunt mera mendacia quaestus causa excogitata. Deinde invocatio sancto[331]rum83 quantos abusus et quam horrendam idolatriam peperit? Quanta flagitia orta sunt ex traditione de Coelibatu?84 Quantas tenebras offudit Evangelio doctrina de Votis?85 Ibi finxerunt vota esse iustitiam coram Deo et mereri remissionem peccatorum. Ita transtulerunt beneficium Christi in humanas traditiones et penitus extinxerunt doctrinam de fide. Finxerunt nugacissimas traditiones esse cultus Dei et perfectionem et praetulerunt eas operibus vocationum, quas Deus requirit et ordinavit. Neque hi errores hsunt existimandih leves; laedunt enim gloriam Christi et afferunt perniciem animabus nec possunt dissimulari.
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Deinde ad hos errores accedunt duo ingentia peccata. Primum, quod defendit errores illos iniusta saevitia et | suppliciis. Alterum, quod iudicium eripit Ecclesiae nec sinit rite iudicari Ecclesiasticas controversias, imo contendit se supra Concilium esse86 et decreta Conciliog
scilicet Spal | h – h existimandi sunt Spal
76 Vgl. ASm, Der ander Artikel, o. S. 728,15–732,12, bes. 730,10–16, und Melanchthon, Denkschrift (wie o. S. 813, Anm. 57), 269f. | 77 Vgl. ASm, Von der falschen Buße der Papisten, o. S. 752,26–764,33, und Melanchthon, Denkschrift, (wie o. S. 813, Anm. 57), 268f. | 78 Vgl. ASm, Hauptartikel, o. S. 726,25–728,14, | 79 Vgl. ASm, Von der Sünde, o. S. 746,16–748,29. | 80 Vgl. ASm, Von der falschen Buße der Papisten, o. S. 756,13–25. | 81 Vgl. ASm, Von der falschen Buße der Papisten, o. S. 756,26–30, und Von der Messe, o. S. 736,12–20. | 82 Ebd. | 83 Vgl. ASm, Von
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welche neben dem,45 das sie sonst nichts tügen,46 zum schendlichen genies47 und Kremerey missbrau[155v]chet sind. Die Lere von der Busse ist vom Bapst und den seinen gantz gefelscht und verderbt worden; denn so leren sie, Sünde werde vergeben umb unser eigen werck willen, und hengen dis dran, man solte dennoch zweiffeln, ob die Sünde vergeben sind. Dazu leren sie nicht, das umb Christus willen die Sünde on verdienst vergeben und solche vergebung der sünden durch den Glauben an Christum erlanget werde. Mit solcher lere nemen sie Christo seine Ehre und berauben die Gewissen des rechten und gewissen trosts und thun ab die rechten Gottesdienst, nemlich die ubung des Glaubens, welcherw mit dem unglauben und verzweiffelung uber der verheissung des Evangelii kempffet. Dergleichen haben sie auch die Lere verdunckelt von der Sünde und eigene satzungen ertichtet, wie man alle Sünde erzelen und beichten müsse, daraus mancherley irthum, auch endtlich verzweiffelung gefolget ist. Darnach haben sie eigene gnugthuung erdacht, dadurch die wolthat und das verdienst Christi auch verfinstert ist. Aus diesem ist das Ablas gefolget, welches lauter lügen und allein xumb des Geldesx willen erdacht ist. Was ist denn darnach für misbrauch und greulichey Abgötterey aus dem anruffen der Heiligen gefolget? Was für schande und Laster sind komen aus dem verbot der Ehe? Wie ist nur das Evangelium durch die lere von Gelübden so verdunckelt worden? Da hat man geleret, das solche Gelübde sind für Gott eine gerechtigkeit und verdienen vergebung der sünden, das also das verdienst Christi auff Menschen satzungen gezogen48 und die lere vom Glauben gantz vertilgetz ist. Und haben ire nerrische und leichtfertige satzungen für den rechten Gottesdienst und volkomenheit gerhümet und den wercken, welche Gott von einem jeden in seinem beruff fodert und geordnet hat, fürge|zogen. Nu darff mans nicht dafür achten, das solches geringe irthum sind; denn sie nemen Christo seine Ehre und verdammen die Seelen, darumb sol man sie nicht ungestrafft lassen hingehen. Zu diesen irthumen akomen nua zwo grosse, greuliche sünde. Die eine, das der Bapst solche irthum mit unbillicher wüterey und grausamer Tyranney mit gewalt verteidigen und erhalten wil. Die ander, das er der Kirchen das urteil nimpt und wil solche Religion sachen ordentlicher weise nicht richten lassen. Ja er will mehr [156r] denn alle Conw welche Nürnb | x – x umbs gelds Magd; umbs gelte Nürnb | y nicht in Nürnb | z abgetilget Magd; außgetilget Nürnb | a – a nun kommen Nürnb 45
abgesehen davon | 46 taugen, nützen | 47 Gewinn, Profit | 48 übertragen
Heiligen-Anrufen, o. S. 736,21–738,9. | 84 Vgl. ASm, Von der Priesterehe, o. S. 774,21–776,2. 85 Vgl. ASm, Von Clostergelubden, o. S. 778,1–9. | 86 Vgl. Tractatus, o. S. 816,10f, und Anm. 70 sowie Melanchthon, Denkschrift, (wie o. S. 813, Anm. 57), 273.
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rum rescindere posse, sicut interdum impudenter loquuntur Canones.87 Sed multo impudentius hoc factum esse a Pontificibus exempla testantur.88 9. quaestione 3.89 ait Canon: Nemo iudicabit primam sedem. Neque enim ab Augusto neque ab omni Clero neque a Regibus neque a populo iudex iudicatur.
Duplicemi Tyrannidem exercet Papa: defendit errores suos vi et homicidiis et vetat cognitionem. Hoc posterius etiam plus nocet quam ulla supplicia. Quia sublato vero iudicio Ecclesiae non possunt tolli impia dogmata et impii cultus et multis seculis infinitas animas perdunt.
Considerent igitur pii tantos errores regni Papae et Tyrannidem et cogitent primum abiiciendos esse errores et amplectendam esse veram doctrinam propter gloriam Dei et adj salutem animarum. Deinde cogitent etiam, quantum scelus sit adiuvare iniustam crudelitatem in interficiendis sanctis,90 quorum sanguinem Deus haud dubie ulciscetur.
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Inprimis autem oportet kpraecipua membrak Ecclesiae, Reges et Principes, consulere Ecclesiae et curare, ut errores [332] tollantur et conscientiae sanentur,91 sicut Deus nominatim Reges hortatur: Et nunc, reges, intelligite, erudimini, qui iudicatis terram.92 Prima enim cura Regum esse debet, ut ornent gloriam Dei.
Quare indignissimum fuerit eos conferre autoritatem et potentiam suam ad confirmandam idolatriam et caetera infinita flagitia et ad faciendas caedes sanctorum. Et ut Papa Synodos habeat, quomodo sanari Ecclesia potest, si Papa nihil decerni contra arbitrium suum patiatur, si nemini concedat dicere sententiam nisi suis membris, quae habet obligata horrendis iuramentis93 et malei
Ita duplicem Spal, Straßb | j nicht in Spal, Straßb | puas potestates von Melanchthons Hand
k–k
unterstrichen in Spal; am Rand: praeci-
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Vgl. Dist. 16, 17, 19 und 21 (Friedberg I, 41–53, 58–64, 66–72]; X.1.6.4 (Friedberg II, 49f). Vgl. z. B. die Bulle „Exsecrabilis“ von Pius II. (1460), in der die Appellation an ein zukünftiges Konzil verdammt wird: „Exsecrabilis et pristinis temporibus inauditus tempestate nostra inolevit abusus, ut a Romano pontifice, Iesu Christi vicario, cui dictum est in persona beati Petri: ‚Pasce oves meas‘ et ‚Quodcumque ligaveris super terram, erit ligatum et in caelis‘, nonnulli spiritu rebellionis imbuti, non sanioris cupiditate iudicii, sed commissi evasione peccati ad futurum concilium provocare praesumant.“, in: DH 1375. | 89 C. 9 q. 3 c. 13 (Friedberg I, 610). | 90 Vgl. o. S. 817, Anm. 71. | 91 Vgl. dazu Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 413. | 92 Ps 2,10 | 93 Den Obödienzeid hatten zunächst nur die Erzbischöfe und exemten Bischöfe, später auch die übrigen Bischöfe dem Papst 88
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cilia sein und die macht haben, das er alles, so in Concilien beschlossen, möge zerreissen und auffheben, wie bzu weilenb die Canones solchs unverschampt heraus sagen, und haben solches die Bepste noch unverschempter getrieben, wie viel Exempel bezeugen. 9. Quest. 3. spricht der Canon: „Niemand sol den höchsten Stul richten; denn den Richter richtet weder Keyser noch die Priester, weder König noch das Volck.“ Also handelt der Bapst auff beiden seiten49 wie ein Tyrann, das er solche Irthumb mit gewalt und wüterey verteidingt und wil keinec Richter leiden. Und dis ander stück thut mehr schadens denn alle wüterey; denn als bald50 der Kirchen das rechte urteil und erkentnis genomen ist, kand nicht müglich sein, das man falscher Lere oder unrechtem Gottesdienst köndte steuren und müssene derhalben viel Seelen verloren werden. Darumb sollen Gottfürchtige Leute solche greuliche Irthumb des Bapsts und seine Tyranney wol bedencken und zum ersten wissen, das solche Irthumb zu fliehen und die rechte Lere der ehre Gottes und derf Seelen seligkeit halben anzunemen sey. Darnach, das man doch bedencke, wie eine greuliche grosse Sünde es sey, solche unbilliche wüterey des Bapsts helffen fördern, da so | viel fromer Christen so jemmerlich ermordet werden, welcher Blut one zweiffel Gott nicht wird ungerochen51 lassen. Fürnemlich aber sollen Könige und Fürsten als fürnembsteg glieder der Kirchen helffen und schauen, das allerley Irthumb weggethan und die gewissen recht unterrichtet werden, wie denn Gott zu solchem Ampt die Könige und Fürsten sonderlich vermanet imh 2. Psal.: „Ir Könige, last euch weisen und ir Richter auff Erden last euch züchtigen“. Denn dis sol bey den Königen und grossen Herrn die fürnemeste sorge sein, das sie Gottes ehre fleissig fördern. Darumb were es je unbillich, wenn sie ire macht und gewalt dahin wolten wenden, das solche greuliche Abgötterey und andere unzeliche Laster erhalten und die fromen Christen so jemmerlich ermordeti würden. Und im fall, das der Bapst gleich ein Concilium halten wolt, wie kan der Kirchen wider solche stücke52 geholffen werden, so der Bapst nit leiden wil, das man etwas wider in schliesse53 oder andere, denn soj im zuvor kdurch
b–b
bißweilen Magd, Nürnb | Nürnb | g fürneme Nürnb | k – k nicht in Magd, Nürnb 49 in doppelter Hinsicht | Tricks | 53 beschließe
50
c h
keinen Nürnb | d kann es Nürnb | e müsten Magd | f nicht in am Nürnb | i erwürgt Magd, Nürnb | j nicht in Magd, Nürnb
sobald |
51
ungeahndet, unvergolten, ungerächt |
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Maßnahmen,
zu leisten. Später mussten ihn auch die Priester dem Ortsbischof leisten. Vgl. dazu X.2.24.4 (Friedberg II, 360); Luther, Vermahnung an die Geistlichen, versammelt auf dem Reichstag zu Augsburg. (1530), in: WA 30/2, 255 mit 267, Anm. 109.
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dictionibus ad defensionem suae Tyrannidis et impietatis sine ulla exceptione verbi Dei. Cum autem iudicia Synodorum sint lEcclesiae iudicia,l non Pontificum, praecipue Regibus convenit coercere Pontificum licentiam et efficere, ne Ecclesiae eripiatur facultas iudicandi et decernendim ex verbo Dei. Et ut reliquos errores Papae taxare caeterin Christiani debent, ita etiam reprehendere debent Pontificem defugientem et impedientem veram cognitionem et verum iudicium Ecclesiae.
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Itaque etiamsi Romanus Episcopus iure divino haberet primatum, tamen, posteaquamo defendit impios cultus et doctrinam pugnantem cum Evangelio, non debetur ei oboe|dientia; imo necesse est ei tanquam Antichristo adversari. Errores Papae manifesti sunt et nonp leves. Manifesta est etiam crudelitas, quam exercet.q Et constat mandatum Dei esse, ut fugiamus idolatriam , impiam doctrinam et iniustam saevitiam. Ideo magnas, necessarias et manifestas causas habent omnes pii, ne obtemperent Papae. Et hae necessariae causae pios consolantur adversus omnia convitia, quae de scandalis, de schismate, de discordia obiici solent.
Qui vero sentiunt cum Papa et defendunt eius doctrinam et cultus, polluunt se idolatria et blasphemis opinionibus, fiunt rei sanguinis piorum, quos Papa persequitur, laedunt gloriam Dei et impediunt salutem Ecclesiae, quia confirmant errores etr flagitia ad omnem posteritatem.
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[333] De potestate et iurisdictione episcoporum Evangeliums tribuitt his, qui praesunt Ecclesiis, mandatum docendi Evangelii,u remittendi peccata, administrandi Sacramenta, praeterea iurisdictionem,94 videlicet mandatum excommunicandi eos, quorum nota sunt crimina, et resipiscentes rursumv absolvendi.
Ac omnium confessione, etiam adversariorum liquet hanc potestatem iure divino communem esse omnibus, qui praesunt Ecclesiis, sive vocentur Pastol – l judicia ecclesiae Spal | m dicernendi Straßb | n nicht in Spal | o postquam Spal, Straßb | p non sunt Spal | q exercet in pios Spal | r et alia Spal | s In Confessione et Apologia recitavimus ea, quae in genere de potestate ecclesiastica dici proderat. Evangelium Spal | t enim tribuit Spal u evangelium Spal | v rursus Spal 94
Vgl. ASm, Vom Bann, o. S. 772,29–774,2, und Tractatus, u. S. 828,10–830,22.
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schreckliche54 Eidespflichte, auch Gottes wort unausgenomen,k zugethan,l in Kirchen sachen richten sollen? Weil aber die urteil in Concilien der Kirchen und nicht des Bapsts urteil sind, wil es je den Königen und Fürsten gebüren, das sie dem [156v] Bapst solchen mutwillen nicht einreumen, sondern schaffen, das der Kirchen die macht zurichten nicht genommen undm alles nach der heiligen Schrifft und Wort Gottes geurteilet werde. Und gleich wie die Christen alle andere Irthumb des Bapsts zu straffen schüldig sind, also sind sie auch schüldig, den Bapst selbst zu straffen, wenn er fliehen oder wehren wil das rechte urteil und ware Erkentnis55 der Kirchen. Darumb ob schon der Bapst aus Göttlichen Rechten den Primat oder Oberkeit hette, sol man im dennoch keinen Gehorsam leisten, weil er falsche Gottesdienst und ein | andere lere nwider das Evangeliumn erhalten wil, ja man sol sich aus not wider in als den rechten Antichrist setzen; man sihets je am tag, was des Bapsts Irthume und wie gros sie sind. So sihet man auch die wüterey, welche er wider die fromen Christen fürnimpt. So stehet Gottes befehl und wort da, das wir Abgötterey, falsche lere und unbilliche wüterey fliehen sollen. Darumb hat ein jeder frommer Christ wichtige, nötige und helle ursachen gnug, das er dem Bapst nicht gehorsam leiste, und sind solche nötige ursachen allen Christen ein grosser trost wider allerley schmach und schande, die sie uns auflegen, das wir ergernis geben, zertrennung und uneinigkeit anrichten.o Die es aber mit dem Bapst halten und seine Lere und falsche Gottesdienst verteidingen, die beflecken sich mit Abgötterey und Gotteslesterlicher Lere und laden auff sich alles blut der fromen Christen, die der Bapst und die seinen verfolgen, diep verhindern auch Gottes Ehre und der Kirchen seligkeit, weil sie solche Irthumb und laster für aller Welt und allen Nachkomen zu schaden verteidingen.
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In unser Confession und Apologia haben wir in gemein56 erzelet, was von Kirchen gewalt zu sagen gewest ist. Denn das Evangelium gebeut denen, so den Kirchen sollen fürstehen, das sie das Evangelium predigen, sünde vergeben undq Sacramenta reichen sollen. Und uber das57 gibt es inen die Iurisdiction, das man die, so in offentlichen lastern ligen, bannen und die sich bessern wöllen, entbinden und Absolviren sol. [157r] Nu mus es jederman, auch unsere Widersacher, bekennen, das diesen Befehl zu gleich alle haben, die den Kirchen fürstehen, sie heissen gleich
l verpflichtet Nürnb | m sonder Nürnb | n – n dem Evangelio entgegen Nürnb | Magd, Nürnb | p Sie Nürnb | q und die Nürnb 54
einschüchternde | 55 Urteilsspruch | gehen) | 57 darüberhinaus
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o
anrichten etc.
zusammenfassend, grundsätzlich (ohne in Details zu
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res, sive Presbyteri, sive Episcopi. Ideoque Hieronymus95 aperte docet in literis Apostolicis omnes, qui | praesunt Ecclesiis, et Episcopos et Presbyteros esse et citat ex Tito: Propterea te reliqui in Creta, ut constituas Presbyteros per civitates.96 Et deinde addit: Oportet Episcopumw esse unius uxoris virum. Item Petrus97 et Iohannes98 vocant se Presbyteros.
Et deinde addit: Quod autem postea unus electus est, qui caeteris praeponeretur, in remedium schismatis factum est, ne unusquisque ad se trahens Ecclesiam Christi rumperet. Nam et Alexandriae a Marco Evangelista usque ad Esdram et Dionysium Episcopos Presbyteri semper ex se unum eligebant et in excelsiore loco collocabant, quem Episcopum nominabant; quomodo si exercitus Imperatorem sibi faciat, Diaconi autem eligant ex se, quem industrium noverint, et Archidiaconum nuncupent.99 Quid enim facit Episcopus excepta ordinatione, quod Presbyter non facit?100
Docet igitur Hieronymus humana autoritate distinctos gradus esse Episcopi et Presbyteri seu Pastoris. Idque res ipsa loquitur, quia potestas est eadem, quam supra dixit.x Sed una res postea fecit discrimen Episcoporum et Pastorum, videlicet Ordinatio,101 quia institutum est, ut unus Episcopus ordinaret ministros in pluribus Ecclesiis. Sed [334] cum iure divino non sint diversi gradus Episcopi et Pastoris, manifestum est ordinationem a Pastore in sua Ecclesia factam iure divino ratam esse. BSLK 491
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Itaque cum Episcopi ordinarii fiunt hostes Ecclesiaey aut nolunt impertire ordinationem, Ecclesiae retinent ius suum. Nam ubicunque est Ecclesia, ibi est ius administrandi Evangelii. Quare necesse est Ecclesiam retinere ius vocandi, eligendi et ordinandi ministros. Et
w
enim Spal | x dixi Spal, Straßb | y evangelii Spal
95 Hieronymus, Epistula CXLVI ad Evangelum (vermutlich ein Pseudonym), in: PL 22, 1193f (CSEL 56, 308–310); Dist. 93 c. 24 (Friedberg I, 327–329); vgl. auch ders., Commentarius in epistulam ad Titum I, 5f, in: PL 26, 597; Dist. 95 c. 5 (Friedberg I, 332f), und ders., Epistula LXIX ad Oceanum, in: PL 22, 656 (CSEL 54, 683,19f); ferner Luther, Auf das überchristlich, übergeistlich und überkünstlich Buch Bocks Emsers zu Leipzig Antwort. Darin auch Murnarrs seines Gesellen gedacht wird (1521), in: WA 7, 631; ders., Einer aus den hohen Artikeln des päpstlichen Glaubens, genannt Donatio Constantini (1537), in: WA 50, 84; ders., Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 229; ders., Zusatz zu einem Bedenken Melanchthons über den Primat des Papstes (Coburg, Juni 1530), in: WA.B 12, 115–117, hier: 116,12f (Nr. 4239). 96 Tit 1,5–7 | 97 Vgl. I Petr 5,1; dazu Luther, Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet (1545), in: WA 54, 284. | 98 Vgl. II Joh 1; III Joh 1. | 99 Der Archidiakon wurde jedoch vom Bischof meist frei bestellt. | 100 Hieronymus, Epistula CXLVI ad Evangelum (vgl. oben Anm. 95);
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Pastores oder Presbyteri oder Bischoffe, darumb spricht auch Hierony|mus mit hellen worten, das Episcopi und Presbyteri nicht unterschieden sind, sondern das alle Pfarherrn zu gleich Bischoffe und Priester sind und allegirt58 den Text Pauli ad Titum 1., da er zu Tito schreibet: „Ich lies Dich derhalb zur Creta, das du bestelletest die Stedte hin und her mit Priestern“, und nennet solche hernach Bischoffe. „Es sol ein Bischoff eines Weibes Man sein“, so nennen sich selbst Petrus und Johannes Presbyteros oder Priester. Darnach sagt Hieronymus weiter: „Das aber einer allein erwehlet wird, der andere unter im habe, ist geschehen, das man damit dies zertrennung wehret, das nicht einer hie, der ander dort ein Kirchen an sich zöge und die Gemeine also zerrissen würde. Denn zu Alexandria (sagt er) von Marco, dem Evangelisten, an bis auff Esdram und Dionysium haben allezeit die Presbyteri einen aus inen erwehlet und höher gehalten und Episcopum (einen Bischoff) genennet, gleich wie ein Kriegsvolck einen zum Heuptman erwehlet,t wie auch die Diaconi einen aus inen, der geschickt dazu ist, wehlen und Archidiacon nennen. Denn sage mir, was thut ein Bischoff mehr denn ein jeglicher Presbyter, on59 das er andere zum Kirchenampt ordnet“ etc. Hie leret Hieronymus, das solche unterscheid der Bischoffen und Pfarherrn allein aus menschlicher Ordnung komen sey, wie man denn auch im Werck sihet; denn dasu Ampt und Befehl ist gar einerley, vund hat hernachv allein die Ordinatio den unterscheid zwischen Bischoffen und Pfarherrn gemacht, wdenn so hat mans darnachw geordnet, das ein Bischoff auch in andern Kirchen leute zum Predigampt ordnete. Weil aber nach Göttlichem Recht kein unterscheid ist zwischen Bischoffen und Pastorn oder Pfarherrn, istsx on zweiffel, wenn ein Pfarherr in seiner Kirchen etliche tüchtige Personen zu Kirchenampten ordnet, das solche Ordinatio nach Göttlichen Rechten krefftig und recht ist. Darumb, weil doch die verordneten Bischoffe das Evangelium verfolgen und tüchtige Personen zu Ordiniren sich wegern,60 hat ein jetzliche Kirche in diesem fall gut fug61 und recht, ir selbst Kirchendiener zu Ordiniren. Denn wo die Kirche ist, da ist je der befehl, das Evangelium zu predigen, darumb müssen die Kirchen die gewalt62 behalten, das sie Kirchendiener r in Nürnb | s der Nürnb | t wehlet Nürnb | u dis Nürnb | v – v So hat auch Nürnb | w – w Hernach hat man es also Nürnb | x ists je Magd; ist ye Nürnb 58
zieht heran, führt an | 59 abgesehen davon, nur | 60 weigern | 61 Befugnis | 62 Macht
Melanchthon hat den Hieronymustext (wie auch Luther, Resolutio Lutheriana super propositione sua decima tertia de potestate papae (per autorem locupletata) (1519), in: WA 2, 228) dem Decretum Gratiani (Dist. 93 c. 24) entnommen, nicht der Hieronymusausgabe des Erasmus (Basel 1516, 3, 150r). | 101 Vgl. dazu Melanchthon, Entwurf eines Schreibens des Jakob Schenck an Herzog Heinrich von Sachsen (ca. 1. Dezember 1536): MBW.T 7, 288–1291 (Nr. 1817); ders., Denkschrift (wie o. S. 813, Anm. 57), 267f; ders., sog. „Wittenbergische Reformation“ (14.1.1545), in: CR 5, 584f; MBW.R 4, 174–176 (Nr. 3793) sowie CR 5, 613f (lat. Fassung); EKO 1/1/1, 211f (Nr. 14); ders. Gutachten an die Universität Greifswald (25. Februar 1551), in: CR 7, 740–743; MBW.R 6, 131f (Nr. 6003). Vgl. auch ASm, Von der Weihe und Vocation, o. S. 774,3–20.
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hoc ius est donum proprie datum Ecclesiae, quod nulla humana autoritas Ecclesiae eripere potest, sicut et Paulus testatur ad Ephesios, cum ait: Ascendit, dedit dona hominibus.102 Et numerat inter dona propria Ecclesiae Pastores et Doctores Et addit dari tales ad ministerium ad aedificationem corporis Christi. Ubi est igitur vera Ecclesia, ibi necesse est esse ius eligendi et ordinandi ministros: sicut in casu necessitatis absolvit etiam Laicus et fit minister ac Pastor alterius, sicut narrat Augustinus103 historiam de duobus Christianis in navi, quorum alter baptizaverit κατηχούμενονz et is baptizatus deinde absolverit alterum.
Huc pertinent sententiae Christi, quae testantur claves Ecclesiae datas esse, non tantum certis personis: Ubicunque erunt duo vel tres congregati in nomine meo104 etc. Postremo aetiam hoca confirmat sententia Petri: Vos estis regale sacerdotium.105 Vos estis regale sacerdotium. Quae verba ad veram Ecclesiam pertinent, quae, cum sola habeat sacerdotium, certe habet ius eligendi et ordinandi ministros.
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Idque etiam communissima Ecclesiae consuetudo testatur. Nam olim populus eligebat Pastores et Episcopos. Deinde accedebat Episcopus seu eius Ecclesiae seu | vicinus, qui confirmabat electum impositione manuum, nec aliud fuit ordinatio nisi talis comprobatio.106 Postea accesserunt novae ceremoniae, quales multas describit Dionysius.107 Sed est bautor novusb et fictitius, quisquis est, sicut et Clementis scripta sunt supposititia.108 Deinde recentiores addiderunt: Do tibi potestatem sacrificandi pro vivis et mortuis.109 Sed ne illud quidem apud Dionysium est.
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catechumenum Spal am Rand | a – a hoc etiam Spal | b – b novus autor Spal
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Eph 4,8.11f; vgl. dazu Luther, Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 50, 632f. | 103 De cons. Dist. 4 c. 36 (Friedberg I, 1374f) als Brief Augustins an Fortunatus: „Cum in navi quadam nullus fidelis esset praeter unum poenitentem, coepit imminere naufragium. Erat ibi quidam non immemor suae salutis et sacramenti vehementissimus flagitator nec erat aliquis, qui dare posset nisi poenitens ille; acceperat enim, pro peccato, de quo agebat poenitentiam, amiserat sanctitatem, sed non amiserat sacramentum. Nam si hoc amittunt peccantes, cum reconciliantur post poenitentiam, quare non iterum baptizantur? Dedit ergo, quod acceperat, et, ne periculose vitam finiret non reconciliatus, petiit ab eo ipso, quem baptizaverat, ut eum reconciliaret, et factum est. Evaserunt naufragium.“ | 104 Mt 18,20 | 105 I Petr 2,9 | 106 Vgl. dazu Tractatus, o. S. 802,7–18, und Luther, Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe (1533), in: WA 38, 236. | 107 In der dem Dionysius Areopagita (vgl. Act 17,34) zugeschriebenen – Ende des 5. Jh. in Syrien entstandenen – Schrift „De ecclesiastica hierarchia“ werden im 5. Kapitel solche Konsekrationsriten beschrieben: PG 3, 500–516. Laurentius Valla und Erasmus hatten die Echtheit der Dionysischen Schriften in
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fordern,63 wehlen und Ordiniren. Und solche gewalt ist ein Geschenck, welches der Kirchen eigentlich von Gott gegeben und [157v] von keiner Menschlichen gewalt der Kirchen kan genomen werden, wie S. Paulus zeuget yEphes. 4.,y da er sagt: „Er ist in die Höhe gefaren und hat Gaben gegeben den Menschen.“ Und unter solchen Gaben, die der Kirchen eigen sind, zelt er Pfarherrn und Lerer und henget daran, das solche gegeben werden zu erbauung des Leibs Christi. Darumb folget, wo eine rechte Kirche ist, das da auch die macht sey, Kirchendiener zu wehlen und Ordiniren, wie denn in der not auch ein schlechter64 Leie einen andern Absolviren und sein Pfarherr werden kan, wie S. Augustin ein Historien schreibet, das zween Christen in eim Schiffe beisamen gewesen, der einer den andern getaufft und darnach von im Absolvirt sey. Hieher gehören die Sprüche Christi, welche zeugen, das die Schlüssel der gantzen Kirchen und nicht etlichen sondern Personen gegeben sind, wie der Text sagt: „Wo zween oder drey in meinem Namen versamlet sind, bin ich mitten unter inen“ etc. Zum letzten wird solches auch durch den Spruch Petri bekrefftigt, da er spricht: „Ihr seid das Königliche Priesterthumb.“ Diese wort betreffen eigentlich die rechte Kirchen, welche, weil sie allein das Priesterthumb hat, mus sie auch die macht haben, Kirchendiener zu wehlen und Ordiniren. Solchs zeuget auch der gemeine brauch der Kirchen. Denn vor zeiten wehlet das Volck Pfarherrn | und Bischoffe; dazu kam der Bischoff, am selben ort oder in der nehe gesessen, undz bestetiget den gewehlten Bischoff durch aufflegen der Hende, und ist dazumal die Ordinatio nichts anders gewest denna solche bestetigung. Darnach sind andere Ceremonien mehr darzu komen, wie Dionysius deren etliche erzelt; aber dasselbe buch Dionysii ist ein neu gedicht65 unter falschem Tittel,66 wie auch das Buch Clementis ein falschen Tittel hat und lange nach Clemente von einem bösen Buben67 gemacht ist. Darnach ist auff die letzt auch dis hinan gehenckt worden, das der Bischoff gesagt hat zu denen, die er weihet: „Ich gebe dir macht, zu opffern für die Lebendigen und die Todten“; aber das stehet auch im Dionysio nicht.
y–y
zun Ephesern Magd, Nürnb | z der Nürnb | a denn ein Nürnb
63 berufen | 64 schlichter, einfacher (nicht ordinierter) | namen | 67 Schurken
65
Erfindung |
66
fingiertem Verfasser-
Frage gestellt. Vgl. dazu auch Luthers Kritik: De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 562; ders., Genesis-Vorlesung, in: WA 42, 175 (mit Anm. 1). | 108 Epistula ad Jacobum (ex Rufini interpretatione), in: GCS 51, 373–387. | 109 Bei der Priesterweihe überreicht der Bischof dem Priester den mit Wein gefüllten Kelch und die Patene mit der Hostie. Mit den Worten: „Accipe potestatem offerre sacrificium Deo missamque celebrare tam pro vivis quam pro defunctis in nomine Domini“ erteilt er ihm die Vollmacht, das Messopfer darzubringen. Diese Formel ist bereits in dem Ordo Romanus (10. Jh.) enthalten; vgl. dazu Luther, Vermahnung an die Geistlichen, versammelt auf dem Reichstag zu Augsburg (1530), in: WA 30/2, 255, 306.
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Ex his omnibus liquet Ecclesiam retinere ius eligendi et ordinandi ministros.c
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Et causam schismati et discor[335]diae prae|bent impietas et tyrannis Episcoporum; quia Paulus praecipit, ut Episcopi docentes et defendentes impiam doctrinam et impios cultus habeantur tanquam anathemata.110
Diximus de Ordinatione, quae una, ut Hieronymus ait,d 111 discernebat Episcopos a reliquis Presbyteris. Itaque nulla disputatione opus est de caeteris Episcoporum officiis. Nec vero opus est dicere de Confirmatione,112 Item de Campanarum consecratione,113 quae propemodum sola retinuerunt. De Iurisdictione aliquid dicendum est.
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Constat Iurisdictionem illam communem excommunicandi reos manifestorum criminum pertinere ad omnes Pastores.114 Hanc tyrannice ad se solos transtulerunt et ad quaestum contulerunt. Constat enim officiales,115 ut vocantur, non toleranda licentia usos esse et vel avaritia vel propter alias cupiditates vexasse homines et excommunicasse sine ullo ordine iudiciorum. Quae est autem tyrannis officiales in civitatibus habere potestatem suo arbitratue sine ordine iudiciorum fdamnandi etf excommunicandi homines?
10
Et hac potestate qualibus in rebus abusi sunt? videlicet non in puniendis veris delictis, sed in ieiuniis aut feriis violatis autg similibus nugis. Tantum adulteria interdum puniebant. Et in hac re saepe vexabant innocentes et honestos homines.116 Porro cum hoc crimen sit gravissimum, certe sine ordine iudiciali nemo | damnandus est.
Cum igitur hanc Iurisdictionem Episcopi tyrannice had seh solosi transtulerint eaque turpiter abusi sint, nihil opus est propter hanc Iurisdictionem oboedire c ministros. Quare cum episcopi aut fiunt haeretici aut nolunt impertire ordinationem, jure divino coguntur ecclesiae adhibitis suis pastoribus ordinare pastores et ministros. Spal | d inquit Spal | e arbitrio Spal; arbritatu Straßb | f – f nicht in Spal | g et Spal | h – h nicht in Straßb | i nicht in Spal, Straßb 110
Vgl. Gal 1,7–9. | 111 Vgl. Tractatus, o. S. 824,14f. | 112 Vgl. Luther, De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 549f | 113 Vgl. dazu ASm, o. S. 778,21–24. | 114 Vgl. dazu Tractatus, o. S. 822,23–26. | 115 Die Offiziale sind bischöfliche Beamte, deren Aufgabe die Rechtsprechung ist; sie entscheiden Ehe-, Disziplinar- und Verwaltungssachen. | 116 Vgl. dazu Johannes Mathesius: „Aber hernach kamen nur ungelerte und unzüchtige Offiziel, die suchten auffm rügetag gelt, buß und wandel und maneten neben der Restaur den ehrzins ein, den die Ehelosen und unzüchtigen Priester von iren unzüchtigen Betköchin jerlich iren rifianischen Bischofen pro dispensatione oder permissione reichen musten. Wie es auch entlich dahin
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Hieraus sihet man, das die Kirche macht hat, Kirchendiener zu wehlen und Ordiniren. Darumb wenn die Bischoffe entweder Ketzer sind oder tüchtige Personen nicht wöllen Ordiniren, sind die Kirchen für Gott nach Göttlichem Recht schuldig, inen selbst Pfarherren und Kirchendiener zu | Ordiniren. Ob man nu dis wolte ein unordnung oder zertrennung heissen, sol man wissen, das die Gottlose Lere und Tyranney der Bischoffe [158r] daran schüldig ist; denn sob gebeut Paulus, das alle Bischoffe, so entweder selbst unrecht leren oder unrechte Lere und falschen Gottesdienst verteidigen, für strefflichec leute sollen gehalten werden. Bis anher haben wir von der Ordination gesagt, welche allein etwa unterscheid gemacht hat zwischen Bischoffen und den Priestern, wie Hieronymus spricht. Darumb ist nicht not, vond ubrigen Bischofflichen Emptern viel zu disputiren, man wolte denn von der Firmelung, Glocken teuffen und andern solchem Gauckenspiel reden, welches fast allein die Bischoffe sonderlich gebrauchet, aber von der Iurisdiction ist noch zu handeln. Dis ist gewis, das die gemeine Iurisdiction, die, so in offentlichen Lastern ligen, zu bannen, alle Pfarherrn haben sollen und das die Bischoffe als Tyrannen sie zu sich gezogen und zu irem genies68 schendlich misbraucht haben. Denn die Official haben unleidlichen mutwillen damit getrieben und die Leute entweder aus geitz oder andern mutwillen wol geplagt und on alle vorgehende rechtliche erkentnis gebannet. Was ist aber dis für ein Tyranney, das ein Official in einer Stad die macht sol haben, allein seinem mutwillen nach one rechtliche erkentnis die leute mit dem Bann so zu plagen und zue zwingen etc.f Nu haben sie solchen zwang in allerley sachen gebrauchet und nicht allein die rechten Laster damit nichtg gestrafft, da der Bann auff folgen solte,69 sondern auch in andern geringen stücken, wo man nicht recht ge|fastet oder gefeiret hat, one das sie hzu weilenh den Ehebruch gestrafft und denn iauch offti unschüldige Leute geschmehet und infamirt70 haben; denn weil solche beschüldigung seer wichtig und schwer ist, sol je on rechtliche und ordentliche erkentnis in dem fal niemand verdampt werden. Weil nu die Bischoffe solche Iurisdiction als Tyrannen an sich gebracht und schendlich missbrauchet haben, dazu sonst gute ursach sind, inen nicht zu
b also Nürnb | c verfluchte Nürnb | d von den Nürnb | e nicht in Magd, Nürnb | Nürnb | g nicht in Nürnb | h – h bissweilen Magd; bißweylen Nürnb | i – i offt auch Nürnb 68
f
nicht in
Vorteil | 69 auf die der Bann folgen sollte | 70 in Verruf gebracht
geriethe, das fromme Priester, so gern züchtig gelebet, solch bübin zins erlegen musten, wenn sie schon mit iren mütern oder freundin (i.e. Verwandten) haußhielten.“, in: MAW, 124,13–22. Ähnlich äußert sich auch Luther, Vorrede zum ‚Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn im Kurfürstentum zu Sachsen‘ (1528), in: WA 26, 196,15–21. Vgl. auch Melanchthon, Denkschrift (wie o. S. 813, Anm. 57), 273f; ders., Denkschrift für Kaiser Karl V. (12. Juli 1541), in: MBW.T 10, 387f (Nr. 2752) und Luther, Vermahnung an die Geistlichen, versammelt auf dem Reichstag zu Augsburg (1530), in: WA 30/2, 254.
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Episcopis. Sed cum sint iustae causae, cur non obtemperemus, rectum est et hanc Iurisdictionem reddere piis Pastoribus et curare, ut legitime exerceatur ad morum emendationem et gloriam Dei. Reliqua est Iurisdictio in iis causis, quae iure Canonico ad forum, ut vocant, Ecclesiasticum pertinent ac praecipue in causis matrimonialibus. Haecj quoque habent Episcopi humano iure et quidem non admodum veteri, sicut ex Codice etk Novellis Iustiniani apparet117 iudicia matrimonioruml [336] tunc fuisse apud Magistratus. Et iure divino coguntur Magistratus mundani haec iudicia exercere, si Episcopi sintm negligentes. Idem concedunt et Canones.118
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Quare etiam propter hanc iurisdictionem non necesse est oboedire Episcopis. Et quidem cum leges quasdam condiderint iniustas de coniugiis et in suis iudiciis observent, etiam propter hanc causam opus est alia iudicia constitui.
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Quia traditiones de cognatione spirituali sunt iniustae.119 Iniusta etiam traditio est, quae prohibet coniugium personae innocenti post factum divortium.120 | Etiam iniusta lex est, quae in genere omnes clandestinas et dolosas desponsationes121 contra ius parentum approbat. Est et iniusta Lex de coelibatu sacerdotum.122 Sunt et alii laquei conscientiarum in eorum Legibus, quos omnesn recitare nihil attinet. Illud satis est recitasse, quod multae sunt iniustae leges Papae de negotiis matrimonialibus, propter quas magistratus debent alia iudicia constituere. Cum igitur Episcopi, qui sunt addicti Papae, defendant impiam doctrinam et impios cultus nec ordinent pios Doctores, imo adiuvent saevitiam Papae, praeterea iurisdictionem eripuerint Pastoribus et hanc tantum tyrannice exerceant, j
hanc Spal | k et ex Spal | l nicht in Spal | m sunt Spal | n omnes hic Spal
117
Vgl. z. B. Cod. Iustiniani Lib. V tit. 1–27, Dig. 23 tit. 1–2 und Nov. 22. | 118 X.5.26.2 (Friedberg II, 826f). | 119 Zum Ehehindernis der geistlichen Verwandtschaft (cognatio spiritualis) zwischen Täufling (bzw. dessen Eltern) und Täufer sowie Taufpaten vgl. z. B. X.4.11 (Friedberg II, 693–696); Melanchthon, Denkschrift (wie o. S. 813, Anm. 57), 270f; ders. und andere, Gutachten (ca. April 1530), in: MBW.T 4/1, 140 (Nr. 895); ders., Loci Theologici, in: CR 21, 1058; Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 446; ders., Vom ehelichen Leben (1522), in: WA 10/2, 281f. | 120 Die das Verbot der Wiederverheiratung Geschiedener fordernden Kirchenväter bezogen sich zumeist auf Mt 5,32; Mk 10,11; Lk 16,18; C. 32 q. 7 cc. 1–8.10 (Friedberg I, 1140–1142); Melanchthon, Denkschrift (wie o. S. 813, Anm. 57), 271; ders., Loci Theologici, in: CR 21, 1067–1076; Luther, De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 559f; ders., Vom ehelichen Leben (1522), in: WA 10/2, 289; ders., Das siebente Kapitel S. Pauli zu den Corinthern ausgelegt (1523), in: WA 12, 118f; ders., Von Ehesachen (1530), in: WA 30/3, 241; Luther an Kurfürst Johann (Januar 1528), in: WA.B 4, 333,17–19 (Nr. 1200, Beilage IV). | 121 Zu den clandestinen Ehen vgl. C. 30 q. 5 cc. 1–3 (Friedberg I, 1104f); Melanchthon, Denkschrift (wie o. S. 813, Anm. 57), 270f; ders., Commentarius in
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gehorchen, so istsj recht, das man diese geraubte Iurisdiction auch wider von inen neme und sie den Pfarherrn, welchen sie aus Christi befehl gehört, zustelle und trachte, das sie ordentlicher weise den leuten zuk besserung des lebens und zu mehrung der ehre Gottes gebrauchet werde. Darnach ist ein Iurisdictio in den sachen, welche nach Bepstlichem Recht in das Forum Ecclesiasticum oder Kirchengericht gehöret, wie sonderlich die Ehesachen sind; solche Iurisdiction haben die Bischoffe auch nur aus menschlicher ordnung an sich bracht, die dennoch nicht sehr alt ist, wie man ex Codice und Novellis Iustiniani sihet, das die Ehesachen dazumal gar von weltlicher Oberkeit gehandelt sind, und ist weltliche Oberkeit schüldig, die Ehesachen zu richten, besondern wol die Bischoffe unrecht richten oder nachlessig sind, wie auch die Canones zeugen. [158v] Darumb ist man auch solcher Iurisdiction halb den Bischoffen keinen gehorsam schüldig, und dieweil sie etliche unbilliche satzung von Ehesachen gemacht und in Gerichten, die sie besitzen, brauchen, ist weltliche Oberkeit auch dieser ursach halb schüldig, solche Gericht anders zu bestellen. Denn je das verbot von der Ehe zwischen Ge|vattern unrecht ist. So ist dis auch unrecht, das, wo zwey gescheiden werden, der unschuldig teil nicht widerumb heiraten sol. Item das in gemein alle Heirat, so heimlich und mit betrug on der Eltern vorwissen und bewilligung geschehen, gelten und krefftig sein sollen. Item so ist das verbot von der Priester Ehe auch unrecht. Dergleichen sind in iren satzungen andere stück mehr, damit die gewissen verwirret und beschweret sind worden, die on not71 ist hie alle zuerzelen; und ist an dem gnug, das man weis, das in Ehesachen viel unrechts und unbillichs dings vom Bapst ist geboten worden, daraus weltliche Oberkeit ursach gnug hat, solche Gericht für sich selbst anders zubestellen. Weil denn nu die Bischoffe, so dem Bapst sind zu gethan, Gottlose lere und falsche Gottesdienst mit gewalt verteidigen und frome Prediger nicht ordiniren wöllen, sondern helffen dem Bapst, dieselben ermorden mund darüberm den Pfarherrn die Iurisdictio entzogen und allein wie Tyrannen zu irem nutz sien gebrauchet haben.o
j n 71
ist Nürnb | k zur Nürnb | l so Nürnb | nicht in Nürnb | o nicht in Nürnb
m–m
Zum andern weyl sie darüber haben Nürnb
unnötig
epistulam Pauli ad Corinthos (1551), in: CR 15, 1082; ders., Loci Theologici, in: CR 21, 1059f; Luther, Evangelium am Tag der heiligen drei Könige, Mt 2,1–12 (1522) in: WA 10/1/1, 642f; ders., Daß Eltern die Kinder zur Ehe nicht zwingen noch hindern, und die Kinder ohne der Eltern Willen sich nicht verloben sollen (1524), in: WA 15, 167–169; ders., Von Ehesachen (1530), in: WA 30/3, 207–240. Weil die Wittenberger Juristen, insbesondere Hieronymus Schurff, die heimlichen Verlöbnisse anerkannten, kam es zu einem heftigen Streit mit Luther. | 122 Zum impedimentum ordinis vgl. ASm, Von der Priesterehe, o. S. 774,21–776,2.
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postremo cum in causis matrimonialibus multas iniustas leges observent, satis multae et necessariae causae sunt, quare Ecclesiae non agnoscant eos tanquam Episcopos. Ipsi autem meminerint opes datas esse Episcopis tanquam eleemosynas propter administrationem et utilitatem Ecclesiarum, sicut inquit Regula:123 Beneficium datur propter officium.
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Quare onon possunt bona conscientiao possidere illas eleemosynas. Et Ecclesiam interim defraudant, cui opus est illis facultatib[us] ad ministros alendos et juvanda studia et suppeditandum certis pauperib[us]124 etp constituenda | judicia, praesertim matrimonialia.125 Tanta [e]n[im] varietas et magnitudo est controversiarum matrimonialium, ut his opus sit peculiari foro, ad quod constituendum opus est Ecclesiae facultatibus. Petrus praedixit futuros impios Episcopos, qui eleemosynis Ecclesiarum abuterenturq ad luxum neglecto ministerio.126 Sciant ergor illi, qui Ecclesiam defraudant, etiam eius sceleris poenas Deo se daturos esse.
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[337] sDoctores et Contionatores, qui Confessioni Augustanae et Apologiae subscripserunt, Anno M.D.XXXVII.s
15
De mandato illustrissimorum Principum et ordinum ac civitatum Evangelii doctrinam profitentium relegimus articulos Confessionis exhibitae Imperatori in Conventu Augustano et Dei beneficio omnes Contionatores, qui in hoc Smalcaldensi conventu interfuerunt, consentientes profitentur se iuxta articulos Confessionis et Apologiae sentire et docere in suis Ecclesiis. Profitentur etiam se articulum de primatu Papae et eius potestate et de potestate et iuris|dictione Episcoporum, qui hic Principibus in hoc conventu exhibitus est Smalcaldiae, approbare. Ideo nomina sua subscribunt. Ego Iohannes Bugenhagius127 Pomeranus D. subscribo articulis Confessionis Augustanae, Apologiae et articulo de Papatu Smalcaldiae principibus oblato. Et ego Urbanus Regius128 D. Ecclesiarum in Ducatu Luneburgensi Superintendens, subscribo. Nicolaus Ambsdorff129 Magdeburgensis subscripsit.
o – o nec bona conscientia possunt Spal | zeichnis der … Spal
p
et ad Spal |
q
abutantur Spal |
r
123
igitur Spal |
s–s
Vor-
VI.1.3.15 (Friedberg II, 943). | 124 Vgl. dazu den (von Melanchthon verfassten) Brief der in Schmalkalden versammelten Theologen vom 24. Februar 1537 an Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen und die übrigen Bundesgenossen über die Verwendung der Kirchengüter: MBW.T 7, 350–352 (Nr. 1853); das von einem Schreiber gefertigte Konzept mit sachlichen Korrekturen von unbekannter Hand: Staatsarchiv Nürnberg: Rst. Nürnberg, E-Laden Nr. 87. Ein entsprechender Artikel wurde dann auch in den Schmalkaldischen Abschied vom 6. März 1537 aufgenommen (ThHstA Weimar. Ernestinisches Gesamtarchiv Reg. H, fol. 177–186 [Nr. 84]). Zur Errichtung von Schulen vgl. auch ASm, Stifte und Klöster, o.S. 738,14–28, und
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Zum letzten, weil sie auch in Ehesachen so unbillich und unrecht handeln, haben die Kirchen grosser und notwendiger ursach gnug, das sie solche nicht als Bischoffe erkennen sollen; sie aber, die Bischoffe, sollen bedencken,p das ire Güter und Einkomen gestifft sindq als Almosen, das sie der Kirchen dienen und ir Ampt deste statlicher ausrichten mögen, wie die Regula heist: Beneficium datur propter officium. Darumb können sie solch Almosen mit gutem gewissen nicht gebrauchen und berauben damit die Kirche, | welche solcher güter darff72 zu unterhaltung der Kirchendiener und gelerte Leut auffzuziehen und etliche Arme zuversorgen und sonderlich zu bestellung der Ehegericht; denn da tragen sich so mancherley und seltzame73 Fell zu, das es wol eines eigen Gerichts dörffte. Solchs aber kan on hülff derselben Güter nicht bestelt werden. S. Peter spricht: „Es werden die falschen Bischoffe der Kirchen güter und Almosen zu irem wollust brauchen und das Ampt verlassen.“ Dieweil nu der heilige Geist denselben dabey schrecklich dreuet,74 sollen die Bischoffe wissen, das sie auch für diesen Raub Gott müssen rechenschafft geben.
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[159r] sVerzeichnis der Doctorn und Prediger, so sich zur Confession und Apologia unterschrieben haben. Anno M. D. XXXVII. 20
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De mandato Illustrissimorum Principum et ordinum ac civitatum Evangelii doctrinam profitentium relegimus articulos Confessionis exhibitae Imperatori in Conventu Augustano et Dei beneficio omnes Contionatores, qui in hoc Smalcaldensi conventu interfuerunt, consentientes profitentur se iuxta articulos Confessionis et Apologiae sentire et docere in suis Ecclesiis. Profitentur etiam se articulum de primatu Papae et eius potestate et de potestate et iuris|dictione Episcoporum, qui hic Principibus in hoc conventu exhibitus est Smalcaldiae, approbare. Ideo nomina sua subscribunt. Ego Iohannes Bugenhagius Pomeranus D. subscribo articulis Confessionis Augustanae, Apologiae et articulo de Papatu Smalcaldiae principibus oblato. Et ego Urbanus Regius D. Ecclesiarum in Ducatu Luneburgensi Superintendens, subscribo. Nicolaus Amsdorff Magdeburgensis subscripsit.
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dencken Magd, Nürnb | q nicht in Nürnb | r solcher Magd, Nürnb | s – s nicht in Nürnb bedarf, braucht | 73 schwierige, ungewöhnliche | 74 droht
Luther, Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 50, 651. | 125 Ein schon 1537 geplantes Ehegericht wurde in Wittenberg 1539 eingerichtet: EKO 1/1/1, 200–209; CR 5, 603–605, 638–640. | 126 Vgl. II Petr 2,13.15. | 127 Johannes Bugenhagen (1485–1558), Stadtpfarrer und Theologieprofessor in Wittenberg | 128 Urbanus Rhegius [Urban Rieger] (1489–1541) Landessuperintendent von Braunschweig-Lüneburg; unterschrieb auch (mit Vollmacht) für Hannover. 129 Nikolaus von Amsdorf (1483–1565), Pfarrer und Superintendent in Magdeburg
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Georgius Spalatinus130 Aldenburgensis subscripsit. Andreas Osiander131 subscribo. M. Vitus Dieterich132 Noribergensis subscripsit.t Stephanus Agricola133 Ecclestiastes Curiensis, manu propria subscripsit. Iohannes Draconites134 Marburgensis subscripsit. [338] Chunradus Figenbotz135 subscripsitu per omnia. Martinus Bucerus.136 Erhardus Schnepffius137 subscribo. Paulus Rhodius138 contionator in Stetin. Gerardus Oenikenv 139 Ecclesiae Mindensis Minister. wSimon Schneweis140 Parochus Crailsheim.x Brixius Northanus141 Susatiensis Contionator.w Rursum ego Pomeranus subscribo nomine Magistri Iohannis Brentii,142 quemadmodum mihi mandavit.143 Philippus Melanthon subscripsit manu propria. Anthonius Corvinus144 subscribit, tam suo, quam Adami a Fulda145 nomine, manu propria. Iohannes Schlainhauffeny 146 subscribit manu propria. M. Georgius Heltus147 Forchemius. Michael Caelius148 Contionator Mansfeldensis. Petrus Geltnerus149 Contionator Ecclesiae Franckenfurdensis. Dionysius Melander150 subscripsit. Paulus Fagius151 Argentinensis. Wendalinus Faber152 Parochus Seburgae in Mansfeldia. Conradus Otingerus153 Phorcensis, Udalrici Ducis Wirt. Contionator. Bonifatius Wolfart154 verbi minister Ecclesiae Augustanae. Iohannes Aepinus155 Hamburgensis Superintendens subscripsit propria manu.
t x
subscribit Spal | u se subscribit Spal | v Oemcken Spal | in Crailsheim Spal | y Schlachinhauffen Spal
w–w
in umgekehrter Reihenfolge Spal
130
Georg Spalatin [Georg Burckhardt] (1484–1545), Pfarrer und Superintendent in Altenburg Andreas Osiander (1496/98–1552), Pfarrer an der St. Lorenzkirche in Nürnberg | 132 Veit Dietrich (1506–1549), Pfarrer an der St. Sebaldkirche in Nürnberg | 133 Stephan Agricola [Kastenbauer] (wohl 1491–1547), Pfarrer in Hof; unterschrieb im Auftrag von Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach auch für die Ansbachischen Geistlichen „oberhalb des Gebirges“. | 134 Johannes Drach (1494–1566), Prediger und Theologieprofessor in Marburg | 135 Konrad Feigenbutz († wohl 1538) Pfarrer in Zerbst. Er vertrat die Geistlichen von Anhalt-Zerbst. | 136 Martin Bucer (1491–1551), 1523–40 Pfarrer in Straßburg. Er vertrat mit Paul Fagius (vgl. unten Anm. 151) die Straßburger Geistlichen in Schmalkalden. | 137 Erhard Schnepf (1495–1558), Prediger in Stuttgart | 138 Paul von Rhode (1489–1563), Pfarrer und Superintendent in Stettin | 139 Gerhard Oemeken (um 1500–1562), Superintendent in Minden | 140 Simon Schneeweiß († 1545), Pfarrer in Crailsheim. Er unterschrieb für die Geistlichen der Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach „unterhalb des Gebirges“. | 141 Brictius thon Norde († 1557), Superintendent in Soest | 142 Johan131
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Georgius Spalatinus Aldenburgensis subscripsit. Andreas Osiander subscribo. M. Vitus Dieterich Noribergensis subscripsit. Stephanus Agricola Ecclestiastes Curiensis, manu propria subscripsit. Iohannes Draconites Marburgensis subscripsit. Chunradus Figenbotz se subscripsit per omnia. Martinus Bucerus. Erhardus Schnepffius subscribo. Paulus Rhodius contionator in Stetin. Gerardus Oeniken Ecclesiae Mindensis Minister. Brixius Northanus Susatiensis Contionator. Simon Schneweis Parochus Crailsheim. Rursum ego Pomeranus subscribo nomine Magistri Iohannis Brentii, quemadmodum mihi mandavit. Philippus Melanthon subscribit manu propria. Anthonius Corvinus subscribit, tam suo, quam Adami a Fulda nomine, manu propria. Iohannes Shlahinhauffen subscribit manu propria. M. Georgius Heltus Forchemius. Michael Caelius Contionator Mansfeldensis. Petrus Geltnerus Contionator Ecclesiae Franckenfurdensis. [159v] Dionysius Melander subscripsit. Paulus Fagius Argentinensis. Wendalinus Faber Parochus Seburgae in Mansfeldia. Conradus Otingerus Phorcensis, Udalrici Ducis Wirt. Contionator. Bonifatius Wolfart verbi minister Ecclesiae Augustanae. Iohannes Aepinus Hamburgensis Superintendens subscripsit propria manu.
nes Brenz (1499–1570) Pfarrer in Schwäbisch-Hall. Er erteilte Bugenhagen Vollmacht, die Artikel in seinem Namen zu unterschreiben. | 143 Vgl. u. S. 836,5–22. | 144 Antonius Corvinus [Rabe] (1501–1553), Pfarrer in Witzenhausen. Mit Krafft Vertreter der hessischen Pfarrer. | 145 Adam Krafft (1493–1558) Superintendent und Theologieprofessor in Marburg. Er reiste vor der Unterzeichnung ab. Für ihn unterschrieb Corvinus. | 146 Johannes Schlaginhaufen († um 1560), Pfarrer in Köthen. Er unterschrieb für die Geistlichen von Anhalt-Köthen. | 147 Georg Helt (um 1485–1545), Berater des Fürsten Georg III. von Anhalt. Er unterschrieb für die Geistlichen von Anhalt-Dessau. | 148 Michael Caelius [Coelius] (1492–1559), Hofprediger in Mansfeld | 149 Petrus Geltner († 1572), Pfarrer in Frankfurt am Main | 150 Dionysius Melander (ca. 1486–1561), Pfarrer und Hofprediger in Kassel | 151 Paul Fagius [Büchelin] (ca. 1504–1549), 1527 Lateinschulrektor in Isny, 1536–37 erneut Theologiestudium in Straßburg | 152 Wendelin Faber, Schlossprediger des Grafen Gebhard von Mansfeld in Seeburg | 153 Konrad Öttinger († 1540), Hofprediger des Herzogs Ulrich von Württemberg | 154 Bonifatius Wolfart [Lycosthenes] (um 1490–1543), seit 1531 Prediger an St. Anna und später an St. Moritz in Augsburg. In Schmalkalden vertrat Wolfart die Augsburger Geistlichen. | 155 Johannes Aepinus [Hoeck] (1499–1553), Superintendent in Hamburg
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De potestate et primatu papae
Idipsum facitz Iohannes Amsterdamus156 Bremensis. Iohannes Fontanus157 inferioris Hassiae Superintendens subscripsit. Fridericus Myconius158 pro se et Iusto Menio159 subscripsit. Ambrosius Blaurerus.160 [339] Legi et iterum atque iterum relegi Confessionem161 et Apologiam162 ab Illustrissimo Principe Electore Saxoniae et aliis Principibus ac Statibus Romani Imperii Caesareae Maiestati Augustae oblatam. Legi item Formulam concordiae163 in re Sacramentaria Witebergae cum D. Bucero et aliis institutam. Legi e[t]iam articulos164 a D. Martino Luthero, Praeceptore nostro observandissimo, in Smalcaldensi conventu Germanica lingua conscriptos et libellum de Papatu et de potestate ac iurisdictione Episcoporum. Ac pro mediocritate mea iudico haec omnia convenire cum sacra scriptura et cum sententia verae καὶ γνησίης Catholicae Ecclesiae. Quanquam autem in tanto numero doctissimorum virorum, qui nunc Smalcaldiae convenerunt, minimum omnium me agnoscam, tamen quia mihi non licet exitum huius conventus expectare, obsecro te, clarissime vir, D. Iohannes Bugenhagi, Pater in Christo observande, ut humanitas tua nomen meum, si opus fuerit, omnibus illis, quae supra commemoravi, adscribat. Me enim ita sentire, confiteri et perpetuo docturum esse per Iesum Christum, Dominum nostrum, hoc meo Chirographo testor. Actum Smalcaldiae, XXIII. Februarii, Anno M. D. XXXVII. Iohannes Brentius Ecclesiastes Hallensis.
z
fecit Spal
156
Johann Timann aus Amsterdam († 1557), Pfarrer in Bremen | 157 Johannes Fontanus oder Fontius († 1539), 1536–38 Superintendent in der Diözese Kassel | 158 Friedrich Myconius (1490–1546), Pfarrer und Superintendent in Gotha | 159 Justus Menius (1499–1558) Superintendent in Eisenach. Da er vorzeitig abreiste, unterschrieb Myconius für ihn. | 160 Ambrosius Blarer (1492–1564), Prediger in Konstanz; 1534–1538 im Auftrag des Herzogs Ulrich von Württemberg (zusammen mit Schnepff) Reformator in Württemberg | 161 Augsburger Bekenntnis, o. S. 84–225. | 162 Apologie, o. S. 236–709. | 163 Wittenberger Konkordie: Formula Concordiae Lutheri et Buceri (28. Mai 1536), in: BDS 6,1, 114–134. | 164 Schmalkaldische Artikel, o. S. 718–785.
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Von der Gewalt und Oberkeit des Papsts
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Id ipsum facit Iohannes Amsterdamus Bremensis. Iohannes Fontanus inferioris Hessiae Superintendens subscripsit. Fridericus Myconius pro se et Iusto Menio subscripsit. Ambrosius Blaurerus. 5
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Legi et iterum atque iterum relegi Confessionem et Apologiam ab illustrissimo Principe Electore Saxoniae et aliis Principibus ac Statibus Romani Imperii Cesareae Maiestati Augustae oblatam. Legi item Formulam concordiae in re Sacramentaria Wittenbergae cum D. Bucero et aliis institutam. Legi etiam articulos a D. Martino Luthero, Praeceptore nostro observandissimo, in Smalcaldensi conventu Germanica lingua conscriptos et libellum de Papatu et de potestate ac iurisdictione Episcoporum. Ac pro mediocritate mea iudico haec omnia convenire cum sacra Scriptura et cum sententia verae καὶ γνησίης Catholicae Ecclesiae. Quanquam autem in tanto numero doctissimorum virorum, qui nunc Smalcaldiae convenerunt, minimum omnium me agnoscam, tamen quia mihi non licet exitum huius Conventus expectare, obsecro te, clarissime vir, D. Iohannes Bugenhagi, Pater in Christo observande, ut humanitas tua nomen meum, si opus fuerit, omnibus illis, quae supra commemoravi, adscribat. Me enim ita sentire, confiteri et perpetuo docturum esse per Iesum Christum, Dominum nostrum, hoc meo Chirographo testor. Actum Smalcaldiae, XXIII. Februarii, Anno M. D. XXXVII. Iohannes Brentius Ecclesiastes Hallensis.s
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Luthers Katechismen bearbeitet von Robert Kolb
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Der Große und der Kleine Katechismus Martin Luthers Einleitung (Robert Kolb) Unterweisung in den Inhalten der Heiligen Schrift und damit die Vermittlung von Kenntnissen über Gott und Schöpfung, seinen Heilsplan und sein Handeln am Menschen gehören seit jeher zur kirchlichen Praxis und prägen die Fundamente christlichen Lebens. In der Frage und Antwort nutzenden, dialogischen Grundstruktur der zu diesem Zweck erstellten Katechismen zeigt sich nicht nur eine geschickte didaktische Aufbereitung des Stoffs; vielmehr spiegelt sich in Anlage und Struktur des Katechismus eine für das Christentum charakteristische Dynamik, die sich aus der Anrede Gottes an den Menschen und dessen Antwort an Gott ergibt. Sprechakt und Wort, Austausch im Medium der Sprache sind essentiell für die christliche Religion, die damit ein jüdisches Erbe aufnimmt und pflegt. Schon im Schöpfungsbericht, mit dem die Bibel in Gen 1,1–31 beginnt, ist die Rede davon, dass Gott sprach und mit seinem Wort alle Geschöpfe auf Erden ins Leben rief. Nach dem Sündenfall der ersten Menschen reagierte Gott, indem er das Gespräch mit seinen Geschöpfen wiederaufnahm und in Gang setzte (Gen 3,9–19). Die ganze biblische Geschichte lässt sich erzählen als eine Geschichte des Dialogs zwischen Gott und Mensch. Durch Propheten versuchte Gott ins Gespräch mit den Menschen zu kommen und erwartete ihre Antwort in Lob und Preis, im Bekennen seines Namens und im Befolgen seiner Gebote. Die biblischen Geschichten von diesen anhaltenden Begegnungen mit Gott waren prägend für Alt und Jung in Israel. Wichtig waren die Erwartungen und Gebote Gottes, die Eltern an ihre Kinder weitergaben. Eltern sollten ihren Kindern das Bekenntnis zu Gott dem Herrn vermitteln und einschärfen (Dtn 6,1–9). Unterweisung in Glauben und Lehre mit Blick auf die Konkretisierung dessen in einem Gott wohlgefälligen Leben war ein konstitutives und charakteristisches Merkmal für die Existenz Israels als Volk Gottes. Die Alte Kirche griff dieses Erbe auf, indem sie das Glaubensbekenntnis und andere Unterrichtsinhalte als Teil der Taufvorbereitung und Voraussetzung für die Zulassung zur christlichen Gemeinde kultivierte. Schon im 2. Jahrhundert sprach man in diesem Zusammenhang vom „Katechismus“, dessen Inhalt sich auf Unterweisung in Grundsätzen des Glaubens und in Regeln für ein dementsprechendes Leben bezog. Ende des 4. Jahrhunderts, zur Zeit Augustins, etablierten sich die Themen Glaube, Hoffnung und Liebe (I Kor 13,13: fides, spes, caritas) als Leitmotive oder Kern einer solchen katechetischen Unterweisung. Das apostolische Glaubensbekenntnis fasste den Inhalt der Heiligen Schrift, zusammengedrängt in wenigen Kernaussagen und © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525521045 — ISBN E-Book: 9783647521046
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Luthers Katechismen
Bezugspunkten des Glaubens zusammen. Im Vaterunser fand die christliche Hoffnung sprachliche Gestalt. Verschiedene Auflistungen von Tugenden und Untugenden, z. B. der sieben Kardinaltugenden und der sieben Todsünden, dienten als Grundlage für die Unterweisung in der Liebe und Fürsorge sowie für die Vorbereitung zur Beichte. Im Verlauf des Hochmittelalters übernahmen allmählich die Zehn Gebote die Funktion der Unterweisung in der Nächstenliebe und zu guten Werken, die man ursprünglich den Tugend- und Lasterkatalogen zugedacht hatte. Die Aufzählung von Tugenden und Lastern blieb aber als Mittel der Erziehung zu christlichem Lebenswandel weiter bestehen. Außerdem gehörten zu diesem katechetischen Programm normalerweise auch das „Ave Maria“ und die Sakramente. Katechismusunterricht erfolgte im Mittelalter vor allem durch die Predigt. Oft fanden zu festgelegten Jahreszeiten eine Reihe von Predigten über das Apostolicum, das Vaterunser, die Zehn Gebote und andere als notwendig erachtete Themen statt. Spätestens seit dem 13. Jahrhundert gab es bischöfliche Verordnungen, die einen allsonntäglichen Unterricht im Katechismus vorsahen, zumindest aber in bestimmten Wochen des Jahres. Der Katechismus diente aber nicht nur als Unterrichtsprogramm, sondern auch als Anleitung für das Sündenbekenntnis in der Beichte oder zur christlichen Andacht. Bis in das frühe 16. Jahrhundert hinein stand die Bezeichnung „Katechismus“ für diesen elementaren Unterricht in christlichem Glauben und Leben, losgelöst von dem Unterrichtsmedium selbst. Der „Katechismus“ konnte den mündlichen Vortrag ebenso meinen wie das in handschriftlicher oder gedruckter Form existierende Handbuch (Enchiridion). Martin Luther predigte als Mönch wahrscheinlich oft über die einzelnen Teile des Katechismus. Dies belegen z.B. seine „Decem praecepta Wittenbergensi praedicata populo“, die im Jahre 1518 im Druck erschienen.1 In seinem „Betbüchlein“ von 1522 finden sich ebenfalls die Hauptstücke des Katechismus, allerdings durch Luther gemäß seiner Unterscheidung von Gesetz und Evangelium neu angeordnet. Jetzt standen die Zehn Gebote, vor deren Hintergrund die Diagnose der menschlichen Sünde als Krankheit erfolgt, vor dem Credo als „ertzney, die gnaden finden sol“. Darauf folgte das Vaterunser als Anzeige, wie der Christ diese Arznei „begeren, holen und zu sich bringen soll, nemlich mit ordenlichem, demütigen trostlichem gepett.“ Diese drei Hauptstücke stellten für Luther eine Zusammenfassung der gesamten Heiligen Schrift dar.2 Aber schon zu jener Zeit hatte Luther erkannt, dass man ein evangelisches Enchiridion für den Katechismusunterricht brauchte. In den 1520er Jahren
1
Vgl. Luther, Decem praecepta Wittenbergensi praedicata populo (1518), in: WA 1, 398–521. Luther, Ein Betbüchlein der 10 Gebote, des Glaubens, des Vaterunsers und des Ave Maria (1522), in: WA 10/2, 377,4–13. 2
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Einleitung
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kamen gleich mehrere auf den Markt,3 und Luther beauftragte schon Anfang 1525 Justus Jonas und Johann Agricola mit der Abfassung eines reformatorischen Katechismus in Form eines Handbuchs4. Auch Melanchthon versuchte, ein solches Handbuch zu konzipieren, führte dies aber nicht zu Ende.5 Dagegen finden sich in den ersten Artikeln des von Melanchthon und Luther 1528 erstellten „Unterrichts der Visitatoren“ katechismusähnliche Stücke. Sie behandeln nämlich „die Lehre“, „die Zehn Gebote“ und das „Gebet“; im weiteren Verlauf folgten die Taufe, das Abendmahl, die Buße und die Beichte6 – allesamt Themen, die wenig später in Luthers Katechismen einflossen und hier weiter verarbeitet wurden. Aber die Artikel des „Unterrichts der Visitatoren“ dienten nicht der katechetischen Unterweisung. Erst in den Monaten nach der Visitation nahm Luther die Aufgabe in Angriff, ein katechetisches Programm zu konzipieren. Er bediente sich dazu dreier verschiedener Textgattungen: einer Sammlung von predigtartigen Behandlungen der Hauptstücke des Katechismus, denen er den Titel „Deutscher“ Katechismus gab, einer Reihe von Tafeln oder Plakaten, die die einzelnen Stücke des Kleinen Katechismus präsentierten, und eines Enchiridions zum Gebrauch im Familienkreis, anhand dessen die Eltern ihre Kinder und ihr Gesinde unterrichten konnten, des „Kleinen Katechismus“.7 Die Katechismen hatten einen wichtigen Stellenwert in Luthers Reformprogramm, das auf das christliche Leben des einzelnen und auf das Gemeindeleben zielte und sich dafür gedruckter Medien bediente. Begonnen hatte dieses reformatorische Programm mit den Postillen sowie der Übersetzung des Neuen Testaments und nach und nach auch des Alten Testaments; fortgeführt wurde es in den 1520er Jahren mit geistlichen Liedern, Liturgien, dem auf die Neuordnung der Kirche zielenden „Unterricht der Vistatoren“ und mehreren Andachts- bzw. Gebetbüchern. Den drei Katechismustexten, die Luther 1529 veröffentlichte – Großer Katechismus, Katechismustafeln, Kleiner Katechismus – gingen drei Predigtreihen voraus, die Luther vom 18. bis 30. Mai, vom 14. bis 25. September und vom 30. November bis 19. Dezember 1528 in Vertretung des Wittenberger Stadt-
3 Vgl. Ferdinand Cohrs, Die Evangelischen Katechismusversuche vor Luthers Enchiridion. 2 Bd., Berlin 1900–1902. 4 Vgl. Luther an Nikolaus Hausmann. Wittenberg, 2. Februar 1525 und 26. März 1525, in: WA.B 3, 431 (Nr. 823) und WA.B 3, 462 (Nr. 847). 5 Melanchthon verfasste später einen lateinischen Katechismus für fortgeschrittene Schüler, den Catechismus puerilis (1532), in: CR 23, 113–192. 6 Vgl. Luther/Melanchthon, Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn im Kurfürstentum Sachsen (1528), in: WA 26, 202,1–211,26; 212,28–220,19. 7 Die hier skizzierte komplizierte Entstehungsgeschichte der Katechismen folgt der Einleitung zu den Katechismen von Hans Volz, in: BSLK, S. XXVIIIf und den Ausführungen von Albrecht Peters, Kommentar zu Luthers Katechismen. 5 Bd., hg. v. Gottfried Seebaß, Göttingen 1990–1995, der die Forschungen zu den Katechismen zusammenfasst und ergänzt. Vgl. auch Johannes Meyer, Historischer Kommentar zu Luthers Kleinem Katechismus, Gütersloh 1929 und Otto Albrecht, Einführung zu den Katechismen Luthers, in: WA 30/1, 499–665 sowie ders., Luthers Katechismen, Leipzig 1915.
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Luthers Katechismen
pfarrers Johannes Bugenhagen hielt. Gegenstand waren die Zehn Gebote, das Apostolicum, das Vaterunser, die Taufe und das Abendmahl. Ende September begann Luther damit, aus den Nachschriften der ersten beiden Predigtreihen ein Buch zu erstellen: den Deutschen – oder Großen – Katechismus. Spätestens Ende November lag das erste Hauptstück des Großen Katechismus handschriftlich vor und konnte in den Druck gehen. Nachdem auch die dritte Predigtreihe Mitte Dezember 1528 abgeschlossen war, überarbeitete Luther seine bisherigen Aufzeichnungen aufs Neue, indem er die Nachschriften dieser Predigten heranzog. Gleichzeitig widmete er sich der Revision jener Bibeltexte, die sich auf das erste Hauptstück, den Dekalog, bezogen, und führte dies auch für die im zweiten bis fünften Hauptstück ausgelegten Bibeltexte durch. Ebenfalls im Dezember 1528 verfasste Luther die Auslegung des Glaubensbekenntnisses und des Vaterunsers. Eine längere krankheitsbedingte Pause führte dazu, dass Luther erst Ende März 1529 an seinem KatechismusProjekt weiterarbeiten konnte. Diese Unterbrechung allerdings ermöglichte es, dass Luther seine in der Karwoche des 21. bis 25. März 1529 gehaltenen Predigten über das Abendmahl dann in seine Arbeit mit einbeziehen konnte.8 Der ersten Auflage des Großen Katechismus von 1529 folgte noch im selben Jahr eine zweite, der er eine „Vermahnung zur Beichte“ hinzufügte. Auch sie hatte eine Predigtvorstufe, nämlich Luthers Palmsonntagspredigt von 1529.9 Die Katechismus-Tafeln erschienen sukzessive ebenfalls 1529 und dienten vor allem als Unterrichtsmedien in Kirche und Schule. Der häufige Gebrauch und damit die starke Abnutzung dieser Tafeln hat dazu geführt, dass uns heute keine Exemplare mehr erhalten sind. Aber durch eine von Michael Stiefel erstellte Kopie, vorhanden in dem Jenaer Codex Bos. q. 25a10, sind wir über den Inhalt der Tafeln unterrichtet. Deren äußere Gestalt läßt sich aus einer erhaltenen niederdeutschen Tafel mit dem Morgen- und Abendgebet des Kleinen Katechismus erschließen.11 Die ersten drei Hauptstücke in Tafelform wurden im Januar 1529 bei Nikolaus Schirlentz in Wittenberg gedruckt. Danach gingen auch die anderen Teile als Plakate in den Druck. Schirlentz war es auch, der die erste Ausgabe des Kleinen Katechismus Mitte Mai 1529 herausbrachte. Wenige Wochen später erschien eine zweite Ausgabe, die jedoch nicht mehr erhalten ist. Aber immerhin ist sie über drei bald 8 Vgl. Luther, Predigt am Montag nach Palmarum (22. März 1529), in: WA 29, 160–177 (Nr. 15); ders., Predigt am Dienstag nach Palmarum (23. März 1529), in: WA 26, 177–191 (Nr. 16); ders., Predigt am Mittwoch nach Palmarum (24. März 1529), in: WA 26, 191–203 (Nr. 17); ders., Predigt am Gründonnerstag (25. März 1529), in: WA 26, 204–226 (Nr. 18). 9 Vgl. Luther, Predigt am Palmsonntag (21. März 1529), in: WA 29, 132–146 (Nr. 13). Vgl. hierzu auch Otto Albrecht, Besondere Einleitung in den Kleinen Katechismus. 2. Die Grundlagen und die Art ihrer Verwertung, in: WA 30/1, 482. 10 Vgl. den Abdruck dieser Fassung des Kleinen Katechismus (1529), in: WA 30/1, 243–263. Vgl. hierzu auch Otto Albrecht, Besondere Einleitung in den Kleinen Katechismus. 6. Die Tafeldrucke, in: WA 30/1, 563–568. 11 Vgl. die verkleinerte Wiedergabe des einzigen erhaltenen Tafeldruckes in niederdeutscher Sprache, in: WA 30/1, 241.
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darauf angefertigte Nachdrucke aus Erfurt und Marburg belegt.12 Noch im Jahre 1529 veranlasste Johannes Bugenhagen in Hamburg eine niederdeutsche Übersetzung, die allerdings auf die Vorrede Luthers, die Haustafel, den Morgen- und Abendsegen und sonstige Anhänge verzichtete.13 Am 13. Juni 1529 brachte Schirlentz eine dritte, erweiterte Ausgabe heraus. Sie enthielt zusätzlich Luthers Anweisung zur Beichte, das Taufbüchlein und die Litanei. Möglicherweise war es der Drucker selbst, der diese Erweiterung veranlasst hatte.14 Zudem kamen zwei lateinische Übersetzungen auf den Markt, die ebenfalls in kurzer Abfolge nacheinander erschienen. Eine davon ging auf Luthers ehemaligen Studenten Georg Major zurück, der 1529 Rektor in Magdeburg geworden war. Die Übersetzung unterschied sich insofern von der Vorlage, als sie auf die Frageform verzichtete.15 Die andere lateinische Fassung stammte von Johannes Sauermann, vermutlich einem ehemaligen Wittenberger Studenten.16 Schirlentz brachte in den folgenden Jahren bis zu Luthers Tod im Jahre 1546 weitere Drucke des deutschen Kleinen Katechismus heraus, darunter auch verbesserte Ausgaben. Das Traubüchlein Luthers, das 1529 in einem Wittenberger Druck separat erschienen war, kam in dem Erfurter Druck des Kleinen Katechismus als Teil des Katechismus heraus.17 Zwar haben die Katechismen Luthers, anders als die Confessio Augustana oder die Schmalkaldischen Artikel, weder die Gestalt noch den Anspruch von Bekenntnis-Dokumenten. Dennoch erlangten sie schon in den 1550er Jahren in vielen evangelischen Kirchen eine identitätsstiftende Rolle. Schon in den 1560er und den frühen 1570er Jahren zählten sie zu dem Schriftenbestand lutherisch ausgerichteter Corpora Doctrinae. Es lag deshalb nahe, dass auch die Verfasser der Konkordienformel in ihren Artikeln auf die Katechismen rekurrierten und sie 1580 ins Konkordienbuch eingingen. Seit 1580 gehören die Katechismen Luthers, die in zahlreiche Sprachen übersetzt
12
Vgl. hierzu Otto Albrecht, Besondere Einleitung in den Kleinen Katechismus. 8. Die verschollene (erste) hochdeutsche Wittenberger Buchausgabe vom Mai 1529, in: WA 30/1, 572–579 und die bibliographischen Vermutungen über den Titeltext dieser Ausgabe, in: ders., Bibliographie zum Kleinen Katechismus, in: WA 30/1, 668. 13 Vgl. hierzu Otto Albrecht, Besondere Einleitung in den Kleinen Katechismus. 7. Die Zusammenfassungen der Tafeln in Buchform vor Luthers erster Buchausgabe, in: WA 30/1, 568–572 und die bibliographischen Daten der Hamburger Übersetzung, in: ders., Bibliographie zum Kleinen Katechismus, in: WA 30/1, 668. 14 Vgl. hierzu Otto Albrecht, Besondere Einleitung in den Kleinen Katechismus. 9. Die unvollständig erhaltene zweite (oder dritte) Wittenberger Ausgabe vom Juni 1529 und deren Nachdrucke, in: WA 30/1, 579–583 und die bibliographische Beschreibung dieser Wittenberger Ausgabe, in: ders., Bibliographie zum Kleinen Katechismus, in: WA 30/1, 670f. 15 ENCHIRI=||dion piarum pre=||cationum, cum Ca=||lendario et paßio=||nali, ut uocant etc.|| MAR. LVTH. […], Wittenberg: Hans Lufft 1529 (VD 16 L 4122). 16 PARVVS || CATE=||CHISMVS PRO || PVERIS IN || SCHOLA. || [...] Mart. Luther., Wittenberg: Georg Rhau 1529 (VD 16 L 5276). 17 Vgl. Otto Albrecht, Einleitung zu Martin Luther, Ein Traubüchlein für die einfältigen Pfarrherrn (1529), in: WA 30/3, 43–73.
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Luthers Katechismen
wurden, zum Fundament des christlichen Unterrichts in dem auf allen sechs Kontinenten präsenten Luthertum.18
Überlieferung Die BSELK präsentieren den Text der Katechismen nach dem deutschen Konkordienbuch von 1580 und seiner lateinischen Fassung von 1584. Damit haben sich Herausgeber und Bearbeiter für eine Fassung entschieden, deren Bedeutung sich aus der Rezeption und Wirkungsgeschichte ergibt, die die Katechismen Luthers mit der Verbreitung des Konkordienbuchs im weltweiten Luthertum erfahren haben. Eine die entstehungsgeschichtliche Perspektive in den Vordergrund stellende, bis heute maßgebliche textkritische Edition der Katechismen befindet sich in der Weimarer Ausgabe von Luthers Werken, Band 30/1. Auf die Textgestalt der Katechismen und ihren Inhalt hat diese Entscheidung jedoch keinerlei Auswirkungen. Abweichend von der Mehrheit der Exemplare des Konkordienbuchs Dresden 1580 werden hier jedoch zusätzlich das Traubüchlein, das Taufbüchlein und die „Vermahnung zur Beichte“ geboten. Tauf- und Traubüchlein erschienen nur in einigen, nicht aber in allen Dresdner Drucken des Konkordienbuchs,19 die „Vermahnung zur Beichte“ nur im Magdeburger Druck des deutschen Konkordienbuchs. In der lateinischen Übersetzung des Konkordienbuchs von 1584 (Leipzig) findet man weder Trau- und Taufbüchlein noch die „Vermahnung zur Beichte“. Daher werden die lateinischen Fassungen dieser Texte dem Corpus Doctrinae Thuringicum entnommen und in QuM I geboten. Da die kritische Edition des Kleinen Katechismus in WA 30/1 als umfassend gelten kann, beschränkt sich diese Ausgabe mit dem Marburger Druck von 1529 (Mar29) innerhalb der Überlieferung zu Lebzeiten Luthers auf einen der 18
Der Kleine Katechismus wurde im Verlaufe des 16. Jahrhunderts in mehrere europäische Sprachen übersetzt, z. B. ins Schwedische, 1536–1537, Polnische, 1533 (VD 16 L 5341), Litauische, 1579 (VD 16 L 5340), Lettische, 1586 (VD 16 L 5339) und in die slowenische Sprache, 1595 (VD 16 L 5347). Während des 17.–20. Jahrhunderts wurde der Text im Zuge europäischer Missionsbemühungen in die Sprachen der Missionsländer übertragen. Der Kleine Katechismus erschien so z. B. 1715 in Tamil, 1843 in Chinesisch und 1939 in Japanisch. Vgl. hierzu Pilgrim Lo, Luther and Asia, in: Robert Kolb u. a. (Hg.), The Oxford Handbook of Martin Luther’s Theology, Oxford 2014, 612. 19 Um dem Wunsch Kurfürst Ludwigs VI. von der Pfalz entgegenzukommen, dass Trau- und Taufbüchlein wegen des im letzteren enthaltenen Exorzismus nicht zusammen mit dem Kleinen Katechismus im Konkordienbuch abgedruckt werden sollten, brachten die Dresdner Drucker gegen den ausdrücklichen Wunsch der Brandenburger, der Helmstedter und vieler niedersächsischer Theologen einige Exemplare des Konkordienbuchs mit und einige ohne Trau- und Taufbüchlein heraus. In den Heidelberger und Tübinger Drucken des Konkordienbuchs fehlten das Trau- und das Taufbüchlein. Vgl. o. S. 4; BSLK XLIII und die Erklärung Martin Chemnitz’ in einem Brief an die Helmstedter Theologen: „Responsio Doctoris Martini Chemnitii ad praecedentem Epistolam Helmstadiensum de mutatione Formulae Concordiae. Scripta 7. Novemb. 1580, in: Hutter, Concordia Concors, 326v–363r = Concordia Concors, Frankfurt/Main und Leipzig 1690, 1371–1374.
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Drucke um 1529/30 und mit dem Wittenberger Schirlentz-Druck von 1535 (Witt35) auf eine Schlüsselausgabe für die späteren Jahre. Da die lateinische Übersetzung, die Nikolaus Selnecker für Conc1584 erstellte, so wesentlich von allen vorhergehenden Texttraditionen abweicht, muss hier auf eine Textkritik des lateinischen Textes verzichtet werden. Die Auswahl der Texte für den kritischen Vergleich folgt weitestgehend der von Hans Volz bzw. den BSLK. Für den deutschen Text des Großen Katechismus sind dies im Einzelnen der erste Wittenberger Druck von 1529 (so 1529 auch in Erfurt, Marburg, und Nürnberg gedruckt) und Luthers erste Umarbeitung noch aus dem Jahr 1529 (zum ursprünglichen Text kam die „Vermanung zur Beichte“ hinzu). Darüberhinaus erfolgt ein Abgleich mit der zweiten Umarbeitung von 1530. Bis auf die letzte Überarbeitung des Großen Katechismus noch zu Luthers Lebzeiten 1538 bleiben die zahlreichen Drucke der 1530er Jahre unberücksichtigt. Die Textkritik des lateinischen Großen Katechismus bietet die erste lateinische Übersetzung von Vincent Obsopoeus sowie die letzte Überarbeitung zu Lebzeiten Luthers von 1544. Obwohl die beiden Katechismen in verschiedenen Formen sukzessive erschienen und neu herausgegeben wurden, wurden doch die Textfassungen des deutschen und lateinischen Konkordienbuchs die maßgeblichen.
Drucke: Kleiner Katechismus deutsch: Mar29
Der Kleine || Catechismus / Für || die gemeyne Pfar=||herr vnd Pre=||diger. || Mart. Luther, Marburg: Franz Rhode 1529. VD 16 L 5035
Witt35
ENCHIRIDION || Der kleine Catechismus für || die gemeine Pfarherr || vnd Prediger. || D. Mart. Luth, Wittenberg: Nickel Schirlentz 1535. VD 16 L 5044
TaA
Das Tauffbüchlin ver=||teütschet durch Mar=||tinum Luther, Augsburg: Sigmund Grimm 1523. VD 16 A 777
TaE
Das tauff buch=||leyn verdeutscht durch || Mart. Luther, Erfurt: Matthes Maler 1523. VD 16 A 778
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525521045 — ISBN E-Book: 9783647521046
848 TaW
Luthers Katechismen
Das tauff buch=||lin verdeutscht || durch Mart. || Luther, Wittenberg: Nickel Schirlentz 1523. VD 16 A 784
TaZ
Das Tauff buech||lin verdeutscht || durch Martin. Luther, Zwickau: Johann Schönsperger d. J. 1523. VD 16 A 789
Tr29
Ein trawbüch=||lin für die ein=||feltigen Pfarherr. || Mart. Luther, Wittenberg: Nickel Schirlentz 1529. VD 16 A 840
Konk1580
Concordia || hwhy || Christliche || Widerholete einmütige Bekentnüs || nachbenanter Churfürsten / Fürsten vnd Stende Augspurgischer Confession || vnd derselben Theologen Lere vnd glaubens: || Mit angeheffter / in Gottes wort / als der einigen Richt=||schnur / wolgegründter erklerung etlicher Artickel / bey || welchen nach D. Martin Luthers seligen absterben / || Disputation und streit vorgefallen. || Aus einhelliger vergleichung vnd || beuehl obgedachter Churfürsten / Fürsten und Stenden / || derselben Landen / Kirchen / Schulen vnd Nachkommen / || zum vnderricht vnd warnung in Druck || vorfertiget. || Mit Churf. G. zu Sachsen befreihung, Dresden: Matthes Stöckel und Gimel Bergen 1580, 160r–173v. VD 16 K 1990.
Der deutsche Text unserer Edition folgt dieser Ausgabe. Taufund Traubüchlein folgen dem nicht im VD 16 enthaltenen Ex. des Concordia Seminary, St. Louis: BX 8068, .A2, 1580 (1011607034), 170r–173r.
Kleiner Katechismus lateinisch: Conc1584
Concordia. || PIA ET VNANIMI || CONSENSV REPETITA || Confessio Fidei & doctrinae || ELECTORVM, PRINCIPVM, || ET ORDINVM IMPERII, || Atque eorundem Theologorum, qui || Augustanam Confessionem am-||plectuntur. || CVI EX SACRA SCRIPTVRA, || VNICA ILLA VERITATIS NORMA ET || regula, quorundam Articulorum, qui post Doctoris MARTI-||NI LVTHERI felicem ex hac vita exitum, in con-|| trouersiam venerunt, solida accessit || Declaratio. [...], Leipzig: Georg Deffner 1584, 341–386. VD 16 K 2006
Der lateinische Text unserer Edition folgt dieser Ausgabe. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525521045 — ISBN E-Book: 9783647521046
Einleitung
849
Großer Katechismus deutsch: Witt1
Deudsch || Catechis=||mus. || Mart. Luther, Wittenberg: Georg Rhau 1529. VD 16 L 4339.
Witt2
Deudsch Ca=||techismus. || Gemehret mit einer newen || vnterricht vnd verma=||nung zu der Beicht. || Mart. Luth., Wittenberg: Georg Rhau 1529 VD 16 L 4341.
Witt3
Deudsch || Catechis=||mus. || Gemehret mit einer new||en vorrhede / vnd ver=||manunge zu der || Beicht, Wittenberg: Georg Rhau 1530. VD 16 4343.
Witt4
Deudsch || Catechis=||mus. || Auffs new Corrigirt vnd || gebessert, Wittenberg: Georg Rhau 1538. VD 16 4353.
Konk1580
Concordia || hwhy || Christliche || Widerholete einmütige Bekentnüs || nachbenanter Churfürsten / Fürsten vnd Stende Augspurgischer Confession || vnd derselben Theologen Lere vnd glaubens: || Mit angeheffter / in Gottes wort / als der einigen Richt=||schnur / wolgegründter erklerung etlicher Artickel / bey || welchen nach D. Martin Luthers seligen absterben / || Disputation und streit vorgefallen. || Aus einhelliger vergleichung vnd || beuehl obgedachter Churfürsten / Fürsten und Stenden / || derselben Landen / Kirchen / Schulen vnd Nachkommen / || zum vnderricht vnd warnung in Druck || vorfertiget. || Mit Churf. G. zu Sachsen befreihung, Dresden: Matthes Stöckel und Gimel Bergen 1580, 174r–227v. VD 16 K 1990
Der deutsche Text des Großen Katechismus folgt dieser Ausgabe. KonkMB
CONCORDIA || hwhy || Christliche, || Widerholete / einmütige || Bekentnüs nachbenanter Churfürsten / Für=||sten vnd Stende Augspurgischer Confes=||sion vnd derselben Theologen Lere / || vnd Glaubens: || Mit angeheffter / in Gottes wort / als der einigen Richt=||schnur / wolgegründter erklerung etlicher Artickel / bey welchen || nach D. Martin Luthers seligen absterben / Dispu=||tation und streit vorgefallen. || Aus einhelliger vergleichung vnd beuehl ob=||gedachter Churfürs-
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Luthers Katechismen
ten / Fürsten vnd Stenden / der=||selben Landen / Kirchen / Schulen vnd Nachkom=||men / zum vnderricht vnd warnung in || Druck vorfertiget. || Mit F. D. des Administratoris dieses Ertzstiffts || Magdeburgk befreyhung / Wie nach der Vor=||red zuersehen, Magdeburg: Joachim Walde (Erben) und Johann Meißner 1580, 261v–264r. VD 16 K 1996
Der deutsche Text der „Vermahnung zur Beichte“ folgt dieser Ausgabe.
Großer Katechismus lateinisch: Hag
D. MART || TINI LVTHERI THEO||logi, Catechismus, lectu dig||nißimus, latinus factus || per Vencentium || Obsopoeum. || Huic adiecti sunt alij quoq; gemi=||ni Catechismi, Iohannis Brentij || Ecclesiastae Hallensis, eo=||dem interprete, Hagenau: Johann Setzer 1529. VD 16 L 4408.
Fra
CATE||CHISMVS MAIOR D. MARTINI LVTH. RECO||gnitus et auctus. || Vna cum praefatione noua || ad ministros Verbi. || [übers. v. Vincentius Opsopoeus], Frankfurt/Main: Peter Braubach 1544 VD 16 L 4411.
Conc1584
Concordia. || PIA ET VNANIMI || CONSENSV REPETITA || Confessio Fidei & doctrinae || ELECTORVM, PRINCIPVM, || ET ORDINVM IMPERII, || Atque eorundem Theologorum, qui || Augustanam Confessionem am-||plectuntur. || CVI EX SACRA SCRIPTVRA, || VNICA ILLA VERITATIS NORMA ET || regula, quorundam Articulorum, qui post Doctoris MARTI-||NI LVTHERI felicem ex hac vita exitum, in con-|| trouersiam venerunt, solida accessit || Declaratio. || COMMVNI CONSILIO ET MAN-||dato eorundem Electorum, Principum ac Ordinum Imperij, & || erudiendis & monendis subditis, Ecclesijs & Scholis suis, || ad memoriam posteritatis denuo typis || vulgata, Leipzig: Georg Deffner 1584, 387–551. VD 16 K 2006
Der lateinische Text unserer Edition folgt dieser Ausgabe.
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Der Kleine Katechismus
[160r] Enchiridion
a
BSLK 501
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Der Kleine Catechismus
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b
D. Martini Lutheri für die gemeine Pfarherrn und Prediger b
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Vorrede Doctoris Martini Lutheria
BSLK 502
Martinus Luther allen treuen, fromen Pfarhern und Predigern Gnade, Barmherzigkeit und friede in Jhesu Christo unserm Herrn. Diesen Catechismum oder Christliche Lere5 in solche kleine schlechte6, einfeltige7 Form zustellen, hat mich gezwungen und gedrungen, die klegliche elende noth, so ich neulich erfahren habe, da ich auch ein Visitator8 war. Hilff, lieber Gott, wie manchen jamer hab ich gesehen, das der gemeine9 Man doch so gar nichts weis von der Christlichen Lere, sonderlich10 auff den Dörffern, und leider | viel Pfarherrn fast11 ungeschickt und untüchtig sind zu lehren und sollen doch alle Christen heissen, getaufft sein und der heiligen Sacrament geniessen, können weder Vater unser noch den Glauben12 oder Zehen Gebot13, leben dahin wie das liebe Viehe und unvernünftige Seue14. Und nun15 das Evangelium kommen ist, dennoch fein gelehretc haben, aller Freyheit meisterlich zu mißbrauchen. O ihr Bischoffe16, was wolt ihr doch Christo immermehr antworten17, das ihr das Volck so schendlich habt lassen hingehen18d und euer Ampt nicht ein augenblick je beweiset, das euch alles unglück fliehe19, verbietet einerley
a–a
nicht in Mar29 | b – b nicht in Witt35 | c gelernt Mar29, Witt35 | d gehen Mar29, Witt35
1
Griechisch für Handbüchlein | 2 Griechisch: κατηχισμός, das Unterrichtssystem, das seit der Alten Kirche den Gläubigen die fundamentalen Elemente des christlichen Glaubens nahebrachte, noch im 15. Jahrhundert hauptsächlich durch die Predigt. Der Katechismus bestand im Kern aus dem Credo, dem Vaterunser, dem Dekalog und dem Ave Maria. Luther lies das vierte Element fallen und ordnete Dekalog (Gesetz), Credo (Evangelium) und Vaterunser (christliches Leben) nach seinem Verständnis der biblischen Botschaft. Zu dieser Änderung der traditionellen Reihenfolge; vgl. Luther, Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers (1520), in: WA 7, 204,5–205,3 und ders., Ein Betbüchlein der zehn Gebote, des Glaubens, des Vaterunsers und des Ave Maria (1522), in: WA 10/2, 376,12–377,13. | 3 einfachen. Auch noch im 15. Jahrhundert hatten die meisten Dorfpfarrer keine Universitätsausbildung. Obwohl Luther glaubte, dass die Eltern die Verantwortung für den katechetischen Unterricht ihrer Kinder und des Gesindes trugen, erkannte er, dass auch den Pfarrern eine wichtige Rolle bei der Motivierung und Durchführung des Unterrichts im Haushalt zukam. Der Große Katechismus sollte deshalb auch als Muster für katechetische Predigten in der Gemeinde zu diesem Zweck dienen, vgl. u. S. 930, Anm. 82; Gemeine verordnung und artikel der visitation in Meissen und Voitlandt (1533), in: EKO I, 187–195, hier: 190; Ordenung der Christlichen kirchen in furstenthumb zu Hessen (1532), in: EKO VIII, 75–79, hier: 77. | 4 Die Tätigkeit des Predigers ist auf den Predigtdienst beschränkt, der Pfarrer übt hingegen auch die Kasualien aus und ist für die gesamte
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Vorrede
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[341] Enchiridion
BSLK 501
Catechismus Minor D. Martini Lutheri, pro Parochis et Concionatoribus Praefatio D. Martini Lutheri 5
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Martinus Lutherus omnibus fidelibus piis Parochis et Concionatoribus Gratiam, misericordiam et pacem in Christo Iesu Domino nostro Pr[ecatur]. Miserabilis illa facies, quam proxime, cum visitatorem agerem, vidi, me ad edendum hunc Catechismum, simplicissime et brevissime tractatum, coegit. Deum immortalem, quantam calamitatem ibi vidi: vulgus, praesertim autem illud, quod in agris vivit, item plerique Parochi, adeo nullam Christianae doctrinae cognitionem habent, ut dicere etiam pudeat. | Et tamen omnes sancto illo Christi nomine appellantur et nobiscum communibus utuntur sacra[342]mentis, cum orationem Dominicam, Symbolum Apostolicum et Decalogum non modo intelligant, sed ne verba quidem referre possint. Quid multis moror? nihil omnino a bestiis differunt. Iam autem cum Evangelium passim doceatur, illi vel maxime Christianorum libertate fruuntur. Quid hic Christo respondebitis, Episcopi, quibus illa cura est divinitus demandata? Vos enim estis, quibus vel solis illa Christianae religionis calamitas debetur. Vos permisistis ita turpiter errare homines, vestra ea est culpa, qui nihil minus unquam fecistis, quam hoc, quod vestri officii erat facere. Nolo Seelsorge zuständig. Die Prediger hatten durch ihr Amt die Verantwortung für die Katechismuspredigten, die im Mittelalter die wichtigste Art des katechetischen Unterrichts darstellten. 5 Luther hatte bereits während seiner Zeit im Kloster Katechismuspredigten gehalten und betonte ständig die Wichtigkeit der Katechismusunterweisung; vgl. Luther, Deutsche Messe (1526), in: WA 19, 76,1–78,24 und ders., Der Prophet Sacharja ausgelegt (1527), in: WA 23, 486,28–38. 6 schlichte | 7 einfache | 8 Luther nahm 1528/29 an der kurfürstlich angeordneten Visitation der sächsischen Gemeinden teil. Er klagte über den erbärmlichen Zustand des ländlichen Gemeindelebens und besonders über die mangelnde Kenntnis der Bauern von der christlichen Lehre, z. B. in Briefen an Nikolaus von Amsdorf, 1. November 1528, in: WA.B 4, 597,5–7 (Nr. 1347); an Georg Spalatin, 11. November 1528, in: WA.B 4, 605,9–12 (Nr. 1350); an dens. in der ersten Dezemberhälfte, in: WA.B 4, 624,8–11 (Nr. 1365). | 9 einfache | 10 besonders | 11 sehr | 12 das Apostolicum; vgl. o. S. 42f. | 13 Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts wurde der „Katechismus“ in der Reihenfolge: Glauben (Credo), Hoffnung (Vaterunser) und Liebe (Dekalog) (vgl. I Kor 13,13) präsentiert; nach 1450 wurde die Reihenfolge: Vaterunser, Credo und Dekalog immer geläufiger; vgl. u. S. 912, Anm. 2. | 14 Schweine | 15 jetztm, da | 16 Luther bezeichnete den Pfarrer vielfach als Bischof seiner Gemeinde; vgl. Luther, Resolutio Lutheriana super propositione XIII. de potestate papae (1519), in: WA 2, 227,35–229,28; ders., Auf das überchristlich, übergeistlich und überkünstlich Buch Bock Emsers Antwort (1521), in: WA 7, 630,34–631,3; ders., Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 506,33. | 17 wie wollt ihr es vor Christus verantworten | 18 sich selbst überlassen | 19 dass euch dafür nicht die Strafe treffe
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Der Kleine Katechismus
gestalt20 und treibet21 auff euere Menschen Gesetze. Fraget aber dieweil nichts darnach, ob sie das [160v] Vater unser, Glauben, Zehen Gebot oder einiges22 Gottes wort könnene. Ach und wehe uber euren Hals ewiglich.23
Darumb bitte ich umb Gottes willen euch alle, meine lieben Herren und Brüder, so Pfarherrn oder Prediger sind, wöllet euch euers Ampts von hertzen annemen, euch erbarmen uber euer Volck, das euch befohlen ist und uns helffen, den Catechismum in die Leute, sonderlich in das junge Volck bringen. Und welche es nicht besser vermögen, diese Taffeln und Forme24 für sich nemen und dem Volck von wort zu wort fürbilden25.
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Und nemlich also: Auffs erste, das der Prediger vor allen dingen sich hüte und meide, mancherley oder anderley Text und Form der Zehen Gebot, Vater unser, Glauben, der Sacrament etc., Sondern neme einerley26 Form für sich, darauff er bleibe und dieselbe immer treibe, ein Jar wie das ander. Dann das junge und allbere27 Volck mus manf mit einerley gewissen28 Text und Formen leren. Sonst werden sie gar | leicht irre, wenn man heut sonst29 und uber eing Jar so leret, als wolt man es bessern, und wird damit alle mühe und arbeidt verloren. Das haben die lieben Väter30 auch wol gesehen, die das Vater unser, Glauben, Zehen Gebot alle auff eine weise haben gebrauchet. Darumb sollen wir auch bey dem jungen und einfeldigem Volck solche stücke also lehren, das wir nicht eine Syllaben31 verrücken oder ein Jar anders dann das ander fürhalten oder fürsprechen. Darumb erwehle dir, welche Form du wilt, und bleib dabey ewiglich. Wenn du aber bey den Gelehrten und verstendigen predigest, da magstu deine kunst32 beweisen und diese stücke so bund kraus33 machen und so meisterlich drehen, als du kanst. Aber bey dem jungen Volck bleib auff einer gewissen ewigen Forme und weise und lere sie für das aller erst dieh stück, nemlich die Zehen Gebot, Glauben, Vater unser etc. nach dem Text hin, von wort zu wort, das sie es auch so nach sagen können und auswendig lernen.
[161r] Welche es aber nicht lernen wollen, das man denselbigen sage, wie sie Christum verleugnen und keine Christen sind, sollen auch nicht zu dem Sacrament gelassen werden, kein Kindt aus der Tauffe heben34, auch kein
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künnden Mar29, Witt35 | f nicht in Mar29, Witt35 | g nicht in Mar29 | h diese Mar29, Witt35
20 eine Gestalt [und zwar den Kelch im Abendmahl]. Im Laufe des 12. und 13. Jahrhunderts hatte die mittelalterliche Kirche den Laien den Kelch entzogen, eine Praxis, die schon in der alten Kirche in einigen Regionen existierte. | 21 besteht | 22 irgendein | 23 Vgl. Luthers und Melan-
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hic quicquam mali vobis imprecari. Ea autem an non est summa impietas cum maxima impudentia coniuncta, quod unicam tantum speciem Sacramenti ac vestras traditiones urgetis? hoc prorsus contemnitis et negligitis, an illi, qui vestrae fidei et curae commendati sunt, orationem Dominicam, Symbolum Apostolicum aut Decalogum teneant nec ne? Vae vae vobis. Per Deum igitur omnes vos Parochos et Concionatores rogo atque obtestor, ut serio vestrum faciatis officium, et ut divinitus vobis commendatae plebis agatis curam, Quod tum rectissime feceritis, si una nobiscum hunc Catechismum vulgo, praesertim autem iunioribus inculcetis. Quod si qui ex vobis adeo sunt indocti, ut omnino nullam harum rerum cognitionem habeant, illos non pudeat suis auditoribus praelegere de verbo ad verbum, a nobis praescriptam hanc formam, In hunc modum: Primo omnium hoc cavebunt Concionatores, ne subinde alio atque alio modo vel Decalogum vel Dominicam orationem vel Symbolum Apostolicum vel etiam Sacramenta proponant, sed ut perpetuo eadem utantur forma in his [343] proponendis et explicandis vulgo. Ideo autem hoc do consilium, quod sciam, non posse feliciter doceri simpliciores homines et qui natu | minores sunt, quam una atque eadem forma saepius proposita ac repetita. Quod si iam isto, iam alio modo eadem proponas, facile perturbantur simpliciores animi et fiet, ut pereat omnis opera, quam in docendo ponis. Atque hoc viderunt sancti Patres, qui voluerunt Decalogi, Symboli et Dominicae orationis unam eandemque certis verbis descriptam formam in Ecclesia esse. Illorum diligentiam nos imitari convenit et danda opera est, ut simplicioribus et iunioribus sic illa proponamus, ut ne una quidem syllaba immutetur, quotiescunque tandem Catechismum doceas, et ut perpetuo sui similis sit tractatio. Quamcunque igitur tibi delegeris praedicandi Catechismi formam, eam perpetuo retinebis, neque unquam ab ea discedes. Alia autem ratio est, si in turba doctorum hominum Evangelium doceas, ibi enim eruditionis tuae specimen edere potes, neque prohibeo, si apud illos tractationem varies et subinde alium atque alium vultum dicendo fingas. Apud simpliciores autem perpetuo eadem certis verbis descripta forma uteris. Et debet is primus esse labor, ut Decalogum, Symbolum, item orationem Dominicam de verbo ad verbum nude et simplicissime doceas, ut eadem saepius audita ipsi quoque auditores referre discant. Quod si qui adeo religionem contemnunt, ut discere haec nolint, illi monendi sunt, quod Christum negent et quod nihil minus sint quam Christiani. Atque illi neque admittendi sunt ad Sacramentum altaris, neque ad Catechistarum
chthons Kritik an den Bischöfen im „Unterricht der Visitatoren“ (1528), in: WA 26, 195,4–201,7. 24 Muster | 25 vortragen, vorsprechen | 26 eine festgelegte | 27 einfältige, ungebildete | 28 bestimmten | 29 so | 30 Kirchenväter | 31 Silbe | 32 Gelehrsamkeit | 33 vielfältig | 34 kein Patenamt bekleiden
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525521045 — ISBN E-Book: 9783647521046
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Der Kleine Katechismus
stück der Christlichen Freyheit35 brauchen. Sondern schlechts36 dem Bapst und seinen Officialen37, dazu dem Teuffel selbst heim geweiset38 sein. Dazu sollen ihnen die Eltern und Hausherrn essen und trincken versagen und in anzeigen39, Das solche rohe40 Leute der Fürste aus dem Lande jagen wölle etc.
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Denn wiewol man niemand zwingen kan noch sol zum Glauben, so sol man doch den hauffen dahin halten und treiben, das sie wissen, was recht und unrecht ist bey denen, bey welchen sie wonen, sich neeren und leben wollen. Denn wer in einer Stadt wohnen will, der sol das Stadtrecht wissen und halten, das er geniessen wil41. Gott gebe42, er gleube oder sey im hertzen für sich ein Schalck43 oder Bube44. Zum andern, wenn sie den Text wol können, so lere sie denn hernach auch den verstand, das sie wissen, was es gesagt sey45, und nim abermal für dich dieser Taffeln weise46 oder sonst eine kurtze einige weise47, welche du wilt, und bleib dabey und verrücke sie mit keiner Syllaben nicht, gleich wie vom Text jetzt gesagt ist, und nim dir derweile48 darzu. Denn es ist nicht noth, das du alle stücke auff ein mahl fürnemest, Sondern eins nach dem andern. Wenn sie das erste Gebot zuvor wol vorstehen, darnach nim das ander für dich und so fort an, sonst werden sie uberschüttet, das sie keins wol behalten.
Zum dritten, wenn du sie nun solchen kurtzen Catechismum geleret hast, als denn nim den grossen Catechismum49 für dich und gib ihnen auch reicherni und weitern verstand; daselbst streich50 ein jeglich Gebott, Bitte, Stücke aus mit seinen mancherley wercken, nutz, frommen51, fahr52 und schaden, wie du das alles reichlich findest in so viel Büchleinj, davon gemacht. Und insonderheit treibe das Gebot und stücke am meisten, das bey deinem Volck am meisten noth leidet. Als53 das siebente Gebot von stelen must du bey Handwercken, Hendlern, Ja auch bey Bauren und Gesinde hefftig treiben, denn
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reichen Mar29, Witt35 | j Büchern Mar29
35 Der Begriff „Freiheit“ hatte im frühen 16. Jahrhundert neben seiner spezifisch christlichen auch andere Bedeutungen. „Freiheit“, verstanden als Befreiung von Sünde, Tod und Zorn Gottes mit Bindung an den Nächsten in Liebe und gegenseitigem Dienst, wie Luther den Begriff füllte (Von der Freiheit eines Christenmenschen [1520], in: WA 7, 21,1–28,5), war eine von vielen in der öffentlichen Diskussion präsenten Bedeutungen. In dem hier vorliegenden Kontext jedoch bezieht sich Luther auf ein volkstümliches Verständnis von Freiheit, dass die Unabhängigkeit von allen Lebensregelen bis hin zur Verantwortungslosigkeit meint. | 36 schlechterdings | 37 Beamte;
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officium, qui pueris baptizandis adsunt. Et si Christianae libertatis iure [344] uti velint, ubi eis est commodum, non est illud eis concedendum, sed potius ad Papam atque eos, quos vocant Officiales, et ad ipsum quoque Satanam sunt ablegandi. Parentum autem et Patrum familias officium erit, negare talibus hominibus victum, et pulchre quoque fecerint, si efferatis illis hominibus indicent, eam Principis esse | sententiam, ut in exilium aliquo delegentur, et eiiciantur e patria. Quanquam enim sic sentiam ad fidem neminem vel posse vel debere cogi, hoc tamen omnino faciendum est, ut teneat vulgus quid ius, quid item contra ius illorum sit, cum quibus vivit et suum quaeritat victum. Hoc enim requiritur, ut quisque suae civitatis iura, quibus, ceu privilegio quodam, uti volet, norit et observet, sive credat vere sive perditus aliquis sit nebulo. Secundum, Cum simpliciores illi iam Catechismi verba bene annumerare didicerint, tradenda post quoque est eis explicatio, ut ea etiam intelligant. Potes autem vel hac nostra forma, quam hic praescriptam vides, vel alia quadam uti. Sicut autem, ut ante monui, Catechismus nudus iisdem semper verbis vulgo proponendus est, ita in expositione Catechismi cuperem perpetuo eandem tractationem sequendam ne quidem immutata unica syllaba. Sumes autem ad eam rem satis temporis, neque enim necesse est omnia simul proposuisse, sed sunt faciendi ordines et in tractando alterum alteri rite convenit subiicere. Ut si iam exacte tenuerint, quid nam primum praeceptum postulet, tum ad secundum est pergendum. Ut sic omnia doceantur certo ordine, alias enim fiet, ut nimia copia obrutae et perturbatae mentes nihil prorsus retineant. [345] Tertio, Postquam hanc brevem Catechismi expositionem absolvisti, tum illam longiorem tractationem ingredieris, ut plenius omnia auditores intelligant. Ibi singula praecepta, singulas Symboli et orationis Dominicae partes, suis illustrabis coloribus, varia enumerabis opera, varios fructus et commoda, quae inde enascuntur, Item pericula et damna quoque in quae coniicimur, si minus ea praestemus. Invenies autem ista passim piorum hominum scriptis copiose explicata. Porro maxime urgebis illa praecepta, in quae potissimum committere tuo loci homines vides. Et ut eius rei | exempla subiiciam, Septimum praeceptum potissimum urgebis apud mercatores, et apud illos, qui manuarias exercent operas. Commode quoque hoc praeceptum apud agricobischöfliche Beamte für Zwecke der Rechtsprechung in Ehe-, Disziplinar- und Verwaltungssachen | 38 überlassen | 39 ihm klarmachen | 40 grobe, ungehobelte | 41 von dem er einen Nutzen haben will | 42 Gleichgültig ob | 43 arglistiger, untreuer Mensch | 44 Schurke | 45 was es heißt 46 die Form dieses Textes | 47 oder eine sonstige kurze, gleichbleibende Fassung des Textes 48 Zeit | 49 Luther dachte wahrscheinlich nicht an seinen eigenen, kürzlich erschienenen „Grossen“ oder „Deutschen Katechismus“, sondern eher an einen der frühen evangelischen Katechismen, vgl. Ferdinand Cohrs, Die evangelischen Katechismusversuche vor Luthers Enchiridion, 5 Bd., Berlin 1900–1907 (Monumenta Germaniae paedagogica 20–23.39). | 50 male aus, erkläre | 51 Vorteil | 52 Gefahr | 53 Zum Beispiel
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Der Kleine Katechismus
bey solchen Leuten ist aller[161v]ley untreu und | dieberey gros. Item54, das Vierte Gebot mustu bey den Kindern und gemeinem Man kwol treibenk, das sie stille, treu, gehorsam, friedsam sein und immer viel Exempel aus der Schrift, da Gott solche Leute gestraffet und gesegnet hat, einführen55.
Insonderheit treibe auch daselbst die Obrigkeit und Eltern, das sie wol regieren und Kinder ziehen zur Schule, mit anzeigen56, wie sie solches zuthun schuldig sind. Und wo sie es nicht thun, welche eine verfluchte sünde sie thun. Denn sie stürtzen und verwüsten damit beide Gottes und der Welt Reich als die ergesten Feinde, beide Gottes und der Menschen, und streich wol aus, was für greulichen schaden sie thun, wo sie nicht helffen Kinder ziehen57 zu Pfarherrn, Predigern, Schreibern58 etc., das Gott sie schrecklich darumb straffen wird. Denn es ist hie noth zu predigen, die Eltern und Oberkeit sündigen jetzt hierin, das nicht zu sagen ist; der Teuffel hat auch ein grausames damit im sinne.59
BSLK 506
Zu letzt, Weil nu die Tyranney des Bapstes ab60 ist, so wollen sie nicht mehr zum Sacrament gehen und verachtens. Hie ist aber | noth zu treiben, doch mit diesem bescheidt61: Wir sollen niemand zum Glauben oder zum Sacrament zwingen, auch kein Gesetze noch zeit noch stedt stimmen62, Aber also predigen, das sie sich selbst on unser gesetz dringen und gleich uns Pfarherrn zwingen, das Sacrament zu reichen, welches thut man also, das man inen sagt: Wer das Sacrament nicht sucht oder begert zum wenigsten ein mahl oder vier des Jars63, da ist zubesorgen, das er das Sacrament verachte und kein Christ sey, gleich wie der kein Christ ist, der das Evangelion nicht gleubet oder höret. Denn Christus sprach nicht: Solches lasset oder solches verachtet, Sondern: „solches thut, so offt irs trincket“64 etc. Er wil es warlich gethan und nicht aller ding65 gelassen66 und veracht haben. „Solches thut“, spricht er.
k–k
nicht in Mar29
54 Ebenso | 55 Vgl. Luthers Erklärungen des vierten und siebten Gebots im Großen Katechismus, u. S. 968–993; 1006–1019. | 56 Erklärungen | 57 zu erziehen | 58 Notaren, Schriftführern, Verwaltungsangestellten | 59 Vgl. dazu Luther, An die Ratsherren aller Städte deutschen Lands, daß sie
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las, servos et servas urgetur, illi enim pessima fide cum hominibus agunt et variis modis committuntur furta. Sic quartum praeceptum apud imperitum vulgus et minores natu potissimum urgere convenit, ut sint quieti, bona fide omnia agant, pareant magistratibus et parentibus, publicam pacem non perturbent. Sunt autem haec sacrarum literarum historiis illustranda, ubi Deus vel graves poenas a transgressoribus huius praecepti exegit, vel illorum, qui servarint, omnia coepta mirabiliter fortunavit. Hoc quoque inprimis eo loco ages, ut commoneas sui officii Magistratum et Parentes, ut summa diligentia publica munera obeant, et suos liberos ad literarum studia adhibeant. Sic autem commonendi sunt, ut sentiant se debere illa ex divino mandato, quae, si minus faciant, gravissime a se esse peccatum. Quid enim illi faciunt aliud, quam ut simul et divinam et humanam administrationem tollant, non aliter atque infensissimi tum Dei, tum hominum hostes?[346] Atque hic ceu in tabula spectandum propones, quam gravia damna rebus publicis dent illi, qui suos liberos non adhibent ad litteras, ut in Parochos, in ministros Verbi, item ad alia officia, quorum haec vita non sine magna calamitate carere potest, aliquando deligi possint. Hoc quoque addes, Deum gravissimas poenas pro illo peccato a parentibus expetiturum. Et sane haud scio, an sit alius locus, qui aeque merebatur tractari, atque hic. Neque enim dici potest, quantum hac in parte a Magistratibus et Parentibus nostro saeculo peccetur. Non autem dubium est, quin id a Satana fiat, eo consilio, ut in maximam calamitatem Germaniam coniiciat. Postremo, Quoniam Papae tyrannis imminuta et labefactata iam est, multos passim invenias, qui ad Sacramentum | nunquam accedunt, sed contemnunt plane ceu rem inutilem et non necessariam. Illi quoque impellendi et urgendi sunt hac tamen ratione. Nolo ego quenquam neque ad fidem neque ad Sacramenta cogi et male faciunt illi, qui leges, certa tempora, aut certa loca ad tales res praescribunt. Sic tamen docere illi, qui in officio Verbi sunt, debent, ut sine nostris legibus, ultro sua voluntate coacti auditores ad nos veniant, et nos ministros Verbi cogant quasi ad porrigendum Sacramentum. Id quod tum fiet, si sic doceas, Periculum esse, ne ii contemnant Sacramentum neque digni sint, qui in Christianorum numero censeantur, qui non in anno quater ut minimum sacramentum sumant. Quemadmodum neque illi in Christianorum numero censendi sunt, qui Evangelio vel non credunt vel illud non audiunt. Neque enim Christus eum institueret Sacramentum, dixit, Hoc obmittite vel contemnite, sed Hoc facite, quotiescunque biberitis, etc. Hoc certe vult, ut [347] faciamus, non vult, ut aut prorsus intermittamus aut contemnamus. Sic enim ait, Hoc facite.
christliche Schulen aufrichten und halten sollen (1524), in: WA 15, 27–53; ders., Eine Predigt, daß man Kinder zur Schulen halten solle (1530), in: WA 30/2, 517–588 und den Schluss seiner Erklärung des vierten Gebots im Großen Katechismus, u. S. 990–993. | 60 vorbei | 61 Einschränkung 62 bestimmen | 63 viermal im Jahr | 64 I Kor 11,25 | 65 durchaus | 66 unterlassen
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Der Kleine Katechismus
Wer aber das Sacrament nicht gros achtet, das ist ein Zeichen, das er keine sünde, kein fleisch, keinen Teuffel, keine Welt, keinen todt, keine fahr, keine Helle hat. Das ist: Er gleubet der keines, ob er wol bis ober die Ohren darin steckt, und ist zweyfeltig67 des Teuffels. Widerumb so darff er auch keiner gnade, leben, Paradeis, Himelreich, Christus, Gottes noch einiges68 gu[162r]tes, denn wo er gleubet, das er so viel böses hette und so viel gutes bedürffte, so würde er das Sacrament nicht so lassen69, darin solchem ubel geholffen und so viel guts gegeben wird. Man darffl ihn auch mit keinem Gesetze zum Sacrament zwingen, sondern er wird selbst gelauffen und gerennet kommen, sich selbst zwingen und dich treiben, das du im müssest das Sacrament geben.
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Darumb darffestu hie kein Gesetz stellen wie der Bapst70, streiche nur wol aus den nutz und schaden, noth und frommen, | fahr und heil in diesem Sacrament, so werden sie selbst wol kommen on dein zwingen. Kommen sie aber nicht, so las sie fahren und sage inen, das sie des Teuffels sind, die ihre grosse noth und Gottes gnedige hülffe nicht achten noch fühlen. Wenn du aber solches nicht treibest oder machest ein Gesetz und Gifft daraus, so ist es deine schuldt, das sie das Sacrament verachten. Wie solten sie nicht faul sein, wenn du schleffest und schweigest. Darumb sihe darauff, Pfarherr und Prediger, unser Ampt ist nu ein ander ding worden, denn es unter dem Babst war; es ist nun ernst und heilsam worden. Darumb hat es nun viel mehrm mühe und arbeit, fahr und anfechtunge, darzu wenig lohn und danck in der Welt. Christus aber wil unser lohn selbst sein, so wir treulich arbeiten.
Das helffe uns der Vater aller Gnaden. Dem sey Lob und danck in ewigkeit durch Christum, unsern Herrn. Amen.
l
durfft Mar29 | m nicht in Mar29, Witt35
67
zweifach | 68 irgendetwas | 69 vernachlässigen | 70 Vgl. 4. Laterankonzil, Kap. 21: Die Ablegung der Beichte, in: X.5.38.12 (Friedberg II, 887; DH 814).
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Quod si quis Sacramentum contemnit, certum id est argumentum, quod neque is peccatum neque carnem neque Satanam neque mundum neque mortem neque pericula neque internum habeat. Hoc est, quod prorsus nihil horum credat, quanquam totus immersus sit peccatis et in Satanae regno gravissime teneatur captivus. Contra non gratia, non vita, non Paradiso, non coelo, non Christo, non Deo neque ullo alio bono opus habeat. Nam si crederet se peccatis obrutum longissime a gratia abesse, sine dubio hoc Sacramentum non contemneret, in quo contra peccata remedium et tanta omnium bonorum copia nobis exhibetur. Neque etiam huic ullis legibus opus esset, quibus ad Sacramentum sumendum cogeretur, ipse sua sponte accurreret, coactus peccatorum mole et te potius cogeret ad porrigendum sibi Sacramentum. Non igitur hic legibus agendum est, id quod Papa fecit. Hoc fac, ut oratione quantum potes, huius Sacramenti com|moda et incommoda, pericula et bona, item necessitatem cum summa utilitate coniunctam exageres, Tum fiet, ut ultro accurant et ipsi se cogant. Quod si his nihil moveantur aliqui, sine eos suo vivere more, Hoc tantum eis dices, quod in Satanae sint regno, qui nihil, neque sua necessitate neque Dei benignitate et gratia, quam eis in Sacramento exhibet, moveantur. Qui vero hoc modo suos auditores non urgent, et legibus eos potius volunt cogere, illi occasionem contemnendi Sacramenti illis praebent. Cum enim ministri verbi adeo sint oscitantes, non est mirum, si auditores quoque sint negligentiores. Hoc igitur probe confiderent Parochi et Ministri verbi longe iam aliud [348] suum esse officium, quam olim in Papatu fuerit. Iam enim est ministerium salutis et gratiae, fit igitur quoque difficilius et laboriosius. Et cum gravissima pericula et tentationes in ministerio sint perferendae, tamen neque laborum praemium, neque gratias in mundo meretur. Verum nihil nos illa mundi ingratitudo cum summa impietate coniuncta moveat. Christus ipse nobis satis ampla praemia proposuit, si modo fideliter in eius vinea laboraverimus. Id autem ut commodius possimus, faxit Pater omnis gratiae. Cui sit laus et gloria in saecula, per Christum Iesum Dominum nostrum. Amen.
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Der Kleine Katechismus
[162v] Dien Zehen Gebot71, wie sie ein Hausvater seinem Gesinde72 einfeltiglich fürhalten sol
Das Erste Gebot Du solt nicht andere Götter haben.73 Was ist das?
5
Antwort: ‚Wir sollen Gott ober alle ding fürchten, lieben und vertrauen.‘
Das Ander Gebot
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Du solt den Namen deines Gottes nicht mißbraucheno.
Was ist das? Antwort: ‚Wir sollen Gott fürchten und lieben, das wir bey seinem Namen nicht fluchen, schweren74, zaubern, liegen75 oder triegen76. Sondern denselbigen in allen nöthen anruffen, beten, loben und dancken.‘
n
davor: Ein kleiner Katechismus oder christliche Zucht Mar29 | Witt35
o
unnützlich füren Mar29,
71
Vgl. Ex 20,1–17; Dtn 5,6–21. Aus pädagogischen Gründen vereinfachte Luther die Form der Zehn Gebote im Katechismus; vgl. seine Auslegung der biblischen Stellen, in denen die Zehn Gebote erscheinen: Luther, Predigt über 2. Moses 20 (gepredigt 1525, gedruckt 1526), in: WA 16, 421,12.30–528,2.7; ders., Vorlesungen über das 5. Buch Moses (1525), in: WA 14, 601,12–34. 33–37; 606,38–607,33; ders., Predigt über 5. Moses 5 (1529), in: WA 28, 595,6.12–614,4.20. Bis ins 15. Jahrhundert wurden im katechetischen Unterricht Listen von Tugenden und Untugenden verwendet, um den Inhalt der christlichen Liebe bzw. den Gehorsam, den Christen Gott und anderen Menschen schuldig seien, zu vermitteln. Erst im 13. Jahrhundert empfahlen Bischöfe den Gebrauch der Zehn Gebote als Anleitung für die Beichte. Im Laufe des 15. Jahrhunderts wurde
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Die Zehn Gebote
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[349] Decem praecepta, quomodo paterfamilias ea suae familiae simplicissime tradere debeat.
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Primum praeceptum Non habebis Deos alienos. Quae est huius praecepti sententia? 10
Debemus Deum supra omnia timere, diligere et illi confidere.
[350] II. Praeceptum 15
Non assumes Nomen Domini Dei tui invanum: Non enim habebit insontem Dominus eum, qui assumserit nomen eius in vanum. Quae est huius praecepti sententia?
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Responsio: Debemus Deum timere et diligere, ne per nomen eius imprecemur, iuremus, incantemus, mentiamur aut dolis fallamus, Sed in omni necessitate illud invocemus, adoremus et cum gratiarum actione laudemus.
der Dekalog im Katechismus immer gebräuchlicher. | 72 Knechte und Mägde im Haus und auf dem Bauernhof, die Gehilfen in Handel und Gewerbe. | 73 Luther folgte bei der Nummerierung der Zehn Gebote der westlichen mittelalterlichen Tradition, d. h. er ließ das Bilderverbot weg, da er es als eine bloße Erweiterung des ersten Gebots ansah und nicht als selbstständiges Gebot, und spaltete das Begehrverbot in zwei Gebote auf. In den Ostkirchen und den reformierten Kirchen wird hingegen das Bilderverbot als zweites Gebot gezählt. | 74 schwören. Im Großen Katechismus erklärte Luther den Unterschied zwischen dem verbotenen und dem erlaubten Schwören, letzteres diente als Bestätigung der Wahrheit; vgl. u. S. 954f. | 75 lügen | 76 betrügen
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Der Kleine Katechismus
Das Dritte Gebot Du solt den Feiertag heiligen77.
[163r] Was ist das? Antwort: ‚Wir sollen Gott fürchten und lieben, das wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern dasselbige heilig halten, gerne hören und lernen.‘
5
Das vierte Gebot Du solt deinen Vater und deine Mutter ehren.
Was ist das? Antwort: ‚Wir sollen Gott fürchten und lieben, das wir unsere Eltern und Herrn nicht verachten noch erzürnen, sondern sie in ehren halten, inen dienen, gehorchen, lieb und werth haben.‘
10
Das Fünffte Gebot Du solt nicht tödten. Was ist das? Antwort: ‚Wir sollen Gott fürchten und lieben, das wir unserm Nechsten an seinem leibe keinen schaden noch leidt thun, Sondern im78 helffen und fördern in allen leibes nöten.‘
77 Aus pädagogischen Gründen formulierte Luther hier um und sprach nicht mehr von „Sabbat“, sondern von „Feiertag“. Damit sollte der Lebenswirklichkeit der Menschen im 16. Jahrhundert
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Die Zehn Gebote
[351] III. Praeceptum Memento ut diem Sabbathi sanctifices. Quae est huius praecepti sententia? 5
Responsio: Debemus Deum timere et diligere, ne divinos sermones et eius verbum contemnamus. Sed ut sanctum reputemus, libenter audiamus et discamus.
10
[352] IIII. Praeceptum Honora patrem et matrem, ut bene fit tibi et sis longaevus super terram.
15
Quae est huius praecepti sententia? Responsio: Debemus Deum timere et diligere, ne Parentes et Dominos nostros contemnamus neque ad iram commoveamus. Sed honore afficiamus, illis serviamus, morem geramus, amore eos prosequamur et magnifaciamus.
20
25
[353] V. Praeceptum Non occides. Quae est huius praecepti sententia? 30
Responsio: Debemus Deum timere et diligere, ne vitae proximi nostri incommodemus aut aegre faciamus, Sed illum adiuvemus et promoveamus in omnibus vitae et corporis necessitatibus et periculis.
35
Rechnung getragen werden; vgl. Luther, Ein Betbüchlein der zehn Gebote, des Glaubens, des Vaterunsers und des Ave Maria (1522), in: WA 10/2, 376,19–23; 380,12–386,2. | 78 ihm
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Der Kleine Katechismus
[163v] Das Sechste Gebot Du solt nicht Ehebrechen. Was ist das?
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Antwort: ‚Wir sollen Gott fürchten und lieben, das wir keusch und züchtig leben in worten und wercken, und ein jeglicher sein Gemahl lieben und ehren.‘
5
Das Siebente Gebot Du solt nicht stehlen. Was ist das? Antwort: ‚Wir sollen Gott fürchten und lieben, das wir unsers Nehesten gelt oder gut nicht nemen noch mit falscher wahr oder handel an uns bringen. Sondern ime sein gut und narung helffen bessern und behüten.‘
10
Das Achte Gebot Du solt nicht falsch gezeugnis reden wider deinen Nehesten.
Was ist das? Antwort: ‚Wir sollen Gott fürchten und lieben, das wir unsern Nehesten nicht felschlich beliegen79, verrhaten, affterreden80 oder bösen leummunde81 machen, sondern sollen ihn entschuldigen, gutes von ihm reden und alles zum besten lehrenp.‘
p 79
kehren Mar29, Witt35 belügen | 80 übel nachreden, verleumden | 81 seinen Ruf verderben
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[354] VI. Praeceptum Non moechaberis. Quae est huius praecepti sententia? Responsio: Debemus Deum timere et diligere, ut caste et pudice vivamus in verbis ac operibus et unusquisque suam coniugem amet ac honoret.
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VII. Praeceptum Non furtum facies. Quae est huius praecepti sententia? 15
20
Responsio: Debemus Deum timere et diligere, ne proximo pecuniam aut bona auferamus, neque falsis mercibus aut impostura ad nos pertrahamus. Sed demus operam, ut illius opes conserventur et eius conditio melior reddatur.
[356] VIII. Praeceptum 25
Non loqueris contra proximum tuum falsum testimonium. Quae est huius praecepti sententia?
30
Responsio: Debemus Deum timere et diligere, ne proximum falsis mendaciis involvamus, prodamus, traducamus aut infamia aliqua afficiamus. Sed illum excusemus, bene de eo sentiamus et loquamur, et omnia in meliorem partem accipiamus et interpretemur.
35
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Der Kleine Katechismus
[164r] Das Neunde Gebot Du solt nicht begeren deines Nehesten haus.
Was ist das? Antwort: ‚Wir sollen Gott fürchten und lieben, das wir unserm Nehesten nicht mit liste nach seinem Erbe oder Hause stehen82 und mit einem schein des rechten an uns bringen etc.; Sondern im dasselbige zubehalten, förderlich und dienstlich sein.‘
5
Das Zehende Gebot Du solt nicht begeren deines Nechsten Weib, knecht, Magd, Viehe oder was sein ist.
10
Was ist das? BSLK 510
Antwort: ‚Wir sollen Gott fürchten und lieben, das wir unsern Nehesten nicht sein Weib, Gesinde | oder Viehe abspannen, abdringen oder abwendig83 machen; Sondern dieselbigen anhalten, das sie bleiben und thun, was sie schuldig sein.‘
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Was sagt nun Gott von diesen Geboten allen? Antwort: ‚Er sagt also: Ich, der Herr dein Gott, bin ein eiveriger Gott, der uber die, so mich hassen, die sünde [164v] der Veter heimsucht an den Kindern bis ins dritte und vierdte Glied. Aber denen, so mich lieben und meine Gebot halten, den thue ich wol in tausent Glied.‘ Was ist das? Antwort: ‚Gott dreuet84 zu straffen alle, die diese Gebot obertretten, darumb sollen wir uns fürchten für seinem zorn und nicht wider solche Gebot thun. Er verheisset aber gnade und alles gutes allen, die solche Gebot halten.
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trachten, zu bekommen versuchen | 83 ausspannen, abwerben oder abspenstig | 84 droht
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Die Zehn Gebote
[357] IX. Praeceptum Non concupisces domum proximi tui. Quae est huius praecepti sententia? 5
10
Responsio: Debemus Deum timere et diligere, ne haereditatem vel domum proximi dolo malo captemus et sub specie iuris et recti nostris facultatibus adiungamus: Sed potius eum iuvemus, ut suas fortunas retineat integras. [358] X. Praeceptum
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Nec desiderabis uxorem eius, non servum, non ancillam, non bovem, non asinum nec omnia, quae illius sunt. Quae est huius praecepti sententia?
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Responsio: Debemus Deum timere et diligere, ne proximo uxorem, servos, ancillas vel | pecudes abalienemus aut abstrahamus. Sed illos adhortemur et urgeamus, ut maneant et suum officium diligenter faciant.
25
[359] Quid autem summatim dicit Deus de his praeceptis omnibus?
30
Responsio: Sic dicit Exodi 20: Ego, Dominus, Deus tuus, sum fortis zelotes, visitans iniquitatem patrum in filios in tertiam et quartam generationem eorum, qui oderunt me, et faciens misericordiam in millia his, qui diligunt me et custodiunt praecepta mea. Quae est verborum sententia?
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Responsio: Deus minatur poenam omnibus, qui ista praecepta transgrediuntur et violant. Debemus itaque expavescere et timere iram Dei et nihil contra huiusmodi praecepta facere: Rursus promittit etiam suam gratiam et omnia bona omnibus, qui mandata illa observant. Merito igitur debemus Deum
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Der Kleine Katechismus
Darumb sollen wir ihn auch lieben und vertrauen und gerne thun nach seinen Geboten.‘
Der Glaube85, wie ein Haußvater denselbigen seinem Gesinde auff das einfeltigest fürhalten soll Der Erste Artickel: Von der Schöpfung
5
Ich gleube an Gott, den Vater Allmechtigen86, Schepffer Himels und der Erden. Was ist das?
BSLK 511
Antwort: ‚Ich gleube, das mich Gott geschaffen hat sampt allen Creaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, vernunfft und alle sinne gegeben hat und noch erhelt. Darzu Kleider und Schuch, Essen und Trincken, Haus und Hoff, Weib und Kind, Acker, Viehe und alle Güter, mit aller notturfft87 und narung dieses Leibes und lebens, reich|lich und teglich versorget, wider alle fehrligkeit beschirmet88 und für allem ubel behütet und [165r] bewaret und das alles aus lauter Veterlicher, Göttlicher güte und barmhertzigkeit, one alle mein verdienst und wirdigkeit, des alles ich im zu dancken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin. Das ist gewislich war.‘
10
15
Der Ander Artickel: Von der Erlösung Und an Jhesum Christum, seinen einigen89 Sohn, unsern Herrn, der empfangen ist von dem heiligen Geist. Geboren aus Maria, der Jungfrauen. Gelidten unter Pontio Pilato, gekreuziget, gestorben und begraben. Nidergefahren zur Hellen. Am dritten tage wider aufferstanden von den Todten. Auffgefaren gen Himel. Sitzend zur rechten Gottes des Allmechtigen Vaters, von dannen er komen wird, zu richten die Lebendigen und die Todten.
85 Das Apostolicum; vgl. o. S. 42f. Luther verwendete das Apostolicum als Basis seines persönlichen Glaubensbekenntnisses (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis [1528], in: WA 26, 499,1–509,28) und schrieb einen Kommentar zum Apostolicum (Die drei Symbola oder Bekennt-
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Die Zehn Gebote
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diligere et illi confidere et iuxta mandata eius omnem nostram vitam sedulo et diligenter instituere.
[360] Symbolum Apostolicum, quomodo paterfamilias id suae familiae simplicissime tradere debeat. 5
Primus articulus: De creatione Credo in Deum Patrem omnipotentem, Creatorem coeli et terrae. Quae est huius articuli sententia?
10
Responsio: Credo, quod Deus creaverit me, una cum omnibus creaturis: Quod corpus et animam, oculos, aures et omnia [361] membra, rationem et omnes sensus mihi dederit et adhuc sustentet:
15
20
25
30
Ad haec, quod vestes et calceos, cibum ac potum, domum, uxorem, liberos, agros, iumenta et omnia bona cum omnibus vitae necessariis | copiose et quotidie largiatur: Me contra omnia pericula protegat et ab omnibus malis liberet et custodiat: Et haec omnia ex mera sua paterna ac divina bonitate et misericordia sine ullis meis meritis aut ulla dignitate: pro quibus omnibus illi gratias agere, pleno ore laudem tribuere, inservire, obsequi merito debeo. Hoc certissime verum est. Secundus articulus: De redemtione Et in Iesum Christum, Filium eius unicum, Dominum nostrum. Qui conceptus est de Spiritu sancto, [362] natus ex Maria virgine. Passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus. Descendit ad inferna. Tertia die resurrexit a mortuis. Ascendit in coelos. Sedet ad dexteram Dei Patris omnipotentis. Inde venturus est iudicare vivos et mortuos.
nis des Glaubens Christi [1538], in: WA 50, 262–283). | 86 „Vater allmächtiger“ war spätestens seit dem 8. Jahrhundert ein gängiger, parallel zu „Vaterunser“ gebrauchter Ausdruck auf Denkmälern, in Liturgien und im Katechismusunterricht. | 87 notwendigen Bedarf | 88 gegen alle Gefahr beschützt | 89 einzigen
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BSLK 511
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Der Kleine Katechismus
Was ist das? Antwort: ‚Ich gleube, das Jhesus Christus warhafftiger Gott, vom Vater in ewigkeit geboren und auch wahrhafftiger Mensch, von der Jungfrauen Maria geboren, sey mein Herr, der mich verlornen und verdampten Menschen erlöset hat, erworben und gewonnen von allen Sünden, vom Todt und von der gewalt des Teuffels nicht mit Golt oder Sylber, Sondern mit seinem heiligen, theuren Blut und mit seinem unschuldigen leiden und sterben, auff das ich sein eigen sey und in seinem Reich unter im lebe und im diene in ewiger gerechtigkeit, unschuldt und seligkeit, gleich wie er ist aufferstanden vom todt, lebet und regieret in ewigkeit. Das ist gewislich war.‘
5
10
[165v] Der Dritte Artickel: Von der Heiligung Ich gleube an den heiligen Geist. Eine heilige, Christliche Kirche90. Die gemeine91 der Heiligen. Vergebung der Sünden. Aufferstehung des Fleisches. Und ein ewiges leben. Amen.
BSLK 512
Was ist das?
15
Antwort: ‚Ich gleube, das ich nicht aus eigener vernunfft noch krafft an Jhesum Christum, meinen | Herrn, gleuben oder zu im kommen kan. Sondern der heilige Geist hat mich durchs Evangelium beruffen, mit seinen gaben erleuchtet, im rechten glauben geheiliget und erhalten, gleich wie er die gantze Christenheit auff Erden berufft, samlet, erleuchtet, heiliget und bey Jhesu Christo erhelt im rechten einigen Glauben. In welcher Christenheit Er mir und allen gleubigen teglich alle sünde reichlich vergibt und am jüngsten tage mich und alle Todten aufferwecken wird und mir sampt allen gleubigen in Christo ein ewiges leben geben wird. Das ist gewislich war.‘
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90 Seit dem 15. Jahrhundert im deutschen Sprachraum die übliche Übersetzung von „ecclesia catholica“. | 91 Gemeinschaft
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Das Apostolicum
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Quae est huius articuli sententia?
5
Responsio: Credo quod Iesus Christus, verus Deus a Patre ante saecula genitus idemque verus homo, natus ex Maria virgine, sit meus Dominus, qui me perditum et damnatum hominem redemit et ab omnibus peccatis, a morte, a potestate Satanae liberavit, non quidem auro et argento, sed suo sancto ac precioso sanguine suaque innocente passione ac morte, ut ego essem totus ipsius et in regno eius sub ipso viverem ac ei servirem in perpetua iustitia, innocentia et beatitudine, perinde ac ipse a morte surrexit, vivit et regnat in aeternum. Hoc certissime verum est.
10
Tertius articulus: De sanctificatione
15
Credo in Spiritum sanctum, Sanctam Ecclesiam Catholicam, Sanctorum communionem, Remissionem peccatorum, Carnis resurrectionem Et vitam aeternam. Amen.
20
[363] Quae est huius articuli sententia?
25
Responsio: Credo me propriis rationis meae viribus Iesu Christo, Domino meo, fidere | aut ad eum accedere et pervenire nullo modo posse: Sed Spiritus sanctus per Evangelium me vocavit, suis donis illuminavit, in recta fide sanctificavit et conservavit, Quemadmodum solet totam Ecclesiam in terra vocare, congregare, illuminare, sanctificare et in Iesu Christo per veram ac unicam fidem conservare: In qua Ecclesia mihi et omnibus Christianis omnia peccata quotidie benigne remittit et nos omnes in extremo die a morte suscitabit ac mihi et omnibus in Christum credentibus vitam aeternam dabit. Hoc certissime verum est.
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BSLK 512
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Der Kleine Katechismus
Das Vater unser, qwie ein Hausvater dasselbige seinem Gesinde auff das einfeltigest fürhalten solq Vater unser, der du bist im Himel Was ist das?
r
Antwort: ‚Gott will uns damit locken, das wir gleuben sollen, Er sey unser rechter Vater und wir seine rechte Kinder, auff das wir getrost und mit aller zuversicht ihn bitten sollen, wie die lieben Kinder ihren lieben Vaterr.‘
5
[166r] Die Erste Bitte Geheiliget werde dein Name. Was ist das?
10
Antwort: ‚Gottes Name ist zwar an im selbst92 heilig. Aber wir bitten in diesem Gebet, das er bey uns auch heilig werde.‘
Wie geschicht das?
BSLK 513
Antwort: ‚Wo93 das Wort Gottes lauter94 und rein geleret wird und wir auch heilig als die Kinder Gottes darnach leben. Dass hilff uns lieber Vater im Himel. Wer aber anders leret und lebet, denn das wort Gottes | leret, der entheiliget unter uns den Namen Gottes. Da behüt uns für, Himlischer Vater.‘
q–q 92
nicht in Witt35 | r – r nicht in Mar29 | s des Mar29, Witt35 an sich | 93 Wenn | 94 unverfälscht
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Das Vaterunser
[364] Oratio dominica, quomodo paterfamilias eam suae familiae simplicissime tradere debeat. Pater noster, qui es in coelis.
5
10
Quae est horum verborum sententia? Responsio: Deus amanter nos hac praefatiuncula invitat, ut vere credamus, eum nostrum verum Patrem, nosque eius veros filios esse, ut eum confidentius pleni fiducia invocemus, quemadmodum videmus, liberos certa fiducia aliquid a parentibus petere.
15
[365] Prima petitio Sanctificetur nomen tuum. Quae est huius petitionis sententia? 20
Responsio: Nomen Dei per se quidem sanctum est. Verum nos oramus hac petitione, ut apud nos quoque sanctificetur. Qua ratione sit istud?
25
Responsio: Cum verbum Dei pure ac sincere docetur et nos secundum illud, ut filios Dei decet, pie vivimus; quod ut fiat, dona nobis, mi pater, qui es in coelis. Qui vero aliter docet vel vivit, quam verbum Dei | docet, ille nomen Dei inter nos prophanat. Ne autem hoc accidat, tu prohibe mi pater coelestis.
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Der Kleine Katechismus
Die Ander Bitte Dein Reich kome. Was ist das? Antwort: ‚Gottes Reich kömet wol95 on unser Gebet von im selbst. Aber wir bitten in diesem Gebet, das es auch zu uns komme.‘
5
Wie geschieht das? Antwort: ‚Wenn der Himlische Vater uns seinen heiligen Geist gibt, das wir seinem heiligen Wort durch seine gnade gleuben und Göttlich96 leben, hie zeitlich und dort ewiglich.‘ Die Dritte Bitte
10
Dein wille geschehe, wie im Himel, also auch auff Erden. [166v] Was ist das? Antwort: ‚Gottes guter, gnediger wille geschicht wol one unser Gebet. Aber wir bitten in diesem Gebet, das er auch bey uns geschehe.‘
Wie geschicht das?
15
Antwort: ‚Wenn Gott allen bösen rhat und willen bricht und hindert, so97 uns den Namen Gottes nicht heiligen und sein Reich nicht komen lassen wöllen, Als da ist tdes Teuffelst, der Welt und unsers fleisches wille98, sondern stercket und behelt uns feste in seinem wort und glauben bis an unser ende. Das ist sein gnediger, guter wille.‘
20
t–t
der Teuffel Mar29, Witt35
95 gewiss | 96 Gott wohlgefällig, fromm | 97 diejenigen, die | 98 Spätestens seit der Zeit Cyprians ist die Gruppierung von „Teufel, Welt und eigenem Fleisch“ als Zusammenfassung des Bösen gebraucht; vgl. Cyprian von Karthago, De Dominica oratione XIV–XVI. XXV–XXX, in: PL 4, 545f. 554–557 (CSEL 3/1, 276–279. 285–289).
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Das Vaterunser
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[366] II. Petitio Adveniat regnum tuum. Quae est huius petitionis sententia? 5
Responsio: Regnum Dei venit etiam per se, sine nostra oratione, Sed petimus hac precatione, ut ad nos quoque perveniat.
Qua ratione sit istud?
10
Responsio: Cum Pater coelestis dat nobis suum sanctum Spiritum, qui efficit gratia sua, ut sancto eius verbo credamus ac pie vivamus, cum in hoc tempore, tum postea in aeternum. [367] III. Petitio 15
20
Fiat voluntas tua sicut in coelo sic et in terra. Quae est huius petitionis sententia? Responsio: Bona ac misericors Dei voluntas fit quoque sine nostra oratione. Sed rogamus hac petitione, ut etiam apud nos fiat. Qua ratione sit istud?
25
Responsio: Cum Deus frangit ac impedit omne malum consilium, voluntatem, et conatus, qui obstant, quo minus nomen Dei sanctificemus regnumque eius ad nos pervenire possit, ut est diaboli, mundi et carnis nostrae voluntas. Deinde, cum confortat et conservat nos firmiter in suo verbo ac fide usque ad finem vitae nostrae. Haec est misericors ac bona ipsius voluntas.
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Der Kleine Katechismus
Die Vierdte Bitte Unser teglich Brod gib uns heute. Was ist das? Antwort: ‚Gott gibt teglich Brod auch wol on unser Bitte allen bösen Menschen. Aber wir bitten in diesem Gebet, das er uns erkennen lasse und mit dancksagung empfahen unser teglich Brod.‘
BSLK 514
5
Was heist denn teglich Brod? Antwort: ‚Alles was zur leibes narung und notdurfft gehöret99 als100 essen, trincken, Kleider, Schuch, Haus, Hoff, Acker, Vieh, Gelt, Gutt, from Gemahel, frome Kinder, from Gesinde, fromme und treue Oberherrn, gut Regiment, gut Wetter, Friede, gesundtheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.‘
10
Die Fünffte Bitte Und verlasse uns unser schuldt, als wir verlassen101 unsern schüldigern.
Was ist das? Antwort: ‚Wir bitten in diesem Gebet, das der Vater im Himel nicht ansehen wolt unser sünde und umb derselbigen willen solche bitte nicht versagen, denn wir sind der keines wert, das wir bitten, haben es [167r] auch nicht verdienet. Sondern er wolt es uns alles aus gnaden geben, denn wir teglich
99 Zu Beginn folgte Luther der mittelalterlichen Tradition, die vierte Bitte als ein Gebet um das geistliche Brot des Heiligen Geistes bzw. des Abendmahls oder um das Wort Gottes im Allgemeinen oder Jesus als Brot des Lebens (Joh 6,35) zu sehen; vgl. Luther, Auslegung deutsch des Vaterunsers für die einfältigen Laien (1519), in: WA 2, 107,21–40; 111,8–33; 112,7–113,3; ders., Eine kurze und gute Auslegung des Vaterunsers (1519), in: WA 6, 21,25–29; ders., Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers (1520), in: WA 7, 225,18–226,17. Aber in den katechetischen Predigten von 1528 (in: WA 30/1,
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Das Vaterunser
[368] IIII. Petitio Panem nostrum quotidianum da nobis hodie. Quae est huius petitionis sententia? Responsio: Deus dat quidem omnibus panem quotidianum, quamvis non petamus, etiam malis hominibus. At nos precamur hac petitione, ut agnoscamus hoc beneficium atque ita panem nostrum quotidianum cum gratiarum actione accipiamus.
5
10
Quid autem significat panis quotidianus? 15
20
Resp[onsio]: Significat omne, quod ad vitae nostrae necessitatem ac sustentationem pertinet, videlicet cibum, potum, vestes, calceos, domum, aream, agros, pecudes, pecuniam, divitias, probam coniugem, probos liberos, probos servos, probum ac fidum magistratum, bonum Reipublicae statum, salubrem aerem, pacem, sanitatem, modestiam, honorem, bonos amicos, fidos vicinos et id genus alia. [369] V. Petitio
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30
Et remitte nobis debita nostra, sicut et nos remittimus debitoribus nostris. Quae est huius petitionis sententia? Responsio: Petimus hac precatione, ne Pater coelestis velit respicere et examinare peccata nostra et propter ista nostram orationem repudiare, Quando quidem nullis rebus, quas petimus, digni sumus nec quicquam mereri possumus,
14,21–15,11; 48,26–49,22; 103,1–104,30) übernahm er eine andere Deutung aus der mittelalterlichen Theologie und bezog diese Bitte auf Gottes zeitlichen Segen. Einige altkirchliche und mittelalterliche Autoren sahen in dieser Bitte einen dreifachen Bezug, nämlich auf „leibliche Nahrung und Notdurft“, auf den Leib Christi im Abendmahl und auf das Brot der Lehre. 100 wie | 101 vergib ... vergeben
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Der Kleine Katechismus
viel sündigen und wol eitel straff102 verdienen. So wollen wir zwartenu103 widerumb auch hertzlich vergeben und gerne thun denen, die sich an uns versündigen.‘
Die Sechste Bitte Und führe uns nicht in versuchung.
5
Was ist das? Antwort: ‚Gott versucht zwar niemand, aber wir bitten in diesem Gebet, das uns Gott wolt behüten und erhalten, auff das uns der Teuffel, die Welt und unser Fleisch nicht betriege, nicht verfüre in mißglauben, verzweiffeln und andere grosse schande und laster. Und ob wir damit angefochten würden104, das wir doch endlich gewinnen und den sieg behalten.‘
10
Die Siebende Bitte Sondern erlöse uns von dem übel105. Was ist das?
BSLK 515
Antwort: ‚Wir bitten in diesem Gebet als in der Summa106, das uns der Vater im Himel von allerley übel Leibs und Seele, guts und ehre erlöse und zu letzt, wenn unser stündlein kömpt, ein seliges ende beschere und mit gnaden von diesem jammerthal zu sich neme in den Himel.‘
u
zwar den Mar29
102
mit Recht nichts als Strafe | 103 wirklich | 104 Hier spiegelt sich Luthers Ansicht vom irdischen Christen als „simul justus et peccator“; vgl. Luther, Vorlesung über den Römerbrief (1515/1516), in: WA 56, 70,9f; 272,17–19 und ders., In epistolam ad Galatas commentarius (1519), in: WA 2, 496,39; 497,13–497,1. | 105 Mit dieser Übersetzung blieb Luther bei der mittelalterlichen Formulierung dieser Bitte. Aber im Großen Katechismus betonte er, dass die Bitte vor allem gegen den Teufel und nicht nur gegen das Böse im Allgemeinen gerichtet sei; vgl. u. S. 1106–1109. | 106 insgesamt
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Das Vaterunser
Sed ut velit nobis sua gratia et bonitate donare omnia: Quia quotidie multifariam peccamus, et nihil nisi poenas meremur. Vicissim aut ex corde condonabimus, quidquid in nos peccaverint alii, et pro maleficio libenter reddemus beneficium. 5
[370] VI. Petitio Et ne nos inducas in tentationem. Quae est huius petitionis sententia? Responsio: Deus quidem neminem tentat. Sed tamen petimus hac petitione, ut ipse nos custodiat et conservet, ne Satanas, mundus et
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caro nostra nobis imponant et nos a recta fide seducant et in superstitionem, diffidentiam, desperationem atque alia gravia scelera et flagitia coniiciant. Et ut maxime eiusmodi tentationibus solicitemur, ne succumbamus, sed ut tandem vincamus ac triumphemus. [371] VII. Petito
20
Sed libera nos a malo. Quae est huius sententia?
25
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Responsio: Oramus hac precatione tanquam in summa, ut Pater noster coelestis liberet nos ab omnibus malis ac periculis corporis et animae, bonorum et honorum, Et ut tandem, cum hora mortis venerit, felicem vitae exitum nobis largiatur nosque pro sua gravita bonitate, ex hac miseriarum valle ad se in coelum recipiat.
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BSLK 515
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Der Kleine Katechismus
Amen. Was ist das? Antwort: ‚Das ich sol gewis sein, solche bitte sind dem Vater im Himel angeneme und erhöret, denn er selbst hat uns geboten, also zu beten, und verheischen107, das er uns wil erhören. Amen. Amen, das heist Ja. Ja. Es sol also geschehen.‘
5
[167v] Das Sacrament der Heiligen Tauffe, wie dasselbige ein Hausvater seinem Gesinde sol einfeltiglich fürhalten Zum Ersten Was ist die Tauffe?
10
Antwort: ‚Die Tauffe ist nicht allein schlecht108 wasser. Sondern sie ist das Wasser in Gottes Gebott gefasset und mit Gottes Wort verbunden109.‘
Welches ist denn solch wort Gottes? Antwort: ‚Da unser HERR Christus spricht, Matthei am letzten: „Gehet hin in alle Welt. Lehret alle Heiden und Teuffet sie im Namen des Vaters und des Sons und des heiligen Geistes.“110‘
15
Zum Andern Was gibt oder nützet die Tauffe? BSLK 516
Antwort: ‚Sie wircket vergebung der Sünden, erlöset vom Todt und Teuffel und gibt die | ewige seligkeit allen, die es gleuben, wie die wort und verheissung Gottes lauten.‘
20
Welchs sind solche wort und verheissung Gottes? Antwort: ‚Da unser Herr Christus spricht, Marci am letzten: „Wer da gleubet und getaufft wird, der wird selig. Wer aber nicht gleubet, der wirdt verdampt.“111.‘
107
verheißen, zugesagt | 108 schlichtes, einfaches | 109 Ausdruck von Luthers Verständnis der Taufe, der Beichte und des Abendmahls als je einer Form des Wortes Gottes bzw. des Evangeliums. Die Sakramente enthielten daher für Luther die Kraft Gottes (Röm 1,16), Sünden zu vergeben und den Gläubigen Leben und Seligkeit zuzueignen. | 110 Mt 28,19 | 111 Mk 16,16
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Das Vaterunser
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Amen. Quae est huius voculae significatio?
5
Amen significat idem quod, certe, ut scilicet ego sim certus eiusmodi petitiones Patri nostro coelesti esse acceptas atque ab eo exauditas, Quia ipse nobis mandavit, ut ad hunc modum oraremus, promisitque se nos exauditurum esse. Amen, Amen, id est: vere, certe, haec ita fient.
[372] Sacramentum baptismi: quomodo de eo paterfamilias suam familiam simplicissime docere debeat. Primum 10
Quid est Baptismus? Responsio: Baptismus non est simpliciter aqua, sed est aqua divino mandato comprehensa et verbo Deo obsignata.
15
Quod est illud verbum Dei? Responsio: Ubi Dominus noster Iesus Christus dicit, Matthaei ultimo: Euntes, docete omnes gentes, baptissantes eos in nomine Patris et Filii et Spiritus sancti.
[373] Secundum 20
Quid praestat aut confert Baptismus? Responsio: Operatur remissionem peccatorum, liberat a morte et a Diabolo, et donat aeter|nam beatitudinem omnibus et singulis, qui credunt hoc, quod verba et promissiones divinae policentur. Quae sunt illa verba et promissiones divinae?
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Responsio: Ubi Dominus noster Iesus Christus dicit Marci ultimo: Qui crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit. Qui vero non crediderit, condemnabitur.
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BSLK 516
884
Der Kleine Katechismus
[168r] Zum Dritten Wie kan Wasser solche grosse ding thun? Antwort: ‚Wasser thuts freylich nicht, sondern das wort Gottes, so mit und bey dem Wasser ist, und der Glaube, so solchem Wort Gottes im wasser trauet. Denn on Gottes wort ist das Wasser schlecht wasser und keine Tauffe. Aber mit dem wort Gottes ists eine tauffe, das ist ein gnadenreich wasser des lebens und ein Bad der neuen geburt im heiligen Geist, wie S. Paulus sagt zu Tito am 3. Cap.: „Durch das Bad der Widergeburt und erneuerung des heiligen Geistes, welchen er ausgegossen hat ober uns reichlich durch Jhesum Christum, unsern Heiland, auff das wir durch desselben gnade vgerecht undv Erben sein des ewigen lebens nach der hoffnung. Das ist je gewislich war.“112‘
5
10
Zum Vierdten Was bedeut denn solch Wasser teuffen? Antwort: ‚Es bedeut, das der alte Adam in uns durch tegliche reu und busse sol erseufft werden und sterben mit allen sünden und bösen lüsten, und widerumb teglich heraus kommen und aufferstehen ein neuer Mensch, der in gerechtigkeit und reinigkeit für Gott ewiglich lebe.‘
15
Wo stehet das geschrieben?
BSLK 517
Antwort: ‚S. Paulus zu den Römern am sechsten spricht: „Wir sind sampt Christo durch die Tauffe begraben win den todtw, das, gleich wie Christus ist von den todten aufferwecket durch die herrligkeit des Vaters, also sollen wir auch in einem neuen leben wandeln.“113‘
20
[168v] Wie man die einfeltigen sol leren Beichtenx 114 Die Beicht begreifft115 zwey stücke in sich: Eines, Das man die Sünde bekenne. Das Ander, Das man die Absolutio oder vergebung von dem Beichtiger116 empfahe als von Gott selbst und ja nicht daran zweivele, sondern feste gleube, die Sünde sein dadurch vergeben für Gott im Himel.
v – v gerechtfertigt Mar29, Witt35 | w – w im Tode Mar29, Witt35 | x Der ganze Teil über die Beichte ist nicht in Mar29 enthalten; s. Anm. 114. 112
Tit 3,5–8 | 113 Röm 6,4 | 114 1531 ersetzte Luther den ursprünglichen Abschnitt: „Eine kurze Weise zu beichten für die Einfältigen dem Priester“ (in: WA 30/1, 343–345) durch diesen Teil. Er hatte in seinen Predigten gelegentlich die Getauften ermahnt, sie sollten sich auch untereinander die Absolution erteilen. Luther verteidigte diese Beichtanweisung in seinem Brief an die zu Frankfurt am Main (1532/1533), in: WA 30/3, 565,15–567,7. | 115 enthält | 116 Beichtvater
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Die Taufe
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Tertium Qui potest aqua tam magnas res efficere?
5
10
Responsio: Aqua certe tantas res non efficit, Sed verbum Dei, quod in et cum aqua est, et fides, quae verbo Dei aquae addito credit. Quia aqua sine verbo Dei est simpliciter aqua, et non est Baptismus. Sed addito Verbo Dei est Baptismus, hoc est salutaris aqua gratiae et vitae et lavacrum regenerationis in Spiritu sancto, sicut Paulus ait ad Tit.3: Secundum suam misericordiam nos salvos fecit per lavacrum regenerationis ac renovationis Spiritus sancti, quem effudit in nos opulenter per Iesum Christum, salvatorem nostrum, ut iustificati illius gratia haeredes efficeremur iuxta spem vitae aeternae. Fidelis hic sermo est. [374] Quartum Quid autem significat ista in aquam immersio?
15
Responsio: Significat, quod vetus Adam, qui ad huc in nobis est, subinde per quotidianam mortificationem ac poenitentiam in nobis submergi et extingui debeat, una cum omnibus peccatis et malis concupiscentiis, atque rursus quotidie emergere ac resurgere novus homo, qui in iustitia et puritate coram Deo vivat in aeternum. Ubi hoc scriptum est?
20
Responsio: Sanctus Paulus ad Roman. 6 dicit: Sepulti igitur sumus una cum Christo per baptismum in mortem, ut quemadmodum excitatus est Christus ex mortuis per gloriam Patris, ita et nos in novitate vitae ambulemus.
De confessione, quomodo simpliciores de ea erudiendi sint. Quid est Confessio? 25
Responsio: Confessio duo comprehendit: unum est peccata confiteri, alterum est absolutionem sive remissionem a Confessionario sive praecone Evangelii accipere, tanquam ab ipso Deo et non dubitare, sed firmiter credere peccata per illam absolutionem coram Deo in coelo remissa esse.
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Der Kleine Katechismus
Welche Sünde sol man denn beichten? Für Gott sol man aller sünden sich schuldig geben, auch die wir nicht erkennen, wie wir im Vater unser thun. Aber für dem Beichtiger sollen allein die Sünde bekennen, die wir wissen und fülen im hertzen. Welche sind die?
5
Da sihe deinen standt an nach den Zehen Geboten. Ob du Vater, Mutter, Son, Tochter, Herr, Frau, Knecht seiest, ob du ungehorsam, untreu, unfleissig gewesen seiest. Ob du jemands leide gethan hast mit worten oder wercken, ob du gestolen, verseumet117, verwarlost118, schaden gethan hast. BSLK 518
BSLK 519
Lieber119, stelle mir eine kurtze weise120 zu Beichten! Antwort: ‚So soltu zum Beichtiger sprechen‘: ‚Würdiger lieber Herr. Ich bitte euch, wollet meine Beichte hören und mir die vergebung sprechen umb Gottes willen.‘ ‚Sage an.‘ ‚Ich armer Sünder bekenne mich für Gott alle sünden schüldig. Insonderheit bekenne ich für euch, das ich ein Knechte, [169r] Magd etc. bin. Aber ich diene leider untreulich meinem Herren, denn da und da hab ich nicht gethan, was sie mich hiessen, habe sie erzürnet und zu fluchen beweget, habe verseumet und schaden lassen geschehen. Bin auch in worten und wercken schampar121 gewesen, habe mir meines gleichen gezürnet, wider meine Frau gemurret und gefluchet etc. Das alles ist mir leid und bitte umb gnad, ich wil mich bessern.‘ Ein Herr oder Frau Sage also: ‚Insonderheit bekenne ich für euch, das ich mein Kind und Gesinde, Weib nicht treulich gezogen habe zu Gottes ehren. Ich habe geflucht, böse Exempel mit unzüchtigen worten und wercken gegeben, meinem Nachbar schaden gethan und ubel nachgeredt, zu theuer verkaufft, falsche und nicht gantze Wahr122 gegeben.‘ Und was er mehr wider die Gebot Gottes und seinen standt gethan etc. Wenn aber jemand sich nicht befindet beschweret mit solcher oder grössern sünden, der sol nicht sorgen oder weiter Sünde suchen noch ertichten123 und damit eine marter124 aus der Beicht machen, sondern erzele eine oder zwo, die du weissest. ‚Also, in|sonderheit125 bekenne ich, das ich ein mahl geflucht. Item, ein mahl unhübsch126 mit worten gewest, ein mahl die N.127 verseumet habe etc.‘ Also las es gnug sein. Weistu aber gar keine (welches doch nicht wol solt müglich sein), so sage auch keine insonderheit. Sondern nim die vergebung auff die gemeine Beichte128, so du für Gott thust gegen dem Beichtiger. [169v] Darauff sol der Beichtiger sagen: ‚Gott sey dir gnedig und stercke deinen Glauben. Amen.‘
117
unterlassen | 118 nachlässig gewesen bist | 119 Bitte | 120 Art und Weise, Anweisung schamlos | 122 Ware | 123 erfinden | 124 Quälerei | 125 insbesondere | 126 unanständig, rücksichtslos | 127 Platzhalter, hier für einen Gottesdienst, vom Beichtenden zu ergänzen. | 128 Seit
121
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Die Beichte
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Quae peccata sunt confitenda?
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Responsio: [375] Coram Deo omnium peccatorum reos nos sistere debemus, etiam eorum, quae nobis sunt abscondita, sicut in oratione Dominica facimus. Coram ministro autem debemus tantum ea peccata confiteri, quae nobis cognita sunt et quae in corde sentimus. Quaenam sunt ista?
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Responsio: Hic unusquisque examinet vitae suae statum secundum decalogum, an pater, mater, filius, filia, dominus, hera, servus sis, an contumax, infidelis, negligens fueris, an aliquem laeseris dictis factis, an furtum commiseris aut iniuria, ignavia et segnitie damnum alicui intuleris. Brevis forma confessionis pro rudioribus. In hunc modum alloqui debes ministrum verbi: Reverende et dilecte Domine, rogo te, ut confessionem meam audias et mihi propter Deum remissionem annuncies. Miser ego peccator confiteor coram Deo, me omnium peccatorum reum esse, in primis confiteor coram te me quidem servum, ancillam etc. esse, sed infideliter servire domino meo: non enim feci, non facio, quae mihi iniungit, irritavi et ad maledicendum commovi dominum vel dominam meam, multa neglexi et damno causam praebui, etc., in verbis et factis petulantem me praebui, impatiens fui, obstrepui etc., ideo doleo, gratiam imploro, emendationem promitto. Herus aut hera sic dicant: In primis confiteor coram te me non diligentem fuisse in fideli educatione et institutione liberorum et familiae [376] ad gloriam Dei: blasphemavi, nomine Dei abusus sum, malum exemplum prava loquens et faciens praebui, vicinos laesi, multis obtrectavi, pondera et mensuras violavi, decepi proximum vendendo merces, etc. Et si quid aliud contra praecepta Dei in cuiusque vocatione occurrit, etc. Si vero quis non sentit se onerari talibus aut gravioribus peccatis, is non sit solicitus nec quaerat, aut fingat peccata nec ex Confessione carnificinam faciat, sed unum atque alterum peccatum sibi notum recitet, ut in primis confiteor me abusum esse nomine divino, verbis impudicis usum, hoc vel illud neglexisse, etc. Sic sane quiescat animus. Si vero plane nullius tibi conscius es (quod propemodum impossibile est), nullum etiam in specie recites, sed accipias remissionem facta generali confessione, quam coram Deo ad ministrum pronuncias. Respondeat autem minister: Deus tibi sit propitius et confirmet fidem tuam, Amen. Interroget
dem 10. Jahrhundert sprachen die Geistlichen im Anschluss an die Predigt ein „öffentliches Schuldbekenntnis“ (offene Schuld) im Namen der Gemeinde; vgl. ASm, III: „Von der falschen Buße der Papisten“, o. S. 752–765.
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[BSLK 518]
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Der Kleine Katechismus
Weitery: ‚Gleubestu auch, das meine vergebung Gottes vergebung sey?‘ Antwort: ‚Ja lieber Herr.‘ Darauff spreche er: ‚ „Wie du gleubest, so geschehe dir.“129 Und ich aus dem befehl unsers Herrn Jhesu Christi Vergebe dir deine Sünde im Namen des Vaters und des Sons und des heiligen Geistes. Amen. Gehe hin im friede.‘ Welche aber grosse beschwerunge des Gewissens haben oder betrübet und angefochten sind, die wird ein Beichtvater wol wissen mit mehr sprüchen zu trösten und zum glauben reitzen. Das sol allein ein gemeine weise der Beicht sein für die einfeltigen.129
[170r] Das Sacrament des Altars, Wie ein Hausvater dasselbige seinem Gesinde einfeltiglich fürhalten sol.
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Was ist das Sacrament des Altars? BSLK 520
Antwort: ‚Es ist der ware Leib und Blut unsers Herrn Jhesu Christi, unter dem Brod und | Wein uns Christen zu essen und zu trincken von Christo selbst eingesetzt.‘
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Wo stehet das geschrieben? Antwort: ‚So schreiben die heiligen Evangelisten, Mattheus, Marcus, Lucas und S. Paulus: „Unser Herr Jhesus Christus in der Nacht, da er verrhaten ward, nam er das Brodt, dancket und brachs und gabs seinen Jüngern und sprach: Nemet hin, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird, solchs thut zu meinem gedechtnis. Desselbigen gleichen nam er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dancket und gab ihn den und sprach: Nemet hin und trincket alle daraus, dieser Kelch ist das Neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wirdt zur vergebung der Sünden, solchs thut, so offt irs trincket, zu meinem gedechtnis.“130‘ [170v] Was nützet denn solch essen und trincken? Antwort: ‚Das zeigen uns diese wort: „Für euch gegeben und vergossen zur vergebung der Sünden.“ Nemlich: Das uns im Sacrament vergebung der
y
Sprich Witt35
129
Mt 8,13 | 130 Mt 26,16–28; Mk 14,22–24; Lk 22,19f; I Kor 11,23–26
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Die Beichte
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etiam confitentem: Num meam remissionem credis esse Dei remissionem? Affirmanti et credenti porro dicat: Fiat tibi sicut credis. Et ego ex mandato Domini nostri Iesu Christi remitto tibi tua peccata in nomine Patris, Filii et Spiritus sancti, Amen. Vade in pace. 5
Qui vero conscientias habent afflictas, tentatas, moestas, eos ministera pluribus sententiis scripturae facientibus ad fidei incrementum consolabitur. Haec, quam commemoravimus, tantum est puerilis et communis forma Confessionis pro simplicioribus et rudioribus.
[377] Sacramentum altaris, quomodo paterfamilias simplicissime suam familiam de eo docere debeat.
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[BSLK 519]
Quid est Sacramentum Altaris? 15
Responsio: Sacramentum Altaris est verum corpus et verus sanguis Domini nostri Iesu | Christi; sub pane et vino nobis Christianis ad manducandum ac bibendum ab ipso Christo institutum.
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Ubi hoc scriptum est?
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Responsio: Sic scribunt sancti Evangelistae, Matthaeus, Marcus, Lucas et sanctus Paulus: [378] Dominus noster Iesus Christus in ea nocte, qua traditus est, accepit panem et, postquam gratias egisset, fregit et dedit discipulis suis, dicens: Accipite, comedite. Hoc est corpus meum, quod pro vobis datur. Hoc facite in mei commemorationem. Similiter et, postquam coenavit, accepit calicem et, cum gratias egisset, dedit illis, dicens: Bibite ex hoc omnes. Hic calix novum Testamentum est in meo sanguine, qui pro vobis effunditur in remissionem peccatorum: Hoc facite quotiescunque biberitis, in mei commemorationem. Quid vero prodest, sic comedisse et bibisse?
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Responsio: Id indicant nobis haec verba: Pro vobis datur et effunditur in remissionem peccatorum: Nempe, quod nobis per verba illa in Sacramento
a
cj. mister Conc1584
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BSLK 520
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Der Kleine Katechismus
Sünden, leben und seligkeit durch solche wort gegeben wird, denn wo vergebung der Sünden ist, da ist auch leben und seligkeit.‘ Wie kan leiblich essen und trincken solche grosse ding thun?
z
Antwort: ‚Essen und trincken thuts freylich nicht, sondern die wort, so da stehen: „Für euch gegeben und vergossen zur vergebung der Sünden.“ Welche wort sind neben dem leiblichen essen und trincken als das Heuptstück131 im Sacrament; und wer denselbigen worten gleubet, der hat, was sie sagen und wie sie lauten. Nemlich ,vergebung der Sünden.‘z
5
Wer empfehet132 denn solch Sacrament wirdiglich?
BSLK 521
Antwort: ‚Fasten und leiblich sich bereiten ist wol eine feine eusserliche zucht, aber der ist recht wirdig und wolgeschickt133, wer den glauben hat an diese wort: „Für euch gegeben und vergossen zur vergebung der Sünden“. Wer aber diesen worten nicht gleubet oder zweiffelt, der ist unwirdig und ungeschickt134. Denn das Wort „für euch“ fordert eitel135 gleubige hertzen.‘
[171r] Wie ein Hausvater sein Gesinde sol leren, Morgens und Abends sich segnen136 a
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Der Morgensegena
Des Morgens, so du aus dem Bette ferest, soltu dich segnen mit dem heiligen Creutz137 und sagen: ‚Das walt138 Gott Vater, Son und heiliger Geist. Amen.‘ Darauff kniend oder stehend, den Glauben und Vater unser. Wiltu, so magstu dis gebetlein darzu sprechen139: ‚Ich dancke dir, mein Himlischer Vater, durch Jhesum Christum, deinen lieben Son, das du mich diese nacht für allem schaden und fahr behütet hast, und bitte dich, du wollest mich diesen tag auch behüten für Sünden und allem übel, das dir alle mein thun und leben gefalle. Denn ich befehle mich, mein Leib und Seele und alles in deine hende. Dein heiliger Engel sey mit mir, das der böse Feind keine macht an mir finde. Amen.‘ Und als denn140 mit freuden an dein Werck gegangen und etwa141 ein Lied gesungen, als die Zehen Gebot142 oder was dein andacht gibt143.
z–z
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nicht in Mar29 | a – a nicht in Mar29, Witt35
131
An dieser Stelle verwendet Luther „Hauptstück“ im Sinne von „das Wesentliche“, der geläufigere Gebrauch des Wortes als Synonym für die wichtigsten Artikel des Glaubens bzw. für die Kernteile des Katechismus stammte aus dem Wittenberger Kreis um 1530. | 132 empfängt | 133 gut vorbereitet | 134 schlecht vorbereitet | 135 reine, lautere | 136 sich bekreuzigen und dadurch und durch das Gebet um Gottes Segen bitten | 137 sich bekreuzigen | 138 verleihe, dafür sorge
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Das Abendmahl
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remissio peccatorum, vita, iustitia et salus donentur. Ubi enim remissio peccatorum est, ibi est et vita et salus. Qui potest corporalis illa manducatio tantas res efficere? 5
Responsio: Manducare et bibere ista certe non efficiunt, sed illa verba, quae hic ponuntur: Pro vobis datur et effunditur in remissionem peccatorum. quae verba sunt una cum corporali manducatione caput et summa huius Sacramenti. Et qui credit his verbis, ille habet quod dicunt et sicut sonant, Nempe remissionem peccatorum. [379] Quis utitur hoc Sacramento digne?
10
Responsio: Ieiunare et corpus suum praeparare est quidem bona et externa disciplina. At ille est vere dignus ac probe paratus, qui habet fidem in haec verba: Pro vobis datur et effunditur in remissionem peccatorum. Qui vero his verbis non credit aut de illis dubitat, ille est indignus ac imparatus. Quia hoc verbum pro vobis postulat omnino cor, quod Deo credat.
Quo pacto patresfamilias suam familiam formas Benedictionis, unam mane, alteram vesperi dicendam, simplicissime docere debeant.
15
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Mane eum surgis e lecto, signabis te signo sanctae crucis, dicens: In nomine Patris et Filii et Spiritus sancti, Amen. Deinde innitens genibus vel stans, dicas Symbolum et Orationem Dominicam. His potes et hanc precatiunculam addere: Gratias ago tibi, mi Pater coelestis, per Iesum Christum, Filium tuum dilectum, quod me hac nocte ab omnibus incommodis ac periculis conservatum custodieris. Et oro te, ut me hac die quoque conservare et a peccato et omnibus malis [380] custodire velis, ut tibi omnia mea facta atque adeo tota vita bene placeant. Quia ego me meumque corpus et animam ac omnia in manus tuas commendo. Tuus sanctus Angelus sit mecum, ne diabolus quidquam in me possit. Amen. Postea alacriter ad vocationis tuae operas accedendum est cantato Psalmo, Decalogo vel alio carmine, quo excitetur cor tuum.
139
Wohl in Anlehnung an das Luther bekannte „Rosetum exercitiorum spiritualium et sacrarum meditationum“ (1494) des Johannes Mauburnus, dessen Formulierung auf der Gebetspraxis des 4. Jahrhunderts beruht; vgl. Luther, Duo sermones de passione Christi (1518), in: WA 1, 341,36 und ders., Dicta super psalterium (1513–1516), in: WA 3, 380,32; 381,15. | 140 danach | 141 zum Beispiel | 142 Vgl. z. B. Luthers Lied „Das sind die heiligen zehn Gebot“; vgl. QuM I, 913f. | 143 dir eingibt
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BSLK 521
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Der Kleine Katechismus
Der Abend Segenb
b
BSLK 522
Des Abends wenn du zu bette gehest, soltu dich segnen mit dem heiligen Creutz und sagen: ‚Das walt Gott Vater, Son und heiliger Geist. Amen.‘ Darauff kniend oder stehend den Glauben und Vater unser. Wiltu, so magstu dis Gebetlein darzu sprechen: [171v] ‚Ich dancke dir, mein Himlischer Vater, durch Jhesum Christum, deinen lieben Son, das du mich diesen tag gnediglich behütet hast. Und bitte dich, du wollest mir vergeben alle meine Sünde, wo ich unrecht gethan habe, und mich diese nacht gnediglich behüten. Denn ich befehle mich, mein Leib und Seele und alles in deine hende. Dein heiliger Engel sey mit mir144, das der böse feind keine macht an mir finde. Amen.‘ Und als dann flugs und frölich geschlaffen.
5
10
Wie ein Hausvater sein Gesinde sol leren das Benedicite und Gratias145 sprechen
BSLK 523
Die Kinder und Gesinde sollen mit gefalten henden und züchtig146 für den Tisch tretten und sprechen: ‚„Aller augen warten auff dich, Herr, und du gibst inen ihre speise zu seiner zeit. Du thust deine milde handt auff und settigest alles, was lebet, mit wolgefallen.“147‘ cScholia148: Wolgefallen heisset, das alle Thier so viel zu essen kriegen, das sie frölich | und guter ding darüber sind, denn sorgen und geitz hindern solch wolgefallen149.c
15
20
Darnach das Vater unser und dis folgende Gebet: ‚Herr Gott, Himlischer Vater, segene uns und diese deine Gaben, die wir von deiner milden güte zu uns nemen durch Jhesum Christum, unsern Herrn. Amen.‘ [172r] Das Gratias Also auch nach dem essen sollen sie gleicher weise thun, züchtig und mit gefalten henden sprechen: ‚„Dancket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine güte weret ewiglich. Der allem fleische speise gibet, der dem Viehe sein futter gibet, den jungen Raben, die in anruffen; er hat nicht lust an der stercke des Rosses noch gefallen an jemandes beinen, der Herr hat gefallen an denen, die ihn fürchten und die auff seine güte warten.“150‘
b–b
nicht in Mar29 | c – c nicht in Mar29
144
Vgl. Ps 91 (Vg 90),11; Anspielung auf das Completorium, das im Dormitorium zu betende Abendgebet der Mönche, welches den 91. Psalm enthält; vgl. Luther, Drei christliche, trostreiche und in Gottes Wort wohlgegründete Predigten von guten und bösen Engeln (1531), in: WA 34/2,
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Morgen- und Abendsegen
5
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Similiter vesperi, cum confers te cubitum, signabis te signo sanctae crucis, dicens: In nomine Patris et Filii et Spiritus sancti, Amen. Deinde flexis genibus vel stans, dicas Symbolum et Orationem Dominicam. His potes et hanc precatiunculam addere: Gratias ago tibi, mi Pater coelestis, per Iesum Christum, Filium tuum dilectum, quod me hac die gratuita misericordia et bonitate tua custodieris. Et oro te, ut mihi omnia peccata mea, quae perpetravi, et quibus offendi te, remittere, et me hac nocte tua gratia benigne conservare velis. Quia ego me, meumque corpus et animam, ac omnia in manus tuas commendo. Tuus sanctus Angelus sit mecum, ne diabolus quidquam in me possit. Amen. Atque ita tandem placide et tranquille dormiendum est.
BSLK 522
Quo pacto patresfamilias suam familiam Benedictionem Mensae, et gratiarum actionem simplicissime docere debeant. [381] Benedictio mensae 15
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Pueri una cum familia debent complicatis manibus modestiam prae se ferentes ad mensam accedere et sic orare: Oculi omnium in te sperant, Domine, et tu das escam illorum in tempore oportuno. Aperis tu manum tuam et imples omne animal benedictione. (Scholion: Benedictio hic significat largam distributionem Dei, qui omnibus animantibus tantum cibi suppeditat, ut inde hilariter et iucunde vivere possint. Hanc benedictionem et laetitiam ac acquiescentiam impediunt solicitudo prohibita, cura, avaritia, tenacitas.) Deinde addant Orationem Dominicam, cum oratione sequenti: Domine, Deus, Pater coelestis, benedic nobis et his donis tuis, quae de tua largitate sumimus, per Iesum Christum, Dominum nostrum, Amen. Gratiarum actio
30
Sic quoque post cibum sumtum ad eundem modum modeste complicatis manibus ad mensam assistant et dicant: Confitemini Domino, quoniam bonus, quoniam in aeternum misericordia eius. Qui dat escam omni carni. Qui dat iumentis escam ipsorum, Et pullis corvorum invocantibus eum. Non in fortitudine equi voluntatem habebit. Neque in tibiis viri beneplacitum erit ei. Beneplacitum est Domino super timentes eum, et in eis, qui sperant super misericordia eius. 243–269 und 270–287. | 145 Bittgebet und Dankgebet, die Luther aus dem Brevier entlehnte. anständig | 147 Ps 145 (Vg 144),15f | 148 Erläuterungen | 149 Luther erklärte das Wort „wohlgefallen“ auf ähnliche Weise in Randbemerkungen seiner Bibelübersetzung; vgl. Randbemerkung zu Lk 2,14, in: WA.DB 6, 216 und zu Ps 145,16, in: WA.DB 10/1, 577. | 150 Ps 106 (Vg 105),1; Ps 136 (Vg 135),25; Ps 147 (Vg 146),9–11 146
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[BSLK 523]
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Der Kleine Katechismus
Darnach das Vater unser und dis folgende Gebet: ‚Wir dancken dir Herr Gott Vater, durch Jhesum Christum, unsern Herrn, für alle deine wolthat, der du lebest und regierest in ewigkeit. Amen.‘
[172v] Die Haustafel151 etlicher Sprüche für allerley heilige Orden unnd Stende152, dadurch dieselbigen als durch eigene Lection153, ihres Ampts und diensts zuvermanen
5
Den Bischoffen154, Pfarherrn und Predigern BSLK 524
Ein Bischoff sol unstrefflich sein, eines Weibes Man, nüchtern, sittig, messig, gastfrey155, lerhafftig, nicht ein Weinseuffer, nicht | beissig156, nicht dunehrliche handtierung157 treibend, Sondern gelinde158, nicht haderhafftige159, nicht geitzig, der seinem eigenen hause wol fürstehe, der gehorsame Kinder habe mit aller erbarkeit. Nicht ein neuling160, fder ob dem Wort halte161, das gewis ist und leren kan, auff das er mechtig sey, zu ermanen durch die heilsame Lere und zu straffen die Widersprecherf, In der ersten Epistel zu Timoth. am 3. Capit.162
Von Weltlicher Oberkeit BSLK 525
„Jederman sey underthan der Oberkeit, denn die Obrigkeit, so allenthalben163 ist, ist | von Gott geordnet. Wer aber der Obrigkeit widerstrebt, wird sein
d–d
schentliches gewynst gyrig Mar29 | e zenckisch Mar29, Witt35 | f – f nicht in Mar29, Witt35
151
Luther folgte wahrscheinlich dem Muster der Anweisungen zum christlichen Leben im Alltag von Johannes Gerson, Tractatus de modo vivendi omnium fidelium (1489), in: GOC 8, 1–5. 152 die drei Stände der Gesellschaft nach der mittelalterlichen Gesellschaftstheorie; vgl. Anm. 162. Im Mittelalter bezeichnete man auf Grund ihres vermeintlich höheren Standes vor Gott nur Priester, Mönche und Nonnen als „Berufene“ (vocati). Luther hingegen sah alle Menschen als Berufene. Später lehrte er, dass Gott jedem Menschen nicht nur in einem, sondern in jedem Stand 153 eine sie besonders betreffende Schriftstelle Ämter und Verantwortlichkeiten gebe. | 154 Luther bezeihnete den Gemeindepfarrer oft als Bischof, hier im Zusammenhang mit dem Sprachgebrauch in I Tim 3,2 und Tit 3,7; vgl. u. S. 901, Anm. 209. | 155 großzügig, freigiebig 156 bissig, gewalttätig | 157 Geschäfte | 158 freundlich | 159 zänkisch | 160 Neugetaufter | 161 einer, der auf das Wort Gottes vertraut | 162 Vgl. I Tim 3,2–6; Tit 1,6–9. Nach der mittelalterlichen
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Tischgebete
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[382] Deinde addant Orationem Dominicam cum oratione sequenti: Gratias agimus tibi, Domine, Deus, Pater, per Iesum Christum, Dominum nostrum, pro universis beneficiis tuis, Qui vivis et regnas in saecula saeculorum, Amen.
Tabula oeconomica, in qua proponuntur elegantes quaedam ex sacra scriptura sententiae, pro omnibus sanctis ordinibus ac statibus, per quas illi tanquam propria quadam lectione sui officii et muneris admonentur
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Episcopis, parochis et concionatoribus 10
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Oportet Episcopum irreprehensibilem esse, unius uxoris maritum, vigilantem, sobrium, modestum, hospitalem, | aptum ad docendum, non vinolentum, non percussorem, non turpis lucri cupidum, sed aequum, alienum a pugnis, alienum ab avaritia, qui suae domui bene praesit, qui liberos habeat in subiectione cum omni reverentia, non novitium, tenacem fidelis sermonis, qui secundum doctrinam est, ut potens sit exhortari doctrina sana et eos, qui contradicunt, arguere, etc., I. ad Timoth. 3. et ad Titum primo.
BSLK 524
Quid debeant auditores episcopis suis
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Dominus ordinavit his, qui Evangelium annunciant, de Evangelio vivere, 1. Corinth. 9.1 Communicet Do[383]ctori in omnibus bonis, is, qui docetur verbo, Galat. 62 Qui bene praesunt presbyteri, duplici honore digni habeantur, maxime qui laborant in Verbo et doctrina. Dicit enim scriptura: Non obligabis os bovi trituranti.3 Et: dignus est operarius mercede sua.4 Oboedite praepositis vestris et cedite eis. Ipsi enim vigilant, quasi rationem pro animabus vestris reddituri, ut cum gaudio hoc faciant et non gementes, hoc enim non expedit vobis.5
De magistratibus 25
Omnis anima potestatibus supereminentibus subdita sit. Non enim est potes|tas nisi a Deo. Quae vero sunt potestates, a Deo ordinatae sunt. Itaque quisquis resistit potestati, Dei ordinationi resistit. Qui autem resisterint, sibi ipsis iudi-
Gesellschaftstheorie diente jeder Einzelne in nur einem Stand, die meisten Menschen der Haushaltung, Fürsten und Ratsherren der Obrigkeit, Priester, Mönche und Nonnen der Kirche. Luthers Lehre vom Beruf entwickelte sich hin zu der Feststellung, dass jeder einen oder mehr „Berufe“ in jedem der drei Stände habe, vgl. o. S. 894, Anm 152. Deswegen wurde schon in den lateinischen Ausgaben von 1529 ein zusätzlicher Abschnitt in den Text eingefügt, und Luther nahm diese Erweiterung an. Ab 1540 erschien auch in den meisten Drucken des Kleinen Katechismus, aber nicht im Konkordienbuch, dieser zusätzliche Abschnitt; vgl. o. S. 895,16–23. | 163 überall 1
I Kor 9,14 | 2 Gal 6,6 | 3 I Tim 5,17f; Dtn 25,4 | 4 Lk 10,7 | 5 Hebr 13,17
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Der Kleine Katechismus
urteil empfahen. Denn sie tregt das Schwerdt nicht umb sonst, sie ist Gottes dienerin, eine racherin zur straffe ober die, so böses thun“, zum Römern am 13. Cap.164
Den Ehemennern „Ihr Menner, wonet bey euren Weibern mit vernunfft und gebet dem Weibischen, als dem schwechesteng Werckzeug, seine ehre, als miterben der gnade des lebens, auff das euer Ge[173r]bet nicht verhindert werde“, In der ersten Petri am dritten Capit.165 „Und seid nicht bitter gegen sie“, zun Coloss. am 3. Capit.166
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Den Eheweibern
10
BSLK 526
„Die Weiber seyen unterthan ihren Mennern als dem Herrn; wie Sara Abraham gehorsam war und hies167 ihn Herr, Welcher töchter ihr worden seid, so ir wol thut und nicht hso schüchter168 seidh“, In der 1. Petri am 2. Capit.169 Den Eltern „Ihr Väter, reitzet euer Kinder nicht zu zorn, das sie nicht scheui werden, Sondern ziehet sie auff in der zucht und vermanung zu dem Herrn“, zun Ephesern am 6. Capit.170
15
Den Kindern „Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem Herrn, Denn dis ist billich171. ,Ehre Vater und Mutter.‘ Das ist das erste Gebot, das verheischung hat, Nemlich: ,das dirs wol gehe und lange lebest auff Erden‘ “, zu den Ephesern am 6.172
g
schwachen Mar29, Witt35 | Witt35
164
h–h
fürchtet für einigen scheusal Mar29, Witt35 |
Röm 13,1–5; vgl. o. S. 894, Anm. 162 sowie u. S. 897,3–14. |
165
i
I Petr 3,7 |
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blöde Mar29, 166
Kol 3,19
20
897
Die Haustafel
cium accipient: Non enim frustra gladium gestat. Nam Dei minister est, Ultor ad iram ei, qui quod malum est, fecerit, Rom. 13. Quid subditi magistratibus debeant
5
10
Reddite quae sunt Caesaris, Caesari, Matth. 22.6 Omnis anima potestatibus sublimioribus subdita sit, etc. Ideoque necessitate subditi estote, non solum propter iram, sed etiam propter conscientiam. Ideo enim et tributa praestatis. Ministri enim Dei sunt, in hoc ipsum servientes. Reddite ergo omnibus debita: cui tributum, tributum, cui vectigal, vectigal, cui timorem, timorem, cui honorem, honorem, Rom. 13.7 Adhortor primum omnium fieri obsecrationes, orationes, interpellationes, gratiarum actiones pro omnibus hominibus, pro regibus, et omnibus, qui in sublimitate constituti sunt, ut quietam et tranquillam vitam agamus cum omni pietate et gravitate, 1. Timoth. 2.8 Admone illos Principibus et potestatibus subditos esse, etc. Tit. 3.9 Subditi estote omni humanae creaturae propter Do[384]minum, sive Regi tanquam praecellenti sive ducibus tanquam ab eo missis, etc. 1 Pet. 2.10
Maritis
15
Viri cohabitent cum uxoribus secundum scientiam veluti infirmiori vasi muliebri impertientes honorem tanquam etiam cohaeredibus gratiae vitae, ne interrumpantur preces vestrae, 1 Pet. 3. Viri, diligite uxores, et ne sitis amarulenti adversus illas, Coloss. 3.
Uxoribus
20
BSLK 526
Similiter uxores subditae sitis vestris viris tanquam Domino, quemadmodum Sara oboedivit Abrahae, Dominum illum appellans, cuius factae estis filiae, dum benefactis et non terremini ullo pavore, 1 Pet. 3; Ephes. 5. Parentibus 25
Parentes, ne provocetis ad iram liberos vestros, Sed educetis eos per eruditionem et correptionem Domini, Ephes. 6.
Liberis
30
Filii, oboedite parentibus vestris in Domino, nam id est iustum: Honora patrem tuum et matrem tuam. Quod est praeceptum primum in promissione, Ut bene tibi sit et sis longaevus in terra, Ephes. 6.
167
nannte | 168 durch nichts beirren lasst | 169 I Petr 3,1.6; Eph 5,22; Kol 3,18 | 3,21 | 171 das gehört sich | 172 Eph 6,1; Ex 20,12; Dtn 5,16 6
170
Eph 6,4; Kol
Mt 22,21; vgl. Mt 17,24–27. | 7 Röm 13,1.5–7 | 8 I Tim 2,1f | 9 Tit 3,1 | 10 I Petr 2,13f
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Der Kleine Katechismus
Den Knechten, Megden, Taglönern und Arbeitern etc. „Ihr Knechte, seid gehorsam euren leiblichen Herrn mit furcht und Zittern, in jeinfeltigkeit173 euers hertzensj als Christo selbst, nicht mit dienst für augen, als Menschen zugefallen. Sondern als die Knechte Christi, das ir solchen willen Gottes thut von hertzen mit kgutem willenk. Last euch düncken, das ir dem Herrn und nicht den Menschen dienet, und wisset, was ein jeglicher gutes thut, das wird er empfahen, er sey Knecht oder frey.“174
5
Den Hausherren und Hausfrauen [173v] „Ihr Herren, thut auch dasselbige gegen inen und last euer dreuen175. Und wisset, das ir auch einen HERRN im Himmel habt, und ist bey ihme kein ansehen der Person“, lEphes. 6l.176
10
Der gemeinen Jugendt
BSLK 527
„Ihr Jungen, seid den Alten underthan und beweiset darin die demut, denn Gott widerstehet den hoffertigen177, aber den demütigen gibt er gnade. So demütiget euch nun unter die gewaltige hand Gottes, das er euch erhöhe zu seiner zeit“, 1. Petri am 5. Capit.178
15
Den Widwen „Welche eine rechte Widwe und einsam ist179, die stellet180 ihre hoffnung auff Gott und bleibet am Gebet tag und nacht. Welche aber in wollüsten lebet, die ist lebendig tod“, 1. Timoth. am 5. Capit.181
20
Der Gemeine „ ,Liebe deinen Nechsten als dich selbst‘, in dem wort sind alle Gebot verfasset182“, zum Röm. am 13. Capit.183 „Und haltet an mit beten für alle Menschen“, in der 1. Timoth. am 2. Cap.184
Ein jeder lern sein Lection. So wird es wol im Hause ston185.
j – j einfältigen hertzen Mar29, Witt35 | Witt35
k–k
wilfertigkeit Mar29, Witt35 |
173
25
l–l
nicht in Mar29,
Aufrichtigkeit | 174 Eph 6,5–8; Kol 3,22–24 | 175 drohen | 176 Eph 6,9; Kol 3,25 | 177 hochmütigen | 178 I Petr 5,5–7 | 179 allein lebt | 180 richtet, setzt | 181 I Tim 5,5f | 182 zusammengefasst 183 Röm 13,9f; Lev 19,18; Mt 22,39 | 184 I Tim 2,1 | 185 stehen
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Die Haustafel
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Servis, ancillis, mercenariis et ceteris ad laborem conductis
5
Servi, oboedite iis, qui Domini sunt secundum carnem [385] cum timore ac tremore, cum simplicitate cordis vestris tanquam Christo: Non ad oculum servientes veluti hominibus placere studentes, sed tanquam servi Christi facientes, quae vult Deus, ex animo, cum benevolentia, servientes Domino et non hominibus, illud scientes, quod unusquisque quod fecerit bonum, hoc reportaturus sit a Deo, sive servus fuerit sive liber, Ephes. 6 et Colos. 3.11 Patribus familias et matribus familias
10
Et vos, Domini, eadem facite erga illos remittentes minas: scientes, quod et vester ipsorum Dominus sit in coelis nec personae respectus sit apud illum, Eph. 7. Colos. 412. Communi iuventuti
15
Similiter iuniores subditi estote senioribus, Sic ut omnes alius alii vicissim subiiciamini. Humilitatem animi vobis infixam habete. Propterea quia Deus superbis resistit, Humilibus autem dat gratiam. Humiliamini igitur sub potenti manu Dei, ut vos exaltet tempore opportuno, 1 Petri 5. Viduis
20
Quae vere vidua est ac desolata, speret in Deo et perseveret in obsecrationibus ac precationibus noctu dieque. Quae vero in delitiis vivit, ea vivens mortua est, 1 Tim 5. Omnibus in commune
25
Dilige proximum tuum sicut te ipsum. In hoc sermone omnia praecepta summatim comprehenduntur, Rom [386] 13. Et ante omnia fiant deprecationes, obsecrationes, interpellationes, gratiarum actiones, pro omnibus hominibu, etc., 1. Tim. 2. Cuique sit inprimis magnae sua lectio curae, Ut domus officiis stet decorata suis. Ein jeder lern sein Lection, so wird es wol im hause ston. Πᾶς ἰδίην ἀνάγνωσιν ἑῇ πραπίδεσσιν ἀθρήσας, Οἶκον ἔχει πυκινῶν εὐπορέοντα καλῶν.
30
11
Kol 3,22–24 | 12 Kol 3,25
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BSLK 527
900
Der Kleine Katechismus - Tauf- und Traubüchlein
[170r] Ein Traubüchlein, für die einfeltigen Pfarherrn
BSLK 528
n
BSLK 529
m
Vorrede D. Martini Luthersn
So manchs Land, so manche sitte, sagt das gemeine Sprichtwort,186 Demnach, weil die Hochzeit und Ehestand ein weltlich geschefft ist, gebürt uns Geistlichen oder Kirchen dienern nichts187, darin zu ordnen oder regieren188, sondern lassen einer jeglichen Stadt und Land hierin iren brauch und gewonheit, wie sie gehen189. Etliche füren die Braut zweymal zur Kirche, beyde des abends und des morgens, Etliche nur einmal190, Etliche verkündigen und bitten sie auff der Cantzel auff zwo oder drey wochen zuvor,191 Solchs alles und dergleichen las ich | Herrn und Rath192 schaffen und machen, wie sie wöllen, es geht mich nichts an. Aber so man von uns begeret für der Kirchen oder in der Kirchen, sie zu segnen, uber sie zu beten oder sie auch zu trauen193, sind wir schüldig, dasselbige zuthun194. Darumb habe ich wollen diese wort und weise stellen den jenigen, so es nicht besser wissen, ob etliche gelüstet, eintrechtiger weise mit uns hierinne zu brauchen. Die andern, so es besser können, odas ist die aller ding195 nichts könneno und aber196 sich düncken lassen, das sie alles können, dürffen dieses meines dienstes nicht, one das sie es uberklügeln197 und ubermeistern198 mögen, und sollen sich ja fleissig hüten, das sie mit niemand etwas gleiches halten, man möchte sonst dencken, sie müsten von andern etwas lernen; das wer grosse schande.
m
danach: Martinus Luther Mar29, Tr29; danach: Mart. Luth. Witt35 nicht in Mar29, Witt35
|
n–n
nicht in Mar29
o–o 186
Vgl. Luthers Gebrauch dieses Sprichwortes in der Predigt über Röm 12,17 (1531), in: WA 34/1, 125,8f. | 187 keineswegs | 188 Vgl. Luther, Von Ehesachen (1530), in: WA 30/3, 205,6–14 und ders., Predigt über Lk 6,36–38 (1529), in: WA 29, 412,20–22. | 189 in Gebrauch sind | 190 Die Trauung fand beim ersten Kirchgang (vor oder in der Kirche) statt, die Einsegnung der Ehe beim zweiten; vgl. dazu die Hochzeit der Stiefschwester des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, Maria, mit Herzog Philipp von Pommern in Torgau am 27. Februar 1536, über die Luther an Nikolaus Hausmann schreibt: „Ego vesperi sponsum et sponsam copulavi, mane D. Pomeranus benedixit (cum ego vertigine correptus non possem), plane nostro more, ut in catechismo habetur; ita enim princeps voluerat“, in: WA.B 7, 372,15–18 (Nr. 2298). Es gab nur einen Kirchgang, wenn die Trauung, wie es ursprünglich üblich war, zu Hause vollzogen wurde (z. B. auch bei Luthers Hochzeit am 13. Juni 1525), oder sich die Einsegnung der Ehe direkt an die Trauung anschloss. | 191 Üblichlicherweise wurde das Aufgebot (proclamatio oder publicatio matrimonialis) an drei verschiedenen Sonn- oder Feiertagen verlesen. | 192 Obrigkeit | 193 Die Trauung fand vor oder in der Kirche, die Einsegnung und das Gebet dagegen stets nur in der Kirche statt. 194 Die Trauung stellte einen weltlich-rechtlichen Akt dar, somit war es ohne Bedeutung, ob ein Geistlicher oder Laie sie vornahm. Dies war eine Nachwirkung des germanischen Rechts, nach dem die Trauung im Brauthaus vom Vater, Vormund oder einem Verwandten der Braut vollzogen wurde; vgl. dazu aber Luthers Urteil, dass diejenigen, die auf die Einsegnung der Ehe verzichten, wie Tiere ohne Recht und Ordnung seien, in seiner Predigt über Mt 18,23–35 (1528), in: WA 27, 411,21–23. | 195 durchaus | 196 trotzdem | 197 übertrumpfen | 198 besserwissen
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Der Kleine Katechismus - Tauf- und Traubüchlein
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Weil man denn bisher mit den München und Nonnen so trefflich199 gros geprenge200 getrieben hat in irem einsegenen201, so doch ir stand und wesen ein ungöttlich und lauter Menschen geticht202 ist, das keinen grund in der Schrifft hat, Wie viel mehr sollen wir diesen Göttlichen stand ehren und mit viel herrlicher weise segenen, beten und zieren? Denn ob es wol ein weltlicher stand ist, so hat er dennoch Gottes wort für sich und ist nicht von Menschen ertichtet oder gestifftet wie der Münche und Nonnen stand, darumb er auch hundertmal billicher solt Geistlich gehalten werden denn der Klösterliche stand, welcher billich der aller weltlichste und fleischlichste sol geachtet werden, weil er aus fleisch und blut und aller dinge203 aus weltlicher witze204 und vernunfft erfunden und gestifftet ist. Auch darumb, das diesen stand das Junge volck lerne mit ernst ansehen, und in ehren | halten als ein Göttlich werck und gebot und nicht so schimpfflich darbey seine narrheit treibe mit lachen, spotten und dergleichen leichtfertigkeit, so man bisher gewonet hat205, gerade als wer es ein schertz oder Kinderspiel, ehelich zu werden oder Hochzeit machen. Die es zum ersten gestifft haben, das man Braut und Breutigam zur Kirchen füren sol, habens warlich für keinen schertz, sondern für einen grossen ernst angesehen. Denn es kein zweiffel ist, sie haben damit den segen Gottes und gemein gebet206 holen wöllen und nicht ein lecherey207 oder Heidnisch Affenspiel208 treiben. [170v] So beweiset es auch das Werck an im selbst wol, denn wer von dem Pfarherr oder Bischoff209 gebet und segen begert, der zeiget damit wolan (ob er es gleich mit dem munde nicht redet), in was fahr und not er sich begibt und wie hoch210 er des Göttlichen segens und gemeinen gebets bedarff zu dem stande, den er anfehet, wie sichs denn auch wol teglich findet, was unglücks der Teuffel anrichtet in dem Ehestande mit Ehebruch, untrew, uneinigkeit, und allerley jammer. So wöllen wir nun auff diese weise an dem Breutigam und Braut (wo sie es begeren und fordern) handeln.
199
besonders | 200 Prunk | 201 Für die Profess wurde die Kleidung des Novizen vorher gesegnet, die Novizinnen wurden bei ihrer Einkleidung feierlich eingesegnet (benedictio et consecratio virginum). | 202 rein menschliche Erfindung | 203 in jeder Hinsicht | 204 Verstand | 205 gewohnt gewesen ist | 206 allgemeine Fürbitte | 207 Komödie | 208 Possen | 209 Luther bezeichnete den Pfarrer vielfach als Bischof seiner Gemeinde; vgl. WA 2, 227,35–229,28; WA 7, 630,34–631,3; WA 26, 506,33. | 210 sehr
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Der Kleine Katechismus - Tauf- und Traubüchlein
Zum ersten: auff der Cantzel auffbitten211, mit solchen worten
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‚Hans N. und Greta N.212 wollen nach Göttlicher ordnung zum heiligen stand der Ehe greiffen, begeren des213 ein gemein Christlich gebet für sie, das sie es in Gottes Namen anfahen und wol gerate. Und hette jemands was darein zu sprechen, der thue es bey zeit oder schweige hernach, Gott gebe inen seinen segen, Amen.‘ Für der Kirchen trauen214 mit solchen worten: ‚Hans, wiltu Greten zum ehelichen Gemahl haben?‘ Dicat215: ‚Ja.‘ ‚Greta wiltu Hansen zum ehelichen Gemahl haben?‘ Dicat: ‚Ja.‘ Hie lasse sie die Trauringe216 einander geben und füge ire beide rechte hende zusammen217 und spreche: ‚„Was Gott zusamen füget, sol kein Mensch scheiden.“218‘ Darnach spreche er für allen in gemein: ‚Weil denn Hans N. und Greta N. einander zu der Ehe begeren und solches hie offentlich für Gott und der Welt bekennen, darauff sie die Hende und Trauringe einander gegeben haben, so
211 Papst Innozenz III. hatte 1215 auf dem 4. Laterankonzil zum ersten Mal für die gesamte Kirche das Aufgebot vorgeschrieben; vgl. 4. Laterankonzil, Kap. 51: Das Verbot heimlicher Eheschließungen, in: X.4.3.3 (Friedberg II, 680; DH 817). Dem Aufgebot geht die Werbung und die die Ehe bereits rechtswirksam begründende Verlobung voraus (Luther hielt das Verlöbnis für „eine rechte Ehe fur Gott und der Welt“; vgl. ders., Von Ehesachen [1530], in: WA 30/3, 224,33–225,3). Luther klagte über Änderungen in der Praxis des Aufgebots; vgl. seine Predigt über Joh 2,1–12 (1532), in: WA 36, 89,21–25. | 212 Hans und Greta waren nicht nur die Namen von Luthers Eltern, diese Namensverbindung war auch sonst, z. B. in sprichwörtlichen Redensarten oder im Märchen (Hänsel und Gretel), gebräuchlich. | 213 deshalb | 214 Luther wünschte die Trauung (copulatio) möglichst schnell nach der Verlobung; vgl. WA.TR 2, 165–166 (Nr. 1657) und WA.TR 4, 133–134 (Nr. 4095). Die Trauung war weitestgehend eine Frage des weltlichen Rechts, wurde jedoch (seit dem 13. Jahrhundert) von einem Geistlichen (gelegentlich auch noch von einem Laien), aber meist vor der Kirchentür vollzogen. So berichtet Georg Spalatin über die Trauung Caspar und Elisabeth Crucigers am 14. Juni 1524 (SA Weimar, Reg O 1805, fol. 1r–3r; gedruckt bei Johann Joachim Müller, Entdecktes Staats-Cabinet. Darinnen so wohl das Jus Publicum, Feudale Und Ecclesiasticum, Nebst dem Ceremoniel- und Curialien-Wesen, Als auch die Kirchen- und Politische Historie, Samt der Genealogie- und Litteratur, Durch extraordinaire Nachrichten und mit beygefügten Diplomatibus, illustriret wird. 8. Eröffnung [Jena 1717], hier: 218f): „Wie doctor Martinus Luther Caspar Creutzinger und Elisabeth von Meseritz Dienstag vor Viti vor der Pfarrkirchen zu Wittenberg zusammen geben hat Anno domini xvc xxliiij.“ Daher stammen die sogenannten Brauttüren, die sich an vielen größeren Kirchen, z. B. St. Lorenz und St. Sebald in Nürnberg, finden. Vgl. auch Luther, Predigt über Joh 2,1–12 (1529), in: WA 29, 4,16–18. | 215 Er/sie soll sagen | 216 Der Ursprung des Rings liegt im Handgeld (Arrha), das der Bräutigam seiner Braut ursprünglich gab. Erst ab dem 13. Jahrhundert wurde der Verlobungsring auch als Trauring gebraucht. | 217 In der junctio manuum, die erst seit dem späteren Mittelalter bei der Trauung üblich ist, wird die ältere Form der traditio puellae, die im germanischen Recht (Übereignung durch Übergabe) ihren Ursprung hat, sichtbar. | 218 Mt 19,6; in Luthers Bibelübersetzung lautet diese Stelle: „Was nu Gott zusammenfuget hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“ Alle von Luther im Traubüchlein verwendeten Bibelzitate entstammen teils dem „Unterricht der Visitatoren“ (1528) (in: WA 26, 225), teils Bugenhagens in zweifacher Gestalt überliefertem Trauformular (vor 1529) (= hs1 [in: WA 30/3, 50] und hs2 [in: ARG 3 (1905), 85f]), d. h. dem in Wittenberg üblichen Trauformular. Mt 19,6 wird in V und hs2 benutzt. Der lateinische Text folgt dem Wortlaut der Vulgata.
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spreche ich sie Ehelich zusammen im Namen des Vaters und des Sons und des heiligen Geistes, Amen.‘219 [171r] Für dem Altar uber dem Breutigam und Braut220 lese er Gottes wort, Gene. am 2. Capit.: ‚„Und Gott der Herr sprach: ‚Es ist nicht gut, das der Mensch alleine sey, ich will im ein gehülffen machen, die psich zu im haltep.‘ Da lies Gott der Herr einen tieffen schlaff fallen auff den Menschen und er entschlieff und nam seiner Rieben eine und schlos die stet zu mit fleisch und Gott der Herr bauet ein Weib aus der Riebe, die er von dem Menschen nam, und bracht sie zu im. Da sprach der Mensch: ‚Das qist doch beinq221 von meinem beinen und fleisch von meinem fleisch, man wird sie Mennin heissen, darumb das sie vom Manne genommen ist. Darumb wird ein Mann seinen Vater und Mutter verlassen und an seinem Weibe hangen und sie werden sein ein fleisch‘.“222‘ Darnach wende er sich zu inen beiden und rede sie an also: ‚Weil ir euch beide in den Ehestand begeben habt in Gottes Namen, so höret auffs erste das gebot Gottes uber diesen stand. So spricht S. Paulus: „Ir Menner, liebet eure Weiber, gleich wie Christus geliebet hat die Gemeinde und hat sich selbst für sie gegeben, auff das er sie heiliget, und hat sie gereiniget durchs Wasserbad
p–p
umb ihn sei Mar29, Tr29, Witt35 | q – q were ein malbein Mar29, Tr29, Witt35
219 Übersetzung der spätmittelalterlichen Trauformel: „Ego conjungo vos in matrimonium in nomine patris et filii et spiritus sancti“; vgl. die genannten Texte in Anm. 218. Das Trauformular Bugenhagens (hs2) zeigt, wieweit sich Luther an die in Wittenberg übliche Form angeschlossen hatte: „Drümb, Hans, begehrt Ihr Käten zum ehelichen Weibe nach Gottes Einsetzung und Gebenedeiung, so bekennet’s offentlich fur dieser Gemeine. Ja. Similiter ad sponsam die convertendo sermonem ad quemlibet; quibus respondentibus accipe primum anulum a sponso, deinde a sponsa permutando anulos, ut mos est, dando anulum sponsi sponsae et contra. Atque it dic: Hans spricht offentlich für dieser Gemeine, er will haben Käten zum ehelichen Weibe nach Gottes Einsetzung und Gebenedeiung. Und Käte spricht, sie will haben Hansen zum ehlichen Manne, darauf haben sie einander geben die Ring, ein Zeichen der Vertrauung nach des Landes Gewohnheit. Ist nu jemand hie, der diese Vertrauung verhindern kann, der sprech’s, sag’s itzt an und schweig hernachmals. Expecta responsum, deinde dic: Diese zwo Person, die zusammebegehren nach Gottes einsetzung, gebe ich hie zusamme und erläube Euch, ehelich zu sein fur Gott, dem Herrn, und dieser Gemeine im Namen des Vaters und des Sohns und des heiligen Geistes. Die Gebenedeiung Gottes sei uber Euch. Wachset und Mehret Euch. Was Gott zusamme hat gefugt, das soll kein Mensch auflösen. Glück zu!“ | 220 Im bis dahin üblichen altgläubigen Ritus war die Einsegnung (benedictio super sponsum et sponsam, benedictio nuptialis) mit der Brautmesse verbunden. Da diese bei den Evangelischen nicht mehr gehalten wurde, fand die Einsegnung der Ehe gewöhnlich am Tag nach der Trauung statt, wobei auch die Hochzeitspredigt gehalten wurde (vgl. Luthers Hochzeitspredigt vom 24. April 1536: „Jam de nuptiis praedicandum, ut olim die Brautmeß gehalten und damit unserm Herrgott einen simplicem cultum getan, cum nihil praedicatum“, in: WA 41, 547,4f). Zu den in Wittenberg üblichen Zeiten vgl. Luthers Predigt über Mt 18,23–35 (1528), in: WA 27, 411,15–19 und seine Predigt über Lk 6,36–42 (1529), in: WA 29, 412,18f. Luther richtet sich nach dem örtlichen Gebrauch (vgl. hs1 und hs2). | 221 Knochen 222 Gen 2,18.21–24. Seit der Katechismusausgabe von 1536 sind die Bibelzitate dem revidierten Bibeltext der ersten Vollbibel von 1534 angeglichen. Vgl. Luthers Bemerkung zu diesem Text in seinen Predigten über Gen 2 (1523), in: WA 14, 125,9–128,30; WA 24, 76,17–81,30 und in seiner Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 42,87,9–104,2.
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Der Kleine Katechismus - Tauf- und Traubüchlein
im Wort, auff das er sie im selbst zurichte eine Gemeine, die herrlich sey,r die nicht habe einen flecken oder runtzeln oder des etwas, sondern das sie heilig sey und unstrefflich. Also sollen auch die Menner ire Weiber lieben als223 ire eigene leibe. | Wer sein Weib liebet, der liebet sich selbst, denn niemand hat iemal sein eigen Fleisch gehasset, sondern er nehret es und pfleget sein gleich wie auch der Herr die Gemeine. Die Weiber sein unterthan iren Mennern als dem HERRN. Denn der Mann ist des Weibes heupt, gleich wie auch Christus das heupt ist der Gemeine und er ist seines Leibes Heiland. Aber wie nun die Gemeine Christo ist unterthan, also auch die Weiber iren Mennern in allen dingen.“224‘
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[171v] Zum Andern ‚Höret auch das Creutze225, so Gott auff diesen Stand geleget hat, So sprach Gott zum Weibe: „Ich will dir viel schmertzens schaffen, wenn du schwanger wirst, du solt tmit schmertzen Kindert geberen und dein wille sol deinem Man unterworffen seinu und er sol dein Herr sein.“226 Und zum Mann sprach Gott: „Dieweil du hast gehorchet der stimme deines Weibes und gessen von dem Baum, davon ich dir gebot und sprach: Du solt nicht darvon essen, verflucht sey der Acker umb deinet willen, mit kummer soltu dich darauff neeren dein lebenlang, Dorn und Disteln sol er dir tragen und solt das Kraut auff dem Felde essen, im schweis deines Angesichts soltu dein Brod essen, bis das du wider zur Erden werdest, davon du genomen bist, denn du bist Erde und solt zu Erden werden.“227‘
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Zum Dritten ‚So ist das euer trost, das ir wisset und gleubet, das euer Stand für Gotte angeneme und gesegenet ist, denn also stehet geschrieben: „Gott schuff den Menschen im selbst zum Bilde, Ja zum Bilde Gottes schuff er in. Er schuff sie, ein Menlin und Freulin, und Gott segnet sie und sprach zu inen: ‚Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erden und vmachet sie euch unterthanv und herrschet uber Fisch im Meer und uber Vogel unter dem Himel und uber alles Thier, das auff Erden kreucht.‘ Und Gott sahe alles, was er gemacht hatte, und sihe da, es war alles sehr gut.“228
r darstellet eine herrliche gemeine Mar29, Witt35 | s Kummer Mar29, Tr29, Witt35 | t – t deine Kinder mit Kummer Mar29, Tr29, Witt35 | u du solt Dich ducken fur deinem man Mar29, Tr29, Witt35 | v – v bringet sie unter Euch Mar29, Tr29, Witt35 223 wie | 224 Eph 5,25–29.22–24 | 225 Vgl. Mt 16,24. | 226 Gen 3,16 | 227 Gen 3,17–19 | 228 Gen 1,27f.31. Vgl. Luthers Bemerkung zu dieser Stelle in seinen Predigten über Gen 1 (1523), in: WA 14, 110,35–115,24; WA 24, 48,8–59,26 und in in seiner Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 42, 51,1–56,13.
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Darumb spricht auch Salomon: wWer ein Ehefrau findet, der findet was guts, und schöpffet segen vom Herrnw.229‘ Hie recke die hende uber sie und bete also: ‚HERR Gott, der du Mann und Weib geschaffen und zum Ehestand verordnet hast, darzu mit früchten des Leibs gesegenet und das Sacrament230 deines lieben Sons Jhesu Christi und der Kirchen, seiner Braut, darinn bezeichnet, Wir bitten deine grundlose güte, du wöllest solch dein Geschöpffx231, ordnung und segen nicht lassen verrücken noch verderben, sondern gnediglich in uns bewaren durch Jhesum Christum, unsern Herrn, Amen.232‘
[172r] Das Tauffbüchlein verdeutschet und auffs neu zu gericht
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Martinus Luther, allen Christlichen Lesern, Gnade und friede in Christo unserm Herrn 15
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Weil ich teglich sehe und höre, wie gar233 mit unfleis und wenigem ernst, wil nicht sagen, mit leichtfertigkeit, man das hohe, heilige, tröstliche Sacrament der Tauffe handelt uber den Kindlein, welcher ursach ich achte auch eine sey, das die, so dabey stehen, nichts darvon verstehen, was da geredt und gehandelt wird, düncket michs nicht allein nütz, sondern auch not sein, das man es in deutscher Sprache thue234, und habe darumb solches (zwie bisher zu Latein geschehenz) verdeutscht, anzufahen auff deutsch zu Teuffen, damit die Patena und Beystender deste mehr zum Glauben und ernstlicher andacht gereitzt werden235 und die Priester, so da Teuffen, desto mehr fleis umb der Zuhörer willen haben müssen. Ich bitte aber aus Christliche treu alle die jenigen, so da Teuffen, Kinder heben236 und darbey stehen, wollten zu hertzen nehmen, das treffliche Werck, und den grossen ernst der hierinnen ist, denn du hie hörest in den worten dieser Gebet, wie kleglich237 und | ernstlich die Christliche Kirche das Kindlin her tregt und so mit bestendigen, ungezweiffeleten238 worten für Gott bekennet, es sey vom Teuffel besessen und ein Kind der sünden und ungnaden, w – w Wer ein weib krieget, der krieget ein gut ding und wird wolgefallen vom Herrn schepffen Mar29, Tr29, Witt35 | x gescheffe Mar29; geschefft Witt35 | y das gesamte Taufbüchlein nicht in Mar29 | z – z nicht in Witt35 | a gfattern TaA 229 Freies Zitat nach Prov 18,22. | 230 Vgl. Eph 5,32: „Sacramentum hoc magnum est“ (in der Bibelübersetzung stets: „Geheimnis“) und WA.DB 7, 206. | 231 Stiftung | 232 Dieses Gebet Luthers lehnt sich an ältere, aus dem Ritual der Eheeinsegnung stammende Gebete an; vgl. WA 30/3, 56. 233 sehr | 234 Im Mittelalter wurde das Taufritual, abgesehen von den Fragen an die Paten und deren Antworten, in lateinischer Sprache vollzogen. | 235 Vgl. Luthers Predigt „Von der Taufe“ (vom 14. Januar 1532): „Ideo Germanice reddimus baptismum, ut oretis simul und zuhort die trefflichen, schonen Wort. Sed audio, quod faciatis ut in taberna etc. Macht nicht ein Scherz draus, quia non est“, in: WA 36, 96–102, hier: 101,15–17. | 236 das Patenamt ausüben | 237 mit wieviel Klagen | 238 die keinen Zweifel in sich bergen
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und so fleissiglich bittet umb hülff und gnad durch die Tauffe, das es ein Kind Gottes werden möge. Darumb woltestu bedencken, wie gar es nicht ein239 schertz ist, wider den Teuffel handeln und denselben nicht allein von dem Kindlein iagen, sondern auch dem Kindlein solchen mechtigen Feindt sein lebenlang auff den hals laden, das es wol not ist, dem armen Kindlein aus gantzem hertzen und starckem glauben beystehen, auff das andechtigest bitten, daß im Gott nach laut240 dieser Gebet nicht allein von des Teuffels gewalt helffen, sondern auch stercke, das es möge wider in ritterlich im leben und sterben bestehen. Und ich besorge, das darumb die Leute nach der Tauffe so ubel auch geraten, das man so kalt und lessig mit inen umbgangen und so gar241 one ernst für sie gebeten hat in der Tauffe. So gedencke nun, das in dem Teuffen diese eusserliche stück das geringste sind,242 als da ist: unter augen blasen,243 Creutze anstreichen,244 Saltz in den mund geben,245 Speichel und kot in die Ohren und Nasen thun,246 mit Ole auff der Brust und Schuldern salben247 und mit Cresam die Scheittel bestreichen,248 Westerhembt anziehen249 und | brennende Kertzen in die handt geben250 und was da mehr ist, das von Menschen, die Tauff zuzieren, hinzu gethan ist, denn auch wol one solches alles die Tauffe geschehen mag und nicht die rechten griffe251 sind, die der Teuffel scheuet oder fleucht252, er verlachet wol grösser ding, es mus ein ernst hie sein. Sondern da253 sihe auff, das du in rechtem Glauben da stehest, Gottes wort hörest und ernstlich mit betest, denn wo der Priester spricht: ‚Last uns beten!‘, da vemanet er dich je254, das du mit im beten solt. Auch sollenn seines
239 durchaus kein | 240 Wortlaut | 241 ganz | 242 Luther äußerte seine Kritik an den Gebräuchen, die um die Taufe herum entstanden waren, in der Predigt „Von der Taufe“ (1532), in: WA 36, 108,26–29. | 243 Zu Beginn der Taufe bläst der Täufer dem Täufling dreimal unter die Augen und spricht die Worte: „Exi ab eo, immunde spiritus, et da locum spiritui sancto paraclito“ (exsufflatio), vgl. den entsprechenden Abschnitt im Kleinen Katechismus, u. S. 907, Anm. d–d. | 244 an Stirn und Brust (signum crucis). Diesen Brauch behielt Luther bei; vgl. u. S. 909,1–3. | 245 Mit den Worten: „Accipe sal sapientiae, propitiatio tibi sit in vitam aeternam“ wird dem Täufling etwas gesegnetes Salz in den Mund gegeben, vgl. u. S. 907f, Anm. e–e. | 246 Der Taufexorzismus endete damit, dass mit den Worten: „Ephphata, quod est aperire in odorem suavitatis“ und „Tu autem effugare, diabole, appropinquat enim judicium Dei“ die Nase und Ohren des Täuflings mit etwas Speichel und etwas mit Speichel vermischter Erde bestrichen wurden (aperio aurium; in Anlehnung an Mk 7,33f und Joh 9,6), vgl. u. S. 909, Anm. p–p. | 247 Nach der Abschwörung (abrenuntiatio) wurde der Täufling mit am Gründonnerstag vom Bischof geweihten Katechumenenöl (reines Olivenöl) gesalbt, vgl. u. S. 910, Anm. t. | 248 Darauf folgte eine weitere Salbung mit Chrisam, einem ebenfalls gesegneten Olivenöl, dem duftende Balsame beigemischt waren; vgl. u. S. 910, Anm. v–v. | 249 Taufkleid; seit der Spätantike wurde dem Täufling im Anschluss an die Taufe ein weißes Kleid (Alba) übergestreift, dazu kam ab dem Mittelalter bei Kindertaufen eine Haube (cappa) oder ein mit einer Kapuze versehenes Mäntelchen, vgl. u. S. 910, Anm. w–w. 250 Mit den Worten: „accipe lampadem ardentem et irreprehensibilem“ überreichte der Täufer dem Täufling oder dessen Paten am Ende der Taufe eine brennende Kerze, vgl. u. S. 910, Anm. w–w. | 251 Kunstgriffe | 252 vor denen er flieht | 253 darauf | 254 persönlich
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gebets wort mit im zu Gott im hertzen sprechen alle Patenb und die umbher stehen. Darumb sol der Priester diese Gebet fein deutlich und langsam sprechen, das es die Paten [172v] hören und vernemen können und die Paten auch einmütiglich im hertzen mit dem Priester beten, des Kindleins not auffs aller ernstlichste für Gott tragen, sich mit gantzem vermögen für das Kind wider den Teuffel setzen255 und sich stellen, das sie es in ein ernst lassen sein, das dem Teuffel kein schimpff256 ist. Derhalben es auch wol billich und recht ist, das man nicht die trunckene und rohe Pfaffen tauffen lasse, auch nicht lose Leute zu Gefattern257 neme258, sondern feine sittige, ernste frome Priester und Gefattern, zu den man sich versehe259, das sie die sach mit ernst und rechtem glauben handeln, damit man nicht dem Teuffel das hohe Sacrament zum spot setzt260 unnd Gott verunehre, der darin so uberschwenglichen und grundlosen reichthumb seiner gnaden uber uns schüttet, das ers selbst ein neue Geburt heist261, damit wir aller tyranney des Teuffels ledig, von Sünden, Todt und Helle los, Kinder des lebens und Erben aller güter Gottes und Gottes selbst kinder und Christus brüder werden. Ach lieben Christen, last uns nicht so unfleissig solche unaussprechliche gaben achten und handeln, ist doch die Tauffe unser | einiger262 trost und eingang zu allen Göttlichen gütern und aller heiligen gemeinschafft. Das heisse uns Gott, Amen.c dDer Tauffer spreched: ‚Fahre aus, du unreiner Geist, und gib raum dem heiligen Geist.‘ Darnach mach er im ein Creutz an der stirn und brust und spreche: ‚Nim das zeichen des heiligen Creutzes beyde an der stirn und an der brust. Last uns beten: O Allmechitger, ewiger Gott, Vater unsers Herrn Jhesu Christi, eich ruffe dich an uber diesen N., deinen diener, der deiner Taufffe b gfattern TaA | c danach: Ich hab aber noch nichts sonderlichs wellen verändern im Tauffbüchlin, Wie wol ichs leydenn möchte, es were besser gerüst, dann es auch unfleissige maister gehabt hatt, die der tauffe herligkeit nicht gnügsam bewagen. Aber die schwachen gewissen zuschauwen, laß ichs fast so bleyben, das sie nicht klagen, ich wölle ayn neüwe tauff einsetzen, und die bißher getaufft seind, thaddeln, als die nit recht getaufft weren. Dann, wie gesagt an den menschenlichen zusetzen nicht so groß ligt, wann nur die tauff an ir selbs, mit gottes wort, richtigem glauben und ernstem gepett gehandelt würt. Hie mit gott befolhen TaA | d – d Der Tauffer blaße dem kind drey mal under augen und spreche TaA, TaE, TaW, TaZ | e – e Du wöllest sehen auff disen .N., deinen diener, den du zu des glaubens underricht berüffen hast, treybe alle blindhait seynes hertzen von im, zerreyß alle strick des teüffels, da mit er gepunden ist, thu im auff herr die thür deiner gütte, auff das er mitt dem zaychen deiner weyßhayt bezaichnet, aller bößer lust gestanck on sey, unnd nach dem süssen geruch deyner gepott, dir in der Christenhait frülich diene, unnd täglich zuneme, unnd das er tüchtig werde zu kommen zu deiner tauffgenaden, ertzney zu empfahen, durch Christum unnsern herren Amen. Laßt unns aber betten: O gott du unsterblicher trost aller, die etwas fordern, erlößer aller, die dir flehen, und fryd aller, die dich bitten, lebenn der glaubigen, aufferstehung der todten. Ich rüffe dich an über diesen .N., deynen diener, der deiner tauff gabe 255 dem Teufel widersetzen | 256 Scherz | 257 Paten | 258 Vgl. dazu Luther, Predigt „Von der Taufe“ (1532), in: WA 36, 101,29–102,9 und seine Bemerkung aus dem Jahr 1543, in: WA.TR 5, 248–249 (Nr. 5568). | 259 von denen man erwarte | 260 preisgebe | 261 Vgl. Joh 3,3.5. | 262 einziger
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gabe bittet und deine ewige Gnade durch die geistliche Widergeburt begert. Nim in auff, Herr, und wie du gesagt hast. „Bittet, so werden ir nehmen, Suchet, so werdet ir finden, Klopffet an, so wird euch auffgethan.“263 So reiche nun das Gut dem, der da bittet, und öffne die Thür dem, der da anklopffet, das er den ewigen Segen dieses Himlischen Bades264 erlange und das verheissen Reich deiner Gabe empfahe durch Christum, unsern Herrn, Amen.e265 Last uns beten: Allmechtiger ewiger Gott, der du hast durch die Sindflut, nach deinem gestrengen Gericht die ungleubige Welt verdampt und den gleubigen Noha selb acht266 nach deiner grossen barmhertzigkeit erhalten267 und den verstockten Pharao mit allen seinen im Roten Meer erseufft und dein Volck Israel trocken hindurch gefüret,268 damit dis Bad deiner heiligen Tauffe zukünfftig bezeichnet, und durch die Tauffe deines lieben Kindes, unsers Herrn Jhesu Christi,269 den Jordan und alle Wasser zur seligen Sindflut und reichlicher abwaschung der sünden [173r] geheiliget und eingesetzt, Wir bitten durch270 dieselbige deine grundlose barmhertzigkeit, du wollest diesen N. gnediglich ansehen und mit rechtem Glauben im Geist beseligenf, das durch diese heilsame Sindflut an im ersauffeg und undergehe alles, was im von Adam angeboren ist und er selb darzu gethan hat, und er, aus der ungleubigen zal gesöndert, in der heiligen Arca271 der Christenheit trocken und sicher behalten, allzeit brünstig im Geist, frölich inn hoffnung272 deinem Namen diene, auff das er mit allen Gleubigen deiner verheissung, ewiges Lebens zu erlangen, wirdig werde durch Jhesum Christum, unsern Herrn, Amen.h bittet, und dein ewigen gnade durch die gaystliche widergeburt begert. Nym in auff herre, unnd wie du gesagt hast: Bittet, so werdet ir nehmen, sücht, so werdet ir finden, klopft an, so würdt euch affgethon, do rayche nun das lon dem, der da bittet, unnd offene die thur, dem der anklopfet, das er den ewigen segen dises himlichen bades erlange, und das verhaissen reich deiner gab empffahe, durch Christum unsern herren, Amen. Hie neme er das kind unnd lege im saltz inn den mundt und spreche: Nym .N. das saltz der weyßhait, die dich fordere zum ewigen leben, Amen. Hab fryde TaA, TaE, TaW, TaZ | f heiligen Witt35 | g ertrincke TaZ | h danach: Darumb du laydiger teüffel erkenne dein urtayl und laß die eere dem rechten und lebendigen gott, laß die eere seinem son Jesu Christo und dem hayligen gayst, und weyche von disem .N., seinem diener. Dann gott und unser herr Jesus Christus hat in zu seiner hayligen gnad und segen und zum brunen der tauffe durch sein gabe berüffen. Unnd das du diß zaychenn des hayligen kreützes +, das wir an seine styrn thün, müssist nimmer thüre verstören, durch den der zukünfftig ist zu richten etc. So höre nun du laydiger teüffel, bey dem namen des ewigen gottes und unsers haylands Jesu Christi beschworen, unnd weich mitt zittern und seüfftzen, sampt deinem haß überwunden, das du nichts zu schaffen habst mitt dem diener gottes, der nun nach dem das haymlich [himlisch TaE, TaW] ist trachtet, dir unnd deyner welt entsaget, und leben sol in säliger unsterbligkeit. So laß nun die eere dem hayligen geyst, der da kompt, und von der höhesten burg 263 Mt 7,7 | 264 Vgl. Tit 3,5. | 265 Luthers Bearbeitung des Gebets „Deus immortale praesidium“; das ursprünglich vorausgehende Gebet, „Omnipotens, sempiterne Deus“ hat Luther 1526 bis auf die Anrede gestrichen; vgl. Luther, Das Taufbüchlein verdeutscht (1523), in: WA 12, 43,2–10. 266 Vgl. II Petr 2,5; Noah selbst ist der Achte, also Noah und sieben andere, seine drei Söhne mit ihren Frauen und Noahs Frau; vgl. den lateinischen Text in: QuM I, 889,35–890,8. | 267 Vgl. Gen 6,5–9,17. | 268 Vgl. Ex 14. | 269 Vgl. Mt 3,13–17; Mk 1,9–11; Lk 3,21f; Joh 1,32–34. | 270 um … willen | 271 Arche | 272 Röm 12,11f
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Ich beschwere dich, du unreiner Geist, bey dem Namen des Vaters +273 und des Sons + und des heiligen Geistes +, das du ausfarest und weichest von diesem diener iJhesu Christi, N., Amen.i Last uns hören das heilig Evangelium S. Marci: „Und sie brachten Kindlein zu Jhesu, das er sie anrüretej. kDie Jünger aber furen die an, die sie trugen.k lDa es aber Jhesus sahe, ward er unwilligl und sprach zu inen: Lasset die Kindlein zu mir kommen und weret inen nicht, denn solcher ist das mReich Gottesm. Warlich ich sage euch, wer das Reich Gottes nicht empfehet als ein Kindlein, | der wird nicht hienein komen. Und hertzet sie und legt die hende auff sie und segnet sie.“274‘ Denn lege der Priester seine hende auff ndes Kindes heuptn und bete das Vater unser sampt den Pateno nider gekniet: p„Vater unser, der du bist im Himel. Geheiliget werde dein Name. qZukome dein Reich. Dein wille geschehe wie im Himel also auch auff Erden. Unser teglich Brot gib uns heute. Und verlasse uns unser schuldt, als wir verlassen275 unsern schüldigern. Und füre uns nicht in versuchung. Sondern erlöse uns von dem ubel, Amenq.p“276 Danach leite man das Kindlein zu der Tauffe277 und der Priester spreche: ‚„Der Herr behüte deinen Eingang und Ausgang von nu an bis zu ewigen zeiten.“278‘ Darnach lasse der Priester das Kind durch seine Patenr dem Teuffel absagen und spreche: ‚N., Entsagstu dem Teuffel?‘ Antwort: ‚Ja.‘ ‚Und allen seinen Wercken?‘ Antwort: ‚Ja.‘ ‚Und alle seinem Wesen?‘ Antwort: ‚Ja.‘ Darnach frage er: ‚Gleubstu an Gott, den Vater Allmechtigen, Schöpffer Himmels und der Erden?‘ Antwort: ‚Ja.‘ ‚Gleubstu an Jhesum Christum, seinen einigen
des hymmels herab feret, deyne triegerey zuverstören, und das hertz mit dem götlichen brunnen gefeget, ain hayligen tempel unnd wonung gott zuberayten, auff das dieser diener gottes von aller schuld der vorigen laster erlöset, dem ewigen gott dancksage allzeyt und lobe seinen namen ewigklich, Amen. TaA, TaE, TaW | i – i gottes, .N., dann der gepeüt dir, du laydiger, der mit füssen auff dem möre ging und dem sinckenden Petro die handt raicht. Laßt uns betten: Herr, hayliger vatter, allmechtiger, ewiger gott, von dem alles liecht der warhait kompt, wir bitten deine ewige und aller sänfftiste güte, das du deinen segen auff disen .N., deinen diener, giessest, und wöllest in erleüchten, mit dem liecht deines erkentnüß, das er würdig werde zu deiner tauffgnade zu komen, das er halte ain feste hoffnung, rechten radt unnd haylige lere und geschickt werde zu deyner tauffgnade, durch Christum unsern herrn, Amen. Der herr sey mitt eüch. Antwort: Unnd mit deinem gayst. Evangelion Sanct marcks. Antwort: Eere sey dir herre. TaA, TaE, TaW, TaZ | j solt anrüren Witt35 | k – k Aber die Jünger bedraweten die, so we brachten Witt35 | l – l das aber Jhesus sahe verdres in Witt35 | m – m himmelreich Witt35 | n – n sie Witt35 | o gfattern TaA | p – p Darnach neme er mitt dem finger spaychel unnd rüre da mitt das recht or unnd spreche: Ephathah, das ist: thu dich auff, Zu der nasen und zum lincken ore. Du teuffel aber fleuch, dann gottes gericht kompt herbey TaA, TaE, TaW, TaZ | q – q etc. Witt35 | r gfattern TaA 273
An den mit + gekennzeichneten Stellen soll der Täufer ein Kreuzeszeichen über dem Täufling vollziehen. | 274 Mk 10,13–16 | 275 vergib ... vergeben | 276 Mt 6,9–13; Lk 11,2–4 | 277 Taufstein. Im Mittelalter fand der erste Teil der Taufe mit den Exorzismen vor der Kirche statt, der zweite am Taufstein. In der Ausgabe des Taufbüchleins von 1523 lautet diese Stelle bei Luther noch: „Darnach leite man das Kindlin in die Kirche“, Luther, Das Taufbüchlein verdeutscht (1523), in: WA 12, 45,16f. | 278 Ps 121 (Vg 120),8
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Sohn, unsern Herren, geboren svon Maria der Jungfrauen, gecreutziget, gestorben und begraben, aufferstanden von den Todten, sitzen zur rechten Gottes, zukünfftig zu richten die lebendigen und die todten?s‘ Antwort: ‚Ja.‘ ‚Gleubstu an den heiligen Geist, eine heilige Christliche Kirche, Gemeine279 der Heiligen, Vergebung der sünden, Aufferstehung des fleisches und nach dem todt ein ewiges Leben?‘ Antwort: ‚Ja.‘t ‚Wiltu getaufft sein?‘ Antwort: ‚Ja.‘ Da neme er das Kind und tauche es in die Tauffe280 und spreche: ‚Und ich Teuffe dich im Namen des Vaters und des Sons und des heiligen Geistes.‘ Denn sollen die Patenu das Kindlein halten in der Tauffe und der Priester vspreche, weil281 er das Westerhembd anzeuchtv: ‚Der Allmechtige Gott und Vater unsers Herrn Jhesu Christi, der dich anderweit282 geboren hat durchs Wasser und den heiligen Geist und hat dir alle deine sünde vergeben, der stercke dich mit seiner gnade zum ewigen leben, Amen. Friede mit dir.‘ wAntwort: ‚Amen.‘w
s – s und gelitten Witt35 | t darnach: Darnach salbe er das kind mit hayligem öle auff der brust und zwischen den schultern unnd spreche: Unnd ich salbe dich mitt haylsamen öle in Jhesu Christo unserm herren. Und frage: TaA, TaE, TaW, TaZ | u gfattern TaA | v – v mache im ain kreütz mitt dem öle auff der schayttell und sprech: TaA, TaE, TaW, TaZ | w – w unnd deinem gayst. Und weyl die gfattern [Paten TaE, TaW, TaZ] das kind noch halten inn der tauffe, soll im der Priester die hauben auff setzen unnd sagen: Nym das weyß, haylig und unbefleckts klayd, das du on flecken bringen solt für den richterstul Christi, das du das ewige leben habst. Fryd mitt dir! Darnach heb man es auß der tauffe und der priester geb im ayn kertzen inn die handt: Nym diße brinnende fackel unnd beware dein tauffe unstrefflich, auff das, wann der herr kompt zu der hochzeit, du im mügest entgegen gön, sambt den hayligen in den hymmelischen Sal und das ewige leben habst. Amen TaA, TaE, TaW, TaZ 279 Vgl. u. S. 1060–1063. | 280 Taufstein; zum mittelalterlichen Gebrauch; vgl. u. S. 1128, Anm. 1127. | 281 während | 282 zum zweiten Mal, von neuem; vgl. Joh 3,3.5.
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[174r] Der große Catechismus Deutsch Doctoris Martini Lutheri
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Kurtze Vorrede1
Diese Predigt2 ist dazu geordnet und angefangen, das es sey ein unterricht für die Kinder und Einfeltigen, darumb sie auch von alters her auff Griechisch heisset Catechismus, das ist eine Kinderlere, so ein | jeglicher Christ zur not3 wissen sol. Also das, wer solches nicht weis, nicht kündte unter die Christen gezelet und zu keinem Sacrament zugelassen werden4, gleich wie man einen Handtwercksman, der seines Handtwercks recht und gebrauch nicht weis, auswirfft und für untüchtig helt. Derhalben sol man Junge Leute die Stücke, so in den Catechismum oder Kinderpredigt gehören, wol und fertig lernen lassen und mit fleis darinne uben und treiben. Darumb auch ein jeglicher Hausvater schüldig ist, das er zum wenigsten die Wochen einmal seine Kinder und Gesinde umbfrage5 und verhöre, was sie davon wissen oder lernen und, wo sie es nicht können, mit ernst dazu halte6. Denn ich dencke wol der zeit, ja es begibt sich noch teglich, das man grobe7, alte, betagte leute findet, die hievon gar nichts gewust haben oder noch wissen8, gehen doch gleichwol zur Tauffe und Sacrament, und brauchen alles, was die Christen haben. So doch, die zum Sacrament gehen, billich mehr wissen und völligern verstand aller Christlichen Lere haben solten denn die Kinder und neue Schüler. Wiewol wirs für den gemeinen Hauffen bey den dreyen stücken9 bleiben lassen, so von alters her in der Christenheit blieben sind, aber wenig recht geleret und getrieben, so lange bis man sich in densel-
a–a
nicht in Witt3
1 Diese „kurtze Vorrede“ ist entstanden auf der Grundlage der Katechismuspredigt Luthers vom 18. Mai 1528, in: WA 30/1, 2,1–30. | 2 Luther hatte als Mönch oft über die Teile des Katechismus gepredigt. Die Predigt war im Mittelalter das wichtigste Instrument des Unterrichts der Laien. Der Katechismus spielte auch eine bedeutende Rolle in der Beichte, und die Handbücher für Beichtväter enthielten oft Anweisungen aus und über den Katechismus zum Gebrauch in der Seelsorge. Bereits Ende des 15. Jahrhunderts erschienen gedruckte Handbücher und Predigten über einzelne Teile des Katechismus; vgl. die edierten Texte in: Christoph Moufang (Hg.), Katholische Katechismen des 16. Jahrhunderts in deutscher Sprache, Hildesheim 1881 und Clemens Drees (Hg.), Der Christen Spiegel des Dietrich Kolde von Münster, Werl 1954. | 3 notwendigerweise | 4 Vgl. dazu Johann Ulrich Surgant, Manuale curatorum predicandi prebens modum [...], Straßburg 1506 (VD 16 S 10231), 80r: „Nullumque dictorum suorum parochianorum utriusque sexus cuiuscunque conditionis, qui praemissa [oratio Dominica, symbolum, decem praecepta] nesciverit seu ignora-
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[387] Catechismus maior D. Martini Lutheri
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[395] Brevis praefatio1
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Praesentis huius opusculi sermonem haud alio animo elaboravimus, quam ut esset institutio puerorum atque simplicium. Hinc apud veteres lingua Graeca Catechismus dictus est, quae vox pueri|lem institutionem significat. Haec vero cuius Christianorum necessario debet esse perspecta et cognita, ita ut, si quis huius cognitionem non habeat, in Christianorum numerum merito non sit referendus neque ad Sacramentorum participationem admittendus, Quemadmodum opifex quispiam manuarius, qui artis aut opificii sui rationem et usum non callet, iure optimo reprobandus, et minimi precii habendus. Quapropter pueris articuli ad Catechismum seu puerilem institutionem pertinentes summo studio tradendi sunt inque ipsis non segniter exercenda eorundem industria. Inde fidelis ac vigilantis patrisfamilias officium exigit, ut per hebdomadam ad minimum semel habito examine liberorum ac familiae periculum faciat ac audiens exacte perquirat, quid hisce de rebus intelligant aut didicerint, quibus ignoratis eosdem serio et graviter eo, ut ista perdiscant, adigat. Probe enim commemini atque adeo quotidie hoc ipsum usu venire videmus, ut usque adeo tardo atque hebeti ingenio inveniantur homines iamque natu grandiores, quibus hac de re nihil prorsus compertum fuit, aut etiam hodie teneant, quanquam nihilo secus Sacramentorum nobiscum fiant participes omnibusque illis utantur, quae peculiariter Christianis utenda data et instituta sunt [396], cum tamen ii, qui Sacramentorum usum sibi vendicant, plus scire neque non ampliore Christianarum rerum intelligentia praediti atque exculti | esse debeant quam pueri aut novitii scholastici. Ceterum nos pro instituendo vulgo hisce tribus partibus contenti erimus, quae a priscis usque seculis recepta consuetudine in Christianismo permanserunt, tametsi per pauca ex his recte et sincere tradita sint populo, donec in iisdem probe
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Die Reihenfolge der beiden Vorreden wurde dem deutschen Text angeglichen. Das lateinische Konkordienbuch bietet die beiden Texte in umgekehrter Reihenfolge.
verit, ad susceptionem sacratissimi eucharistiae sacramenti admittant“ (Liber II, consideratio V); vgl. die allgemeine Einleitung der Herausgeber zu den Katechismen, in: WA 30/1, 436; dazu Luther in einem Brief an Nikolaus Hausmann, Oktober 1523, in: WA.B 3, 183,11–13 (Nr. 678). 5 der Reihe nach frage. Im Kleinen Katechismus unterrichtet Luther den Hausvater, wie er die Hauptstücke des Katechismus „seinem Gesinde aufs einfältigest für halten soll“; vgl. o. S. 862,1f; 870,1f; 874,1f; 882,7f; 888,10f; 890,15f; 892,13f. | 6 dazu anhalte | 7 unwissende | 8 und noch immer nichts wissen | 9 Der mittelalterliche Katechismus umfasste im Kern drei Teile: die Zehn Gebote, das Apostolische Glaubensbekenntnis und das Vaterunser.
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Quo consilio haec doctrina tradita. BSLK 554 Cognitio Catechismi quam necessaria.
Exercitium docendi Catechismi
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bigen wol ube und leufftig10 werde, beiden Jung und Alt, was Christen heissen und sein wil. Und sind nemlich diese:a
[174v] bEin nötige Vermanung Eine Christliche, heilsame und nötige Vorrede und treue, ernstliche Vermanung Doctoris Martini Lutheri an alle Christen, sonderlich aber an alle Pfarherrn und Prediger, das sie sich teglich im Catechismo, so der gantzen heiligen Schrift ein kurtze Summa und Auszug ist, wol uben und den immer treiben sollen etc. BSLK 545
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Das wir den Catechismum so fast11 treiben und zu treiben beide begeren und bitten, haben wir nicht geringe ursachen, dieweil wir sehen, das leider viel Pfarherr und Prediger hierin sehr seumig sind und verachten beide ir Ampt und diese Lere, etliche aus grosser hoher Kunst, etliche aber aus lauter faulheit und bauchsorge, welche stellen sich nicht anders zur sachen, denn als weren sie umb ires Bauchs willen Pfarherrn oder Prediger und müsten nichts thun, denn der Güter gebrauchen, weil sie leben, wie sie unter dem Bapsthumb gewonet. Und wiewol sie alles, was sie leren und Predigen sollen, jetzt so reichlich, klar und leicht für sich haben in so viel heilsamen Büchern und, wie sie es vor zeiten hiessen, die rechten Sermones per se loquentes, Dormi se|cure, Paratos et Thesauros12, noch sind sie nicht so fromb und redlich, das sie solche Bücher keufften oder, wenn sie dieselbigen gleich haben, dennoch nicht ansehen noch lesen. Ach das sind zumal schendliche Fresslinge und Bauchdiener13, die billicher Seuhirten und Hundeknechte sein solten denn Seelwarter und Pfarherrn.
Und das sie doch so viel theten, weil sie den unnützen, schweren14 geschwetzes der sieben Gezeiten15 nu los sind, an derselbigen stad Morgens, Mittags und Abends etwa ein blat oder zwey aus dem Catechismo, Betbüchlein16,
b–b
nicht in Witt1 und Witt2
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bewandert | 11 sehr | 12 Titel von Postillen (Predigtsammlungen über Sonn- und Feiertagsperikopen, die als Predigthilfen dienten) des 15. Jahrhunderts. Die „Sermones dormi secure de tempore“, „de sanctis“ und „dominicales“ des Kölner Minoriten Johann von Werden erschienen bis 1500 in etwa 25 Auflagen. Darüber hinaus gab es ähnliche Sammlungen in mehreren Auflagen. Luther kritisierte sie scharf (etwa in Luther, An die Ratherren aller Städte (1524), in: WA 15, 50,2–11) und verfasste selbst Postillen, beginnend mit einer lateinischen Ausgabe im Jahre 1521 (vgl. Luther, Enarrationes epistolarum et evangeliorum, quas postillas vocant (1521), in: WA 7, 463–537). Diese diente als Fortbildungsprogramm für Pfarrer und Prediger, die nach Wittenberger Art predigen wollten. Danach erschienen auf Deutsch die Adventspostille (1522), in: WA
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triti et exercitati evaserint, cum senes tum iuvenes, quicunque Christiani esse aut dici contendunt. Sunt autem hae, quae sequuntur:
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Pia, utilis et necessaria praefatio et fidelis ac seria cohortatio D. Martini Lutheri, scripta ad omnes pios, in primis ad Pastores et Contionatores, ut quotidie se et alios in Catechismo, tanquam in summa et ἐπιτομῇ totius sacrae scripturae diligenter exerceant et illum fideliter et assidue Ecclesiae proponant etc.2 Quod in contionibus non ipsi solum Catechismum urgemus, sed alios etiam ut idem faciant rogamus obtestamurque, non contemnendas sane causas habemus, maxime cum videamus et contionatores et Parochos ipsos hic ut plurimum cessare, contemnentes et officium suum et doctrinam ipsam, idque inde adeo, quod quidam illorum nimis alta, ut sibi quidem videntur, sapiunt, quidam etiam ipsa socordia ventrisque cura nihil prius habent, non aliter erga hoc negocium affecti, quam si ventris solummodo causa parochi et praecones verbi constitu[388]antur, nec alia re occupatos esse conveniat, quam ut strenue prodigant consumantque dum vivunt omnia, perinde ut sub Papatu consuevere. Ac tametsi omnia quae doceri atque praedicari debeant, hoc tempore abunde illis suppe|tant, dilucideque ob oculos posita sint, tot praeclaris ac salutaribus ad hoc editis libris, cumque ut olim nominare consueverunt, ita nunc reipsa, Sermones per se loquentes, Dormi secure, Paratos et Thesauros habeant, ita tamen sive inertes, sive etiam perversi quidam sunt, ut haec scripta nec emere dignentur, nec si empta habeant, intueri saltem ac legere velint. Bone Deus, quam noxium detestandumque hoc hominum genus est, ventris gulaeque mancipia, quos rectius porcis aut canibus quam fidelium animabus praefeceris. Ac optandum quidem foret, ut cum inutiles laboriosaeque demurmurationes precularum canonicarum, ut vocantur, defierint, harum loco mane, meridie ac vesperi aliquot saltem paginas vel in Catechismo vel in precationibus vel in novo Testamento evoluerent aut denique aliud quippiam ex Bibliis sacris sibi 2 Die Reihenfolge der beiden Vorreden wurde dem deutschen Text angeglichen. Das lateinische Konkordienbuch bietet die beiden Texte in umgekehrter Reihenfolge.
10/1/2, 1–208; Roths Sommerpostille (1526), in: WA 10/1/2, 211–441; Roths Winterpostille (1528), in: WA 21, 3–193; Crucigers Sommerpostille (1544), in: WA 21, 197–551, und die Hauspostille (1544), in: WA 52, 1–842. | 13 Vgl. Röm 16,18. | 14 beschwerlichen | 15 des Breviergebets der sieben kanonischen Gebetsgottesdienste im täglichen Zeitplan der Mönche. | 16 Luther hatte 1522 als Ersatz für die mittelalterlichen Andachtsbücher, die er vor allem wegen der von ihnen kultivierten Bußpraxis für irreführend hielt, ein Betbüchlein veröffentlicht; vgl. WA 10/2, 375–501.
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neuem Testament oder sonst aus der Biblia lesen und ein Vaterunser für sich und ire Pfarkinder betten, auff das sie doch dem Evangelio widerumb ein ehre und danck erzeigten, durch welches sie denn so von mancherley last und beschwerungen erledigt sind, und sich schemeten ein wenig, das sie gleich wie die seue und hunde nicht mehr vom Evangelio behalten denn solche faule, schedliche, schendliche, fleischliche Freiheit, | denn der Pöbel leider one das alzu geringe achtet des Evangelii und wir nichts sonderliches [175r] ausrichten, wenn wir gleich allen fleis fürwenden17; was solts denn thun, wenn wir lessig und faul sein wöllen, wie wir unter dem Bapstthum gewesen sind? Uber das schlehet mit zu18 das schendliche laster und heimlich böse geschmeis19 der sicherheit und oberdrus, das viel meinen, der Catechismus sey eine schlechte20, geringe lere, welche sie mit einem mal uberlesen und denn also bald können, das Buch in winckel werffen und gleich21 sich schemen, mehr drinnen zu lesen. Ja, man findet wol etliche Rültzen und Filtze22 auch unter dem Adel, die fürgeben, man dürff23 hinfurt weder Pfarherr noch Prediger, man habs in Büchern und künne es von im selber wol lernen, und lassen auch die Pfarrhen getrost fallen und verwüsten, dazu beide Pfarherr und Prediger weidlich not und hunger leiden24, wie sich denn gebürt zu thun den tollen Deudschen, denn wir Deudschen haben solch schendlich volck und müssens leiden. Das sage ich aber für mich. Ich bin auch ein Doctor und Prediger, ja so gelert und erfaren, als die alle sein mügen, die solche vermessenheit und sicherheit haben, noch25 thu ich wie ein Kind, das man den Catechismum leret, und lese und spreche auch von wort zu wort des Morgens, und wenn ich zeit habe, die zehen Gebot, Glauben, | das Vater unser, Psalmen26 etc. Und mus noch teglich dazu lesen und studiren und kan dennoch nicht bestehen, wie ich gerne wollte, und mus ein kind und schüller des Catechismi bleiben und bleibs auch gerne. Und diese zarte, ekele27 gesellen wöllen mit einem uberlesen flugs Doctor uber alle Doctor sein, alles können
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anwenden | 18 Dazu kommt noch | 19 Seuche | 20 schlichte | 21 gleichsam | 22 grobe Menschen und Geizhälse | 23 braucht | 24 Luther beklagte oft die wirtschaftliche Lage der Pfarrer, besonders auf dem Lande, und kritisierte den Geiz der Bauern, Bürger und Adligen, die sich nur unzureichend um die Situation der Pfarrer kümmerten; vgl. etwa Luther, Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 44, 670,28–671,18; ders., Wider Hans Worst (1541), in: WA 51, 486,27–33; WA.TR 4, 67–68 (Nr. 4002); WA.TR 2, 260f (Nr. 1909); ebd., 552 (Nr. 2622). | 25 dennoch | 26 Vgl. Luther, Predigt am Ostermontag (1530), in: WA 32, 65,2–13; ders., Predigt am Sonntag Vocem Jocunditatis (1531), in: WA 34/1, 391,4–6; ders., Predigt am 19. Sonntag nach Trinitatis (1531), in: WA 34/2, 335,19f; ders., Predigt am 1. Adventssonntag (1531), in: ebd., 449,22f; ders., Eine
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sumerent, orationemque Dominicam aliquando ad Deum Patrem et sua et gregis sui causa perorarent, quo tandem videlicet Evangelio, cuius beneficio tot oneribus ac molestiis liberati sunt, vel aliquam rependant gratiam subpudeatque eos, quod instar canum ac suum, non aliud ex Evangelio addidicerint quam desidiosam, noxiam ac detestandam | hanc carnis licentiam. Nam cum vulgus alioqui nimis frigide erga Evangelium affectum sit et nos etiam cum omnia summa conamur, aut nihil aut parum efficiamus: quanto minus praeclari aliquid sperandum erit, si quemadmodum sub Papatu fuimus, ita nunc quoque desides ac negligentes esse coeperimus. [389] His accedit noxium atque pestiferum illud malum securitatis et satietatis, quod multorum animis iam pridem latenter obrepit eosque ita inficit, ut sancte deierent nihil esse facilius ipsa Catechismi doctrina, adeo etiam, ut cum unica lectione illum percurrerint, statim velut ad summum provecti atque edocti librum ipsum in angulum aliquem abiiciant pudeatque eos quodammodo in manus sumere denuo. Imo, quod indignius est, reperiuntur hodie etiam ex nobilibus quidam adeo ignobilis animi, ut affirmare ausint nihil opus esse amplius sive Parochis sive contionatoribus, sed sufficere libros, ex quibus eadem haec discere quilibet per se ac nullo tradente queat. Unde et ipsas Parochias strenue ac fortiter collabi ac desolari patiuntur, parochos autem et contionatores tantum non fame interire sinunt, perinde ut decet stolidos ac insanos Germanos. Talem etenim populum Germani et habemus et tolerare cogimur. Ego vero, ut de me ipso dicam scilicet, tametsi Doctor ac praedicator sum, non minori, ut opinor, cum doctrina tum experientia praeditus, quam ii, qui tanta de se praesumunt et ad tantam securitatem per|venerunt, haudquaquam tamen imitari me pueros pudet, sed quemadmodum illos Catechismum docemus, ita et ego mane aut quandocunque vacui aliquid temporis datur, ipsam orationem Dominicam, decem praecepta, Articulos fidei, Psalmos aliquot etc. mecum ipse quasi ad verbum recito. Et quanquam adhuc quotidie lectionibus et studiis vaco, attamen ne sic quidem possum pervenire, quo cupio, aut praestare, quae volo. Ita fit ut puerum ac discipulum Catechismi etiam hodie me profiteri necesse habeam profiteorque libenter. At delicatuli [390] fastidiosulique isti vel unica tantum lectione assequuntur, ut repente omnes ubique doctores post se relinquant sciantque omnia nec ullius doctrina aut institutione opus amplius habeant. Imo vero
einfältige Weise zu beten für einen guten Freund (1535), in: WA 38, 358,7–359,9; WA.TR 5, 209 (Nr. 5517). Schon als Mönch vertiefte sich Luther in den täglichen Gebetsstunden in die Psalmen und kannte sie auswendig. Seine ersten exegetischen Vorlesungen an der Universität Wittenberg, die er von 1513 bis 1515 hielt, hatten den Psalter zum Gegenstand; vgl. WA 3 und 4; in WA 55/1 und WA 55/2 revidiert. Als Luther 1530 wohl auf der Coburg diese Vorrede zum Großen Katechismus verfasste, war er zugleich auch mit der Auslegung des 117. Psalms beschäftigt; vgl. Luther, Der 117. Psalm ausgelegt (1530), in: WA 31/1, 227,11–228,2. | 27 stolze, wählerische
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Lutherus discipulus Catechismi
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und nichts mehr bedürffen. Wolan, solchs ist auch ein gewis anzeigen, das sie beide ir Ampt und des volcks Seelen, ja dazu Gott und sein Wort verachten, und dürffen28 nicht fallen, sondern sind schon allzu greulich gefallen29, dürfften wol, das sie Kinder würden und das ABC anfiengen zu lernen, das die meinen, lengest an den schuhen zurissen haben30.
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Derhalben bitte ich solche faule wenste oder vermessene Heiligen, sie wolten sich umb Gottes willen bereden lassen und gleuben, das sie warlich, warlich nicht so geleret und so hohe Doctores sind, als sie sich lassen düncken, und nimmermehr gedencken, dass sie dieses stücke aus gelernet haben oder allerding | gnug wissen, ob sie es gleich dünckt, das sie es allzuwol31 können. Denn ob sie es gleich allerding auffs aller beste wüsten und kündten (das doch nicht müglich ist in diesem Leben), so ist doch mancherley nutz und frucht dahinden, so mans teglich lieset und ubet mit gedancken und reden, nemlich das der heilige Geist bey solchem lesen, reden und gedencken gegenwertig ist und immer [175v] neue und mehr liecht und Andacht dazu gibt, das es immerdar besser und besser schmeckt und eingehet, wie Christus auch verheisset Matth. 18: „Wo zween oder drey in meinem Namen versamlet sind, da bin ich in irem mittel32.“33
Dazu hilffets aus der massen34 gewaltiglich wider den Teuffel, Welt, Fleisch35 und alle böse gedancken, so man mit Gottes wort umbgehet, davon redet und tichtet36, das auch der erste Psalm37 selig preiset die, so tag und nacht vom Gesetze Gottes handeln. On zweiffel wirstu kein weirauch oder ander gereuche38 stercker wider den Teuffel anrichten, denn so du mit Gottes geboten und worten umbgehest, davon redest, singest oder denckest; das ist freilich das rechte Weihewasser39 und Zeichen, dafür er fleucht40 und damit er sich jagen lest. Nu soltestu doch ja allein umb des willen solche stücke gern lesen, reden, dencken und handeln, wenn du sonst keine andere Frucht und Nutz davon hettest, denn das du den Teuffel und böse gedancken damit kanst verjagen, denn er kan Gottes wort nicht hören noch lei|den, und Gottes wort ist nicht wie ein ander lose geschwetze, wie von Dietrich von Bern41 etc.; Sondern, wie Sanct Paulus Rom. I. saget: „Eine krafft Gottes.“42 Ja freilich eine krafft Gottes, 28
brauchen | 29 Vgl. I Kor 10,12; II Petr 3,17. | 30 Sprichwörtliche Redensart: abgetan zu haben. allzugut | 32 Mitte | 33 Mt 18,20. In der „Deutschen Messe“ von 1526 empfahl Luther, dass „die ienigen, so mit ernst Christen wollen seyn“, sich in Gruppen versammeln, um das Wort Gottes zu hören, zu beten usw.; vgl. WA 19, 75,3–30. | 34 über die Maßen | 35 Seit spätestens dem 3. Jahrhundert stand diese Trias für die verschiedenen Formen des Bösen, die den Gläubigen anfechten. Bei Luther bedeutete „Fleisch“ nicht das Materielle oder das Körperliche, sondern die ganze Neigung und Lust zum Unglauben und Handeln gegen Gott und seine Gebote, vor allem gegen das erste Gebot. Vgl. seine Definitionen im Römerbriefkommentar (1515–1516), in: WA 56, 321,1–21; 342,30–346,28; 351,24–352,20 und im großen Galaterbriefkommentar (1531/1535), in: 31
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hoc ipso veluti certissimo argumento ostendunt, quod nullam prorsus nec sui officii nec salutis populi rationem habeant, sed contemnant et Deum pariter et verbum ipsius. Nec est, quod ruinam ultra metuant, cum iam horrendissimum casum fecerint, quin potius opus illis sit denuo repuerascere ac discere prima literarum elementa, quae alioqui etiam ipsis calceis (ut dicitur) sibi protrita esse existimant. Rogo itaque hos ignavos ventres ac praesumtuosos sanctos, ut vel propter Deum hoc sibi persuaderi patiantur, se ad eam eruditionem haudquaquam pervenisse, quam ipsi sibi tribuunt. Deinde, ut nec unquam in animum inducant se Catechismi partes omnino omnes perdidicisse perspectasque habere, etiamsi | notissimae ac meditatissimae ipsis videantur. Nam ut maxime demus eos omnia quam optime et perfectissime tenere ac scire (quod tamen in hac vita propemodum impossibile fuerit), non tamen neque illud praetereundum multiplicem usum ac fructum ex eo consequi, si eadem illa rudimenta quotidie legantur meditandoque et loquendo exerceantur, Nimirum quod Spriritus sanctus adsit huic lectioni, sermoni ac meditationi, qui subinde novos motus excitet ac maius lumen suppeditet, ut quotidie magis magisque hac doctrina afficiamur ac maius operae precium in ea faciamus, sicuti et Christus ipse promittit apud Matthaeum cap. 18, cum inquit: Ubicunque duo aut tres congregati fuerint in nomine meo, ero in medio eorum. Ad haec nihil est efficacius contra Diabolum, carnem et omnes pravas cogitationes, quam si sedulo tractetur verbum [391] Dei, de eo sit sermo et meditatio nostra, Adeo ut Psalmus primus eos pronunciet beatos, qui in Lege Dei meditantur die ac nocte. Nec est, quod thus praestantius aut odoramentum aliquod efficacius adversus daemones habiturum te speres, quam si Verbum et praecepta Dei multo usu tractes, de iis familiares misceas sermones, illa canas ac mediteris. Haec enim vere aqua illa sanctificata sunt verumque signum, quo Satan et fugatur et quod fugit maxime. Et si nulla alia utilitas hinc petenda sit, quam quod Satanam et pravas cogitationes depellat, certe vel sola haec tanti facienda erat, ut hanc doctrinae partem libenter disceres, legeres, meditareris et tractares. Non enim potest nec ferre nec audire | verbum Dei Satan. Et ipsum Verbum non est tale, quales sunt aniles fabulae aut carmina lyricorum, sed est, quemadmodum Paulus ait, potentia Dei ad salutem omni credenti. Ac revera potentia Dei,
WA 40/2, 101,12–134,9/101,31–133,30. | 36 darüber nachdenkt | 37 Vgl. Ps 1,2. | 38 Weihrauchformen | 39 Weihwasser sollte im mittelalterlichen Volksglauben die Gläubigen gegen Dämonen schützen und wurde auch beim Exorzismus gebraucht. | 40 flieht | 41 Theoderich, ostgotischer König, der zu einer legendären Figur des mittelalterlichen Volksglaubens wurde und darin als Prophet und Schutzpatron galt. Luther zog ihn oft als Beispiel für erdichtete Geschichten und bergläubische Praxis der mittelalterlichen Kirche heran; vgl. WA 2, 112,22; WA 12, 497,29; WA 17/2, 208,27; WA 21, 39,14f; WA 28, 125,11; WA 29, 484,23f. 37; WA 34/1, 413,7; WA 37, 651,33; WA 50, 384,38; WA 52, 227,3; WA 54, 288,10. | 42 Röm 1,16
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Utilitas discendi Catechismi.
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Alia utilitas.
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die dem Teuffel das gebrandte leid anthut43 und uns aus der massen stercket, tröstet und hilfft. Und was sol ich viel sagen? Wo ich allen Nutz und Frucht solt erzelen, so Gottes wort wirckt, wo wolt ich papir und zeit genug nemen? Den Teuffel heisset man Tausentkünstiger; wie wil man aber Gottes wort heissen, das solchen Tausentkünstiger mit aller seiner kunst und macht verjagt und zu nichte macht? Es mus freilich mehr denn hundert Tausentkünstiger sein, und wir solten solche macht, nutz, krafft und frucht so leichtfertiglich verachten, sonderlich die wir Pfarherr und Prediger sein wöllen? So solt man uns doch nicht allein nicht zu fressen geben, sondern auch mit Hunden aushetzen und mit Lungen auswerffen44, weil wir des alles, nicht allein teglich bedürffen, wie des teglichen Brots, sondern auch teglich haben müssen wider das tegliche und unruhige anfechten und lauren des Tausentkünstigen Teuffels45.
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Und ob solches nicht gnug were zur vermanung, den Catechismum teglich zu lesen, so solt doch uns allein gnug|sam zwingen Gottes gebot, welcher Deutero. 6. ernstlich gebeut, das man sol sein Gebot sitzend, gehend, stehend, ligend, auffstehend immer bedencken und gleich als ein stetigs Mal und Zeichen für augen und in henden haben46. On zweiffel wird er solches umb sonst nicht so ernstlich heissen und fodern,47 sondern, weil er weis unser fahr und not, dazu der Teuffel [176r] stetiges und wütiges stürmen und anfechtung, wil er uns dafür warnen, rüsten und bewaren als mit gutem Harnisch wider ire feurige Pfeile48 und mit guter Ertzney wider ire gifftige böse geschmeis und eingeben49. O welche tolle, unsinnige narren sind wir, das wir unter solchen mechtigen Feinden, als die Teuffel sind, wohnen oder herbergen je müssen, und wöllen dazu unser Waffen und Wehre verachten und faul sein, dieselbigen anzusehen oder dran zu gedencken.
Und was thun solche uberdrüssige, vermessene Heiligen, so nicht wöllen oder mügen den Catechismum teglich lesen und lernen, denn das sie sich selbs viel gelerter halten, denn Gott selbs ist, mit allen seinen Heiligen Engelnc, Propheten, Aposteln und alle Christen? Denn weil sich Gott selbs
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heiligen Engeln Witt1–4
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sehr empfindlichen Schmerz bereitet. Eine von Luther oft gebrauchte Redensart, die ursprünglich auf einen Schaden durch Brandstiftung verwies. | 44 mit Pferdeäpfeln forttreiben | 45 Vgl. Luthers Predigt über Eph 6,10–17 (1531 gepredigt, 1533 gedruckt), in: WA 34/2, 345–406. 46 Anspielung auf die jüdische Gebetspraxis. Nach Dtn 6,7f trugen die jüdischen Männer Gebets-
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quae Satanam ut maxime affligit et premit, nos vero supra modum refocillat et reficit. Et quid multis opus? Si fructum ac utilitatem omnem, quam verbum Dei operantur, enumerare vellem, neque charta neque tempus suppeteret. Vulgo vocant Satanam mille artium opificem, hoc est, cuius potestas sit varia ac multiplex. At ipsum Dei sermonem, qui non solum variam ac multiplicem potestatem habet, verumetiam illum ipsum mille artium artificem cum omni potentia et arte sua opprimit et ad nihilum redigit, quo tandem nomine dignabimur? Nimirum non mille tantum artium, sed multarum myriadum artificem merito dixeris. Quare nos quidem si tantam potentiam, tantam utilitatem, tantas vires, tantum denique usum illius adeo parvi aestimaremus, prae[392]sertim qui Parochi et contionatores esse et perhiberi volumus, tum digni sane essemus, quibus non solum nullus suppeditaretur cibus, sed qui canibus etiam exagitaremura, praesertim cum illis omnibus non minus quam quotidiani panis opus habeamus ac plane iisdem contra quotidianas ac irrequietas tentationes et insidias mille istius artium artificis carere non possimus. Quod si neque hac satis sufficiant ad excitandos commonendosque animos ad diligentem Catechismi lectionem, ipsum | tamen praeceptum Dei vel solum cogere nos debebat, quod extat Deut. sexto, ut praecepta ipsius sedentes, ambulantes, stantes, iacentes, surgentes, nunquam non meditemur ac velut signum aliquod ob oculos ponamus ac manibus gestemus. Procul dubio non temere Deus hoc tam severiter et praecipit et exigit: Sed cum non ignoret, quae nos pericula et necessitates urgeant, Adhaec quanta contentione, assiduitate et pertinacia maligni spiritus nullo non momento in perpetuam nostri perniciem sint instructi, voluit nos contra optimus ille pater noster coelestis veluti solida et efficaci armatura hoc modo paratos atque instructos esse, quo possimus et ignita tela ac pravas pestiferasque illorum aggressiones repellere ac profligare. Sed o stolidos ac insensatos nos, qui, cum necesse habeamus, diversari ac degere inter hostes adeo potentes, nempe daemones, nihilominus arma nostra contemnamus, desides atque stertentes ea ne aspicere quidem aut ipsorum meminisse sustineamus. Et quid, quaeso, saturi illi praesumtuosique sancti, Catechismi videlicet doctrinam respuentes ac longe abiectiorem aestimantes, quam quae quotidie legi ac disci debeat, aliud agunt, quam quod seipsos longe doctiores reputant Deo ipso, omnibus angelis, [393] patriarchis, Apostolis et omnibus Christianis? Nam cum non pudeat Deum ipsum haec quotidie docere, ut qui melius
a
exigeremur Fra
riemen mit Lederkapseln auf dem linken Arm und der Stirn, auf denen die Texte aus Ex 13,1–10. 11–16; Dtn 6,4–9.11.13–21 geschrieben standen, die zum Morgengebet gebraucht wurden. 47 fordern; vgl. Anm. 1094. | 48 Vgl. Eph 6,11.16. | 49 Ansteckung und Vergiftung
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Praeceptum et mandatum Dei de discendo verbo Dei. BSLK 551
Contra contemptores Catechismi.
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Der Große Katechismus
nicht schemet, solch teglich zu leren, als der nichts bessers wisse zu leren, und immer solch einerley leret und nichts neues noch anders fürnimpt, und alle Heiligen nichts bessers noch anders wissen zu lernen und nicht können aus lernen, sind wir denn nicht die aller feinsten gesellen, die wir uns lassen düncken, wenn wirs einmal | gelesen und gehöret haben, das wirs alles können und nicht mehr lesen noch lernen dürffen50, und können das auff eine stunde aus lernen, das Gott selbs nicht kan aus leren, so er doch dran leret von anfang der Welt bis zu ende, und noch immer Schüller sind blieben und noch bleiben müssen?
Denn das mus ja sein, wer die zehen Gebot wol und gar kan, das der mus die gantze Schrift können, das er könne in allen sachen und fellen raten, helffen, trösten, urteilen, richten beide, Geistlich und Weltlich wesen, und müge sein ein Richter uber alle Lere, Stende, Geister, Recht und was in der Welt sein mag. Und was ist der gantze Psalter denn eitel gedancken und ubunge des ersten Gebots51? Nu weis ich ja fürwar, das solche faule beuche oder vermessene Geister nicht eine Psalme verstehen, schweige52 denn die gantze heilige Schrifft, und wöllen den Catechismum wissen und verachten, welcher der gantzen heiligen Schrifft kurtzer auszug und abschrifft ist.
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Darumb bitte ich abermal alle Christen, sonderlich die Pfarherr und Prediger, sie wolten nicht zu früe Doctores sein und alles wissen, sich düncken lassen, es geht an düncken und gespannen Tuch viel ab53, sondern sich teglich wol | drinnen uben und immer treiben, dazu mit aller sorge und fleis sich fürsehen für dem gifftigen geschmeis54 solcher sicherheit oder Dünckelmeister55, sondern stetig anhalten, beide mit lesen, leren, lernen, dencken und tichten56 und nicht also [176v] ablassen, bis so lang sie erfaren und gewis werden, das sie den Teuffel todt geleret und gelerter worden sind, denn Gott selber ist und alle seine Heiligen. Werden sie solchen fleis thun, so wil ich inen zusagen, und sie sollens auch inne werden, welche Frucht sie erlangen werden und wie feine Leute Gott aus inen machen wird, das sie mit der zeit selbs fein bekennen sollen, Das je lenger und mehr sie den Catechismum treiben, je weniger sie davon wissen und je mehr sie daran zu lernen haben, und wird inen als den hungerigen
50 brauchen | 51 Vgl. etwa WA.TR 1, 358,22 (Nr. 751): „Quid enim psalmi sunt aliud quam syllogismi ex primo praecepto?“ | 52 geschweige | 53 Sprichwort: Wie ein neues, straff gespanntes Tuch durch Einlaufen beim Waschen an Ausdehnung verliert, so schrumpfen auch die menschlichen Pläne bei ihrer Ausführung zusammen. Vgl. Luther, Sprichwörtersammlung (1535), in: WA 51,
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praestantius aliquid, quod doceatur, non habeat eademque illa saepius iteret atque inculcet, novi vero ac alienum ab hac doctrina nihil sibi sumat, addo etiam, cum omnes sancti nihil nec melius nec utilius sciant, quod discant, nec unquam | ad plenum discere queant, an non scilicet egregii ac perbelli homines sumus, quod cum semel hanc doctrinam vel legerimus vel audiverimus, in eam persuasionem veniamus, quasi omnia sciamus nec ulla amplius nobis opus sit lectione adeoque una etiam hora illud perdiscere possimus, quod nec ipse Deus perdocere potuit idque cum iam inde a condito mundo ad finem usque illius idem hoc agat, Denique omnes Prophetae ac sancti abunde semper habuerint hinc, quod discerent, nihilominus discipuli perpetuo manserint et manere necesse habuerint. Nam illud sane certum atque indubitatum est, quod, qui Decem praecepta probe norit ac perdidicerit, is totam etiam Scripturam sciat, ut possit in quibuslibet negociis et casibus, consilio, auxilio, consolatione praesto esse, discernere ac iudicare civiles pariter et Ecclesiasticas controversias sitque iudex omnium doctrinarum, ordinum, spirituum, iuris et aequitatis, ac quicquid in mundo esse possit. Et quid precor totus Psalmorum liber aliud, quam meras cogitationes exercitiaque primi praecepti continet? Atqui persuasissimum habeo huiusmodi ignavos ventres ac praesumtuosos spiritus ne unicum quidem Psalmum intelligere, nedum totam scripturam. Et interim tamen iidem illi Catechismi traditionem contemnunt, qui totius scripturae quasi quoddam compendium est brevemque illius atque summariam descriptionem continet. [394] Quare nunc iterum omnes Christianos obsecro obtestorque, in primis vero parochos et contionatores, ne praemature Doctores fieri velint seque omnia scire falso sibi persuadeant. Nam ut falsis ponderibus atque mensuris ita et vanis | persuasionibus multum decedit, cum ad iustum examen exiguntur. Quin potius quotidie his studiis exerceantur eademque sedulo inculcent. Adhaec omni cura ac diligentia caveant, ne detestanda contagione securitatis praesumtionisque corripiantur, sed in hoc praecipue incumbant, ut legendo, docendo, discendo, cogitando et meditando omne tempus consumant nec antea desistant, donec reipsa compererint ac certi fiant, quod Satanam ac mortem perdidicerint doctioresque facti sint Deo et omnibus Angelis eius. Quod si hanc diligentiam adhibuerint, sancte ipsis promitto ac re ipsa iidem etiam experientur, quod magnum inde fructum sint consecuturi et quod excellentes viros Deus ex ipsis facturus sit, adeo ut ipsi etiam aliquando fateantur, quod quo magis Catechismi doctrinam repetunt iterantque, eo minus ipsam apprehendant ac sciant, sed necesse habeant perpetuo illam discere. Ex qua quidem re fiet, ut tum demum veluti esurientibus et sitienti-
652 (Nr. 185) und die Erklärungen dazu, in: ebd., 690. | 54 Kot, Unrat | 55 Meister nach eigenem Dünkel; vgl. auch Luthers Auslegung des 117. Psalms (1530), in: WA 31/1, 228,1. | 56 nachsinnen
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Cognitio decem praeceptorum quanta sit lux. BSLK 553
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Der Große Katechismus
und dürstigen, denn aller erst recht schmecken, das sie jetzt für grosser fülle und uberdrus nicht riechen mügen. Da gebe Gott seine gnade zu. Amen.b
Zum I. Die zehen Gebot Gottes.
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1. 2.
Du solt kein ander Götter haben neben mir. Du solt den Namen Gottes nicht vergeblich führen57.
3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Du solt den Feiertag heiligen. Du solt Vater und Mutter ehren. Du solt nicht tödten. Du solt nicht Ehebrechen. Du solt nicht stelen. Du solt kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nehesten. Du solt nicht begeren deines Nehesten Haus. Du solt nicht begeren seines Weibs, Knecht, Magd, Vihe oder was sein ist.
5
Zum II. Die Heuptartickel unsers Glaubens. 1. BSLK 556
2.
3.
d 57 60
Ich gleube an Gott Vater Allmechtigen58, Schepffer Himels und der Erden. [177r] Und an Jhesum Christum, seinen | einigen Son, unsern Herrn, der empfangen ist von dem heiligen Geist; Geboren aus Maria der Jungfrauen; Gelidten hat unter Pontio Pilato, gekreutziget, gestorben und begraben ist; Nidergefahren zur Helle, am dritten tage wider aufferstanden von den Todten; Auffgefahren gen Himel, sitzend zur rechtend Gottes des Allmechtigen Vaters. Von dannen er zukünfftig59 ist, zu richten die Lebendigen und die Todten. Ich gleube an den heiligen Geist; Eine heilige Christliche Kirche60; Gemeinschafft der heiligen; Vergebung der Sünden; Aufferstehung des Fleisches; Und ein ewiges Leben. Amen.
danach: Hand Witt1–4 gebrauchen, in den Mund nehmen | Vgl. o. S. 872, Anm. 90.
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Vgl. o. S. 870, Anm. 86. |
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bus placere ac sapere illud incipiat, cuius nunc prae nimia saturitate ac fastidio ne olfactum quidem ferre sustinent. Quod ut fiat, Deum precamur, quo gratiam nobis suam largiatur. Amen.
[397] Decem praecepta 5
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I. II.
Non habebis Deos alienos coram me. Non assumes nomen Domini Dei tui in vanum, Quia non habebit Dominus Deus tuus insontem eum, bqui assumserit nomen eius in vanumb. III. Memento ut diem Sabbathi sanctifices. IIII. Honora Patrem tuum et Matrem tuam, ut sis longaevus super terram. V. Non occides. VI. Non moechaberis. VII. Non furtum facies. VIII. Non loqueris contra proximum tuum falsum testimonium. IX. Non concupisces domum proximi tui. X. Non desiderabis uxorem eius, non servum, non ancillam, non bovem, non asinum nec omnia, quae illius sunt.
[398] Secundo: Articuli christianae fidei [I.]
Credo in Deum, Patrem omnipotentem, creatorem coeli et terrae.
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[II.] Et in Iesum Christum, filium eius unicum, | Dominum nostrum, qui conceptus est de Spiritu sancto, natus ex Maria virgine, passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus. Descendit ad inferos, tertia die resurrexit a mortuis. Ascendit ad coelos, sedet ad dexteram Dei, patris omnipotentis: Inde venturus est iudicare vivos et mortuos.
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[III.] Credo in Spiritum sanctum, sanctam Ecclesiam catholicam, Sanctorum communionem, remissionem peccatorum, carnis resurrectionem et vitam aeternam, Amen.
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nicht in Hag
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Zum III. Das Gebete oder Vater unser, so Christus geleret hat. Vater unser, der du bist im Himel. 1. 2. 3. 4. 5. BSLK 557
6. 7.
Geheiliget werde dein Name. Zu kome dein Reich. Dein wille geschehe ewie im Himel also auche auff Erden. Unser teglich Brot gib uns heute. Und verlasse61 uns unsere schuld, als wir verlassen unsern Schüldigern. Und füre uns nicht in | versuchung; Sondern erlöse uns vom ubel. Amen
[177v] Das sind die nötigsten stücke, die man zum ersten lernen mus, von wort zu wort erzelen,62 und sol die Kinder dazu gewehnen, teglich, wenn sie des morgens auffstehen, zu Tisch gehen, und sich desf abends schlaffen legen, das sie es müssen auffsagen, und inen nicht zu essen noch zu trincken geben, sie hettens denn gesagt. Desgleichen ist auch ein jeglicher Hausvater schüldig, mit dem Gesind, Knecht und Megden zu halten, das er sie nicht bey sich halte, wo sie es nicht können oder lernen wöllen63. Denn es ist mit nichte64 zu leiden, das ein Mensch so rohe und wilde sey und solchs nicht lerne, Weil in diesen dreien stücken kürtzlich, gröblich65 und auffs einfeltigste verfasset66 ist alles, was wir in der Schrifft haben, denn die lieben Veter oder Apostel (wer sie gewesen sind) haben also in eine summa gestellet, was der Christen lere, leben, weisheit und kunst67 sey, wovon sie reden und handeln und womit sie umbgehen.
Wen nu diese drey stück gefasset68 sind, gehöret sich auch, das man wisse zu sagen von unsern Sacramenten (so Christus selbs eingesetzt hat), der Tauffe und des heiligen Leibs und Bluts Christi69, als nemlich den Text, so
e–e
als ym himel auch Witt1–4 | f nicht in Witt1–4
61 erlasse, vergib | 62 aufsagen | 63 Vgl. hierzu auch die editorischen Vorbemerkungen zu beiden Katechismen, in: WA 30/1, 458f. | 64 auf keinen Fall | 65 leichtverständlich | 66 zusammengefasst 67 Wissen für das Leben, Anleitung zur Lebenskunst | 68 begriffen | 69 Das 2. Konzil von Lyon bestätigte im Jahre 1274 die Siebenzahl der Sakramente und zählte darunter Taufe, Beichte, Abendmahl, Firmung, Priesterweihe, Ehe und Letzte Ölung (DH 860). Nach Luthers Definition aber war Folgendes für das Sakrament konstitutiv: (1) eine von Christus eingesetzte Zeichenhandlung, (2) verbunden mit einem Verheißungswort zur Vergebung der Sünden, welche beide (3) durch den Glauben angeeignet und so fruchtbar werden. Vgl. Luther, Ein Sermon von dem hochwürdigen Sakrament des heiligen wahren Leichnams Christi (1519), in: WA 2, 742,5–14 und
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Tertio: Oratio, quam nobis Christus tradidit in evangelio Pater noster, qui es in coelis.
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[I.] [II.] [III.] [IV.] [V.] [VI.] [VII.]
Sanctificetur nomen tuum. Adveniat regnum tuum. Fiat voluntas tua quemadmodum in coelo, sic etiam in terra. Panem nostrum quotidianum da nobis hodie. Et remitte nobis debita nostra, sicut et nos remittimus debi|toribus nostris. Et ne inducas nos in tentationem, sed libera nos a malo. Quia tuum est regnum et potentia et gloria in saecula saeculorum. Amen.
Haec sunt capita summe necessaria, quae cuivis Christianorum primo perdiscenda sunt atque ad verbum recitanda. Sunt autem ad hoc quotidiec assuefaciendi pueri, ut, quoties mane e stratis surrexerint et ad capiendum cibum [399] accesserintd et sub vesperam iterum dormitum ierint, memoriter recitent neque ad cibum aut potum admittantur nisi his omnibus ante diligenter recitatis. Non secus boni patrisfamilias officium herile exigite cum familia, nempe cum servis et ancillis agere neque quenquam in famulitio suo perferre ista nescientem aut recusantem discere. Neque enim ullo modo ferendum est, ut hominum aliquis usque adeo ferus sit et barbarus, qui haec nolit discere, cum in hisce tribus partibus summatim fac ruditerf, et quoad eius fieri potuit, simplicissime comprehensa sint omnia, quicquid passim in sacris literis longe lateque tractamus. Etenim sancti Patres aut Apostoli (quicunque tandem illi fuerint) huiusmodi compendio complexi sunt Christianorum doctrinam, vitam, artem et sapientiam, qua de re loquantur et tractent aut quid tandem id sit, quod exerceant. Perceptis itaque diligenter hisce tribus articulis, deinceps consentaneum est etiam nosse, quid de Sacramentis nostris discendum aut sentiendum sit, quae Christus ipseg instituit, nempe de Baptismo et de Corpore et sanguine Iesu | Christi. Cum primis vero refert scire verba Matthaei ac Marci postremis capitibus Evangeliorum relata, quemadmodum Christus ex hoc mundo disce-
c assidue Hag | d accubuerint Hag | e exigit imperium Hag | aiunt) Minerva Hag | g ipse nobis utenda Hag
f–f
ac ruditer et valde pingui (quod
ders., De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 572,10–17. Dieser Neudefinition folgend zählte Luther nur die Taufe und das Abendmahl unter die Sakramente, obwohl er zu Anfang gelegentlich auch die Beichte als Sakrament bezeichnen konnte. Häufiger aber betrachtete er die Beichte als eine Tauferneuerung, mit der der Heilige Geist die Gabe der Vergebung der Sünden, das Geschenk des Lebens und der Seligkeit, die in der Taufe empfangen werden, bekräftigt.
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Exercitium Catechismi.
Officium patrisfamilias.
Autores Catechismi.
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Mattheus70 und Marcus71 beschreiben | am ende ires Evangelion, wie Christus seinen Jüngern die letze gab72 und sie abfertiget73.
Von der Tauffe. „Gehet hin und leret alle Völcker und Teuffet sie im Namen des Vaters und des Sons und des heiligen Geists. Wer da gleubet und getaufft wird, der wird selig werden. Wer aber nicht gleubet, der wird verdampt werden.“74 So viel ist gnug einem einfeltigen aus der Schrift von der Tauffe zu wissen, desgleichen auch vom andern Sacrament mit kurtzen einfeltigen worten. Als nemlich den Text Sanct Pauli:
[178r] Vom Sacrament. „Unser Herr Jhesus Christus in der Nacht, als er verrhaten ward, nam das Brod, danckt und brachs und gabs seinen Jüngern und sprach: Nemet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird, solches thut zu meinem gedechtnis. Desselben gleich auch den Kelch nach dem Abendmal und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird, zu vergebung der Sünden, solchs thut, so offt irs trinckt, zu meinem gedechtnis.“75
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Also hette man uberal76 fünff stücke der gantzen Christlichen Lere, die man immerdar | treiben sol und von wort zu wort fodern77 und verhören. Denn verlasse dich nicht drauff, daß das Junge volck alleine aus der Predigt lerne und behalte. Wenn man nu solche stück wol weis, so kan man darnach auch etliche Psalmen oder Gesenge78, so darauff gemacht sind, fürlegen zur zugabe und stercke79 desselbigen und also die Jugend in die Schrifft bringen und teglich weiter faren80. Es sol aber nicht an dem gnug sein, das mans alleine den worten nach fasse und erzelen81 kündte, sondern lasse das Junge volck auch zur Predigt gehen,
70 Vgl. Mt 28,19. | 71 Vgl. Mk 16,16. | 72 verabschiedete | 73 absandte | 74 Der Text nach Luthers Übersetzung von Mt 28,19 und Mk 16,16 aus dem Jahre 1545. Vgl. WA.DB 6, 132–207; 133–207. 75 Luther harmonisiert hier die vier Abendmahlsberichte Mt 26,26–28; Mk 14,22–24; Lk 22,19f; I Kor 11,23–25. | 76 im Ganzen | 77 fordern; vgl. Anm. 1094. | 78 Luther verfasste selber Katechismus-Lieder. Vgl. QuM I, 913–922. | 79 Stärkung, Befestigung | 80 fortfahren | 81 aufsagen
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dens ultimo munere suos affecerit discipulos eosdemque a se donatos dimiserit.
De baptismo 5
Ite, docete omnes gentes baptizantes eos in nomine Patris et Filii et Spiritus sancti. Qui crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit. Qui vero non crediderit, comdemnabitur. Tantum ex scriptura sacra de Baptismo simplicem Christianum nosse, sufficit. Similiter et de secundo Sacramento paucis et simplicibus verbis, nempe ex Pauli prima ad Corinthos Epistola capite 11.
[400] De coena Domini
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Dominus noster Iesus Christus, in qua nocte tradebatur, accepit panem et gratias agens fregit, deditque discipulis suis et dixit: Accipite et manducate, hoc est, corpus meum, quod pro vobis tradetur. Hoc facite in meam commemorationem. Similiter et calicem, postquam coenavit, dicens: Hic calix novum testamentum est in meo sanguine. Hoc facite, quotiescunque biberitis, in meam commemorationem.
Ita passim quinque partes esse videmus totius Christianae doctrinae, quas | subinde exercerih atque ad verbum a pueris exigi et audiri oportet. Neque enim est, quod speres iuventutem ex solis contionibus ista comprehensuram aut sensibus et memoriae reposituram. His ergo probe perspectis et cognitis non incommode atque intempestive aliquot etiam Psalmi et hymni in hoc formati et expositi proponi possunt pueris, ut hisce prius perceptis quasi roborentur et confirmentur: utque hac ratione iuventus scripturae legendae et exercendae assuescat ac quotidie maioribus incrementis aucta progediatur. Sed non in hoc contenti esse debemus, ut haec tantum verbotenus percipiantur ac recitentur, sed hoc etiam curae tibi sit, ut iuventus sedulo intersit contionibus, praesertim iis temporibus, quae exercendo Catechismo destinata
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exercendas esse putamus Hag
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Quinque partes Christianae doctrinae. | BSLK 559
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sonderlich auff die zeit, so dem Catechismo geordnet82, das sie es hören auslegen und verstehen lernen, was ein jeglich stück in sich habe, also, das sie es auch können auffsagen, wie sie es gehört haben, und sein richtig antworten, wenn man sie fraget, auff das es nicht on nutz und frucht gepredigt werde. Denn darumb thun wir den fleis, den Catechismum offt für zu predigen, das man solchs in die Jugend bleue83, nicht hoch84 noch scharff85, sondern kurtz und auffs einfeltigst, auff das es inen wol eingehe und im gedechtnis bleibe. Derhalben wöllen wir nu die angezeigten stücke nacheinander für uns nehmen und auffs deutlichst davon reden, so viel not ist.
[178v] Das I. Gebot: Du solt nicht andere Götter haben.
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Das ist, du solt mich alleine für deinen87 Gott halten. Was ist das gesagt88 und wie verstehet mans? Was heist ein Gott haben oder was ist Gott? Antwort: Ein Gott heisset das, dazu man sich versehen sol alles guten und zuflucht haben in allen nöten, also das ein Gott haben nichtg anders ist denn im von hertzen trauen und gleuben, wie ich offt89 gesagt habe, das allein das trauen und gleuben des hertzens macht beide, Gott und Abgott. Ist der Glaube und vertrauen recht, so ist auch dein Gott recht. Und widerumb: wo das vertrauen
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nichts Witt1–4
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Luther und seine Kollegen in Wittenberg und anderswo empfahlen regelmäßige Katechismuspredigten; vgl. Luthers Hinweise darauf in Predigten: WA 27, 444,3–5; WA 28, 510,9f (vgl. dazu die Bemerkung der Herausgeber der WA, 28, 772f); 595,10; WA 29, 146,11; WA 30/1, 441. 548. 658; WA 32, 209,29f; WA 34/2, 195,14–20. Vgl. auch die Wittenberger Kirchenordnung von 1533, in: EKO 1/1, 700f: „Des sontags frue sol ein priester oder diacon aus dem catechismo predigen, und wenn der catechismus aus ist, denselben widerumb anfahen. Also hat der prediger raum gnug, den ganzen catechismum wol und vleissig mit der zeit auszustreichen, besonders was nach gelegenheit dem gemeinen manne von noten ist. […] Nach der predig soll man sagen alle wort des catechismi und den befelch Christi von beden sacramenten, darnach zu gebete vermanen.“ Diese Kirchenordnung verlangte zusätzlich viermal im Jahr zwei Wochen intensiveren Katechismusunterricht: vgl. ebd., 701: „Uber das soll der catechismus sonderlich viermalen des jars gepredigt werden, ein mal von dem pfarrer und die ander drei mal von denen drei priestern. Darzue soll der pfarrer am vorgehenden sontag das volk vermanen, nemlich das sie schuldig sein und verpflichtet, ire kinder und gesinde darzue zu senden, zum ersten in den ersten zweien Wochen des advents, zum anderen in denen ersten zweien wochen quadragesime, zum dritten in der creuz- und nachvolgenden wochen [ein Hinweis auf den Tag der Kreuzauffindung, 3. Mai]. Zum vierten in den negsten zweien wochen nach der ernte, ehe man den hopfen abnimbt, als am sontag vor Bartholomei [24. August] mit den zwo volgenden wochen, jedes mal acht tag predigen, nemlich des montags, dienstags, donnerstags, und freitags, in beiden wochen nach mittentag zu gelegner stund unter der vesper“. Die meisten evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts sahen wöchentlich eine Katechismuspredigt bzw. -unterricht vor, so z. B. die Brandenburgische Kirchenordnung (1572), in: EKO 3, 94–104, hier: 103; Preußen: Kirchenordnung und ceremonien (1568), in: EKO 4, 72–106, hier: 79; Mecklenburg: Kirchenordnung (1552), in: EKO 5,
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sunt, ut haec exposita audiant et quid singula iin se comprehendanti, non oscitantes discant intelligere, adeo ut prompte audita recitare calleant et interrogati scite respondere queant, ne citra fructum ista pro contionibus doceantur. Eam enim ob rem nos hanc operam hoc diligentius sumimus Catechismum subinde praedicantes, ut haec iuventuti diligenter inculcentur, nullo quidem orationis splendore aut apparatu rhetorico neque alto ingenii acu[401]mine, sed breviter et simplicissime, ut hoc facilius et fidelius dicta nostra percipiantur et tenacius memoriae infixa haereant. Quocirca supra memoratos articulos iam nunc singulatim tractandos in manus sumemus atque de | iis, quantum fieri poterit et necessitas postulaverit, significantissime verba faciemus.
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Praeceptum primum: Non habebis Deos alienos coram me. 15
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Hoc est, me solum pro Deo tuo habebis ac coles. Quid vero hisce verbis sibi vult ac quomodo hoc intelligendum est? Quid est habere Deum? aut quid est Deus? Responsio: Deus est jet vocaturj, de cuius bonitate et potentia omnia bona certo tibi pollicearis et ad quem quibuslibet adversis rebus atque periculis ingruentibus confugias, ut Deum habere nihil aliud sit, quam illi ex toto corde fidere et credere, quemadmodum saepenumero a me dictum est, quod sola cordis fiducia Deum pariter atque Idolum faciat et constituat. Quod si fides et fiducia recta et sincera est, Deum rectum habebis. contra, si falsa
i–i
quaeque sibi velint Hag | j – j nicht in Hag
161–219, hier: 200; Stadt Braunschweig: Kirchenordnung (1528), in: EKO 6/1/1, 348–455, hier: 377f; Braunschweig-Wolfenbüttel: Kirchenordnung (1543), in: EKO 6/1/1, 22–81, hier: 51–53; Braunschweig-Wolfenbüttel (1569), in: EKO 6/1/1, 83–277, hier: 142; Württemberg: Kirchenordnung (1553), in: EKO 16, 223–276, hier: 239–246; Württemberg: Visitationsordnung für die Superintendenten (1559), in: EKO 16, 385–394, hier: 393. | 83 der Jugend einbläuen | 84 schwer verständlich | 85 hochtrabend, scharfsinnig oder gelehrt | 86 Luther legte die Zehn Gebote mehrmals in Predigten und katechetischen Schriften aus; vgl. Luther, Eine kurze Erklärung der Zehn Gebote (1518), in: WA 1, 250–256; ders., Instructio pro confessione peccatorum (1518), in: WA 1, 258–265; ders., Decem praecepta Wittenbergensi praedicata populo (1518), in: WA 1, 398–521; ders., Eine kurze Unterweisung, wie man beichten soll (1519), in: WA 2, 59–65; ders., Von den guten Werken (1520), in: WA 6, 204–276; ders., Eine kurze Form der Zehn Gebote (1520), in: WA 7, 204–214; ders., Ein Betbüchlein der Zehn Gebote, des Glaubens, des Vaterunsers und des Ave Maria (1522), in: WA 10/2, 376–388; ders., Predigten über das 2. Buch Mose (1524/27), in: WA 16, 412–528; ders., Katechismuspredigten (1528), in: WA 30/1, 2–9. 27–43. 58–85; ders., Eine einfältige Weise zu beten für einen guten Freund (1535), in: WA 38, 365–375; vgl. auch ders., Glossen zum Dekalog (1530), in: WA 30/2, 358f. | 87 Luther verwandte in seinen Predigten häufig die direkte Ansprache an die Hörenden bzw. die Gemeinde. Diesem Predigtstil entsprach die Verkündigung des Evangeliums „pro te“, „pro vobis“, „pro me“, „pro nobis“. | 88 bedeutet das | 89 Vgl. hierzu etwa Luthers Auslegung von Dtn 7,6–10 in: Predigten über das fünfte Buch Mose (1529), in: WA 28, 679–694.
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Quid sit Deus.
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falsch und unrecht ist, da ist auch der rechte Gott nicht. Denn die zwey gehören zu hauffe90, Glaube und Gott. Worauff du nu (sage ich) dein hertz hengest und verlessest, das ist eigentlich dein Gott. Darumb ist nu die meinung dieses Gebots, das es fordert rechten Glauben und Zuversicht des hertzens, welche den rechten einigen Gott treffe und an im allein hange. Und wil so viel gesagt haben91: Sihe zu und lasse mich allein deinen Gott sein und suche je keinen andern, das ist: was dir mangelt an gutem, des versihe dich zu mir und suche es bey mir und, wo du unglück und not leidest, kreuch92 und halte dich zu mir. ICH, Ich wil dir gnug geben und aus aller not helffen, las nur dein hertz an keinem andern hangen noch ruhen.
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Das mus ich ein wenig grob ausstreichen93, das mans verstehe und mercke bey gemeinen Exempeln des widerspiels94: Es ist mancher, der meinet, er habe Gott und alles gnug, wenn er gelt und gut hat, verlesset und brüstet sich darauff so steiff und sicher, das er auff niemand nichts giebt. Sihe, dieser hat auch einen Gott, der heisset Mammon95, das ist geld und gut, darauff er alle sein hertz setzet, welches auch der aller gemeinest96 Abgott ist auff Erden. Wer gelt und gut hat, der weis sich sicher, ist frölich und unerschrocken, als sitze er mitten im Paradis. Und widerumb, wer keines hat, der zweiffelt und zagt, als wisse er von keinem Gott. Denn man wird ir gar wenig finden, die guts muts seien, und nicht trauren noch klagen, wenn sie den Mammon nicht haben, er klebt und henget der Natur an bis in die gruben97.
[179r] Also auch, wer darauff trauet und trotzet, das er grosse kunst98, klugheit, gewalt, gunst, freundschafft99 und ehre hat, der hat auch einen Gott, aber nicht diesen rechten einigen Gott. Das sihestu abermal dabey, wie vermessen, sicher und stoltz man ist auff solche Güter und wie verzagt, wenn sie nicht vorhanden oder entzogen werden. | Darumb sage ich abermal, das die rechte
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zusammen | 91 das bedeutet soviel als | 92 krieche | 93 deutlich erklären oder hervorheben Gegenteils, d. h. an Beispielen des Alltags, die das Gegenteil zeigen. | 95 Vgl. Mt 6,24. | 96 allergewöhnlichste | 97 bis ins Grab | 98 Gelehrsamkeit | 99 Gesamtheit der Verwandten 94
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fuerit et mendax fiducia, etiam Deum tuum falsum et mendacem esse necesse est, Siquidem haec duo, fides et Deus, una copula coniugenda sunt. Iam in quacunque re animi tui fiduciam et cor fixum habueris, haec haud dubie Deus tuus est. Quare huius praecepti sensus hic est, ut veram cordis fidem atque fiduciam exigat a vero et unico Deo non aberantem, sed illi soli constanter adhaerentem ac idem plane vult dicere: kHoc vide cures, ut me solum Deum tuum esse statuask nec omnino extra me alium quaerere conerisl, hoc est, quarumcunque rerum inopia laboraveris, easdem de mea munificentia tibi pollicearis et apud me quaeras, volo. Ac [402] ubicunque pressus infortunio adversa pateris, ad me protinus opem imploraturus confugito. Ego, ego, | inquam, adfluente omnium rerum copia te implebo uberrime atque etiam periclitantem ex omnibus malis eripiam. Tantum hoc cave sedulo, ne cor tuumm ulli alteri apponas nnec ab eo pendeas nec in eo conquiescasn. Hoc aliquanto planius ac rudius explicandum est, ut exemplis sumptis a contrario rectius intelligatur, quid haec sibi velint. Equidem permultos videre licet existimantes sese et Deum et omnia abunde habere, quando divitiis abundant et opibus, quibus confisi adeo insolenter intumescunt, adeo constanter et secure his fruuntur, ut oneminis rationem aut respectum ullum habeanto. Ecce, ii quoque Deum habent, sed cui nomen est Mammona, hoc est, opes et pecunia, cui totius cordis adhaerent fiducia, in quem omnem spei suae summam collocant quique omnium communissimum in terris Idolum est. Qui pecunia aut opibus large instructus est, ille re sua probe constabilita securum se pesse statuitp animo adeo laeto atque interrito, quasi in medio paradiso vitam agat omnium felicissimam. Contra, qui qopibus et pecunia caretq, ille animi dubius omnem spemr abiicit ac si nihil prorsus de ullo Deo vel tantillum sibi constet. sEtenim paucos admodum invenias, qui sints bono animo tquique nihil tristentur aut conquerantur, si destituat eos Mammonat. Haec enim rei pecuniariae cura atque cupiditas humanam naturam ad sepulchrum usque indivulse comitaturu. Ita quoque qui spei aut fiduciae suae summam in hoc sitam habet, quod ceteros ingenio, eruditione, sapientia, potentia, favore, multorum amicitia ac dignitate anteeat: Ille quoque Deum habet, sed non verum illum coelestem et unicum Deum. Hoc inde iterum haud diffiiculter perspicitur, quam confidenter, | secure et insolenter hisce rebus abundantes agere soleant: rursus quam desperanter, quam abiecte et humiliter quibus haec aut non adsunt aut aliquando casu fortuito subtrahuntur. Quare iterum dico, [403] quod vera huius
k – k Fide ac mihi permitte, ut ego solus Deus sim Hag | l sustineas Hag | m danach: prava fiducia Hag | n – n unde perversa spe concepta quiesceret Hag | o – o nemini non audeant contumaciter oppedere Hag | p – p non ignorat Hag | q – q aestive et modice nummatus est Hag | r spem propemodum desponso animo Hag | s – s Perquam enim pauci inveniuntur, qui Hag | t – t nullaque affecti tristitiae nubecula aut quaerimonia, qui divitiarum egestate gravati sunt Hag | u comitari consuevit Hag
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Sensus huius praecepti.
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Crassior explicatio.
Mammonam pro Deo habere.
Fiducia non in Deo, sed rebus aliis.
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Auslegung dieses Stücks sey, das ein Gott haben heisset etwas haben, darauff das hertz gentzlich trauet. Item. Sihe, was wir bisher getrieben und gethan haben in der blindheit unter dem Bapsthumb: Wenn jemand ein Zahn wehe thete, der fastet und feiret Sanct Apollonia100. Fürchtet er sich für Feuers not, so machet er Sankt Lorenz101 zum nothelfer; furchtet er sich für Pestilenz102, so gelobet er sich zu Sanct Sebastian103 oder Rochio104, und des greuels unzelich viel mehr, da ein jeglicher seinen Heiligen welet, anbetet und anruffet, in nöten zu helffen. Daher105 gehören auch, die es gar zu grob treiben und mit dem Teuffel ein bund machen, das er inen gelt gnug gebe oder zur bulschafft106 helffe, ir viehe bewahre, verloren gut wider schaffe etc.; Als die Zeuberer und Schwartzkünstiger107, denn diese alle setzen ir hertz und vertrauen anderswo denn auff den wahrhafftigen Gott, versehen sich kein guts zu im, suchens auch nicht bey im.
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Also verstehestu nu leichtlich, was und wie viel dis Gebot fordert, Nemlich das | gantze hertze des Menschen und alle zuversicht auff Gott allein und niemand anders. Denn Gott zu haben, kanstu wol abnemen108, das man in nicht mit fingern ergreiffen und fassen noch in beutel stecken oder in kasten schliessen kan. Das heisset in aber gefasset, wenn in das hertz ergreiffet und an im hanget. Mit dem hertzen aber an im hangen ist nichts anders, denn sich gentzlich auff in verlassen. Darumb wil er uns von allem andern abwenden, das ausser im ist, und zu sich ziehen, weil er das einige ewige Gut ist. Als solt er sagen: Was du zuvor bey den Heiligen gesucht oder auff den Mammon, und sonst vertrauet hast, des versihe dich alles zu mir und halte mich für den, der dir helffen, und mit allem guten reichlich uberschütten wil.
Sihe, da hastu nu, was die recht Ehre und Gottesdienst ist, so Gott gefellet, welchen er auch gebeut109 bey ewigem Zorn. Nemlich, daß das hertz kein andern trost noch zuversicht wisse, denn zu im, lasse sich auch nicht davon 100
Apollonia von Alexandria oder möglicherweise Rom, Märtyrerin. Sie starb am 9. Februar 248 oder 249, nachdem ihr die Zähne ausgebrochen wurden. Im Mittelalter betete man zu ihr um Linderung von Zahnschmerzen. | 101 Märtyrer, Diakon von Rom. Er starb am 10. August 258, angeblich auf dem Rost hingerichtet. Im Mittelalter bot das Gebet zu ihm Schutz gegen Brand und Verletzungen durch Feuer. | 102 Pest, Seuche | 103 Märtyrer in Rom, durch Bogenschützen vermeintlich erschossen und, nachdem er sich als Lebender wieder gezeigt hatte, mit Knüppeln zu Tode geprügelt. Da Pfeile, die den menschlichen Körper durchbohren, als Bild für die Pest gängig waren, galt Sebastian als Nothelfer gegen diese Seuche (vgl. Ps 91,5f). | 104 Rochus von Montpellier lebte im 14. Jahrhundert. Er soll Pestkranke geheilt haben und wurde aufgrund einer
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particulae interpretatio Deum habere nihil aliud sit, quam habere aliquid, cui cor humanum per omnia fidere soleat. Ad haec vconsidera quaeso, quae nosv rerum portenta sub Papatu horrenda caecitate percussi admiserimus. Dolebat alicui denticulus, ille protinus ob honorem divae Apolloniae voluntario ieiunio carnem suam macerabat. Quod si in metu erat, ne forte possessiow sua aliquando conflagraret incendio, protinus in Laurentii clientelam ac patrocinium semet tradebat. Metuebat aliquis contagium pestilentiae, illico nuncupatis votis profectionem ad S. Sebastianum aut Rochium instituebatx. Et id genus portenta atque abominationes innumerabiles, quibus fiebat, ut quisque peculiarem divum sibi colendum eligeret, ad quem pressus necessitate preces fundebat currebatque. Huc pertinent etiam illi, qui omnem modum hisce in rebus excedunt ac cum Diabolo foedus ineunt, ut eos ampliter ditet aut amicarum compotes faciat aut pecus a contagione fervet incolumne aut rem perditam restituat, cuius generis sunt incantatores venefici et magicarum artium periti. Hi enim omnes cordis sui fiduciam alio collocant quam in verum Deum, de quo nihil boni sibi persuadent neque apud illum quaeritant quicquam boni. Ad hunc modum iam haud obscure intelligis, quid et quantum hoc praecepto | exigatur, nimirum totum cor hominis omnisque erga Deum et niminem alium fiducia. Quo pacto enim Deus haberi possit, ipse perfacile aestimare potes, quod neque digitis apprehendi nec in marsupium ut moneta condi nec in cistam ut vasa argentea concludi possit. Ita vero dicitur haberi yet apprehendiy Deus, quando corde apprehenditur eique soli hominis animus constanti atque inconcussa adhaeret fiducia. Ceterum corde illi adhaerere nihil aliud est, quam eidem per omnia fidere. Eam ob rem ab omnibus aliis, quae extra illum sunt, nos conatur divellere atque abstrahere et ad se solum, cum unicum illud et immortale bonum sit, attrahere, Quasi ad hunc modum diceret: Quidquid ante[404]hac e divorum favore ac benevolentia tibi proventurum pollicitus es aut si quam in Mammona aut aliis rebus spem atque fiduciam reposuisti, omne illud iam tibi certa persuasione de me pollicere meque eum esse haud dubitanter existimes, qui tibi laboranti opem laturus sit teque omnibus rebus amplissime florentem et abundantem facturus. Ecce iam habes, quinam verus Dei honos sit et cultus gratus illi et acceptus, quemque subz aeternae maledictionis apoena praestandum praecipita, nimirum ut cor hominis nullam aliam consolationem, nullam aliam fiduciam sciat
v – v vide, cuiusmodi hactenus Hag | w domus Hag | obtinendum Hag | a – a supplicio praecipit Hag
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suscipiebat Hag |
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nicht in Hag |
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ipse
Verwechselung als Spion hingerichtet. | 105 Dahin | 106 Verlobung, Verhältnis, Geliebten | 107 Bereits 1516 setzte sich Luther mit schwarzer Magie auseinander; vgl. Luther, Decem praecepta Wittenbergensi praedicata populo (1516/17), in: WA 1, 408,31–411,5. | 108 erkennen | 109 gebietet
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Alieni Dii in Papatu.
Fiducia erga Deum exigitur in primo praecepto. BSLK 563
Quae ratio colendi verum Deum.
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reissen, sondern darüber wage und hindan setze110 alles, was auff Erden ist. Dagegen wirstu leichtlich sehen und urteilen, wie die Welt eitel falschen Gottesdienst und Abgötterey treibet. [179v] Denn es ist nie kein Volck so ruchlos111 gewesen, das nicht einen Gottesdienst auffgericht und gehalten habe, da hat jedermann zum sonderlichen Gott auffgeworffen112, dazu er sich guts, hülffe, und trost versehen hat.
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Als nemlich die Heiden, so ir Datum113 auff Gewalt und Herrschaft stelleten, wurffen iren Jupiter zum höchsten Gott auff114; Die andern, so nach Reichthumb, glück, oder nach lust und guten tagen stunden115, Herculem, Mercurium, Venerem116 oder andere; Die schwanger Frauen Dianam oder Lucinam117 und so fort118, machet im jederman zum Gott, darzu in sein hertz trug119. Also das eigentlich, auch nach aller Heiden meinung, ein Gott haben, heisset trauen und gleuben, aber daran feilet es120, da ir trauen falsch und unrecht ist, denn es ist nicht auff den einigen Gott gestellet, ausser welchem warhafftig kein Gott ist im Himel noch auff Erden. Darumb die Heiden eigentlich iren eigen ertichten Dünkel und Traum von Gott zum Abgott machen und sich auff eitel nichts verlassen. Also ist es umb alle Abgötterey gethan121, denn sie stehet122 nicht allein darin, das man ein Bild auffrichtet und anbetet, sondern fürnemlich im hertzen, welches anderswo hingaffeth, Hülffe und Trost suchet bey den Creaturen, Heiligen oder Teuffeln und sich Gottes nicht annimpt, noch so viel guts zu im versihet, das er wölle helffen, gleubet auch nicht, das von Gott kome, was im guts widerfehret.
Darüber123 ist auch ein falscher Gottesdienst und die höheste Abgötterey, so wir bisher getrieben haben und noch in der Welt regieret, darauff auch alle geistliche Stende ge|gründet sind, welche allein das Gewissen betrifft, das da Hülffe, Trost, und Seligkeit suchet in eigenen Wercken, vermisset sich124, Gott den Himel abe zu zwingen, und rechnet, wie viel es gestifftet, gefastet, Messe
h
hanget Witt2–4
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zurückstelle | 111 frevelhaft | 112 erhoben | 113 Hoffnung, Zuversicht | 114 erhoben | 115 abzielten, trachteten | 116 Herkules und Merkur galten bei den alten Römern als Spender von Reichtum und Wohlstand; Venus als Göttin der Liebe, der Schönheit und des Glücks. | 117 Diana und Lucina galten als Göttinnen der Geburt bzw. als Geburtshelferinnen. | 118 Luther verglich den mittelalterlichen Volksglauben mit der Verehrung der antiken Götter; vgl. Luther, Predigten über das 5. Buch Mose (1529), in: WA 28, 609,10–610,2; 609,31–610,15 und ders., Predigt über I Kor
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quam ipsum solum neque ullo pacto ab hoc se divelli patiatur, sed potius de omnibus, quae sub sole sunt, semel in periculum veniat, adeoque ipsius vitae citius iacturam faciat, bquam ut hunc Deum deseratb. Iam vicissim facile videbis ac iudicabis, quomodo mundus nihil aliud quam falsum Dei cultum et idolatriam passim constituerit atque exerceat. Nulla enim uspiam fuit usque adeo effera et ferina hominum natio, quae non aliquem Dei cultum constituerit et servarit. Omnes enim certatim eum Deum sibi colendum delegerunt, ex quo aliquid emolumenti, opis atque solatii speraverunt. Inde videmus Gentiles, quorum prora ac puppis (ut vulgato fertur proverbio3) in opulentia, dominatu, imperiis sita fuit, pro summo Deo cum primis coluisse suum Iovem. Porro alii, quorum scopus erant divitiae, tum prosper rerum successus aut qui sectabantur voluptates et delicias, Herculem, Mercurium, Venerem aliosque religiose venerabantur. Mulieres uterum ferentes Dianam seu Lucinam sibi pro numine vendicabant. Atque ita deinceps quisque hunc sibi Deum venerandum proponebat, ad quem corde et animo ferebaturc. Ita Gentilium quoque opinione Deum habere nihil aliud est quam fidere et credere. In hoc tamen errant et falluntur, quod eorum fiducia falsa et mendax est: neque enim ad Deum verum recta tendit aut ordinata est extra quem, pro certo constat nullum alium Deum esse neque in coelo neque in terra. Quocirca gentes plane suam dpropriam [405] et effictam persuasionem seud opinionem et somnium, quod de Deo conceperunt, pro idoloe sibimet constituunt spemque suam prorsus in mere nihilo habent repositam. fEa plane omnis Idolatriae est ratiof. Neque enim in hoc solum constitit, ut simulachrum aliquod erectum adoretur, sed in corde potissimumg latet, quod alio intentum est, opem ac consolationem apud creaturas, divos aut diabolos quaeritans, Deum hnon curansh ac ne tantillum quidem benignitatisi de illo sibi persuadens, quod velit opitulari. Multo minus credit Dei liberalitate et munificentia sibi contingere, quicquid bonarum rerum uspiam illi acciderit. Praeter haec alius adhuc superest falsus et erroneus Dei cultus summam in sese complectens idolatriam, quam hactenus strenue exercuimus, et adhuc | passim in mundo viget ac regnat, in quem omnes religiosorum ordines fundati sunt quique solam attingit conscientiam, quae auxilium, consolationem et salutem quaerit ex propriis operibus tantum sibi sumens, ut perverse conetur et temere, velit nolit Deus, in coelum perrumpere subducens secum rationem, quarum fundationum autor extiterit, quantum ieiunaverit, quot b – b nicht in Hag | c rapiebatur Hag | d – d nicht in Hag | e Deo Hag | f – f Non secus quoque cum omnibus aliis idolatriis agitur Hag | g nicht in Hag | h – h nihili faciens Hag | i benevolentiae aut humanitatis Hag 3 Vgl. Cicero, Ad familiares XVI, 24,1: „mihi prora et puppis, ut Graecorum proverbium est (πρῷρα καὶ πρύμνη), fuit a me tui dimittendi“: „deren einziger Beweggrund“.
12, in: WA 41, 653,9–34. | 119 wohin ihn sein Herz zog | 122 besteht | 123 außerdem | 124 maßt sich an
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das ist der Mangel |
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Gentium multiplices Dii. | BSLK 564
Falsus cultus Dei per operum merita, Missas etc. | BSLK 565
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gehalten hat, etc. Verlesset sich, und bochet darauff, als wölle es nichts von im geschenckt nemen, sondern selbs erwerben oder uberflüssig125 verdienen, gerade als müste er uns zu dienst stehen und unser Schuldener, wir aber seine Lehenherrn sein. Was ist das anders, denn aus Gott einen Götzen, ja einen Apffelgott126 gemachet und sich selbs für Gott gehalten und auffgeworffen? Aber das ist ein wenig zu scharff127, gehöret nicht für die junge Schüler.
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Das sey aber den Einfeltigen gesagt, das sie den verstand128 dieses Gebots wol mercken und behalten, das man Gott alleine trauen und sich eitel guts zu im versehen und von im gewarten sol, als der uns gibt Leib, Leben, Essen, Trincken, Narung, [180r] gesundheit, schutz, friede und alle notdurfft zeitlicher und ewiger güter; Dazu bewaret für unglück und, so uns etwas widerfert, rettet und aushilfft. Also das Gott (wie gnug gesagt) alleine der ist, von dem man alles Guts empfehet und alles unglücks los wird. Daher auch achte ich, wir Deudschen Gott eben mit dem namen von alters her nennen (feiner und artiger129, denn kein andere Sprach) nach dem wörtlin Gut, als der ein ewiger Quellbrun ist, der sich mit eitel | Güte ubergeusset130 und von dem alles, was gut ist und heisset, ausfleust.131
Denn ob uns gleich sonst viel guts von Menschen widerferet, so heisset es doch alles von Gott empfangen, was man durch sein befehl und ordnung empfehet. Denn unsere Eltern, und alle Oberkeit, dazu ein jeglicher gegen seinem Nehesten, haben den befehl, das sie uns allerley guts thun sollen. Also das wirs nicht von inen, sondern durch sie von Gott empfahen. Denn die Creaturen sind nur die hand, röhre132 und mittel, dadurch Gott alles gibt, wie er der Mutter Brüste und milch gibt, dem Kinde zu reichen, Korn und allerley gewechs aus der Erden zur narung, welcher güter keine Creatur keines selbs machen kan. Derhalben sol sich kein Mensch unterstehen, etwas zunemen oder zugeben, es sey denn von Gott befohlen, das mans erkenne für
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durch überschüssige Werke Anderer; ein Hinweis auf die überschüssigen Verdienste der Heiligen, an denen die Gläubigen durch Fürbitte oder den Erwerb eines Ablasses partizipieren konnten. | 126 möglicherweise aus „Aftergott“ abgeleitet. Am 15. Juni 1539 äußerte sich Luther über König Ferdinand: „Ille infelix rex, der appel konig, wil Christum, regem regum, vortreiben“, in: WA.TR 4, 419,18f (Nr. 4654); 1530 schrieb er in der Auslegung des 117. Psalms: „Was werens sonst fur Könige odder herrn? Apffel könige oder gemalete herrn mustens sein“, in: WA 31/1, 234,2f. Sebastian Franck nannte Kaiser Maximilian einen „apffell keyser“. Vgl. Chronica / || Zeytbuch und geschycht||bibel von anbegyn biß inn diß ge||genwertig M.D. xxxi. jar. […], Straßburg: Balthasar Beck 1531 (VD 16 F 2064), 515v. | 127 gelehrt | 128 Sinn | 129 treffender | 130 von
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missarum myriadas lectitaverit etc. spem suam in hoc reponens atque ferociens, quasi nihil velit a Deo gratuito accipere, sed omnia sua opera ab ipso consequi et abundanter promereri, non secus ac si Deus nobis cogatur obnoxius esse servitio et debito et nos illius essemus Domini. Quid hoc aliud est, quam ex Deo ficulneum simulachrum4 aut pomarium (quod aiunt) Deumj facere ac semetipsum pro Deo aestimare inque eius locum sufficere? Sed haec acutiora sunt, quam quae pueris ac tenerae aetati proponenda sint. Ceterum hoc dictum sit simplicioribus, quo huius praecepti sensum probe notent ac retineant, ut Deo soli fidamus, de eodem optima quaeque nobis policeamur et expectemus tanquam de eo, qui nobis det corpus, donet vitam, largiatur victus alimoniam, offundat annonam, tribuat membrorum valetudinem, paret defensionem, conciliet pacem ac reliqua rerum temporalium et sempiternarum ne[406]cessaria suppeditet. Adhaec qui nos ab omnibus tueatur periculis et infortunio, e, si quid adversi nobis evenerit, a malis non clementer servet et potenter eripiat. Ita ut Deus (quemadmodum abunde dictum est) solus ille pro certo habendus sit, a cuius | bonitate omnia consequimur, tum cuius ope et opera ab omnibus malis eripimur. Atque hinc adeo est, ut mea fert opinio, quod nos Germani usque a maioribus nostris (praeclarius profecto et pulchrius quam ulla alia lingua) Deum (Gott) a bonitatis vocabulo (Gut) sermone nobis vernaculo vocamus, quippe qui fons perennis sit et perpetuo scaturiens, affluentissimis bonis exundans et a quo omne, quicquid uspiam boni est et dicitur, emanat. Nam quanquam alioqui multis bonis cumulemur et afficiamur ab hominibus, omnia tamen a Deo data et concessa dicuntur, quaecunque eius iussu et ordine undequaque percipimus. Maiores enim nostri et omnes, qui in Magistratu sunt, ad haec quilibet erga proximum suum hoc in mandatis a Deo acceperunt, ut omnis generis officia nobis ostendant et exhibeant, adeo ut haec non ab illis, sed per illos a Deo peculiariter accipiamus. Siquidem creaturae tantum manus sunt, kcanales, mediak et organa, quorum opera et adminiculo Deus omnia largitur hominibus. Quemadmodum matri dat ubera lacte foecunda, quibus infans lactandus et alendus est, et campo suam segetem et omnia fructuum genera, quibus vescimur, quorum nullum ulla creatura proprio conatu aut studio creare potest aut producere. Quapropter nemo conari debet, ut vel aliquid accipiat vel det, nisi a Deo praeceptum fuerit, ut pro Dei munere cognoscatur illique pro sua munificentia, prout hoc
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Herculem Hag | k – k nicht in Hag
4 Vgl. dazu Horaz, Sartires I, 8, 1–3 (Bericht der Priapus-Statue auf dem Esquilin über ihre Geschicke): „Olim truncus ficulnus, inutile lignum, Cum faber, incertus scamnum faceretne Priapum, Maluit esse deum. Deus inde ego.“
… überfließt | 131 Luthers Ableitung des Wortes „Gott“ von „gut“ lässt sich sprachwissenschaftlich-etymologisch nicht halten und ist als „Volksetymologie“ zu werten. | 132 Kanal
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Quae a Deo certa fiducia expectanda.
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A Deo omnia bona provenire.
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seine Gaben und im darumb dancke, wie dis Gebot fordert, darumb auch solche mittel, durch die Creaturen guts zu empfahen, nicht auszuschlahen sind, noch durch vermessenheit andere weise und wege zu suchen, denn Gott befohlen hat. Denn das hiesse nicht von Gott empfangen, sondern von im selbs gesucht. Das sehe nu auff133 ein jeglicher bey sich selbs, das man dis Gebot für allen dingen gros und hoch achte und in keinen schertz schlage134; frage und forsche dein eigen hertz wol, so wirstu wol finden, ob es allein an Gott hange oder nicht. Hastu ein solch hertz, das sich eitel guts zu im versehen kan, | sonderlich in nöten und mangel, dazu alles gehen und faren lassen, was nicht Gott ist, so hastu den einigen rechten Gott. Widerumb hanget es auff etwas anders, dazu sichs mehr guts und hülffe vertröstet denn zu Gott, und nicht zu im leufft, sondern für im fleugt135, wenn es im ubel gehet, so hastu ein andern Abgott. Derhalben, auff das man sehe, das Gott solches nicht wil in wind geschlagen haben, sondern ernstlich darüber halten136, hat er bey diesem Gebot zum ersten ein schrecklich dreuen, darnach ein schöne, tröstliche verheissung gesetzt, welche man auch wol treiben sol und dem jungen volck fürbleuen137, das sie es zu sinne nemen und behalten.
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[180v] „Denn ich bin der HERR, dein Gott, iein starcker Eivereri 138, der da heimsuchet der Veter missethat an den Kindern bis ins dritte und vierdte Glied, die mich hassen; Und thue Barmhertzigkeit an viel Tausent, die mich lieb haben, und meine Gebot halten.“139 Wiewol aber diese Wort auff alle Gebot gehen (wie wir hernach hören werden), so sind sie doch eben zu diesem Heuptgebot gesetzt, darumb, das daran am meisten liegt, das ein Mensch ein recht Heupt habe, denn wo das Heupt recht gehet, da mus auch das gantze leben recht gehen, und widerumb140. So lerne nu aus diesen worten, wie zornig Gott ist uber die, so sich auff irgend etwas ausser im verlassen. Widerumb, wie gütig und gnedig er ist denen, die im allein von | gantzem hertzen trauen und gleuben, also das der zorn nicht ablesset bis ins vierdte geschlecht oder glied, dagegen die wolthat oder güte gehet uber viel tausent. Auff das man nicht so sicher hin gehe und
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ein eiveriger Gott Witt2–4. Konk1580 folgt der Luther-Bibel von 1534.
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Darauf achte nun | 134 nicht in den Wind schlage | 135 flieht | 136 wachen | 137 einbläuen, eintrichtern, eindringlich vorsprechen | 138 Vgl. Ex 34,14. | 139 Diese Wiedergabe des Textes von
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praeceptum exigit, agatur gratia. Quamobrem et haec media videlicet per creaturas bona percipiendi non sunt respuenda neque temeraria praesumptione aliae rationes et viae investigandae, quam Deus praecipit. Hoc enim non esset a Deo accipere, sed a se ipso quaerere. 5
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Iam quisque apud se exactam curam habet, ut hoc praeceptum ante omnia magnifaciat neque iocum esse existimet. [407] Perquire et expiscare ipse cor tuum diligenter et haud dubie inveniens, num ex solo Deo pendeat nec ne. Quod si eiusmodi tibi est animus, qui mera bona | de divina bonitate persuadere ac policeri sibi potest, praecipue vero tempore necessitatis et inopiae, ad haec qui omnia potest contemnere, quicquid non est Deus, non est quod dubites te habere Deum illum verum et unicum. Contra, sin ex alio quopiam pendet, de quo plus boni et opis sperat quam ab ipso Deo sese consecuturum, nec ad illum confugit, sed potius aufugit rebus minime secundis, certuml est te a Deo vero alienum esse et idolum aliud habere. Ut autem videamus Dei voluntatem non esse, ut hoc suum praeceptum mfloccipendatur, sed certo statuatur ipsum gravissime huius praecepti autoritatem tueri vellem, huic ipsi praecepto primum terribiles et horrendas minas adiecit ac deinceps amabiles et consolatorias policitationes apposuit, quae quoque multoties repetendae et iuventuti etiam atque etiam inculcandae sunt, ut hasce imis sensibus reconditas tandem memori mente teneant.
Qui ex alio quam ex so[407]lo Deo pendet, habet Deos alienos. BSLK 567
Comminationes et promissiones additae primo praecepto.
Primi praecepti appendicis expositio Quia ego sum Dominus, Deus tuus, fortis zelotes, visitans iniquitatem patrum in filios in tertiam et quartam generationem eorum, qui me oderunt, et faciens misericordiam in millia his, qui diligunt me et custodiunt praecepta mea. 25
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Quanquam vero hac verba communiter ad omnia praecepta referenda sunt (ut infra audiemus), ea tamen huic praecepto, quod aliorum omnium caput est, peculariter adiecta sunt, propterea quod permagni admodum referat hominem rectum habere caput. Salvis enim rebus capitis reliquam etiam vitam bene e habere [408] necesse est et contra. Iam vero ex his verbis perdisce, quam implacabiliter Deus irascatur iis, qui rei cuipiam | extra nipsum confiduntn, Et contra, quanta clementia et misericordia eos prosequatur, qui ei soli toto corde fidunt et credunt, adeo ut iracundia sua nullum finem faciat saeviendi in tertiam et quartam generationem et rursum ut sua clementia multis millibus benefacere non desinat. Ne tam securo ambulemus animo nullam nostri aut harum rerum rationem habentes, quemadmodum impia l
credibile Hag | m – m habeatur contemptui Hag | n – n se fidere soleant Hag
Ex 20,5 entspricht fast genau der Übersetzung Luthers, die 1523 im Druck erschienen war. Vgl. WA.DB 8, XIX. | 140 umgekehrt
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Comminatio.
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sich in die schantze schlahe141, wie die rohen hertzen dencken, es liege nicht grosse macht dran142. Er ist ein solcher Gott, der es nicht ungerochen143 lesset, das man sich von im wendet, und nicht auffhöret, zu zürnen bis ins vierdte glied, so lang bis sie durch und durch ausgerottet werden. Darumb wil er gefürchtet und nicht verachtet sein. Das hat er auch beweiset in allen Historien und Geschichten, wie uns die Schrifft reichlich anzeiget und noch tegliche erfahrung wol leren kan, denn er alle Abgötterey von anfang her gar ausgerottet hat und umb irer willen beide Heiden und Juden, wie er auch bey heutigem tage allen falschen Gottesdienst stürtzet, das endlich alle, so darin bleiben, müssen untergehen. Darumb, ob man gleich itzt stoltze, gewaltige, und reiche wenste findet, die auff iren Mammon trotzen, ungeachtet144 Gott zürne oder lache, als die seinem Zorn wol trauen aus zustehen, so werden sie es doch nicht ausfüren, sondern, ehe man sichs versiehet, zu scheittern gehen145 mit allem, darauff sie getrauet haben, wie alle andere untergangen sind, die sich wol sicherer und mechtiger gewust haben146.
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Und eben umb solcher harten Köpffe willen, die da meinen, weil er zusiehet und lesset sie feste sitzen, er wisse nichts drumb147 oder neme sichs nicht an, mus er also drein schlahen und straffen, das ers nicht vergessen kan bis auff ire Kinds kinder, auff das sich jederman daran stosse148 und sehe, das im kein schertz ist. Denn diese sinds auch, die er meinet, als er spricht: Die mich hassen, das ist, die auff irem [181r] trotz und stoltz beharren, was man inen predigt oder sagt, wöllen sie nicht hören; strafft man sie, das sie sich erkennen und bessern, ehe die straffe angehet, so werden sie toll und töricht, auff das sie den zorn redlich verdienen, wie wir auch jetzt an Bischoffen und Fürsten teglich erfaren.
Wie schrecklich aber diese dreuwort sind, so viel mechtiger trost ist an der verheissung, das, die sich allein an Gott halten, sollens gewis sein, das er Barmhertzigkeit an inen erzeigen wil, das ist eitel guts und wolthat beweisen, nicht allein für sie, sondern auch an iren Kindern bis ins tausent und abermal 141
sich dem Glücksfall überlassen, sich mutwillig in Gefahr begeben (Schanze = Chance) darauf komme es nicht so sehr an | 143 ungestraft | 144 ohne Rücksicht darauf, ob | 145 untergehen | 146 eingeschätzt haben | 147 er kümmere sich nicht darum | 148 darüber stutzig werde
142
o danach: corde Hag | p danach: grassaturus Hag | q crudeliter Hag | r – r non admodum morantur Dei favorem aut excandescentiam ut ii, qui divinam iracundiam susque deque ferant neque tamen perniciem Hag | s – s Neque aliam ob causam ullam quam propter hosce duros et pervicaces homines ad tempus dissimulans et permittens eosdem secure et potenter sua frui tyrannide rebus omnibus ex sententia succedentibus, quasi nihil esset ipsis conscius aut sua parum interesset, tanta Hag | t – t quam haec non habenda ludibrio Hag | u – u corripiuntur, ut flagitiosam vitam emendent,
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illa planeque ferina corda cogitare consueverunt non ita multum referre, qua ratione vixerint. Eiusmodi Deus est, qui, sio ab eo discedatur, inultum id non patitur neque modum aut finem irascendi statuit in quartam usque generationemp, donec omnes funditusq extirpentur. Quamobrem vult esse formidini, non contemptui aut ludibrio. Hoc ipsum multis etiam historiis et illis memorabilibus abunde testatum fecit, cuius rei nobis passim Scriptura facit indicium, atque etiamnum id ipsum in dies singulos quotidianis experimentis verissimum esse discimus. Siquidem iam inde ab initio omnem idololatriam funditus extirpavit huiusque gratia cum gentes, tum Iudaeos sicut adhuc hodie omnem falsum Dei cultum evertit, ut plane omnibus in ea permanentibus succumbendum sit. Quocirca, tametsi tam feroces et potentes iuveniantur Sardanapali5 et Phalarides6, qui ipsos Persas divitiis superant7, quibus secure freti rparum curant, irascaturne an arrideat Deus, ut qui iram eius sustinere se posse confidant, tamen tandem perniciem nonr effugient, sed dicto citius et praeter omnium expecta|tionem cum tota sua pompa, cui fidebant perperam, pessum ibunt, velut omnes ceteros periisse videmus, qui maiori freti potentia in utramvis, quod aiunt, aurem dormiebant. sEt ob hos ipsos duros et praefractos homines, qui existimant Deum, quia ad tempus connivet eosque secure sua potentia frui permittit, vel ignarum plane esse istarum rerum vel earum cura non affici, tanta necessarios utitur plectendi saevitia, ut neque natorum natos oblivioni possit tra[409]dere, ut quisque haec repetens animo tantam animi securitatem et contemptum emendet et videat tDeum non iocarit. Nam illi ipsi sunt, quos putat et perstringit ita inquiens: Qui me oderunt, hoc est, qui propria freti fiducia insolenter intumescunt atque ferociunt, qui, quicquid pro contione illis dicatur, audire recusant, uqui correpti, ut priusquam obruantur supplicio, flagitiosam vitam emendent, in furorem ac rabiem vertuntur, ut ita omnibus modis iram Dei egregie promereanturu, Quemadmodum hodie huius rei certissimum documentum in Episcopis et Principibus nostris experimur. Porro autem, quanto atrociores et terribiliores hae sunt comminationes, tanto potentior est promissionis consolatio, nempe quod Deus iis, qui semet ei totos omni tradunt fiducia, misericordiam suam certo ostensurus sit, hoc est, omnis generis benefactav exhibiturus, non tantum vero illis ipsis, sed ipsorum
priusquam obruantur supplicio, versi in fororem ac rabiem impotenter et candescunt, ut omnibus modis iracundiam optime promeruisse videantur Hag | v danach: et officia Hag 5
Sardanapal (Assurbanipal), assyrischer König, wurde in der Überlieferung für jenen König gehalten, dem Jonas Buße predigte, und galt als wollüstiger, reicher Herrscher. In aussichtsloser militärischer Lage soll er seinem Leben selbst ein Ende gesetzt haben, indem er sich und seine Konubinen in einem aus seinen Schätzen bestehenden, selbst aufgerichteten Scheiterhaufen verbrennen ließ. | 6 Phalaris, ein wegen seiner Grausamkeit berüchtigter Tyrann zu Agrigent in Sizilien, um 560 v. Chr. Vgl. z. B. Cicero, De officiis II, 7, 26. | 7 Die Perser waren wegen ihres Reichtums berühmt.
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Poena non servantium primum praeceptum.
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Cur Deus poenas differat.
Qui me oderunt
Promissio.
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tausent geschlechte. Solches solt uns ja bewegen und treiben unser hertz auff Gott zu erwegen149 mit aller zuversicht, so wir begereten alles guts zeitlich und ewig zu haben, weil sich die hohe Maiestet so hoch | erbeut150, so hertzlich reitzet, und so reichlich verheisset.
Darumb lasse es im ein jeglicher ernstlich zu hertzen gehen, das mans nicht achte, als habe es ein Mensch geredt, denn es gilt dir151 entweder ewigen segen, glück und seligkeit oder ewigen zorn, unglück und hertzleid; was wiltu mehr haben oder begeren, denn das er dir so freundlich verheisset, er wölle dein sein mit allem gutem, dich schützen, und helffen in allen nöten? Es feilet aber leider daran, das die welt der keines nicht gleubt noch für Gottes wort hält, weil sie sihet, das die, so Gott und nicht dem Mammon trauen, kummer und not leiden und der Teuffel sich wider sie sperret152 und wehret, das sie kein gelt, gunst noch ehre, dazu kaum das leben behalten. Widerumb, die dem Mammon dienen, haben gewalt, gunst, ehre, und gut und alle gemach153 für der welt. Derhalben mus man solche wort fassen, eben wider solchen schein gestellet154, und wissen, das sie nicht liegen noch triegen, sondern war müssen werden.
BSLK 571
Dencke du selbs zurück oder frage im nach und sage mir, die alle ir sorg und fleis darauff gelegt haben, das sie gros gut und gelt zusamen scharreten, was haben sie endlich155 geschaffet156? So wirst du finden, das sie mühe und erbeit verloren haben oder, ob sie gleich grosse Schetze zu hauffe | bracht, doch zu stoben und zu flogen sind, also das sie selbs ires guts nie sind fro worden und hernach nicht an die dritten Erben gereicht157 hat. Exempel wirstu gnug finden in allen Historien, auch von alten erfarnen leuten, sihe sie nur an, und
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von Herzen auf Gott vertrauen | 150 solch Entgegenkommen zeigt | 151 trägt dir ein | 152 sich widersetzt | 153 Sicherheit | 154 als gerade gegen den falschen Schein gerichtet | 155 schließlich 156 erreicht | 157 spätlateinisches Sprichwort: „De male quaesitis non gaudet tertius heres“; vgl. WA 16, 517,7.15–17; WA 17/1, 518,10; WA 28, 587,23; 638,24f; WA 31/2, 43,12; WA 41, 329,11f; WA 43, 474,15; WA 51, 54,6; 397,29–398,1.
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quoque natis longa propagatione in mille usque et iterum mille generationes. Haec, inquam, commovere nos debent et impel|lere, ut totius cordis nostri cogitationem omni fiducia in Deum iactemus, postulantes ut omnium rerum et temporalium et immortalium fiamus compotes, quando summa maiestas Dei tanta tam benigne et clementer nobis offert, tam amanter provocat, adeo ubertimw pollicetur. Quare quisque Christianorum det operam, ut sibi haec verba cordi sint neque in eam opinionem veniat, ut existimet haec dicta esse ab homine. Res tua agitur, semel enim hic de summa salutis tuae periclitaberis, ut aut perpetuo salvam, foelicem et beatam vitam exigas aut ut perpetuo damnatus Dei inclementia omnes calamitates et aerumnas ad inferos non dicendis cruciatibus torquendus exhauriras. Quid vero habebis amplius aut plus etiam postulabis, quam quod tam amanter tibi policetur, nimirum se tuum esse velle cum omni rerum copia, se tui defensorem et auxiliatorem in adversis futurum? [410] Sed proh dolor in hoc omnes fallimur, quod mundus horum verborum nullum verum esse credit neque verba Dei esse existimat videns eos, qui suam fiduciam in Deum et non in Mammonam reiecerunt, omni miseriarum genere affectos vix vitam trahere diabolo illis ipsis reluctante et obstante, ut nihil opum, nihil favoris, nihil dignitatis uspiam consequantur, imo vitam ipsam aegre tueantur et obtineant. Contra illi, quorum summa spes atque fiducia est Mammon, ad amplissimos dignitatis gradus evecti in sublimi resident imperio, potentia, favore, dignitate et omni tranquillitate mundo venerandi atque spectabiles. Eam ob rem talia verba memoriae infigenda sunt, ut huic rerum mundanarum larvae atque obtuitui opponantur, Neque ignorandum est haec non posse mentiri aut fallere, sed esse et fore veracissima. Iam vero paulisper retroversa cogitatione repete tecum animo aut alioqui perquire ab aliis mihi et responde, quidnam illi, quorum omnis conatus, studium, cura et diligentia tantum eo destinata fuere, ut immensas opes per fas atque nefas cumularent atque repone|rent, quidnam, inquam, illi tandem effecerint? Haud dubie invenies eos omnem lusisse et laborem et operam. Aut quanquam inaestimandos thesauros multo sudore partos accumulaverint, ita tamen evanuisse eos ipsos vel cum pulvisculo comperies, ut neque ipsi unquam ex tantis opibus ullam voluptatem perceperint neque postea quidquam ad tertium haeredem pervenerit. Harum rerum exempla abunde multa omnes suppeditabunt historiae et haec eadem a natu maioribus multarum rerum peritis audies, tantum vide, ut earundem curam et rationem non levem habere digneris.
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ampliter Hag
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Primum praeceptum cum comminatione et promissione infigenda animo.
Exempla eorum, qui frustra opes congesserunt suo et aliorum exitio. BSLK 571
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Der Große Katechismus
habe achtung drauff. Saul war ein grosser König, von Gott erwehlet, und ein frommer Man, aber da er eingesessen158 war und sein hertze liesse sincken159, hienge sich an seine Krone und gewalt, muste er untergehen mit allem, das er hatte, das auch seiner Kinder keins bliebe160. Widerumb David [181v] war ein armer, verachter Man, verjagt und gescheucht, das er seines Lebens nirgend sicher war, noch muste er für dem Saul bleiben und König werden. Denn diese Wort musten bleiben und war werden, weil Gott nicht liegen noch triegen kan, lasse dich nur den Teuffel und Welt mit irem schein, der wol ein zeitlang wehret, aber entlich161 nichts ist, nichtj betriegen.162
BSLK 572
Darumb lasset uns das erste Gebot wol lernen, das wir sehen, wie Gott keine vermessenheit noch vertrauen auff einig163 ander ding leiden will und nicht höhers von uns fordert denn ein hertzliche zuversicht alles guten, also das wir richtig und stracks für uns gehen und aller güter, so Gott | gibt, brauchen nicht weiter, denn wie ein Schuster seine Nadel, Aal164, und Drat165 brauchet zur erbeit und darnach hinweg legt oder wie ein Gast der Herberge, Futter und Lager, allein zur zeitlichen notdurfft, ein jeglicher in seinem Stand nach Gottes ordnung, und lasse nur keines sein Herren oder Abgott sein. Das sey gnug vom ersten Gebot, welchs wir mit worten haben müssen ausstreichen166, weil daran allermeist die macht ligt167, darumb das (wie vor gesagt), wo das hertz wol mit Gott dran ist und dis Gebot gehalten wird, so gehen die andern alle hernach168.
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Das II. Gebot: Du solt Gottes Namen nicht vergeblich füren. Gleich wie das erste Gebot das hertz unterweiset und den Glauben geleret hat, also füret uns dis Gebot heraus und richtet den Mund und die Zunge
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fest im Amt saß | 159 Vgl. I Sam 15,11. | 160 Sauls Söhne Jonatan, Abinadab und Malkischua fielen im Kampfe gegen die Philister (I Sam 31,2), und der jüngste Sohn, Isch-Boschet, wurde von seinen eigenen Dienern heimtückisch ermordet (II Sam 4,7). | 161 schließlich | 162 Luther sah in David eine exemplarische Verkörperung des bußfertigen Sünders (vgl. Ps 51), des gottesfürchtigen Königs (Ps 82 und 101), aber auch des leidenden und verfolgten Christen, in dem sich ein Aspekt der „theologia crucis“ abbildet; vgl. Luther, Vier tröstliche Psalmen an die Königin zu Ungarn (1526), in: WA 19, 573,6–24; 575,1–576,2. | 163 irgendein | 164 Ahle, Werkzeug in der Schuh-
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Pro certo sane constat, Saulem regem fuisse amplissimum ab ipso Deo in regni administrationem surrogatum, vitae non improbae, sed iam consecutus imperium cum a Deo suo declinasset animo omnemque suam fiduciam in potentia, coronax ac sceptro suo collocatam haberet, suc[411]cumbendum ac pereundum illi erat funditus una cum rebus omnibus, quas possederat, adeo ut neque liberorum suorum ullus superstes maneret. Contra David, infimae fortunae homo, erat abiectus et pastor, fugatus et passim actus insectationibus, ut ubique fere de vita veniret in periculum, attamen a Saulis impetu et insidiis tuto custodiebatur inque eius locum rex creabatur. Oportebat enim haec verba manere et vera fieri, posteaquam Deus mentiri nescit aut fallere. Tantum vide, ne diabolus et mundus hac sua splendida facie, quae quidem ad tempus durat, sed profecto umbra aut somnio vanior est atque incertior, tibi imprudenti imponant. Quamobrem primi praecepti sensum exacte nobis perdiscendum esse statuo, ut videamus, quam Deus nullo modo vanam animi praesumptionem aut falsam erga aliam rem extra se fiduciam tolerare queat. Nec quidquam tantopere a nobis postulat quam certam quandam et | indubitatam omnium bonarum rerum de se persuasionem. Ita ut recta via porro progredientes rebus omnibus, quas Deus largiri nobis consuevit, non aliter utamur atque sutor quispiam acu, subula, filoque sutorio ad conficiendum opus suum quo confecto illa deponit. Aut quemadmodum hospites diversorio, ut de concessis opibus victum et amictum habeamus, prout diurni victus necessitas exegerit, quisque in suo statu, in quem divina vocatione et ordine constitutus est, nec quidquam rei nostrum Dominum aut idolum esse permittamus. Et haec de primo praecepto dicta sufficiant, quod verbis aliquanto fusioribus explanandum fuit, quando summa et caput totius pietatis in eo vertatur, propterea quod (ut praedictum), ubi cordi cum Deo bene convenit et hoc praeceptum servatum fuerit, cetera omnia aptentur.
Exemplum Saulis.
Exemplum Davidis.
Conclusio.
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[412] Praeceptum II: Non assumes nomen Domini, Dei tui, in vanum.
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Quemadmodum primo praecepto cor hominis institutum est et fidei ratio tradita, ita hoc secundum foras nos producit osque ac linguam erga Deum fingit ac format. Primum enim, quod natum e corde ebullit et progreditur
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nicht in Hag
macherei | 165 Luther erwähnt die täglichen Werkzeuge des Schusters als Beispiel dafür, dass Gottes Gaben zu gottgefälligen Zwecken einzusetzen seien, ohne sich auf sie zu verlassen oder sie zum Lebensinhalt zu machen. | 166 ausführlich erklären | 167 es darauf am allermeisten ankommt 168 folgt die Erfüllung der anderen von selbst
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Primum praeceptum erudit cor, secundum os et linguam.
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gegen Gott169. Denn das erste, so aus dem hertzen bricht und sich erzeiget, sind die wort; wie ich nu droben geleret habe zu antworten, was da heisse einen Gott haben, also mustu auch den verstandt170 dieses und aller Gebot lernen einfeltig fassen und von dir sagen171. Wenn man nu fragt: Wie verstehestu das ander Gebot, oder was heist Gottes Namen vergeblich füren oder missbrauchen? Antwort auffs kürtzte also: Das heist Gottes Namen missbrauchen, wenn man Gott den Herren nennet, welcherley weise es geschehen mag, zur lügen oder allerley untugendt. Darumb ist so viel geboten, das man Gottes Namen nicht felschlich anziehe172 oder in Mund neme, da das hertz wol anders weis oder je [182r] anders wissen sol173, als174 unter denen, die für Gericht schweren und ein teil dem andern leuget. Denn Gottes | Namen kan man nicht höher175 missbrauchen, denn damit zu liegen und triegen. Das lasse das Deudsch und leichtesten verstand dieses Gebots bleiben176.
Aus diesem kan nu jederman selbs wol ausrechnen, wenn und wie mancherley177 Gottes Namen missbraucht wird, wiewol alle mißbreuche zuerzelen nicht müglich ist, doch kürtzlich auszurichten178, geschicht aller missbrauch Göttlichs Namens; Erstlich in weltlichen Hendeln und Sachen, so gelt, gut, ehre betreffen, es sey öffentlich für Gericht, auff dem marckt oder sonst, da man schweret und falsche Eide thut auff Gottes Namen oder die sache auff seine Seele nimpt179. Und sonderlich ist solchs viel ganghafftig180 in Ehesachen, da ir zwey hingehen, einander heimlich geloben181 und darnach verschweren182. Allermeist aber gehet der missbrauch in Geistlichen sachen, die das gewissen belangen, wenn falsche Prediger auffstehen und iren lügentand für Gottes wort dargeben. Sihe, das heisset sich alles183 mit Gottes Namen geschmückt oder schöne wollen sein184 und recht haben, es geschehe in groben welthendeln oder hohen subtilen185 sachen des Glaubens und der Lere. Und unter die Lügner gehören auch die Lestermeuler, nicht alleine die gar groben186, jederman wol bekant, die da on scheu Gottes Namen schenden (welche nicht in unsere, sondern des Henckers schule gehören), sondern auch
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bringt das Reden in das richtige Verhältnis zu Gott | 170 Sinn | 171 auf dich anwenden heranziehe, anführe | 173 in Fällen, in denen das Herz wohl weiß oder wissen sollte, dass die Dinge anders liegen | 174 wie | 175 mehr | 176 Das lasse die deutlichste Erklärung und die Grundbedeutung … | 177 auf welch vielfältige Weise | 178 um es kurz durchzusprechen | 179 mit einem Schwur „Bei meiner Seele“ die Sache auf sein Gewissen nimmt | 180 sehr üblich, gängig | 181 sich heimlich verloben; vgl. Luther, Ein Sermon von dem ehelichen Stand (1519), in: WA 2, 169,18–29; 207,1–224,6. | 182 unter Eid leugnen | 183 immer | 184 sich beschönigen wollen | 185 heiklen 186 ganz unverschämten 172
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seque ostendit, sermo est. Itaque quemadmodum supra respondendum docui, quid sit habere Deum, ita quoque huius et aliorum praeceptorum omnium intelligentiam simpliciter comprehendas atque pronuncies necesse est. Interrogatus ergo, quomodo secundum praeceptum intelligis aut quid significat: Nomen Dei in vanum sumere sive yeo abutiy? Responde ad hunc modum paucissimis: Hoc est, divino abuti nomine, quando Dei nomen quacunque ratione ad confirmanda mendacia aut alia id genus vitia atque flagitia tuenda usurpamus. Hinc tantum valet huius praecepti constitutio, ne Dei nomen falso citemus aut in os sumamus, quando cor longe aliter sibi | conscium est, aut rem aliter habere non ignorat aut omnino aliter scire debebat. Veluti iis persaepe solet contingere, qui lites in foro et curia sectantur et iudicia et altera pars aliquid perfide abiurat alteri. Neque enim alia ratione nomine Dei perinde abutimur, quam si eo ad mentiendum et fallendum turpiter abutamur. Et hic huius praecepti sensus sit facilimus et simplicissimus. Ex his omnibus quivisz facile colligerea potest, quoties et quam multifariam divino nomine abutantur homines, tametsi omnes abusus perstringere impossibile sit. Ut tamen haec paucis expediamus, nominis divini abusus omnium maxime in negotiis consistit et causis secularibus, illis nimirum, quae ad rem pecuniariam, opes aut honores pertinent. Sive illud propalam fiat in contentione forensi sive alibi, ubi iuratur divini nominis adducto testimonio periuraturque aut ipsa anima oppignoratur per[413]iurio. Cumprimis vero hoc vehementer locum habet in re connubiali, ubi duo furtim contracto inter se matrimonio, tandem cum ad iudices ventum est, datam fidem abiurat alter alteri. Omnium vero maxime hic divini nominis abusus in rebus viget spiritualibus, quae pertingunt conscientiam falsis doctoribus emergentibus suaque mendacia divini verbi loco venditantibus. Ecce omnibus hisce rationibus nihil aliud quaerunt aut agunt homines, quam ut semet divini nominis praetextu exornent perfide pravo quodam consilio iusti esse contendentes, sive illud in mundanis et carnalibus sive in sublimioribus et subtilioribus fidei et doctrinae negotiis fieri soleat. Iam in mentientium numerum etiam blasphematores referendi sunt, non illi quidem crassi et impudentes vulgo noti omnibus, qui nullius prohibiti metu aut reverentia nomen Dei ore prorsus illoto, blasphemo et procaci subinde conspurcant et contaminant (quorum blasphemia impietas non in | nostra, sed carnificis schola emendanda est), verum etiam illi, qui veritatem et verbum Dei propa-
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pernitiose usurpare Hag | z danach: proprio Marte Hag | a exputare Hag
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Abusus nominis divini.
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Quam varius usus divini nominis.
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die, so die warheit und Gottes wort öffentlich lestern187 und dem Teuffel geben188, davon itzt nicht not, weiter zu sagen. Hie las uns nu lernen und zu hertzen fassen, wie gros189 an diesem Gebot gelegen ist, das wir uns mit allem fleis hüten und scheuen für allerley missbrauch des heiligen Namens als für der höchsten sünde, so eusserlich geschehen kan. Denn liegen und triegen ist an im selbs grosse Sünde, wird aber viel schwerer, wenn man sie noch rechtfertigen wil und sie zu bestetigen Gottes Namen anzeucht190 und zum schanddeckel191 machet, also das aus einer lügen ein zweifeltige, ja vielfeltige lügen wird.
Darumb hat Gott diesem Gebot auch ein ernstlich dreuwort angehenget, das heisset also: „Denn der Herr wird den nicht unschüldig halten, der seinen Namen vergeblich füret192.“193 Das ist, es sol keinem geschenckt werden noch ungestrafft abgehen. Denn so wenig er wil ungerochen194 lassen, das man das hertz von im wende, so195 wenig wil er leiden, das man seinen Namen füre, die lügen zu beschönen196. Nu ist es leider ein gemeine197 plage in aller welt, das ja so wenig sind, die nicht Gottes Namen zur lügen und aller bosheit [182v] brauchen, so wenig als ir sind, die alleine von hertzen auff Gott vertrauen.
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Denn diese schöne Tugendt, haben wir von Natur alle an uns, das, wer eine schalckheit198 gethan hat, gerne wolt seine schande decken und schmücken199, das niemand sehe | noch wüste, und ist keiner so verwegen200, der sich begangener bosheit für jederman rhüme, wöllens alle meuchling201 gethan haben, ehe mans gewar wird. Greiffet man denn einen an, so muss Gott mit seinem Namen herhalten und die büberey from, die schande zu ehren machen. Das ist der gemeine202 Welt laufft, wie ein grosse sündflut eingerissen in allen Landen. Darumb haben wir auch zu lohn, was wir suchen und verdienen:
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Luther wandte sich gegen die altgläubigen Gegner der Reformation, die die Wittenberger Theologen als Häretiker brandmarkten und ihre Lehre der Ketzerei bezichtigten. Luther selbst war durch die Bulle „Decet Pontificem Romanum“ seit 1521 als Ketzer exkommuniziert. | 188 zuschreiben | 189 viel | 190 heranzieht | 191 Deckmantel | 192 ohne Grund im Munde führt | 193 Ex 20,7 | 194 ungestrafft | 195 ebenso | 196 beschönigen | 197 verbreitet, gewöhnlich | 198 böse Tat 199 verbergen, bemänteln | 200 unverschämt, frech | 201 lieber heimlich …, als dass | 202 gewöhnlich
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lam contumeliose lacerant ac Diaboli verbum impudenter et impie esse confirmant, de quibus in praesentia amplius verba facienda non sunt. Discamus itaque hoc loco diligenterque volutemus animo, quantum intersit hoc praeceptum servare aut transgredi, ut omni studio diligentiaque caveamus vitemusque omnem sacratissimi nominis Dei abusum et contumeliam, tanquam peccatum omnium maximum et pessimum, quod externe designari potest. Nam tametsi mentiri et fallere per se satis grande sit flagitium, multo tamen bgravius illud reddunt et maiori etiam cumulant flagitiob, conantes illud defendere periurio ac turpiter mentiendo divino nomine abutentes pro praetextu turpitudinis. Qua ratione sit, ut ex unico mendacio periurii accessione cumulato multiplicia pullulent mendacia. [414] Eam ob rem Deus huic quoque praecepto saevam comminationem annexuitc, cuius haec sunt verba: Nec enim habebit insontem Dominus eum, qui assumserit nomen Domini Dei sui in vanum. Hoc est, nemo hoc impune laturus est, sed poenas graves dabit blasphemiae. Quam enim inultum non patitur Deus, si quis cordis fiducia ab eo discedat: tam impunitum non sinet, si quis pro tuendis mendaciis falso usurpet nomen eius. Sed, o dDeum immortalemd, quae tam execranda consuetudo divinum nomen blasphemandi omnium hominum animos corripuit? Nam perinde pauci sunt, qui salutifero Dei nomine ad mendacia, vanitatem et omnem iniquitatem suam tuendam non abutuntur, quam illorum, qui solum ex animo Deo credunt fiduntque. Siquidem illa praeclara virtus (si Christo placet) omnibus nobis natura insita est, ut is, qui aliquod admisit criminose flagitium, suam turpitudinem | summa ope celare studeat, ne cuius oculis pateat aut aliquis designati facinoris sibi sit conscius. Usque adeo enim dissolutum aut sui negligentem et deploratae malitiae arbitror esse neminem, qui perpetrati flagitii sese iactet coram omnibus. Verum nemo non studet peccare clanculum et subdole, priusquam palam fiat aut resciscant homines. Tum si quis eam ob rem invaditur aut insimulatur facinoris, protinus nomen Dei patet iniuriis estque obnoxium contumeliis. Hoc enim quisque suae culpae praetexit cogiturque nomen illud omnibus modis venerandum e vitiis virtutes, ex ignominia gloriam, e dedecore honores facere. Et hic est iam totius mundi communis quidam cursus, quo veluti quodam diluvio omnes regiones orbis terrarum inundant. Hinc nostris meritis digna quoque praemia capimus et quod nostra
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gravius redditur majori cumulatum facinore Hag | c adplicuit Hag | d – d Dii immortales Hag
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Quantum referat hoc praeceptum servare.
Comminatio addita huic praecepto.
Praetextu nominis divini regi plerumque peccata. BSLK 575
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Pestilentz203, Krieg204, Theurung205, Feur206, Wasser207, ungerathen Weib, Kinder, Gesind und allerley unrath208. Wo solt sonst des jamers so viel herkomen? Es ist noch grosse gnade, das uns die Erde tregt und nehret.
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Darumb solt man für allen dingen das junge Volck ernstlich dazu halten und gewehnen, das sie dieses und andere Gebot hoch für augen hetten und, wo sie ubertreten, flugs mit der Ruthen hinder inen her sein und das Gebot fürhalten, und immer einbleuen, auff das sie also auffgezogen würden, nicht alleine mit straffe, sondern auch zur scheu und furcht für Gott. So verstehest du nu, was Gottes Namen missbrauchen heisse. Nemlich (auffs kürtzt zu widerholen) entweder blos zur lügen und etwas unter dem Namen ausgeben, das nicht ist, oder zu fluchen, schweren, zeubern | und summa, wie man mag bosheit auszurichten. Daneben mustu auch wissen, wie man des Namens recht brauche, denn neben dem Wort, als er sagt: „Du solt Gottes Namen nicht vergeblich brauchen“, gibt er gleichwol zuverstehen, das man sein wol brauchen solle. Denn er ist uns eben darumb offenbaret und gegeben, das er im brauch und nutz sol stehen. Darumb schleust sichs209 nu selbs210, weil hie verboten ist, den heiligen Namen zur lügen oder untugend zu füren, das widerumb geboten ist, in zur warheit und allem guten zu brauchen, als nemlich211, so man recht schweret, wo es not ist und gefordert wird, Also auch, wenn man recht leret. Item, wenn man den Namen anruffet in nöten, lobt und danckt im guten, etc. Welches alles zu hauff gefasset212 und geboten ist in dem Spruch, Psal. 50: „Ruffe mich an zur zeit der not, so wil ich dich erretten, so soltu mich preisen. Denn das heisset alles in zur warheit angezogen und seliglich gebraucht, und wird also sein Name geheiliget, wie das Vater unser betet.“213
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Die Pest herrschte in Wittenberg zwischen August 1527 und Januar 1528 und wieder im Herbst 1528. Die Universität Wittenberg verlegte ihre Lehrveranstaltungen deshalb nach Jena. Luthers Tochter Elisabeth starb am 5. August 1528. Vgl. Cyriakus Spangenberg, Sächssische Chronica: || Darinnen or=||dentlich begriffen der Al=||ten Teutschen / Sachssen / Schwaben / Francken / Thüringer / Meiß=||ner / Sclauen / Cimbern vnd Cherußken / Königen vnd Fürsten etc. Sampt || allerhandt Politischen Händeln vnd Geschichten / so sich vnter berür=||ten Völckern / beyd in Fried vnd Kriegsläufften / zugetragen […], Frankfurt/Main 1585 (VD 16 S 7636), 622. 204 Kaiser Karl V. war zu jener Zeit in beständige Kampfhandlungen verwickelt. Hauptgegner waren Frankreich und das Osmanische Reich. Zur Wahrnehmung durch die Zeitgenossen vgl. Spangenberg, Sächsische Chronica, 621f. | 205 Inflation. Spangenberg, Sächsische Chronica, 624, berichtete, dass in Wittenberg im Jahre 1529 die Preise anstiegen. In der Zeit zwischen Luthers Ankunft in Wittenberg im Jahre 1508 und 1529 stieg beispielsweise der Haferpreis um etwa 80% bei gleichzeitiger Reduzierung der Kaufkraft von Lohnempfängern in der Stadt. | 206 Feuer galt
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blasphemia procacissime quaerimus, hoc nobis plena manu offunditur, nempe pestilentia, motus bellici, annonae caritas, incendia, aquarum inundationes, degeneres uxores et liberi, perfida familia, et id genus malorum examina innumerabilia. Unde enim tantum calamitatum alioqui nobis eveniret? Adhuc bene magna gratia haec est, quod terra enos ferat atque nutriate. [415] Quamobrem summo studio iuventus eo perducenda est et assuefacienda sedulo, ut secundum hoc praeceptum una cum primo reverenter habeat magnique faciat proque transgressione protinus emendetur ferulis posito ante oculos praecepto et subinde inculcato, ut ita pueri non tantum educentur disciplina et verberibus, sed Dei quoque metu et reverentia coerceantur. Iam ergo intelligis, quid sit abuti divino nomine, nimirum (ut breviter decurram per capita) quando aut simpliciter pro tuendo mendacio abutimur aut aliud quippiam, quod non est, sub | divini nominis praetextu molimur, quo alterum fraudulenter circumducimus aut illud blasphemando, execrando, maledicendo, incantando, ignominiose usurpamus. Breviter, quacunque ratione eius adminiculo perpetrari possunt flagitia. Ad haec scitu quoque opus est, quomodo Dei nomine recte utamur. Hisce enim verbis, quibus praecepit: Non assumes nomen Domini Dei tui in vanum, etiam illud intelligendum nobis proponit Dei nomine nos etiam recte et utiliter uti posse. Non enim aliam ob causam nobis revelatum est, quam ut utentibus subinde sit fructuosum et utile. Inde hoc ultro evincitur, quod, cum hic praecepto cautum sit, ne mentientes, aut alioqui flagitiose delinquentes sanctum Dei nomen prave usurpemus, contra praeceptum nobis esse arbitremur, ut eo ad confirmandam veritatem ac reliquas actiones honestas utamur. Nempe quando recte iuramus, cum aut necessitas postulat aut a nobis iusiurandum exigitur, Ita quoque, quando recte et sincere docetur veritas Evangelii. Praeterea, quando in necessitatibus nomen Dei imploramus aut idem rebus secundis laudamus et gratias agimus etc. Quae omnia summatim comprehensa ac praecepta inveniuntur, Psal. 50: Invoca me in die tribulationis, eripiam te et glorificabis me. Omnibus hisce rationibus vere et salubriter divino nomine utimur atque ita eius nomen sanctificatur, quemadmodum in Oratione Dominica precamur.
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nobis non dehiscat Hag
für spätmittelalterliche Städte und Dörfer als große Bedrohung. Spangenberg, Sächsische Chronica, 622, berichtete von einem grossen Brand am 5. August 1528 in Wernigerode am Harz, nicht weit von Luthers Heimat in Mansfeld; 416 Häuser fielen den Flammen zum Opfer. | 207 Die Elbe trat oft im Frühjahr in Wittenberg über die Ufer. | 208 Schade | 209 folgt nun | 210 folgt von selbst daraus | 211 zum Beispiel | 212 zusammengefasst | 213 Ps 50 (Vg 49),15
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Quid sit abuti nomine divino. BSLK 576
Quomodo recte utamur nomine Dei.
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[183r] Also hastu die Summa des gantzen Gebots erkleret. Und aus diesem verstand214 hat man die Frage leichtlich auffgelöset, damit sich viel Lerer215 bekümmert216 haben, warumb im Evangelio verboten ist zu schweren217, so doch Christus218, Sanct Paulus219 | und andere Heiligen offt geschworen haben220. Und ist kürtzlich diese meinung: Schweren sol man nicht zum bösen, das ist, zur lügen, und wo es nicht not noch nütz ist. Aber zum guten und des Nehesten besserung sol man schweren. Denn es ist ein recht gut werck, dadurch Gott gepreiset, die warheit und Recht bestetiget, die lügen zurück geschlagen, die Leute zu frieden bracht, gehorsam geleistet und hader vertragen221 wird, denn Gott kompt selbs da ins mittel222 und scheidet recht und unrecht, böses und guts von einander. Schweret ein Teil falsch, so hat es sein urteil, das der straffe nicht wird entlauffen, und, ob es eine weile lange anstehet223, so inen doch nichts gelingen, das alles, so sie damit gewinnen, sich unter den henden verschleisse224 und nimmer frölich genossen werde, wie ich an vielen erfaren habe, die ir eheliche gelübde verschworen225 haben, das sie darnach keine gute stunde, oder gesunden tag gehabt haben und also beide an Leib, Seele und Gut dazu jemmerlich verdorben sind.
Derhalben sage und vermane ich wie vor226, das man die Kinder bey zeit an227 gewehne, mit warnen und schrecken, wehren und straffen, das sie sich scheuen für lügen und sonderlich Gottes Name dazu zufüren, denn wo man sie so lesset hingehen, wird nicht guts daraus, wie itzt für augen, das die Welt böser ist, denn sie je gewesen, und kein Regiment, Gehorsam, Treue noch Glaube, sondern eitel verwegene unbedige Leute, an den kein leren noch straffen hilfft, welches alles Gottes zorn und straffe ist, uber solche mutwillige verachtung dieses Gebots.
Zum andern sol man sie auch widerumb treiben und reitzen, Gottes Namen zu ehren und stetig im mund zu haben in allem, was inen begegnen und unter augen stossen228 mag, denn das ist die rechte Ehre des Namens, das man 214
wenn man es so versteht | 215 Vgl. etwa Hieronymus, in: C. 22 q. 1 cc. 2, 3 und 5 (Friedberg I, 1115f) und Augustinus, in: C. 22 q. 1 c. 8 (Friedberg I, 1117). | 216 herumgeschlagen, gequält 217 Vgl. Mt 5,33–37; vgl. Luther, Das fünfte, sechste und siebente Kapitel Matthaei gepredigt und ausgelegt (1530/1532), in: WA 32, 381–386, bes. 381,33–39. | 218 Vgl. Mt 26,63f. | 219 Vgl. Gal 1,20; II Kor 1,23. | 220 Luther wendet sich gegen die täuferische Ablehnung des Eidschwörens; vgl. Michael Sattler, Brüderliche Vereinigung = Schleitheimer Artikel (1527), in: QGTS 2, 33. 221 Streit beigelegt | 222 vermittelt selbst | 223 ausbleibt | 224 zerrinne | 225 unter Eid geleugnet 226 zuvor | 227 daran | 228 unter die Augen kommen
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[416] Ita totam huius praecepti summam habes explicatam. Ex hac intelligentia haud difficulter ad quaestionem responderi potest, quae multorum doctorum non vulgariter torsit et conturbavit ingenia, quamobrem in Evangelio nobis, | ne iuremus, interdictum sit, cum pro certo constet Christum, Paulum aliosque Sanctos iurasse saepenumero? Estque breviter haec sententia: Equidem nullo modo nobis ad mala iurandum est, hoc est, ad mendacia, et ubi neque utile neque necesse est. Verum ad bonum et proximi utilitatem licet nobis iurare. Est enim opus valde bonum, quo Deus laudatur, veritas et iustitia confirmatur, mendacium refellitur, homines dissidentes in concordiam rediguntur, oboedientia exhibetur et lites componuntur. Nam Deus ipse hic intervenit segregans iustitiam ab iniustitia ac bonos malosque disiungens. Quod si alterutra pars malitiose periurat, iam iudicii sententia pronuntiata est, quod poenam et supplicium periurii non sit effugitura. Et si fieret, ut ad tempus supplicii irrogatio protraheretur, nihil tamen illi cadet ex sententia, ita ut, quidquid periurio lucri fecerunt, sub manibus sensim evanescat nec unquam ea re ex animo laeti fruantur. Hoc ipsum ego non obscuris argumentis in bene multis expertus sum, qui, posteaquam connubii fidem promissam abiuraverunt, nunquam vel horulam fiucundam habueruntf aut saltem dieculam incolumi fuerunt valetudine atque ita pariter et corpore et animo bonis etiam amissis calamitose perierunt. Quapropter etiam atque etiam hortor et moneo, ut mature pueros properemus monitis deterrere et verberibus compescere, ne assuescant mendaciis, potissimum vero ne ad haec confirmanda Dei nomen citent et adducant. Ubi enim ea iurandi licentia pueris impune permittitur, nulla spes amplius superest ullius bonae frugis ab illis expectandae. Quemadmodum hodie videmus, ut ego existimem, mundum nunquam fuisse deteriorem et perditis moribus corruptiorem, quam nunc est, quando ne facies quidem ulli[417]us Reipublicae bene institutae, nullum oboedientiae et fidei amplius superest vestigium, verum omnia deploratissimis hominibus, qui nullo modo frenari aut coherceri possunt et in quibus docendis et obiurgandis et oleum (quod aiunt8) periit et opera, omnia sunt re|fertissima. Quae omnia divinae iraeg et supplicii argumenta sunt certissima, quo nos obruit propter procacem et temerariam huius praecepti transgressionem. Secundo vicissim eo alliciendi et assuefaciendi sunt pueri, ut Dei nomen reverenter colant et semper in ore habeant, in omnibus, quicquid uspiam illis queat occurrere aut accidere. Hic enim rectus nominis divini cultus est, ut de
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exultarent laetitia Hag | g excandescentiae Hag
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„Oleum et operam perdidi“; vgl. Plautus, Poenulus 332; Cicero, Ad familiares VII, 1,3; Ad Atticum II, 17,1.
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An Christianis liceat iurare.
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Poena periurii.
Pueri arcendi a mendaciis et periuriis.
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sich alles trosts zu im versehe, und in darumb anruffe, also, | daß das hertz (wie droben gehöret) zuvor durch den Glauben Gott seine ehre gebe, darnach der mund durch das bekentnis229. Solches ist auch ein selige nützliche gewonheit und sehr krefftig wider den Teuffel, der immerdar umb uns ist und darauff lauret, wie er uns möchte zu sünd und schande, jammer und not bringen; Aber gar ungerne höret und nicht lange bleiben kan, wo man Gottes Namen von hertzen nennet und anruffet, und solt230 uns mancher schreck[183v]licher und greulicher fall231 begegnen, wo uns Gott nicht durch anruffen seines Namens erhielte. Ich habe es selbst versucht und wol erfaren, das offt plötzlicher grosser unfall232 gleich in solchem ruffen sich gewendet hat und abgangen233 ist. Dem Teuffel zu leid (sage ich) solten wir den heiligen Namen immerdar im munde füren, das er nicht schaden künde, wie er gerne wolt.
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Dazu dienet auch, das man sich gewehne, teglich Gotte zu befehlen mit Seel und Leib, Weib, Kind, Gesind und was wir haben für alle zufellige234 not, daher auch das Benedicite235, Gratias236 und andere Segen abends und morgens237 komen und blieben sind. Item, die Kinder ubung, das man sich segene238, wenn man etwas ungeheuers und | schreckliches sihet oder höret und spreche: Herr Gott behüte, hilff lieber Herr Christe oder dergleichen. Also auch widerumb, wenn jemand etwas guts ungedacht239 widerferet, wie gering es auch ist, das man spreche, Gott sey gelobt und gedanckt, das hat mir Gott bescheret etc. Wie man vormals die Kinder gewehnet240 hat, Sanct Niclaus und andern Heiligen zu fasten und beten241. Solchs were Gott angeneme und gefelliger, denn kein Kloster leben noch Cartheuser242 heiligkeit.
Sihe, also möcht man die Jugendt kindlicher weise und spielens auffziehen in Gottes furcht und ehre, daß das erste und ander Gebot fein im schwang und steter ubunge giengen. Da kündte etwas guts bekleiben243, auffgehen und
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Vgl. Röm 10,10. | 230 es würde | 231 Lebensumstand | 232 Unglück | 233 vorübergegangen jeweilige | 235 das Gebet vor dem Essen; vgl. o. S. 892,15–24. | 236 das Gebet nach dem Essen; vgl. o. S. 892,26–894,3. | 237 Vgl. o. S. 890,15–892,12. | 238 sich bekreuzige, bei Luther als eine Erinnerung an die Taufe | 239 unerwartet, unverhofft | 240 daran gewöhnt | 241 Vgl. Luther, Vermahnung an die Geistlichen (1530), in: WA 30/2, 352,14–353,18; 352,32–353,1. | 242 Luther zog oft die Kartäuser, deren Orden 1084 in Südfrankreich von Bruno von Köln gegründet wurde, als Beispiel für ein besonders strenges monastisches Leben, aber auch für mönchische Heuchelei heran; vgl. o. S. 972,23–974,12; 998,24–28; 1112,20–26; vgl. auch WA 10/1/2, 19,16–18; 102,12; 248,8–12; 394,8–11, 404,33; WA 19, 12,1–9; 32,15–18; 432,15–18; WA 34/1, 485,1.20–486,1.9; WA 234
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eo omnem nobis omnium malorum levationem et consolationem policeamur eamque ob rem illum imploremus, ita ut cor prius (sicut supra diximus) per fidem Deo suum honorem tribuat, deinceps vero os honorifica concessione idem faciat. Atque haec divini nominis invocandi consuetudo vehementer salutaris est et utilis ac cumprimis efficax adversus diaboli insidias, quas semper nobis molitur improbus omnes adoriendi et invadendi occasiones venans et captans, quibus nos in peccatum et dedecus, in calamitates et aerumnas praecipitet. Sed perinvitus audit divini nominis implorationem neque diu cunctatur aut cessat, ubicunque ex animo sacratissimum Dei nomen invocari perceperit. Et profecto multiplicibus et horrendis casibus atque periculis saepenumero ex improviso obrueremur, nisi Deus per nominis sui invocationem nobis in tempore ferret suppetias. Ipse propriis experimentis hoc verissimum esse didici non raro improvisum et terribilem aliquem casum aut cladem in ipsa nominis Dei invocatione in melius fuisse commutatum ac nihil damni dedisse. Ut Diabolo aegre faceremus (inquam), hoc sacrum nomen semper in ore habendum esset, ne, quemadmodum cupit, nocere nobis possit et incommodare. [418] hEodem et conducit, sih assuescamus quotidie nos et corpore et animo Deo commendare inque eius tutelam ponere uxorem, liberos, familiam et quidquid rerum possidemus iadversus omnes casus et periculai. Unde etiam consecratio mensae et gratiarum actio aliaeque nocturnae et matutinae | benedictiones in usu permanserunt. Praeterea puerorum illud exercitium, ut sese cruce vel precatiuncula muniant audita re aliqua terrifica et horribili dicentes: Custodiat nos Deus Pater, Auxiliare Domine Iesu Christe aut tale quippiam. Ita quoque, si cui praeter spem aliquid boni contigerit, quantulumcunque tandem sit, ut dicat: Deo sit laus et gratia, cuius munificentia hoc mihi obtigit etc. Quemadmodum quondam pueri parentum monitu consueverunt divum Nicolaum et ieiunio honorare et precibus invocare. Haec, inquam, si fierent, Deo multo essent gratiora et acceptiora quam ulla vita monastica aut fucata Carthusianorum sanctimonia. Ecce, ad hunc modum iuventus puerili quadam ratione et per lusum in timore et cultu Dei educari posset, ut Primum et Secundum praeceptum assiduo quodam fervore in continuo versarentur exercitio. Inde alicuius bonae frugis aut indolis aliquando exorsurae et immensum fructum pariturae
h–h
Huc faciunt quoque illa, ut Hag | i – i prae casibus fortuitis et periculis subitaneis Hag
40/2, 110,6–19.28–31; WA 42, 504,18–22; WA 50, 612,32–613,2; WA.TR 3, 27 (Nr. 2851); WA.TR 6, 56 (Nr. 6584). Luther lernte während seiner Erfurter Zeit im Augustinerkloster die Kartäuser kennen, die seit 1374 mit der Kartause Sankt Salvatorberg ebenfalls ein Kloster in der Stadt hatten. | 243 wurzeln
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Ad quid assuefaciendi.
Invocatio nominis divini.
Quotidianae precationes.
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Ratio educandi pueros in agnitione et timore Domini.
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Der Große Katechismus
frucht schaffen, das solche Leute erwüchsen, der ein gantz Land geniessen und fro werden möchte. Das were auch die rechte weise Kinder wol zu ziehen, weil man sie mit gutem und lust244 kan gewehnen. Denn was man alleine mit Ruten und schlegen sol zwingen, da wird keine gute Art aus245, und wenn mans weit bringet, so bleiben sie doch nicht lenger from246, denn die Rute auff dem nacken ligt. Aber hie wurtzelt es ins hertz, das man sich mehr für Gott denn für der Ruten und Knüttel fürchtet. Das sage ich so einfeltig für die Jugendt, das es doch einmal eingehe, denn weil wir Kindern predigen, müssen wir auch mit inen lallen247. Also haben wir den missbrauch Göttliches Namens verhütet und den rechten brauch geleret, welcher |nicht allein in worten, sondern auch in der ubung und leben stehen248 sol, das man wisse, das solches Gotte hertzlich wol gefalle und wölle es so reichlich belohnen, so greulich als er jenen missbrauch straffen wil.
[184r] Das III. Gebot: Du solt den Feiertag heiligen. Feiertag haben wir genennet nach dem Ebreischen wörtlin Sabbath249, welchs eigentlich heisset feiren250, das ist müssig stehen von der arbeit251, daher wir pflegen zu sagen, Feierabend machen, oder heiligen Abend252 geben. Nu hat Gott im alten Testament den siebenten Tag ausgesondert und auffgesetzt253 zu feiren und geboten, denselbigen für allen andern heilig zu halten254, und dieser eusserlichen Feier nach ist dis Gebot alleine den Jüden gestellet255, das sie solten von groben wercken still stehen und ruhen, auff das sich beide, Mensch und Vieh, wider erholeten und nicht von steter arbeit geschwecht würden256. Wiewol sie es hernach all zu enge spanneten257 und gröblich missbrauchten, das sie es auch an Christo lesterten und nicht leiden kundten solche werck, die sie doch selbs daran258 theten, wie man im Evangelio lieset259, gerade als solt das Gebot damit erfüllet sein, das man gar kein eusser-
244 solange man sie in Güte und Vergnügen oder Freude | 245 Vgl. WA.TR 3, 416,4f (Nr. 3566A): „Man mus also straffen, das der apffel bei der ruten sei“. | 246 artig, rechtschaffen | 247 ihre Sprache annehmen | 248 bestehen | 249 | שׁבת250 freihaben | 251 שׁבת, aufhören, ruhen, ohne Arbeit sein | 252 ursprünglich der Abend vor einem Fest; vgl. Luther, Predigt am Ostersonntag (1531), in: WA 34/1, 281,17–282,6; 281,33–282,24. | 253 eingesetzt | 254 Vgl. Gen 2,3. | 255 gegeben | 256 Vgl. Gen 2,3; Ex 20,8–11; Dtn 5,12–15. | 257 allzusehr einschränkten oder auffassten | 258 am Sabbat 259 Vgl. Mt 12,1–13; Mk 2,23–28; 3,2–5; Lk 6,1–10; 13,10–17; 14,1–6; Joh 5,5–18; 7,22f; 9,14–16.
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spes esset, ut tales enascerentur homines, a quibus in totam patriam emanare posset utilitas. Et haec ipsa quoque vera esset puerorum educandorum ratio, quando gratia quadam et voluptate eorum animi flectij possunt. Nam qui tantum plagis et ferulis evincendi et cogendi sunt, hi mox sub initium deplorata ac desperata sunt indole ac klicet omnis diligentia, cura et opera in formandis ipsis adhibeatur et quasi summum obtineatur, tamen tantisper tantummodo oderunt peccare, donec plagarum ac ferulae formido eorum oculis et animo obversaturk. Haec vero educationis ratio in corde agit radices, ut Deum plus metuant, quam ut ferulam aut fustem perhorrescant. lAtque haec iuventutis causa tam simpliciter dico, ut vel tandem in animum penetrent ibique radices agantl. Nam [419] cum pueros doceamus, cum iisdem nobis quo|que balbutiendum fuit. Ita quidem divini nominis abusum praecavimus et rectum usum tradidimus, qui non tantum in verbis, verum multo magis in exercitio et vita debet consistere, ut sciamus hunc Deo summe placere, quem etiam tam munifice remuneraturus est, quam mhorrende in abusum sui nominis animadversurus estm.
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Praeceptum III: Memento, ut diem sabbatum sanctifices 20
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Sabbatum ab Hebraica dictione, Sabbath, nominatum est, quod proprie feriari, hoc est, a labore otiosum esse significat. Hinc dicere solemus feriari, hoc est, a labore otiosum esse significat. nHinc dicere solemus feriari seu vacare a labore et Sabbatum sanctificaren. Iam Deus in veteri Testamento diem septimum elegit eundemque feriis et ocio destinavit et prae omnibus aliis sanctificandum praecepit. Eius itaque externae quietis gratia Iudaeis hoc praeceptum constitutum est, ut ab externis et manuariis operibus quiescentes indulgerent ocio, quo et homines et pecora alterna quadam requie vires repararent neque assiduo labore debilitati absumerentur. Quanquam postea nimis arcte suas ferias colebant ac vehementer iis abutebantur, adeo ut in Christo quoque ea opera damnarent et calumniarentur, quae ipsi quoque diebus festis faciebant, ut passim legitur in Evangelio. Quasi vero haec esset huius praecepti perfecta completio, si nullum prorsus externum opus manibus conficeretur; cum tamen eius haec nunquam fuerit sententia, sed potius haec, ut diem festum sive Sabbatumo sanctificarent, quemadmodum in sequentibus latius audituri sumus.
j perduci Hag | k – k nisi tantisper cavent, dum plagarum ac ferulae formido eorum oculis observatur et animo Hag | l – l nicht in Hag | m – m crudeliter et implacate abusum in blasphematoribus animadversurus est Hag | n – n nicht in Hag | o danach: bonis operibus Hag
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Sabbatum quid.
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Der Große Katechismus
lich werck thete, welchs doch nicht die meinung260 war, sondern endlich261 die, das sie den Feier oder Rugetag heiligen, wie wir hören werden. Darumb gehet nu dis Gebot nach dem groben verstandt262 uns Christen nichts an, denn es ein gantz eusserlich ding ist wie andere Satzunge des alten Testaments, an sonder|liche weise, person, zeit und stete gebunden263, welche nu durch Christum alle frey gelassen sind264. Aber einen Christlichen verstand zu fassen für die Einfeltigen, was Gott in diesem Gebot von uns fordert, so mercke, das wir Feiertag halten, nicht umb der verstendigen und gelerten Christen willen, denn diese dürffens nirgend zu265, sondern erstlich auch umb leiblicher ursach und notdurfft266 willen, welche die Natur leret und fordert für den gemeinen hauffen267, Knecht und Megde, so die gantze wochen irer erbeit und gewerbe gewartet268, das sie sich auch einen tag einziehen269 zu rugen und erquicken. Darnach allermeist darumb, das man an solchem Rugetage (weil man sonst nicht dazu komen kan) raum270 und zeit neme, Gottesdienst zu warten271, also das man zu hauffe komme272, Gottes wort zu hören und handeln273, darnach Gott loben, singen und beten274.
Solchs aber (sage ich) ist nicht also an zeit gebunden, wie bey den Jüden, das es müsse eben dieser oder jener Tag sein, denn es ist keiner an im selbs besser denn der ander, sondern solt wol teglich [184v] geschehen, aber weil es der hauffe nicht warten kan275, mus man je zum wenigsten einen Tag in der | woche dazu ausschiessen276. Weil aber von alters her der Sontag dazu gestellet ist277, sol mans auch dabey bleiben lassen, auff das es in eintrechtiger ordnung gehe und niemand durch unnötige neuerung ein unordnung mache. Also ist das die einfeltige meinung dieses Gebots, weil man sonst278 Feiertage helt, das man solche Feier anlege279, Gottes wort zu lernen, also, das dieses tages eigentlich Ampt sey das Predigampt umb des Jungen volcks und armen hauffens willen, doch daß das Feiren nicht so enge gespannet280, das darumb andere zufellige281 arbeit, so man nicht umbgehen kan, verboten were.
Derhalben, wenn man fragt, was da gesagt sey282: „Du solt den Feiertag heiligen“? so antworte: Den Feiertag heiligen heißt so viel als heilig halten. Was ist denn heilig halten? Nichts anders denn heilige wort, werck und leben
260 Absicht | 261 recht besehen | 262 äußerlichen Wortsinn | 263 Vgl. Luther, Wider die himmlischen Propheten von den Bildern und Sakrament (1525), in: WA 18, 81,7–17. | 264 Kol 2,16f; vgl. Mt 12,1–14; 23,1–28. | 265 bedürfen deren zu nichts | 266 Notwendigkeit | 267 das einfache Volk 268 gekümmert | 269 zurückziehen | 270 Gelegenheit | 271 am Gottesdienst teilzunehmen | 272 zusammen komme | 273 behandeln | 274 Luther leitete aus der Struktur des menschlichen Lebens, bzw. aus der menschlichen Natur selbst die Notwendigkeit ab, einen heiligen Tag zu feiern; vgl. Luther, Wider die himmlischen Prophten, von den Bildern und Sakrament (1525), in: WA 18,
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Quamobrem hoc praeceptum, quantum ad externum et crassum illum sensum attinet, ad nos Christianos non pertinet. Est enim externa quaedam res sicut | omnes aliae veteris Testamenti constitutiones certis quibusdam ritibus, [420] personis, temporibus et locis destinatae, quae omnes iam per Christum liberae factae sunt. Ceterum, ut hinc Christianum aliquem intellectum hauriamus pro simplicibus, quidnam Deus hoc in praecepto a nobis exigat, ita habe: Nos dies festos celebrare non propter intelligentes et eruditos Christianos, hi enim nihil opus habent feriis, verum primo etiam corporalis cuiusdam causae et necessitatis gratia, quam et natura docet et exigit, nimirum communis multitudinis gratia, servorum, ancillarum, qui per totam hebdomadam laboribus servierunt, ut et ipsi diem habeant, qua ab operibus respirantes semet ex labore reficiant et corpora fessa quiete firmare queant. Deinde eam ob rem potissimum, ut die Sabbati, quando alias ei rei vacare non licet, ocium et tempus sumatur cultui divino serviendi, ita ut conveniamus ad audiendum et tractandum Dei verbum ac deinceps Deum Hymnis, Psalmis, Canticis et precibus laudemus. Sed hoc, inquam, apud nos non perinde certis temporibus sicut apud Iudaeos alligatum est, ut ei rei hic aut ille dictus aut praestitutus sit; nullus enim dies altero est melior aut praestantior: verum haec quidem quotidie fieri debebant, sed quando multitudo | praepedita negotiis interesse nequeat, ad minimum unus aliquis dies per hebdomadam huic rei serviendae eligendus est. Porro autem, cum a maioribus nostris ad hoc dies Dominica ordinata sit, non est immutanda temere haec innoxia veterum consuetudo iam recepta, ut unanimis et consentiens ordo consistat, ne quis sua non necessaria innovatione conturbet omnia. Huius ergo praecepti hic simplex sensus est, quando alias dies festos agimus, ut hasce ferias verbo Dei discendo destinemus, ita ut earundem dierum proprium munus sit officium contionandi et hoc iuventutis et multitudinis instituendae gratia. Neque tamen tam arcte et superstitiose colantur feriae, ut earum gratia labores, qui vitari et intermitti non possunt, interdicantur. [421] Quare interrogatus, quid sit Sabbatum sanctifices? Responde: Sabbatum sanctificare idem est, quod Sabbatum sanctum habere. Quid ergo est Sabbatum sanctum habere? Nihil aliud quam sanctis verbis, operibus et vitae vacare. Siquidem hic dies pro se non opus habet sanctificatione, iam enim
81,26–82,6. | 275 weil sich die Menge der Leute nicht darum kümmern kann | 276 bestimmen 277 bestimmt ist. Luther führte die Einrichtung des Sonntags auf die Apostel zurück; vgl. WA.TR 5, 529f (Nr. 6191) und ebd., 618f (Nr. 6355). In der Alten Kirche wurden am Sonntag, der als Tag der Auferstehung galt, ganz früh am Morgen die Gottesdienste gefeiert, bevor der Sonntag ab dem Jahre 327 im Römischen Reich zu einem gesetzlichen Feiertag erklärt wurde. | 278 ohnehin 279 verwende | 280 so sehr eingeschränkt | 281 erforderliche | 282 was es bedeute
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Externa observatio Sabbati non pertinet ad Christianos. BSLK 581
Cur Sabbatum etiam Christianis servandum.
Observatio dierum non est necessaria.
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Sensus huius praecepti.
Quid sit Sabbatum sanctificare.
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Der Große Katechismus
füren, denn der tag darff für sich selbs keins heiligens nicht, denn er ist an im selbs heilig geschaffen. Gott wil aber haben, das er dir heilig sey. Also wird er deinet halben heilig und unheilig, so du heilig oder unheilig ding daran treibest. Wie gehet nu solchs heiligen zu? Nicht also, das man hinder dem ofen sitze und kein grobe arbeit thue oder ein Krantz auffsetze und seine beste Kleider anziehe, sondern (wie gesagt) das man Gottes Wort handle283, und sich darin ube.
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Und zwar284 wir Christen sollen immerdar solchen Feiertag halten, eitel heilig ding treiben, das ist teglich mit Gottes wort umbgehen285 und solchs im hertzen und mund umbtragen. Aber weil wir (wie gesagt) nicht alle zeit und musse haben, müssen wir die wochen etliche stunde für die Jugend oder zum wenigsten einen tag für den gantzen | hauffen dazu brauchen, das man sich alleine damit bekümmere286 und eben die zehen Gebot, den Glauben, und Vater unser treibe und also unser gantzes leben und wesen nach Gottes wort richte; welche zeit nu das im schwang287 und ubung gehet, da wird ein rechter Feiertag gehalten, wo nicht, so sol es kein Christen Feiertag heissen, denn feiren und müssig gehen können die unchristen auch wol, wie auch das gantze geschwürm288 unser Geistlichen teglich in der Kirchen stehen, singen und klingen, heiligen aber keinen Feiertag nicht, denn sie kein Gottes wort predigen noch uben, sondern eben dawider leren und leben289.
Denn das wort Gottes ist das Heiligthumb290 uber aller Heiligthumb, ja das einige291, das wir Christen wissen und haben, denn ob wir gleich aller Heiligen gebeine oder heilige und geweihete Kleider auff einem hauffen hetten, so were uns doch nichts damit geholffen, denn [185r] es ist alles tod ding, das niemand heiligen kan292. Aber Gottes wort ist der Schatz, der alle ding heilig machet, dadurch sie selbs, die Heiligen alle, sind geheiliget worden. Welche stunde man nu Gottes wort handelt, predigt, höret, lieset oder bedencket, so
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behandele | 284 wirklich | 285 sich beschäftigen | 286 beschäftige | 287 so lange dies nun dauert Schwarm | 289 Hierin spiegelt sich Luthers Ablehnung eines Verständnisses von Gottesdienst und Christentum, das auf menschlichen Leistungen und der Einhaltung von sakralen Ritualen basiert. Luther sah das Christsein in einem Verhältnis begründet, das Gott durch die Predigt seines Wortes und die Vermittlung seiner Verheißung in den Sakramenten überhaupt erst schafft. | 290 Reliquie | 291 einzige | 292 Vgl. Luthers Bemerkungen zu den Reliquien, in: ASm II, 2, o. S. 736,5–11. 288
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inde ab initio creationis a suo conditore sanctificatus est. Hoc autem Deus a te contendit, ut tibi sit sanctus. Ita fit, ut tui gratia sanctus aut prophanus reddatur, quatenus tu in eo sanctis aut prophanis operibus vacaveris. In quo ergo Sabbati sanctificatio sita est? Sane profecto non in hoc, ut post fornacem compressis (quod aiunt) manibus sedeas9 aut nullum externum opus opereris aut corona florea caput cingas aut vestitu splendidiore te exornes, sed, ut dictum est, verbum Dei tractes inque eodem emendata in melius vita temet exerceas. Et profecto nobis Christianis subinde tales agenda essent feriae, tantumque sacris rebus vacandum et incumbendum, hoc est, quotidie verbum Dei exercendum et in ore ac corde ferendum. Verum quiap non omnibus, ut diximus, et tempus et ocium suppetit, certis aliquot per hebdomadam horis pro iuven|tute aut ad minimum die quopiam pro tota Ecclesia utamur oportet, ut tantum huic rei intenti simus neque aliud quam Decem praecepta, Symbolum fidei et Orationem Dominicam exponendam et discendam proponamus atque ita totam hanc vitam nostram ad divinorum verborum amussim et regulam instituamus. Quocunque ergo tempore ista communi et unanimi consensu tractantur et exercentur, ibi profecto rectum celebratur Sabbatum; Sin non, neque Christianorum Sabbatum dicendum est. Quippe ferias et ocium agere noverunt etiam ii, qui a Christo omnique pietate sunt alienissimi. Quemadmodum videmus totum illud examen et otiosam ac mollem turbam religiosorum nostrorum, qui quotidie in templis stantes cantillant et strenue tinniunt, boant et vociferantur, sed nullum sanctificant hac stentorea vociferatione et lupino illo ululatu suo Sabbatum. Neque enim ullum Dei verbum docent aut exer[422]cent, sed plane diversum et contrarium, et doctrina et vita exprimunt. Siquidem Dei verbum unicum illud sacrum est, quod omnes res sacras longe lateque sanctitate praecellit et exuperat, imo potius unicum illud mysterium, quod nos Christiani et scimus et habemus. Nam tametsi omnes omnium sanctorum reliquias et ossa in acervum cumulata possideremus aut in universum omnes sacras vestes haberemus, nihil tamen inde emolumenti caperemus aut sentiremus auxilii. Sunt enim res mortuae neminem sanctificare valentes. Verum enimvero Dei verbum thesaurus ille et gaza est preciotissima, quae omnia sanctificat, cuius adminculo etiam ipsi sancti omnes sanctimoniam consecuti sunt. Iam quacunque hora verbum Dei docetur, praedicatur, auditur, legitur, consideratur aut repetitur memoria, ea huius tractatione
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quando Hag
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Sprichwörtliche Redensart: müßig (die Hände im Schoß) dasitzen; vgl. Livius, Ab urbe condita VII, 13,7.
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Quando Sabbatum recte sanctificetur.
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Verbum Dei res omnes sanctificat.
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wird dadurch Person, tag, und werck geheiliget, nicht des eusserlichen wercks halben, sondern des worts halben, so uns alle zu Heiligen machet. Derhalben sage ich allezeit, das alle unser leben und werck in dem wort Gottes gehen müssen, sollen sie Gott gefellig oder heilig heissen; wo das geschicht, so gehet dis Gebot in seiner krafft und erfüllung. Widerumb, was für wesen und werck ausser Gottes wort gehet, das ist für Gott unheilig, es scheine | und gleisse293 wie es wölle, wenn mans mit eitel Heiligthumb behienge, als da sind die ertichte294 geistliche Stende295, die Gottes wort nicht wissen und in iren wercken Heiligkeit suchen296. Darumb mercke, das die krafft und macht dieses Gebots stehet297 nicht in feiren, sondern in heiligen, also das dieser Tag ein sonderliche heilige ubung habe. Denn andere arbeit und gescheffte heissen eigentlich nicht heilige ubunge, es sey denn der Mensch zuvor heilig. Hie aber mus ein solch Werck geschehen, dadurch ein Mensch selbs heilig werde, welches alleine (wie gehöret) durch Gottes wort geschicht, dazu denn gestifftet und geordnet298 sind Stedte, Zeit, Personen und der gantze eusserliche Gottesdienst, das solches auch öffentlich im schwang gehe299. Weil nu so viel an Gottes wort gelegen ist, das on dasselbige kein Feiertag geheiliget wird, sollen wir wissen, das Gott dis Gebot strenge wil gehalten haben und straffen alle, die sein wort verachten, nicht hören noch lernen wöllen, sonderlich die zeit300, so dazu geordnet ist. Darumb sündigen wider dis Gebot nicht alleine, die den Feiertag gröblich missbrauchen und verunheiligen, als die umb ires geitzs oder leichtfertigkeit willen Gottes wort nachlassen301 zu hören oder in tabernen302 liegen, toll und voll sind wie die seu, Sondern auch der ander hauffe, so Gottes wort hören als ein andern Thand303, und nur aus gewonheit zur Predigt und wider eraus gehen, und wenn das Jar umb ist, können sie heuer so viel als fernk 304. Denn bisher hat man gemeinet, es were wol gefeiret, wenn man des Sontags eine Messe oder das Evangelium hette hören lesen, | aber nach Gottes wort hat niemand gefragt, wie es auch niemand geleret hat. Jetzt, weil wir Gottes wort haben, thun wir gleichwol den misbrauch nicht abe, lassen uns immerdar predigen und vermanen,
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glänze | 294 erfundenen oder erdichteten | 295 Vgl. Luther, Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papsts und der Bischofe (1522), in: WA 10/2, 105–158. | 296 Luther dachte an die allgemeine Überzeugung, durch eigene Werke vor Gott gerecht werden zu können, und die Meinung, dass man sich durch das monastische Leben Heiligkeit erwerben könnte. | 297 besteht
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audientis persona, dies et opus sanctificatur, non externi quidem operis gratia, sed propter verbum, quo omnes nos sancti reddimur et efficimur. Quo|circa nunquam non dico omnem vitam et opera nostra verbi Dei ductu et auspicio gubernari debere atque institui, si volumus haec Deo placere et sancta esse, quod si fit, constat huius praecepti fervere qefficaciam etq plenitudinem. Contra, quaecunque res aut opera extra Dei verbum feruntur et instituuntur, haec coram Deo profana sunt et immunda, quamlibet tandem praeclara et splendida, etiamsi meris sacris divorum reliquiis essent exornata. Cuius generis sunt ficti atque excogitati religiosorum ordines verbum Deir prorsus ignorantes et sanctitatem ex propriis operibus quaeritantes. Quare ita habe huius praecepti vim atque virtutem non consistere in ociando, sed in sanctificando, ita ut hic dies praecipuum aliquod sanctarum rerum exercitium habeat. Nam reliqui labores et exercitia proprie non dicuntur sancta exercitia, nisi homo prius sanctus fuerit. Hic vero ea fieri debent opera, per quae homo ipse sanctus fiat, id quod solum, ut dixi, verbo Dei fieri potest. Ad quod etiam fundata et constituta sunt certa loca, tempora, perso[423]nae et totus externus Dei cultus, ut haec propalam assiduo usu exercitata ferveant. Cum itaque tanti momenti sit verbum Dei, ut citra huius tractationem nullas ferias sanctas esse certum sit, scire debemus Deum hoc praeceptum servere atque adeo serio conservari velle suppliciumque de his omnibus esse sumpturum, quotquot verbum eius proterve contemnunt aut audire et discere recusant eo praesertim tempore, quod huic audiendo et discendo destinatum est. Quare adversus hoc praeceptum peccant non tantum ii, qui contumeliosis operibus abutuntur Sabbato idemque irreligiose profanant, ut illi, qui dediti avaritiae aut prava rapti libidine verbum Dei non audiunt aut in tabernis vinariis poculis ac gulae indulgentes ferinam atque suillam vitam exigunt, verum etiam illi, qui perinde verbum Dei audiunt tanquam fabulam quandam et | commentum anile, tantum pro more ac usitata quadam consuetudine auditum accedunt intrantes atque exeuntes iamque anno elapso ne pilo doctiores aut meliores facti sunt. Hactenus enim haec apud homines inveteravit opinio, ut existimarent per omnia satisfactum esse Sabbato, si die Dominico Missa ac Evangelium audiretur. Ceterum, verbum Dei nemo admodum requisivit, quemadmodum nemo quoque praesto fuit, qui illud sincere docuisset. Iam vero, posteaquam tanti thesauri facti sumus compotes, quo maior aut amplior nullus reperiri potest, abusum nequaquam tollimus, sed sinimus quidem nobis multa praedicari ac nos moneri sedulo, ceterum nulla gravitate
q–q
nicht in Hag | r danach: iuxta cum Turcis Hag
298
bestimmt | 299 öffentlich gepflegt werde | 300 während der Zeit | 301 unterlassen | 302 Schänken, Kneipen | 303 wie irgendeine andere Spielerei oder unnützes Gerede | 304 haben sie in diesem Jahr ebensowenig wie im vergangenen gelernt
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BSLK 584
Quibus rebus Sabbatum prophanetur.
Contemptores verbi Dei puniri.
Peccata contra tertium praeceptum.
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Der Große Katechismus
hörens aber on ernst und sorge. Darumb wisse, das nicht alleine umbs hören zu thun ist, sondern sol auch gelernet und behalten werden, und dencke [185v] nicht, das es in deiner wilköre305 stehe oder nicht grosse macht306 dran liege, sondern das Gottes gebot ist, der es fodern307 wird, wie du sein Wort gehört, gelernet, und geehret hast. Desgleichen sind auch zu straffen die ekeln308 Geister, welche, wenn sie eine Predigt oder zwo gehört haben, sind es satt und uberdrüs, als die es selbs wol können und keines meisters mehr dürffen. Denn das ist eben die Sünde, so man bisher unter die Todsünde309 gezehlet hat und heisset Akidia, das ist tragheit oder uberdrus310, ein feindselige, schedliche plage, damit der Teuffel vieler hertzen bezeubert und betreugt, auff das er uns ubereile311 und das wort Gottes wider heimlich entziehe.
BSLK 586
Denn das lasse dir gesagt sein, ob du es gleich auffs beste kündest und aller dinge meister werest, so bist du doch teglich unter | des Teuffels Reich, der weder tag noch nacht ruhet dich zu beschleichen, das er in deinem hertzen, unglauben, und böse gedancken wider die vorigen312 und alle Gebot anzünde; darumb must du immerdar Gottes wort im hertzen, mund und für den ohren haben. Wo aber das hertz müssig stehet und das wort nicht klinget, so bricht er ein und hat den schaden gethan, ehe mans gewar wird. Widerumb hat es die krafft, wo mans mit ernst betrachtet, höret und handelt, das es nimmer on frucht abgehet, sondern allezeit neuen verstand, lust und andacht erwecket, rein hertz und gedancken machet, denn es sind nicht faule noch todte, sondern schefftige313 lebendige wort. Und ob uns gleich kein ander nutz und not triebe, so solt doch das jederman dazu reitzen, das dadurch der Teuffel gescheucht und verjagt, dazu dis Gebot erfüllet wird und Gott gefelliger ist denn alle andere gleissende Heuchelwercke.
305
Willkür, Belieben | 306 nicht viel | 307 fordern; vgl. Anm. 1094. | 308 stolzen, eingebildeten Aus verschiedenen Auflistungen von Tugenden und Untugenden entwickelte sich schon in der Spätantike der Begriff von den sieben Todsünden: superbia (Hochmut), avaritia (Geiz), luxuria (Zügellosigkeit), invidia (Neid), gula (Völlerei), ira (Zorn) und acedia (Faulheit, Trägheit). Der Terminus findet sich schon bei Papst Gregor dem Großen und Isidor von Sevilla. | 310 Akedia (ἀκηδία), eine der sieben Todsünden; vgl. Luther, Sermone aus den Jahren 1514–1517, in: WA 1, 72,29–31; ders., Eine kurze Erklärung der zehn Gebote (1518), in: ebd., 254,6; ders., Decem praecepta Wittenbergensi praedicata populo (1518), in: ebd., 521,15–32. Luther folgte der spätmittelalterlichen Praxis, den griechischen Buchstaben „η“ als „i“ auszusprechen. | 311 überrumple | 312 vorhergehenden | 313 geschäftige, wirksame 309
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Drittes Gebot
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animique constantia et cura audimus. Scias itaque non tantum referre, ut audias, verum multo magis etiam, ut auditum Dei verbum perdiscas et custodias. Neque in eam venias opinionem, ut haec tecum cogites in tua voluntate situm esse aut non ita multum referre, audias nec ne, sed praeceptum Dei esse, qui aliquando auditi a te verbi sui rationem tecum initurus est, quomodos illud didiceris, audieris aut quam reverenter habueris. Pari quoque [424] ratione obiurgandi sunt illi delicati et fastidiosi spiritus, qui simul atque unam et alteram contionem audierunt, protinus saturi sunt correptique nausea verbum fastidiunt, utpote qui ipsi illud probe calleant nec egeant magistro aut doctore amplius. Haec enim verbi Dei nausea et fastidium ipsum illud peccatum est, quod inter mortalia peccata hactenus numeratum est diciturque ἀκηδία, hoc est, socordia et taedium, odiosa profecto et damnosa pestis, qua Diabolus hoc tempore multorum perstringit pectora, ut nos oscitantes opprimat ac verbum Dei iterum nobis clanculum subtrahat. Hoc enim tibi praedictum sit, quanquam verbi divini omnium esses scientissimus omnesque reliquos huius an|teires cognitione et magisterio, quotidie tamen tin Satanae potestate et regno positus est diu noctuque non desinentis tibi machinari perniciem, ut in corde tuo incredulitatem excitet teque malis cogitationibus adversus priora uet omniau praecepta incendat. Quare omnibus modis necessarium est, ut verbum Dei in promptu habeas, et quod dici solet, in numerato, hoc est, in corde, in ore, in auribus. Quiescente autem corde nec verbo Dei personante impressionem facit, ac prius quam vanimadvertamus, damnum deditv. Contra ea vis et virtus verbi est, ut, ubi seria quadam animi agitatione revocatur in memoriam aut auditur et tractatur, nunquam sine fructu evanescat, sed subinde nova quadam intelligentia, voluptate ac devotione auditorem afficiat, retineat ac excitet pectusque et cogitationes purificet. Neque enim verba sunt putrida aut emortua, succo et vigore carentia, sed plane viva et efficacia. Ad haec, si nulla alia utilitas aut necessitas ad crebro et diligenter audiendum Dei verbum nos provocaret, tamen haec una satis vehemens esse debebat, quae merito omnes nos excitaret, quod verbi divini tractatione daemon fugatur et abigitur et hoc praeceptum impletur Deoque acceptius est sui verbi exercitium quam omnia alia splendida hypocritarum opera.
s quinam Hag | t – t sub diaboli militas imperio Hag | u – u nicht in Hag | v – v persentiri potest aut iri obviam damnum dabit. Hag
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Verbum Dei discendum.
Fastitium verbi.
Propter diaboli insultus verbum assiduo dicendum. BSLK 586
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Der Große Katechismus
Das IIII. Gebot Bisher haben wir die ersten drey Gebot gelernet, die da gegen Gott gerichtet sind. Zum ersten, das man im von gantzem hertzen vertraue, in fürchte und liebe in alle unserm leben. Zum andern, das man seines heiligen Namens nicht missbrauche zur lügen noch einigem314 bösen stücke, sondern zu Gottes lob, nutz und seligkeit des Nehesten und seiner selbs. Zum dritten, das man an der Feier und ruhe Gottes wort mit fleis handle und treibe, auff das alle unser thun und leben darnach gehe315. Folgen nu die andern siebene, gegen unserm Nehesten gestellet316, unter welchen das erste und höheste ist:
Du solt deinen Vater und deine Mutter ehren.
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[186r] Diesem Vater und Mutterstand hat Gott sonderlich den preis gegeben für allen stenden, die unter im sind, das er nicht schlechts317 gebeut, die Eltern lieb zu haben, sondern zu ehren. Denn gegen Brüdern, Schwestern und dem Nehesten in gemein befilt er nichts höhers, denn sie zu lieben, also das er Vater und Mutter scheidet und auszeucht318 für alle andere Personen auff Erden und neben sich setzet. Denn es ist viel ein höher ding Ehren denn lieben, als das nicht alleine die Liebe begreifft319, sondern auch eine zucht, demut und scheue als gegen einer maiestet alda verborgen. Auch nicht alleine fodert, das man sie freundlich und mit ehrerbietung anspreche, sondern allermeist, das man sich beide von hertzen und mit dem leibe also stelle und erzeige, das man viel von inen halte, und nach Gott für die Obersten ansehe. Denn welchen man von hertzen ehren sol, den mus man warlich für hoch und gros achten. Also das man dem Jungen volck einbilde320, ire Eltern an Gottes stadt für augen zu halten und also dencken, ob sie gleich gering, arm, gebrechlich und wünderlichl seien, das sie dennoch Vater und Mutter sind, von Gott gegeben. Des wandels oder feils321 halben sind sie der ehren nicht beraubt, darumb ist nicht anzusehen die Person, wie sie sind, sondern Gottes wille, der es also schaffet und ordnet. Sonst sind wir zwar für Gottes augen alle gleich, aber unter uns kan es on solche ungleichheit und ordenliche unterscheid nicht
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seltsam Witt1–3
314 irgend einem | 315 sich danach richte | 316 die sich auf … beziehen | 317 schlechthin | 318 ausnimmt | 319 in sich einschließt | 320 einpräge | 321 Fehlverhaltens
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[425] Praeceptum IIII
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Hactenus tria priora praecepta didicimus, quae erga Deum servanda nobis tradita sunt. Primum, ut ei ex toto corde fidamus, eum per omnem vitam nostram metuamus et diligamus. Deinde, ut eius sancto nomine nequaquam ad mendacia aut ullam aliam nequitiam tuendam abutamur, sed idem ad laudem Dei ac utilitatem et salutem proximi atque etiam nostram usurpemus. Tertio, ut diebus festis verbum Dei diligenter audiatur et exerceatur, ut tota vita nostra ad eius gnomonem et regulam non discrepante amussi respondeat. Sequuntur nunc deinceps reliqua septem | praecepta, quae erga proximum nobis conservanda sunt, quorum primum et summum hoc est:
Repetitio superiorum.
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Honora patrem tuum et matrem tuam, ut sis longaevus super terram.
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Hunc parentum statum et ordinem Deus praecipue hoc ornavit elogio ante omnes alios, qui sub ipso sunt, status et ordines, ut non simpliciter praecipiat parentes esse amandos, sed honorandos. Nam erga fratres, sorores et proximum in genere nihil amplius praecipit quam amore prosequendos esse, ita ut parentes ab omnibus aliis, qui in terra agunt, segreget iuxtaque se collocet. Est enim honor res amore multis modis sublimior, utpote quae non tantum amorem in se complectatur, verum etiam singularem quandam modestiam, humilitatem et reverentiam, quae cuidam quasi maiestati hic occultae habenda sit. Neque tantum exigit, ut amanter et cum honore parentes compellemus, sed omnium maxime, ut et corpore et animo ita nos geramus, exhibeamus, ut in existimatione magna apud nos sint ac post Deum pro summis ac maximis inter homines intueamur. Cui enim non simulate, sed ex animo honorem dare volumus, hunc profecto maximi precii hominem esse existimemus oportet. [426] Necessarium ergo estw, ut pueris hoc identidem inculcetur, ut parentes suos Dei loco revereantur atque in honore habeant, itaque secum animo cogitent, quod quanquam tenues, egeni, imbecilles, deficientes et morosi sint, nihilominus parentes xsint ab ipso Deo sibi datix. Nam conditionis aut defectus gratia debito honore privati non sunt. Quare parentum personae intuendae non sunt, sed Dei voluntas consideranda ita iubentis et ordinantis. Alioqui coram Deo omnes quidem pares sumus, sed nos inter nos hoc dispari et ordinato discrimine non possumus non discrepare. Quamobrem a Deo praeceptum est, ut mihi tanquam tuo patri dicto sis audiens egoque imperium in te obtineam.
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duximus Hag | x – x sibi a Deo datos est Hag
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Parentes non modo amandos, sed et honorandos.
Honor.
Parentes propter Deum honorandos.
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Der Große Katechismus
sein. Darumb sie auch von Gott geboten ist zu halten, das du mir als deinem Vater gehorsam seiest und ich die Oberhand habe. So lerne nu zum ersten, was die Ehre gegen den Eltern heisse, in diesem Gebot gefodert, nemlich das man sie für allen dingen herrlich und werd halte als den höhesten Schatz auff Erden. Darnach auch mit worten sich züchtig gegen sie stelle, nicht ubel anfare mnoch mit inenm boche322 noch boltere323, sondern lasse sie recht haben und schweige, ob sie gleich zuviel thun324. Zum dritten auch mit wercken, das ist mit Leib und Gut solche Ehre beweise325, das man inen diene, helffe und versorge, wenn sie alt, kranck, gebrechlich oder arm sind, und solchs alles nicht alleine gerne, sondern mit demut und ehrerbietung als für Gott gethan. Denn wer das weis, wie er sie im hertzen halten sol, wird sie nicht lassen not noch hunger leiden, sondern uber und neben sich setzen und inen mitteilen, was er hat und vermag.
Zum andern. Sihe und mercke wie gros, gut und heilig Werck alhie326 den Kindern fürgelegt327 ist, welchs man leider gar verachtet [186v] und in wind schlegt und niemand warnimpt das es Gott geboten habe oder das es ein heilig Göttlich wort und Lere sey. Denn wenn mans dafür gehalten hette, hette ein jeglicher daraus künnen nemen328, das auch heilige leute müsten sein, die nach diesen worten lebten, so hette man kein Klosterleben noch geistliche Stende dürffen auffwerffen329, were ein jeglich Kind bey diesem gebot blieben und hette sein gewissen künnen richten gegen Gott und | sprechen: Sol ich gute und heilige wercke thun, so weis ich je kein bessers, denn meinen Eltern alle ehre und gehorsam zu leisten, weil es Gott selbst geheissen hat. Denn was Gott gebeut, mus viel und weit edler sein, denn alles, was wir selbst mügen erdencken, und weil kein höher noch besser Meister zu finden ist denn Gott, wird freilich auch kein besser Lere sein, denn er von sich gibt, nu leret er je reichlich, was man thun sol, wenn man rechtschaffene
m–m
nicht in Witt1–3
322
auftrumpfe | 323 sein Recht einfordere oder sie zur Rede stelle | 324 auch wenn sie es übertreiben | 325 erweise | 326 hier | 327 auferlegt, geboten | 328 entnehmen | 329 einrichten, schaffen
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Viertes Gebot
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Disce ergo sub initium, quinam honor parentibus habendus sit hoc praecepto exactus, nimirum ut prae omnibus rebus reverenter habeantur et tractentur beneficey veluti maximus et preciosissimus in terris thesaurus. Deinde, ut parem quoque in verbis humanitatem et modestiam za nobisz sentiant, ne acerbe eos invadant liberi neve cum iisdem agant elate et ferociter, sed illis de suo iure nonnihil concedant et taceant, etiamsi nonnunquam modum excesserint. Tertio ut idem quoquea opere comprobent, hoc est, amore et officiis bcorporis et fortunaeb talem honorem habeant, ut eos sublevent obsequio, iuvent munifice eorundem non difficilem curam habeant, ubi iam consenuerint ac per aetatem viribus destituti languescere coeperint aut ad egestatem redacti fuerint. Atque haec omnia humanitatis officia non solum libenter et benevole decrepitis parentibus, sed cum omni etiam humilitate et reverentia, tanquam coram Deo inspectante fiant, praestanda sunt. Qui enim novit cuiusmodi existimationem de parentibus in corde ccircumferre debeatc; ille non patietur eos laborare penuria aut fame ac siti contabescere, sed eosdem supra iuxtaque se collocatos faciet discumbere illisque de fortunulis suis quidquid habebit non gravate impertietd. [427] Deinde vide, quaeso, et attende animum, quam magna et sancta opera hic liberis proposita sint, quorum – proh dolor – nullus est respectus, sed quae plane negliguntur nec quisquam est, qui animadvertat, haec a Deo esse praecepta aut Dei verbum esse et Scripturae sacrae documenta. Quod si enim alterutrum horum aestimatum esset ab hominibus, quivis ex hoc facile potuisset colligere sanctos quoque oportere esse homines, qui secundum horum verborum praescriptum viverent, Neque monasticam vitam instituere aut religiosorum per|versos ordines invenire necesse fuisset, sed quivis puer in hoc praecepto mansisset, potuissetque quietam et salvam erga Deum obtinere conscientiam ac dicere: Si mihi bona ac sancta facienda sunt opera, nullum scio praestantius quam ut parentibus meis omnem honorem et oboedientiam exhibeam, quando Deus hoc ipsum mihi faciendum tantopere praecepit. Quidquid enim Deus praecepit, necessario multo debet esse nobilius et praestantius quam omne illud, quidquid nos ipsi comminiscimur. Et cum non sit alius ad inveniendum magister, cum sublimior, tum acutior, certume est neque doctrinam ullam esse potiorem, quam cuius ipse autor et magister extiterit. Iam quidem abunde, quid faciendum sit, perdocet, si vere bona opera facere atque exercere cupimus, atque hoc ipso, quod haec facienda praecipit, satis indicat sibi quoque eadem fmirifice probarif. Quod si ergo
y honorifice Hag | z – z nicht in Hag | a danach: nihilo benignius Hag | b – b nicht in Hag | c – c obtinere oporteat Hag | d danach: quam poterit amplissime, bene meritis parentibus θρεπτήρια remetiens. Hag | e consentaneum Hag | f – f non displicere Hag
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BSLK 588 | Qui honor parentibus habendus.
Sancta opera liberorum erga parentes.
BSLK 589
Opera a Deo praecepta omnium praestantissima.
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Der Große Katechismus
gute werck wil uben, und in dem das ers gebeut, und kein bessers weis zu stellen, so werde ichs je nicht besser machen. Sihe, also330 hette man ein fromes Kind recht geleret, seliglich erzogen und daheim behalten im gehorsam und dienst der Eltern, das man guts und freude daran gesehen hette. Aber also hat man Gottes gebot nicht müssen auffmutzen331, sondern ligen lassen oder uberhin rauschen332, das333 ein Kind nicht bedencken kunde und dieweil das maul auffsperren334 nach dem, das wir auffgeworffen haben335, und Gott kein mal darumb begrüsset.
BSLK 590
BSLK 591
Darumb last uns ein mal lernen, umb Gottes willen, daß das junge volck, alle ander ding aus den augen gesetzt, erstlich auff dis Gebot sehen, wenn sie Gott mit rechten guten wercken dienen wollen, das die thun, was Vater und Mutter oder den sie an ire stat unterthan sind, lieb ist. Denn welchs | Kind das weis und thut, hat zum ersten den grossen trost im hertzen, das es frölich sagen und rhümen kan (zu trotz und wider allen, die mit eigen erweleten wercken umbgehen): Sihe, das werck gefellet meinem Gott im Himel wol, das weis ich fürwar. Lasse sie mit iren vielen grossen, sauren, schweren wercken alle auff einen hauffen her tretten und rhümen. Las sehen, ob sie irgend eines erfür bringen kündten, das grösser und edler sey denn Vater und Mutter gehorsam, so Gott nehest seiner Maiestet gehorsam gesetzt und befohlen hat, das, wenn Gottes wort und willen gehet336 und ausgericht wird, sol keinern mehr gelten denn der Eltern willen und wort, also das er dennoch auch unter Gottes gehorsam bleibe und nicht wider die vorigen337 Gebot gehe. [187r] Derhalben soltu von hertzen fro sein und Gott dancken, das er dich dazu erwelet und wirdig gemacht hat, im solch köstlich, angeneme werck zuthun. Und halte es nur für gros und theuer, ob es gleich das338 aller geringste und verachteste angesehen wird, nicht unser wirdigkeit halben, sondern das es in dem Kleinot und Heiligthumb, nemlich Gottes wort und gebot, gefasset ist und gehet. O, wie theuer soltens alle Cartheuser, Mönche und Nonnen keuffen339, das sie in alle irem Geistlichen wesen ein einig340 werck für Gott möchten bringen, aus seinem Gebot gethan, und mit frölichem hertzen für seinen augen sprechen: Nu weis ich, das dir dis werck wolgefellet. Wo wollen sie, die arme, elende leute, bleiben, wenn sie für Gott und aller welt schamrot mit allen schanden stehen werden | für einem jungen kind, so in diesem Gebot gelebt hat, und bekennen müsseno, das sie mit alle irem leben nicht
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keines Witt1, Witt2 | o nicht in Witt1–3
330 so, d. h. wenn man sich daran gehalten hätte | 331 Aber in der Weise hat man Gottes Gebot nicht aufgeputzt/aufgewertet. | 332 oder ist darüber hinweg gegangen | 333 so dass | 334 staunen
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Deus est, qui ista mandat fieri nec aliquid praeclarius novit constituere, nulla spes est hisce meliora me inventurum. Ad hunc quidem modum probus puer docendus erat et salubriter educandus ac domi in parentum obsequio et oboedientia iugiter retinendus, unde spectantes cepissent voluptatem et gaudium. Verum tanta cura ac diligentia divinum praeceptum non fuit commendandum, sed posthabendum planeque dissimulanter praetereundum, ita ut puer ista animo cogitare non potuerit, sed interim veluti hians lupus illud captare, quod ipsi vix unquam consulto aut semel salutato, quod dicitur, Deo commenti adinvenimus. [428] gQuare aliquando tandem discamus, obsecro,g ut iuventus reliquis omnibus post habitis cumprimis ad hoc praeceptum inconniventer intentos habeat oculos, cupiens Deo servire vere bonis operibus, ut faciat, quae parentibus aut his, quibus horum loco | subiecta est, grata esse intellexerit. Quicunque enim puer haec comperta habet et facit, omnium primum hanc ingentem in corde consolationem obtinet, ut plenus gaudio dicere seque vere iactare possit adversus omnes, qui propriis et a se inventis operibus occupati sunt: Ecce, certus sum hoc opus Deo meo acceptum esse. Sine vero illos cum suis multis, magnis, laboriosis, amaris et gravibus operibus omnes ad unum prodire in medium et iactare; videamus saltem, num unum aliquod producturi sint, quod maius sit aut praeclarius quam oboedire parentibus, quod Deus posth suae maiestatis oboedientiam primum esse voluit praecepitque, Ita ut, si Dei verbum et voluntas locum habet et effecta fuerit, nihil quidquam valere debeat amplius quam parentum verbum et voluntas, Ita tamen, ut haec quoque divinae oboedientiae subdita sit neque contra priora praecepta feratur. Quapropter vere atque ex animo tibi triumphandum esset gaudio Deoque gratiae agendaei, quod te dignatus ad hoc elegerit, ut illi tam grata et pretiosa faceres opera. Tantum vide, ut hoc magni aestimes, quamvis apud homines videatur levissimum et contemptissimum, et hoc non dignitatis nostrae gratia, quae nulla est, sed quod re omnium preciotissima, nempe Dei verbo comprehensum et conclusum sit. O quam magno emerent omnes Carmelitae et Monachi et Moniales, ut in omni religione sua vel unum opus possent producere divinorum praeceptorum iussu factum, possentquej coram Deo alacri animo dicere: Iam quidem certus sum, hoc opus tibi kbene placerek. Ubi vero miserandi illi et aerumnosi mane|bunt homines, quando coram Deo et universo mundo extreme confundentur, collati ad unum aliquem puerum, qui hoc in praecepto vixerit, cogenturque fateri sese cum omni vitae suae ratione et operibus non [429] dignos esse, qui illi vel matellam porrigant? Sed et iure hoc illis accidit propter perversitatem diabolicam, g – g Per Christum ergo vos obtestor, ut tandem vel sero discamus, Hag | h nicht in Hag | i danach: prolixius etiam Hag | j valerentque Hag | k – k non displicere Hag
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über das, was wir aufgebracht haben | was würden … dafür geben | 340 einzig
336
vor sich geht |
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vorhergehenden |
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für das
Oboedientia liberorum erga parentes sanctum opus. BSLK 590
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Der Große Katechismus
werd sind gewesen, im das wasser zu reichen? Geschicht inen auch recht umb der Teufelischen verkerung341 willen, weil sie Gottes Gebot mit füssen tretten, das sie sich vergeblich mit selbs erdachten wercken martern müssen, dazu spot und schaden zu lohn haben. Solt nu nicht ein hertz springen und von freuden zu fliessen, wenn es zur arbeit gienge und thete, was im befolen were, das es künde sagen: Sihe, das ist besser denn aller Cartheuser heiligkeit, ob sie sich gleich zu tod fasten und on unterlas auff den Knien beten. Denn hie hastu ein gewissen Text und Göttlich zeugnis, das er dis geheissen hat, aber von jenem kein wort befohlen. Aber das ist der jammer und leidige blindheit der welt, das solchs niemand gleubt, so hat uns der Teuffel bezeubert mit falscher heiligkeit und schein eigener werck.
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Derhalben wolt ich je gerne (sag ich abermal), das man Augen und Ohren auffthete und solchs zu hertzen neme, auff das wir nicht der mal eins wider von dem reinen Gottes wort auff des Teuffels lügentand342 verleitet würden, so würde es auch wol stehen, das die Eltern desto mehr freud, liebe, freundschafft und eintracht in heusern hetten, so kündten die Kinder den Eltern alle ir hertz nemen343. Widerumb344 wo sie störrig sind und nicht ehe thun, was sie sollen, man lege inen denn ein knüttel345 auff den rücken, so erzürnen sie beide Gott und Eltern, damit sie inen selbs solchen Schatz und freude des gewissens entziehen und eitel unglück samlen. | Darumb gehet es auch jetzt in der welt also, wie jederman klagt, das beide, Jung und Alt, gar wilt und unbendig ist, kein scheu noch ehre hat, nichts thun, denn mit schlegen getrieben, und hinder eins andern rücken ausrichten und abziehen346, was sie kündten; darumb auch Gott straffet, das sie in allen unrat347 und jammer komen, so können die Eltern gemeiniglich selbs nichts, zeucht348 ein Thor den andern, wie sie gelebet haben, so leben die Kinder hinnach.
[187v] Das sol nu (sage ich) das erste und grösseste sein, das uns zu diesem Gebot sol treiben, umb welches willen, wenn wir kein Vater und Mutter hetten, solten wir wündschen, das uns Gott holtz und stein fürstellet349, die wir Vater und Mutter möchten heissen. Wie viel mehr, weil er uns lebendige Eltern gegeben hat, sollen wir fro werden, das wir inen mügen Ehre und gehorsam erzeigen. Weil wir wissen, das der hohen Maiestet und allen Engeln
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Verführung | 342 Lügenwerk | 343 die ganze Liebe der Eltern gewinnen | 344 Andererseits Knüppel, Stock | 346 verleumden und klein machen | 347 Schaden | 348 erzieht | 349 dass uns Gott Holz und Stein gebe 345
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quial Dei praeceptum ita contumeliose pessundant, ut semet incassum ultro excogitatis operibus excarnificatos discrutient, mnihil ad haec praemii inde aliud praeterquam ignominiam una cum damno reportent.m
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Quomodon ergo cor hominis non gestiret gaudio aut laetitia difflueret, quod labori se accingeret faceretque, quod sibi demandatum esset, possetque dicere: Ecce, hoc opus praestat ac potius est omnium Carthusianorumo sanctimonia, etiamsi ad necem usque se ipsos macerarent ieiunio ac citra intermissionem innixi genibus preculas ad Deum funderent? Hic enim certum habes divini verbi testimonium, quod haec facienda mandaveritp, ceterum de illis ne Iota quidem uspiam praeceptum invenitur. qAt deplorandaq haec mundi plaga et horrenda caecitas est, quod haec omnia nemo credit, adeo diabolus simulata sanctitate et fucatis operibus nostros perstrinxit ac dementavit oculos. Quamobrem percuperem, (ut repetam) ut rapertis oculis et auribusr serio tandem ista scorde complecteremurs, ne aliquando iterum a puro Dei verbo abstracti et abalienati in diabolica mendacia prolaberemur. Quin etiam hac ratione futurum prospicerem, ut parentes maiori gaudio, amore, amicitia et concordia fruerentur in aedibus et liberi parentes haberent summa devinctos benevolentia. Contra, ubi pertinaces sunt nec citius | quam fustibus adacti iussa capessunt, Deum simul et parentes exasperant eoque seipsos tanto privant thesauro et gaudio conscientiae omneque malum tet infortuniumt sibi cumulant. Atque hinc est, quod ea iam per totum orbem est rerum conditio, quemadmodum nemo non conqueritur, quod aeque et senes et iuvenes sint efferi et effrenes, in quibus nullum aut reverentiae aut honoris vestigium vel scintilla conspiciatur, nihil nisi verberibus evictum facientes ac clanculum, quidquid possunt efficientesu et subtrahentes. Eam ob rem Deus quoque punit eos, ut in omnem calamitatem prolapsi aerumnose vitam exigant. [430] Fere etiam videmus, ut ipsi parentes quoque nihil sciant et omnium rerum ignari sint; ita fit, ut stultus stultum doceat et, quemadmodum parentes vixerunt, ad eum modum deinceps vivant et liberi. Hoc, inquam, primum et maximum esse debebat, quod ad huius praecepti observantiam nos merito provocaret, cuius gratia, vetiamsi parentibus destitueremurv, optandum tamen nobis fuerat, ut nobis Deus truncos et saxa proponeret, quae parentum vice coleremus, aut parentum appellatione dignaremur. Quanto magis, posteaquam vivos parentes nobis largitus est, laetitia nobis exultandum est, ut illis honorem habere et oboedientiae obsequium ostendere queamus non ignorantes Deo optimo maximo ac omnibus Angelis hoc summe placere et diabolo aegre esse. Ad hoc maximum esse opus, quod ipsi l quando Hag | m – m pro quibus nihil aliud praemii quam risum una cum damno lucrifaciunt. Hag | n Qui Hag | o Carmelitorum Hag | p in mandatis tibi dederit Hag | q – q Veruntamen Hag r – r apertis corde et oculis Hag | s – s essent sollicitudine Hag | t – t nicht in Hag | u effectum reddentes Hag | v – v si orbi essemus Hag
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oboedientia vinculum in oeconomia mutuum.
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Summum opus secundae tabulae oboedientia et honor erga parentes.
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so wol gefellet und alle Teuffel verdreust, dazu das höhest werck ist, so man thun kan nach350 dem hohen Gottesdienst, in den vorigen Geboten gefasset, also das Almosen geben, und alle ander werck gegen dem Nehesten diesem noch nicht gleich sind. Denn Gott hat diesen Stand oben an gesetzt. Ja, an seine stadt auff Erden gestellet. Solcher willen Gottes und gefallen sol uns ursach und reitzung gnug sein, das wir mit willen und lust theten, was wir künden. BSLK 593
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Dazu sind wirs ja auch schüldig für der Welt, das wir der wolthat und allem guten, so wir von den Eltern haben, danckbar seien. Aber das regiert abermal der Teuffel in der Welt, das die Kinder der Eltern vergessen, wie wir alle Gottes vergessen, und niemand dencket, wie uns Gott also neeret, hütet und schützet und so viel guts gibt an Leib und Seele, sonderlich, wenn ein mal ein böse stunde kömpt, da zürnen und murren wir mit ungeduld, und ist alles dahin, was wir unser lebenlang guts empfangen haben. Eben also thun wir den Eltern auch und ist kein Kind, das solchs erkenne und bedencke, der heilige Geist gebe es denn. Solche unart der Welt kennet Gott wol, darumb erinnert und treibet er sie mit Geboten, das ein iglicher dencke, was im die Eltern gethan haben, so findet er, das er Leib und Leben von inen habe, dazu auch erneeret und auffgezogen sey, da er sonst hundertmal in seinem unflat351 ersticket were. Darumb ists recht und wol gesagt von alten weisen leuten: Deo, Parentibus et Magistris, non potest satis gratiae rependi, das ist Gotte, den Eltern und Schulmeistern kan man nimmer gnugsam dancken noch vergelten352. Wer das ansihet und bedencket, der wird wol ungetrieben seinen Eltern alle Ehre thun und sie auff den henden tragen, als durch die im Gott alles guts gethan hat.
Uber das alles sol das auch ein grosse ursach sein, uns desto mehr zu reitzen, das Gott an dieses Gebot eine leibliche verheissung hefftet und spricht: Auff das du langes leben habest im Lande, da du wonest. Da sihe selbs, wie grosser ernst Gotte sey uber diesem Gebot, weil er nicht allein ausdrücke, das im angeneme sey, freude und lust darinne habe, sondern solle auch uns wol
350 nächst | 351 Dreck | 352 Vgl. Luther, Eine Predigt, dass man Kinder zur Schule halten solle (1530), in: WA 30/2, 579,29–31: „Einen vleissigen frumen Schulmeister odder Magister odder wer es ist, der knaben trewlich zeucht und leret, dem kan man nimer mehr gnug lohnen und mit keinem gelde bezalen.“
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facere possumus post summum illum Dei cultum in prioribus praeceptis comprehensum, adeo ut eleemosynis iuvare egentes neque non omnia reliqua opera, quae wproximo praestanturw, huc nullo modo conferenda sint. Quippe Deus huic parentum ordini primas tribuit eundemque in terris plane in suam sedem colendum evexit et extulit. Haec | quidem Dei voluntas et beneplacitum sat vehementibus et causis et stimulis nostram debebat impulisse negligentiam, ut cum quadam voluptate atque lubentia, quod officium nostrum postulat, faceremus. Ad haec coram mundo quoque in hoc astringimur, ut acceptorum a parentibus beneficiorum memores mutuam officii vicem rependamus utque parentes aetate fessos vicissim alamus foveamusque. Sed hic rursum in mundo dominatur diabolus, ut liberi parentum obliviscantur, quemadmodum omnes nos Dei obliviscimur nec quisquam memoria repetit, qua sedulitate Deus nos alat, custodiat ac defendat, tum quanta bonorum copia corporis et animi nos cumulet et obruat. Praecipue vero, quando horulam paulo infeliciorem vix ostendentem se adversitate sustinemus protinus malorum impatientes, in iram prorumpimus ac mur[431]muramus deque tot immensis bonis per omnem vitam a Deo acceptis nullum vel tantillum in memoria nostra residet amplius, sed prorsus expuncta omnia oblivioni mandata sunt. Non secus quoque cum parentibus agimus, nec ullus puer est, qui difficultatem, quam parentes in nutricando et fovendo eo multifariam perpessi sunt, agnoscat aut perpendat, nisi hoc a Spiritu sancto acceperit gratiae. Eiusmodi vitiosam mundi naturam et ingratitudinem Deus probe compertam habet, quare praeceptis nos subinde impellit et admonet, ut quisque animo secum repetat, quantum bonorum a parentibus acceperit, et inveniet se ab iisdem et corpus et vitae initium accepisse atque item multo sudore et cura enutritum et educatum esse, ubi alias vel sexcenties in propriis sordibus xsibi pereundumx fuissety. Quocirca praeclare et sapienter a veteribus dictum est: Deo, parentibus et magistris non potest satis gratiae rependi. Quicunque horum verborum recte memor fuerit, non expectabit aliorum commonefactionesz, ut erga parentes gratus appareat, sed sua sponte pro|perabit eosdem et omni honore cumulare et in sinu (quod aiunt) gestare10 a ut eos, quorum opera Deus illi omnium bonorum copiam pleno cornu affuderit. Super haec omnia ad huius praecepti conservationem vel haec causa potissimum nos provocasse debebat, quod Deus huic praecepto bcorporalium bonorumb promissionem annectit inquiens: Ut sis longaevus super terram, quam Dominus Deus tuus tibi dabit. Hic ipse aestima, quanta severitate hoc praeceptum Deo cordi sit, non solum aperte indicanti illud sibi gratum esse aut gaudio ac voluptati, verum nobis etiam ipsis casurum esse felicissime ac non w–w z 10
fiunt commodandi proximi gratia Hag | x – x tibi Hag | y danach: exhalanda anima Hag stimulos Hag | a danach: ac manibus Hag | b – b peramabilem quandam Hag Sprichwörtliche Redensart: sehr lieb haben; vgl. Terenz, Adelphi CCIX.
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Quid liberi parentibus ex iure naturae debeant.
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Promissio addita huic praecepto.
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geraten und zum besten gedeien, das wir ein sanfftes süsses leben mügen haben mit [188r] allem guten. Darumb auch Sanct Paulus Ephes. 6. solches hoch anzeucht353 und rhümet, als er spricht: „Das ist das erste Gebot, das eine verheissung hat: ,auff das dirs wolgehe und lange lebest auff Erden.‘ “354 Denn wiewol die andern auch ire verheissung eingeschlossen haben, ists doch zu keinem so deutlich und ausgedrückt gesetzt.
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Da hastu nu die frucht und das lohn, das, wer es helt, sol gute tage, glück und wolfart haben. Widerumb auch die straffe, das, wer ungehorsam ist, deste ehe umbkomen und des lebens nicht fro werden sol. Denn langes leben haben heisset die Schrifft nicht alleine wol betaget werden, sondern alles haben, so zu langem leben gehört, als nemlich355 Gesundheit, Weib und Kind, Narung, Friede, gut Regiment etc. On welche dis leben nicht frölich genossen werden noch die lenge356 bestehen kan. Wiltu nu nicht Vater und Mutter gehorchen, und dich lassen ziehen, so gehorche dem Hencker, gehorchstu dem nicht, so gehorche dem Streckebein357, das ist der Todt. Denn das wil Gott kurtzumb haben: entweder, so du im ge|horchest, liebe und dienst thust, das er dirs uberschwencklich vergelte mit allem guten, oder wo du in erzürnest, das er uber dich schicke beide, Todt und Hencker. Wo komen so viel schelcke358 her, die man teglich hengen, köpffen und radbrechen359 mus, denn360 aus dem ungehorsam, weil sie sich nicht mit gut ziehen361 lassen, das sie es durch Gottes straff so ausrichten362, das man unglück und hertzeleid an inen sihet, denn gar selten geschicht, das solche verruchte leute eine rechten oder zeitigen363 Tods sterben.
Die fromen aber und gehorsamen haben den segen, das sie lange in guter ruge leben, und ir Kindskind sehen (wie oben gesagt) ins dritte und vierdte Gelied, wie man auch erferet, das, wo feine alte Geschlecht sind, die da wol stehen und viel Kinder haben, freilich364 daher komen, das ir etliche wol gezogen und ire Eltern für augen haben gehabt. Widerumb stehet geschrieben von den Gottlosen Psalm 109: „Seine Nachkomen müssen ausgerottet
353 stark herausstreicht | 354 Eph 6,2f; Dtn 5,16 | 355 zum Beispiel | 356 auf Dauer | 357 eine überwiegend niederdeutsche Bezeichnung für den Tod, die Luther oft gebrauchte; vgl. Luther, Predigt am ersten Weihnachtsfeiertag (1528), in: WA 27, 508,10 (vgl. die Erläuterung des Herausgebers, in: ebd., 554) | 358 Bösewichte | 359 rädern | 360 wenn nicht | 361 in Güte erziehen 362 soweit bringen | 363 rechtzeitigen, guten | 364 gewiss
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nisi in optimam partem eventurum, ut vitam tranquillam atque suavem exigamus omnibus rebus in terris adfluentes. Hinc ipse quoque Paulus ad Ephesios sextoc, hoc ipsum citans pleno ore iactat, ubi inquit: Filii, oboedite parentibus in Domino, hoc enim iustum est: Honora patrem tuum et matrem tuam, quod est mandatum primum in promissione, ut [432] bene tibi sit et sis longaevus super terram. Nam tametsi et aliis praeceptis sua inclusa sit promissio, nulli tamen adeo significanter et expresse quam huic adiecta est. Habes itaque huius praecepti fructum et praemium, ut ille, qui hoc transgressus non fuerit, dies felices exigat nulla pressus inopia; Contra quoque poenam, ut ille, qui parentibus dicto non erit audiens, hoc citius intereat nec unquam sua vita cum voluptate fruatur. Esse enim aut fieri longaevum non tantum ad decrepitam usque aetatem vivere Scriptura nominat, sed omnia habere affatim, quae ad longaevam vitam traducendam pertinent, ut est prospera valetudo corporis, uxor et liberi, victus non tenuis aut sordidus, externa rerum pax, bona et aequabilis Reipublicae administratio et huiusmodi, sine quibus dhaec vita neque iucunde peragi neque diu consistered potest. | Iam ergo si gravaris auscultare parentibus et ab iisdem emendari recusas, esto dicto audiens carnifici. Quod si neque huic oboedire sustines: oboedito θανάτω πανδαμάτορι τῶν κακῶν παίδων διδασκάλῳ. Hoc enim Deus, velis nolis, exigit, ut aut, si ipsi auscultaveris moremque gesteris, tibi largiter et affatim omnibus bonis penset praestiti obsequii promptitudinem, aut, si eius iracundiam tua pertinacia exasperavis, te et morti et carnifici cruciandum obiiciat. Unde etiam agminatim pullulant et emergunt quotidie tot facinorosorum hominum examina, quae partim laqueo, partim gladio, partim etiam rota et igne plectenda et extinguenda sunt quam ex inoboedientia erga parentes? Quandoquidem parentum obiurgationem ex gratia et amore profectam perferre nolunt, sit, ut Dei iracundia in omne facinus prolapsi, deinceps propalam excarnificati parentibus et dolori sint et dedecori. Perraro enim contingit, ut tam perditi et deplorati homines rectam aut maturam mortem oppetant. Ceterum probi et oboedientes benedictionem accepiunt, ut in multa tranquillitate belle et molliter consenescant ac natos natorum (ut supra dictum est) videant in tertiam et quartam generationem usque procreatos. [433] Hoc ipsum experimentis quoque discimus, ut, ubi honestae et vetustae sunt familiaee divitiis et liberorum numerosa sobole abundantes, procul dubio inde incrementum longa quadam propagatione acceperint, quod illorum aliquot sancte educati fuerint suisque maioribus reverenter auscultaverint. Rursum de impiis ita in sacris literis memoriae proditum legimus Psalm 109: Nepotes
c et Hag | d – d hac vita iucunde et voluptuose frui non possumus neque in longitudinem ipsa potest consistere Hag | e progentes Hag
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Fructus et praemium huius praecepti servati.
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Unde tot facinorosi homines.
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werden und ir Name müsse im andern Gelied untergehen.“365 Derhalben lasse dirs gesagt sein, wie gros ding es ist bey Gott umb den gehorsam, weil er in so hoch setzet366, im selbs so wol gefallen lesset und reichlich belohnet, dazu so strenge darüber helt367 zu straffen, die da wider thun.
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Das rede ich alles, das mans dem jungen Volck wol einbleue, denn niemand gleubt, wie dis Gebot so nötig ist, doch bisher unter dem Bapsthumb nicht geachtet noch geleret, es sind schlechte und leichte368 wort, meinet jederman, er künde es vorhin369 wol, darumb feret man uberhin und | gaffet nach andern dingen, sihet und gleubet nicht, das [188v] man Gott so hoch erzürnet, wenn man dis lesset anstehen, noch so köstlich, angeneme werck thut, so man dabey bleibet.
In dieses Gebot gehört auch weiter zu sagen von allerley gehorsam gegen Oberpersonen370, die zu gebieten und regieren haben. Denn aus der Eltern Oberkeit fleusset und breitet sich aus alle andere. Denn wo ein Vater nicht allein vermag sein Kind auffzuziehen, nimpt er einen Schulmeister dazu, der es lere, ist er zu schwach, so nimpt er seine Freund oder Nachbarn zu hülffe, gehet er abe371, so befihlt er und ubergibt das Regiment und oberhand andern, die man dazu ordnet. Item so mus er auch Gesind, Knecht und Megde zum Hausregiment unter im haben, also das alle, die man Herrn heisset, an der Eltern stadt sind und von inen krafft und macht zu regieren nemen müssen. Daher sie auch nach der Schrifft alle Veter heissen, als die in irem Regiment das Vaterampt treiben und Veterlich hertz gegen den iren tragen sollen, wie auch von alters her die Römer und andere sprachen, Herrn und Frauen im Haus, Patres et Matres familias372, das ist Hausveter und Hausmütter genennet haben. Also auch ire Landsfürsten und Oberherrn haben sie Patres patriae, das ist Veter des gantzen Lands, geheissen373, uns, die wir Christen sein wöllen, zu grossen schanden, das wir sie nicht auch also heissen oder zum wenigsten dafür halten und ehren.
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Was nu ein Kind Vater und Mutter schüldig ist, sind auch schüldig alle, die ins Hausregiment gefasset374 sind. Darumb sollen Knechte und Megde
365 Ps 109 (Vg 108),13 | 366 schätzt | 367 wacht | 368 schlichte und einfache | 369 ohnehin | 370 Obrigkeit, Vorgesetzte | 371 stirbt er | 372 Hausherr und Hausherrin, mit Verantwortlichkeit für das Gesinde im Haushalt, d. h. Lehrlinge, Dienstleute usw. | 373 In seinen Reden gegen Catilina sprach Cicero die Mitglieder des Senats mit dem terminus technicus „patres conscripti“ an. Wichtige Staatsmänner nannte er „patres patriae“, z. B. in seiner Rede Pro Sestio LVII. | 374 gehören, einbezogen
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eius eradicabuntur, in generatione altera deleatur nomen eorum. Sit ergo tibi semel atque adeo dictum serio, quanti Deus faciat oboedientiam, cum illi tantum tribuat, ftantum ea delecteturf, ut eius observationem amplissimis praemiis remuneret et rursus transgressores acerbe et immisericorditer puniat. Haec omnia eo a me dicuntur, ut ista pueris sedulo in|culcentur. Nemo enim facile credit, quam gnecessarium sit hoc praeceptum hactenus tamen in Papatu non magni aestimatum ac ne traditumg quidem unquam. Sunt quidem verba vulgaria et facilia, quae nemo non ante sibi probe cognita esse existimat, et haec ipsa causa est, cur tantopere negligantur, adeo ut ad alia nimium curiose intenti simus ignorantes interim neque credentes htam accendi et provocari iram Dei, huius praecepti contemptu et negligentia nostra et vicissim oboedientia eius praecepti tam praeclara et grata opera illi praestarih. In huius praecepti explanatione neque illud tacitum aut silentio praetereundum est, quod ad multiplicem oboedientiam superiorum attinet, nempe eorum, qui versantur in imperio et Reipublicae procurationem sustinent. Siquidem e parentum potestate omnes aliae propagantur et manant. Ubi enim parens aliquis filium rebellem et dyscolum solus educare nequit, magistrum adiutorem sibi adhibet, qui literis ac disciplinis liberalibus pueri ferociam molliat ac mitiget. Quod si huius quoque opera ad retundendam ferocientis ingenii barbariem parum fuerit efficax aut valida, adiungit sibi vicini auxilium. Quod si diem suum obierit, commendat ac tradit filium educandum Magistratibus aut tutoribus ad hoc constitutis. [434] Ad haec ad rei familiaris administrationem servis quoque et ancillis opus est, ita ut omnes, quotquot Domini appellatione censenturi, vice parentum sint, ab iisdemque potestatem ac vim regnandi accipiant. Unde quoque secundum Scripturam omnes dicuntur Patres, utpote, qui in sua gubernatione officium patris obire ergaque subditos patris animum inducere debeant. Quemadmodum et olim apud Romanos et alios plerosque populos, | heros herasque, patres et matres familias nominabant, Ita quoque suos magistratus et principes dixerunt Patres patriae nobis Christianis in dedecus et ignominiam, quod non eadem appellatione parentes et principes nostros dignamur aut ad minimum eos pro talibus honoratos existimamus. jIam quaecunque liberi parentibus suis debent, eadem plane debent illis omnes, qui in oeconomia versantur. Quare et servi et ancillae etiam atque etiam operam dare debentj, ut non solum dominis ac dominabus suis libenter
f – f sibi usque adeo placeat Hag | g – g necessaria sit huius praecepti observatio, cuius hactenus sub papatu parvus suit respectus, imo ne praedicatum Hag | h – h Deum vehementer accendi et inflammari iracundia huius praecepti contemptu et negligentia nostra, cum tamen haec observantes his gratiora et praestantiora faceremus opera Hag | i dignamur Hag | j – j Iam quibuscunque in rebus puer obnoxius est parentibus, in his tota quoque familia iisdem est obnoxia. Inde servi atque ancillae etiam atque etiam impense dent operam Hag
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Oboedientia erga magistratum.
oboedientia erga dominos.
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Oboedientia in oeconomia.
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zusehen, das sie iren Herren und Frauen nicht allein gehorsam seien, sondern auch sie in ehren halten als375 ire eigene Veter und Mütter und thun alles, was sie wissen, das man von inen haben wil, nicht aus zwang und widerwillen, sondern mit lust und freuden, eben umb voriger376 ursachen willen, das es Gottes Gebot ist und im für allen andern wercken wolgefellet, umb welchs willen sie noch lohn solten zugeben377 und fro werden, das sie Herren und Frauen möchten uberkomen378, solch frölich gewissen zu haben und wissen, wie sie rechte güldene werck thun solten, welchs bisher verblibenp379 und verachtet und dafür jederman ins Teuffels namen in Klöster, zu Walfarten und Ablas gelauffen ist mit schaden und bösem gewissen.
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Wenn man nu solches künd dem armen Volck einbilden380, so würde ein Megdlein381 in allen sprüngen gehen382, Gott loben und dancken und mit seuberlicher arbeit, dafür sie sonst narung und lohn nimpt, solchen Schatz kriegen, den alle, die man für die heiligsten achtet, nicht haben. Ists nicht ein trefflicher rhum, das zu wissen | und sagen, wenn du dein tegliche Hausarbeit thuest, das besser ist, denn aller Mönche heiligkeit und strenges leben?383 Und hast dazu die zusagung, das dir zu allem [189r] gutem gedeien384 sol und wolgehen, wie wiltu seliger sein oder heiliger leben, so viel werck betrifft? Denn für Gott eigentlich der Glaube heilig machet und alleine im dienet, die Wercke aber den Leuten. Da hastu alles gut, schutz, und schirm unter dem Herrn, ein frölich gewissen und gnedigen Gott dazu, der dirs hundertfeltig vergelten wil, und bist gar ein Juncker385, wenn du nur from und gehorsam bist. Wo aber nicht, hastu erstlich eitel zorn und ungnade von Gott, kein friede im hertzen, darnach alle plage und unglück. Welchen nu solches nicht
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verblichen Witt1–3; vergeblichen Witt4
375 wie | 376 obiger | 377 Im mittelalterlichen Zunftsystem bezahlten oft die Lehrlinge dem Meister eine Gebühr. | 378 erhalten | 379 unterblieben | 380 einprägen | 381 Dienstmagd | 382 sich sehr freuen | 383 Luther verstand den Beruf als Aufgabe jedes Christen, Gott in seinem jeweiligen Verantwortungsbereich zu dienen; vgl. WA 10/1/1, 306,1–312,14; WA 32, 21,10–13; 109,10f; WA 34/1, 486,9; WA 34/2, 312,17f; WA 36, 339,10–340,38; WA 37, 247,21–32; 477,28–478,33; WA 52, 395,31–399,35. | 384 dienen, ausschlagen | 385 ein glücklicher Mensch
k – k unice placeat Hag | l – l non illibenter mercedem debebant Hag | m – m una cum tam laeta et alacri conscientia possint consequi, tum etiam certi esse, quinam aurea queant operari opera Hag
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pareant, morem gerentes et obtemperantes, verum etiam veluti parentes suos honestent honoribus, non quidem coacte et invito animo, sed prompte et cum gaudio. Et hoc propter priorem causam, quod Deus honorandos eos et colendos praecepit hacque oboedientia prae omnibus aliis operibus kinprimis delectaturk. Cuius rei gratia vel ipsi lprecium impenderel planeque gestire gaudio debebant, si heros et heras mconsequantur tamque pacata et hilari conscientia fruantur et sciant, quomodo vere aurea opera praestare queantm, quae hactenus prorsus rubigne et squalore obscurata et contempta ignoravimus, pro quibus faciendis nemo non impulsu diaboli aut in monasticae vitae lernam11 sceleratissimam semet praecipitavit aut ad divos, mercatum indulgentiarum, decipulas abiit magna iactura et temporis et numorum et conscientiae. Haec ergo, quemadmodum dicta sunt, si misero vulgo iterum atque iterum inculcarentur, qui fieri possit, ut famula non exiliret gaudio, Deo gratias ageret eumque celebraret et mediocri labore, pro quo alias victum et mercedem ac[435]cipit, eiusmodi thesaurum consequeretur, cuius illi, quos sanc|tissimos esse putamus, nunquam facti sunt participes? Nonne vero haec insignis et praeclara est iactantia, nosse et posse dicere, te, si quotidie diurni laboris pensum diligenter absolveris, opus fecisse sanctius ac melius, quam omnium monachorum sanctitas ac vita est, quam dure et laboriose exigunt? nAd haec annexam habes promissionem prospere ac feliciter id tibi casurum esse. Qua ratione vis esse beatior aut sanctiorem vitam agere, quantum ad opera attinet? Nam apud Deum sola fides vere iustificat eique soli servit, opera vero hominibus. Ita fit, ut nihil non boni, protectionis et defensionis sub Domino tuo habeasn, ad haec pacatam conscientiam et faventem Deum obtineas, qui multis servitii tui rationem tibi pensaturus est. Quid multis moror? palam beatus es, dum modo probitatis et oboedientiae virtutem constanter retineas. Sin minus, primum quidem non nisi iram a Deo lucrifacis et inimicitias, postea amissa cordis tranquillitate omnes plagas incurris et infortunia. Quem ergo ista non movebunt et probum facient, hunc tanquam deploratae vitae hominem carnifici commendamus et morti. oQuare quilibet, qui moneri se patitur, cogitet Deum hoc suo praecepto non ludos facere aut
n – n Et ne quid super hac in re in dubium venias, adiectam habes promissionem animum tuum certum facientem servilis conditionis functionem tibi casuram prospere ac feliciter. Qui vero beatius aut sanctius velis vivere, quantum ad opera attinet, cum bonis abunde instructus victum et tutelam ab hero accipias Hag | o – o Quapropter quisque secum cogitet monita nostra non respuens Deum hoc suo praecepto non ludos facere aut iocos exercere sciasque illum ipsum haec tecum loqui debitam oboedientiam exigentem, cui si auscultaveris, Deum habebis clementem et proprium, sin eius verba respueris, non est, quod dubites tua praemia quoque fore dolorem, aerumnas et ignominiam Hag 11
Der lernäische Sumpf bei Argos auf dem Peloponnes, wo Herakles die vielköpfige Schlange tötete; vgl. dazu Erasmus, Adagia I, 3,27: „Lerna malorum: de malis plurimis simul in unum congestis et accumulatis“.
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Opera oeconomica.
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bewegen wil und from machen, den befehlen wir dem Hencker und streckebein386. Darumb dencke ein jeglicher, der im wil sagen387 lassen, das Gotte kein schertz ist, und wisse, das Gott mit dir redet und gehorsam fodert; gehorchestu im, so bistu das liebe Kind, verachtestu es aber, so hab auch schande, jamer und hertzeleid zu lohn. Desgleichen ist auch zu reden vom gehorsam weltlicher Oberkeit, welche (wie ge|sagt) alle in den Vaterstand gehöret und am allerweitesten umb sich greiffet388, denn hie ist nicht ein einzeler Vater, sondern qso vieler leuteq Vater, so viel er landsessen389, Bürger oder Unterthane hat; denn Gott gibt und erhelt und durch sie als durch unsere Eltern Narung, Haus und Hoff, schutz und sicherheit. Darumb, weil sie solchen Namen und Tittel als iren höchsten Preis mit allen ehren füren, sind wir auch schüldig, das wir sie ehren und gros achten für den teuersten Schatz und köstlichste Kleinot auff Erden.
Wer nu hie gehorsam, willig und dienstbar ist und gerne thut alles, was die Ehre belanget, der weis, das er Gott gefallen thut, freud und glück zu lohn kriegt. Wil ers nicht mit liebe thun, sondern verachten und sich sperren390 oder rhumoren391, so wisse er auch widerumb, das er kein Gnade noch Segen habe und, wo er ein gülden392 damit meinet zuerlauffen, anderswo zehenmal mehr dagegen verliere oder dem Hencker zu teil werde, durch Krieg, Pestilentz, und Teurung umbkome oder an seinen Kindern kein guts erlebe, vom Gesind, Nachbarn oder frembden, und Tyrannen, schaden, unrecht und gewalt leiden müsse, auff das uns bezahlt werde und heimkome393, was wir suchen und verdienen.
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Wenn uns nur ein mal zusagen were394, das solche werck Gott so angeneme sind und so reichliche belohnung haben, würden | wir in eitel uberschwenglichen gütern sitzen und haben, was unser hertz begeret. Weil man aber Gottes Wort und Gebot so gar verechtlich helt, als hette es irgend ein holhipler395 geredt, so las auch sehen, ob du der Man seiest, der im entsitzen396 künde?
q–q
sovielmal Witt1–3
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niederdeutscher Ausdruck für den Tod | 387 der sich lehren lassen will | 388 sich erstreckt Einwohner | 390 sich widersetzen | 391 lärmen | 392 Ein Gulden hatte 21 Groschen. Ein Scheffel Hafer kostete 1529 in Wittenberg etwa vier Groschen. | 393 zukomme, vergolten werde 394 Wenn wir uns nur einmal sagen ließen | 395 eigentlich: Verkäufer von hohlen Küchlein, aber – wie hier – auch in der Bedeutung: Schwätzer, Großmaul, Gassenjunge. | 396 trotzen 389
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iocos exercere sciasque illum ipsum haec tecum loqui et oboedientiam requirere. Quod si illi pmorem gesserisp, placebis ei eiusque dilectus filius eris. Sin vero contempseris, age et dedecus, aerumnas et dolores praemii loco tibi habetoo. 5
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Similiter quoque dicendumq est de oboedientia, quae debetur ma|gistratibus, quae, ut diximus, et ipsa in parentum ordinem pertinet et huc referenda est omnium maxime longe lateque patens. Neque enim hic saltem unius familiae parens est, sed toties pater princeps existimandus est, quotquot cives aut subditos suae ditioni subiectos habuerit. Quippe Deus non secus per illos quam parentes nos alit ac sustinet illorum opera victum nobis praestans, penates, tutelam, pacem atque securitatem. Quamobrem, cum rnomen et [436] titulum illum uti summum decus et gloriam suam, merito et dignissime gestentr, vicissim et nos debemus eos, ut digni sunt, omni honore ostenso magnifacere ut thesaurum in terris omnium preciosissimum. Iam qui hic prompto ac lubenti animo obsequitur neque gravatim ea, quae ad exhibendum honorem attinent, exequitur, sis scit se rem Deo gratam faceres praemiique loco gaudium ac felicitatem se consecuturum. Quod si gravatur facere, aut magistratus etiam contemnit aut concitato tumultu rebellat, rursum quoque ille sciat nullius gratiae aut benedictionis divinae unquam sese futurum compotem, sed ab his omnibus excidisse planissime. Et ubi sperat hac sua inoboedientia aureum se lucraturum, alibi in decuplo graviorem iacturam faciet aut in carnificis manus incidet, aut tvel bello vel peste vel fame peribit aut liberos suos degeneres omnique vitiorum genere coopertos videbit, a familia, vicinis, hostibus, fisco et tyrannis certatim compilabitur, damnum accipiet et per iniuriam opprimetur, ut ita dignum ad nos redeat praemium, id quod per inoboedientiam et quaerimus et meremurt. Proinde si upersuaderi saltem id nobis aliquando pateremur, ut crederemus in tantum haec opera placere Deo tamque amplum praemium propositum sibi habere, equidemu | in exuberantissima omnium rerum copia felicissimam vitam degeremus, omnia quaecunque humanus animus concupiscit possidentes. vQui verov tam leviter et ne unius quidem assis Dei verbum et praeceptum aestimare solemus, quasi Cares quispiam aut Thressis homuncio illud dixisset sanxissetque, videris quoque, num tu is vir sies, qui aequo Marte cum illo possit in arenam descendere. Quam vero difficile factu hoc illi erit, ut te q
p–p
quaeque arrideant, feceris Hag | q – q Haud dispari quoque ratione disserendum Hag | r – r illi vitae moderatione, aequitte, iustitia aliisque virtutibus titulo ac nomini suo respondeant Hag s – s ille non ignorat Deo se gratificari Hag | t – t bello et peste peremptus aut propter annonae difficultatem fame effractus interibit aut liberos suos degeneres omnique vitiorum genere cooptertos videat, a familia vicinis, hospitibus, fisco et tyrannis certatim compiletur et damnum accipiat, per iniuriam opprimatur, ut dignis pensetur praemiis id, quod per inoboedientiam nostram quaesitum ivimus. Hag | u – u apud nos vel semel tantum valeret alicuius cordati viri consilium et admonitio, nimirum ut crederemus talia opera in tantum placere Deo neque minus grata esse, Hag | v – v Ceterum cum Hag
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Oboedientia in politia. | BSLK 599
Opera politica.
Poenae.
Unde tot calamitates et miseriae. [BSLK 600]
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Der Große Katechismus
Wie schweer wirds im wol werden, das er dich wider bezale397? Darumb lebtestu je so mehr mit Gottes hulde, [189v] friede und glück als mit ungnade und unglück. Warumb meinestu, das jetzt die Welt so voll untreu, schande, jammer und mord ist, denn das jederman sein eigen Herr und Keyser frey398 wil sein, auff niemand nichts geben und alles thun, was in gelüstet? Darumb straffet Gott einen buben mit dem andern399, das, wo du deinen Herren betreugst oder verachtest, ein ander kome, der dir wider also mitfare400; Ja das du in deinem Haus von Weib, Kind oder Gesinde zehen mal mehr leiden müssest.
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Wir fülen unser unglück wol, murren und klagen uber untreu, gewalt und unrecht, wöllen aber nicht sehen, das wir selbs buben401 sind, die straffe redlich verdienet haben und nichts402 davon besser werden; wir wöllen kein Gnade und Glück haben, | darumb haben wir billich eitel unglück on alle barmhertzigkeit. Es müssen noch etwa frome leut auff Erden sein, das uns Gott noch so viel guts lesset, unserthalb solten wir kein Heller im Haus, kein Strohalmen auff dem Felde behalten. Das alles habe ich müssen mit so viel worten treiben, ob es einmal jemand wolt zu hertzen nemen, das wir der blindheit und jammers, darin wir so tieff gelegen sind, möchten los werden, Gottes wort und willen recht erkennen und mit ernst annemen. Denn daraus würden wir lernen, wie wir kündten freude, glück und heil, zeitlich und ewig gnug haben.
Also haben wir zweierleyr Veter in diesem Gebot fürgestellet, des Geblüts403 sund des Ampts oder der sorges, im Hause und im Lande, darüber404 sind auch noch geistliche Veter405, nicht wie im Bapstthum, die sich wol also haben lassen nennen, aber kein Veterlich ampt gefüret, denn das heissen allein geistliche Veter, die uns durch Gottes wort regieren und fürstehen, wie sich Sanct Paulus ein Vater rhümet. 1. Cor. 4. da er spricht: „Ich habe euch gezeuget in Christo Jhesu durch das Evangelium.“406 Weil sie nu Veter sind, gebürt
r
dreierlei Witt1–3 | s – s nicht in Witt1–3
397 vergelte | 398 niemand über sich haben, rechtsfrei | 399 Sprichwort | 400 mit dir umspringe, mitspiele | 401 Schalke | 402 überhaupt nicht | 403 leibliche Verwandtschaft | 404 außerdem | 405 Im Mittelalter wurden Äbte, Bischöfe und Priester auch als „Vater“ bezeichnet. | 406 I Kor 4,15
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persolvens tuam contundat ferociam? Quare multo quidem mihi videretur consultius et praestabilius magisque in rem tuam foret, ut potius in Dei favore, pace ac gratia neque non felici rerum successu viveres quam eodem tibi hostiliter adversante et inimico existente. Unde nam putas universum iam orbem refertum esse [437] perfidia, malitia, sceleribus, rapina, caede, periuriis, latrocinio omnique genere calamitatum atque dedecoris, quam quod nemo alieni imperii iugum ferre sustinet? quod quisque liber, quisque sui iuris καὶ αὐτόνομος esse conatur neminemque revereri aut metuere, sed, quodcunque animo suo visum aut libitum est, facere vultw? Inde fit, ut Deus latronem latrone puniat, ut ubi domino tuo fraudulenter imposueris aut eundem superbe spreveris, alius veniat, qui xeadem mensura tibi remetiatur, imo et in propriis laribus ab uxore, liberis et familia decuplo plus perferre cogarisx.12 Sentimus equidem haud obscure nostrum infortunium murmurantes et conquerentes de perfidia, vi, iniuria, sed interim clausis oculis egregie dissimulamus nos ipsos intus et in cute nebulones esse perditissimos, qui poe|nam hanc amplissime meriti simus nec tamen vel tantillum vita in melius commutata resipiscere animum inducamus. Nullum locum gratiae et felicitati apud nos reliquum facimus, iure ergo optimo non nisi infortunium et acerbitatem omni sublata misericordia persentiscimus. Et profecto reor adhuc in humanis esse alicubi pios ac probos homines, cum tantum boni adhuc Deus nobis tribuere soleat; nam nostri gratia ne teruntium quidem in aedibus aut stipulam in arvis retinere debebamus. Haec omnia eam ob rem mihi percensenda fuere verbosius, si semel quispiam ista vel tandem emollitus corde conciperet, ut a miseranda ista caecitate et calamitate, in qua tam profunde immersi iacuimus, liberaremur Dei verbum ac voluntatem cognoscentes ac denique serio arripientes. Ex hoc enim disceremus, quo pacto gaudio, prosperitate et salute hic et in futuro saeculo frui possemus. Ita triplices in hoc praecepto Patres nobis praestitutos esse videmus: Primum quidem sanguinis, Deinde praesidentes in aedibus, Ultimo, quibus patres gubernandae Reipublicae commendatae sunt. Praeter hos supersunt adhuc patres spirituales, non illi quidem, qui hactenus in Papatu hoc nominis sibi falso arrogarunt neque tamen ullum patris offi[438]cium sunt executi. Illi enim soli spirituales patres dici merentur, qui verbo Dei nos pascunt, regunt ac docent et fideliter praesunt gregi. Quo nomine S. Paulus se patrem iactat scribens Corinthiis, I. Corinth. 4: In Christo Iesu per Evangelium vos genui. Cum ergo patres eos esse constet, et his honor prae omnibus aliis deferendus est. Verum enimvero hic omnium minime cernitur. Ad hunc enim modum a
w
nicht in Hag | x – x αὐτῷ τῷ μέτρω καὶ λώϊον Hag
12
Vgl. Hesiod, Ἔργα καὶ ἡμέρα CCCL.
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Triplices patres.
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inen auch die ehre, auch wol für allen andern, aber da gehet407 sie am wenigsten, denn die Welt mus sie so ehren, das man sie aus dem Lande jage und nicht ein stück Brots gönne, und summa, sie müssen (wie Paulus sagt) der Welt keerich408 und jedermans schabab und fußtucht sein.409 Doch ist not, solches auch in den Pöbel zu treiben410, das, die da Christen heissen wöllen, für Gott schüldig sind, die, so irer | Seele warten, zwiefacher ehren werd zu halten411, udas sie inen wol thun und sie versorgenu, da wil dir Gott auch gnug zugeben und keinen mangel lassen. Aber da sperret412 und wehret sich jederman, haben alle sorge, das der bauch verschmachte, und können itzt nicht einen rechtschaffenen Prediger neeren, da wir zuvor zehen Mastbeuche gefüllet haben413. Damit wir auch verdienen, das uns Gott seines Worts und Segens beraube und [190r] widerumb Lügenprediger auffstehen lasse, die uns zum Teuffel füren, dazu unser schweis und blut aussaugen414.
Welche aber Gottes willen und gebot für augen halten, haben die verheissung, das inen reichlich sol vergolten werden, was sie beide an leibliche und geistliche Veter wenden, und inen zu ehren thun, nicht das sie ein jar oder zwey brot, kleider und gelt haben sollen, sondern langes leben, narung und friede und sollen ewig reich und selig sein. Darumb thue nur, was du schüldig bist und lasse Gott dafür sorgen, wie er dich neere und gnug schaffe, hat ers verheissen und noch nie gelogen, so wird er dir auch nicht liegen. Solchs solt uns je reitzen und ein hertz machen, das zu schmeltzen möchte für lust und liebe gegen denen, so wir ehre schüldig sind, das wir die hende auffhüben und frölich Gotte dancketen, der uns solche verheissunge gegeben hat. Darnach wir bis an der Welt ende lauffen solten, denn ob gleich alle Welt zusamen thete, | vermöchte sie uns nicht ein stündlin zum leben zulegen oder
t
nicht in Witt2, Witt3 | u – u wohltuen und versorgen Witt1–3
407 ist … in Übung | 408 Dreck, Abfall | 409 Abschaum; vgl. I Kor 4,13. Seit 1530 übersetzte Luther „ein Fluch der Welt und ein Fegopfer aller Leute“. „Schabab“ ist der Imperativ zu dem Verbum „abschaben“ und bezeichnet schon im Mittelhochdeutschen etwas Verächtliches. Luther wollte irrigerweise das Wort von dem hebräischen שב ָׅבים ְ , Späne, (Hos 8,6) ableiten; vgl. WA 8, 198,22f; WA 13, 39,12–14; WA 17/2, 529; 374,20–22 (vgl. die Erläuterung des Herausgebers, in: ebd., 529f); WA.DB 7, 96f. | 410 einzuprägen | 411 Vgl. I Tim 5,17. | 412 sträubt | 413 Die Abschaffung der Pfründen durch die Einführung der Reformation führte dazu, dass das Geld, das für die Lesung von Messen für Verstorbene an die Priester gezahlt worden war, an die Obrigkeit fiel. Luther setzte sich gegen die Fürsten (vgl. WA 44, 670,28–671,18), aber auch gegen die Bauern (vgl. WA.TR 2, 252 [Nr. 2622] und WA.TR 4, 68 [Nr. 4002]) vehement dafür ein, dass dieses Geld für
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mundo honorandi et honestandi sunt, ut passim | eiecti oppidis agantur in exilium et ne frusto quidem panis pascantur citra invidiam et in summa huius mundi purgamenta, ut Paulus eodem capite loquitur, et peripsemata omnium esse cogantur. Veruntamen valde necessarium est, ut haec quoque summa diligentia vulgo inculcentur eos, qui Christiani esse contendunt, coram Deo debere pro officio, ut duplici honore illos afficiant, qui eorum animarum curam gerunt, ut eosdem vicissim alant ac foveant, ad quod iterum Deus abunde suppeditabit, ut nulla premaris inopia. Sed hic rursum nemo non pertinacissime tenax est, metuensy 13, ne forte venter fame effractus contabescat. Nec unum iam valemus doctum, probum atque zfidelem contionatoremz alere, ubi ante decem cucullatos porcos aut aleatores sacrificos tantum abdomini servientes opipare saginavimus. Qua ratione etiam promeremur, ut suo verbo et benedictione Deus nos iterum tantae ingratitudinis gratia privet atque defraudet sinatque iterum mendaciorum doctores exoriri, qui suis imposturis recta ad Orcum nos ducitent neque non sudorem et sanguinem nostrum devorent. Ceterum, qui Dei voluntatem et praeceptum reverentur, eam promissionem acceperunt fore, ut illis affatim pensetur, quicquid in alendis cum corporalibus, tum spiritualibus patribus insumserint aet ad amplificandum ipsorum honorem praestiterinta, non quod per unius tantum anni spacium abunde habituri sint victum, vestitum et aliquantulum pecuniae possessuri, sed quod longaevi futuri sint commeatu instructi splendido, pacis tranquillitate fruituri, breviter [439] perpetuo divites ac beati. Quare etiam atque etiam cura, ut, quod officium tuum exigit, prompte facias omnemque curam in Deum reiicias, quomodob te aliturus sit aut omni copia instructurus. Quod si promisit nec unquam cuiquam mendax aut deceptorc inventus est, nec tibi mentietur. Haec, inquam, nos provocare debebant ac talem animum facere, qui se omnium aman|tissime effunderet erga eos, quibus honorem debemus, ita ut supinis manibus gaudentes Deo gratias ageremus, qui eiusmodi promissiones nobis tribuit, quarum gratia ad extremos Indos14 impigerrime cursitare debebamus. Nam tametsi totus mundus omnes suas vires conferret, ne horulam quidem ad summam vitae nostrae posset adiicere aut unicum saltem granum e terra producere. Deus haec omnia et vult et potest tibi superabun-
y
ὑπὸ κόλπου χεῖρας ἔχων metuensque Hag. S. Anm. 13. | nicht in Hag | b quinam Hag | c danach: et fraus Hag
z–z
industrium praedicatorem Hag
a–a 13
Vgl. Theokrit, Carmina XVI, 16. Vgl. Anm. y. | „In extremos penetrabit Indos“.
14
Vgl. Catull, Liber Catulli Veronensis XI, 2:
den Unterhalt der evangelischen Pfarrer gebraucht wurde. | 414 Ein Hinweis auf die Täufer, z. B. Hans Hut und Melchior Rinck, die ab 1526 ohne ordentliche Berufung ins Pfarramt in Thüringen gepredigt hatten.
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Qui honor ministris verbi habendus.
Praemia honorantium ministros verbi.
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ein körnlin aus der Erden zugeben. Gott aber kan und wil dir alle uberschwenglich nach deines hertzen lust geben. Wer nu solches verachtet und in wind schlecht, der ist je nicht werd, das er ein Gottes wort höre. Das ist nu zum uberflus415 gesagt allen, so unter dis Gebot gehören. Daneben were auch wol zu predigen den Eltern und was ir ampt füret416, wie sie sich halten sollen gegen denen, so in befohlen sind zu regieren. Welchs, wiewol es in zehen Geboten nicht ausgedrückt417 stehet, ist es doch sonst an vielen orten der Schrifft reichlich geboten. Auch wil es Gott eben in diesem Gebot mit eingebunden haben, als418 er Vater und Mutter nennet. Denn er wil nicht buben noch Tyrannen zu diesem Ampt und Regiment haben, gibt inen auch nicht darumb die ehre, das ist macht und recht zu regieren, das sie sich anbeten lassen, sondern dencken, das sie unter Gottes gehorsam sind und für allen dingen sich ires Ampts hertzlich und treulich annemen, ire Kinder, Gesinde, Underthanen, etc. nicht allein zu neeren und leiblich zuversorgen, sondern allermeist zu Gottes lob und ehre auffzuziehen. Darumb dencke nicht, das solches zu deinem gefallen und eigener wilköre stehe, sondern das Gott strenge geboten und auffgelegt hat, welchem du auch dafür wirst müssen antworten419.
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Da ist nu abermal die leidige plage, das niemand solches warnimpt noch achtet, | gehen hin, als gebe uns Gott Kinder, unser lust und kurtzweil420 daran zu haben, das Gesinde wie eine Kue oder Esel allein zur arbeit zubrauchen oder mit den Unterthanen unsers mutwillens421 zu leben, lassen die gehen, als giengs uns nichts an, was sie lernen [190v] oder wie sie leben und wil niemand sehen, das der hohen Maiestet befehl ist, die solchs ernstlich wird fodern422 und rechen, noch das so grosse not thut423, das man sich der Jugend mit ernst anneme. Denn wollen wir feine424, geschickte leute haben, beide zu weltlichem und geistlichem Regiment, so müssen wir warlich kein
415
ausführlich | 416 ist, bedeutet | 417 ausdrücklich | 418 wo | 419 vor wem du auch dich wirst verantworten müssen. Luther mahnte die Fürsten oft, dass sie gerecht und väterlich mit ihren Untertanen umgehen sollten; vgl. Luther, Der 82. Psalm ausgelegt (1530), in: WA 31/1, 194,28–196,34; ders., Der 101. Psalm durch D. M. Luther ausgelegt (1535), in: WA 51, 228,33–230,36; ders., Warnung an seine lieben Deutschen (1531), in: WA 30/3, 276–320. | 420 Unterhaltung | 421 nach unserm Belieben, Gutdünken | 422 fordern; vgl. Anm. 1094. | 423 noch so notwendig ist | 424 tüchtige
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danter et plena (quod aiunt) manu15 praestare ex animi tui voto atque sententia. Iam qui talia negligit aut ventis et aurae discerpenda16 permittit, ille indignior est, quam ut ullum Dei verbum audiat. Haec velut auctarii loco iis, qui huic praecepto subiecti sunt, diximus. Ad haec parentes quoque docendi essent, quaenam illorum sint partes et officia, quomodo se gerere debeant erga nos, quos gubernandos et tuendos susceperunt. Quae res etsi dilucide in Decalogo expressa non est, multis tamen aliis in locis Scripturae abunde praecepta invenitur ac tradita. Deus quoque hoc ipso praecepto haec vult subintellegi, ubi parentum mentionem facit. Neque enim eius voluntas est, ut aut perditi nebulones aut enormes tyranni huius officii procurationem obeant, neque in hoc illis ipsis honorem tribuit, hoc est, potentiam et ius regendi, ut se precibus tanquam numen aliquod adorari patiantur, sed cogitent potius, quod et ipsi Deo oboedientiam debeant, ut officium suae fidei delegatum ipsis curae sit ac solicitudini utque liberos, familiam et subditos suos non tantum nutriant et corporalibus alimentis provideant, sed omnium maxime ad laudem et gloriam Dei propagandam educent. Quamobrem nequaquam fac cogites haec in tuo arbitratu aut [440] voluntate sita esse, ut statuas aut facias in his, quae tibi visa fuerint, sed quod Deus haec tibi graviter atque adeo serio facienda praeceperit, cui etiam aliquando exigenti harum rerum rationem redditurus es. Sed quam hic rursus miserandam plagam videmus, quod huius officii nemo | respectum aut curam habere dignatur perinde agentes, ac si Deus liberos tantum in hoc nobis dedissetd, ut animi fallendi gratia nobis voluptati essent aut delectamento, praeterea familiam tantum in hoc, ut ea tanquam bove aut asino opere faciundo utamur aut cum subditis pro animi nostri libidine agamus non secus eos habentes neglectui, quam si ad nos non pertinerent aut nostra nihil interesset, quid discant aut quibus pietatis studiis suam vitam traducant. Nec quisquam eo intendit animum, ut cogitet hoc divinae maiestatis esse praeceptum hoc ipsum severe examinaturaee et graviter ulturae, aut summam necessitatem hoc exigere, ut iuventutis recte educandae atque instituendae praecipua habeatur cura et ratio. Quod si enim cum ad spiritualem, tum mundanam rerum administrationem homines idoneosf, promptos et appositos habere desideramus, profecto non erit ulli parcendum labori aut operae aut impensis diligenter docendo atque instituendo liberos, ut et Deo servire et hominibus utiles esse queant. Neque tantum nobis cogitandum est, quo pacto illis ipsis magnam saltem nummorum vim cumulemus ac repona-
d
praestitisset Hag | e exigentis Hag | f nicht in Hag
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Sprichwörtliche Redensart: mit vollen Händen; vgl. z. B. Cicero, Ad Atticum II, 25,1. | Catull, Liber Catulli Veronensis LVI, 142: „discerpunt inita venti“.
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Vgl.
De officio parentum et superiorum erga liberos et inferiores.
De negligentia parentum et superiorum in suo officio. | BSLK 604
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Der Große Katechismus
fleis, mühe noch kost an unsern Kindern sparen, sie zu leren und erziehen, das sie Gott und der Welt dienen mügen und nicht allein dencken, wie wir inen gelt und gut samlen, denn Gott kan sie wol on uns neeren und reich machen, wie er auch teglich thut. Darumb aber hat er uns Kinder gegeben und befolen, das wir die nach seinem willen auffziehen und regieren, sonst dürffte er Vater und Mutter nirgend zu. Darumb wisse ein jeglicher, das er schüldig ist bey verlust Göttlicher gnade, das er seine Kinder vor allen dingen zu Gottes furcht und erkentnis ziehe und, wo sie geschickt sind, auch etwas lernen und studieren lasse, das man sie, wozu es not ist, brauchen künde.
BSLK 605
Wenn man nu solches thete, würde uns Gott auch reichlich segenen und gnade geben, das | man solche leute erzöge, der Land und Leut gebessert möchten werden425, dazu feine gezogene426 Bürger, züchtige und heusliche Frauen, die darnach fortan frome Kinder und Gesind ziehen möchten. Da dencke nu selbs, wie mordlichen427 schaden du thust, wo du dir darinne verseumlich bist und an dir lesset feilen, das dein Kind nützlich und seliglich erzogen werde, dazu alle sünd und zorn auff dich bringest und also die Helle an deinen eigen Kindern verdienest, ob du gleich sonst from und heilig werest. Derhalben auch Gott, weil man solchs verachtet, die welt so greulich straffet, das man kein zucht, Regiment noch friede hat, welches wir auch alle klagen428, sehen aber nicht, das es unsere schuld ist, denn wie wir die ziehen, so haben wir ungeratene und ungehorsame Kinder und Underthanen429. Das sey gnug zur vermanunge, denn solches in die lenge zu treiben, gehöret auff ein ander zeit.
Das V. Gebot: Du solt nicht tödten.
BSLK 606
Wir haben nu ausgerichtet430 beide, Geistlich und Weltlich Regiment, das ist Göttliche und Veterliche Oberkeit und gehorsam. Hie aber gehen wir nu aus unserm haus unter die Nachbarn, zu lernen, wie wir untereinander leben sollen, ein jeglicher für [191r] sich selbst gegen | seinem Nehesten. Darumb ist in diesem Gebot nicht eingezogen431 Gott und die Oberkeit noch432 die macht genomen, so sie haben zu tödten. Denn Gott sein Recht, ubeltheter zu
425 von denen … Vorteil haben möchten | 426 zur Tüchtigkeit erzogene | 427 schrecklichen, entsetzlichen | 428 beklagen | 429 Vgl. die Vorrede zu Justus Menius’ Oeconomia christiana (1529), in: WA 30/2, 62,1–63,22; Luther, Predigt, dass man Kinder zur Schulen halten solle (1530), in: WA 30/2, 517–588. | 430 behandelt, durchgesprochen | 431 einbezogen, inbegriffen | 432 noch ihnen
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Viertes und Fünftes Gebot
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mus. Hos enim Deus citra nostram operam alere ac ditare novit, id quod etiam quotidie factitat. Ideo vero liberos nobis largitus est et commendavit, ut eosdem iuxta voluntatem eius educemus regamusque, alioqui nihil opus erat parentibus. Quapropter quisque indubitate ita habeat se debere pro officio eoque astringi, qui modo nolit infensum et inclementem Deum suo malo experiri, ut ante omnia gad Dei timorem et agnitionemg suos liberos educeth. Atque ubi aliqua relucebit spes egregii ingenii aut non malae indolis, eosdem quoque bonis literis ac disciplinis imbuendos et formandos [441] tradant, ut eorum opera iad politiam eti ad quamcunque rem opus fuerit, uti queant homines. His peractis diligenter et strenue Deus nobis haud dubie suam benedictionem | et gratiam largiter impertiret, ut eiusmodi educarentur homines, a quibus cum ipsa patria, tum populares precipuum emolumentum caperent. Et huius quoque disciplinae sedulitate et studio brevi emergerent bene modesti et recte educati cives, tum pudicae beneque moratae matronae rei familiaris diligentes et studiosae, qui deinceps indesinenter probos liberos et familiam laudabilem procrearent. Iam ipse tecum animo repete, quam nefarium jadmittas facinus, quamque atrox damnum desj, si hac in re negligenter agas aut per te stet, quo minus liberi tui utiliter ac salubriter educentur. Ad haec omnibus peccatis et ira temet gravas et oneras, ita ut liberorum tuorum ergo aeternam damnationem promerearis, tametsi alias sanctam atque inculpatam vitam traduxeris. Eam ob rem Deus quoque, cum ista tam omisso animo negliguntur, mundum inusitatis et non dicendis poenis afficit, ut nullius disciplinae et pacatae gubernationis vestigium apud nos cernatur amplius, quod non raro dolenter conquerimur interim non videntes tantarum tragoediarum culpam nostram esse. Quemadmodum enim regere consuevimus, ita rebelles ac degeneres subditos et liberos experimur. Et haec monendi gratia in praesens sufficiant, haec enim tractare prolixius aliud tempus postulat.
Praeceptum V: Non occides.
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Commoda rectae educationis. BSLK 605
Hactenus et spiritualem et mundanum magistratum, hoc est, cum Dei, tum parentum et oboedientiam exequuti sumus. Hoc vero in loco ex aedibus nostris ad vicinos egredimur ad discendum, quo pacto nobis inter nos cuique erga | proximum vita instituenda atque exigenda sit. Quare hoc praecepto Deus et magistratus non sunt comprehensi [442] neque illis et ius et facultas perimendi facinorosos, quam obtinent, sublata est. Siquidem Deus ius suum
g–g j–j
nicht in Hag | h danach: Ut Deum pio metu revereantur et cognoscant. Hag | facinus admittere aut damnum dare soleas Hag
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i–i
nicht in Hag
Continuatio.
BSLK 606 | Hoc praeceptum non [442] pertinere ad magistratum.
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BSLK 607
Der Große Katechismus
straffen, der Oberkeit an der Eltern stat befohlen hat, welche vor zeiten433 (als man in Mose434 lieset) ire Kinder selbst musten für Gericht stellen und zum todt urteilen. Derhalben, was hie verboten ist, ist einem gegen dem andern verboten und nicht der Oberkeit. Dis Gebot ist nu leicht435 gnug und offt gehandelt436, weil mans jerlich im Evangelio höret, Matth. 5.437, da es Christus selbst auslegt und in eine summa fasset. Nemlich das man nicht tödten sol, weder mit hand, hertzen, mund, zeichen, geberden noch hülffe und rath. Darumb ist darin jederman verboten zu zürnen, ausgenomen (wie gesagt) die an Gottes stat sitzen, das ist Eltern und Oberkeit. Denn Gott und was im Göttlichen stand ist, gebüret zu zürnen, schelten und straffen, eben umb dere willen, so dis und andere Gebot ubertreten. Ursach aber und not438 dieses Gebots ist, das Gott wol weis, wie die Welt böse ist und dis leben viel unglücks hat, darumb hat er dis und andere gebot zwischen gut und böse gestellet. Wie nu mancherley anfechtung ist wider alle gebot, Also gehets hie auch, das wir unter viel leuten leben müssen die uns leid thun, das wir ursach kriegen inen feind zu sein. Als439 wenn dein Nachbar sihet, das du besser Haus und Hoff, mehr guts und glücks von Gott hast denn er, so verdreusts inen, neidet440 dich, und redet nichts guts von dir. Also kriegestu viel feinde durch der Teuffels anreitzung, die dir kein guts, weder leiblich noch geistlich gönnen, wenn man denn solche sihet, so wil unser hertz widerumb wüten und bluten441, und sich rechen. Da hebt442 sich denn wider fluchen und schlahen, daraus endlich jamer und mord folget. Da kompt nu Gott zuvor wie ein freundlicher Vater, legt sich ins mittel443 und wil den hader | geschieden haben, das kein unglück daraus entstehe noch einer den andern verderbe. Und summa wil er hiemit jeglichen beschirmet, befreiet444 und befriedet445 haben für jedermans frevel und gewalt, und dis Gebot zu ringmauren, festen und freiheit446 gestellet haben umb den Nehesten, das man im kein leid noch schaden am leib thue.
So stehet nu dis Gebot darauff447, das niemand seinen Nehesten beleidige umb irgend eines bösen stücks willen, ob ers gleich höchlich verdienet, denn wo 433 früher | 434 Vgl. Dtn 21,18–20. | 435 leicht verständlich | 436 behandelt | 437 Vgl. Mt 5,20–26, das Evangelium des 6. Sonntags nach Trinitatis; vgl. Luthers Predigten über diesen Text im Jahre 1522, in: WA 10/3, 242,1–256,25; im Jahre 1523, in: WA 11, 147,7–150,23; WA 12, 621,1–629,8; im Jahre 1524, in: WA 15, 645,1–649,15; im Jahre 1525, in: WA 17/1, 331,12–334,3; 336,29–337,16; im Jahre 1526, in: WA 20, 454,4–457,19; im Jahre 1528, in: WA 27, 259,6–267,10; 267,11–273,20; im Jahre 1531, in: WA 34/2, 1,1–8,32; 9,1–15,31; im Jahre 1534, in: WA 37, 381,20–385,30; 480,27–483,30; im Jahre 1536, in: WA 41, 637,25–641,36; im Jahre 1537, in: WA 45, 109,6–113,40; vgl. auch Luther, Roths Sommerpostille (1526), in: WA 10/1/2, 327–330; ders., Zwo Predigten vom Zorn (1536), in: WA 22, 104,25–105,12; ders., Hauspostille (1544), in: WA 52, 404. | 438 Not-
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plectendi criminosos magistratui parentum loco commendavit ac credidit, qui antiquitus ipsi (ut in Mose legitur) suos ipsorum liberos in ius rapere ac iudicio condemnare cogebantur. Quapropter quidquid hic interdicitur, privatis personis peculiariter interdictum est et non magistratui. Iam hoc praeceptum est intellectu valde facile ac crebro declaratum, quando quotannis in Evangelio Matth. 5 auditur, ubi illud Christus ipse interpretatur ac summatim complectitur, scilicet neque manu neque cordis cogitationibus neque ore neque signis neque consilio et auxilio kesse occidendumk. Quare omnibus hic irasci interdictum est, exceptis his, ut diximus, qui Dei locum in terris obtinent, hoc est, parentibus et magistratui. Dei enim et illorum, qui in divinum ordinem cooptati sunt, interest irasci, indignari, obiurgare et punire ob eos ipsos, qui hoc et alia praecepta flagitiose transgrediuntur. Ceterum huius praecepti constituendi necessitas et causa haec fuit, quid Deo obscurum non erat, quanta esset mundi malitia et iniquitas, et quam haec vita multis obnoxia esset periculis, eam ob rem Deus hoc praeceptum inter bonos et malos constituit. Iam quemadmodum multae sunt aliorum praeceptorum impugnationes, ita quoque huius non sunt paucae aut modicae, ut cum multis hominibus nobis vivendum sit, qui nos iniuria afficiunt, unde causas nanciscimur inimico animo eosdem prosequendi. Exempli causa: Si vicinus tuus viderit tibi esse aedes splendidiores, numerosiorem familiam, pinguiores agros, plus opum atque fortunae a Deo esse quam sibi, statim aegre patitur, tibique prosperos rerum successus invidere incipit neque quidquam boni de te aut cogitat aut loquitur. Ita impulsu mali Genii multos consequerisl inimicos, qui nihil boni neque | spiritualiter neque corporaliter tibi faveant. Hos ergo cum videmus, animus noster vicissim ira exaestuat ac vindictae cupiditate ardere incipit. Inde maledictorum ac li[443]tium pullulant initia, ex quibus deinceps calamitates et caedes emergunt oriunturque. Hic vero Deus tanquam amicus ac clemensm Pater praevenit seque interponit arbitrum volens omnem discordiam componi ac praescindi, ne qua oriatur iniuria aut alius perdat alium. Et in summa hoc praecepto quemvis ab omni vi atque iniuria tutum, pacatum ac defensum nhocque praeceptum velutin murum, arcem, asylum et propugnaculum proximo esse vult, ne quam molestiam et damnum a quoquam corpore accipiat. Est ergo huius praecepti sensus, ne quis ob ullum malefactum ulla conturbetur aut afficiatur iniuria, etiamsi hanc abunde promeruisset. Ubi enim caedes
k – k nicht in Hag | esse proximo Hag
l
capis Hag |
m
favens Hag |
n–n
esse contendit vultque plane hoc praeceptum
wendigkeit | 439 Zum Beispiel | 440 beneidet | 441 Blut vergießen | 442 erhebt | 443 vermittelt der Verfolgung entzogen | 445 beschützt, gesichert | 446 Zufluchtsort | 447 So zielt nun dieses Gebot darauf ab 444
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Causae huius praecepti.
Exemplum.
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Sensus huius praecepti.
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Der Große Katechismus
todschlag verboten ist, da ist auch alle ursach verboten, daher todschlag entspringen mag, denn mancher, ob er nicht tödtet, so fluchet er doch und wündschet, das, wer es solt am Halse haben, würde nicht weit lauffen448. Weil nu solchs jederman von [191v] natur anhanget und in gemeinem brauch ist, das keiner vom andern leiden wil, so wil Gott die wurtzel und ursprung wegreumen, durch welcher das hertz wider den Nehesten erbittert wird, und uns gewenen, das wir alle zeit dis gebot für augen haben, und uns darin spiegeln, Gottes willen ansehen und im das unrechte, so wir leiden, befehlen, mit hertzlichem vertrauen und anruffen seines Namens und also jene feindlich scharren449 und zürnen lassen, das sie thun, was sie kündten, also das ein Mensch lerne, den zorn stillen und ein gedültigs, sanfftes hertz tragen, sonderlich gegen denen, die im ursach zu zürnen geben, das ist gegen die feinde.
BSLK 608
Darumb ist die gantze summa davon den einfeltigen auffs deutlichste einzubilden450, was da heisse nicht tödten. Zum ersten, das man niemand leid thue, erstlich mit der hand oder that, darnach die Zunge nicht brauchen lasse, dazu zu reden oder zu raten, uber das451 keinerley mittel oder weise brauche noch bewillige452, dadurch jemand möchte beleidiget werden, und endlich, daß das hertz niemand feind sey noch aus zorn und hass böses gönne, also das Leib und Seele unschüldig sey an jederman, eigendlich453 aber an dem, der dir böses wündschet oder zu füget, denn dem, der dir guts günnet und thut, böses thun ist nicht Menschlich, sondern Teufelisch. Zum andern ist auch dieses Gebot schüldig454, nicht allein der da böses thut, sondern auch wer dem Nehesten guts thut, zuvor kommen455, wehren, schützen und retten kan, das im kein leid noch schaden am leibe widerfare, und thut es nicht. Wenn du nu einen nacketen lessest gehen und kündest in kleiden, so hastu in erfrieren lassen, sihestu jemand hunger leiden und speisest in nicht, so lestu in hungers sterben. Also456, siehstu jemand unschüldig zum todt verurteilt oder in gleicher not und nicht rettest, so du mittel und wege dazu wüstest, so hastu in getödtet. Und wird nicht helffen, das du fürwendest457, du habst keine hülff, rath noch that dazu gegeben, denn du hast im die liebe entzogen und der wolthat beraubt, dadurch er bey dem leben blieben were.
BSLK 609
Darumb heisset auch Gott billich die alle Mörder, so in nöten und fahr Leibs und | Lebens nicht rathen noch helffen, und wird gar ein schrecklich urteil 448 nicht davon laufen könnte | 449 toben | 450 einzuprägen | 451 außerdem | 452 einwillige, zulasse | 453 besonders | 454 übertritt dieses Gebot | 455 hindern | 456 Ebenso | 457 vorgibst, als Vorwand benutzt
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interdicta est aut homicidium, ibi quoque causae, unde oriri possit homicidium, interdictae sunt. Crebro enim fit, ut aliquis, tametsi manus caede non contaminet, ita cruente imprecando devoveat proximum, ut non diu superstes viveret, si effectus esset eius imprecationibus. Quando ergo hoc natura omnibus nobis insitum est oet usitatum esse deprehendituro, ut nemo quidquam ab alio ferre sustineat, vult Deus radicem atque adeo ipsam stirpem evellere, unde cor hominis adversus proximum exacerbatum exculceratur nosque assuefacere, ut nunquam non hoc praeceptum nostris oculis obversetur, in quo tanquam in speculo vitam nostram contemplemur, voluntatem Dei intueamur illiusque vindictae vim atque iniuriam, quam immerenter patimur, certa quadam animi fiducia ac nominis sui imploratione commendemus atque ita illos vehementer furere atque irasci permittamus, ut, quod possunt, faciant. Ut ad hunc modum homo discat sedare iracundiam ac patientem et mansuetum induere animum cumprimis erga illos, qui causam | irascendi ei suppeditant, hoc est, erga inimicos. Quocirca tota huius praecepti summa haec est, ut simplicibus significantissime inculcetur, quid sit non occidere. Principio, ne quis afficiatur iniuria, primum quidem manu aut opere. Deinde, ne utamur lingua in hoc, ut consilium demus alicui incommodandi. Insuper, ne qua utamur [444] via aut medio, unde aliquis detrimentum possit accipere, neve aliis utentibus consentiamus. Ac denique, ut ipsum cor hostiliter infensum sit nemini aut irritatum iracundia male velitp, Ita ut et corpus et anima qextra omnem sint noxam, cum de quovis, tum peculiariter de eo, qui tibi mali quid vel precatur vel etiam infertq. Nam ei male facere, qui bene de te sit meritus aut tuis rationibus optime consultum cupit, non humanum est, sed plane diabolicum. Secundo, huius praecepti reus est non tantum is, qui mala facit, sed etiam is, qui, cum proximo bene facere eiusque damnum aut iacturam antevertere, obstare, eum tueri et servare posset, ne quod malum aut iniuriam accipiat corpore, non facit. Iam ergo quotiescunque nudum videris eundemque non adiutum dimiseris, cum prae facultatibus eius nuditatem convestire possis ac tegere, hunc profecto frigore enecasti. Ita quoties videris famelicum nec tamen pascis eum, hunc fame cruciatum interire sinis. Non secus quoque, si quem morte condemnatum videris aut in simili quopiam casu periclitantem nec eum servare approperas, cum neque viae neque occasiones illius eripiendi tibi sint incognitae, pro certo constat hunc te neci dedisse. Neque tibi proderit, haec adducta excusatio te in eius necem non consensisse aut consilio et auxilio non adiutasse, siquidem caritatem illi subtraxisti iisque benefactis eum privasti, quibus adiutus non difficulter vitam retinuisset. Quare Deus non iniuria omnes illos damnat homicidii, qui necessitate pres|sis aut de vita periclitantibus consilio aut ope non subveniunt. Hos in die
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nicht in Hag | p danach: aut disfaveat Hag | q – q iuxta sint extra noxiam de quovis, peculiariter tamen do eo, qui tibi mala imprecatur aut etiam obiicit Hag
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Quid sit non occidere.
Peccatum contra hoc praeceptum.
Qui et quot homicidae. BSLK 609
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uber sie gehen lassen am jüngsten tage, wie Christus selbst verkündigt, da er sprechen wird: „Ich bin hungrig und durstig gewesen und ir habt mich nicht gespeiset noch getrencket. Ich bin ein Gast gewesen und ir habt mich nicht geherberget. Ich bin nacket gewesen und ir habt mich [192r] nicht bekleidet. Ich bin kranck und gefangen gewesen und ir habt mich nicht besuchet.“458 Das ist: Ir hettet mich und die meinen wol lassen hungers, dursts und frosts sterben, die wilden Thiere zu reissen, im Gefengnis verfaulen, und in nöten verderben lassen. Was heisset das anders, denn Mörder und Bluthunde gescholten? Denn ob du solches nicht mit der that begangen hast, so hastu in doch im unglück stecken und umbkommen lassen, so viel an dir gelegen ist. Und ist eben so viel, als ob ich jemand sehe auff tieffem Wasser faren und erbeiten459 oder in ein Feuer gefallen und künde die Hand reichen, heraus reissen und retten, und doch nicht thete, wie würde ich anders auch für aller Welt bestehen460 denn ein Mörder und Böswicht? Darumb ist die endtliche meinung Gottes, das wir keinem Menschen leid widerfaren lassen, sondern alles guts und liebe beweisen, und ist (wie gesagt) eigentlich461 gegen die gerichtet, so unsere Feinde sind, denn das wir Freunden guts thun, ist noch eine schlechte Heidnische tugent, wie Christus Matthei am 5.462 sagt.
BSLK 610
Da haben wir nu abermal Gottes wort, damit er uns reitzen und treiben wil zu rechten, edlen, hohen wercken, als sanfftmut, geduldt, und summa, liebe und wolthat gegen unsern Feinden und wil uns immerdar erinnern, das wir zurücke dencken des463 ersten Gebots, das er unser Gott sey, das | ist uns helffen, beystehen und schützen wölle, auff das er die lust, uns zu rechen, dempffe464. Solches solt man nu treiben und bleuen465, so würden wir gute werck alle Hend voll zu thun haben. Aber das were nicht für die Mönche gepredigt, dem geistlichen Stande zuviel abgebrochen466, der Cartheuser heiligkeit zu nahe467 und solt wol eben468 gute werck verboten und Klöster gereumet heissen. Denn mit der weise469 würde der gemeine Christenstandt gleich470 so viel, ja weit und viel mehr gelten und jederman sehen, wie sie die Welt mit falschem heuchlischen schein der heiligkeit effen und verfüren, weil die diß und ander Gebot in Wind geschlagen und für unnötig gehalten, als werens nicht Gebot, sondern Rethe471 und daneben unverschembt iren Heuchelstand und wercke für das volkommenste leben gerühmet und ausge-
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Mt 25,42f | 459 sich abmühen | 460 dastehen | 461 besonders | 462 Vgl. Mt 5,46f. | 463 an das unterdrücken | 465 gründlich einprägen | 466 Abbruch getan | 467 zu nahe getreten | 468 ebensoviel | 469 auf diese Weise | 470 eben | 471 In der mittelalterlichen Theologie unterschied man die Gebote Gottes (praecepta), vor allem die Zehn Gebote, die sich an alle Menschen richteten, von Gottes evangelischen Räten (consilia evangelica): Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam, durch deren Befolgung man besondere Gnaden und Segen erlangen konnte (z. B. im Mönchtum). 464
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novissimo horrenda quoque damnabit sententia, quemadmodum ipse Christus annunciat inquiens: Esurivi ret sitiir et non dedistis mihi manducare aut bibere. Hospes eram et non collegistis me. Nudus eram et non cooperuistis me. Infirmus et in carcere eram et non visitastis me. Hoc est, meque meosque fame, siti, frigore perire, a feris discerpi, in carcere situ et squalore putrescere inque omnibus necessitatibus foede succumbere sivistis. Quid hoc aliud est, quam homicidas ets ἀνδροφόυς [445] καὶ μιουφόνους17 t(Bluthunde)t culpasse? Nam tametsi hoc ipsum opere non perpetrasti, proximum tamen in periculis atque infortunio haerentemu, quantum ad te attinebat, immisericorditer perire permisisti. Et perinde est, ac si quem in profunda aqua navigantem et adversis ventis laborantem perspicerem aut in ignem prolabentem possemque illum porrecta manu e periculo eripere ac servare et non facerem. Qui vero coram toto mundo aliter atque funestus homicida et cruentus latro probari aut perhiberi possem? Quapropter haec decisivav Dei est sententia, ne quem hominem laedi aut damnum accipere patiamur, sed omnibus humanitatis et benevolentiae officiis demereamur. Estque hoc praeceptum peculiariter erga eos conservandum, cum quibus inimicitiae nobis intercesserunt. Ut enim amicis ac fautoribus nostris benefaciamus, virtus valde levis est et ethnica, quemadmodum Christus Matth. 5 loquitur. Hoc loco iterum verbum Dei habemus propositum, quo nos ad vera, praeclara ac summa opera, nempe mansuetudinem, patientiam, breviter et amorem et benefacta inimicis nostris exhibenda pellicere ac provocare conatur. Vultque nos subinde commonefacere, ut retroflexa co|gitatione, prioris praecepti simus memores illum esse Deum nostrum, hoc est, nobis velle suppetias ferre, assistere ac tueri, ut animum vindictae cupidum in nobis compescat atque coerceat. Iam haec vulgo essent tradenda atque inculcanda, tum abunde bonorum esset operum, quae nos facere oportebat. Verum haec praedicatio non esset ex usu monachorum, sed plus iusto religiosorum ordinem defraudaret inferretque insignem Carmelitarum sanctitati iniuriam et fortasse hoc ipsum diceretur bona opera interdicere et monasteria desolare. Hac enim ratione vulgus tanti, imo potius multo maioris fieret eosque longo intervallo praecelleret ac quivis facile perspiceret, quomodo ipsi mundo tam foede hactenus imposuerint sua fucata et hypocritica sanctitate, quod et hoc praeceptum et alia praecepta omnia illiberaliter respuerint et inutilia existimarint, tanquam non prae[446]cepta fuissent, sed consilia, ad haec suos fictitios ordines et sectas tam perniciosas quam hypocriticas pro perfectissima vita impudenterw iactarint et proclamarint, ut plane vitam suavem et
r – r nicht in Hag | s danach: quemadmodum Homerus loquitur, Hag | t – t nicht in Hag | u conflictantem Hag | v denique Hag | w nicht in Hag 17
Vgl. z. B. Homer, Ilias I, 242; IV, 441; XXIV, 479. 724; V, 31. Beide Worte werden u. a. als Beinamen für Ares/Mars, Gott des Krieges, gebraucht.
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Bona opera huius praecepti.
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Monachorum fictitia opera.
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schrien, auff das sie ja ein gut sanfftes leben füreten one creutz und gedult, darumb sie auch in die Klöster gelauffen sind, das sie von niemand nichts leiden noch jemand gutes thun dürffen472. Du aber wisse, das diss die rechte, heilige, und Göttliche werck sind, welcher er sich mit allen Engeln freuet, dagegen alle menschliche heiligkeit, stanck473 und unflat ist, dazu nichts anders denn zorn und verdamnis verdienet.
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Das VI. Gebot: Du solt nicht Ehebrechen. BSLK 611
Diese Gebot sind nu an inen selbst leicht zuverstehen aus dem nehesten474, denn sie gehen alle dahin475, das man sich hüte für | allerley schaden des Nehesten, Sind aber fein ordenlich476 gestellet, zum ersten auf sein eigene Person, Darnach fortgefahren auf die nähiste Person, oder das neheste gut nach seinem leibe477, nemlich, sein ehelich Gemahel, welches mit im ein fleisch und blut ist478, also das man im an keinem gut höher schaden thun kan. Darumb auch deutlich hie ausgedruckt wird, das man im keine schande zufügen sol an seinem Eheweibe. Und lautet eigentlich auff den Ehebruch, darumb das im Jüdischen Volck so geordnet und geboten war, das jederman muste Ehelich erfunden werden. Darumb auch die jugendt auffs zeitlichste berathen479 ward, also das Jungfrauenstand nichts galt, auch kein öffentlich Huren und Buben leben480 (wie itzt481) gestattet ward, darumb ist der Ehebruch die gemeineste482 unkeuscheit bey inen gewesen. Weil aber bey uns ein solch schendlich gemeng483 und grundsuppe484 aller untugendt und büberey485 ist, ist diss Gebot auch wider allerley unkeuscheit gestellet, wie man sie nennen mag, und nicht alleine eusserlich die that verboten, sondern auch allerley ursach, reitzung und mittel, also das hertz, mund und der gantze leib keusch sey, kein raum, hülffe noch rath zur unkeuscheit gebe und nicht allein das, sondern auch wehre, schütze, und rette, wo die fahr486 und not ist, und widerumb helffe und rahte487, das sein Nehester bey ehren bleibe. Denn wo du solchs nachlessest488, so du kündest dafür
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brauchen | 473 Gestank und Dreck | 474 aus dem vorausgehenden | 475 sie zielen alle darauf der Reihe, Ordnung nach | 477 das ihm nach seinem eigenen Leben nächststehende Gut 478 Vgl. Gen 2,24. | 479 verheiratet sein sollte | 480 Lotterleben | 481 Vgl. dazu Luther, Von den guten Werken (1520), in: WA 6, 262,19–28; ders., An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 467,17–26; ders., An den Rat zu Erfurt (1525), in: WA 18, 537,16f; ders., Predigt über Mt 20 (1529), in: WA 29, 44,25–27; ders., Predigt über Mk 8 (1531), in: WA 34/2, 21,20–27; ders., Predigt über Eph 3 (1531), in: WA 34/2, 214,6–8; Brief an Hieronymus Weller, 3. September 1540, in: WA.B 9, 229 (Nr. 3532). | 482 verbreitetste 476
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tranquillam omnique et cruce vacantem et patientia illi ventres et porci agerent. Quam ob causam se quoque in monasteria abdiderunt, ut a nemine quidquam paterentur molestiae neve quenquam ulla in re bona iuvarent. Tu vero scito haec vera, sancta et divina esse opera, quibus Deus cum omnibus Angelis exhilaratur quibusque omnis humana sanctitas collata non nisi foetor et stercus est, nec aliud quam iram et damnationem promeretur.
Praeceptum VI: Non moechaberis. 10
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Sequentia praecepta intellectu iam sunt facilia ex interpretatione antecedentis. Eo enim tendunt omnia, ut a damno et | inferenda iniuria proximo caveamus. Sunt vero eleganti ordine posita. Primum enim de non laedenda proximi persona conditum est. Secundum respicit personam sibi proximam, aut post se rem sibi proximam, nempe suam coniugem, qua cum unum corpus et una caro effectus est, ita ut nulla in re maiori possit affici iniuria. Quamobrem hoc in loco diserte ac significanter expressum est, ne quam ignominiam illi faciamus afficientes contumelia suam coniugem. Ac peculiariter de adulterio sonat, propterea quod in Iudaismo ita ordinatum et praeceptum fuerat, ut quisque ducta uxore matrimonium contraheret. Unde et iuvenes mature contrahebantx, ita ut virginitatis status et coelibatus apud Iudaeos nullius haberetur momenti. Sed neque propalam visebantur aut concedebantur meretricum ac scortatorum lustra, ut hodie apud nos solenne est. Quamobrem adulterium apud illos communissimum fuit peccatum impudicitiaey. Quoniam vero apud nos adeo foeda et nefanda omnium viciorum et scortationum lerna18 cernitur, hoc praeceptum [447] quoque adversus omnia impudicitiaez genera et species constitutum est, quocunque tandem dici possunt nomine. Et non solum externum opus interdicitur, verum omnis generis etiam causae, illectamenta et occasiones, ut cor, os, oculi, aures atque adeo totum corpus purum sit ac castum, nullum locum, opem, consilium, impudicitiae serviendae praebeat. Et non solum hoc, sed etiam hisce nefariis rebus summo conatu obstet, tueatur, prohibeat, ubi periculum et necessitatem viderit ac contra praesto sit auxilio et consilio proximo suo, ne quam famae suae iacturam accepta in coniuge contumelia faciat. Nam ubicunque tale aliquid per negligentiam intermittis, cum possis obsistere aut dissimulanter
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admodum operam dabant nuptiis Hag | y luxuriae Hag | z luxuriae Hag
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Vgl. o. S. 983, Anm. 11. Vermischung | unterlässt
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Bodensatz, Abschaum |
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Ausschweifungen |
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Gefahr |
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steure
Summa sequentium praeceptorum. BSLK 611 Ordo praeceptorum.
Omnem immundi[447]ciem et eius causas et occasiones prohiberi.
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sein489 oder durch die finger sihest, als gienge dichs nicht an, bistu eben so wol schüldig als der theter selbst. Also ist, auffs kürtze zufassen, so viel gefodert, das ein jeglicher, beide für sich selbst keusch lebe und dem Nehesten auch dazu helffe, also das Gott durch diss Gebot eines jeglichen Ehelich | gemahl wil umbschrencket490 und bewaret haben, das sich niemand daran vergreiffe. Dieweil aber diss Gebot so eben491 auff den Ehestand492 gerichtet ist, und ursach gibt, davon zu reden, soltu wol fassen und mercken. Zum ersten, wie Gott diesen Stand so herrlich ehret und preiset, damit, das er in durch sein gebot beide bestetiget und bewaret. Befestiget hat er in droben im vierdten Gebot: Du solt Vater und Mutter ehren, hie aber, hat er in (wie gesagt) verwaret und beschützet. Darumb wil er in auch von uns geehret und also gehalten und gefüret haben als einen Gött[193r]lichen seligen Stand, weil er in erstlich für allen andern eingesetzt hat und darumb unterschiedlich Mann und Weib geschaffen (wie für augen) nicht zur büberey, sondern das sie sich zusamen halten, fruchtbar seien, Kinder zeugen, nehren und auffziehen zu Gottes ehren.
Darumb in auch Gott für allen Stenden auffs reichlichste gesegnet hat, dazu alles, was in der Welt ist, darauff gewandt und im eingethan493, das dieser Stand je wol und reichlich versorget würde. Also, das kein schertz noch fürwitz494, sondern trefflich ding und Göttlicher ernst ist umb das Eheliche leben, denn es ligt im alle macht daran495, das man Leute ziehe, die der Welt dienen und helffen zu Gottes erkenntnis, seligem leben und allen tugende wider die bosheit und den Teuffel zu streiten.
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Darumb habe ich immerdar geleret, das man diesen Stand nicht verachte noch schimpflich halte496, wie die blinde Welt, und unsere falsche Geistlichen thun, sondern nach Gottes wort ansehe, damit er geschmückt und geheiliget ist, also das er nicht allein andern Stenden gleich gesetzt ist, sondern vor und uber sie alle gehet. Es seien Keyser, Fürsten, Bischoffe und wer sie wöllen. Denn was beide Geistliche und Weltliche Stende sind, müssen sich demütigen und alle in diesem Stand finden lassen, wie wir hören werden. Darumb
489 verhüten | 490 beschützt | 491 geradezu | 492 Vgl. Luther, Vom ehelichen Leben (1522), in: WA 10/2, 275–304; ders., Das siebente Kapitel S. Pauli zu den Korinthern (1523), in: WA 12, 92–142; und ders., Traubüchlein für die einfältigen Pfarrherrn (1529), o. S. 900–905. | 493 verliehen 494 Spaß | 495 es kommt ihm vor allem darauf an | 496 gering schätze
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connives, quasi | tua nihil intersit, non secus eius flagitii culpa teneris quam is ipse, qui perpetravit. Tantum ergo hoc praeceptum, ut paucissimis complectamur, a nobis exigit, ut quisque tum pro se vitam castam exigat, tum proximo quoque in hac obtinenda et tuenda sit auxilio. Voluit enim Deus hoc praecepto cuiusque uxorem tanquam vallo circumsepire ac defendere, ne quis temere eam contrectando semet adulterio reum faceret aut pollueret. aCum autem de coniugio tam evidenter praeceptum hoc constitutum sita ac nobis causam de eo disserendi suppeditet, probe tibi notandum et imis sensibus reponendum erit. Primo quidem, quomodo Deus hunc matrimonii statum ac ordinem amplissime honoret ac praedicet, ut eundem praecepto suo aeque confirmet et tueatur ab iniuria. Supra quidem Quarto praecepto illum confirmavit: Honora patrem et matrem tuam. Hoc vero in loco, ut dictum est, ut in tuto esset, circumvallavit ac defendit eum. Quamobrem bet a nobis requirit, ut eundem honoremus, servemus et traducamus veluti divinum ac beatumb ordinem, quando illum initio ante omnes alios servandum instituerit eamque ob rem separatimc masculum et foeminam crearit non ad libidinose exercendam spurcitiem atque lasciviam, sed ut legitime coniuncti foecundi essent, liberos procrearent, nutrirent eosdemque ad Dei gloriam amplian[448]dam pie ac recte educarent. Idcirco quoque Deus hunc matrimonii ordinem prae omnibus aliis tantis cumulavit benedictionibus, ad haec, quaecunque in mundo sunt, huic provehendo insumsit eidemque utenda subdidit tantum in hoc, ut hic ordo opulente et largiter esset constabilitus. Qua ex re facile liquet | non iocum aut curiositatem, sed rem magnam et arduam atque adeo constantem Dei voluntatem esse matrimonium. Permagni enim sua refert, ut educentur homines, qui mundum sua opera ad Dei cognitionem et beatam ac virtutibus exornatam vitam exigendam queant perducere adversus malitiam et daemones pugnandi gratia. Quocirca subinde docui, ne hunc ordinem contemnamus aut tanquam iocularem leviter aestimemus, quem irridendi morem coeco mundo et pseudoreligiosis nostris hactenus fuisse vidimus, sed iuxta Dei verbum, quo multis modis exornatus et sanctificatus est, eum intueamur, ita ut non solum ceteros precio et dignitate aequare soleat, sed omnes ceteros longo intervallo post se relinquat, sive illi sint invicti Caesares, sive purpurati Principes aut infulati19 Episcopi aut quicunque tandem. Quicunque enim aut spirituales aut saeculares (ut loquuntur) sunt ordines, his omnibus hic venerandus est et omnibus hic quoque amplectendus, ut post audiemus latius. Quapropter matrimonium non privatus aliquis status habendum est, sed communissimus et nobilissi-
a – a Cum autem Deus huius praecepti constitutionem plane de tuendo a contumelia matrimonio rogaverit Hag | b – b a nobis quoque magnopere contendit, ut hunc in honore habeamus, arripiamus et colamus ut divinum ac felicem Hag | c notabili quodam discrimine, ut patet, Hag 19
Die Inful oder Mitra ist die bischöfliche Kopfbedeckung.
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Matrimonium honorandum.
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Cur matrimonium honorandum.
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ist es nicht ein sonderlicher, sondern der gemeineste497 edelste Stand, so durch den gantzen Christen Stand, ja durch alle Welt gehet und reichet. Zum andern soltu auch wissen, das nicht allein ein ehrlicher, sondern auch ein nötiger Stand ist und ernstlich von Gott geboten, das sich in gemein hindurch alle Stende, Mann und Weibsbilde, so dazu geschaffen sind, darin finden lassen. Doch etliche (wiewol wenig) ausgenommen, welche Gott sonderlich ausgezogen498, das sie zum Ehelichen Stand nicht tüchtig sind, oder durch hohe, ubernatürliche gabe befreiet hat, das sie ausser dem Stande keuscheit halten können. Denn wo die natur gehet, wie sie von Gott eingepflantzt ist, ist es nicht müglich, ausser der Ehe keusch zu bleiben, denn fleisch und blut bleibet fleisch und blut, und gehet die natürliche neigung und reitzung ungewehret und unverhindert, wie jederman sihet und fület. Derhalben, | auff das deste leichter were unkeuscheit etlicher masse499 zu meiden, hat auch Gott den Ehestand befohlen, das ein jeglicher sein bescheiden500 teil habe und im daran genügen lasse, wiewol noch Gottes gnade dazu gehöret, daß das hertz auch keusch sey. Daraus sihestu, wie unser Bepstischer hauffe, Pfaffen, Mönche, Nonnen wider Gottes ordnung und gebot streben, so den Ehestand verachten und verbieten und sich ewige keuscheit zu halten vermessen und geloben, dazu die einfeltigen mit lügenhafftigen worten [193v] und schein betriegen. Denn niemand so wenig liebe und lust zur keuscheit hat, als eben die den Ehestand für grosser heiligkeit meiden und entweder öffentlich und unverschembt in Hurerey ligen oder heimlich noch erger treiben, das mans nicht sagen thar501, wie man leider allzuviel erfaren hat. Und kürtzlich, ob sie gleich des wercks sich enthalten, so stecken sie doch im hertzen voll unkeuscher gedancken und böser lüst, das da ein ewiges brennen und heimlichs leiden ist, welches man im Ehelichen leben umbgehen kan. Darumb ist durch diss Gebot aller unehelichen keuscheit gelübd verdampt und urlaub gegeben502, ja auch geboten allen armen gefangenen gewissen, so durch ire Kloster gelübde betrogen sind, das sie aus dem unkeuschen stand ins Eheliche leben treten, angesehen503, das ob sonst gleich das Klosterleben Göttlich were, doch nicht in irer
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verbreitetste | 498 ausgewählt | 499 einigermaßen | 500 beschieden, zugewiesen | entlassen, beseitigt, ein Ende machen | 503 in Anbetracht
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wagt
d honorificem Hag | e – e eundem arripiant contracto matrimonio. Quamquam Hag | f perpauci, inde exempti sunt, Hag | g – g summa ac naturam excedente Hag | h – h nicht in Hag | i vitare consueverunt Hag | j – j scortantes nihil omittunt et libidinibus exigentes vitam turpissimam aut
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mus, cuius usus per totam Christianitatem, imo per totum mundum longe latque patet. Secundo sciendum est hunc ordinem non solum esse honestumd, sed necessarium etiam neque non serio a Deo praeceptum, ut in genere omnes status ac ordines, cum viri, tem mulieres, quicunque ad hunc amplectendum natura sunt appositi, ein eo versentur exceptise nonnullis, licet perpaucisf, quos Deus singulari quodam consilio segregavit, ut ad iugum matrimonii minus reperiantur idonei aut gsublimi ac supernaturalig gratia ea libertate donavit, quo possint extra hunc ordinem servata vitae pudicitia castitatem tueri. Ubi enim natura, quemadmodum a Deo nobis insita [449] est, fertur ac rapitur, fieri nullo modo potest, | ut extra matrimonium caste vivatur. Siquidem caro ac sanguis naturam suam immutare non potest ac naturalis ille appetitus et carnis inclinatio consuetum iter nulla re obstante aut prohibente, sequitur; id quod omnibus liquet hominibus. Quare, ut aliquatenus libido carnis caveri posset, Deus matrimonium instituit, ut quisque sua parte legitime destinata fruatur illaque contentus vivat, tametsi hic quoque gratia Dei opus est, ut cor quoque castum sit. Ex hoc iam liquide perspicis, quam furiose illa turba Papistica, sacrifici, monachi et monachae huic hordinationi eth praecepto Dei reluctentur, qui matrimonium contemnunt et prohibent seque perpetuam castitatem servaturos, magna animi praesumptione pollicentur ac vovent, ad haec simplicium animos phaleratis dictis20, hoc est, imposturis ac mendaciis impudenter seducunt. Nemo enim perinde castitatem exosam habet aut in libidines est pronior ac illi, qui matrimonium prae magna sanctitate detrectanti et aut propalam et impudenter jscortationi et libidinibus indulgent aut clanculum longe foediora, quae honeste commemorari non possunt, perpetrant, ut nimium, proh dolor, experti sumus. Et breviterj, quanquam ab ipso opere temperent, ipsum tamen cor impuris cogitationibus et pravis cupiditatibus plenum extrema flagrat libidine, ut plane perpetuo quodam incendio et occulto quodam vulnere carpantur et absumantur, quod in matrimonio constitutis nulla cum difficultate evitare licet. Quare hoc praecepto omnium eorum, qui kextra coniugium deguntk, castitatis vota damnata et soluta sunt, imo quoque omnibus lirretitis etl miseris conscientiis, quae suis monasticis votis miscere deceptae sunt, praeceptum est, ut deserto libidinoso et impuro ordine matrimonium arripiant ita reputantes, quod, quanquam alioqui monastica vita mprorsus divina essetm, tamen in | viribus suis situm non sit coelibem vitam agere, in qua si maneant, tantum magis atque magis libidine
clanculum longe foediora magisque nefaria perpetrant, quae, quominus narrare libet, pudore deterremur, ut abunde satis ista non raro, proh flagitia!, experti sumus. Et in summa Hag k – k non contraxerunt matrimonium Hag | l – l nicht in Hag | m – m non discreparet ab evangelio Hag 20
schön klingende Worte; Terenz, Phormio D.
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Matrimonium necessarium et a Deo praeceptum.
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Contemptores matrimonii.
Impurus coelibatus et vota monastica damnantur.
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krafft stehet, keuscheit zu halten, und, wo sie darin bleiben, nur mehr und weiter wider diss Gebot sündigen müssen. Solches rede ich nu darumb, das man das junge Volck dazu halte504, das sie lust zum Ehestand gewinnen und wissen, das es ein seliger Stand und Gott gefellig ist. Denn damit künde mans mit der zeit widerumb dahin bringen, das er wider zu seinen ehren keme und des unfletigen, wüsten, unordigen505 wesens weniger würde, so itzt allenthalben in der Welt zu zotten gehet506 mit öffentlicher Hurerey und andern schendlichen Lastern, so aus verachtung des Ehelichen lebens gefolget sind. Darumb sind hie die Eltern und Oberkeit auch schüldig auff die Jugend zu sehen, das man sie zur zucht und erbarkeit auffziehe und, wenn sie erwachsen, mit Gott und ehren berahte507, darzu würde er seinen segen und gnade geben, das man lust und freude davon hette. Aus dem allen sey nu zubeschliessen508 gesagt, das diß Gebot nicht alleine fodert, das jederman mit wercken, worten und gedancken keusch lebe in seinem, das ist allermeist im Ehelichen stande, sondern auch sein Gemahel, von Gott gegeben, lieb und werd halte. Denn wo Eheliche keuscheit sol gehalten werden, da müssen Mann und Weib für allen dingen in liebe und eintracht beyeinander wonen, das eins das ander von hertzen und mit gantzer treue meine509. Dann das ist der fürnembsten stück eines, das liebe und lust zur keuscheit machet, welches, wo es gehet510, wird auch keuscheit wol von ir selbst folgen on alles gebieten. Deshalben auch Sanct Paulus511 so fleissig die Eheleute vermanet, das eines das ander liebe und ehre512. Da hastu nu abermal | ein köstlich, ja viel und grosse gute werck, welche du frolich rhümen kanst wider alle geistliche Stende, one Gottes wort und Gebot erwehlet.
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[194r] Das VII. Gebot: Du solt nicht stelen. Nach deiner Person und Ehelichem gemahel ist zeitlich gut das neheste, das wil Gott auch verwaret haben und geboten, das niemand dem Nehesten das sein abbreche513 noch verkürtze. Denn stelen heisset nicht anders, denn eines 504
anhalte | 505 unordentlichen | 506 sich breit macht | 507 verheirate | 508 zum Abschluss liebe | 510 in Übung ist | 511 Vgl. Eph 5,22.25; Kol 3,18f. | 512 Vgl. Luthers Schriften über die Ehe, etwa Luther, Ein Sermon von dem ehelichen Stand (1519), in: WA 2, 166–171; ders., Vom ehelichen Leben (1522), in: WA 10/2, 275–304; ders., Von den Ehesachen (1530), in: WA 30/3, 205–248; und seine Predigten über Johannes 2,1–11 im Jahre 1524, in: WA 15, 417–421; WA 17/1, 8–29; im Jahre 1528, in: WA 27, 24–26. 27–30; im Jahre 1529, in: WA 29, 1–8; im Jahre 1531, in: WA 34/1, 76–83; im Jahre 1532, in: WA 36, 80–90. 90–96; im Jahre 1533, in: WA 37, 9–12; im Jahre 1538, in: WA 46, 139–144; im Jahre 1544, in: WA 49, 318–324; und in den Postillen, in: WA 2, 56–65; WA 52, 110–116. | 513 wegnehme, entziehe 509
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incensi adversus hoc praeceptum ndelinquere coganturn. [450] Iam haec eo a me dicta sunt, ut iuventus crebris monitis in eam perducatur sententiam, ut incipiat voluptate quadam complecti matrimonium sciatque felicem et Deo acceptum esse ordinem. Hac enim ratione temporis progressu tantum effici posset, ut illi suus iterum honos redderetur et foeda illa oet manifestarum scortationum et aliorum turpissimorum vitiorum, quae contemptum matrimonii consecuta sunt, lerna21 passim nunc in mundo regnans diminuereturo. Quare hoc quoque parentum ac magistratus est officium iuventutis rationem habere, ut ppudicitiam et honestatemp perdiscant atque, ubiq adoleverint, mature honesto iugantur matrimonio, quam rem haud dubie sua gratia et benedictione prosperare dignaretur Deus, ut voluptas et gaudium inde perciperetur. Ultimo. rEx his omnibus Epilogi vice hocr adiiciatur hoc praeceptum non solum exigere, ut quisque operibus, verbis et cogitationibus caste vivat in suo, hoc est; coniugali inprimis statu, sed etiam, ut comparem, et coniugem a Deo sibi concessam in precio habeat ac amore prosequatur. Ubi enim volumus coniugali castitati locum esse, ibi necessum est ante omnia, ut vir et mulier in amore concordes conversentur, ut alter alterum ex animo mutua quadam benevolentia et fide complectatur. Hoc enim unum est ex praecipuis, quae amorem et studium castitatis accendunt, quod, si praesto fuerit, ipsa quoque castitas sua sponte sine mandato consequetur. Inde quoque | divus Paulus tanta diligentia eos, qui sunt in matrimonio, admonet, ut mutuo amore se diligant et venerentur. Habes ergo hic iterum opus valde preciosum, imo potius multa magna et praeclara opera, quae alacri animo iactare ac omnibus religiosorum ordinibus citra verbi Dei autoritatem institutis et electis opponere potes.
Parentum et magistratus officium.
Mutuam benevolentiam et fidem coniugum necessariam.
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[451] Praeceptum VII: Non furtum facies. 30
Post tuam tuaeque coniugis personam proximum est res familiaris; hanc quoque Deus vult esse in tuto praecipitque, ne quis alterius fortunas invadat aut clanculum compilet. Furari enim nihil aliud est aut dicitur, quam fortunas
n – n peccaturi sunt Hag | o – o omnium libidinum ac scortationum lerna, quae turpissimis vitiis totum iam orbem occupavit, imminueretur, quae contemptu matrimonii consecuta sunt Hag p – p modestiam et integritatem Hag | q danach: iam in viros Hag | r – r ut tandem findem faciamus, hoc quoque in extremis Hag 21
Vgl. o. S. 983, Anm. 11.
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Sanciri dominiorum distinctionem.
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andern gut mit unrecht zu sich bringen, damit kürtzlich begriffen ist514 allerley vorteil mit des Nehesten nachteil in allerley hendel515. Das ist nu gar ein weitleufftig gemein516 laster, aber so wenig geachtet und wargenomen, das uber die mas ist, also das, wo man sie alle an galgen hencken solte, was Diebe sind und doch nicht heissen wöllen, solt die Welt bald wüst werden und beide an Henckern und Galgen gebrechen517. Denn es sol (wie itzt gesagt) nicht allein gestolen heissen, das man kasten und taschen reumet, sondern umb sich greiffen auff dem marckt, in allen kremen518, scherren519, wein und bierkellern, wercksteten und kürtzlich, wo man handtiret520, gelt umb wahre oder arbeit nimmt und gibt. Als nemlich521, das wirs für den gemeinen hauffen ein wenig grob ausstreichen522, das man doch sehe, wie from523 wir sind, wenn ein Knecht oder Magd im Hause nicht treulich dienet und schaden thut oder geschehen lesset, den sie wol verwaren524 kündte, oder sonst ir gut verwarloset und verseumet aus faulheit, unfleis oder bosheit zu trotz und verdries Herrn und Frauen, und wie solches mutwillig525 geschehen kan (Denn ich rede nicht von dem, | das versehen526 und ungerne527 gethan ist), da kanstu ein jar ein gülden dreissig oder viertzig und mehr entwenden, welchs, so ein ander heimlich genomen oder entragen528 hette, müste er am strick erwürgen529. Aber hie darffstu noch trotzen und pochen530 und darff dich niemand ein Dieb heissen.
Desgleichen rede ich auch von Handwercksleuten, erbeitern, taglönern, so alle iren mutwillen531 brauchen und nicht wissen, wie sie die Leute ubersetzen532 sollen, und doch lessig und untreu in der erbeit sind. Diese alle sind weit uber533 die heimlichen Diebe, für den man schloss und riegel legen kann oder, wo man sie begreiffet534, also mitferet535, das sie es nicht mehr thun. Für diesen aber kan sich niemand hüten, darff sie auch niemand saur536 ansehen oder einiges537 diebstals zeihen538, das einer zehenmal lieber aus dem beutel
514
worin kurz zusammengefasst ist | 515 Vgl. dazu Luther, Kleiner Sermon vom Wucher (1519), in: WA 6, 3–8; ders., Großer Sermon vom Wucher (1520), in: WA 6, 36–60; ders., An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (1520), in: WA 6, 466f; ders., Von Kaufshandlung und Wucher (1524), in: WA 15, 293–322; ders., An die Pfarrherrn, widder den Wucher zu predigen (1540), in: WA 51, 331–424. | 516 weitverbreitetes, gewöhnliches 517 mangeln, fehlen | 518 Kaufläden | 519 Fleischerladen | 520 Geschäfte macht | 521 Zum Beispiel 522 handgreiflich erklären | 523 rechtschaffen | 524 verhindern | 525 absichtlich | 526 versehentlich 527 unabsichtlich | 528 gestohlen | 529 ersticken; auf Diebstahl stand Tod durch den Strang. 530 auftrumpfen | 531 Willkür | 532 übervorteilen. Beispiele für Luthers Kritik an solchen Missbräuchen findet man in Luther, Von Kaufshandlung und Wucher (1524), in: WA 15, 293–313; ders., Eine Heerpredigt wider den Türken (1529), in: WA 30/2, 181,20–22; ders., Vermahnung zum Gebet wider den Türken (1541), in: WA 51, 587,15.32–588,15.30; ders., An Kurfürsten von Sachsen und Landgrafen von Hessen von dem gefangenen Herzog zu Braunschweig (1545), in:
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alterius per iniuriam sibi vendicare; qua re breviter omnis generis in omnibus negociis proximi defraudationes comprehensae sunt. Iam hoc vitium sadmodum commune est ets longe lateque patet, at tam parum curatur, ut omnem plane modum excedat, adeo ut, si omnes, quotquot fures sunt, fures tamen dici nolunt, suspendendit essent, cito totus mundus desolaretur neque cruces aut carnifices sufficerent. Neque enim hoc tantum furtum dicendum est, ut diximus, cistas et marsupia clanculum evacuare, sed in foro quoque locum habet, in tabernis, ubi res venales prostant, in cella vinaria et cerevisiaria, in officinis, Breviter: ubicunque tractantur commercia, ubi pecunia vel pro mercibus vel labore datur et accipitur. Exempli causa, ut pro simplicibus aliquanto fusius ac rudius explanemus, ut saltem videamus, quam probi simus, quando servus aut ancilla suo servitio non fideliter praeest heroque suo damnum dat aut fieri permittit, cui obstare potuisset; aut quo minus fieret, antevertere aut alioqui rem herilem male tractat aut propter socor|diam, indiligentiam aut malitiam negligit, ut hero ac herae aegre atque moleste faciat, et quocunque pacto hoc prava animi libidine fieri potest. Neque enim loquor de his, quae per incogitantiam invito fiunt animo. Sic, inquam, quotannis herum tuum triginta aut quadraginta aureis defraudare potes, quos si alius clanculum convasasset, huius gula esset perfringenda laqueo. Verum tu tanti furti tibi conscius adhuc ferocire audes et insolenter agere neque quisquam te audet ufurti accusare etu alienae pecuniae condemnare. [452] Non secus quoque loquor de fabris sive opificibus et mercenariis, qui sua utuntur libidine neque sciunt, quo pacto eos, qui suam sibi locant operam, satis exhauriant, cum nihilosecius in opere frigeant segniter et infideliter laborantes. Hi omnes longo vsuperant intervallo nocturnos illos et clancularios fures, qui vel feris ac repagulis caveri vel comprehensi ita coerceri possunt, ut amplius id non faciantv.22 Horum autem improbitatem nemo, quamlibet perspicax, cavere potest nec quisquam audet eos vultu aliquanto obliquiore contueri aut ullius furti accusare, Ita ut aliquis decies libentius aes suum e crumena amittere sustineret. Nam hi mei vicini sunt, mihi amici, mei
s – s nicht in Hag | t praefocandi Hag | u – u nicht in Hag | v – v intervallo ἡμεροκοίτους, hoc est fures nocturnos antecedunt, quorum rapacitas seris ac repagulis caveri potest, aut comprehensos ita coercere, ut posthac ad eum modum non delinquant Hag. S. Anm. 22. 22
Vgl. Hesiod, Ἔργα καὶ ἡμέρα MCV. Vgl. Anm. v-v.
WA 54, 404,27–37. | 533 schlimmer als | 534 ergreift | 535 so mit ihnen verfährt | 536 unfreundlich irgendeines | 538 beschuldigen
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Furtum.
Iniusti lucri cupiditas.
Ignavia seu negligentia in facultatibus nobis commissis.
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Iniustae mercedes.
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verlieren solt539. Denn da sind meine nachbar, gute freund, mein eigen gesind, dazu ich mich guts versehe540, die mich am aller ersten541 berücken542. [194v] Also auch fort543 auff dem marckt und gemeinen hendeln544 gehet es mit voller macht und gewalt, da einer den andern öffentlich mit falscher wahre, mas, gewicht, müntze betreugt und mit behendigkeit545 und seltzamen finantzen546 oder geschwinden fündlin547 uberforteilt. Item mit dem kauff ubersetzet548 und nach seinem mutwillen beschweret, schindet und plagt. Und wer kan solches alles erzelen oder erdencken? Summa, das ist das gemeinste handwerck und | die gröste zunfft auff Erden und, wenn man die Welt itzt durch alle Stende ansihet, so ist sie nichts anders denn ein grosser weiter stall voll grosser diebe, darumb heissen sie auch die stulreuber549, land und strassendiebe, nicht kastenreuber noch meucheldiebe550, so aus der barschafft zwacken551, sondern die auff dem stul sitzen und heissen grosse Junckern und ersame frome Bürger und mit guten schein552 rauben und stelen.
Ja, hie werde noch zu schweigen von geringen einzelen dieben, wenn man die grossen gewaltigen Ertzdiebe solt angreiffen, mit welchen Herrn und Fürsten gesellschafft machen553, die nicht eine Stad oder zwo, sondern gantz Deudschland teglich ausstelen. Ja, wo bliebe das Heupt und öberster Schutzherr aller diebe, der heilige stul zu Rom554 mit aller seine zugehöre555, welcher aller Welt güter mit dieberey zu sich bracht, und biss auff diesen tag inne hat?556 Kürtzlich557 so gehets in der Welt, das, wer öffentlich stelen und rauben kan, gehet sicher und frey dahin, von jederman ungestrafft und wil dazu geehret sein. Dieweil558 müssen die kleinen, heimlichen diebe, so sich einmal vergriffen haben, die schand und straffe tragen559, jene from560 und zu | ehren machen. Doch sollen sie wissen, das sie für Gott die grössesten diebe sind, der sie auch, wie sie werd sind und verdienen, straffen wird.
539
d. h.: so dass einer zehnmal lieber bestohlen worden wäre, als in perfider Weise hintergangen worden sei. Luther stellt Vertrauensbruch als noch verwerflicher als Diebstahl dar. | 540 von denen ich Gutes erwarte | 541 zuallererst | 542 betrügen | 543 ferner | 544 gewöhnlichen Geschäften 545 Betrug | 546 schlauen Listen | 547 tückischen Kniffen | 548 übervorteilt | 549 Wucherer; vgl. dazu Luther, An die Pfarrherrn, wider den Wucher zu predigen (1540), in: WA 51, 361,2f.20f. Das Wort stammt von dem niederdeutschen „stôl“, auf Zins ausgeliehenes Kapital. | 550 heimliche Diebe | 551 stehlen | 552 unter dem Schein des Rechts | 553 Gemeinschaft haben, gemeinsame Sache machen | 554 Vgl. Luther, Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papsts und der Bischöfe (1522), in: WA 10/2, 135,23–137,32. | 555 mit seinem ganzen Anhang | 556 Hier klingt das an, was auch in den „Gravamina der deutschen Nation“ seit 1456 immer wieder Thema war, nämlich die Ausbeutung durch die Kurie. 1523 erschienen die Gravamina auch im Druck. Vgl. Teütscher nation || beschwerd von || den Geistlichen. || Durch der Weltlichen Reichs||ständ / Fürsten vnd Herren / || Bapst Adriano schrifftlich || überschickt [...], Straßburg: Johann Schott 1523 (VD 16 R 725). | 557 Kurz | 558 Unterdessen | 559 ertragen | 560 rechtschaffen
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proprii ministri, de quibus mihi omnia fidei et diligentiae officia policeor, illi primi sunt, a quibus indigne compilor. Ita quoque in foro, in emporiis, in mercatibus, in publicis commertiis omnium potentissime hoc furti genus regnat et locum obtinet, ubi alius alium vitiosa merce, falsa mensura, iniquo pondere, adulterina moneta, defraudat ac decipit neque non versipelli quadam astutia et miris imposturis atque decipulis circumductum dispoliat. Ad haec, si quis alium pro libidine sua gravat commerciis ad vivum usque tondens et crucians. Et quis | haec omnia fando enumerare valet aut excogitare? In summa haec communissima omnium ars est et omnium numerosissima in terris sodalitas. Nam si quis mundum per omnes vagatus ordines recto iudicio contemplabitur, nihil videbit aliud quam ingens aliquod et spaciosum stabulum, quod magnis furibus est refertissimum. Unde quoque archipyratae latrocinio quaqua versum grassantes recte dicuntur, non cistarum compilatores aut fures clancularii, qui substantiam alicuius furto imminuunt, sed qui domi desident, magni dicuntur proceres ac cives probi et integri sub honestatis praetextu furtum exercentes et latrocinium. Sed possent praeteriri silentio, quae de parvis et nullius momenti furibus memoravimus, wprae illis, quae de maximis [453] illis furum antesignanis dicenda essent, quibuscum potentes et summi Principes societatem ineuntw, qui non unam atque alteram solum civitatem compilare solent, sed totam Germaniam xquotidie compilant atque denudant. Imo ubi maneret, quae totius mundi opes furtim ad se rapuit et in hunc usque diem possidet, defensatrix illa et caput furum omnium sancta, si Deo placet, sedes Romana? Breviter ita iam in mundo comparatum est, ut, qui propalam furari ac praedari novit, is concessa impunitate ab omnibus libere et secure agat, quin et honorem sibi deferri postulet, parvi interim et clancularii illi fures semel in furto deprehensi dedecus et poenam perferre illorumque honestatem confirmare cogantur. Veruntamen sciant illi se coram Deo fures esse omnium maximos; cui et dignas, quas meriti sunt, poenas sunt daturix.
w – w praeterquam, quae de maximis furibus et principatum furando et rapiendo obtinentibus dicenda essent, Hag | x – x indesinentibus rapinis et furto compilare ac denudare. Porro autem ubi gentium caput et summa omnium furum mater, fenesatrix et Laverna [Schutzgöttin des Gewinns und der Diebe; s. Horaz, Epoden I, 16, 60] illa furacissima relinquenda esset, nempe sancta illa, si Diis placet, sedes Romana cum omnibus rebus suis, quae totius mundi opes furto depraedavit atque ad se perinde ut Caecias [Nordostwind; s. dazu Plinius, Naturae historiarum II, 126: „Narrant et in Ponto Caecian in se trahere nubes“] nubes attraxit et in hunc diem etiamnum possidet? Ut ad pauca redeam, ita iam in mundo comparatum est, ut is, qui propalam furandi ac latrocinandi rationem comperte tenet atque exercet, concessa impunitate ab omnibus secure agit et libere ob hoc ipsum honorem quoque sibi deferri postulans. Interim parvis illis furibus, qui semel saltem Mercurio parum propitio piceis manibus aliqud sustulerunt, dedecus et poena luenda est, ut magnorum illorum probitatem confirment. Planeque datur corvis venia vexante censura columbas [Juvenal, Saturae II, 63; der Schelm geht straflos aus und der Unschuldige muss leiden], veruntamen sciant se coram Deo fures esse omnium maximos, qui de illis quoque, quemadmodum digni sunt et merentur, sumpturus est supplicium Hag
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Imposturae in mercibus.
Fraudes contractuum.
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Mundus plenus furtorum. Qui archipyratae.
Furta Pontificum Romanorum.
Summa impunitas furtorum.
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Weil nu diss Gebot so weit umb sich greiffet, wie itzt angezeigt, ists not dem Pöbel wol fürzuhalten561 und auszustreichen, das man sie nicht so frey und sicher hingehen lasse, sondern immer Gottes zorn für augen stelle und einbleue. Denn wir solches nicht Christen, sondern allermeist buben und schelcken predigen müssen, welchen wol billicher562 Richter, Stockmeister563 oder Meister Hans564 predigen solte. Darumb wisse ein jeglicher, das er schüldig ist bey Gottes ungnaden, nicht allein seinem Nehesten kein schaden zu thun noch sein vorteil zu entwenden noch im kauff oder irgendt einem Handel einerley565 untreu oder tücke zu beweisen, sondern auch sein gut treulich zu verwaren, seinen nutz zuverschaffen und fördern, sonderlich so er gelt, lohn und narung dafür nimpt.
BSLK 620
Wer nu solches mutwillig verachtet, mag wol hingehen und dem Hencker entlauffen, wird aber Gottes zorn und straffe nicht entgehen und, wenn er sein trotz und stoltz lang treibet, doch ein Landleuf[195r]fer566 und Bettler bleiben, alle plage und unglück dazu haben. Itzt gehestu hin, da du soltest deines Herren oder Frauen gut bewaren, dafür du dein kropff567 und bauch füllest, nimst | dein lohn als ein dieb568, lessest dich dazu feiren569 als ein Juncker, als ir viel sind, die Herrn und Frauen noch trotzen und inen ungerne zu lieb und dienst theten, ein schaden zuverwaren570. Sihe aber zu, was du daran gewinnest, das, wo du dein eigens uberkombst und zu Haus sitzest, dazu Gott mit allem unglück helffen wird, sol sichs wider finden und heimkomen, das, wo du ein heller abgebrochen oder schaden gethan hast, dreissigfeltig bezalen müsstest.
Desgleichen571 sol es Handwercksleuten und Taglönern gehen, von welchen man itzt unleidlichen mutwillen572 hören und leiden muss, als weren sie Junckern in frembdem gut und jederman müsse inen wol geben wie viel sie wöllen. Solche lasse nur getrost schinden, so lang sie können. Aber Gott wird seines Gebots nicht vergessen und inen auch lohnen, wie sie gedienet573
561
vorzuenthalten | 562 angemessener | 563 Gefängnisaufseher | 564 Henker | 565 irgendwelche Landstreicher | 567 Schlund | 568 d. h. du leistest die Arbeit nicht, für die du diesen Lohn bekommst | 569 ehren | 570 verhüten | 571 Ebenso | 572 Willkür | 573 verdient
566
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Cum itaque hoc praeceptum tam multa, ut ostensum est, ymodo complectatur, necessarium esty, ut haec vulgoz diligenter proponantur et explanentur, neve tam asecure et libere eos abire patiamur, sed subinde iram Dei eis ob oculos ponamus et inculcemusa. Neque enim talia Christianis, verum omnium maxime nebulonibus praedicamus, quibus multo iustius iudex aut minister carceris aut carnifex praedicaret. Quapropter quilibet sciat, qui quidem iratum Deum experiri nolit, sibi praeceptum esse, ut non solum proximo non bdamnum inferatb aut eius intervertat commodum neque in commerciis aut contractibus ulla perfidia, simulatione aut dolo malo eundem circumducat, sed etiam ut eius bona magna cum fide tueatur, eius commoditatem, quoad eius fieri potest, promoveat, praecipue quando suam operam argento, mercede ac victu pensandam locavit proximo. Iam quicunque haec temere contempserit, effugerit ille fortasse manus carnificis, at ipsius Dei iram et cpoenam nunquamc effugiet. Et quanquam ad tempus hac sua utatur ferocia, dcircumforaneus erro tamen et mendicus manebitd omnes plagas et infortunia experturus. Iam quidem alio te vo[454]cat animi tui prolubium, ubi res herilis sin|gulari quadam fide tibi procuranda fuerat, tu gulae interim ac ventri tuo servis non secus ac fur mercedem suam accipiens, contendens etiam ob istam tuam perfidam negligentiam coli et honorari. Huius generis permultos est videre iam ministros ac famulos, qui non contenti omnia perfide et maligne agere insuper cum heris suis etiam superbe et ferociter delitigant neque tantum humanitatis aut fidei lubentes ostenderent, ut damnum aliquod antevertendo praecaverent. Sed attende, precor, animum, quidnam hac rationee lucri sis consecuturus, fnempe, ut ubi ducta uxoref ipse propriae domus curam susceperis (ad quod tibi Deus omnium inauspicatissime opem suam non denegnabit) haec tua perfidia ad teipsum redeat fiatque, ut, ubi hero tuo prius vel unius obuli fraudem feceris aut damnum dederis, trigesies id tuo maximo malo persolvas. Pari ratione artificibus quoque et mercenariis sua pensabitur perfidia, a quibus iam non dicendam planeque intolerabilem libidinem et audire et perferre cogimur, quasi in alienis bonis obtinerent dominium aut quivis, quodcunque postulassent, citra contradictionem mox numerare cogeretur. Hisce omnibus permitte sane, ut audacter proximum iniquissimis exactionibus deglubant ac tondeant, quamdiu poterint; equidem Deus sui praecepti non erit immemor illisque ipsis debita praemia redditurus est eosque non in virentem crucem, sed plane in aridam furcam suspensurus, ut per omnem
y – y consentaneum esse opinor Hag | z inconditae multitudini Hag | a – a securo et libero agant animo, verum subinde eius oculis divina ultio et iracundia obversetur et minaciter etiam inculcetur Hag | b – b det malum Hag | c – c supplicium non Hag | d – d nihilosecus tamen erro et mendicabulum manebit circumforaneum Hag | e tua malitiosa et iniqua ratione serviendi Hag | f – f ne tum, ubi ducta uxorcula Hag
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BSLK 619 | Enarratio ac repetitio huius praecepti crebra ad quid conducat.
Virtutes sexti praecepti.
Poena violati huius praecepti.
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Furta oeconomica.
Iniusta aucupia opificum et mercenariorum.
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haben, und hengen nicht an einen grünen, sondern dürren galgen574, das sie ir lebenlang nicht gedeien noch etwas für sich bringen. Und zwar575, wenn ein recht geordnet Regiment in Landen were, künd man solchem mutwillen576 bald steuren und wehren, wie vorzeiten bey den Römern gewesen ist, da man solchen flugs auff die hauben greiff577, das sich andere daran stossen musten578. Also sol es allen andern gelingen579, so aus dem offenen freien marckt nichts denn ein schindeleich580 und raubhaus machen, da man teglich die armen ubersetzt581, neue beschwerung und theurung machet und iglicher des marckts braucht nach seinem mutwillen582, trotzet und stoltzet dazu, als habe er gut fug und recht, das seine so theur zu geben als in gelüstet, und sol im niemand drein reden. Denen wöllen wir zwarten583 zusehen, schinden, zwacken und geitzen lassen; Aber Gott vertrauen, der es doch on das thun wird, das er, wenn du lang geschunden und geschreppelt584 hast, ein segen darüber spreche, das dir dein korn auff dem boden, dein bier im keller, dein viehe im stall verderbe. Ja, wo du jemand umb ein gülden teuschest und verforteilest585, sol dirs den gantzen hauffen wegrosten586 und fressen, das du sein nimmer fro werdest.
Solches sehen und erfaren wir zwar für augen teglich erfüllet werden, das kein gestolen und felschlich gewonnen gut gedeiet587. Wie viel sind ir, so tag und nacht scharren und kratzen und doch keines hellers reicher werden? Und ob sie viel samlen, doch so viel plage und unglück müssen haben, das sie es nicht mit freuden geniessen, noch auff ire Kinder erben können. Aber weil sich niemand daran keret und hingehen, als giengs uns nichts an, muss er und anders heimsuchen [195v]und mores leren588, das er eine Landschatzung589 uber die ander uber uns schicke oder ein hauffen Landsknecht zu gast lade, die uns auff eine590 stund kasten und beutel reumen und nicht auffhören, weil591 wir ein heller behalten, dazu zu danck Haus | und Hof verbrennen und verheeren, Weib und Kinder schenden und umbbringen.
574 Der Tod am Galgen galt als die härtere Strafe im Vergleich zum Aufknüpfen an einem grünen Baum („grüner Galgen“). Luther will damit aussagen, dass die Strafe Gottes nicht unverzüglich erfolgt, wie das Aufknüpfen am nächsten grünen Baum, sondern sich lange hinzieht; in diesem Fall, wie der Nachsatz erläutert, in einem fruchtlosen, misslungenen Leben. | 575 tatsächlich 576 Willkür | 577 bei dem Schopfe fasst | 578 dadurch gewarnt sein ließen | 579 ergehen | 580 Räuberhöhle, Schindanger | 581 übervorteilt | 582 Willkür | 583 wahrhaftig | 584 mühsam zusammengescharrt | 585 übervorteilst | 586 durch Rost verderben; vgl. dazu Mt 6,19f; Lk 12,33. | 587 Vgl. das
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aetatem infelices nihil unquam bonorum consequantur. Et profecto, si Rempublicam haberemus bonis legibus institutam, facile ac citra moram eiusmodi hominum libido atque temeritas coerceri posset atque infringi, qualem olim apud Romanos morem fuisse legimus, ubi talium homuncionum improbitatem acerbissimis | poenisg, ut alii inde exemplum sibi sumerent, coercebanth. Nihilo felicius aliis quoque sua debet cadere avaritia et milvina rapacitas, qui e foro et macello publico, quod omnibus servire debebat, lustra praedonum et locum latrocinii [455] constituunt, ubi quotidie indignis modis gravantur miseri novis subinde inductis oneribus et caritatis rationibus. Ac quisque foro pro sua libidine, utque illi visum fuerit, abutitur, ad hoc intolerabiter superbiens atque ferociens, quasi iure sibi hoc liceat, sua quam maximo velit precio divendere, tantum abest, ut aliquis eam ob rem illi oblique obmurmuret. Horum omnium spectatores erimus permissuri, ut pro arbitratu suo alios deglubant, spolient, mutilent, lacerent, rapiant ac omnibus modis suae avaritiae serviant. In Deo tamen fiduciam nostram habebimus alioqui etiam hoc ipsum facturo, ut ea benedictione, ubi diu multumque alios degluberis neque parum boni corraseris, tuas opes prosperet, ut frumentum tuum in horreo, cerevisia tua in cellario, pecus tuum in stabulo pereat, imo potius, ubi proximum tuum vel aureo defraudaveris, tu de tota summa ac sorte periclitans in dubium venias, ut ita absumta et ablata evanescat, etiam cum pulvisculo, ut nunquam ullam ex ea voluptatem capias. Hoc verum esse, equidem quotidianis experimentis discimus nullam rem aut furto aut fraude paratam possessori lucro esse. Quot enim esse putas, qui diu noctuque corradendis et cumulandis opibus se excruciant, qui tamen ne teruntio quidem ditiores evadunt? Et quanquam multum cumulent, tot tamen plagis et calamitatibus affecti sunt, ut cum voluptate ac gaudio rebus partis frui nequeant neque liberis suis eam haereditatem relinquant. Verum enimvero cum neminem haec moveant atque non secus, ac si nostra nihil interesset, agamus, necessei est, ut alia ratione nos invisat et sapere doceat, ut nempe novis subinde exactionibus exugamur aut numeroso | quodam peregrinorum militum exercitu nos adoriatur, qui in unius horulae spacio ita cistas et marsupia nostra exenterent nec ante depraedandi finem faciant, quam nobis nullus obulus maneat reliquus, ad haec vastata passim patria aedes nobis exurant etiam neque non uxores et liberos nostros affectos ignominia perimant.
g
danach: emendabant Hag | h nicht in Hag | i consantaneum Hag
Sprichwort „Unrecht Gut gedeiht nicht“. | 591 so lange
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Leviten lesen |
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Heimsuchung |
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in einer
Magistratus civilis officium.
Romanorum severitas. BSLK 621
Fori seu macelli rapacitas et expilationes.
Poena temporalis.
Ab experientia, Male parta male dilabuntur.
Poenae iniustorum aucupiorum.
BSLK 622
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Der Große Katechismus
Und summa, stilstu viel, so versihe dich gewisslich, das dir noch592 so viel gestolen werde und, wer mit gewalt und unrecht raubt und gewinnet, ein andern leide593, der im auch also mitspiele. Denn die kunst kan Gott meisterlich, weil jederman den andern beraubt und stielet, das er einen Dieb mit dem andern straffet, wo wolt man sonst galgen und stricke gnug nemen.
Wer im nu wil sagen594 lassen, der wisse, das Gottes Gebot ist, und für kein schertz wil gehalten sein. Denn ob du uns verachtest, betreugest, stielest und raubst, wöllen wirs zwar noch zukomen595 und deinen hohmut ausstehen, leiden und dem Vater unser nach vergeben und erbarmen, denn wir wissen, das die fromen doch gnug haben müssen und du dir selbst mehr denn einem andern schaden thust. Aber da hüte dich für, wenn das liebe Armut (welchs itzt viel ist) kompt, so umb den teglichen pfennig keuffen und zehren muss596 und du zufehrest597, als müste jederman deiner598 gnaden leben, schindest und schadest biss auff den grad599, dazu mit stoltz und ubermut abweisest, dem du soltest geben und schencken, so gehet es dahin elend und betrübt und, weil es niemand klagen kan, schreiet und ruffet es gen Himel, da hüte dich (sage ich abermal) als für dem Teuffel selbst. Denn solch seufftzen und ruffen wird nicht schertzen600, sondern ein nachdruck601 haben, der dir und aller Welt zu schwer werden wird. Denn es wird denen treffen602, der sich der armen betrübten hertzen annimpt und nicht wil ungerochen603 lassen. Verachtestu es aber und trotzest, so sihe, wen du auff dich geladen hast; wird dirs gelingen und wolgehen, soltu Gott und mich für aller Welt lügener schelten.
BSLK 623
Wir haben gnug vermanet, gewarnet und gewehret, wer es nicht achten noch gleuben wil, den lassen wir gehen, biss ers erfare. Doch muß man dem jungen Volck solchs einbilden604, das sie sich hüten und dem alten unbendigen hauffen nicht nachfolgen, sondern Gottes Gebot für augen halten, das nicht Gottes zorn und straffe auch uber sie gehe. Uns gebüret nicht weiter, denn zu sagen und zu straffen mit Gottes wort. Aber das man solchem öffentlichen mutwillen605 steure, da gehören Fürsten und Oberkeit zu, die selbst augen, und den mut hetten, Ordenung zu stellen und zu halten in allerley hendel und kauff, auff daß das Armut nicht beschweret und verdrückt606 würde, noch sie sich mit frembden Sünden beladen dürfften.
592 noch einmal | 593 ertragen, sich gefallen lassen muss | 594 sich belehren | 595 wollen wir uns darein schicken | 596 die von der Hand in den Mund leben müssen | 597 weitermachst | 598 von deiner | 599 Knochen = bis aufs äußerste | 600 spaßen | 601 Nachspiel, Wirkung | 602 zu dem dringen | 603 ungerächt | 604 einprägen | 605 Willkür | 606 unterdrückt
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Et ut summatim dicam, multum furans certo tibi [456] pollicere multo plura te furto amissurum. Tum qui per vim atque iniuriam rapto vivit et lucro servit, ut alteri incommodet, ille alium nanciscetur, a quo paria accepturus est. Deus enim huius artis est scientissimus, quandoquidem quisque alterum rapinis ac furto compilat, ut furem fure, latronem latrone puniat. Ubi alias sufficiens nobis suppeteret ad puniendos fures et patibulorum et laqueorum copia? Iam qui amicis dictis commonetur, ille certum habeat Dei esse praeceptum, quod in iocum converti nolit. Nam etsi nos deceperis, contempseris aut furto et rapinis compilaveris, tuam quidem iniuriam aequo animo tolerabimus, fortasse propterea non illico fame perituri tibique, quemadmodum nos docet Oratio Dominica, omnium iniuriarum concessa venia condonabimusj tuique miserebimur. Probi enim et iusti non possunt non exuberare copia tuque tibi longe maius detrimentum quam alteri concilias. Sed hic, obsecro, fac attento sis animo tibique caveas, ubi pauperes (quorum iam magnus est numerus) venerint, quibus numis diurno labore partis omnia mercanda sunt, tuque non secus agis, quam si omnibus e tua gratia pendendum sit ad vivum usque deglubens ac rodens, quos etiam superbe a te dimissos abigis inhumanissime, quibus dare debebas et largiri gratuito. Illi quidem misere a te abeunt et affecti tristitia, et cum neminem habeant, cui ista conquerantur, sublata in coelum voce Deum ultorem invocant. Haec, inquam, iterum atque iterum repetens moneo, ut caveas tanquam ipsum cacodaemonem. Tales pauperum gemitus et implorationes ioculares non erunt, sed vim in | se habebunt, quae et tibi et universo mundo erit intolerabilis atque ad eum pertingent, qui egenorum et kafflictorum cura afficitur ac iniuriam illis illatam non patitur inultamk. Quod si haec superbe contempseris aut etiam irriseris: tum vide, quem inimicum tibi feceris. Si enim prospere tibi ceciderit, tum Deum et me, coram mundo universo mendacii coarguas licet. [457] Nos abunde satis admonuimus ac dehortati sumus. qui ista neglexerit aut non crediderit, hunc missum faciemus, donec suo malo harum rerum fecerit periculum. Iuventuti tamen haec studiose inculcanda sunt, ut sibi caveat nec veteris et indomitae multitudinis insequatur vestigia, sed lmandatum Dei in conspectu habeat, ne et ipsam comprehendat ira et poenae divinael. Nostrum officium non latius protenditur, quam ut hominum flagitia indicemus eademque verbo Dei puniamus. Verum ut tam aperta et manifesta depraedandi ac furandi libido coerceatur, Principum et magistratus interest, qui si ipsi oculos haberent et animum in omnibus negotiis atque commertiis certam rationem atque ordinem constituendi et conservandi neque pauperes gravarentur et opprimerentur neque semetipsos alienis peccatis onerarent.
j gratiam faciemus Hag | k – k pauperum nullam curam habere sustinet, id quod ipse inultum non patietur Hag | l – l Die praeceptum inconniventer contueatur oculis et ne ipsam ira Dei una cum poenae acerbitate comprehendat Hag
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Poena talionis divina.
Tenacitas in dandis necessariis eleemosynis.
BSLK 623 Neglectionem pauperum puniri.
De officio principum et magistratus.
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Der Große Katechismus
[196r] Das sey gnug davon gesagt, was stelen heisse, das mans nicht so enge spanne607, sondern gehen lasse, so weit als wir mit dem Nehesten zu thun haben, und kurtz in eine summa, wie in den vorigen608 zu fassen, ist dadurch verboten, Erstlich dem Nehesten schaden und unrecht zu thun (wie mancherley weise zuerdencken sind, habe und gut abzubrechen, verhindern, und fürzuhalten609), auch solches nicht bewilligen noch gestatten, sondern wehren und vorkomen610, und widerumb geboten, sein gut fördern, bessern und, wo er not leidet, helffen, mitteilen, fürstrecken611, beyde freunden und feinden.
BSLK 624
Wer nu gute werck suchet und begeret, wird hie ubrig gnug612 finden, die Gott von hertzen angeneme und gefellig sind, dazu mit trefflichem segen begnadet | und uberschüttet, das es reichlich sol vergolten werden, was wir unsern Nehesten zu nutz und freundschafft thun. Wie auch der König Salomo leret, Proverb. 19: „Wer sich des Armen erbarmet, der leihet dem Herrn, der wird im wider vergelten sein Lohn.“613 Da hastu einen reichen Herrn, der dir gewiss gnug ist und nichts wird gebrechen noch mangeln lassen. So kanstu mit frölichem gewissen hundert mal mehr geniessen, denn du mit untreu und unrecht erschreppelst614. Wer nu des segens nicht mag, der wird zorn und unglück gnug finden.
Das VIII. Gebot: Du solt nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nehesten. Uber615 unsern eigenen Leib, Ehelich gemahel und zeitlich gut haben wir noch einen schatz, nemlich Ehre und Gerüchte616, welches wir auch nicht emperen können. Denn es gilt617 nicht unter den Leuten in öffentlicher schande, von jederman veracht, zu leben. Darumb wil Gott des Nehesten leumund, glimpff618 und gerechtigkeit so wenig als gelt und gut genomen oder verkürtzt haben, auff das ein jeglicher für sein Weib, Kind, Gesind und Nachbar ehrlich bestehe619. Und zum ersten ist der gröbste verstand620 dieses Gebots, wie die wort lauten „Du solt nicht falsch Zeugnis reden“, auff öffentlich Gericht gestellet621, da man ein armen unschüldigen Mann verklagt und
607 fasse | 608 vorigen Geboten | 609 vorzuenthalten | 610 verhüten, verhindern | 611 zuvorkommen | 612 übergenug | 613 Prov 19,17 | 614 zusammenscharrst | 615 Außer | 616 Leumund, Ruf 617 kommt darauf an | 618 Ehre | 619 als ehrenhaft dastehe | 620 am leichtesten verständliche Bedeutung | 621 bezogen
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Sed iam satis superque dictum est, quid sit furari, ne tam angustis mid metis concludaturm, sed eo usque sinatur protendi, quousque nostra cum proximo exercenda negocia protenduntur. Et ut compendio quodam rei summam, sicut in aliis praeceptis factitavimus, perstringam, illud hoc praecepto cautum est, Primum, ne quam iniuriam inferamus proximo (qualescunque tandem et quam multiplices rationes excogitari possunt opes atque substantiam alienam imminuendi, decurtandi, impediendi, alienandi) neque his consentiamus, aut haec fieri patiamur, sed prohibeamus ac omnibus modis eius damnum antevertamus. Contra vero praeceptum est, ut eius bona promoveamus augeamusque atque, ubi ne|cessitate pressus est, eius inopiam benigne sublevemus, illi impertiamus, prae manu aliquid demus, quo fruatur, cum amicis, tum inimicis. Iam qui bona opera quaerit aut cupit facere, hic abunde satis inveniet, quae Deo ex animo perplacent et grata sunt, ad haec quae incredibili quadam benedictione remuneratur et amplissime cumulat, ut nabunde compensetur nobisn, quidquid officii ac humanitatis proximo exhibuerimus. Quemadmodum sapientissimus etiam docet Salomon, Proverb. 10: Foenera[458]tur Domino, qui miseretur pauperis et vicissitudinem suam reddet ei. Habes hic opulentum Dominum, qui tibi procul dubio solvendo est nec patietur ulla te premi aut urgeri penuria, quo adiutore tranquilla conscientia in centuplo plus frui potes, quam cum perfidia aut iniuria proximi corradere. Iam qui hanc benedictionem nauseabundus fastidit, ille irarum et infortunii abunde inveniet.
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Repetitio definitionis furti.
Peccata contra hoc praeceptum.
Bona opera huius praecepti. BSLK 624
Praemia huius oboedientiae spiritualia et corporalia.
Praeceptum VIII: Non loqueris contra proximum tuum falsum testimonium.
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Praeter corpus proprium, legitimam coniugem et rem familiarem adhuc alius thesaurus nobis superest, nempe nominis et famae aequabilis atque inviolatae praeclarum testimonium, quo nequaquam carere possumus. Neque enim praestat ut fama parum secunda vivamus inter homines aperte infamia notabiles et contempti omnibus. Quocirca Deus proximi famam, nomen et iustitiam nihilo magis vult imminui aut decurtari, quam argentum et opes eius patere furto aut depraedationibus, ne quis aut uxoris aut liberorum aut familiae aut etiam vicini laboret infamia. Ac primum quidem crassior huius praecepti sensus, quemadmodum ipsa verba sonant (Non loqueris contra proximum tuum falsum testimonium) ad negocia | forensia referendus est, ubi miser aliquis et innocens accusatur falsisque testibus opprimitur, ut luendo poenas aut corporis aut rei aut famae in periculum veniat.
m–m
claudatur pomeriis Hag | n – n cumulate vicissim pensetur Hag
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Inter bona externa praecipuum bonum existimatio.
1. Peccata crassiora pugnantia eum hoc praecepto. BSLK 625
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Der Große Katechismus
durch falsche Zeugen unterdrückt, damit er gestraffet werde an leib, gut oder ehre. [196v] Das scheinet nu itzt, als gehe es uns wenig an, aber bey den Jüden ists gar ein trefflich gemein ding gewesen622, denn das Volck war in feinem ordentlichen Regiment gefasset623 und, wo noch ein solch Regiment ist, da gehets on diese Sünde nicht abe. Ursach ist diese, denn wo Richter, Bürgermeister, Fürst oder andere Obrigkeit sitzet, da fehlet es nimmer, es gehet nach der Welt laufft, das man niemand gerne beleidigen wil, heuchlet und redet nach gunst, gelt, hoffnung oder freundschafft, darüber muss ein arm Mann, mit seiner sache verdruckt624, unrecht haben und straffe leiden. Und ist eine gemeine plage in der Welt, das im Gericht selten frome625 Leute sitzen, denn es gehöret für allen andern dingen ein fromer Mann zu einem Richter, und nicht allein ein fromer, sondern auch ein weiser, bescheidener, ja auch ein küner und kecker Mann. Also auch626 gehöret ein kecker, dazu fürnemlich ein fromer Mann zum zeugen. Denn wer alle sachen recht richten und mit dem urteil hindurch reissen627 sol, wird offtmals gute freunde, schweger, nachbar, reiche und gewaltige erzürnen, die im viel dienen oder schaden können. Darumb muss er gar blind sein, augen und ohren zugethan, nicht sehen noch hören denn stracks für sich, was im fürkompt, und demnach schliessen628.
Darumb ist nur erstlich diss Gebot gestellet629, das ein jeglicher seinem Nehesten helffe zu seinem Rechten und dasselbige nicht hindern noch beugen lasse, sondern fördere und stracks darüber halte630, Gott gebe631 es sey Richter | oder Zeuge, und treffe an632, was es wölle. Und sonderlich ist hiemit unsern Herrn Juristen ein ziel gesteckt, das sie zusehen, recht und auffgericht633 mit den sachen umbgehen, was recht ist, recht bleiben lassen. Und widerumb nicht verdrehen noch vermenteln oder schweigen unangesehen634 gelt, gut, ehre oder Herrschafft. Das ist ein stück und der gröbste verstand dieses Gebots, von allem das für Gericht geschiehet.
Darnach greifft es gar viel635 weiter, wenn mans sol ziehen636 ins geistlich Gericht oder Regiment, da gehets also, das ein jeglicher wider seinen Nehesten felschlich zeuget. Denn wo frome Prediger und Christen sind, die haben für der Welt das urteil, das sie Ketzer, abtrünnige, ja auffrürische, und ver-
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kam es außerordentlich häufig vor | 623 verfasst | 624 bedrückt | 625 rechtschaffene Ebenso | 627 durchgreifen | 628 dementsprechend sein Urteil fällen | 629 bezieht sich | 630 darüber wache | 631 gleichviel ob | 632 betreffe | 633 aufrichtig | 634 verschweigen ohne Rücksicht auf | 635 erstreckt es sich sehr viel | 636 übertragen 626
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Iam hoc perinde apparet, quasi parum ad nos pertineat. Ceterum apud Iudaeos res fuit vehementer usitata et communis, siquidem populus optimis legibus gubernabatur. Et ubi etiam hodie est Respublica ad hunc modum instituta, non potest non ei peccato locus esse. Cuius rei haec causa est: Ubi enim pro tribunali iudices, consules, principes aut [459] alii magistratus, cognoscendis causis dant operam, hic fieri non potest, quin pro huius mundi usitata consuetudine res agatur, nemo libenter potentiorem laedere sustinet, sed quisque assentatur et loquitur ad gratiam victus et oppressus causa cadere ac poenas pendere cogatur. Estque communis quaedam in mundo clades atque calamitas, quod iudicio perraro praesunt viri boni et integri. Neque enim quivis ei rei invenitur appositus, sed cumprimis necesse est, ut is, qui iudicis functurus est officio, vir osit probus et pius, et non tantum probus, verum etiamo prudens sit et perspicax nec minori audacia et animi fortitudine praeditus. Non secus quoque operae precium, ut, qui testem acturus est, vir sit fortis ac vitae inculpatae. Qui enim in omnibus causis semper iuste iudicare neque vim aut iniuriam inferre iustitiae voluerit, ei saepicule amici, affines, cognati, vicini, potentes ac divites laedendi erunt et offendendi, qui multum illi aut obesse, aut prodesse queant. Quocirca omnino caecus sit oportet, ut clausis et auribus et oculis nihil audiat aut videat, praeterquam quae illi exponuntur, ut secundum illa ferat sententiam. Primum ergo eo tendit huius praecepti constitutio, ut quivis proximo in eius iure tuendo ferat suppetias neque obstet neve alio malitiose torqueat paut torqueri sinatp, verum omnibus modis promoveat illi|que interrite patrocinetur, sive iudicis sive testis personam obtinuerit, quaecunque tandem res in contentionem venerit. Cumprimis vero hoc loco Iureperitis meta praefixa est, quo diligenter videant, ut causas forenses iuste tractent atque integre, ut quod iustum est, iustum esse patiantur. Et contra, ne suis imposturis et technis nigra in candida vertant et prava recta faciant aut verum reticentes tacitum praetereant nullo respectu pecuniarum, opum, dignitatis atque potentiae habito. Et haec est una pars huius praecepti et sensus aliquanto crassior de omnibus, quae aguntur in iudicio. [460] Deinde multo latius patet, si in spirituale iudicium aut regimen referatur, ubi ita agitur, ut quivis adversus proximum suum falsum loquatur testimonium. Ubicunque enim gentium probi agunt Christiani et praedicatores, eo iam damnati sunt coram mundo iudicio, ut pro haereticis et apostatis habeantur, imo potius ut seditiosi et perditissimi latrones dicantur et aestimentur. Ad haec Dei quoque verbum turpissime et virulentissimeq insectatio-
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nicht in Hag | p – p nicht in Hag | q danach: leceratur Hag
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Calumniae forenses.
Iudex Testis.
Iudicia et omnia forensia officia confirmantur, si rite et bona conscientia fiant.
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Damnatur tota sophistica forensis.
Corruptelae, quibus emuntur patrocinia in malis causis.
2. Calumniosa mundi iudicia de Evangelio et Ecclesia.
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zweiffelte Bösewichte heissen. Dazu muss sich Gottes wort auffs schendlichst und gifftigst verfolgen, lestern, lügenstraffen, verkeren und felschlich ziehen und deuten lassen. Aber das gehe seinen weg, denn es ist der blinden Welt art, das sie die warheit und Gottes Kinder verdampt und verfolget und doch für keine Sünde achtet. Zum dritten, so und allzumal belanget637, ist in diesem Gebot verboten alle Sünde der zungen, dadurch man dem Nehesten mag schaden [197r] thun oder zu nahe sein638. Denn falsch zeugnis reden ist nichts anders denn mundwerck. Was man nu mit mundwerck wider den Nehesten thut, das wil Gott gewehret haben, es seien falsche Prediger mit der lere und lestern, falsche Richter und Zeugen mit dem urteil oder sonst ausser639 dem Gericht mit liegen und ubelreden. Daher gehöret sonderlich das leidige schend|licher laster affterreden640 oder verleumbden, damit uns der Teuffel reitet641, davon viel zu reden were, denn es ist ein gemeine schedliche plage, das jederman lieber böses denn guts von dem Nehesten höret sagen. Und wiewol wir selbst so böse sind, das wir nicht leiden können, das uns jemand ein böse stück nachsage, sondern jeglicher gerne wolt, das alle Welt güldens642 von im redete, doch können wir nicht hören, das man das beste von andern sage. Derhalben sollen wir mercken, solche untugend zu meiden, das niemand zugelassenv ist seinen Nehesten öffentlich zu urteilen und straffen, ob er in gleich sihet sündigen, er habe denn befehl zu richten und straffen. Denn es ist gar ein grosse unterscheid zwischen den zweien, Sünde richten und Sünde wissen. Wissen magstu sie wol, aber richten soltu sie nicht. Sehen und hören kan ich wol, das mein Nehester sündiget, aber gegen andern nachzusagen643, habe ich kein befehl644. Wenn ich nu zufahre645, richte und urteile, so falle ich in eine sünde, die grösser ist denn jene. Weistu es aber, so thue nicht anders, denn mache aus den ohren ein grab646 und scharre es zu, biss das dir befohlen werde, Richter zu sein und vom Ampts wegen zu straffen.
Das heissen nu Affterreder647, die es nicht bey dem wissen bleiben lassen, sondern fort faren648 und ins Gericht greiffen649 und, wenn sie ein stücklein von einem andern wissen, tragen sie es in alle winckel, kützeln und krauen sich650, das sie mügen eines andern un|lust rüren651, wie die seu, so sich im kot
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gesetzt Witt1, Witt2
637 was uns alle betrifft | 638 kränken | 639 außerhalb | 640 üble Nachrede | 641 verblendet, anficht. | 642 Goldenes, das Beste | 643 ihn bei anderen ins Gerede zu bringen | 644 Auftrag 645 mich einmische, eingreife | 646 begrabe es in dir | 647 Lästerer, Verleumder | 648 weitergehen 649 dem Urteil vorgreifen | 650 haben ihre Freude daran | 651 Dreck aufwühlen
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nem patitur, blasphematurr, mendacii arguitur, malitiose pervertitur set falso huc et illuc torquetur acs depravatur. Sed haec in praesentia quidem missa faciamus. Ea enim caeci mundi natura est, ut veritatem et filios Dei improbe condemnet et iniuriose insectetur neque tamen hoc factum peccati loco aestimet. Tertio, quod ad nos omnes pertinet, omne peccatum linguae, quo famam proximi denigrare aut laedere possumus, hoc praecepto interdictum est. Nam loqui falsum testimonium nihil aliud quam oris et linguae opus est. Iam quacunque ratione linguae operibust proximus offenditur, hoc Deus prohibet, sive illud fiat per falsos doctores, perversa doctrina et blasphemiisu sive per iniquos testes et iudices falso iudicio sive extra forum mendaciis et linguae virulentia. | Hucque inprimis pertinet detestabile illud vitium detractionis sive calumniae, quod diabolus penitus nobis insevit et inspiravit, de quo perquam multa verba facienda forent. Est enim haec quaedam perniciosa et communis calamitas, ut quivis vmala de proximo quam bona audire malitv. Et quanquam wipsi tam sumus mali, ut, si quis mali quid de nobis referat, ferre id non possimus, sed quivis optaret, ut nemo non optima et aurea quaeque de se praedicaretw, audire tamen non possumus, ut et de aliis optima praedicentur. Quare xad devitandum hoc vitium discamusx, nemini videlicet concessum esse proximum suum propalam iudicare et obiurgare, tametsi eundem peccantem videat, nisi prius iudicandi et puniendi potestatem concreditam acceperit. Multo enim haec duo seiuncta sunt discrimine: peccatum iu[461]dicare et peccati esse conscium. Nosse quidem potes peccatum, verum tuum non est idem quoque iudicare. Proximum meum peccantem audire et videre possum, verum, ut eundem quoque traducam apud alios sua peccata palam faciendo, in mandatis non habeo. Iudicans ergo alium et condemnans in maius et gravius delictum prolabor, quam ille erat obnoxius. Itaque, si alicuius delicti conscius es, nihil aliud facies, quam ut obstructis ore et auribus sepultum relinquas in pectore, donec iudicis provincia tibi tradita fuerit et officium puniendi commissum. Iam illi dicuntur obtrectatores seu quadruplatores, qui non contenti sunt se alienorum delictorum esse conscios, verum iudicandi quoque partes sibi sumunt, atque ubi quippiamy de alio resciverint, in omnes id diffundunt angulos pas|sim deferentes, semet voluptuose titillantes et perfricantes alterius sordes movendo, quemadmodum lutulenta sus in suo coeno se volutat et rostrum foede immergit. Et hoc nihil aliud est, quam Deo in iudicium et officium eius procaciter irrumpere ac iudicio omnium acerbissimo
r nicht in Hag | s – s ac falsis, confictis et erroneis interpretationibus alio detorsum Hag | t opibus Hag | u contumelia Hag | v – v praeoptet potius de alio audire mala quam bona Hag | w – w nos ipsi ita malorum pleni sumus, ut referre nequeamus, si quis malos nos praedicet, sed quivis malit potius, ut meras rosas (quod aiunt), hoc est optima quaeque de eo loquerentur homines Hag x – x ignorandum non est haec vitia cavenda esse Hag | y danach: expiscati Hag
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3. Prohibetur privata maledicentia et in rebus dubiis calumniae.
[BSLK 627]
Philautia.
Invidis obsonium esse maledicta.
Aliena delicta tegenda esse inter homines et arte sananda.
Obtrectato res qui dicantur. Sola naturae malevolentia multos impellit ad maledicendum. Temere iudicantes arrogare sibi divinum officium. BSLK 628
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weltzen und mit dem rüssel darin wülen. Das ist nichts anders, denn Gott in sein Gericht und Ampt fallen, urteilen und straffen mit dem scherffsten urteil. Denn kein Richter höher straffen kan, noch weiter faren, denn das er sage. Dieser ist ein dieb, mörder verrheter, etc. Darumb wer sich solches unterstehet vom Nehesten zu sagen, greifft eben so weit als Keiser und alle Oberkeit. Denn ob du das schwert nicht fürest, so brauchestu doch deiner gifftigen zungen dem Nehesten zu schand und schaden. Darumb wil Gott gewehret haben, das niemand dem andern ubel nachrede, wenn ers gleich schüldig ist und dieser wol weis, viel weniger, so ers nicht weis und allein von hören sagen genomen hat. Sprichstu aber, sol ichs denn nicht sagen wenn es die warheit ist? Antwort: Warumb tregstus nicht für ordentliche Richter? Ja, ich kans nicht öffentlich bezeugen, so möcht man mir vielleicht ubers maul faren [197v] und ubel abweisen. Ey lieber reuchstu den Braten652, trauestu nicht für geordenten653 Personen zustehen und zuverantworten, so halte auch das maul. Weistu es aber, so wisse es für dich, nicht für ein andern, denn wo du es Weiter sagest, ob es gleich war ist, so bestehestu654 doch wie ein Lügner, weil du es nicht kanst war machen, thust dazu wie ein Bösewicht, denn man sol niemand seine ehre und gerücht nemen, es sey im denn zuvor genommen öffentlich.
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Also heist nun falsch gezeugnis alles, was man nicht, wie sichs gehöret, uberweisen655 kan, darumb, was nicht mit gnugsamer beweisung offenbar ist, sol niemand offenbar machen noch für warheit sagen. Und summa, was heim|lich ist, sol man heimlich bleiben lassen oder je heimlich straffen, wie wir hören werden. Darumb, wo dir ein unnütz Maul fürkompt, das ein andern austregt656 und verleumbdet, so rede im frisch unter augen, das er schamrot werde, so wird mancher das Maul halten, der sonst ein armen Menschen ins geschrey bringt, daraus er schwerlich wider komen kan, denn ehre und glimpff657 ist bald genomen, aber nicht bald wider gegeben.
Also sihestu, das kurtzumb verboten ist, von dem Nehesten etwas böses zu reden, doch ausgenommen Weltliche Oberkeit, Prediger, Vater und Mutter, das man dennoch diß Gebot so verstehe, das das böse nicht ungestrafft bleibe.
652 Sprichwörtliche Redensart: merkst Du etwas? | 653 dazu bestimmten, zuständigen | du da | 655 beweisen | 656 ins Gerede bringt | 657 guter Ruf, Name
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condemnare atque punire. Neque enim ullus iudex quempiam graviore potest punire supplicio, quam si dixerit: Hic fur est, hic homicida est, proditor est etc. Quare quicunque tantum sibi sumserit audaciae, ut non vereatur de proximo quidvis petulanter evomere, ille tantum sibi sumit potestatis, quantum Caesar et omnes magistratus sibi vendicant. Nam quanquam gladii potestatam non usurpes, tua tamen maledica, mordaci et virulenta lingua uteris, qua bacchans in proximum eius famae perpetuas maculas inuris. Eam ob rem Deus prohibet, ne quis alterum maledico dente carpat23 aut alteri probrose detrahat, etiamsi reus sit ille et hic rem probe compertam habeat; multo minus veroz, quando rei ipsius ignarus, aex aliorum tantum relatu quid accepita. Dices autem: Cur vero reticerem, cum verum esse certus sim? Respondeo: Cur non defers eum ad legitimum iudicem? Sed, inquis, hoc ipsum certob testimonio non possum evincere, unde periculum est, ne falso intentatae calu[462]mniae poenas incurram. Hinc ille lacrimae24, hoc illud est, quod pertimescis. Quod si non tantum tibi fidis, ut coram ordinatis personis rem transigas atque respondeas, vide, ut os tuum etiam privatim compescas digito. Sin autem conscius es, tibi scias, non alteri. Ubi enim latius sparseris, etsi verum fuerit, non nisi impudenter mendax eris, cum verum id esse evincere nequeas, ad chaec sceleratum nebulonem et sycophantam agisc. Nemo enim per calumniam suo nomine aut fama fraudandus est, nisi ante propalam damnatus iudicis senten|tia ea dispoliatus est. Proinde falsum loqui testimonium omne illud loqui dicitur, quod aliquem fecisse aperte et, quemadmodum decet, non possumus evincere. Quocirca quidquid sufficienti testimonio nondum satis manifestum est, hoc nemini revelandum est aut pro vero referendum. Et in summa, quidquid occultum et arcanum est, hoc in occulto sinendum est aut occulte, quemadmodum audiemus, redarguendumd. Quare, ubicunque in detractorem incideris alterius dicta ac facta contumeliose deferentem ac petulanter in quempiam debacchantem, audacter huic in os obsiste, ut pudore suffundatur. Ita futurum est, ut crebro quis os suum obstruat, qui alioqui miserum aliquem in ora hominum pestifera detractione diffunderet eas notas ac maculas inusturus, quas aegre aut nunquam possis eluere. Praeclari enim nominis ac integrae famae testimonium cito alicui eripitur, sed, semel ereptum, non perinde facile recuperantur. Ita vides in universum interdictum esse mali quippiam loqui de proximo, exceptis tamen magistratibus, contionatoribus et parentibus, ut hoc praeceptum ita intelligatur, ne vitia impunita maneant. Iam quemadmodum Quinto praecepto neminem iubemur laedere, excepto tamen carnifice, qui ex officio
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alteri struendae sunt contumeliae Hag | a – a sed tantum ex audito accepit et loquitur Hag aperto Hag | c – c nihiloque ab improbo vitiligatore et perdito sycophanta discrepas Hag animadvertendum Hag Cicero, Pro Cornelio Balbo XXVI, 57. | 24 Terenz, Andria 126 und Horaz, Epodes I, 19,41.
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Etiam vera et manifesta convicia, quae erumpunt, vel ex naturae raritate vel ex morbo animi prohiberi.
Quid falsum loqui testimonium. BSLK 629
Non solum peccare sectantes et criminantes de aliis, sed etiam auditores.
Iudicia non sunt prohibita, sed mandata.
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Wie man nu lauts des fünfften Gebots niemand schaden sol am Leib, doch ausgezogen658 Meister Hansen659, der seines Ampts halben den Nehesten kein guts, sondern nur schaden und böses thut und nicht wider Gottes Gebot sündigt, darumb das Gott solch Ampt von seinet wegen geordnet hat, denn er im die straffe seines gefallens660 fürbehalten hat, wie er im ersten Gebot dreuet. Also auch, wiewol ein jeglicher für seine Person niemand richten noch verdammen sol, doch wo es die nicht thun, denen es befohlen ist, sündigen sie ja so wol661, als ders ausser dem Ampt von sich selbs thete, denn hie fodert die not von dem ubel zu reden, klagen fürbringen662, fragen und zeugen und gehet nicht anders zu denn mit einem Artzt, der zuweilen dem, den er heilen sol, an heimliche ort sehen und greiffen muss. Also sind Oberkeit, Vater und Mutter, ja auch Brüder und Schwester und sonst gute | Freunde untereinander schüldig, wo es not und nütz ist, böses zustraffen. Das were aber die rechte weise, wenn man die Ordnung nach dem Evangelio hielte, Matth. 18., da Christus spricht: „Sündiget dein Bruder an dir, so gehe hin und straffe in zwischen dir und im alleine.“663 Da hastu ein köstliche, feine Lere, die Zunge wol zu regieren, die wol zu mercken ist wider den leidigen missbrauch. Darnach richte dich nu, das du nicht so bald664 den Nehesten anderswo [198r] austragest und im nachredest, sondern in heimlich vermanest, das er sich bessere. Desgleichen auch, wenn dir ein ander etwas zu ohren tregt, was dieser oder jener gethan hat, lere in auch also, das er hin gehe und straffe in selbs, wo ers gesehen hat, wo nicht, das er das maul halte.
Solches magstu auch lernen aus teglichem Hausregiment. Denn so thut der Herr im Haus, wenn er sihet, das der Knecht nicht thut was er sol, so spricht er im selbs zu. Wenn er aber so toll were, liesse den Knecht daheim sitzen und gieng heraus auff die gassen, den Nachbarn uber in zu klagen, würde er freilich müssen hören: Du Narr, was gehets uns an, warumb sagstus im selbst nicht? Sihe, das were nu recht brüderlich gehandelt, das dem ubel gerathen665 würde und dein nehester bey ehren bliebe. Wie auch Christus da selbst sagt: „Höret er dich, so hastu deinen Bruder gewonnen.“666 Da hastu ein gros trefflich werck gethan, denn meinstu, das ein gering ding sey, ein Bruder gewinnen? Las alle Mönche und heilige Orden mit allen iren wercken zuhauffe667 geschmeltzt erfür tretten, ob sie den ruhm können auffbringen, das sie einen Bruder gewonnen haben?
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ausgenommen | 659 Henker | 660 sich nach seinem Urteil | 661 ebenso sehr | Mt 18,15 | 664 sogleich | 665 abgeholfen | 666 Mt 18,15 | 667 zusammen
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nemini commodat, sed irrogatis suppliciis officit omnibus neque tamen praeceptum Dei transgreditur, propterea quod Deus huius officii procurationem sua gratia constituerit, nam poenarum irrogationem [463] suae voluntati reservavit, ut in praecepto primo minatur. Ita quoque quanquam nemo, quantum ad propriam personam attinet, alium iudicare neque damnare debeat, tamen, ubi hoc non efaciunt ii, quibuse hoc demandatum est, equidem ii non minus peccant ob negligentiam quam illi, qui extra officium hoc iniussi faciunt. Hic enim exigit necessitas, ut de vitiis sermo habeatur, ut accusentur, deferantur in iudicio, perquirantur et testimonio comprobentur. Neque secus agitur quam cum medico, qui nonnunquam aegroti, quem curandum suscepit, | loca arcana contueri et contrectare necessitate cogitur. Ita quoque magistratus, parentes, fratres atque sorores, tum qui amici sunt inter se hoc mutuo obstringuntur officio, ut, ubi utile fuerit ac necessarium, alter alterius vicissim reprehendat vitia. Ceterum haec recta esset ratio obiurgandi vitia, si ordinem praescriptum in Evangelio observaremus, ubi Christus inquit Matth. 8: Si peccaverit in te frater tuus, vade et corrige eum inter te et ipsum solum. Vides hic praeclaram doctrinam tibi propositam, qua linguam gubernabis, quae etiam diligenter animadvertenda est contra perniciosum detrahendi abusum et vitium. Ad huius itaque doctrinae amussim tuam vitam institue, ne tam cito proximi tui famam in vulgus efferas eumque foede ac turpiter traducas, sed occulte corripias ac moneas, ut mutata vita resipiscat. Similiter alium quoque aliquid tibi susurrantem aut deferentem, quid hic aut alter flagitiose designaverit, doce facere, ut eat illumque ipsum corripiat, si viderit, sin minus, ut os a detractione clausum teneat. Hoc etiam discere potes, ex quotidiana rei familiaris procuratione. Ita enim agere solet paterfamilias videns servum suum cessare aut suo non fungentem gnaviter officio, ipse per se eundem obiurgat et admonet officii. Verum si tam vecors esset et amens animi, ut relicto domi compressis (quod aiunt) manibus desidente servo in forum progressus servilem socordiam vicinis conqueretur, haud [464] dubie ab iisdem audire cogeretur: Quid vero hoc nostra interest, o caput multis modis ridiculum, cur illi ipsi ista non exprobras? Ecce ad hunc quidem modum fraterne ageres, ut emendarent vitia et proximi tui fama maneret salva atque integra. Sicut etiam Christus ipse eodem loco testatur inquiens: Si te audierit, animam fratris tui lucratus es. Ita quidem magni ac memorabilis operis auctor extitisses. Aut tu forte rem leviculam esse existimas fratrem lucrifacere? Sine vero omnes monachos ac sacros ordines ad unum in unam massam conflatos prodire, num tantam sibi laudem vendicare possint se | suis operibus vel unum lucratos esse fraterculum.
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fit ab iis, quorum officio Hag
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BSLK 630 | Iudicia magistratuum seu officium iudicis et parentum.
Vitupetatio quae sit sanandi aut aliorum admonendorum causa.
De fraterna admonitione.
Exemplum oeconomicum.
Ordo iudiciorum a Christo praescriptus.
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Weiter leret Christus: „Wil er sich aber nicht hören, so nim noch einen oder zween zu dir, auff das alle sache bestehe auff zweier oder dreier zeugen munde.“668 Also das man je mit dem selbs handle, den es belanget, und nicht hinder seinem wissen im nachrede. „Wil aber solches nicht helffen, so trage es denn offentlich für die Gemeine“669, es sey für weltlichem oder geistlichem Gerichte. Denn hie stehestu nicht allein, sondern hast jene zeugen mit dir, durch welche du den schüldigen uberweisen670 kanst, darauff der Richter gründen, urteilen und straffen kan. So kan man ordentlich und recht dazu komen, das man dem bösen weret oder bessert, sonst, wenn man ein andern mit dem maul umbtregt671 durch alle winckel und den unflat rüret672, wird niemand gebessert, und darnach, wenn man stehen673 und zeugen sol, wil mans nicht gesagt haben. Darumb geschehe solchen meulern recht, das man inen den kützel wol büssete674, das sich andere daran stiessen675. Wenn du es deinem Nehesten zu besserung oder aus liebe der warheit thetest, würdestu nicht heimlich schleichen noch den tag und liecht scheuen.
Das alles ist nu von heimlichen Sünden gesagt. Wo aber die Sünde gantz öffentlich ist, das Richter und jederman wol weis; So kanstu in on alle Sünd meiden und faren lassen, als der sich selbst zu schanden gemacht hat, dazu auch öffentlich von im zeugen, denn was offenbar am tag ist, da kan kein affterreden noch falsch [198v] richten oder zeugen sein. Als676 das wir itzt den Bapst mit seiner Lere straffen, so öffentlich in Büchern an tag gegeben und in aller Welt ausgeschrien ist. Denn wo die Sünde öffentlich ist, sol auch billich öffentlich | straffe folgen, das sich jederman dafür wisse zu hüten.
Also haben wir nu die summa und gemeinen verstand677 von diesem Gebot, das niemand seinem Nehesten, beide freund und feind, mit der zungen schedlich sein noch böses von im reden sol, Gott gebe678 es sey war oder erlogen, so es nicht aus befehl oder zur besserung geschicht; Sondern seine zunge brauchen und dienen lassen, von jederman das beste zu reden, des Nehesten Sünde und gebrechen zudecken, entschüldigen und mit seiner ehre beschönen679 und schmücken680. Ursach sol sein allermeist diese, so Christus
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Mt 18,16 | 669 Mt 18,17 | 670 überführen | 671 ins Gerede bringt | 672 den Dreck aufwühlt dafür einstehen | 674 seinen Vorwitz büßen lassen | 675 gewarnt sein ließen | 676 Wie zum Beispiel | 677 allgemeine Bedeutung | 678 gleichviel ob | 679 beschönigen | 680 verhüllen 673
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Eodem loco Christus docet ulterius: Si autem te non audierit, adiunge tibi adhuc unum vel duos, ut in ore duorum vel trium testium stet omne verbum, Ita ut semper res ipsa cum eo transigatur, cuius maxime interest, ne quid prorsus absenti maledice detrahatur. Porro, si haec omnia ad emendandum fratrem parum erunt valida aut efficacia, defer haec omnia propalam iudicanda Ecclesiae sive spiritualibus sive secularibus magistratibus. Neque enim hic solus causam agis, sed habes duos illos testes tibi coniunctos accusationem tuam comprobantes, cui innixus iudex intrepide iudicare et poenam irrogare potest. Ac tum quidem legitimo iure ac ordine eo perveniri potest, ut malorum improbitas aut coerceatur aut in melius emendetur. Alioqui quando alius passim detractionibus infamatus passim per omnes urbis angulos traducitur tantumque sordes commoventur, nemo emendatur ac deinceps, ubi res comprobanda erit testimonio, quisque a se dictum esse pernegat. Quapropter rectissime cum hisce detractoribus ageretur, ut gravissimas intemperantis linguae poenas luentes omnem maledicendi et obtrectandi voluptatem amitterent, ut alii inde exemplum sumentes linguae virulentiam dediscerent. Si haec fierent a te in rem proximi aut veritatis amore faceres, clandestinis ac furtivis calumniis rem non ageres neque diem et solem lucifugae instar vitares. [465] Haec omnia hactenus de occultis peccatis dicta sunt. Ceterum ubi peccatum plane manifestum est, ut neque iudici neque cuiquam obscurum sit, tunc sine omni peccato illius commercium vitare eumque missum facere potes, ut eum, qui se ultro exposuerit dedecori. Ubi enim res manifeste liquet omnibus, ibi neque obtrectationi neque falso iudicio neque improbis testibus locus relinquitur. Veluti cum hodie Romanum Pontificem tanquam Antichristumf falsae doctrinae coarguimus, quam editis in lucem libris | passim divulgavit et per totum orbem infinitarum animarum exitio proclamatam disseminavit. Ubi enim peccatum manifestum est, ibi non iniuria et poena manifesta illud consequitur, ut quivis exemplis monitus illud cavere possit. Ita iam huius praecepti summam et communem intellectum paucis explicatum habemus, ne quis suo proximo, aeque amico atque inimico, linguae maledica petulantia noceat neve male de eo loquatur sive verum illud sive confictum, cum neque ex mandato id faciat neque in usum aut aedificationem proximi, Sed ita sua lingua utatur, ut eius patrocinium prosit ac serviat aeque omnibus de universis ac item singulis honorificam mentionem faciendo, ut illorum peccata atque defectus officiose contegat, amice excuset suoque ipsius honore amanter exornet. Ad quod hac potissimum causa provocandi essemus, quam Christus ipse indicat in Evangelio quaque quodam quasi compendio omnia praecepta erga proximum observanda
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In flagitio manifesto abstinendum a consuetudine scelerati.
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Corrigendi morbi, qui vel pariunt vel confirmant linguae perulantiam.
Virtutes vel opera huius praecepti.
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im Evangelio anzeucht und damit alle Gebot gegen dem Nehesten wil gefasset681 haben: „Alles was ir wöllet, das euch die Leute thun sollen, das thut ir inen auch.“682 Auch leret solchs die natur an unserm eigenen leibe, wie Sanct Paulus 1. Cor. 12. sagt: „Die glieder des leibs, so uns düncken die schwechsten sein, sind die nötigsten, und die uns düncken die unehrlichsten sein, denselbigen legen wir am meisten ehre an683, und die uns ubel anstehen, die schmückt man am meisten“684; das angesicht, augen, nasen und mund decket niemand zu, denn sie dürffens nicht als an im selbst die ehrlichsten glieder, so wir haben. Aber die aller gebrechlichsten, der wir uns schemen, decket man mit allem fleis, da muss hende, augen, sampt dem gantzen Leibe helffen decken und verhüllen. Also sollen auch wir alle untereinander, was an unserm Nehesten unehrlich und gebrechlich ist, schmücken und mit allem, so wir vermügen, zu seinen ehren dienen, helffen und förderlich sein. Und widerumb wehren, was im mag zu unehren reichen685. Und ist sonderlich ein feine edle tugent, wer alles, das er vom Nehesten höret reden (so nicht öffentlich böse ist), wol auslegen und | auffs beste deuten oder je zu gut halten kan wider die gifftigen meuler, die sich fleissen686, wo sie etwas ergröbeln687 und erhaschen können, am Nehesten688 zu tadeln und auffs ergste ausecken689 und verkeren, wie itzt fürnemlich dem lieben Gotteswort und seinen Predigern geschicht.
Darumb sind in diesem Gebot gar mechtig viel gute werck gefasset690, die Gott auffs höheste wolgefallen und uberflüssig gut und segen mit sich bringen, wenn sie nur die blinde Welt und falschen Heiligen erkennen wolten. Denn es ist nichts an und im gantzen menschen, das mehr und weiter beide guts schaffen und schaden thun kan in geistlichen und weltlichen sachen denn die zunge, so doch das kleineste und schwechste glied ist.691
[199r] Das IX. und X. Gebot: Du solt nicht begeren deines Nehesten Haus. Du solt nicht begeren seines Weibs, Knecht, Magd, Vihe oder was sein ist. Diese zwey Gebot sind fast692 den Jüden sonderlich693 gegeben, wiewol sie uns dennoch auch zum teil betreffen. Denn sie legen sie nicht aus von unkeusch-
681 zusammengefasst | 682 Mt 7,12 | 683 tun wir am meisten Ehre an | 684 I Kor 12,22f | 685 gereichen | 686 befleißigen | 687 ausfindig machen | 688 Nächsten, Mitmenschen | 689 aufs Ärgste auslegen, auf die schlimmste Weise auslegen | 690 zusammengefasst | 691 Vgl. Jak 3,5. | 692 genau genommen | 693 ausdrücklich
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comprehensa voluit inquiens: Quidquid volueritis, ut faciant vobis homines, hoc etiam facite illis.
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Quin etiam natura ipsa in proprio quenque corpore hoc docet, quemadmodum Paulus I. Corinth. 12 inquit: Membra corporis, quae videntur infirmiora esse, necessariora sunt et quae putamus ignobiliora esse membra corporis, his honorem abundantiorem circundamus, et quae inhonesta sunt nostra, abundantiorem honestatem habent. Faciem, oculos, nares, os nemo contegit neque enim egent, ut velentur, ut quae per se membra sunt honestissima omnium, quae habe[466]mus. Ceterum infirmissima quaeque, quorum nos pudet, si conspicerentur, illa omni studio conteguntur atque hic quidem manus, oculi una cum universo corpore in hisce tegendis et velandis occupati sunt. Non secus nobis quoque inter nos faciendum est, ut quidquid in proximo nostro parum fuerit honorificum et infirmum, hoc accurate exornemus ac omnibus viribus eius honori tuendo serviamus, | opitulemur, eius famam ampliorem faciamus et contra, quidquid illi possit aut ignominiae aut dedecori esse, studiose propulsemus. Estque praecipue haec praeclara virtus et illustris, qui omnia, quaecunque de proximo dicta audierit (si non manifesta fuerint flagitia) in optimam partem interpretari noverit aut aequi bonique consulere contra linguas venenatas atque pestiferas, quibus unice studio est, ut, si quid gexpiscentur et arripiantg, quod in proximo hreprehendere queanth, illud pessime interpretentur aut malitiose pervertant, quemadmodum iam omnium maxime Dei verbo eiusque doctoribus solet contingere. Sunt itaque in hoc praecepto valde multa bona opera, quae et Deo summe placent eti abunde multum benedictionis et bonorum secum apportant, si modo ea perdita huius mundi caecitas et jfalsi illi sanctuli agnoscere vellentj. Neque enim quidquam est in toto homine, quod longe lateque perinde plus bonorum ac itidem plus malorum aeque cum in spiritualibus, tum in mundanis negociis operari potest atque lingua, quanquam omnium membrorum et minimum sit et invalidissimum.
Similitudo sumta a structura membrorum humani corporis.
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Virtus omnium pulcherrima et vicina veritati candor.
Lingua.
Praeceptum IX et X: Non concupisces domum proximi tui. Nec desiderabis uxorem eius, non servum, non ancillam, non bovem, non asinum neque omnia, quae illius sunt. Haec duo posteriora praecepta Iudaeis peculariter data sunt, quanquam ad nos quoque nonnulla ex parte pertineant. Neque enim de prava carnis libidine aut furto [467] illa interpretantur aut intelligunt, quae supra abunde
g – g expiscati comprehenderint Hag | h – h in reprehensionem queant rupere | intermissa Hag | j – j sancti illi hypocritae dinarentur agnoscere Hag
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quaeque a nobis
Cur postrema duo praecepta tradita.
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eit noch diebstall, weil davon droben gnug verboten ist, hieltens auch dafür694, sie hetten jene alle gehalten, wenn sie eusserlich die werck gethan oder nicht gethan hetten. Darumb hat Gott diese zwey hinzu gesetzt, das mans auch halte für Sünde, und verbotten, | des Nehesten Weib oder Gut begeren und einerley weise695 darnach zu stehen696. Und sonderlich darumb, weil in dem Jüdischen Regiment, Knechte und Megde nicht wie itzt frey waren, umbs Lohn zu dienen, wie lang sie wolten, sondern des Herren eigen697 mit Leib und was sie hatten wie das viehe und ander gut, dazu auch ein iglicher uber sein Weib die macht hatte, sie durch ein Scheidebrieff öffentlich von sich zu lassen698 und ein andere zu nemen. Da musten sie nu untereinander die fahr stehen699, wenn jemand eines andern Weib gerne gehabt hette, das er irgend ein ursache neme, beide sein Weib von sich zuthun und dem andern seines auch zu entfrembden, das ers mit gutem fug700 zu sich brechte. Das war nu bey inen keine sünde noch schande, so wenig als itzt mit dem Gesinde, wenn ein Hausherr seinem Knecht oder Magd urlaub gibt701 oder einer dem andern sonst abdringet702. Darumb haben sie nu (sage ich) diese Gebot also gedeutet, wie es auch recht ist (wiewol es auch etwas weiter und höher gehet), das niemand dem andern das seine als Weib, Gesind, Haus und Hof, Acker, Wiesen, Viehe dencke und fürneme an sich zu bringen, auch703 mit gutem schein und behelff704, doch mit des Nehesten schaden. Denn droben im siebenten Gebot ist die untugend verboten, da man frembde gut zu sich reisset, oder dem Nehesten fürhelt705, dazu man kein recht haben kan. Hie aber ist auch gewehret706, dem Nehesten nichts abzuspannen707, ob man gleich mit ehren für der Welt dazu komen kan, das dich niemand zeihen708 noch tadeln thar709, als habstus mit unrecht eröbert710. Denn die Natur so geschickt711 ist, das niemand dem andern so viel an im selbst gönnet und ein jeglicher so viel er immer kann, zu sich brin|[199v]get, ein ander bleibe wo er kan. Und wöllen noch dazu from712 sein, können uns auffs feineste schmücken713 und den schalck714 bergen, suchen und tichten715 so behende fündlin716 und schwinde griffe717 (wie man itzt teglich auffs beste erdencket) als aus dem Rechten gezogen, dürffen uns darauff kecklich beruffen und trotzen und wöllen solches nicht schalckheit718, sondern gescheidigkeit und fürsichtigkeit719 genennet haben. Dazu helffen
694 waren der Ansicht | 695 auf irgendeine Weise | 696 trachten | 697 Eigentum | 698 Vgl. Dtn 24,1–4; Mt 5,27–32. | 699 darauf gefasst sein | 700 mit Fug und Recht | 701 entlässt | 702 abnötigt 703 wenn es auch … geschieht | 704 Vorwand | 705 vorenthält | 706 verboten | 707 abzulocken 708 beschuldigen | 709 wagt | 710 gewonnen | 711 beschaffen | 712 rechtschaffen | 713 verstellen 714 Bösewicht | 715 erfinden | 716 schlaue Einfälle | 717 tückische Listen | 718 Bosheit | 719 Klugheit und Schläue
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interdicta sunt. Putabant quoque alia omnia sancte se servasse, si externe fecissent aut non fecissent opera. Eam ob rem Deus haec duo aliis praeceptis adiecit, ut | haec quoque pro peccatis aestimentur: Uxorem kaut remk proximi concupiscere aut aliquo pacto pro ea potiunda conari. Et hoc eam ob causam potissimum, cum in Iudaismo servi et ancillae non ut nunc erant liberi, ut huic aut illi mercede conducti pro suo arbitratu, quam diu libuisset, serviissent, sed domino erant proprie mancipati una cum corpore et rebus omnibus, quemadmodum pecora et reliqua substantia. Ad haec ea quoque potestas in uxorem suam cuique erat libera, ut illam dato libello repudii a se posset dimittere ac aliam ducere. Iam in hoc vicissim inter se periclitabantur, ne quis alterius uxoris cupidus sumta alicubi occasione et suae repudium renunciaret et alteri suam ereptam ipse aliquo modo let praetextu fictol consequeretur. Iam hoc apud Iudaeos non habebatur dedecorosum, multo minus, quam quod apud nos iam cum mancipiis agitur, quando paterfamilias servum aut ancillam e servitio repudiat aut alius alium alio quovis modo suis ministris privat. Proinde haec praecepta ita, inquam, interpretati sunt met recte quidem (tametsi et latius aliquanto pateant), ne quis cogitaret vel in animum induceretm rem alterius, nempe uxorem, familiam, domum, agros, prata, pecoran sibi vendicare, etiamsi ea res cum aliquo honestatis praetextu fieri possit neque tamen citra damnum proximi. Supra enim praecepto septimo illud interdictum est vitium, quo aliena bona alteri eripiuntur et per vim possidentur, id quod nullo iure fieri potest. Hic vero ea quoque animi pravitas et versutia interdicta est, ne quid proximo persuasione aliqua e manibus auferamus, etiamsi coram mundo illud honeste fieri possit, ne quis exprobrare tibi queat te per vim et iniuriam id esse consecutum. Ita enim natura comparatum est, | ut nemo tantum faveat alteri, quantum sibi et quisque, quantum potest, tantum ad se per fas atque nefas25 rapiat non valde solicitus, [468] quid relinquatur alteri. oAd haec probi etiam haberi voluimus eamque animi versutiam atque improbitatem pulcerrime ornare atque tegere novimus, diu noctuque tam ingeniosas technas atque imposturas inquirimus atque fingimuso (quemadmodum quotidie iam acutissime excogitantur et inveniuntur)p quasi e iure ac legibus petitas. Neque veremur iis freti decipulis e iure falso citatis ferociter et superbe omnibus obsistere neque qimprobitatem aut nequitiam hancq, sed industriam ac providentiam nominari volumus. His omnibus suffragantur et opitulantur quoque Iurisperiti atque legum doctores, qui, si k – k nicht in Hag | l – l nicht in Hag | m – m ut etiam intelligendum est (tametsi sublimiorem quoque et sensum latius tendentem in se complectatur), ne quis Hag | n danach: cogitaret aut in animum induceret Hag | o – o Et quamquam haec designantes flagitia, tamen nihilosecus probi esse contendimus non ignorantes istam animi improbitatem atque versutiam honestissime exornare atque celare, dum diu noctuque ita prompta techna, it ingeniosas imposturas Hag | p danach: quaerimus atque confugimus Hag | q – q permittimus, ut haec dicatur improbitas aut nequitia Hag 25
Sprichwörtliche Redensart: auf alle Weise; vgl. z. B. Livius, Ab urbe condita VI, 14, 10.
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BSLK 634 Consuetudines et opiniones populi Iudaici.
Interpretatio huius praecepti.
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Iurisprudentiae et legum abusus.
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auch Juristen und Rechtsprecher, so das recht lencken720 und dehnen, wie es zu sachen helffen wil721, die wort zwacken722 und zu behelff723 nehmen, unangesehen billigkeit und des Nehesten nottufft. Und summa, wer in solchen sachen der geschickste und gescheidste ist, dem hilfft das recht am besten, wie sie auch sprechen: Vigilantibus iura subueniunt724. Darumb ist diss letzte Gebot nicht für die böse buben für der Welt, sondern eben für die frömsten gestellet, die da wöllen gelobt sein, redliche und auffrichtige Leute heissen, als die wider die vorige Gebot nichts verschulden725, wie fürnemlich die Juden sein wolten, und noch viel grosser Junckern, Herrn und Fürsten. Denn der ander gemeine hauffe gehöret noch weit herunter in das siebende Gebot, als die nicht viel dar|nach fragen, wie sie das ire mit ehren und recht gewinnen. So begibt sich nu solches am meisten in den hendeln, so auff recht gestellet726 werden, dadurch man fürnimpt, dem Nehesten etwas ab zugewinnen und in von dem seinen abezuschüpffen727. Als (das wir Exempel geben) wenn man hadert und handelt umb gros Erbfall728, ligende Güter, etc. Da füret man erzu und nimpt zu hülffe, was ein schein des Rechten haben wil, mutzet729 und schmückts730 also erfür, daß das Recht diesem zufallen muss, und behelt das gut mit solchem tittel731, das niemand kein klag noch anspruch dazu hat. Item, wenn jemand gern ein Schloß, Stadt, Graffschafft oder sonst etwas grosses hette und treibt so viel finantzerey732 durch freundschafft und womit er kan, das es einem andern abe und im zugesprochen wird, dazu mit brieffe und siegel bestetiget, das mit Fürstlichem tittel733 und redlich gewonnen heisse. Desgleichen auch in gemeinen kauffshendeln, wo einer dem andern etwas behendiglich734 aus der hand rückt, das jener muss hinnach sehen735, oder in ubereilet und betreugetw, woran er sein vorteil und genies736 ersihet, das jener vielleicht aus not oder aus schuld nicht erhalten737 noch one schaden lösen738 kan, auff das ers halb oder mehr gefunden habe, und muss gleichwol nicht mit unrecht genomen oder entwendet, sondern redlich gekaufft sein. Da
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bedränget Witt1, Witt2
720 beugen, drehen | 721 der Sache dienen kann | 722 pressen | 723 Vorwand | 724 „Dem Wachsamen hilft das Recht“, eine sprichwörtliche Redensart; vgl. Codex Iustinianus VII, 40, 2 (CIC 2, 313). Hier lediglich sinngemäß. | 725 sich zu Schulden kommen lassen | 726 vor Gericht verhandelt | 727 abzunehmen, abzudrängen | 728 Erbschaft | 729 motzt, bauscht es auf | 730 bemäntelt 731 Rechtsanspruch, Rechtsgrund | 732 Bestechung | 733 Rechtsanspruch, Rechtsgrund | 734 listig 735 das Nachsehen haben | 736 Vorteil, Nutzen | 737 behaupten | 738 verkaufen
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qua spes improbi numi affulserit, ius rper vim torquent ac trahunt, prout causae servire posse videtur, verbula in commodum suum excerpentes posthabita et aequitate et proximi necessitater. Atque, ut in summa dicam, qui hac in re omnium fuerit ingeniosissimus et exercitatissimus, huic iura omnium fortissime suffragantur, ut et inquiunt ipsi: Vigilantibus iura subveniunt. Quare postremum hoc praeceptum non improbis in mundo nebulonibus conditum est, sed iis, qui volunt esse vita inculpatissima, qui laudari cupiunt et videri longe omnium optimi et integerrimi, ut qui adversus priora praecepta nihil prorsus delinquerint. Quales praecipue Iudaei esse contendebant et nunc multi adhuc magni Proceres, nobiles et Principes. Etenim alia illa communis turba et fex popularis ad | locum multo inferiorem, nempe praeceptum septimum, releganda est, ut cui non nimium curae est, qua laude aut integritate sua bona sibi paraverit. Iam haec potissimum in his negociis usu venire solent, quae in contentionem forensem perducta sunt, quibus decretum est, proximo a nonnulla parte bonorum excusso aliquid eripere. Veluti exempli gratia, cum de pingui atque opulenta aliqua haereditate contentio est aut si quando aliae res magnae in medium vocantur: Hic quisque ad tuendam suae causae aequitatem adducit, quidquid uspiam vel speciem iusti obtinet, quod tanto verborum apparatu exornat, ut illi ius [469] suffragari cogatur eoque titulo erepta bonas retinet, ut nemo post hac iis de rebus cum eo pedem (quod aiunt) conferre26 audeat. Praeterea, si quis aut arci aut civitati aut comitatui aut alioqui rei magnae adiecit oculum ac tantum tlargitionibus vel per amicos vel quavis ratione alia efficere potestt, ut alio inde pulso sibi adiudicetur possessio ueademque ad haec literis et sigillis confirmetur, ut titulo principali et honeste acquisita esse dicaturu. Similiter quoque in vulgaribus illis et publicis commertiis et contractibus, ubi alter alteri e manibus aliquid prompta quadam astutia eripit, ut alteri illi tanquam lupo hianti discedendum sit, aut alioqui alterum iniqua contractione urget et obruit nonnulla spe lucri aut emolumenti ad se redituri conspecta, quam alter ille aut pressus necessitate aut aeris alieni magnitudine victus sine dispendio obtinere aut assequi non potest, ut dimidium aut etiam amplius dimidio invenerit et lucrifecerit. Neque tamen hoc inique partum aut vi ereptum, verum iustus contractus dicendus est. Hoc non | est aliud, quam quod dicitur: Potior est, qui prior ad dandum est27. Et quisque sui emolumenti
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eo per vim torquere ac trahere, quemadmodum ad causam omnium commodissime facere poterit, excerpentes verbula, prout in rem facere videbuntur Hag | s danach: sycophantiis Hag t – t amicorum sycophantiis effectum potest reddere aut quorumcunque tandem auxilio Hag u – u quae tandem literis ac cera confirmatur, ut acquisita dicatur iure ac principli titulo Hag 26
Sprichwörtliche Redensart: (vor Gericht) auf den Leib rücken; Cicero, Pro Cn. Plancio XIX, 48. | 27 Terenz, Phormio DXXXIII.
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Haec postrema praecepta non pertinent ad disciplinam, sed ad superiorem usum legis.
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Peccata pugnantia cum hoc praecepto. Iniustae cupiditati honestas causas exercere. Exempla in familiis et imperiis.
Honesta appellatio praetexitur usuris et simulatis contractibus.
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heists: Der erst der beste, und jeglicher sehe auff seine schantz739, ein ander habe was er kan. Und wer wolt so klug sein, alles zuerdencken, wie viel man mit solchem hübschen schein | kan zu sich bringen? Das die Welt für kein unrecht [200r] helt und nicht sehen will, das damit der Neheste enhindern bracht740 wird und lassen muss, das er nicht on schaden entperen kan, so doch niemand ist, der im solches wolt gethan haben, daran wol zu spüren ist, das solcher behelff741 und schein falsch ist.
Also ists nu vor zeiten auch mit den Weibern zugangen, da kundten sie solche fündlin742, wenn einem ein andere gefiele, das er durch sich oder andere (wie denn mancherley mittel und wege zuerdencken waren) zurichtet, das ir Mann ein unwillen auff sie warff oder sie sich gegen im sperret743 und so stellet, das er sie muste von sich thun und diesem lassen. Solches hat one zweifel starck regieret im Gesetze, wie man auch im Evangelio744 lieset, von dem Könige Herode, das er seines eigenen Bruders Weib noch bey seinem leben freiete, welcher doch ein erbarer, fromer Mann sein wolte, wie im auch Sanct Marcus zeugnis gibt745. Aber solch Exempel, hoffe ich, sol bey uns nicht stat haben, weil im neuen Testament den Ehelichen verboten ist, sich von einander zu scheiden746, es were denn in solchem fall, das einer dem andern ein reiche Braut mit behendigkeit entrückte747. Das ist aber bey uns nicht seltzam748, das einer dem andern sein knecht oder dienstmagd abspannet749 und entfrembdet oder sonst mit guten worten abdringet.
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Es geschehe nu solches alles, wie es wölle, so sollen wir wissen, das Gott nicht haben wil, das du dem Nehesten etwas, das im gehöret, also entziehest, das ers empere, und du deinen geitz füllest750, ob du es gleich mit ehren für der Welt behalten kanst, denn es ist ein heimliche meuchlinge schalckheit751 und, wie man spricht, unter dem hütlin gespielet752, das mans nicht mercken sol. Denn ob du gleich hingehest, als habstu niemand unrecht gethan, so bistu doch deinem Nehesten zu nahe753. Und heissets nichts gestolen noch betrogen, so heisset es dennoch des Nehesten guts begeret, das ist darnach gestanden754 und im abwendig gemacht on seinen willen und nicht wöllen gönnen, das im Gott bescheret hat. Und ob dirs der Richter und jederman lassen muss, so wird dirs doch Gott nicht lassen, denn er sihet das schalckhertz755
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Vorteil (Chance); zwei sprichwörtliche Redensarten. | 740 benachteiligt | 741 Vorwand Kniffe, Kunstgriffe | 743 widersetzte | 744 Vgl. Mt 14,3f; Mk 6,17–20. | 745 Vgl. Mk 6,17–20. 746 abspenstig macht; vgl. Mt 5,31f; 19,3–9; Mk 10,2–12; Lk 16,18; I Kor 7,10f. | 747 mit List wegnimmt | 748 selten | 749 weglockt | 750 Habgier stillst | 751 heimtückische Bosheit | 752 im Geheimen betrieben, eine sprichwörtliche Redensart über Zauberkünstler | 753 zu nahe getreten 754 getrachtet | 755 arge Herz 742
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rationem habeat foroque utatur non admodum solicitus, quid proximus habeat. Et quis velit esse tam solers ac perspicax, ut omnes defraudandi ac imponendi rationes ac vias excogitaret, quibus honesta quadam specie aliquid insidiose eripientes alteri, nobis vendicamus? Quod tamen mundi iudicio, ut inique actum aut inhonestum non existimatur neque legibus vindicatur, sed neque videt quisquam ita proximum opprimi eidemque eripi, quo citra singulare dispendium carere non potest, cum tamen pro certo constet esse neminem, qui haec sibi ab alio fieri velit aut aequo animo sustineat, ut facile appareat eiusmodi praetextus et effugia mala esse et improba. Ad hunc quoque modum apud antiquos agebatur in re uxoria, ubi tales technas comminiscebantur adlubescente et arridente alicuius oculis alterius coniuge, ut per se aut alios (velut multiplices erant harum fraudum struenda[470]rum viae) tantum efficeret, ut maritus cum uxore simultatem susciperet aut illa marito adversaretur neque in omnibus eius voluntati esset morigera, ita ut repudiatam cogeretur a sese dimittere ac alteri concedere. Hic abducendarum uxorum mos haud dubie apud Iudaeos frequens fuit et usitatus, quemadmodum in Evangelio quoque de Herode legitur, qui uxorem fratris sui adhuc vivi sibi ducebatv 28, qui tamen alioqui vir iustus et integer vitae haberi contendebat, sicut Marcus illi quoque fert testimonium. Ceterum eiusmodi exempla spero apud nos locum non habitura, cum in novo testamento legibus intercepta sit et antiquata repudiandi licentia, nisi fortasse quispiam alteri sponsam egregie dotatam quadam versipelli vafritie e faucibus praeriperet29. Porro autem, ut alter alteri servos aut ancillas abalienet aut alioqui blandis verbis persuasos abducat, equidem apud nostrates non est rarum aut insolens. Iam quocunque modo hic dolus malus fieri potest, sciendum est Deum nolle pati, ut tu aliquid detrahas proximo, quod suum est, ut ille egeat tuque tuae servias avaritiae, etsi illud non contradicente mundo honorifice retinere posses. Est enim occulta quaedam et insidiosa sycophantia, qua (quemadmodum dicitur) fucum fecisti30 proximo, ne wanimadverti ac deprehendiw possit. Nam tametsi perinde te geras, quasi nemini feceris iniuriam, plus iusto tamen onerosus extitisti proximo. Etsi neque furti neque fraudis insimulandus es, certum tamen est te rem proximi concupiisse, hoc est, pro ea consequenda laborasse, xpraeter voluntatem eius abalienasse eidemquex, quod divina libertate consecutus est, yinvidiose non favissey. Et quanquam neque iudex neque quisquam alius tibi id audeat eripere vicissim neque tamen Deus itidem eo te pacate frui permittet. Ipse enim fraudulentum pectus et mundi huius vafriv fecerat usurariam Hag | w – w persentiri Hag | invidiose diffavisse, Hag | y – y nicht in Hag
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et praeter eius voluntatem alienasse eidemque
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Vgl. Plautus, Amphitruo CDXCVIII. | 29 Sprichwörtliche Redensart: aus dem Rachen gerissen; vgl. Terenz, Heautontimorumenos DCLXXIII; Livius, Ab urbe condita XXVI, 2,10; Cicero, In Catilinam II, 1,2. | 30 Sprichwörtliche Redensart: jemandem blauen Dunst vormachen, ihn täuschen; vgl. Terenz, Eunuchus DCLXXXIX.
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Praetextus divortiorum apud Iudaeos et gentes.
Herodis Exemplum.
BSLK 638 | Poenae talium impostuarum et fraudum.
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und der Welt tücke wol, welche, wo man ir ein finger breit einreumet, nimpt sie ein elle lang dazu, das auch öffentlich unrecht und gewalt folget.
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Also lassen wir diese Gebot bleiben in dem gemeinen verstand756, das erstlich geboten sey, das man des Nehesten schaden nicht begere, auch nicht dazu helffe noch ursach gebe, sondern im gönne und lasse, was er hat, dazu fördere und erhalte, was im zu nutz und dienst geschehen mag, wie wir wolten uns gethan haben757, also, das es sonderlich wider die abgunst758 und den leidigen geitz gestellet sey, auff das Gott die ursach und wurtzel aus dem wege reume, daher alles entspringet, dadurch man dem Nehesten schaden thut, darumb ers auch deutlich [200v] mit den worten setzet: Du solt nicht begeren, etc. Denn er wil fürnemlich das hertz rein haben, wiewol | wirs, so lang wir hie leben, nicht dahin bringen können. Also, das diss wol ein Gebot bleibt, wie die andern alle, das uns on unterlas beschüldigt und anzeigt, wie from759 wir für Gott sind.
Beschluss der X Gebot So haben wir nun die zehen Gebot, einen ausbund760 Göttlicher Lere, was wir thun sollen, das unser gantzes leben Gott gefalle, und den rechten born und röhre761, aus und in welchen quellen und gehen müssen alles, was gute werck sein sollen, also das ausser den zehen Geboten kein werck noch wesen gut und Gott gefellig kan sein, es sey so gros und köstlich762 für der Welt, wie es wölle. Las nu sehen, was unsere grossen Heiligen rhümen können von iren geistlichen Orden und grossen schweren wercken, die sie erdacht und auffgeworffen haben und diese faren lassen, gerade als weren diese viel zu gering, oder allbereit763 lengest ausgericht. Ich meine je, man solte hie alle hende voll zuschaffen haben, das man diese hielte, sanfftmut, geduld und liebe gegen feinden, keuscheit, wolthat, etc. und was solche stück mit sich bringen. Aber solche werck gelten und scheinen764 nicht für der Welt augen, denn sie sind nicht seltzam765 und auffgeblasen, an sonderliche eigene zeit, stete, weise und
756 allgemeine Bedeutung | 757 dass man uns täte; vgl. Mt 7,12. | 758 Missgunst | 759 rechtschaffen | 760 eine Summe | 761 die rechte Quelle und das (Leitungs-)rohr | 762 angesehen | 763 schon 764 sind sichtbar | 765 selten
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Neuntes und Zehntes Gebot – Abschluss der Gebote
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tiem acute perspicit, quae, ubi vel lati digiti libertatem atque licentiam consecuta fuerit, mox omnem modum excedit ac denique in apertam vim atque iniuriam prorumpit. [471] Huius ergo praecepti communis intellectus est: Primum, ut hoc cautum sit, ne damnum proximi desideremus neque ad id adiutores simus vel re vel consilio causam nocendi proximo suppeditantes, verum ei, quidquid habuerit, candide faveamus sinamusque. Ad haec, ut omnibus officiis promoventes ab iniuria quoque res suas defendamus, quemadmodum cupimus idem ab alio nobis fieri et contingere. Ita ut praecipue hoc praeceptum ad invidiam et foedam insatiabilemque habendi cupidinem respiciat, quo Deus causam atque adeo ipsam radicem funditus evulsam auferat e medio, unde omnes proximo nocendi | viae ac rationes pullulant. Unde illud quoque hisce verbis expresse et significanter extulit: Non desiderabis etc. Cordis enim puritatem cumprimis quaeritat, tametsi eandem plene, quoad in humanis agemus, nunquam consequemur, Ita ut hoc praeceptum cum ceteris omnibus facile praeceptum maneat, quod citra intermissionem nos accuset iudicetque, quam probi coram Deo simus.
Communis intellectus huius doctrinae.
Haec lex duo complectitur: et affectus malos et causam, videlicet morbum naturae. BSLK 639
Conclusio decalogi
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Iam ergo explanata utcunque habemus Decem praecepta potiorem divinae doctrinae summam, indicantia, quid nobis faciendum sit, ut tota vita nostra Deo probetur et placeat. Praeterea fontem ipsum ac scaturginem, ex qua ebulliant et in quam redeant vicissim omnia, quaecunque bonorum operum nomine censenda sunt, ita ut extra Decem praecepta nullum bonum opus, quod quidem Deo placere possit, esse existimandum sit, quamlibet tandem coram mundo aut bonum aut magnum aut speciosum esse videatur. Sine iam vicissim videamus, quid nostri magni illi heroes sanctitate spectabiles iactare possint de spiritualibus suis et difficilimis operibus, quae ipsi ultro excogitarunt sibique facienda proposuerunt et haec a Deo praecepta missa faciunt, quasi leviora aet viliora aut iamdudum praestita essenta. [472] Ego quidem in ea sum sententia, cuivis abunde hic praescriptum esse, quod efficiat, ὅσσόν τις δύναται χερσίν τε πόσιν τε31, nempe ut haec diligenter servaremus, mansuetudinem, patientiam et amicum erga inimicos animum, castitatem, commodandi promptitudinem atque id genus alia, quae his virtutibus annexa sunt. Verum eiusmodi opera nihil splendoris et autoritatis coram mundo habent. Neque enim rara et nova sunt et fastu | turgida, certis temporibus, locis, personis, ritibus, habitibus destinata, sed communia, protrita et domes-
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nicht in Hag | a – a essent et viliora, quam ut tam religiosis convenirent aut digna essent tantis hominibus aut iam olem effecta reddita Hag 31
Vgl. Homer, Ilias XX, 360.
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Hypocritae maioribus titulis ornant humanos ritus quam legem divinam. BSLK 640
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geberde gehefftet, sondern gemeine tegliche hauswerck, so ein Nachbar gegen dem andern treiben kan, darumb haben sie kein ansehen. Jene aber sperren augen und ohren auff766, dazu helffen sie selbst mit grossem geprenge767, kost768 und herrlichem gebreu und schmücken sie erfür, das alles gleissen und leuchten muss, da reuchert man, da singet und klinget man, da zündet man kertzen und liechte an, das man für diesen keine andere hören noch sehen könne. Denn das da ein Pfaff in einer | gülden Casel769 stehet oder ein Ley den gantzen tag in der Kirchen auff den knien ligt, das heist ein köstlich werck, das niemand gnug loben kan. Aber das ein armes megdlein ein jungen kinds wartet und treulich thut, was ir befohlen ist, das muss nichts heissen770, was solten sonst Mönche und Nonnen in iren Klöstern suchen?
Sihe aber, ist das nicht eine verfluchte vermessenheit der verzweiffelten Heiligen, so da sich unterstehen, höhere und besser leben und stende zu finden, denn die zehen Gebot leren, geben für (wie gesagt), es sey ein schlecht771 leben für den gemeinen Mann. Ires aber sey für [201r] die Heiligen und vollkomene, und sehen nicht die elenden blinden Leute, das kein Mensch so weit bringen kan, das er eins von den zehen geboten halte, wie es zu halten ist, sondern noch beyde der Glaube und das Vater unser zu hülffe komen muss (wie wir hören werden), dadurch man solchs suche und bitte und one unterlas empfahe. Darumb ist ir rhümen gerade so viel, als wenn ich rhümete und sagte: Ich habe zwar nicht ein groschen zu bezalen, aber zehen gülden772 trau ich wol zubezalen. BSLK 641
Das rede und treibe ich darumb, das man doch des leidigen missbrauchs, der so tieff eingewurtzelt hat und noch jederman anhanget, los werde und sich gewehne, in allen Stenden auff Erden allein hieher zu sehen und sich damit zu bekümmern. Denn man wird noch lang keine Lere noch Stende auffbringen, die den zehen Geboten gleich sind, weil sie so hoch sind, das sie niemand durch Menschen krafft erlangen kann, und wer sie erlanget, ist ein himlisch, englisch Mensch, weit uber alle heiligkeit der Welt. Nim sie nur für und versuche773 dich wol, lege alle krafft und macht daran, so wirstu wol so viel zu schaffen gewinnen774, das du keine andere werck oder heiligkeit suchen noch achten wirst. Das sey gnug von dem ersten teil, der gemeinen
766 lenken die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich | 767 Prunk | 768 Aufwand | 769 Casula, das Messgewand, ein geschlossener, glockenförmiger, oft mit Gold, Silber und Edelsteinen reich verzierter Mantel | 770 soll nichts gelten | 771 gewöhnliches | 772 Zum Wert eines Guldens vgl. o. S. 984, Anm. 392. | 773 prüfe | 774 zu tun bekommen
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tica, quae vicinus erga vicinum exercere potest, eam ob rem nullius sunt autoritatis et precii. Porro autem illa alia hominum et ora et oculos in se convertunt, quae ipsi quoque sumtuosissimis ceremoniis, magnis impensis, regiis aedificiis provehunt atque ita exornant, ut omnia summe niteant ac splendeant. Ibi thura incenduntur ac thymiamata, ibi pulsatur et cantillatur planeque omnia concentu perstrepunt. Alibi incenduntur cerei, ut, prae his alia neque videri neque audiri queant. Nam quod sacrificus quispiam picturata auro casula amictus conspicitur aut laicus quispiam per totum diem flexis innititur genibus in Ecclesia secum nescio quid murmurans, hoc vero opus speciosum et praeclarum dicitur, quod a nemine sufficienter laudari potest. Ceterum quod misera aliqua puellula infanti in cunis posito sedulo servit ac fideliter, quod illi demandatum est, facit; illud vero nullius preciib habendum est. Quid enim aliud ventrosi monachi et lascivae ac prurientes libidine moniales in monasteriis suis quaeritarent? Vide vero, an non haec detestabilis quaedam sit istorum desperatorum hominum praesumtio, qua sibi tantum sumunt, ut audeant sublimiorem vitam et ordines invenire, quam decem praecepta docent, affirmantes, ut dictum est, vitam esse simplicem ac leviculam tantumque vulgo obervandam et sectandam, suam vero sanctis et perfectis convenientem et propositam. Neque vident calamitosi illi et talpis longe caeciores homines nullum hominem eo rem deducere posse, ut vel uni praeceptorum perfecte satisfaciat, ut satisfaciendum est, sed csubvenire nobis necesse sit, sicut au[473]diemus, et fidem et orationemc, qua praeceptorum servandorum vim atque virtutem quaeramus ac precemur indesinenterque accipiamus. Quapropter | eorum iactantia non est alia, quam si iactarem et dicerem: Equidem neque grossum habeo, quem debitoribus meis numerem, decem tamen aureos perfacile exolvam. Haec propterea hoc diligentius dico et inculco identidem, ut tandem a miserando illo abusu, qui usque adeo invaluit actis profundissime radicibus et adhuc adhaeret omnibus, liberemur et assuescamus ex omnibus totius orbis ordinibus huc tantum intentos habere oculos deque his esse solliciti: Nullo enim unquam tempore ullam doctrinam aut vitae ordines inveniemus, quae decem praeceptis aut pares sint aut conferendi, cum ita sint sublimia, ut ea nullos homo unquam suis viribus assequi queat. Et qui eadem assecutus fuerit, coelestis et angelicus homo perhibendus est longe lateque omnem mundi sanctitatem excedens. Tantum vide, ut ea tibi proponas tuique in iis ipsis periculum non segniter facias omnes virium tuarum nervos intendens et exerens ac illico senties, tantum tibi superesse negocii, ut supervacaneum existimaveris alia sanctitatis aut praestantioris vitae opera ambitiose curare
b momenti Hag | audiemus), Hag
c–c
utrumque et fidem et orationis assiduitatem nobis debere auxilio (ut infra
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Pharisaicus error et insanis fiducia monasticorum cultuum.
Deliramenta perfectionum monasticarum.
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Detestanda insania fingentium posse legi Dei satisfieri.
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Christlichen Lere, so viel not ist beyde zu leren und vermanen, doch müssen wir zu beschliessen widerholen den Text, so dazu gehöret, welchen wir auch droben im ersten Gebot gehandelt haben, auff das man lerne, was Gott darauff wil gewendet haben, das man die zehen Gebot wol lerne treiben und uben.
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„Ich, der HERR dein Gott, bin ein eiveriger Gott. Der uber die, so mich hassen, die Sünde der Veter heimsucht an den Kindern biss ins dritte und vierdte Glied. Aber denen, so mich lieben und meine Gebot halten, thue ich wol in tausent Glied.“
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Dieser Zusatz, wiewol er (wie oben gehöret) zuförderst zum ersten Gebot angehenget ist, so ist er doch umb aller Gebot willen gesetzt, als die sich semptlich hieher ziehen775 und darauff gerichtet sollen sein. | Darumb habe ich gesagt, man solle der jugendt auch solches fürhalten und einbleuen, das sie es lerne und behalte, auff das man sehe, was uns dringen und zwingen sol, solche zehen Gebote zuhalten, und sol es nicht anders ansehen, denn als sey diss stück zu einem jeglichen sonderlich gesetzet, also das es in und durch sie alle gehe. [201v] Nu ist (wie vor gesagt) in diesen worten zusamen gefasset beide, ein zornig dreuwort und freundliche verheissung, uns zu schrecken und warnen, dazu locken und reitzen, auff das man sein wort als ein Göttlichen ernst anneme und gros achte, weil er selbst ausdrücket, wie gros im daran gelegen sey und wie hart er darüber halten776 wölle. Nemlich, das er greulich und schrecklich straffen will alle, die seine Gebot verachten und ubertretten. Und widerumb, wie reichlich ers belohnen wil, wolthun und alles guts geben, denen, die sie gros achten und gerne darnach thun und leben. Damit er wil gefoddert haben, das sie alle aus solchem hertzen gehen, das alleine Gott fürchtet und für augen hat und aus solcher furcht alles lesset, das wider seinen willen ist, auff das in nicht erzürne. Und dagegen auch im allein vertrauet und im zu liebe thut, was er haben wil, weil er sich so freundlich als ein Vater hören lesset und uns alle gnade und guts anbeut.
Das ist auch eben die meinung777 und rechte auslegung des ersten und fürnemsten Gebots, daraus alle andere quellen778 und gehen sollen, also das diß wort, „Du solt nicht ander Götter haben“, nichts anders auffs einfeltigste wil
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hierauf beziehen | 776 wachen | 777 Sinn | 778 hervorquellen
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atque quaerere. Et haec de Prima parte, cum ad monendum, tum docendum dicta sufficiant. Ut tamen aptius ei rei finis imponatur, illa nobis verba hic repetenda sunt, quae supra quoque in Primo praecepto explanavimus, ut discamus, quantum operis Deus impendi velit Decem praeceptis probe perdiscendis, inculcandis et exercendis.
Ego sum Dominus, Deus tuus, fortis zelotis, visitans iniquitatem patrum in filios in tertiam et quartam generationem, qui me oderunt. Et faciens misericordiam in millia his, qui diligunt me et custodiunt praecepta mea. 10
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[474] dHaec appendixd quanquam, ut supra audivimus, sub initium primo praecepto annexa est, omnium tamen praeceptorum gratia positam esse negare non possumus, ut quae coniunctim omnia huc refe|renda et dirigenda sint. Quare dixi haec quoque iuventuti proponenda et identidem occinenda esse, ut discat et tenaciter retineat, quo certum nobis fiat, quare ad huiusmodi praeceptorum obervationem et adigendi et impellendi essemus. Neque aliter haec verba intuenda sunt, quam si ad unum quodque singillatim adiecta sint, ita ut in his et per haec proficiscantur omnia. Iam (ut praedictum est) haec verba uno quasi fasce et terribiles minas et amicam promissionem in se complectuntur, ut nos partim et terreant et admoneant, partim amanter provocent et pelliceant, ut eius verba perinde ut divinam quandam severitatem arripiamus ac magnifaciamus, quandoquidem ipse hoc tacitum non praeterit, quanti sua verba faciat aut a nobis fieri velit, tum quam severe eadem tueri decreverit, nempe quod acerbissimis suppliciis terribiliter excruciaturus sit omnes eos, qui sua praecepta contempserint ac violaverint. Et vicissim, quam largiter remunerari benefacere et omnia bona largiri velit iis, qui magni ea faciunt et libenter iuxta praescriptum eorum vivunt et agunt. Quare hoc a nobis exigit, ut omnia e tali proficiscantur pectore, quod Deum tantummodo metuat, eum unice in oculis habeat, quodque hoc metu inductum omnia illa accurate caveat, quae eius voluntati repugnare videntur, ne Deum ad iracundiam provocet, et contra, quod illi unice fidat quodque in eius gratiam faciat omnia, quaecunque animo eius grata esse intelligit, quandoquidem tam amicum et paternum erga nos animum prae se fert nobisque omnibus ultro offert omnes totius inexhaustae gratiae ac bonitatis suae divitias. Et haec quoque primi ac praecipui praecepti, ex quo cetera omnia manant et ebulliunt, sententia est et vera ac genuina interpretatio, ita ut hoc verbum (Non habebis Deos alienos) nihil aliud simplicissime expositum in se com|ple[475]ctatur, quam hoc ipsum, quod hic exigitur, nempe: Tu me velut
d–d
Hoc auctarii Hag
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Haec appendix intelligatur addita toti Decalogi. BSLK 642
Comminationes et promissiones.
Poenae.
Praemia.
Opera ceterorum praeceptorum ita placere, cum praecedunt opera primi praecepti.
Primi praecepti simplex et nativa interpretatio.
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gesagt haben, denn so viel | hie gefoddert, „du solt mich als deinen einigen rechten Gott fürchten, lieben und mir vertrauen“, denn wo ein solchs hertz gegen779 Gott ist, das hat dieses und alle andere erfüllet. Widerumb, wer etwas anders im Himel und auff Erden fürchtet und liebet, der wird weder dieses noch keines780 halten, also hat die gantze Schrifft uberal diß Gebot gepredigt und getrieben, alles auff die zwey stück, Gottes furcht und vertrauen, gerichtet. Und fürnemlich der Prophet David im Psalter durch und durch781, als da er spricht: „Der Herr hat gefallen an denen, die in fürchten und auff seine güte warten.“782 Als were das gantze Gebot mit einem vers ausgestrichen783 und eben so viel gesagt: Der Herr hat gefallen an denen, die kein andere Götter haben. Also sol nu das erste Gebot leuchten und sein glantz geben in die andern alle, darumb mustu auch diss stücke lassen gehen durch alle Gebot, als die schele784 oder bögel785 im krantz, das ende und anfang zu hauffe786 füge und alle zusamen halte, auff das mans immer widerhole und nicht vergesse, als nemlich im andern Gebot, das man Gott fürchte und seines Namens nicht missbrauche zu fluchen, liegen, triegen und anderer verfürung oder büberey, sondern recht und wol brauche mit anruffen, beten, loben und dancken, aus liebe und vertrauen nach dem ersten Gebot geschepfft. Desgleichen sol solche furcht, liebe und vertrauen, treiben und zwingen, das man sein wort nicht verachte, sondern lerne, gerne höre, heilig halte und ehre.
[202r] Darnach weiter durch die folgende Gebot gegen dem Nehesten auch also, alles aus krafft des ersten Gebots, das man Vater und Mutter, Herrn und alle Oberkeit ehre, unterthan und gehorsam sey, nicht umb irent willen, sondern Gottes willen. Denn | du darffst weder Vater noch Mutter ansehen noch fürchten noch inen zu lieb thun oder lassen. Sihe aber zu, was Gott von dir haben wil und gar getrost fodern787 wird, lestu es, so hastu ein zornigen Richter oder widerumb ein gnedigen Vater. Item, das du deinem Nehesten kein leid, schaden noch gewalt thust, noch einerley weise zu nahe seiest788, es treffe789 seinen leib, gemahel, gut, ehre, oder
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im Verhältnis zu | 780 irgendein anderes | 781 durchweg | 782 Ps 147 (Vg 146),11 | 783 ausgelegt | 784 der Verschluss, der die beiden Kranzenden zusammenhält | 785 Reif | 786 zusammen 787 fordern; vgl. Anm. 1094. | 788 in irgendeiner Weise zu nahe trittst | 789 betreffe
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unicum et verum Deum tuum metuas, me ames, tuam fiduciam in me solum reiicias, volo. Ubi enim eiusmodi erga Deum cor erectum est, hoc et praesens et reliqua praecepta omnia ad unum complevit. Contra, quicunque aliud in coelis aut in terra pertimescit et amat, neque hoc neque alia ulla servabit. Ita tota Scriptura passim hoc unum praeceptum docuit et subinde inculcavit neque non omnia ad haec duo, nempe timorem Dei et fiduciam, retulit. Cumprimis vero Propheta David nihil aliud pene per omnes Psalmos docet, velut cum inquit: Beneplacitum est Domino super timentes eum et in eis, qui sperant super misericordia eius. Quasi totum praeceptum unico versiculo explicatum esset eiusque haec summa foret: Illi Deo summe placent, quibus non sunt dii alieni. Ad eum modum Primum praeceptum lucere debet deque se splendorem emittere, ut aliis omnibus lucem praebeat. Quamobrem haec verba per omnia praecepta penetrare debent veluti ligneus in sertis circulus, ut finem cum principio copulent et omnia uno quasi fasce complectantur, ut subinde repetantur animo, ne memoriae excidant, nempe in Secundo praecepto, ut Deum metuamus, eius nomine non foede ac impie abutamur ad execrandum, maledicendum, mentiendum, fallendum aliasque improbitates et vitia exercenda, verum bene et recte eo utamur invocando, praecando, laudando et gratias agendo amore ac fiducia Dei incitati iuxta Primi praecepti constitutionem. Similiter eo ipso metu, amore atque fiducia incitandi sumus, ut eius verbum non contemptim respuamus aut delicati fastidiamus, sed avide discamus, libenter audiamus, sacrosanctum preciosum et honorificum habeamus. Ita quoque deinceps per reliqua praecepta virtute Primi erga proximum observanda gradus faciendi sunt, ut parentes, dominos ac omnes Magistratus honorantes habeamus [476] in pretio, libenter eisdem oboedientes obsequamur, non | quidem ob illorum, sed divinae voluntatis autoritatem. Neque enim tibi parentes respiciendi sunt neque quicquam illis gratificandum aut omittendum, sed eo fac respicias, quidnam rei Deus a te exigat, quod fidenter a te postulaturus est. Qua in re, si negligens fueris, iratum ac saevum iudicem, sin feceris, clementem Patrem experiere. Praeterea, ne quam proximo tuo iniuriam eaut damnum inferas vel vim facias neve ulla in re illi incommodes sive corpus eius sive coniugem sive opes honorem aut ius spectes, veluti omnia haec ordine sunt mandata, etsi ad haec commode perpetranda neque locus tibi deesset neque occasio; ad haec nullius hominis reprehensionem eo nomine incurreres, sed de omnibus bene e–e
obiicias aut vim facias neve ulla in re illi incommodare studeas, qua aut corpus eius caede violares aut vulneribus aut uxorem eius stupro contaminares aut bona furto imminueres aut famam clancularia contumelia et obtrectatione denigrares aut eius ius opprimeres. Veluti haec omnia ordine interdicta sunt, etsi ad haec commode perpetranda neque locus tibi deesset neque occasio neque cuiuvis hominis reprehensionem eam ob rem incurreres. Verum enim vero fac de omnibus bene mereri memineris, omnes officiose iuvare ac promovere, quocumque aut ubicumque poteris, tantum in hoc, ut Deo gratificeris et placeas hac proposita fiducia illum ipsum esse, qui haec omnia tibi largiter pensaturus sit Hag
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Tota scriptura explicatio primi praecepti de timore et fide.
Psal. 148.
Opera posterioris tabulae. Vere sunt cultus, cum gubernantur a timore et fide.
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recht an, wie es nach einander geboten ist, ob du gleich raum790 und ursach dazu hettest und dich kein Mensch darumb straffte, sondern jederman wolthust, helffest und förderst, wie und wo du kanst, allein Gott zu liebe und gefallen, in dem vertrauen, das er dir alles reichlich wil erstatten. Also sihestu, wie das erste Gebot das Heupt und Quellborn ist, so durch die andern alle gehet, und widerumb alle sich zurück ziehen und hangen an diesem, das ende und anfang alles791 in einander geknüpfft und gebunden ist. Solches (sage ich nu) ist nütz und not, dem jungen Volck immer für zuhalten, vermanen und erinnern, auff das sie nicht allein wie das viehe mit schlegen und zwang, sondern in Gottes furcht und ehre auffgezogen werden. Denn wo man solches bedencket und zu hertzen nimpt, das es nicht Menschenstand, sondern der hohen Maiestet Gebot sind, der mit solchem ernst darüber helt792, zürnet und | straffet, die sie verachten, und widerumb so uberschwencklich vergilt denen, die sie halten, daselbst wird sichs selbst reitzen und treiben, gerne Gottes willen zu thun. Darumb ist nicht umb sonst im alten Testament793 geboten, das man solte die zehen Gebot schreiben an alle wende und ecken, ja auch an die kleider, nicht das mans allein lasse da geschrieben stehen und schautrage794, wie die Jüden theten795, sondern das mans on unterlas für augen und in stetem gedechtnis habe, in alle unserm thun und wesen treibe, und ein jeglicher lasse es sein tegliche ubunge sein in allerley fellen, geschefften und hendeln, als stünde es an allen orten geschrieben, wo er hin sihet, ja, wo er gehet und stehet, so würde man beyde, für sich daheim in seinem Hause und gegen nachbarn, ursach gnug finden, die zehen Gebot zu treiben, das niemand weit darnach lauffen dürffte.
Aus dem sihet man abermal, wie hoch diese zehen Gebot zu heben und preisen sind uber alle Stende, Gebot und werck, so man sonst leret und treibet. Denn hie können wir trotzen und sagen: Las aufftretten alle Weisen und Heiligen, ob sie kündten ein werck erfür bringen, [202v] als diese Gebot, so Gott mit solchem ernst foddert und befihlt bey seinem höhesten zorn und straffe, dazu so herrlicher verheissung dazu setzet, das er uns mit allen gütern
790 Möglichkeit | 791 ganz und gar | Schau trage | 795 Vgl. Mt 23,5.
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wacht |
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Vgl. Dtn 6,8f; Ex 13,9; Dtn 11,20. |
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merearis, omnes officiose iuves ac promoveas, quacunque ratione et, ubicunque potes, tantum in hoc, ut Deo oboedias, hac fiducia eum ipsum omnia haec largiter tibi compensaturume. Ita vides, quomodof Primum praeceptum caput ac fons sit, unde reliqua omnia suam trahunt originem quodque rursus omnia alia retro pertrahat ex se pendentia, ut et finis et principium uno gindissolubili nodog 32 colligata het copulata sinth. Talia, inquam, operae precium est, ut iuventuti nunquam non proponantur, monendo inculcentur et memoriam assidue repetendo revocentur, ut non tantum fuste ac plagis, quamadmodum pecora rationis expertia, sed etiam in timore ac cultu Dei pia quadam ratione educentur. Quicunque enim haec considerant et animi seria | quadam cogitatione perpendunt esse videlicet haec noni humanae rationis commenta, sed summae maiestatis mandata, quae tanta severitate jContemptores eorumj punire, contra vero factores eorum inaestimabilibus bonitatis suae divitiis remunerari velit, illi sua sponte ad faciendam Dei voluntatem satis erunt propensi. Quare in veteri Testamento non temere mandatum erat, ut Decem praecepta omnibus inscriberentur parietibus, angulis et vestibus, non in hoc [477], ut tantum inscripta spectanda circumferrentur, quemadmodum factitare Iudaeik consueverant, sed ut citra intermissionem obversarentur oculis et memoriae occurrerent in omnibus nostris negociis et actionibus. Sint ergo cuique haec quotidiana exercitia et studia in omnibus casibus, negociis et officiis, ac si omnibus insculpta locis legenda occurrerent, quocunque oculorum aciem flexerit, imo potius ubicunque incesserit aut presso vestigio steterit. Ita fiet, ut aeque et domi et foris erga vicinos semper sufficientem causam inveniamus Decem praecepta exercendi, ut nemini ea incumbat necessitas illa procul petendi.
Utilissimam et saluberrimam esse meditationem Decalogi.
Ex his omnibus iam facile aestimare licet aut videre, quousque haec praecepta extollenda aut quanti tandem facienda sint prae omnibus et operibus et ordinibus, qui doceri consueverunt. Hic enim confidenter dicere possumus, ut ad unum prodeant omnes sapientes, et quotquot sanctimoniae titulo superbiunt, num unum queant opus quamlibet pusillum producere, quod vel extremo horum praeceptorum opusculo aequiparandum sit, quod tanta severitate Deus a suis exigit et faciendum praecipit, tantam tamque intolerabilem transgressoribus interminatus iracundiam et contra factoribus adeo splendidas promissiones policitus se nimirum inexhaustis benedictionis suae
Decalogi doctrina tam cupiosa et sublimis, ut nunquam satis perspici, nunquam exhauriri possit.
f quemadmodum Hag | g – g nodo et quidem illo Herculeo Hag | h – h esse videantur Hag | i A quibus enim haec iusto examine perpenduntur animique seria quadam cogitatione alternantur videlicet haec non esse Hag | j – j vindicana suscepit, ut horum contemptores implacabiliter Hag k nicht in Hag 32 Sprichwörtliche Redensart: ein (angeblich von Herkules erfundener) ganz fester Knoten; vgl. Seneca, Epistulae morales ad Lucilium LXXXVII, 38; Plinius, Naturae historiarum XXVIII, 63.
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und segen überschütten wil. Darumb sol man sie je für allen andern Leren, theuer und werd halten, als den höhesten schatz, von Gott gegeben.
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Bisher haben wir gehöret das erste stück Christlicher Lere und darinne gesehen alles, was Gott von uns wil gethan und gelassen haben. Darauff folget nu billich der Glaube, der uns fürtreget, alles, was wir von Gott gewarten797 und empfahen müssen und, auffs kürtzte zu reden, in gantz und gar erkennen leret. Welches eben dazu dienen sol, das wir dasselbige thun können, so wir lauts der zehen Gebot thun sollen. Denn sie sind (wie droben gesagt) so hoch gestellet, das aller Menschen vermügen viel zu gering und schwach ist, dieselbigen zu halten. Darumb ist diss stück ja so798 nötig als jenes zu lernen, das man wisse, wie man dazu kome, woher und wodurch solche krafft zu nemen sey. Denn so wir kündten aus eigenen krefften die zehen Gebot halten, wie sie zu halten sind, dürfften wir nichts weiter, weder Glauben noch Vater unser. Aber ehe man solchen nutz und not799 des Glaubens ausstreichet800, ist gnug erstlich für die gar801 einfeltigen, das sie den Glauben an im selbst fassen und verstehen lernen.
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Auffs erste hat man bissher den Glauben geteilet in zwölff Artickel802, wiewol, wenn man alle stücke, so in der Schrifft stehen und zum Glauben gehören, eintzelen fassen solte, | gar viel mehr Artickel sind, auch nicht alle deutlich mit so wenig worten mügen ausgedrückt werden. Aber das mans auffs leichteste und einfeltigste fassen kündte, wie es für die Kinder zu leren ist, wöllen wir den gantzen Glauben kürtzlich fassen in drey Heuptartickel803, nach den dreyen Personen der Gottheit, dahin alles, was wir gleuben, gerichtet ist; Also das der erste [203r] Artickel von Gott, dem Vater, erklere die Schöpffung. Der ander von dem Son die Erlösung. Der dritte von dem heiligen Geist die Heiligung. Als were der Glaube auffs aller kürtzte in so viel wort gefasset: Ich gleube an Gott Vater, der mich geschaffen hat. Ich gleube an Gott den Son, der mich erlöset hat. Ich gleube an den heiligen Geist, der mich heilig 796 Luther hat das Apostolicum mehrfach ausgelegt; vgl. Luther, Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers (1520), in: WA 7, 214,24–220,5; ders., Betbüchlein (1522), in: WA 10/2, 388,19–395,8; ders., Eine einfältige Weise zu beten für einen guten Freund (1535), in: WA 38, 373,15–375,8; ders., Predigt über das Symbolum (1523), in: WA 11, 48,16–54,36; ders., Predigt am 7. Sonntag nach Trinitatis (1529), in: WA 29, 471,20–473,31; ders., Katechismuspredigten (1528), in: WA 30/1, 9,14–11,7; 43,27–46,6; 86,1–94,22 (Grundlage für den Großen Katechismus); ders., Von Jesu Christo eine Predigt zu Hofe zu Torgau gepredigt (1533), in: WA 37, 35–72; ders., Eine Hauspredigt von den Artikeln des Glaubens, in Schmalkalden gehalten (1537), in: WA 45, 11–24; ders., Die drei Symbola oder
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Abschluss der Gebote – Das Apostolische Glaubensbekenntnis
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divitiis tantum non obruturum eos. Quocirca non iniuria haec praecepta omnibus aliis doctrinis anteferenda sunt inque magno habenda precio tanquam thesaurus, quem a Deo accepimus, omnium preciosissimus.
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[478] Secunda pars catechismi: Symbolum Fidei.
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Hactenus Catechismi, hoc est, Christianae doctrinae primam partem, audivimus, in qua quid facere, lquid omittere nos Deus velitl, vidimus. Hanc deinceps iusto ordine fides subsequitur, qua nobis summatim, quid a Deo nobis expectandum et accipiendum sit, proponitur, atque ut paucis dicam, eundem nos per omnia docet cognoscere. Quae eo nobis servire ac prodesse debet, ut id, quod praecepta exigunt, facere queamus, dum ea exigentibus praeceptis facere cogimur. Nam (ut supra dictum) adeo sublimis et alta eorum est constitutio, ut omnium hominum vires longe leviores sint et invalidiores, quam ut eandem possint assequi aut contingere met ei satisfacerem. Eam ob rem nihilo minus neccessarium est hanc partem perdiscere quam priorem, ut sciamus, quomodo praeceptis satisfacere queamus et unde tanta vis ac virtus petenda aut impetranda sit. Etenim si propriis viribus divinis praeceptis satisfacere possemus, quemadmodum illis satisfaciendum est, Et fide et precatione haud difficulter careremus. Prius vero quam eiusmodi et utilitas et necessitas fidei explanetur, ninitio sufficit pro rudibus planen, ut fidem per se comprehendant et intellegere discant. Principio Theologi nostri fidem hactenus in duo decim Articulos diviserunt, quanquam, si omnes particulae, quas tradit Scriptura et ad fidem referendae | sunt, sigillatim comprehenderentur, multo plures sunt Articuli, sed neque tam paucis verbis satis significanter possunt exprimi. Veruntamen ut quam facilime et simplicissime comprehendantur, veluti pueris tradendi sunt, totum fidei Symbolum tribus tantum principalibus Articulis complectemur iuxta tres divinitatis personas, ad quas omnia, quae credimus, referuntur et or[480]dinantur, Ita ut Primus Articulus de Deo patre creationem explicet, Secundus de Filio redemptionem, Tertius de Spiritu sancto sanctificationem. Quasi fides quam brevissime tot verbis comprehensa esset: Credo in Deum Patrem, qui me creavit. Credo in Deum Filium, qui me liberavit. Credo in
l – l quidve nobis omittendum sit, Deus praeceperit | promere simplicibus abunde satis est Hag
m–m
nicht in Hag |
n–n
primum quidem
Bekenntnis des Glaubens Christi (1538), in: WA 50, 262f. | 797 erwarten | 798 ebenso | 799 Notwendigkeit | 800 darlegt, hervorhebt | 801 ganz | 802 Die altkirchliche Tradition – nachweisbar ab dem 4. Jahrhundert, z. B bei Ambrosius – schrieb das Apostolicum den zwölf Aposteln zu, von denen jeder einen Artikel abgefasst habe. | 803 Bereits 1520 hatte Luther, orientiert an den drei Personen der Trinität und den ihnen zugeordneten Werken – Schöpfung, Erlösung und Heiligung – das Apostolicum in drei Artikel gegliedert.
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Ordo partium Catechismi.
Quare sit opus doctrina seu professione Symboli.
Duodecim articuli fidei. BSLK 647
Symboli Apostolici tres articuli praecipue.
Pater fons omnium beneficiorum.
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Der Große Katechismus
machet. Ein Gott und ein Glaube, aber drey Personen, darumb auch drey Artickel oder Bekenntnis. So wöllen wir nu kürtzlich die wort uberlauffen804.
Der I. Artickel: Ich gleube an Gott den Vater, Allmechtigen, Schöpffer Himels und Erden. Da ist auffs aller kürtzte abgemalet und fürgebildet was Gottes des Vater wesen, wille, thun und werck sey. Denn weil die zehen Gebot haben fürgehalten, man solle nicht mehr denn einen Gott haben, möchte man nu fragen: Was ist denn Gott für ein Man, was thut er, wie kan man in preisen oder abmalen und beschreiben, das man in kenne? Das leret nu dieser und folgende Artickel, also das der Glaube nichts anders ist denn ein antwort und bekentnis der Christen, auff das erste Gebot gestellet. Als wenn man ein jung Kind fragete: Lieber, was hastu für ein Gott? Was weistu von im? das es kündte sagen: Das ist mein Gott. Zum ersten der Vater, der Himel und Erden geschaffen hat, ausser diesem einigen halte ich nichts für Gott, denn sonst keiner ist, der Himel und Erden schaffen kündte. BSLK 648
Für die Gelerten aber, und die etwas leufftig805 sind, kan man die Artickel alle drey weit ausstreichen806 und teilen in so viel stück, als es wort sind. Aber itzt für die jungen Schüler sey gnug, das nötigste anzuzeigen, nemlich, wie gesagt, das dieser Artickel belanget807 die Schöpffung, das man stehe auff dem wort: „Schöppfer Himels und der Erden“. Was ists nu gesagt oder was meinestu mit dem wort: „Ich gleube an Gott Vater, Allmechtigen, Schöpffer“ etc.? Antwort: Das meine und gleube ich, das ich Gottes geschöpffe bin, das ist, das er mir gegeben hat und one unterlas erhelt Leib, Seele und Leben, Gliedmasse klein und gros, alle sinne, vernunfft und verstand und so fort an808, essen und trincken, kleider, narung, Weib und Kind, Gesind, Haus und Hof etc.; Dazu alle Creatur zu [203v] nutz und notturft809 des lebens dienen lesset: Sonne, Mond und Sternen am Himel, tag und nacht, lufft, feuer, wasser, Erden810 und was sie tregt und vermag811, Vogel, Vische, thier, getreide, und allerley gewechs. Item was mehr leibliche und zeitliche güter sind, gut Regiment, friede, sicherheit, also das man aus diesem Artickel lerne, das unser keiner
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kurz besprechen | 805 bewandert | 806 weitläufig behandeln | 807 betrifft | 808 und so weiter Unterhalt | 810 Schon in der Antike galten Luft, Feuer, Wasser und Erde als Ursprung aller physischen Dinge. Luther greift auf diese Tradition zurück, um die Totalität der Schöpfung Gottes zu betonen, dessen Wirken sich alle Dinge auf Erden verdanken. | 811 hervorbringen kann 809
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Spiritum sanctum, qui me sanctificat. Unus Deus et una fides, verum tres personae, quare tres etiam Articuli et confessiones. Iam ergo ipsa fidei verba breviter percurremus.
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Unus Deus tres personae.
Articulus I: Credo in Deum Patrem, omnipotentem, creatorem coeli et terrae. Quaenam sit Dei patris essentia, voluntas et opus, hisce verbis compendiosissime adumbratum et propositum est. Cum enim Decem praecepta docuerint, non esse nisi unum Deum habendum et colendum, in quaestionem venire posset, quid Deus esset, quid operis faceret, quibus denique rebus laudandus sit aut depingendus, ut cognoscatur. Hoc iam sequens docet Articulus fidem nihil aliud esse quam responsionem quandam et confessionem Christianorum ad Primum praeceptum ordinatam. Velut puer interrogatus a quopiam, Quemnam Deum habes aut quid de illo compertum tenes? Respondere possit: Primum quidem hoc Deus meus est videlicet Pater, qui coelum ac terram condidit. Extra hunc unum nullum alium Deum esse credo, praeter hunc enim nemo est, qui sua virtute atque potentia coelum ac terram possit condere. Ceterum pro doctis et qui aliquam Scripturae cogitionem sibi paraverunt, ii tres Articuli aliquanto fusius et locupletius declarari possunt inque tot partes dividi, quot verbis fidei Symbolum contextum est. Verum in praesentia pro novitiis scholasticis maxime cognitu necessaria in[480]dicasse sufficiat, nempe hunc articulum, ut diximus, ad rerum creationem pertinere, ut huic verbo innitamur: Creator coeli et terrae. Quid ergo haec sibi verba volunt aut his tu significari putas? Credo in Deum patrem omnipotentem, creatorem etc.? Responsio: Hoc significari puto et credo me Dei esse creaturam, hoc est, quod ille mihi dederit quotidieque alat sustenetque corpus, animam, vitam, membra corporis, cum parva, tum magna, omnes sensus, rationemo, rationis usum virtutemque intelligentiae ac deinceps cibum et potum, amictum, commeatum, uxorem, liberos, familiam, aedes, praedia etc. Ad haec, qui omnes creaturas ad vitae meae utilitatem et necessitatem servire mihi sinit, solem, lunam et sidera coelestia, diem et noctem, aerem, ignem, aquam, terram et omnes fructus terrae, quos sua foecunditate producit, volucres, pisces et omnia frumentorum et fructuum genera. Insuper, si quae sunt alia rerum corporalium et temporalium bona, ut est aequabilis Reipublicae status et administratio, pax, tranquilla securitas. Ita ut ex hoc Articulo discamus nostrum nemi-
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Primus articulus in Symbolo complectitur doctrinam de vera agnitione Dei.
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Sententia articuli de creatione ac praesentia Dei sustentantis creaturas.
Creator.
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Der Große Katechismus
das leben, noch alles, was itzt erzelet ist und erzelet812 mag werden, von im selbst hat noch erhalten kan, wie klein und gering es ist, denn es alles gefasset ist in das wort: „Schöpffer“. Darüber813 bekennen wir auch, das Gott der Vater nicht allein solches alles, was wir haben und für augen sehen, uns gegeben hat, sondern auch teglich für allem ubel und unglück behütet und beschützet, allerley fehrligkeit814 und unfall abwendet und solches alles aus lauter liebe und güte, durch uns unverdienet, als ein freundlicher Vater, der für uns sorget, das uns kein leid widerfare. Aber davon weiter zu sagen, gehöret in die | andern zwey stück dieses Artickels, da man spricht: „Vater Allmechtigen“815. Hieraus wil sichs nu selbst schliessen und folgen816, weil uns das alles, so wir vermügen817, dazu was im Himel und Erden ist, teglich von Gott gegeben, erhalten und bewaret wird, so sind wir ja818 schüldig, in darumb one unterlas zu lieben, loben und dancken und kürtzlich im gantz und gar damit zu dienen, wie er durch die zehen Gebot fodert und befohlen hat. Hie were nun viel zu sagen, wenn mans solt ausstreichen819, wie wenig ir sind, die diesen Artickel gleuben. Denn wir gehen alle uberhin, hören und sagens, sehen aber und bedencken nicht, was uns die wort fürtragen820. Denn wo wirs von hertzen gleubten, würden wir auch darnach thun, und nicht so stoltz hergehen, trotzen und uns brüsten, als hetten wir das leben, reichthumb, gewalt und ehre etc. von uns selbst, das man uns fürchten und dienen müste, wie die unselige verkerte Welt thut, die in irer blindheit ersoffen ist, aller Güter und Gaben Gottes allein zu irer hoffart, geitz, lust und woltagen821 missbraucht und Gott nicht einmal ansehe, das sie im danckete oder für einen Herrn und Schöpffer erkennete.
Darumb solt uns dieser Artickel alle demütigen und erschrecken, wo wirs gleubten, denn wir sündigen teglich mit augen, ohren, henden, leib und seele, gelt und gut und mit allem, was wir haben, sonderlich die jenigen, so noch wider Gottes wort fechten, doch haben die Christen den vorteil, das sie sich des schüldig erkennen, im dafür zu dienen und gehorsam zu sein.
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aufgezählt | 813 Außerdem | 814 Gefahr | ergibt sich von selbst als Schlussfolgerung | erklären | 820 auftragen | 821 Vergnügen 816
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Zu diesem Ausdruck vgl. o. S. 871, Anm. 86. besitzen | 818 wahrlich | 819 ausführlich
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nem vitam omniaque alia iam enumerata, et quae adhuc enumerari possent, a se habere neque retinere posse, quamlibet pusillum aut leve fuerit. Haec enim omnia nomine creatoris comprehensa sunt. Praeter haec ingenue quoque confitemur Deum Patrem non solum haec omnia, quae phabemus, possidemusp coramque oculis intuemur, nobis dedisse, sed quotidie etiam eius tutela nos ab omnibus malis atque periculis custodiri, omnes incommoditates, ruinas atque discrimina a nobis abigente et propulsante. Quae omnia mera humanitate et bonitate sua pellectus nobis | immerentibus exhibet tanquam lenis ac clemens Pater, cui nos curae sumus, ne quid mali aut adversi nobis accidat. Verum ea verbosius persequi ad reliquas duas partes pertinet, ubi dicimus: Patrem omnipotentem. Ex his iam demonstratis facile evictum consequitur et colligitur, cum omnia, quae possidemus quaeque in coelo et in terra sunt, quotidie a Deo concessa sustenentur et [481] custodiantur debere nos eundem indesinenter diligere, laudibus extollere agendisque gratiis acceptorum beneficiorum esse memores, et ut uno verbo dicam, illi prorsus atque per omnia hisce gratuito datis muneribus servire, quemadmodum hoc ipsum decem praeceptis a nobis exigit et faciendum praecepit. Iam hic multis dicendum esset, si qillustrare id quis vellet, quam pauci sint, qui hunc articulum creduntq. Hunc enim omnes praetervolamusr audientes quidem et memorantes, sed nequaquam videntes aut animo expendentes, quid ipsa verba nobis non oscitanter aut somniculose expendendum proponant. Quod si enim haec ex animo crederemus, horum verborum iussa haud dubie capesseremus neque tam superbe incederemus insolenter intumescentes, quasi a nobismetipsis aut nostra opera partis vita, divitiis, potentia, dignitate, honoribus etc. frueremur, ut alii servitute nobis obnoxii nos pertimescere cogerentur, quemadmodum infelix ac perversus mundus factitare consuevit, qui in coecitate sua submersus est omnibus bonis et muneribus divinitus datis tantum ad superbiam, avaritiam, voluptates et delitias turpissime abutens neque Deum vel semel respiciens, ut illi gratias ageret aut pro Domino ac creatore suo eum agnosceret. Quocirca shic Articulus omnes nos humiliare ac conterrere debebats, si haec vera esse certo et constanter crederemus, siquidem quotidie victi carnis affectibus peccamus oculis, auribus, manibus, corpore et anima, opi|bus atque divitiis, breviter: omnibus rebus, quascunque possidemus. Praecipue vero illi, qui etiamnum impietate instigati divino verbo repugnant ac reluctantur. Veruntamen Christiani hanc praerogativam habent, quod se Deo Creatori suo id debere agnoscuntt, ut pro acceptis bonis ipsi serviant atque obtemperent uid, quod mundus facere nescitu.
p – p possidemus ac fruimur Hag | q – q foret faciendum indicium, quam illorum grex pusillus sit hunc articulum credentium Hag | r subtersilimus Hag | s – s hoc articulo omnes humiliandi ac conterrendi essemus Hag | t non inficiantur Hag | u – u nicht in Hag
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Omnipotens.
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Creatura rationalis debet vicissim creatori gratitudinem et oboedientiam.
Magna et turpis ingratitudo omnium hominum.
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Assidue mentibus atque oculis intuenda testimonia creationis et providentiae.
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Der Große Katechismus
Derhalben sollen wir diesen Artickel teglich uben, einbilden822 und uns erinnern in allem, was uns für augen kömpt und guts widerfe[204r]ret und wo wir aus nöten oder fehrligkeit komen, wie uns Gott solches alles gibt und thut, das wir daran spüren und sehen sein Veterlich hertz und uberschwengliche liebe gegen uns, davon würde das hertz erwarmet und entzündet werden, danckbar zu sein und aller solcher güter zu Gottes ehren und lob zu brauchen. Also haben wir auffs kürtzte die meinung823 dieses Artickels, so viel den einfeltigen erstlich not ist zu lernen, beide was wir von Gott haben und empfahen und was wir dafür schüldig sind, welches gar ein gros trefflich erkentnis ist, aber viel ein824 höher schatz, denn da sehen wir, wie sich der Vater uns gegeben hat sampt allen Creaturen und auffs aller reichlichste in diesem leben versorget, one das825 er uns sonst auch mit unaussprechlichen, ewigen gütern durch seinen Son und heiligen Geist uberschüttet, wie wir hören werden.
Der II. Artickel: Und an Jesum Christum, seinen einigen Son unsern Herrn. Der empfangen ist vom heiligen Geist. Geboren von der Jungfrauen Maria. | Gelitten unter Pontio Pilato, gecreutzigt, gestorben und begraben. Nidergefaren zur Hellen. Am dritten tage aufferstanden von den Todten. Auffgefaren gen Himel. Sitzend zur rechten Gottes, des Allmechtigen Vaters. Von dannen er komen wird, zu richten die lebendigen und die Todten. Hie lernen wir die andere person der Gottheit kennen, das wir sehen, was wir uber826 die vorigen827 zeitlichen güter von Gott haben. Nemlich, wie er sich gantz und gar ausgeschüttet hat und nichts behalten, das er nicht uns gegeben habe; dieser Artickel ist nu sehr reich und weit. Aber das wirs auch kurtz und kindlich handeln, wöllen wir ein wort für uns nehmen und darinne die gantze summa davon fassen, nemlich (wie gesaget) das man hieraus lerne, wie wir erlöset sind, und sol stehen auff diesen worten: „An Jesum Christum, unsern Herrn“.
[204v]Wenn man nu fragt: Was gleubstu im andern Artickel von Jesu Christo? Antwort auffs kürtzte. Ich gleube, das Jesus Christus, warhafftiger Gottes Son, 822
einprägen | henden
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Sinn |
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abgesehen davon, dass |
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Proinde hic Articulus nobis quotidie exercendus, vmenti infigendus et inv memoriam subinde revocandus est, in omnibus, quaecunque nobis obiiciuntur, quando vel bene et feliciter quae nobis eveniunt wvel quandow e periculis et [482] necessitatibus liberati emergimus, sicut Deus haec omnia nobis largitur et facit, ut in hoc certis experimentis animadvertentes discamus paternum eius erga nos animum et inaestimabilem caritatem. Ex hoc certe pectus incalescet et ad gratiarum actionem prompte agendam mirifce inflammabitur, ut omnibus eiusmodi rebus ad Dei laudem et gloriam utatur. Ita quidem paucissimis erutum atque expressum huius Articuli sensum habemus, quantum simplicibus initio scire ac discere necesse est et quid a Deo habeamus et acceperimus et quid pro acceptis bonis eidem vicissim debeamus. Quae ingens et pene inaestimabilis est cognitio, thesaurus tamen multo praestantior. Etenim hic plane videmus, quomodox Pater cum omnibus creaturis se nobis tradiderit quamque nos, quamdiu hac vita fruimur, rebus omnibus opulentissime instruat, praeterquam quod ineffabilibus et aeternis bonis per Filium suum ac Spiritum sanctum amplissime cumularit, ut in sequentibus audiemus.
Articulus II: Et in Iesum Christum, Filium eius unicum, Dominum nostrum, qui conceptus est de Spiritu sancto, natus ex | Maria virgine, passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus. Descendit ad inferos, tertia die resurrexit a mortuis. Ascendit ad coelos, sedet ad dexteram Dei Patris omnipotentis. Inde venturus est iudicare vivos et mortuos. Hoc loco secundam divinitatis personam discimus cognoscere, ut videamus, quid praeter bona temporalia prius enumerata Deus nobis largiri soleat, nempe quomodoy omnes bonitatis suae ac divitiarum thesauros semel nobis effuderit nihilque sibi reliquum fecerit, quod nobis utendum fruendumque non impertierit. Iam hic Articulus quoque late patet estque plane foecundissimus. Verum ut et hunc breviter ac pueriliter discutiamus, unum verbum su[483]memus, quo totius rei summam complectemur, nempe (sicut dictum est) ut ex hoc discamus, quomodo per Christum ab omni maledictione liberati simus, quod hisce verbis nititur: Et in Iesum Christum, Filium eius unicum, Dominum nostrum etc. Iam ergo interrogatus a quopiam: Quid credis in secundo Articulo de Iesu Christo? Ad hunc modum responde paucissimis: Ego credo Iesum Christum v – v est ac iugi mentis agitatione repetendus inque Hag | Hag | y quemadmodum Hag
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atque ubi Hag |
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quemadmodum
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Secunda persona divinitatis.
Doctrina secundi articuli de redemptione generis humani et beneficiis filii Dei.
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sey mein Herr worden. Was ist nu das, ein Herr werden? Das ists, das er mich erlöset hat von Sünde, vom Teuffel, vom Tode und allem unglück. Denn zuvor hab ich keinen Herrn noch König gehabt, sondern bin unter des Teuffels gewalt gefangen, zum Tode verdampt, in der Sünde und blindheit verstrickt gewesen. Denn da wir geschaffen waren und allerley guts von Gott dem Vater empfangen hatten, kam der Teuffel und bracht uns in ungehorsam, Sünde, Tod und alle unglück, das wir in seinem zorn und ungnad lagen, zu ewigem verdamnis verurteilet, wie wir verwirckt und verdienet hatten. Da war kein rath828, hülff noch trost, biß das sich dieser einige und ewige Gottes Son unsers jamers und elend aus grundloser güte | erbarmete und vom Himel kam, uns zu helffen. Also sind nu jene Tyrannen und Stockmeister829 alle vertrieben und ist an ire stat getretten Jesus Christus, ein Herr des lebens, gerechtigkeit, alles guts und seligkeit, und hat uns arme verlorne menschen aus der Hellen rachen gerissen, gewonnen, frey gemacht und widerbracht in des Vaters huld und gnade und als sein eigenthumb unter seinen schirm und schutz genomen, das er uns regiere durch seine gerechtigkeit, weisheit, gewalt, leben und seligkeit830.
Das sey nu die summa dieses Artickels, daß das wörtlein Herr auffs einfeltigste so viel heisse als ein Erlöser, das ist der uns vom Teuffel zu Gotte, vom Tode zum leben, von sünde zur gerechtigkeit bracht hat und dabey erhelt. Die stücke aber, so nach einander in diesem Artickel folgen, thun nichts anders, denn das sie solche erlösung erkleren und ausdrücken, wie und wodurch sie geschehen sey, das ist was in gestanden831 und was er daran gewendet und gewaget hat, das er uns gewönne und zu seiner Herrschafft brechte. Nemlich, das er mensch worden, von dem heiligen Geist und der Jungfrauen on alle sünde empfangen und geborn, auff das er der sünden Herr were, dazu gelitten, gestorben und begraben, das er für mich gnug thete und bezalete, was ich verschuldet habe, nicht mit silber noch golt, sondern mit seinem eigenen theuern blut832. Und diss alles darumb, das er mein Herr würde, denn er für sich, der keines gethan noch bedurfft hat. Darnach wider aufferstanden, den Tod verschlungen833 und gefressen und endtlich gen Himel gefaren und das Regiment genomen zur rechten des Vaters, das im Teuffel und alle gewalt muss unterthan sein und zun | füssen ligen, so lang biß er uns endtlich 828 Hilfe | 829 Gefängnisaufseher | 830 Vgl. hierzu Luthers Kommentar über Gal 3,13 (1531/1535), in: WA 40/1, 439,4.28–442,9.30, wo er das „duellum mirabile“ zwischen Christus und dem Teufel beschreibt. | 831 ihn gekostet | 832 Vgl. I Petr 1,18f. | 833 Vgl. Jes 25,8; I Kor 15,54f; vgl. Luthers Predigten über I Kor 15,54f (1532), in: WA 36, 676,1–696,17.
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verum Dei Filium, Dominum meum esse factum. Quid hoc sibi vult, fieri Dominum? Hoc est, quod me liberarit sanguine suo a peccatis, diabolo, morte et omni exitio. Ante enim neque regem habebam neque Dominum, sed sub diaboli potestate atque imperio captivus tenebar ad mortem condemnatus inque peccatis ac coecitate irretitus. Iam enim a Deo creati, cum omnis generis inaestimabilia bona a Patre accepissemus, venit diabolus, nostrae foelicitati invidens et nos suis technis in apertam Dei rebellemque inoboedientiam, mortem et omnia pericula petractos iniecit, adeo ut in eius indignatione iaceremus perpetuae damnationi adiudicati, veluti culpa nostra promerueramus. Hic nulla erat amplius relicta aut spes | recuperandae gratiae aut consilium adipiscendae salutis aut auxilium placandi patris aut consiliumz ignoscendi delicti, donec ille immortalis Patris immortalis Filius calamitosam miseriam et exilium nostrum sua profundissima bonitate miseratus de coelo nobis opem laturus descendit nosque ab omni et peccati et mortis ac Diaboli captivitate in libertatem adoptionis suae asseruit. Ita quidem omnium illorum tyrannorum atque exactorum potestas profligata et oppressa est, quorum in locum successit Iesus Christus, vitae, iustitiae, salutis, iustificationis ac omnium bonorum autor et Dominus, qui nos miseros, aerumnosos peccatores, ex inferorum faucibus eripuit, asseruit inque libertatem vendicavit, irati patris favorem et gratiam placata indignatione conciliavit ac tanquam possessionem suam in tutelam suam nos suscepit, ut nos per suam iustitiam, sapientiam, potestatem, vitam et beatitatem regat et gubernet. [484] Sit itaque haec huius Articuli summa, ut haec vocula, Dominus, simplicissime tantum significet atque salvator seu redemtor, hoc est, qui a Diabolo ad Deum, e morte ad vitam, a peccatis ad iustitiam reduxit, in quibus et nos conservat. Porro reliquae huius Articuli partes ordine semet consequentes nihil faciunt aliud, quam quod talem redemptionem per Christum nobis partam declarant ac exprimunt, quomodo et per quem confecta sit, hoc est, quanti Christum constiterit et quid pro ea impetranda insumserit, ut nos lucrifaceret suaeque ditioni subiiceret, nempe, quod homo factus et e Spiritu sancto ac Maria virgine sine omni labe peccati conceptus et natusa sit, ut esset peccati Dominus, Ad haec passus, mortuus et sepultus, ut pro me satisfaceret meamque culpam, quae mihi luenda fuerat, persolveret non auro neque argento, sed suo pretioso sangine. Et haec omnia non ob aliam rem ullam, quam ut meus fieret Dominus. Neque enim sui gratia harum rerum quicquam fecit aut opus habuit. Post id iterum surrexit devicta atque absorpta morte. Ac | denique coelos conscendit, suscepta imperii administratione sedens ad dextram Patris, ut Diaboli ac omnes potestates ad illius pedes
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consolatio Hag | a profectus Hag
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De mirando consilio redemptionis generis humani.
Christi meritum victoria et efficacia.
De causa finali historiae et applicatione ad nos. BSLK 653
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am Jüngsten tage gar834 scheide und sondere von der bösen Welt, Teuffel, Tod, Sünde etc. [205r] Aber diese einzele stück alle sonderlich auszustreichen835 gehöret nicht in die kurtze Kinderpredigt, sondern in die grossen predigten uber das gantze jar, sonderlich auff die zeit, so dazu geordnet sind, ein jeglichen Artickel in die lenge836 zu handeln, von der Geburt, Leiden, Aufferstehen, Himelfart Christi etc. Auch stehet das gantze Evangelium, so wir predigen, darauff, das man diesen Artickel wol fasse, als an dem alle unser heil und seligkeit ligt und so reich und weit ist, das wir immer gnug daran zu lernen haben.
Der III. Artickel: Ich gleube an den heiligen Geist; Eine heilige Christliche Kirche; Die gemeine der Heiligen; Vergebung der Sünden; Aufferstehung des fleisches Und ein ewiges Leben. Amen.
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Diesen Artickel kan ich nicht besser örtern837 denn (wie gesagt) von der Heiligung, das dadurch der heilige Geist mit seinem Ampt ausgedruckt und abgemalet werde, nemlich das er heilig macht. Darumb müssen wir fussen auff das wort Heiligen Geist, weil es so kurtz gefasset ist, das man kein anders haben kan. Denn es sind sonst mancherley Geist in der Schrifft als Menschengeist838, himmlische Geister839 und böse Geister840. Aber Gottes Geist heist allein ein Heiliger Geist, das ist der uns geheiliget hat | und noch heiliget. Denn wie der Vater ein Schöpffer, der Son ein Erlöser heisset, so sol auch der heilige Geist von seinem werck ein Heiliger oder Heiligmacher heissen. Wie gehet aber solch heiligen zu? Antwort: Gleich wie der Son die Herrschafft uberkömpt841, dadurch er uns gewinnet durch seine Geburt, sterben und aufferstehen etc. Also richtet der heilige Geist die heiligung aus durch die folgende stück, das ist durch die gemeine der Heiligen oder Christliche Kirche, Vergebung der Sünde, Aufferstehung des Fleisches und das ewige Leben, das ist das er uns erstlich füret in seine heilige Gemeine und in der Kirchen schos legt, dadurch er uns predigt und zu Christo bringet. Denn weder du noch ich kündten immermehr842 etwas von Christo wissen noch an in gleuben und zum Herrn kriegen, wo es nicht durch die predigt des Evangelii von dem heiligen Geist würde angetragen843 [205v] und uns in bosam844 geschenckt; das werck ist geschehen und ausgericht, denn Christus hat uns den schatz erworben und gewonnen durch sein leiden, sterben und
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völlig | 835 besonders auszulegen | 836 ausführlich | 837 betiteln | 838 Vgl. etwa I Kor 2,11. die guten Engel | 840 Vgl. etwa I Sam 16,14.23; Tob 3,8; Act 19,12.15. | 841 erwirbt | 842 je angeboten, vermittelt | 844 Busen, Herz
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proiectae oboedire cogantur, donec nos in die novissimo prorsus ab hoc pravo seculo, Diabolo, morte, peccatis liberatos separet ac segreget. Ceterum hasce partes sigillatim tractare, huic compendioso et pro pueris instituto sermoni non convenit, sed prolixis contionibus, quae per totius anni circulum habentur, praesertim iis temporibus, quae talibus prolixiore sermone tractandis destinata sunt, de nativitate, passione, resurrectione, bascensione Christi etc.b Quin etiam totum Evangelium, quod praedicamus, eo tendit, ut hunc Articulum probe percipiamus, ut in quo totius salutis et felicitatis nostrae summa sita est, quemque ob usum et foecunditatem suam longe lateque patentem nunquam satis perdiscere possumus.
Articulus de beneficiis Christi propria et praecipua Evangelii doctrina.
[485] Articulus III: Credo in Spiritum sanctum, sanctam Ecclesiam Catholicam, communionem sanctorum, remissionem peccatorum, carnis resurrectionem et vitam aeternam. Amen. 15
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Hunc Articulum non alio commodius quam, sicut dictum, ad sanctificationem referre possum, quod videlicet per hunc Spiritus sanctus eiusque officium, nempe quod sanctificet, adumbretur et depingatur. Quare huic verbo nitendum est, Credo in Spiritum sanctum, quod tam stricte et breviter comprehensum sit, ut aliud habere nequeamus. Sunt enim alioquin multiplices in scriptura spiritus veluti humani, coelestes et mali spiritus. Verum enimvero Spiritus Dei solus sanctus Spiritus dicitur, hoc | est, qui nos sanctificavit et adhuc sanctificat. Nam quemadmodum Pater creator, Filius Redemtor aut Salvator dicitur, ita quoque Spiritus sanctus ab officii sui opere sanctus aut sanctificatorc dicendus est. Quae vero huius sanctificationis est ratio? Respondeo: Quemadmodum Filius ddominium suum, quod nos sibi peculariter vendicavit, per suam nativitatem, mortem, resurrectionem etc. consequitur, Ita quoque Spiritus sanctus sanctificationis munus exequitur per sequentia, hoc est, per communionem sanctorum aut Ecclesiam Christianorum, remissionem peccatorum, carnis resurectionem et vitam aeternam. Hoc est, primum nos ducit Spiritus sanctus in sanctam communionem suam ponens in sinum Ecclesiae, per quam nos docet et Christo adducit. Siquidem neque ego neque tu quicquam de Christo scire possemus aut in eum credere aut pro Domino consequi, nisi per Evangelii praedicationem Spiritus sancti opera nobis offerretur et ultro donaretur. Opus quidem ipsum completum est. Christus enim thesaurum nobis impetravit et peperit sua passione, morte et resurrectione etc. Verum si in occulto manens delitesceret nec quisquam ali[486]quid de eo exploratum haberet, nemini esset usui, sed
b – b a mortuis deque Christi in coelos ascensione et reliquis Hag | ἁγιοποιητής Hag | d – d potestatem suam, qua Hag
c
danach: aut, si Graece mavis,
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Tertius Articulus recitat officia, beneficia et effectus Spiritus Sanctus.
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Quomodo fiat sanctificatio.
Spiritus Sanctus efficax per ministerium verbi in Ecclesia.
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Der Große Katechismus
aufferstehen etc. Aber wenn das werck verborgen bliebe, das niemand wüste, so were es umb sonst und verloren. Das nu solcher schatz nicht begraben bliebe, sondern angelegt und genossen würde, hat Gott das wort ausgehen und verkündigen lassen, darin den heiligen Geist geben, uns solchen schatz und erlösung heim zu bringen845 und zueigenen. Darumb ist das heiligen nichts anders, denn zu dem Herrn Christo bringen solch gut zu empfahen, dazu wir von uns selbst nicht komen kündten. So lerne nu diesen Artickel auffs deutlichste verstehen. Wenn man fraget, was meinestu mit den worten: Ich gleube an den heiligen Geist? Das du künnest antworten: Ich gleube, das mich der heilig Geist heilig machet, wie sein name ist. Womit thut er aber solches oder was ist seine weise und mittel dazu? Antwort, durch die Christliche Kirche, vergebung der sünden, | aufferstehung des fleisches und das ewige leben. Denn zum ersten hat er eine sonderliche Gemeine in der Welt, welche ist die mutter, so ein jeglichen Christen zeuget und tregt durch das wort Gottes, welchs er offenbaret und treibet, die hertzen erleucht und anzündet, das sie es fassen, annemen, daran hangen und dabey bleiben. Denn wo ers nicht predigen lesset und im hertzen erwecket, das mans fasset, da ists verloren, wie unter dem Bapsthumb geschehen ist, da der glaube gantz unter die banck gesteckt846 und niemand Christum für ein Herrn erkant hat, noch den heiligen Geist für den, der da heilig machet, das ist niemand hat gegleubt, das Christus also unser Herr were, der uns on unsere werck und verdienst solchen schatz gewonnen hette und uns dem Vater angeneme gemachet. Woran hat es denn gemangelt? Daran, das der heilige Geist nicht ist da gewesen, der solchs hette offenbaret und predigen lassen, sondern menschen und böse Geister sind da gewesen, die uns haben geleret durch unserer werck selig zu werden und gnad erlangen, darumb ist es auch keine Christliche Kirche. Denn wo man nicht von Christo predigt, da ist kein heiliger Geist, welcher die Christliche Kirche machet, beruffet und zusamen bringet, ausser welcher niemand zu dem Herrn Christo komen kan. Das sey gnug von der summa dieses Artickels, weil aber die stück, so darin erzelet847, für die einfeltigen nicht so gar klar sind, wöllen wir sie auch uberlauffen848.
Die heilige Christliche Kirche heisset der Glaube Communionem Sanctorum, eine gemeinschafft der Heiligen, denn es ist beides einerley zusamen
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nahezubringen | 846 vernachlässigt | 847 aufgezählt | 848 kurz besprechen
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plane inutilis et deperditus. Ne ergo eiusmodi thesaurus sepultus iaceat, sed eo in usum verso fruantur homines. Deus verbum suum emisit praedicandum et invulgandum omnibus, in quo Spiritum sanctum largitus est, ut eiusmodi thesauri nos faceret compotes. Quare sanctificare nihil aliud est, quam ad Christum adducere, ad suscipiendum bona per Christum nobis parta, ad quae per nosmetipsos nunquam pervenire possemus. Iam ergo quam fieri potest significantissime, hunc Articulum disce intelligere, ut interrogatus, quid hisce verbis significari putas: Credo in Spiritum sanctum, Promte respondere possis: Credo Spiritus sancti opera me sanctificari, cui rei nomen eius testimonio est. Qua autem re illud facit aut qua ratione, quove medio ad hoc utitur? Responsio: | Per Christianorum communionem, remissionem peccatorum, carnis resurrectionem et vitam aeternam. Primum enim singularem in mundo communionem obtinet, haec mater est, haec quemlibet Christianum eparturit ac alit per verbum, quod Spiritus sanctus revelat et praedicat et per quod pectora illuminat et accendit, ut verbum accipiant, amplectanture, illi adhaerescant inque eo perseverent. Ubicunque enim gentium Spiritus sanctus Verbum Dei praedicare non sinit inque corde excitat, ut accipiaturf, ibi frustra est ac deperditum. Quemadmodum dominante Papatu accidit, ubi fides prorsus neglecta et obscurata iacuitg, nemo Christum pro Domino cognovit neque Spiritum sanctum pro eo, qui sanctificaret, habuit, hoc est, nemo credidit Christum eum esse Dominum, qui sine operibus et meritis nostris tantum thesaurum nobis peperisset nosque Patri reconciliasset. Et quid tandem in causa fuit? hoc scilicet, quod Spiritus sanctus praesto non fuerit, qui talia de Christo revelasset et praedicare sivisset, verum homines et mali daemones praesto fuerunt, qui docuerunt, propriis operibus consequendam esse salutem et irati Patris gratiam impetrandam. Eam ob rem neque Christianorum fuit commu[487]nio. Ubi enim de Christo nihil docetur, ibi neque ullus est Spiritus sanctus, qui Christianorum communionem solet constituere, convocare ac in unum cogere, citra cuius opem et operam nemo ad Christum Dominum pervenire potest. Haec quidem de summa huius Articuli sufficiant. Cum vero partes ac membra in eo enumerata pro captu simplicium non omnino clara sint, ea quoque paucis percurremus. Sanctam Christianorum Ecclesiam communionem sanctorum fides nominat. Utrunque enim idem coniunctim significat. Olim vero alterum adiectum non erat planeque male et inepte lingua | nobis vernacula expositum est. Quod si significanter enunciandum esset, Germanico sermone prorsus aliter proferen-
e – e per verbum, quod revelat spiritus, alit ac parturit, quod praedicatum humana pectora illuminat et incendit, ut capiant, arripiant Hag | f arripiatur Hag | g squalebat Hag
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Sanctificare quid?
Commodissima responsio de doctrina huius articuli.
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Nova lux fidei et interiores motus congruentes cum lege Dei non accenduntur sine spiritu sancto.
Tantum per ministerium Spiritus Sanctus est efficax.
Grammatica enarratio vocabulorum. BSLK 656
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gefasst849, aber vor zeiten das eine stücke nicht [206r] dabey ge|wesen850, ist auch ubel und unverstendlich verdeutscht. Eine gemeinschafft der heiligen. Wenn mans deutlich geben solt, müste mans auff deutsche art gar anders reden, denn das wort Ecclesia heist eigentlich auff deutsch eine Versamlunge851. Wir sind aber gewonet852 des wörtlins Kirche, welches die einfeltigen nicht von einem versamleten hauffen, sondern von dem geweiheten haus oder gebeu verstehen, wiewol das haus nicht solt eine Kirche heissen, on853 allein darumb, das der hauffe darin zusamen kömpt, denn wir, die zusamen komen, machen und nemen uns ein sonderlichen raum und geben dem haus nach dem hauffen ein namen.
Also heisset das wörtlin Kirche eigentlich nichts anders, denn eine gemeine samlung854 und ist von art855 nicht deutsch, sondern griechisch (wie auch das wort Ecclesia), denn sie heissens auff ire sprach Kyria, wie mans auch lateinisch Curiam nennet856. Darumb solts auff recht deutsch und unser mutter sprach heissen eine Christliche gemeine857 oder samlung oder auffs aller beste und klerste eine heilige Christenheit858. | Also auch das wort Communio, das daran gehengt ist, solt nicht gemeinschafft859, sondern Gemeine heissen. Und ist nichts anders denn die glose oder auslegung, da jemand hat wöllen deuten, was die Christliche Kirche heisse. Dafür haben die unsern, so weder lateinisch noch deutsch gekundt haben, gemacht gemeinschafft der Heiligen, so doch kein deutsche sprache so redet noch verstehet. Aber recht deutsch zu reden solt es heissen, eine gemein der heiligen, das ist ein Gemeine, darin eitel860 Heiligen sind oder noch klerlicher: eine heilige Gemeine861. Das rede ich darumb, das man die wort „gemeinschafft der Heiligen“ verstehe, weil es so in die gewonheit eingerissen ist, das schwerlich wider heraus zu reissen ist und muß bald862 Ketzerey sein, wo man ein wort endert. Das ist aber die meinung und summa von diesem Zusatz: Ich gleube, das da sey ein heiliges Heufflin und Gemeine auf Erden eiteler863 Heiligen unter einem Heupt Christo, durch den heiligen Geist zusammen beruffen, in einem
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beide Ausdrücke haben dieselbe Bedeutung | 850 Bereits im Jahre 1519 vertrat Luther die Auffassung, dass der Ausdruck „communio sanctorum“ ein späterer Zusatz sei; vgl. Luther, Resolutio Lutheriana super propositione XIII. de potestate papae (1519), in: WA 2, 190,20–25. Der älteste Beleg für die Einfügung der Formulierung in das Apostolicum lässt sich auf das Jahr 400 datieren. | 851 Vgl. hierzu die Bemerkungen bei Luther, Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers (1520), in: WA 7, 219,1–16; ders., Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 50, 624,5–626,14. | 852 gewöhnt an | 853 wenn nicht 854 allgemeine Versammlung | 855 der Herkunft nach | 856 Die Herleitung des deutschen Begriffs „Kirche“ aus dem griechischen Wort κυριακή wird durch neuere Sprachforschungen bestätigt. Es handelt sich dabei um eines der ältesten christlichen Lehnwörter, die arianische Missionare aus dem Gotenreich donauaufwärts nach Deutschland mitbrachten. | 857 In seiner Bibelübersetzung
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dum foret. Siquidem haec vox, Ecclesia, proprie nihil aliud quam congregationem significat. Porro nos Germani hanc dictionem Kirche usurpare consuevimus, quam simplices non de congregata multitudine, sed de consecratis templis aut aedificiis intelligunt. Tametsi sacra domus Ecclesia dicenda non est, nisi propterea quod hominum multitudo in ea convenire soleat. Nos enim, qui convenimus, praecipuum locum confluendi nobis delegimus atque ita domui secundum multitudinem nominis quoque appellationem imponimus. Ita haec Germanica vocula, Kirche, proprie nihil aliud significat quam congregationem neque vox Germana est, sed Graeca sicut etiam ἐκκλησία. Illi enim sua lingua κυρίαν, quem admodum Latini curiam nominant. Quamobrem recto Germanorum sermone Christianorum communio seu congregatio h(Ein Christliche Gemeine oder samlung)h aut omnium optime et clarissime sancta Christianitas i(Ein heilige Christenheit)i dicenda fuerat. Ita quoque haec dictiuncula, communio, quae alteri annexa est, non Gemeinschafft, sed Gemein interpretanda fuerat. Neque aliam ob rem quam interpretandi gratia priori adiecta est, qua quispiam haud dubie exponere voluit, quid Christianorum esset Ecclesia. Pro quo nostri, qui et germana et [488] latinae linguae iuxta imperiti fuere, transtulerunt, Gemeinschafft der Heiligen cum tamen nulla germanorum lingua ita loquatur aut intelligat. Verum recta et genuina germanorum lingua vertenda erat, eine Gemeine der Heiligen, Sanctorum communio, hoc est, eiusmodi communio, in qua non nisi sancti versantur aut adhuc significantius ein heilige Gemein, hoc est, sancta communio. Haec ideo dico, ut verba sane et recte intelligantur, cum haec consuetudo usque adeo usu recepta inveteraverit, ut vix unquam ex hominum animis evelli possit et jstatim haeresin esse oporteatj, ubi verbulum aliquod immutatum fuerit.
Huius autem appendicis haec summa est: Credo in terris esse quandam sanctorum congregatiunculam et communionem ex mere sanctis hominibus coactam sub uno capite Christo, per Spiritum sanctum convocatam, in una fide, eodem sensu et sententia, multiplicibus dotibus exornatam, in amore
h–h
nicht in Hag | i – i nicht in Hag | j – j tam cito haereses exoriantur Hag
hat Luther ἐκκλησία stets mit „Gemeine“ übertragen; vgl. z. B Mt 16,18; Act 19,39f; I Kor 1,2; Gal 1,2; vgl. hierzu auch Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 506,30–507,6. | 858 In der Schrift „Von den Konziliis und Kirchen (1539)“ tritt Luther dafür ein, das „undeutsche“ und „blinde“ Wort „Kirche“ durch „Christenheit“ oder „christlich Volk“ zu ersetzen; vgl. WA 50, 624,15–625,15. | 859 Der Begriff „Gemeinschaft“ wurde im 15. Jahrhundert auch als Bezeichnung für die „communio“, die Gesamtheit aller Christen, verwendet. | 860 lauter 861 Vgl. hierzu Luther, Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 50, 624,14–18. | 862 gleich 863 von lauter
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Ecclesia. | Kirche.
κυρία
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Gemeinschafft, gemeine.
Sanctorum communio.
Vera et salutaris doctrina Articuli de Ecclesia.
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Glauben, sinne und verstand, mit mancherley gaben, doch eintrechtig in der liebe, on Rotten und spaltung. Derselbigen bin ich auch ein stück und glied, aller güter, so sie hat, teilhafftig und mitgenosse864, durch den heiligen Geist dahin gebracht und eingeleibet865, dadurch das ich Gottes wort gehört habe und noch höre, welches ist der anfang hinein zu komen. Denn vorhin, ehe wir dazu komen sind, sind wir gar des Teuffels gewesen, als die von Gott und von Christo nichts gewust haben. So bleibet der heilige Geist bey der heiligen Gemeine oder Christenheit biss auff den Jüngsten tag, dadurch er uns holet, und brauchet sie dazu, das wort zu füren und zu treiben, dadurch er die heiligung machet und mehret, das [206v] sie teglich zuneme | und starck werde im glauben und seinen früchten, so er schaffet.
Darnach weiter gleuben wir, das wir in der Christenheit haben vergebung der sünde, welchs geschicht durch die heiligen Sacrament und Absolution, dazu allerley Trostsprüche des gantzen Evangelii. Darumb gehöret hieher, was von Sacramenten zupredigen ist, und summa das gantze Evangelium und alle Empter der Christenheit, welchs auch not ist, das on unterlas gehe. Denn wiewol Gottes gnade durch Christum erworben ist und die heiligkeit durch den heiligen Geist gemacht, durch Gottes wort in der vereinigung der Christlichen Kirchen, so sind wir doch nimmer on Sünde unsers fleisches halben, so wir noch am hals tragen866.
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Darumb ist alles in der Christenheit dazu geordnet, das man da teglich eitel vergebung der sünden durchs wort und zeichen hole, unser gewissen zu trösten und auffzurichten, so lang wir hie leben, also machet der heilige Geist, das, ob wir gleich Sünde haben, doch sie uns nicht schaden kan, weil wir in der Christenheit sind, da eitel867 vergebung der sünde ist, beide das uns Gott vergibt und wir unternander vergeben, tragen und auffhelffen. Ausser868 der Christenheit aber, da das Evangelium nicht ist, ist auch keine vergebung nicht, wie auch keine heiligkeit da sein kan. Darumb haben sich alle selbst heraus geworffen und gesondert, die nicht durchs Evangelium und vergebunge der sünde, sondern durch ire wercke heiligkeit suchen und verdienen wöllen. In des aber, weil die heiligkeit angefangen ist und teglich zunimpt, warten wir, das unser fleisch hingerichtet und mit allem unflat bescharret869 werde, aber
864 Vgl. I Kor 1,9: „zur Gemeinschaft [κοινωνία] seines Sohnes Jesus Christus“; dazu setzte Luther die Randglosse „Das ist: Ihr seid Miterben und Mitgenossen aller Güter Christi“, in: WA.DB 7, 89. | 865 einverleibt, eingefügt | 866 mit uns herumschleppen | 867 lauter | 868 Außerhalb | 869 begraben
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tamen unanimem et per omnia concordem sine sectis et schismatibus. Horum me quoque partem et membrum esse constanter credo, omnium bonorum, quaecunque habent, participem ac municipem, Spiritus sancti opera eo perductum, iisdem uno corpore unitum per hoc, quod Verbum Dei audierim atque etiamnum audio, quod principium est in hanc communionem ingrediendi. Ante enim quam ad hanc pervenimus, penitus sub potestate eramus Diaboli ut ii, quibus de Deo ac Christo prorsus nihil comperte exploratum fuerat. Quinetiam Spiritus sanctus a sanctorum communione seu | Christianitate non discedit, sed cum ea usque ad consummationem saeculi perseverat, Per quam nos adducit eiusque in hoc utitur adminiculo, ut Verbum praedicet atque exerceat, per quod sanctificationem efficit communionem amplificans, ut quotidianis incrementis crescat et in fide eiusque fructibus, quos producit, corroborata fortis evadat. Praeterea cernimusk etiam nobis in hac Christianitate esse remissionem peccatorum propositam, quae sit per Sacramenta et absolutionem Ecclesiae, ad haec multiplices totius [489] Evangelii sententias bonae spei ac consolationis plenissimas. Quare huc ea pertinent, quae lde Sacramentis et deindel de Sacramentorum usu atque praestantia tradenda sunt, et in summa totum Evangelium ac omnia Christianitatis officia, quae ut assidue exerceantur et in sedulo, summe necessarium est. Etenim quanquam Dei gratia per Christum impetrata est et sanctificatio per Spiritum sanctum facta per verbum divinum in unitate Ecclesiae Catholicae, nunquam tamen nos a peccatis sumus vacui et hoc carnis nostrae gratia, quam adhuc adhaerentem humeris nostris circumferimus. Quocirca omnia in Christianitate eo adornata sunt, ut quotidie meras peccatorum condonationes auferamus et verbis et signis ad hoc constitutis ad consolandam et erigendam conscientiam, quamdiu in hac vita futuri sumus. Ita facit Spiritus sancti gratia, ut, quanquam peccatis simus contaminati, non tamen nobis noceant in Christianitate constitutis, ubi nihil aliud quam assidua et indesinens est peccatorum remissio, cum quam nobis Deus largitur, tum qua nobis inter nos vicissim utimur ignoscentes, sufferentes et erigentes nos invicem.
Sed etiam extra hanc Christianitatem, ubi huic Evangelio locus non est, neque ulla est peccatorum remissio, quemadmodum nec ulla sanctificatio adesse potest. Quocirca ab hac Ecclesia omnes ii semet sua sponte abalienarunt, qui non per Evangelii gratiam et peccatorum condonationem, sed
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credimus Hag | l – l nicht in Hag
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Spiritus Sanctus collector, gubernator et conservator Ecclesiae.
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Ecclesiae perpetua conservatio.
Explicatio articuli de remissione peccatorum.
Doctrina de Sacramentis huc pertinet. Peccati reliquiae.
Ministerium publicum remittendi peccata.
BSLK 659 | Extra Ecclesiam nec est remissio peccatorum nec sanctificatio.
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herrlich erfür kome und aufferstehe zu gantzer und völliger heiligkeit in einem neuen ewigen leben. Denn itzt bleiben wir halb und halb rein und heilig, auff das der heilige Geist immer an uns arbeite durch das wort und teglich vergebung austeile biss in jenes leben, da nicht mehr vergebung wird sein, sondern gantz und gar rein und heilige Menschen, voller frömkeit und gerechtigkeit, entnomen870 und ledig von Sünd, Tod und allem unglück in einem neuen unsterblichen und verklertem leibe.
Sihe, das alles sol des heiligen Geists ampt und werck sein, das er auff Erden die heiligheit anfahe und teglich mehre durch die zwey stück, Christliche Kirche und vergebung der Sünde. Wenn wir aber verwesen, wird ers gantz auff einem augenblick vollfüren und uns ewig dabey erhalten durch die letzten zwey. Das aber hie stehet Aufferstehung des fleisches, ist auch nicht wol deutsch geredt. Denn wo wir Deutschen fleisch hören, dencken wir nicht weiter denn in die Scherren871. Auff recht deutsch aber wür[207r]den wir also reden: Aufferstehung des leibs oder leichnams872; doch ligt nicht grosse macht873 dran, so man nur die wort recht verstehet.
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Das ist nu der Artickel, der da immerdar im werck gehen874 und bleiben muß, denn die Schöpffung haben wir nu hinweg875, so ist die Erlösung auch ausgerichtet. Aber der heilig Geist treibt sein werck on unterlas biss auff | den Jüngsten tag, dazu er verordnet eine Gemeine auff Erden, dadurch er alles redet und thut. Denn er seine Christenheit noch nicht zusamen bracht noch die vergebung ausgeteilet, darumb gleuben wir an den, der uns teglich erzu holet durch das wort und den glauben gibt, mehret und stercket durch dasselbige wort und vergebung der Sünde, auff das er uns, wenn das alles ausgericht und wir dabey bleiben, der Welt und allem unglück absterben, endtlich gar und ewig heilig mache, welches wir itzt durchs wort im glauben warten876.
Sihe, da hastu das gantze Göttliche wesen, willen und werck mit gantz kurtzen und doch reichen worten auffs aller feineste abgemalet, darin alle
870 befreit | 871 Fleischerläden | 872 Vgl. hierzu auch Luther, Kirchenpostille (1522), in: WA 10/1/1, 235,18–21. | 873 sehr viel | 874 in Kraft sein | 875 hinter uns. Luther betont hier aus rhetorischen Gründen die Einmaligkeit der Schöpfung, um das fortdauernde Wirken des Heiligen Geistes in den Vordergrund zu stellen. In seiner oft vorgetragenen Providenzlehre hob Luther
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propriis operibus sanctificationem quaerunt ac venantur ac promereri contendunt. Sed enim in hoc, quando sanctificationis opus inchoactum est et quotidie augetur, expectamus, ut haec nostra caro cum omnibus suis sordibus et vitiis abolita et sepulta computrescat, verum praeclare et magnifice iterum prodeat et exurgat a mortuis ad perfectam et absolutam sanctitatem nova atque immortali vita animata. Iam enim tantum ex dimidio puri ac sancti sumus, ut Spiritus sanctus subinde habeat, quod divini verbi praedicatione in nobis eluat ac purificet, tum in dies singulos remissionem peccatorum distribuat usque [490] in futuram vitam, ubi remissioni locus non erit amplius, sed homines in universum ab omni peccatorum contagio puri et sancti, pleni omni probitate atque iustitia, subtracti et liberati a peccatis, morte et omni exitio in novam, perpetuam, glorificatamm et transfiguratam vitam traducentur. Ecce haec omnia Spiritus sancti sunt officia et opera, ut hic in terris sanctificationem exordiatur eandemque quotidie per haec duo augeat, nempe per sanctorum Ecclesiam et peccatorum remissionem. Porro ubi iam soluti in cinerem computruerimus, hoc ipsum in momento oculi plene absoluturus est et purificaturus, in qua perpetuo nos retinebit duobus Articulis posterioribus. Quod autem hic ponitur (Auferstehung des Fleisches, carnis resurrectionem) ne hoc quidem valde apte et bene lingua nostra vernacula expressum est. Etenim carnem audientes non nulterius cogitamus quam de macellon. Verum recte et genuine loquendo germanice diceremus Auferstehung des Leibs oder Leichnams, hoc est, corporis resurrectionem. Attamen res est momenti non magni, dum modo verborum sensum recte percipiamus. Iam hic ille est Articulus, cuius opus semper fervere debet et efficax persistere. Rerum enim creationem accepimuso, sed et redemptionem iam effectam habemus. Porro autem Spiritus sanctus | citra intermissionem nobis sanctificandis opus suum perficit usque in extremum diem, ad quod communionem destinat, per quam omnia facit et loquitur. Nondum Christianos suos omnes coegit neque remissionis distribuendae officio prorsus perfunctus est. Eam ob rem in hunc credimus, qui quotidie nos divini Verbi praedicatione attrahit et asciscit fidemque impertit, auget atque corroborat per verbum illud et remissionem peccatorum, ut nos his omnibus perfecte absolutis nobisque iisdem constanter adhaerentibus et mundo ac omnibus periculis iam mortuis denique prorsus per omnia sanctos faciat, id, quod iam per Verbum in fide expectamus. [491] Ecce hoc loco totam divinitatis essentiam, voluntatem et operationem, verbis equidem admodum brevibus, attamen opulentis et foecundis artificim
nicht in Hag | n – n latius memoria nostra quam in sepulchrum usque protenditur Hag | o abstulimus Hag
indes auch die andauernde creatio continua Gottes des Vaters und sein Wirken im Alltag der Welt hervor. | 876 erwarten
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Desertores Ecclesiae.
Inchoata lux spiritualis et initia novae vitae erunt integra post resurrectionem.
Spriritus Sanctus propriis munera et opera.
Expositio vocabulorum articuli: Carnis resurrectionem.
Ceteri Articuli in Symbolo referendi ad hunc: Credo remissionem et vitam etc. BSLK 660
Doctrina de essentia et voluntate Dei in Symbolo.
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unser weisheit stehet, so uber aller Menschen weisheit, sinn und vernunfft gehet und schwebt. Denn alle Welt, wiewol sie mit allem fleis darnach getrachtet hat, was doch Gott were und was er im sinn hette und thete, so hat sie doch der keines je erlangen mögen. Hie aber hastu es alles auffs aller reichste, denn da hat er selbst offenbaret und auffgethan den tieffesten abgrund seines Veterlichen hertzens und eitel unausprechlicher liebe in allen dreien Artickeln. Denn er hat uns eben dazu geschaffen, das er uns erlösete und heiligte und uber das, das er uns alles geben und eingethan877 hatte, was im Himel und auff Erden ist, hat er uns auch seinen Son und heiligen Geist geben, durch welche er uns zu sich brechte. Denn wir kündten (wie droben erkleret) nimmermehr dazu komen, das wir des Vaters hulde und gnade erkenneten on durch den Herrn Christum, der ein spiegel ist des Veterlichen hertzens, ausser welchem wir nichts sehen denn einen zornigen und schrecklichen Richter. Von Christo aber kündten wir auch nichts wissen, wo es nicht durch den heiligen Geist offenbaret were.
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Darumb scheiden und sondern diese Artickel des glaubens uns Christen von allen andern Leuten auff Erden. Denn was ausser der Christenheit ist, es seien Heiden, Türcken, Jüden oder falsche Christen und heuchler, ob sie gleich nur einen warhafftigen Gott gleuben und anbeten, so wissen sie doch nicht, was878 er gegen inen gesinnet ist, können sich auch keiner liebe noch guts zu im versehen, dar[207v]umb sie in ewigem zorn und verdamnis bleiben, denn sie den Herrn Christum nicht haben, dazu mit keinen gaben durch den heiligen Geist erleuchtet und begnadet sind. Aus dem sihestu nu, das der Glaube gar viel ein ander lere ist denn die zehen Gebot, denn diese leret wol, was wir thun sollen, jene aber sagt, was uns Gott thue und gebe, die zehen gebot sind auch sonst in aller Menschen hertzen geschrieben879, den Glauben aber kan keine Menschliche klugheit begreiffen und muß allein vom heiligen Geist geleret werden. Darumb machet jene lere noch keinen Christen, denn es bleibet noch immer Gottes zorn und ungnade uber uns, weil wirs nicht halten können, was Gott von uns fodert. Aber diese bringet eitel gnade, macht uns from und Gott angeneme, denn durch diese erkentnis kriegen wir lust und liebe zu allen Geboten Gottes, weil wir hie sehen, wie sich Gott gantz und gar, mit allem, das er hat und vermag, uns gibt zu hülffe und steuer880, die zehen Gebot zu halten. Der Vater alle Creaturen, Christus alle seine werck, der heilige Geist alle seine gaben. Das sey itzt gnug
877 verliehen | 878 wie | 879 Vgl. Röm 2,15; vgl. Luther, Predigten über das 2. Buch Mose (1524/27), in: WA 16, 372,1–3.6–9.20–23; ders., Die erste Disputation gegen die Antinomer (1537), in: WA 39/1, 374,3–5; 402,14f. | 880 Stütze, Hilfe
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ose depictam habes, in quibus omnis nostra sapientia sita est, omnem humanam sapientiam, rationem ac sensum longe lateque excedens ac superans. Nam universus mundus quanquam sedula pervestigatione iam inde ab initio elaborarit, quidnam Deus esset aut quid haberet animi seu cui operi intentus esset; nihil tamen harum rerum unquam intelligentia aut ratione assequi potuit; hic vero omnia haec copiosissime in numerato habes. Hic enim ipse pin omnibus tribus Articulis profundissimam abyssum paterni sui pectoris et meras ardentissimi et ineffabilis amoris sui flammas manifestavit reservavitquep. Quippe ob id ipsum nos creavit, ut nos redimeret et sanctificaret et praeterea, quae nobis possidenda et utenda subiecit, quaecunque uspiam in coelo et in terra cernuntur, Filium quoque suum et Spiritum sanctum nobis largitus est, per quos nos ad se attraheret. Neque enim unquam (ut supra ostensum est) eo propriis viribus pervenire possemus, ut Patris favorem ac gratiam cognosceremus nisi per Iesum Christum, Dominum nostrum, qui paterni animi erga nos speculum est, extra quam nihil nisi iratum | et truculentum videmus iudicem. Sed neque de Christo quidquam scire possemus, si non per Spiritum sanctum nobis revelatum esset. Proinde ii Articuli nostrae fidei nos Christianos ab omnibus aliis, qui sunt in terris, hominibus separant. Quicunque enim extra Christianitatem sunt, sive Gentiles sive Turcae sive Iudaei aut falsi etiam Christiani et hypocritae, quanquam unum tantum et verum Deum esse credant et invocent neque tamen certum habent, quo erga eos animatus sit animo neque quidquam favoris aut gratiae de Deo sibi polliceri audent aut possunt; quam ob rem in perpetua manent ira et damnatione. Neque enim habent Christum Dominum neque ullis Spiritus sancti donis et dotibus illustrati et donati sunt. [492] Ex hoc iam clare vides et cognoscis fidem longe aliam esse doctrinam, quam sunt Decem praecepta. Nam haec docent quidem, quid faciendum sit; illa vero indicat, quid Deus nobis fecerit et praestiterit. Decem praecepta alioqui etiam omnium hominum cordibus inscripta sunt, Ceterum fides nulli humanae sapientiae est comprehensibilis, sed a solo Spiritu sancto tradenda et docenda est. Eam ob rem praeceptorum doctrina nondum ullum Christianum facit, semper enim Dei ira atque indignatio nobis incumbit, quamdiu servare nequimus, quod Deus praeceptis suis a nobis exigit. Haec vero, nempe fidei doctrina, meram gratiam secum apportat et haec iustos Deoque nos acceptos facit. Per huius doctrinae cognitionem amorem ac voluptatem Dei praeceptorum faciendorum consequimur videntes hic, quomodoq Deus prorsus se nobis tradiderit cum omnibus, quae possidet, ut praesenti ope et auxilio in perficiendis praeceptis nos sublevet, Pater quidem omnibus suis creaturis, Christus vero omnibus suis operibus, porro autem Spiritus sanctus | omnis suis dotibus. Haec quidem in praesentia de fide fundamenti pro simpp – p sui paterni pectoris abyssum omnium profundissimum manifestavit reservavitque et meras ardentissimi amoris et caritatis flammas indicavit, quas nullius lingua quamlibet fandi perita effari potest aut eloqui Hag | q quemadmodum Hag
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De patefactione Dei et de fine hominis.
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Ideo traditur Symbolum, ut verus Deus discernatur a commentitiis numinibus et recte invocetur.
Discrimen legis et Evangelii, Decalogi et Symboli Apostolici.
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vom Glauben, ein grund zu legen für die einfeltigen, das man sie nicht uberlade, auff das, wenn sie die summa davon verstehen, darnach selbst weiter nachtrachten und, was sie in der Schrifft lernen, | hieher ziehen und immerdar in reicherm verstand zunemen und wachsen. Denn wir haben doch teglich, so lang wir hie leben, daran zu predigen und zu lernen.
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Das III. Teil vom Gebet: Das Vater unser 881
Wir haben nu gehöret, was man thun und gleuben sol, darin das beste und seligste leben stehet. Folget nu das dritte stück, wie man beten sol, denn weil es mit uns also gethan ist882, das kein mensch die zehen Gebot volkomen halten kan, ob er gleich angefangen hat zu gleuben, und sich der Teuffel mit aller gewalt, sampt der Welt und unserm eigenem fleisch dawider sperret883, ist nichts so not, denn das man Gott immerdar in ohren lige, ruffe und bitte, das er den Glauben und erfüllung der zehen Gebot uns gebe, erhalte und mehre und [208r] alles, was uns im wege ligt und daran hindert, hinweg reume. Das wir aber wüsten, was und wie wir beten sollen, hat uns unser Herr Christus selbst weise und wort geleret884, wie wir sehen werden.
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Ehe wir aber das Vater unser nach einander erkleren, ist wol am nötigsten, vorhin die leute zu vermanen und reitzen zum Gebete, | wie auch Christus und die Aposteln gethan haben885, und sol nemlich das erste sein, das man wisse, wie wir umb Gottes gebots willen schüldig sind zu beten. Denn so haben wir gehört im andern Gebot: „Du solt Gottes Namen nicht unnützlich füren“886, das darin gefodert werden, den heiligen Namen preisen und in aller not anruffen oder beten, denn anruffen ist nichts anders denn beten, also das es streng und ernstlich geboten ist, so hoch887 als alle andere888, kein andern Gott haben, nicht tödten, nicht stelen etc. Das niemand dencke, es sey gleich so viel, ich bete oder bete nicht, wie die groben leute hingehen in solchen
881 Luther hat das Vaterunser mehrfach ausgelegt; vgl. Luther, Auslegung deutsch des Vaterunsers für die einfältigen Laien (1519), in: WA 2, 80,1–130,19; ders., Eine kurze Form, das Pasternoster zu verstehen und zu beten (1519), in: WA 6, 11–19; ders., Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers (1520), in: WA 7, 220,7–229,22; ders., Auslegung und Deutung des heiligen Vaterunsers (1518), in: WA 9, 123,1–159,30; ders., Eine christliche Vorbetrachtung, so man will beten das heilige Vaterunser (1519), in: WA 9, 223,1–225,24; ders., Betbüchlein (1522), in: WA 10/2, 395,9–407,7; ders., Eine einfältige Weise zu beten für einen guten Freund (1535), in: WA 38, 360,4–363,16; ders., Sermone aus den Jahren 1514–1517, in: WA 1, 89,1–94,4; ders., Predigt über das Vaterunser (1523), in: WA 11, 55,1–59,30;
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Dritter Artikel – Vaterunser
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licibus locandi gratia dicta sufficiant, ne obruantur multitudine, ut huius rei intellecta iam probe summa ipsi postea hanc rem latius indagent et, quidquid in Scripturis didicerint, huc referant ac subinde locupletiorem intellectum quotidianis incrementis consequantur. Quotidie enim haec, quam diu rhic vivimusr, docentes et discentes vix unquam satis discemus aut docebimus.
[493] Tertia catechismi pars: Oratio Dominica
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Hactenus audivimus, quid nobis cum faciendum, tum credendum sit, quibus in rebus optima et felicissima vita sita sit. Sequitur iam deinceps Pars tertia docens, quomodo orandum sit. Cum enim ita nobiscum comparatum esse videamus, ut nemo hominum decem praecepta plene et perfecte servare queat, tametsi credere inceperit, et diabolus huic nostro conatui summo studio una cum mundi ac propriae carnis nostrae illecebris obluctetur ac renitatur, nihil perinde necessarium est, quam ut assiduis precibus divinas aures fatigemus et obtundamus, ut fidem et praeceptorum satisfactionem nobis slargiri, sustentare atque adaugere, tum ets quicquid ad eam nobis impedimento est, omne hoc e medio tollere dignetur. Sed enim, ne nobis obscurum foret, quid et quomodo orare debeamus, Dominus noster Iesus Christus ipse nos rationem et verba orandi docuit, quemadmodum mox audiemus. Prius tamen quam ipsam orationem particulatim tractandam aggrediamur, vehementer operae pretium esse videtur | homines ad orandum ostensis nonullis argumentis et persuasionibus hortari et provocare, veluti Christus quoque et Apostolici fecisse leguntur. Et hoc quidem primo loco recensendum est, ut non ignoremus divini praecepti iussu nobis orandum esse. Ita enim in secundo praecepto audivimus: Non assumes nomen Domini Dei tui in vanum; quibus verbis hoc simul exigitur, ut sanctum Dei nomen laudemus idemque in omnibus necessitatibus precando invocemus. Invocare enim nihil aliud est, quam preces ad Deum fundere. Ita ut severe atque adeo serio praeceptum sit, quam omnia alia minaciter interdicta non habendos esse alienos deos, [494] non occidendum, non furandum etc., ne quis temere in eam opinionem veniat, ut existimet perinde esse, oret nec ne, quemadmodum nonnulli crassi et inculti homines factitare consueverunt, in eiusmodi cogitationes descendentes: Quid vero multis orarem, cum nesciam, num Deus
r – r in humanis egerimus Hag | Hag
s–s
praestare dignetur, nos sustentet atque auctos provehat, tum
ders., Katechismuspredigten (1528), in: WA 30/1, 11,8–18,15; 46,7–50,26; 95,1–109,21 (Grundlage des Großen Katechismus); ders., Wochenpredigten über Mt 5–7 (1530/1532), in: WA 32, 416–422. | 882 steht | 883 widersetzt | 884 Vgl. Mt 6,9–13; Lk 11,2–4. | 885 Vgl. etwa Mt 7,7; Lk 18,1; 21,36; Röm 12,12; Kol 4,2; I Thess 5,17; I Tim 2,1; Jak 1,6; 5,13; I Petr 4,7; Jud 20. | 886 Ex 20,7; Dtn 5,11 | 887 sehr | 888 Gebote
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Tertia pars Catechismi, doctrina de invocatione Dei seu de precatione.
Occasiones exercendae fidei et invocationis.
Quae requirantur et exuscitent ad invocationem. BSLK 663
Primum sit in conspectu praeceptum de precando.
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wahn und gedancken, was solt ich beten, wer weis, ob Gott mein Gebet achtet oder hören wil? Bete ich nicht, so betet ein ander, und komen also in die gewonheit, das sie nimmermehr beten, und nemen zu behelff889, da wir falsch und heuchel Gebete verwerffen, als lereten wir, man solle oder dürffe890 nicht beten. Das ist aber891 je war: was man bissher für Gebete gethan hat, geplerret892 und gedönet893 in der Kirchen, etc., ist freilich kein Gebete gewesen, denn solche eusserliche ding, wo es recht gehet, mag ein ubung für die jungen kinder, schüler und einfeltigen sein und mag gesungen oder gelesen heissen, es heisset aber nicht eigentlich gebetet. Das heisset aber gebetet, wie das ander Gebot leret: Gott anruffen in allen nöten. Das wil er von uns haben und sol nicht in unser willküre stehen, sondern sollen und müssen beten, wöllen wir Christen sein, so wol als894 wir sollen und müssen Vater und Mutter und der Oberkeit gehorsam sein. Denn durch das anruffen und bitte wird der Name Gottes geehret und nützlich ge|braucht. Das soltu für allen dingen mercken, das man damit schweige und zurück stosse, solche gedancken die uns davon halten und abschrecken. Denn gleich wie es nichts gilt, das ein Son zum Vater sagen wolte: was ligt an meinem gehorsam? Ich wil hingehen und thun, was ich kan, es gilt doch gleich so viel895? Sonderlich da stehet das gebot: Du solt
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Vorwand | 890 brauche | 891 wirklich | 892 geplärrt, heruntergeleiert | 893 gebrüllt | 894 ebenso wie | 895 es ist doch gleichgültig
t contendimus Hag | u – u nicht in Hag | v – v orationibus vacandum Hag | w – w nicht in Hag; si modo iram et inclementiam Dei in nos provocare nolumus. Hoc nunc vero ante omnia observandum ac imis sensibus reponendum venit, ut eo reprimamus et excutiamus, perinde ac si res non magni momenti sit, si non oremus, aut quasi ea aliorum cura sit, qui et sanctiores et Deo acceptiores sint quam nos, cuiusmodi sane perversa desperatione cor humanum naturaliter infectum est, ut semper Deum fugiat ac cogitet Deum nec velle orationem nostram nec curare etiam, cum simus peccatores ac praeter iram atque divinam indignationem nihil meriti. Adversus has
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preces meas curet et audiat nec ne? Quod, si non oravero, oret alius. Ex quo tandem in eam consuetudinem deveniunt, ut nunquam quidquam orent praetextentes tandem suae pigritiae aut ignavae impietati potius nos falsas et hypocriticas oratiunculas reiicere, quasi vero nos unquam docuissemus non esse orandum. Quanquam hoc diffiteri non possumus eas orationes, quae hactenus factae sunt Stentoreis33 clamoribus in Ecclesiis vociferando et tonando etc., non fuisse orationes. Eiusmodi enim res externae, ubi harum rectus est usus, puerorum, scholasticorum ac simplicium esse possunt exercitia legendo aut cantando consistentia, proprie tamen orationes aut preces existimandae non sunt. Sed enim hoc denique orare dicitur, quemadmodum Secundum praeceptum docet: Deum tempore necessitatis invocare. Hoc a nobis exigit neque res est nostri arbitrii, verum orare debemus et cogimur, si modo Christiani perhiberi volumust aeque atque parentibus et magistratibus | omnibus oboedientiae officiis obtemperare cogimur. Siquidem invocando et precando nomen Dei collitur et utiliter usurpatur. Quemadmodum enim hoc non valet, si filius ad patrem diceret: Quid uDeus meam oboedientiam curat et quidu commodi mea tibi praestare potest oboedientia, ego vadam facturus, quod potero, perinde est sive morigerus sim nec ne? Verum hic extat praeceptum Dei, velis nolis, facias oportet. Ita quoque hic, ut omittas aut facias in tuo arbitratu situm non est, sed vomnino orandumv est, wnisi Dei iram et indignationem incurrere velis. Atque haec diligenter et ante omnia sunt notanda, ut his reprimamus et expellamus cogitationes, quibus ab orando abstrahimur et deterremur, quasi parum momenti res sit non orare aut, quasi ut orent, mandatum sit iis tantum, qui sancti[495]tate excellant et in maiore apud Deum gratia sint quam nos, quemadmodum humanum cor tam desperatum et natura perversum esse experimur, ut semper Deum fugiat et cogitet Deum aversari nostras preces, cum simus peccatores et nihil aliud quam iram meriti simus. Ad has cogitationes repellendas rursum dico, hoc praeceptum nobis esse considerandum, ut ad Deum convertamur, ne ista inoboedientia gravius eum irritemus. Hoc enim mandato (ut scilicet oremus) satis ipse ostendit se non velle nos et preces vostras reiicere, a se abigere et pellere, etiamsi simus peccatores, sed magis allicere ad se, ut coram ipso humiliemur et nostras miserias et aerumnas ipsi aperiamus et gratiam opemque eius imploremus.
(inquam) cogitationes hoc praeceptum intueri debemus ac nos ad Dominum Deum, patrem nostrum, convertere, ne hac inoboedientia nostra gravius et implacabilius exacerbemus Dominum Deum nostrum. Hoc etenim praecepto abunde testatum facit clareque dat intelligere, quod neutiquam velit nos a se repellere aut reiicere, tametsi peccatores simus, quin potius hoc agit, ut nos hoc pacto ad sese traha utque humiliemur coram ipso nostramque miseriam ac necessitates coram ipso effundamus gratiam et auxilium implorantes. Hinc in scriptura legitur, quod etiam iis irasceretur, qui, cum propter peccata sua percussi essent, ad ipsum reverti noluerint seque illius irae perorationem opponere ac gratiam apud ipsum quaerere. Fra 33
Vgl. Homer, Ilias V, 785.
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Precatio sit ardens petitio certi beneficii, non inanis battologia.
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und must es thun. Also auch hie stehet es nicht in meinem willen, zu thun und zu lassen, sondern sol und muß gebetet sein.x
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Daraus solt du nu schliessen und dencken. Weil es so hoch896 geboten ist zu beten, | das bey leib niemand sein Gebete verachten sol, sondern gros und viel davon halten und nim immer das gleichnis von den andern Geboten. Ein Kind sol bey leib nicht sein gehorsam gegen Vater und Mutter verachten, sondern immer gedencken: das [208v] werck ist ein werck des gehorsams und, das ich thue, thue ich nicht anderer meinung, denn das in dem gehorsam und Gottes gebot gehet, darauff ich kündte gründen897 und fussen, und solches gros achten nicht umb meiner wirdigkeit willen, sondern umb des gebots willen. Also auch hie, was und wo für wir bitten, sollen wir so ansehen, als von Gott gefodert und in seinem gehorsam gethan und also dencken: yMeinet halben were es nichts, aber darumb sol es gelten, das Gott geboten haty. Also sol ein jeglicher, was er auch zu bitten hat, immer für Gott komen mit dem gehorsam dieses gebots. Darumb bitten wir und vermanen auffs fleissigste jederman, das man solches zu hertzen neme und in keinen weg898 unser gebete verachte. Denn man bissher also geleret hat ins Teuffels namen, das niemand solches geachtet hat und gemeinet, es were gnug, daß das werck gethan were, Gott erhörets oder höret es nicht. Das heisset das Gebet in die schantze geschlagen899 und auff ebentheuer hin gemurret900, darumb es ist ein verloren Gebete. Denn wir uns solche901 gedancken lassen irren902 und abschrecken: Ich bin nicht heilig noch wirdig gnug, wenn ich so from und heilig were als Sanct Petrus oder Paulus, so wolte ich beten. Aber nur weit hinweg mit solchen gedancken, denn eben das gebot, das Sanct Paul troffen hat, das trifft mich auch und ist eben so wol umb meinet willen das ander gebot gestellet als umb seinet willen, das er kein besser noch heiliger gebot zu rhümen hat. Darumb soltu so sagen: Mein Gebete, das ich thue, ist ja so köstlich, heilig und Gott gefellig als Sanct Paulus und der allerheiligsten. Ur|sach: denn ich wil in gerne lassen heiliger sein der
x sein bei Gottes Zorn und Ungnaden. Das sol man nu fur allen Dingen fassen und merken, das man damit schweige und zurückschlage die Gedanken, so uns davon halten und abschrecken, als lige kein grosse macht daran, ob wir nicht beten, oder sei denen befolen, die heiliger und mit Gott besser dran sind denn wir. Wie denn das menschlich hertz von Natur so verzweivelt ist, das es imer fur Gott fleucht und denckt, er wolle und müge unsers Gebets nicht, weil wir Sunder sind und nichts denn Zorn verdienet haben. Widder solche gedancken (sage ich) sollen wir dies Gebot ansehen und uns zu Gott keren, auff das wir ihn durch solchen Ungehorsam nicht höher erzürnen. Denn durch solch Gebot gibt er gnugsam zu verstehen, das er uns nicht von sich stossen noch verjagen wil, ob wir gleich sunder sind, sondern vielmehr zu sich ziehen, das wir uns fur im demütigen, solche unser jammer und not klagen, um gnade und hülffe bitten. Daher lieset man inn der Schrifft, das er auch zürnet uber die, so umb irer sunde willen geschlagen wurden,
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Hinc in Scriptura sacra legitur Deum etiam irasci iis, qui propter peccata sua percussi et puniti, ad Deum converti et oratione sua irae eius se quasi opponere et gratiam implorare nolueruntw. Ex hoc iam ita collige ac cogita, cum tantopere nobis iniunctum sit, ut ore|mus, ne quomodo quispiam suas preces contemnat, sed magni aestimet et magnifice de illis sentiat. Ac subinde similitudinem ex aliis praeceptis petas. Puer nequaquam suam erga parentes oboedientiam leviter ducere debet, verum semper cogitare: Hoc opus oboedientiae est et quidquid facio, non alio animo facio, quam quod in oboedientia et praecepto Dei versor, cui inniti possum atque hoc ipsum magni pendere, non quidem meae dignitatis gratia, sed propter praeceptum. xAd eundem plane modum et hicx, quidquid et pro quacunque re Deum oraverimus, ita intuendum est quasi a Deo exactum inque eius oboedientia factum atque ita cogitare oportet: Quantum ad me quidem attinet, haec oratio nullius est habenda momenti aut pretii, yquia peccator sumy, verum ob id respuenda non est, cum Deus orare mihi praeceperit. Ita cuique, quamcunque tandem rem precibus impetrare statuit, semper ad Deum huius praecepti oboedientia veniendum est. Quocirca omnes homines per Christum obtestamur et hortamur, quam fieri potest diligentissime, ut haec denique[496] nobis cordi sint neve ullo pacto nostras rationes tanquam rem nihili aspernemur. Ita enim hactenus in mali Genii nomine docti sunt homines, ut nemo harum rerum ullam curam susceperit, aestimaritque satis superque actum esse, modo opus orandi factum esset, Deus hoc exaudiret nec ne, non magnopere laborabatur. Sed hoc est, zorationem et invocationem nauci facerez 34 aut loqui ventis ac litori ita nequicquam murmurando, ob id inutilis quoque et infrugifera fuit oratio. Eius enim generis cogitationibus conturbamur et absterremur: Ego quidem sanctus non sum neque satis dignus, quod si tanta probitate ac vitae sanctimonia praecellerem ut divus Petrus aut Paulus, libenter orare vellem. Sed procul hinc aufer ex animo istiusmodi cogitationes. Nam hoc ipso praecepto, quo Paulus orare iussus est, etiam nos orare | iubemur. Neque minus in mei gratiam quam eius hoc secundum praeceptum constitutum est, ut non liceat illi sanctius iactare praeceptum aut praestantius. Quare ita tibi dicendum est: Meae preces, quas ad Deum fundo, nihilo sunt deteriores aut profaniores aut
x–x
Non alia etiam hic obtinenda est sententia Hag | y – y nicht in Hag | z – z hylam, ut habet proverbium, inclamare Hag 34
Sprichwörtliche Redensart: ganz gering schätzen; vgl. Plautus, Bacchides MCII.
das sie sich nicht wider zu im kereten und durch das gebete wider seinen zorn gelegt und gnade gesucht haben. Witt2–4 | y – y ob wir gleich sunder sind, dennoch solle es Gotte gefallen, weil ers geboten hat. Witt2–4 896 eindringlich | 897 mich stützen | 898 auf keinen Fall | 899 auf gut Glück dahergesagt | Geratewohl heruntergeleiert | 901 durch solche | 902 hindern
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900
aufs
Collatio praecipuae et prima legis de agnitione Dei et invocatione cum ceteris decem praeceptis. BSLK 665
Repugnandum dubitationi et opponenda indignitati necessitas mandati.
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Person halben, aber des gebots halben nicht, weil Gott das Gebete nicht der Person halben ansihet, sondern seines worts und gehorsams halben. Denn auff das Gebot, darauff alle Heiligen ir Gebete setzen, setze ich meines auch, dazu bete ich eben das, darumb sie allzumal bitten oder gebeten haben, zso ist mirs ja so hoch und mehr von nöten denn jenen grossen Heiligenz.
BSLK 667
Das sey das erste und nötigste stück, das alle unser Gebete sich gründe und stehen sol auff Gottes gehorsam, nicht angesehen unser person, wir seien sünder oder from, wirdig oder unwirdig. Und sollen wissen, das Gott in keinen schertz903 wil geschlagen haben, sondern zürnen und straffen, wo wir nicht bitten, so wol als er allen andern ungehorsam straffet. Darnach, das er unser Gebete nicht wil lassen umb sonst und verloren sein. Denn wo er dich nicht erhören wolte, würde er dich nicht heissen beten und so streng gebot darauff schlagen. Zum andern sol uns deste mehr treiben und reitzen, das Gott auch eine verheissunge darzu gethan und zugesagt hat, das es sol [209r] ja und gewiß sein, was wir bitten, wie er spricht im 50. Psalm: „Ruffe mich an zur zeit der not, so wil ich dich erretten.“904 Und Christus im Evangelio, Matth. 7.: „Bittet, so wird euch gegeben“ etc. „Denn ein jglicher, wer da bittet, der empfehet.“905 Solchs solte je906 unser hertz erwecken und anzünden, mit lust und liebe zu beten, weil er mit seinem wort bezeuget, das im unser Gebete hertzlich wol gefalle. Dazu gewisslich erhört und gewert sein sol, auff das wirs nicht verachten noch in wind schlahen und auff | ungewiss bitten. Solches kanstu im auffrücken und sprechen: Hie kome ich, lieber Vater, und bitte nicht aus meinem fürnemen noch auff eigene wirdigkeit; Sondern auff dein Gebot und verheissung, so mir nicht fehlen noch liegen kan. Wer nu solcher verheissung nicht gleubt, so abermal wissen, das er Gott erzürnet, als der in auffs höheste unehret und lügen straffet. Uber das sol uns auch locken und ziehen, das Gott neben dem Gebot und verheissunge zuvor kömpt und selbst die wort und weise stellet und uns in mund legt, wie und was wir beten sollen. Auff das wir sehen, wie hertzlich er sich unser not annimpt, und je907 nicht daran zweiffeln, das im solch Gebete gefellig sey und gewisslich erhöret werde, welchs gar ein grosser vorteil ist für allen andern gebeten, so wir selbst erdencken möchten. Denn da würde das gewissen immer im zweifel stehen und sagen: Ich habe gebeten, aber wer weis, wie es im gefellet oder ob ich die rechte mas und weise troffen habe? Darumb ist auff Erden kein edler Gebete zu finden denn das tegliche Vater
z–z
nicht in Witt1–3
903
in den Wind | 904 Ps 50 (Vg 49),15 | 905 Mt 7,7f | 906 bestimmt | 907 ja
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Deo minus acceptae, quam fuere Pauli et omnium etiam sanctissimorum. Ratio est: Perlibenter illis, quantum ad personam attinet, cedam vitae sanctimonia, verum praecepto nequaquam. Certum enim habeo Deum nequaquam orationem personae gratia respicere, sed propter verbum suum atque oboedientiam sibi praestitam atque exhibitam. Ei enim praecepto, cui omnes sancti orando innixi sunt, ego quoque precans innitor, ad haec eadem ipsa precor, quae ipsi omnes ad unum precantur aut precati sunt. Haec quidem prima huius exhortationis pars sit et omnium maxime necessaria, ut omnis nostra oratio divinae oboedientiae innitatur, nullo nostrae personae respectu, sive iusti simus sive peccatores, digni an indigni. Et sciendum est Deum nullo modo aeque laturum, ut ista in iocum convertantur, sed graviter nos et acerbe puniturum, si segnes in orando fuerimus, anon secus ac omnem aliam inoboedientiam punire soleta: Deinde, quod nostras preces frustrab ac te[497]mere effundi non patietur. Si enim te audire nollet, ut orares, nunquam tam severe tibi praecepisset. Alterum, quod nos ad orandum hoc impensius instigare debebat, hoc est, quod Deus orationi quoque promissionem adiunxerit polliticus certo fore, quicquid orantes petierimus. Quemadmodum hoc testatur Psalmus 50: Invoca me in die tribulationis et eripiam te. Et Christus Matth. 7: Petite et dabitur vobis etc. Quicunque enim petit, accipit. His utique promissionibus pectora nostra excitanda erant et inflammanda, ut cum voluptate et amore Deum invocaremus, cum ipse suomet verbo testatum faciat sibi nostras orationes impense placere easque exau|ditum iri, ne ipsi eas respuamus aut cnihili pendamusc in incertum orantes. Haec igitur illi potes obiicere ita dicens: Venio ad te, Charissime Pater, oratum, non quidem dex proprio arbitrio aut propositod aut propria dignitate adductus, sed tuo praecepto ac promisso incitatus, quae mihi nequaquam mentientur. Iam qui tali promissioni fidem non habet, iterum sciat se Deum ad iracundiam provocasse, ut qui summa eum afficit contumelia ac mendacii insimulat. Praeter haec etiam hoc ipso ad orandum non mediocriter pellicendi et pertrahendi essemus, quod Deus iuxta praeceptum et promissionem etiam antevertit nos ipse verba ac modum orandi nobis praescribens ac velut praemansum in os inserens, quomodo et quid nos orare oporteat, ut videamus, quam amanter necessitas nostra sibi curae sit neque ullo pacto dubitemus nostras orationes sibi placere easque certo exaudiri. Quare sane edominica seu ab ipso domino praescripta nobise oratio longe antecellit omnes reliquas, quas ipsa excogitare possemus. Etenim in his conscientia semper futura esset in dubio atque dictura: Oravi quidem, ceterum ignoro, quomodo illi placuerit aut num legitimum modum ac mensuram orandi assequutus sim. Quapropter hac nobilior in terris non potest inveniri precatio, cum tam
a–a e–e
nicht in Hag | praesens Hag
b
nequicquam Hag |
c–c
hylam inclamamus Hag |
d–d
mei animi decreto Hag
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2. Confideratis praeceptis mox quaerat pia mens promissiones, ut sciat, an et cur exaudiantur indigni.
BSLK 667 3. Fidem invocatione accendi necesse est.
4. Christus ipse verba et recitationem certam praescripsit.
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unser, weil es solch trefflich zeugnis hat, das Gott hertzlich gerne höret, dafür wir nicht der Welt gut solten nemen. Und ist auch darumb also fürgeschrieben, das wir sehen und bedencken die not, so uns dringen und zwingen sol on unterlas zu beten. Denn wer da bitten wil, der muss etwas bringen, fürtragen und nennen, des er begeret; wo nicht, so kan es kein Gebet heissen. Darumb haben wir billich der Münche und Pfaffen gebete verworffen, die tag und nacht feindlich heulen und murren, aber ir keiner dencket, umb ein harbreit zu bitten, und wenn man alle | Kirchen sampt den geistlichen zusamen brechte, so müsten sie bekennen, das sie nie von hertzen umb ein tröpfflein Weins gebeten hetten, denn ir keiner je hat aus Gottes gehorsam und glauben der verheissung fürgenomen zu beten, auch keine not angesehen; Sondern nicht weiter gedacht (wenn mans auffs beste ausgericht hat), denn ein gut werck zu thun, damit sie Gott bezaleten, als die nicht von im nemen, sondern nur im geben wolten.
Wo aber ein recht Gebete sein sol, da muß ein ernst sein, das man seine not füle und solche not, die uns drücket und treibet zu ruffen und [209v] schreien; so gehet denn das Gebet von sich selbst, wie es gehen sol, das man keines lerens darff, wie man sich dazu bereiten und andacht schepffen sol. Die not aber, so uns beide für uns und jederman anliegen908 sol, wirstu reichlich gnug im Vater unser finden. Darumb sol es auch dazu dienen, das man sich derselben daraus erinnere, sie betrachte und zu hertzen neme, auff das wir nicht laß werden zu beten. Denn wir haben alle gnug, das uns mangelt, es fehlet aber daran, das wirs nicht fülen noch sehen, darumb auch Gott haben wil, das du solche not und anligen klagest und anziehest909, nicht das ers nicht wisse, sondern, das du dein hertz entzündest, deste stercker und mehr zu begeren, und nur den mantel weit ausbreitest und auffthust, viel zu empfahen910.
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Darumb solten wir uns von jugend auff gewehnen, ein jeglicher für alle seine not, wo er nur etwas fület, das in anstösset911, und anderer Leute, unter welchen er ist, teglich zu bitten als für Prediger, Ober|keit, Nachbarn, gesinde und immer (wie gesagt) Gott sein Gebot und verheissung auffrücken und wissen, das ers nicht wil verachtet haben. Das sage ich darumb, denn ich wolt gerne das man solches wider in die Leute brechte, das sie lerneten recht
908 angelegen sein lassen | 909 zur Sprache bringst | 910 Luther weist auf eine Art Mantel hin, den man so vor sich halten konnte, dass er als Tasche diente. | 911 trifft
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praeclara [498] habeat testimonia, quod Deo tam ex animo arrideat, pro qua totius orbis divitias commutare non debeamus. Quin etiam eam ob rem certis verbis praescripta est, ut videamus et in animum revocemus necessitatem, qua ad indesinenter orandum adigendi et impellendi essemus. Etenim qui orare voluerit, necessum est, ut is aliquid adportet, exponat et nominatim perstringat, quod petiit, quod nisi fit, non potest dici precatio. Merito itaque reiecimus omnium Monachorum ac sacrificorum hactenus factas orationes, qui diu quidem ac noctu | laboriose admodum ululant et murmurant, at interim nullus eorum unquam vel pro titivilitio35 orare decrevit et, si in unum locum omnes Ecclesiae rudentium asinorum officinae una cum toto omnium religiosorum examine congregarentur, non possent non fateri, se nunquam ex corde vel pro minima vini guttula Deum orasse. Neque enim quisquam illorum unquam aut Dei oboedientia adductus aut fide promissionis pellectus orare stauit neque ullam necessitatem intuitus est, sed non ultra cogitavit (quando preculae vel optime demurmuratae sunt), quam bonum opus facere, quo diurnum pensum Deo persolveret, ut qui non ab eo accipiunt, sed tantum illi dare volunt. Ceterum ubi oratio recte instituta esse debet, necessum est, ut seria sit precatio, ut quis necessitatem sentiat, qua premitur et ad invocandum et clamandum impellitur. Atque ita demum fit, ut recta, quemadmodum par est, ad Deum fundatur oratio, ut nullo doctore opus sit, quomodo aliquis ad orandum se praeparet aut unde devotionem hauriat. Necessitatem vero, quae cum pro nobis, tum pro aliis nobis cordi esse debet, abunde satis in oratione a Christo nobis praescripta invenies, quae etiam ad hac rem nobis servire debet, ut ex illa necessitatis saepe admoneamur, ne ad orandum segnes reddamurf. Sunt enim non parum multa, quae desunt nobis omnibus, hoc tamen unum cumprimis in omnibus desideratur, quod nemo nostrum ea videat aut sentiat. Quare Deus a nobis hoc summe condendit, ut eam necessi[499]tatem, qua premeris, orans conqueraris atque exponas, non quod ignoret ipse, verum ut tu cor tuum accendas ad impensius ac fortius petendum utque sinum pallii tui saltem quam latissime distendas et aperias ad multa percipiendum. Quocirca statim a pueritia assuescere conveniebat, ut quisque privatim pro sua necessitate, quamcumque tandem sibi obiectam persentisceret, tum etiam pro aliis hominibus, quibus cum versatur, | quotidie precaretur veluti pro contionatoribus, Magistratibus, vicinis, familia et aliis semperque Deum (ut dictum est) sui praecepti promissionisque admoneret nihil haesitans eundem suas preces exauditurum. Haec propterea dico, perlibenter enim velim, ut his probe perceptis homines iterum recte orare perdiscerent neque tam horridam et incultam atque ab omni devotionis affectu alienam vitam viverent, a qua in f 35
evadamus Hag um eine Bagatelle; vgl. Plautus, Casina CCCXLVII.
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5. Res petenda in precatione recitetur et cogitetur.
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Res petendae rectissimo ordine comprehensae in oratione Dominica.
Singuli suis necessitatibus admoniti fide petant salutaria. BSLK 669
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beten912 und nicht so rohe und kalt hingehen, davon sie teglich ungeschickter werden zu beten; Welches auch der Teuffel haben will und mit allen krefften dazu hilfft, denn er fület wol, was im für leid und schaden thut, wenn das Gebete recht im schwang gehet. Denn das sollen wir wissen, das alle unser schirm und schutz allein in dem Gebete stehet, denn wir sind dem Teuffel viel zu schwach sampt seiner macht und anhang, so sich wider uns legen, das sie uns wol kündten mit füssen zutretten. Darumb müssen wir dencken und zu den Waffen greiffen, damit die Christen sollen gerüstet sein, wider den Teuffel zu bestehen. Denn was meinest du, das bissher so grosse ding ausgerichtet habe, unserer feinde rathschlagen, fürnemen, mord und auffrhur gewehret oder gedempffet, dadurch uns der Teuffel sampt dem Evangelio gedacht hat unterzudrücken, wo nicht etlicher fromer Leute Gebete als eiserne Mauer auff unser seiten darzwischen komen were? Sie solten sonst selbst gar viel ein ander spiel gesehen haben, wie der Teuffel gantz Deudschland in seinem eigenen blut verderbet hette.913 Itzt aber mügen sie es getrost verlachen und iren spott haben. Wir wöllen aber dennoch beide, inen und dem Teuffel, allein durch das Gebete Mans gnug sein, wo wir nur fleissig anhalten und nicht lass werden. Denn wo irgend ein fromer Christ bittet: Lieber Vater, las doch deinen willen geschehen. So spricht er droben: Ja, liebes kind, es sol ja914 sein und geschehen, dem Teuffel und alle Welt zu trotz915.
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[210r] Das sey nu zur vermanung gesagt, das man für allen dingen lerne, das Gebete gros und theuer achten und ein rechten unterscheid wisse zwischen dem plappern und etwas bitten. Denn wir verwerffen mit nichte916 das Gebet, sondern das lauter917 unnütze geheule und gemurre918 verwerffen wir, wie auch Christus selbst919 lange gewesche verwirfft und verbeut920. Nu wollen wir das Vater unser auffs kürtzte und klerlichste handeln. Da sind nu in sieben Artickel oder Bitte nach einander gefasset alle not, so uns on unterlas belanget921, und ein jegliche so gros, das sie uns treiben solt, unser lebenlang daran zu bitten.
912 Vgl. hierzu Luther, Eine einfältige Weise zu beten für einen guten Freund (1535), in: WA 38, 358–375. | 913 Allem Anschein nach ein Hinweis auf den Bauernkrieg (1524–1526). | 914 wirklich | 915 Vgl. Luthers Lied: „Ein’ feste Burg ist unser Gott“, Strophe 3, in: WA 35, 456,17–457,3. 916 keineswegs | 917 ganz | 918 Gemurmel | 919 Vgl. Mt 6,7; 23,14. | 920 verbietet | 921 betrifft
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dies singulos ad precationes faciendas ineptiores evadunt, quod et Diabolus anxie desiderat omnibus viribus eo instigans et iuvansg, neque enim obscure sentit, quantum detrimenti sibi adferre soleat oratio servens et sedula.
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Hoc enim scire debemus omnem tutelam ac defensionem nostram unice adeo in oratione sitam esse. Multo enim viribus imbecilliores sumus, quam ut cum Diabolo eiusque sociis auxiliaribus nos infestantibus aequo Marte depugnare queamus, adeo ut nos profligatos tantum pedibus conculcare possent. Ideo nobis impense danda est opera, ut ea arma manibus arripiamus, quibus instructi Christiani Diabolo queant resistere. Quid enim putas hactenus tam magnas res effecisse inimicorum nostrorum consiliis discutiendis, insidiis detegendis, caedibus tollendis, seditionibus clanculariis opprimendis et extinguendis, quibus Diabolus nos una cum Evangelio penitus opprimere cogitabat, nisi aliquot proborum ac piorum hominum obstitisset oratio ac tanquam murus aeneus hse interposuisset eth nos defendisset? Alioqui et ipsi adversarii nostri longe cruentiorem tragoediam vidissent, quomodo nempe Diabolus totam [500] Germaniam in suo proprio sanguine submersisset. iNunc vero salse haec illi et confidenter rideant et licet et pro ludibrio habeant, nos tameni et ipsis et Diabolo jsolius orationis adminiculo sat fortes erimus, dummodo diligenter oraverimus nec segnes facti fuerimusj. Ubicun|que enim probus ac pius Christianus orat: Coelestis ac omnipotens pater, precor, ut tuam voluntatem fieri sinas illico in sublimi respondet Deus: optime fili, plane hoc tibi persuadeas futurum ad retundendam Diaboli mundique ferociam. Hactenus haec monendi gratia dicta sint, ut ante omnia discamus orationem magnifacerek veroque discrimine discernere verbosum multiloquium ab oratione aliquid petente. Nequaquam enim precationes reiicimus, verum non nisi mere inutilem illum boatum ac murmurl damnamus, quemadmodum ipse quoque Christus in oratione molestam et ad ostentationem compositam battologiam damnat ac prohibet. Iam vero ipsam orationem ab eodem nobis traditam paucis tractabimus, et quam fieri potest, clarissime. Sunt autem in his septem Articulis sive precationibus omnes necessitates ordine comprehensae, quae nobis subinde contingunt et unaquaeque harum ita magna est et vehemens, ut ea per omnem vitam nostram ad orandum impellendi essemus.
g opitulans Hag | h – h nicht in Hag | i – i Iam vero possunt illi quidem haec salse subsannare sua derisione notati, nos tamen plus satis animose et militariter Hag | j – j imperatori suo solius orationis adminiculo obnitemur, dummodo diligenter precationi ac precibus vacaverimus neque segnes fiamus Hag | k magni pendere Hag | l murmantium sacrificorum et monachorum inconditam coaxationem Hag
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Invocatio proprium solius Ecclesiae opus et praecipuus quasi munus.
Invocationis efficacia.
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Septem petitiones orationis Dominicae.
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Die erste Bitte: Geheiliget werde dein Name.
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Das ist nu etwas finster und nicht wol deutsch geredt. Denn auff unser mutter sprache würden wir also sprechen: Himlischer Vater, hilff das nur dein Name müge heilig sein. Was ists nu gebetet, das sein Name heilig werde? Ist er nicht vorhin922 heilig? Antwort: Ja, er ist allezeit heilig in seinem wesen, aber in unserm brauch923 ist er nicht heilig. Denn Gottes Namen ist uns gegeben, weil wir Christen worden und getaufft sind, das wir Gottes kinder heissen und die Sacrament haben, dadurch er uns mit im verleibet924, also das alles, was Gottes ist, zu unserm brauch925 dienen sol. Da ist nu die grosse not, dafür wir am meisten sorgen sollen, das der Name sein ehre habe, heilig und heer926 gehalten werde als unser höhester schatz und heilig|thumb, so wir haben, und das wir als die fromen kinder darumb bitten, das sein Name, der sonst927 im Himel heilig ist, auch auff Erden bey uns und aller Welt heilig sey und bleibe.
Wie wird er nu unter uns heilig? Antwort, auff deutlichste so mans sagen kan: Wenn beide, unsere lere und leben, Göttlich und Christlich ist. Denn weil wir in diesem Gebete Gott unsern Vater heissen, so sind wir schüldig, das wir uns allenthalben halten und stellen wie die fromen kinder, das er unser928 nicht schande, sondern ehre und preis habe. Nu wird er von uns entweder mit worten oder mit wercken verunheiliget. (Denn was wir auff Erden machen, muss entweder wort oder werck, reden oder thun sein). Zum ersten also, wenn man predigt, leret und redet unter Gottes Namen, das doch [210v] falsch und verfürisch ist, das sein Name die lügen schmücken929 und verkeuffen930 muss. Das ist nu die grösseste schande und unehre Göttlichs Namens. Darnach auch, wo man gröblich den heiligen Namen zum schanddeckel931 füret mit schweren, fluchen, zeubern etc. Zum andern auch mit öffentlichen bösem leben und wercken, wenn die, so Christen und Gottes Volck heissen, Ehebrecher, seuffer, geitzige wenste, neidisch und affterreder932 sind, da muss abermal Gottes Name umb unsert willen mit schanden bestehen und gelestert werden. Denn gleich wie es einem leiblichen Vater eine schande und unehre ist, der ein böses ungerathen kind hat, das mit worten und wercken wider in handelt, das er umb seinet willen muß verachtet und geschmehet werden, Also auch, reichet933 es auch zu Gottes unehren, so wir, die nach seinem Namen genennet sind und allerley güter von im haben, anders leren, reden und leben denn frome und
922 an sich, von vornherein | 923 Gebrauch | 924 ein Leib sein lässt | 925 Gebrauch | 926 hehr, erhaben | 927 ohnedies | 928 von uns | 929 bemänteln | 930 annehmbar machen | 931 Deckmantel 932 Verleumder | 933 gereicht
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Erste Bitte
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Prima precatio: Sanctificetur nomen tuum.
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Hoc aliquanto obscurius dictum est nec significanter expressum. Lingua enim nobis vernacula ita diceremus: Coelestis Pater, fac, quaeso, ut tantum nomen tuum sanctum sit. Quid ergo sibi vult haec oratio, ut nomen eius sanctum fiat? An non antea sanctum est? Responsio: Imo vero nunquam non sanctum est in sua essentia, at in usu nostro [501] sanctum non est. Dei enim nomen nobis datum et inditum est, posteaquam Christiani facti et baptizati sumus, ut filii Dei vocemur et Sacramenta habeamus, per quae illi uniti et copulati sumus, ita ut omnia, quaecunque Dei sunt, usui nostro servire debeant. Ceterum hic iam nobis magna necessitas incumbit et imponitur, quae | nobis cumprimis curae esse debet, ut nomini divino suus honor habeatur, ut sancte ac reverenter tractetur veluti thesaurus noster unicus, quo nobis non maior est aut amplior, utque nos tanquam probi liberi ab hoc patre precibus contendamus, ut nomen suum, quod alioqui in coelis per omnia sanctum est, etiam in terris apud nos inque universo orbe sanctum sit ac maneat. Porro autem nomen eius, quomodo inter nos sanctificatur aut sanctum sit? Responsio, ut, quam apertissime potero dicam, cum et Doctrina et vita nostra divina et Christiana fuerit. Cum enim hac oratione Deum patrem nostrum compellemus utique debemus, ut in omnibus ita nos geramus, ita nos exhibeamus, quemadmodum probos liberos aequum est, ne illi simus dedecori, sed laudi atque honori. Iam vero eius nomen a nobis aut verbis aut factis indigne violatum profanatur (quicquid enim in terris agimus, aut verbo aut facto compraehenditur). Ac primum quidem ad hunc modum, quando sub divini nominis praetextu id praedicatur, docetur ac dicitur, quod falsum est atque erroneum et quo seducuntur homines, ita ut eius nomine comandum ac exornandum sit mendacium atque etiam vaenalius faciendum. Hoc iam summum dedecus est et contumelia, qua sacratissimum nomen Dei Patris nostri indignissimis modis contaminatur et afficitur. Deinde quoque, quoties foede ac turpiter nomine Dei abutimur peierando, execrando, maledicendo, incantando etc. Tertio quoque vita et operibus manifeste malis ac nefariis, cum ii, qui Christiani et populus Dei vocantur, sunt adulteri, vinolenti, avari, invidiosi, obtrectatores, maledici. Hic iterum gloriosum Dei nomen nostri gratia contumeliae ac dedecori exponitur. Sicut enim corporali patri filius male mo[502]ratus ac degener infamiae est ac turpitudini, qui et dictis et factis praecepta paterna transgreditur nobilitans semet flagitiis, ut eius gratia ab omnibus contemptus notetur ignominia, ita quoque Deo vergit in contumeliam, si nos, qui iuxta nominis eius appellationem vocati sumus atque ab eodem omnigena bona accepimus, aliter | docu-
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Nomen Dei quomodo sanctum.
BSLK 671
Nomen Dei quomodo inter nos sanctificetur.
Nomen Dei quomodo prophanetur.
Exemplum filii familias degeneris.
BSLK 672
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Der Große Katechismus
himlische kinder, das er hören muss, das man von uns sagt: Wir müssen nicht Gottes, sondern des Teuffels Kinder sein. BSLK 672
Also sihestu, das wir eben das in diesem stück bitten, so Gott im andern Gebot fodert. Nemlich, das man seines Namens nicht missbrauche, zu schweren, fluchen, liegen, triegen etc.; Sondern nützlich brauche zu Gottes lob und ehren. Denn wer Gottes Namen zu irgent einer untugendt brauchet, der entheiliget und entweihet diesen heiligen Namen, wie man vor zeiten eine Kirche entweihet hiesse, wenn ein mord oder andere büberey darin begangen war934, oder wenn man eine Monstrantzen935 oder Heiligthumb936 unehrete, als das wol an im selbst heilig und doch im brauch unheilig ward. Also ist diss stück leicht und klar, wenn man nur die sprache verstehet, das heiligen heisset so viel als auff unsere weise, loben, preisen und ehren beide mit worten und wercken. Da sihe nu, wie hoch solch Gebete von nöten ist, denn weil wir sehen, wie die Welt so voll Rotten und falscher Lerer ist, die alle den heiligen Namen zum deckel937 und schein938 irer Teuffels lere füren, solten wir billich on unterlas schreien und ruffen wider solche alle, beide, die felschlich predigen und gleuben und was unser Evangelium und reine Lere anfichtet, verfolget und dempffen will als Bischoffe, Tyrannen, Schwermer etc. Item auch für uns selbst, die wir Gottes wort haben, aber nicht danckbar dafür sind noch darnach leben, wie wir sollen. Wenn du nu solches von hertzen bittest, kanstu gewis sein, das Gott wolgefellet, denn liebers wird er nicht hören, denn das seine ehre und preis für und uber alle ding gehe, sein wort rein geleret, theuer und werd gehalten werde.
[211r] Die ander Bitte: Dein Reich kome.
BSLK 673
Wie wir im ersten stück gebeten haben, das Gottes ehre und Namen betrifft, das Gott wehre, das die Welt nicht ire lügen und bosheit darunter schmücke939, sondern heer und heilig halte beide mit lere und leben, das er an uns gelobt und gepreiset werde. Also bitten wir hie, das auch sein Reich komen solle. Aber gleich wie Gottes Name an im selbst heilig ist, und wir doch bitten, das er bey uns heilig sey, Also kömpt auch sein Reich on unser
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Nach kanonischem Recht kann durch böse Taten und Umstände ein Kirchengebäude entweiht werden; vgl. X.3.40.7; X.3.40.9f; X.3.48 (Friedberg II, 609f. 627–629). | 935 Monstranz, Gefäß, in dem die Hostie zur Anbetung gezeigt wird. | 936 Reliquie | 937 Mantel | 938 Rechtfertigung 939 verhülle
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erimus, loquuti fuerimus, vixerimus atque pios ac coelestes filios Dei decet, adeo ut ob hoc ipsum male audire cogatur nos videlicet non esse filios Dei, sed filios diaboli. Ita clare vides hoc Articulo idem nos orare, quod in Secundo praecepto Deus a nobis exigit, nimirum ne eius nomine prave abutamur iurando, detestando, mentiendo, fallendo etc., sed utiliter idem ad Dei honorem et gloriam usurpemus. Quicunque enim divino nomine alicuius vitii tegendi gratia abutitur, ille hoc sanctum nomen profanat, violat, conspurcat atque contaminat, non secus, atque olim sacrae domus prophanatae dicebantur caede humana conspersae aut alioqui foeda aliqua turpitudine in iisdem flagitiose perpetrata dehonestatae, aut si res sacra contumeliose afficeretur, ut, quae per se quidem sancta esset, ipso tamen usu profana fieret. Est ergo hic Articulus iam intellectu facilis tantum verbis recte perceptis, ut sanctificare tantum significet ac laudare, extollere, honorem habere cum verbis, tum operibus. Iam vero ipse vide, quam ista precatio omnibus modis sit necessaria. Cum enim haud obscure videamus, quam mundus refertus sit propemodum infinitis sectis et falsis doctoribus omnibus divinum nomen suae diabolicae doctrinae praetexentibus, non iniuria nobis indesinenter clamandum erat adversus omnes ita scelerate Divino nomine abutentes, hoc est, aeque adversus falsa docentes et prava superstitiose credentes, tum quicquid Evangelium et sanam doctrinam nostram temere impugnat, ut sunt mitrati Episcopi, mTyranni, Svermeri etc.m Praeterea pro nobismet ipsis quoque, qui verbum Dei habemus, sed qui non grati sumus neque tanti muneris memores neque perinde, ut verbo docemur, [503] vivimus. Haec devote atque ex animo orans, certus esse potes Deo summe placere tuam orationemn. Neque enim quicquam audiet | gratius aut amantius, quam quod eius honor et gloria prae omnibus rebus passim unice floreat ac vigeat, eius Verbum sincere doceatur ac charum et preciosum aestimetur.
Prima petitio orat de gloria Dei et vero cultu, de quo secundum praeceptum praecipue concinatur.
Necesse est ante omnia peti notitiam seu agnitionem Dei et invocationem etc.
BSLK 673
Secunda precatio: Adveniat regnum tuum. Quemadmodum primo articulo precati sumus, ea, quae ad honorem et gloriam nominis Dei pertinent, ut oprohibeat Deuso, ne sui nominis praetextu mundus sua mendacia atque malitiam insidiose caelet ac tegat, sed ipse eius gloriam claram habeat et inviolabilem, pcum in doctrina, tum in vitap, ut per nos celebretur et extollatur laudibus, ita quoque hic precamur, ut regnum eius veniat. Verum sicut nomen Dei per se sanctum est, nos tamen oremus, ut apud nos quoque sanctum sit; ita quoque regnum eius ultro venit citra
m – m et nostri principes Phalaride nihilo mitiores, tam etiam insanientes ambitione et furiis sacramentarii atque id genus alii haeretici et veritatis impugnatores Hag | n precatiunculam Hag o – o Deus obstaculo esse dignetur Hag | p – p nicht in Hag
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Ordo petitionum sive rerum, quae petuntur sapientissimus.
Cur petamus, ut regnum Dei adveniat.
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BSLK 674
Der Große Katechismus
bitten von sich selbst, doch bitten wir gleichwol, das es zu uns kome, das ist unter uns und bey uns gehe, also das wir auch ein stück seien, darunter sein Name geheiliget werde und sein Reich im schwang gehe. Was heisset nu Gottes Reich? Antwort: Nichts anders, denn wie wir droben im Glauben gehöret haben, das Gott seinen Son Christum unsern Herrn in die Welt geschickt, das er uns erlösete und frey machete von der gewalt des Teuffels und zu sich brechte und regierte als ein König der gerechtigkeit, des lebens und seligkeit wider Sünde, Tod und böse gewissen. Dazu er auch seinen heiligen Geist gegeben hat, der uns solches heimbrechte940 durch sein heiliges wort und durch seine krafft im Glauben erleuchtete und sterckte. Derhalben bitten wir nu hier zum ersten, das solches bey uns krefftig werde und sein Name so gepreiset durch das heilige wort Gottes und Christlich leben, beide, das wir, die es angenomen haben, dabey bleiben und teglich zunemen und das es bey andern leuten ein zufall941 und anhang gewinne und gewaltiglich durch | die Welt gehe, Auff das ir viel zu dem Gnadenreich komen, der erlösung teilhafftig werden, durch den heiligen Geist erzu bracht, auff das wir also allesampt in einem Königreich, itzt angefangen, ewiglich bleiben. Denn Gottes Reich zu uns komen geschicht auff zweierley weise: Einmal hie zeitlich durch das wort und den glauben. Zum andern ewig durch die offenbarung942. Nu bitten wir solches beides, das es kome zu denen, die noch nicht darinne sind, und zu uns, die es uberkomen943 haben, durch teglich zunemen und künfftig in dem ewigen Leben. Das alles ist nichts anders denn so viel gesagt: Lieber Vater. Wir bitten, gib uns erstlich dein wort, daß das Evangelium [211v] rechtschaffen durch die Welt geprediget werde. Zum andern, das auch durch den glauben angenomen werde, in uns wircke und lebe, das also dein Reich unter uns gehe durch das wort und krafft des heiligen Geists und des Teuffels Reich nidergelegt944 werde, das er kein recht noch gewalt uber uns habe, so lang biss es endtlich gar945 zerstöret die Sünde, Todt und Helle vertilget werde, das wir ewig leben in voller gerechtigkeit und seligkeit. Aus den sihestu, das wir hie nicht umb eine partecken946 oder zeitlich vergenglich gut bitten, sondern umb einen ewigen uberschwenglichen schatz und alles, was Gott selbs vermag, das viel zu gros ist, das ein Menschlich hertz solches dürffte in sinn nemen zu begeren, wo ers nicht selbst geboten hette zu bitten. Aber weil er Gott ist, wil er auch die ehre haben, das er viel mehr und reichlicher gibt, denn jemand begreiffen kan, als ein ewiger unvergenglicher quell, der, je mehr er ausfleusset und ubergehet, je mehr er von
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herzubrächte | 941 Beifall | 942 bei der Wiederkunft Christi | ganz | 946 Kleinigkeit (eigentlich Almosen)
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erworben |
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nostram precationem. Nihilo minus tamen precamur, ut ad nos veniat, id est inter nos et apud nos versetur, ita ut nos quoque pars simus eorum, inter quos nomen eius sanctificetur et eius regnum floreat. Quid autem regnum Dei dicitur? Responsio: Nihil aliud quam quod supra in Symbolo fidei audivimus, quod Deus filium suum Iesum Christum in mundum miserit, ut nos a diaboli potentia et captivitate redimeret inque libertatem assereret et ad se perductos regeret veluti rex iusticiae, vitae, salutis et felicitatis adversus peccatum, mortem et malam conscientiam. Ad quod etiam Spiritum sanctum largitus est, qui talia nobis offerret per sanctum verbum suum perque virtutem suam nos in fide illuminaret et fortificaret. Eam ob rem hic primum precamur, ut id, quod Christus nobis impetravit, apud nos fiat efficax, ut eius nomen celebretur, per sanctum Dei verbum et vitam pie [504] et Christiane institutam, ut et nos qui accepimus, illud constanter retineamus et qquotidie in eo crescamus ac idemq | ab aliis certatim arripiatur et potenter per mundum dominetur, ut multi ad regnum gratiae perveniant, redemptionis fiant participes per spiritum sanctum adducti, ut omnes ita in huius regis regno hic incoato perpetuo maneamus. Siquidem regnum Dei duplici ratione ad nos venire dicitur, Semel in hoc mundo temporaliter per Verbum et fidem, Deinde aeternaliter et hoc per revelationem. Iam utrunque hoc precamur, ut et ad eos veniat, qui nondum in eo versantur, et ad nos, qui illud consequuti sumus, quotidianis incrementis auctum et in futuro in vita aeterna et immortali consummandumr. Horum omnium non alius quam hic sensus est: coelestis ac omnipotens Pater, precamur te, ut nobis initio tuum Verbum impertire digneris, ut Evangelium pure ac sincere per mundum praedicetur. Deinde, ut per fidem quoque susceptum in nobis operetur ac vivat, ut ita regnum tuum inter nos erectum vigeat per verbum ac virtutem Spiritus sancti, ut regnum Diaboli abolitum, prorsus extirpetur, ne quid iuris aut potestatis illi in nos relinquatur, donec prorsus subversum fuerit peccatis, morte et orco extinctis, ut nos perpetuo in perfecta iustitia ac felicitate vivamus. Ex his omnibus vides nos hoc loco non pro frusto panis aut re aliqua temporali et transitoria precari, sed pro aeterno thesauro, cuius precium est inaestimabile, Breviter pro omnibus iis, quae Deus ipse possidet, quae multo maiora sunt, quam ut homo animo concipere auderet eam fiduciam tanta postulandi, nisi ipse haec petenda nobis in mandatis dedisset. Verum quoniam Deus est et quidem omnipotens, eum etiam honorem sibi vendicat, ut multo plura ac magnificentiora largiatur, quam ullus queat mente compraehendere, Veluti fons perennis et indesinens, qui quo largius ac copiosius manando exundat, hoc liberalius semet effundit. Nec quicquam impensius a nobis flagitat, quam
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nicht in Hag | r revelandum Hag
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Petitur agnitionis effectus, ut gubernemur a Spiritu sancto. | BSLK 674
Duplici ratione venit regnum Dei ad nos.
Sententia verborum huius petitionis.
Haec petitio complectitur summa ac prima bona magis ad spiritum quam corpus pertinentia.
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Der Große Katechismus
sich gibt, und nichts höher von uns begeret, denn das man viel und grosse ding von im bitte, und widerumb zürnet, wenn man nicht getrost bittet und fodert. Denn gleich als wenn der reicheste, mechtigste Keyser einen armen Bettler hiesse bitten, was er nur begeren möchte, und bereit were, gros Keyserlich geschenck zu geben, und der Narr nicht mehr denn eine | Hofesuppen947 bettelte, würde er billich948 als ein schelm949 und böswicht gehalten, als der aus950 Keyserlicher Maiestet befehl sein hon und spot triebe und nicht werd were, für seine augen zu komen. Also reichet951 es auch Gotte zu grosser schmach und unehre, wenn wir, denen er so viel unaussprechlicher güte anbeut und zusaget, solches verachten oder nicht getrauen zu empfahen und kaum umb ein stück Brots unterwunden zu bitten. Das ist alles des schendlichen unglaubens schuld, der sich nicht so viel guts zu Gott versihet, das er im den bauch ernehre, schweige, das er solche ewige güter solt ungezweiffelt von Gott gewarten952. Darumb sollen wir uns dawider stercken und diss lassen das erste sein zu bitten, so wird man freilich alles ander auch reichlich haben, wie Christus leret: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes, so sol euch solches alles zufallen.“953 Denn wie solt er uns an zeitlichem mangeln und darben lassen, weil954 er das ewige und unvergengliche verheisset?
[212r] Die dritte Bitte: Dein wil geschehe wie im Himel also auch auff Erden. BSLK 676
Bisher haben wir gebeten, das sein Name von uns geehret werde und sein | Reich unter uns gehe, in welchen zweyen gantz begriffen ist, was Gottes ehre und unser seligkeit belanget, das wir Gott sampt allen seinen gütern zu eigen kriegen. Aber hie ist nu ja so grosse not, das wir solchs feste halten und uns nicht lassen davon reissen. Denn wie in einem guten Regiment nicht allein müssen sein, die da bauen und wol regieren, sondern auch die da wehren, schützen und feste darüber halten955. Also auch hie, wenn wir gleich für die höheste not956 gebeten haben umb das Evangelium, glauben und heiligen Geist, das er uns regire, aus des Teuffels gewalt erlöse, so müssen wir auch
947 Bettelsuppe, die man den Armen auf dem Hof reichte | scher Spaßvogel | 950 mit | 951 gereicht | 952 erwarten | 955 eifrig darüber wachen | 956 um das höchst Notwendige
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zu Recht | 949 Schuft, betrügeriMt 6,33; Lk 12,31 | 954 während
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ut multa et magna ab eo postulemus; et contra nobis infen[505]sus est nihil audacter et confidenter a sua beni|gnitate petentibus et postulantibus.
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Nam veluti cum opulentissimus et potentissimus Caesar alicui mendico eam opinionem et precandi libertatem offerret, ut quodcunque eius ferret animus, a se optaret et peteret se paratum esses munera plane regia et magnifica largiri petenti, tille vero stolidust non plus sordido postularet sorbitio, merito uutique ille pro scelerato nebulone et homine nequam haberetur, qui Caesareae maiestatis mandatum ludibrio haberetu neque dignus esset amplius, qui in conspectum Caesaris admitteretur: Ita quoque Deo extreme contumeliosum est tanta tamque ineffabilia bona nobis offerenti et pollicitanti, si eius inexhaustam benignitatem contemnamus aut nos certo consecuturos non speremus ac vix pro frustro panis impetrando precari sustineamus. Verum enimvero omnis haec culpa impiae incredulitati nostrae assignanda est non tantum bonitatis de Deo sibimet pollicenti, ut crederet ventrem a Deo nutritum iri, omitto, ut indubie speraret aliquando eiusmodi bona immortalia se consecuturum. vQuare contra nos muniamus hocque imprimis petamus36 atque ita demum reliqua quoque omnia abunde habebimusv, veluti Christus ipse docet: quaerite primum regnum Dei et cetera omnia adiicientur vobis. Quomodo enim pateretur rerum temporalium nos urgeri inopia, quum aeterna et coelestia bona se nobis certo daturum persancte receperit?
BSLK 675
Exemplum depingens imbecillitatem et stuporem cordis humani fugientis Deum.
Petamus hoc ordine, ut anteferantur bona aeterna.
Tertia petitio: Fiat voluntas tua quemadmodum in coelo sic etiam in terra. 25
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Hactenus, ut nomen eius a nobis sanctificetur et colatur, tum praeterea, ut eius | regnum inter nos vigeat, precati sumus; quibus duobus plene comprehensum est, quicquid ad Dei honorem et nostram salutem pertinet, ut Deum [506] cum omnibus suis divitiis peculariter consequamur. Verum hic alia rursus nobis incumbit et vehemens quidem necessitas, ut tantas una cum Deo acceptas divitias constanterw ac firmiter retineamus neque nos ullo modo avelli inde patiamur. Nam quemadmodum in republica bonis legibus constituta non tantum eos esse oportet, qui aedilium, praetorum et praefectorum partes obeant, hoc est, qui publicis praesint aedificiis et officiorum procurationibus, sed etiam qui imperatores agant, qui hostiles incursiones propellant, qui ab omni vi atque iniuria patriam tueantur sedulo, Ita quoque hic, quanquam pro eo, quod nobis summe necessarium est, oravimus, nempe ut Evans
danach: μονονουχὶ χρυσᾶ ὅρη, hoc est Hag | t – t at ille vecors asinus Hag | u – u pro latrone et homine nequam reputandus esset, qui per liberalem caesaris munificentiam subsannasset ac risui exposuisset Hag | v – v Quapropter adversus hanc minire nobis convenit et huic petitioni primas deferre atque ita omnibus aliis proculdubio quoque abundabimus Hag | w mordicus Hag 36
Vgl. Cicero, De natura Deorum I, 6,15.
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De ordine petitionum. BSLK 676
Impedimenta et pericula vocationum, quae a Deo discuti petimus.
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Der Große Katechismus
bitten, das er sein willen geschehen lasse, denn es wird sich gar wünderlich anlassen, wenn wir dabey bleiben sollen, das wir viel anstösse und püffe957 darüber müssen leiden von dem allem, so sich unterstehet, die zwey vorigen stücke zu hindern und zu wehren.
BSLK 677
Denn niemand gleubt, wie sich der Teuffel dawider setzet und sperret, als der nicht leiden kan, das jemand recht lere oder gleube, und thut im uber die masse wehe, daß er muss seine lügen und grewel, unter dem schönsten schein Göttlichs Namens geehret958, auffdecken lassen959 und mit allen schanden stehen, dazu aus dem hertzen getrieben werden und ein solchen riss in sein Reich lassen geschehen. Darumb tobet und wütet er als ein zorniger feind, mit aller seiner macht und krafft, henget an sich alles, was unter im ist, dazu nimpt er zu hülffe die Welt und unser eigen fleisch, denn unser fleisch ist an im selbst faul960 und zum bösen geneigt, ob wir gleich Gottes wort angenomen haben und gleuben; die Welt aber ist arg und böse, da hetzet er an, bleset und schüret zu, das er uns hindere, zurück | treibe, felle und wider unter seine gewalt bringea, das ist alle sein wille, sinn und gedancken, darnach er tag und nacht trachtet, und kein augenblick feiert, brauchet alle künste, tücke, weise und wege dazu, die er immer erdencken kan.
Darumb müssen wir uns gewisslich des versehen und erwegen961, so wir Christen sein wöllen, das wir den Teuffel sampt allen seinen Engeln962 und die Welt zu feinde haben, die uns alles unglück und hertzleid [212v] anlegen963. Denn wo Gottes wort geprediget, angenomen oder gegleubt wird und frucht schaffet, da sol das liebe heilige Creutz964 auch nicht aussen bleiben965; und dencke nur niemand, das er friede haben werde; Sondern hinan setzen966 müsse, was er auff Erden hat, gut, ehre, haus und hof, Weib und Kind, leib und leben. Das thut nu unserm fleisch und alten Adam wehe, denn er heisset fest halten und mit geduld leiden, wie man uns angreifft, und faren lassen,
a
dringe Witt2–4
957 Angriffe und Anfechtungen | 958 ein Hinweis auf das mittelalterliche Papsttum | 959 durch die Reformation | 960 schlecht | 961 uns darauf gefasst machen | 962 Vgl. Mt 25,41; vgl. Luther, Eine Predigt von den Engeln (1531), in: WA 32, 112,10f. | 963 antun | 964 Für Luther war das Leiden im christlichen Leben ein unvermeidlicher Teil der Nachfolge Christi (vgl. Mt 10,38f; 16,24f) und ein Zeichen für die wahre Kirche; vgl. Luther, Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 50,
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gelii fieremus compotes neque non fidei ac Spiritus sancti participes, qui nos regat, e Diaboli potestate liberet, illud tamen nobis quoque nihilo segnius orandum est, ut voluntatem suam fieri patiatur Deus. Ut enim incognita veritate persistamus, mirae exorientur tragoediae multaeque impugnationes et casus nobis erunt sufferendi ab omnibus iis, qui duo priora summa ope impedire nituntur atque subvertere. Nemo enim facile credit, quam Diabolus omnibus repugnet viribus, ut qui ferre non potest quenquam recte docere aut sincere credere, neque illi quicquam potest accidere agrius atque dolentius, quam quod videt nugaces et abominabiles doctrinas suas sub speciosissimo Dei nomine adoratas iam exorta luce Evangelii detegi atque ita turpiter subsannari, insuper e pectoribus hominum evelli talique clade regni sui pomeria imminui. Quocirca tanquam inimicus ira percitus fremit insaniens omnique exercitus sui robore nos incurrit et adoritur. Praeterea omnium suorum copias sibi adiungens mundi quoque et propriae carnis nostrae socia arma auxilio sibi deposcit. Etenim caro nostra per se pigra est et prona ad malum, tametsi | verbum Dei apprehenderimusx et credamus. Porro autem mundus extreme malus et improbus hunc in nos omnibus modis incitat instigans ac provocans, ut obiecto impedimento nos retrahat, prosternat ac denuo victos iterum suo imperio subiiciat. Haec [507] tota sua voluntas est, has cogitationes versat in animo, hoc diu noctuque molitur nec momento quidem quieti indulget et ocio omnibus suis artibus, dolis, insidiis, rationibus, modis viisque utens, quascunque excogitare poterit. Quare non est, quod quicquam certius nobis futurum polliceamur, si nobis animus est esse Christianis, quam cum Diabolo et omnibus angelis eius neque non cum mundo nobis suscipiendas esse inimicitias nos omnibus modis et omni molestiae genere vexaturis et infestaturis. Ubicunque enim gentium Evangelium praedicatum acceptum aut creditum fuerit et fructus produxerit, ibi necessario crucis quoque persecutiones consequuntur. Neque est, quod quisquam cogitet se pacate et tranquille victurum, sed semel iacta alea37 periclitandum esse de omnibus, quaecunque in terris uspiam possidet, de fortunis, honore, fama, aedibus, coniuge, liberis, familia, denique etiam de vita et capite proprio. Hoc iam nostrae carni, nempe Adamo veteri, vehementer dolet; neque tamen malis cedendum est, sed magno animo constanter perseverandum et contra fortius eundum, ut invicta animi tolerantia, quibuscunque iniuriis impugnati fuerimus, perferamus eaque aequo animo mitta-
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arripuerimus Hag Vgl. Sueton, Julius XXXII.
641,35–643,5; ders., Wider Hans Worst (1541), in: WA 51, 484,1–485,17. | 966 opfern
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ausbleiben, fehlen
Diaboli tyrannis et insidiae.
Naturae et pravitas et imbecillitas.
BSLK 677 Mundi furores et exempla nocentia.
Assidua piorum certamina.
Ecclesia subiecta ingentibus aerumnis.
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Der Große Katechismus
was man uns nimpt. Darumb ist je so grosse967 not, als in allen andern, das wir on unterlas bitten: Lieber Vater, dein wille geschehe, nicht des Teuffels und unser feinde wille, noch alles des, so dein heiliges wort verfolgen und dempffen will oder dein Reich hindern, und gib uns, das wirb alles, was drüber zu leiden ist, mit gedult tragen und uberwinden, das unser armes fleisch aus schwacheit oder tregheit nicht weiche noch abfalle.
BSLK 678
Sihe, also haben wir auffs einfeltigste in diesen dreien stücken die not, so Gott selbst betrifft, doch alles umb unsern willen, denn es gilt allein uns, was wir bitten, nemlich also, wie gesagt, das auch in uns geschehe, das sonst ausser uns geschehen muß. Denn wie auch on unser bitten sein Name geheiliget werden und sein Reich komen muss, also muss auch sein wille geschehen und durch dringen, ob gleich der Teuffel mit alle seinem anhang fast968 dawider rumoren969, zürnen und toben und sich unterstehen970, das Evangelium gantz auszutilgen. Aber umb unser willen müssen wir bitten, das sein wille auch unter uns wider solch ir toben unverhindert gehe, das sie nichts schaffen können, und wir wider alle gewalt und verfolgung, feste dabey bleiben und solchen willen Gottes uns gefallen lassen. Solch Gebete sol nu itzt unser schutz und wehre sein, die zurück schlahe und niderlege alles, was der Teuffel, Babstc, Bischoffe, Tyrannen und Ketzer wider unser Evangelium vermügen. Las sie allezumal zürnen und ir höhestes versuchen, rathschlagen und beschliessen, wie sie uns dempffen und ausrotten wöllen, das ir wille und rath fortgehed. Dawider sol ein Christ oder zween mit diesem einigen stücke unser mauer sein, daran sie anlauffen971 und zu scheitern gehen. Den trost und trotz haben wir, das des Teuffels und aller unser feinde willen und fürnemen sol und muss untergehen und zu nicht werden, wie stoltz, sicher und gewaltig sie sich wissen972, denn wo ir wille nicht gebrochen und gehindert würde, so kündt sein Reich auff Erden nicht bleiben noch sein Name geheiliget werden.
b wir allezeit inn dem gehorsam gegen dir gehen und bleiben und inn alle unserm leben und wesen nach deinem willen thun und Witt4 | c nicht in Witt1–3 | d fortgehe und bestehe Witt1–4 967 972
eine ebenso grosse | dünken
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sehr |
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lärmen |
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versuchen |
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mus, quaecunque per vim nobis erepta fuerint. Eam ob rem aeque necessarium est, ut in omnibus aliis indesinenter oremus: Tua voluntas, precor, fiat, optime Pater, non Diaboli neque inimicorum nostrorum neque omnium illorum, qui tuum sacratissimum verbum insectantur quaerentes illud opprimere aut regnum tuum impedire. Largire quoque nobis eam animi patien|tiam, ut quaecunque nobis propterea toleranda sunt, patienter sufferamus atque vincamus, ne miseranda nostra caro victa imbecillitate aut pigritia repudiata cruce turpiter tergiversetur. Ecce, ita simplicissime his tribus petitionibus necessitatem ipsi Deo incumbentem habemus, veruntamen propter nos. Nobis enim tantum seritur ac metitur38, si quid oraverimus, nempe ita (sicut dictum est), ut in nobis quoque illud [508] fiat, quod alioqui etiam extra nos fieri oportet. Nam quemadmodum eius nomen etiam nobis non orantibus sanctificari et regnum eius venire debet, ita quoque voluntas eius non potest non fieri, quanquam diabolus cum omnibus suis auxiliaribus copiis ei repugnet, irascatur et insaniat summa ope nitens totum Evangelium subvertere. Verum propter nosmet ipsos nobis orandum est, ut eius voluntas inter nos etiam adversus eiusmodi illorum insanias completa locum inveniat, ut omnis illorum conatus frustra sit et nos adversus omnem iniuriarum vim atque insectationem inconcussi perseveremus ac talem Dei voluntatem nobis nunquam displicere sinamus. Talis, inquam, oratio iam nunc nostra debet esse tutela et propugnatio, quae fuget prosternatque omne quicquid Diabolus, Episcopiy, Tyranni et haeretici adversus Evangelium nostrum insidiose moliuntur. Permitte sane, ut omnes magno erga nos irascantur stomacho omnem (quod aiunt) moventes lapidem39, ut collatis in unum consiliis decernant, quomodo nos velint opprimere, subvertere, evellere, ut suae voluntatis et consilii fiant compotes. Horum omnium improbis consiliis et perfidis conspirationibus unum atque alterum Christianum hac armatum precatiuncula non verebor opponere; ille noster murus erit et propugnaculum, quo victi ac profligati foede succumbent. Hanc equidem consolationem habemus et hanc fiduciam obtinemus certo fore, ut Diaboli ac omnium inimicorum nostro|rum voluntas atque consilium facta irritaz evanescant, quamlibet tandem ferociter insolescant aut semet securos et potentes esse confidant. Nisi enim illorum voluntas intercepta infringeretur, Regnum Dei locum in terris non haberet, sed neque nomen eius sanctificaretur.
y
danach: et Nerones nostri, tum etiam Hag | z danach: nequicquam Hag
38
Sprichwörtliche Redensart: uns fehlt Saat und Ernte; vgl. Plautus, Epidicus CCLXV. | 39 Sprichwörtliche Redensart: nichts unversucht lassen; vgl. Plinius, Epistolae I, 20,15: πάντα denique λίθον κινῶ.
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Petamus gubernatione in actionibus, consolationem et sustentationem in aerumnis. BSLK 678
Oremus nos regi et iuvari, ut vocatio sit felix et efficax.
Auxilium opponendum Diaboli saevitiae, tyrannorum terroribus et infirmitati nostrae.
BSLK 679
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Der Große Katechismus
[213r] Die vierdte Bitte: Unser teglich Brot gib uns heute.
BSLK 679
Hie bedencken wir nun den armen Brotkorb, unsers leibs und zeitlichen lebens notdurfft, und ist ein kurtz einfeltig wort, greiffet aber auch sehr weit umb sich. Denn wenn du teglich Brot nennest und bittest, so bittestu alles, was dazu gehöret, das tegliche Brot zu haben und geniessen, und dagegen auch wider alles, so dasselbige hindert. Darumb mustu deine gedancken wol auffthun und ausbreiten, nicht allein in Backofen oder Mehlkasten, sondern ins weite Feld und gantze Land, so das tegliche Brot und allerley narung treget und uns bringet. Denn wo es Gott nicht wachsen liesse, segnete und auff dem Lande erhielte, würden wir nimmer kein Brot aus dem Backofen, noch aus den Tisch zu legen haben.
BSLK 680
Und das wirs kürtzlich fassen, so wil diese Bitte mit eingeschlossen haben alles, was zu diesem gantzen leben in der Welt gehöret, weil wir allein umb des willen das tegliche Brot haben müssen. Nu gehöret nicht allein zu leben, das unser leib sein futter und decke973 und ander notdurfft habe. Sondern auch, das wir unter den leuten, mit welchen wir leben und umbgehen in teglichem handel und wandel974 und allerley wesen, mit ruge und friede hinkomen975, summa, alles was beide heuslich und nachbarlich oder bürgerlich wesen976 und Regiment belanget. Denn wo diese zwey gehindert werden, das sie nicht gehen wie sie gehen sollen, da ist auch des lebens notdurfft gehindert, das endtlich977 nicht kan erhalten werden. Und ist wol das aller | nötigste, für Weltliche Oberkeit und Regiment zu bitten, als durch welches uns Gott allermeist unser teglich Brot und alle gemach978 dieses lebens erhelt. Denn ob wir gleich aller güter von Gott die fülle haben uberkommen979, so können wir doch desselben keins behalten noch sicher und frölich brauchen, wo er uns nicht ein bestendig friedlich Regiment gebe. Denn wo unfried, hader und krieg ist, da ist das tegliche Brot schon genomen oder je gewehret.980
Darumb möchte man billich in eines jeglichen fromen981 Fürsten Schilt982 ein Brot setzen für ein983 Löwen984 oder Rautenkrantz985 oder auff die Müntze986
973
So übersetzte Luther die beiden Wörter διατροφάς und σκεπάσματα in I Tim 6,8 bis zum Jahre 1541; danach: „Nahrung und Kleider“. | 974 Verkehr | 975 auskommen | 976 Verhältnisse 977 auf die Dauer | 978 Ruhe, Annehmlichkeit | 979 bekommen | 980 wenigstens verwehrt. In diesen Bemerkungen spiegelt sich Luthers Sorge um die Wahrung von Ruhe und Ordnung wieder, zumal die Kriegserfahrungen in jener Zeit allgegenwärtig waren. Hinzu kamen die Bauernaufstände, von denen in den Jahren zwischen 1502 und 1517 34 stattfanden und in den zwei Jahren nach dem Wormser Reichstag von 1521 allein 112 zu verzeichnen sind. Der Bauernkrieg (1524–1526) hat Luthers Sorge um die öffentliche Ordnung noch vertieft. | 981 rechtschaffenen
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Vierte Bitte
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[509] Quarta petitio: Panem nostrum quotidianum da nobis hodie.
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Hoc loco χοίνκος καὶ καρδόπου memores sumus, hoc est, victus nostri alendo corpori et temporali vitae sustentandae necessarii. Est autem verbum perbreve ac simplex, sed tamen late patens. Ubi enim panem quotidianum precaris ac nominas, ibi omnia, quae ad quotidiani panis fruitionem pertinent, precaris et rursus eadem opera deprecaris etiam omnia, quae huic impedimento esse possunt. Quare cogitationes tuae tibi probe aperiendae sunt et dilitandae, ne tantum in angustiis mactrae ac clibani consistas, sed in spatiosum campum evageris panem quotidianum et omnis generis alimenta nobis producentem. Nisi enim Deus e terris frugens sineret excrescere, insuper easdem benediceret et a calamitate defenderet, nunquam pistum panem e clibano extraheremus aut discumbentibus proponeremus. Ut autem compendiose dicamus, haec petitio conclusa in se complectitur omnia, quaecunque ad hanc vitam in hoc saeculo traducendam pertinent, cuius solius gratia quotidiano pane opus habemus. Iam non tantum ad hanc vitam sufficit, ut corpori nostro prospectum sit, unde alatur et tegatur aliaque habeat necessaria, verum etiam, ut cum iis hominibus, quibuscum conversamur et vivimus, quibuscum commercia et omnis generis negocia et contractus sociamus et exercemus, pacata ac tranquilla temporis conditione fruamur. Et in summa, quicquid ad apoliticam, civilem eta domesticam rerum administrationem pertinet. Etenim ubicunque locorum et domesticae et civilis administrationis usus interceptus aut con|turbatus fuerit, ut perpetuum tenorem quietis obtinere nequeat, ibi quoque vitae alimenta intercepta sunt planeque de victu nostro actum est. Estque prorsus res omnium maxime necessaria diligenter orare pro Magistratibus, quippe quorum tutela et opera Deus nobis potissimum victus copiam huiusque vitae tranquillam [510] conditionem conservat. Nam quanquam omnibus rebus a Deo datis abundaremus affluentissime, harum tamen nullam retinere possumus neque etiam cum securitate frui et gaudio, nisi constantem et pacatam Reipublicae administrationem nobis tribuerit. Ubi enim motus vigent et tumultus fervent bellici, Hic quoque panis quotidianus subtractus est aut ad minimum impeditus. Quare cuiusque boni et vigilantis Principis insignia multo iustius pane insignirentur quam Leonis imagine aut sertis rutae aut ipsa moneta imaginis loco panes insculpto aptius cuderentur admonendi gratia cum eos, tum ipsorum
a–a
nicht in Hag
982 Wappenschild; vgl. Luther, Katechismuspredigten (1528), in: WA 30/1, 103,2–104,2; 103,22–104,23. | 983 statt eines | 984 der Löwe war ein häufiges Wappentier, z. B. der schwarze Löwe auf Goldgrund im Wappen der Markgrafschaft Meißen oder der rot-weiß gestreifte Löwe auf Blau im Wappen der Landgrafschaft Thüringen. | 985 Vgl. das kursächsische Wappen. | 986 Die sächsischen und braunschweigischen Löwenpfennige zeigten einen Löwen im Wappenschild.
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Sequitur petitio rerum corporalium.
Quas res complectatur haec petitio?
BSLK 680 | Orandum pro Magistratibus, ut in pace vivamus pie et honeste.
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Der Große Katechismus
für das geprege schlahen987, zu erinnern beide, sie und die Unterthanen, das wir durch ir Ampt schutz und friede haben und on sie das liebe Brot nicht essen noch behalten können. Darumb sie auch [213v] aller ehren werd sind, das man inen dazu gebe, was wir sollen und können, als denen, durch welche wir alles, was wir haben, mit friede und ruge geniessen, da wir sonst keinen heller behalten würden. Dazu, das man auch für sie bitte, das Gott deste mehr segen und guts durch sie uns gebe.
BSLK 681
Also sey auffs kürtzte angezeiget und entworffen, wie weit diss Gebet gehet durch allerley wesen988 auff Erden. Daraus möcht nun jemand ein lang Gebete machen und mit vielen worten alle solche stück, so darein gehören, verzelen989. Als nemlich, das wir bitten, das uns Gott gebe essen und trincken, kleider, haus und hof und gesunden | leib, dazu das getreide und früchte auff dem feld wachsen und wol gerathen lasse, darnach auch daheim wol haushalten helffe, from Weib, Kinder und Gesinde gebe und beware, unser arbeit, handwerck oder, was wir zuthun haben, gedeien und gelingen lasse, treue Nachbarn und gute freund beschere990 etc. Item, Keyser, Könige und alle Stende und sonderlich unsern Landsfürsten, allen Rethen, Oberherrn und Amptleuten weisheit, stercke und glück gebe wol zu regieren und wider Türcken991 und alle feinde zu siegen, den Unterthanen und gemeinem hauffen gehorsam, fried und eintracht unternander zu leben. Und widerumb, das er uns behüte für allerley schaden des leibs und narung, ungewitter, hagel, feuer, wasser, gifft, Pestilentz, viehe sterben, krieg und blutvergiessen, theuer zeit, schedlichen thieren, bösen leuten etc. Welchs alles gut ist, den einfeltigen einzubilden992, das solches und dergleichen von Gott muss gegeben und von uns gebeten sein.
Furnemlich aber ist diß Gebet auch gestellet wider unsern höhesten feind, den Teuffel. Denn das ist alle sein sinn und begere, solches alles, was wir von Gott haben, zu nemen oder hindern, und lesset im nicht genügen, das er das geistliche Regiment hindere und zustöre, damit, das er die Seelen durch seine lügen verfüre und unter seine gewalt bringe, sondern wehret und hindert auch, das kein Regiment noch erbarlich und friedlich wesen auff Erden
987
prägen | 988 Verhältnisse | 989 aufzählen | 990 Vgl. dazu Luther, Deutsche Litanei (1529), in: WA 30/3, 30–36. | 991 Die Bedrohung durch die Osmanen war zu jener Zeit omnipräsent; vgl. Luther, Vom Kriege wider die Türken (1529), in: WA 30/2, 107–148; ders., Eine Heerpredigt wider die Türken, in: WA 30/2, 160–197. | 992 einzuprägen
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quoque subditos esse videlicet principes, quorum officio tutelam ac pacem haberemus, neque sine illis aut panem edere aut eundem nos servare posse. Cuius rei gratia omni etiam honore digni sunt, ut illis per nos benigne detur, quicquid ex officio dare debemus et possumus veluti iis, quorum beneficio omnibus, quaecunque possidemus, molliter ac quiete fruimur, cum alioqui ne assem quidem eramus servaturi. Ad haec, ut pro illis ipsis quoque oremus, nostri est officii, ut per eos Deus plus benedictionis et bonorum nobis largiri dignetur. Sit ergo ita paucissimis indicatum et delineatumb, quousque haec protendatur oratio, nempe per omnia huius vitae negotia atque commertia. Ex his iam aliquis prolixas preculas posset componere ac multis verbis omnes partes, quae huc referendae sunt, singillatim percensere, nimirum haec nos orare, ut | Deus nobis praestet victus et amictus copiam, domum, prosperam corporis valetudinem utque fruges in agris magno cum foenore laetas provenire sinat. Deinde, ut domi quoque rei familiaris procurationem adiuvet, ut uxorem pudicam, probos liberos, bene moratam det familiam et servet incolumem nostrum laborem, opificium, aut quamcunque tandem rem efficiendam habemus, prosperet atque promoveat, fideles vicinos ac bonos amicos nobis iungat et offerat etc. Praeterea ut Caesari, Regibus et omnibus ordinibus, cumprimis vero nostrae ditionis Principi eiusque consi[511]liariis, proceribus atque praefectis sapientiam, fortitudinem et prosperitatem bene regnandi suppeditet atque adversus Turcas et omnes inimicos victoriam, Subditis vero et communi plebeculae oboedientiam, pacem et mutuam inter sese vivendi concordiam. Contra, ut nos ab omnibus detrimentis victus ac vitae custodiat a perniciosis tempestatibus, a saeva grandine, a calamitiosis incendiis, a tristibus aquarum inundationibus, a veneno, ab annis pestiferis, a pecorum letali contagio, a belli saevitia et caedibus, ab annonae difficultate, ab exitiosis bestiis, a pravis hominibus, a virulentis linguis etc. Haec enim omnia diligenter inculcare simplicibus non est inutile, haec videlicet atque similia a Deo dari oportere et ab eodem precibus impetranda esse. Potissimum autem haec oratio contra hostem etiam nobis infensissimum, nempe Diabolum adornata est. Haec enim omnis eius est cogitatio et desiderium, ut haec omnia, quaecunque a Deo impertita habemus, nobis auferat. Neque contentus est rerum spiritualium procurationem foede conturbare, ut animas suis nugis seductas suo imperio subiiciat, verum manibus pedibusque obstat etiam enixe studendo, ne qua in terris externarum rerum administratio aut civilis status honeste et pacate institutus diu consistat, unde tot passim lites, iurgia, caedes, motus, seditiones, tumultus et bella concitat. Insuper tempestates et grandines emittit e nubibus aut contagione pecus inficit aut
b
adumbratum Hag
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Beneficia divina consideranda in repetitione huius petitionis, 1. Victus, 2. Valetudo, 3. Fertilitas, 4. Successus in vocatione, 5. Educatio liberorum, 6. Defensio famae, vitae, possessionum. BSLK 681
7. Pax et victoriae, 8. Honesta civitatum disciplina, 9. Depulsio Diaboli et tristissimarum poenarum.
Diaboli rabies molientis exitium privatae vitae et infinitas dissipationes.
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BSLK 682
Der Große Katechismus
bestehe. Da richtet er so viel hader, mord, auffrhur und krieg an. Item, ungewitter, hagel, das getreide und viehe zu verderben, die lufft zuvergifften etc. Summa, es ist im leid, das jemand ein bissen Brots von Gott habe und mit frieden esse, und, wenn es in seiner macht stünde und unser Gebete (nehest Gott) nicht wehrete, würden wir freilich keinen halm auff dem felde, keinen heller | im hause, ja nicht eine stunde das leben behalten, sonderlich die, so Gottes wort haben und gerne wolten Christen sein. [214r] Sihe, also wil uns Gott anzeigen, wie er sich aller unser not annimpt und so treulich auch für unsere zeitliche narung sorget, und wiewol er solches reichlich gibt und erhelt, auch den Gottlosen und buben, Doch993 wil er, das wir darumb bitten, auff das wir erkennen, das wirs von seiner hand empfahen und darin sein Veterliche güte gegen uns spüren. Denn wo er die hand abzeucht, so kan es doch nicht endtlich994 gedeien noch erhalten werden, wie man wol teglich sihet und fület. Was ist itzt für eine plage in der Welt, allein mit der bösen995 Müntze, ja mit teglicher beschwerung und auffsetzen996 in gemeinem handel, kauff und arbeit deren, die nach irem mutwillen997 das liebe armut drücken und ir teglich Brot entziehen? Welches wir zwar müssen leiden, sie aber mügen sich fürsehen, das sie nicht das gemeine Gebet verlieren998, und sich hüten, das diss stücklin im Vater unser nicht wider sie gehe.
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Die fünffte Bitte: Und verlasse uns unser schuld als wir verlassen unsern schüldigern. BSLK 683
Diss stück trifft999 nu unser armes und elendes leben an, welches, ob wir gleich Gottes wort haben, gleuben, seinen willen thun und leiden und uns von Gottes gabe und segen nehren, gehet es doch on Sünde nicht abe, denn wir noch teglich straucheln und zu viel thun1000, weil wir in der Welt leben unter den leuten, die uns viel zu leide thun und ursach geben zu ungeduld, zorn, rache etc. Dazu den Teuffel hinder uns haben, der uns auff allen seiten zusetzet und ficht (wie gehöret) wider alle vorige stücke, das nicht müglich ist, in solchem steten kampff allzeit fest zu stehen.
Darumb ist hie abermal grosse not zu bitten und ruffen: Lieber Vater, verlasse1001 uns unser schuld. Nicht, das er auch on und vor unserm bitten nicht 993 Dennoch | 994 auf die Dauer | 995 falschen | 996 Wucher | 997 Willkür | 998 mit Hinweis auf das Kirchengebet der Gemeinde, eine sprichwörtliche Redensart: die allgemeine Achtung verlieren 999 betrifft | 1000 nicht Maß halten | 1001 vergib
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Vierte und Fünfte Bitte
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corrupto coeli tractu aerem reddit pestilentem et tabificum. In summa, maxime discruciatur animo | unum aliquem vel bolum panis nos a Deo habere reliquum eoque pacate vesci. Et si cin illius potestate esset constitutum nec post Deum oratio nostra obstaretc, sane ne culmum quidem in agris servaremus incolumem neque salvum obulum in marsupio, imo nec unius horulae usuram ad vivendum nobis concederet, cumprimis vero iis, dqui verbum Dei habent et vere Christiani esse ex animo cupiuntd. Ecce, ad hunc quidem modum Deus nobis indicat, quomodoe omnes necessitates nostrae sibi curae sint, tum quam [512] fideliter etiam temporalis victus nostri rationem habeat. Et quanquam hunc impiis etiam hominibus et improbis nebulonibus affatim suppeditare soleat atque tueri, nihilominus tamen vult, ut pro eo consequendo oremus, ut certo cognoscamus nos haec omnia ab eius munificentia et liberalitate accipere, quo ita eius paternam bonitatem erga nos propensam non dubiis argumentis perspiciamus. Ubi enim manum suam aut clauserit aut subtraxerit, nihil feliciter provenire potest aut denique retineri, id quod quotidie verissimum esse experimur. Quam enim hodie miseriam non patimur, adulterina saltem moneta, imo potius quotidianis aggravationibus et exactionibus in publicis commertiis, contractibus, negotiis, laboribus eorum videlicet, qui pauperes pro sua libidine opprimunt eorundemque victum decurtant et imminuunt? Quod quidem nobis perferendum est, ceterum illi sibi prospiciant, ne communis orationis iacturam faciant sibi etiam atque etiam caventes, ne fhanc Orationis Dominicae particulam sibi adversam habeantf.
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BSLK 682
Et naturam sustentari a Deo et praecipue Ecclesiam Deo curae esse.
Difficultates imperiorum sunt poenae peccatorum.
Quinta petitio: Et remitte nobis debita nostra, sicut et nos remittimus debitoribus nostris.
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Hic Articulus miseram et aerumnosam vitam nostram attingit, quae, quanquam Dei Verbum habeamus, credamus, eius voluntatem faciamus et perferamus eiusque donis ac benedictionibus alamur, peccatis tamen vacua et immunis non est, adeo ut adhuc quotidie prolabamur modumque excedamus in mundo viventes cum hominibus multa nobis aegre facientibus causamque impatientiae, iracundiae, ultionis et similium exhibentibus. Adhaec Diabolum a tergo nos infestantem habemus, qui ab omni parte nos impugnat contraque priores (ut dictum est) Articulos omnibus modis decertat, ita ut non sit possibile in [513] tam frequenti et assiduo certamine non quandoque succumbere. Quam ob rem hic iterum magna necessitudo orandi nobis incumbit: Optime Pater, remitte nobis debita nostra. Non quod non ante aut citra nostram c–c
per illum staret et nostra oratio Deo non esset proprior Hag | d – d quibusque animus est perlibenter christiano more vivendi. Hag | e quemadmodum Hag | f – f hunc in oratione nostra articulum adversum experiantur Hag
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Der Große Katechismus
die Sünde vergebe (denn er hat uns das Evangelium, darin eitel vergebung ist geschenckt, ehe wir darumb gebeten oder jemals darnach gesunnen1002 haben). Es ist aber darumb zu thun1003, das wir solche vergebung erkennen und annemen. Denn weil das fleisch, darin wir teglich leben, der art ist, das es Gott nicht trauet und gleubt und sich immerdar regt mit bösen lüsten und tücken, das wir teglich mit worten und wercken, mit thun und lassen sündigen, davon [214v] das gewissen zu unfried kömpt, das sich für Gottes zorn und ungnade fürchtet und also den trost und zuversicht aus dem Evangelio sincken lesset. So ist on unterlas von nöten, das man hieher lauffe und trost hole, das gewissen wider auffzurichten1004.
BSLK 684
Solches aber sol nu dazu dienen, das uns Gott den stoltz breche und in der demut halte. Denn er hat im fürbehalten das vorteil1005, ob jemand wölte auff seine frömbkeit bochen und andere verachten, das er sich selbst ansehe und diss Gebet für augen | stelle, so wird er finden, das er eben so1006 from ist als die andern, und müssen alle für Gott die federn niderschlagen1007 und fro werden, das wir zu der vergebung komen. Und dencke es nur niemand, so lange wir hie leben, dahin zu bringen, das er solcher vergebung nicht dürffe. Summa, wo er nicht on unterlas vergibt, so sind wir verloren.
So ist nu die meinung1008 dieser Bitte, das Gott nicht wolt unser Sünde ansehen und fürhalten, was wir teglich verdienen, sondern mit gnaden gegen uns handeln und vergeben, wie er verheissen hat, und also ein frölich und unverzagt gewissen geben, für im zu stehen und zu beten. Denn wo das Herz nicht mit Gott recht stehet und solche Zuversicht schepfen kann, so wird es nimmermehr sich dürffen1009 unterstehen zu beten. Solche zuversicht aber und frölich hertz kan nirgend herkomen, es wisse denn, das im die sünde vergeben sein. Es ist aber dabey ein nötiger und doch tröstlicher zusatz angehenget: „Als wir vergeben unsern Schüldigern.“ Er hats verheissen, das wir sollen sicher sein, das uns alles vergeben und geschencket sey, doch so fern1010, das wir auch unserm Nehesten vergeben. Denn wie wir gegen Gott teglich viel verschulden und er doch aus gnaden alles vergibt, Also müssen auch wir unserm Nehesten immerdar vergeben, so uns schaden, gewalt und unrecht thut, böse tücke beweiset etc. Vergibstu nu nicht, so dencke auch nicht, das dir Gott vergebe.
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daran gedacht | 1003 Es handelt sich darum | 1004 Im Rahmen seiner „theologia crucis“ sah Luther das Leben des Gläubigen als einen ständigen Kampf gegen den Teufel, die Welt und die eigenen sündhaften Neigungen (das Fleisch). Hier ermuntert Luther dazu, trotz der fortdauernden Einbindung in ein sündiges Leben, die Vergebung beständig zu erbitten und sie sich – tröstend – gesagt sein zu lassen. | 1005 Vorrecht | 1006 ebensowenig | 1007 sich ducken | 1008 Sinn 1009 wagen zu | 1010 unter der Bedingung
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precationem peccata nobis non remiserit (siquidem Evangelium nobis dono dedit, in quo merae peccatorum condonationes continentur, priusquam pro illo impetrando oravimus aut illud nobis in animum venit) verum propterea nobis orandum est, ut talem remissionem agnoscamus et accipiamus. Cum enim carnis, in qua vivimus quotidie, ea sit indoles et ingenium, ut Deo non fidat et credat, semper pravis sit dedita concupiscentiis, ut in dies singulos dictis ac factis faciendo et omittendo peccemus, qua re conscientiae tranquillitas conturbatur, ut Dei iram atque indignationem perhorrescat et ita consolationem et fiduciam Evangelii amittat, peropus est quotidie atque adeo citra intermissionem huc cursitare consolationis petendae gratia, qua conscientiam iterum erectam sublevemus. Verum enimvero hoc eo valere debet, ut Deus insolescentis animi tumorem nobis infringat inque humilitate retineat. Eam enim sibi praerogativam soli praeservavit, ut, si quis ob suam probitatem sibi nimium placere eam confidenter iactare velit | aliosque arroganter contemnere, ad se reversus gsemetipsum intueaturg 40 hancque orationem sibi ante oculos ponat, ita fore, ut mox inveniat se aliis nihilo meliorem esse. Omnibus enim nobis coram Deo cristae demittendae et contrahendae sunt ac gaudendum, ut remissionis fiamus participes. Nec quisquam inducat animum eo se rem perducturum, ut, quamdiu hic vivimus, non opus habeat ea remissione. In summa, nisi citra intermissionem remittat Deus, actum est de nobis. Iam itaque huius precationis hic est sensus, ne Deus peccata nostra intueatur neve meritis nostris debita praemia reddat, sed nobiscum clementer agat peccatorum concedens veniam, quemadmodum pollicitus est, atque ita nobis [514] laetam ac interritam largiatur conscientiam, qua animati coram eo et stare et precari queamus. Ubi enim cordi cum Deo non recte convenit neque talem haurire potest fiduciam, nunquam in perpetuum aliquid ab eo precari sustinebit. Porro autem eiusmodi fiducia et animus laetitia gestiens non aliunde venire potest, quam si certo sciat peccata sibi esse remissa. Verum huic precationi necessarium attamen consolationis plenum adiectum est auctarium, sicut et nos remittemus debitoribus nostris, pollicitus est, ut securi essemus omnia peccata nobis esse remissa et condonata, ita tamen, ut nos vicissim proximo nostro offensiunculas, quibus ab eo laesi sumus, benigne remittamus. Nam quemadmodum nos quotidie nostris peccatis Deum offendimus et tamen ille omnia nobis benigne ignoscendo, condonat, ita nostri quoque erit officii proximo subinde dare veniam, qui damno, vi atque iniuria nos afficit, dolo malo nobiscum agit etc. Si gravaris igno|scere
g–g
in suum ipsius sinum insuperet et Hag. S. Anm. 40.
40 Bei übermütigen Gedanken oder Worten pflegten sich die Alten auf die Brust zu spucken, um die Strafe der Götter abzuwenden; vgl. Plinius, Naturae historiarum XXVIII, 55.
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Hic attens mens de reconciliatione et mediatore Christo diligenter cogitet.
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Insignis Ecclesiae confessio in hoc loco agnoscentis se habere peccatum.
Sensus huius petitionis.
Sacramentum additum huic petitioni de nostra conditione sive de poenitentia.
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BSLK 685
Der Große Katechismus
Vergibst du aber, so hastu den trost und sicherheit, das dir im Himel vergeben wird, nicht umb | deines vergebens willen, denn er thut es frey1011 umb sonst, aus lauter gnad, weil ers verheissen hat, wie das Evangelium leret. Sondern, das er uns solches zu sterck und sicherheit als zum warzeichen setze, neben der verheissunge, die mit diesem Gebete stimmet1012, Luce am 6.: „Vergebet, so wird euch vergeben.“1013 Darumb sie auch Christus bald nach dem Vater unser widerholet, und spricht Matthei am 6.: „Denn so ir den Menschen ire feile1014 vergebt, so wird euch euer himlischer Vater auch vergeben“1015 etc.
Darumb ist nu solches zeichen bey diesem Gebete mit angehefftet, das, wenn wir bitten, uns der verheissung erinnern und also dencken: Lieber Vater, darumb kome und bitte ich, das du mir vergebest, [215r] nicht, das ich mit wercken gnugthun oder verdienen könne, sondern weil du es verheissen hast und das Siegel dran gehengt, das so gewiss sein solle, als habe ich eine Absolution von dir selbst gesprochen. Denn wie viel die Tauffe und sacrament, eusserlich zum zeichen gestellet, schaffen, so viel vermag auch diss zeichen unser gewissen zu stercken und frölich zu machen und ist für andern eben darumb gestellet, das wirs alle stunde kündten brauchen und uben, als das wir allezeit bey uns haben.
Die sechste Bitte: Und füre uns nicht in versuchung.
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Wir haben nu gnug gehöret, was für mühe und erbeit wil haben1016, das man das alles, so man bittet, erhalte und dabey bleibe, das dennoch nicht on gebrechen und straucheln abgehet. Dazu, ob wir gleich vergebung und gut gewissen uberkommen1017 haben und gantz los gesprochen sind, so ist es doch mit dem leben so gethan1018, das einer heut stehet und morgen davon fellet. Darumb müssen wir abermal bitten, ob wir nu | from sind und mit guten gewissen gegen Gott stehen, das er uns nicht lasse zurück fallen und der anfechtung oder versuchung weichen. Die versuchung aber oder (wie unsere Sachssen1019 von alters her nennen) Bekerunge1020 ist dreierley: des fleisches, der Welt und des Teuffels. Denn im fleisch wonen wir und tragen den alten
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ganz | 1012 übereinstimmt | 1013 Lk 6,37 | 1014 Verfehlungen | 1015 Mt 6,14 | 1016 es kostet erhalten | 1018 steht es so | 1019 die heutigen Niedersachsen oder Niederdeutschen. Im 16. Jahrhundert sprachen aber auch die Einwohner Wittenbergs Plattdeutsch. | 1020 Die althochdeutsche Übersetzung des Vaterunsers las hier „Korunga“ oder „bikorunga“ = Versuchung, Prüfung. In diesem Sinne ist auch das niederdeutsche „Bekerunge“ zu verstehen.
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Fünfte und Sechste Bitte
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proximo, non est, quod tibi pollicearis aut cogites Deum tibi tua peccata condonaturum. Sin autem benigne ignoveris aliis, ea tibi consolatio et securitas proposita est, ut in coelo quoque certo tibi ignoscatur. Et hoc quidem non propter tuam ignoscentiam aut veniam, quam largiris proximo, libere enim facit et gratuito ex mera gratia, cum illud se facturum receperit, quemadmodum docet Evangelium, verum ut nos certos ac securos faciat tanquam symbolo seu certo signo una cum promissisone proposito, quae huic orationi consonat. Lucae 6: Remittite et remittetur vobis. Eam ob rem Christus quoque Matthaei 6 illico post traditam orandi rationem repetit inquiens: Si enim remiseritis hominibus peccata eorum, remittet et vobis pater vester coelestis delicta vestra. Proinde huic orationi tale signum annexum est, ut nos orantes promissionis admoneat, ut ita cogitemus: Optime pater, ideo ad te oratum venio, ut mihi ignoscas propitius, non quod operibus queam satisfacere aut veniam a te promereri, sed cum tu hoc nobis promiseris adiecta etiam [515] sphragide, ut tam certus sim veniae, ac si dictam a te absolutionem accepissem. Quantum enim baptismus et Sacramentum pro externo signo constitutum praestat, tantum etiam hoc signum conscientiam nostram corroborare atque exhilarare potest, estque ideo institutum pro aliis, ut hoc omnibus horis uti et frui queamus, ut re, quam semper nobiscum in parato41 habeamus.
Sexta petitio: Et ne inducas nos in tentationem.
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Iam quidem satis superque audivimus, quantum requirat laboris et operis omnia, quaecunque precamur retinere et in illis constanter perseverare, tamen vel sic vix fieri posse, ut non labamur et hallucinemur. Ad haec quanquam erratorum veniam et conscientiae tranquillitatem consequamur ac per omnia a peccatis perpurgati simus, ita tamen vitae nostrae ratio comparata est, | ut hodie unus aliquis stet, postero die cadat. Quapropter iterum nobis orandum est, ne nos iam probitatem et iusticiam consequutos et pacata erga Deum conscientia versantes retro prolabi ac tentationum impugnationibus cedere sinat. Est autem triplex tentatio hseu (ut Saxones nostri iam olim locuti sunt) conversio42, videliceth carnis, mundi et diaboli. Siquidem in carne versamur ac veterem Adamum humeris nostris circumferimus, hic suis movetur affectibus et nos subinde provocat ac pellicit ac turpidine ad socordiam, ad
h–h 41 42
nicht in Hag
Sprichwörtliche Redensart: in Bereitschaft haben; vgl. Quintilian, Institutio oratoria VI, 3,111. „Bekerunge“ bzw. „Bekörunge“ ist hier als „Bekehrung“ missverstanden.
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Petitur gubernatio adversus tentantem Diabolum sicut prius remissio peccatorum.
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Triplex tentatio. I. Carnis.
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Der Große Katechismus
Adam am hals1021, der regt sich und reitzet uns teglich zur unzucht, faulheit, fressen und sauffen, geitz und teuscherey, den Nehesten zu betriegen und ubersetzen1022. Und summa zu allerley bösen lüsten, so uns von natur ankleben, und dazu erregt werden durch ander leute gesellschafft, Exempel, hören und sehen, welche offtmals auch ein unschüldigs hertz verwunden und entzünden. Darnach ist die Welt, so uns mit worten und wercken beleidiget und treibet zu zorn und ungedult, summa, da ist nichts denn hass und neid, feindschafft, gewalt und unrecht, untreu, rechen, fluchen, schelten, affterreden, hoffart und stolz mit uberflüssigem schmuck, ehre, rhum und gewalt, da niemand wil der geringste sein, sondern oben an sitzen und für jederman gesehen sein. Dazu kömpt nu der Teuffel, hetzet und bleset auch allenthalben zu, aber sonderlich treibet er, was das gewissen und geistliche sachen be[215v]trifft. Nemlich das man beide, Gottes wort und werck, in wind schlahe und verachte, das er uns vom glauben, hoffnung und liebe1023 reisse und bringe zu mißglauben, falscher vermessenheit und verstockung oder widerumb1024 zur verzweifflung, Gottes verleugnung und lesterung und andern unzelichen greulichen stücken. Das sind nu stricke und netze, ja die rechten feurigen pfeile1025, die nicht fleisch und blut, sondern der Teuffel auffs aller gifftigste ins hertze scheusset.
BSLK 687
Das sind je grosse, schwere fahr und anfechtung, so ein jeglicher Christ tragen1026 muss, wenn auch jegliche für sich alleine were. Auff das wir je getrieben werden, alle stunden zu ruffen und bitten, weil1027 wir in dem schendlichen leben sind, da man uns auff allen seiten zusetzet, jagt und treibet, das uns Gott nicht lasse matt und müde werden und wider zurück fallen in sünde, schand und unglauben. Denn sonst ists unmüglich, auch die aller geringsten anfechtung zu uberwinden. Solches heisset nu nicht einfüren in versuchung, wenn er uns krafft und stercke gibt zu widerstehen, doch1028 die anfechtung nicht weggenomen noch auffgehaben. Denn versuchung und reitzunge kan niemand umbgehen, weil wir im fleisch leben und den Teuffel umb uns haben. Und wird nicht anders draus, wir müssen anfechtung leiden, ja darin sticken1029. Aber da bitten wir für, das wir nicht hinein fallen und darin ersauffen. Darumb ists viel ein
1021 1025 1029
schleppen mit uns herum | 1022 übervorteilen | 1023 Vgl. I Kor 13,13. | 1024 andererseits Vgl. Eph 6,16. | 1026 bestehen | 1027 während, solange | 1028 ohne dass … aufgehoben wird stecken
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crapulam et ingluviem, ad avaritiam et fraudulentiam, ad decipiendum et defraudandum proximum, et ut in summa dicam, ad omnes pravas cupiditates, quae natura nobis insitae sunt quaeque in nobis saepenumero excitantur ab aliis videlicet sodalibus, perniciosis exemplis, audiendo et videndo, quae non raro vel Davidisi 43 animum, vel si uspiam adhuc fuit incorruptior, possint inflammare atque corrumpere. Deinde huic succedit mundus, a quo [516] et dictis et factis offendimur ac plane ad iracundiam et impatientiam compellimur. Atque ut summatim virtutes mundanas perstringam, hic nihil aliud videre est quam odium et invidentiam, inimicitias, simultates, iurgia, vim, iniurias, perfidiam, ultionem, maledicentiam, convitia, contumelias, superbiam et insolentiam nimio ornatu, honore, iactantia atque potentia semet efferentem, ubi nemo posteriores ferre sustinet, sed reliquos omnes sua pompa post se relinquere studet. His succenturiatus44 accedit nunc Diabolus passim instigans ac provocans. Verum praecipue in his perturbandis occupatus est, quae ad conscientiam et spiritualia negotia pertinent, nimirum ut ex aequo et Verbum et opera Dei ventis jet aurae45, quod dicitur, committamusj et contemnamus, | ut a fide et caritate nos avellat et in superstitionem, pravam nostri fiduciam et cordis indurationem aut in extremam desperationem et Dei abnegationem et execrationem aliaque innumera et detestanda piacula iterum nos praecipitet. Hi iam sunt laquei et retia, imo potius illa ignita tela, quae nequaquam caro et sanguis, verum Diabolus in corda humana omnium venenatissime torquet et iaculatur. Haec equidem magna sunt et ardua pericula nec levium tentationum impugnationes, quae cuique Christianorum perferendae sunt, graves abunde, si harum una sola tantum toleranda esset. Inde omnibus horis ad orandum Deumque invocandum compellimur, quamdiu in hac calamitosa vita constituti ab omnibus partibus impugnamur, infestamur et fugamur, ne Deus nos defessos patiatur occumbere atque ita demum iterum in peccata, dedecus et incredulitatem prolabi. Absque hoc enim impossibile est vel levissimam tentatiunculam vincere. Iam hoc non dicitur in tentationem inducere, quoties vim ac robur resistendi nobis suppeditat neque tamen tentatione sublata aut ademta. Neque enim quisquam tentationem aut illectamenta devitare potest, donec in carne vitam egerit et Diaboli copiis circumvallatus fuerit. Et velimus nolimus tentationes nobis sufferendae sunt atque etiam in [517] illis ipsis nobis versandum est. Porro autem hoc deprecamur, ne in easdem kprolabamur et in iis submerga-
i
Aristidis Hag. S. Anm. 43. | j – j nicht in Hag | k – k prolapsi suffocemur Hag
43
Aristides, ein führender Bürger in Athen, war ein Beispiel von Gerechtigkeitsliebe und Selbstlosigkeit; vgl. Cornelius Nepos, Aristides. Vgl. Anm. i. | 44 Vgl. Terenz, Phormio CCXXX. 45 Vgl. Ovid, Amores I, 3,106. 108.
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2. Mundi.
3. Diaboli.
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Ignita tela.
Induci in tentationem est labi et ruere cum tentamur.
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ander ding, anfechtung fülen und darein verwilligen oder ja darzu sagen1030. Fülen müssen wir sie alle, wiewol nicht alle einerley, sondern etliche mehr und schwerer als die jugendt, fürnemlich vom fleisch, darnach was erwachsen und alt wird, von der Welt1031: Die andern aber, so mit geistlichen sachen umbgehen, das ist die starcken Christen, vom Teufel. Aber solch fülen, weil es wider unsern willen ist und wir sein lieber los weren, kan niemand schaden, denn | wo mans nicht fülete, kündte es kein anfechtung heissen. Bewilligen aber ist, wenn man im den zaum lesset, nicht dawider stehet1032 noch bittet.
Derhalben müssen wir Christen des gerüstet sein und teglich gewarten1033, das wir on unterlas angefochten werden, auff das niemand so sicher und unachtsam hingehe, als sey der Teuffel weit von uns, sondern allenthalben der streiche gewarten und im versetzen1034. Denn ob ich itzt keusch gedültig, freundlich bin und in festem glauben stehe, sol der Teuffel noch diese stunde ein solchen pfeil ins hertz treiben, das ich kaum bestehen bleibe. Denn er ist ein solcher feind, der nimmer ablesset noch müde wird, das, wo eine anfechtung auffhöret, gehen immer andere und neue auff1035. Darumb ist kein rath noch trost, denn hieher gelauffen, das [216r] man das Vater unser ergreiffe und von hertzen mit Gott rede: Lieber Vater, du hast mich heissen beten. Las mich nicht durch die versuchung zurück fallen, so wirstu sehen, das sie ablassen muss und sich endtlich gewonnen geben1036. Sonst, wo du mit deinen gedancken und eigenem rath unterstehest1037, dir zu helffen, wirstus nur erger machen und dem Teuffel mehr raum1038 geben, denn er hat ein Schlangenkopff, welcher, wo er ein lücken gewinnet1039, darein er schlieffen1040 kan, so gehet der gantze leib hinach1041 unauffgehalten, aber das Gebete kan im wehren und in zurück treiben.
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Die VII. und letzte Bitte: Sondern erlöse uns von dem ubel. Amen. Im Griechischen lautet das stücklein also: Erlöse oder behüte uns von dem argen oder boshafftigen und sihet eben1042, als rede er vom Teuffel, als wolt er alles auff einen hauffen1043 fassen, das die gantze summa alles Gebets gehet
1030 Vgl. Luther, Auslegung deutsch des Vaterunsers für die einfältigen Laien (1519), in: WA 2, 124,26–29; ders., Auslegung und Deutung des heiligen Vaterunsers (1518), in: WA 9, 157,32–158,2; ders., Enarratio psalmi XC (1534), in: WA 40/3, 546,8f.25–28; WA.TR 6, 369 (Nr. 7075). | 1031 Vgl. hierzu WA.TR 3, 215f (Nr. 3190). | 1032 widersteht | 1033 darauf gefasst sein 1034 sie parieren | 1035 Vgl. Luther, Predigt über Eph 6,10–17 (1531/1533), in: WA 34/2, 345–406. 1036 sich für besiegt erklären | 1037 versuchst | 1038 Gelegenheit | 1039 findet | 1040 hinein schlüpfen | 1041 hinterher | 1042 sieht gerade so aus | 1043 zusammen
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Sechste und Siebte Bitte
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murk. Quare longe alia res est tentationes persentire et iisdem consentire. Persentire omnes cogimur neque tamen easdem omnes, sed nonnulli plures et graviores, veluti iuventus praecipue carnis tentationibus infestatur. Deinde, qui ad maturam et constantem aetatem pervenerunt, iam grandiores facti a mundo tentantur. Alii vero, qui rebus spiritualibus sunt impliciti, nimirum fortes illi Christiani, a Diabolo. Verum | eiusmodi tentationum sensus, quando praeter voluntatem nostram nobis obiiciuntur, nemini nocere possunt. Nisi enim sentirentur, tentationes dici non possent. Porro tum demum consentimus illis, quando laxatis habenis iisdem indulgemus neque vi neque oratione repugnantes. Quapropter convenit nos Christianos esse instructos ac quotidie assiduam tentationum pugnam expectare, ne quis tam oscitanter et secure in utramvis (quod aiunt) aurem dormiat46, quasi Diabolus procul a nobis absit, sed ubi ictus praevidendi et declinandi sunt, diligenter advigilet. Quippe quanquam modo purus et castus sim, sim etiam patiens, mitis et dulcis stans firma fide munitus, fieri tamen potest, ut hac hora Diabolus tam pestifero et violento telo cor meum configat, ut vix queat persistere. Eiusmodi enim hostis est, qui nunquam cessat aut defatigatur, adeo ut, ubi una tentationis procella impugnandi finem fecerit, subinde decem alia suboriantur. Quapropter in tanta difficultate non aliud relinquitur consilium aut remedium quam ad hanc orationem confugiendi ac cum Deo ex corde ita loquendi: Tu me orare iussisti optime pater, fac, precor, ne victus tentationibus retro in antiquam flagitiorum lernam47 prolabar. Hoc facto videbis ac senties eas desinere ac minui easdemque victam herbam tibi porrecturas48. Alioqui, si tuis cogitationibus et proprio consilio tibi opem ferre annisus fueris, rem malam tantum deteriorem facies ac Diabolo maiorem te impugnandi occasionem praebebis. Siquidem serpentinum caput habet, quod ubi foramen, per [518] quod irrepere poterit, nactum fuerit, totum corpus nemine obstante illico subsequimur, ceterum oratione fugari ac repelli potest.
Ultima petitio: Sed libera nos a malo. Amen. Graeci codices hoc loco ita habent, ἀλλὰ ῥῦσαι ἡμὰς ἀπὸ τοῦ πονηροῦ. Quae verba perinde sonare videntur, quasi loquatur de Diabolo, quasi velit uno fasce omnia perstringere, ut huius orationis summa adversus hostem nostrum capitalissimum instituta sit. Ille enim is est, qui ea omnia, quae
46 Terenz, Heautontimorumenos 342; unbesorgt sein. | 47 Der lernäische Sumpf bei Argos auf dem Peloponnes, wo Herakles die vielköpfige Schlange tötete; vgl. dazu Erasmus, Adagia I, 3,27: „Lerna malorum: de malis plurimis simul in unum congestis et accumulatis“. | 48 Sprichwörtliche Redensart: sich für besiegt erklären. Als Zeichen der Unterwerfung wurde ein Grashalm überreicht; vgl. Plinius, Naturae historiarum XXII, 8.
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Certamina piorum adversus Diaboli insidias.
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Petitio generalis petens liberationem ab omnibus miseriis huius vitae etc.
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wider unsern Heuptfeind. Denn er ist der, so solchs alles, was wir bitten, unter uns hindert, Gottes Name oder ehre, Gottes Reich und willen, das teglich Brot, frölich gut gewissen etc. Darumb schlagen wir solchs endtlich1044 zusamen und sagen: Lieber Vater, hilff doch, das wir des unglücks alles los werden. Aber nicht deste weniger ist auch mit eingeschlossen, was uns böses widerfaren mag unter des Teuffels Reich; armut, schande, tod, und kürtzlich aller unseliger jamer und hertzleid, so auff Erden unzelich viel ist. Denn der Teuffel, weil er nicht allein ein lügner, sondern auch ein todschleger ist1045, on unterlas auch nach unserm leben trachtet und sein mütlin kület1046, wo er uns zu unfall und schaden am leib bringen kan. Daher kömpts, das er manchem den hals bricht oder von sinnen bringet, etliche im Wasser erseufft und viel dahin treibt, das sie sich selbst umbbringen und zu viel andern schrecklichen fellen. Darumb haben wir auff Erden nichts zuthun, denn on unterlas wider diesen Heuptfeind zu bitten, denn wo uns Gott nicht erhielte, weren wir keine stunde für im sicher.
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Daher sihestu abermal, wie Gott für alles, was uns auch leiblich anfichtet, wil ge|beten sein, das man nirgend keine hülffe denn bey im suche und gewarte1047. Solchs hat er aber zum letzten gestellet, denn [216v] sollen wir von allem ubel behütet und los werden, muss zuvor sein Name in uns geheiliget, sein Reich bey uns sein und sein wille geschehen. Darnach wil er uns endtlich für sünden und schanden behüten, daneben von allem, was uns wehe thut und schedlich ist. Also hat uns Gott auffs kürtzte fürgelegt alle not, die uns immer anligen1048 mag, das wir je keine entschüldigung haben zu beten1049. Aber da ligt die macht an1050, das wir auch lernen, Amen dazu sagen, das ist nicht zweiffeln, das es gewisslich erhöret sey und geschehen werde. Denn es ist nichts anders denn eins ungezweiffelten glaubens wort1051, der da nicht auff ebentheuer1052 betet, sondern weis, das im Gott nicht leuget, weil ers verheissen hat zu geben. Wo nu solcher glaube nicht ist, da kan auch kein recht Gebete sein. Darumb ists ein schedlicher wahn deren, die also beten, das sie nicht dürffen von hertzen ja dazu sagen und gewisslich schliessen, das Gott erhöret, sondern bleiben in dem zweiffel und sagen. Wie solt ich so küne sein und rhümen, das Gott mein Gebet erhöre, bin ich doch ein armer Sünder etc. Das macht, das sie nicht auff Gottes verheissung, sondern auff ire werck und eigene wirdigkeit sehen, damit sie Gott verachten und lügenstraffen. Derhal-
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zum Schluss | 1045 Vgl. Joh 8,44. | 1046 Vgl. Luther, Sprichwörtersammlung (1535), in: WA 51, 692 (Nr. 204). | 1047 erwarte | 1048 bedrängen | 1049 dass wir nicht beten | 1050 darauf kommt es an | 1051 zu dem Wort „Amen“ vgl. Luther, Auslegung deutsch des Vaterunsers (1519), in: WA 2, 126,29–128,2. | 1052 auf gut Glück
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oramus, summo studio impedire conatur, nempe Dei nomen seu gloriam, Dei regnum et voluntatem, panem quotidianum, pacatam et laetam conscientiam etc. Quamobrem haec omnia summatim complectemur orantes: Carissime Pater, da, precor, ut ab omni malo atque infortunio liberemur. Nihilominus tamen ea quoque una inclusa sunt, quaecunque mala sub regno diaboli nobis possunt contingere, cuius generis sunt egestas, dedecus, mors et breviter omnium calamitatum et miseriarum tragoedia, quae in terris multiplex et immensa est. Nam Diabolus, cum non tantum mendax, verum etiam homicida sit, nunquam non nobis insidiose necem machinatur, ut animo suo morem gerat49 nobis in periculosos casus praecipitatis aut damno corporis affectis. Inde fit, ut complures fracta cervice perimat, multos immissa insania rationis usu privet, nonnullus in undis submersos suffocet ac multos ad mortem voluntariam sibimet consciscendam adigat aut alios quospiam casus terribiles subire compellat. Quare nihil aliud in terris nobis superest operis, quam ut indesinenter adversus lcapitalem hunc hostem oremusl. Nisi enim mdivinitus conservaremur, ne unicam quidem horam ab insidiis eius tuti essemusm. Ex his iam dictis facile perspicis, quomodo Deus pro omnibus rebus, etiam iis, quae corporales sunt, rogari postu[519]lat, ut nusquam alibi, quam apud eum unice ullum quaeratur aut expectetur auxilium. Ceterum hoc ultimo loco posuit. Si enim ab omnibus malis custodiri et liberari cupimus, necessum est, ut antea nomen eius in nobis sanctificetur, regnum eius penes nos sit, voluntas eius fiat. His, inquam, ante peractis, tum demum nos a peccatis ab ignominia custodiet, praeterea ab omnibus aliis, quae aut dolori aut perniciosa nobis esse queant. Ita nobis Deus omnes necessitates nostras, quibus premimur, compendiosissime proposuit, ne qua nobis relinqueretur negligendae orationis excusatio. Verum in hoc summa vis orationis sita est, ut dicere quoque discamus: Amen, hoc est, non haesitare orationem nostram certo esse exauditam et futurum esse, quod precati sumus. Nihil enim aliud est, quam non haesitantis fidei verbum non orantis temere, sed scientis Deum non mentiri, posteaquam audiendi facilitatem et certitudinem pollicitus est. Iam ubicunque talis fides non est, hic neque verae orationi locus esse potest. Quare perniciosa quaedam illorum est opinio ita orantium, ut non audeant Amen quoque ad sinem orationis adiicere, hoc est, certo concludere se exaudiri, verum in dubio perseverant dicentes: Qui vero tantum mihi sumerem, ut iactarem Deum meas preces exaudisse, cum me peccatorem esse non ignorem? etc. Huius rei causa est, quod non ad promissionem Dei, sed ad opus proprium suamque dignitatem respiciant. Unde fit, ut suis orationibus Deum tantum subsannent l–l
hunc hostem nocentissimum preculas ad Deum fundere Hag | protegeret, ne horam quidem ab eius insidiis in tuto esse licerat Hag 49
m–m
Vgl. z. B. Plautus, Amphitruo CXXXI; Terenz, Andria DCXLI.
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Deus tantopere nos
Diabolus mendax et homicida.
Christus hic res petendas optimo ordine complexus est.
Amen vox fidei discernentis vere invocantes et hypocritas.
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ben sie auch nichts empfahen. Wie Sanct Jacobus sagt: Wer da betet, der bete im glauben und zweiffel nicht. Denn wer da zweiffelt, ist gleich wie eine woge des Meers, so vom winde getrieben und gewebt1053 wird, solcher Mensch dencke nur nicht, das er etwas von Gott empfahen werde.1054 Sihe, so viel ist Gott daran gelegen, das wir gewiss sollen sein, das wir nicht umb sonst bitten, und in keinem wege1055 unser Gebet verachten1056.
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Das IIII. Teil: Von der Tauffe
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Wir haben nun ausgerichtet1058 die drey Heuptstück1059 der gemeinen Christlichen Lere, uber dieselbige1060 ist noch zu sagen von unsern zweien Sacramenten, von Christo eingesetzt. Davon auch ein iglicher Christ zum wenigsten ein gemeinen kurtzen unterricht haben sol, weil one dieselbigen kein Christen sein kan, wiewol man leider [217r] bissher nichts davon geleret hat. Zum ersten aber nemen wir für uns die Tauffe, dadurch wir erstlich in die Christenheit genomen1061 werden. Das mans aber wol fassen könne, wöllen wirs ordentlich handeln1062 und allein dabey bleiben, was uns nötig ist zu wissen, denn wie mans erhalten und verfechten müsse wider die Ketzer und Rotten, wöllen wir den Gelerten befehlen1063. Auffs erste muss man für allen dingen die wort wol wissen, darauff die Tauffe gegründet ist und dahin alles gehet, was davon zu sagen ist, nemlich da der Herr Christus spricht Matthei am letzen: „Gehet hin in alle Welt, leret alle Heiden und teuffet sie im Namen des Vaters und des Sons und des heiligen Geists.“1064 Item Marci am letzten Capitel: „Wer da gleubt und getaufft wird, der wird selig. Wer aber nicht gleubt, der wird verdampt.“1065 In diesen worten soltu zum ersten mercken, das hie stehet Gottes gebot und einsetzung, das1066 man nicht zweiffele, die Tauffe sey ein Göttlich ding, nicht von Menschen erdacht noch erfunden. Denn so wol | als ich sagen kan, die zehen Gebot, Glauben und Vater unser hat kein Mensch aus seinem kopff gespunnen1067, sondern sind von Gott selbst offenbaret und gegeben, so kan ich auch rhümen, das die Tauffe kein Menschentand sey, sondern von Gott selbst eingesetzt, dazu ernstlich und streng geboten, das wir uns müssen teuffen lassen oder sollen nicht selig werden. Das man nicht dencke, es sey so
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bewegt | 1054 Jak 1,6f | 1055 keineswegs | 1056 Luther lehnte das mittelalterliche Verständnis des Gebets als einer menschlichen Leistung ab. Er sah in ihm vielmehr eine menschliche Antwort auf das von Gott begonnene Gespräch zwischen Vater und Kind; vgl. o. S. 874,1–7. | 1057 Luther predigte mehrmals über die Taufe; vgl. Luther, Predigt über Mk 16 (1526), in: WA 20, 385,27–389,22; ders., Vom Sakrament der Taufe (1528), in: WA 27, 32–38; ders., Von der Taufe. Fortsetzungen (1528), in: WA 27, 41–45; 49–53; 55–60; ders., Katechismuspredigten (1528), in: WA 30/1, 18,16–23,15; 50,27–52,34; 109,22–23; ders., Von der Taufe (1531), in: WA 34/1, 87,18–98,22; ders., Von der Taufe (1532), in: WA 36, 96,21–117,22; ders., Von der Taufe (Schluss), in: WA 36, 126,18–134,16; ders., Von der Taufe (1532), in: WA 36, 228,7–232,31; ders., Von der
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et mendacii coarguant. Hinc quoque quamlibet prolixe orantes consequuntur nihil, quemadmodum divus Iacobus inquit: Qui orat, in fide oret nihil haesitans. Qui enim haesitat, similis est fluctui maris, qui a vento movetur et circumfertur. Non ergo existimet homo ille, quod accipiat aliquid a domino. Ecce, tanti refert apud Deum, ut nullo modo preces nostras nvili pendamusn.
[520] Quarta pars catechismi: De Baptismo
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Hactenus tres principales communis Christianae doctrinae partes executi sumus. Praeter has superest, ut de duobus quoque Sacramentis ab ipso Christo institutis disseramus, de quibus cuivis Christiano ad minimum brevis quaedam institutio tenenda est, quandoquidem his ignoratis nemo Christianus esse potest, tametsi hactenus nihil prorsus recti, nihil sani de his traditum est populo. Primum vero ipsum Baptismum tractandum nobis proponemus, per quem primitus in Christianorum communionem cooptamur. Ut vero recte percipiatur: ordine cuncta explicabimus tantum ea tradituri, quae cognitu erunt necessaria. Quomodo enim adversus haereticos Baptismus defendendus sit, hoc doctis relinquentes commendabimus. Principio operae pretium est ipsa verba exacte nosse, in quibus fundatus est Baptismus et ad quae omnia respiciunt, quae de Baptismo tractanda sunt, nempe ubi Christus inquit Matthaei ultimo: Euntes in mundum universum docete omnes gentes baptizantes eos in nomine Patris et Filii et Spriritus sancti. Item Marci ultimo: Qui crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit. Qui vero non crediderit, condemnabitur. [521] In his verbis primum tibi notandum et expendendum venit hic extare Dei mandatum et institutionem, ne dubitemus Baptismum rem divinam esse non ab hominibus excogitatam aut in|ventam. Nam quemadmodum pro certo dicere possum Decem praecepta, Symbolum fidei, Orationem Dominicam, nullum hominem e suo capite produxisse, sed ab ipso Deo data et manifestata esse, ita non minus vere iactare possum Baptismum non esse humanae rationis commentum, sed ab ipso Deo institutum, ad haec severe praeceptum, ut nosmet baptizandos offeramus aut non salvari nos posse, ne quis in eam cogitationem forte veniat rem esse tam leviculam ac rubeam novamo tunicam n–n
respuamus Hag | o nicht in Hag
heiligen Taufe. Predigten (1534. 1535), in: WA 37, 258,6–267,21; 270,10–275,8; 278,10–284,35; 288,17–293,14; 299,17–304,9; ders., Von der Taufe (1538), in: WA 46, 145,1–155,39; 167,1–185,29; 194,14–201,23; ders., Von der Taufe (1539), in: WA 47, 640,6–659,10; ders., Zwo Predigten D. M. Luthers auf der Kindertaufe des jungen Herrn Bernhard (1540), in: WA 49, 111,15–135,4. 1058 durchgesprochen | 1059 Hauptteil, Hauptabschnitt | 1060 über diese hinaus | 1061 aufgenommen | 1062 der Reihe nach behandeln | 1063 überlassen | 1064 Mt 28,19 | 1065 Mk 16,16 | 1066 woran | 1067 ersponnen, erfunden
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Doctrina de Sacramentis necessaria Ecclesiae.
Ubi sit institutus Baptismus.
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leichtfertig1068 ding als ein neuen roten Rock1069 anziehen. Denn da ligt die höheste macht an1070, das man die Tauffe treflich, herrlich und hoch halte, darüber wir allermeist streiten und fechten, weil die Welt itzt so voll Rotten ist, die da schreien, die Tauffe sey ein eusserlich ding, eusserlich ding aber sey kein nütz. Aber las eusserlich ding sein, als es immer kan, da stehet aber Gottes wort und gebot, so die Tauffe einsetzet, gründet und bestetiget, was aber Gott einsetzet und gebeut, muss nicht vergeblich, sondern eitel köstlich ding sein, wenn es auch dem ansehen nach geringer denn ein strohalm were. Hat man bissher können gros achten, wenn der Bapst mit seinen Brieffen und Bullen Ablas austeilete, Altar oder Kirchen befestigte, allein umb der Brieffe und Siegel willen; So sollen wir die Tauffe viel höher [217v] und köstlicher halten, weil es Gott befohlen hat, darzu in seinem Namen geschicht, denn also lauten die wort: „Gehet hin, teuffet“, aber nicht in eurem, sondern in Gottes Namen.
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Denn in Gottes Namen getaufft werden ist nicht von Menschen, sondern von Gott selbst getaufft werden. Darumb, ob es gleich durch des Menschen hand geschicht, so ist | es doch warhafftig Gottes eigen werck, daraus ein jeglicher selbst wol schliessen kan, das es viel höher ist, denn kein1071 werck von einem Menschen oder Heiligen gethan. Denn was kan man für werck grösser machen denn Gottes werck? Aber hie hat der Teuffel zuschaffen, das er uns mit falschem schein blende und von Gottes werck auff unser werck füre. Denn das hat viel ein köstlichern schein, das ein Cartheuser viel schwere, grosse werck thut, und halten alle viel mehr von dem, das wir selbst thun und verdienen. Aber die Schrifft leret also: Wenn man gleich aller Münche werck auff einen hauffen schlüge, wie köstlich sie gleissen mügen, so weren sie doch nicht so edel und gut, als wenn Gott ein strohalm auffhübe. Warumb? Darumb das die Personen edler und besser ist. Nu muss man hie nicht die Person nach den wercken, sondern die werck nach der Person achten, von welcher sie iren adel nemen müssen. Aber das wil die tolle1072 vernunfft nicht achten und, weil es nicht gleisset1073 wie die werck, so wir thun, so sol es nicht gelten.
Aus diesem lerne nu ein richtigen verstandt fassen1074 und antworten auff die frage, was die Tauffe sey. Nemlich also, das sie nicht ein blos schlecht1075 wasser ist, sondern ein wasser in Gottes wort und gebot gefasset und dadurch
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gleichgültig | 1069 Feiertagsgewand | 1070 liegt am meisten daran | rückte | 1073 glänzt | 1074 die richtige Bedeutung erfassen | 1075 einfaches
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induere. In hoc enim summa vis et virtus pendet, ut Baptismum veluti rem praeclaram ac pretiosam magni aestimemus. De eo enim vel maxime pugnamus et dimicamus, siquidem iam mundus ita refertus est sectis vociferantibus Baptismum esse rem externam, rem externam vero nullius esse usus aut momenti. Verum pone esse rem quomodocunquep externam; hic autem extat Dei Verbum et mandatum, quo Baptismus instituitur, fundatur et confirmatur: qQuicquid autem Deus instituit et faciendum praecipit, certe non rem nihili, sed rem pretiosam et utilem esse necesse est; tametsi quoad externam faciem stramineo culmo vilior essetq 50. Potuimus hactenus per multa saecula magnifacere Papam literis ac Bullis suis vanissimis distribuentem indulgentias, altaria aut templa confirmantem, tantum propter concessa sigilla et literas. Quanto maiore in pretio atque existimatione nobis Baptismus habendus est, cuius ipse Christus autor extitit, quem ipse praecepit, instituit ac in cuius nomine administratur. Ita enim verba sonant: Ite et baptizate, sed non in vestro, verum in Dei nomine. Siquidem baptizari in nomine Dei non est ab hominibus, sed ab ipso Deo baptizari. Quapropter quanquam manu hominis administratur, revera tamen | proprium Dei opus censendum et habendum est. Ex quo quivis haud difficulter potest colligere Baptismi opus multo esse sublimius et [522] praestantius quam ullum opus factum ab ullo divorum aut hominum. rQuae enim opera possunt esse dicive maiora quam Dei opera?r Sed enim hic omni studio occupatus est Diabolus, ut factitia quadam larva et facie nos decipiat et a Dei opere ad nostrum opus non abducat. Multo enim splendidius et praeclarius esse videtur Carmelitam quempiam magna et laboriosa quaedam facere opera et nos ipsi multo maioris opera et merita nostra quam Dei aestimamus. Verum scriptura ita docet, quanquam omnium monachorum opera quantumvis nitentia in unum conflata cumularentur neque tamen tam pretiosa habenda forent, quam si Deus tantum stipulam humi sustulerit. Quid ita? Propterea, quod persona nobilior est atque excellentior. Iam vero hoc loco persona nequaquam iuxta opera, verum opera iuxta personam aestimanda sunt, a qua dignitatem mutuantur et pretium. Verum hic insana ratio perverse ac praepostere iudicans ita existimat, cum non perinde splendidam faciem Baptismus prae se ferre soleat atque opera, quae ipsa facit, nullius etiam momenti esse Baptismums. Ex his iam memoratis sanum intellectum percipe atque interrogatus, quid Baptismus sit, Ita responde: Non esse prorsus aquam simplicem, sed eiusmodi, quae Verbo et praecepto Dei comprehensa et illi inclusa sit et per hoc sanctificata, ita ut nihil aliud fit, quam Dei seu Divina aqua, non quod aqua
p quamlibet Hag | q – q Ceterum quicquid Deus instituerit et faciendum praeceperit, certum est non esse rem nihili, sed pretiosam et utilem, etiamsi externa facie stipula fabali aut cassa nuce esset inanior et levior. Vgl. Anm. 50. | r – r nicht in Hag | s cogitur Hag 50
Vgl. Ovid, Fasti IV, 725; Plautus, Pseudolus CCCLXXI; s. Anm. q-q.
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Baptizari in nomine Dei est ab ipso Deo baptizari. BSLK 693
Collatio divinorum operum et humanorum.
Definitio Baptismi.
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geheiliget, das nichts anders ist denn ein Gottes wasser, nicht daß das wasser an im selbst edler sey denn andere wasser, sondern das Gottes wort und gebot dazu kömpt. Darumb ists ein lauter bubenstücke und des Teuffels gespötte, das itzt unsere neue Geister1076 die Tauffe zu lestern, Gottes wort und ordnung davon lassen und nicht anders ansehen denn das wasser, das man aus dem Brunnen schepffet, und darnach daher geiffern1077: Was solt ein | hand voll wassers der Seelen helffen?1078 Ja lieber, wer weis das nicht, das wasser wasser ist, wenn es von einander trennens sol gelten? Wie darffstu aber so in Gottes ordnung greiffen und das beste kleinot davon reissen, damit es Gott verbunden und eingefasset hat und nicht wil getrennet haben? Denn das ist der kern in dem wasser: Gottes wort oder Gebot und Gottes Namen, welcher schatz grösser und edler ist denn Himel und Erde. Also fasse1079 nu die unterscheid, das viel ein ander ding ist Tauffe denn alle ander wasser, nicht des natürlichen wesens halben, sondern das hie etwas edlers dazu kömpt. Denn Gott selbst seine ehre [218r] hinan setzet, seine krafft und macht daran legt. Darumb ist es nicht allein ein natürlich Wasser, sondern ein Göttlich, himlisch, heilig und selig Wasser, und wie mans mehr loben kan, alles umb des worts willen, welches ist ein himlisch, heilig wort, das niemand gnug preisen kan, denn es hat und vermag alles, was Gottes ist. Daher hat es auch sein wesen, das es ein Sacrament heisset, wie auch Sanct Augustinus geleret hat: Accedat verbum ad elementum, et fit Sacramentum,1080 das ist wenn das wort zum element oder natürlichem wesen kompt, so wird ein Sacrament daraus, das ist ein heilig, Göttlich ding und zeichen. Darumb leren wir allezeit, man solle die Sacrament und alle eusserliche ding, so Gott ordnet und einsetzet, nicht ansehen nach der groben eusserlichen larven1081, wie man die schalen von der nuss sihet, sondern wie Gottes wort darein geschlossen ist. Denn also reden wir auch vom Vater und Mutter standt und Weltlicher Oberkeit, wenn man die wil ansehen, wie sie nasen augen, haut und har, fleisch und bein haben, so sehen sie Türcken und Heiden gleich, und möcht auch jemand zufaren1082 und sprechen: Warumb solte ich mehr von diesem halten denn von andern? Weil aber | das Gebot dazu kömpt: „Du solt Vater und Mutter ehren.“ So sehe ich ein andern Mann, geschmückt und angezogen mit der Maiestet und herrlichkeit Gottes. Das Gebot (sage ich) ist die gülden ketten, so er am hals tregt, Ja die krone auff seinem heupt, die mir anzeigt, wie und warumb man diss fleisch und blut ehren sol. Also und viel mehr soltu die Tauffe ehren und herrlich halten umb
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Eine Anspielung auf die Täufer, u. a. Hans Hut und Melchior Rink, die 1528 im ernestinischen Thüringen begonnen hatten zu predigen. | 1077 schwatzen, schwafeln | 1078 In der Unterredung der „Zwickauer Propheten“ Nikolaus Storch, Marcus Stübner und Thomas Drechsel mit Luther im Jahre 1522 richtete Storch diese Frage an den Reformator; vgl. Luthers Erinnerungen an das
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haec per sese quavis alia sit praestantior, sed quod ei verbum ac praeceptum Dei accesserit. Quocirca mera sycophantia est et Diaboli illusio, quod hodie nostri novi spiritus, tut blasphement et contumelia afficiant Baptismum, Verbum et institutionem Dei ab eo divelluntt nec aliter intuentur eum, quam aquam e puteo haustam ac | deinceps ita blasphemo ore blaterant: Quis vero adeo vecors et inops animi est, qui hoc ignoret divulsis Baptismi partibus aquam esse aquam? Qua vero fronte tu tibi tantum sumis, ut non verearis ab ordinatione Dei pretiosissimum κεμήλιον [523] avellere, uquo Deus illam constrinxit et inclusit neque inde divelli vult aut seiungiu? Quippe Verbum Dei aut praeceptum, item nomen Dei in aqua ipse solet esse nucleus, qui thesaurus ipso coelo et terra omnibus modis nobilior est et praestantior. Ad hunc ergo modum ita discerne longe aliam rem esse Baptismum atque omnes alias aquas non naturalis essentiae gratia, sed quod huic aliquid praestantioris rei adiungitur. Ipse enim Deus Baptismum suo honestat nomine suaque virtute confirmat. Eam ob rem non tantum naturalis aqua, sed etiam divina, coelestis, sancta et salutifera aqua, quocunque alio laudis titulo nobilitari potest, habenda et dicenda est hocque non nisi Verbi gratia, quod coeleste ac sanctum Verbum est neque a quoquam satis ampliter, digne et cumulate laudari potest, Siquidem omnem Dei virtutem et potentiam in se habet comprehensam. Inde quoque Baptismus suam accipit essentiam, ut Sacramenti appellationem mereatur, quemadmodum sanctus etiam docet Augustinus: Accedat, inquit, verbum ad elementum et fit Sacramentum, hoc est: res sancta atque divina. Quocirca nunquam non docemus Sacramenta et omnes res externas a Deo ordinatas et institutas non intuendas esse iuxta crassam illam et externam larvam, veluti nucis putamina intuemur, sed quamadmodum hisce verbum Dei inclusum sit. Neque secus de parentum statu et Magistratibus loquimur, quos si eatenus intueri volumus, quatenus nares, oculos, aures, cutem, pilos, carnem et ossa habeant, tum Turcis et gentilibus sunt similes ac aliquis dicere posset: Cur hos maioris facerem quam alios? Atqui accedente praecepto, Honora patrem | tuum et matrem tuam, alium virum video divina maiestate et gloria indutum et exornatum. Praeceptum, inquam, aureus ille torques est, quem collo circumfert, imo potius corona in capite indicans, quomodo et quamobrem haec caro et sanguis honorandi sint. Ita quoque ac multo quidem vehementius Baptismo honor habendus est propter verbum, quippe quem ipse Deus et verbo et [524] facto honoravit, ad haec miraculis coelitus ostensis confirmavit. Num enim putas rem fuisse iocularem, cum Christus semett – t et anabaptistae baptismum in contumeliam et reprehensionem rapiant Dei verbum et institutionem ab eo revellentes Hag | u – u quas has esse divulsas et disiunctas Hag
Gespräch, in: WA.TR 2, 306f (Nr. 2060). | 1079 begreife | 1080 Augustinus, Tractatus in Ioannem LXXX, 15, in: PL 35, 1840 (CChr.SL 36, 529,51) | 1081 Erscheinung | 1082 kommen
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Anabaptistae.
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Sacramentum constat verbo et signo, quae in usu non debent dividi.
In Ceremoniis divinis non opus sine verbo, sed una cum verbo Dei considerandum.
Dictum Augustini.
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Revelatio divinitatis in baptismo Christi facta.
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des worts willen, als die er selbst beide mit worten und wercken geehret hat, dazu mit wunder vom Himel bestetigt. Denn meinestu, das ein schertz war, da sich Christus teuffen lies, der Himel sich auffthete, der heilige Geist sichtiglich herab fuhr1083 und war eitel Göttliche herrligkeit und Maiestet? Derhalben vermane ich abermal, das man bey leib die zwey, Wort und Wasser, nicht von einander scheiden und trennen lasse. Denn wo man das wort davon sondert, so ists nicht ander Wasser, denn damit die Magd kochet, und mag wol ein Badertauffe1084 heissen, aber wenn es dabey ist, wie es Gott geordnet hat, so ists ein Sacrament und heisset Christus Tauffe. Das sey das erste stück von dem wesen und wirde des heiligen Sacraments. Auffs ander. Weil wir nu wissen, was die Tauffe ist und wie sie zu halten sey, müssen wir auch lernen, warumb und wozu sie eingesetzt sey, das ist was sie nütze, gebe und schaffe. Solches kan man auch nicht besser denn aus den worten Christi, oben angezogen, fassen. Nemlich: „Wer da gleubet und getaufft wird, der [218v] wird selig.“1085 Darumb fasse es auffs aller einfeltigst also, das diß der Tauffe krafft, werck, nutz, frucht und ende ist, das sie selig mache. Denn man teuffet niemand darumb, das er ein Fürst werde, sondern, wie die wort lauten, das er selig werde. Selig werden aber, weis man wol, das nichts anders heisse, denn von | Sünden, Todt, Teuffel erlöset, in Christus Reich komen und mit im ewig leben. Da sihestu abermal, wie theuer und werd die Tauffe zu halten sey, weil wir solchen unaussprechlichen schatz darinne erlangen, welches auch wol anzeigt, das nicht kan ein schlecht lauter1086 Wasser sein. Denn lauter Wasser künde solchs nicht thun, aber das wort thuts und das (wie oben gesagt) Gottes Name darinnen ist. Wo aber Gottes Name ist, da muss auch leben und seligkeit sein, das es wol ein Göttlich, selig, fruchtbarlich und gnadenreich Wasser heisset, denn durchs wort kriegt sie die krafft, das sie ein bad der widergeburt ist, wie sie auch Sanct Paulus nennet, an Tit. 31087.
Das aber unser Klüglinge1088 die neuen Geister, fürgeben: Der glaube macht allein selig, die werck aber und eusserlich ding thun nichts dazu; Antworten wir, das freilich nichts in uns thut denn der glaube, wie wir noch weiter hören werden. Das wöllen aber die Blindenleiter1089 nicht sehen, das der glaube etwas haben muss, das er gleube, das ist daran er sich halte und darauff er stehe und fusse. Also hanget nu der glaube am Wasser und gleubt, das die Tauffe sey, darin eitel seligkeit und leben ist. Nicht durchs Wasser (wie gnug gesagt), sondern dadurch, das mit Gottes wort und ordnung verleibet1090 ist und sein Name darin klebt. Wenn ich nu solches gleube, was gleube ich
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Vgl. Mt 3,16. | 1084 Vgl. Luther, Von der heiligen Taufe. Predigten (1534. 1535), in: WA 37, 642,16–18. | 1085 Mk 16,16 | 1086 einfaches, bloßes | 1087 Vgl. Tit 3,5. | 1088 Besserwisser | 1089 Vgl. Mt 23,16; 15,14. | 1090 vereinigt
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ipsum Iohanni baptizandum offerret, coelum simul aperiretur et Spiritus sanctus propalam e coelo columbina specie descenderet nec quicquam aliud adesset, quod non certissimis documentis Divinam maiestatem et gloriam repraesentaret? Quare iterum atque iterum repetens moneo, ne haec duo, Verbum et Aquam, ullo modo disiungi atque divelli patiamur. Separato enim inde verbo non alia est aqua atque illa, qua in culina ad elixandas carnes culinae praefecta utitur, potestque non male balneatorum dici Baptismus. Ceterum coniuncto Verbo, sicut Christus ordinavit et instituit, tum Sacramentum est ac Christi Baptismus dicitur. Et haec prima huius institutionis pars sit de essentia et dignitate huius Sacramenti. Deinde, posteaquam certi sumus, quid sit Baptismus et quid de eo sentiendum, etiam illud nobis discendum venit, quamobrem et in quem usum Baptismi ratio instituta sit, hoc est, quid utilitatis baptizatis adferat, conferat et pariat. Verum neque hoc melius atque compertius quam ex verbis Christi supra citatis sciri potest ac percipi, nimirum: Qui crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit. Quare rei summam ita simplicissime complectere hanc videlicet Baptismi virtutem, opus, fructum et finem esse, ut homines salvos faciat. Nemo enim in hoc baptizatur, ut princeps evadat, verum, sicut | verba sonant, ut salvus fiat. Ceterum salvum fieri scimus nihil aliud esse, quam a peccati, mortis et Diaboli tyrannide liberari, in Christi regnum deferri ac cum eo immortalem vitam agere. Ex hoc iterum non obscure perspicis, quanti momenti ac pretii Baptismus habendus sit, in quo tam inaestimabilem tamque ineffabilem thesaurum consequimur. Atque hoc ipsum sufficienter indicat Baptismum solam ac simplicem aquam esse non posse. Eius enim virtutis simplex aqua esse non potest, verum enim vero Dei verbum facit, tum quod (ut supra diximus) Dei nomen in illo sit. Iam ubicunque Dei nomen est, [525] ibi vitam quoque et summam felicitatem esse necesse est, ut non iniuria divina, beata, fructuosa et omnis gratiae plena aqua dici possit. Etenim verbi divini accessione eam virtutem consequitur, ut λουτρὸν παλιγγενεσίαν lavacrum regenerationis sit, sicuti nominat Paulus ad Titum tertio. Quod autem nasutuliv nostri μωροσοφοὶ, novi illi spiritus superciliose admodum fabulantur fidem solam esse, quae salvos faciat, opera vero et res externas ad salutem consequendam nihil praestare aut facere, Respondeo Sane in nobis nihil aliud facere aut operari salutem quam fidem, qua de re mox infra latius. Atqui hoc caecorum duces videre nolunt fidem necessario aliquid habere, quod credat, hoc est, cui innitatur et qua re suffulta persistat. Ita iam fides aquae adhaeret crediturque Baptismum esse, in quo mera beatitudo et vita est, non aquae virtute (ut abunde dictum est), sed per hoc, quod Baptismus Verbo et ordinatione divina unitus et confirmatus est eiusque nomine nobilitatus. Iam haec credens, quid aliud quam in Deum credo ut in eum, qui
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Quando Ceremoniae habent rationem Sacramenti.
Effectus Baptismi remissio peccatorum et donatio Spiritus Sancti.
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Ad Anabaptistarum obiectionem responsio.
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anders denn an Gott als an den, der sein wort darein gegeben und gepflantzet hat und uns diss eusserlich ding fürschlegt, darin wir solchen schatz ergreiffen kündten? Nu sind sie so toll, das sie von einander scheiden den glauben und das ding, daran der Glaube hafftet und gebunden ist, ob es gleich eusserlich ist. Ja es sol und muss eusserlich sein, das mans mit sinnen fassen und begreiffen und dadurch ins hertz bringen könne, wie denn das gantze Evangelium ein eusserliche mündliche Predigt ist summa, was Gott in uns thut und wircket, wil er durch solche eusserliche ordnung wircken. Wo er nu redet, ja wo hin oder wo durch er redet, da sol der glaube hin sehen und sich daran halten. Nu haben wir hie die wort: „Wer da gleubt und getaufft wird, der wird selig.“1091 Worauff sind sie geredt anders denn auff die Tauffe, das ist das Wasser in Gottes ordnung gefasset? Darumb folget das, wer die Tauffe verwirfft, der verwirfft Gottes wort, den glauben und Christum, der uns dahin weiset und an die Tauffe bindet. [219r] Auffs dritte: Weil wir den grossen nutz und krafft der Tauffe haben, so las nu weiter sehen, wer die Person sey, die solches empfahe, was die Tauffe gibt und nützet, das ist abermal auffs feinest und klerlichst ausgedrückt eben mit den worten: Wer da gleubet und getaufft wird, der wird selig. Das ist der glaube machet die person allein wirdig, das heilsame, Göttliche Wasser nützlich zu empfahen. Denn weil solches allhie in den worten bey und mit dem wasser fürgetragen und verheissen wird, kan es nicht anders empfangen werden, denn das wir solch von hertzen gleuben; on glauben ist es nichts nütz, ob es gleich an im selbst ein Göttlicher uberschwenglicher schatz ist. Darumb vermag das einige wort „wer da gleubt“ so viel, das es ausschleusset und zurück treibet alle werck, die wir thun können der meinung1092, als dadurch seligkeit zu erlangen und verdienen. Denn es ist beschlossen: was nicht glaube ist, das thut nichts dazu, empfehet auch nichts.1093 Sprechen sie aber, wie sie pflegen: Ist doch die Tauffe auch selbst ein werck. So sagstu, die werck gelten nichts zur seligkeit, wo bleibet denn der glaube? Antwort: Ja, unsere werck thun freilich nichts zur seligkeit, die Tauffe aber ist nicht unser, sondern Gottes werck. (Denn du wirst, wie gesagt, Christus Tauffe gar weit müssen scheiden von der Badertauffe) Gottes werck aber sind heilsam und not zur seligkeit und schliessen nicht aus, sondern fodern1094 den glauben, denn on glauben kündte man sie nicht fassen. Denn damit, das du lessest das wasser uber dich giessen, hastu die Tauffe noch nicht also empfangen, das sie dir etwas nütze, aber davon wird sie dir nütze, wenn du dich der meinung1095 lest teuffen, als aus Gottes befehl und ordnung, dazu in Gottes Namen, auff das du in dem wasser die verheissene seligkeit empfahest. Nu
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Mk 16,16 | 1092 in der Absicht | 1093 Luther unterschied zwischen der Gültigkeit der Verheißung Gottes in der Taufe und dem Empfangen der Verheißung im Taufakt. Das Wirksam-Werden
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suum Verbum Baptismo indidit et inseruit ac nobis externas res proponit, in quibus tantarum rerum thesaurum comprehendere queamus?
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Iam usque adeo insaniunt novi illi Spiritus, ut disiungere non vereantur fidem et rem, cui fides adhaerescit et alligata est, tametsi externa sit. Verum haec non potest non externa esse, ut sensibus percipi et comprehendi possit atque ita deinceps animo infigi, quemadmodum totum Evangelium externa quaedam et corporalis est praedicatio. In summa, quicquid Deus in nobis facit et operatur, tantum externis istiusmodi rebus et constitutionibus operari dignatur. Ubicunque iam loquitur, imo potius quocunque aut per quemcunque locutus fuerit, eo fidei dirigendi sunt oculi eique adhaerendum. Iam hic verbum Dei in promptu habemus: Qui crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit. Quorsum ista verba alias quam de Baptismo dicta sunt, hoc est, de aqua divino ordine fundata et confirmata? Ex hoc sequitur, ut is, qui Baptismum contemnit et reiicit, Verbum Dei, fidem [526] et Christum quoque reiiciat eo nos ducentem et Baptismo alligantem. Tertio cognita iam ingenti cum virtute, tum utilitate Baptismi videamus ulterius, quae persona sit talia accipiens, quae per Baptismum offeruntur. Hoc iterum pulcherrime et clarissime in his verbis expressum est: Qui crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit. Hoc est, sola fides personam dignam facit, ut hanc salutarem et divinam aquam utiliter suscipiat. Cum enim hoc in verbis una cum aqua nobis offeratur et proponatur, non alia ratione potest suscipi, quam ut hoc ex animo credamus. Citra fidem nihil prodest Baptismus, tametsi per sese coelestis et inaestimabilis thesaurus esse negari non possit. Ideo unicum illud verbum Qui crediderit tantum potest, ut excludat atque reiiciat omnia opera, quaecunque facere poterimus hoc animo, ut per ea salutem consequamur et promereamur. Iam enim ita irrevocabiliter decretum est, quicquid fides non est, illud ad consequendam salutem nihil profuturum neque tantillum consecuturum? Quod si, ut solent, dixerint: Tamen ipse quoque Baptismus opus est et tu dicis opera ad salutem consequendam nullius esse momenti, ubi tunc manet fides? Responde: Sane vero nostra opera ad salutem nihil faciunt, porro autem Baptismus non nostrum, sed Dei opus est. Dei enim Baptismus, ut dictum est, longe lateque a balneatoris Baptismo tibi secernendus est. Dei autem opera salutifera sunt et ad salutem consequendam necessaria neque excludunt, sed fidem requirunt, citra quam comprehendi non possent. Eo enim, quod te aqua perfundi sinis, Baptismum nondum percepisti aut servasti, ut inde aliquid emulumenti ad te redeat. Verum inde primum tibi proderit, si hoc consilio temet baptizandum obtuleris, ut Dei mandato et institutioni satisfacias, ut in nomine Domini baptizatus promissam in aqua salutem der stets gültigen Verheißung geschieht allein im Glauben. | 1094 fordern, mit dem doppeldeutigen Hintergrund von „fordern“ und „fördern“. Luther verwandte das Wort auch in den Marburger Artikeln (1529), in: WA 30/3, 165,9–17. | 1095 in der Absicht
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BSLK 697 | Sacramenta sunt spectacula seu testimonia promissionibus addita, ut certius credamus.
Quibus prosit Baptismus.
BSLK 698 | Aliud argumentum adversariorum.
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kan solchs die faust noch der leib nicht thun, sondern das hertz muss es gleuben. Also sihestu du klar, das da kein werck ist von uns gethan, sondern ein schatz, den er uns gibt und der glaub ergreiffet, so wol als1096 der Herr Christus am Creutz nicht ein werck ist, sondern ein schatz im wort gefasset und uns fürgetragen und durch den glauben empfangen. Darumb thun sie uns gewalt, das sie wider uns schreien, als predigen wir wider den Glauben. So wir doch allein darauff treiben1097, als der so nötig dazu ist, das on in nicht empfangen noch genossen mag werden. Also haben wir die drei stücke, so man von diesem Sacrament wissen muss, sonderlich das Gottes Ordnung ist in allen ehren zu halten, welchs allein gnug were, ob es gleich gantz ein eusserlich ding ist, wie das | Gebot: Du solt Vater und Mutter eh[219v]ren“1098, allein auff ein leiblich fleisch und blut gestellet, da man nichts das fleisch und blut, sondern Gottes gebot ansihet, darin es gefasset ist und umb welches willen das fleisch Vater und Mutter heisset. Also auch, wenn wir gleich nicht mehr hetten denn diese wort: „Gehet hin und teuffet“ etc., müsten wirs dennoch als Gottes Ordnung annemen und thun. Nu ist nicht allein das gebot und befehl da, sondern auch die verheissung, darumb ist es noch viel herrlicher, denn was Gott sonst geboten und geordnet hat. Summa, so vol trosts und gnade, das Himel und Erden nicht kan begreiffen. Aber da gehöret kunst1099 zu, das man solchs gleube, denn es mangelt nicht am schatz, aber da mangelts an, das man in fasse und fest halte.
Darumb hat ein jeglicher Christen sein lebenlang gnug zu lernen und zu uben an der Tauffe, denn er hat immerdar zu schaffen, das er festiglich gleube, was sie zusagt und bringet: uberwindung des Teuffels und Tods, vergebung der Sünde, Gottes gnade, den gantzen Christum und heiligen Geist mit seinen gaben, summa, es ist so uberschwenglich, das, wenns die blöde natur kündte bedencken, solt sie wol zweiffeln, ob es kündte war sein. Denn rechne1100 du, wenn etwo ein Artzt were, der die kunst künde, das die leute nicht stürben oder, ob sie gleich stürben, edoch bald wider lebend würdene und darnach ewig lebten, wie würde die Welt mit gelt zuschneien und regnen, das für den reichen niemand künde zukomen? Nu wird hie in der Tauffe jedermann umb sonst für die thür gebracht, ein solcher schatz und ertzney, die den Tod verschlinget1101 und alle Menschen beim leben erhelt.
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nicht in Witt1–3.
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consequaris. Iam hoc neque manus neque corpus efficere potest, sed corde credendum est. Ita vides liquido hic nullum esse opus, quod a nobis fiat, sed thesaurum, quem ille [527] nobis largitur, sola fides apprehendit, non secus atque Dominus Iesus in cruce nullum opus est, sed thesaurus verbo comprehensus nobisque oblatus, quem sola fides apprehendit et consequitur. Iniuriam itaque nobis faciunt, cum adversus nos vociferantur, quasi contra fidem doceamus, cum tamen unice illam urgeamus et inculcemus, ut quae tam sit necessaria, ut sine illa nihil quicquam possimus apprehendere aut consequi. Ita quidem habemus tres huius Sacramenti partes, quas quivis Christianus tenere debet, praecipue vero quod Baptismus Dei sit constitutio, in omni honore ac pretio habenda. Quae una | abunde satis nos movere debet, tametsi res prorsus sit externa. Quemadmodum quartum praeceptum, Honora patrem tuum et matrem tuam, tantum de corporali carne et sanguine honorandis constitutum est, in quo non carnem et sanguinem, sed Dei praeceptum intuemur, cui illa inclusa sunt cuiusque gratia, caro et sanguis pater ac mater dicuntur. Ita quoque, si praeter haec verba: Ite et baptizate etc. nihil nobis esset aliud, attamen nobis illa ut Dei constitutio arripienda essent et facienda. Iam hic non tantum adest praeceptum et mandatum faciendi, verum etiam promissio. Quare multo praestantior est atque sublimior Baptismi constitutio quam alia, quae a Deo praecepta et ordinata sunt. In summa, adeo plena est consolationis et gratiae, ut eius sublimitatem coelum ac terra assequi nequeant. Verum hic arte opus est, ut haec vera esse credantur, neque in thesauro quicquam desiderari potest, in hoc vis sita est, ut comprehendatur et comprehensus firmiter retineatur. Quapropter quivis Christianus per omnem vitam suam abunde satis habet, ut Baptismum recte perdiscat atque exerceat. Sat enim habet negotii, ut credat firmiter, quaecunque Baptismo promittuntur et offeruntur, victoriam, nempe mortis ac Diaboli, remissionem peccatorum, gratiam Dei, Christum cum omnibus suis operibus et Spiritum sanctum cum omnibus suis dotibus. Breviter ista omnia, quae Baptismus secum adportat, omnem humanam cogi[528]tationem exuperant, ita ut, si imbecilla natura animo repeteret, non iniuria in dubium veniret, num vera esse possint. Ipse enim aestima: Quod, si uspiam gentium esset medicus ea arte praeditus, qua posset efficere, ne homines morerentur aut, si mortem oppeterent, postea tamen perpetuo viverent, quam non ad eundem maximi minimique certatim et undarum instar multis cum opibus cursitarent, ita ut prae divitum turba nulla daretur accedendi copia? Iam hic in Baptismo par|vis et amplis, hoc est, omnibus gratuito ad fores usque offertur eiusmodi thesaurus et medicina, quae mortem absorbet ac homines in vita conservat.
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ebenso wie | 1097 dringen | denke | 1101 Vgl. Jes 25,8.
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Ex 20,12; Dtn 5,16 |
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Verständnis, rechter Sinn |
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BSLK 699 Mandatum: Ite, baptizate.
Promissio: Qui crediderit et baptizatus fuerit.
Assiduus Baptismi usus in omni vita.
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Also muss man die Tauffe ansehen und uns nütze machen, das wir uns des stercken und trösten, wenn uns unser sünd oder gewissen beschweret, und sagen: Ich | bin dennoch getaufft, bin ich aber getaufft, so ist mir zugesagt, ich solle selig sein und das ewige leben haben, beide an Seel und Leib. Denn darumb geschicht solches beides in der Tauffe, das der leib begossen wird, welcher nicht mehr fassen kan denn das wasser, und dazu das wort gesprochen wird, das die Seele auch könne fassen. Weil nu beide wasser und wort eine Tauff ist, so muss auch beide Leib und Seele selig werden, und ewig leben. Die Seele durchs wort, daran sie gleubt, der Leib aber, weil er mit der Seele vereiniget ist und die Tauffe auch ergreiffet, wie ers ergreiffen kan. Darumb haben wir an unserm leib und seele kein grösser kleinot, denn dadurch werden wir gar heilig und selig, welches sonst kein leben, kein werck auff Erden erlangen kan. Das sey nu gnug gesagt von dem wesen, nutz und brauch der Tauffe, so viel hierher dienet1102.
[220r] Von der Kindertauffef 1103
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Hiebey fellet nun eine frage ein, damit der Teuffel durch seine Rotten die Welt verwirret, von der Kindertauffe, ob sie auch gleuben und recht getaufft werden. Dazu sagen wir kürtzlich: Wer einfeltig ist, der schlage die frage von sich und weise sie zu den Gelerten. Wiltu aber antworten, so antworte also: Das die Kindertauffe Christo gefalle, beweiset sich gnugsam aus seinem eigenen werck. Nemlich das Gott deren viel heilig machet und den heiligen Geist gegeben hat, die also getaufft sind und heutiges tags noch viel sind, an den man spüret das sie den heiligen Geist haben, beide der lere und lebens halben, als uns von Gottes gnaden auch gegeben ist, das wir ja können die Schrifft auslegen, und Christum erkennen, welches on den heiligen Geist nicht geschehen kan. Wo aber Gott die Kindertauffe nicht anneme, würde er | derer keinem den heiligen Geist noch ein stücke davon geben, summa, es müste so lange zeit her, biß auff diesen tag kein mensch auff Erden Christen sein. Weil nu Gott die Tauffe bestetiget durch eingeben1104 seines heiligen Geists, als man in etlichen Vetern als Sanct Bernhard1105, Gerson1106, Johan Huss1107 und andern, gso in der Kindheit getaufft sindg, wol spüret, und die
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in Witt2–4 am Rand | g – g nicht in Witt1–3
1102 passt | 1103 Vgl. hierzu Luther, Von der Wiedertaufe an zwei Pfarrherrn (1528), in: WA 26, 144–174. | 1104 Mitteilung | 1105 Bernhard von Clairvaux, Zisterzienser. Luther kannte seine Predigten und Schriften. | 1106 Jean Gerson, ockhamistischer Theologe, Teilnehmer am Konstanzer Konzil (1414–1418), wurde von Luther oft zitiert. | 1107 Johannes Hus, böhmischer Reformator, 1415 als Ketzer auf dem Konstanzer Konzil verbrannt. Luther sah in ihm einen Märtyrer und in mancher Hinsicht seinen Vorläufer; vgl. Luther, Adversus execrabilem Antichristi
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Ita Baptismus intuendus est et nobis fructuosus faciendus, ut hoc freti corroboremur et confirmemur, quoties peccatis aut conscientiae gravamur, ut dicamus: Ego tamen baptizatus sum, quod si baptizatus, certum est ea promissa mihi data esse: me beatum fore ac vitam immortalem et anima et corpore possessurum. Ideo enim haec duo in Baptismo fiunt, ut et corpus aqua perfundatur, quod praeter aquam nihil plus potest capere, et ad haec verba proferuntur, ut haec anima capiat. Iam vero quoniam et aqua et verba unum Baptismum esse constat, sequitur, ut et corpus et anima salva fiant ac in aeternum vivant. Anima quidem per Verbum, cui credit, corpus autem, quoniam animae unitum est et Baptismum quoque apprehendit, qua ratione potest apprehendere. Quare neque in anima neque in corpore uspiam rem pretiosiorem habemus, siquidem Baptismi auxilio prorsus sancti ac felices reddimur, id quod alioqui nulla vita, nullum uspiam opus potest assequi. Haec quidem de Baptismi essentia, utilitate et usu, quaecunque scitu erant necessaria, dicta sufficiant.
Hoc vero loco occurrit quaestio, qua hodie Diabolus per sectas suas mundum varie illaqueat, nempe de puerorum Baptismo, num illi quoque credant aut recte baptizentur. Ad hanc nos ita breviter respondemus: qui simplici intelligentia praeditus est, ille hanc quaestionem indiscussam a se removeat ac doctoribus discutiendam relinquat. Quod si tamen respondere volueris, ita responde: Puerorum Baptismum [529] Christo placere et gratum esse suo ipsius opere abunde ostenditur, nempe quod Deus illorum non paucos sanctificavit eosdemque spiritu sancto impertivit, qui statim a partu infantes baptizati sunt. Sunt etiam hodie non parum multi, quos certis indiciis animadvertimus Spiritum sanctum habere, cum doctrinae eorum, tum etiam | vitae nomine. Sicut et nobis gratia Dei datum et concessum est nosse scripturas interpretari et Christum cognoscere, quod citra Spiritum sanctum nullo modo fieri posse nemo dubitat. At si puerorum Baptismus Christo non probaretur, nulli horum Spiritum sanctum aut ne particulam quidem eius impetiret atque, ut summatim, quod sentio, eloquar, per tot saecula, quae ad hunc usque diem elapsa sunt, nullus hominum Christianus perhibendus esset. Quoniam vero Deus Baptismum sui sancti Spiritus donatione confirmat, id quod in nonnullis patribus, divo Bernhardo, Gersone, Iohanne Huss et in aliis non obscuris argumentis intelligitur, neque sancta Christianorum
bullam (1520), in: WA 6, 588,4–592,4; ders., Assertio omnium articulorum M. Lutheri per bullam Leonis X. novissimam damnatorum (1520), in: WA 7, 135,11–136,19; ders., De abroganda missa privata Martini Lutheri sententia (1521), in: WA 8, 425,7–38; ders., De servo arbitrio (1525), in: WA 18, 650,23–651,30; 657,21–26; ders., Der 112. Psalm Davids (1526), in: WA 19, 333,12–14; ders., Vorlesung über Jesaja (1527/1530), in: WA 25, 124,7f; ders., Tres epistolae Joh. Hussii (1537), in: WA 50, 37,12–39,14; WA.TR 3, 92f (Nr. 2926a-b); WA.TR 4, 581f (Nr. 4922); WA.TR 5, 181f (Nr. 5485).
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De Baptismo infantum.
Sentire infantes Baptizandos. Prior responsio.
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heilige Christliche Kirche nicht untergehet biß ans ende der Welt, so müssen sie bekennen, das solche Kindertauffe Gott gefellig sey. Denn er kan je nicht wider sich selbst sein oder der lügen und büberey helffen noch seine gnade und Geist dazu geben. Diß ist fast die beste und sterckste beweisung für die einfeltigen und ungelerten. Denn man wird uns diesen Artickel: „Ich gleube eine heilige Christliche Kirche, die gemeine der Heiligen“1108 etc. nicht nemen noch umbstossen. Darnach sagen wir weiter, das uns nicht die gröste macht daran liegt1109, ob der da getaufft wird, gleube oder nicht gleube, denn darumb wird die Tauffe nicht unrecht, sondern an Gottes wort und gebot ligt es alles. Das ist nu wol ein wenig scharpff1110, stehet aber gar darauff, das ich gesagt habe, das die Tauffe nicht anders ist denn Wasser und Gottes wort bey und mit einander, das ist wenn das wort bey dem wasser ist, so ist die Tauffe recht, ob schon1111 der glaube nicht dazu kömpt. Denn mein glaube machet nicht die Tauffe, sondern empfehet die Tauffe. Nu wird die Tauffe davon nicht unrecht, ob sie gleich nicht recht empfangen oder gebraucht wird, als die (wie gesagt) nicht an unsern glauben, sondern an das wort gebunden ist. [220v] Denn wenn gleich diesen tag ein Jüde1112 mit schalckheit1113 und bösem fürsatz herzu keme und wir in mit gantzem ernst | teuffeten, sollen wir nichts deste weniger sagen, das die Tauffe recht were. Denn da ist das Wasser sampt Gottes wort, ob er sie gleich nicht empfehet, wie er sol. Gleich als die unwirdig zum Sacrament gehen, das rechte Sacrament empfahen, ob sie gleich nicht gleuben. Also sihestu, das der Rottengeister einrede1114 nichts taug. Denn (wie gesagt) wenn gleich die kinder nicht gleubten, welches doch nicht ist (als itzt beweiset), so were doch die Tauffe recht und sol sie niemand wider teuffen. Gleich als dem Sacrament nichts abgebrochen1115 wird, ob jemand mit bösem fürsatz hinzu gienge, und nicht zu leiden were, das ers umb des missbrauchs willen auff dieselbige stunde abermal neme, als hette er zuvor nicht warhafftig das Sacrament empfangen. Denn das hiesse das Sacrament auffs höhest gelestert und geschendet. Wie kemen wir dazu, das Gottes wort und ordnung darumb solt unrecht sein und nichts gelten, das wirs unrecht brauchen? Darumb sage ich: hastu nicht gegleubt, so gleube noch und sprich also: Die Tauffe ist wol recht gewesen, ich habe sie aber leider nicht recht empfangen. Denn auch ich selbst und alle, so sich teuffen lassen, müssen für Gott also sprechen: Ich kome her in meinem glauben und auch der andern, noch1116 kan ich nicht darauff bauen, das ich gleube und viel leute für mich bitten,
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Apostolicum; vgl. o. S. 42f. | 1109 nicht am allermeisten daran liegt | 1110 scharfsinnig, zugespitzt | 1111 obgleich | 1112 Da man zu Luthers Zeit Neugeborene christlicher Eltern unverzüglich taufte, war ein als Erwachsener bekehrter Jude das einzige Beispiel für die Erwachsenentaufe, das Luther kannte. | 1113 Bosheit | 1114 Widerspruch | 1115 Abbruch getan | 1116 dennoch
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Ecclesia usque ad consummationem saeculi interibit, fateri coguntur Deo Baptismum non displicere. Neque enim sibi ipse potest esse contrarius aut mendaciis et nequitiae suffragari neque huic promovendae wgratiam suam acw Spiritum suum impertire. Et haec fere optima et firmissima est pro simplicibus et indoctis comprobatio. Neque enim hunc articulum, Credo Ecclesiam Catholicam, communionem sanctorum, etc. nobis eripient aut subvertent unquam. Deinde hoc quoque dicimus nobis non summam vim in hoc sitam esse, num ille, qui baptizatur, credat nec ne; per hoc enim Baptismo nihil detrahitur. Verum summa rei in Verbo et praecepto Dei consistit. Hoc quidem aliquanto est acutius, veruntamen in hoc totum versatur, quod dixi Baptismum nihil aliud esse quam aquam et verbum Dei simul iuncta. Hoc est, accedente aquae verbo Baptismus rectus habendus est etiam non accedente fide. Neque enim fides mea facit Baptismum, sed Baptismum percipit et apprehendit. Iam Baptismus non vitiatur aut corrumpitur hominibus eo abutentibus aut non recte suscipientibus, qui (ut dictum est) [530] non fidei nostrae, sed Verbo Dei alligatus est. Nam quanquam hodierno die Iudaeus quispiam fraudulenta quapiam simulatione et malitioso | proposito veniret se baptizandum offerens nosque eundem serio omni studio baptizaremus, nihilominus nobis dicendum esset Baptismum verum et rectum esse. Hic enim aqua una cum Verbo Dei praesto est, tametsi ille non recto animo, ut debebat, susceperit, sicut illi, qui indigne ad coenam Domini accedunt, verum corpus Domini accipiunt, quanquam non crediderint. Ita vides Rottensium51 βαπτισμομαστίγων obiectionem vanam esse et nullius roboris. Nam quemadmodum diximus, quanquam pueri non crederent, quod nullo modo affirmandum est (ut iam ostensum est), tamen Baptismus verus esset neque quisquam xeos rebaptizare debetx, veluti Sacramento nihil detrahitur, tametsi aliquis ad eius participationem improbo animo accedit, neque ferendum esset, ut eadem hora propter priorem abusum ad sumendum accedat denuo, quasi initio verum Sacramentum non percepisset. Hoc enim esset summa ycontumelia ety ignominia Sacramentum afficere. Qua vero ratione verbum et institutio Dei propterea irrita esse debebunt, quia nos non recte utimur? Propterea dico, si non recte credidisti prius, tamen adhuc crede atque ita dicas: Baptismus quidem rectus fuit, ego vero miser eundem non recte suscepi. Nam ego ipse quoque et omnes alii, qui baptizantur, coram Deo ita coguntur dicere: Venio huc in mea et aliorum fide neque tamen asseveranter affirmare audeo me certo credere et multi pro me precantur, sed huic fidens innitor, quod hoc verbum et praeceptum tuum sit. Quemadmodum ad
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nicht in Hag | x – x se de integro baptizandum offerat Hag | y – y nicht in Hag
Rottengeister
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Collatio ritus Baptismi et coenae Domini.
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sondern darauff baue ich, das es dein wort und befehl ist, gleich wie ich zum Sacrament gehe, nicht auff meinen glauben, sondern auff Christus wort. Ich sey starck oder schwach, das las ich Gott walten, das weis ich aber, das er mich heisset hingehen, essen und trincken, etc. und mir seinen Leib und Blut schenckt, das wird mir nicht liegen noch triegen. Also thun wir nu auch mit der Kindertauffe. Das Kind tragen wir herzu, der meinung und hoffnung, das es gleube, und bitten, das im Gott den glauben gebe. Aber darauff teuffen wirs nicht, sondern allein darauff, das Gott befohlen hat. Warumb das? Darumb das wir wissen, das Gott nicht | leugt, ich und mein Nehester und summa alle Menschen mügen feilen1117 und triegen, aber Gottes wort kann nicht feilen. Darumb sind es je vermessene dölpische Geister, die also folgern und schliessen, wo der glaube nicht recht ist, da müsse auch die Tauffe nicht recht sein, gerade als ich wolt schliessen, wenn ich nicht gleube, so ist Christus nichts. Oder also, wenn ich nicht gehorsam bin, so ist Vater, Mutter und Oberkeit nichts. Ist das wol geschlossen1118, wo jemand nicht thut, was er thun sol, das darumb das ding an im selbst nichts sein noch gelten sol? Lieber, kere es umb und schleuß viel mehr [221r] also: Eben darumb ist die Tauffe etwas und recht, das man sie unrecht empfangen hat. Denn wo sie an ir selbst nicht recht were, künd man ir nicht missbrauchen noch daran sündigen. Es heisset also, Abusus non tollit, sed confirmat substantiam, Missbrauch nimpt nicht hinweg das wesen, sondern bestetigts1119, denn Gold bleibt nichts weniger Gold, ob es gleich ein büblin mit sünden und schanden tregt1120. Darumb sey beschlossen, das die Tauffe allezeit recht und in vollem wesen bleibt, wenn gleich nur ein Mensch getaufft würde und dazu nicht rechtschaffen gleubte. Denn Gottes Ordnung und wort lesset sich nicht von Menschen wandelbar machen noch endern. Sie aber, die Schwermergeister, sind so verblend, das sie Gottes wort und gebot nicht sehen und die Tauffe und Oberkeit nicht weiter ansehen denn als wasser im bach und töpffen oder als ein andern | Menschen und, weil sie keinen glauben noch gehorsam sehen, sol es an im selbst auch nichts gelten. Da ist ein heimlicher auffrhürischer Teuffel, der gerne die Krone von der Oberkeit reissen wolt, das man sie darnach mit füssen trette, dazu alle Gottes werck und Ordnunge uns verkeren und zu nicht machen. Darumb müssen wir wacker1121 und gerüstet sein und
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täuschen, irren, in die Irre führen | 1118 Ist das die richtige Schlussfolgerung | 1119 Sprichwort aus dem Rechtswesen; vgl. Luther, Von der Wiedertaufe an zwei Pfarrherrn (1528), in: WA 26, 159,36f und 161,24f. | 1120 Vgl. Luther, Von der Wiedertaufe an zwei Pfarrherrn (1528), in: WA 26, 161,25f. | 1121 wachsam
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coenam corporis et sanguinis Domini accedo non mea fide, sed Christi verbo fretus, sive iam firmo sive infirmo sim animo, illud ego Deo meo commendo. Hoc tamen comperte teneo, quod iussu Dei mihi accedendum, edendum et bibendum est, etc. quodque mihi suum corpus et sanguinem donat, quae res nunquam mihi mentietur aut me decipiet. Ad hunc modum cum puerorum Baptismo quoque facimus, Puerum Ecclesiae mi|nistro baptizandum adportamus hac spe atque ani[531]mo, quod certo credat, zet precamur, ut Deus eum fide donetz. verum propterea non baptizamus, sed potius quod Deus ita faciendum nobis praeceperit. Cur ita? Ideo quod certi simus Deum non mentiri. Ego et proximus meus et in summa omnes homines errare possunt et fallere, porro autem verbum Dei nec potest errare nec fallere. Quocirca animium utique confidentes et crassi sunt spiritus illia, qui ita concludentes inferunt: Ubi fides non est, ibi nec Baptismus rectus esse potest. Quasi ita velim concludere: si fidem non habuero, sequitur Christum nihil esse. Aut sic: si maiorum iussis morem non gessero, nec parentes nec magistratus quicquam sunt. Recte ne ac bene colligitur, ubi quis non facit, quod illi faciendum fuerat, propterea sequi rem per se nihil esse aut valere? Quin potius argumentum inverte atque ita collige. Sane ob id ipsum Baptismus quantivis precii et rectus habendus est, quod non recte ab hominibus susceptus est. Si enim per se Baptismus rectus non esset, eo nullo modo possemus abuti aut abutendo delinquere. Abusus non tollit, sed confirmat substantiam, vulgo dici solet. Siquidem aurum nihilominus manet aurum, quantumvis illud meretricula cum scelere et dedecore gestet ac circumferat. Quare tandem semel conclusum esto Baptismum omni tempore rectum esse ac plenam permanere eius substantiam, etiamsi vel unus hominum baptizaretur neque tamen recte crederet. Neque enim id, quod semel Deus ordinavit et locutus est, ab hominibus mutari sinit aut perverti. Verum enim vero usque adeo excoecati sunt fanatici illi spiritus, ut Dei praeceptum ac verbum perspicere nequeant, neque | Baptismum et Magistratus aliter intuentur atque aquamb in fluviis ac olla aut alium quempiam hominem, et cum nullam fidem aut oboedientiam videant, et Baptismus et Magistratus nihil esse cogitur. Hic vero clandestinus et seditiosus latitat Diabolus, qui perlubenter coronam magistratui eriperet et deinceps oppressus conculcaretur pedibus, ad haec omnia Dei opera et ordinationes redactae in nihilum subverterentur [532] funditus. Ideo nobis advigilandum est naviter omni panoplia instructis, ne a verbo Dei divelli et abstrahi nos patiamur, ut Baptismum non nudum et solum signum esse credamus, quemadmodum nostri spermologi seu „schwermeri“ somniant.
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nicht in Hag | a – a illi vesani baptismonastiges nimium sibi sumunt Hag | b undam Hag
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Refutatio ratiocinationis Anabaptisticae.
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uns von dem wort nicht lassen weisen1122 noch wenden, das wir die Tauffe nicht lassen ein blos ledig zeichen sein, wie die Schwermer treumen. Auffs letzte ist auch zu wissen, was die Tauffe bedeutet und warumb Gott eben solch eusserlich zeichen und geberde1123 ordnet1124 zu dem Sacrament, dadurch wir erstlich1125 in die Christenheit genomen1126 werden. Das werck aber oder geberde ist das, das man uns ins Wasser sencket, das uber uns hergehet1127 und darnach wider heraus zeucht. Diese zwey stück, unter das Wasser sincken und wider heraus komen, deutet die krafft und werck1128 der Tauffe, welches nichts anders ist denn die tödtung des alten Adams, darnach die aufferstehung des neuen Menschens, welche beide unser lebenlang in uns gehen1129 sollen, also das ein Christlich leben nichts anders ist denn eine tegliche Tauffe, einmal angefangen und immer darin gegangen. Denn es muß on unterlas also gethan sein, das man immer ausfege, was des alten Adams ist, und herfür kome, was zum neuen gehöret. Was ist denn der alte Mensch? Das ist er, so uns angeboren ist von Adam, zornig, hessig, neidisch, unkeusch, geitzig, faul, hoffertig, ja ungleubig, mit allen lastern besetzt1130 und von art1131 kein guts an im hat, wenn wir nu in Christus Reich komen, sol solchs teglich abnemen, das wir je lenger je milder, gedültiger, sanfftmütiger werden, dem unglaubenh, geitz, hass, neid, hoffart je mehr abbrechen1132.
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[221v] Das ist der rechte brauch der Tauffe unter den Christen, durch das wasserteuffen bedeutet1133. Wo nu solches nicht gehet1134, sondern dem alten Menschen der zaum gelassen1135 wird, das er nur stercker wird, das heisset nicht der Tauffe gebraucht, sondern wider die Tauffe gestrebet. Denn die ausser Christo sind, können nichts anders thun denn teglich erger werden, wie auch das Sprichwort lautet und die warheit ist: Immer je erger, je lenger je böser1136. Ist einer fürm jar stoltz und geitzig gewesen, so ist er heuer viel geitziger und stöltzer, also das die untugendt von jugendt auff mit im wechset und fortferet. Ein junges Kind hat keine sonderlich untugendt an sich. Wo es aber erwechst, so wird es unzüchtig und unkeusch. Kompt es zu seinem vollen Mans alter, so gehen die rechte Laster an, je lenger je mehr. Darumb gehet der alte Mensch in seiner natur unauffgehalten1137, wo man nicht durch
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nicht in Witt1–3
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führen | 1123 Zeremonien | 1124 verordnet | 1125 zuerst | 1126 aufgenommen | 1127 uns ganz bedeckt; in Kirchen mit größeren Taufbecken war im Mittelalter noch die sogenannte Immersionstaufe üblich, bei der die Kinder dreimal vollständig im Taufbecken untergetaucht wurden; vgl. Luther, Ein Sermon von dem heiligen, hochwürdigen Sakrament der Taufe, in: WA 2, 727,4–19; ders., Das Taufbüchlein verdeutscht (1523), in: WA 12, 45,32f; vgl. hierzu auch Luthers Taufbüchlein, o. S. 905–910. Seit dem 14. Jahrhundert trat dem die sogenannte Infusionstaufe zur Seite, bei der nur die Stirn des Täuflings dreimal mit dem Taufwasser begossen wurde. | 1128 Aus-
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Ultimo neque illud praetereundum aut ignorandum est, quid Baptismo significetur, tum quamobrem Deus talibus externis signis et gestibus hoc Sacramentum celebrandum instituerit, per quod primum in Christianorum communionem cooptamur. Opus vero aut gestus est, quod baptizandi in aquam mergimur, qua prorsus contegimur, et postea mersi iterum extrahimur. Hae duae res in aquam mergi et iterum emergere, virtutem et opus Baptismi significant, quae non sunt alia quam veteris Adami mortificatio et postea novi hominis resurrectio. Quae duo per omnem vitam nobis indesinenter exercenda sunt, ita ut Christiani vita nihil aliud sit, quam quotidianus quidam Baptismus, semel quidem inceptus, sed qui semper exercendus sit. Ita enim fieri necesse est, ut subinde veteris Adami sordes repurgentur atque eluantur, ut novi hominis nitor et forma prodeat. Quid autem est vetus homo? Hoc nimirum est, quod ab Adamo, patre nostro, nobis successione quadam haereditaria innatum est, scilicet quod sumus iracundi, immites, invidi, luxuriosi, avari, pigri, superbi, increduli, breviter omnibus vitiis contaminati et in quibus natura nihil boni inest. Iam in Christi | regnum delati, hisce vitiis quotidie decrescendum est, ut subinde magis atque magis mitiores, liberaliores, patientiores, mansuetiores fiamus semper aliquid avaritiae, odio, invidentiae, superbiae atque id genus vitiis detrahentes. Et hic est rectus Baptismi usus inter Christianos per aquae mersionem significatus. Ceterum ubi Baptismi exercitium non viget, sed Adamo veteri habenae laxantur, ut indies fiat ferocior, hoc non dicitur uti Baptismo, sed eidem reluctari. Qui enim extra Christum sunt, cnon possunt nonc quotidie in peius degenerare, sicut et vulgato eoque vero [533] dicitur proverbio: Nunquam non deteriores, quo seniores, eo peiores (Immer je erger, je lenger je böser). Quod si quis anno superiore nonnihil coepit fastu insolescere et ad rem attentus esse, ille mox anno sequente multo sit insolentior et ad rem attentior, ita ut vitia ab incunabulis cum eo certis quibusdam incrementis progredianturd. Infans puer nullis singularibus vitiis infectus est, sed ubi adoleverit, immodestae, intemperantis et lascivae vitae inquinamentis contaminatur, mox constantem ac virilem aetatem consecutus, tum demum magis atque magis vera illa vitiorum seges erumpit. Quare vetus homo naturam suam nemine obstante sequitur, si non Baptismi virtute coercitus et refrenatus fuerit.
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nihil aliud peraeque norunt quam quotidie in peius degenerare, id quod etiam Germanorum vulgatum comprobat proverbium: Quo seniores, hoc deteriores. Si Hag | d pubescant Hag
wirkung | 1129 vor sich gehen | 1130 erfüllt | 1131 von Natur | 1132 Abbruch tun | 1133 angedeutet vor sich geht | 1135 locker gelassen | 1136 Normalerweise zitiert Luther dieses Sprichwort in der Form, „Je älter, je kärger, und je länger, je ärger“; vgl. WA 29, 619,10; WA 30/1, 22,11f.14; WA 32, 451,33f. | 1137 lebt … sich aus
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De significatione et fine Baptismi.
Ritus ipse pingit praecipuam significationem.
Vetus homo.
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Mortificatio carnis.
Germanicum proverbium.
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der Tauffe krafft wehret und dempffet. Widerumb, wo Christen worden sind, nimpt er teglich abe, so lang bis er gar untergehet. Das heisset recht in die Tauffe gekrochen und teglich wider herfür komen. Also ist das eusserliche zeichen gestellet, nicht allein, das es solle krefftiglich wircken, sondern auch etwas deuten1138. Wo nu der glaube gehet1139 mit seinen früchten, da ists nicht eine lose deutung1140, sondern das werck1141 dabey. Wo aber der glaube nicht ist, da bleibet ein blos unfruchtbar zeichen. Und hie sihestu, das die Tauffe beide mit irer krafft und deutunge begreifft | auch das dritte Sacrament, welches man genennet hat die Busse, als die eigentlich nichts anders ist denn die Tauffe. Denn was heisset Busse anders, denn den alten Menschen mit ernst angreiffen und in ein neues leben tretten? Darumb, wenn du in der Busse lebest, so gehestu in der Tauffe, welche solch neues leben nicht allein deutet, sondern auch wircket, anhebt und treibt, denn darin wird gegeben gnade, geist und krafft, den alten Menschen zu unterdrücken, das der neue herfür kome und starck werde1142. Darumb bleibt die Tauffe immerdar stehen1143, und ob gleich jemand davon fellet und sündiget, haben wir doch imer ein zugang dazu, das man den alten Menschen wider unter sich werffe. Aber mit Wasser darff1144 man uns nicht mehr begiessen, denn ob man sich gleich hundert mal liesse ins Wasser sencken, so ists doch nicht mehr denn eine Tauffe, das werck aber und deutung1145 gehet und bleibet. Also ist die Busse nichts anders, denn ein widergang1146 und zutreten1147 zur Tauffe, das man das widerholet und treibet, so man zuvor angefangen und doch davon gelassen hat. Das sage ich darumb, das man nicht in die meinung kome, darin wir lange zeit gewesen sind und gewehnet haben, die Tauffe were [222r] nu hin, das man ir nicht mehr brauchen kündte, nach dem wir wider in Sünde gefallen sind, das macht, das mans nicht weiter ansihet denn nach dem werck, so einmal geschehen ist. Und ist zwar1148 daher komen, das Sanct Hieronymus geschrieben hat: Die Busse sey die ander Tafel1149, damit1150 wir müssen ausschwimmen und uberkomen1151, nachdem das Schiff gebrochen ist, darein wir tretten und uberfahren, wenn wir in die Christenheit komen.1152 Damit ist nu der brauch der Tauffe | weggenomen, das sie uns nicht mehr nützen kan, darumb ists nicht recht geredt ioder je nicht recht verstandeni, denn das Schiff zubricht nicht, weil es (wie gesagt) Gottes ordnung und nicht unser ding ist, aber das geschicht wol, das wir gleiten und eraus fallen, fellet aber
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anzeigen | 1139 vorhanden ist | 1140 bloßes Symbol | 1141 Wirkung | 1142 so schon in Luther, De captivate Babylonica ecclesiae (1520), in: WA 6, 534,3–535,16 | 1143 bestehen | 1144 braucht 1145 Wirkung und Zeichen | 1146 Rückkehr | 1147 Annäherung, Hinwendung | 1148 tatsächlich 1149 zweite Planke (nach dem Schiffbruch der Sünde); als erste gilt die Taufe. | 1150 mit deren
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Contra, ubicunque Christiani facti sunt, decrescit quotidie ac imminuitur, donec prorsus abolitus fuerit. Et hoc est vere in Baptismo mergi et iterum quotidie emergere. Itaque hoc consilio externum signum nobis propositum est, non tantum, ut efficaciter operetur, verum etiam ut aliquid significet. Iam ubicunque fides fructibus foecunda viget, hic Baptismus non tantum inanem significationem representat, sed mortificandae carnis opera coniuncta habet. Porro autem absente fide nudum et inefficax signum tantum modo permanet. Ex his iam clare vides Baptismum aeque et virtute et significatione sua | tertium quoque Sacramentum comprehendere, quod poenitentiam appellare consueverunt, quae proprie nihil aliud est quam Baptismus aut eius exercitium. Quid enim poenitentia dici potest aliud quam veterem hominem magno adoriri animo, ut eius concupiscentiae coherceantur ac novam vitam amplecti? Quare vivens in poenitentia in Baptismo versaris hanc novam vitam non solum significante, verum etiam operante, incipiente et exercente. In hoc enim baptizatis datur et gratia et Spiritus et virtus veterem hominem compescendi, ut novus prodeat ac confirmetur. Hinc Baptismus semper subsistit et, quanquam aliquis ab eo peccatorum procellis abreptus excidat, nobis [534] tamen subinde ad eum regressus patet, ut veterem hominem resipiscentiae iugo iterum subiiciamus. Verum, ut iterum aqua perfundamur, non est necesse. Nam etsi centies in aquam mergeremur, non tamen nisi unus Baptismus est. Ceterum opus et significatio durat et permanet. Ita resipiscentia aut poenitentia nihil aliud est quam regressus quidam et reditus ad Baptismum, ut illud iterum petatur et exerceatur, quod ante quidem inceptum et tamen negligentia intermissum est. Haec ideo a me dicuntur, ne in eam veniamus opinionem, in qua permultos iam annos fuimus, opinati Baptismum iam completum esse, ut eo amplius uti nequeamus, posteaquam iterum in peccata prolapsi sumus. Cuius rei causa extitit, quod eundem ulterius non sumus intuiti, nisi secundum externum opus, quod semel factum atque complectum est. Atque hoc inde quoque evenit, quod divus Hieronymus scriptum reliquit, Poenitentiam secundam esse tabulam, qua nobis ex huius mundi pelago natandum et traiiciendum est fracta iam navi, in quam transcendimus atque tra|iicimus delati in Christianitatem. Sed hisce verbis Baptismi usum Hieronymus nobis sustulit, ut nobis amplius utilis esse nequeat. Quamobrem nequaquam recte docuit: Neque enim navis frangitur, quando (ut diximus) Dei ordo seu constitutio et non nostrum opus est. Illud vero non raro fieri solet, ut labentes excidamus. Iam si quis exciderit, ille det operam, ut iterum adnatet huicque adhaerescat, donec
Hilfe | 1151 ans Ufer kommen | 1152 Vgl. Hieronymus, Epistola CXXX ad Demetriadem de servanda virginitate 9, in: PL 22, 1115 (CSEL 56, 189,4); ders., Epistola CXXII ad Rusticum 4, in: PL 22, 1046 (CSEL 56, 70,10); ders., Epistola CXLVII ad Sabianum lapsum 3, in: PL 22, 1197 (CSEL 56, 317,11); ders., Explanatio in Esaiam III, 8f, in: PL 24, 65 (CChr.SL 73, 51,21–23), von Luther oft zitiert, vgl. Luther, Von der Taufe (1531), in: WA 34/1, 91. Anm. 3.
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Ceremonia sine fide accipientis otiosa. | BSLK 706
Non esse repetendam baptismi ceremoniam.
Signum semel acceptum est perpetua nota et perpetuum testamentum.
BSLK 707 Hieronymi error.
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jemand eraus, der sehe, das er wider hinzu schwimme und sich daran halte, bis er wider hienein kome und darin gehe, wie vorhin1153 angefangen. Also sihet man, wie ein hoch treflich ding es ist umb die Tauffe, so uns dem Teuffel aus dem halse reisset, Gott zu eigen machet, die sünde dempffet und wegnimpt, darnach teglich den neuen Menschen stercket und immer gehet und bleibt, bis wir aus diesem elend zur ewigen herrligkeit komen. Darumb sol ein ieglicher die Tauffe halten als ein teglich Kleid, darin er immerdar gehen sol, das er sich alle zeit in dem Glauben und seinen Früchten finden lasse, das er den alten Menschen dempffe und im neuen erwachse. Denn wöllen wir Christen sein, so müssen wir das Werck treiben, davon wir Christen sind, fellet aber jemand davon, so kome er wider hinzu. Denn wie Christus, der Gnadenstul1154, darumb nicht weichet noch uns wehret, wider zu im zu komen, ob wir gleich sündigen, also bleibt auch alle sein Schatz und Gabe, wenn du einmal in der Tauffe vergebung der sünden uberkomen1155 ist, so bleibet sie noch teglich so lang wir leben, das ist den alten Menschen am hals tragen1156.
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Wie wir von der heiligen Tauffe gehöret haben, also müssen wir von dem andern1158 Sacra|ment auch reden, nemlich die drey stück: was es sey, was es nütze und wer es empfahen sol. Und solches alles aus den Worten gegründet, dadurch1159 es von Christo eingesetzt ist, welche auch ein ieglicher wissen sol, der ein Christ wil sein und zum Sacrament gehen. Denn wir sinds nicht gesinnet1160, dazu zu lassen und zu reichen denen, die nicht wissen, was sie da
zuvor | 1154 Vgl. Röm 3,25; Hebr 4,16. So übersetzte Luther das Hebräische כַּפּ ֶֹרת, die goldene Platte oberhalb der Bundeslade im Allerheiligsten des israelitischen Tempels, die als Ort der Anwesenheit Gottes am Tag der Versöhnung mit dem Blut der Opfer besprengt wurde, um das durch die Sünde zerstörte Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk wiederherzustellen (vgl. Lev 16). | 1155 erlangt | 1156 mit uns herumschleppen | 1157 Von Luther sind zahlreiche katechismusartige Predigten und Ausführungen über das Abendmahl erhalten; vgl. Luther, Περὶ εὐχαριστείας (1520), in: WA 9, 495–497; ders., In die coenae Domini sermo Martini Lutheri (1521), in: WA 9, 640–649; ders., Vom Sakrament des Abendmahls (1522), in: WA 10/3, 40–47; 48–54; ders., Von der Liebe, der Frucht des Sakraments (1522), in: WA 10/3, 55–58; ders., Über die Beichte und das Abendmahl (1523), in: WA 11, 65–67; ders., Über den rechten Empfang des Sakraments in der Karwoche (1523), in: WA 11, 77–80; ders., Ein Sermon D. M. Lutheri am Gründonnerstag (1523), in: WA 12, 476–493; ders., Ein Sermon von der Beichte und dem Sakrament (1524), in: WA 15, 481–497; ders., Katechismuspredigten (1528), in: WA 30/1, 23–27; 52–57; 116–122; ders., De sacramento (1529), in: WA 29, 146–160; 160–177; 177–191; 191–203; 204–218; ders., Vom Abendmahl (1532), in: WA 36, 153–158; ders., Vom Abendmahl (1534), in: WA 37, 347–352; ders., Vom Abendmahl (1537), in: WA 45, 56–60; ders., Einsetzung des Abendmahls (1540), in: 1153
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iterum in navem recipiatur inque ea iterum perinde versetur, ut primum incoeperat. Ita iam liquido omnibus compertum esse arbitror, quam praeclara ac mirifica res sit Baptismus, eripiens nos a rictu Diabolico, Deum nobis proprium faciens, peccatum opprimens et auferens, deinde in dies singulos novum hominem fortificans, semper etiam durans et permanens, donec ex hoc exilio erepti ad immortalem gloriam migraverimus. [535] Eam ob rem cuique Baptismus ita habendus est, ut amictus quotidianus, quo indutus semper debet incedere, ut nunquam non in fide eiusque fructibus inveniatur, ut coercitis veteris hominis concupiscentiis in novo adolescat. Si enim Christiani perhiberi contendimus, Baptismi opus sedulo nobis exercendum est, unde Christiani appellationem promeremur. Si quis autem exciderit, ille accedat vicissim. Nam quemadmodum Christus omnis gratiae et misericordiae sedes, non cedit, neque obstat nobis prohibens iterum ad sese accedere, quanquam peccantes hallucinemur, ita quoque universorum bonorum suorum et donorum thesaurus inconcussus permanet. Iam quemadmodum semel in Baptismo peccatorum condonationem assecuti sumus, ita ea adhuc quotidie permanet, quamdiu vivimus, hoc est, donec in terris veterem hominem collo circumferrimur.
Baptismum quam doctrinam et consolationem afferat.
De sacramento altaris Quemadmodum hactenus de Baptismo disseruimus, ita iam nobis deinceps de | secundo quoque Sacramento differendum est, nempe de his tribus partibus, quid sit, quid utilitatis adferat sumentibus, insuper quibus fruendum aut sumendum sit. Atque haec omnia ipsius scripturae verbis confirmata comprobabimus, quibus a Christo iam inde ab initio institututum est. Haec equidem cuivis Christiano cognoscenda sunt, qui quidem Christianus esse contendit et huius Sacramenti cupit esse particeps. Neque enim nobis est animus posthac admittendi quemlibet aut quibuslibet illud administrandi
WA 49, 72–78; vgl. auch ders., Sermon von dem hochwürdigen Sakrament des heiligen wahren Leichnams Christi (1519), in: WA 2, 742–754; ders., De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 502,1–526,33; ders., Vom Anbeten des Sakraments des heiligen Leichnams Christ (1523), in: WA 11, 431–456; ders., Ein Brief an die Christen zu Straßburg (1524), in: WA 15, 391–397; ders., Wider die himmlischen Propheten (1525), in: WA 18, 62–125; ders., Das ander Teil wider die himmlischen Propheten vom Sakrament (1525), in: WA 18, 134–214; ders., Vorrede zum Schwäbischen Syngramma (1526), in: WA 19, 457–461. 529f; ders., Sermon von dem Sakrament des Leibes und Blutes Christi (1526), in: WA 19, 482–523; ders., Dass diese wort Christi „Das ist mein leib“ etc. noch fest stehen (1527), in: WA 23, 64–283; ders., Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 261–509; ders., Vermahnung zum Sakrament des Leibes und Blutes unseres Herrn (1530), in: WA 30/2, 595–626; ders., Ein Brief an die zu Frankfurt am Main (1533), in: WA 30/3, 558–571; ders., Kurzes Bekenntnis vom heiligen Sakrament (1544), in: WA 54, 141–167. | 1158 zweiten | 1159 durch die | 1160 gewillt
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Tres praecipuae quaestiones de Coena Domini. BSLK 708
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suchen oder warumb sie komen. Die wort aber sind diese: [222v] „Unser Herr Jhesus Christus in der Nacht, da er verrhaten ward, Nam er das Brot, dancket und brachs und gabs seinen Jüngern und sprach: ‚Nemet hin, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches thut zu meinen gedechtnis.‘ Desselbigen gleichen nam er auch den Kelch nach dem Abendmal, dancket und gab in den und sprach: ‚Nemet hin und trincket alle draus. Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur vergebung der sünden. Solchs thut, so offt irs trincket, zu meinem gedechtnis.‘ “1161 Hie wöllen wir uns auch nicht in die har legen1162 und fechten mit den Lesterern und schendern dieses Sacraments. Sondern zum ersten lernen, da die macht anligt1163 (wie auch von der Tauffe), nemlich daß das fürnemste stück sey, Gottes wort und Ordnung oder befehl, denn es ist von keinem Menschen erdacht noch auffbracht, sondern on jemands raht und bedacht1164 von Christo eingesetzt. Derhalben wie die zehen Gebot, Vater unser und Glaube bleiben in irem wesen und wirden, ob du sie gleich nimmermehr heltest, betest noch gleubest, Also bleibt auch diss hochwirdige Sacrament unverrückt, das im nichts abgebrochen1165 noch genomen wird, ob wirs gleich un|wirdig brauchen und handeln. Was meinestu, das Gott nach unserm thun oder gleuben fragt, das er umb des willen solt seine Ordnung wandeln lassen? Bleibet doch in allen Weltlichen dingen alles, wie es Gott geschaffen und geordnet hat, Gott gebe1166, wie wirs brauchen und handeln. Solchs muss man immerdar treiben1167, denn damit kan man fast1168 aller Rottengeister geschwetze zurücke stossen, denn sie die Sacrament ausser Gottes wort ansehen als ein ding, das wir thun.
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Was ist nu das Sacrament des Altars? Antwort: Es ist der ware Leib und Blut des Herrn Christi, in und unter dem Brot und Wein durch Christus wort [223r] uns Christen befohlen zu essen und zu trincken. Und wie von der Tauffe gesagt, das nicht schlecht1169 Wasser ist, so sagen wir hie auch, das Sacrament ist Brot und Wein, aber nicht schlecht Brot und Wein, so man sonst zu Tisch tregt, sondern Brot und Wein in Gottes wort gefasset, und daran gebunden. Das Wort (sage ich) ist das, das diß Sacrament machet und unterscheidet, das es nicht lauter1170 Brot und Wein, sondern Christus Leib und Blut ist und heisset, denn es heisset: Accedat 1161
I Kor 11,23–25; Mt 26,26–28; Mk 14,22–24; Lk 22,19f | 1162 Streit beginnen | ankommt | 1164 Überlegung | 1165 kein Abbruch getan | 1166 gleichviel | 1168 durchaus | 1169 einfaches | 1170 einfaches
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worauf es einprägen
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ignorantibus, quid hic quaerant aut quamobrem accedant. Ceterum verba haec sunt: [536] Dominus noster Iesus Christus, in qua nocte tradebatur, accepit panem et gratias agens fregit et dixit: Accipite et manducate: Hoc est corpus meum, quod pro vobis traditur. Hoc facite in mei commemorationem. Similiter et calicem, postquam coenavit, ecum gratias egisset, dedit illise dicens: Hic calix novum Testamentum est in meo sanguine, fqui pro vobis et multis effunditur in remissionem peccatorumf. Hoc facite, quotiescunque biberitis, in mei commemorationem. Principio nequaquam decretum est nobis hic cum quoquam pedem conferre aut contentionis gratia cum huius Sacramenti detestandis blasphematoribus suscepto bello in arenam descendere, Verum sub initium potius discere, qua in re huius Sacramenti vis et virtus (ut in Baptismo fecimus) omnis sita sit, nimirum ut sciamus caput et nervum in hoc esse Dei verbum, ordinem et mandatum. Neque enim a quoquam homine excogitatum aut inventum, sed citra cuiusvis consilium et deliberationem ab ipso Christo institutum est. Quapropter sicut Decem praecepta, Oratio dominica, fidei confessio suam dignitatem obtinent, | tametsi ea in perpetuum nunquam servaveris, oraveris neque credideris, ita quoque hoc venerabile Sacramentum, salvum ac inviolatum permanet, ut nihil illi detrahatur, quamlibet nos illo indigne abutamur. Quid putas Deo nostra opera aut fidem adeo curae esse, ut eam ob rem suum ordinem aut institutionem immutari patiatur? Videmus enim in omnibus mundanis rebus eum perpetuo tenorem consistere et ordinem perdurare, quem Deus semel rebus creandis praescripsit et instituit, quacunque tandem ratione illis utamur aut res creatas exerceamus. Haec quidem vulgo semper ac sedulo inculcanda sunt, iis enim omnium seditiosorum Spirituum naeniae et gerrae illico labefactantur et subvertuntur. Illi enim Sacramenta extra Dei verbum intuentur ut rem a nobis factam.
Verba Coenae Dominicae.
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[537] Quid est itaque Sacramentum altaris? Responsio: 30
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Est verum Corpus et sanguis Domini nostri Iesu Christi in et sub pane et vino, per verbum Christi nobis Christianis ad manducandum et bibendum ginstitutum et mandatumg. Et sicut de Baptismo diximus non simplicem eum esse aquam, ita quoque hic dicimus hoc Sacramentum panem et vinum esse, sed non simpliciter panem et vinum esse, quae proponuntur discumbentibus, sed panem et vinum Dei verbo inclusa et huic alligata. Verbum, inquam, illud est, quo hoc Sacramentum fit atque discernitur, ne tantum simpliciter vinum
e–e
nicht in Hag | f – f nicht in Hag | g – g praecepit et proposuit Hag
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Quid est coena Domini?
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Der Große Katechismus
verbum ad elementum et fit Sacramentum1171. Wenn das wort zum eusserlichen ding kompt, so wirds ein Sacrament. Dieser Spruch Sanct Augustini ist so eigentlich1172 und wol geredt, das er kaum ein bessern gesagt hat. Das wort muss das Element zum Sacrament machen, wo nicht, so bleibts ein lauter Element. Nu ists nicht eines Fürstens oder Keysers, sondern der hohen Maiestet wort und ordnung, dafür alle Creaturen sollen zu füssen fallen1173 und ja sprechen, das es sey, wie er sagt, und | mit allen ehren, furcht und demut annemen. Aus dem wort kanstu dein gewissen stercken und sprechen, wenn hundert tausent Teuffel sampt allen Schwermern herfaren, wie kan Brot und Wein Christus Leib und Blut sein? etc. So weis ich, das alle Geister und Gelerten auff einen hauffen nicht so klug sind als die Göttliche Maiestet im kleinesten Fingerlein. Nu stehet hie Christus wort: Nemet, esset, das ist mein Leib. Trincket alle daraus, das ist das neue Testament in meinem Blut etc. Da bleiben wir bey und wöllen sie ansehen, die in meistern1174 werden und anders machen, denn ers geredt hat. Das ist wol war, wenn du das wort davon thust oder one wort ansihest, so hastu nichts denn lauter Brot und Wein. Wenn sie aber dabey bleiben, wie sie sollen und müssen, so ists lauts derselbigen warhafftig Christus Leib und Blut. Denn wie Christus mund redet und spricht, also ist es, als der nicht liegen noch triegen kan.
Daher ist nu leicht zu antworten auff allerley frage, damit man sich itzt bekümmert1175, als diese ist: Ob auch ein böser Priester kündte das Sacrament handeln1176 und geben und was mehr desgleichen ist. Denn da schliessen1177 wir und sagen: Ob gleich ein Bube1178 das Sacrament nimpt oder gibt, so nimpt er das rechte Sacrament, das ist Christus Leib und Blut, eben so wol als der es auffs aller wirdigest handelt1179. Denn es ist nicht gegründet auff Menschen Heiligkeit, sondern auff Gottes wort. Und wie kein Heilige auff Erden, ja kein Engel im Himel das Brot und Wein zu Christus Leib und | Blut machen kann, Also kans auch niemand endern noch wandeln, ob es [223v]
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Augustinus, Tractatus in Ioannem LXXX, 15, in: PL 35, 1840 (CChr.SL 36, 529,51) | 1172 zutreffend | 1173 niederknien | 1174 ihn belehren, schulmeistern | 1175 quält. Luther grenzt sich im Folgenden von der schon im 4. Jahrhundert als Häresie gebrandmarkten Lehre der Donatisten ab, dass die Gültigkeit der Sakramente von der persönlichen Integrität bzw. Reinheit des Spenders abhänge; vgl. WA.B 5, 431,52–55; ders., Ein Sermon von dem Neuen Testament, das ist von der heiligen Messe (1520), in: WA 6, 371,10–20 und ders., De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 525,27–39. | 1176 verwalten, spenden | 1177 kommen wir zu dem Schluss
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et aqua, sed Christi corpus et sanguis sit ac dicatur. Nos enim Augustini verbis subscribimus ita dicentis: Accedat Verbum ad Elementum et fit Sacramentum. Hoc Augustini verbum tam proprie et expresse dictum est, ut vix aliud dixerit praeclarius. Virtute verbi elementum fit Sacramentum, citra cuius accessionem non nisi elementum manet. Iam hoc non est alicuius Principis aut Caesaris, sed omnipotentis Dei verbum et institutio, cui merito omnes creaturae debebant | ad pedes accidere atque assentiri ita se rem habere, sicut dicit ipse, omnique reverentia, metu et humilitate illud accipere. Hoc verbo conscientiae tuae imbecillitatem confirmare potes ac dicere: Etiamsi infinitae Diabolorum myriades una cum omnibus Suermeris uno ore impudentissime affirmarent: quomodo panis et vinum Christi corpus et sanguis esse possunt? etc., tamen compertum habeo omnes ad unum spiritus et doctos non tanta excultos esse prudentia atque intelligentia, quanta Deum omnipotentem vel in minimo digitulo valere certo scio. Iam hic expresse Christi verbum ponitur: Accipite, edite. Hoc est corpus meum. Bibite ex omnes, hic est calix novi Testamenti in meo sanguine etc. In haec verba pedibus imus, hisce constanter adhaeremus perlibenter eos visuri, qui suo Magisterio Christum aliter audeant docere aut aliter facere, atque ipse locutus est. Hoc equidem non inficiabimur verum esse, si verum auferas aut sine eo hoc Sacramentum intuearis, praeter merum panem ac vinum nihil tibi mansurum reliqui, [538] sed verbis una cum vino et pane manentibus, sicut debet et oportet, tum constat illa veraciter esse Christi corpus et sanguinem. Sicut enim os Christi dicit ac loquitur, ita quoque est, ut qui neque mentiri novit neque fallere. Ex his iam haud difficulter respondere possumus ad omnis generis quaestiones, quibus iam passim multi solicitantur, quarum una haec est, Num profligatae quoque vitae sacerdos Sacramentum ministrare aut tractare possit et eiusmodi. Siquidem hic nos ita concludimus dicentes: Quanquam nebulo perditissimus Sacramentum aliis ministret aut ipse sumat, tamen nihilominus Sacramentum illum sumere, hoc est Christi Corpus et Sanguinem non secus atque is, qui omnium reverendissime et dignissime sumpserit aut tractaverit. Neque enim | humana sanctimonia, sed verbo Dei nititur illud. Et quemadmodum nullus sanctorum in terris, adde etiam nullus Angelorum in coelis panem et vinum in Christi corpus et sanguinem vertere potest, ita quoque nemo aliter facere aut immutare potest, etsi hoc Sacramento indignissime abutatur. Nam propter personae indignitatem aut incredulitatem Verbum non
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Schurke, Schelm | 1179 Luther lehrte schon 1529, dass die Anwesenheit von Leib und Blut Christi im Abendmahl vom Glauben des Kommunikanten unabhängig sei. Nicht der Glaube ist nach Luther für die reale Präsenz von Leib und Blut konstitutiv, sondern die als Verheißung zu verstehenden Einsetzungsworte. Vor diesem Hintergrund vertrat er die „manducatio impiorum“. In den Verhandlungen mit Bucer, die 1536 zur Wittenberger Konkordie führten, war später von den „indigni“, den Unwürdigen, die Rede, was beide Seiten allerdings in ihrem Sinne interpretierten.
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Dictum Augustini.
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Quod vere adsit corpus Christi in coena Dominica. Contra Sacramentariorum blasphemias et infidelitatem.
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gleich missbrauchet wird. Denn umb der Person oder unglaubens willen wird das wort nicht falsch, dadurch es ein Sacrament worden und eingesetzt ist, denn er spricht nicht: Wenn ir gleubt oder wirdig seid, so habt ir mein Leib und Blut. Sondern: Nemet, esset und trincket, das ist mein Leib und Blut. Item: „Solchs thut“ (nemlich das ich ietzt thue, einsetze, euch gebe und nemen heisse). Das ist so viel gesagt: Gott gebe1180, du seiest unwirdig oder wirdig, so hastu hie sein Leib und Blut aus krafft dieser wort, so zu dem Brot und Wein komen, solches mercke und behalte nur wol, denn auff den worten stehet alle unser grund, schutz und wehre wider alle Irrthumb und verfürung, so je komen sind oder noch komen mügen. Also haben wir kürtzlich das erste stück, so das wesen dis Sacraments belanget. Nu sihe weiter auch die krafft und nutz, darumb endtlich1181 das Sacrament eingesetzt ist, welches auch das nötigste darin ist, das man wisse, was wir da suchen und holen sollen. Das ist nu klar und leicht1182, eben aus den gedachten worten: „Das ist mein Leib und Blut für euch gegeben und vergossen zu vergebung der Sünde.“ Das ist kürtzlich so viel gesagt: Darumb gehen wir zum Sacrament, das wir da empfahen solchen Schatz, durch und in dem wir vergebung der Sünde uberkomen. Warumb das? Darumb, das die wort da stehen und uns solchs geben, denn darumb heisset er | mich essen und trincken, das es mein sey und mir nütze als ein gewiss Pfand und Zeichen, Ja eben dasselbige Gut, so für mich gesetzt ist, wider meine Sünde, Todt und alle Unglück. Darumb heisset es wol eine Speise der Seelen, die den neuen Menschen nehret und stercket, denn durch die Tauffe werden wir erstlich neu geboren, aber daneben, wie gesagt ist, bleibet gleichwol die alte haut im fleisch und blut am Menschen, da ist so viel hindernis und anfechtung, vom Teuffel und der Welt, das wir offt müde und mat werden und zu weilen auch straucheln. Darumb ist es gegeben zur teglichen Weide und Fütterung1183, das sich der Glaube erhole und stercke, das er in solchem Kampff nicht zurück falle, sondern immerdar je stercker und stercker werde, denn das neue Leben sol also gethan1184 sein, das es stets zuneme und fortfare. Es mus aber dagegen viel leiden, denn so ein zorniger Feind ist der Teuffel, wo er sihet, das man sich wider in leget1185, und den alten Menschen angreifft und er uns nicht mit macht uberpoltern1186 kan, da schleicht und streicht er auff allen seiten
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Gleichviel, wie auch immer | 1181 eigentlich | 1182 leicht verständlich | 22),2.5. | 1184 beschaffen | 1185 ihm entgegentritt | 1186 überrumpeln
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Vgl. Ps 23 (Vg
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fit falsum aut irritum, per quod Sacramentum factum et institutum est. Neque enim dicit: Quando credideritis aut digni fueritis, tum corpus et sanguinem meum habebitis, sed: Accipite, edite, bibite. Hoc est corpus meum et sanguis meus. Et iterum Hoc facite nimirum quod ego iam facio, instituo, vobis edendum et bibendum porrigo. Hoc perinde valet, ac si dixisset: sive dignus sive indignus fueris, hic corpus et sanguinem meum habes horum verborum virtute, quae pani ac vino adiecta sunt. Hoc animo reconditum fac diligenter conserves. In his enim verbis omne nostrum praesidium, tutela et propugnatio adversus omnes illorum errores et seductiones, quaecunque vel exortae sunt unquam vel deinceps adhuc exoriri possunt, sita sunt. Ita habemus breviter primam partem hde Substantia nempe Sacramenti. Nunc porro videamus et virtutem ac utilitatem eius, cuius gratia potissimum Sacramentum hoc [539] institutum est quodque omnium maxime in eo est necessarium, ut sciamus, quid hic nobis quaerendum indeque auferendum sit. Sed et hoc valde perspicuum est et cognitu facile ex iisdem supra memoratis verbish: Hoc est corpus meum et sanguis meus, quod pro vobis datur et effunditur in remissionem peccatorum. Horum verborum breviter hic est sensus: Ideo ad Sacramentum accedimus, ut eiusmodi thesaurum ibi accipiamus, | per quem et in quo peccatorum remissionem consequamur. Quare hoc? Ideo, quod verba illic extant et haec dant nobis. Siquidem propterea a Christo iubeor edere et bibere, ut meum sit mihique utilitatem adferat veluti certum pignus et arrabo imo potius res ipsa, quam pro peccatis meis, morte et omnibus malis ille opposuit et oppignoravit. Inde iure optimo cibus animae dicitur novum hominem alens atque fortificans. Per Baptismum enim initio regeneramur, verum nihilominus antiqua et vitiosa cutis carnis et sanguinis adhaeret homini. Iam hic multa sunt impedimenta et impugnationes, quibus cum a mundo, tum a Diabolo acerrime infestamur, ita ut non raro defessi viribus deficiamus ac nonnunquam etiam in peccatorum sordes prolabamur. Ideo hoc Sacramentum tanquam pro quotidiano alimento nobis datum est, ut huius esu fides iterum vires suas reparet atque recuperet, ne in tali certamine aut tergiversetur aut succumbat denique, sed subinde magis atque magis fiat robustior. Etenim nova vita sic instituenda est, ut assidue crescat et porro pergendo incrementa accipiat. Verum huic contra multae passiones exhauriendae sunt. Tanta enim aestuat iracundia inimicus noster, Diabolus, simulatque conspexerit nos adversus se niti et hominem veterem iniecto freno coerceri, ut ille nos vi nequeat opprimere, tum ab omni parte positis insidiis occulte irrepens nos adoritur omnes suos nervos intendens, omnes suas artes experiens, nihil non fallaciarum conans nec prius absistit, quam nos denique extrema lassitudine defessos h – h ad huius sacramenti substantiam pertinentem habemus. Iam vero latius virtutem quoque et utilitatem videamus, cuius gratia potissimum hoc sacramentum institutum est, quae etiam maxime omnium est necessaria, ut cognoscamus, quid rerum hic nobis quaerendum et petendum sit. Sed haec iam valde clara est et facilis cognitu ex verbis Hag
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Quis sit usus salutaris huius coenae.
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Ad quid est instituta.
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umbher, versuchet alle Künste und lesset nicht abe, bis es uns zu letzt müde machet, das man entweder den Glauben lesset fallen oder hende und füsse gehen1187 und wird unlustig [224r] oder ungedüldig. Dazu ist nu der trost gegeben, wenn das hertz solches fület, das im wil zu schwer werden, das es hie neue Krafft und Labsal hole. Hie verdrehen sich aber unsere klugen Geister1188 mit irer grossen Kunst1189 und klugheit, die schreien und boltern: Wie kan Brot und Wein die Sünde vergeben oder den Glauben stercken? So sie doch hören und wissen, das wir solches nicht von Brot und Wein sagen, als an im selbs Brot Brot ist, sondern von solchem Brot und Wein, das Christus Leib und Blut ist und die Wort bey sich hat. Dasselbige, sagen wir, ist je der Schatz1190 und kein ander, dadurch solche vergebung erworben ist. Nu wird es uns ja nicht anders denn in den worten „Für euch gegeben und vergossen“ gebracht und zugeeignet, denn darin hastu beides, das es Christus Leib und Blut ist und das es dein ist als ein Schatz und geschencke. Nu kan je Christus Leib nicht ein unfruchtbar vergeblich ding sein, das nichts schaffe noch nütze, doch wie gros der Schatz für sich selbst ist, so muß er in das wort gefasset und uns gereicht werden, sonst würden wirs nicht können wissen noch suchen.
Darumb ists auch nichts geredt1191, das sie sagen, Christus Leib und Blut ist nicht im Abendmal für uns gegeben noch vergossen, darumb kündte man im Sacrament nicht vergebung der sünde haben, denn ob gleich das werck am Creutz geschehen und die vergebung der sünde erworben ist, so kan sie doch nicht anders denn durchs wort zu uns komen, denn was wüsten wir sonst davon, das solchs geschehen were oder uns geschenckt sein solte, wenn mans nicht durch die Predigt oder mündlich wort fürtrüge? Woher wissen sie es, oder wie können sie die vergebung ergreiffen und zu sich bringen, wo sie sich nicht halten und gleuben an die Schrifft und das Evangelium? Nu ist je das gantze Evangelium und Artickel des Glaubens: „Ich gleube eine heilige Christliche | Kirche, vergebung der sünde“1192 etc. durch das wort in dis Sacrament gesteckt und uns fürgelegt. Warumb solten wir denn solchen Schatz aus dem Sacrament lassen reissen, so sie doch bekennen müssen, das eben die
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verzagt, sprichwörtliche Redensart. | 1188 Seit 1523/1524 befand sich Luther im Streit mit seinem ehemaligen Kollegen Andreas Bodenstein von Karlstadt über das Verständnis der Anwesenheit Christi bzw. seines Leibes und Blutes im Abendmahl. Um 1526 entstand ein ähnlicher Konflikt mit Huldrych Zwingli (Zürich) und Johannes Oekolampad (Basel); vgl. hierzu Luther, Wider die himmlischen Propheten (1525), in: WA 18, 62–125; 134–214; ders., Vorrede zum Schwäbischen Syngramma (1526), in: WA 19, 457–461; 529f; ders., Sermon von dem Sakrament des Leibes und Blutes Christi, wider die Schwarmgeister (1526), in: WA 19, 482–523; ders., Dass diese wort Christi „Das ist mein leib“ etc. noch fest stehen (1527), in: WA 23, 64–283; ders., Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 261–509. | 1189 Gelehrsamkeit | 1190 Wahrscheinlich ein Hinweis auf die mittelalterliche Lehre vom „thesaurus ecclesiae“, dem aus den
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fecerit, ut aut abiecta (quod aiunt) hasta52 fidem deseramus aut omni desperata [540] repugnandi fiducia taediosi aut impatientes fiamus. Ad hoc iam datum est solatium et haec praesentaria animi levatio adornata, ut, cum cor senserit se nimia impugnatione premi, hic vires et refocillationem quaerat et auferat. Atqui hoc loco iterum nasutii 53 spiritus nostri jmirifica eruditione et sapientia sua sese contorquentj tumultantes et vociferantes. Qui vero, inquiunt, panis et vinum peccata possunt remittere aut fidem corroborare? Cum tamen sciant et audiant nos talia de vino et pane nunquam adhuc docuisse, velut panis per se panis est, verum de tali pane et vino, quae Christi corpus et sanguis sunt et verba secum coniuncta habent. Hic, inquam, panis thesaurus ille est, quem iactamus, hic certe est nec alius, per quem eiusmodi peccatorum condonationem Christus nobis meritusk est. Iam ille non aliter quam per verba (pro vobis traditur et effunditur) nobis offertur et donatur. Nam in his utrumque habes, et quod Christi corpus sit et quod tuum sit, tanquam thesaurus et donum concessum gratuito. Quinetiam illud pro certo constat Christi corpus et sanguinem nequaquam rem otiosam et infrugiferam esse posse, quae nihil fructus aut utilitatis adferat. Veruntamen quamlibet magnus per se thesaurus existat, verbo eum includi ac in eo nobis offeri necesse est, alioqui eundem neque scire neque quaerere possemus. Quare nihil etiam illud est planeque frivolum commentum, quod garriunt Christi corpus et sanguinem non esse in coena pro nobis traditum et effusum, ob id in Sacramento peccatorum remissionem nos habere non posse. Nam tametsi opus ipsum in cruce peractum est et peccatorum ibi parta condonatio, neque tamen alia ratione quam per Verbum ad nos pervenire aut perferri potest. Quid enim hac de re nos comperti haberemus haec facta esse aut nobis condonata, nisi haec praedicatione aut vocalil Verbo nobis annunciarentur? Unde vero illi hoc habent exploratum aut cognitum aut quomodom remissionem peccatorum possunt apprehendere, nisi scripturae et Evangelio crediderint net in[541]nixi fuerintn? Iam totum Evan|gelium et fidei Articulus, Credo Ecclesiam sanctam catholicam, remissionem peccatorum etc. virtute verbi in hoc Sacramentum conclusus est et nobis propositus. Quamobrem ergo talem thesaurum ex hoc Sacramento violenter atque indigne evelli ac diripi pateremur? cum, velint nolint, fateri cogantur eadem haec esse verba,
i ματαιολόγοι Hag | j – j immodicae eruditionis et sapientiae suae singulare specimen exhibent Hag | k consecutus Hag | l corporali Hag | m quinam Hag | n – n nicht in Hag 52
Sprichwörtliche Redensart: die Flinte ins Korn werfen; Cicero, Pro Murena XXI, 45. | Tit 1,10.
53
Vgl.
überschüssigen Verdiensten Christi und der Heiligen bestehenden Schatz der Kirche; hier umgedeutet auf die heilsvermittelnde Kraft des Abendmahls als eigentlichem „thesaurus ecclesiae“. 1191 sinnlos, nichtig | 1192 Apostolicum; vgl. o. S. 42f.
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BSLK 713 | Sacramentariorum vociferationes. Quomodo Sacramenta confirment fidem vel singulis applicent promissionem.
An fide per Sacramentum applicetur nobis gratia.
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wort sind, die wir allenthalben im Evangelio hören, und ja so wenig1193 sagen können, diese wort im Sacrament sind kein nütz, so wenig sie dürffen sprechen, daß das gantze Evangelium oder wort Gottes ausser dem Sacrament kein nütze sey. Also haben wir nu das gantze Sacrament, beide, was es an im selbs ist und was er bringet und nützet. Nu muss man auch sehen, wer die Person sey, die solche krafft und nutz empfahe. [224v] Das ist auffs kürtzte, wie droben von der Tauffe und sonst offt gesagt ist, wer da solches gleubt, der hat, wie die wort lauten und was sie bringen. Denn sie sind nicht stein noch holtz gesagt oder verkündiget, sondern denen, die sie hören, zu welchen er spricht: „Nemet und esset“, etc. Und weil er vergebung der sünde anbeutet und verheisset, kan es nicht anders denn durch den Glauben empfangen werden. Solchen Glauben fodert er selbs in dem wort, als er spricht: „Für euch gegeben und für euch vergossen“, als solt er sagen: Darumb gebe ichs und heisse euch essen und trincken, das ir euchs solt annemen und geniessen. Wer nu im solchs lesset gesagt sein und gleubt, das war sey, der hat es. Wer aber nicht gleubt, der hat nichts, als ders im lesset umb sonst fürtragen und nicht wil solchs heilsamen guts geniessen. Der Schatz ist wol auffgethan und jederman für die Thür, ja auff den Tisch gelegt. Es gehört aber dazu, das du dich auch sein annemest und gewisslich dafür haltest, wie dir die wort geben.
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Das ist nu die gantze Christliche bereitung1194, dis Sacrament wirdig zu empfahen1195, denn weil solcher Schatz gar1196 in den worten fürgelegt wird, kan mans nichts anders ergreiffen und zu sich nemen denn mit dem hertzen. Denn mit der faust wird man solch geschenck und ewigen Schatz nicht fassen. Fasten und beten, etc. mag wol ein eusserliche bereitunge und Kinder ubunge sein, das sich der Leib züchtig und ehrerbietig gegen dem Leib und Blut Christi helt und geberdet, aber das darin und damit gegeben wird, kan nicht der Leib fassen noch zu sich bringen. Der Glaube aber thuts des hertzens, so da solchen Schatz erkennet und sein begeret. Das sey gnug, so viel zum gemeinen unterricht not ist von diesem Sacrament, denn was weiter davon zu sagen ist, gehöret auff ein ander zeit.1197 Am ende, weil wir nu den rechten verstand1198 und die Lere von dem Sacrament haben, ist wol not auch eine Vermanung und Reitzung, das man nicht lasse solchen grossen Schatz, so man teglich unter den Christen handelt und austeilet, umb sonst für uber gehen, das ist die Christen wöllen sein, sich dazu schicken1199, das hochwirdige Sacrament offte zu empfahen. Denn wir
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ebensowenig | 1194 Vorbereitung | 1195 Vgl. Luther, Sermo de digna praeparatione cordis pro suscipiendo sacramento eucharistiae (1518), in: WA 1, 329–334. | 1196 ganz | 1197 Vgl. hierzu Luther, Vermahnung zum Sakrament des Leibes und Blutes unseres Herren (1530), in: WA 30/2, 595–626. | 1198 Verständnis | 1199 bereit machen
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quae passim in Evangelio repetita audimus, et tam non affirmare audeant haec verba in Sacramento nullius usus esse, quam affirmare non audent totum Evangelium aut verbum Dei extra Sacramentum nullius precii esse aut usus. Iam ergo totum Sacramentum habemus, cum quid in se sit, tum quid adferat et prosit utentibus. Nunc et videndum est, quaenam sit persona ea, quae eam percipit vim et utilitatem. Haec est, ut breviter dicam, veluti supra de Baptismo et alias non raro diximus, quicunque ea crediderit, quae verba loquuntur et afferunt. Neque enim saxis aut truncis dicta aut annunciata sunt, sed audientibus, ad quos ita inquit: Accipite et manducate etc. Et quia peccatorum condonationem offert benigneque pollicetur, non possunt haec aliter atque per fidem percipi. Eam fidem ipse iis verbis exigit inquiens: Pro vobis traditur, pro vobis effunditur. Quasi diceret: Ideo vobis corpus et sanguinem meum offero et edere ac bibere iubeo, ut vobis tanquam rem propriam vendicetis illisque ita fruamini. Iam quicunquae haec sibi dicta statuit creditque ita se habere, ille certo consequutus est. Ceterum hisce verbis diffidens nihil habet, utpote qui nequicquam haec sibi offerri patitur neque tam salutari bono frui cupit. Thesaurus equidem apertus est atque omnibus obvius et expositus atque adeo ad fores usque adductus, imo potius mensae ad | vescendum oimpositus, at requiritur porroo, ut hunc tibi peculiariter vendices, huic manum extensam admoveas constanter credens, quemadmodum ipsa verba te docent. Haec iam tota Christiana praeparatio est hoc Sacramentum digne percipiendi. Cum enim hic Thesaurus in verbis [542] prorsus nobis proponatur, non aliter quam corde apprehendi potest. Manibus enim eiusmodi donum adeoque perennis thesaurus non est apprehensibilis. Ieiunium et oratio etc. externae quidem praeparationis locum habere et puerile exercitium esse potest, ut corpus modeste et reverenter erga corpus et sanguinem Christi se gerat, verum quod in hoc et per hoc nobis donatur, corpus nullo modo potest assequi aut apprehendere, sed fides cordis hoc facit eiusmodi thesaurum cognoscentis et cupientis. Et haec quidem, quantum ad communem huius Sacramenti institutionem attinet, dicta sufficiant. Quae enim ea de re latius disserenda sunt, aliud ac peculiare tempus requirunt. Ultimo, quoniam de huius Sacramenti recto intellectu et vera doctrina certi sumus, admonitione etiam et cohortatione peropus est, ne talem ac tantum thesaurum, qui quotidie inter Christianos administratur et distribuitur, negligamus, hoc est, ut ii, qui Christo nomen dederunt, se praeparent ad huius venerabilis Sacramenti communionem saepe frequentandam. Videmus enim
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apparatus, verum hoc quoque peropus est, Hag
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Quibus prosit manducatio.
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De praeparatione et qui digne sumant.
Coena Domini frequentius utendum.
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sehen, das man sich eben laß und faul darzu stellet und ein grosser hauffe ist, derer, die das Evangelium hören, welche, weil des Bapsts thand ist abkomen, das wir gefreyet1200 sind von seinem zwang und gebot, gehen sie wol dahin, ein jar zwey oder drey und lenger on Sacrament1201, als seien sie so starcke Christen, die sein nicht dürfften. | Und lassen sich etliche hindern und davon schrecken, das wir gelert haben, es solle niemand dazu gehen, on die hunger und durst fülen, [225r] so sie treibt. Etliche wenden für, es sey frey und nicht von nöten und sey gnug, das sie sonst gleuben, und komen also das mehrerteil dahin, das sie gar rohe werden und zu letzt beide, das Sacrament und Gottes wort, verachten. Nu ists war, was wir gesagt haben, man solle bey leib niemand treiben noch zwingen, auff das man nicht wider ein neue Seelmörderey anrichte. Aber das sol man dennoch wissen, das solche leute für keine Christen zu halten sind, die sich so lange zeit des Sacraments eussern1202 und entziehen, denn Christus hat es nicht darumb eingesetzt, das mans für ein Schauspiel handele1203, sondern seinen Christen geboten, das sie es essen und trincken und sein darüber gedencken.
Und zwar1204 welche rechte Christen sind, und das Sacament theuer und werd halten, sollen sich wol selbs treiben und hinzu dringen1205, doch das die einfeltigen und schwachen, die da auch gerne Christen weren, deste mehr gereitzt werden, die ursach und not zu bedencken, so sie treiben sollen, wöllen wir ein wenig davon reden. Denn wie es in andern sachen, so den Glauben, liebe und gedult betrifft, ist nicht gnug allein leren und unterrichten, sondern auch teglich vermanen. Also ist es auch hie not mit predigen anhalten, das man nicht lass noch verdrossen werde, weil wir wissen und fülen, wie der Teuffel sich immer wider solchs und alles Christliche wesen sperret1206 und, so viel er kann, davon hetzet und treibt.
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Und zum ersten haben wir den hellen1207 Text in den worten Christi: Das thut zu meinem gedechtnis. Das sind wort, | die uns heissen und befehlen, dadurch denen, so Christen wöllen sein, auffgelegt ist, das Sacrament zu geniessen. Darumb, wer Christus Jünger wil sein, mit denen er hie redet, der dencke und halte sich auch darzu, nicht aus zwang, als von menschen gedrungen, sondern dem Herren Christo zu gehorsam und gefallen. Sprichstu aber, stehet doch dabey: „So offt irs thut.“ Da zwinget er je niemand, sondern
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befreit | 1201 Schon in der Vorrede zum Kleinen Katechismus klagte Luther über eingetretene negative Folgen der Reformation; vhl. o. S. 852–855. | 1202 enthalten | 1203 Im mittelalterlichen Volksglauben herrschte die Überzeugung vor, dass allein schon das andächtige Betrachten der Abendmahlszeremonie heilbringend sei. Die Scheu vor dem Heiligen hatte zu einem Rückgang des Sakramentsempfangs geführt. | 1204 freilich | 1205 hinzudrängen | 1206 sich widersetzt 1207 unzweideutigen, eindeutigen
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non obscure, quam ppigros et segnes ad id nos praebemus. Est pene magna pars eorum, qui audiunt Evangelium, qui, posteaquam Papae commenta sunt sublata, nosque a mandato et coactione eius liberati sumus, duos, tres, pluresve annos sine | hoc Sacramento exigunt, quasi tam firmi sint Christiani, qui eo plane non opus habeant. Et impediri ac absterreri inde nonnulli hoc nomine sese patiuntur, quod docuimus non accedere debere ad hoc Sacramentum, nisi quos fames ac sitis eius urgeat atque compellatp. Sunt rursum, qui causantur liberum esse neque necessarium ac satis superque esse, ut credant se manducasse, quorum maior pars eo denique pervenit, ut omnibus devotionis affectibus exutis plane brutescere incipiant ac demum cum Sacramentum, tum verbum Dei extreme contemnant. Equidem quod initio docuimus, verum esse non negamus neminem scilicet ad hanc coenam ullo modo adigendum aut impellendum esse, ne de integro novam animarum carnificinam constituamus. Hoc tamen interim scien[543]dum est tales pro Christianis non esse reputandos, qui tanto tempore a Sacramento semet alienos faciunt et subtrahunt. Illud enim Christus non in hoc instituit, ut circumferatur pro spectaculo, sed suis Christianis praecepit, ut edant ac bibant suique per hoc sint memores. Et profecto qui veri Christiani sunt ac γνήσιοι Christi discipuli, quibus Sacramentum est in aliqua existimatione ac pretio, illi semet sua sponte ultro impellent. Verum enimvero ut simplices etiam et infirmi, quibus aliqua voluntas est esse Christianis, hoc vehementius incitentur ad causam et necessitatem reputandam, qua ad Sacramentum impelli debeant, ea de re pauca quaedam verba faciemus. Nam quemadmodum in aliis negotiis ad fidem, caritatem, animi tolerantiam pertinentibus non satis est tantum docere et instituere, verum etiam quotidie ac sedulo monere populum, ita quoque hic requirit necessitas, ut praedicando seduli simus, ne segnes aut taediosi fiamus non ignorantes, quanto conatu et studio diabolus huic rei ac omni Christiano exercitio reluctetur, adeo ut pro virili sua humanos animos ab eo fuget et absterreat. Ac primum quidem clarum textum in ipsis Christi verbis habemus: Hoc facite in mei commemorationem. Haec sunt | verba nobis praecipientia et iubentia, quibus iis, qui Christiani censeri volunt, mandatur et praecipitur, ut utantur Sacramento. Quare, qui Christi discipulus esse cupit, quibus cum hic verba facit, huic curae sit, ut haec verba sibi cordi sint, non quidem ex coactione velut impulso ab hominibus, verum ut Christo Domino obsequatur et oboediat. Dixeris autem fortasse: Tamen haec quoque particula: Quotiescunque
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pigre et segniter affecti simus. Estque horum bene magna pars, qui audiunt quidem evangelium quique, posteaque papae carnificina sublata est nobis ab eius tyrannide praeceptique saevitia in libertatem assertis, tres quatuorque annos aut etiam amplius sine hoc sacramento exigunt, quasi tantae firmitatis essent christiani, qui huius adminculo aut levatione non egeant. Sunt etiam, quos a sacramento absterret hoc, quod docuimus nemini videlicet accedendum, nisi quos horsum sitis ac fames urgeat Hag
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Causae hortantes, ut crebrior usus sit corporis et sanguinis Christi.
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lessets in freier willköre. Antwort: Ist war, es stehet aber nicht, das mans nimmermehr thun solle. Ja, weil er eben1208 die wort spricht: So offt als irs thut, ist dennoch mit eingebunden1209, das mans offt thun sol, und ist darumb hin zu gesetzt, das er wil das Sacrament frey haben, ungebunden an sonderliche1210 zeit, wie der Jüden Osterlamb, welchs sie alle Jar nur einmal, und eben1211 auff den viertzehenden tag des ersten vollen Monds des abends musten essen1212 und keinen tag uberschreiten, als1213 er damit sagen wolt: Ich setze euch ein Osterfest oder Abendmahl, das ir nicht eben1214 diesen Abend des Jars einmal, sondern offt sollet geniessen, wenn und wo ir wöllet, nach eines ieglichen gele[225v]genheit und notdurfft, an keinen ort oder bestimpte zeit angebunden, wiewol der Bapst hernach solchs umbkeret und wider ein Jüdenfest daraus gemacht hat.1215
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Also sihestu, das nicht also freiheit gelassen ist, als möge mans verachten. Denn das heisse ich verachten, wenn man so lange zeit hingehet und sonst kein hindernis hat und doch sein nimmer begeret. Wiltu solche freiheit haben, so habe eben so mehr freiheit, das du kein Christen seiest und nicht gleuben noch beten dürffest1216, denn das ist eben so wol Christus gebot | als jenes. Wiltu aber ein Christen sein, so mustu je zu weilen diesem Gebot gnug thun, und gehorchen, denn solch Gebot solt dich je bewegen, in dich selbs zu schlahen1217 und zu dencken. Sihe, was bin ich für ein Christen? Were ichs, so würde ich mich je ein wenig sehnen nach dem, das mein HERR befohlen hat zu thun. Und zwar1218 weil wir uns so frembde1219 darzu stellen, spüret man wol, was wir für Christen in dem Bapstthumb gewesen sind, als die aus lauterm zwang und furcht menschlichs Gebots sind hingangen on lust und liebe und Christus Gebot nie angesehen. Wir aber zwingen noch dringen niemand, darffs1220 uns auch niemand zu dienst und gefallen thun. Das sol dich aber reitzen und selbs zwingen, das ers haben wil und im gefellet, jmenschen1221 sol man sich weder zum Glauben noch irgent einem guten Werck nötigen lassenj. Wir thun nicht mehr, denn das wir sagen und vermanen, was du thun solt, nicht umb unsert, sondern umb deinet willen. Er locket und reitzet dich, wiltu solches verachten, so antworte1222 selbs dafür.
Das sol nu das erste sein, sonderlich für die kalten1223 und nachlessigen, das sie sich selbs bedencken und erwecken. Denn das ist gewisslich war, als ich wol bey mir selbs erfaren habe und ein iglicher bey sich finden wird, wenn j–j
nicht in Witt4.
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gerade | 1209 mit einbegriffen | 1210 eine bestimmte | 1211 gerade | 1212 Vgl. Lev 23,5; Kol 2,16. | 1213 als ob | 1214 gerade | 1215 Das 4. Laterankonzil bestimmte 1215: „suscipiens reverenter
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feceritis, adiecta est, haec equidem cogit neminem, sed relinquit Sacramenti usum in cuiusque arbitratu liberum? Respondeo. Audio, sed non dixit, ut perpetuo nunquam faciamus, quin potius haec ipsa verba dicens: Quotiescunque feceritis una iniunxit, ut saepe Sacramenti communionem iteremus. Estque propterea adiectum, quod Sacramentum velit habere liberum, non certo tempori [544] alligatum, velut erat Iudaeorum pascha, quod singulis annis semel tantum ac non nisi decimo septimo die primi mensis vesperi manducare nec ullum diem transilire cogebantur. Quasi velit dicere: Ego vobis festivitatem paschalem seu coenam adorno et constituo, quam non tantum ad huius diei vesperam quotannis celebrabitis, sed ea saepe fruemini, quando et quotiescunque libitum fuerit, prout cuique integrum erit et necessarium nulli loco aut tempori alligatum. Quanquam Romanae sedis Idolum Pontificium hanc quoque ut cetera omnia a Christo constituta perverterit iterumque Iudaicam festivitatem ex ea reddiderit. Ex his iam perspicuum est omnibus non ira relictum esse liberum, quasi contemni possit. Ceterum hoc ego voco Sacramentum contemnere, quando nullo impedimento praepediti tanto tempore quasi fastidientes non accedimus neque desideramus. Quod si hanc libertatem habere contendis, cur non potius illam quoque tibi arrogas, | ut tibi prorsus non liceat esse Christiano neque quicquam orare aut credere? Hoc enim perinde Christi praeceptum est atque illud. Sin Christianus perhiberi cupis, ut huic praecepto nonnunquam satisfacias atque obtemperes, necesse est. Hoc enim mandatum promovere utique te debebat, ut in te descenderes et cogitares: Ecce, cuiusmodi ego Christianus sum? quod si essem, haud dubie vel modico harum rerum perficiendarum caperer desiderio, quas Dominus meus mihi faciendas praecepit. Et profecto quandoquidem ad hanc coenam tam gravate et fastidiose affecti sumus ita nauseantes illam, satis apparet, quales in Papatu Christiani fuerimus, ut qui tantum coactu et metu humani praecepti accesserimus sine omni animi voluptate et amore praecipientis Christi nullo respectu habito. Sed enim nos neminem cogimus aut violenter impellimus nec quisquam in nostri gratiam huius coenae conviva esse dignetur. Hoc vero impellere et ultro cogere te debebat, quod Christus id requirit et placet id illi. Hominibus utique non concedendum est, ut ab illis aut ad fidem aut ad ullum opus adigamur. [545] Nos non plus facimus, quam ut doceamus et moneamus, quid facto opus sit, non in nostri, sed in tui gratiam. Ipse pellicit te ac omnibus modis ad se provocat; hunc, si arroganter contempseris, vide, ut ipse pro te respondeas. Hoc primo quidem loco dictum est frigidis potissimum et negligentibus Christianis, ut vel tandem serio resipiscant seque accendant et expergefaciant. Illud enim vero verius est, id quod apud me ipse expertus sum et quisque
ad minus in pascha eucharistiae sacramentum“, in: X.5.38.12 (Friedberg II, 852; DH 812) brauchst | 1217 in dich zu gehen | 1218 freilich | 1219 ablehnend, distanziert | 1220 braucht es 1221 von Menschen | 1222 übernimm selbst die Verantwortung | 1223 kaltherzigen 1216
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Mandatum de usu pertinet ad adultos omnes, qui sunt membra coetus Ecclesiae.
Contemptus Sacramenti.
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An vi cogendi profani, ut sumant Sacramentum.
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man sich also davon zeucht, das man von tag zu tage je mehr roh und kalt wird und gar in wind schleget, sonst muß man sich je mit dem hertzen und gewissen befragen und stellen als ein mensch, das gerne wolt mit Gott recht stehen. Je mehr nu solches geschicht, je mehr das hertz erwarmet und entzündet wird, das nicht gar erkalte. Sprichtstu aber: Wie denn, | wenn ich füle, das ich nicht geschickt1224 bin? Antwort: Das ist meine anfechtung auch, sonderlich aus dem alten wesen her unter dem Bapst, da man sich so zu martert hat, das man gantz rein were und Gott kein thedlin1225 an uns fünde, davon wir so schüchter dafür worden sind, das flugs sich jederman entsetzt und gesagt hat: O weh, du bist nicht wirdig. Denn da hebt Natur und vernunfft an zu rechnen unser unwirdigkeit gegen das grosse teure Gut, [226r] da findet sichs denn als ein finster Latern gegen die liechte Sonne oder Mist gegen Edelsteine und, weil sie solches sihet, wil sie nicht hinan und harret, bis sie geschickt1226 werde, so lang das eine woche die ander und ein halb Jar das ander bringet. Aber wenn du das wilt ansehen1227, wie from und rein du seiest, und darnach arbeiten1228, das dich nichts beisse1229, so mustu nimmermehr hinzu komen.
Derhalben sol man hie die leute unterscheiden, denn was freche und wilde sind, denn sol man sagen, das sie davon bleiben, denn sie sind nicht geschickt1230, vergebung der Sünde zu empfahen, als die sie nicht begeren und ungerne wolten from sein. Die andern aber, so nicht solche rohe und lose leute sind und gerne from weren, sollen sich nicht davon sondern, ob sie gleich sonst schwach und gebrechlich sind. Wie auch Sanct Hilarius1231 gesagt hat: Wenn ein sünde nicht also gethan ist, das man jemand billich aus der Gemeine stossen und für ein Unchristen halten kan, sol man nicht vom Sacrament bleiben,1232 auff das man sich nicht des lebens beraube. Denn so weit wird | niemand komen, das er nicht viel teglicher gebrechen im fleisch und blut behalte. Darumb sollen solche Leute lernen, das die höchste Kunst ist, das man wisse, das unser Sacrament stehet nicht auff unser wirdigkeit, denn wir lassen uns nicht Teuffen, als die wirdig und heilig sind, komen auch nicht zur Beichte, als seien wir rein und on sünde, sondern das widerspiel1233, als arme, elende menschen und eben darumb, das wir unwirdig sind. Es were denn ein solcher, der kein Gnade und Absolution begeret noch sich dechte zu bessern. Wer aber gern wolt Gnade und Trost haben, sol sich selbs treiben und nie-
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bereit | 1225 nicht den geringsten Makel | 1226 bereit | 1227 darauf Rücksicht nehmen streben | 1229 anfechte | 1230 bereit | 1231 Hilarius, Bischof von Poitiers, war einer der von den
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apud se ita esse inveniet, ut tam diurturna sui a Sacramento alienatione in dies singulos etiam atque etiam frigidiores et barbariores evadamus ac denique prorsus id fastidiamus. Alioqui descendendum est cum animo in colloquium atque ita gerendum, quemadmodum par est homini Dei favorem et gratiam ex | animo cupienti. Iam quo frequentius hoc factum fuerit, hoc impensius cor calescit et incenditur, ne prorsus omnibus amoris divini flammis extinctis congelescat. Dixeris fortasse: Quid autem, si sensero me non paratum esse? Respondeo: et hoc me quoque impugnat adhuc e Papatu usque, in quo tanta mentis anxietate quisque se excarnificavit, ut per omnia puri essemus, ne Deus quicquam naevi aut labis in nobis inveniret. Unde tanta trepidatione sumus exanimati, ut illico quisque attonito animo in haec verba proruperit. Heu te miserum, hac coena omnibus modis indignus es. Nam natura et humana ratio hic suae dignitatis rationem inire incipit erga ingentis huius et pretiosi boni praestantiam ac tunc perinde nitet atque obscura laterna lucido soli collata aut instar fimi candidis gemmis aut unionibus comparati. Has suae vitae sordes intuens recusat accedere et tantisper differt, donec bene praeparata fuerit, usque dum dies diei, mensis mensi, annus anno successerit. Ceterum hoc, si intueri voles, quam videlicet tu sis probus et purus, atque in hoc conari, ut nihil conscientiam tuam mordeat, futurum est, ut vix unquam accedas. Quare hic homines habita ratione discernendi sunt. Nam procaci feritate et improbitate insolescentibus dicen[546]dum est, ut a Sacramento abstineant, neque enim ad percipiendam peccatorum remissionem sunt appositi, utpote qui eam non desiderant nec libenter probi esse student. Reliqui vero, qui non ita ferini sunt et beluini quique probitatis amantes sunt, nullo modo semet ab hac coena debent seiungere, tametsi alioqui fragiles sint et imbecilles, quemadmodum et dictum est ab Hilario: Si quod peccatum non ita perpetratum est, cuius gratia aliquis iure ex Ecclesia possit exigi ac pro gen|tili existimari, huic nequaquam a Sacramento temperandum est, ne quis se ipse vita privet. Nemo enim eo probitatis unquam se venturum speret, ut non infinitos defectus in carne et sanguine suo retineat. Quapropter eiusmodi hominibus discendum est summam esse scientiam nosse nostrum Sacramentum non dignitatis nostrae gratia institutum esse. Non enim ut dignos et sanctos nos baptizari permittimus neque hoc nomine peccata nostra confitemur, quasi puri et a delictis alieni essemus, sed plane contraria quadam ratione, ut miseri ac aerumnosi peccatores et prorsus propterea, quia indigni sumus, nisi fortasse quispiam talis esset, qui nullam gratiam aut absolutionem desideraret neque cogitaret unquam vita in melius mutata resipiscere. Sed enim qui gratiam ac consolationem habendi et impetrandi cupidus est, ille semet instiget nulloque modo absterreri se patiatur Wittenberger Reformatoren am häufigsten zitierten Kirchenväter. | 1232 Vgl. De cons. Dist. 2 c. 15 (Friedberg I, 1319); auch bei Augustinus, Epistola LIV, 3, in: PL 33, 201 (CSEL 34/2, 162,1–17). 1233 Gegenteil
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Cum neglectione Sacramenti obrepunt prophanae opiniones et extinguitur invocatio.
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Arcendi sunt a communione, qui polluti manifestis delictis non emendant se.
Hilarii dictum. | BSLK 720
Agentes poenitentiam non fugiant usum Sacramenti.
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mand1234 davon schrecken lassen und also sprechen: Ich wolt wol gerne wirdig sein, aber ich kome auff keine wirdigkeit, sondern auff dein Wort, das du es befohlen hast, als der gerne dein Jünger were, meine wirdigkeit bleibe, wo sie kan. Es ist aber schwer, denn das ligt uns immer im wege und hindert, das wir mehr auff uns selbs denn auff Christus wort und mund sehen. Denn die Natur wolt gerne so handeln, das sie gewiss auff sich selbs möcht fussen und stehen, wo nicht, so wil sie nicht hienan. Das sey gnug vom ersten stück.
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Zum andern: Ist uber1235 das Gebot auch eine verheissung, wie auch oben gehört, die uns auffs aller sterckste reitzen und treiben sol, denn da stehen die freundliche liebliche wort: „Das ist mein Leib, für euch gegeben. Das ist mein Blut, für euch vergossen zur vergebung der Sünden.“ Diese wort, hab ich [226v] gesagt, sind keinem stock noch stein gepredigt, sondern mir und dir, sonst möcht er eben so mehr1236 still schweigen und kein Sacrament einsetzen, drumb dencke und bringe dich auch in das | „Euch“, das er nicht umb sonst mir dir rede. Denn da beut er uns an alle den Schatz, so er uns von Himel bracht hat, dazu er uns auch sonst locket auffs aller freundlichste, als da er spricht, Matth. am 11.: „Kompt her zu mir alle, die ir müheselig unnd beladen seid, ich wil euch erquicken.“1237 Nu ists je sünde und schade, das er uns so hertzlich und treulich fordert und vermanet zu unserem höchsten und bestem Gut, und wir uns so frembd1238 darzu stellen und so lang hingehen, bis wir gar1239 erkalten und verharten1240, das wir kein lust noch liebe dazu haben. Man mus je das Sacrament nicht ansehen als ein schedlich ding, das man dafür lauffen1241 solle, sondern als eitel heilsame, tröstliche Ertzney, die dir helffe und das leben gebe, beide an Seel und Leib. Denn wo die Seele genesen1242 ist, da ist dem Leibe auch geholffen1243, wie stellen wir uns denn darzu, als sey es ein gifft, daran man den Todt fresse?
Das ist wol war, das, die es verachten und unchristlich leben, nemens inen zu schaden und verdamnis, denn solchen sol nichts gut noch heilsam sein, eben als einem Krancken, der aus mutwillen isset und trincket, das im vom Artzt verboten ist. Aber denen, so ir schwachheit fülen und ir gerne los weren und
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durch niemanden | 1235 außer | 1236 ebensogut | 1237 Mt 11,28 | 1238 ablehnend | 1239 ganz hart werden | 1241 weglaufen | 1242 gerettet | 1243 Schon Ignatius von Antiochien war Anfang des 2. Jahrhunderts davon überzeugt, dass das Abendmahl ein „Heilmittel der Unsterblichkeit“, ein φάρμακον ἀθανασίας, sei; vgl. Ignatius von Antiochien, Epistola ad Ephesios XX, 2, in: PG 5, 661 (SC 10, 76).
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itaque dicat: Perlibenter quidem hac coena dignus esse velim, nulla adductus dignitate venio, verum tuo verbo fretus adsum, propterea quod tu mihi praecepisti egoque non invitus in discipulorum tuorum numerum referri cupio, quantulacunque tandem mea sit dignitas, nihil moror. Verum hoc arduum et grave est factu, hoc enim nobis nunquam non impedimento est et obstat, quod longe attentiores ad nos ipsos, quam ad os et verba Christi sumus. Ita enim natura humana agere cuperet, ut securitate quadam et certitudine se ipsa potius frui et niti posset; qua re frustrata abhorret accedere. Verum haec de prima parte satis superque diximus. [547] Secundo benigna quoque huic praecepto adiecta est promissio, ut supra etiam memoratum est, quae nos omnium vehementissime instigare debebat atque impellere. Haec enim illa sunt verba perquam amica et amabilia, humanitatis ac benevolentiae plenissima: Hoc est corpus meum, quod pro vobis traditur. Hic est sanguis meus, qui pro vobis effunditur in remissionem peccatorum. Haec, inquam, verba dixi neque ullis cautibus neque quercubus esse | praedicata, verum mihi et tibi, alioqui eadem opera aeque tacere potuisset neque ullum Sacramentum instituere. Quare fac etiam atque etiam, ut et te in haec verba pro vobis includas, ne nequicquam tecum loquatur. Hic enim omnes thesauri sui nobis offert divitias, quascunque coelitus secum humano generi detulit, ad quas etiam alias amicissime et amantissime nos provocat, veluti Matt. 11 inquit: Venite ad omnes, qui laboratis et onerati estis, ego reficiamq vos. Iam quidem extremum flagitium et facinus est, quod, cum ille tam amanter atque fideliter nos vocet et moneat ad nostrum summum et maximum bonum confluendos, nos tam alienos erga vocantem geramus ac tantum temporis a Sacramenti participatione remoti exigamus, donec prorsus animo indurato refrixerimus, ut nulla usquam desiderii aut amoris scintilla in nobis superstes remaneat. Equidem Sacramentum non perinde intuendum est, ut res noxia, a qua vitanda ambobus (quod aiunt) pedibus fugiendum sit, verum ut salutifera et utilis medicina, quae tuis morbis medeatur vitamque tibi det et animae et corporis. Ubi enim anima recuperata salute convaluit, ibi corporis quoque valetudo salva est. Cur ego nos illud ita abominantes cavemus, quasi cicuta esset, quae devorata mortem nobis inferret praesentem? Illud equidem inficias non iverim eos ipsos, qui contemnunt aut beluino more vivunt, tantum in pernitiem et damnationem sibi sumere. Talibus enim nihil debet esse bono aut saluti, perinde atque aegroto accidere solet pro libidine sua edenti atque bibenti, quae ipsi a medico interdicta sunt. [548] Ii vero, qui suae carnis infirmitatem sentiunt eaque libenter exonerati essent
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refocillabo Hag
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Amplissimae promissiones propositae, ut invitemur ad frequentiorem usum Sacramenti.
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Hic offertur remissio peccatorum et applicatur credenti.
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hülffe begeren, sollens nicht anders ansehen und brauen denn als ein köstlich Tyriack1244 wider die gifft, so sie bey sich haben. Denn hie soltu im Sacrament empfahen aus Christus mund vergebung der Sünde, welche bey | sich hat und mit sich bringet Gottes gnade und Geist mit alle seinen Gaben, schutz, schirm und gewalt wider Tod und Teuffel und alles unglück. Also hastu von Gottes wegen beide des Herrn Christi gebot und verheissung; zu dem sol dich deinet halben treiben dein eigene not, so dir auff dem hals ligt, umb welcher willen solch gebieten, locken und verheissen geschicht. Denn er spricht selbs: „Die starcken dürffen des Artztes nicht, sondern die Krancken.“1245 Das ist die müheselig und beschweret sind mit Sünd, furcht des Tods, anfechtung des Fleisches und Teuffels. Bistu nu beladen und fülest dein schwacheit, so gehe frölich hin und lasse dich erquicken, trösten und stercken. Denn wiltu harren, bis du solches los werdest, das du rein und wirdig zum Sacrament komest, so mustu ewig davon bleiben. Denn da fellet er das urteil und spricht: Bistu rein und from, so darffstu mein nichts und ich dein wider nichts. Darumb heissen die allein unwirdig, die ir gebrechen nicht fülen noch wöllen Sünder sein.
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[227r] Sprichstu aber: Wie sol ich im denn thun1246, wenn ich solche not nicht fülen kan noch hunger und durst zum Sacrament empfinden? Antwort: Denselbigen, die so gesinnet sind, das sie sich nicht fülen, weis ich kein bessern raht, denn das sie doch in iren bosam greiffen1247, ob sie auch Fleisch und Blut haben, wo du denn solches findest, so gehe doch, dir zu gut, in Sanct Paulus Epistel an die Galater und höre, was dein Fleisch für ein früchtlin sey: „Offenbar sind aber“, spricht er, „die Werck des fleisches, als da sind: Ehebruch, Hurerey, unreinigkeit, geilheit1248, Abgötterey, zauberey, feindschafft, hader, eyfer1249, zorn, zanck, zwitracht, Secten, haß, mord, sauffen, fressen | und dergleichen.“1250 Derhalben: kanstu es nicht fülen, so gleube doch der Schrifft, die wird dir nicht liegen, als die dein Fleisch besser kennet denn du selbst. Ja weiter schleust Sanct Paulus zun Röm. 7.: „Denn ich weis, das in mir, das ist in meinem Fleisch wonet nichts guts.“1251 Darff Sanct Paulus solchs von seinem Fleisch reden, so wöllen wir auch nicht besser noch heiliger sein. Das wirs aber nicht fülen, ist so viel desto erger, denn es ist ein Zeichen, das ein aussetzig fleisch ist, das da nichts empfindet und doch wütet und umb sich frisset. Doch, wie gesagt, bistu so gar erstorben, so gleube doch der Schrifft, so das urteil uber dich spricht. Und summa, je weniger du deine
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θηριακόν, Gegengift, Heilmittel | 1245 Mt 9,12 | 1246 mir helfen | 1247 in sich gehen, sich besinnen | 1248 Unzucht, so in Luthers Bibelübersetzung seit 1530. | 1249 Neid, so in Luthers Bibelübersetzung seit 1530. | 1250 Gal 5,19–21 | 1251 Röm 7,18
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quaerentes auxilium, non aliter intueri debent et uti atque preciosissima tyriaca aut antidoto praesentissimo adversus omnia venena, quibus in|fecti sunt. Hic enim rin Sacramentor ex ore Christi sumes peccatorum condonationem secum habentem unaque apportantem Dei gratiam et Spiritum una cum omnibus suis bonis, tutela, protectione et potestate contra mortem, Diabolum atque omnia mala. Ita quidem a Deo et Christo praeceptum eiusque promissionem habes. Ad haec tui gratia tua ipsius necessitas, quae cervici tuae incumbit et cuius gratia eiusmodi praecepta, illectamenta et promissiones datae sunt, impellere te debebat. Ipse enim dicit: Non est opus medico valentibus, sed male habentibus, hoc est, laborantibus, et qui peccatis, mortis formidine, carnis atque Diaboli tentatione onerati sunt. Iam si peccatorum fasce gravatus es tuamque sentis infirmitatem; tum alacri accedas animo teque Christo reficiendums, levandum et corroborandum offeras. Etenim si tamdiu procrastinare volueris, donec defecatis vitiis mundus et dignus Sacramentum possis accedere, perpetuo tibi ab hac coena abstinendum erit. Etenim eam hic pronuntiat sententiam: Si purus et probus es, mea ope non indiges neque vicissim te mihi opus est. Quare ii tantum indigni dicuntur, qui suos defectus non sentiunt neque peccatores esse sustinent. Quod si dixeris: quid mihi tum faciendum suades, si talem carnis meae necessitatem persentiscere nequeo neque ulla Sacramenti fame aut siti teneor? Respondeo: Iis, qui ita affecti sunt, ut nihil tale sentiant, nullum scio dare consilium praestantius, quam ut in sinum proprium inspiciant videantque, num ipsi quoque carnem et sanguinem habeant, quod cum ita esse comperient, tum sui tantum compendii gratia Pauli Epistolam scriptam ad Galatas requirant et audiant, cuiusmodi sua caro fructus soleat producere. Manifesta sunt autem (inquit) opera carnis, quae sunt [549] adulteriumt fornicatio, immundicia, impudicitia, luxuria, | Idolorum servitus, veneficia, inimicitiae, contentiones, aemulationes, irae, rixae, dissensiones, sectae, invidiae, homicidia, ebrietates, comissationes et his similia. Quapropter si haec sentire nequis, saltem Scripturae credas, quae tibi non mentietur et cui caro tua proprius, quam tibi nota est. Imo amplius quoque concludit Paulus ad Roman. 7 inquiens: Scio, quod non habitet in me, hoc est, in carne mea bonum. Quod si Paulus de sua carne id pronunciare audet, neque nos vel meliores vel sanctiores illo esse volumus. Quod autem nos idem non persentiscimus, hoc periculosius aegrotamus. Signum enim est certissimum, nostram carnem lepra esse infectam, quae nihil uquidem sentit, saevit tamen interim et circumcirca serpitu. Veruntamen, ut dictum, quod si usque adeo mortuus es, saltem Scripturae testimonio fidem habere digneris, quae, qualis sis, iam tibi suo comprobavit iudicio. Et in summa, quo minus tua peccata et defectus
r – r nicht in Hag | s refocillandum Hag | dum passim circumroditur Hag
t
nicht in Hag |
u–u
sentit, tormentis tamen nos pungit,
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Sensus indignitatis et miseriae nostrae accendat in nobis desiderium huius carnis.
Qui vocentur indigni.
Eiiciendus ex animis stupor cogitatione de nostris lapsibus et immundicie.
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sünde und gebrechen fülest, je mehr ursach hastu hinzu zugehen, hülff und ertzney zu suchen. Zum andern. Sihe dich umb, ob du auch in der Welt seiest, oder weistus nicht, so frage deine Nachbarn darumb bistu in der Welt, so dencke nicht, das an sünden und not werde feilen, denn fahe nur an und stelle dich, als wolstu from werden und beim Evangelio bleiben, und sihe zu, ob dir niemand werde feind werden, dazu leid, unrecht und gewalt thun; Item zu sünden und untugent ursach geben. Hastu es nicht erfaren, so las dirs die Schrifft sagen, die der Welt allenthalben solchen preis und zeugnis gibt.
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Uber das wirstu ja auch den Teuffel umb dich haben, welchen du nicht wirst gar unter dich tretten, weil es unser Herr Christus selbs nicht hat können umbgehen1252. Was ist nu der Teuffel? Nichts anders denn, | wie in die Schrifft nennet, ein Lügener und Mörder1253: Ein Lügener, das hertz zuverfüren von Gottes wort und verblenden, das du deine not nicht fülest noch zu Christo komen kündest: Ein Mörder, der dir keine stunde das leben günnet. Wenn du sehen soltest, wie viel messer, spies und pfeile alle augenblick auff dich gezielet werden, du soltest fro werden, so offt du kündest, zu dem Sacrament zu komen. Das man aber so sicher und unachtsam dahin gehet, machet nichts anders, denn das wir nicht dencken noch gleuben, das wir im Fleisch und in der bösen Welt oder unter des Teuffels Reich sein.
Darumb versuche und ube solchs wol und gehe nur in dich selbs oder sihe dich ein wenig umb und halt dich nur der1254 Schrifft; fülestu als denn auch nichts, so hastu deste mehr not, zu klagen beide Gott und deinem Bruder, da las dir rhaten und für dich bitten und lasse nur nicht abe, so lange bis der Stein von deinem hertzen kome, so wird sich die not wol finden und du gewar werden, das du zweymal tieffer ligst denn ein ander armer Sünder und des Sacraments viel mehr dürffest wider das elend, so du leider nicht sihest, ob Gott gnade gebe, das du es mehr fületest und je hungeriger darzu würdest, sonderlich weil dir der Teuffel so zusetzet und on unterlas auff dich helt1255, wo er dich erhasche und bringe umb Seel und Leib, das du keine stund für im sicher kanst sein. Wie bald möchte er dich plötzlich in jammer und not bracht haben, wenn du dichs am wenigsten versihest?
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Solchs sey nu zur vermanung gesagt nicht allein für uns alte und grosse, sondern auch für das junge Volck, so man in der Christlichen lere und verstand auffziehen sol, denn damit künde man deste leichter | die zehen Gebot, 1252
vermeiden; vgl. Mt 4,1–11. | 1253 Vgl. Joh 8,44. | 1254 zu der, an die | 1255 dir nachstellt
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persentiscis, hoc plures causae tibi supersunt accedendi opemque et medicinam quaeritandi. Deinde in hoc quoque fac attentus sis, ut circumspicias, num in mundo quoque verseris, aut si ignoras, id ex vicinis tuis exquirito. Quod si una cum aliis in mundo constitutus es, non est, ut cogites peccatum et necessitatem tibi defuturam. Tantum enim incipias ac ita te geras, quasi probitatem sectari et cum Evangelio stare decreveris, ac vide, num nemo tibi infensus futurus sit, insuper aegre faciat, vim atque iniuriam inferat, praeterea ad peccata et vitia causam suppeditet. Quod si nondum expertus es, hoc ipsum Scriptura magistra fac audias, sursum ac deorsum his praeclaris testimoniis et titulis mundum praedicante. Praeter haec Diabolum quoque iuxta te habebis, quem prostratum nequaquam prorsus conculcabis, cum Dominus noster Iesus Christus ipse devitare non potuerit. Quid ergo est Diabolus? nihil | aliud quam, quod eum Scriptura nominans esse perhibet, nempe mendax et homicida. Mendax quidem ob id, quod cor humanum a verbo Dei abdu[550]cere et excaecare conatur, ne tuam necessitatem sentias neve ad Christum medicum venire queas. Homicida vero, qui ne ad unius quidem horulae spatium vitam tibi favet. Quod si videndi tibi daretur copia, quot gladiis, quot hastis, quot sagittis et telis omnibus momentis in te collimet, gauderes toties tibi patere ad Sacramentum accedendi ianuam, quoties possis consequi. Quod autem tam secure, tam incogitanter ambulamus, nihil facit aliud, quam quod non cogitamus aut credimus nos in carne et hoc pravo mundo vivere aut versari in regno Diaboli. Quamobrem haec probe experienda et exercenda tibi proponito teque ipse accurate fac excutias et noscas, tum paulisper circumspicito et vide, quid Scriptura loquatur. Quod si ne tum quidem quicquam senseris, hoc maior te urget ad conquerendum necessitas aeque apud Deum ac proximum tuum. Ab his petas auxilium, utque pro te precentur, postula neque prius absistas, quam cor tuum adamantina illa duritie liberatum fuerit. Ita fiet, ut demum tua tibi pateat necessitas clare visuro te terque quaterque in omnium vitiorum lernam profundius esse immersum quam ullum alium peccatorem teque Sacramento multo egere impensius, medendae calamitati tibi occultae Deo suam tibi largiente gratiam, ut magis sentias fiasque ad hunc modum Sacramenti esurientior. Praecipue vero Diabolo tantopere te infestante tibique pernitiem machinante, ut te comprehensum et anima et vita iuxta spoliet, ita ut nulla hora ab eius insidiis tibi in tuto esse liceat. Quam cito vero et subito te oscitantem et nil tale opinantem in omne calamitatis genus praecipitaverit? Haec iam hactenus monendi gratia dicta sint non tantum nobis grandioribus, verum etiam natu minoribus, qui in Christiana doctrina eiusdemque intellectu educandi sunt. Ad hunc enim mo|dum hoc minore negotio decem
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Mundi duritia erga Ecclesiam.
Rabies Diaboli.
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Homicidium.
Precatio pro aliis.
Hae commonefactiones non solum adultis, sed etiam tenerae aetati proponendae. BSLK 725
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Glauben1256 und Vater unser in die Jugendt bringen, das es inen mit lust und ernst eingienge und also von Jugendt auff ubeten und gewoneten1257. Denn es ist doch nu fast1258 mit den Alten geschehen, das man solchs und anders nicht erhalten kan, man ziehe denn die Leute auff, so nach uns komen sollen und in unser Ampt und Werck treten, auff das sie auch ire Kinder fruchtbarlich erziehen, damit Gottes wort und die Christenheit erhalten werde. Darumb wisse ein ieglicher Hausvater, das er aus Gottes befehl und Gebot schüldig ist, seine Kinder solchs zu leren oder lernen lassen, was sie können sollen. Denn weil sie getaufft sind und in die Christenheit genomen1259, sollen sie auch solcher gemeinschafft des Sacraments geniessen, auff das sie uns mögen dienen und nütze werden, denn sie müssen doch alle uns helffen gleuben, lieben, beten und wider den Teuffel fechten.
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das Glaubensbekenntnis | aufgenommen
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gewohnt würden, sich daran gewöhnten |
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sicherlich
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praecepta, fidei symbolum et orationem dominicam iuventuti inculcare possemus, ut cum quadam voluptate atque adeo serio haec caperent et ita statim ab ipsis infantiae crepundiis [551] percepta indesinenter exercerent atque asuescerent. Iam enim pene cum natu grandioribus actum est, ut haec atque alia ab ipsis impetrare nequeamus, nisi eiusmodi homines iam inde a puero educentur, qui nobis successuri sunt nostrumque opus et officium arrepturi, ut et ipsi suos liberos bene ac salutariter educent, quorum opera Dei verbum sustentetur et Christianorum communio aedificetur. Quapropter quisque paterfamilias sciat hoc sui esse officii, ut Dei iussu atque praecepto haec liberos suos doceat aut alios docere sinat, quae eos nosse par est. Cum enim baptizati sint iamque in Christianorum numerum et communionem cooptati, aequum est, ut huius Sacramenti participatione fruantur, ut nobis queant esse utilitati et subsidio. Oportet enim eos omnes et singulos nobiscum credere, diligere, orare et adversus Diabolum pugnare.
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Officium patris familias.
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[261v ] Ein kurtze Vermanung zu der Beicht a
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Der Große Katechismus 1
Von der Beicht haben wir allezeit also geleret, das sie solle frei sein, und des Bapsts tyranney nidergelegt2, das wir alle seines zwangs los sind und befreit von der untreglichen3 bürden und last der Christenheit auffgelegt4. Denn kein schwerer ding bisher gewesen ist, wie wir alle versucht5 haben, denn das man iederman zu beichten gezwungen bei der höchsten todsünd, | dazu dasselbige so hoch beschweret hat und die gewissen gemartert mit so mancherley Sünden zuerzelen6, das niemand hat können rein gnug beichten. Und das das ergste ist gewest, niemand geleret noch gewust hat, was die Beichte were oder wie nütz und tröstlich, Sondern haben eitel angst und Hellemarter daraus gemacht, das mans [262r] hat thun müssen und doch keinem dinge so feind ist gewesen. Diese drei stück sind uns nu entnomen7 und geschenkt, das wirs aus keinem zwang noch furcht dürffen thun, auch der Marter entladen sind, so genau alle Sünde zu zehlen, Zu dem haben wir das vorteil, das wir wissen, wie man ihr seliglich brauchen solle zu trost und stercke unsers gewissens. Aber solches kan nu iedermann und habens leider allzuwol gelernet, das sie thun was sie wöllen, und sich der freiheit also annemen, als solten oder dürfften sie nimmermehr beichten. Denn das hat man balde gefasset, was uns sonst wolthut, und gehet aus dermassen8 leichtlich ein wo das Evangelium sanfft und weich ist, Aber solche Seu (habe ich gesagt) solten nicht bei dem Evangelio sein noch etwas dauon haben, sondern unter dem Bapst bleiben und sich lassen treiben und plagen, das sie müsten beichten, fasten etc. mehr denn vor je9. Denn wer das Evangelion nicht gleuben noch darnach leben wil und thun was ein Christen thun sol, der soll sein auch nicht geniessen. Was were das, das du nur woltest genies10 haben und nichts dazu thun noch
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nur in den Magdeburger Drucken des Konkordienbuches von 1580 enthalten. S. hierzu die Einleitung, o. S. 841–850.
1
Luther hat mehrfach über die Beichte geschrieben und gepredigt; vgl. z.B. Luther, Eine kurze Unterweisung, wie man beichten soll (1519), in: WA 2, 59–65; ders., Confitendi ratio (1520), in: WA 6, 157–169; ders., Von der Beichte, ob die der Papst Macht habe zu gebieten (1521), in: WA 8, 138–204; vgl. auch seine Bemerkungen über die Buße in: Vermahnung an die Geistlichen, versammelt auf dem Reichstag zu Augsburg (1530), in: WA 30/2, 288,6–292,13; 288,21–292,27; und in Predigten wie ders., Ein Sermon von der Beichte und dem Sakrament (1524), in: WA 15, 444–453, ders., Von der Beichte, vom Gebrauch des Sakraments (1524), in: WA 15, 481–497; ders., Predigt über Beichte und Abendmahl (1528), in: WA 27, 95–99. | 2 beseitigt | 3 unerträglichen | 4 Ein Hinweis auf die Anforderungen des kanonischen Rechts im Mittelalter, besonders auf das Gebot der jährlichen Beichte, das auf dem 4. Laterankonzil von 1215 beschlossen worden war (DH 812) und die Notwendigkeit einschärfte, alle Sünden ausdrücklich und namentlich vor dem Priester zu bekennen. Das Konzil von Trient hat diese Bestimmungen (vgl. hierzu auch die Bulle „Exsultate Deo“ des Konzils von Florenz [1439]: DH 1323) im Großen und Ganzen bestätigt (DH 1680). 5 erfahren | 6 aufzuzählen | 7 abgenommen | 8 über die Maßen | 9 je vorher. Diese Passage deutet auf die Umstände hin, die Luther während der sächsischen Visitation in den Jahren 1527 und 1528 kennengelernt hatte; vgl. die Behandlung von Buße und Beichte in Luthers und Melanchthons Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn (1528), in: WA 26, 217,28–222,7. | 10 Nutzen
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Eine Vermahnung zur Beichte
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darauff wenden? Darumb wöllen wir solchen nichts gepredigt haben, auch mit unserm willen nichts von unser Freiheit einreumen noch geniessen lassen, sondern wieder den Bapst oder seines gleichen uber sie lassen, der sie zwinge wie ein rechter Tyrann. Denn es gehöret doch unter den Pöbel, so dem Evangelio nicht gehorchen wöllen, nichts denn ein solcher Stockmeister11, der Gottes Teufel und Henker sei. Den andern aber, so inen gerne sagen lassen, müssen wir imer predigen, anhalten, reitzen und locken, daß sie solchen teuren tröstlichen Schatz, durchs Evangelion fürgetragen, nicht lassen umb sonst hingehen. Darumb wöllen wir auch von der Beicht etwas reden, die einfältigen zu unterrichten und vermahnen. Zum ersten habe ich gesagt, das uber12 diese Beicht, davon wir hie reden, noch zweierlei Beichte ist, die da mehr heissen mögen ein gemein Bekenntnis aller Christen, Nemlich das man Gott selbst allein oder dem Nechisten allein beichtet und umb vergebung bittet, welche auch im Vater unser gefasset sind, da wir sprechen: Vergib uns unser schuld, als wir vergeben unsern Schüldigern, etc. Ja das ganze [262v] Vater unser ist nicht anders denn ein solche Beichte. Denn was ist unser Gebete, denn das wir bekennen, was wir nicht haben noch thun, so wir schüldig sind, und begeren gnade und ein frölich gewissen? Solche Beicht sol und mus on unterlas geschehen, so lang wir leben. Denn darin stehet13 eigentlich ein Christlich wesen, das wir uns für Sünder erkennen und gnade bitten. Desselben gleichen die andere Beicht, so ein ieglicher gegen seinem Nechisten thut, ist auch ins Vater unser gebunden14, das wir untereinander unser Schuld beichten und vergeben ehe wir für Gott komen und umb vergebung bitten. Nu sind wir in gemein alle untereinander schüldig, drümb sollen und mügen wir wol öffentlich für iedermann beichten und keiner den andern scheuen. Denn es gehet, wie man spricht: Ist einer fromm, so sind sie es alle15, und thut keiner Gott oder dem Nehesten, was er sol. Doch ist neben der gemeinen16 schuld auch ein sonderliche, wo einer einen andern erzürnet hat, das er es ihm abebitte. Also haben wir im Vater unser zwo Absolution, das uns vergeben ist, was wir verschuldet haben, beide wider Gott und den Nehesten, wo wir dem Nehesten vergeben und uns mit im versünen. Über17 solche offentliche, tegliche und nötige Beicht ist nu diese heimliche Beicht, so zwischen einem Bruder allein geschiehet, Und soll dazu dienen, wo uns etwas sonderlichs anligt oder anfichtet, damit wir uns beissen18 und nicht können zufrieden sein, noch uns im Glauben stark gnug finden, das wir solchs einem Bruder klagen, rath, trost und stercke zu holen, wenn und wie offt wir wollen. Denn es ist nicht in Gebot gefasset wie jene zwo, sondern einem ieglichen, wer sein darf, heimgestellet19, das ers zu seiner not20 brauche. Und ist daher komen und geordnet, das Christus selbs die Absolutio seiner
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Gefängnisaufseher | 12 außer | 13 besteht | 14 inbegriffen | 15 Ein Sprichwort | außer | 18 herumschlagen | 19 anheimgegeben | 20 wenn er es nötig hat
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Christenheit in Mund gelegt und befohlen hat, uns von Sünden auffzulösen21. Wo nu ein hertz ist, das seine sünde fület und trost begeret, hat es hie ein gewisse zu|flucht, da es Gottes wort findet und höret, das in Gott durch ein menschen von sünden entbind und los spricht. So merke nu, wie ich offt gesagt habe, das die Beicht stehet in22 zweien stücken. Das erste ist unser Werk und thuen, das ich meine [263r] Sünde klage und begehre trost und erquickung meiner Seele. Das ander ist ein werck das Gott thut, der mich durch das wort (dem Menschen in mund geleget) los spricht von meine Sünden, welchs auch das fürnemeste und edelste ist, so sie lieblich und tröstlich machet23. Nu hat man bisher allein auf unser werck getrieben und nicht weiter gedacht, denn das wir ja rein gebeichtet hetten, und das nötigst ander stück nicht geacht noch gepredigt, gerade als were es allein ein gut werck, damit man Gott bezalen sollte, und wo die Beichte nicht volkomen und auffs aller genauest gethan were, sollte die Absolution nicht gelten noch die Sünde vergeben sein. Damit man die Leute soweit getrieben hat, das iederman hat verzweifeln müssen so reine zu beichten (wie es denn nicht müglich) und kein Gewissen hat mögen zu rugen stehen noch sich auf die Absolutio verlassen. Also haben sie uns die liebe Beichte nicht allein unnütz, sondern auch schwer und sauer gemacht mit merklichem schaden und verderben der Seele. Darumb sollen wirs also ansehen, daß wir die zwei stück weit von einander scheiden und setzen und unser Werk gering, aber Gottes Wort hoch und gros achten, und nicht hingehen, als wolten | wir ein köstlich Werck thun und ihm geben, sondern nur von im nemen und empfahen. Du darffst nicht komen und sagen, wie from oder böse du bist. Bistu ein Christen, so weiß ichs sonst wol, bistu keiner, so weis ichs noch viel mehr. Aber darumb ists zu thun, das du deine not klagest und lassest dir helfen und ein frölich hertz und gewissen machen. Dazu darff ichb nu niemand dringen mit Geboten, sondern also sagen wir: Wer ein Christen ist oder gerne sein wollte, der hat hie ein treuen rath, das er hingehe und den köstlichen schatz hole. Bistu kein Christen oder begerest solchs trosts nicht, so lassen wir dich ein andern zwingen. Damit heben wir nu des Bapsts tyranney, Gebot und zwang allezumal auff, als die sein nirgend zu dürfen, denn wir leren (wie gesagt) also: Wer nicht willig und umb der Absolution willen zur beicht gehet, der lasse es nur anstehen. Ja, wer auch auf sein werck hingehet, wie rein er seine beicht gethan habe, der bleibe nur darvon. Wir vermanen aber, du sollt beichten und deine Not anzeigen, nicht
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Dich Witt 1, Witt 2
21 zu absolvieren. Vgl. die Bibelstellen, die Luther als Grundlage für seine Beichtlehre gebrauchte: Mt 16,18f und Mt 18,15–20. | 22 besteht aus | 23 Dass Luther die Buße, bzw. die Beichte als Aktualisierung seiner Unterscheidung von Gesetz und Evangelium verstanden wissen wollte, zeigt er besonders eindrucksvoll im Kleinen Katechismus; vgl. o. S. 884,12–17.
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[263v] darumb, das du es für ein werck thust, sondern hörest, was dir Gott sagen lesset. Das Wort, sage ich, oder Absolutio, solltu ansehen, gros und teuer achten als ein trefflichen grossen schatz, mit allen ehren und danck anzunemen. Wenn man solch austrieche und darneben die not anzeigte, so uns dazu bewegen und reitzen solt, dürfft man nicht viel nötigens noch zwingens, | sein eigen Gewissen würde ein ieglichen wol treiben und so bange machen, das er sein fro würde und thete wie ein armer elender Betler, so er höret, das man an einem ort ein reiche cSpende, Geld oder Kleiderc austeilet: Da dürfft man keines Böttels, der ihn triebe und schlüge, er würde wol selbs laufen, was er leibs laufen künde, das ers nicht verseumete. Wenn man nu ein Gebot darauff schlüge, ddas alle Betler solten dahin laufen, des und kein anders, und schwige doch, was man da suchen und holen solted, Davon würde man nicht viel freude oder trost schepffen, sondern nur dem Gebot deste feinder werden, eals were es jnen zu hohn und spot auffgelegt, das sie müsten jr Armut und Elend sehen lassene. Eben also haben bisher des Bapsts Prediger dis trefflichen reichen Almosen und unausschprechlichen Schatz geschwiegen und nur mit haufen hingetrieben, nicht weiter denn das man sehe, wie unrein und unfletige Leut wir weren. Wer künd da gerne zur Beicht gehen? Wir aber sagen nicht, das man sehen solte, wie vol unflats du seiest, und sich darin spiegeln, sondern das man dir möge dir rahten und sagen: bistu arm und elende, so kom und brauche der heilsamen Erzney. Wer nu sein elend und not fület, wird wol solch verlangen darnach kriegen, das er mit freuden hinzu lauffe. Welche es aber nicht achten noch von in selbs komen, die lassen wir auch faren. Das sollen sie aber wissen, das wir sie nicht für Christen halten. So leren wir nu, wie trefflich köstlich und tröstlich ding es ist umb die Beichte, und vermanen dazu, das man solch teuer gut nicht verachte, angesehen unsere grosse not. Bistu nu ein Christ, so darffestu weder meins zwangs noch Bapsts Gebot nichts uberallf, das du solches mögst teilhaftig werden. Wiltu es aber verachten und so stoltz ungebeichtet hingehen, so schliessn wir das urteil, das du [264r] kein Christen bist und auch des Sacraments nicht solt geniessen. Denn du verachtest, das kein Christen verachten sol, und machest damit, das du keine vergebung der Sünde haben kanst. Und ist ein gewis zeichen, das du auch das Evangelion verachtest. Summa, wir wollen von keinem zwang wissen. Wer aber unser Predigt und vermanung nicht höret noch folget, mit dem haben wir nichts zu schaffen, sol auch nichts von dem Evangelio haben. Wärestu ein Christ, so soltestu fro werden, das du möchtest uber hundert Meil darnach lauffen und nicht dich c – c nicht in Witt 3 | d – d was wäre das anders, denn dass man hinginge mit Unlust und nicht dächte, etwas zu holen, sondern sich lassen sehen, wie arm und elend der Bettler wäre? Witt 1, Witt 2, Witt 4 | e – e nicht in Witt 1–4 | f uberall, sondern wirst Dich wohl selbs zwingen und mich darümb bitten Witt 1–4
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lassen nötigen, sondern komen und uns zwingen. Denn da mus der zwang umbgekeret werden, das wir ins gebot und du in die freiheit komest. Wir dringen niemand, sondern leiden, das man zu uns dringet, gleichwie man uns zwinget, das wir predigen und Sacrament reichen müssen. Darumb wenn ich zur Beichte vermane, so thu ich nichts anders, denn das ich iederman vermahne, ein Christen zu sein. Wenn ich dich dahin bringe, so habe ich dich auch wol zur Beicht gebracht. Denn welche darnach verlanget, das sie | gerne frome Christen und irer sünde los weren und frölich gewissen haben wolten, die haben schon den rechten hunger und durst, das sie nach dem Brod schnappen, gleich wie ein geiechter Hirsch für hitz und durst entbrand, wie der xlii. Psal.24 sagt: Wie der Hirsch schreiet nach den Wasserbechen, so schreiet meine Seele, Gott, zu dir.g Siehe, das were recht von der Beicht geleret, so künte man lust und liebe dazu machen, das die Leut herzu kemen und uns nachlieffen, mehr denn wir gerne hetten. Die Papisten lassen wir plagen und martern sich und ander Leute, so solchen Schatz nicht achten und in selbs zuschliessen. Uns aber lasset die Hende auffheben, Gott loben und dancken, daß wir zu solchem erkentnis und gnaden kommen sind. AMEN.
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dir. Das ist, wie wehe und bange einem solchen ist nach einem frischen Born, so angst und bange ist mir nach Gottes Wort oder Absolution und Sakrament etc. Witt 1–4
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Die Konkordienformel bearbeitet von Irene Dingel
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Die Konkordienformel (1577) Einleitung1 (Irene Dingel) Die Erstellung der Konkordienformel (lat. Formula Concordiae = FC) stand am Ende eines langen Bemühens um Konsens in Glauben und Lehre unter den Anhängern der Confessio Augustana. Dieses Ringen um Einheit im Bekenntnis, das die gesamte Reformationszeit kennzeichnet, erhielt durch die religionspolitische Situation in der Mitte des 16. Jahrhunderts einen entscheidenden Impuls. Denn im Jahre 1547 endete der Schmalkaldische Krieg, in dem der altgläubige Kaiser Karl V. und der von den evangelischen Ständen geschlossene Schmalkaldische Bund einander als Gegner gegenübergestanden hatten, mit einem Sieg des Kaisers und der Gefangennahme der Hauptleute des Bundes, Kurfürst Johann Friedrichs d. Ä. von Sachsen und Landgraf Philipps von Hessen. Da bisher weder die großen Reichsreligionsgespräche die durch die Reformation eingetretene religiöse Spaltung hatten überwinden können, noch dies von dem 1547 wieder suspendierten Konzil von Trient zu erwarten war, ergriff der Kaiser nun selbst die Initiative. Er setzte eine Theologenkommission ein – bestehend aus dem erasmianisch gesinnten Bischof von Naumburg Julius Pflug, dem Mainzer Weihbischof Michael Helding und dem Brandenburger Hofprediger Johann Agricola, denen später der kaiserliche Beichtvater Domingo de Soto, der kaiserliche Hofprediger Pedro de Malvenda und der Hoftheologe König Ferdinands, M. Saltzer, zur Seite gestellt wurden –, die im Jahre 1548 das sogenannte Augsburger Interim erarbeitete2. Dieses kaiserliche Religionsgesetz, das in allen evangelischen Territorien und Städten eingeführt werden sollte, bedeutete eine Rückkehr zum alten Glauben, sowohl in der Lehre als auch in den Zeremonien. Lediglich Laienkelch und Priesterehe gestand es zu. Zahlreiche Prediger, vor allem in der Südhälfte des Reichs, wo die kaiserliche Präsenz spürbarer war als im Norden, mussten notgedrungen ihre Gemeinden verlassen, wenn sie sich nicht fügten. Der evangelische Protest äußerte sich in zahlreichen Stellungnahmen, in Flugblättern kontroversen Inhalts und Spottliedern sowie in 1
Vgl. dazu auch Irene Dingel, Einleitung zu: Bündige Zusammenfassung strittiger Artikel [Neuausgabe der Epitome der Konkordienformel in modernem Deutsch], in: Rudolf Mau/Irene Dingel u. a. (Hg.), Evangelische Bekenntnisse. Bekenntnisschriften der Reformation und neuere Theologische Erklärungen, Bd. 2, Bielefeld 1997, ²2008, 209–213; dies., Einleitung [zur Edition der Konkordienformel in modernem Deutsch], in: Amt der VELKD (Hg.), Unser Glaube. Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Gütersloh 2013, 645–655; dies., Historische Einleitung, in: C&C 1, 3–34. 2 Vgl. Horst Rabe, Reichsbund und Interim. Die Verfassungs- und Religionspolitik Karls V. und der Reichstag von Augsburg 1547/1548, Köln 1971. Eine Edition des Augsburger Interims findet sich bei: Joachim Mehlhausen (Hg.), Das Augsburger Interim von 1548, Neukirchen-Vluyn, 21996.
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Die Konkordienformel
Trostschriften für die Betroffenen3. In Kursachsen wurde auf Veranlassung des neuen, aus der Dynastie der Albertiner stammenden Kurfürsten Moritz unter Beteiligung Georgs von Anhalt, Philipp Melanchthons und von Mitgliedern der Wittenberger Universität ein Alternativvorschlag zum Interim zur Vorlage auf dem Leipziger Landtag ausgearbeitet. Ähnlich scheinen auch andere Territorien vorgegangen zu sein, um die Einführung des Interims abzuwehren oder zumindest abzumildern. Die Leipziger Alternative sah eine Beibehaltung der reformatorischen Lehre vor, kombinierte sie aber – als Konzession an die kaiserliche Religionspolitik – mit altgläubigen Riten und Zeremonien. In die Formulierung der Lehre war an verschiedenen Stellen eine typisch melanchthonische Akzentsetzung eingeflossen. Die Akzeptanz altgläubiger Riten geschah auf der Basis der auch schon bei Luther gelegentlich anzutreffenden Einschätzung äußerlicher Zeremonien und ritueller Praktiken als „Adiaphora“, d. h. als „freigelassene Mitteldinge“, die dem Glauben und Seelenheil des einzelnen weder zuträglich noch abträglich seien. Aber in den Augen der strengen Anhänger Martin Luthers, die sich um den gebürtigen Kroaten Matthias Flacius Illyricus4 sammelten, hatte sich Melanchthon durch seine Mitarbeit an dieser Leipziger Landtagsvorlage von der reinen reformatorischen Lehre entfernt, und dies obendrein in einer Situation, in der man ein klares, kompromissloses Bekenntnis für unerlässlich erachtete, und in der selbst sogenannte Adiaphora Bekenntnisrelevanz erhalten konnten. Flacius und seine Gesinnungsgenossen waren es denn auch, die die Leipziger Landtagsvorlage unautorisiert unter der Bezeichnung „Leipziger Interim“ veröffentlichten und mit Kommentaren versahen5. Dies war der Auftakt für eine Abfolge von innerprotestantischen Kontroversen, deren Schlichtung sich als äußerst schwierig erwies. Denn sie trafen in ein Autoritätenvakuum, das sich dadurch ergab, dass Luther 1546 verstorben war und Melanchthon durch seine Mitarbeit an der Leipziger Landtagsvorlage seine bisherige uneingeschränkte Anerkennung zumindest bei einigen eingebüßt hatte. Die Confessio Augustana wiederum bot in der Formulierung ihrer Artikel nicht genügend Potential, um Antwort auf die theologisch differenzierten Streitfragen zu geben. All dies stand einem zügigen und dauerhaften Ausgleich der Streitpositionen entgegen. Je nach Diskussionsgegenstand fielen die Evangelischen in unterschiedliche Lager auseinander. Die nach3
Vgl. dazu die in C&C 1 zum Interimistischen Streit 1548/1549 edierten Schriften. Außerdem: Anja Moritz, Interim und Apokalypse. Die religiösen Vereinheitlichungsversuche Karls V. im Spiegel der magdeburgischen Publizistik 1548–1551/52, Tübingen 2009 (SMHR 47) und Volker Leppin, Antichrist und Jüngster Tag. Das Profil apokalyptischer Flugschriftenpublizistik im deutschen Luthertum 1548–1618, Gütersloh 1999 (QFRG 69). 4 Vgl. zu Flacius Wilhelm Preger, Matthias Flacius Illyricus und seine Zeit. 2 Bd., Erlangen 1859/ 1861 und Luka Ilić, Theologian of Sin and Grace. The Process of Radicalization in the Theology of Matthias Flacius Illyricus, Göttingen 2014 (VIEG 225). 5 Dieser Text ist ediert in: C&C 2, 357–441 (Nr. 4). Die Leipziger Landtagsvorlage findet sich in: PKMS 4, 254–260 (Nr. 212).
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Einleitung
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interimistischen Streitigkeiten lassen sich deshalb nicht auf einen simplen, bipolaren Gegensatz zwischen den entschiedenen Lutheranern („Gnesiolutheranern“) und jenen, die die Theologie Melanchthons gewahrt wissen wollten („Melanchthonianer“) einebnen. Vielmehr formierten sich die gegnerischen Gruppen stets neu, wobei auch lehrmäßige Weiterentwicklungen wie die Erbsündenlehre des Flacius (vertreten durch die „Flacianer“) und die Weiterentwicklung der Abendmahlslehre und Christologie Melanchthons (durch die „Philippisten“) zur Debatte standen. Alle verhandelten Streitfragen wurden von den Artikeln der Konkordienformel aufgegriffen6. Zunächst wurde im Allgemeinen der „status controversiae“ benannt und die Streitfrage umrissen. Die daran anschließende theologische Abhandlung formulierte die Lehraussagen sowohl in positiv-affirmativer Weise in Form von Bekenntnisaussagen, als auch in negativ-abgrenzender Weise in Form von Verwerfungen der als falsch identifizierten Lehre. Dabei bezog man sich auf all jene Bekenntnisse und bekenntnisrelevanten Texte zurück, die im Konkordienbuch zusammengestellt waren, dessen letztes Stück die Konkordienformel selbst ausmachte. ***** Die in der FC behandelten Kontroversen7 hatten sich zwar in spezifischen historischen Konstellationen entzündet, sie betrafen aber zugleich grundsätzliche Themen der evangelischen Theologie und waren thematisch vielfältig aufeinander bezogen. Der „Adiaphoristische Streit“8 (1549–1560) entzündete sich an der durch den Leipziger Alternativentwurf vorgeschlagenen und in verschiedenen Territorien auf obrigkeitliche Anordnung wohl auch praktizierten Kombination evangelischer Lehre mit altgläubigen Zeremonien. Stein des Anstoßes war, dass die eigentlich zu erstrebende Übereinstimmung von Lehre und Zeremonien durch solche obrigkeitlichen Bestimmungen oder die Rücksichtnahme auf obrigkeitliche bzw. politische Interessen nun nicht mehr gewährleistet war. Flacius und seine Gesinnungsgenossen bestanden – gegen Melanchthon u. a. – auf dem Grundsatz nihil esse ἀδιάφορον in casu confessionis & scandali9. Sie waren nicht bereit, in Situationen, in denen ihrer Ansicht nach ein klares Bekenntnis erforderlich war, Spielräume in der rituellen Praxis als gleichgültige Mittelpositionen zuzugestehen und stellten zudem das
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Vgl. dazu die Erläuterungen zu den Artikeln der Epitome. Die im Internet frei zugängliche Datenbank des Projekts „Controversia et Confessio“ erlaubt eine vollständige Übersicht über die in den Streitschriftenkontroversen gewechselten Schriften; vgl. http://www.litdb.evtheol.uni-mainz.de/datenbank/index.php?druck [29. September 2014]. 8 Vgl. FC X „Von Kirchengebräuchen“, u. S. 1282f, Anm. 251. 9 OMNIA || LATINA SCRIPTA || Matthiae Flacij Illyrici, hactenus spar-||sim contra Adiaphoricas fraudes & || errores aedita, & quaedam pri-||us non excusa [...] || 2. Quod nihil sit hoc tempore mutan||dum.|| [...], Magdeburg: Michael Lotter 1550 (VD 16 1296), C2v.
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Recht der Obrigkeit, auf religiöse Angelegenheiten einzuwirken, generell in Frage10. Der kurz darauf ausgebrochene „Majoristische Streit“11 (1552–1570) machte den Wittenberger Professor Georg Major und den ehemaligen Freund und Kollegen Martin Luthers, Nikolaus von Amsdorf, zu Hauptgegnern. In Übereinstimmung mit dem Leipziger Landtagsentwurf hatte der MelanchthonSchüler Major die Lehre vertreten, daß gute Werke zur Seligkeit notwendig seien und niemand ohne sie selig werden könne. Darin erblickte Amsdorf bereits ein Zugeständnis an die Altgläubigen. Er versuchte deshalb, die Luthersche Lehre von der Rechtfertigung allein aus Gnaden, ohne jegliche menschliche Werke, durch eine schroffe Gegenthese zu verteidigen, die ihrerseits heftigen Protest hervorrief. Er behauptete nämlich, dass gute Werke zur Seligkeit schädlich seien. Diese Auseinandersetzung mündete in den „Antinomistischen Streit“12 (1556–1571), der die Rolle des Gesetzes im Leben des Christen thematisierte. Im Anschluss an Majors Position wurde nun der dritte Brauch des Gesetzes, der dem christlichen Leben Orientierung gebende „usus paedagogicus“, diskutiert. Jetzt waren es Flacius und seine Gesinnungsgenossen, die gegen Anton Otho und Andreas Poach in Übereinstimmung mit Melanchthon einen solchen „tertius usus legis“ verteidigten. Parallel dazu trat Abdias Praetorius in Frankfurt/Oder für den dritten Gebrauch des Gesetzes ein. Sein Gegner war Andreas Musculus, der die Bedeutung des Gesetzes im Leben des Christen auf den fortwirkenden zweiten Brauch, den „usus theologicus“, beschränken wollte und eine belehrende Funktion des Gesetzes im Leben des Christen ablehnte. Mit dem „Synergistischen Streit“13 (1555–1560/61) wurde ebenfalls eine Lehre thematisiert, die im Leipziger Landtagsentwurf enthalten und schon zuvor in Melanchthons Loci communes zu finden war. Der Leipziger Theologe Johannes Pfeffinger vertrat gegen Flacius und Amsdorf die Position, dass bei der Bekehrung des Menschen drei Faktoren zugleich eine Rolle spielten: das Wort Gottes, der heilige Geist und der Wille des Menschen, der die Gnade Gottes zustimmend ergreift bzw. nicht zurückweist. Melanchthons ursprüngliches Anliegen, nämlich die sittliche Verantwortung des einzelnen zu wahren, verblasste nun hinter der Befürchtung der Gegner, dass hiermit 10
Vgl. dazu Hans Christoph von Hase, Die Gestalt der Kirche Luthers. Der casus confessionis im Kampf des Matthias Flacius gegen das Interim von 1548, Göttingen 1940. 11 Vgl. hierzu FC IV „Von guten Werken“ und FC V „Vom Gesetz und Evangelium“ sowie die Erläuterungen zu diesen Artikeln u. S. 1242f, Anm. 96, und S. 1246–1249, Anm. 117. 12 Vgl. FC VI „Vom dritten Brauch des Gesetzes“ und die Erläuterungen zu diesem Artikel u. S. 1252f, Anm. 133. Außerdem: Matthias Richter, Gesetz und Heil. Eine Untersuchung zur Vorgeschichte und zum Verlauf des sogenannten Zweiten Antinomistischen Streits, Göttingen 1996 (FKDG 67). 13 Vgl. FC II „Vom freien Willen“ und die Erläuterungen zu diesem Artikel u. S. 1228f, Anm. 41. Außerdem: Robert Kolb, Bound Choice, Election, and Wittenberg Theological Method From Martin Luther to the Formula of Concord, Grand Rapids 2005 (Lutheran Quarterly Books), bes. 103–169. 244–270.
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Einleitung
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eine Einschränkung des rechtfertigenden Handelns Gottes gelehrt würde, die wiederum altgläubigen Standpunkten den Weg ebnen könnten. In engem Zusammenhang damit stand der Streit über die Erbsünde14 (ab 1560/61), der sich während der Weimarer Disputation, die den synergistischen Streit beilegen sollte, zwischen den Jenaer Theologen Matthias Flacius und Victorin Strigel entzündete. Flacius betonte die tiefe erbsündliche Verderbnis des Menschen und seine sich daraus ableitende Unfähigkeit, eigenständig Gutes hervorzubringen. Im argumentativen Eifer des Gefechts bezeichnete er die Erbsünde sogar als Substanz bzw. Wesen des Menschen, was Strigel mit seiner Gegenposition, die Erbsünde sei lediglich ein Akzidens, strikt ablehnte. Auch er verstand die Erbsünde als eine überaus tiefe Verderbnis des Menschen, die seine Fähigkeit zum Guten einschränkte, aber doch ohne Auswirkung auf die wesensmäßige Beschaffenheit des Menschen blieb. Flacius’ Position entwickelte sich zur Sonderlehre, mit der er sich selbst unter den eigenen, gnesiolutherisch eingestellten Gesinnungsgenossen zahlreiche Feinde machte und die ihn und einige wenige Anhänger in die Isolation führte. Hinzu kamen weitere Kontroversen, die mit dem Interim nicht unbedingt in Beziehung standen. Der nach der Einführung des kaiserlichen Religionsgesetzes in Nürnberg nach Königsberg ausgewanderte Andreas Osiander brachte mit seiner spiritualisierenden Rechtfertigungslehre von der Einwohnung der wesentlichen Gerechtigkeit der Gottheit Christi im Menschen sowohl die Anhänger Melanchthons als auch die strengen Lutheraner gegen sich auf. Der italienischstämmige Francesco Stancaro, der in Abgrenzung von Osiander die gegenteilige Meinung formulierte, nämlich dass Christus nur nach seiner menschlichen Natur das Erlösungswerk wirke, wurde in diesem „Osiandrischen Streit“15 (ab 1549–1552) ebenso dezidiert von allen Seiten angegriffen wie Osiander. Nur indirekt hat die Kontoverse zwischen Johannes Marbach und dem Italiener Hieronymus Zanchi in Straßburg um die Prädestinationslehre (1561–1563) auf die Konkordienformel eingewirkt. Zanchi hatte die calvinistische Lehre von Erwählung und Verwerfung vertreten, der Marbach den von der Theologie Luthers geprägten Erwählungsgedanken entgegengestellt hatte. Der Streit wurde mit Hilfe einer federführend von Jakob Andreae entworfenen Einigungsformel geschlichtet, so dass diese Thematik eigentlich keinen Anlass zu weiteren Klärungen durch die Konkordienformel geboten hätte. Aber der streng lutherisch gesinnte Cyriakus Spangenberg predigte im Jahre 1567 über die Prädestination, um sich von dem Synergismus der kursäch14
Vgl. FC I „Von der Erbsünde“ und die Erläuterungen zu diesem Artikel u. S. 1220f, Anm. 12. Vgl. FC III „Von der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott“ und die Erläuterungen zu diesem Artikel u. S. 1234–1237, Anm. 73. Außerdem: Timothy J. Wengert, Defending Faith. Lutheran Responses to Andreas Osiander’s Doctrine of Justification, 1551–1559, Tübingen 2012 (SMHR 65) und Martin Stupperich, Osiander in Preußen 1549–1552, Berlin 1973 (AKG 44).
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Die Konkordienformel
sischen Theologen abzugrenzen und stellte heraus, wie wichtig es sei, die unbedingte Erwählung durch Gott zu predigen, was die Theologen der Konkordienformel veranlasste, auch diese Frage aufzunehmen16. Neben all diesen Kontroversen hatte die Debatte um das Abendmahlsverständnis und dessen christologisches Fundament die bedeutendste Wirkung17 (1570–1574). Durch die posthume Veröffentlichung einer Schrift des Arztes Joachim Curaeus in Leipzig wurde im Jahre 1574 plötzlich unmissverständlich erkennbar, dass in Kursachsen von einer einflussreichen Theologengruppe das Abendmahlsverständnis Melanchthons in einer Weise theologisch weiterentwickelt worden war, dass es demjenigen Calvins und Theodor Bezas nahekam. Insbesondere die in diesem Zusammenhang thematisierte Zweinaturenlehre baute die Brücke nach Genf. Man warf den in Kursachsen wirkenden Philippisten Kryptocalvinismus vor. Sie wurden abgesetzt, festgenommen und zur Distanzierung von ihrer Lehre genötigt, was sie durch Unterschrift unter die Torgauer Artikel von 1574 zu bezeugen hatten, wenn sie der Ausweisung oder der Kerkerhaft entgehen wollten. Die Entdeckung dieser allmählich eingetretenen Weiterentwicklungen und Differenzierungen in der Lehre sowie ihr – sicherlich auch aus politischen Gründen – erzwungenes Ende, in der alten Literatur oft „Sturz des Kryptocalvinismus“ genannt, brachte Kurfürst August von Sachsen dazu, sich nun den von Württemberg ausgehenden Konkordienbemühungen zuzuwenden und diese entschieden zu fördern. All die in den Streitigkeiten angesprochenen theologischen Fragen griff die Konkordienformel in ihren Artikeln schlichtend und mit durchaus beachtlichem integrativen Potenzial auf. In der Erbsündenlehre, der Abendmahlslehre und der Christologie gelang es ihr jedoch nicht, die Kontroversen endgültig beizulegen. Auch die Debatte um die Adiaphora schwelte weiter. Dauerhaft von der Concordia distanzierten sich eine kleine Gruppe strenger Flacianer, die weiter ihr spezifisches Erbsündenverständnis propagierten und in österreichischen Gemeinden eine neue Wirkungsstätte fanden, außerdem die in Abendmahlslehre und Christologie sich immer mehr dem Calvinismus annähernden Philippisten und der Calvinismus überhaupt. Dies wurde beför16
Vgl. FC XI „Von der ewigen Vorsehung und Wahl Gottes“ und die Erläuterungen zu diesem Artikel u. S. 1286f, Anm. 264. Vgl. dazu Robert Kolb, Bound Choice, 170–243. 17 Vgl. FC VII „Vom heiligen Abendmahl Christi“ und FC VIII „Von der Person Christi“ sowie die Erläuterungen zu diesen Artikeln u. S. 1256, Anm. 154 und S. 1266f, Anm. 189. Außerdem: Johannes Hund, Das Wort ward Fleisch. Eine systematisch-theologische Untersuchung zur Debatte um die Wittenberger Christologie und Abendmahlslehre in den Jahren 1567 bis 1574, Göttingen 2006 (FSÖTh 114); Ernst Bizer, Studien zur Geschichte des Abendmahlsstreits im 16. Jahrhundert, Gütersloh 1940 (BFChTh.M 46), ND Darmstadt 1962; Helmut Gollwitzer, Coena Domini. Die altlutherische Abendmahlslehre in ihrer Auseinandersetzung mit dem Calvinismus, dargestellt an der lutherischen Frühorthodoxie, München o.J. [1937], Neuausg. 1988 (TB. Syst. Theol. 79). Zu FC VIII vgl. Theodor Mahlmann, Das neue Dogma der lutherischen Orthodoxie. Problem und Geschichte seiner Begründung, Gütersloh 1969 und Hans Christian Brandy, Die späte Christologie des Johannes Brenz, Tübingen 1991 (BHTh 80).
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dert durch die deutlichen Abgrenzungen von den Lehren dieser Gruppierungen, die die Konkordienformel in Form von Verwerfungen formulierte18. Die Forderung der Gnesiolutheraner, sogar namentliche Verwerfungen auszusprechen, wiesen die Konkordientheologen jedoch ab und setzten sie nirgends in der Konkordienformel um. ***** Dass ein solch umfangreiches Konsensdokument wie die Konkordienformel überhaupt erstellt werden und Wirkung entfalten konnte, lag an dem Zusammenwirken von politischen Obrigkeiten und Theologen. Die zahlreichen und langwierigen Kontroversen und nicht zuletzt das Scheitern des in Worms 1557 veranstalteten Religionsgesprächs19, auf dem die Uneinigkeit der Evangelischen deutlich zu Tage getreten war, hatten dem Streben nach einem territorial übergreifenden Konsens der aus der Reformation hervorgegangenen und sich zur Confessio Augustana bekennenden Kirchen neue Impulse verliehen. Unter den protestantischen Fürsten war vor allem Herzog Christoph von Württemberg ein entschiedener Förderer dieses Anliegens. So wurde auf dem Fürstentag von Frankfurt 1558 eine Konsensformel verabschiedet, an dessen Abfassung Melanchthon federführend beteiligt gewesen war: der Frankfurter Rezess20. Allerdings verweigerten die Herzöge Johann Friedrich der Mittlere von Sachsen und Ulrich von Mecklenburg sowie die Städte Hamburg, Lüneburg und Magdeburg die Annahme. Das ernestinische Sachsen formulierte seine abweichende konfessionelle Option in dem von
18
Dazu gehören auch die Abgrenzungen von den Außenseitern der Reformation wie Täufern, Spiritualisten und Antitrinitariern in Art. XII „Von andern Rotten und Sekten“. Zum breiten Spektrum der Außenseiter bzw. Dissenters vgl. George Huntston Williams, The Radical Reformation, 3. erweiterte Auflage, Kirksville, MO 1992 (SCES 15). Vgl. zu der Entwicklung des reformatorischen Bekenntnisses vom Konsensbekenntnis zu einem sich kontrovers abgrenzenden Bekenntnis Irene Dingel, Bekenntnis und Geschichte. Funktion und Entwicklung des reformatorischen Bekenntnisses im 16. Jahrhundert, in: Johanna Loehr (Hg.), Dona Melanchthoniana. Festgabe für Heinz Scheible zum 70. Geburtstag, Stuttgart-Bad Cannstatt 2001, ²2005, 61–81. Zur Praxis der Verwerfungen vgl. Hans-Werner Gensichen, Damnamus. Die Verwerfung von Irrlehre bei Luther und im Luthertum des 16. Jahrhunderts, Berlin 1955 (AGTL 1). Zum heutigen Umgang mit der Frage der Verwerfungen: Karl Lehmann/Wolfhart Pannenberg (Hg.), Lehrverurteilungen – kirchentrennend? 4 Bd., Freiburg/Breisgau u. Göttingen 1986–1994 (Dialog der Kirchen 4–6.8). 19 Vgl. dazu Björn Slenczka, Das Schisma der Augsburger Konfessionsverwandten von 1557. Protestantische Konfessionspolitik und Theologie im Zusammenhang des zweiten Wormser Religionsgesprächs, Tübingen 2010 (BHTh 155) und Benno von Bundschuh, Das Wormser Religionsgespräch von 1557. Unter bes. Berücksichtigung der kaiserlichen Religionspolitik, Münster 1988 (RGST 124). 20 Vgl. dazu Irene Dingel, Melanchthons Einigungsbemühungen zwischen den Fronten: der Frankfurter Rezeß, in: Jörg Haustein (Hg.), Philipp Melanchthon. Ein Wegbereiter für die Ökumene, Göttingen 21997 (Bensheimer Hefte 82), 121–143 = Melanchthon’s Efforts for Unity between the Fronts: the Frankfurt Recess, in: Irene Dingel u.a. (Hg.), Philip Melanchthon. Theologian in Classroom, Confession, and Controversy, Göttingen 2012 (Refo 500 Academic Studies 7), 123–140; vgl. auch u. S. 1189f, Anm. 20.
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Matthias Flacius im Auftrag des Herzogs konzipierten Weimarer Konfutationsbuch von 1559. Auch auf dem 1561 veranstalteten Naumburger Fürstentag gelang es nicht, einen dauerhaften Konsens der Evangelischen zustande zu bringen. Aber immerhin einigten sich die evangelischen Stände darauf, durch ihre Unterschrift das Augsburger Bekenntnis von 1530 erneut zu bekräftigen. Zugleich wurde die von Melanchthon im Abendmahlsartikel (Art. X) veränderte Fassung des Bekenntnisses von 1540 (CA variata) ausdrücklich als Interpretation der Confessio Augustana invariata, d. h. der dem Kaiser auf dem Augsburger Reichstag übergebenen Fassung von 1530, anerkannt21. Diese Entscheidung kam dem bereits mit dem Calvinismus sympathisierenden Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz entgegen, der dies gegen den Einspruch des sächsischen Herzogs Johann Friedrich des Mittleren durchgesetzt hatte. Johann Friedrich und auch Ulrich von Mecklenburg, verließen unter Protest den Fürstentag und verweigerten ihre Zustimmung zu dem Konsens. Eine überterritoriale Einigung schien damit in weite Ferne gerückt zu sein, zumal die territorialen Obrigkeiten damit begonnen hatten, Corpora Doctrinae verpflichtend zu machen, in deren Zusammenstellung eine von Fall zu Fall eher auf Melanchthon oder aber eher auf Luther bezogene reformatorische Theologie deutlich wurde, oft ergänzt durch eine theologische Schrift eines für das jeweilige Territorium bedeutend gewordenen lokalen Reformators. Schrittmacher für diese Entwicklung wurde das „Corpus Doctrinae Philippicum“, das von dem Leipziger Buchhändler Ernst Vögelin im Jahre 1560 gedruckt worden war. Dabei handelte es sich um eine Sammlung, die nach den drei altkirchlichen Symbolen mit der Confessio Augustana und deren Apologie, mit der Confessio Saxonica von 1551, den Loci Theologici von 1556, dem Examen Ordinandorum von 1554 und anderen Texten22 ausschließlich Schriften Melanchthons zusammenstellte. Dieses „Corpus Doctrinae“ erfreute sich großer Verbreitung und gewann in zahlreichen Territorien Geltung. Gemeinwesen, die sich eher der Theologie Luthers als derjenigen Melanchthons verbunden fühlten, stellten ihre jeweiligen Corpora Doctrinae dementsprechend anders zusammen. Grundbestandteile blieben jedoch die altkirchlichen Bekenntnisse, die Confessio Augustana und deren
21 Vgl. dazu u. S. 1190f, Anm. 27. Außerdem: Robert Calinich, Der Naumburger Fürstentag 1561. Ein Beitrag zur Geschichte des Luthertums und des Melanchthonismus aus den Quellen des Königlichen Hauptstaatsarchivs zu Dresden, Gotha 1870. 22 Hinzu kamen die Responsio ad articulos Bavaricae inquisitionis von 1559 und die Refutatio erroris Serveti et Anabaptistarum, in den lateinischen Ausgaben auch die Responsio controversii Stancari von 1553. Eine genaue Aufstellung der Schriften, die in deutschen und lateinischen Ausgaben des Corpus Doctrinae Philippicum nach Auflagen variieren konnte, findet sich bei Irene Dingel, Melanchthon und die Normierung des Bekenntnisses, in: Günter Frank (Hg.), Der Theologe Melanchthon, Stuttgart 2000 (Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten 5), 203f = Melanchthon and the Establishment of Confessional Norms, in: Irene Dingel (Hg.), Philip Melanchthon, 169f.
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Apologie, wobei die Frage, ob die CA invariata oder die CA variata Bestandteil des Corpus Doctrinae wurde, je nach konfessioneller Option unterschiedlich entschieden wurde. So entstanden neben dem „Corpus Doctrinae Philippicum“ auch verschiedene von der Theologie Luthers geprägte Corpora Doctrinae. Die Stadt Nürnberg versuchte sogar, eine Synthese beider Formen herzustellen, indem sie Schriften Melanchthons mit Schriften Luthers zusammenband. Das lutherisch ausgerichtete Corpus Doctrinae Prutenicum (1567) für das Herzogtum Preußen, das Corpus Doctrinae von Braunschweig-Lüneburg (1576), das sog. „Corpus Wilhelminum“, und dasjenige von Braunschweig-Wolfenbüttel, das „Corpus Julium“ (1576), wurden in ihrer Zusammenstellung von Bekenntnissen und theologischen Schriften konzeptionelle Vorläufer des Konkordienbuchs von 1580. Vor dem Hintergrund der auf diese Weise fortschreitenden theologischen und bekenntnisrelevanten Differenzierung unter den Anhängern der Confessio Augustana sollte mit dem Konkordienwerk ein letzter Versuch gemacht werden, eine übergreifende Einheit in Glauben und Lehre zu erzielen. Hinter dieser Initiative standen als bedeutende obrigkeitliche Förderer Herzog Christoph von Württemberg und seit 1568 sein Sohn und Nachfolger Herzog Ludwig, außerdem Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel23 und Landgraf Wilhelm von Hessen. Der eher zur Theologie Melanchthons tendierende Landgraf wandte sich allerdings bald ab, als sich der lutherische Akzent des Konkordienwerks immer deutlicher abzeichnete. Hinzu kam im Jahre 1574 nach dem Sturz der Philippisten in Kursachsen Kurfürst August I. Es waren vornehmlich die Theologen der das Konkordienwerk stützenden Obrigkeiten, die für die Erstellung der Konkordienformel maßgeblich wurden, wobei Jakob Andreae, Propst und Kanzler der Universität Tübingen, als Vertreter Württembergs und später vor allem Kursachsens eine bedeutende Rolle spielte. Er war es, der im Jahre 1568 das Konkordienprojekt in Angriff nahm und dazu „Fünf Artikel“ erstellte, die die theologischen Hauptstreitpunkte thematisierten24. Sie wurden die Grundlage für seine „Sechs christlichen Predigten von den Spaltungen“25 von 1573, die aber als Einigungsformel auf Ablehnung stießen. Durch eine weitere Umarbeitung entstand daraus 1573/74 die bereits in zwölf Artikel gegliederte Schwäbische Konkordie, die sowohl von der Tübinger theologischen Fakultät als auch vom Stuttgarter Konsistorium approbiert wurde. Anders verhielt es sich in Niedersachsen, wohin man die Schwäbische Konkordie mit der Bitte um Zustimmung gesandt hatte. Dort wurde sie unter dem Einfluss des Braunschweiger Theologen Martin Chemnitz, der Rostocker theologischen Fakultät mit David Chyträus an ihrer Spitze und unter Berücksichtigung der Voten der 23
Vgl. Inge Mager, Die Konkordienformel im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. Entstehungsbeitrag – Rezeption – Geltung, Göttingen 1993 (SKGNS 33). 24 Vgl. QuM II, 14–20. 25 Vgl. QuM II, 26–82.
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Städte Lübeck, Hamburg und Lüneburg zur Schwäbisch-Sächsischen Konkordie26 (1575) umgearbeitet, die allerdings weit davon entfernt war, die niedersächsischen und die Württemberger Theologen wirklich zu einen. Bei Andreae und seinen Gesinnungsgenossen stieß sie jedenfalls nicht auf einhellige Zustimmung. Daher beauftragten Herzog Ludwig von Württemberg, Markgraf Karl von Baden und Graf Georg Ernst von Henneberg einige ihrer Theologen, darunter den Württemberger Hofprediger Lukas Osiander, den Propst der Stuttgarter Stiftskirche Balthasar Bidembach sowie den hennebergischen Hofprediger Abel Scherdinger mit der Abfassung eines Gutachtens, das der Frage nachgehen sollte, auf welcher theologischen Grundlage überhaupt ein Konsens zu suchen sei. Dieses Gutachten umriss den möglichen Aufbau und die inhaltliche Struktur für eine zu erstellende Konsensformel und empfahl, sich zur Lösung der Konflikte eher an den Schriften Luthers, als an jenen Melanchthons zu orientieren. Osiander und Bidembach wurden schließlich mit der Abfassung eines neuen Konkordienvorschlags beauftragt, der mit der Maulbronner Formel27 im Jahre 1576 vorlag. Schwäbisch-Sächsische Konkordie und Maulbronner Formel wurden die Grundlage für das auf Schloß Hartenfels in Torgau während eines Theologenkonvents vom 28. Mai bis 7. Juni 1576 erstellte Torgische Buch28. Den Arbeitsauftrag dafür hatte Kurfürst August von Sachsen erteilt. Ein textkritischer Vergleich zeigt, dass man zur Erstellung des Torgischen Buchs die Schwäbisch–Sächsische Konkordie und die Maulbronner Formel miteinander kombinierte, wobei auch ganze Passagen der Schwäbischen Konkordie, die in die Schwäbisch-Sächsische eingegangen waren, übernommen wurden. Sodann wurde das Torgische Buch mit der Bitte um Stellungnahme an alle evangelischen Stände versandt. Auf die von vielen angemahnte Generalsynode verzichtete man aus Sorge um eine erneute Gefährdung oder gar Infragestellung des nach diesem langen Vorlauf endlich zustande kommenden Einigungswerks. Im Jahr darauf trafen sich die Theologen vom 19.–28. Mai 1577 im Kloster Bergen bei Magdeburg zu abschließenden Beratungen und Redaktionsarbeiten am Text der Konkordie. Anwesend waren – neben Jakob Andreae für Württemberg und Kursachsen – Martin Chemnitz für Braunschweig-Wolfenbüttel, der Leipziger Theologe Nikolaus Selnecker ebenfalls für Kursachsen, die als Professoren in Frankfurt/O. lehrenden Andreas Musculus und Christoph Cornerus für Kurbrandenburg und der Rostocker Professor David Chyträus, der bei der Erstellung der SchwäbischSächsischen Konkordie federführend gewirkt hatte und im norddeutschen Raum beachtlichen theologischen Einfluss genoss. Nun wurden die eingegan-
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Vgl. QuM II, 141–276. Vgl. QuM II, 279–340. Vgl. QuM II, 344–508.
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genen Stellungnahmen und Zensuren in das Torgische Buch eingearbeitet29. Ablehnende Kritik hatte es u. a. aus Pommern, Hessen und der Kurpfalz gegeben. Aus dieser Überarbeitung des Torgischen zum Bergischen Buch entstand die hier edierte umfangreiche Solida Declaratio der Konkordienformel. Ihr vorangestellt wurde eine Epitome, d. h. ein „kurzer summarischer Auszug“, den Andreae aus dem Torgischen Buch extrahiert und den Überarbeitungen des Torgischen zum Bergischen Buch angepasst hatte.30 Im Jahre 1577 lag der Text der Konkordienformel, bestehend aus Epitome und Solida Declaratio, fertig vor. Vorangegangen war ein ca. zehnjähriger Entstehungsprozess, in dessen Verlauf politische Interessen und theologische Ambitionen zusammengeschlossen waren. Die lange Reihe der im Quellenband zur FC (QuM II) edierten Konsensdokumente sowie die Einholung von Stellungnahmen und Überarbeitungsvorschlägen markieren den Weg zur Konkordienformel. Insgesamt sechs Textvorstufen hatte es gegeben, die das intensive Ringen um theologische Einheit unter den Anhängern der Confessio Augustana dokumentieren. Architekt des Konkordienwerks und eigentlicher Motor der theologischen Einigungsbemühungen war Jakob Andreae gewesen. Für den Inhalt der Konkordienformel insgesamt war er jedoch – wie der Vergleich mit den diversen Vorstufen im textkritischen Apparat unserer Edition der Konkordienformel zeigt – keineswegs allein verantwortlich31. Vielmehr rückt eine personell und theologisch vielfältige Theologengruppe in den Blick, deren Zusammensetzung zugleich die Beteiligung einflussreicher Reichsstände sowie verschiedener, von Luther und Melanchthon beeinflusster theologischer Richtungen wiederspiegelt32. Als politische Autoritäten hatten vor allem Kurfürst August von Sachsen, Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg und Herzog Ludwig von Württemberg hinter dem Konkordienwerk gestanden. Mit Johann Georg von Brandenburg war ein weiterer einflussreicher weltlicher Kurfürst beteiligt. Dem Konkordienwerk wurde 1579 eine Vorrede vorangestellt, die darauf zielten alle diejenigen politischen Autoritäten, d. h. Territorien und Städte, für
29 Die zum Torgischen Buch eingegangenen Gutachten wurden im Bergischen Buch verarbeitet. Die im Kloster Bergen versammelten Konkordienväter verfuhren dabei so, dass sie in das Torgische Buch die gewünschten Verbesserungen eintrugen und darüber verzeichneten, auf wessen Wunsch die jeweilige Änderung vorgenommen wurde. Vgl. QuM II, 343 mit Anm. 9. 30 Vgl. u. S. 1216–1303. 31 Der textkritische Vergleich zeigt, dass sich beachtliche Teile der Solida Declaratio aus der Schwäbischen, der Schwäbisch-Sächsischen Konkordie und der Maulbronner Formel speisen. Wenn man dies rechnerisch aufschlüsselt, bedeutet dies, dass durch die Schwäbische Konkordie etwa ein Viertel des Textes auf Andreae zurückgeht, auf Chemnitz durch seinen Anteil an der Schwäbisch-Sächsischen Konkordie ebenfalls ca. ein Viertel, auf Chyträus durch seinen Beitrag zur Schwäbisch-Sächsischen Konkordie ein weiteres. Das letzte Viertel entfällt auf den Einfluß Osianders und Bidembachs durch die Maulbronner Formel sowie auf die in Torgau und schließlich im Kloster Bergen vorgenommenen Änderungen. 32 Martin Chemnitz, Nikolaus Selnecker und David Chyträus gehörten zu den bedeutendsten Schülern Melanchthons jener Zeit.
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die „Concordia“ zu gewinnen, die sich bisher noch einem Beitritt verweigert hatten. Die Entstehungsgeschichte der Vorrede33 macht deutlich, wie sehr man aufs Neue darum rang, einen dauerhaften und umfassenden theologischen Konsens zu etablieren. Man wollte vor allem Kurfürst Ludwig VI. von der Pfalz gewinnen, der als einziger evangelischer Kurfürst noch lange Distanz zur Konkordienformel wahrte. Auf einem Konvent in Jüterbog 1579, zu dem Kurfürst August von Sachsen eingeladen hatte und auf dem die sechs Theologen der Konkordienformel sowie zwei politische Räte anwesend waren, wählte man aus zwei von Jakob Andreae vorgelegten Entwürfen einen aus. Verworfen wurde die im Namen der Theologen erstellte Vorrede, akzeptiert und weiter bearbeitet wurde eine im Namen der Kurfürsten und Stände, nämlich der Unterzeichner der Konkordienformel, verfasste Praefatio. Diese „Fürstenvorrede“ bot eine ausführliche „historica narratio“ und stellte so die verschiedenen Etappen auf dem Weg zur Konkordienformel in den Vordergrund, um die FC als Ergebnis eines sowohl politisch gestützten als auch theologisch motivierten jahrzehntelangen Konsensbemühens vor Augen zu führen. Dies diente nicht zuletzt dazu, den Verzicht auf eine Generalsynode der evangelischen Stände zu erklären und zu legitimieren. Das Anliegen der nicht weiter berücksichtigten Theologenvorrede war dagegen eine theologische Untermauerung der Konkordienformel mit Hilfe von Belegen aus Schriften der Kirchenväter. Diese wurden mit der Entscheidung für die Fürstenvorrede und gegen die Theologenvorrede in einem Catalogus Testimoniorum zusammengestellt und der Konkordienformel als Anhang beigegeben. ***** Gedruckt wurde die Konkordienformel als größter und letzter Bestandteil des Konkordienbuchs. Die Vorrede kam ganz am Anfang zu stehen, noch vor den altkirchlichen Bekenntnissen34. Der Druck erfolgte zum 50. Jubiläum der Confessio Augustana am 25. Juni 1580. Nun begann eine intensive Werbeaktion, die dazu diente, Unterschriften zu dem Einigungswerk einzuholen. Alle Obrigkeiten, die auf diese Weise der Concordia beitraten, machten das Konkordienbuch in ihren jeweiligen Territorien verbindlich und verpflichteten nicht nur Theologen und Lehrer, sondern alle Amtsträger auf das darin niedergelegte lutherische Bekenntnis. Konkordienformel und Konkordienbuch wurden in vielen, jedoch nicht in allen evangelischen Territorien des Reichs eingeführt. Durch Übersetzungen ins Lateinische und gelegentlich in andere Volkssprachen35 versuchte man, auch die europäische Reformation, zumindest aber die Anhänger der Theologie Martin Luthers für diese konfes33
Vgl. die sieben Quellenstücke zur Vorrede, in: QuM II, 518–607. Unsere Ausgabe bietet die Vorrede an zwei Stellen, nämlich – historisch angemessen – zu Beginn dieser Ausgabe der Bekenntnisschriften und – aus Gründen des besseren Verständnisses – noch einmal in kommentierter Form vor der Konkordienformel. 35 Primus Trubar z. B. übersetzte die Konkordienformel 1580 ins Slowenische. 34
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sionelle Einigung zu gewinnen. Wichtig war den Autoren der Konkordienformel dabei, dass man ihr Werk nicht als ein neues Bekenntnis wertete, sondern als eine erläuternde und klärende Wiederholung der Confessio Augustana von 1530, deren Verständnis damit auf die invariata festgeschrieben und die damit endgültig im lutherischen Sinne ausgelegt wurde. Aber statt einigend zu wirken, förderte sie die bereits bestehende konfessionelle Pluralität. An zahlreichen ablehnenden Reaktionen sowohl von flacianischer, als auch von philippistischer und calvinistischer sowie von römisch-katholischer Seite wurde die nicht mehr einzuholende theologische und bekenntnismäßige Vielfalt deutlich36. Ungefähr zwei Drittel der evangelischen Stände im Reich – darunter alle drei weltlichen Kurfürsten und zahlreiche weitere Obrigkeiten – nahmen die Konkordienformel an. Zu den Unterschriftsverweigerern gehörten Holstein, Pommern, Hessen, Anhalt, Zweibrücken, die Städte Magdeburg, Nürnberg, Straßburg, Frankfurt/Main, Bremen, Danzig sowie die Königreiche Dänemark und Schweden. König Friedrich II. von Dänemark verbot sogar unter Androhung von Todesstrafe durch ein Edikt vom 24. Juli 1580, das Konkordienbuch in Dänemark zu verkaufen, ins Land zu bringen oder bei sich zu führen37. Einer – allerdings unsicheren – Überlieferung nach, die später Anlass für eine Auseinandersetzung gab, soll er das in Samt gebundene und mit Edelsteinen besetzte Konkordienbuch, das er von seiner Gemahlin, einer Schwester des sächsischen Kurfürsten August, überreicht bekommen habe, ins Feuer geworfen haben38. Das Spektrum von Konkordienanhängern und –verweigerern änderte sich jedoch im Laufe der Geschichte je nach konfessioneller Option der Landesherren bzw. politischen Autoritäten oder Emanzipation lutherisch gesinnter Gemeinden von obrigkeitlichen Vorgaben. Schweden erklärte durch eine königliche Verfügung im Jahre 1686 das Konkordienbuch zur offiziellen Bekenntnisgrundlage. In Strängnäs war bereits im Jahre 1669 eine lateinische Oktavausgabe des Konkordienbuchs erschienen, 1730 kam in Norköping eine schwedische heraus. Dänemark nahm die Concordia nie offiziell an; dennoch entfaltete sich im 17. Jahrhundert die Kopenhagener Universitätstheologie auch unter Aufnahme des Einflusses von Konkordienformel und Konkordienbuch. Auch in einigen Jurisdiktionen der ungarischen Länder fasste das Konkordienluthertum Ende
36 Vgl. dazu Irene Dingel, Concordia controversa. Die öffentlichen Diskussionen um das lutherische Konkordienwerk am Ende des 16. Jahrhunderts, Gütersloh 1996 (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 63). 37 Das Edikt findet sich bei Andreas Hojer, Kurtzgefaßte Dännemärckische Geschichte. Vom Anfang dieses mächtigen Reichs Bis zum Ausgang des XVII. Seculi, Aus den bewährtesten Scribenten [...], Flensburg 1719, 295 (auf Dänisch), außerdem bei Johann Hermann von Elswich, De forma concordiae num in Dania sit combusta Disquisitio historica [...], Wittenberg 1716, 49 (auf Latein). 38 Vgl. Historische und Theologische Einleitung in die Religions-Streitigkeiten, Welche sonderlich außer der Evangelisch-Lutherischen Kirche entstanden. Bd. 4/1, hg. v. Johann Georg Walch, Jena 1739 (Neudruck Stuttgart/Bad Cannstatt 1985), 473–483.
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des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts Fuß, so dass Konkordienformel und Konkordienbuch hier als Lehrnorm angenommen wurden39. Ausgaben des Konkordienbuchs in niederländischer Sprache erschienen 1715 in Rotterdam und 1762 in Amsterdam und lassen auf eine Verwendung in niederländischen Gemeinden schließen. Auch in Krain, Kärnten und Steiermark gab es unter dem Schutz lutherischer Adliger Gemeinden, die der Concordia beitraten40. Weitere spätere Beitritte wurden Ende des 16. Jahrhunderts oder im 17. Jahrhundert von Straßburg, Stralsund, Sachsen-Lauenburg (1586), Holstein (1647) und Pommern (1685) vollzogen. ***** Die erste lateinische Übersetzung der Konkordienformel wurde von dem Württemberger Lukas Osiander angefertigt. Diese Übersetzung nahm Nikolaus Selnecker in die erste, von ihm besorgte lateinische Ausgabe des Konkordienbuchs von 1580 auf. Allerdings stellte sich die Übersetzung Osianders bald als mangelhaft heraus, so dass Selnecker für die erste zweisprachige, d. h. deutsch-lateinische Ausgabe des Konkordienbuchs von 1582 eine von ihm selbst gefertigte, verbesserte Übersetzung der FC zugrunde legte. Aber auch diese Fassung erntete Kritik, vor allem von den Braunschweiger Theologen. Sie wurde auf dem Konvent von Quedlinburg 1583 unter der Leitung von Martin Chemnitz durchgesehen und korrigiert. In dieser Fassung wurde die lateinische Konkordienformel in die Ausgabe des Konkordienbuchs von 1584 aufgenommen, die dann auch maßgeblich wurde41.
Überlieferung Epitome, Solida Declaratio und Catalogus Testimoniorum werden hier zusammen mit der Vorrede zum gesamten Konkordienwerk abgedruckt. Sie folgen dem ersten Druck des Konkordienbuchs, Dresden 1580, und repräsentieren damit die Texte, die nicht nur rechtliche Relevanz, sondern auch Bedeutung in den sich anschließenden kontroversen Diskussionen erlangt haben. Die lateinischen Texte folgen dem ersten authentischen Druck des Konkordienbuchs, Leipzig 1584:
39
Vgl. David P. Daniel, Lutheranism in the Kingdom of Hungary, in: Lutheran Ecclesiastical Culture, 1550–1675, hg. v. Robert Kolb, Leiden/Boston 2008 (Brill’s Companions to the Christian Tradition 11), 480–486. 40 Vgl. Oskar Sakrausky, Die Unterzeichnung der Konkordienformel durch die Kärntner Pfarrer und Landstände, in: JGPrÖ 94 (1978), 67–81. 41 Vgl. Die symbolischen Bücher der evangelisch-lutherischen Kirche, deutsch und lateinisch, besorgt von Johann Tobias Müller, Stuttgart 1848, CXII und Dingel, Concordia Controversa, 446, Anm. 155.
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CONCORDIA. || hwhy || Christliche / || Widerholete/ einmütige Bekentnüs || nachbenanter Churfürsten / Fürsten vnd Stende || Augspurgischer Confession / vnd derselben zu ende || des Buchs vnderschriebener Theologen || Lere vnd glaubens. || Mit angeheffter / in Gottes wort / als der einigen Richt=||schnur / wolgegründter erklerung etlicher Artickel / bey || welchen nach D. Martin Luthers seligen absterben / || disputation vnd streit vorgefallen. || Aus einhelliger vergleichung vnd || beuehl obgedachter Churfürsten / Fürsten vnd Stende / || derselben Landen / Kirchen / Schulen vnd Nachkommen / || zum vnderricht vnd warnung in Druck || vorfertiget, Dresden: Gimel Bergen d. Ä. und Matthes Stöckels d. Ä. 1580/(1579). VD 16 K 1991 (weitere Nummern: K 1990; K 1992; ZV 20351; ZV 28435; ZV 29351; ZV 29399). Ex.: UB Heidelberg, Sig.: Q 7330 A Folio RES.
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Concordia. || PIA ET VNANIMI || CONSENSV REPETITA || Confessio Fidei & doctrinae || ELECTORVM, PRINCIPVM, || ET ORDINVM IMPERII, || Atque eorundem Theologorum, qui || Augustanam Confessionem amplectun-||tur, & nomina sua huic libro subscripserunt. || CVI EX SACRA SCRIPTURA, || UNICA ILLA VERITATIS NORMA ET || regula, quorundam Articulorum, qui post Doctoris MARTI-||NI LVTHERI felicem ex hac vita exitum, in con-|| troversiam venerunt, solida accessit || Declaratio. || COMMVNI CONSILIO ET MAN-||dato eorundem Electorum, Principum ac Ordinum Imperij, || erudiendis & monendis subditis, Ecclesijs & Scholis suis, ad || memoriam posteritatis typis vulgata, Leipzig: Hans Steinmann 1580. VD 16 K 2005. Ex.: UB Mainz, Bereichsbibliothek Theologie: Ma 1201.
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Concordia. || PIA ET VNANIMI || CONSENSV REPETITA || Confessio Fidei & doctrinae || ELECTORVM, PRINCIPVM, || ET ORDINVM IMPERII, || Atque eorundem Theologorum, qui || Augustanam Confessionem am-||plectuntur. || CVI EX SACRA SCRIPTURA, || UNICA ILLA VERITATIS NORMA ET || regula, quorundam Articulorum, qui post Doctoris MARTI-||NI LVTHERI felicem ex hac vita exitum, in con-|| troversiam venerunt solida accessit || Declaratio. || COMMVNI CONSILIO ET MAN-||dato eorundem Electorum, Principum ac Ordinum Imperij, & || erudiendis & monendis subditis, Ecclesijs & Scholis suis, || ad memoriam posteritatis denuo typis || vulgata, Leipzig: Georg Deffner 1584. VD 16 K 2006. Ex.: UB Mainz, Bereichsbibliothek Theologie: Ma 1200.
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Die Konkordienformel
Vorrede zu Konkordienformel und Konkordienbuch Vorrede, in: Konk1580, A2r–B6r. Praefatio, in: Conc1584, A2r–C6r. Die geschilderte komplizierte Entstehung der Vorrede zu Konkordienformel und Konkordienbuch wird durch einen Textvergleich mit den verifizierten sechs direkten Vorstufen der Vorrede (V2–V7) nachgezeichnet. Abweichende Lesarten werden im textkritischen Apparat nachgewiesen. Bei längeren Textpassagen erfolgt ein Verweis auf die entsprechende Stelle im Quellenband.
V2 = Erstentwurf der Fürstenvorrede durch Jakob Andreae, Dezember 1578, in: QuM II, 550–557. V3 = Jüterboger Fürstenvorrede, Januar 1579, in: QuM II, 557–567. V4 = Pfälzische Korrektur der Jüterboger Fürstenvorrede, April 1579, in: QuM II, 567–578. V5 = Überarbeitung der Jüterboger Fürstenvorrede durch Hartmann Pistorius, Mai 1579, in: QuM II, 578–586. V6 = Heidelberger Rezess, 31. Juli 1579, in: QuM II, 586–597. V7 = Erstdruck der Vorrede zu Konkordienformel und Konkordien buch, 1579, in: QuM II, 597–607.
Epitome Summarischer Begriff der Streitigen Artickel zwischen den Theologen Augspurgischer Confession in nachvolgender widerholung nach anleitung Gottes worts Christlich erkleret und verglichen, in: Konk1580, 228r–253v. Epitome Articulorum, de quibus controversiae ortae sunt, inter Theologos Augustanae Confessionis, qui in repetitione sequenti, secundum verbi Dei praescriptum, pie declarati sunt et conciliati, in: Conc1584, 553–609. Andreae hatte auf der Grundlage des Torgischen Buchs die Epitome der Konkordienformel verfasst, die dem wesentlich längeren Haupttext (Solida declaratio) vorangestellt werden sollte. Durch die zahlreichen Überarbeitungen des Torgischen Buchs hin zur endgültigen Fassung der Konkordienformel musste auch die Epitome überarbeitet und dem neuen Textbestand angepasst werden. Das Original der Epitome des Torgischen Buchs (EpTB) liegt im Hauptstaatsarchiv Dresden (Sig.: Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc 10303/1: Concordia, fol. 366r–414v). Die Abweichungen der überarbeiteten Epitome von der ersten Fassung werden im textkritischen Apparat dokumentiert.
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Einleitung
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Solida Declaratio Gründtliche, Lautere, Richtige und endtliche widerholung und erklerung etlicher Artickel Augspurgischer Confession, in welchen eine zeitlang unter Etlichen Theologen, derselbigen zugethan, streit vorgefallen, nach anleitung Gottes worts und Summarischem inhalt unser Christlichen Lehr beygelegt und verglichen, in: Konk1580, 254r–330v. Solida, Plana ac Perspicua Repetitio Et Declaratio Quorundam Articulorum Augustanae Confessionis, de quibus aliquandiu inter nonnullos Theologos eidem addictos disputatum fuit: continens earum controversiarum, ad normam et analogiam verbi Dei et compendiariam Christianae nostrae doctrinae formulam et rationem, decisionem atque conciliationem, in: Conc1584, 611–799. Die komplizierte Entstehungsgeschichte der Solida Declaratio wird durch einen Vergleich mit ihren zahlreichen Vorstufen im textkritischen Apparat veranschaulicht. Da sich die Vorstufen in Länge und Inhalt stark unterscheiden, wurde ein Vergleich mit dem endgültigen Text der Konkordienformel nur dort vorgenommen, wo Textabhängigkeiten erkennbar sind. Dies wird durch Marginalien ausgewiesen, die die jeweils maßgeblichen Vorstufen bezeichnen. Bei wörtlicher Übereinstimmung konnte auf textkritische Anmerkungen verzichtet werden. Fehlen Hinweise auf mögliche Vorstufen der FC, handelt es sich um Abschnitte, die erst von dem Theologenkonvent in Bergen formuliert wurden. 5A = Fünf Artikel, 1568/69, in: QuM II, 14–20. 6P = Sechs Predigten, 1573, in: QuM II, 26–82. SC = Schwäbische Konkordie, 1573/74, in: QuM II, 85–136. SSC = Schwäbisch-Sächsische Konkordie, 1575, in: QuM II, 141–276. FM = Maulbronner Formel, 1576, in: QuM II, 279–340. TB = Torgisches Buch, 1576, in: QuM II, 344–508.
Catalogus Testimoniorum Vorzeichnüs der Zeugnissen heiliger Schrifft und der alten reinen Kirchen Lerer, Wie dieselbigen von der Person und Göttlichen Maiestet der Menschlichen Natur unsers Herrn Jhesu Christi zur rechten der Allmechtigen krafft Gottes eingesetzt, gelehret und geredt haben, in: Konk1580, Ir–XXIIIIr. Catalogus Testimoniorum Cum Scripturae, Tum purioris antiquitatis. Ostendentium, Quid Utraque Non Modo De Persona Deque Divina Maiestate humanae naturae Domini nostri Iesu Christi evectae ad dexteram omnipotentiae Dei, tradiderit, sed etiam quibus loquendi formulis usa sit, in: Conc1584, 701–744.
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Die Konkordienformel
Aus der oben erläuterten Entstehung des Catalogus aus der Theologenvorrede42 resultieren vielfach Parallelen zwischen den beiden Texten.43 Diese werden im ersten, textkritischen Apparat verzeichnet. V1 = Theologenvorrede, Dezember 1578, in: QuM II, 518–550. Der Abdruck des Catalogus hat die Besonderheit zu berücksichtigen, dass ein deutsch-lateinischer einem lateinisch-griechischen Text gegenübersteht. Dies hat zur Folge, dass der lateinische Teil zweifach vorhanden ist. Um einen doppelten Abdruck zu vermeiden, wird beim Catalogus, abweichend von der sonstigen Verfahrensweise, nur die deutsch-lateinische Fassung wiedergegeben und die lateinisch-griechische Fassung als Textvariante. Die Abweichungen zwischen den beiden Versionen sind in einem zweiten Apparat verzeichnet. Besonders interessant ist hierbei, dass die beiden Fassungen unterschiedliche lateinische Übersetzungen griechischer Autoren bieten. Bei der Übersetzung des Konkordienbuchs ins Lateinische von 1584 scheinen andere Übersetzungen griechischer Kirchenväter benutzt worden zu sein als im Erstdruck von 1580, sofern man nicht möglicherweise auch selbst Übertragungen angefertigte.
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Vgl. o. S. 1175f. Der Text der Theologenvorrede vollständig in kritischer Edition in: QuM II, 518–550.
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[A1r] CONCORDIA.
hwhy Christliche, Widerholete, einmütige Bekentnüs nachbenanter Churfürsten, Fürsten und Stende Augspurgischer Confession und derselben zu ende des Buchs underschriebener Theologen Lere und glaubens.
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Mit angeheffter, in Gottes wort als der einigen Richtschnur wolgegründter erklerung etlicher Artickel, bey welchen nach D. Martin Luthers seligen absterben disputation und streit vorgefallen. Aus einhelliger vergleichung und bevehl obgedachter Churfürsten, Fürsten und Stende, derselben Landen, Kirchen, Schulen und Nachkommen, zum underricht und warnung in Druck vorfertiget. Mit Churf. G. zu Sachsen befreihung. Dreßden. M.D.LXXX.
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[A1r] Concordia.
Pia et Unanimi Consensu Repetita Confessio Fidei et doctrinae Electorum, Principum, et Ordinum Imperii, Atque eorundem Theologorum, qui Augustanam Confessionem amplectuntur. 5
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Cui ex sacra scriptura, unica illa veritatis norma et regula, quorundam Articulorum, qui post Doctoris Martini Lutheri felicem ex hac vita exitum, in controversiam venerunt, solida accessit. Declaratio, Communi Consilio et Mandato eorundem Electorum, Principum ac Ordinum Imperii, et erudiendis et monendis subditis, Ecclesiis et Scholis suis, ad memoriam posteritatis denuo typis vulgata. Lipsiae, Anno M.D.LXXXIIII. Cum gratia et privilegio Elect. Sax.
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[A2r] Vorrede1
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Allena und jeden, denen dieses unser schreiben zulesen fürkompt, Entbieten wir, die hernachbenanten der Augspurgischen Confession zugethane Churfürstenb, Fürstenc und Stende2 im heiligen Reich deutscher Nation, nach erforderung eines jeden stands und wirden3 unsere gebürliche | dienst, freundschafft, gnedigen grus und geneigten willen auch underthenigste, underthenige und willige dienst, Und hiemit zu wissen: Nachdem Gott, der Allmechtige, zu diesen letzten zeiten der vergenglichen Welt aus unermesslicher lieb, gnad und barmhertzigkeit dem Menschlichen geschlecht das Liecht seines heiligen Evangelii und allein seligmachenden Wortsd aus edem Aberglaubischen, Bäbstischen Finsternüsfe deutscherg Nation, unserem geliebten Vaterland, rein, lauter und unverfelscht erscheinen und vorleuchten lassen, hUnd darauffh aus iGöttlicher, Prophetischer, Apostolischer schriffti ein kurtz be|kantnüs zusammen gefasset, so auff dem Reichstag zu Augspurg Anno 1530. weiland4 Kayser Carolo dem fünfften höchlöblichster gedecht[A2v]nüs von unsern Gottseligen und Christlichen Vorfahren in Deutscher und Lateinischer sprach ubergeben,5 für allen Stenden des Reichs dargethan und öffentlich durch die gantze Christenheit in der weiten Welt ausgebreitet worden und erschollen ist. Als haben sich volgents zu solchem Bekentnüs viel Kirchen undj Schulen als | dieser zeit zum Symbolo6 ires Glaubens in den fürnembsten streitigen Artickeln wider das Bapsthumb und allerley Rotten7 bekennet und darauff in Christlichem, einmütigen verstand und one einigen streit und zweivel sich gezogen, beruffen und die darin begriffene und in Göttlicher Schrifft wolgegründte, auch in den bewertenk alten Symbolis8 kurtz vorfaste Lere, fürl den einigen alten und von der allgemeinen rechtlehrenden Kirchen Christi geglaubten, wider viel Ketzereyen und Irthumben erstrittenen und widerholeten Consens erkant, fest und bestendig gehalten. Was aber bald auff den Christlichen Abschied9 desm hocherleuchten und Gottseligen Mannes Doctor Martin Luthers in unserm geliebten Vaterlande Deutscher Nation10 für gantz gefehrliche leuffte11 und beschwerliche unruhe erfolget, und wie bey solchem sorglichen zustand und zerrüttung der wolge-
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davor V6: s. QuM II, 586,38–587,30 [Wir, Ludwig ... hernach volgett] | b chur- V3 | c nicht in V6 | d danach: durch seinen hirzu erwelten werckzeug d. Martin Luther V2 | e – e den aberglaubischen, papistischen finsternußen wiederumb an tagk khommen und in V2; den aberglaubischen päbstischen finsternißen in V3, V4 | f finsternüsen V6 | g davor: in V5 h – h darauf folgendes V | i – i gottlichen, prophetischen, apostolischen schrifften V , V , V | j cj.: 2 2 3 4 vun Leipzig 1580 | k bemelten V5 | l von V3, V2 | m obgedachts V2 1
Zu Entstehung und Zielsetzung der Vorrede von Konkordienformel und Konkordienbuch vgl. die Einleitung in: QuM II, 511–515; außerdem: Irene Dingel, Eine Etappe Kurpfälzer Konfessionsgeschichte. Die Vorrede zu Konkordienformel/Konkordienbuch und Kurfürst Ludwig VI., in: BPfKG 69 (2002), 27–48. | 2 Stände, d. h. die im frühneuzeitlichen Ständestaat zur Mitwirkung an Gesetzgebung und Verwaltung berechtigten gesellschaftlichen Gruppen. Zu den Ständen
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Omnibus et Singulis Has nostras lecturis, nos qui iisdem nomina nostra subscripsimus Augustanae Confessioni addicti, Electores, Principes, et Sacri Romani Imperii, in Germani ordines, pro dignitate et gradu cuiusque, nostra studia, amicitiam ac salutem cum officio con|iunctam deferimus et nuntiamus. Ingens Dei Opt. max. beneficium est, quod postremis temporibus, et in hac mundi senecta, pro ineffabili amore, clementia ac misericordia sua, humano generi lucem Evangelii et verbi sui (per quod solum veram salutem accipimus) post tenebras illas Papisticarum superstitionum, in Germania charissima patria nostra, [A2v] puram et sinceram exoriri et praelucere voluit. Et eam sane ob causam brevis et succincta confessio, ex | Verbo Dei, et sancrosanctis Prophetarum et Apostolorum scriptis collecta est: quae etiam in Comitiis Augustanis, Anno 1530. Imperatori Carolo Quinto excellentis memoriae a pientissimis maioribus nostris Germanico et Latino Idiomate oblata, et ordinibus Imperii proposita, denique publice ad omnes homines, Christianam doctrinam profitentes, adeoque, in totum terrarum orbem sparsa, ubique percrebuit, et in ore et sermone omnium esse coepit. Hanc deinceps Confessionem multae Ecclesiae et Academiae, ut Symbolum | quoddam horum temporum, in praecipuis fidei Articulis, praesertim controversis illis, contra Romanenses et varias corruptelas doctrinae coelestis, complexae sunt et defenderunt, et [A3r] perpetuo consensu ad eam absque omni controversia et dubitatione provocaverunt. Doctrinam etiam in illa comprehensam, quam scirent et solidis scripturae testimoniis suffultam, et a veteribus receptisque Symbolis approbatam, unicum et pertuum illum, vere sentientis Ecclesiae, ac contra multiplices haereses et errores olim defensum, nunc autem repetitum consensum esse, constanter iudicaverunt. At vero ignotum nemini esse potest, statim posteaquam summa pietate praeditus et praestantissimus heros D. Martinus Lutherus rebus eximeretur humanis, dulcem patriam nostram Germaniam, periculosissima tempora, et rerum perturbationes gravissimas excepisse. In quibus sane difficultatibus, et
gehörten der Adel, die Ritterschaft, die hohe Geistlichkeit und die Reichsstädte. Vgl. u. S. 1305, Anm. 7. | 3 Würden | 4 einst, in alter Zeit | 5 die Confessio Augustana, vgl. in diesem Band: 84–225. | 6 eigentlich: Erkennungszeichen, hier: Bekenntnis. Die Epitome der Konkordienformel erklärt diesen Begriff später selbst, vgl. u. S. 1216,20–27. | 7 Aufrührer, üble Schaar | 8 die drei altkirchlichen Bekenntnisse, vgl. o. S. 37–61. | 9 Ableben, Tod | 10 das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Gemeint sind die damaligen Reichsgebiete. „Nation“ ist nicht im Sinne einer nationalstaatlichen Einheit misszuverstehen. | 11 Ereignisse
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fasten Regiment12 der feind des Menschlichen geschlechts13 sich bemühet seinen Samen, falsche Lere und uneinigkeit auszusprengen, in Kirchen und Schulen sched|liche und ergerliche spaltung zuerregen, damit die reine Lere Gottes Worts zuverfelschen, das Band der Christlichen Lieb und einmütigkeit zu trennen und den lauff [A3r] des heiligen Evangelii hierdurch mercklich zuvorhindern und auff zuhalten. Und welcher gestalt dahero die Widersacher der Göttlichen warheit ursach genommen, uns und unsere Schulen und Kirchen ubel auszuruffen14, ire Irthumb zubementeln15 und die armen verirreten gewissen vom erkentnis der reinen Evangelischen Lere abzuwenden und desto williger unter dem Bäpstischen joch und zwang nwie auch unter andern, wider Gottes Wort streitigeno Irthumbenn zu halten, Solches ist zwar menniglichen16 bewust, offenbar und unverborgen. pWiewol wir nun nichts liebers gesehen undq von dem Allmechtigen gewündscht und gebeten, dann das unsere Kirchen und Schulen in derr Lere Gottes worts, auch lieblicher Christlicher einigkeit erhalten und wie bey lebzeiten Doctor Luthers nach anleitung Gottes worts Christlich und wol angestelt und fortgepflantzt werden möchten, So ist doch gleicher gestalt wie noch bey der heiligen Aposteln leben17 in den Kirchen, darinnen sie das reine lautere wort Gottes selbst gepflantzet, durch falsche Lerers verkerete lere eingeschoben worden, Also auch uber unsere Kirchen, umb unserer und der undanckbaren Welt unbusfertigkeit und sünde willen, verhenget wordent. Derwegen wir dann uns unsers von Gott befohlenen und tragenden Ampts errinnert und nicht unterlassen haben, unsern fleis dahin anzuwenden, damit in unsern Landen und gebieten denselben darin eingefürten und je lenger je mehr einschleichenden, falschen, verfürischen Leren gesteuret und unsere Un[A3v]derthanen auff rechter bahn der einmal erkanten und bekanten Göttlichen warheit erhalten und nicht davon abgefüret werden möchten. Inmassen18 dann unsere löbliche Vorfahren und zum teil wir auch derwegen uns zu dem ende mit einander zu Franckfurt am Meyen des 1558. Jars | bey der damals fürgestandenen19 gelegenheit des gehaltenen Churfürstentages20
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nicht in V3 | o streitenden V4 | p – p V2: s. QuM II, 551,26–43 [Wiewol wir ... nicht erreichett] nicht in V3 | r danach: reinen V3, V4, V5, V6 | s brudere V3 | t werden V4
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Regierung, Leitung; im Sinne der Lutherschen Regimenterlehre auch: Lebensordnungen. Die Vorrede erinnert hier an den Schmalkaldischen Krieg, der 1547 mit der Niederlage der im Schmalkaldischen Bund zusammengeschlossenen evangelischen Fürsten endete. Das im Anschluss daran erlassene kaiserliche Religionsgesetz, das Augsburger Interim von 1548, versuchte die reformatorischen Änderungen, bis auf Laienkelch und Priesterehe, wieder rückgängig zu machen. Im albertinischen Sachsen unter dem neuen Kurfürsten Moritz hatte man daraufhin mit der Leipziger Landtagsvorlage einen Alternativvorschlag erstellt, der als „Leipziger Interim“ bekannt wurde und zahlreiche Kontroversen unter den Evangelischen auslöste. Auf diese Entwicklungen wird auch im Folgenden angespielt. | 13 der Teufel | 14 zu verleumden | 15 zu bemänteln, zu verbrämen | 16 vielen | 17 Vgl. I Tim 4,1; I Joh 4,1; II Petr 2,1 u. ö. | 18 Wie | 19 bevorgestandenen | 20 Der Frankfurter Fürstentag (25. Februar–20. März 1558) diente u. a. dazu, nach
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Reipublicae ante florentis optimeque constitutae misera distractione, [A3v] hostis ille mortalium astute laboravit, ut semina falsae doc|trinae, et dissensiones in Ecclesiis et scholis spargeret: dissidia, cum offendiculo coniuncta excitaret: atque his suis artibus puritatem doctrinae coelestis corrumperet: Vinculum charitatis Christianae, et pium consensum solveret: sacrosancti Evangelii cursum maiorem in modum impediret et retadaret. Notum etiam universis est, qua ratione hostes Veritatis coelestis inde occasionem arripuerint, ut Ecclesiis et Academiis nostris detraherent: suis erroribus integumenta invenirent: pavidas errantesque conscientias a puritate doctrinae Evangelicae abstraherent: ut illis in ferendo et tolerando iugo servitutis Pontificae, et amplectendis reliquis etiam corruptelis cum Verbo Dei pugnantibus, obsequentioribus uterentur. [A4r] Nobis profecto nihil vel gratius accidere poterat: Vel quod maiore animorum contentione et precibus a Deo Opt. Max. petendum, iudicaremus: quam ut nostrae et Ecclesiae et scholae, in sincera doctrina Verbi Dei, ac exoptata illa et pia animorum consensione perseverassent: et quod Luthero adhuc superstite fiebat, pie et praeclare secundum regulam Verbi Dei institutae et propagatae ad posteritatem fuissent. Animadvertimus autem, quemadmodum temporibus Apostolorum in eas Ecclesias, in quibus ipsi Evangelium Christi plantaverant, per falsos fratres corruptelae introductae fuerunt: ita propter nostra peccata, et horum temporum dissolutionem, tale quid irato Deo, contra nostras quoque Ecclesias permissum. Quare nostri officii, quod divinitus nobis iniunctum esse novimus, me[A4v]mores in eam curam diligenter nobis incumbendum existimamus: ut in provinciis et ditionibus nostris, falsis dogmatibus, quae ibi sparsa sunt, et subinde magis magisque sese quasi in consuetudinem et familiaritatem hominum insinuant occurratur: et imperio nostro subiecti, in recta pietatis via, et agnita et hactenus constanter retenta, defensaque veritate doctrinae coelestis perseverent: nec ab ea se abduci patiantur. Qua sane in re, partim antecesso-
dem Scheitern des Wormser Religionsgesprächs von 1557 unter den evangelischen Ständen eine Einigung in der Lehre herbeizuführen.
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einesv Abschieds21 undu dahin verglichen, das wir in einer gemeinen versamlung zu hauff kommen22 und von etzlichen sachen, die von unsern widerwertigen23 uns und unseren Kirchen und Schulen zum ergsten gedeutet wordenw, „notdürfftiglichen und freundlichen unsx unterreden“24 wolten. u
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Darauff dann volgents unsere selige Vorfahren und zumy teil wir uns gegen | der Naumburg in Döringen25 zusammen gethan, mehrgedachte Augspurgische Confession, so Keyser Carl dem V. in der grossen Reichsversamlung zu Augspurg Anno 1530. uberantwortet26, an die hand genommen und solch Christlich bekantnus, so auff das zeugknüs der unwandelbaren warheit Göttlichesz worts gegründet, damit künfftiglichen auch unsere Nachkomen für unreiner, falscher und dem wort Gottes widerwertige Lere, so viel an uns, zu warnen und zu verwaren, abermals einhelliglichen underschriebena 27 und solcher gestalt gegen der Römischen Kayselichen Mayestetb, unserm aller gnedigsten Herrn, und sonsten menniglichen bezeuget und dargethan, das unser gemüt und meinung gar nicht were, einige andere oder neue Lere anzunemen, zuverteidigen oder auszubreiten, Sondern bey der zu [A4r] Augspurg Anno 1530. einmal erkanten und bekanten warheit vermittelst Göttlicherc verleihung bestendiglich zuverharren und zu bleiben, der zuversicht und hoffnung, es solten nicht allein dardurch die Widersacher der reinen Evangelischen Lere von irem erdichten lestern und vorunglimpffung wider uns abgestanden und andere guthertzige Leute durch solche unsere widerholete und repetirte bekentnis errinnert und angereitzet worden sein, mit desto mehrerm ernst der | warheit des allein seligmachenden Göttlichen worts u–u
nicht in V4 | v danach: christlichen V3, V5, V6, V7 | w werden V5 | x nicht in V4, V5, V6, V7 danach: mehrern V3, V5, V6, V7 | z Gottes V4 | a subscribirt V3, V4, V5, V6, V7 | b danach: etc. V4 | c der göttlichen V6 y
21 Der Frankfurter Rezess vom 18. März 1558 war ein Konsensdokument, das federführend von Melanchthon erstellt worden war. Es bestand aus einem Bekenntnis zur Confessio Augustana und deren Apologie als „Summarium und Corpus Doctrinae“ und einer in vier Artikeln vorgenommenen Behandlung der noch ungelösten Streitigkeiten. Dies betraf die Rechtfertigungslehre Andreas Osianders, Georg Majors Lehre von der Notwendigkeit guter Werke, das Abendmahlsverständnis und die seit dem Interim mit der Gruppe um Matthias Flacius Illyricus kontrovers behandelte Frage der Adiaphora. Vgl. Abscheid der evangelischen Chur= und Fürsten in Religionssachen zu Frankfurt am Mayn aufgerichtet, anno 1558, in: CR 9, 489–507 (Nr. 6483). Als Grundlage dafür hatte Melanchthon seine überarbeitete Formula Consensus (vgl. den Bericht über seine Wormser Artikel an Kurfürst August von Sachsen, in: CR 9, 403–411 [Nr. 6425 = MBW 8494) herangezogen, die er den aktuellen Erfordernissen anpasste. In der Abendmahlslehre bezog er sich auf die Aussagen der CA variata von 1540. Eine Einigung konnte der auf einen Minimalkonsens setzende Frankfurter Rezess allerdings nicht erzielen. Unterzeichnet wurde er von den Kurfürsten Ottheinrich von der Pfalz, August von Sachsen und Joachim II. von Brandenburg sowie Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken, Herzog Christoph von Württemberg und Landgraf Philipp von Hessen. Die streng lutherisch gesinnten ernestinischen Sachsen unter Johann Friedrich II., dem Mittleren, konnten sich nicht zur Unterschrift bereitfinden und stellten dem ihre Position in dem bald darauf erschienenen Weimarer Konfutationsbuch (1559)
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res | nostri laudatissimi, partim nos elaborare studuimus: cum anno Christi 1558. Francofurti ad Moenum, oblata Comitiorum (quae tum ab Electoribus habebantur) occasione, communibus votis, in eam sentetiam itum est, peculiarem et communem conventum habendum esse, in quo de iis rebus, quae ab adversariis, Ecclesiis et Academiis [A5r] nostris odiose per calumniam obiicerentur, solide et familiariter tamen inter nos ageretur. Et quidem post deliberationes illas, antecessores nostri, piae excellentisque | memoriae, et partim etiam nos Numburgi in Turingia, congressi sumus. Et tum Augustanam Confessionem (cuius iam aliquoties meminimus) Imperat. Carolo Quinto, in frequentioribus illis Imperiis Comitiis, Augustae anno 1530. habitis oblatam, in manus sumsimus: et piae illi confessioni, quae solidis testimoniis immotae ac in Verbo Dei expressae veritatis superstructa est, tum una mente omnes subscripsimus. Videlicet, ut ea ratione posteritati consuleremus: et quantum quidem in nobis erat, authores et monitores essemus ad vitanda falsa dogmata, quae cum verbo Dei pugnarent. Idque eo consilio fecimus, ut et apud Caesarem Maiesta[A5v]tem, Dominum nostrum clementissimum, deinde in universum apud omnes testificatio sempiterna extaret: nunquam in animum nos induxisse, novum aliquod et peregrinum dogma vel defendere vel spargere velle: sed cupere eam veritatem, quam Augustae anno 1530. professi sumus, Deo nos iuvante, constanter tueri ac retinere. Fuimus etiam in spem non dubiam adducti, fore, ut ea ratione non solum ii, qui puriori doctrinae Evangelicae adversantur, a confictis criminationibus et accusationibus abstinerent, sed alii etiam | boni et cordati homines, hac nostra iterata et repetita confessione invitarentur, ut maiori studio et cura Veritatem coelestis doctrinae (quae sola nobis ad salutem ductrix est) quaerent et investigarent: et in ea, saluti animae ac aeternae felicitati suae consulentgegen. | 22 zusammen kommen; man hatte auch an die Veranstaltung einer Synode gedacht. 23 Gegnern | 24 Frankfurter Rezess (18. März 1558), in: CR 9, 492,16f. | 25 Thüringen | 26 übergeben | 27 Der Naumburger Konvent (20. Januar–1. Februar 1561) war nach dem Frankfurter Fürstentag von 1558 (vgl. o. S. 1189, Anm. 20) der zweite, auf fürstliche Initiative hin unternommene Versuch, die in unterschiedliche theologische Richtungen auseinander gehenden Anhänger des Augsburger Bekenntnisses wieder zu einen, was nicht zuletzt angesichts der damals bevorstehenden Fortsetzung des Konzils von Trient geboten erschien. Dieses Fürstentreffen wurde von Herzog Christoph von Württemberg und Herzog Johann Friedrich II. von Sachsen initiiert. Sie hatten des weiteren Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz, Kurfürst August von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen und Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken dafür gewonnen. Ziel war eine erneute Unterzeichnung der Confessio Augustana von 1530. Aber der damals bereits mit dem Calvinismus sympathisierende Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz setzte gegen den Einspruch des ernestinischen Herzogs Johann Friedrich des Mittleren durch, dass die für das Religionsgespräch von Worms und Regensburg (1540) erstellte CA variata mit dem durch Melanchthon nach Maßgabe der Wittenberger Konkordie (1536) umgearbeiteten Abendmahlsartikel (Art. X) in der Adresse an den Kaiser ausdrücklich als Interpretation der CA invariata anerkannt wurde. Quellen zum Naumburger Fürstentag finden sich bei: Johann Heinrich Gelbke, Der Naumburgische Fürstentag oder wichtige Urkunden und Acten den, wegen erneuerter Unterschrift der Augspurgischen Confession und Beschickung des Concilii zu Trident, von den Protestantischen Fürsten und Ständen in Deutschland 1561. zu Naumburg an der Saale gehaltenen Convent betreffend, Leipzig 1793.
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nachzuforschen, beyzupflichten und zu ihrer Seelen heil und ewigen wolfart darbey one einige fernere disputation und gezenck Christlich zu bleiben und zuverharren. Wir haben aber dessen allen ungeacht nicht ohne beschwerung erfahren müssen, das diese unsere erklerung und widerholung unserer vorigen Christlichen bekantnüs bey den Widersachern wenig geachtet, noch hierdurch wir oder unsere Kirchen der ausgesprengten beschwerlichen nachreden erlediget28, Sondern von dden andern unsere und unserer Christlichen Religions widerwertigen29 und irrigen opinionsverwandtend 30 auch solche wolmeinende handlung nochmals dahin verstanden und gedeutet wordenf, als solten wir unsers Glaubens- und Religionsbekentnüs so ungewis sein und dasselbe so viel und offt verendert haben, das weder wir noch unsere Theologen wissen mögen, welches die rechte und einmal ubergebene Augspurgische Confession sey, durch welch ungegründet vorgeben31 viel frommer hertzen von unsern Kirchen und Schulen, Lere, Glauben und Bekandtnüs abgeschreckt und abgehalten wordeng. [A4v] Darzu auch dieser unrath32 komen, das unterh dem namen vielgedachter Augspurgischen Confession die widerwertige33 Lere vom heiligen Sacrament des Leibes und Bluts Christi iund andere irrige opinioneni hin und wider in Kirchen und Schulen eingeschoben worden.p34 Wann dann solches etzliche Gottfürchtige friedliebende und gelerte Theologen vermerckt und wol gesehen, das diesen jfalschen verleumbdungen und denj teglich weiter einreissenden Religionsstreiten besser nicht zubegegnen, dann so die keingefallenen spaltungenk von allen streitigen Artickeln gründlich und eigentlich aus Gottes Wort erkleret, entscheiden und falsche Lehre ausgesetzt35 und | verworffen, die Göttliche warheit aber lauter bekennet, dardurch den Widersachern mit bestendigem grunde der mund gestopfft und den einfeltigen36, frommen hertzen richtiger erklerungl und anleitung vorgestelt würde, wie sie sich in solchenm Zwiespalt schicken37 und künfftiglich durch Gottes gnade für falscher Lere bewaret werden möchten, So haben obgedachte38 Theologen sich anfenglich durch ausführliche schrifften aus Gottes wort gegen einander deutlich und richtig erkleret, Welcher gestalt mehrgedachten 39 ergerliche spaltungen one verruckung der Göttlichen warheit beygelegt und auffgehoben Und dardurch den Widersachern aller gesuchter schein40 und ursach zu lestern abgestrickt41 und benommen werden könnte, Entlichen auch die streitigen Artickel vor die hand genomen, in d–d
des andern theils religions verwandten V3 | e uns V4, V5, V6 | f werden V4 | g werden V7 danach V3: s. QuM II, 559,30–35 [unter den Theologen ... weil unter] | i – i nicht in V3, V5 j – j nicht in V | k – k ein gefallene spaltung V | l cj.: eklerung | m solche V , V | n mehrgemelte 2 5 4 5 V2, V3, V4 h
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frei geworden sind | 29 entgegengesetzten | 30 denjenigen, die eine irrige meinung vertreten unbegrünete Behauptung | 32 Schaden | 33 entgegengesetzte, gegnerische | 34 In Kursachsen hatte sich um 1570 unbemerkt eine theologische Richtung etabliert, die, ausgehend von der Theologie Melanchthons, eine Annäherung an die calvinische Abendmahlslehre vollzog, vgl. dazu 31
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Sed non absque animi perturbatione certiores facti sumus, hanc nostram declarationem ac repetitionem illam piae confessionis, apud adversarios parum admodum ponderis habuisse: nec nos et Ecclesias nostras calumniis praeiudiciorum, quae contra nos illi in vulgus sane gravissima sparserant, liberatas. Esse etiam ab adversariis verae religionis ea, quae nos optimo animo et consilio fecimus, in eam partem accepta, perinde ac si ita incerti de religione nostra essemus, eamque toties in alias atque alias formulas transfuderimus, ut nec nobis nec Theologis nostris constaret, quae illa olim Augustae Imperatori oblata confessio esset. Haec adversariorum commenta multos bonos ab Ecclesiis, scholis, do[A6v]ctrina, fide et confessione nostra absterruerunt et abalienaverunt. Ad haec incommoda id etiam accessit: quod sub praetextu Augustanae Confessionis, dogma illud pugnans cum institutione sacrae Coenae corporis et sanguinis Christi, et aliae etiam corruptelae passim et in Ecclesias et scholas introducerentur.
Quae omnia cum nonulli pii, pacis et concordiae amantes, praeterea etiam docti Theologi animadvertissent, iudicarunt calumniis illis, et subinde magis magisque crescentibus dissidiis in religione, rectius occurri non posse: quam si controversi articuli ex verbo Dei solide accurateque declararentur et explicarentur: falsa dogmata reiicerentur | et damnarentur: Contra autem divinitus tradita Veritas diserte et luculenter proponeretur. Ut qui sibi persuaderent hac ratione et adversariis si[A7r]lentium imponi: et simplicioribus et piis viam ac rationem certam demonstrari posse, quomodo porro in his se dissidiis gerere, et in posterum etiam, divina adiuti gratia, corruptelas doctrinae vitare possent, Principio igitur Theologi scripta quaedam hac de re, eaque satis prolixa et ex Verbo Dei desumta inter se communicarunt, quibus diserte et dextre ostenderunt: quomodo controversiae illae cum offensione Ecclesiarum coniunctae, absque ulla veritatis Evangelicae iactura sopiri, et tolli e medio possent. ita enim futurum, ut adversiariis occasiones et praetextus ad calumniam quaesiti, praeciderentur et eriperentur. Postremo Articulos controversos in manus sumtos, accurate et religiose perpenderunt et declararunt:
u. S. 1256f, Anm. 154. | 35 abgetan | 36 einfachen | 37 verhalten | 38 oben erwähnte | 39 mehrfach erwähnte | 40 Vorwand | 41 durchkreuzt, abgenommen
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Gottes furcht betracht, erwogen, erkleret und wie die eingefallene42 spaltungen Christlich zuentscheiden in eine Schrifft verfasset. [A5r] Und als uns zum teil von solchem Christlichen Werck bericht einkomen, haben wir darob nicht allein ein gutes gefallen gehabt, sondern dasselbe auch mit Christlichem ernst und eiffer zubefordern unso von wegen unsers tragenden und von Gott befohlenen Ambts schuldig geachtet. Undp demnach wir, der Churfürst zu Sachsen43 etc.q, mit rath und zuthuen etzlicherr unserer Religionsverwandten44 Chur und Fürsten45 zu befürderung der Christlichen Lerer einigkeit etzliche fürneme, unverdechtige, wolerfahrne und gelerte Theologen gegen Torgau der wenigern Zahl46 im 76. Jahr47 zusammen beruffen,48 welche sich mit einander von den streitigen Artickeln und der jetzt angezogenen, derhalben gefasten schrifftlichen vorgleichung Christlich unterredet und mit anruffung Gottes des Allmechtigen zu seinem lob und ehre entlichen mit gutem bedacht und sorgfeltigem fleis durch besondere gnade des heiligen Geistes alles, so hierzu gehörig und notwendig, in gute Ordnung zusammen gefasset und in ein Buch49 gebracht haben, welches hernach setzlichen vielents der Augspurgischen Confession verwandten | Chur-u, Fürsten und Stenden zugesand undv begeret worden, das ire Liebden50 wund siew dasselbige durch ire vornemex Theologen mit besonderm ernst und Christlichem eiffer durchlesen, hin und her erwegen, darauff ihre erklerungen und Censuras51 in schrifften verfassen lassen und uns darüber allenthalben ihr Rathsames bedencken ohne scheu zuerkennen geben wolten. [A5v] yNach dem nun solche erholete iudicia52 zund bedenckenz eingebracht und a bin denselbenb aller handt Christliche, cnotwendige unda nützlichec erinnerunged geschehen, welcher gestalt die in der uberschickten erklerung begriffene Christliche Lehr wider allerley gefehrlichen mißverstandt emit Gottes Worte verwaretf 53 werden köndte, damit unter derselben künfftiglich nichtg unreine Lehr versteckt, sonder eine lautere erklerung der warheit auch auff unsere Nachkomen gebracht werden möchte, Als ist daraus letzlich hobberürt54 Buchi h der Christlichen Concordienj, wie hernach folget, verfertiget worden.y Darauff kunter uns etliche, dieweil es bey uns allen aus sonderbaren verhinderlichen ursachen, lwie auch bey etlichen andern mehr Stendenl, mnoch zurm o
und V5 | p danach: haben V2 | q nicht in V5 | r nicht in V2, V3 | s – s insonderheit allen V3 furnembsten V5 | u churfursten V5 | v danach: daneben V6 | w – w nicht in V3 | x furtreffliche und wohlgeschickte V4, V5 | y – y V2: s. QuM II, 552,39–553,38 [Hierauff haben ... lassen woltten] z – z nicht in V , V , V , V , V | a – a zu mehrer theil miteinander durch besondere vergleichung 3 4 5 6 7 der gnaden Gottes in allen articuln uber einstimmet, und darneben allerey V3 | b – b V4: s. QuM II, 571,10–12 [deren ettliche ... nicht widerig]; V5: s. QuM II, 581,34–36 [dero ettliche ... nit wiederig] | c – c und nottwendige V4, V5 | d danach: in denselben V3, V4 | e – e beydes mit Gottes wortt und sonsten V3 | f davor: und V4 | g danach: ein V4 | h – h obberurte formul V3, V4, V5, V7 i formul V | j danach: vorbeßert und also V ; danach: und also V | k – k wir diselbige noch V , 6 3 4 2 V3 | l – l nicht in V4, V5, V6, V7 | m – m nach der V4 t
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adeoque scripto quodam peculiari complexi [A7v] sunt, qua via ac ratione dissidia illa exorta, recte et pie componi possent. Nos autem de hoc pio Theologorum proposito facti certiores, non modo id probavimus, sed magno etiam studio ac zelo, pro ratione muneris et officii divinitus nobis commissi, promovendum nobis esse iudicavimus. Ac proinde nos Dei gratia Dux Saxoniae Elector, etc. de consilio quorundam etiam aliorum Electorum et Principum, in religione nobiscum consentientium, ad provehendum pium illud, inter doctores Ecclesiae, Concordiae institutum, eximios quosdam minimeque suspectos exercitatos etiam, et singulari eruditione praeditos Theologos, Torgam anno septuagesimo sexto, evocavimus. Hi cum fuissent congressi, de Articulis controversis et scripto pacifica[A8r]tionis (cuius paulo ante meminimus) religiose inter se contulerunt. Et quidem primum precibus piis ad Deum Opt. Max. eiusque laudem et gloriam suspectis, cura deinde et diligentia singulari (iuvante eos Domini Spiritu gratia sua) omnia ea, quae ad | hanc deliberationem pertinere et requiri videbantur, optimo convenientissimoque ordine, scripto quodam complexi sunt. Is postea liber, praecipuis nonnullis Augustanam Confessionem profitentibus, Electoribus et Principibus, ac ordininibus transmissus est: et petitum, ut ipsi adhibitis praestantissimis et doctissimis Theologis, solicita cura, et pio zelo eum legerent, diligenter examinarent, et suam de eo sententiam et censuram scriptis compraehenderent: et postremo de omnibus et singulis iudicium suum eiusque rationes, nobis liberime exponerent. [A8v] Has ergo censuras cum accepissemus, multas in iis pias et utiles commonefactiones invenimus, quomodo transmissa illa declaratio sincerae doctrinae Christianae, contra corruptelas ac depravationes sacrarum literarum, testimoniis muniri, et confirmari posset: ne forte progressu temporis, sub eius praetextu, impia dogmata occularentur: sed sincerae viritatis, minime fucata declaratio, ad posteritatem transmitteretur. Ex his ergo quae optime meditata ad nos pervenerant, Liber iste piae Concordiae, de quo diximus, compositus, et ea forma, qua subiicietur, absolutus est. Deinceps ex nostro ordine quidam (neque enim nos omnes, ut et alii nonnulli, hoc tempore certas ob causas quae obstabant, id facere poteramus) librum hunc omnibus et singulis nostrarum regionum et ditioneum
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43 Kurfürst August von Sachsen 44 Die hier angesprochene eingetretenen | | Religionsverwandtschaft ergibt sich aus der Übereinstimmung im reformatorischen Glauben, ohne sie an dieser Stelle bekenntnismäßig zu definieren. Im allgemeinen ist von der „Augsburger Konfessionsverwandtschaft“ die Rede, die die Konkordienformel auf die CA invariata von 1530 festzulegen bestrebt ist. | 45 Kurfürsten und Fürsten | 46 eine kleine Zahl von ihnen | 47 1576 48 Der Torgauer Konvent fand vom 18. Mai bis 7. Juni 1576 statt. | 49 Gemeint ist das Torgische Buch. Vgl. QuM II, 344–507. | 50 Anrede für eine hochstehende Person | 51 Stellungnahmen 52 eingeholte Stellungnahmen | 53 bewahrt | 54 oben erwähntes
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zeit nicht vorgenommen werden mögen,55 dasselbigekn ferner allen und jeden unserer Lande und Gebieten Theologen, Kirchen und Schuldienern von Artickeln zu Artickeln vorlesen und sie zu fleissiger und ernstlicher betrachtung der darinnen begriffenen Lehr erinnern und ermaneno lassen. Und pnach dem siep die erklerung der eingefallenen zwiespaltungen zu förderst dem Wort Gottes und dann auch der Augspurgischen Confession gemes und gleichförmig befunden, Alsq haben sie, rdenen es obgehörter massen vorgelegt worden,r mit erfreuetem gemüte und hertzlicher dancksagung gegen Gott dem Allmechtigen sdis Concordien Buchs für den rechten Christlichen verstandt56 tder Augspurgischen Confessiont freywillig und mit wolbedachtem muth57 angenommen, Approbirt, unterschrieben und solches mitu hertzen, mund und handt öffentlich bezeuget. Derwegen dann [A6r] auch dieselbev Christliche vergleichung nicht allein etzlicher wenig unserer Theologen, sondern in gemein aller und jeder unsererw Kirchen und Schuldiener in unsern Landen und Gebieten einmütiges und einhelliges bekantnüs heist und ist. xDieweil dann nun die vorgemelten unserer löblichen Vorfahren und unsere zu Franckfurt am Mayn und Naumburgk auffgerichte und wolgemeinte Abschiedey nicht allein das begerte ende der Christlichen einigkeit nicht erreicht, sondern dieselben auch von etlichen zu bestetigung irer irrigen Lere haben wollen angezogen werden, Da doch in unser gemüth undz hertz nicht komen, das wir durch dieselbigen einige neue, falsche oder irrige Lehr einführen, beschönena, bestetigen oder von der Anno 1530. ubergebenen Augspurgischen Confession im geringsten abweichen wolten, Und wir, so viel unser bey oberwenterb58 Naumburgischen handlung gewesen, uns damals vorbehalten und erboten haben, wann unser Bekentnis von jemand künfftig angefochten | oder zu welcher zeit es die notturfft erfordern würde, das wir derwegen fernere ausfürung thun wolten, So haben wir uns zu entlicher erklerung unsers gemüts59 cnumehr gedachtenc buchs der Concordien und widerholung unsers Christlichen Glaubens und Bekantnüs Christlichen vereiniget und verglichen. Und damit sich durch unserer Widersacher ungegründte verleumbdung, als solten wir selbst nicht wissen, welches die rechte Augspurgische Confession were,60 niemand dörffte irre machen lassen, sondern die, so jetzo leben, so
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dieselbige noch V4; dieselbige V6; dieselbe V7 | o vormahnen V6 | p – p alß sie solchem nach V2 nicht in V2 | r – r nicht in V2, V3 | s – s nicht in V6 | t – t und richtige bekentnus der göttlichen warheit in prophetischer und apostolischer schrifft begriffen, auf welche schrieften auch die augspurgische confession gegrundet V2; und einige bekhentniß der gottlichen warheit in prophetischer und apostolischer schrifft begriffen, darauf auch die augspurgische confession gegrundet V3 | u danach: dem V4, V5, V6 | v die V5 | w unsern hernach benantten V2 | x – x V2: s. y danach: an im selbst nicht QuM II, 554,14–555,24 [Wir haben ... vorstattet wurde] | widerwerttig, jedoch V5 | z oder V3, V4, V5 | a bescheinen V3, V4, V5 | b obernenter V6 c – c dieses V 5 q
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Theo[B1r]logis, Ecclesiae et Scholarum ministris, articulatim et distincte recitari, et ipsos ad diligentem accuratamque considerationem earum doctrinae partium, quae in illo continentur, excitari curavimus.
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Cum ergo illi declarationem controversorum Articulorum congruere in primis quidem cum Verbo Dei, deinde Augustana Confessione animadverterent: promtissimo animo et testificatione suae erga Deum gratitudinis hunc concordiae librum, ut piam et genuinam sententiam Augustanae Confessionis exprimentem, ultro et quidem accurate meditatum et consideratum receperunt, approbarunt, eique subscripserunt, et de eo corde, ore et manu palam testati sunt. Quare pia illa pacificatio, non solum paucorum quorundam nostrorum Theologorum, sed in universum [B1v] omnium et singulorum Ecclesiae ministrorum et ludimoderatorum in nostris provinciis et ditionibus, consentiens et concors confessio et vocatur, et perpetuo erit.
Quia vero nostrae et praeclari nominis antecessorum nostrorum primum Francofurti ad Moenum, deinde Numburgi pio et sincero animo susceptae, et scriptis compraehensae conventiones, non modo eum, qui expetebatur, finem, et pacificationem non sunt affecutae: sed ex iis etiam, a quibusdam patrocinium erroribus et falsis dogmatibus quaesitum est. Cum tamen nobis ne in mentem quidem unquam venerit hoc nostro scripto, vel novum aliquod et falsum doctrinae genus introducere, integumentis commendare, confirmare, vel in minimis etiam a confessione illa anno 1530. Augustae exhibita discedere, [B2r] quin potius quotquot nostrorum actionibus Numburgicis illis interfuimus, tum etiam id | integrum nobis reservavimus et promissimus insuper, ut si quid successu temporis in nostra confessione desideraretur, aut quoties id necessitas postulare videretur, nos porro omnia solide et prolixe declaraturos esse. Ideoque hanc ipsam ob causam in hoc libro Concordiae ad declarationem constantis et perpetuae voluntatis nostrae, et repetitionem Christianae fidei et Confessionis nostrae, magno et pio consensu elaboravimus. Ideo ne adversariorum nostrorum calumniis de ingenio suo confictis, quibus iactant, ne nobis quidem constare, quae sit vera et genuina illa Augustana Confessio, aliqui se turbari sinant: sed et ii, qui nunc in vivis sunt, et
55 Kurfürst Ludwig VI. von der Pfalz hatte lange mit seiner Unterschrift unter die Konkordienformel gezögert. Seine Bedenken wurden erst durch die Erstellung dieser Vorrede ausgeräumt. Vgl. dazu QuM II, 511–517. | 56 Verständnis, Auslegung | 57 Gemüt, Sinn | 58 oben erwähnter | 59 Sinns, Einstellung | 60 Dies war ein häufig von altgläubiger Seite geäußerter Vorwurf an die Adresse der Anhänger der Augsburger Konfession, den Wilhelm Lindanus, Bischof von Roermond, in seiner CONCOR=||DIA DISCORS, || SIVE || QVERIMONIA CATHOLICAE CHRISTI || Iesu Ecclesiae, ad Illustriß. S. Rom. Imperij Principes, et alios || ad vnum omnes, nomine semichristianae Confeßionis suae Au-||gustanae temere gloriantes [...], Köln: Gottfried von Kempen, Arnold Birckmann d. Ä. (Erben) 1583 (VD 16 L 1926) später
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wol als unsere liebe Nachkomen eigentlich und gründ[A6v]lich möchten bericht61 werden und endliche gewisheit haben, welches dieselbe Christliche Confession, darzu sich bis anhero wir und die Kirchen und Schulen unserer Lande jederzeit bekant und beruffen, seyed, haben wir in demselben nach dem reinen, unfehlbaren und unwandelbaren wort Gottes uns einig und allein zu dere Augspurgischen Confession, so Kayser Carolo dem V. Anno 1530. in der grossen Reichsversamlung zu Augspurg ubergeben,62 wie die in unserer seligen Vorfahren, welche dieselbige Kayser Carolo dem V. auff jetztgemelten Reichstag selbsten uberantwortet, Archiven vorhanden gewesen und hernach mit dem rechten, dem Kayser | ubergebenen Original, so in des heiligen Reichs fverwarung gebliebenf 63, durch wolbeglaubte leute mit grossem fleis Collationirt64 und hernach beide, das Lateinische und Deutsche Exemplar, allenthalben gleicher meinung befunden und zu keiner andern bekennen wollen; Auch der ursach solche damals ubergebene Confession, dieser nachfolgenden unserer erklerung und Concordien Buch einverleiben lassen, auff das menniglich sehen möge, das wir in unsern Landen, Kirchen und Schulen keine andere Lere zugedulden gemeint, dann wie dieselbe zu Augspurg Anno 1530. durch mehrgedachte Churfürsteng, Fürsten und Stende einmal bekant worden, darbey wir auch, vermittelst der gnaden Gottes, bis an unser seliges ende gedencken zu verharren und vor dem Richterstuel unsers Herren Jhesu Christi mit frölichem, unerschrockenem hertzen und gewissen zuerscheinen, Und verhoffen demnach, es werden hinfüro unsere Widersacher, hunser, auchh unserer Kirchen und derselben Diener mit den beschwer[B1r]lichen auff lagen verschonen, da sie vorgeben, als ob wir unsers Glaubens ungeweis sein und deswegen fasti alle Jahr oder Monat eine neue Confession machen solten. Was dann die andere Edition der Augspurgischen Confession65 anlanget, deren auch in der Naumburgischen handlung meldung geschehenj, Weil wir befundenk und menniglich offenbar und unverborgen ist, das sich etzliche unterstanden die Irthumb vom heiligen Abendmall und andere unreine Lere | unter den worten derselbigen andern Edition zuverstecken und zuverbergen
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nicht in V6 | e danach: ersten und unverenderten V3 | f – f meintzischen cantzley verwart V3, V5 chur V3, V4, V5 | h – h unß V5 | i schier V3, V4, V5, V6 | j davor: und approbation V5 | k befinden V4 | l nachtmahl V3, V4 g
meisterhaft ausarbeitete und durch eine Auflistung der verschiedenen, aufeinander folgenden Fassungen der CA und deren Abgleich zu belegen versuchte. | 61 unterrichtet | 62 Im Gebrauch war seit 1540 in Kirchen und Schulen die Confessio Augustana variata, mit dem von Melanchthon im Zuge der Konsensverhandlungen der Wittenberger Konkordie veränderten Abendmahlsartikel (Art. X). Die hier gewählte offene Formulierung erlaubte es später auch den in der Abendmahlslehre zum Calvinismus Tendierenden, sich auf die Confessio Augustana zu berufen. Die Erfahrungen mit dem „Kryptocalvinismus“ bzw. „Philippismus“ in Kursachsen (vgl. o. S. 1192f, Anm. 34), nämlich dass sich hier eine vom Luthertum für unbiblisch gehaltene Lehre unbemerkt und unter dem Deckmantel der Rechtgläubigkeit verbreitet hatte, führten zu einer Rückbesinnung auf die Confessio Augustana invariata von 1530. | 63 Nachdem der kursächsische
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posteritas etiam diserte et firmiter doceatur, ac diserte et firmiter doceatur, ac certior reddatur: quaenam illa pia [B2v] confessio sit, quam et nos et Ecclesiae ac scholae nostrarum ditionum omnibus temporibus professae et amplexae fuerint: post sinceram et immotam Verbi Dei veritatem, solam primam illam Augustanam Confessionem Imperatori Carolo V. anno 1530. in celebribus illis Comitiis Augustanis exhibitam, solam (dicimus) nec ullam aliam amplecti nos velle luculenter testamur: cuius exempla in Archivis ante|cessorum nostrorum excellentis memoriae, qui ipsi Carolo V. in Comitiis illis eam exhibuerunt, reposita, per fide dignos homines, ne quid ad accuratissimas rationes diligentiae in nobis desideraretur, cum eo, quod Imperatori ipsi exibitum est, et in Sacri Romani Imperii archivo asservatur, conferri voluimus: et certi sumus nostra et Latina et Germanica exempla per omnia sibi conformi sententia invicem respon[B3r]dere. Qua etiam de causa, Confessionem illam tum exhibitam, nostrae, quae his subiicietur, declarationi, sive libro Concordiae, inserere voluimus: ut omnes intelligant, quod in nostris ditionibus, Ecclesiis et scholis nullam aliam doctrinam ferre constituerimus, quam quae Augustae anno 1530. a commemoratis supra Electoribus, Principibus et Imperii ordinibus solenni confessione approbata fuit. Hanc Confessionem etiam, Deo nos bene iuvante, usque ad ultimos spiritus, pie ex hac vita ad coelestem patriam migraturi, tenebimus: excelso et intrepido animo puraque conscientia, comparituri coram tribunali Domini nostri Iesu Christi. Speramus itaque adversarios nostros post hac et nobis, et Ecclesiarum nostrarum ministris parsuros esse: nec consuetis illis et gravissimisa criminationi[B3v]bus usuros: nos de fide nostra nihil certi apud nos ipsos posse constituere, eamque ob causam fere singulis annis, imo vero mensibus, novas confessiones cudere. Porro quod ad alteram Augustanae Confessionis editionem, cuius etiam in Numburgicis actis fit mentio, attinet, animadvertimus (quod et notum universis est) quosdam sub praetextu Verborum posterioris illius editionis corruptelas in negotio Coenae, et alios errores conte|gere et occultare volua
cj.: gravissiimis Conc1580
Kanzler Christian Beyer auf dem Augsburger Reichstag am 25. Juni 1530 die deutsche Fassung vor Kaiser und Reich verlesen hatte, nahm Karl V. sowohl das deutsche als auch das lateinische Exemplar an sich. Das deutsche Exemplar wurde sodann in der Mainzer Kanzlei aufbewahrt, galt aber schon sehr bald als verschollen. Das lateinische Autograph Melanchthons kam in das kaiserliche Archiv in Brüssel, von wo aus es durch Herzog Alba nach Spanien gebracht wurde. Philipp II. hatte ihn nämlich am 18. Februar 1569 dazu beauftragt, um die Confessio Augustana in Spanien vernichten zu lassen. Das ist vermutlich später auch geschehen. Im Jahre 1583 aber vermerkte Wilhelm Lindanus in einer Marginalie in seiner gegen das Konkordienbuch gerichteten Schrift „Concordia discors“ (vgl. o. S. 1196f, Anm. 60), die aus dem Brüsseler Archiv stammende CA noch eingesehen und zum Vergleich mit der Editio von 1531 herangezogen zu haben; vgl. Lindanus, Concordia discors, 186. | 64 verglichen | 65 Confessio Augustana variata 1540; vgl. QuM I, 120–167.
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und solches in offentlichen schrifften und ausgegangenem Druck den einfeltigen Leuten einzubilden, ungeachtet das solche irrige Lere in derm zu Augspurg ubergebenen Confession mit ausdrücklichen worten verworffen undn viel ein anders zuerweisen ist. So haben wir hiemit auch offentlich bezeugen und darthuen wöllen, das damals, wie auch, noch unser wille und meinung keines weges gewesen, falsche und unreine Lere, so darunter verborgen werden möchteo, dardurch zubeschönen, zubementeln oder als der Evangelischen Lehr gemes zubestetigen, Inmassen wir dann die andere Edition, der ersten ubergebenenp Augspurgischen Confession66 zu wider, niemalsq verstanden noch auffgenommen rsoder andere mehr nützliche schrifften Ern Philippi Melanthonis, wie auch Brentii67, Urbani Regi68, Pomerani69, etc., wofern sie mit der Norma70 der Concordien einvorleibt ubereinstimmen, nicht verworffen oder verdampt haben wollen71s. [B1v] Desgleichen: ob wol etliche Theologi, wie auch Lutherus selbsten, vomt heiligen Abendmal in die disputation von der persönlichen vereinigung beider Naturen in Christo72 (doch wider iren willen) von den Widersachern gezogen,73 So uerkleren sich unsere Theologen inhalts des Concordien Buchs und der darinnen begriffenen Norma lauter, das unser und des Buchs bestendiger meinung nach, die Christen im handel von des Herren Abendmal auff keinen andern, sondern auff diesen einigen grundt und fundament, Nemlich auff die wort der stifftung des Testaments Christi74 gewiesen werden sollen, welcher Allmechtig und warhafftig und demnach zuverschaffen vermag, was er verordnet und in seinem Wort verheissen hat, und do siev bey diesem grundt unangefochten bleiben, von andern gründen nicht disputiren, sondern mit einfeltigem75 glauben bey den einfeltigen worten Christi verharrenw, welches am sichersten und | bey demx gemeinen Leyen auch erbäulich, der diese disputation nicht ergreiffen kan. Wann aber die Widersacher solchen unsern einfeltigen glauben und verstand der Wort des Testaments Christi anfechten und als ein unglauben schelten und unsy fürwerffen, als sey unser m
danach: ersten V3 | n danach: darauß V3; auch auß der anderen edition V4, V5 | o möchten V5 danach: unverenderten V3; danach: und in rebus unverenderten V5 | q nie V4, V5, V6 | r – r V3: s. QuM II, 562,35–42 [sondern dieselbige ... verworffen haben] | s – s V4: s. QuM II, 573,20–28 [vil weniger ... zu lassen]; V5: s. QuM II, 583,32–40 [vielweniger ... zulassen] | t davor: bey dem handel V4, V5, V6 | u – u V4: s. QuM II, 573,32–574,8 [ist unser ... vermitten bleiben]; V5: s. QuM II, 583,43–584,13 [ist doch ... vermitten bleiben] | v wir V7 | w bleiben V6 | x den V6, V7 | y nicht in V7 p
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Die sonst stets auf die CA invariata von 1530 rekurrierende Vorrede versucht hier, den Naumburger Abschied, der die CA variata von 1540 als Interpretation der CA invariata verstanden hatte, in ihrem Sinne einzuholen und auf diese Weise Gegner und Befürworter des Naumburger Abschieds zu gewinnen. | 67 Johannes Brenz | 68 Urbanus Rhegius | 69 Johannes Bugenhagen 70 Ausgehend von Martin Luthers Schriftprinzip gilt die Heilige Schrift als alleinige Norm für Lehre und Bekenntnis. Auf sie beruft sich deshalb die Konkordienformel in erster Linie. 71 Einige evangelische Stände – vor allem die niedersächsischen Städte, Pommern und Braunschweig-Wolfenbüttel – wünschten ausdrücklich, dass die Schriften jener Reformatoren, die Teil ihrer jeweils territorialspezifischen Corpora Doctrinae waren, auch weiterhin Geltung beanspru-
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isse: et scriptis publice excusis imperitae plebeculae obtrudere conatos: nec motos esse Augustanae Confessiones (quae prima exhibita est) disertis verbis, quibus errores illi palam reiiciuntur: ex quibus etiam longe alia, quam ipsi volunt, sententia evinci potest. Visum igitur est nobis, hisce literis publice testari, et certeriores facere uni[B4r]versos, quod nec tum, ac ne nunc quidem, ullo modo voluerimus falsa et impia dogmata et opiniones (quae sub integumentis aliquibus verborum latere possent) defendere, excusare, aut veluti cum doctrina Evangelica consentientes, approbare. Nos sane nunquam posteriorem editionem in ea sententia accepimus, quae a priori illa, quae exhibita fuit, ulla ex parte dissideret. Nec etiam alia scripta utilia D. Philippi Melanchthonis, neque Brentii, Urbani Regii, Pomerani et similium repudianda ac damnanda esse iudicamus, quatenus cum ea norma, quae Concordiae libro expressa est, per omnia consentiunt. Quanquam autem nonnulli Theologi, et in his ipse Lutherus, cum de Coena Dominica agerent, inviti etiam ab adversariis ad disputationes de [B4v] personali Unione duarum in Christo naturarum pertracti sint: tamen Theologi nostri in Concordiae Libro, et ea quae in illo est sanioris doctrinae norma, diserte testantur, et nostram et huius libri sententiam constantem et perpetuam esse, pios homines in negotio Coenae Dominicae ad nulla alia fundamenta, quam Verborum instiutionis testamenti Domini nostri Iesu Christi, deducendos esse. Nam cum ille et Omnipotens et Verax sit, expeditum ei esse, ea quae et instituit, et verbo suo politicus est, praestare. Et sane, cum hoc fundamentum ab adversariis impugnantum non fuerit, de aliis probandi rationibus in hoc argumenti genere non contendent: sed in vera fidei simplicitate verbis apertissimis Christi | firmiter insistent: quae ratio tutissima, et erudiendis imperitis hominibus accommodatissima est: [B5r] neque enim illi ea, quae de his rebus accuratius disputata sunt, intelligunt. At vero cum illa
chen dürften. Die Konkordienväter rangen lange um eine entsprechende Formulierung, vgl. QuM II, 573f, Anm. r–r und v–v. | 72 Zur christologischen Zwei-Naturen-Lehre bzw. den dogmatischen Erörterungen der „unio personalis“ vgl. u. S. 1268f, Anm. 192. Unumstritten waren die Aussagen, dass aufgrund der unio personalis die Person Jesu Christi sowohl als Gott als auch als Mensch bezeichnet werden könne (genus idiomaticum), welche nach ihrer menschlichen Natur gelitten und nach ihrer göttlichen Natur übernatürliche Dinge verrichtet habe, sowie die Aussage, dass stets die gesamte Person Christi in Gottheit und Menschheit zur Erlösung der Menschen gewirkt habe (genus apotelesmaticum). Streit entbrannte dagegen über die Frage, ob durch das enge Beieinander der beiden Naturen die Eigenschaften der göttlichen Natur (Allmacht, Allwissenheit, Allgegenwart) der menschlichen Natur mitgeteilt würden (genus maiestaticum), so dass Christus auch nach seiner Menschheit, die am Kreuz gelitten hatte und gestorben war, unter den Elementen im Vollzug des Abendmahls anwesend sein und die erworbene Heilsgabe präsent machen könne. Vgl. dazu die Art. VII und VIII der FC. | 73 Luther hatte in der Kontroverse mit Zwingli über das Abendmahl in erster Linie mit der Auslegung der biblischen Abendmahlsworte argumentiert, aber im Zuge der Auseinandersetzung die Zwei-Naturen-Lehre als sekundäres Argument für die reale Anwesenheit von Leib und Blut Christi herangezogen. Zu den für die Konkordienformel ausschlaggebenden Streitigkeiten um das Abendmahlsverständnis vgl. u. S. 1256f, Anm. 154. | 74 Mt 26,26–28; Mt 14,22–24; Lk 22,19f | 75 einfachem, vertrauensvollem
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einfeltiger verstandt und glaub wider die Artickel unsers Christlichen Glaubens, zbesonders von der Menschwerdung des Sons Gottes, von seiner Himelfart und sitzen zur Rechten der Allmechtigen krafft und Mayestet Gottes76,z und demnach falsch und unrecht, Soa solle durch warhafftige erklerung der Artickel unsers Christlichen Glaubens angezeigt und erwiesen werden, das obgemelter unser einfel[B2r]tiger verstandt der wort Christi denselben Artickeln nicht zuwieder seye. Die Phrases und Modos Loquendi, bdas ist die art und weise zu reden, welche im Buch der Concordien gebraucht,b von der Mayestet Menschlicher Natur in der Person Christi, darein sie zur Rechten Gottes gesetzt und erhöhet, betreffendec, damit auch deshalben aller mißverstandt und ergernus auffgehoben, dieweil das wort (abstractum) nicht in einerley verstandt von den Schul und Kirchenlerern gebraucht, erkleren sich unsere Theologi mit lautern klaren worten, das ermelte Göttliche Mayestet der menschlichen Natur Christi nicht ausserhalb der persönlichen vereinigung zugeschrieben, oder das sie dieselbige an und vor sich selbst dauch in der persönlichen vereinigungd (essentialiter, formaliter, habitualiter, subiective, wie die Schul|lerer reden77) habe dergestalt, dann und do also geleret wirdet, die Göttliche und Menschliche Natur sampt derselben eigenschafften mit einander vermischt und die menschliche Natur der Göttlichen Natur nach irem wesen und eigenschafften exequirt und also verlaugnet würde, sonder wie die alten Kirchenlehrer geredt: Ratione et dispensatione hypostaticae unionis, das ist von wegen der persönlichen vereinigung welches ein unerforschlich geheimnüs ist.u r 78 Was dann die Condemnationes, aussetzung und verwerffung falscher unreiner Lere besonders im Artickel von edes Herrene Abendmal betrifft,79 so in dieser erklerung und gründlicher hinlegung80 der streitigen Artickeln ausdrücklich und unterschiedlich gesetzt wer[B2v]den müssen, darmit sich menniglich vor denselben wüste zu hüten und aus fvielen andernf ursacheng z – z nicht in V | a nicht in V | b – b nicht in V | c danach: etc. da gesagt würdet, die menschliche 7 7 7 natur ist almechtig, allwissende, allenthalben etc. V7 | d – d nicht in V7 | e – e dem h. V5 | f – f nicht in V3 | g danach: ursachen welche in hernachfolgenden der theologen bericht weitter außgefuhret V2; welche in hernachfolgenden der theologen bericht weitter ausgefuhret V3 76
Vgl. den zweiten Artikel des Apostolicums, o. S. 41,13–24 und die Auslegung des zweiten Artikels in Martin Luther, Kleiner Katechismus, o. S. 872,2–10, und Großer Katechismus, o. S. 1054,24–1058,9. | 77 Dies wäre die von der Konkordienformel schon hier in der Vorrede verworfene „abstrakte“ Art, von der göttlichen Majestät der Menschheit Christi zu sprechen. Denn nur auf die konkrete Person Jesu Christi bezogen und in sie eingebunden ist es sinnvoll und statthaft von einer Mitteilung göttlicher Eigenschaften an die Menschheit Christi zu sprechen. Da eine davon losgelöste, abstrakte Spekulation über seine Menschheit abgelehnt wird, kann keine Rede davon sein, dass der Menschheit Christi göttliche Majestätseigenschaften „essentialiter“, d.h. wesenhaft, „formaliter“, d.h. der Form und Beschaffenheit nach, „habitualiter“, d.h. in charakteristischer Weise, als Eigentümlichkeit, „subjective“, d.h. als Bestimmung des Subjekts, zukommen. Die göttliche Majestät der Menschheit wird von den Konkordienvätern also als eine stets aus der konkreten Person abgeleitete gesehen. | 78 Vgl. QuM II, Theologenvorrede (Nr. 1),
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assertio nostra, et simplex verborum Testamenti Christi sensus ab adversariis impugnatur, et veluti impius, et rationibus verae fidei repugnans reiicitur, denique articulis Symboli Apostolici (praesertim de Filii Dei incarnatione, ascensione in coelum, et sessione ad destram omnipotentis Virtutis et maiestatis Dei) contrarius, et proinde etiam falsus esse contenditur, vera solidaque, articulorum illorum interpretatione demonstrandum est, nostram illam sententiam nec a verbis Christi neque ab articulis illis dissidere. Quod vero ad phrases et loquendi modos attinet qui in hoc Concordiae libro, quando de maiestate humanae naturae in persona Christi, ad dexteram Dei collocate et evectae agitur, usur[B5v]pantur, ut omnes sinistrae suspiciones et offendicula, quae ex varia significatione vocabuli abtracti (quemadmodum hoc nomine et Scholae et Patres hactenus usi sunt) existere possent, e medio tollantur: Theologi nostri disertis et expressis verbis, testantum volunt: Maiestatem illam, humane Christi naturae extra unionem personalem nequaquam asscribendam esse: nec etiam concedendum, quod humana natura eam Maiestatem, vel propriam, vel per se | (etiam in unione personali) essentialiter, formaliter, habitualiter, subiective (haec enim, quamvis non satis latine vocabula, scholis placent) possideat. Nam si eam et dicendi et docendi rationem teneremus, divina et humana naturae, una cum proprietatibus suis confunderentur: humana etiam divinae ratione essentiae et proprietatum exaequaretur, imo vero tota negaretur. [B6r] Sentiendum ergo esse Theologi iudicant, id ratinone et dispensatione hypostaticae unionis fieri, quemadmodum docta antiquitas ea de re caute locuta est: quod mysterium tantum habet, ut omnes ingenii nostri intelligentiaeque vires superet. Ad condemnationes, reprobationes et reiectiones impiorum dogmatum, et eius praesertim, quod de sacra Coena extitit, quod attinet: hae sane in hac nostra declaratione, et controversorum articulorum solida explicatione et decisione, expresse et distincte, non solum eam ob causam, ut universi sibi ab his damnatis dogmatibus caverent, omnino proponen|dae fuerunt, sed ob alias etiam quasdam rationes nullo modo praetermitti potuerunt. Sic ut nequaquam consilium et institutum nostrum sit, eos homines, qui ex quadam animi simpli[B6v]citate errant, nec tamen blasphemi in Veritatem doctrinae 533,38–545,15. | 79 Vgl. FC VII, u. S. 1262,5–1266,14 und 1498,14–1506,4. Die Frage der Abgrenzung von falscher Lehre durch Verwerfungen wurde in dem gesamten, auf die Konkordienformel zulaufenden Einigungsprozess kontrovers diskutiert. Während Flacius und seine Gesinnungsgenossen immer wieder auf namentliche Abgrenzungen drängten, entschied sich die Konkordienformel für Lehrverwerfungen, die gegenwärtige Positionen oft in das Spektrum jener Lehren einordnen, die bereits in der Alte Kirche ausgeschlossen worden waren. Aber die Verwerfungspraxis schlechthin blieb unter den beteiligten Ständen kontrovers. Während Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel für Verwerfungen eintrat, forderten Anhalt, Hessen und die Kurpfalz einen Verzicht darauf, oder zumindest eine Milderung der Formulierungen (vgl. das Begleitschreiben Kurfürst Ludwigs VI. von der Pfalz zur pfälzischen Korrektur der Vorrede (QuM II, Nr. 4): HSA Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10306/5, fol. 186r–194v). Um diese Differenzen auszugleichen, sah man sich genötigt, einen entsprechenden Passus in die Vorrede aufzunehmen, vgl. auch QuM II, Theologenvorrede (Nr. 1), 546,28–547,4. | 80 Beilegung
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keines wegs umb|gangen werden kan, ist gleicher gestalt unser wille und meinung nicht, das hiemit die Personen, so aus einfalt irren und die warheit des Göttlichen Worts nicht lestern, viel weniger aber gantze Kirchen in oder ausserhalb des heiligen Reichs deutscher Nation gemeint,81 sondern das allein damit die falschen und verführischen Leren und derselben halsstarrige Lerer und lesterer, die wir in hunsern Landenh, Kirchen und Schulen keines weges zugedulden gedencken, eigentlich verworffeni werden, dieweil dieselbe dem ausgedruckten Wort Gottes zu wider und neben solchem nicht bestehen können, auff das fromme hertzen für derselben gewarnet werden möchten, Sintemal82 wir uns gantz und gar keinen zweiffel machen, das viel fromer unschuldiger Leute auch in den Kirchen, die sich bishero mit uns nicht aller dings verglichen, zufinden seind, welche in der einfalt ihres hertzens wandeln, die sach nicht recht verstehen und an den lesterungen wider das heilige Abendmal, wie solches in unsern Kirchen nach der stifftung Christi gehalten und vermöge der Wort seines Testaments83 davon einhelliglich geleret wirt, gar keinen gefallen tragen und sich verhoffentlich, wann sie in der Lehr recht unterrichtet werdenj, durch anleitung des heiligen Geistes zu der unfehlbaren warheit des Göttlichen Worts mit uns und unseren Kirchen und | Schulen begeben und wenden werden, kWie dann den Theologen und Kirchendienern obligen wil, das sie aus Gottes Wort auch die jenigen, so aus einfalt und unwissent irren, irer Seelen gefahr [B3r] gebürlich erinnern und dafür verwarnen, damit sich nicht ein blinder durch den andern verleiten lassek. Derwegen wir dann auch hiemit vor Gottes des Allmechtigen Angesicht und der gantzen Christenheit bezeugen, das unser gemüt und meinung gar nicht ist, durch diese Christliche vergleichung zu einiger beschwerung und verfolgung der armen bedrangten Christen ursach zugeben. Dann wie wir mit denselben aus Christlicher lieb ein besonders mitleiden tragen, Also haben wir an der verfolger wüten ein abscheu und hertzliches misfallen, wöllen uns auch dieses Bluts gantz und gar nicht teilhafftig machen, welches sonder zweiffel von der verfolger henden an dem grossen tag des Herrn vor dem ernsten und gestrengen Richterstuell Gottes wird gefordert, sie auch dafür eine schwere Rechenschafft geben werden müssen.m Und dieweil unser gemüt und meinung, wie oben gemeldet, allezeit dahin gerichtet gewesen, das in unsern Landen, Gebieten, Schulen und Kirchen kein andere Lehr, dann allein die, so in der heiligen Göttlichen Schrifft gegründet und der Augspurgischen Confession und Apologia in irem rechten h – h unserm lande V | i danach: und verdammet V | j worden V | k – k nicht in V , V , V , V , 4 3 5 3 4 5 6 V7 | l gerichtstuel V5 | m danach V3: s. QuM II, 563,35– 565,7 [Und nachdeme ... zubefinden haben] 81
Durch die Abgrenzung von der calvinistischen Abendmahlslehre und Christologie und deren Verwerfung in entsprechenden „condemnationes“ sahen sich tatsächlich die in England, den Niederlanden und Frankreich existierenden reformierten Kirchen bedroht. Sie reagierten nach der Publizierung des Konkordienbuchs 1580 mit Gegenschriften. Seit 1577 versuchte die
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coelestis sunt multo vero minus totas Ecclesias, quae vel sub Romano Imperio nationis Germanicae, vel alibi sunt, damnare. Quin potius mens atque animus noster fuerit, hac ratione fanaticas opiniones, et earundem pervicaces doctores et blasphemos duntaxat (quos in ditionibus, Ecclesiis et scholis nostris nequaquam tolerandos iudicamus) palam repraehendere et damnare: quod illi errores expresso Verbo Dei repugnent, et quidem ita, ut cum eo conciliari nequeant. Deinde etiam eam ob causam hoc suscepimus, ut pii omnes de his diligenter vitandis, monerentur. Nequaquam enim dubitamus, multos pios et minime malos homines, in iis etiam Ecclesiis, quae hactenus non per omnia nobiscum senserunt, reperiri, qui simplicitatem quandam suam sequantur, [B7r] et negotium quidem ipsum non probe intelligant, sed blasphemias, quae contra sacram Coenam (quemadmodum ea in Ecclesiis nostris secundum institutionem Christi dispensatur, et iuxta Verba testamenti ipsius magna bonorum omnium consen|sione docetur) evomuntur, nullo modo probant. Magna etiam in spe sumus, illos si recte de his omnibus doceantur, iuvante eosdem Domini Spiritu, immotae veritati Verbi Dei, nobiscum et cum Ecclesiis ac scholis nostris consensuros esse. Et profecto Theologis, omnibusque Ecclesiae ministris in primis hoc negotii incumbit, ut ex Verbo Dei etiam eos, qui ex quadam vel simplicitate, vel inscitia, a Veritate aberrarunt, de periculo salutis suae, ea qua decet moderatione doceant: et contra corruptelas muniant: ne forte, dum coeci coecorum sunt duces, universi periclitentur. [B7v] Quamobrem hoc nostro scripto, in conspectu omnipotentis Dei, et coram tota Ecclesia testamur, nobis propositum | nunquam fuisse, hac pia Conciliationis formula molestiam aut periculum creare piis, qui perscutionem hodie patiuntur. Quemadmodum enim Christiana charitate moti, in societatem doloris cum eis dudum venimus: ita a persecutione et gravissima tyrannide, quae in miseros illos maxima exercetur, abhorremus: eamque ex animo detestamur. Nullu etiam modo in profusionem innocentis illius sanguinis consentimus: qui haud dubie in tremendo illo Domini iudicio, ac coram tribunali Christi, a persecutoribus illis, magna severitate repetetur, et hi sane tum tyrannidis suae gravissimas rationes reddituri, ac poenas horrendas subituri sunt. [B8r] Nostrum equidem in his (ut supra meminimus) id semper propositum fuit: ut in terris, ditionibus, scholis et Ecclesiis nostris, non alia doctrina,
englische Königin Elisabeth I. zudem, ein gesamtprotestantisches, antikatholisches Bündnis zustande zu bringen, um einer Concordia zuvorzukommen, das die Evangelischen Westeuropas, Ungarns und Polens mit einem Anathema, d.h. mit Verwerfungen, zu belegen drohte. In diesem Zusammenhang veranstaltete der calvinistisch gesinnte Pfalzgraf Johann Casimir am 27./28. September 1577 einen internationalen Konvent in Frankfurt, auf dem Abgesandte des europäischen Calvinismus vertreten waren. Man beschloss, dem Konkordienwerk eine „Harmonia Confessionum“ entgegenzusetzen, die die Rechtgläubigkeit der existierenden calvinistischen Bekenntnisse erweisen und zugleich eine Gegenkonkordie darstellen sollte. Die „Harmonia Confessionum“ erschien jedoch erst 1581. Vgl. dazu Dingel, Concordia controversa, 110–129. 161–206. | 82 zumal, weil | 83 Mt 26,26–28; Mt 14,22–24; Lk 22,19f
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verstandt einverleibet, gefüret und getrieben und darbey nichts, so derselben zu entgegen, einreissen möchte, verstattet würde, dahin dann diese jetzige vergleichung auch gestelt, gemeint und ins Werck gerichtet. So wollen wir hiemitn abermals öffentlich vor oGott undo allermenniglichp bezeuget haben, das wir mit vielgedachter jetzigerq erklerung | der streitigen Artickel keine neue oder andere Confession, dann die, so einmal Kayser Karolo [B3v] dem V. Christlicher gedechtnüs rzu Augspurgr Anno 1530. ubergeben sworden ists, gemacht, sondern unsere Kirchen und Schulen tzu förderst auff die heilige Schrifft und Symbola, dann auch auff erstermeltet Augspurgische Confession gewiesen und hiemit ernstlich vermanet haben wollen, das besonders die Jugendt, so zum Kirchen dienst und heiligen Ministerio aufferzogen, in solcher mit treu und fleis unterrichtet werde, damit auch bey unsern Nachkomen die reine Lere und bekantnüsu des Glaubens bis auff die herrliche zukunfft unsers einigen Erlösers und Seligmachers Jhesu Christi durch hülff und beystand des heiligen Geistes erhalten und fortgepflantzt werden mögev.x Wann dann dem also und wir unsers Christlichen Bekantnüs und Glaubens aus Göttlicher, Prophetischer und Apostolischer schrifft gewiss und dessen durch die gnade des heiligen Geistes in unsern hertzen und Christlichen gewissen genugsam versichert sein und dann die höchste und eusserste notdurfft erfordert, das bey so vielen eingerissenen Irthumben, erregten ergernüssen, streit und langwirigen spaltungen eine Christliche erklerung und vergleichung aller eingefallener disputation geschehe, die in Gottes Wort wolgegründet, nach welcher die reine Lere von der verfelschten erkant und unterschieden werde und den unruigen, zanckgirigen leuten, wso an keine gewisse form der reinen Lehr gebunden sein wöllen,w nicht alles frey und offen stehe, ires gefallens ergerliche disputation zuerwecken und ungereumbte84 Irthumb einzufüren und zuverfechten, daraus nichts anders erfolgen kan, dann das entlich die rechte Lehr gar vertunckelt und verloren [B4r] und auff die nachkomende Welt anders nichts, dann ungewisse opiniones und zweiffelhafftige, disputierliche85 wahn und meinungen gebracht werden, Und dann wir aus Göttlichem bevehl unsers tragenden Ampts halben unserer eigenen und unserer zugehörigen Underthanen zeitlicher und ewiger wolfarth wegen uns schüldig erkennen, alles das zuthuen und fortzusetzen, was zu vermehrung und ausbreitung Gottes lob und ehren und zu | seines allein seligmachenden Worts fortpflantzung, zu ruhe und friede Christlicher Schulen und Kirchen, auch zu notwendigem trost und unterricht der armen verirreten gewissen dienstlich und nützlich sein mag; xund uns daneben unverborgen ist, das viel guthertzige Christliche Personen hohes und nidriges standes nach diesem heilsamen Werck der Christlichen Concordien sehnlich seufftzen und ein besonders verlangen tragenx. n
danach: uns V3 | o – o nicht in V3, V4, V5, V6 | p jedermeniglich V6 | q nicht in V6, dafür: jetzt vor vielgedachter | r – r nicht in V5 | s – s nicht in V3, V4, V5, V6, V7 | t – t auf die unvorenderte V3 u erkantnus V | v mogen V | w – w nicht in V , V | x – x nicht in V 6 5 2 5 2
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quam quae Verbo Dei fundata, et Augustana Confessione, tum Apologia (et ea quidem dextre in genuino suo sensu intelecta) continetur, sonaret, et accurate proponeretur: nec pugnantes cum his opiniones admitterentur: quo sane consilio haec pacificationis formula instituta et absoluta fuit. Quare denuo etiam coram deo, et omnibus mortalibus profitmur et testamur: nos declaratione articulorum con|troversorum, quorum iam aliquoties mentio facta est, non novam confessionem, aut ab ea (quae Imp. Carolo V. felicis recordationis Anno 1530. exhibita fuit) alienam afferre: sed Ecclesias et scholas nostras, in primis quidem ad fontes sacrarum literarum et Sym [B8v] bola tum ad Confessionem Augustanam, cuius ante meminimus, deducere voluisse. Hortamur etiam severissime, ut in primis iuventus, quae ad sacrum Ecclesiarum et scholarum ministerium educatur, in hoc fideliter et diligenter instituatur: ut ad posteritatem etiam nostram sincera doctrina professioque fidei, usque ad gloriosum illum adventum unici Redemptoris et Servatoris nostri Iesu Christi (largiente hoc sancto Spiritu) conservetur et propagetur. Cum ergo haec sic habeant, et nos de doctrina et confessione nostra, Propheticis et Apostolicis scriptis eruditi, certi simus, gratiaque sancti Spiritus mentes et conscientiae nostrae maiorem in modum confirmatae sint: Librum hunc Concordiae in lucem edendum putavimus. [C1r] Videbatur enim id apprime esse necessarium, ut inter tot nostris temporibus exortos errores, tum offendicula, certamina, et diuturnas distractiones illas, pia explicatio et conciliatio harum omnium controversiarium, e Verbo Dei extructa extaret: ut secundum rationes eius sincera doctrina a falsa internosceretur et secerneretur. Praeterea ea res ad hoc etiam confert, ut turbulentis contentiosisque hominibus, qui ad nullam formulam purioris doctrinae astringi se patiuntur, liberum non sit pro sua libidine controversias cum offendiculo coniunctas movere: et prodigiosas opiniones et proponere et propugnare. Ex his enim hoc tandem consequitur, ut purior doctrina obscuretur et amittatur: ad posteritatem autem, nihil quam opiniones et ἐποχαὶ Academicae transmittantur. [C1v] His accedit et illud, quod pro officii a Deo nobis iniuncti, ratione hoc nos subditis nostris debere intelligimus: ut | quae ad huius et secuturae vitae rationes pertinent, diligenter curemus: ac demus operam, ut quae ad amplificationem nominis ac gloriae Dei, et propagationem Verbi ipsius (ex quo solo salus speratur) ad pacem et tranquillitatem Ecclesiarum et scholarum, ad commonefactiones, et consolationem perturbatarum conscientiarum faciunt, summo studio, et quidem quantum fieri potest, procuremus. Praesertim cum nobis certo constaret, a multis bonis et cordatis hominibus summi et infimi ordinis, hoc salutare Christianae Concordiae opus, dudum seriis gemitibus, summoque desiderio fuisse expetitum et expectatum:
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ungereimte, haltlose | 85 diskutable, haltlose Vorstellungen
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Dieweil dann auch anfangs dieser unserery Christlichen vergleichung unser gemüt und meinung niemalsz gewesen, awie auch noch nicht istba, dieses heilsame und hochnötige Con|cordien werck im finstern vor jederman heimlich und verborgen zuhalten, oder das Liecht der Göttlichen warheit unter den Scheffel und Tisch86 zu setzenc, deSo haben wir die Edition und Publicierung desselben nicht lenger einstellen noch auffhalten sollen und zweiffeln gar nicht, es werden alle frome hertzen, so rechtschaffene liebe zu fGöttlicher warheit und Christlicherf Gottgefelliger einigkeit tragen, inen dieses heilsame hochnötige und Christliche werck neben uns Christlich gefallen und an inen disfals zu beförderung der ehre Gottes und der gemeinen ewigen und zeitlichen wolfart keinen mangel sein lassen. [B4v] Dann wir abermalseg schließlich und endlich zu widerholenh, durch dieses Concordien werck nichts neues zumachen, noch von der einmal von unsern Gottseligen Vorfahren und uns erkanten und bekanten Göttlichen warheit, wie die in Prophetischer und Apostolischer schrifft gegründet und in den dreyen Symbolis, auch der Augspurgischen Confession Anno 1530. Kayser Carolo dem V. hochmilder gedechtnüs ubergeben, der darauff ervolgten Apologia, in den Schmalkaldischen Artickeln und dem grossen und kleinen Catechismo des hocherleuchten Mannes D.i Luthers ferner begriffen ist, gar nicht, jweder in Rebus noch Phrasibusj, abzuweichen, sondern viel mehr durch die gnade des heiligen Geistes einmütiglichk dabey zuverharren und zubleiben, lauch alle Religions streit und deren erklerungen darnach zu regulirenl gesinnet und danebend mit unsern mitgliedern, den Churfürstenm und Stenden im heiligen Römischen Reich, auch andern Christlichen Potentaten nach inhalt des heiligen Reichs ordnungenn und sonderer voreinigungen, die wir mit inen haben, in gutem frieden und einigkeit zuleben und einem jeden nach seines standes gebühr alle liebe, dienst und freundtschafft zuerzeigen entschlossen und gemeinto sein. y
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So wollen wir uns auch weiterq freundlichen vergleichen, welcher gestalt in unsern Landen durch fleissige Visitation der Kirchen und Schulen, auffsehung auff die Druckereyen und andere heilsame mittel rnach unser selbst und jedes orts gelegenheitr uber diesem Concordien werck ernstlich zu halten, Und wo sich die jetzige oder neue streit bey unser Christlichen Religion wider regen wolten, wie dieselbigen one gefehrliche | weitleuff[B5r]tigkeit zu
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y – y So ist von anfangs dieser unserer V ; So ist dem allem nach anfangs dieser V ; So ist gleich 2 3 woll anfangs dieser V5 | z nie V3, V4, V6; nicht V5 | a – a nicht in V3 | b nicht in V2, V5 | c danach V3: s. QuM II, 566,11–29 [inmaßen etzliche... gemacht werde] | d – d V2: s. QuM II, 556,8–557,10 [sondern viel ... auch sonsten] | e – e Und V5 | f – f nicht in V4 | g danach: und V4 | h danach: suechen wir V5 | i nicht in V3, V4, V5 | j – j nicht in V3 | k danach: und bestendiglich V3, V4, V5, V6 l – l nicht in V | m danach: fursten V | n ordnung V , V | o wohlgemeint V | p – p nicht in V 3 5 4 5 2 2 q danach: sambtlich, einhelligelich und V | r – r nicht in V 5 3
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Ac ne nos quidem ab initio suscepti negotii pacificationis huius, in ea sententia fuerimus, neque etiam num simus, hoc [C2r] tam salutare, et apprime necessarium opus Concordiae, ab hominum oculis removendum, et penitus occultandum: ac lucem illam coelestis veritatis subter modium aut mensam ponendam esse: Quapropter editionem eius diutius extrahere neutiquam debuimus. Neque dubitamus, pios omnes, qui et veritatis coelestis et Concordiae Deo gratae sunt amentes, una nobiscum hoc salutare, utile, pium et pernecessarium institutum probaturos: et non commissuros esse, ut ad amplificationem gloriae Dei et utilitatem publicam, quae et in aeternis et temporalibus cernitur, in ipsis aliquid vel ad summum conatum desiderari possit. Nos certe (ut ad extremum id repetamus, cuius aliquoties supra memini|mus) hoc Concordiae negotio nequaquam nova comminisci, aut a veritate doctrinae coelestis, quam maiores no[C2v]stri, pietatis nomine celeberrimi, sicut et nos, agnoverunt et professi sunt, ullo modo discedere voluimus. Eam autem doctrinam intelligimus, quae ex Propheticis et Apostolicis scriptis extructa, in tribus veteribus Symbolis, Augustana Confessione, anno 1530. Imp. Carolo V. excellentis memoriae exhibita. Deinde Apologia, quae huic coniuncta fuit, Smalcaldicis Articulis, utroque denique Catechismos excellentis viri D. Lutheri comprehensa est. Quare etiam nos ne latum quidem unguem vel a rebus ipsis vel a phrasibus, quae in illa habentur, discedere, sed iuvante nos Domini Spiritu, summa Concordia constanter in pio hoc consensu perseveraturos esse, decrevimus: controversias omnes ad hanc veram normam et declarationem purioris doctrinae, examinaturi. [C3r] Deinde etiam apud animum nostrum constituimus, velle nos cum reliquis Electoribus, Principibus et Ordinibus Sacri Rom. Imperii, et aliis Christianae Reipubicae Regibus, Principibus et Magnatibus, secundum Sacri Imp. Constitutiones et pacta conventa (quae nobis cum illis sunt) pacem et concordiam colere, et singulis pro dignitatis et ordinis ratione, omnia nostra officia cum benevolentia coniuncta et deferre et exhibere. Praeterea communicatis consiliis, in hoc etiam sedulo incumbemus, ut in ditionibus nostris per diligentes Ecclesiarum et scholarum Visitationes, et inspectiones officinarum typographicarum, et alias denique salutares rationes, observatis occasionibus et circumstantiis, quae ex nostro et aliorum usu sint, hoc Concordiae opus magna severitate et summo studio defendamus. | [C3v] Dabimus etiam operam, si vel renascantur controversiae iam sopitae, vel novae in religionis negotio oriantur, ut eae absque longioribus et
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Vgl. Mt 5,15; Mk 4,21; Lk 11,33.
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verhüttung allerley ergernüs, zeitlichen mögen beygelegt und verglichen werden.s Zu urkunt haben wir uns mit einmütigem hertzen unterschrieben und unser Secret87 auffdrucken lassen.pt Ludwig, Pfaltzgraff bey Rein, Churfürst.88 Augustus, Hertzog zu Sachsen, Churfürst.89 Johans George, Marggraff zu Brandenburg, Churfürst.90 Joachim Friedrich, Marggraff zu Brandenburg Administrator des Ertzstiffts Magdeburg.91 Johan, Bischoff zu Meissen.92 Eberhart, Bischoff zu Lübeck Administrator des Stiffts Verden.93
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Philips Ludwig, Pfaltzgraffe.94 Hertzog Friedrich Wilhelms und Hertzog Johansens zu Sachsen Vormünd.95 Hertzog Johan Casimirs und Hertzog Johan Ernstens zu Sachsen Vormünde.96 Georg Friederich, Marggraffe zu Brandenburg.97 Julius, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.98 Otto, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.99 [B5v] Heinrich der Jünger, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.100 Wilhelm der Jünger, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.101 Wolff, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.102 Ulrich, Hertzog zu Meckelnburg.103 Hertzog Johansens und Hertzog Sigismundens Augustens zu Meckelnburg Vormünde.104 Ludwig, Hertzog zu Wirtemberg.105 Marggraff Ernsts und Marggraff Jacobs zu Baden Vormund.106 Georg Ernst, Grave und Herr zu Hennenberg.107 s danach V : s. QuM II, 567,18–24 [Und weil ... buchs folget] 3 596,25–597,13 [Ob nun ... Chemnicius d.]
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danach V6: s. QuM II,
87 Geheimsiegel | 88 Ludwig VI. (1539–1583), Pfalzgraf bei Rhein, Kf. (1576–1583) | 89 August (1526–1586), Herzog von Sachsen, Kf. (1553–1586) | 90 Johann Georg (1525–1598), Markgraf von Brandenburg, Kf. (1571–1598) | 91 Joachim Friedrich (1546–1608), Markgraf von Brandenburg, Administrator des Erzstiftes Brandenburg (1566–1598), Kf. (1598–1608) | 92 Johann IX. von Haugwitz (1524–1595), Bf. von Meissen (1555–1581) | 93 Eberhard von Holle (1522–1586), Bf. von Lübeck (1561–1586), Administrator des Erzstiftes Verden (1566–1586) | 94 Philipp Ludwig (1547–1614), Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg (1569–1614) | 95 Friedrich Wilhelm I. (1562–1602), Hz. von Sachsen-Weimar (1573/1586–1602), Johann I. (1570–1605), Hz. von Sachsen-Weimar (1602–1605), Vormund: August von Sachsen (vgl. o. Anm. 89) | 96 Johann Casimir (1564–1633), Hz. von Sachsen-Coburg (1572/1586–1633), Johann Ernst (1566–1638), Hz. von Sachsen-Coburg (1572/1586–1596), Hz. von Sachsen-Eisenach (1596–1638), Vormünder: Johann Georg von Brandenburg (vgl. o. Anm. 90), Ludwig VI. von der Pfalz (vgl. o. Anm. 88) und August von Sachsen (vgl. o. Anm. 89) | 97 Georg Friedrich I. (1539–1603), Markgraf von BrandenburgAnsbach-Kulmbach (1543/56/57–1603), Administrator des Herzogtums Preußen (1577–1603)
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periculosis ambagibus ad praecavenda offendicula, in tempore e medio tollantur et componantur. In cuius rei evidens testimonium, nomina nostra magno consensu subscripsimus: et sigilla etiam adiunximus. 5
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Ludovicus Palatinus Rheni, Elector. Augustus Dux Saxoniae, Elector. Johannes Georgius Marchio Brandeburgensis, Elector. Joachimus Fridericus Marchio Brandeburgensis, Administrator Archiepiscopatus Magdeburgensis. Joannes Episcopus Minensis. [C4r] Eberhardus Episcopus Lubecensis, Administrator Episcopatus Verdensis. Philippus Ludovicus Palatinus Rheni. Friderici Vilhelmi et Johannis, Ducum Saxoniae Tutor. Johannis Casimir et Johannis Ernesti, Ducum Saxoniae Tutores.
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Georgius Fridericus Marchio Brandeburgensis. Julius Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. Ottho Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. Henricus iunior Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. Vilhelmus iunior Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. Wolfgangus Dux Brunsvicensis et Luneburgensis. [C4v] Ulricus Dux Megalopurgensis. Johannis et Sigismundi Augusti Ducum Megalopurgensium Curatores. Ludovicus Dux Wirtembergensis. Ernesti et Jacobi Marchionum Badensium Curatores. Georgius Ernestus Comes et Dominus Hennebergensis.
98 Julius (1528–1589), Hz. von Braunschweig-Wolfenbüttel und Lüneburg (1568–1589) | 99 Otto II. (1528–1603), Hz. von Braunschweig und Lüneburg-Harburg (1549–1603) | 100 Heinrich II. (1533–1598), Hz. von Braunschweig-Lüneburg (1559–1569), Graf von Braunschweig-Danneberg (1569–1598) | 101 Wilhelm d. J. (1535–1592), Hz. von Braunschweig-Lüneburg (1559–1592) 102 Wolfgang (1531–1595), Hz. von Braunschweig-Grubenhagen und Lüneburg (1567–1595) 103 Ulrich III. (1527–1603), Hz. von Mecklenburg-Güstrow (1555–1603) | 104 Johann VII. (1558–1592), Hz. von Mecklenburg (1576–1592), Sigismund August (1560–1600), Hz. von Mecklenburg (1576/92–1600), Vormund: Ulrich von Mecklenburg-Güstrow (vgl. o. Anm. 103) 105 Ludwig III. (1554–1593), Hz. von Württemberg (1568–1593) 106 Ernst Friedrich | (1560–1604), Markgraf von Baden-Durlach (1577/1584–1604), Jakob III. (1562–1590), Markgraf von Baden-Harchberg (1577/1584–1590), Vormund: Anna von Pfalz-Veldenz (Mutter; 1540–1586), eingebunden in die Vormundschaft: Ludwig VI. von der Pfalz (vgl. o. Anm. 88) und Ludwig von Württemberg (vgl. o. Anm. 105) | 107 Georg Ernst (1511–1583), Graf von HennebergSchleusingen (1559–1583)
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Friederich, Graff zu Wirtemberg und Mümpelgart.108 Hans Günther, Graff zu Schwartzburg.109 Wilhelm, Grave zu Schwartzburg.110 Albrecht, Graffe zu Schwartzburg.111 Emich, Grave zu Leiningen.112 Philips, Grave zu Hanau.113 Gottfried, Grave zu Oettingen.114 George, Graff und Herr zu Castel.115 Heinrich, Graff und Herr zu Castel.116 Hans Hoier, Grave zu Mansfeld.117 Bruno, Graffe zu Mansfeld.118 Hoier Christoff, Grave zu Mansfeld.119 [B6r] Peter Ernst der Jünger, Grave zu Mansfeld.120 Christoff, Graffe zu Mansfeld.121 Otto, Grave zur Hoya und Burgkhausen.122 Johannes, Grave zu Oldenburg und Delmenhorst.123 Albrecht Georg, Grave zu Stolberg.124 Wolff Ernst, Grave zu Stolberg.125 Ludwig, Grave zu Gleichen.126 Carl, Grave zu gleichen.127 Ernst, Grave zu Reinstein.128 Boto, Grave zu Reinstein.129 Ludwig, Grave zu Lewenstein.130
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Heinrich, Herr zu Limpurg Semper frey.131 Georg, Herr von Schönburg.132 Wolff, Herr von Schönburg.133 Anarck Friedrich, Herr zu Wildenfels.134
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Bürgermeister und Rath der Stad Lübeck. Bürgermeister und Rath der Stadt Landau.135 Bürgermeister und Rath der Stad Münster in S. Georgen thal.136
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Friedrich I. (1557–1608), Herzog von Württemberg (1593–1608), Graf von Mömpelgart (heute Montbéliard) (1558–1608) | 109 Johann Günther I. (1532–1586), Graf von Schwarzburg (1552–1583), von Schwarzburg-Arnstadt/Sondershausen (1583–1586) | 110 Wilhelm I. (V.) (1534–1597), Graf von Schwarzburg (1552–1583), Graf von Schwarzburg-Frankenhausen (1583–1597) | 111 Albrecht VII. (1537–1605), Graf von Schwarzburg (1562–1583), Graf von Schwarzburg-Rudolstadt (1583–1605). Die drei Grafen von Schwarzburg waren Brüder. Nach dem Tod ihres kaisertreuen Bruders Graf Günther XLI. (1532–1583) teilten sie die Schwarzburger Lande unter sich auf. | 112 Emich X. (1540–1593), Graf von Leiningen-Hardenburg (1562–1593) 113 Philipp IV. (1514–1590), Graf von Hanau-Lichtenberg (1538–1590) 114 Gottfried | (1554–1622), Graf von Öttingen-Öttingen (1569–1622) | 115 Georg II. (1527–1597), Graf von Castell-Rüdenhausen (1546–1597) | 116 Heinrich IV. (1525–1595), Graf von Castell-Remlingen (1546–1595) | 117 Johann Hoyer II. (1525–1585), Graf von Mansfeld-Artern (1531–1585) 118 Bruno I. (1545–1615), Graf von Mansfeld-Bornstedt (1563–1615) | 119 Hoyer Christoph I.
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Fridericus Comes Wirtembergensis et Mumpelgartensis. Johannes Guntherus Comes Schwarcenburgensis. Vilhelmus Comes Schwarcenburgensis. Albertus Comes Schwarcenburgensis. Emich Comes Leimingensis. Philippus Comes Hanauensis. Gottfridus Comes Oetingensis. Georgius Comes ac Dominus in Castel. [C5r] Henricus Comes ac Dominus in Castel. Otto Comes Hoiensis et Bruchhusenis. Johannes Comes Oldenburgensis et Delmenhorstensis. Johannes Hoierus Comes Mansveldensis. Bruno Comes Mansveldensis. Hoierus Christophorus Comes Mansveldensis. Petrus Ernestus iunior Comes Mansveldensis. Christophorus Comes Mansveldensis. Albertus Georgius Comes Stolbergensis. Wolfgangus Ernestus Comes Stolbergensis. Ludovicus Comes Glichensis. Carolus Comes Glichensis. Ernestus Comes Reinsteinensis. Boto Comes Reinsteinensis. Ludovicus Comes Leonsteinensis.
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Henricus Baro Limpurgensis Semperfrei. Georgius Baro Schonburgensis. [C5v] Wolfgangus Baro Schonburgensis. Anarc Fridericus Baro Wildenfeldensis.
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Consul. et Senatus Lubecensis. Consul. et Senatus Luneburgensis. Consul. et Senatus Hamburgensis (1554–1587), Graf von Mansfeld-Eisleben (1579–1587) | 120 Peter Ernst (1558–1586), Graf von Mansfeld-Eisleben, Domherr zu Straßburg (1573–1585) | 121 Christoph II. (1520–1591), Graf von Mansfeld (1558–1591) | 122 Otto VIII. (1530–1582), Graf von Hoya-Nienburg (1563–1582) 123 Johann XVI. (VII.) (1540–1603), Graf von Oldenburg (1573–1603) | 124 Albrecht Georg (1516–1587), Graf von Stolberg (1552–1587) | 125 Wolf Ernst (1546–1606), Graf von Stolberg (1570–1606) | 126 Ludwig III. (vor 1517–1586), Graf von Gleichen-Blankenhain (1522–1586) 127 Karl III. (1517–1599), Graf von Gleichen-Blankenhain (1522–1599) | 128 Ernst I. (1528–1581), Graf von Regenstein (1551–1581) | 129 Bodo II. (1531–1594), Graf von Regenstein (1551–1594) 130 Ludwig III. (1530–1611), Graf von Löwenstein (1541–1611) | 131 Heinrich I. Schenk (1534–1585), Herr von Limburg-Schmiedelfeld (1552–1585) | 132 Georg I. (1529–1585), Herr von Schönburg-Waldenburg (1534/1550–1585) | 133 Wolf II. (1532–1581), Herr von SchönburgPenig-Remissa (1534/1550–1581) | 134 Anarg Friedrich (1555–1602), Herr von Wildenfels (1575–1602) | 135 Hans Hitschler | 136 Friedrich Zeringer (Munster [Haut-Rhin/Elsass])
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Die Konkordienformel
Der Rath der Stad Goßlar. Bürgermeister und Rath der Stadt Ulm.137 Bürgermeister und Rath der Stad Eßlingen.138 Der Rath der Stad Reütlingen. Bürgermeister und Rath der Stadt Nördlingen.139 Bürgermeister und Rath zu Rotenburg auff der Tauber.140 [B6v] Stedtmeister und Rath der Stad Schwäbischen Hall. Bürgermeister und Rath der Stadt Heilbron.141 Bürgermeister und Rath der Stadt Memmingen.142 Bürgermeister und Rath der Stad Lindau.143 Bürgermeister und Rath der Stadt Schweinfurt.144 Der Rath der Stad Donawerda. Cammerer und Rath der Stad Regenspurg.145 Bürgermeister und Rath der Stadt Wimpffen.146 Bürgermeister und Rath der Stadt Giengen.147 Bürgermeister und Rath zu Bopfingen. Bürgermeister und Rath der Stad Alen.148 Bürgermeister und Rath der Stadt Kauffbeuern.149 Bürgermeister und Rath der Stadt Ißna.150 Bürgermeister und Rath der Stadt Kempten.151 Der Rath der Stadt Hamburg. Der Rath der Stadt Göttingen. Der Rath der Stadt Braunschweig. Bürgermeister und Radt der Stadt Lünenburg. Bürgermeister und Rath der Stadt Leutkirch.152 Die gantze Regierung der Stadt Hildesheim. Bürgermeister und Rath der Stadt Hameln. Bürgermeister und Rathmanne der Stadt Hannover. Der Rath zu Mühlhausen. Der Rath zu Erffurt. Der Rath der Stadt Eimbeck. Der Rath der Stadt Northeim.
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Hans Ehinger von und zu Baltzheim (1515–1583) | 138 Matthis Herwart (1510–1584) Peter Seng d.Ä. (Bürgermeister seit ca. 1566–1995) | 140 Johann Christoph Adler | 141 Johann 142 Melchior Stebenhaber zu Hezlinshofen Spölin (Bürgermeister seit ca. 1575–1995) | (1536–1585) | 143 Michael Buchschar | 144 Adam Alberti (Syndicus) (†1583) | 145 Stephan Fugger (Kämmerer) (ca. 1520–1602) | 146 Hans Aff | 147 Jörg Vetter (ca. 1530–1617) | 148 Kaspar Voss 149 Ludwig Bonrieder (†1611) | 150 Crispinus Riedlein | 151 Paulus Röhr | 152 Georg Bock 139
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Senatus Brunsvicensis. Consul. et Senatus Landauiensis. Consul. et Senatus civitatis Monasteriensis in Valle Gregoriana. Senatus Goslariensis Consul. et Senatus Ulmensis. Consul. et Senatus Eslingensis. Senatus Reutlingensis. Consul. et Senatus Nordlingensis. Consul. et Senatus Rotenburgensis ad Tuberam. Consul. et Senatus Halae Suevorum. Consul. et Senatus Heinbronensis. Consul. et Senatus Memmingensis. Consul. et Senatus Lindauiensis. [C6r] Consul. et Senatus Schweinfurtensis. Senatus Donauverdensis. Cammerarii et Senatus Ratisponensis. Consul. et Senatus Wimpffensis. Consul. et Senatus Giengensis. Consul. et Senatus Bopfingensis. Consul. et Senatus Alensis. Consul. et Senatus Kauffbeurensis. Consul. et Senatus Isnensis. Consul. et Senatus Campidonensis. Senatus Göttingensis. Consul. et Senatus Leutkirchensis. Senatus Hildesheimensis. Consul. et Senatus Hamelensis. Consul. et Senatus Hannoverensis. Senatus Mulhusinus. Senatus Erfurdensis. Senatus Eimbecensis. Senatus Northeimensis.
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Die Konkordienformel – Epitome
Summarischer Begriff der Streitigen Artickel zwischen den Theologen Augspurgischer Confession in nachvolgender widerholung nach anleitung Gottes worts Christlich erkleret und verglichen. Mit Churf. G. zu Sachsen befreihung. Dreszden. 1579a
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[229r] Von bdem Summarischen Begriffb Regel und Richtschnur, nach welcher alle Leer geurtheilet und die eingefallene Irrungen Christlich entscheiden und erkleret werden sollen 1.
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2.
3.
Wir gleuben, leren und bekennen, Das die einige Regel und Richtschnur, nach welcher zugleich alle Leren und Lerer gerichtet und geurteilet werden sollen, seind allein die Prophetischen und Apostolischen Schrifften, altes und neues Testaments, wie geschrieben stehet: c„Dein Wort ist meines fusses Leuchte und ein Liecht auff meinem wege“,1 Psal. 119. Und S. Paulus:c „Wenn ein Engel vom Himel keme und predigte anders der sol verflucht sein“,2 Galat. 1. Andere schrifften aber der alten oder neuen Lerer, wie sie namen haben, sollen | der heiligen Schrifft nicht gleich gehalten, sondern alle zumal mit einander derselben unterworffen und anders oder weiter nicht angenommen werden, dann als zeugen, welcher gestalt nach der Apostel zeit und an welchen örten solche Lere der Propheten und Apostel erhalten worden. Und nach dem gleich nach der Apostel zeit auch noch bey irem leben falsche Lerer und Ketzer eingerissen und wider dieselbige in der ersten Kirchen Symbola, das ist, kurtze runde Bekentnissen, gestellet, welche vor den einhelligend, allgemeinen, Christlichen glauben und bekentnus der rechtgleubigen und warhafftigen Kirchen gehalten, als nemlich das Symbolum Apostolicum,3 Symbolum Nicaenum,4 und Symbolum Athanasii,5 Bekennen wir uns zu denselben und verwerffen hiermit alle Ketzereien und Leere, so denselben zuwider in die Kirche Gottes eingefürt worden sind. So viel aber die trennung in glaubens sachen belanget zu unsern zeiten eingefallen, halten wir vor den einhelligen Consens und erklerung unsers Christlichen glaubens und bekentnis besonders wider des Bapsthumbs und dessen falschen Gottesdienst, Abgötterey, eAberglauben und andere Sectene als dieser zeit unserm Symbolo, die erste [229v] ungeenderte Augspurgische Confeßion,6 Keiser Carolo V. zu Augspurg Anno 30. etc. in der grossen Reichs versamlung ubergeben, sampt derselben Apologi7 und Artickeln, zu Schmal-
a – a Kurtzer summarischer Außtzugk der Artickel so zwischen den Theologen Augspurgischer Confession viel Jhar streittig zu Torgau durch die daselbst vorsammelte und underschriebene Theologen im Monat Junio Anno Funftzehenhundert Sechs und Siebentzigk Christlich vorglichen worden EpTB | b – b der EpTB | c – c nicht in EpTB | d danach: Consensum und EpTB | e – e und Aberglauben EpTB
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[553] Epitome Articulorum, de quibus controversiae ortae sunt inter Theologos Augustanae Confessionis. Qui in repetitione sequenti secundum verbi Dei praescriptum pie declarati sunt et conciliati
[555] De compendiaria regula atque norma, ad quam omnia dogmata exigenda et quae inciderunt certamina pie declaranda et componenda sunt
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Credimus, confitemur et docemus unicam regulam et normam, secundum quam omnia dogmata omnesque doctores aestimari et iudicari oporteat, nullam omnino aliam esse quam Prophetica et Apostolica scripta cum Veteris, tum Novi Testamenti, sicut scriptum est: Lucerna pedibus meis verbum tuum et lumen semitis meis. Et Divus Paulus inquit: Etiamsi Angelus de coelo aliud praedicet Evangelium, anathema sit. Reliqua vero sive Patrum sive Neotericorum scripta, quocunque veniant nomine sacris literis nequaquam sunt aequiparanda, sed universa illis ita subiicienda sunt, ut alia ratione non recipiantur, nisi testium loco: qui doceant, quod etiam post Apostolorum tempora et in quibus partibus orbis doctrina illa Prophetarum et Apostolorum sincerior conservata sit. Et quia statim post Apostolorum tempora, imo etiam cum adhuc superstites essent, falsi doctores et haeretici exorti sunt, contra quos in primitiva Ecclesia Symbola sunt composita, id est, breves et categoricae confessiones, quae unanimem Catholicae Christianae fidei Consensum et Confessionem Orthodoxorum et verae Ecclesiae complectebantur (ut sunt Symbolum Apostolicum, Nicenum et Athanasianum): profitemur publice nos illa amplecti et reiicimus omnes haereses omniaque dogmata, quae contra illorum sententiam unquam in Ecclesiam Dei sunt invecta. [556] Quod vero ad schismata in negotiis fidei attinet, quae in nostra tempora inciderunt, iudicamus unanimem consensum et declarationem Christianae nostrae fidei et Confessionis, inprimis contra Papatum et huius falsos ac idolatricos cultus et superstitiones et alias sectas, esse nostri temporis Symbolum, Augustanam illam primam et non mutatam Confessionem, quae Imperatori Carolo V. Augustae Anno 30. in magnis imperii Comitiis exhibita est,
1
Ps 119 (Vg 118),105 | 2 Gal 1,8 | 3 Vgl. Apostolisches Glaubensbekenntnis, o. S. 42f. | 4 Vgl. Nizänisches Glaubensbekenntnis, o. S. 49f. | 5 Vgl. Athanasianisches Glaubensbekenntnis, o. S. 57–60. | 6 Vgl. Confessio Augustana, o. S. 84–225. | 7 Vgl. Apologie der Confessio Augustana, o. S. 236–709.
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I.
Psal. 119 Galat. 1.
II.
III.
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kalden8 Anno 37.f gestellet, und von den vornemsten Theologen domals unterschrieben worden. Und weil solche sachen auch den gemeinen Leyen und derselben Seelen seligkeit betreffen,g Bekennen wir uns auch zu dem kleinen und grossen Catechismo Doctor Luthers9, hwie solche beide Catechismi in den Tomis Lutheri verfasset10,h als zu der Leyen Bibel, darin alles begriffen, was in heiliger Schrifft weitleufftig gehandelt und einem Christen Menscheni zu seiner seligkeit zu wissen von nöten ist. Nach dieser anleitung, jwie oben vermeldet,j sollen alle lerenk angestellet und was derselben zuwider als unsers glaubens einhelliger erklerung entgegen verworffen und verdammet werden. Solcher gestalt wird der unterschied zwischen der heiligen Schrifft, altes und neuen Testaments, und allen andern Schrifftenl erhalten und bleibt allein die heilige Schrifft der einige Richter, Regel und Richtschnur, nach welcher als dem einigen Probirstein11 sollen und müssen alle Leren erkant und geurteilet werden, ob sie gut oder bös, recht oder unrecht sein. Die andere Symbola aber und angezogene Schrifften sind nicht Richter wie die heilige Schrifft, sondern allein zeugnis und erklerung des glaubens, wie jederzeit die heilige Schrifft in streitigen Artickeln in der Kirchen Gottes von den damals lebenden verstanden und ausgeleget undm derselben widerwertige Leer verworffen und verdammet worden.
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[230r] I. Von der Erbsünde Status Controversiae Die Hauptfrage in dieser Zwispalt Ob die Erbsünde sey eigentlich und one allen unterschied des Menschen verderbte natur, substantz und wesen, oder ja das fürnemste und beste teil seines wesens als die vernünfftige Seele selbst in irem höchsten grad und krefften? Oder ob zwischen desn Menschen substantz, natur, wesen, Leib, Seele oauch nach dem Fall und dero Erbsünde ein unterschied sey, also das ein
f danach: und hernach im 1540. Jhar EpTB | g danach: welche weder die heilige schrifft noch obertzelte Symbola lesen khönnen EpTB | h – h nicht in EpTB | i nicht in EpTB | j – j nicht in EpTB k danach: und erclerunge der heiligen schrifft EpTB | l danach: und außlegungen EpTB | m von EpTB | n danach: nach dem fall unserer ersten Ellttern vorterbten EpTB | o – o oder EpTB 8 Vgl. Schmalkaldische Artikel, o. S. 718–785. Dazu gehört der nicht ausdrücklich genannte Tractatus de primatu et potestate papae (vgl. o. S. 796–837), der damals als Anhang zu den Schmalkaldischen Artikel gerechnet wurde. | 9 Vgl. o. S. 852–899. 912–1157. | 10 Die Epitome verweist auf den Abdruck der Katechismen in den zeitgenössischen Ausgaben der Werke Martin Luthers, d. h. vornehmlich der Jenaer, aber auch der Wittenberger Gesamtausgabe. | 11 Nach
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similiter et Apologiam et Articulos Smalcaldicos Anno 37. conscriptos et praecipuorum Theologorum illius temporis subscriptione comprobatos. Et quia haec Religionis causa etiam ad Laicos, quos vocant, spectat eorumque perpetua salus agitur, profitemur publice, nos etiam amplecti Minorem et Maiorem D. Lutheri Cathechismos, ut ii Tomis Lutheri sunt inserti, quod eos quasi Laicorum Biblia esse censeamus, in quibus omnia illa breviter comprehenduntur, quae in sacra scriptura fusius tractantur et quorum cognitio homini Christiano ad aeternam salutem est necessaria. Ad has rationes paulo ante monstratas omnis doctrina in Religionis negotio conformanda est et, si quid iis contrarium esse deprehenditur, id reiiciendum atque damnandum est, quippe quod cum unanimi fidei nostrae declaratione pugnet. Hoc modo luculentum discrimen inter sacras veteris et novi Testamenti literas et omnia aliorum scripta retinetur et sola sacra scriptura Iudex, norma et regula agnoscitur, ad quam ceu ad Lydium lapidem omnia dogmata exigenda sunt et iudicanda, an pia, an impia, an vera, an vero falsa sint. Caetera autem Symbola et alia scripta, quorum paulo ante mentionem fecimus, non obtinent autoritatem Iudicis; haec enim dignitas solis sacris literis debetur: sed duntaxat pro Religione nostra testimonium dicunt eamque explicant ac ostendunt, quomodo singulis temporibus sacrae literae in articulis controversis in Ecclesia Dei a doctoribus, [557] qui tum vixerunt, intellectae et explicatae fuerintet quibus rationibus dogmata cum sacra scriptura pugnantia reiecta et condemnata sint.
I. De peccato originis Status controversiae 25
An peccatum Originale sit proprie et absque omni discrimine ipsa hominis corrupti natura, substantia et essentia aut certe principalis et praestantissima pars ipsius substantiae, utpote ipsa rationalis anima in summo suo gradu et in summis ipsius viribus considerata. An vero inter hominis Substantiam, naturam, essentiam, corpus et animam, etiam post lapsum humani generis, et
Plinius diente ein „Probierstein“ dazu, die Zusammensetzung und Reinheit von Edelmetallen zu überprüfen; vgl. Plinius, Hist. nat. 33, 126. Hier im Sinne von „Maßstab“.
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Die Konkordienformel – Epitome
anders diep natur und ein anders die Erbsünde sey, welche in der verderbten natur steckt und die naturq verderbet?12
Affirmativa Reine leer, glaub und bekentnis vermöge vorgesetzter Richtschnur und summarischer erklerung 1.
BSLK 771 | 2.
Deut. 32 Isai. 45.54.64 Actor. 17 Iob 10 Psal. 100.139 Eccles. 12
Wir gleuben, leren und bekennen, das ein unterschied sey zwischen der Natur des Menschen, nicht allein wie er anfangs von Gott rein und heilig one sünde erschaffen, sondern auch wie wir sie itzunder rnach dem fallr haben, nemlich zwischen ders natur, tso auch nach dem fall noch ein Creatur Gottes ist und bleibet,t und der Erbsünde, und das solcher unterschied so gros als der unterschied zwischen Gottes und des Teuffels werck sey. [230v] Wir gleuben, leren und bekennen auch, das uber solchem unterschied mit höchstem fleis zuhalten, uweil diese Lere, das zwischen unser verderbten menschen natur und der Erbsünde kein unterscheid sein solte, wider die Hauptartickel unsers Christlichen glaubens von der Erschaffung, Erlösung, Heiligung und Aufferstehung unsers fleisches streitet und neben denselben nicht bestehen kan.u Dann nicht allein Adams und Eva Leib und Seel vor dem fall, sondern auch unser Leib und Seel nach dem fall, unangesehen das sie verderbet, Gott geschaffen, welche auch Gott noch vorv sein werck erkennet, wwie geschrieben stehet,w Iob 10: „Deine hende haben mich gearbeitet und gemacht alles was ich umb und umb bin.“13 Es hat auch der Son Gottes in einigkeit seiner Person solche xmenschliche naturx, doch one sünde, und also nicht ein frembd, sondern unser fleisch an sich genommen und nach demselben unser warhafftiger Bruder worden. yHeb. 2: „Nach dem die kinder fleisch und blut haben, ist ers gleicher mas teilhafftig worden.“14 Item: „Er nimpt nirgend die Engel an sich, sondern den samen Abraham nimmet er an sich, daher muss er aller dings seinen Brüdern“, ausgenommen die sünde, „gleich werden“.15 Also hat es16 auch Christusy erlöset als sein werck, heiliget esz als sein werck, erwecket es von den todten p
danach: vorterbte EpTB | q selbe EpTB | r – r nicht in EpTB | s danach: vorterbten EpTB nicht in EpTB | u – u und umb zeittlichs friedens willen nichts zubegeben, noch nachzusehen, Dann do solcher underscheidt gentzlich aufgehoben, die Artikhel unsers Christlichen glaubens von der erschaffung, erlösung, heiligung und des fleisches auferstehung vorkheret und vorleugnett worden EpTB | v nicht in EpTB | w – w nicht in EpTB | x – x angenommen EpTB | y – y Psal. 22, Joh. 20, hat sie EpTB | z sie EpTB t–t
12
Der Streit um die Erbsünde ging aus dem Synergistischen Streit hervor, der diskutiert hatte, wie weit der Menschen fähig sei, sich aufgrund freier Entscheidung Gott zuzuwenden und so an seiner Bekehrung mitzuwirken (vgl. FC II). Dies hing eng mit der Frage nach dem christlichen Menschenbild zusammen. Zwar wurde die Existenz der Erbsünde von keiner Seite in Zweifel
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inter Originale peccatum aliquod sit discrimen, ita ut aliud sit ipsa natura et aliud ipsum peccatum Originis, quod in Natura corrupta haeret et Naturam etiam depravat. Affirmativa 5
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Sincera doctrina, fides et Confessio cum superiore Norma et compendiosa declaratione consentiens Credimus, docemus et confitemur, quod sit aliquod discrimen inter ipsam hominis naturam, non [558] tantum quemadmodum initio a Deo purus et sanctus et absque peccato homo conditus est, verum etiam qualem iam post lapsum naturam illam habemus; discrimen, inquam, inter ipsam Naturam, quae etiam post lapsum est, permanetque Dei creatura, et inter peccatum Originis, et quod tanta sit illa Naturae et peccati Originalis differentia, quanta est inter opus Dei et inter opus Diaboli. Credimus, docemus et confitemur, quod summo studio hoc discrimen sit conservandum propterea, quod illud dogma, nullum videlicet inter Naturam hominis corrupti et inter peccatum Originis esse discrimen, cum praecipuis fidei nostrae articulis (de creatione, de redemtione, de sanctificatione et resurrectione carnis nostrae) pugnet neque salvis hisce articulis stare possit. Deus enim non modo Adami et Hevae corpus et animam ante lapsum, verum etiam corpora et animas nostras post lapsum creavit, etsi haec iam sunt corrupta. Et sane hodie Dominus animas et corpora nostra creaturas et opus suum esse agnoscit, sicut scriptum est: Manus tuae fecerunt me et plasmaverunt me totum in circuitu. Et Filius Dei unione personali illam humanam naturam, sed sine peccato, assumsitet non alienam, sed nostram carnem sibi adiungens arctissime copulavit eiusque assumtae carnis ratione vere frater noster factus est, ut scriptura testatur Hebr. 2: Posteaquam pueri commercium habent cum carne et sanguine et ipse similiter particeps factus est eorundem. Item: Non Angelos assumit, sed semen Abrahae assumit, unde et debuit per omnia fratribus assimilari, excepto peccato. Eandem humanam nostram Naturam (opus videlicet suum) Christus redemit, eandem (quae ipsius opus est) sanctificat, eandem a mortuis resusci-
gezogen; uneins aber war man in der Frage, ob der Mensch von ihr in substantieller Weise durchdrungen und deshalb zum Guten absolut unfähig (so Matthias Flacius) oder nur akzidentiell durch die Erbsünde affiziert sei (so Victorin Strigel) und deshalb auf das Handeln Gottes immerhin mit entsprechenden Impulsen reagieren könne. Der Streit entzündete sich auf der Weimarer Disputation vom 2. August 1560 und setzte sich noch lange über die Erstellung der Konkordienformel hinaus fort. Eine Dokumentation des Streits in ausgewählten Quellen findet sich in C&C 6. | 13 Hi 10,8; vgl. Dtn 32,9; Jes 45,9–12; Jes 54,5; 64,7f; Act 17,24–28; Ps 100 (Vg 99),3; Ps 139 (138),13–16; Koh 12,1. | 14 Hebr 2,14 | 15 Hebr 2,16f | 16 „unser Fleisch“, d. h. die menschliche Natur
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Deut. 32. Isa. 45. 54. 64. Actor. 17. Iob. 10. Ps. 100. 139. Eccles. 12.
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und zieret esa herrlich als sein werck. Aber die Erbsünde hat er nicht erschaffen, nicht angenommen, nicht erlöset, nicht geheiliget, wird sie auch nicht erwecken an den auserwelten, weder zieren noch | selig machen, sondern in bder aufferstehung gar vertilget sein wird.b Daraus der unterschied zwischen der verderbten natur und der verderbung, so in der natur stecket und die natur dadurch verderbet worden, leichtlich zuerkennen. Wir gleuben, leren und bekennen aber hinwiderumb, das die Erbsünde nicht sey eine schlechte17, sondern so tieffe verderbung menschlicher Natur, das nichts gesundes oder unverderbet an Leib und Seel des Menschen, seinen innerlichen und eusserlichen Krefften geblieben, sondern wie die Kirche singet: „Durch Adams fall ist gantz verderbt menschlich natur und wesen“,18 welcher schade unaussprechlich, nicht mit der vernunfft, sondern allein aus Gottes wort erkennet werden mag, und das die natur und solche verderbung der natur niemand von einander scheiden könne denn allein [231r] Gott, welches durch den todt in der aufferstehung gentzlich geschehen, Da unser natur, die wir itzt tragen, one die Erbsünde und von derselben abgesondert und abgescheiden aufferstehen und ewig leben wird, cwie geschrieben stehet Iob. 19: „Ich werde mit dieser meiner haut umbgeben werden und werde in meinem fleisch Gott sehen, denselben werde ich mir sehen und meine augen werden in schauen.“c 19
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Negativa Verwerffung der falschen Gegenlere 1. BSLK 773
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4.
Demnach verwerffen und verdammen wir, wann geleret wird, das die Erbsünde | allein ein Reatus20 oder schuld von wegen frembder verwirckung21 one einige unserer natur verderbung sey. Item, Das die bösen lüste nicht sünde, sondern angeschaffene, wesentliche eigenschafften der natur seien, oder als were der obgemelte22 mangel oder schade nicht warhafftig sünde, darumb der Mensch, ausserhalb Christo, ein Kind des zorns sein solte. Desgleichen verwerffen wir auch den Pelagianischen23 irthumb, da vorgegeben wird, das die natur des Menschen auch nach dem fall unverderbet und sonderlich in geistlichen sachen gantz gut und rein in iren naturalibus, das ist in iren natürlichen krefften, geblieben sey. Item, Das die Erbsünde nur von aussen, ein schlechter, ringschetziger, einged
a nicht in EpTB | EpTB
b–b
die tieffe des Meers vorsenkhen EpTB |
c–c
nicht in EpTB |
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d–d
nicht in
schlichte, d.h. einfache | 18 Lazarus Spengler, Durch Adams Fall ist ganz verderbt menschlich Natur und Wesen (1524): EKG 243; in EG nicht mehr enthalten; vgl. Luther, Kirchenpostille (1522). Evangelium am Neujahrstage: Lk 2,21, in: WA 10/1/1, 508,7–10. | 19 Hi 19,26f | 20 Schuld. Die Verbindung zweier bedeutungsgleicher Ausdrücke (Hendiadyoin) durch die Konjunktion
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tat et ingenti gloria (opus videlicet suum) ornat. Peccatum autem Originale non creavit, non assumsit, non redemit, non sanctificat, non resuscitabit in electis, neque unquam gloria coelesti ornabit aut salvabit, sed in beata illa resurrectione plane abolitum erit. [559] Ex his, quae a nobis allata sunt, discrimen inter corruptam Naturam et inter corruptionem, quae naturae infixa est et per quam Natura est corrupta, facile agnosci potest. Vicissim autem credimus, docemus atque confitemur, peccatum originis non esse levem, sed tam profundam humanae Naturae corruptionem, quae nihil sanum, nihil incorruptum in corpore et anima hominis atque adeo in interioribus et exterioribus viribus eius reliquit. Sicut Ecclesia canit: Lapsus Adae vi pessima Humana tota massa, natura et ipsa essentia corrupta, luce cassa etc. Hoc quantum sit malum, verbis revera est inexplicabile neque humanae rationis acumine indagari, sed duntaxat per verbum Dei revelatum agnosci potest. Et sane affirmamus, quod hanc naturae corruptionem ab ipsa Natura nemo, nisi solus Deus separare queat, id quod per mortem in beata illa Resurrectione plene fiet. Ibi enim ea ipsa Natura nostra, quam nunc circumferimus, absque peccato Originis et ab eodem omnino separata et remota resurget et aeterna felicitate fruetur. Sic enim scriptum est: Pelle mea circumdabor et in carne mea videbo Deum, quem ego visurus sum mihiet oculi mei eum conspecturi sunt.
III.
Iob. 19.
Negativa Reiectio falsorum dogmatum, quae commemoratae sanae doctrinae repugnant 25
30
Reiicimus ergo et damnamus dogma illud, quo asseritur, peccatum Originale tantummodo reatum et debitum esse ex alieno delicto absque ulla naturae nostrae corruptione in nos derivatum. Item, concupiscentias pravas non esse peccatum, sed concreatas Naturae conditiones et proprietates quasdam Essentiales, aut, defectus illos et malum ingens a nobis paulo ante commemoratum non esse peccatum, propter quod homo Christo non insertus sit filius irae. [560] Reiicimus etiam Pelagianam haeresin, qua asseritur, hominis naturam post lapsum incorruptam esse et quidem in spiritualibus rebus totam bonam et puram in viribus suis naturalibus mansisse.
I.
Item, peccatum Originis externum levem et nullius prope momenti esse
IIII.
„und“ war ein häufiges rhetorisches Stilmittel. | 21 Verschulden | 22 oben genannte | 23 Der britische Mönch Pelagius, der um 400 in Rom wirkte, vertrat den freien Willen und das Vermögen des Menschen zum Guten wie zum Bösen und lehnte in der Folge auch die Erbsündenvorstellung ab, die Augustinus vertrat. Dies führte zum sog. „Pelagianischen Streit“ der Jahre 411 bis 431.
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II.
III.
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7. | BSLK 774
8.
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11.
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sprengter fleck oder anfligende24 mackel25 sey, darunter die natur ire gute krefften auch in geistlichen sachen behalten habe. Item, Das die Erbsünde sey nur ein eusserlich hindernis der guten, geistlichen krefften und nicht eine beraubung oder mangel derselben, als wann ein Magnet mit Knobloch safft bestrichen wird, dadurch seine natürliche krafft nicht weggenommen, sondern allein gehindert wird;26 oder das dieselbige mackel wie ein fleck vom angesicht oder farbe von der wandt leichtlich abgewischet werden köndte.27 [231v] Item, Das im Menschen nicht gar verderbet sey Menschlich natur und wesen, sondern der Mensch habe noch etwas guts an im28 auch in geistlichen sachen, als nemlich frömkeit, geschickligkeit, düchtigkeit oder vermögen, in geistlichen sachen etwas anzufahen, zuwircken oder mitzuwircken. Dargegen verwerffen wir auch die fal|sche lere der Manicheer,29 wann geleret wird, das die Erbsünde als etwas wesentlichs und selbststendigs durch den Sathan in die natur eingegossen und mit derselben vermenget, wie Gifft und Wein gemenget werden. Item, Das nicht der natürlich Mensch, sondern etwas anders und frembdes im Menschen sündige, deswegen nicht die natur, sondern allein die Erbsünde in der natur angeklaget werde.d eWir verwerffen und verdammen auche als ein Manicheischen irrthumb, wenn geleret wird, das die Erbsünde sey eigentlich und one allen unterscheid des verderbten menschen substantz, natur und wesen selbst, also das kein unterscheid zwischen der verderbten natur fnach dem fallf an ir selbst und der Erbsünde solte auch nicht gedacht nochg mit gedancken von einander unterschieden werden können.h Es wird aber solche Erbsünde ivon Lutheroi Natursünde, Personsünde, wesentliche sünde genennet,30 nicht das die natur, person oder das wesen des Menschen selbst one allen unterscheid die Erbsünde sey, sondern das mit solchen worten der unterscheid zwischen der Erbsünde, jso in der menschlichen Natur stecket,j und den andern sünden, so kman wirckliche Sünde nennet,k angezeiget würde.l Denn die Erbsünde ist nicht eine sünde, die man thut,m sondern sie stecket in e–e
Demnach vorwerffen und vordammen wir EpTB | f – f nicht in EpTB | g und also EpTB nicht in EpTB | i – i nicht in EpTB | j – j nicht in EpTB | k – k der vorterbte mensch thut EpTB l nicht in EpTB | m danach: das ist, sie ist nicht ein böser gedancken, ein böses Wortt, oder ein böses werkh EpTB
h
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plötzlich erscheinender | 25 Makel, Fehler | 26 Victorin Strigel hatte in seiner Verteidigung der von Melanchthon vertretenen Position, dass bei der Bekehrung des Menschen drei Kräfte – nämlich das Wort Gottes, der Heilige Geist und schließlich der menschliche Wille – zusammenwirken (Synergismus) ein eindrückliches Bild gebraucht, auf das die Konkordienformel hier Bezug nimmt. Wenn man einen Magnet mit Zwiebel– bzw. Knoblauchsaft bestreiche, so verliere er seine Anziehungskraft, bleibe aber dennoch dauerhaft ein Magnet. Denn wenn er anschließend mit Bocksblut bestrichen werde, so erhalte er seine ursprüngliche Wirkweise, nämlich seine Anziehungskraft, wieder zurück. Genauso verhalte es sich mit dem menschlichen Willen, dessen
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naevum aut aspersam quandam maculam, sub qua nihilomnius natura bonas suas vires etiam in rebus spiritualibus retinuerit. Item, peccatum Originale tantum esse externum impedimentum bonarum spiritualium virium et non esse despoliationem et defectum earundem, sicuti, cum Magnes allii succo illinitur, vis eius naturalis attrahendi ferrum non tollitur, sed tantum impeditur; aut sicut macula de facie aut color de pariete abstergi facile potest. Item, hominis Naturam et essentiam non prorsus esse corruptam, sed aliquid boni adhuc in homine reliquum, etiam in rebus spiritualibus, videlicet bonitatem, capacitatem, aptitudinem, facultatem, industriam aut vires, quibus in rebus spiritualibus inchoare aliquid boni, operari aut cooperari valeat. Contra autem reiicimus etiam falsum dogma Manichaeorum, cum docetur peccatum Originis tanquam quiddam essentiale atque substantiale a Satana in Naturam esse infusum et cum eadem permixtum, quemadmodum venenum et vinum miscentur. Item, non ipsum animalem hominem, sed aliquid aliud et peregrinum quiddam, quod sit in homine, peccare, ideoque non ipsam Naturam, sed tantummodo peccatum Originale in natura existens accusari. Reiicimus etiam atque damnamus ut Manichaeum errorem, quando docetur, originale peccatum proprie et quidem nullo posito discrimine esse ipsam hominis corrupti Substantiam, naturam et Essentiam, ita ut inter Naturam corruptam post lapsum per se ipsam consideratam et inter peccatum Originis nulla prorsus sit differentia neque [561] ulla distinctio cogitari aut saltem peccatum illud a Natura cogitatione discerni possit. D. Lutherus quidem Originis illud malum peccatum Naturae, personale, essentiale vocat, sed non eam ob causam, quasi Natura, persona aut essentia hominis absque omni discrimine sit ipsum peccatum Originis, sed ideo ad hunc modum loquitur, ut huiusmodi phrasibus discrimen inter peccatum Originale, quod humanae naturae infixum est, et inter alia peccata, quae actualia vocantur, melius intelligi possit. Peccatum enim Originis non est quoddam delictum, quod actu perpetratur, Wirkweise und Fähigkeit durch die Erbsünde lediglich behindert werde. Dagegen vertrat Flacius die erbsündliche Verderbtheit des gesamten Menschen, die eine Fähigkeit des menschlichen Willens zum Guten grundsätzlich ausschloss. Die der Vorstellung vom Magneten zugrunde liegende, offenbar weit verbreitete Legende wurde erst im Jahre 1600 von William Gilbert widerlegt. | 27 Dagegen hatte sich schon Luther gewandt; vgl. Luther, In epistolam S. Pauli ad Galatas Commentarius (1535), in: WA 40/1, 445,25–28. | 28 sich | 29 Der Manichäismus des 4. Jahrhunderts führte sich auf den Perser Mani zurück und vertrat eine dualistische Weltsicht, die das Reich des Lichts deutlich vom Machtbereich der Finsternis unterschied und den Vater des Lichts mit seinen Mächten und Aktivitäten dem König der Finsternis gegenüberstellte. | 30 Luther, Sermo de triplici iustitia (1518), in: WA 2, 44,14; ders., Kirchenpostille (1522). Evangelium am Neujahrstage: Lk 2,21, in: WA 10/1/1, 508,20f; ders., Predigten des Jahres 1526. Zweite Predigt über Gen 22,18, in: WA 20, 431,21–29; vgl. außerdem ders., Festpostille (1527). Evangelium am Tage Mariä Empfängnis: Lk 11,27f, in: WA 17/2, 282–289.
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V.
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VII.
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XI.
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BSLK 775 Matth. 15 Genes. 6
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13.
BSLK 776
Die Konkordienformel – Epitome
der natur, substantz und wesen des Menschen; also: wenn gleich kein böser gedanck nimmer im hertzen des verderbten menschen auffstiege, kein unnütz wort geredet noch böse that geschehe, So ist doch die natur verderbet durch die Erbsünde, die uns im sundlichen samen angeboren wird und ein brunquell ist aller anderer wircklichen sün|den, als böser gedancken, wort und wercke, nwie geschrieben stehet: „Aus dem hertzen komen arge gedancken.“31 Item: „Das tichten des menschlichen hertzens ist bös von jugent auff.“n 32 So ist auch wol zu mercken der ungleiche verstandt des wortes Natur, dadurch die Manicheer iren irrthum bedecken und viel ein[232r]feltiger Leute irre machen. Dann zu zeiten heisset eso des Menschen wesen, als wann gesagt wird: Gott hat die Menschliche natur geschaffen. Zu zeiten aber heisset es die art und unart eines dings, die in der natur oder wesen stecket, als wenn gesagt wird:p der Schlangen natur ist stechen, und des Menschen natur und art ist sündigen und sünde; da das wort Natur nicht die substantz des Menschen, sondern etwas heisset, das in der natur oder substantz stecket.
Was aber die qLateinische wortq Substantia und Accidens33 belanget, weil es nicht heiliger Schrifft wort sind, darzu dem gemeinen Man34 unbekant,r sollen dieselbigen in den Predigten vor dem gemeinen, unverstendigem Volck nicht gebraucht, sondern des einfeltigen35 volcks darmit verschonet werden. Aber in der Schule, sbey den Gelerten,s weil sie wol bekant und one allen missverstandt gebrauchtt, dadurch das wesen eines jeden dings und was im zufelliger weise36 anhanget eigentlich unterschieden, werden, solche wort uauch billichu in der Disputation von der Erbsünde behalten. Dann der unterscheid zwischen Gottes und des Teuffels werck auff das deutlichste dardurch angezeigt, weil der Teuffel kein substantz schaffen, sondern allein zufelliger weise, aus Gottes verhengnis37, die von Gott erschaffene substantz verderben kan.
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II. Vom freien Willen Status Controversiae Die Hauptfrage in dieser Zwispalt Nach dem des Menschenv willen in vier ungleichen stenden gefunden, Nemn – n nicht in EpTB | o nicht in EpTB | p nicht in EpTB | q – q Schulwort EpTB | r danach: und unvorstendlich EpTB | s – s nicht in EpTB | t danach: werden mugen EpTB | u – u sollen auch EpTB | v danach: freier EpTB 31 Mt 15,19 | 32 Gen 6,5; Gen 8,21 | 33 Matthias Flacius Illyricus hatte in der Auseinandersetzung um die Erbsünde die Ansicht vertreten, die Erbsünde sei identisch mit dem Wesen des Menschen,
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I. Von der Erbsünde
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sed intime inhaeret infixum ipsi naturae, substantiae et Essentiae hominis. Et quidem, si maxime nulla unquam prava cogitatio in corde hominis corrupti exoriretur, si nullum verbum otiosum proferretur, si nullum malum opus aut facinus designaretur: tamen Natura nihilominus corrupta est per Originale peccatum, quod nobis ratione corrupti seminis agnatum est, quod ipsum etiam scaturigo est omnium aliorum actualium peccatorum, ut sunt pravae cogitationes, prava colloquia, prave et scelerate facta. Sic enim scriptum legimus: Ex corde oriuntur cogitationes malae. Et alibi: Omne sigmentum cordis tantummodo malum est a pueritia. Est etiam diligenter observanda varia significatio vocabuli „Naturae“, cuius aequivocatione Manichaei abutentes errorem suum occultant multosque simplices homines in errorem inducunt. Quandoque enim „Natura“ ipsam hominis substantiam significat, ut cum dicimus: Deus humanam Naturam creavit. Interdum vero per vocabulum „Naturae“ intelligitur ingenium, conditio, defectus aut vitium alicuius rei, in ipsa natura insitum et inhaerens, ut cum dicimus: Serpentis natura est icere, hominis natura est peccare et peccatum. Et in hac posteriore significatione vocabulum „Natura“ non ipsam hominis substantiam, sed aliquid, quod in natura aut substantia fixum inhaeret, denotat. [562] Quod vero ad Latina vocabula Substantiae et Accidentis attinet, cum ea non sint scripturae sacrae vocabula, praeterea etiam a plebe non intelligantur, abstinendum est ab illis in publicis sacris contionibus, ubi indocta plebs docetur, et hac in re simplicium et rudiorum merito habenda est ratio. In scholis autem et apud homines doctos (quibus horum vocabulorum significatio nota est et qui iisdem recte atque citra abusum uti possunt proprie discernentes essentiam alicuius rei ab eo, quod aliunde ei accidit et per accidens inhaeret) in disputatione de peccato Originis retinenda sunt. Nam hisce vocabulis discrimen inter opus Dei et inter opus Diaboli quam maxime perspicue explicari potest. Diabolus enim substantiam nullam creare, sed tantummodo per accidens, permittente Domino, substantiam a Deo creatam depravare potest.
II. De libero arbitrio Status controversiae Cum hominis voluntas quadruplicem habeat considerationem, primo ante
d. h. seiner Substanz, während sein Gegner, Victorin Strigel, der Erbsünde nur akzidentielle Auswirkungen zusprach, ihr also jeden Einfluss auf die wesensmäßige Beschaffenheit des Menschen absprach. Er nannte sie deshalb im Streit mit Flacius „Akzidens“. | 34 einfachen Volk 35 einfachen, unwissenden, arglosen | 36 ohne Auswirkung auf die wesensmäßige Beschaffenheit 37 Duldung; dadurch dass Gott es zulässt
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Matth. 15. | Genes. 6. 8.
XII.
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Die Konkordienformel – Epitome
lich: 1. Vor dem Fall. 2. Nach dem Fall. 3. Nach der Widergeburt. 4. Nach der aufferstehung des fleisches, Ist die Hauptfrage allein von dem willen und vermögen des Menschen im andern38 [232v] stande, was derselbige nach dem fall unser ersten Eltern vor seiner widergeburt aus im39 selbst in geistlichen sachen vor40 kreffte habe,w und ob er vermöge, aus seinen eigenen krefften, zuvorn und ehe er durch den Geist Gottes widergeborn, sich zur gnade Gottes schicken und bereiten und die durch den heiligen Geist im wort und heiligen Sacramenten angebotene gnade annemen oder nicht?41 Affirmativa Reine Lere vermöge Gottes worts von diesem Artickel 1.
BSLK 777 | 1. Cor. 2
2.
Genes. 8 Rom. 8
Ephes. 2
3.
Hiervon ist unser lere, glaub und bekentnis, das des Menschen verstand und vernunfft in geistlichen sachen blind,x nichts verstehe aus seinen eigenen krefften, | wie geschrieben stehet: „Der natürliche Mensch vernimmet nichts vom Geist Gottes; es ist im eine thorheit, und kan es nicht begreiffen“,42 wanny er wird von geistlichen sachen gefraget. Desgleichen gleuben, leren und bekennen wir, das des Menschen unwidergeborner wille nicht allein von Gott abgewendet, sondern auch ein feind Gottes worden, das er nur lust und willen hat zum bösen und was Gott zu wider ist, wie geschrieben stehet: „Das dichten des Menschen hertzen ist bös von jugend auff.“43 Item: „Fleischlich gesinnet sein ist eine feindschaft wider Gott, sintemal es dem Gesetz nicht unterthan ist, denn es vermag es auch nicht.“44 Ja, so wenig ein todter leib sich selbst lebendig machen kan zum leiblichen irdischen leben, So wenig mag der Mensch, so durch die sünde geistlich todt ist, sich selbst zum Geistlichen leben aufrichten, wie geschrieben stehet: „Da wir todt waren in Sünden hat er uns sampt Christo lebendig gemacht“,45 darumb wir auch aus uns selbst „als aus uns nicht tüchtig seind, etwas guts zu gedencken, sondern das wir tüchtig sind, das ist von Gott“, 2. Corinth. 3.46 Die bekerung aber wircket Gott, der heilige Geist, nicht one mittel, sondern gebraucht darzu die predigt und das gehör47 Gottes worts, [233r] zwie w
behalten EpTB | x danach: nicht allein EpTB | y denn EpTB | z – z nicht in EpTB
38 zweiten | 39 sich | 40 für | 41 Im Anschluss an Artikel I grenzt die Konkordienformel den Gegenstand des hier angesprochenen Synergistischen Streits (1555–1560/61) zu Recht auf die Frage des Vermögens des menschlichen Willens nach dem Sündenfall ein, wobei es insbesondere um seine Mitwirkung bei der Bekehrung geht. Der Anlass des Streits ergab sich daraus, dass eine von Melanchthon 1543 in seinen Loci Theologici entfaltete Lehre auch in den Leipziger Alternativvorschlag zum Augsburger Interim Eingang gefunden hatte. Es handelt sich um Melanchthons Rede von den „tres causae concurrentes“, d.h. von den drei zusammenwirkenden Faktoren, die bei der Bekehrung des Menschen eine Rolle spielen: das Wort Gottes, der Heilige Geist und der menschliche Willen, der zustimmend und nicht zurückweisend auf das den Menschen ansprechende Wort Gottes reagiere (vgl. CR 21, 658). Mit Hilfe dieser „synergistischen“ Lehrweise, die lange unwidersprochen blieb, konnte Melanchthon sowohl die Eigenverantwortlichkeit des Menschen für sein Tun und Lassen festhalten, als auch ganz im Sinne Luthers die Rechtfertigung
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II. Vom freien Willen
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lapsum, secundo post lapsum, tertio post regenerationem, quarto post resurrectionem carnis, nunc quaestio praecipua est tantum de voluntate et viribus hominis in secundo statu, quasnam vires post lapsum primorum parentum nostrorum ante regenerationem ex seipso habeat in rebus spiritualibus: an propriis viribus, antequam per spiritum Dei fuerit regeneratus, possit sese ad gratiam Dei applicare et praeparareet num gratiam divinam (quae illi per Spiritum sanctum in verbo et Sacramentis divinitus institutis offertur) accipere et apprehendere possit nec ne. [563] Affirmativa Sincera doctrina de hoc articulo cum immota Regula verbi divini congruens. De hoc negotio haec est fides, doctrina et confessio nostra:,quod videlicet hominis intellectus et ratio in rebus spiritualibus prorsus sint coeca, nihilque propriis viribus intelligere possint. Sicut scriptum est: Animalis homo non percipit ea, quae sunt spiritus; stultitia illi est et non potest intelligere, quia de spiritualibus examinatur. Credimus, docemus et confitemur etiam, voluntatem hominis nondum renatam non tantum a Deo esse aversam, verum etiam inimicam Deo factam, ita ut tantummodo ea velit et cupiat iisque delectetur, quae mala sunt, et voluntati divinae repugnant. Scriptum est enim: Sensus et cogitatio humani cordis in malum prona sunt ab adolescantia sua. Item: Affectus carnis inimicitia est adversus Deum, neque enim legi subiicitur ac ne potest id quidem. Itaque credimus, quantum abest, ut corpus mortuum seipsum vivificare atque sibiipsi corporalem vitam restituere possit, tantum abesse, ut homo, qui ratione peccati spiritualiter mortuus est, seipsum in vitam spiritualem revocandi ullam facultatem habeat, sicut scriptum est: Cum essemus mortui in peccatis, convivificavit nos cum Christo etc. Itaque etiam ex nobismet ipsis, tanquam ex nobis, non sumus idonei, ut aliquid boni cogitemus; quod vero idonei sumus, idipsum a Deo est. Conversionem autem hominis operatur Spiritus sanctus non sine mediis, sed ad eam efficiendam uti solet praedicatione et auscultatione verbi Dei, sicut „sola fide“ und „sola gratia“ vertreten. Erst als der Leipziger Professor und Superintendent Johannes Pfeffinger, der mit Melanchthon und anderen an der Erstellung der Leipziger Landtagsvorlage mitgewirkt hatte, im Jahre 1555 seine „Fünf Fragen zum freien Willen“ herausbrachte, entbrannte der Streit, zunächst noch als Gelehrtenkontroverse mit dem Weimarer Hofprediger Johannes Stoltz. Sie weitete sich allerdings ab 1558 zu einer breit wahrgenommenen Auseinandersetzung aus, an der sich weitere Kontrahenten beteiligten. Prominente Gegner waren der Jenaer Professor Victorin Strigel und sein Kollege Matthias Flacius Illyricus, auf dessen Seite sich u.a. auch Nikolaus von Amsdorf und Tilemann Heshusius zu Wort meldeten. Die Debatte erhielt durch die obrigkeitlich veranlasste Erstellung des Weimarer Konfutationsbuchs von 1559 unter Federführung des Flacius und seine Durchsetzung im ernestinischen Sachsen politische Dimensionen. Der Versuch, den Synergistischen Streit durch ein Religionsgespräch, die Weimarer Disputation vom 2. August 1560, zu schlichten, scheiterte. Eine Auswahl der gewechselten Streitschriften findet sich in C&C 4. | 42 I Kor 2,14 | 43 Gen 8,21 | 44 Röm 8,7 | 45 Eph 2,5 | 46 II Kor 3,5 47 das Hören
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I.
1. Cor. 2.
II.
Genes. 8. Rom. 8.
Ephes. 2. 2. Cor. 3.
III.
1230 Rom. 1 Rom. 10 Psalm. 95
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Rom. 9 | 1. Cor. 3
Die Konkordienformel – Epitome
geschrieben stehet: „Das Evangelium ist eine krafft Gottes selig zu machen.“48 Item: „Der Glaube kommet aus dem gehör Gottes worts.“z 49 Und ist Gottes wille, das man sein wort hören und nicht die Ohren verstopffen sollea.50 Bey solchem wort ist der heilige Geist gegenwertig und thutb auff die hertzen, das sie wie die Lydia in der Apostel Geschichte 16. Capitulo,51 | darauff mercken52 und also bekeret werden allein durch die gnad und krafft des heiligen Geistes, dessen werck allein ist die bekerung des Menschen, dann one53 seine gnade ist unser „wollen und lauffen“,54 unser „pflanzen, seen und begiessen“ alles nichts, wann er nicht „das gedeyen darzu verleihet“,55 wie Christus saget: „One mich vermüget ir nichtes.“56 Mit welchen kurtzen worten er cdem freien willen seine kreffte absprichtc und alles der Gnaden Gottes zuschreibet, „damit sich nicht jemands vor Gott rhümen möchte“, 1. Corinth. 9.57
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Negativa Widerwertige, falsche Lehre
1.
2.
3.
BSLK 779 | 4.
Demnach verwerffen und verdammen wir alle nachfolgende irthumb als der Richtschnur Gottes worts zu wider: Den schwarm der Philosophen, so man Stoicos58 genennet hat, wie auch die Manicheer59, die geleret haben, Das alles, was geschehe, müsse also geschehen und könne nichts anders geschehen, und das der Mensch alles aus zwangd thue, was er auch in eusserlichen dingen handele und zu bösen wercken und thaten, als unzucht, raub, mord, diebstal und dergleichen gezwungen werde. Wir verwerffen auch der groben Pelagianer60 irthumb, die geleret haben,e das der Mensch aus eigenen krefften, one die gnade des heiligen Geistes sich selbst zu Gott bekeren, dem Evangelio glauben, dem Gesetz Gottes mit hertzen gehorsamen und also vergebung der sünden und ewiges leben verdienen könne. Wir verwerffen auch der Halbpelagianer61 irthumb, welche leren, Das der mensch aus eigenen krefften den anfang seiner bekerung machen, aber one die gnad des heiligen Geistes nicht volbringen möge. [233v] Item, Da geleret wirdt, ob wol der Mensch mit seinem freien Willen vor seiner widergeburt zu schwach, den anfang zu machen und sich selbst aus eigenen krefften zu Gott zubekeren und Gottes Gesetz von hertzen gehorsam zu sein, Jedoch wann der heilige Geist mit der Predigt des worts den anfang gemacht und seine gnade darinne angeboten, das als dann der wille des a
danach: welches noch etlicher maßen in des Menschen freien willen stehett EpTB | b schleust EpTB | c – c des menschen natürliche khreffte zuboden schlehtt EpTB | d noth EpTB | e nicht in EpTB 48 Röm 1,16 | 49 Röm 10,17 | 50 Vgl. Ps 95 (Vg 94),7f. | 51 Vgl. Act 16,14. | 52 aufmerksam sind, achten | 53 ohne | 54 Röm 9,16 | 55 I Kor 3,7 | 56 Joh 15,5 | 57 I Kor 9,16; vgl. I Kor 1,29; Jer 9,23. 58 Es war Zenon von Kition, der im 4. Jahrhundert v. Chr. die philosophische Schule der Stoa begründete. Ihre Lehre von der absoluten Notwendigkeit galt im 16. Jahrhundert als das Hauptcharakteristikum der Stoiker. | 59 Vgl. o. S. 1225, Anm. 29. Die im Folgenden mit den Manichäern
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II. Vom freien Willen
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scriptum est: Evangelion est potentia Dei ad salutem omni credenti. Et: Fides est ex auditu verbi Dei. Et sane vult Dominus, ut ipsius Verbum audiatur neque ad illius praedicationem aures obdurentur. Huic verbo adest praesens Spiritus san-[564]ctus et corda hominum aperit, ut sicut Lydia in Actis Apostolicis diligenter attendant et ita convertantur sola gratia et virtute Spiritus sancti, cuius unius et solius opus est hominis conversio. Si enim Spiritus sancti gratia absit, nostrum velle et currere, nostrum plantare, seminare et rigare prosus frustranea sunt, si videlicet ille incrementum non largiatur, sicut Christus inquit: Sine me nihil potestis facere. Et his quidem paucis verbis Christus libero arbitrio omnes vires derogat, omniaque gratiae divinae adscribit, ne quis coram Deo habeat, de quo glorietur.
Rom. 1. | Rom. 10. Psal. 95.
Actor. 16.
Rom. 9. | 1. Cor. 3.
Iohan. 15. 1. Cor. 1.Ierem. 9.
Negativa Reiectio contrariae et falsae doctrinae 15
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Repudiamus igitur et damnamus omnes, quos iam recitabimus, errores cum verbi divini regula non congruentes. Primo delirum philosophorum Stoicorum dogma quemadmodum et Manichaeorum furorem, qui docuerunt, omnia, quae eveniant, necessario fieri et aliter fieri prorsus non posse, et hominem omnia coactum facere, etiam ea, quae in rebus externis agat, eumque ad designanda mala opera et scelera (qualia sunt libidines vagae, rapinae, caedes, furta et similia) cogi. Repudiamus etiam crassum illum Pelagianorum errorem, qui asserere non dubitarunt, quod homo propriis viribus sine gratia Spiritus sancti sese ad Deum convertere, evangelio credere, legi divinae ex animo parere et hac ratione peccatorum remissionem ac vitam aeternam ipse promereri valeat. Praeter hos errores reiicimus et Semipelagianorum falsum dogma, qui docent, hominem propriis viribus inchoa[565]re posse suam conversionem, absolvere autem sine Spiritus sancti gratia non posse. Item, cum docetur, licet homo non renatus ratione liberi Arbitrii ante sui regenerationem infirmior quidem sit, quam ut conversionis suae initium facere atque propriis viribus sese ad Deum convertere et legi Dei toto corde parere valeat: tamen, si Spiritus sanctus praedicatione verbi initium fecerit suamque gratiam in verbo homini obtulerit, tum hominis voluntatem propriin Zusammenhang gebrachte Lehre leitet sich aus deren dualistischer, die Prinzipien Licht und Finsternis, Gut und Böse strikt trennenden Konzeption her. Sofern der Mensch kraft seiner Natur teil an beiden Prinzipien hat, fällt das Böse in seinem Leben und Handeln nicht in eigene schuldhafte Verantwortung, sondern ergibt sich – notwendig – aus seiner Beschaffenheit. | 60 Vgl. o. S. 1223, Anm. 23. | 61 Im Unterschied zu den bereits oben erwähnten „groben Pelagianern“, bzw. „Pelagianern“. Die Semipelagianer des 5. Jahrhunderts gingen davon aus, dass der menschliche Wille durch den Sündenfall zwar geschwächt, eine Anlage zum Guten jedoch nach wie vor im Menschen vorhanden sei. Die göttliche Gnade unterstützte diese menschliche Anlage zum Guten. Menschlicher Wille und göttliche Gnade wirken zusammen.
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I.
II.
III.
IIII.
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5.
6. Enthusiasten heissen, die one die Predig Gottes worts auff himlische erleuchtung des Geistes warten. 7.
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Menschen aus seinen eigenen natürlichen krefften etlicher massen etwas, wiewol wenig und schwächlich, darzu thun, helfen und mitwircken, sich selbst zur gnade schicken, bereiten, dieselbige ergreiffen, annemen und dem Evangelio gleuben könne. Item, Das der Mensch, nachdem er widergeboren, das Gesetz Gottes volkommen halten und gentzlichen erfüllen könne, und das solche erfüllung unser gerechtigkeit vor Gott sey, mit welcher wir das ewige Leben verdienen. Item, Wir verwerffen und verdammen auch den irthumb der Enthusiasten,62 welche dichten, das Gott one mittel, one gehörf Gottes worts, auch one gebrauch der heiligen Sacramenten die Menschen zu sich ziehe, erleuchte, gerecht und selig mache. Item, Das Gott in der bekerung und widergeburt des alten Adams substantz und wesen und sonderlich die vernünfftige Seele gantz vertilge und ein neues wesen der Seele aus nichts in der bekerung und widergeburt erschaffe. Item, Wann dieseg reden one erklerung gebraucht, daß des Menschen wille vor, in und nach der bekerung dem heiligen Geist widerstrebe, und das der heilige Geist gegeben werde denen, so ime hvorsetzlich und beharrlichh widerstreben, dann63 Gott in | der bekerung aus den unwilligen willige machet und in den willigen wonet, wie Augustinus redet.64 Was dann die reden der alten und neuen Kirchenlerer belanget, als da gesagt wird: „Deus trahit, sed volentem trahit“, Das ist: „Gott zeucht, zeucht aber, die da wöllen“. Item: „Hominis voluntas in conversione non est otiosa, sed agit aliquid“, Das ist: „Des Menschen wille ist nicht müssig in der bekerung, sondern wircket auch etwas“.65 iWeil solche reden zu bestetigung des natürlichen, freien Willens in der bekerung des Menschen wider die Lere von der Gnade Gottes eingeführet, halten wir, das sie der form der gesunden Lere nicht ehnlich und demnach, wann von der bekerung zu Gott geredet wird, billich zu meiden seien. [234r] Dagegen aber wirdt recht geredet, das Gott in der bekerung durch das ziehen des heiligen Geistes aus widerspenstigen, unwilligen willige menschen mache, und das nach solcher bekerung in teglicher ubung der Bus66 des menschen widergeborner wille nicht müssig gehe, sondern in allem wircken des heiligen Geistes, die er durch uns thut, auch mitwircke.i Item, Das Doctor Luther geschrieben, das des menschen wille in seiner bekerung sich halte „pure paßive“, das ist, das er gantz und gar nichts thue, das solches zuverstehen sey „respectu divinae gratiae in accendendis novis f
danach: und one betrachtung EpTB | g danach: uneigentliche, geferliche, ergerliche EpTB nicht in EpTB | i – i Sollen dise Reden nicht von des alten unwidergebornen menschen willen, welcher in Christlichen sachen zum guten erstorben, sondern von dem willen vorstanden werden, den der heilige Geist angefangen durch das Wortt zubekheren und zuerneuern EpTB h–h
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Spiritualisten. Diejenigen, die von einem unmittelbaren Wirken Gottes oder einer Geisterleuchtung jenseits von Predigt und Sakramenten ausgehen und diese deshalb für zweitrangig oder überflüssig halten. | 63 denn | 64 Vgl. Augustinus, Contra duas epistulas Pelagianorum I, 19, 37,
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II. Vom freien Willen
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is et naturalibus suis viribus quodammodo aliquid, licet id modiculum, infirmum et languidum admodum sit, conversionem adiuvare atque cooperari et seipsam ad gratiam applicare, praeparare, eam apprehendere, amplecti et Evangelio credere posse. Item, hominem post regenerationem legem Dei perfecte observare atque implere posse eamque impletionem esse nostram coram Deo iustitiam, qua vitam aeternam promereamur. Reiicimus etiam damnamusque Enthusiastarum, qui fingunt, Deum immediate absque verbi Dei auditu et sine Sacramentorum usu homines ad se trahere, illuminare, iustificare et salvare. Item, Deum in conversione et regeneratione hominis Substantiam et Essentiam veteris Adami et praecipue animam rationalem penitus abolere novamque animae essentiam ex nihilo in illa conversione et regeneratione creare. Item, cum hi sermones citra declarationem usurpantur, quod videlicet hominis voluntas ante conversionem, in ipsa conversione et post conversionem Spiritui sancto repugnet; et quod Spiritus sanctus iis detur, qui ex proposito et pertinaciter ipsi resistunt. Nam Deus in conversione ex nolentibus volentes facit et in volentibus habitat, ut Augustinus loqui solet. Quod vero ad dicta quaedam tum Patrum tum Neotericorum quorundam doctorum attinet: Deus trahit, sed volentem trahit; et: hominis voluntas in conversione non est otiosa, sed agit aliquid: iudicamus haec formae sanorum [566] verborum non esse analoga. Afferuntur enim haec dicta ad confirmandam falsam opinionem de viribus humani arbitrii in hominis conversione contra doctrinam, quae soli gratiae divinae id opus attribuit. Ideoque ab eiusmodi sermonibus, quando de conversione hominis ad Deum agitur, abstinendum censemus. Contra autem recte docetur, quod Dominus in conversione per Spiritus sancti tractionem (id est motum et operationem) ex hominibus repugnantibus et nolentibus volentes homines faciat, et quod post conversionem in quotidianis poenitentiae exercitiis hominis renati voluntas non sit otiosa, sed omnibus Spiritus sancti operibus, quae ille per nos efficit, etiam cooperetur. Item, quod D. Lutherus scripsit, hominis voluntatem in conversione pure passive se habere, id recte et dextre est accipiendum, videlicet respectu divinae gratiae in accendendis novis motibus, hoc est de eo intelligi oportet, quando
in: PL 44, 568 (CSEL 60, 453f). | 65 Der Text bezieht sich hier auf umstrittene Äußerungen Melanchthons in seinen Loci theologici, für die er sich auf eine Basilius dem Großen zugeschriebene Predigt über die Buße und auf Johannes Chrysostomus berufen hatte. Vgl. Melanchthon, Loci praecipui theologici (1559), in: CR 21, 658 (MWA 2/1, 244,1–11); Ps.-Basilius, Homilia de poenitentia IV, in: PG 31, 1482; Johannes Chrysostomus, De laudibus S. Pauli. Homilia IX, in: PG 51, 143 (vgl. auch ders., Monitum ad homiliam in illud, Saulus autem, etc. et in reliquas de mutatione nominum, in: PG 51, 143f). | 66 Bußübung
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V.
VI. Enthusiastae vocantur, qui neglecta praedicatione verbi divini coelestes revelationes Spiritus expectant. VII.
VIII.
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Die Konkordienformel – Epitome
motibus“67, das ist, Wann der Geist Gottes durch das gehörte wort oder durch den brauch der heiligen Sacramenten des menschen willen angreifft und wircket die neue geburt und bekerung. Dann so der heilige Geist solches gewircket und ausgerichtet und des menschen wille allein durch sein Göttliche krafft und wirckung geendert und erneuert, als dann ist der neue wille des menschen ein Instrument und Werckzeug Gottes, des heiligen Geistes, das er nicht allein die gnade an|nimmet, sondern auch in folgenden wercken des heiligen Geistes mitwircket. Das also vor der bekerung des menschen nur zwo wirckliche ursachenj sich finden: Nemlich der heilige Geist und das wort Gottes als das Instrument des heiligen Geistes, dadurch er die bekerung wircket, welches der mensch hörenk sol, aber denselbigen nicht aus eignen krefften, sondern allein durch die gnade und wirckung Gottes des heiligen Geistes glauben geben und annemen kan.
[234v] III. Von der gerechtigkeit des Glaubens vor Gott
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Status Controversiae Hauptfrage in dieser Zwispalt
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Weil einhellig vermüge68 Gottes Worts und nach inhalt der Augspurgischen Confeßion in unsern Kirchen bekant, Das wir arme sünder allein durch den glauben an Christum vor Gott gerecht und selig werden und also Christus allein unser gerechtigkeit sey, welcher warhafftiger Gott und mensch ist, weil in im69 die Göttliche und menschliche natur mit einander persönlich vereiniget, Jeremiae 23; 1. Corinth. 1; 2. Corinth. 5,70 Ist eine frage entstanden, nach welcher natur Christus unser gerechtigkeit seye. Und also zwene71 widerwertige irthumb in etlichen Kirchen eingefallen. Dann der eine teil hat gehalten, das Christus alleinl nach der Gottheit unser | gerechtigkeit sey, wenn er durch den glauben in uns wonet, gegen welcher durch den glauben einwonender Gottheit aller menschen sünde wie ein tropff wasser gegen dem grossen Meer72 geachtet sey. Dargegen haben andere gehalten, Christus sey unser gerechtigkeit vor Gott allein nach der menschlichen natur.73 j
danach: in solcher Bekherung EpTB | k danach: khan und EpTB | l nicht in EpTB
67 Vgl. Luther, De servo arbitrio (1525), in: WA 18, (551) 600–787, hier: 697,28; ders., Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis (1519), in: WA 2, 421,7. | 68 nach 69 ihm | 70 Vgl. Jer 23,6; I Kor 1,30; II Kor 5,21. | 71 zwei | 72 Vgl. Sir 18,10. | 73 Der nach der Einführung des Augsburger Interims in der Stadt Nürnberg an die Universität Königsberg gewechselte Andreas Osiander geriet dort sofort in lehrmäßigen Gegensatz zu seinen Kollegen. Überzeugt davon, treu in der Tradition Luthers zu stehen, hatte er dessen Rechtfertigungslehre in spiritualisierender Weise weiterentwickelt. Er ging – in Abgrenzung von der in Wittenberg von Melanchthon u.a. vertretenen Lehre, dass die Gerechtigkeit Gottes dem Menschen aus Gnaden im Glauben zugerechnet werde – davon aus, dass die „iustitia essentialis“ der Trinität durch den
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II. Vom freien Willen
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Spiritus Dei per verbum auditum aut per usum Sacramentorum hominis voluntatem aggredituret conversionem atque regenerationem in homine operatur. Postquam enim Spiritus sanctus hoc ipsum iam operatus est atque effecit hominisque voluntatem sola sua divina virtute et operatione immutavit atque renovavit: tunc revera hominis nova illa voluntas instrumentum est et organon Dei Spiritus sancti, ut ea non modo gratiam apprehendat, verum etiam in operibus sequentibus Spiritui sancto cooperetur. Relinquuntur igitur ante conversionem hominis duae tantum efficientes causae (ad conversionem efficaces), nimirum Spiritus sanctus et verbum Dei, quod est instrumentum Spiritus sancti, quo conversionem hominis efficit. Hoc verbum homo certe audire debet, sed tamen, ut illud ipsum vera fide amplectatur, id nequaquam suis viribus propriis, sed sola gratia et operatione Dei Spiritus sancti obtinere potest.
[567] III. De iustitia fidei coram Deo 15
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Status controversiae Unanimi consensu (ad normam verbi divini et sententiam Augustanae Confessionis) in Ecclesiis nostris docetur, nos peccatores longe miserrimos sola in Christum fide coram Deo iustificari et salvari, ita ut Christus solus nostra sit iustitia. Hic autem Iesus Christus salvator noster et iustitia nostra verus Deus est et verus homo: etenim divina et humana naturae in ipso sunt personaliter unitae. Quaesitum igitur fuit: secundum quam naturam Christus nostra sit iustitia? Et hac occasione duo errores et quidem inter se pugnantes Ecclesias quasdam perturbarunt. Una enim pars sensit, Christum tantummodo secundum divinam naturam esse nostram iustitiam, si videlicet ille per fidem in nobis habitet; etenim omnia hominum peccata, collata nimirum cum illa per fidem inhabitante divinitate, esse instar unius guttulae aquae cum magno mari comparatae. Contra hanc opinionem alii quidam asseruerunt Christum esse nostram coram Deo iustitiam duntaxat secundum humanam naturam.
Glauben des einzelnen und durch Einwohnung der göttlichen Natur Christi in den Menschen einfließe. Osiander vertrat die Auffassung, dass der Mensch durch die Einwohnung der göttlichen Natur Christi vergöttlicht werden müsse, damit er überhaupt von Gott angenommen werden könne. Diese Lehre erntete allseits Widerspruch und einte darin sogar die sonst nicht miteinander sympathisierenden Anhänger Luthers und diejenigen Melanchthons. Prominenter Gegner Osianders war Joachim Mörlin. Sogar Melanchthon selbst meldete sich zu Wort; selbst Flacius verteidigte die Rechtfertigungslehre Melanchthons. Eine dogmatisch entgegengesetzte Richtung schlug Franciscus Stancarus ein, der, von Krakau kommend, im Jahre 1551 eine Hebräischprofessur in Königsberg angetreten hatte und in den laufenden Streit eingriff. Er behauptete, dass die Rechtfertigung des Menschen allein durch die menschliche Natur Christi gewirkt werde. Der 1549
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Ierem. 23. 1. Cor. 1. 2. Cor. 5.
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Die Konkordienformel – Epitome
Affirmativa Reine lere der Christlichen Kirchen wider beide jetzgesetzte irthumb 1.
2.
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Prov. 17 Rom 8
6.
Wider beide jetzterzelte74 irthumb gleuben, leren und bekennen wir einhelliglich, das Christus unser gerechtigkeit weder nach der Göttlichen natur allein, noch [235r] auch nach der menschlichen natur allein, sondern mder gantze Christusm nach beiden naturen, allein in seinem gehorsam, sey, den er als Gott und mensch dem Vater bis in todt geleistet und uns damit vergebung der sünden und das ewige leben verdienet habe, wie geschrieben stehet: „Gleich wie durch eines menschen ungehorsam viel sünder worden, Also durch eines menschen gehorsam werden viel gerecht“,75 Rom. 5. Demnach gleuben, leren und bekennen wir, das unsere gerechtigkeit vor Gottn sey,o das uns Gott die sünde vergibet aus lauter gnaden, one alle unsere vorgehende, gegenwertige oder nachfolgende werck, verdienst oder wirdigkeit, schencket und rechnet uns zu die gerechtigkeit des gehorsams Christi, umb welcher gerechtigkeit willen wir bey Gott zu gnaden angenommen und für gerecht gehalten werden. Wir gleuben, leren und bekennen, das allein der glaube das mittel und der werckzeug sey, damit76 wir Christum und also in Christo solche „gerechtigkeit, die vor Gott | gilt“ ergreiffen, umb welches willen uns solcher „glaube zur gerechtigkeit zugerechnet wird“,77 Rom. 4. Wir gleuben, leren und bekennen, das dieser glaub nicht sey eine blosse erkentnis der Historien von Christo, sondern peine solche gabe Gottes, dadurch wir Christum, unsern Erlöser, im wort des Evangelii recht erkennen und auff in78 vertrauen, das wir allein umb seines gehorsams willen aus gnaden vergebung der Sünden haben, vor79 from und gerecht von Gott dem Vater gehalten und ewig selig werdenp. Wir gleuben, leren und bekennen, das nach art heiliger Schrifft das wort „Rechtfertigen“ in diesem Artickel heisse „absolviren“, das ist, von sünden ledig sprechen: „Wer den Gottlosen recht spricht und den gerechten verdammet, der ist vor dem Herrn ein greuel.“80 Item: „Wer will die auserwelten Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der da gerecht machet.“q 81 Und da an desselben stat die wort „Regeneratio“ rund „Vivificatio“, das ist, „lebendigmachung“ undr „widergeburt“ gebraucht, swie in der Apologia82 geschicht,s das es auch in gleichem verstand geschehe, dadurch sonst die erneuerung des menschen verstanden und von der rechtfertigung des glaubens unterscheiden wird. Wir gleuben, leren und bekennen auch, unangesehen das83 den [235v] recht-
m – m nicht in EpTB | n danach: anders nichts EpTB | o danach: dann EpTB | p – p ein solchs Lichtt, und lebendig vortauen, welches der heilige Geist in den außerwelten antzundett, und wirkhet, das sie das heilig Evangelium fur war halten, und gewißlich gleuben, das Inen Gott durch Christus allein umb seins gehorsambs willen aus lauter gnaden ohne allen iren eignen vordinst gerecht und selig mache EpTB | q – q Pro. 17, Esa. 5, Ro. 8 EpTB | r – r nicht in EpTB | s – s nicht in EpTB
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Affirmativa Sincera doctrina piarum Ecclesiarum utrique commemorato errori opposita
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Ad refellendum utrunque errorem credimus, docemus et confitemur unanimiter, quod Christus vere sit no[568]stra iustitia, sed tamen neque secundum solam divinam naturam neque secundum solam humanam naturam, sed totus Christus secundum utranque naturam in sola videlicet oboedientia sua, quam patri ad mortem usque absolutissimam Deus et homo praestitit, eaque nobis peccatorum omnium remissionem et vitam aeternam promeruit. Sicut scriptum est: Sicut per inoboedientiam unius hominis peccatores constituti sunt multi, ita et per unius oboedientiam iusti constituentur multi, Rom. 5. Credimus igitur, docemus et confitemur, hoc ipsum nostram esse coram Deo iustitiam, quod Dominus nobis peccata remittit ex mera gratia absque ullo respectu praecedentium, praesentium aut consequentium nostrorum operum, dignitatis aut meriti. Ille enim donat atque imputat nobis iustitiam oboedientiae Christi, propter eam iustitiam a Deo in gratiam recipimur et iusti reputamur. Credimus etiam, docemus et confitemur, solam fidem esse illud medium et instrumentum, quo Christum salvatorem et ita in Christo iustitiam illam, quae coram iuditio Dei consistere potest, apprehendimus; propter Christum enim fides illa nobis ad iustitiam imputatur, Rom. 4. Credimus praeterea, docemus et confitemur, fidem illam iustificantem non esse nudam notitiam historiae de Christo, sed ingens atque tale Dei donum, quo Christum Redemtorem nostrum in verbo Evangelii recte agnoscimus ipsique confidimus, quod videlicet propter solam ipsius oboedientiam ex gratia remissionem peccatorum habeamus, sancti et iusti coram Deo Patre reputemur et aeternam salutem consequamur. Credimus, docemus et confitemur, vocabulum „iustificare“ phrasi scripturae sacrae in hoc articulo idem significare quod absolvere a peccatis, ut ex dicto Salomonis intelligi potest: Qui iustificat impium et qui condemnat iustum, abomnabilis est uterque apud Deum. Item: Quis accusabit electos Dei? Deus est, qui iustificat. [569] Et, si quando pro vocabulo iustificationis vocabula regenerationis et vivificationis usurpantur (quod in Apologia Augustanae Confessionis factum est), sunt ea in illa superiore significatione accipienda. Nam alias eae voces de hominis renovatione intelligendae sunt, quae a fidei iustificatione recte discernitur. Credimus, docemus et confitemur etiam, etsi vere in Christum credentes et
begonnene Osiandrische Streit wurde weit über das Jahr 1552 hinaus geführt und ebbte erst allmählich ab. Eine Auswahl der gewechselten Streitschriften findet sich in C&C 7. 74 jetzt erzählte, oben dargelegte | 75 Röm 5,19 | 76 womit, mit dem | 77 Röm 3,21; Röm 4,5 78 ihn | 79 für | 80 Prov 17,15 | 81 Röm 8,33 | 82 Vgl. AC IV, o. S. 294,32–296,11; 295,18–297,7; 342,17–31; 343,13–26; 360,23–31; 361,19–24; 412,30–32; 413,23–26. | 83 selbst wenn
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I.
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Prover. 17. Rom. 8.
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1. 2.
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gleubigen und warhafftig widergebornen auch noch viel tschwachheit und gebrechent anhanget bis | in die gruben, Do sie doch der ursach halben weder an irer gerechtigkeit, so inen durch den glauben zugerechnet, noch an irer Seelen seligkeit zweiffeln, sondern vor gewis halten sollen, das sie umb Christus willen uvermöge der verheissung und wort des heiligen Evangeliiu einen gnedigen Gott haben. Wir gleuben, leren und bekennen, das zu erhaltung reiner lere von der gerechtigkeit des glaubens für84 Gott uber den „particulis exclusivis“85, das ist uber nachfolgende wort vdes heiligen Apostels Pauli,v dadurch der verdienst Christi von unsern wercken gentzlich abgesondert und Christo die ehre allein gegeben, mit besonderm vleis zu halten sey,w da der heilige Apostel Paulus schreibet: „Aus gnaden, one verdienst“,86 „one Gesetz, one werck“,87 „nicht aus den wercken“,88 welche wort alle zugleich so viel heissen als: „allein durch den glauben“ an Christum werden wir gerecht und selig.89 Wir gleuben, leren und bekennen, das ob wol vorgehende reux und nachfolgende gute werck nicht in den Artickeln der rechtfertigung vor Gott gehören, yJedoch sol nicht ein solcher glaub gedichtet werden, der bey und neben einem bösen vorsatz zu sündigen und wider das gewissen zuhandeln, sein und bleiben köndte, Sondern nach dem der mensch durch den glauben gerechtfertiget worden, als dann ist ein warhafftiger, lebendiger „glaube durch die liebe thetig“,90 Gal. 5, Also das die gute wercky dem gerechtmachenden glauben alzeit folgen und bey demselben, do er rechtschaffen und lebendig, gewislich erfunden werden, wie er dann nimmer allein ist, sondern alzeit liebe und hoffnung bey sich hat. Antithesis oder Negativa Gegenlere verworffen Demnach verwerffen und verdammen wir alle nachfolgende irthumb: Das Christus unser gerechtigkeit sey allein nach der Göttlichen natur. [236r] Das Christus unser gerechtigkeit sey allein nach der menschlichen natur. Das in den Sprüchen der Propheten und Aposteln, da von der gerechtigkeit des glaubens geredet wird, die wort „Rechtfertigen“ und „gerechtfertiget werden“ nicht sollen heissen „von sünden ledig sprechen“ oder „gesprochen werden“ und „vergebung der sünde erlangen“, Sondern von wegen der durch den heiligen Geist eingegossene liebe, tugend und daraus folgender werck mit der that vor Gott gerecht gemacht werden. Das der glaube nicht allein ansehe den gehorsam Christi, sondern seine
t – t ungerechtikheitt EpTB | u – u nicht in EpTB | v – v nicht in EpTB | w nicht in EpTB | x buß EpTB | y – y Gleichwol aber von dem Glaubenn, als khöntte der Glaub ohne rechte Buß und beßerung stehen, nicht abgesondertt, noch gentzlich abgescheiden sein, sondern EpTB
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renati multis infirmitatibus et naevis usque ad mortem sunt obnoxii, non tamen illis vel de iustitia, quae per fidem ipsis imputatur, vel de aeterna salute esse dubitandum, quin potius firmiter illis statuendum esse, quod propter Christum iuxta promissionem et immotum verbum Evangelii Deum sibi placatum habeant. Credimus, docemus et confitemur, quod ad conservandam puram doctrinam de iustitia fidei coram Deo necessarium sit, ut particulae exclusivae (quibus Apostolus Paulus Christi meritum ab operibus nostris prorsus separat solique Christo eam gloriam tribuit), quam diligentissime retineantur, ut, cum Paulus scribit, ex gratia, gratis, sine meritis absque lege, sine operibus, non ex operibus. Quae omnia hoc ipsum dicunt: Sola fide in Christum iustificamur et salvamur.
VII.
Credimus, docemus et confitemur, etsi antecedens contritio et subsequens nova oboedientia ad articulum iustificationis coram Deo non pertinent, non tamen talem fidem iustificantem esse fingendam, quae una cum malo proposito peccandi videlicet et contra conscientiam agendi esse et stare possit, sed postquam homo per fidem est iustificatus, tum veram illam et vivam fidem esse per charitatem efficacem et bona opera semper fidem iustificantem sequi et una cum ea, si modo vera et viva fides est, certissime deprehendi. Fides enim vera nunquam sola est, quin charitatem et spem semper secum habeat.
VIII.
Galat. 5.
[570] Antithesis seu negativa Reiectio contrariae et falsae doctrinae
25
Repudiamus ergo et damnamus omnia falsa dogmata, quae iam recitabimus: Christum esse iustitiam nostram solummodo secundum divinam naturam. Christum esse iustitiam nostram tantummodo iuxta humanam naturam.
III.
30
In dictis Propheticis et Apostolicis, ubi de iustificatione fidei agitur, vocabula „iusticare“ et „iustificari“ non idem esse ac a peccatis absolvere et absolvi et remissionem peccatorum consequi, sed nos per charitatem a Spiritu sancto infusam, per virtutes et per opera, quae a charitate promanant, reipsa coram Deo iustos fieri. Fidem non respicere in solam Christi oboedientiam, sed in divinam eius
IIII.
84 87
vor | 85 Ausschließlichkeitsformulierungen (sola fide, sola gratia, sola scriptura) | Röm 3,21.28 | 88 Röm 11,6 | 89 Röm 3,28 | 90 Gal 5,6
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Röm 3,24
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11.
Die Konkordienformel – Epitome
Göttliche natur, wie dieselbige in uns wonet und wircket, und durch solche einwonung unser sünde bedecket werden. Das der glaub ein solch vertrauen auff den gehorsam Christi sey, welcher in einem menschen sein und bleiben könne, der gleich keine warhafftige busse habe, do auch keine liebe folge, sondern wider sein gewissen in sünden verharret. Das nicht Gott selbst, sondern allein die gaben Gottes in den gleubigen wonen. Das der glaube darumb selig mache, weil die erneuerung,z so in der liebe gegen Gott und dem nehesten91 stehe, in uns durch den glauben angefangen werde. Das der glaub den vorzug habe in der rechtfertigung, gleichwol gehöre auch die erneuerung und die liebe zu unser gerechtigkeit vor Gott, dergestalt, das sie wol nicht die vornemste ursach unserer gerechtigkeit, aber gleichwol unser gerechtigkeit vor Gott one solche liebe und erneuerung nicht gantz oder volkommen sey. Das die gleubigen vor Gott gerechtfertiget werden und selig sein zugleich durch die zugerechnete gerechtigkeit Christi und durch den angefangenen neuen gehorsam, oder zum teil durch die zurechnung der gerechtigkeit Christi, zum teil abera durch den angefangenen neuen gehorsam. Das uns die verheissung der gnaden zugeeignet werde durch den glauben im hertzen und durch die bekentnis, so mit dem munde geschicht, und durch andere tugend. [236v] Das der glaube nicht rechtfertige one die gute werck, also das die guten werck notwendig zur gerechtigkeit erfordert,b one derselben gegenwertigkeit der mensch nicht gerechtfertiget werden könne.
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IIII. Von guten Wercken Status Controversiae Die Hauptfrage im streit von den guten Wercken
1.
2.
Uber der Lere von guten Wercken seind zweierley spaltungen in etlichen Kirchen entstanden: Erstlich Haben sich etzliche Theologen uber nachfolgenden reden getrennet, da der eine teil geschrieben, Gute Werck sind nötig zur seligkeit. Es ist unmüglich, one gute Werck selig zu werden. cItem92, es ist niemals jemand one gute werck selig worden.c Der andere aber dagegen geschrieben: Gute Werck sind schedlich zur seligkeit. Darnach Hat sich auch zwischen etzlichen Theologen uber den beiden worten „Nötig“ und „Frey“ eine trennung erhaben93, Da der eine teil gestrit-
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gerechttigkeitt EpTB | a nicht in EpTB | b danach: und EpTB | c – c nicht in EpTB
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III. Von der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott
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naturam, quatenus videlicet ea in nobis habitet atque efficax sit, ut per eam inhabitationem peccata nostra tegantur. Fidem esse talem fiduciam in oboedientiam Christi, quae possit in eo etiam homine permanere et consistere, qui vera poenitentia careat et ubi charitas non sequatur, sed qui contra conscientiam in peccatis perseveret.
V.
Non ipsum Deum, sed tantum dona Dei in credentibus habitare.
VI.
Fidem ideo salutem nobis conferre, quod novitas illa, quae in dilectione erga Deum et proximum consistit, per fidem in nobis incoetur.
VII.
Fidem in iustificationis negotio primas quidem partes tenere, sed tamen etiam renovationem et charitatem ad iustitiam nostram coram Deo pertinere, ita ut renovatio et [571] charitas quidem non sint principalis causa nostrae iustitiae, sed tamen iustitiam nostram coram Deo (si absint renovatio et charitas) non esse integram et perfectam. Credentes in Christum coram Deo iustos esse et salvos simul per imputatam Christi iustitiam et per inchoatam novam oboedientiam, vel partim quidem per imputationem iustitiae Christi, partim vero per inchoatam novam oboedientiam. Promissionem gratiae nobis applicari per fidem in corde et praeterea etiam per confessionem, quae ore fit, et per alias virtutes.
VIII.
Fidem non iustificare sine bonis operibus, itaque bona opera necessario ad iustitiam requiri et absque eorum praesentia hominem iustificari non posse.
IX.
X.
XI.
IIII. De bonis operibus Status controversiae
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In doctrina de bonis operibus duae controversiae in quibusdam Ecclesiis ortae sunt. Primum schisma inter Theologos quosdam factum est, cum alii assererent, bona opera necessaria esse ad salutem; impossibile esse salvari sine bonis operibus; et, neminem unquam sine bonis operibus salvatum esse. Alii vero docerent: Bona opera ad salutem esse perniciosa. Alterum schisma inter Theologos nonnullos super vocabulis „necessarium“et „liberum“ ortum est. Altera enim pars contendit, vocabulum „necessarium“
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Nächsten | 92 Ebenso, außerdem | 93 erhoben, aufgetan
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I.
II.
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Die Konkordienformel – Epitome
ten, man sol das wort „Nötig“ nicht brauchen von dem neuen gehorsam, der nicht aus not und zwang, sondern aus freywilligem Geist herfliesse. Der ander teil Hat uber dem wort „Nötig“ gehalten, weil solcher gehorsam nicht in unser | wilkühr94 stehe, sondern die widergebornen menschen schuldig sein, solchen gehorsam zu leisten. Aus welcher Disputation uber den worten nachmals ein streit von der sach an ir95 selbst sich zugetragen, Das der eine teil gestritten, Man solte gantz und gar unter den Christen das Gesetz nicht treiben, [237r] sondern allein aus dem heiligen Evangelio die leute zu guten Wercken vermanen, Der ander hat es widersprochen.96
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Affirmativa Reine Lere der Christlichen Kirchen von diesem streit
1.
2.
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Zu gründtlicher erklerung und hinlegung97 dieser Zwispalt ist unser Lere, glauben und bekentnis: Das gute Werck dem warhafftigen glauben, wann98 derselbige nicht ein todter, sondern ein lebendiger glaube ist, gewislich und ungezweiffelt folgen als früchte eines guten Baums.d Wir gleuben, leren und bekennen auch, das die gute Werck, gleich so wol wann von der seligkeit gefraget wird, als99 im Artickel der Rechtfertigung vor Gott, gentzlichen ausgeschlossen werden sollen, wie der Apostel mit klaren worten bezeuget, do er also geschrieben: „nach welcher weise auch David sagt, Das die seligkeit sey allein des menschen, welchen Gott zurechnet die gerechtigkeit, one zuthun der wercke, do er spricht: Selig sind die, welchen ire ungerechtigkeit nicht zugerechnet wird“100, Rom. 4. Und abermals: „Aus gnaden seit ir selig worden. Gottes gabe ist es nicht aus den wercken auff das sich nicht jemands rhüme“,101 Eph. 2. Wir gleuben, leren und bekennen auch, das alle menschen, sonderlich aber die durch den heiligen Geist widergeboren und erneuert, schuldig sein, gute Werck zu thun.
d danach: dann wo nicht ein rechte buß vorgangangen und liebe volgt, da ist nichtt ein lebendiger glaub, davon S. Paulus Ro. 3. redett, der allein seligmachett, sondern ein toder glaub, davon S. Jacob geschrieben: die Teufel gleuben und ertzittern EpTB 94 freien Verfügung | 95 ihr, sich | 96 Georg Major hatte in Weiterentwicklung der Theologie seines Lehrers Melanchthon (vgl. ders., Loci theologici [1535], in: CR 21, 429) die These vertreten, dass gute Werke zur Seligkeit nötig seien und niemand ohne gute Werke selig werden könne. Dem trat Nikolaus von Amsdorf entgegen und warf Major, wie auch Johannes Bugenhagen vor, die evangelische Rechtfertigungslehre zu verfälschen. Damit löste er den sogenannten Majoristischen Streit (1552–1570) aus, in dessen Verlauf Amsdorf – bemüht um die Wahrung der Lutherschen Lehre von der Rechtfertigung „sola gratia“ – als Gegenthese formulierte, dass gute Werke zur Erlangung der Seligkeit sogar schädlich seien. Der Streit weitete sich rasch aus, auch wenn Major in Erläuterung seiner Lehre die Werke als Früchte des Glaubens und als den auf die Rechtfertigung „sola fide“ folgenden neuen Gehorsam des Christen darstellte. Ohne sie würde der Mensch seine in der Rechtfertigung gründende Seligkeit wieder aufs Spiel setzen. Aber alle Erklärungen
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non esse usurpandum de nova oboedientia; eam enim non a necessitate quadam et coactione, sed a spontaneo spiritu promanare. [572] Altera vero pars vocabulum „necessarium“ prorsus retinendum censuit, propterea quod illa oboedientia non in nostro arbitrio posita et libera sit, sed homines renatos illud obsequium debere praestare. Et dum de commemoratis illis vocabulis disputatum est, tandem etiam de reipsa fuit disceptatum. Alii enim contenderunt, legem apud Christianos prorsus non esse docendam, sed tantummodo doctrina Evangelii homines ad bona opera invitandos esse. Alii hanc opinionem impugnarunt.
Affirmativa Sincera Ecclesiae doctrina de hac controversia Ut hae controversiae solide et dextre explicentur atque decidantur, haec nostra fides, doctrina et confessio est: Quod bona opera veram fidem (si modo ea non sit mortua, sed viva fides) certissime atque indubitato sequantur tanquam fructus bonae arboris.
I.
Credimus etiam, docemus et confitemur, quod bona opera penitus excludenda sint, non tantum cum de iustificatione fidei agitur, sed etiam cum de salute nostra aeterna disputatur, sicut Apostolus perspicuis verbis testatur, cum ait: Sicut et David dicit beatitudinem hominis, cui Deus accepto fert iustitiam sine operibus. Beati, quorum remissae sunt iniquitates, et quorum tecta sunt peccata. Beatus vir, cui non imputavit Dominus peccatum etc. Et alibi: Gratia, inquit, estis salvati per fidem et hoc non ex vobis; Dei enim donum est, non ex operibus, ne quis glorietur.
II.
Credimus, docemus et confitemur, omnes quidem homines, praecipue vero eos, qui per Spiritum sanctum regenerati sunt et renovati, ad bona opera facienda debitores esse.
III.
schufen auch neue Fronten und brachten neue Gegner auf den Plan, so z.B. Matthias Flacius, Nikolaus Gallus, Johannes Wigand auf der einen und Justus Menius, den Superintendenten von Gotha, auf der anderen Seite. 1556 versuchte die Eisenacher Synode eine Einigung heraufzuführen, die sich vorübergehend darin realisierte, dass Menius und sein Gegner Amsdorf durch Unterschrift ihre Zustimmung zu der These „…bona opera sunt necessaria ad salutem, in doctrina legis abstractive et de idea tolerari potest“ (d. h.: die Lehre gute Werke sind nötig zur Seligkeit kann in der Lehre vom Gesetz abstrakt und der Idee nach geduldet werden) bekannten. Damit hatte man Amsdorf ein Zugeständnis an die Position Majors abgerungen, von dem er sich jedoch sehr bald wieder distanzierte. Auf dem Altenburger Religionsgespräch von 1568/1569, das drei Jahre nach dem Tod Amsdorfs stattfand, versuchte man noch einmal – allerdings vergeblich – den Streit beizulegen. Noch im Zuge des Majoristischen Streits, brach die Kontroverse um Gesetz und Evangelium (Antinomistischer Streit, 1556–1571) und deren Funktionen im Leben des Einzelnen auf. Eine Dokumentation des Majoristischen Streits in ausgewählten Quellen findet sich in C&C 3. | 97 Beilegung | 98 wenn | 99 wie | 100 Röm 4,6 | 101 Eph 2,8
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Rom. 4.
Ephes. 2.
1244 4.
5.
Rom 7 et 8
6.
7.
8.
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10.
Die Konkordienformel – Epitome
In welchem verstandt die wort ,Nötig‘, ,sollen‘ und ,müssen‘ recht und Christlich auch von den widergebornen gebraucht werdene und keines weges dem vorbilde gesunder wort und reden zu wider sein. Doch sol durch ermelt102 wort ,Neceßitas‘, ,necessarium‘, ,Not‘ und „notwendig“, wann von den widergebornen geredet, nicht ein zwang, sondern allein der schuldige gehorsam verstanden werden, welchenf die rechtgleubigen, so viel sie widergeborn, nicht aus zwang [237v] oder treiben103 des Gesetzes, sondern aus freiwilligem geiste leisten, „weil sie nicht mehr unter dem Gesetze, sondern unter der gnade sein“.104 Demnach gleuben, leren und bekennen wir auch, wann gesagt wird, Die widergebornen thun gute werck aus einem freien Geist, das solches nicht verstanden werden sol, als ob es in des widergebornen menschen wilkühr stehe, gutes zuthun oder zulassen, wann er wölle, und gleich wol den glauben behalten müge, wann er in sünden vorsetzlich verharret. gWelches dochg anderst nicht verstanden werden sol, dann105 wie es der Herr Christus und seine Apostel selbst erkleret, nemlichh Von dem freigemachten Geist, das er solches nicht thue aus furcht der straff106 wie ein Knecht, sondern aus lieb der gerechtigkeit wie die Kinder, Rom. 8.107 iWiewol diese freiwilligkeit in den auserwelten kindern Gottes nicht volkommen, sondern mit grosser schwacheit beladen sind, wie S. Paulus uber sich selbst klaget, Rom. 7; Gal. 5.108 i Welche schwacheit doch der Herr seinen auserwelten nicht zurechnet, umb des | Herrn Christi willen, jwie geschrieben stehet: „Es ist nun nichts verdamlichs in denen so in Christo Jesu sind“, Rom. 8.109 j Wir gleuben, leren und bekennen auch, das den glauben und die seligkeit in uns nicht die werck, sondern allein der Geist Gottes kdurch den glaubenk erhalte, des110 gegenwertigkeit und inwonung die guten werck zeugen sein.
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Negativa Falsche Gegenlere 1.
2.
Demnach verwerffen und verdammen wir diese weise zu reden, wann geleret undl geschrieben wirdt, das gute werck nötig sein zur seligkeit. Item, Das niemand jemals one gute werck sey selig worden. Item, Das es unmüglich sey, one gute werck selig werden. [238r] Wir verwerffen und verdammen diese blosse rede als ergerlich und Christlicher zucht nachteilig, wann geredet wird, Gute werck sind schedlich zur seligkeit. Dann besonder zu diesen letzten zeiten nicht weniger von e nicht in EpTB | f denn EpTB | g – g Sondern solchs soll EpTB | h nicht in EpTB | i – i Wir gleuben, lehren und bekhennen aber, das diser freiwillige Geist auch in den außerwelten umb des vorterbten fleisches, das ist, der vorterbten natur willen, so in leib und Seele oder Geist stekhett gantz schwach und also nur angefangen, wie Christus selbst zeugt: der Geist ist willig, aber das fleisch ist schwach, Mat. 26 EpTB | j – j nicht in EpTB | k – k nicht in EpTB | l oder EpTB
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[573] Et in hac sententia vocabula illa „necessarium“, „debere“, „oportere“ recte usurpantur etiam de renatis hominibus et cum forma sanorum verborum non pugnant. Sed tamen per vocabula „necessitas“, „necessarium“, quando videlicet de renatis est sermo, non intelligenda est coactio, sed tantum debita illa oboedientia, quam vere credentes, quatenus renati sunt, non ex coactione aut compulsu legis, sed libero et spontaneo spiritu praestant: quandoquidem non amplius sub lege sunt, sed sub gratia.
IIII.
Credimus igitur, docemus et confitemur, cum dicitur, renatos bene operari libero et spontaneo spiritu, id non ita accipiendum esse, quod in hominis renati arbitrio relictum sit, bene aut male agere, quando ipsi visum fuerit, ut nihilominus tamen fidem retineat, etiamsi in peccatis ex proposito perseveret.
VI.
Hoc tamen non aliter quam de spiritu hominis iam liberato intelligendum est, sicut hanc rem ipse Christus eiusque Apostoli declarant, quod videlicet spiritus hominis liberatus bene operetur, non formidine poenae ut servus, sed iustitiae amore, qualem oboedientiam filii praestare solent. Hanc vero libertatem spiritus in electis Dei filiis non perfectam, sed multiplici infirmitate adhuc gravatam agnoscimus, quemadmodum D. Paulus super ea re de sua ipsius persona conqueritur. Illam tamen infirmitatem Dominus electis suis non imputat, idque propter mediatorem Christum. Sic enim scriptum est: Nihil iam damnationis est his, qui in Christo Iesu sunt. Credimus praeterea, docemus et confitemur, fidem et salutem in nobis conservari aut retineri non per opera, sed tantum per spiritum Dei et per fidem (qua scilicet salus custoditur) bona autem opera testimonia esse, quod Spiritus sanctus praesens sit atque in nobis habitet.
VII.
V.
Rom. 7. 8.
VIII. Rom 7. Galat. 5.
IX Rom. 8.
X.
[574] Negativa Falsa doctrina, superiori repugnans 30
Reiicimus igitur et damnamus subsequentes phrases, cum docetur, bona opera necessaria esse ad salutem; neminem unquam sine bonis operibus salvatum; impossibile esse, sine bonis operibus salvari.
I.
Repudiamus et damnamus nudam hanc offendiculi plenam et Christianae disciplinae perniciosam phrasin: Bona opera noxia esse ad salutem. His enim
II.
102 108
erwähnte | 103 Antrieb | 104 Röm 6,14 | 105 als | 106 Furcht vor der Strafe | 107 Vgl. Röm 8,14. Vgl. Röm 7,14–25; Gal 5,17. | 109 Röm 8,1 | 110 von dessen
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Die Konkordienformel – Epitome
nöten, die leute zu Christlicher zucht mund guten werckenm zuvermanen und zuerinnern, wie nötig es sey, das sie zu anzeigung ires glaubens und danckbarkeit beyn Gott sich in guten wercken uben, Als das die werck in den Artickel der Rechtfertigung nicht eingemenget werden, weil durch ein Epicurischen wahn111 vom glauben die menschen so wol als durch das Papistisch112 und Phariseisch vertrauen auff eigene owerck undo verdienst verdammet werden können. Wir verwerffen und verdammen auch, wann geleret wird, das der glaub und einwonung des heiligen Geistes nicht durch mutwillige sünde verloren werden, | sondern das die heiligen undp auserwelten den heiligen Geist behalten, wann sie gleich113 in Ehebruch und andere sünde fallen und darinnen verharren.114
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V. Vom Gesetz und Evangelio Status Controversiae Die Hauptfrage in dieser Zwispalt Ob die Predigt des heiligen Evangelii eigentlich sey nicht allein ein gnadenpredigt, die vergebung der sünden verkündiget, sondern auch eine bus und straffpredigt115, welche den unglauben straffet116, der im Gesetz nicht gestraffet, sondern allein durch das Evangelium gestraffet werde.117
m–m
nicht in EpTB | n gegen EpTB | o – o nicht in EpTB | p nicht in EpTB
111
Eine Haltung, die keine Verantwortung für die eigenen Handlungen vor Gott kennt. Dies führte man im 16. Jahrhundert auf den Einfluss des Philosophen Epikur zurück. | 112 zeitgenössisches Schimpfwort zur Bezeichnung theologischer Fehlentwicklungen des Mittelalters | 113 auch wenn sie | 114 Damit wurde über den Streitkontext hinausreichend auch der im calvinistischen Raum entwickelte Gedanke der „perseverantia sanctorum“ angesprochen. | 115 Buß- und Strafpredigt | 116 schilt, anprangert, aufdeckt | 117 Diese Frage nach der Funktion der Predigt des Evangeliums lag dem Antinomistischen Streit (1556–1571) zugrunde, der noch während des Majoristischen Streits (vgl. o. S. 1242f, Anm. 96) aufbrach. Im Grunde war die hier diskutierte Problematik nicht neu. Bereits im Jahre 1527 hatte es im Anschluß an die Visitationsartikel (CR 26, 7–28 [lat.]; 41/42–96 [dt.]) eine ähnliche Debatte zwischen Johannes Agricola und Melanchthon gegeben. Denn Melanchthon hatte angesichts undifferenzierter und unverantwortlicher Gnadenpredigt die Rolle und Funktion des Gesetzes für die sittliche Komponente christlichen Lebens betont. Er machte deutlich, dass die Glaubenspredigt zudem unverständlich und ineffektiv bleibe, wenn nicht zuvor die Buße geweckt worden sei. Am Anfang müsse deshalb die Gesetzespredigt stehen, die zur Buße treibt: „Cor contritum necesse est praecedere fidem, sicut aurora oriente sole diem naturaliter praecedit“ und „Ubi doctrina fidei sine lege traditur, infinita scandala oriuntur“. Die Gesetzespredigt ist für Melanchthon notwendig „ut coerceantur rudes homines“ und „ut [lex] terreat conscientias“ (Articuli, de quibus egerunt per visitatores in regione Saxoniae, Wittenberg 1527, in: CR 26, 11. 28; vgl. dazu auch Melanchthons Äußerung in seinem „Bedenken auf das Weimarische Confutation=Buch, An Churfürst zu Sachsen“ 9. März 1559, in: CR 9, 764 [Nr. 6705]; MBW datiert „vor dem 10.3.1559“, in: MBW 8, 323–325 [Nr. 8886]). Agricola beschuldigte Melanchthon daraufhin, von der reformatorischen Lehre abgefallen zu sein und antwortete – unter einseitiger Berufung auf Luther – mit solchen Lehrsätzen, die das Evangelium als wirkende Kraft herausstellten. Ja, er formulierte sogar, das Gesetz sei ein verfehlter Versuch Gottes, die
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postremis temporibus non minus necessarium est, ut homines ad recte et pie vivendi rationem bonaque opera invitentur atque moneantur, quam necessarium sit, ut ad declarandam fidem atque gratitudinem suam erga Deum in bonis operibus sese exerceant: quam necessarium est cavere, ne bona opera negotio iustificationis admisceantur. Non minus enim homines Epicurea persuasione de fide, quam Pharisaica et Papistica fiducia in propria opera et merita damnationem incurrere possunt. Praeterea reprobamus atque damnamus dogma illud, quod fides in Christum non amittatur et Spiritus sanctus nihilominus in homine habitet, etiamsi sciens volensque peccet, et quod sancti atque electi Spiritum sanctum retineant, tametsi in adulterium aut in alia scelera prolabantur et in iis perseverent.
[575] V. De lege et evangelio Status contoversiae
15
Quaesitum fuit, an Evangelium proprie sit tantummodo contio de gratia Dei, quae remissionem peccatorum nobis annunciet, an vero etiam sit contio poenitentiae arguens peccatum incredulitatis, quippe quae non per legem, sed per Evangelion duntaxat arguatur. Menschen durch Drohung und Zwang zu leiten (Johannes Agricola, Hundert vnd || Dreyssig gemeyner frag||stücke / für die jungen kinder || in der Teütschen Meydleyn || schule zu Eyßleben / Von dem || wort Gottes / Glauben / Ge=||bete / heyligen geyste / Creütz / || vnd liebe / auch ein vnter||richt von der Tauff || vnd leyb vnd blut || Christi, Nürnberg: Georg Wachter 1528 (VD 16 ZV 225), B 2r. B 6r–v. 8r [Fragen 73. 114–116. 130]) Das Gesetz gehe – als der Juden Sachsenspiegel – die Christen heute nichts mehr an. Der Streit wurde schließlich geschlichtet, brach aber 1537 zwischen Agricola und Luther wieder auf. Denn Agricola hatte in seiner Kontroverse mit dem zum alten Glauben zurückgekehrten Konvertiten Georg Witzel eine streng antinomistische Position eingenommen. Er behauptete, dass Buße, Sündenerkenntnis und Gottesfurcht aus dem Evangelium, nicht aus dem Gesetz zu lehren seien. Dabei parallelisierte er – anders als Luther und Melanchthon – das Gesetz mit dem Mose-Gesetz des Alten Testaments. Den Wittenbergern begann er vorzuwerfen, sie würden aus Christus einen neuen Mose machen, wenn sie lehrten, dass gute Werke mit einer gewissen Notwendigkeit aus dem Glauben folgten und sie sie auf diese Weise mit einem Zwang belegten. Die Situation gewann durch Predigten Agricolas an Schärfe, so dass sich Luther genötigt sah, in einer Reihe von Disputationen 1537/1538 gegen die „Antinomer“ vorzugehen (WA 39/1, 334–358. 359–417. 418–485. 486–584). In diesem Zusammenhang klang auch bei ihm der „triplex usus legis“ an. Seine Schrift „Wider die Antinomer“ von 1539 (WA 50, [461] 468–477) versuchte, einen Schlusspunkt unter die Kontroverse zu setzen. An diese beiden ersten Phasen des Antinomistischen Streits schloß sich eine dritte, aus dem Majoristischen Streit hervorgehende Phase an. In dieser Kontroverse gerieten Melanchthon und seine Anhänger plötzlich in den Verdacht, ebenfalls antinomistisch zu lehren, obwohl der Präceptor in seiner frühen Auseinandersetzung mit Agricola 1527 von diesem als Gesetzeslehrer gebrandmarkt worden war. Diese Umkehrung der Vorwürfe war veranlasst durch eine in verschiedenen Varianten zu findende Aussage Melanchthons, das Evangelium sei insofern eine „praedicatio poenitentiae et promissio“ (Loci theologici [1535], in: CR 21, 415) als erst durch das Evangelium die eigentliche Schuld des Menschen, nämlich sein Unglaube, d.h. das Nicht-Erkennen-Wollen des
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[238v] Affirmativa Reine lere Gottes Worts 1.
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Wir gleuben, leren und bekennen, das der unterscheid des Gesetzes und Evangelii als ein besonder herrlich liecht mit grossem vleis in der Kirchen zuerhalten, dadurch das wort Gottes (nach der vermanung S. Pauli118) recht geteilet119 wird. Wir gleuben, leren und bekennen, dasz das Gesetz eigentlich sey eine Göttliche lere, welche leret, was recht und Gott gefellig und straffet120 alles, was sünde und Gottes willen zuwider ist. Darumb dann alles, was sünde straffet, ist und gehöret zur Predigt des Gesetzes. Das Evangelium aber sey eigentlich eine solche lere, die da leret, was der mensch gleuben sol, der das Gesetz nicht gehalten und durch dasselbige verdampt,q nemlich Das Christus alle sünde gebüsset und bezalet und ime121 one allen seinen verdienst erlanget und erworben habe ver|gebung der sünden, „gerechtigkeit, die vor Gott gilt“,122 und das ewige leben. Nach dem aber das wort „Evangelium“ nicht in einerley verstandt123 in heiliger Schrifft gebraucht, daher124 dann diese Zwispalt ursprünglich entstanden, So gleuben, leren und bekennen wir, wann durch das wort „Evangelium“ verstanden wirdt die gantze lere Christi, die er in seinem Lerampt wie auch seine Aposteln gefüret (in welchem verstande es dann Marci 1, rActor. 20125 gebrauchtr), das recht geredet und geschrieben, Das Evangelium sey eine Predigt von der Busse und vergebung der sünden. Wann aber das Gesetz und Evangelium, wie auch Moses selbst ein Gesetzlerer und Christus als ein Prediger des Evangeliums, gegen einander gehalten, gleuben, leren und bekennen wir, dasz das Evangelium nicht eine busse oder straffpredigt, sondern eigentlich anders nichts dann eine trostpredigt und fröliche botschafft sey, die nicht straffet noch schrecket, sondern wider das schrecken des [239r] Gesetzes die gewissen tröstet, allein auff den verdienst Christi weiset und mit der lieblichen Predig von der gnad und hulde Gottes, durch Christus verdienst erlanget, wider auffrichtet. Was dann die offenbarung der sünde belanget, weil die decke Moses allen menschen vor den augen henget,126 so lange sie die blosse Predigt des Gesetzes und nichts von Christo hören und also ire sünde aus dem Gesetz nicht recht lernen erkennen, sondern entweder vermessene heuchler werden, wie die Phariseer, oder verzweiffeln wie Judas, So snimmet Christus das Gesetz in q danach: ist EpTB | r – r und 16. gebrauchtt, und Luc. 24. Acto. 20 verstanden EpTB | gleuben, lehren unnd bekhennen wir, das EpTB
s–s
So
Sohnes Gottes, die „neglectio filii“, aufgedeckt werde. Nicht nur seine Schüler, sondern auch ein Theologe wie Christoph Pezel hatten mit dieser Aussage argumentiert. Dagegen bezogen Matthias Flacius, Matthäus Judex, Johannes Stössel und später auch Johannes Wigand Position. Eine
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V. Von Gesetz und Evangelium
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Affirmativa Sincera doctrina cum norma verbi Dei congruens
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Credimus, docemus et confitemur discrimen Legis et Evangelii ut clarissimum quoddam lumen singulari diligentia in Ecclesia Dei retinendum esse, ut verbum Dei iuxta admonitionem D. Pauli recte secari queat.
I.
Credimus, docemus et confitemur, legem esse proprie doctrinam divinitus revelatam, quae doceat, quid iustum Deoque gratum sit, quae etiam, quicqid peccatum est, et voluntati divinae adversatur, redarguat. Quare, quicquid extat in sacris literis, quod peccata arguit, id revera ad Legis contionem pertinet. Evangelion vero proprie doctrinam esse censemus, quae doceat, quid homo credere debeat, qui Legi Dei non satisfecit et idcirco per eandem damnatur, videlicet [576] quod illum credere oporteat Iesum Christum omnia peccata expiasse atque pro iis satisfecisse et remissionem peccatorum, iustitiam coram Deo consistentem et vitam aeternam, nullo interveniente peccatoris illius merito, impetrasse. Cum autem vocabulum „Evangelii“ non semper in una eademque significatione in sacra scriptura usurpetur, unde et dissensio illa primum orta est, credimus, docemus et confitemur, si vocabulum „Evangelii“ de tota Christi doctrina accipiatur, quam ipse in ministerio suo (quemadmodum et eius Apostoli) professus est (in qua significatione Marci 1. et Actor. 20. vox illa usurpatur) recte dici et doceri Evangelium esse contionem de poenitentia et remissione peccatorum. Quando vero Lex et Evangelion, sicut et ipse Moises ut doctor legis et Christus ut doctor Evangelii inter se conferuntur, credimus, docemus et confitemur, quod Evangelion non sit contio poenitentiae, arguens peccata, sed quod proprie nihil aliud sit, quam laetissimum quoddam nuntium et contio plena consolationis, non arguens aut terrens, quandoquidem conscientias contra terrores Legis solatur, easque in meritum solius Christi respicere iubet et dulcissima praedicatione de gratia et favore Dei per meritum Christi impetrato rursus erigit. Quod vero ad revelationem peccati attinet, sic sese res habent. Velum illud Moisis omnium hominum oculis est obductum quamdiu solam Legis contionem, nihil autem de Christo audiunt. Itaque peccata sua ex Lege non vere agnoscunt, sed aut hypocritae fiunt, qui iustitiae propriae opinione turgent, quales olim erant Pharisaei; aut in peccatis suis desperant, quod Iudas proditor ille fecit. Eam ob causam Christus sumsit sibi legem explicandam spiritua-
II.
Auswahl von Schriften des Antinomistischen Streits (3. Phase) findet sich in C&C 4. Vgl. auch u. S. 1252, Anm. 133. 118 Vgl. II Kor 3,7–9. | 119 aufgeteilt | 120 tadelt | 121 sich | 122 Röm 1,17 | 123 Verständnis 124 woher | 125 Mk 1,15; Act 20,24 | 126 II Kor 3,13–15
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III.
IIII.
V.
VI.
VII.
Matth. 5. Rom. 7.
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Die Konkordienformel – Epitome
seine hende und leget dasselbige geistlich aus, Matth. 5; Rom. 7.127 Und also wird | „Gottes zorn vom Himmel herab geoffenbaret“ uber alle sünder wie gros derselbe sey,128 dadurch sie in das Gesetz gewiesen werden und als dann aus demselben erst recht lernen ire sünde erkennen, welches erkentnis Mose nimmermehr aus inen hette erzwingen können. Demnach: ob wols die Predigt vom leiden und sterben Christi des Sons Gottes eine ernstliche und schreckliche Predigt und anzeigen Gottes zorns ist, dadurch die leute erst recht in das Gesetz gefüret, nach dem inen die decke Moses hinweg gethan, das sie erst recht erkennen, wie grosse ding Gott im Gesetz von uns erfordert, deren wir keines halten können und demnach alle unsere gerechtigkeit in Christo suchen sollen. Doch so lang dies alles (nemlich Christus leiden und sterben) Gottes zorn prediget und den menschen schrecket, so ist es noch nicht des Evangelii eigentlichet Predigt, sondern Moses und des Gesetzes predigt und demnach ein fremde uwerck Christi129,u dadurch er kömpt zu seinem eigenen Ampt, das ist, gnade predigen, trösten und lebendig machen, welches eigentlich die predigt des Evangelii ist.
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Negativa Gegenlere, so verworffen
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Demnach verwerffen wir und halten es vor unrecht und schedlich, wann geleret wird, dasz das Evangelium eigentlich eine bus130 oder eine straffpredigt und nicht allein eine gnadenpredigt sey, dadurch das Evangelium wi[239v] derumb zu einer Gesetz lere131 gemacht, der verdienst Christi und heilige Schrifft verdunckelt, die Christen des rechten | trosts beraubet und dem Bapsthumb die thür widerumb auffgethan wird.
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VI. Vom dritten brauch des Gesetzes Status Controversiae Die Hauptfrage von diesem streit Nach dem das Gesetz den menschen umb dreierley ursach willen gegeben: Erstlich, das dadurch eusserliche zucht wider die wilden132, ungehorsamen erhalten. Zum andern, das die menschen dardurch zu erkentnis irer sünden gefüret. Zum dritten, nach dem sie widergeboren und gleichwol das fleisch inen anhanget, das sie, vumb desselben willen,v eine gewisse regel hetten, nach welcher sie ir gantzes leben anstellen und regieren sollen, Hat sich eine zwispalt zwischen etzlichen wenigen Theologen uber dem dritten brauch des
t
noch Christi eigene EpTB | u – u Ampt EpTB | v – v nicht in EpTB
127
Mt 5,17–48; Röm 7,7.14 |
128
Röm 1,18 |
129
Vgl. Luther, Praelectio in psalmum XLV (1532),
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liter et hoc modo ira Dei de coelo revelatur super omnes peccatores, ut vera legis sententia intellecta animadvertatur, quanta sit illa ira. Et sic demum peccatores ad legem remissi, vere et recte peccata sua agnoscunt. Talem vero pec[577]catorum agnitionem solus Moises nunquam ex ipsis extorquere potuisset. Etsi igitur contio illa de passione et morte Christi, filii Dei, severitatis et terroris plena est, quae iram Dei adversus peccata ostendit, unde demum homines ad legem Dei propius adducuntur, postquam velum illud Moisis ablatum est, ut tandem exacte agnoscant, quanta videlicet Dominus in lege sua a nobis exigat, quorum nihil nos praestare possumus, ita ut universam nostram iustitiam in solo Christo quaerere oporteat. Tamen quamdiu nobis Christi passio et mors iram Dei ob oculos ponunt et hominem perterrefaciunt, tamdiu non sunt proprie contio Evangelii, sed Legis et Moisis doctrina, et sunt alienum opus Christi, per quod accedit ad proprium suum officium, quod est, praedicare de gratia Dei, consolari et vivificare. Haec propria sunt praedicationis Evangelicae.
Negativa Contraria et falsa doctrina, quae reiicitur 20
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Reiicimus igitur ut falsum et perniciosum dogma, cum asseritur, quod Evangelion proprie sit contio poenitentiae, arguens, accusans et damnans peccata, quodque non sit tantummodo contio de gratia Dei. Hac enim ratione Evangelion rursum in legem transformatur, meritum Christi et sacrae literae obscurantur, piis mentibus vera et solida consolatio eripitur et Pontificiis erroribus et superstitionibus fores aperiuntur.
[578] VI. De tertio usu legis Status controversiae
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Cum constet, legem Dei propter tres causas hominibus datam esse: Primo, ut externa quaedam disciplina conservetur et feri atque intractrabiles homines quasi repagulis quibusdam coerceantur, secundo, ut per legem homines ad agnitionem suorum peccatorum adducantur, tertio, ut homines iam renati, quibus tamen omnibus multum adhuc carnis adhaeret, eam ipsam ob causam certam aliquam regulam habeant, ad quam totam suam vitam formare possint et debeant etc., orta est inter paucos quosdam Theologos controversia
in: WA 40/2, 491,33–492,19. | herrschten
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Buß-[predigt] |
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Gesetzeslehre |
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Ungezügelten, Unbe-
VIII.
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Die Konkordienformel – Epitome
Gesetzes zugetragen, Ob nemlich wauch beyw den widergebornen Christen solches zu treiben sey oder nicht? Der eine teil hat Ja, der andere Nein gesagt.133 Affirmativa Die rechte Christliche lere von diesem streit 1.
Genes. 2 und 3 BSLK 794
2.
3.
Galat. 5 Rom. 7
Rom. 12
Wir gleuben, leren und bekennen, ob wol die rechtgleubige und warhafftige zu Gott bekerte menschen vom fluch und zwang des Gesetzes durch Christum gefreiet und ledig gemacht, das sie doch der ursach134 nicht one [240r] Gesetz sein, sondern darumb von dem Son Gottes erlöset worden, das sie sich in demselben tag und nacht uben sollen, Psalm. 119.135 Wie dann unser ersten Eltern | auch vor dem fall136 nicht one Gesetz gelebet, welchen das Gesetz Gottes auch in das hertz geschrieben, da sie zum Ebenbild Gottes erschaffen worden.137 Wir glauben, leren und bekennen, das die Predig des Gesetzes nicht allein bey den ungleubigen und unbusfertigen, sondern auch bey den rechtgleubigen, warhafftig bekerten, widergebornen und durch den Glauben gerechtfertigten mit fleis zu treiben sey. Dann ob sie wol widergeboren und in dem Geist ires gemüts verneuert, so ist doch solche widergeburt und erneuerung in dieser Welt nicht volkomen, sondern nur angefangen, und stehen die gleubigen mit dem Geist ires gemüts in einem stetigen kampff wider das fleisch, das ist wider die vorderbte natur und art, so uns biss in Todt anhanget,138 umb welches alten Adams willen, so139 im verstande, willen und allen krefften des menschen noch stecket, damit sie nicht aus menschlicher andacht140 eigenwillige und erwelete141 Gottesdienst vornemen, Ist von nöten, das inen das Gesetz des Herrn immer vor leuchte,142 desgleichen, das auch der alte Adam nicht sein eigen willen gebrauche, sondern wider sein willen nicht allein durch vermanung und drauung143 des Gesetzes, sondern auch mit den straffen und plagen gezwun-
w–w
die widergebornen den neuen gehorsam, und in welchem Werkh sie wandeln sollen, auß dem Gesetz lernen, und solcher gehorsam, oder vormahnung zue demselben aus dem Gesetz auch bey und unter EpTB 133
Nachdem bereits 1527 in einer Auseinandersetzung zwischen Melanchthon und Johann Agricola (1. Phase der Antinomistischen Streitigkeiten) sowie 1537 in einer weiteren Auseinandersetzung zwischen Luther und Agricola (2. Phase) die Funktion von Gesetz und Evangelium im Leben des Einzelnen zur Debatte gestanden hatte (vgl. o. S. 1246–1249, Anm. 117), führte diese Frage noch während des Majoristischen Streits zu einer neuen Kontroverse. Auslöser für diese 3. Phase des Antinomistischen Streits (1556–1571) war eine Formulierung der Eisenacher Synode, mit der diese versucht hatte, im Majoristischen Streit zwischen den Positionen zu vermitteln. Die Synode hatte u.a. folgenden Satz verabschiedet: die Aussage, gute Werke seien notwendig zum Heil, sei in der Lehre vom Gesetz „abstractive et de idea“ statthaft (vgl. o. S. 1242f, Anm. 96). Damit war zugleich die Funktion des Gesetzes als normative Anleitung für die Gestaltung christlichen Lebens angesprochen, d.h. der von Melanchthon gelehrte „tertius usus legis“ bzw. „usus paedagogicus“ des Gesetzes. Diese Lehre ließ die theologischen Gegensätze erneut aufeinander-
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VI. Vom dritten Gebrauch des Gesetzes
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super tertio usu Legis, videlicet an Lex etiam renatis inculcanda et eius observatio apud eos urgenda sit an non. Alii urgendam legem censuerunt, alii negarunt.
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Affirmativa Sincera et pia doctrina de hac controversia Credimus, docemus et confitemur, etsi vere in Christum credentes et sincere ad Deum conversi a maledictione et coactione legis per Christum liberati sunt, quod ii tamen propterea non sint absque lege, quippe quos filius Dei eam ob causam redemit, ut legem Dei diu noctuque meditentur atque in eius observatione sese assidue ex[579]erceant. Etenim ne primi quidem nostri parentes etiam ante lapsum prorsus sine lege vixerunt, quae certe cordibus ipsorum tum inscripta erat, quia Dominus eos ad imaginem suam creaverat. Credimus, docemus et confitemur contionem legis non modo apud eos, qui fidem in Christum non habent et poenitentiam nondum agunt, sed etiam apud eos, qui vere in Christum credunt, vere ad Deum conversi et renati et per fidem iustificati sunt, sedulo urgendam esse. Etsi enim renati et spiritu mentis suae renovati sunt, tamen regeneratio illa et renovatio in hac vita non est omnibus numeris absoluta, sed duntaxat inchoata. Et credentes illi spiritu mentis suae perpetuo luctantur cum carne, hoc est cum corrupta natura, quae in nobis ad mortem usque haeret. Et propter veterem Adamum, qui adhuc in hominis intellectu, voluntate et in omnibus viribus eius infixus residet, opus est, ut homini Lex Dei semper praeluceat, ne quid privatae devotionis affectu in negotio Religionis confingat et cultus divinos verbo Dei non institutos eligat. Item, ne vetus Adam pro suo ingenio agat, sed potius contra suam voluntatem, non modo admonitionibus et minis Le-
prallen, wobei sich die Auseinandersetzung diesmal weitgehend innerhalb der Gruppe der strengen Luther-Anhänger, der sog. Gnesiolutheraner, abspielte. Ausnahmen sind die Kontroverse zwischen dem lutherisch gesinnten Andreas Musculus und dem Melanchthon-Anhänger Abdias Praetorius, welcher an der Notwendigkeit der guten Werke festhielt und Musculus zu antinomistischen Äußerungen provozierte, sowie die von Anton Otho gegen Melanchthon gerichteten Angriffe. Ein Teil der Gnesiolutheraner verwarf den dritten Gebrauch des Gesetzes und verstand die guten Werke bzw. das ethische Handeln des Christen als aus dem Glauben hervorgehende Frucht, die keiner normativen Anleitung bedürfe. Zu ihnen gehörten Andreas Poach, Anton Otho, Michael Neander und Andreas Musculus. Eine andere gnesiolutherische Gruppe, vor allem Matthias Flacius und Joachim Mörlin, verteidigten dagegen entschieden den von Melanchthon ausgeführten „tertius usus legis“ und räumten somit der Predigt des Gesetzes neben derjenigen des Evangeliums einen legitimen Platz ein. Eine Auswahl der im Antinomistischen Streit gewechselten Streitschriften findet sich in C&C 4. | 134 deswegen | 135 Ps 119 (Vg 118),1 | 136 Sündenfall 137 Gen 2,16f; Gen 3,1–3.11 | 138 Gal 5,17; Röm 7,21–23 | 139 der | 140 Meinung | 141 selbst gewählte | 142 Röm 12,1f | 143 Drohung
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I.
Psal. 1. 119.
Genes. 2. 3.
II.
III.
Galat. 5 Rom. 7.
Rom. 12 1. Cor. 9 Rom. 6. Galat. 6. Psal. 119. Heb. 13.
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4.
5.
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6.
Die Konkordienformel – Epitome
gen, das er dem Geist folge und sich gefangen gebe. 1. Corinth. 9; Rom. 6; Galat. 6; Psal. 119; Heb. 13.144 Was dann den unterscheid der wercken des Gesetzes und der früchten des Geistes belanget, Glauben, leren und bekennen wir, das die werck, so nach dem Gesetz geschehen, so lange werck des Gesetzes sein und genennet werden, so lange sie allein durch treiben145 der straffen und drauung Gottes zorns aus den menschen erzwungen werden. Früchte aber des Geistes seind die werck, welche der Geist Gottes, so in den gleubigen wohnet, wircket durch die widergebornen und von den gleubigen geschehen, so viel sie widergeboren sind, als wann sie | von keinem gebot, drauen oder belohnung wüsten; dergestalt dann die Kinder Gottes im Gesetz leben und nach dem Gesetz Gottesx wandeln, ywelches S. Paulus in sein Episteln das Gesetz Christi und das Gesetz des gemüts nennet.146 y [240v] Also ist und bleibet das Gesetz beides, bey den busfertigen und unbusfertigen, bey widergebornen und nicht wiedergebornen Menschen, ein einiges147 Gesetz, nemlich der unwandelbare wille Gottes; und ist der unterscheid, so viel den gehorsam belanget, allein an dem menschen, do einer, zso noch nicht widergeboren,z dem Gesetz aus zwang und unwillig a(wie auch die widergebornen nach dem fleisch)a thut, was von im erfordert, Der gleubigb aber one zwang mit willigem Geist, so viel er neu geboren, thut, das148 keine drauunge des Gesetzes aus im nimmermehr erzwingen können.
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Negativa Falsche gegenlere Demnach verwerffen wir als ein schedlichen, Christlicher zucht und warhafftiger Gottseligkeit widerwertige Lere und Irthumb, wann geleret wird, dasz das Gesetz obgemelter149 weise und mass nicht bey den Christen und rechtgleubigen, sondern allein bey den ungleubigen, unchristen und unbusfertigen getrieben werden sol.
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VII. Vom heiligen Abendmal Christi
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Wiewol die Zwinglische Lerer nicht unter die Augspurgische Confeßions verwandte150 Theologen zurechnen, als von denen sie sich gleich domals, als solche Confeßion ubergeben worden, abgesondert:151 Jedoch weil sie sich mit c
x nicht in EpTB | y – y und gleichwol nicht under dem Gesetz sein, sondern under der gnade, Ro. 7. 8. EpTB | z – z nicht in EpTB | a – a euserlich EpTB | b ander EpTB | c – c nicht in EpTB 144
I Kor 9,27; Röm 6,12f; Gal 6,12–14; Ps 119 (Vg 118); Hebr 13,21 | 145 betreiben; gemeint ist hier und in der folgenden Formulierung das Predigen der Strafe und des Zorns Gottes | 146 Röm 7,23; Röm 8,2 | 147 einziges | 148 was | 149 in oben dargelegter | 150 Als „Augsburger konfessions-
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VI. Vom dritten Gebrauch des Gesetzes
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gis, verum etiam poenis et plagis coerceatur, ut spiritui obsequatur seque ipsi captivum tradat. Iam quod ad discrimen operum legis et fructuum spiritus attinet, credimus, docemus et confitemur, quod opera illa, quae secundum praescriptum legis fiunt, eatenus opera legis sint et appellentur, quatenus ea solummodo urgendo et minis poenarum atque irae divinae ab homine extorquentur. Fructus vero spiritus sunt opera illa, quae Spiritus Dei in credentibus habitans per homines renatos operatur, et quae a credentibus fiunt, quatenus renati sunt, ita quidem sponte ac libere, quasi nullum praeceptum unquam accepissent, nullas minas audivissent nullamque remunerationem expectarent. Et hoc modo filii Dei in lege vivunt et [580] secundum normam legis divinae vitam suam instituunt; hanc vivendi rationem D. Paulus vocare solet in suis epistolis legem Christi et legem mentis. Ad hunc modum una eademque lex est manetque immota videlicet Dei voluntas sive poenitentibus sive impoenitentibus renatis aut non renatis proponatur. Discrimen autem, quoad oboedientiam, duntaxat in hominibus est, quorum alii non renati legi oboedientiam qualemcunque a lege requisitam praestant, sed coacti et inviti id faciunt (sicut etiam renati faciunt, quatenus adhuc carnales sunt); credentes vero in Christum, quatenus renati sunt, absque coactione, libero et spontaneo spiritu talem oboedientiam praestant, qualem alias nullae quantumvis severissimae legis comminationes extorquere possent. Negativa Falsae doctrinae reiectio
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Repudiamus itaque ut perniciosum et falsum dogma, quod Christianae disciplinae et verae pietati adversatur, cum docetur, quod Lex Dei (eo modo, quo supra dictum est) non sit piis et vere credentibus, sed tantum impiis, infidelibus et non agentibus poenitentiam proponenda atque apud hos solo sit urgenda.
VII. De coena Domini Etsi Cingliani doctores non in eorum Theologorum numero, qui Augustanam Confessionem agnoscunt et profitentur, habendi sunt, quippe qui tum, cum illa Confessio exhibere[581]tur, ab eis secessionem fecerunt, tamen, cum
verwandt“ bezeichnete man diejenigen, die sich zur Confessio Augustana bekannten. Der Augsburger Religionsfrieden wandte diese Bezeichnung an, indem er den Augsburger Konfessionsverwandten reichsrechtliche Duldung garantierte, allerdings ohne festzulegen, auf welche Fassung der CA (invariata oder variata) sich diese „Konfessionsverwandtschaft“ bezog. | 151 Mit Übergabe der „Fidei Ratio“ an Kaiser Karl V. am 8. Juli 1530 auf dem Augsburger Reichstag hatte Zwingli ein eigenes Bekenntnis geltend gemacht.
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IIII.
V.
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VI.
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Die Konkordienformel – Epitome
eindringen152 und iren Irthumb unter derselben Christlichen Confeßion namen auszubringen unterstehen, haben wir von dieser zwispalt auch notdürfftigen bericht thun wollen.c [241r] Status Controversiae Der Hauptstreit zwischen unser und der Sacramentirer153 Lere in diesem Artickel Ob in dem heiligen Abendmal der warhafftige Leib und Blut unsers Herrn Jhesu Christi warhafftig und wesentlich gegenwertig sey, mit Brot und Wein ausgeteilet und mit dem munde empfangen werde von allen denen, so sich dieses Sacraments gebrauchen, sie sein wirdig oder unwirdig, from oder unfrom, gleubig oder ungleubig. dDen gleubigen zum trost und leben, den ungleubigen zum Gericht.d Die Sacramentirer sagen Nein, wir sagen Ja.154
BSLK 797
Zu erklerung dieses streits ist anfenglich zu mercken, das zweyerley Sacramentirer seien: Etzliche sein grobe Sacramentirer, welche mit deutschen155, klaren worten vorgeben, wie sie im hertzen halten, das im heiligen Abendmal mehr nicht denn Brot und Wein gegenwertig sey, ausgeteilet und mit dem munde empfangen werde. Etzliche aber seind everschlagene und die aller schedlichste Sacramentirere, die fzum teilf mit unsern worten gantz scheinbar reden und vorgeben, Sie gleuben auch eine warhafftige gegen|wertigkeit des warhafftigen, wesentlichen, lebendigen Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmal, doch solches geschehe geistlich durch den Glauben; Welche doch unter diesen scheinbaren worten eben die erste grobe meinung behalten, das nemlich nichts denn Brot und Wein im heiligen Abendmal gegenwertig sey gund mit dem munde empfangen werde156.g Dann Geistlich heisset inen
d–d
nicht in EpTB | e – e subtil EpTB | f – f nicht in EpTB | g – g nicht in EpTB
152
mit hineindrängen | 153 Luther und seine Nachfolger bezeichneten all diejenigen als Sakramentierer, die nicht wie sie die Lehre von der realen Anwesenheit von Leib und Blut Christi unter den Elementen Brot und Wein im Abendmahl vertraten. | 154 Die Auseinandersetzungen um das Abendmahl und – in enger Verbindung damit – auch um das Verständnis der Christologie durchziehen, angefangen mit der Auseinandersetzung zwischen Karlstadt und Luther sowie anschließend Zwingli und Luther, die gesamte Geschichte der Reformation. Die in diesen Kontroversen definierten Lehrmeinungen blieben dauerhaft in der Diskussion. Denn man rekurrierte immer wieder auf sie, auch wenn man sie im einzelnen variierte. Ausschlaggebend für die Positionierung der Konkordienformel in ihren Artikeln VII und VIII aber waren vor allem die sog. kryptocalvinistischen – zutreffender: philippistischen – Streitigkeiten in Kursachsen von 1570–1574, die ihrerseits in dem 1548 aufgebrochenen Bremer Abendmahlsstreits zwischen Albert Hardenberg und den Bremer Stadtpfarrern sowie dem ab 1552 ausgetragenen Abendmahlsstreit zwischen dem Hamburger Pastor Joachim Westphal und Johannes Calvin und dem Pfälzer Abendmahlsstreit zwischen Tilemann Heshusius und Wilhelm Klebitz im Jahre 1559 ein Vorspiel hatten. Die Vorgänge in Kursachsen entwickelten sich für das Luthertum zu einem regelrecht traumatischen Ereignis. Denn hier hatte sich in den siebziger Jahren in theologischer Weiterentwicklung der Lehre Melanchthons und unter dem Einfluss Christoph Pezels (Wittenberger Katechismus, 1571) eine Abendmahlslehre herausgebildet, die den in Genf zunächst durch
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VII. Vom heiligen Abendmahl Christi
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nunc sese in eorum coetum callide ingerant erroremque suum sub praetextu piae illius confessionis, quam latissime spargere conentur, etiam de hac controversia Ecclesiam Dei erudiendam iudicavimus.
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Status controversiae, quae est inter nos et Sacramentarios in hoc articulo Quaeritur, an in sacra Coena verum corpus et verus sanguis Domini nostri Iesu Christi vere et substantialiter sint praesentia atque cum pane et vino distribuantur et ore sumantur ab omnibus illis, qui hoc Sacramento utuntur, sive digni sint sive indigni, boni aut mali, fideles aut infideles, ita tamen, ut fideles e coena Domini consolationem et vitam percipiant, infideles autem eam ad iuditium sumant. Cingliani hanc praesentiam et dispensationem corporis et sanguinis Christi in sacra coena negant, nos vero eandem asseveramus. Ad solidam huius controversiae explicationem primum sciendum est, duo esse Sacramentariorum genera. Quidam enim sunt Sacramentarii crassi admodum; hi perspicuis et claris verbis id aperte profitentur, quod corde sentiunt, quod videlicet in coena Domini nihil amplius quam panis et vinum sint praesentia ibique distribuantur et ore percipiantur. Alii autem sunt versuti et callidi et quidem omnium nocentissimi Sacramentarii; hi de negotio coenae Dominicae loquentes ex parte nostris verbis splendide admodum utuntur et prae se ferunt, quod et ipsi veram praesentiam veri, substantialis atque vivi corporis et sanguinis Christi in sacra Coena credant, eam tamen praesentiam et manducationem dicunt esse spiritualem, quae fiat fide. Et hi posteriores Sacramentarii sub his splendidis verbis eandem [582] crassam, quam priores habent, opinionem occultant et retinent, quod videlicet praeter panem et vinum nihil amplius in Coena Domini sit praesens et ore sumatur. Vocabulum enim „spiritualiter“ nihil aliud ipsis significat, quam spiritum Christi seu virCalvin, dann durch Theodor Beza vertretenen Positionen sehr nahe kam. Erst durch die anonyme Veröffentlichung der Exegesis perspicua des Mediziners Joachim Curaeus wurde der kurfürstliche Hof auf diese theologischen Entwicklungen aufmerksam, die das angestammte Bekenntnis zu unterwandern schienen. Die Theologen wurden gezwungen ihre Positionen durch Unterschrift unter die Torgauer Artikel von 1574 zu revidieren, wenn sie nicht Ausweisung oder Gefängnishaft riskieren wollten. Neben theologischen Beweggründen spielte dafür – unter dem Eindruck der damals soeben zurückliegenden Ereignisse der Bartholomäusnacht vom August 1572 in Frankreich – auch die Furcht vor möglichen politischen Auswirkungen auf Reichsebene eine Rolle sowie die Konstellation unter den kurfürstlichen Räten und der Einfluss der Kurfürstin Anna, der streng lutherischen Gattin Kurfürst Augusts I. August wurde fortan zu einem entschiedenen Förderer des Konkordienwerks. Die zentralen Schriften der Auseinandersetzung um Abendmahl und Christologie in den philippistischen Auseinandersetzungen finden sich in C&C 8. | 155 im Sinne von: verständlich | 156 Die Konkordienformel glaubte in der von Calvin und den ihm nahe stehenden Theologen vertretenen Auffassung eine besonders irreführende Ausprägung der Abendmahlslehre zu erkennen. Denn sie bekannten eine zwar reale, aber geistliche und deshalb nur für den Glauben erfahrbare Präsenz auch der Menschheit Christi (d. h. von Leib und Blut Christi) im Abendmahl. In den Augen der Konkordienväter war dies die Verbrämung einer eigentlich zwinglischen Auffassung.
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Die Konkordienformel – Epitome
anders nichts dann den Geist Christi hoder die krafft des abwesenden Leibes Christi und sein verdienst,h welcher gegenwertig sey. Der Leib Christi aber sey auff keinerley weise noch wege gegenwertig, sondern allein daroben im öbersten Himel, zu dem wir mit den gedancken unsers Glaubens in Himel uns erheben und doselbsten, aber gar nicht bey Brot und Wein des Abendmals, solchen seinen Leib und Blut suchen sollen.157
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[241v] Affirmativa Bekentnus reiner Leere vom heiligen Abendmal wider die Sacramentirer 1.
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Wir gleuben, leren und bekennen, das im heiligen Abendmal der Leib und Blut Christi warhafftig und wesentlich gegenwertig sey, mit Brot und Wein warhafftig ausgeteilet iund empfangeni werde. Wir gleuben, leren und bekennen, das die wort des Testaments Christi nicht anders zuverstehen sein, dann wie sie nach dem buchstabenj lauten, also das nicht das Brot den abwesendenk Leib und der Wein das abwesendel Blut Christi bedeute, sondern | das es warhafftig umb Sacramentlicher einigkeit158 willen der Leib und Blut Christim sey. nWas dann die Consecration belanget, gleuben, leren und bekennen wir, das solche gegenwertigkeit des Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmal nicht schaffe einiges Menschen werck oder sprechen des dieners159, sondern das solche einig und allein der Allmechtigen krafft unsers Herrn Jhesu Christi zugeschrieben werden sol. Darneben aber gleuben, leren und halten wir auch einhellig, das im gebrauch des heiligen Abendmals die wort der einsatzung Christi keines weges zu unterlassen, sondern offentlich gesprochen werden sollen, wie geschrieben stehet: „Der gesegnete Kelch, den wir segnen“ etc., 1. Corinth. 11,160 Welches segnen durch das sprechen der wort Christi geschicht.n Die gründe aber, darauff wir in diesem handel stehen wider die Sacramentirer, seind wie D. Luther solche in seinem grossen bekentnis gesetzt hat: „Der erste ist dieser Artickel unsers Christlichen Glaubens: Jhesus Christus ist warhafftiger, wesentlicher, natürlicher, völliger Gott und Mensch in einer Person, unzertrant und ungeteilet. [242r] Der ander: Das Gottes rechte hand allenthalben ist“, zu welcher Christus nach seiner menschlichen natur mit der that und war|heit gesetzet gegenwertig regieret, in seinen henden und unter seinen füssen hat alles, was im Himel und auff Erden ist, dahin sonst kein Mensch noch Engel, sondern allein Mariae Son gesetzet ist, doher er aucho
h–h m
nicht in EpTB | i – i nicht in EpTB | j worten EpTB | k nicht in EpTB | danach: warhafftig EpTB | n – n nicht in EpTB | o nicht in EpTB
157
l
nicht in EpTB
Vgl. Calvin, Institutio Christianae religionis (1559), IV, 17, bes. 17,10f, 17,27 und 17,31, in: OS 5, 342,1–417,10. 351,20–354,25. 380,6–32. 389,21–31. Auf dem Religionsgespräch von Poissy 1561 hatte Theodor Beza zudem geäußert, der Leib Christi sei vom Brot des Abendmahls so weit entfernt wie der oberste Himmel von der untersten Erde, und so die Distanz der Reformierten zur
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VII. Vom heiligen Abendmahl Christi
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tutem absentis corporis Christi eiusque meritum, quod praesens sit; ipsum vero Christi corpus nullo prorsus modo esse praesens, sed tantummodo id sursum in supremo coelo contineri sentiunt et affirmant oportere nos cogitationibus fidei sursum assurgere inque coelum ascendere et ibidem (nulla autem ratione cum pane et vino sacrae Coenae) illud corpus et sanguinem Christi quaerendum esse. Affirmativa Confessio sincerae doctrinae de Coena Domini contra Sacramentarios
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Credimus, docemus et confitemur, quod in Coena Domini corpus et sanguis Christi vere et substantialiter sint praesentia et quod una cum pane et vino vere distribuantur atque sumantur. Credimus, docemus et confitemur verba Testamenti Christi non aliter accipienda esse quam sicut verba ipsa ad literam sonant, ita ne panis absens Christi corpus et vinum absentem Christi sanguinem significent, sed ut propter sacramentalem unionem panis et vinum vere sint corpus et sanguis Christi.
I.
Iam quod ad Consecrationem attinet, credimus, docemus et confitemur, quod nullum opus humanum neque ulla ministri Ecclesiae pronuntiatio praesentiae corporis et sanguinis Christi in Coena causa sit, sed quod hoc soli omnipotenti virtuti Domini nostri Iesu Christi sit tribuendum.
III.
Interim tamen unanimi consensu credimus, docemus et confitemur, in usu Coenae Dominicae verba institutionis Christi nequaquam omittenda, sed publice recitanda esse, [583] sicut scriptum est: Calix benedictionis, cui benedicimus, nonne communicatio sanguinis Christi est? etc. Illa autem benedictio fit, per recitationem verborum Christi. Fundamenta autem, quibus in hoc negotio conta Sacramentarios nitimur, haec sunt, quae etiam D. Lutherus in maiore sua de Coena Domini confessione posuit: Primum fundamentum est articulus fidei nostrae Christianae, videlicet: Iesus Christus est verus, essentialis, naturalis, perfectus Deus et homo in unitate personae, inseparabilis et indivisus. Secundum: quod Dextera Dei ubique est, ad eam autem Christus ratione humanitatis suae vere et reipsa collocatus est, ideoque praesens gubernat, in manu sua et sub pedibus suis, ut scriptura loquitur, habet omnia, quae in coelo sunt et in terra. Ad eam Dei dexteram nullus alius homo ac ne Angelus quidem, sed solus Mariae filius collo-
IIII.
Abendmahlslehre der Confessio Augustana deutlich gemacht. | 158 Von der „unio sacramentalis“ von Brot und Leib Christi sowie Wein und Blut Christi im Abendmahl hatte schon Martin Bucer in der Wittenberger Konkordie von 1536 gesprochen, dies aber im Sinne der von ihm vertretenen Abendmahlslehre gedeutet; vgl. BDS 6/1, 121–134, hier: 123. | 159 Gegen magische Vorstellungen, die sich auf altgläubiger Seite aus der Transsubstantiationslehre ergaben, zumal man die Wandlung der Abendmahlselemente im Augenblick der Konsekration und Elevation vonstatten gehen sah. | 160 I Kor 10,16; I Kor 11,23–25
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solches vermagk. „Der dritte, Das Gottes wort nicht falsch ist oder lüge. Der vierdte, Das Gott mancherley weise hat und weis, etwa an einem orte zu sein und nicht allein die einige, welche die Philosophi Localem oder raumlich nennen.“161 Wir gleuben, leren und bekennen, das der Leib und Blut Christi nicht allein geistlich durch den Glauben, sondern auch mündlich, pdoch nicht auff Capernaitische162, sondern ubernatürliche, Himlische weisep umb der Sacramentlichen vereinigung willen mit dem Brot und Wein empfangen werde, wie solches die wort Christi klerlich ausweisen, do Christusq heisset rnemen, essen und trincken, wie dann von den Aposteln geschehen, dann geschrieben stehet: „Und sie truncken alle daraus“,163 Marc. 14.r Desgleichen S. Paulus sagt: „Das Brot, das wir brechen, ist ein gemeinschafft des Leibes Christi“,164 das ist: Wer dis Brot isset, der isset den Leib Christi, welches auch einhelligk die vornembste alte Kirchenlerer, Chrisostomus, Cyprianus, Leo I., Gregorius, Ambrosius, Augustinus, bezeugen.165 Wir gleuben, leren und bekennen, das nicht allein die rechtgleubigen und wirdigen, sondern auch die unwirdigen und ungleubigen166 empfahen den wahrhafftigen Leib und Blut Christi, doch nicht zum leben und trost, sondern zum Gericht und verdamnüs, wann sie sich nicht bekeren und busse thun.167 | Dann ob sie wol Christum als ein Seligmacher von sich stosten, so müssen sie in168 doch auch wider iren willen, als einen strengen Richter, zulassen, welcher so gegenwertig das Gericht auch in dens unbussfertigen gesten169 ubet und erzeiget, als gegenwertig er leben und trost in den hertzen der Rechtgleubigen und wirdigen geste wircket. Wir gleuben, leren und bekennen auch, das nur einerley unwirdige geste seind, nemlich die nicht gleuben170, von welchen geschrieben stehet: „Wer aber nicht gleubet, der ist schon gerichtet.“171 Welches Gericht durch unwirdigen brauch des heiligen Sacraments geheuffet, grösser und schwerer wird, 1. Corinth. 11.172 [242v] Wir gleuben, leren und bekennen, das kein Rechtgleubiger, so lang er den lebendigen Glauben behelt, wie schwach er auch sein möchte, das heilige Abendmal zum Gericht empfahe, welches sonderlich den schwachgleubigen doch bußfertigen Christen zum trost und sterckung ires schwachen glaubens eingesetzet worden. Wir gleuben, leren und bekennen, das alle wirdigkeit der Tischgeste dieser p–p s
nicht in EpTB | q er EpTB | danach: Geist der EpTB
r–r
mit dem Munde essen, und sagt, Das ist mein Leib etc. EpTB
161
Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 326,29–327,20 | 162 Der Begriff bezeichnet ein falsches Verständnis dessen, was Jesus nach Joh 6,22–59 vom wahren Essen seines Leibes in der Synagoge von Kapernaum ausführte, nämlich ein körperliches Zerbeißen und Zu-Sich-Nehmen. | 163 Mk 14,23 | 164 I Kor 10,16 | 165 Johannes Chrysostomus, In epistolam ad Ephesios. Homilia III, 4, in: PG 62, 28; ders., In epistolam I ad Corinthios. Homilia XXVII, 5, in: PG 61, 251f; Cyprian von Karthago, De Lapsis XVI. XXII, in: PL 4, 493. 498 (CChr.SL 3, 229f.
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catus est, unde et ea, quae diximus, praestare potest. Tertium: quod verbum Dei non est falsum aut mendax. Quartum: quod Deus varios modos novit et in sua potestate habet, quibus alicubi esse potest, neque ad unicum illum alligatus est, quem Philosophi localem aut circumscriptum appellare solent. Credimus, docemus et confitemur corpus et sanguinem Christi non tantum spiritualiter per fidem, sed etiam ore, non tamen Capernaitice, sed supernaturali et coelesti modo, ratione Sacramentalis unionis, cum pane et vino sumi. Hoc enim verba Christi perspicue testantur, quibus praecipit accipere, edere, bibere: idque ab Apostolis factum esse scriptura commemorat dicens: Et biberunt ex eo omnes. Et Paulus inquit: Panis, quem frangimus, est communicatio corporis Christi, hoc est: qui hunc panem edit, corpus Christi edit. Idem magno consensu praecipui ex antiquissimis Ecclesiae doctoribus, Chrysostomus, Cyprianus, Leo primus, Gregorius, Ambrosius, Augustinus testantur.
[584] Credimus, docemus et confitemur, quod non tantum vere in Christum credentes et qui digne ad coenam Domini accedunt, verum etiam indigni et infideles verum corpus et sanguinem Christi sumant, ita tamen, ut nec consolationem nec vitam inde percipiant, sed potius, ut illis sumptio ea ad iuditium et damnationem cedat, si non convertantur et poenitentiam agant. Etsi enim Christum ut Salvatorem a se repellunt, tamen eundem, licet maxime inviti, ut severum iudicem admittere coguntur. Is vero non minus praesens iuditium suum in convivis illis impoenitentibus exercet, quam praesens consolationem et vitam in cordibus vere credentium et dignorum convivarum operatur. Credimus, docemus et confitemur, unum tantum genus esse indignorum convivarum: ii sunt soli illi, qui non credunt. De his scriptum est: Qui non credit, iam iudicatus est. Et hoc iuditium indigno sacrae Coenae usu cumulatur et aggravatur. Credimus, docemus et confitemur, quod nullus vere credentium, quamdiu vivam fidem retinet, sacram Domini coenam ad iuditium sumat, quantacunque fidei imbecilitate laboret. Coena enim Domini inprimis propter infirmos in fide, poenitentes tamen, instituta est, ut ex ea veram consolationem et imbecillis fidei suae confirmationem percipiant. Credimus, docemus et confitemur totam dignitatem convivarum coelestis 233f); Leo I., Sermo XCI de ieiunio septimi mensis VI, 2f, in: PL 54, 451–452 (SC 200, 122–128); Gregor I., Dialogorum IV, 58, in: PL 77, 425. 427 (SC 265, 194–197); ders., Homiliarum in evangelia XXII, 7, in: PL 76, 1178 (SC 522, 56–61); Augustin, Epistola LIV, 6,8, in: PL 33, 203 (CSEL 34, 166f) | 166 Die „manducatio impiorum“ war sowohl von Martin Bucer als auch von Calvin und deren Anhängern abgelehnt worden. In der Wittenberger Konkordie zwischen Bucer und den Wittenberger Theologen hatte man sich formal noch auf die „manducatio indignorum“ einigen können, die allerdings von beiden Seiten in ihrem jeweiligen Sinne ausgelegt wurde. | 167 I Kor 11,23–29 | 168 ihn | 169 Gästen, Abendmahlsteilnehmern | 170 Vgl. o. S. 1261, Anm. 166. | 171 Joh 3,18 | 172 I Kor 11,29f
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VI.
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Himlischer malzeit sey und stehe allein in dem allerheiligsten gehorsam und volkomenen verdienst Christi, twelchen wir uns durch warhafftigen Glauben zueignen und des durch das Sacrament versichert werdent und gar nicht in unsern tügenden, innerlichen und eusserlichen bereitungen173.
Negativa Widerwertige, verdampte Lere der Sacramentirer BSLK 801
1.
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Dargegen verwerffen und verdammen wir einhellig alle nachfolgende irrige Artickel, so | der jetztgesetzten Lere, einfeltigem174 Glauben und bekentnüs vom Abendmal Christi entgegen und zu wider sein.u Die Bäpstische Transsubstantiation, do im Bapsthumb geleret wird, das Brot und Wein im heiligen Abendmal ir Substantz und natürlich wesen verlieren und alsov zu nicht175 wwerden, das es in den Leib Christi vorwandelt werde und allein die eusserliche gestalt bleibe.w Die Bäpstische Opffermess für die Sünde der lebendigen und todten. Das den Leyen nur eine gestalt des Sacraments gegeben und wider die offenbare wort des Testaments Christi der Kelch inen vohr gehalten176 und seines Bluts beraubet werden.177 Wann geleret wird, das die wort des Testaments Christi nicht einfeltig verstanden oder geglaubet werden sollen, wie sie lauten, [243r] sondern das es dunckele reden sein, deren verstand man erst an andern ortenx suchen müsse.178 Das der Leib Christi yim heiligen Abendmaly nicht mündlich mit dem Brot, sondern allein Brot und Wein mit dem munde, der Leib Christi aber allein geistlich durch den Glauben empfangen werde.179 Das Brot und Wein im heiligen Abendmal nicht mehr dann kennzeichen sein, dadurch die Christen einander erkennen. Das Brot und Wein allein bedeutungen, gleichnüssen und anbildungen des weit abwesenden Leibs und Bluts Christi seien. Das Brot und Wein nicht mehr dann denckzeichen180, siegel und pfandt sein, durch welche wir versichert, wann sich der Glaub uber sich in Himel schwinge, das er doselbsten so warhafftig des Leibs und Blu|ts Christi teilt – t nicht in EpTB | u nicht in EpTB | v entweder gar EpTB | w – w oder in das Wehsen des Leibs und Bluts Christi vorwandelt werden EpTB | x danach: der heiligen schrifft EpTB | y – y nicht in EpTB 173
Vorbereitungen | 174 einfachem, vertrauensvollem | 175 zunichte | 176 vorenthalten | 177 Die Konkomitanz-Lehre der altgläubigen Kirche ging davon aus, dass auch in nur einem Element des Abendmahls stets der ganze Christus empfangen werde. Dies und die Furcht vor dem Verschütten des gewandelten Blutes führten dazu, dass man den Laien den Kelch nicht reichte. | 178 Angeprangert wird die Argumentation, dass sich das Verständnis des „est“ der Einsetzungsworte (hoc est corpus meum) aus anderen vergleichbaren Formulierungen der Heiligen Schrift, die zur Gewähr-
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huius Coenae in sola sacratissima oboedientia et absolutissimo Christi merito consistere. Illud autem nobis vera fide applicamus et de applicatione huius meriti per Sacramentum certi reddimur atque in animis nostris confirmamur. Nequaquam autem dignitas illa ex virtutibus nostris aut ex internis vel externis nostris praeparationibus pendet. [585] Negativa Contrariae et damnatae Sacramentariorum doctrinae reiectio
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Reiicimus atque damnamus unanimi consensu omnes erroneos, quos iam recitabimus, articulos, ut qui commemoratae piae doctrinae, simplicitati fidei et sincerae confessioni de Coena Domini repugnant. Papisticam Transsubstantiationem, cum videlicet in Papatu docetur panem et vinum in sacra Coena substantiam atque naturalem suam essentiam amittere et ita annihilari atque elementa illa ita in Christi corpus transmutari, ut praeter externas species nihil de iis reliquum maneat. Papisticum Missae sacrificium, quod pro peccatis vivorum et mortuorum offertur. Sacrilegium, quo Laicis una tantum pars sacramenti datur, cum nimirum contra expressa verba Testamenti Christi calice illis interdicitur atque ita sanguine Christi spoliantur. Dogma, quo docetur, quod verba Testamenti Iesu Christi non simpliciter intelligenda et fide amplectenda sint, uti sonant; ea enim obscura esse ideoque verum eorum sensum ex aliis scripturae locis petendum esse. Corpus Christi in sacra Coena non ore una cum pane sumi, sed tantum panem et vinum ore accipi, corpus vero Christi spiritualiter duntaxat, fide nimirum, sumi. Panem et vinum in Coena Domini tantummodo symbola seu tesseras esse, quibus Christiani mutuo sese agnoscant. Panem et vinum tantum esse figuras, similitudines et typos corporis et sanguinis Christi longissimo intervallo a nobis absentis. Panem et vinum tantummodo signa memoriae conservandae gratia, instituta esse, quae sigillorum et pignorum rationem habeant, quibus nobis confirmetur, quod fides, [586] cum in coelum illa ascendit et evehitur, ibi tam vere cor-
leistung eines rechten Verständnisses heranzuziehen seien, ergebe – so etwa bei Zwingli. Diese und die folgenden Zurückweisungen (bis 18) zielen auf die Lehre Calvins und Theodor Bezas, zu der sowohl unter den Pfälzer Theologen als auch im Kursachsen der 1570er Jahre Affinitäten bestanden; vgl. Calvin, Institutio Christianae religionis (1559), IV, 17,1–10. 40–42, in: OS 5, 342,1–352,22. 404,10–408,15. | 180 Gedächtniszeichen
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hafftig werde, so warhafftig wir im Abendmal Brot und Wein essen und trincken.181 Das die versicherung und bekrefftigung unsers Glaubens im heiligen Abendmal geschehe allein durch die eusserlichen Zeichen Brots und Weins und nicht durch den warhafftigen, kegenwertigen Leib und Blut Christi. Das im heiligen Abendmal allein die krafft wirckung und verdienst desz abwesenden Leibs und Bluts Christi ausgeteilet werde. Das der Leib Christi also im Himel beschlossen, das er auff keinerley weise zumal und zu einer zeit an vielen oder allen orten gegenwertig sein könne auff Erden, da sein heiliges Abendmal gehalten wird.182 Das Christus die wesentliche gegenwertigkeit seines Leibes und Bluts im heiligen Abendmal nicht habe vorheissen noch leisten können, weil die Natur und eigenschafft seiner angenommenen menschlichen Natur solches nicht leiden noch zugeben könne. Das Gott nach aller seiner Allmechtigkeit (welches erschrecklich zu hören) nicht vormöge zuverschaffen, das sein Leib auff eine zeit mehr dann an einem ort wesentlich gegenwertig sey. [243v] Das nicht die Allmechtige wort des Testaments Christi, sondern der Glaube die gegenwertigkeit des Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmal schaffe und mache. Das die Gleubigen den Leib Christi nicht bey dem Brot und Wein des heiligen Abendmals suchen, sondern ire augen von dem Brot in Himel erheben und doselbst den Leib Christi suchen sollen. Das die ungleubige unbußfertige Christen im heiligen Abendmal nicht den warhafftigen Leib und Blut Christi, sondern allein Brot und Wein empfangen. Das die wirdigkeit der geste bey dieser Himlischen malzeit nicht allein im warhafftigen Glauben an Christum, sondern auch auff der menschen eusserlichena bereitung stehe.183 Das auch die Rechtgleubigen, so einen | warhafftigen, lebendigen, reinenb Glauben an Christum haben und behalten, dis Sacrament zum Gericht empfangen künnen, cdarumb das sie im eusserlichen wandel noch unvolkomen sindc. Das die eusserliche sichtbarn Element Brots und Weins im heiligen Sacrament sollen angebetet werden.184 Desgleichen dbefehlen wir auch dem rechten Gericht Gottesd alle fürwitzige, spöttische, lesterlichen Fragen (so zucht halben185 nicht zuerzelen) und reden, z danach: in allewege EpTB | a eigenen EpTB | b nicht in EpTB | c – c nicht in EpTB | d – d verwerffen wir EpTB 181
Vgl. Wittenberger Katechismus (1571), in: C&C 8, 91–289 (Nr. 2), hier: 280,12–17. 281,15–22. | 182 Vgl. Die Stellungnahme Bezas auf dem Kolloquium von Poissy 1561, in: ORation des Edlen || vnnd Hochgelerten Herren Theodori || von Beza / dieners des Worts Gottes / das an||gefangen Gespräch in Franckreych / || von Religions sachen be=||langende. || Welche Er [...] || gehabt hat: auff Dyns=||tag den neündten Septembris / Anno 1561. || in einem Frauwencloster de
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poris et sanguinis Christi particeps fiat, quam vere nos in sacra coena panem manducamus et vinum bibimus. Fidem nostram de salute certam reddi et confirmari in coena Domini non nisi signis illis externis, pane et vino, nequaquam autem vere praesentibus vero corpore et sanguine Christi. In sacra coena duntaxat virtutem, operationem et meritum absentis corporis et sanguinis Christi dispensari. Christi corpus ita coelo inclusum esse, ut nullo prorsus modo simul eodem tempore pluribus aut omnibus locis in terris praesens esse possit, ubi coena Domini celebratur. Christum, substantialem corporis et sanguinis sui praesentiam neque promittere neque exhibere potuisse, quando quidem id proprietas humanae ipsius naturae assumptae nequaquam ferre aut admittere possit.
IX.
X.
XI.
XII.
Deum ne quidem universa sua omnipotentia (horrendum dictu et auditu) efficere posse, ut corpus Christi uno eodemque tempore in pluribus quam uno tantum loco substantialiter praesens sit. Non omnipotens illud verbum Testamenti Christi, sed fidem praesentiae corporis et sanguinis Christi in sacra Coena causam esse.
XIII.
Fideles corpus et sanguinem Christi non in pane et vino coena Dominicae quaerere, sed oculos in coelum attollere et ibi corpus Christi quaerere debere.
XV.
Infideles et impoenitentes Christianos in Coena Domini non verum corpus et sanguinem Christi, sed panem tantum et vinum sumere. Dignitatem convivarum in hac coelesti Coena non ex sola vera in Christum fide, sed etiam ex praeparatione hominum externa pendere.
XVI.
Eos etiam, qui veram et vivam in Christum fidem habent eamque retinent, nihilominus hoc sacramentum ad iuditium sumere posse, propterea quod in externa sua conversatione adhuc imperfecti sint.
XVIII.
[587] Externa visibilia Elementa panis et vini in sacramento adoranda esse.
XIX.
Praeter haec iusto Dei iuditio relinquimus omnes curiosas, sannis virulentis tinctas et blasphemas quaestiones, quae honeste, pie et sine gravi offensione
XX.
Poissy || genandt / etc. [...], Heidelberg: Ludwig Lucius 1561 (VD 16 B 2525), B 3v. D 3v. D 4r–v (vgl. o. S. 1257, Anm. 156); vgl. Melanchthon, Enarratio epistolae Pauli ad Colossenses, in: CR 15, 1271f und ders., Examen Ordinandorum (1559), in: CR 23, 5f; vgl. außerdem Wittenberger Katechismus (1571), in: C&C 8, 204,7–11. 205,20–207,2 (Nr. 2). | 183 Vgl. Wittenberger Katechismus (1571), in: C&C 8, 282,1–7.283,6–14 (Nr. 2). | 184 als Konsequenz der Wandlung | 185 um der Disziplin willen, ohne Verletzung des Anstands
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XIIII.
XVII.
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so auff grobe, fleischliche, Capernaitische eund abscheulichee weise von den ubernatürlichen Himlischen geheimnussen dieses Sacraments gantz lesterlich und mit grossem ergernüs durch die Sacramentirer vorgebracht werden. 21.
Wie wir dann hiermit das Capernaitische essen des Leibes Christi, fals wann man sein fleisch mit Zeenen zureisse186 und wie andere speise verdauet,f welches die Sacramentirer wider das zeugnus ires gewissens uber all unser vielfaltig bezeugen, uns mutwillig auffdringen187 und dergestalt unsere Lehr bey iren Zuhörerng verhasset machen, gentzlich verdammen und dargegen halten und gleuben, vermüge der einfeltigen wort des Testaments Christi, ein warhafftig dochh ubernatürlich Essen des Leibs Christi wie auch Trincken seines Bluts, welches menschliche sinne unnd vernunfft nicht [244r] begreiffen, sondern unsern verstand „in den gehorsam Christi“, wie in allen andern Artickeln des Glaubens, „gefangen genommen“,188 und solch geheimnis anders nicht dann allein mit Glauben gefast iund im Wort geoffenbaret wird.i
VIII. Von der Person Christi
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Aus dem streit von dem heiligen Abendtmal ist zwischenj den reinenk Theologen Augspurgischer Confession lund den Calvinisten (welche auch etliche andere Theologen irre gemacht)l ein uneinigkeit entstanden von der Person Christi, von beiden Naturen in Christo und iren eigenschafften.189 Status Controversiae Hauptstreit in dieser Zwispalt Die Hauptfrage aberm ist gewesen, Ob die Göttliche und Menschliche natur umb der Persönlichen voreinigung willen Realiter, das ist mit that und warheit, in der Person Christi, wie auch derselben eigenschafften, mit einander gemeinschafft haben und wie weit sich solche gemeinschafft erstrecke? Die Sacramentirer haben vorgeben, die Göttliche und Menschliche Natur in Christo sein also persönlich voreiniget, das keine mit der andernn Realiter, das ist mit der that und warheit, owas einer jeden Natur eigen ist,o sondern mehr nicht dann allein den Namen gemein haben, Dannp Unio, sagen sie
e – e nicht in EpTB | f – f nicht in EpTB | g danach: vordechtig und EpTB | h danach: himlisch EpTB | i – i werden muß EpTB | j auch under EpTB | k nicht in EpTB | l – l nicht in EpTB | m nicht in EpTB | n danach: ire natur und eigenschafften EpTB | o – o nicht in EpTB | p nicht in EpTB 186
mit Zähnen zerreisse | 187 vorsätzlich anlasten | 188 II Kor 10,15 | 189 Im Zuge der Abendmahlsstreitigkeiten in Kursachsen (vgl. o. S. 1256f, Anm. 154) zogen beide Seiten immer wieder die Christologie zur Begründung bzw. zur Ablehnung der Präsenz von Leib und Blut Christi, d.h. der Menschheit Christi, im Abendmahl heran. Die christologischen Überlegungen dienten der lutherischen Seite – mit einigen Ausnahmen – überwiegend als sekundäre Begründung für die Realpräsenz, die sie primär in den Einsetzungsworten verankert sahen. Für die der Abendmahls-
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VII. Vom heiligen Abendmahl Christi
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recitari nequeunt, aliosque sermones, quando de supernaturali et coelesti Mysterio huius sacramenti crasse, carnaliter, capernaitice et plane abominandis modis, blaspheme et maximo cum Ecclesia offendiculo Sacramentarii loquuntur. Prorsus etiam reiicimus atque damnamus Capernaiticam manducationem corporis Christi, quam nobis Sacramentarii contra suae conscientiae testimonium post tot nostras protestationes malitiose affingunt, ut doctrinam nostram apud auditores suos in odium adducant, quasi videlicet doceamus, corpus Christi dentibus laniari et instar alterius cuiusdam cibi in corpore humano digeri. Credimus autem et asserimus, secundum clara verba Testamenti Christi, veram, sed supernaturalem manducationem corporis Christi, quemadmodum etiam vere, supernaturaliter tamen, sanguinem Christi bibi docemus. Haec autem humanis sensibus aut ratione nemo comprehendere potest, quare in hoc negotio, sicut in aliis fidei articulis, intellectum nostrum in oboedientiam Christi captivare oportet. Hoc enim mysterium in solo Dei verbo revelatur et sola fide comprehenditur.
[588] VIII. De persona Christi
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Ex controversia superiore de Coena Domini inter sinceros Theologos Augustanae Confessionis et Calvinistas, qui alios etiam quosdam Theologos perturbarunt, dissensio orta est de persona Christi, de duabus in Christo naturis et de ipsarum proprietatibus. Status controversiae
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Principalis huius dissidii quaestio fuit, an divina et humana natura et utriusque proprietates propter unionem personalem realiter, hoc est vere et reipsa in persona Christi invicem communicent et quosque illa communicatio extendatur? Sacramentarii affirmarunt, divinam et humanam naturas in Christo eo modo personaliter unitas esse, ut neutra alteri quicquam realiter, hoc est vere et reipsa, quod cuiusque naturae proprium sit, communicet, sed nomina tantum
lehre Calvins zuneigenden „Philippisten“ – zum überwiegenden Teil Schüler Melanchthons – und für die Calvinisten wurde das Verständnis der Christologie zu dem schlagenden Argument gegen die Realpräsenzvorstellungen schlechthin und Ausgangspunkt für das Verständnis der Einsetzungsworte. Beide Seiten bezichtigten sich gegenseitig – je nach Argumentationszusammenhang – sowohl der nestorianischen als auch der eutychianischen Ketzerei, d.h. sowohl der Trennung der Naturen der Person Christi als auch ihrer unzulässigen Vermischung. Eine Auswahl der in diesem Zusammenhang gewechselten Streitschriften findet sich in C&C 8.
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schlecht190,q facit communia nomina,191 das ist: [244v] die Persönliche vereinigung machet mehr nicht, dann die Namen gemein, das nemlichr Gott mensch und mensch Gott genennet wird, doch also, das Gott nichts mit der Menscheit und die Menscheit nichts mit der Gottheit, derselben Maiestet | und Eigenschafften Realiter, das ist, mit der that und warheit, gemein habe. Das widerspiel hat Doctor Luther, und die es mit ime gehalten, wider die Sacramentirer gestritten.192
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Affirmativa Reine lere der Christlichen Kirchen von der Person Christi Solchen streit zu erkleren und nach anleitung unsers Christlichen Glaubens hinzulegen, ist unser Leer, Glaub und Bekentnis wie folget: 1.
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Das die Göttliche und Menschliche natur in Christo persönlich vereiniget, also das nicht zwene Christus, einer Gottes, der ander des Menschen Son, Sondern ein einiger Son Gottes und des Menschen Son sey, Luc. 1; Rom. 9.193 Wir gleuben, leren und bekennen, das die Göttliche und Menschliche Natur nicht in ein wesen vermenget, keine in die andere verwandelt,194 sondern ein jede ire wesentliche eigenschafften behalte, welche der andern Natur eigenschafften nimmermehr werden. Die eigenschafft Göttlicher Natur sind: Allmechtig, Ewig, unendtlichs, nach eigenschafft der Natur und ires natürlichen wesens vor sich selbst allenthalben gegenwertig sein, alles wissen etc., welche der Menschlichen natur eigenschafften nimmermehr werden. Die eigenschafften Menschlicher natur seind: Ein leiblich Geschöpff oder Creatur sein, Fleisch und Blut sein, endtlich und umbschrieben195 sein, leiden, sterben, auff- und nider fahren, von einem ort zum andern sich bewegen, hunger, durst, frost, hitz leiden und dergleichen, welche der Göttlichen Natur eigenschafft nimmermehr werden. [245r] Nach dem beide Naturen persönlich, das ist: in einer Person voreiniget, Gleuben, leren und bekennen wir, das diese voreinigung nicht eine solche verknüpffung und verbindung sey, das kein Natur mit der andern persönlich, q
nicht in EpTB | r nicht in EpTB | s danach: naturlich, das ist EpTB
190 schlicht, einfach | 191 Joachim Curaeus, Exegesis perspicua (1574), in: C&C 8, 1021–1089 (Nr. 13), hier: 1029,16 | 192 Vgl. Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 261–509; außerdem: ders., Predigten des Jahres 1526 (zweite Predigt am Ostermontag über Gen 22), in: WA 20, 345,30–35. Im Mittelpunkt der christologischen Debatten stand die Zweinaturenlehre. Konsens war, dass in der Person Jesu Christi zwei Naturen, die menschliche Natur und die göttliche Natur, zusammenkommen und Christus in seinem Erlöser-Amt als Gott und auch als Mensch handelte. Für Luther und seine Schüler bedeutete dies, dass man von Christus nicht nur einerseits als Gott und andererseits als Mensch sprechen, d.h. der Person Christus den Namen „Gott“ oder den Namen „Mensch“ beilegen konnte, sondern dass die menschliche Natur (Menschheit Christi) aufgrund der communicatio idiomatum tatsächlich in den Genuss der göttlichen Eigenschaften kam. Zu diesen göttlichen Eigenschaften gehörte u.a. die Allgegenwart.
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nuda communicari. Unio (inquiunt illi) facit tantum nomina communia, ut videlicet Deus dicatur homo et homo Deus appelletur, ita tamen, ut Deus nihil cum humanitate commune habeat, et vicissim humanitas nihil cum divinitate, quoad ipsius Maiestatem et proprietates, realiter, hoc est, revera et reipsa, commune habeat. Contrariam vero huic dogmati sententiam D. Lutherus et qui cum ipso faciunt adversus Sacramentarios propugnarunt.
[589] Affirmativa Sincera doctrina Ecclesiae Dei de persona Christi 10
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Ad explicandam hanc controversiam et iuxta analogiam fidei nostrae Christianae decidendam, fidem, doctrinam et confessionem nostram piam perspicue profitemur, videlicet: Quod divina et humana natura in Christo personaliter unitae sint, ita prorsus, ut non sint duo Christi, unus filius Dei, alter filius hominis, sed ut unus et idem sit Dei et hominis filius. Credimus, docemus et confitemur, divinam et humanam naturas non in unam substantiam commixtas, nec unam in alteram mutatam esse, sed utramque naturam retinere suas proprietates essentiales, ut quae alterius naturae proprietates fieri nequeant. Proprietates divinae naturae sunt esse omnipotentem, aeternam, infinitam et secundum naturae naturalisque suae essentiae proprietatem, per se, ubique praesentem esse, omnia novisse etc. Haec omnia neque sunt, neque unquam fiunt humanae naturae proprietates. Humanae autem naturae proprietates sunt: corpoream esse creaturam, constare carne et sanguine, esse finitam et circumscriptam, pati, mori, ascendere, descendere, de loco ad locum moveri, esurire, sitire, algere, aestu affligi et si quae sunt similia. Haec neque sunt, neque unquam fiunt proprietates divinae naturae. Cum vero divina et humana naturae personaliter, hoc est, ad constituendum unum ὑφιστάμενον, sint unitae, credimus, docemus et confitemur, unionem Die in den Einsetzungsworten verbürgte Anwesenheit der Menschheit Christi (= Leib und Blut) unter Brot und Wein sahen Luther und seine Anhänger daher durch die christologische Zweinaturenlehre bestätigt. Anders argumentierten Calvin und die seiner Lehre nahestehenden Theologen. Für sie bewirkte das enge Zusammenkommen (unio personalis) der beiden Naturen in der Person Christi lediglich, dass die auf Christus angewandten Namen „Gott“ und „Mensch“ austauschbar wurden, nicht aber eine reale Mitteilung göttlicher Eigenschaften an die Menschheit dahinter stand. Die Gegner, gegen die sich die Negativa dieses Artikels richten, finden sich sowohl unter den Calvinisten als auch unter den sog. „Kryptocalvinisten“ bzw. „Philippisten“ in Kursachsen. Sie hatten in ihren Schriften die Theologie Melanchthons weiterentwickelt und waren damit in die Nähe der Genfer Theologie gerückt. Vgl. dazu vor allem die Grundfest (1571), in: C&C 8, 391–673 (Nr. 7). | 193 Lk 1,31–35; Röm 9,5 | 194 Vgl. das Bekenntnis von Chalkedon 451 (DH 300–303), das die beiden Naturen Christi definierte als unvermischt (ἀσυγχύτως), unveränderlich (ἀτρέπτως), ungetrennt (ἀδιαιρέτως) und unteilbar (ἀχωρίστως). | 195 begrenzt, auf Grenzen festgelegt
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I. Luc. I. Rom. 9.
II.
III.
IIII.
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Die Konkordienformel – Epitome
das ist, umb der persönlichen voreinigung willen etwas gemein haben sol, Als wann einer zwey breter zusammen leimet, do keines dem andern etwas gibet oder von dem andern nimmet, sondern hie ist die höchste gemeinschafft, welche Gott mit tdem Menschent warhafftig hat, aus welcher persönlichen voreinigung und der daraus erfolgenden höchsten und unaussprechlichen gemeinschafft alles herfleust, was Menschlich von Gott und Göttlich vom Menschen Christo gesaget und gegleubet wird, wie solche voreinigung und gemeinschafft der Naturen die alten Kirchenlerer durch die gleichnis eines feurigen Eysens196 wieu auch der vereinigung Leibes und der Seelen197 im Menschen erkleret haben. 6.
7.
BSLK 807 | 8.
9.
10.
Daher gleuben, leren und bekennen wir, das Gott Mensch und Mensch Gott sey, welches nicht sein köndte, wann die Göttliche und Menschliche natur aller dings keine gemeinschafft in that und warheit mit einander hetten. Dann wie köndte der Mensch, Marien Son, Gott oder Gottes, des aller höchsten Son mit warheit genennet werden oder sein, wann seinev Menscheit mit Gottes Son wnicht personlich vereiniget und alsow Realiter, das ist mit der that und warheit, nichts, sondern nur den Namen Gottes mit im gemein hette. Daher gleuben, leren und bekennen wir, das Maria nicht ein blossen, purlautern198 Menschen, sondern den warhafftigen Son Gottes empfangen und geboren habe, darumb sie auch recht die Mutter Gottes genennet wird und auch warhafftig ist. Daher gleuben, leren und bekennen wir auch,x das nicht ein purlauter Mensch für uns gelidten, gestorben, begraben, gen Helle199 gefahren, von Todten erstanden, gen Himel gefahren und gesetzt zur Maiestet und Allmechtigen krafft Gottes,200 sondern ein solcher Mensch des menschliche Natur mit dem Son Gottes so eine tieffe, unaussprechliche vereinigung und gemeinschafft hat, das sie mit im ein Person ist. Darumb warhafftig der Son Gottes vor uns gelidten, doch nach eigenschafft der Menschlichen Natur, welche er in einigkeit201 seiner Göttlichen Person angenomen und im eigen202 gemacht, das er leiden und unser hoher Priester zu unserer versünung mit Gott sein köndte, [245v] wie geschrieben stehet: Sie haben „den Herren der herrligkeit gecreutziget“,203 und: „mit Gottes Blut seind wir erlöset worden“,204 1. Cor. 2; Actor. 20. Daher gleuben, leren und bekennen wir, das des Menschen Son zur Rechten der Allmechtigen Maiestet und Krafft Gottes Realiter, das ist mit der that und t – t den Creaturen EpTB | u deßgleichen EpTB | v er nach der EpTB | w – w nicht in EpTB | x nicht in EpTB 196
Vgl. z.B. Origenes, De principiis II, 6,6, in: PG 11, 213f (GCS 5, 145). | 197 Vgl. z.B. Augustinus, Epistola CXXXVII, 3,11, in: PL 33, 520 (CSEL 44, 109f). | 198 ganz einfachen | 199 in die Hölle | 200 Die Konkordienformel interpretiert – wie Luther und seine Anhänger – die Rechte Gottes als Majestät und Allmacht Gottes. Himmelfahrt und Sitzen zur Rechten Gottes werden daher als eine Erhöhung der Menschheit Christi in die göttliche Allmacht verstanden. Calvin,
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illam hypostaticam non esse talem copulationem aut combinationem, cuius ratione neutra natura cum altera personaliter, hoc est, pro[590]pter unionem personalem, quicquam commune habeat, qualis combinatio fit, cum duo asseres conglutinantur, ubi neuter alteri quicquam confert aut aliquid ab altero accipit. Quin potius hic summa communio est, quam Deus cum assumto homine vere habet, et ex personali unione et summa ac ineffabili communione, quae inde consequitur, totum illud promanat, quicquid humani de Deo, et quicquid divini de homine Christo dicitur et creditur. Et hanc unionem atque communionem naturarum antiquissimi Ecclesiae Doctores similitudine ferri candentis itemque unione corporis et animae in homine declararunt. Hinc etiam credimus, docemus atque confitemur, quod Deus sit homo et homo sit Deus, id quod nequaquam ita se haberet, si divina et humana natura prorsus inter se nihil revera et reipsa communicarent. Quomodo enim homo, Mariae filius, Deus aut filius Dei altissimi vere appellari posset aut esset, si ipsius humanitas cum filio Dei non esset personaliter unita atque ita realiter, hoc est, vere et reipsa, nihil prorsus, excepto solo nudo nomine, cum ipso commune haberet? Eam ob causam credimus, docemus et confitemur, quod virgo Maria non nudum aut merum hominem duntaxat, sed verum Dei filium conceperit et genuerit: unde recte Mater Dei et appellatur et revera est. Inde porro credimus, docemus et confitemur, quod non nudus homo tantum pro nobis passus, mortuus et sepultus sit, ad inferos descenderit, a mortuis resurrexerit, ad coelos ascenderit et ad Maiestatem et Omnipotentem Dei virtutem evectus fuerit, sed talis homo, cuius humana natura cum filio Dei tam arctam ineffabilemque unionem et communicationem habet, ut cum eo una sit facta persona. Quapropter vere filius Dei pro nobis est passus, sed secundum proprietatem humanae naturae, quam in unitatem divinae suae personae assumsit sibique eam propriam fecit, ut videlicet pati et Pontifex noster summus reconciliationis nostrae cum Deo causa esse posset. Sic enim scriptum est: [591] Dominum gloriae crucifixerunt. Et: sanguine Dei redempti sumus. Ex eodem etiam fundamento credimus, docemus et confitemur, filium hominis ad dextram omnipotentis Maiestatis et virtutis Dei realiter, hoc est, vere et
Beza und die ihnen nahestehenden Theologen dagegen sahen in der Himmelfahrt primär einen Ortswechsel, durch den die Menschheit Christi nun bis zur einstigen Wiederkunft an einen fest umschrieben Ort gebunden sei. Ihre Anwesenheit im Abendmahl war deshalb ausgeschlossen. Die Gemeinschaft mit Christus konnte daher nur für den sich aufschwingenden Glauben der Abendmahlsgäste aktuell werden. | 201 in der Einheit | 202 sich zu eigen | 203 I Kor 2,8 | 204 Act 20,28
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VI.
VII.
VIII.
IX.
1. Cor. 2. Actor. 20.
X.
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Die Konkordienformel – Epitome
warheit, nach der Menschlichen natur erhöhet, yweil er in Gott auffgenomen, als er von dem heiligen Geist in Mutterleib empfangen und sein Menschliche natur mit dem Son des allerhöchsten persönlich vereiniget.y 11.
BSLK 808 Phil. 2
Ephes. 4
12.
BSLK 809
Welche Maiestet er nach der persönlichen vereinigung allwegen205 gehabt und sich doch derselbenz im standt seiner ernidrigung geeussert206 und ader ursach207 warhafftig „an allterb, weisheit und gnad bey Gott und den Menschen zugenomen“,208 darumb | er solche Maiesteta nicht allezeit, sondern wann es ime gefallen erzeiget, biss er die Knechtsgestalt,209 cund nicht die Naturc nach seiner Aufferstehung gantz und gar hingeleget und in dden völligen gebrauch, offenbarung und erweisung der Göttlichen Maiestet gesetzet und also in sein herrligkeit eingangen,d das er itzt nicht allein als Gott, sondern auch als Mensch alles eweis, alles vermag, allen Creaturen gegenwertig ist und alles,e was im Himel, auff Erden und unter der Erden ist,f unter seinen füssen und in seinen henden hat,210 wie er selbst zeuget: „Mir ist geben aller gewalt im Himel und auff Erden.“211 Und S. Paulus: Er ist „uber alle Himel“ gefahren, „auff das er alles erfüllete“,212 gwelchen seinen gewalt er allenthalben gegenwertig uben kan und im213 alles müglich und alles wissendt ist.g Daher er auch vermag und im gantz leicht ist, sein warhafftigen Leib und Blut im heiligen Abendmal gegenwertig mitzuteilen, Nicht nach art oder eigenschafft der Menschlichen natur, sondern nach art und eigenschafft Göttlicher rechte214, saget Doctor Luther215 aus unserem Christlichenh Kinder Glauben216, welche gegenwertigkeit nicht Irdisch, noch Capernaitanisch217, gleichwol warhafftig und wesentlich ist, wie die wort seines Testaments lauten: „Das ist, ist, ist mein Leib“218 etc. z
Durch diese unser Lere, Glauben und bekentnis wird die Person Christi nicht getrennet, wie Nestorius219 gethan i(welcher die Communicationem Idiomatum, das ist, die warhafftige gemeinschafft der [246r] eigenschafften beider naturen in Christo geleugnet und also die person getrennet, wie solches Lu|therus im Buch von den Conciliis220 erkleret),i noch die naturen sampt iren y – y und in Mutterleib höher dann die himmel worden, Dieweil er in Gott aufgenommen und sein Menschliche natur mit dem Sun des Allerhöchsten Perrsonlich vereiniget, dergestallt er dann auch nach seiner auferstehung nicht höher gesetztt werden khönnen. Dann er nicht erst nach der auferstehung Gott worden, oder mit dem Sohn Gottes sein menschlich natur vereinigt worden, sondern ist es gewesen, da er in Mutterleib empfangen worden EpTB | z – z Welcher Maiestet er doch sich alß ein Mensch gleich in seiner empfegnuß geburt und EpTB | a – a solche EpTB | b cj., mit EpTB: aller EpBB | c – c nicht in EpTB | d – d die vollige Poeß und gebruach der Götlichen Maiestet und seiner Glori eingesetzt EpTB | e – e nicht in EpTB | f danach: gegenwertig EpTB g – g nicht in EpTB | h nicht in EpTB | i – i nicht in EpTB 205 stets, immer | 206 entäußert, entledigt. Die Konkordienformel bekennt, dass bereits in der Empfängnis Marias göttliche und menschliche Natur in der Person Christi zusammengekommen seien. Die göttlichen Eigenschaften habe er aber im Stand der Erniedrigung, d. h. während seines
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reipsa, secundum humanam suam naturam esse exaltatum, cum homo ille in Deum assumtus fuerit, quam primum in utero matris a Spiritu sancto est conceptus eiusque humanitas iam tum cum filio Dei altissimi personaliter fuerit unita. Eamque Maiestatem ratione unionis personalis semper Christus habuit, sed in statu suae humiliationis sese exinanivit, qua de causa revera aetate, sapientia et gratia apud Deum atque homines profecit. Quare Maiestatem illam non semper, sed quoties ipsi visum fuit, exeruit, donec formam servi, non autem naturam humanam, post resurrectionem plene et prorsus deponeret et in plenariam usurpationem, manifestationem et declarationem divinae maiestatis collocaretur et hoc modo in gloriam suam ingrederetur. Itaque iam non tantum ut Deus, verum etiam ut homo omnia novit, omnia potest, omnibus creaturis praesens est et omnia, quae in coelis, in terris et sub terra sunt, sub pedibus suis et in manu sua habet. Haec ita se habere, Christus ipse testatur, inquiens: Mihi data est omnis potestas in coelo et in terra. Et Paulus ait: Ascendit super omnes coelos, ut omnia impleat. Hanc suam potestatem ubique praesens exercere potest, neque quicquam illi aut impossibile est aut ignotum.
Inde adeo et quidem facilime, corpus suum verum et sanguinem suum in sacra Coena praesens distribuere potest. Id vero non sit secundum modum et proprietatem humanae naturae, sed secundum modum et proprietatem dextrae Dei, ut Lutherus secundum analogiam fidei nostrae Christianae in Catechesi comprehensae loqui solet. Et haec Christi in sacra Coena praesentia neque physica aut terrena est neque Capernaitica, interim tamen verissima et quidem sub[592]stantialis est. Sic enim verba Testamenti Christi sonant: Hoc est, est, est corpus meum etc. Hac nostra fide, doctrina et confessione persona Christi non solvitur, quod olim Nestorius fecit. Is enim veram communicationem Idiomatum seu proprietatum utriusque naturae in Christo negavit et hac ratione Christi personam solvit, quam rem D. Lutherus in libello suo de Conciliis perspicue declaravit. Neque hac pia nostra doctrina duae in Christo naturae earumque
Erdenlebens, abgelegt und nur gelegentlich, „wenn es ihm gefallen habe“, genutzt, bis er schließlich durch die Erhöhung zur Rechten Gottes wieder in deren vollständige Verfügung eingesetzt worden sei. | 207 deswegen | 208 Lk 2,52 | 209 Phil 2,7 | 210 Joh 13,3 | 211 Mt 28,18 | 212 Eph 4,10 213 ihm | 214 der Rechten Gottes | 215 Vgl. Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 261–509, hier: 326,29–327,120; sowie: ders., Daß diese Worte Christi „Das ist mein Leib“ noch fest stehen wider die Schwarmgeister (1527), in: WA 23, 64–283, hier: 133,19–134,11. 216 Glaubensbekenntnis | 217 körperlich, grob fleischlich; vgl. o. S. 1260, Anm. 162. | 218 Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19; I Kor 11,24 | 219 Nestorius, aus Antiochien stammend, Patriarch von Konstantinopel, hatte die Bezeichnung „Gottesgebärerin“ für Maria abgelehnt und die menschlichte Natur Christi betont. Maria sei deshalb zutreffender als „Christusgebärerin“ zu bezeichnen. Die Synode von Ephesus 431 verdammte Nestorius. Die heutige Forschung beurteilt den Sachverhalt differenzierter. | 220 Luther, Von Konzilien und Kirchen (1539), in: WA 50, 587,29–591,8
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XI.
Iohan. 13.
Matth. 28. | Ephes. 4.
XII.
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1. Tim. 3
Die Konkordienformel – Epitome
eigenschafften mit einander in ein wesen vermischet, wie Eutyches221 geirret, noch die menschliche natur in der person Christi verleugnet oder abgetilget wird, auch keine natur in die ander verwandelt, sondern Christus ist und bleibet in alle ewigkeit Gott und Mensch in einer unzertrenten Person, welches nach der heiligen Dreifaltigkeit jdas höchstej geheimnis ist, wie der Apostel zeuget,222 In welchem unser einiger trost, leben und seligkeit stehet.
5
Negativa Widerwertige, falsche lere von der Person Christi223
1.
2.
3.
4.
5.
6. | BSLK 810
7.
Demnach vorwerffen und vordammen wir als Gottes wort und unserm einfeltigen224 Christlichem Glauben zuwider alle nachfolgende irrige Artickel, wann geleret wird: Das Gott und Mensch in Christo nicht eine Person, sondern ein anderer Gottes und ein anderer des menschen Son sey, wie Nestorius narret225. Das die Göttliche und menschliche natur mit einander in ein wesen vermischet und die menschliche natur in die Gottheit verwandelt, wie Eutyches geschwermet.226 Das Christus nicht warhafftiger, natürlicher, ewiger Gott sey, wie Arrius227 gehalten. Das Christus nicht eine warhafftige menschliche natur gehabt von Leib und Seel, wie Marcion228 gedichtetk hat. Quod unio personalis faciat tantum communia nomina,229 das ist, Das die persönliche vereinigung mache allein die lTitel undl Namen gemein. [246v] Das es nur ein „phrasis“ und „modus | loquendi“,230 das ist, nur wort und eine weise zu reden sey, wann man saget: Gott ist mensch, mensch ist Gott, dann die Gottheit habe nichts mit der menscheit wie auch die menscheit nichts mit der Gottheit Realiter, das ist, mit der that, gemein. Das es nur „Communicatio verbalis“,231 das ist, nichts dann wort sey, wann j–j
des höchsten EpTB | k gegleubet EpTB | l – l nicht in EpTB
221 Eutyches, Archimandrit von Konstantinopel gehörte der gegen die antiochenische Schule gewandten alexandrinischen Richtung an und vertrat eine bis zur Vergottung des Leibes Christi reichende Vereinigung der Naturen in Christus. Der dadurch ausgelöste „eutychianische Streit“ fand seinen Abschluss in den Formulierungen des Konzils von Chalkedon 451. Dieses definierte das Verhältnis der göttlichen und der menschlichen Natur in Christus als „unvermischt, unveränderlich, ungetrennt und unteilbar“; vgl. o. S. 1269, Anm. 194. | 222 I Tim 3,16 | 223 Die folgenden Artikel stellen die kontroverse Diskussion der Zweinaturenlehre in den Horizont der altkirchlichen Lehrbildung und nehmen zugleich eine Abgrenzung von zeitgenössischen Positionen sowie von deren sich logisch nahelegenden Konsequenzen vor, auch wenn diese sich nicht unbedingt im damaligen Kontroversschrifttum finden. | 224 einfachen, vertrauensvollen | 225 närrisch daherredet | 226 phanatasiert hat | 227 Arius, ein Presbyter aus Alexandria, hatte in seinen Predigten die Ansicht vertreten, der λόγος aus Joh 1,1f und 14 gehöre auf die Seite der Geschöpfe Gottes und sei darum in seinem Wesen kategorial von Gott unterschieden und ihm völlig unähnlich und fremd. Den sich daraus entwickelnden arianischen Streit versuchte die erste ökumenische Synode von Nizäa (325) zu schlichten. Ihr sich gegen den Arianismus wendendes Glaubensbekenntnis, das sogenannte Nicaenum, wurde von der zweiten ökumenischen Synode von Konstantinopel (381)
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VIII. Von der Person Christi
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proprietates confunduntur aut in unam essentiam commiscentur (in quo errore Eutyches fuit), neque humana natura in persona Christi negatur aut aboletur, neque altera natura in alteram mutatur. Sed Christus verus Deus et homo in una indivisa persona est permanetque in omnem aeternitatem. Hoc post illud Trinitatis summum est mysterium, ut Apostolus testatur: in quo solo tota nostra consolatio, vita et salus posita est.
1. Tim. 3.
Negativa Contrariae et falsae doctrinae de persona Christi reiectio
15
Repudiamus igitur atque damnamus omnes erroneos, quos iam recitabimus, articulos, eo quod verbo Dei et sincerae fidei nostrae Christianae repugnent, cum videlicet sequentes errores docentur: Quod Deus et homo in Christo non constituant unam personam, sed quod alius sit Dei filius et alius hominis filius, ut Nestorius deliravit. Quod divina et humana naturae in unam essentiam commixtae sint et humana natura in Deitatem mutata sit, ut Eutyches furenter dixit.
III.
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Quod Christus non sit verus, naturalis et aeternus Deus, ut Arius blasphemavit. [593] Quod Christus non veram humanam naturam anima rationali et corpore constantem habuerit, ut Marcion finxit. Quod unio personalis faciat tantum communia nomina et communes titulos. Quod phrasis tantum et modus quidam loquendi sit, cum dicitur: Deus est homo et homo est Deus; siquidem divinitas nihil cum humanitate et humanitas nihil cum deitate realiter, hoc est vere et reipsa, commune habeat.
VI.
Quod tantum sit verbalis sine re ipsa Idiomatum communicatio, cum dicitur,
VII.
10
erweitert und bestätigt. Vgl. den Text des authentischen Symbols von Nizäa (325), in: QuM I, 17,7–33 (Nr. 2.1) sowie das endgültige Nicaeno-Constantinopolitanum (381), o. S. 49f. | 228 Der der Gnosis nahestehende Markion lebte um die Mitte des 2. Jahrhunderts. Seine dualistische Lehre gipfelte in der Annahme zweier Götter und führte zu einer Abwertung des Alten Testaments, das von dem Widersacher Gottes, dem Demiurgen zeuge. Ihm stehe der gute Gott gegenüber, der den mit einem Scheinleib ausgestatteten Christus zur Erlösung der Welt entsandt habe. 229 Joachim Curaeus, Exegesis perspicua (1574), in: C&C 8, 1021–1089 (Nr. 13), hier: 1029,16 230 Melanchthon hatte in seiner Refutatio erroris Serveti et Anabaptistarum (1560) ausgeführt, dass man die Aussage (forma loquendi) „Deus est homo … Deus est passus“ als „communicatio idiomatum“ bezeichne, in der man die Eigenschaften der einen Natur „in concreto“ der anderen zuschreibe; vgl. MWA 6, 374,33–375,7. Auf diese Aussage konnten sich all diejenigen berufen, die die lutherische Zweinaturenlehre ablehnten, wobei sie die eigentliche Position Melanchthons im Sinne ihres eigenen Anliegens transformierten. Ähnliche Ausführungen finden sich in den Wittenberger Promotionsthesen von 1570, vgl. Propositiones (1570), in: C&C 8, 25–74 (Nr. 1), bes. 39,13–26; außerdem in der Grundfest (1571), in: C&C 8, 391–673 (Nr. 7), bes. 403–420 und 557,17–20; sowie bei Joachim Curaeus, Exegesis perspicua (1574), in: C&C 8, 1021–1089 (Nr. 13), bes. 1028–1031. | 231 Vgl. Grundfest (1571), in: C&C 8, 391–673 (Nr. 7), hier: 413f und 557.
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IIII.
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13. | BSLK 811
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15.
Matth. 28
16.
Die Konkordienformel – Epitome
gesaget wird: Gottes Son sey für der Welt Sünde gestorben, des Menschen Son sey allmechtig worden. Das die menschliche natur in Christo auff solche weise wie die Gottheit ein unendtlich wesen worden und aus solcher wesentlicher, mitgeteilter, in die menschliche natur ausgegossen und von Gott abgesonderte krafft und eigenschafft mauff solche weise wie die Göttlichem natur allenthalbenn gegenwertig sey. oDas die menschliche natur der Göttlichen natur an irer substantz und wesen oder an derselben wesentlichen eigenschafften exaequiret und gleich worden sey.o Das die menschliche natur Christi in alle ort des Himels und der Erden raumlich ausgespannet, welches auch der Göttlichen natur nicht zugemessen werden soll. Das Christo unmüglich sey von wegen der eigenschafft menschlicher natur, das er zumal mehr dann an einem ortp sein köndte. Das allein die blosse Menscheit für uns gelidten und uns erlöset habe und das der Son Gottes im leiden mit derselben keine gemeinschafft mit der that gehabt, qals wann es in nichts angangen hette.q Das Christus allein nach seiner | Gottheit bey uns auff Erden, im wort, Sacramenten und allen unsern nöten gegenwertig sey und solche gegenwertigkeit seine menschliche natur gantz und gar nichts angehe, nach welcher er auch mit uns auff Erden, nach dem er uns durch sein leiden und sterben erlöset, nicht mehr zuschaffen habe. Das der Son Gottes, rso die menschlich natur angenommen, nach dem er Knechtsgestalt abgeleget,r nicht alle werck seiner Allmechtigkeit in, durch und mit seiner menschlichen natur verrichte, sondern nur etzliche und allein an dem ort, da die menschliche natur raumlich sey. [247r] Das er nach der menschlichen natur der Allmechtigkeit und anderers eigenschafften Göttlicher natur aller ding nicht vehig232 sey wider den ausgedruckten Spruch Christi: „Mir ist gegeben aller gewalt im Himel und auff Erden.“233 Und S. Paulus: „In im wonet alle fülle der Gottheit leibhafftig“, Colos. 2.234 Das im grössere gewalt im Himmel und auff Erden gegeben, nemlicht grösser und mehr dann allen Engeln und andern Creaturen, aber mit der Allmechtigkeit Gottes habe er keine gemeinschafft, sey im auch dieselbige nicht gegeben. uDaher sie ein Mediam potentiam, das ist, ein solche gewalt zwischen Gottes Allmechtigen gewalt und andern Creaturen gewalt tichten, die Christo nach
m–m q–q 232
irer EpTB | n danach: wo der Sohn Gottes ist EpTB | o – o nicht in EpTB | p nicht in EpTB nicht in EpTB | r – r nicht in EpTB | s aller EpTB | t nicht in EpTB | u – u nicht in EpTB
fähig | 233 Mt 28,18 | 234 Kol 2,9
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525521045 — ISBN E-Book: 9783647521046
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VIII. Von der Person Christi
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filium Dei pro peccatis mundi mortuum esse, filium hominis omnipotentem factum esse. Quod humana in Christo natura eo modo, quo est divinitas, facta sit essentia quaedam infinita, et ex hac essentiali, communicata, in humanam naturam effusa et a Deo separata virtute et proprietate eo modo, quo divina natura, ubique praesens sit.
VIII.
Quod humana natura divinae ratione substantiae atque essentiae suae vel proprietatum divinarum essentialium exaequata sit.
IX.
Quod humana natura in Christo in omnia loca coeli et terrae localiter expansa sit, quod ne quidem divinae naturae est tribuendum.
X.
Quod Christo impossibile sit propter humanae naturae proprietatem, ut simul in pluribus quam in uno loco, nedum ubique, suo cum corpore esse possit. Quod sola humanitas pro nobis passa sit nosque redemerit et quod filius Dei in passione nullam prorsus cum humanitate (reipsa) communicationem habuerit, perinde ac si id negotium nihil ad ipsum pertinuisset. Quod filius Dei tantummodo divinitate sua nobis in terris, in verbo, sacramentis, in omnibus denique aerumnis nostris praesens sit, et quod haec praesentia prorsus ad humanitatem nihil pertineat. Christo enim, postquam nos [594] passione et morte sua redemerit, secundum humanitatem suam nihil amplius nobiscum in terris esse negotii. Quod filius Dei, qui humanam naturam assumsit, iam post depositam servi formam non omnia opera omnipotentiae suae in et cum humanitate sua et per eam efficiat, sed tantum aliqua et quidem in eo tantum loco, ubi humana natura est localiter. Quod secundum humanitatem Omnipotentiae aliarumque proprietatum divinae naturae prorsus non sit capax. Idque asserere audent contra expressum testimonium Christi: Mihi data est omnis potestas in coelo et in terra. Et contradicunt Paulo, qui ait: In ipso inhabitat tota divinitatis plenitudo corporaliter.
XI.
Quod Christo secundum humanitatem data quidem sit maxima potestas in coelo et in terra, videlicet maior et amplior quam omnes Angeli et creaturae acceperint, sed tamen ita, ut cum omnipotentia Dei nullam habeat communicationem neque omnipotentia illi data sit. Itaque mediam quandam potentiam inter omnipotentiam Dei et inter aliarum creaturarum potentiam fingunt, datam Christo secundum humanam eius naturam per exaltationem, quae
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XII.
XIII.
XIIII.
XV.
Matth. 28. Coloss. 2.
XVI.
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18. | BSLK 812 Col. 2
19.
20.w
Die Konkordienformel – Epitome
seiner menscheit durch die erhöhung gegeben, die weniger denn Gottes Allmechtige gewalt und grösser dann anderer Creaturen gewalt sey.u Das Christus nach seinem menschlichen Geist ein gewisse mas235 habe, wie viel er wissen sol, und das er nicht mehr wisse dann236 im gebüret und von nöten seyv zu seinem Richterampt zuwissen. Das Christus noch nicht vollkommene | erkentnis Gottes und aller seiner werck habe, von dem doch geschrieben stehet, Das in im „alle schetze der weisheit und des erkentnis verborgen“237 seien. Das Christo nach seinem menschlichen Geist unmüglich sey zuwissen, was von ewigkeit gewesen, was jetzunder allenthalben geschehe und noch in ewigkeit sein werde. Da geleret und der Spruch Matth. 28: „Mir ist gegeben aller gewalt“238 etc. also gedeutet und lesterlich verkeret wird, Das Christo nach der Göttlichen natur in der Aufferstehung und seiner Himmelfart restituiret, das ist widerumb zugestellt worden sey aller gewalt im Himmel und auff Erden, als hette er im stand seiner niedrigung auch nach der Gottheit solche abgeleget und verlassen.w Durch welche Lere nicht allein die wort des Testaments Christi verkeret, sondern auchx der verdampten Arrianischen Ketzerey der weg bereitet, das endlich Christus ewige Gottheit verleugnet und also Christus gantz und gar sampt unserer seligkeit verloren, do239 solcher yfalschen Lerey aus bestendigem grundt Göttlichesz worts und unsers einfeltigen Christlichen Glaubens nicht widersprochen würde.
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[247v] IX. Von der Hellefahrt Christi
BSLK 813
Status Controversiae Hauptstreit uber diesem Artickel
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Es ist auch unter etzlichen Theologen, so der Augspurgischen Confeßion zugetan, uber diesem Artickel gestritten worden: Wann und auff was weise der Herr Christus, vermüge240 unsers einfeltigen241 Christlichen glaubens, gen Helle gefahren; ob es geschehen sey vor oder nach seinem Tode. Item242, Ob | es nach der Seel allein oder nach der Gottheit allein oder mit Leib und Seel
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v ist EpTB | w – w nicht in EpTB | EpTB | z Gottes EpTB 235
Maß | 236 als | vollen | 242 Ebenso
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Kol 2,3 |
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danach: dem Turkhischen Alcoran und EpTB | Mt 28,18 |
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einfachen, vertrauens-
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VIII. Von der Person Christi
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minor quidem sit quam Dei omnipotentia, maior tamen omnium aliarum creaturarum potestate. Quod Christo secundum spiritum suum humanum certi limites positi sint, quantum videlicet ipsum scire oporteat, et quod non plus sciat quam ipsi conveniat et ad executionem sui officii, iuditis nimirum, necessario requiratur. Quod Christus ne hodie quidem perfectam habeat cognitionem Dei et omnium ipsius operum, cum tamen de Christo scriptum sit: In ipso omnes thesauros sapientiae et scientiae absconditos esse. Quod Christo secundum humanitatis suae spiritum impossibile sit scire, quid ab aeterno fuerit, quid iam nunc ubique fiat et quid in omnem aeternitatem sit futurum. Reiicimus etiam damnamusque, quod dictum Christi Mihi data est omnis potestas in coelo et in terra horribili [595] et blasphema interpretatione a quibusdam depravatur in hanc sententiam: quod Christo secundum divinam suam naturam in resurrectione et ascensione ad coelos iterum restituta fuerit omnis potestas in coelo et in terra, perinde quasi, dum in statu humilitationis erat, eam potestatem etiam secundum divinitatem deposuisset et exuisset. Hac enim doctrina non modo verba Testamenti Christi falsa explicatione pervertuntur, verum etiam dudum damnatae Arianae haeresi via de novo sternitur, ut tandem aeterna Christi divinitas negetur et Christus totus, quantus quantus est, una cum salute nostra amittatur, nisi huic impiae doctrinae ex solidis verbi Dei et fidei nostrae Catholicae fundamentis constanter contradicatur.
IX. De descensu Christi ad inferos Status controversiae
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Disceptatum fuit super hoc articulo inter quosdam Theologos, qui Augustanam Confessionem profitentur, quando et quo modo Dominus noster Iesus Christus, ut testatur fides nostra Catholica, ad inferos descenderit: an id ante vel post mortem eius factum sit. Praeterea quaesitum fuit, num anima tantum, an divinitate sola, an vero anima et corpore descenderit, idque an spiritualiter an vero corporaliter sit factum. Disputatum etiam est, num hic articu-
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XVII.
XVIII. Coloss. 2.
XIX.
XX. | Matth. 28.
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Die Konkordienformel – Epitome
geistlich oder leiblich zugangen. aItem, Ob dieser Artickel gehöre zum Leiden oder zum herrlichen Sieg und Triumph Christi.a 243 Nach dem aber dieser Artickel, wie auch der vorgehende, nicht mit den sinnen noch mit der vernunfft begriffen werden kan, sondern mus allein mit dem Glauben gefasset werden, Ist unser einhellig bedencken244, das solches nicht zu disputiren, sondern nur auffs einfeltigste geglaubet und geleret werden solle, inmassen D. Luther seliger in der Predigt zu Torgau Anno 33.245 etc. solchen Artickel gantz Christlich erkleret, alle unnützliche, unnotwendige fragen abgeschnitten und zu Christlicher einfalt246 des Glaubens alle frome Christen vermanet. Dann es ist gnug, das wir wissen, das Christus bin die Helle gefahren,b die Helle allen Gleubigen zerstöret und sie aus dem gewalt des Todes, Teufels, ewiger verdamnis des hellischen rachens erlöset habe; wie aber solches zugangen, sollen wir sparen247 bis in die ander Welt, da uns nicht allein dis stück, sondern auch noch anders mehr geoffenbaret, das wir hie einfeltig geglaubt und mit unser blinden vernunfft nicht begreiffen können.
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[248r] X.c Von Kirchen gebreuchen, so man Adiaphora oder Mitteldinge nennet BSLK 814
Von Ceremonien oder Kirchen gebreuchen, welche in Gottes Wort weder geboten | noch verboten, sondern umb guter ordnung und wolstandts248 willen in die Kirche eingefüret, hat sich auch zwischen den Theologen Augspurgischer Confeßion ein Zwispalt zugetragen.
a–a
nicht in EpTB | b – b nicht in EpTB | c nicht in EpTB
243
Der Streit über das Verständnis der Höllenfahrt Christi zählt nicht zu jenen Streitigkeiten, auf deren Schlichtung der Einigungsversuch des Konkordienwerks in erster Linie zielte. Alle Vorstufen der Konkordienformel bis hin zur Schwäbisch-Sächsischen Konkordie (vgl. QuM II, 141–275) verzichteten auf Ausführungen zum Thema der Höllenfahrt. Erst im Torgischen Buch wurde dies durch Einfügung eines eigenen Artikels thematisiert, zumal verschiedene theologische Interpretationen existierten, die ihrerseits Auswirkungen auf das Verständnis von Himmelfahrt und christologischer Zweinaturenlehre haben konnten. Ein wichtiger Verständnishintergrund dafür war der von 1544–1551/52 in Hamburg ausgetragene Aepinsche Streit (Johannes Aepinus, Superintendent), außerdem die von den Mansfelder Theologen (unter ihnen Cyriakus Spangenberg, Hieronymus Menzel) in ihrem Bekenntnis vorgenommene Abgrenzung von dem 1563 erschienenen Heidelberger Katechismus, für die sie u.a. den Locus der Höllenfahrt Christi herangezogen hatten (vgl. CONFESSIO || ET SENTENTIA || MINISTRORVM VERBI IN || COMITATV MANSFELDENSI,|| DE DOGMATIS QVORVN-||DAM PROXIMO TRI-||ENNIO PVBLICE || EDITIS. [...], Eisleben: Urban Gaubisch 1565 [VD 16 C 4823]), und schließlich die zwischen Calvin einerseits und Luther und Melanchthon andererseits bestehende Differenz. Weitere kleine Diskussionsherde waren in Pommern und in Augsburg entstanden. Johannes Aepinus hatte die Höllenfahrt als Endpunkt der Erniedrigung Christi interpretiert und gelehrt, dass die Seele Christi nach seinem leiblichen Tod und seiner Grablegung in die Hölle gefahren sei, um dort unaussprechliche Qualen zu erleiden. Insofern dies die höchste Form der Sündenstrafe darstellte, konnte Aepinus die Höllenfahrt als Saktisfaktionsleistung Christi einordnen. Auch der Heidelberger Katechismus (vgl.
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IX. Von der Höllenfahrt Christi
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lus ad passionem, an vero ad gloriosam victoriam et triumphum Christi sit referendus. [596] Cum autem hic fidei nostrae articulus, sicut et praecedens, neque sensibus neque ratione nostra comprehendi queat, sola autem fide acceptandus sit: unanimi consensu consulimus de hac re non esse disputandum, sed quam simplicissime hunc articulum credendum et docendum esse. Atque in hoc negotio sequamur piam D. Lutheri doctrinam, qui hunc articulum in contione Torgae habita (Anno etc. XXXIII.) pie admodum explicuit, omnes inutiles et curiosas quaestiones praecidit atque ad piam fidei simplicitatem omnes Christianos adhortatus est. Satis enim nobis esse debet, si sciamus Christum ad inferos descendisse, infernum omnibus credentibus destruxisse nosque per ipsum e potestate mortis et Satanae, ab aeterna damnatione atque adeo e faucibus inferni ereptos. Quo autem modo haec effecta fuerint, non curiose scrutemur, sed huius rei cognitionem alteri seculo reservemus, ubi non modo hoc mysterium, sed et alia multa in hac vita simpliciter a nobis credita revelabuntur, quae captum coecae nostrae rationis excedunt.
X. De ceremoniis ecclesiasticis, quae vulgo adiaphora seu res mediae et indifferentes vocantur 20
Orta est etiam inter Theologos Augustanae Confessionis controversia de ceremoniis seu ritibus Ecclesiasticis, qui in verbo Dei neque praecepti sunt neque prohibiti, sed ordinis tantum et decori gratia in Ecclesiam sunt introducti.
Frage 44) deutete die Höllenfahrt saktisfaktorisch und bezog sie auf ein Geschehen an der Seele Christi. Schon Calvin hatte die Höllenfahrt als Vervollkommnung des Leidens Christi in den Blick genommen. Luther und Melanchthon dagegen betonten den in der Höllenfahrt angelegten Beginn der Erhöhung Christi, welcher schon hier dem Teufel die Macht genommen habe (vgl. das Gutachten Melanchthons und Bugenhagens für den Hamburger Rat, Sept. 1550, in: MBW 6, 97 [Nr. 5911] = CR 7, 666–668 [Nr. 4800]). Der Aepinsche Streit endete nicht mit der Ausweisung seiner Kontrahenten aus Hamburg (1551/52) bzw. mit Aepinus’ Tod (1553), sondern fand insofern eine Fortsetzung als seine Lehre u.a. in Joachim Westphal und Matthias Flacius prominente lutherische Vertreter fand. Die Konkordienformel machte dagegen für ihre Position Luthers Torgauer Predigt von 1533 geltend (vgl. SD IX, u. S. 1546,18–1548,4). | 244 Rat, Ratschlag 245 Luther, Predigten des Jahres 1533. Dritte Predigt, auff den Ostertag, in: WA 37, 62,22–72,12; vgl. auch QuM II, Torgisches Buch, 477–481. | 246 Schlichtheit | 247 aufsparen (mit Bezug auf die zuvor thematisierte Frage) | 248 Anstands (hier Synonym für gute Ordnung)
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Die Konkordienformel – Epitome
Status Controversiae Der Hauptstreit von diesem Artickel Die Hauptfrage aber ist gewesen, ob man zur zeit der verfolgung und im fall der bekentnis, wann die feinde des Evangelii sich gleich nicht mit uns in der Lere vergleichen, dennoch mit unverletztem gewissen etzliche gefallene249 Ceremonien, so an im250 selbst Mitteldinge und von Gott weder geboten noch verboten, auff der Widersacher dringen und erfordern widerumb auffrichten und sich also mit inen in solchen Ceremonien und Mitteldingen vergleichen möge? Der eine teil hat Ja, der ander hat Nein darzu gesagt.251 Affirmativa Die rechte warhafftige Lere und Bekentnis von diesem Artickel 1.
2.
BSLK 815 | 3. 1. Cor. 8 Rom. 12 4.
Galat. 5
2. Cor. 6
Zu hinlegung auch dieser Zwispalt gleuben, leren und bekennen wir einhellig, das die Ceremonien oder Kirchen gebreuche, welche in Gottes wort weder geboten noch verboten, sondern allein umb wolstandes und guter [248v] ordnung willen angestelt, an inen und für sich selbst kein Gottesdienst, auch kein teil desselben seien; Matth. 15: „Sie ehren mich umb sonst mit menschlichen geboten.“252 Wir gleuben, leren und bekennen, das die Gemeine Gottes jedes orts und jederzeit nach derselben gelegenheit macht habe, solche Ceremonien zuendern, wie es der Gemeinen Gottes am nützlichsten und erbaulichsten sein mag. Doch das hierinnen alle leichtfertigkeit und ergernis gemieden und sonderlich der schwachgleubigen mit allem fleis verschonet werde.253 Wir gleuben, leren und bekennen, das zur zeit der verfolgung, wann ein runde254 bekentnis des Glaubens von uns erfordert, in solchen Mitteldingen den Feinden nicht zu weichen255, wie der Apostel geschrieben: „So bestehet nun in der freiheit, damit uns Christus befreiet hat, und last euch nicht widerumb in das knechtische joch fangen.“256 Item: „Ziehet nicht am fremb249 weggefallene, abgeschaffte | 250 sich | 251 Der Adiaphoristischen Streit (ab 1549) entzündete sich vornehmlich an den Inhalten der von Flacius als „Leipziger Interim“ gebrandmarkten und unautorisiert publizierten Leipziger Landtagsvorlage, die Melanchthon und die Wittenberger Theologen zusammen mit Georg von Anhalt als Alternativvorschlag zum Augsburger Interim von 1548 ausgearbeitet hatten. Anders als das Augsburger Interim, das außer Laienkelch und Priesterehe keine Zugeständnisse an die Evangelischen machte, versuchte die von kursächsischer Seite erarbeitete Alternative, die reformatorische Rechtfertigungslehre mit altgläubigen Zeremonien zu kombinieren und mit Hilfe dieser Konzession die kaiserliche Politik der Rückführung zum alten Glauben abzumildern, zumal man – durchaus in Übereinstimmung mit Luther – Ritus und Zeremonien als dem Glauben und Seelenheil weder zu- noch abträgliche „freigelassene Mitteldinge“ (Adiaphora) einstufte. Damit ging in den Augen der Gegner nicht nur die Einheit von Lehre und Bekenntnis mit Kirchenverfassung bzw. kirchlichem Kultus verloren, sondern es stellte sich generell die Frage nach dem Verhältnis von politischer Obrigkeit und Religionsausübung. Hatte die Obrigkeit überhaupt das Recht, in religiöse Angelegenheiten einzugreifen? Und musste man nicht solche, als Endzeitphänomen gewerteten Krisenzeiten, in denen die politische Obrigkeit die Lehre antastete, als „Bekenntnisfall“ werten, in denen ein klares Ja oder Nein gefordert
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X. Von Kirchengebräuchen
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[597] Status controversiae
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Quaesitum fuit, num persecutionis tempore et in casu confessionis (etiamsi adversarii nobiscum in doctrina consentire nolint) nihilominus salva conscientia aliquae iam abrogatae ceremoniae, quae per se indifferentes et a Deo neque mandatae neque prohibitae sint, postulantibus id et urgentibus adversariis, iterum in usum revocari possint et an hoc modo cum Pontificiis in eiusmodi ceremoniis et adiaphoris conformari recte queamus. Una pars hoc fieri posse affirmavit, altera vero negavit.
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Affirmativa Sincera doctrina et confessio de hoc articulo I.
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Ad hanc controversiam dirimendam unanimi consensu credimus, docemus et confitemur, quod ceremoniae sive ritus Ecclesiastici (qui verbo Dei neque praecepti sunt neque prohibiti, sed tantum decori et ordinis causa instituti) non sint per se cultus divinus aut aliqua saltem pars culutus divini. Scriptum est enim: Frusta colunt me docentes doctrinas, mandata hominum. Credimus, docemus et confitemur, Ecclesiae Dei ubivis terrarum et quocunque tempore licere pro re nata ceremonias tales mutare iuxta eam rationem, quae Ecclesiae Dei utilissima et ad aedificationem eiusdem maxime accomodata iudicatur. Ea tamen in re omnem levitatem fugiendam et offendicula cavenda, inprimis vero infirmorum in fide rationem habendam et iis parcendum esse censemus. Credimus, docemus et confitemur, quod temporibus persecutionum, quando perspicua et constans confessio a [598] nobis exigitur, hostibus Evangelii in rebus adiaphoris non sit cedendum. Sic enim Apostolus inquit: Qua libertate Christus nos liberavit, in ea state et nolite iterum iugo servitutis subiici. Et alibi:
II.
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und kein Kompromiss akzeptabel sei? Flacius, Gallus und Amsdorf plädierten für kompromisslosen Widerstand statt für einen politisch motivierten Kompromiss. Für sie konnte es „in casu confessionis“ keine Adiaphora geben. In allen abweichenden Positionen glaubten sie einen Verrat an der evangelischen Sache zu erkennen. An der Positionierung zu den Adiaphora zeigte sich für sie die Parteinahme entweder für Christus oder für Belial, d.h. den Teufel. Ihre Hauptgegner waren Melanchthon und die kursächsischen Theologen (Johannes Bugenhagen, Paul Eber, Georg Major, Johannes Pfeffinger). Eine Auswahl der im Adiaphoristischen Streit gewechselten Schriften bietet C&C 2. | 252 Mt 15,9 | 253 I Kor 8,7–13; Röm 14,1.13–15. Luther hatte 1521 mit dem Hinweis auf die „Schonung der Schwachen“ die von Karlstadt voreilig vorgenommene Abschaffung altgläubiger Riten wieder rückgängig gemacht (vgl. seine Invokavitpredigten vom 9.–16. März 1522, in: WA 10/3,1–64). Nach dem Augsburger Interim und dem Leipziger Alternativvorschlag ergab sich dieselbe Situation, allerdings unter bekenntnismäßig umgekehrtem Vorzeichen. Nun sollten seit langem abgeschaffte altgläubige Zeremonien wieder eingeführt werden. Auch wenn man Riten und Zeremonien nach evangelischem Verständnis in Orientierung an den Erfordernissen frei ändern konnte, so sollte das doch nur so geschehen, dass auch die im Glauben Schwachen nicht daran Anstoß nehmen würden. | 254 klares | 255 nachzugeben sei | 256 Gal 5,1
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Matth. 15.
III. 1. Cor. 8. Rom. 14. IIII.
Galat. 5.
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Galat. 2
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den joch; was hat das Liecht vord gemeinschafft mit der Finsternis?“257 Item: „Auff das die warheit des Evangelii bey euch bestünde, wichen wir demselben nicht eine stunde, underthenig zu sein.“258 Dann in solchem fall ist es nicht mehr umb Mittelding, sondern umb die warheit des Evangelii, umb die Christliche freyheit und umb die bestetigung offentlicher Abgötterey, wie auch eumb verhütung dese Ergernis der schwachgleubigen zuthun259, darin wir nichts zuvergeben260 haben, sondern rund bekennen und darüber leiden sollen, was uns Gott zuschickt und uber uns den feinden seines worts verhengt261. Wir gleuben, leren und bekennen auch, das kein Kirch die ander verdammen sol, das eine weniger oder mehr eusserlicher von Gott ungebotenen Ceremonien dann die andere hat, wann sonst in der Lere und allen derselben Artickeln, wie auch im rechten gebrauch der heiligen Sacramenten mit einander einigkeit gehalten nach dem wolbekanten Spruch: „Dissonatia ieiunii, non dissolvit consonantiam fidei. Ungleicheit des fastens sol die einigkeit im glauben nicht trennen.“262
2.
3.
4.
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[249r] Negativa Falsche Lere von diesem Artickel
BSLK 816
1.
Die Konkordienformel– Epitome
Demnach verwerffen und verdammen wir als unrecht und dem wort Gottes zuwider, wann geleret wird: Das Menschen gebot und satzungen in der Kirchen vor sich selbst als ein Gottesdienst oder teil desselben gehalten werden sollen. Wann solche Ceremonien, gebot und satzungen mit zwang als notwendig der Gemein Gottes wider ire Christliche freiheit, so sie in eusserlichen dingen hat, auffgedrungen werden. Item, Das man zur zeit der verfolgung und öffentlicher bekentnis den feinden des heiligen Evangelii (welches zu abbruch der warheit dienet) in dergleichen Mitteldingen und Ceremonien möge wilfaren oder sich mit inen vergleichen. Item, Wann solche eusserliche Ceremonien und Mitteldinge also abgeschaffet werden, als solte es der Gemein Gottes nicht frey stehen, nach irer guten gelegenheit263, wie es jederzeit der Kirchen am nützlichsten, sich eines oder mehr in Christlicher freiheit zugebrauchen.
d
nicht in EpTB | e – e das EpTB
257 II Kor 6,14 | 258 Gal 2,5 | 259 geht es nicht mehr | 260 zuzugestehen | 261 an uns zu tun den Feinden seines Worts erlaubt | 262 Sprichwort, Wander 1, 937 (Nr. 18). Eusebius von Caesarea schreibt dieses Wort Irenaeus von Lyon zu. Vgl. Eusebius von Caesarea, Historia ecclesiastica V, 24, 13, in: PG 20, 500–504 (GCS 9/1, 494,15–25). | 263 bei passender Gelegenheit
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X. Von Kirchengebräuchen
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Nolite iugum ducere cum infidelibus etc. Quae enim est societas luci ad tenebras? etc. Item: Quibus neque ad horam cessimus subiectione, ut veritas Evangelii permaneret apud vos. In tali enim rerum statu non agitur iam amplius de adiaphoris, sed de veritate Evangelii et de libertate Christiana sarcta tectaque conservanda et quomodo cavendum sit, ne manifeste Idololatria confirmetur et infirmi in fide offendantur. In huiusmodi rebus nostrum certe non est aliquid adversariis largiri, sed officium nostrum requirit, ut piam et ingenuam confessionem edamus et ea patienter feramus, quae Dominus nobis ferenda imposuerit et hostibus verbi Dei in nos permiserit. Credimus, docemus et confitemur, quod Ecclesia alia aliam damnare non debeat, propterea quod haec vel illa plus minusve externarum ceremoniarum, quas Dominus non instituit, observet, si modo in doctrina eiusque articulis omnibus et in vero sacramentorum usu sit inter eas consensus. Hoc enim vetus et verum dictum est: Dissonantia ieiunii non dissolvit consonantiam fidei.
2. Cor. 6. Galat. 2.
V.
Negativa Falsae doctrinae de hoc articulo reiectio Repudiamus atque damnamus haec falsa et verbo Dei contaria dogmata:
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Quod humanae traditiones et constitutiones in Ecclesiasticis rebus per se pro cultu Dei aut certe pro parte divini cultus sint habendae. Quando eiusmodi ceremoniae et constitutiones Ecclesiae Dei coactione quadam tanquam necessariae obtrudun[599]tur, et quidem contra libertatem Christianam, quam Ecclesia Christi in rebus eiusmodi externis habet. Cum asseritur, quod tempore persecutionis, quando clara confessio requiritur, hostibus Evangelii in observatione eiusmodi rerum adiaphorarum gratificari et cum ipsis pacisci et consentire liceat, quae res cum detrimento veritatis coelestis coniuncta est. Cum externae ceremoniae, quae indifferentes sunt, ea opinione abrogantur, quasi Ecclesiae Dei liberum non sit pro re nata, ut iudicaverit ad aedificationem utile esse, hanc vel illam ceremoniam ratione libertatis Christianae usurpare.
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Die Konkordienformel – Epitome
XI.f Von der ewigen Vorsehung und Wahl Gottes Von diesem Artickel ist keine offentliche Zwispalt unter den Theologen Augspurgischer Confeßion eingefallen.264 Dieweil es aber ein tröstlicher Artickel, wann er recht gehandelt und deshalben nicht künfftiglich ergerliche disputation eingefürt werden möchte, ist derselbige in dieser Schrifft auch erkleret worden. [249v] Affirmativa Reine, warhafftige Lere von diesem Artickel
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2. Daniel 2
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Johan. 10 Matth. 16
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Anfenglich ist der unterscheid zwischen der „Praescientia“ et „Praedestinatione“, das ist zwischen derg Versehung und ewigen Wahl Gottes, mit fleis zu mercken. Dann die Vorsehung Gottes ist anders nichts, dann das Gott alle ding weis, ehe sie geschehen, wie geschrieben stehet: „Gott im Himel kan verborgen ding offenbaren; der hat dem König Nebucadnezar angezeiget, was in künfftigen zeiten geschehen sol.“265 Diese Vorsehung gehet266 zugleich uber die frommen und bösen, ist aber keine ursach des bösen, weder der sünden, das man unrecht thue (welche ursprünglich aus dem Teuffel und des menschen bösen, verkerten willen herkompt), noch ires verderben, daran sie selbst schuldig, sondern ordnet alleine dasselbig und steckt im267 ein ziel, wie lang es weren268 und alles unangesehen269, das es an im selbst böse, seinen auserwehlten zu irem heil dienen solle. Die Praedestination aber oder ewige Wahl Gottes gehet allein uber die frommen, wolgefelligen Kinder Gottes270, die eine ursach ist irer Seligkeit, welche er auch schaffet und was zur selbigen gehöret, verordnet; darauff unser seligkeit so steiff271 gegründet,272 das sie die „Pforten der Helle nicht uberweltigen“ können.273
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X. EpTB (s. o.) | g nicht in EpTB
264 Dass es keinen öffentlich ausgetragenen Streit um die Prädestinationslehre gab, dessen Schlichtung zur theologischen Einigung derjenigen, die sich zur Confessio Augustana bekannten, unabdingbar gewesen wäre, ist im Blick auf die Entstehungsgeschichte und das Ziel des Konkordienwerks zutreffend. Zu einem viel diskutierten Unterscheidungsmerkmal zwischen Luthertum und Calvinismus entwickelte sich die Prädestinationslehre nämlich erst seit dem Kolloquium von Mömpelgard von 1586 zwischen den Württemberger Theologen mit Jakob Andreae an ihrer Spitze und den Schweizer Theologen, unter ihnen – tonangebend – Theodor Beza aus Genf. Denn dieser brachte damals die doppelte Prädestination in einer bisher nicht gekannten, prononcierten Schärfe in die Diskussion ein. Aber bereits 1561 war es in Straßburg zu einer Kontoverse zwischen Johannes Marbach und Hieronymus Zanchi über die Prädestinationslehre gekommen. Während Zanchi die calvinische Erwählungslehre geltend machte und die Unverlierbarkeit der Gnade bei den Erwählten (perseverantia sanctorum) betonte, stellte Marbach den Lutherschen Ansatz vor und mahnte, von der Prädestination nicht a priori, d.h. vom ewigen Ratschluß Gottes her, zu reden, sondern sie nur von den Wirkungen der Gnadenwahl her zu thematisieren. Der Streit wurde durch Unterschrift der Kontrahenten unter eine federführend von Jakob Andreae verfasste
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XI. De aeterna praedestinatione et electione Dei
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De hoc articulo non quidem publice mota est controversia inter Augustanae Confessionis Theologos, sed tamen, cum hic articulus magnam piis mentibus consolalionem adferat, si recte et dextre explicetur, visum est eundem in hoc scripto declarare, ne forte temporis progressu disputationes aliquae cum offendiculo coniunctae de hac re exoriantur. Affirmativa Sincera doctrina de hoc articulo
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Primum omnium est, quod accurate observari oportet, discrimen esse inter Praescientiam et Praedestinationem sive aeternam electionem Dei.
I.
[600] Praescientia enim Dei nihil aliud est, quam quod Deus omnia noverit, antequam fiant, sicut scriptum est: Est Deus in coelo, revelans mysteria, qui indicavit tibi, Rex Nabuchodonosor, quae ventura sunt in novissimis temporibus. Haec Dei praescientia simul ad bonos et malos pertinet, sed interrim non est causa mali neque est cause peccati, quae hominem ad scelus impellat. Peccatum enim ex diabolo et ex hominis prava et mala voluntate oritur. Neque haec Dei praescientia causa est, quod homines pereant; hoc enim sibi ipsis imputare debent. Sed praescientia Dei disponit malum et metas illi constituit, quousque progredi et quamdiu durare debeat, idque eo dirigit, ut, licet per se malum sit, nihilominus electis Dei ad salutem cedat. Praedestinatio vero seu aeterna Dei electio tantum ad bonos et dilectos filios Dei pertinet, et haec est causa ipsorum salutis. Etenim eorum salutem procurat et ea, quae ad ipsam pertinent, disponit. Super hanc Dei praedestinationem salus nostra ita fundata est, ut inferorum portae eam evertere nequeant.
II.
Konsensformel, die Straßburger Konkordie von 1563 (EKO 20/1, 470–475 [Nr. 46], lateinisch und deutsch auch abgedruckt bei Christoph Mathaeus Pfaff, Acta et scripta publica ecclesiae Wirtembergicae, Tübingen 1719, 358–363. 364–369) beigelegt. Sie stellte das Vorherwissen Gottes, die Erwählung der Glaubenden und den Trostcharakter dieser Lehre in den Mittelpunkt. Diesem auch von Nikolaus Selnecker, David Chytraeus und anderen lutherisch gesinnten Theologen vertretenen Ansatz folgte allerdings auch im eigenen Lager nicht jeder. So publizierte Cyriakus Spangenberg z.B. im Jahre 1567 sieben Predigten über die Prädestination (DE PRAEDE=||STINATI=||ONE. || Von der Ewi=||gen Vorsehung / vnd || Götlichen Gna=||denwahl. || Sieben Predigten. || Durch || M. Cyr. Spangen=||berg, Erfurt: Georg Baumann d. Ä. 1567 [VD 16 S 7653]; weitere Auflage: Eisleben: Andreas Petri 1568 [VD 16 S 7654]), mit denen er sich gegen den Synergismus (vgl. Art. II) der kursächsischen Theologen positionierte und betonte, dass die unbedingte Erwählung durch Gott zu predigen sei. | 265 Dan 2,28 | 266 erstreckt sich | 267 ihm (d.h. dem Verderben) | 268 währen, dauern | 269 ohne Rücksicht darauf | 270 Die Konkordienformel kennt keine Vorherbestimmung zur Verdammnis; vgl. auch die Straßburger Konkordie 1536, in: EKO 20/1, 470–475 (Nr. 46). | 271 fest | 272 Joh 10,27–29 | 273 Mt 16,18
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Dan. 2.
III.
IIII.
Iohan. 10. Matth. 16
1288 5.
6. BSLK 818 Ephes. 1
7.
8.
9.
Ezech. 33.18. 1. Johan. 2
10. BSLK 819
11.
2. Pet. 2 Luc. 11 Heb. 12
Die Konkordienformel – Epitome
Solche ist nicht in dem heimlichen rath274 Gottes zuerforschen, sondern in dem wort zusuchen, da sie auch geoffenbaret worden ist. Das wort Gottes aber füret uns zu Christo, der das „buch des Lebens“275 ist, in | welchem alle die geschrieben und erwehlet seind, welche da ewig selig werden sollen, wie geschrieben stehet: „Er hat uns durch denselben (Christum) erwehlet, ehe der Welt grundt geleget war.“276 Dieser Christus ruffet zu im277 alle Sünder und verheisset inen erquickung und ist ime278 ernst, das alle Menschen zu im kommen und inen helffen lassen sollen,279 denen er sich im wort anbeut und wil das man es höre und nicht die ohren verstopffen oder das wort verachten sol, ver[250r]heist darzu die krafft und wirckung des heiligen Geistes, Göttlichen beystand zur bestendigkeit und ewigen seligkeit.280 Derhalben wir von solcher unser Wahl zum ewigen Leben weder aus der vernunfft noch aus dem Gesetz Gottes urteilen sollen, welche uns entweder in ein wild, wüst281, Epicurisch282 leben oder in verzweiffelung füren und schedliche gedancken in den hertzen der menschen erwecken, das sie bey sich selbst gedencken, auch solcher gedancken sichh nicht rechti erwehren können, so lange sie irer vernunfft folgen: Hat mich Gott erwehlet zur seligkeit, so kan ich nicht verdammet werden, ich thue was ich wölle; und widerumb: Bin ich nicht erwehlet zum ewigen Leben, so hilffts nichts, was ich gutes thue, es ist doch alles umb sunst. Sondern es mus allein aus dem heiligen Evangelio von Christo gelernet werden, in welchem klar bezeuget wird, wie „Gott alles unter den unglauben beschlossen, auff das er sich aller erbarme“,283 und nicht wil, das jemand verloren werde, sondern sich „jederman zur busse bekehre“ und an den Herrn Christum glaube284. Wer nun sich also mit dem geoffenbarten willen Gottes bekümmert und der ordnung nachgehet, welche S. Pau|lus in der Epistel an die Römer gehalten, der zuvor die menschen zur busse, erkentnis der sünden, zum Glauben an Christum, zum Göttlichen gehorsam weiset, ehe er vom geheimnis der ewigen Wahl Gottes redet,285 jDem ist solche Lere nützlich und tröstlich.j Das aber „viel beruffen und wenig auserwehlet“ sind,286 hat es nicht diese meinung287, als wölle Gott nicht jederman selig machen, sondern die ursach ist, das sie Gottes Wort entweder gar nicht hören, sondern mutwillig verachten, die ohren und ir hertz verstocken und also dem heiligen Geist den ordentlichen weg verstellen, das er sein werck in inen nicht haben kan, oder, do288 sie es gehört haben, widerumb in wind schlahen289 und nicht achten; daran nicht Gott oder seine Wahl, sondern ire bosheit schuldig ist.290 h
nicht in EpTB | i wohl EpTB | j – j nicht in EpTB
274 geheimen Ratschluss | 275 Phil 4,3; Apk 3,5 | 276 Eph 1,4 | 277 sich | 278 ihm | 279 Mt 9,35–38; Mt 11,28 | 280 Vgl. dazu auch Melanchthon, Loci theologici (1543). Art. XIV: De Praedestinatione,
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Haec Dei praedestinatio non in arcano Dei consilio est scrutanda, sed in verbo Dei, in quo revelatur, quaerenda est. Verbum autem Dei deducit nos ad Christum, is est Liber ille vitae, in quo omnes inscripti et electi sunt, qui salutem aeternam consequuntur. Sic enim scriptum est: Elegit nos in Christo ante mundi constitutionem.
V.
VI.
Ephes. 1.
Christus vero omnes peccatores ad se vocat et promittit illis levationem. Et serio vult, ut omnes homines ad se veniant et sibi consuli et subveniri sinant. His sese redemptorem in verbo offert et vult, ut verbum audiatur et ut aures non obturentur nec verbum negligatur et contemnatur. Et promittit se largiturum virtutem et operationem spiritus sancti et auxilium divinam, ut in fide constantes permaneamus et vitam aeternam consequamur. De nostra igitur electione ad vitam aeternam neque ex rationis nostrae iuditio neque ex lege Dei iudicandum est, ne vel dissolutae et Epicureae vitae nos tradamus, vel in despera[601]tionem incidamus. Qui enim rationis suae iuditium in hoc negotio sequuntur, in horum cordibus hae perniciosae cogitationes (quibus aegerrime resistere possunt) excitantur: Si (inquiunt) Deus me ad aeternam salutem elegit, non potero damnari, quicquid etiam designavero. Contra vero, si non sum electus ad vitam aeternam, nihil plane mihi profuerit, quantumcunque boni fecero, omnes enim conatus mei irriti erunt.
VII.
Vera igitur sententia de Praedestinatione ex Evangelio Christi discenda est. In eo enim perspicue docetur, quod Deus omnes sub incredulitatem concluserit, ut omnium misereatur et quod nolit quenquam perire, sed potius ut omnes convertantur et in Christum credant.
IX.
Qui igitur voluntatem Dei revelatam inquirunt, eoque ordine progrediuntur, quem D. Paulus in Epistola ad Romanos secutus est (qui hominem prius deducit ad poenitentiam, ad agnitionem peccatorum, ad fidem in Christum, ad oboedientiam mandatorum Dei, quam de aeternae praedestinationis mysterio loquatur) iis doctrina de praedestinatione Dei salutaris est, et maximam consolationem affert. Quod vero scriptum est: multos quidem vocatos, paucos vero electos esse, non ita accipiendum est, quasi Deus nolit, ut omnes salventur, sed damnationis impiorum causa est, quod verbum Dei aut prorsus non audiant, sed contumaciter contemnant, aures obturent et cor indurent et hoc modo spiritui sancto viam ordinariam praecludant, ut opus suum in eis efficere nequeat, aut certe quod verbum auditum flocci pendant atque abiiciant. Quod igitur pereunt, neque Deus neque ipsius electio, sed malitia eorum in culpa est. in: CR 21, 912–920, bes. 916. | 281 verantwortungslos | 282 gewinn- bzw. genusssüchtiges 283 Röm 11,32 | 284 Ez 33,11; Ez 18,23; I Tim 2,4; II Petr 3,9 | 285 Röm 1–11 | 286 Mt 20,16; Röm 22,14 | 287 bedeutet nicht | 288 wenn | 289 in den Wind schlagen, ausschlagen | 290 II Petr 2,1; Lk 11,47–52; Hebr 12,15–17.25
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VIII.
Rom. 11. Ezech. 18. 33. 1. Iohan. 2.
X.
XI.
2. Pet. 2. Luc.11. Heb. 12.
1290 12.
Rom. 8
BSLK 820
13. 2. Pet. 1
14.
Die Konkordienformel – Epitome
Und so fern291 sol sich ein Christ des Artickels von der ewigen Wahl Gottes annemen, wie sie im Wort Gottes geoffenbaret, welchesk uns Christum als das „Buch des Lebens“292 vor helt, das er uns durch die Predigt des heiligen Evangelii auffschleust und offenbaret, wie geschrieben stehet: „Welche er erwehlet hat, die hat er auch beruffen“;293 in dem wir die ewige Wahl des Vaters suchen sollen, der in seinem ewigen Göttlichen rath beschlossen, das er ausserhalb denen, so seinen [250v] Son Christum erkennen und warhafftig an in gleuben, niemand wölle selig machen und sich anderer gedancken entschlahen294, welche nicht aus Gott, sondern aus eingeben des bösen Feindes herfliessen, dadurch er sich unterstehet, uns den herrlichen trost zu schwechen oder gar zu nemen, den wir in dieser heilsamen Lere haben, das wir wissen, lwie wirl aus | lauterer295 gnade one allen unsern verdienst in Christo zum ewigen Leben erwehlet sein und das uns niemand aus seiner handt reissen könne, wie erm dann solche gnedige erwehlung nicht allein mit blossen worten zusaget, sondern auchn mit dem Eyde beteuret und mit den heiligen Sacramenten versiegelt hat, deren wir uns in unsern höchsten anfechtungen erinnern und trösten und damit die feurigen Pfeile des Teuffels ausleschen künnen. Darneben sollen wir uns zum höchsten befleissigen, nach dem willen Gottes zu leben und unsern beruff296 wie S. Petrus vermanet „veste zu machen“297 und sonderlich an das geoffenbarte wort uns halten, das kan und wird uns nicht fehlen298. Durch diese kurtze erklerung der ewigen Wahl Gottes wird Gott seine Ehre gantz und völlig gegeben,o das er allein aus lauter barmhertzigkeit one allen unsern verdienst uns selig mache „nach dem vorsatz seines willens“.299 Darneben auch niemands einige ursach zur kleinmütigkeit oder rohem300, wilden301 leben gegeben.
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Antithesis oder Negativa Falsche lere von diesem Artickel
Rom. 15 BSLK 821
Demnach gleuben und halten wir, welche die lere von der gnedigen Wahl Gottes zum ewigen leben also füren, das sich die betrübten Christen derselben nicht trösten künnen, sondern dardurch zur pkleinmütigkeit oderp verzweifelung verursachet oder die unbusfertigen in irem mutwillen gestercket werden, das solche Lere nicht nach dem wort und willen Gottes, sondern nach der vernunfft und anstifftung des leidigen Sathans getrieben werde. Weil alles, „was geschrieben ist (wie der Apostel zeuget), uns zur lere geschrieben,q auff das wir durch gedult und trost der Schrifft hoffnung | haben“.302 rDemnach verwerffen wir folgende irthumb:r
k cj. welche EpBB | l – l das wir Ihn EpTB | m danach: uns EpTB | n nicht in EpTB | o zugeschrieben EpTB | p – p nicht in EpTB | q danach: ist EpTB | r – r nicht in EpTB
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Huc usque homo pius in meditatione articuli de aeterna Dei electione tuto progredi potest, quatenus videlicet ea in verbo Dei est revelata. Verbum Dei enim nobis Christum Librum vitae proponit; is nobis per Evangelii praedicationem aperitur et evoluitur, sicut scriptum est: Quos elegit, hos vocavit. In Christo igitur electio aeterna Dei pa[602]tris est quaerenda. Is in aeterno suo consilio decrevit, quod praeter eos, qui filium eius Iesum Christum agnoscunt et in eum vere credunt, neminem salvum facere velit. Reliquae cogitationes ex animis piorum penitus excutiendae suntk, quia non a Deo, sed ex afflatu Satanae proficiscuntur, quibus humani generis hostis hoc agit, ut dulcissimam illam consolationem vel enervet vel penitus e medio tollat, quam ex saluberrima hac doctrina haurire possumus: qua videlicet certi reddimur, quod mera gratia sine ullo nostro merito in Christo ad vitam aeternam electi simus et quod nemo ex ipsius manibus rapere nos possit. Et hanc clementissimam electionem non nudis verbis, sed interposito iureiurando Dominus contestando confirmavit et venerabilibus sacramentis nobis obsignavit, quorum in summis tentationibus meminisse et ex iis consolationem petere debemus, ut ignitia diaboli tela extinguamus. Interim tamen summo studio in eo elaboremus, ut ad normam voluntatis divinae vitam nostram instituamus et vocationem nostram (ut D. Petrus loquitur) firmam faciamus, neque a Dei revelato verbo latum unguem recedamus; illud enim nunquam nos fallet. Hac brevi explicatione aeternae electionis divinae honos suus Deo plene et in solidum tribuitur, quod videlicet secundum voluntatis suae propositum mera misericordia sine ullo nostro merito salvos nos faciat. Neque tamen hac doctrina vel gravioribus illis animi perturbationibus et pusillanimitati vel Epicurismo ansa praebetur.
XII.
Rom. 8
XIII.
1. Pet. 1.
XIIII.
Negativa Falsae doctrinae de hoc articulo reiectio 30
35
Credimus igitur et sentimus, quando doctrina de electione Dei ad vitam aeternam eo modo proponitur, ut [603] perturbatae piae mentes ex ea consolationem nullam capere queant, sed potius per eam in animi angustias aut desperationem coniiciantur aut impoenitentes in dissoluta sua vita confirmentur, quod articulus hic non ad normam verbi et voluntatis Dei, sed iuxta humanae rationis iuditium, et quidem impulsa Satanae, male et perperam tractetur. Quaecunque enim scripta sunt (inquit Apostolus) ad nostram doctrinam scripta sunt, ut per patientiam et consolationem scripturarum spem habeamus. Reiicimus itaque omnes, quos iam enumerabimus, errores:
291 297
(nur) soweit | 292 Phil 4,3; Apk 3,5 | 293 Röm 8,30 | 294 entledigen | 295 lauter | 296 Berufung II Petr 1,10 | 298 täuschen | 299 Eph 1,11 | 300 gewissenlosen | 301 zügellosen | 302 Röm 15,4
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Rom. 15.
1292 1.
2.
3.
4.
BSLK 822
Die Konkordienformel – Epitome
[251r] Als wann geleret wird, das Gott nicht wölle, das alle Menschen busse thun und dem Evangelio gleuben.303 Item, Wann Gott uns zu sich beruffe, das es nicht sein ernst sey, das alle Menschen zu im kommen sollen.304 Item, Das Gott nicht wölle, das jederman selig werde, sondern unangesehen ire sünde allein aus dem blossen rath, vorsatz und willen Gottes zum verdamnis verordnet, das sie nicht können selig werden.305 sItem, Das nicht allein die barmhertzigkeit Gottes und allerheiligste verdienst Christi, Sondern auch in uns eine ursach sey der wahl Gottes, umb welcher willen Gott uns zum ewigen leben erwehlet habe.s Welches alles lesterliche und erschreckliche irrige Leren sein, dadurch den Christen aller trost genommen, den sie im heiligen Evangelio und gebrauch der heiligen Sacrament haben und derwegen in der Kirchen Gottes nicht solten geduldet werden. Diss ist die kurtze und einfeltige erklerung der streitigen Artickel, so eine zeitlang von den Theologen Augspurgischer Confeßion widerwertig disputirt und geleret worden. Daraus ein jeder einfeltiger Christ nach anleitung Gottes worts und seines einfeltigen Catechismi vernemen kan, was recht oder unrecht sey, Do nicht allein die reine Lere gesetzt, sondern auch derselbigen widerwertige, irrige lere ausgesetzt, verworffen und also die eingefallene, ergerlichen spaltungen gründlich entscheiden seind. Der Allmechtige Gott und Vater unsers Herren Jesu verleihe diet gnade seines | heiligen Geistes, das wir alle in im einig sein und in solcher Christlichen und ime wolgefelligen einigkeit bestendiglich bleiben. Amen.
[251v] XII. Von andern Rotten306 und Secten, so sich niemals zu der Augspurgischen Confeßion bekant Damit uns auch nicht stillschweigende solche zugemessen, weil wir derselben in vorgesatzter erklerung keine meldung gethan, haben wir zu ende allein die blossen Artickel erzelen wöllen, darinnen sie sich irren und vielgedachtem307 unserm Christlichen glauben und bekentnis zu wider leren.308
Irrige Artickel der Widerteuffer309 Die Widerteuffer seind unter sich selbst in viel hauffen310 geteilet, do einer viel, der andere wenig irthumb bestreitet311, in gemein aber füren sie solche
s–s
nicht in EpTB | t seine EpTB
303
Vgl. Calvin, Institutio Christianae religionis (1559), III, 21,5–7, in: OS 4, 373,33–379,16. Vgl. Calvin, Institutio Christianae religionis (1559), III, 21,5, in: OS, 4, 373,33–376,22; hier die Ausführungen zur Vorherbestimmung bzw. doppelten Prädestination. | 305 Vgl. Confessio Gallicana (1559), XII, in: BSERK 2/1, 21. | 306 Gruppen | 307 oft erwähnten, oft dargelegten 304
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Quod Deus nolit, ut omnes homines poenitentiam agant et Evangelio credant. Quando Deus nos ad se vocat, quod non serio hoc velit, ut omnes homines ad ipsum veniant. Quod nolit Deus, ut omnes salventur, sed quod quidam, non ratione peccatorum suorum, verum solo Dei consilio, proposito et voluntate ad exitium destinati sint ut prorsus salutem consequi non possint. Quod non sola Dei misericordia et sanctissimum Christi meritum, sed etiam in nobis ipsis aliqua causa sit electionis divinae, cuius causae ratione Deus nos ad vitam aeternam elegerit. Haec dogmata omnia falsa sunt, horrenda et blasphema, iisque piis mentibus omnis prorsus consolatio eripitur, quam ex Evangelio et sacramentorum usu capere deberent, et idcirco in Ecclesia Dei nequaquam sunt ferenda. Haec brevis est et simplicissima articulorum controversorum explicatio, de quibus inter Theologos Augustanae Confessionis aliquandiu disceptatum et discrepantibus inter se sententiis disputatum est. Et ex hac declaratione homo pius quantumvis simplex secundum analogiam verbi Dei et Catechismi simplicem doctrinam deprehendere potest, quid verum sit, quid falsum. Non enim tantummodo sincera doctrina diserte est recitata, verum etiam contraria et falsa doctrina repudiata est et reiecta, et controversiae illae, offendiculorum plenae, solide sunt decisae atque diiudicatae. [604] Faxit Deus omnipotens, pater Domini nostri Iesu Christi, ut per gratiam Spiritus sancti omnes in ipso consentientes et concordes simus atque in consensu pio, qui ipsi probetur, constanter perseveremus. Amen.
XII. De aliis haeresibus et sectis, quae nunquam Augustanam Confessionem sunt amplexae Ne tacita cogitatione haereses illae et sectae nobis tribuantur, propterea quod earum in commemorata declaratione expressam mentionem non fecimus, visum est articulos earum ad calcem (ut dicitur) huius scripti nude recitare, in quibus nostri temporis haeretici a veritate dissentiunt et sincerae nostrae religioni et confessioni contrarium docent. Errores Anabaptistarum Anabaptistae in multas sectas sunt divisi, quarum aliae plures, aliae pauciores
308 Die Epitome weicht in der Aufreihung und Zählung der folgenden Artikel von der Solida Declaratio ab und weist sie zum Teil auch unterschiedlichen Abschnitten zu. | 309 Täufer; gemeint sind alle Gruppierungen des 16. Jahrhunderts, die die Kindertaufe ablehnten | 310 Gruppierungen | 311 vertritt
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Die Konkordienformel – Epitome
Lere, die weder in der Kirchen noch in der Policey312 und weltlichem Regiment, noch in der Haushaltung313 zu dulden nochu zu leiden. Unleidliche314 Artickel in der Kirchen 1.
2.
3. | BSLK 823
4.
5.
6.
Das Christus sein leibv und blut nicht von Marien der Jungfrauen angenommen, sondern vom Himel mit sich gebracht.315 Das Christus nicht warhafftiger Gott, sondern nur mehr gaben des heiligen Geistes habe denn sonst ein heiliger Mensch.316 Das unser gerechtigkeit vor Gott nicht allein auff dem einigen verdienst | Christi, sondern in der erneuerung und also in unser eigen frömmigkeit stehe, in deren wir wandeln, welche zum grossen teil auff eigene, sonderliche, selbst erwelte geistligkeit gesetzt und im grunde anders nichts dann eine neue Müncherey317 ist. Das die Kinder, so nicht getaufft, vor Gott nicht sünder, sondern gerecht und unschuldig sein, welche in irer unschuld, weil sie noch [252r] nicht zu irem vorstand komen, one die Tauffe (derer irem vorgeben nach sie nicht bedürffen) selig werden; Vorwerffen also die gantze Lere von der Erbsünde und was derselben anhanget.318 wDas die Kinder nicht sollen getauffet werden, bis sie zu irem verstandt komen und iren Glauben selbst bekennen können.319 Das der Christen kinder darumb, weil sie von Christlichen und gleubigen Eltern geboren, auch one und vor der Tauff heilig und Gottes kinder sein, auch der ursach320 der kinder Tauffe weder hoch halten noch befürdern wider die ausgedrückte321 Wort der vorheissung Gottes, die sich allein auff die u
und EpTB | v fleisch EpTB | w – w nicht in EpTB
312
öffentliche Ordnung | 313 Vgl. die aus dem Mittelalter stammende, von Luther weiterentwickelte Dreiständelehre, die das menschliche Leben eingeordnet sieht in die Bereiche ecclesia, politia und oikonomia, d. h. Kirche, weltliche Regierung und Haus. | 314 Nicht zu duldende 315 Die Lehre vom himmlischen Fleisch Christi wurde von Melchior Hoffman und Menno Simons vertreten. Vgl. hierzu das von Martin Bucer herausgegebene Protokoll der Verhöre Hoffmans in Straßburg: Handlung inn dem || offentlichen gesprech zu Straßburg || jüngst im Synodo gehalten / gegen Melchior Hoff-||man / durch die Prediger daselbet / von vier für-||nemen stucken Christlicher leere vnd haltung || sampt getrewem dargeben / auch || der gründen / darauff Hoff-||man seine jrthumben setzet [...], Straßburg: Matthias Apiarius 1533 (VD 16 B 8892), B 1r–v. C 3r. Zur Inkarnationstheologie Hoffmans vgl. Melchior Hoffman, Anteekening over de Menschwording Christi, in: BRN 5, 310–314.; Des usschutz bedenknus von Melchior Hoffmanns und Schwenckfelds büchlin. Zum beschlus des Synody zu den Wilhelmern übergeben und verhört, in: Friedrich Otto zur Linden, Melchior Hofmann, ein Prophet der Wiedertäufer. Mit neun Beilagen, Haarlem 1885, 445–458, hier: 446 (Beilage V); ders., Von der wahren hochprächtlichen einigen Maijestat Gottes, und von der warhaftigen Menschwerdung des Ewigen worts und Sohns des allerhögsten, ebd., 433–437 (Beilage III) = ders., Von der wahren hochprächtlichen einigen Majestät Gottes und von der warhaftigen menschwerdung des ewigen Worts und Sohns des allerhöchste ein kurzes Zeugnisz, in: Willem Isaac Leendertz, Melchior Hofmann, Haarlem 1883, 382–385 (Bijlage VII); ders., Wahrhaftige Zeucknus gegen die Nachttöchter und Sternen, in: Linden, Melchior Hofmann, 438–444 (Beilage IV) = ders., Büchlin vom Fleisch Christi, in:
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errores defendunt. Generatim tamen omnes talem doctrinam profitentur, quae neque in Ecclesia neque in Politia neque in Oeconomia tolerari potest. Articuli Anabaptistici, qui in Ecclesia ferri non possunt 5
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Quod Christus carnem et sanguinem suum non e Maria virgine assumserit, sed e coelo attulerit. [605] Quod Christus non sit verus Deus, sed tantummodo caeteris sanctis sit superior, quia plura Spiritus sancti dona acceperit quam alius quispiam homo sanctus. Quod iustitia nostra coram Deo, non in solo Christi merito, sed in renovatione atque adeo in nostra propria probitate, in qua ambulemus, consistat. Ea vero Anabaptistarum iustitia magna ex parte electitia et humanitus excogitata quadam sanctimonia constat, et revera nil aliud est quam novus quidam Monachatus. Quod infantes non baptizati coram Deo non sint peccatores, sed iusti et innocentes et in illa sua innocentia, cum usum rationis nondum habeant, sine baptismo (quo videlicet ipsorum opinione non egeant) salutem consequantur. Et hoc modo reiiciunt totam de peccato Originali doctrinam, reliqua etiam, quae ex ea dependent. Quod infantes baptizandi non sint, donec usum rationis consequantur et fidem suam ipsi profiteri possint. Quod Christianorum liberi eam ob causam, quia parentibus Christianis et fidelibus orti sunt (etiam praeter et ante susceptum baptismum) revera sancti et in filiorum Dei numero sint habendi. Qua de causa etiam neque Paedobaptismum magnificiunt neque id operam dant, ut infantes baptizentur, quod
Leendertz, Melchior Hofmann, 386–392 (Bijlage VIII). Zur Christologie Menno Simons vgl. Menno Simons, Over de menschwording, in: BRN 7, 468–473. | 316 Vgl. Nikolsburger Artikel IV, in: QGT 7, 138–144 (Nr. 116), hier: 140. | 317 Mönchtum, Mönchswesen. Vgl. Michael Sattler, Brüderliche Vereinigung (= Schleitheimer Artikel 1527) IV, in: QGTS 2, 29f; hier wird die Absonderung von der Welt thematisiert. Außerdem wurde auf dem Religionsgespräch mit Täufern in Frankenthal 1571 die Frage verhandelt, ob die Rechtfertigung teils durch den Glauben und teils durch Leidensnachfolge und guten Lebenswandel erfolge. Kurz nach Beendigung des Gesprächs wurde das Protokoll veröffentlicht: Protocoll. || Das ist / || Alle handlung des ge=||sprechs zu Franckenthal inn der Chur=||fürstlichen Pfaltz / mit denen so man Wider=||täuffer nennet / Auff den 28. May angefangen / || vnd den 19. Junij dises 1571. jars || geendet. || Was für Artickel des Christlichen || glaubens inn disem Gesprech verhandelt wor=||den / das weiset das volgend der Chur=||fürstlichen Pfaltz außchrei=||ben auß. [...], Heidelberg: Johann Mayer 1571 (VD 16 P 5105), hier: Art. VI, ebd., 496–504. | 318 Diese Frage wurde auf dem Religionsgespräch mit Täufern in Frankenthal 1571 verhandelt und ist zu finden in Art. IV, in: Protocoll, 193–270. 319 Vgl. Michael Sattler, Brüderliche Vereinigung (= Schleitheimer Artikel 1527) I, in: QGTS 2, 28f; Frankenthaler Religionsgespräch (1571) XII, in: Protocoll, 544–669. | 320 deswegen | 321 ausdrückliche
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I.
II.
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IIII.
V.
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8.
9.
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erstrecket, Welche seinen Bund halten und denselben nicht verachten, Gen. 17.322 w Das dis keine rechte Christliche gemeine sey, darinnen noch Sünder gefunden werden.323 Das man keine Predigt hören noch in den Tempeln besuchen solle, darinnen zuvor Bapistische Mess gehalten und gelesen worden. Das man nichts mit den Kirchendienern, so das Evangelium vermüge Augspurgischer Confeßion predigen und der Widerteuffer xpredigen undx irthumb straffen324, zu schaffen haben, inen auch weder dienen noch etwas arbeiten, sondern als die verkehrer Gottes worts fliehen und meiden sol.325
1.
Das die Obrigkeit kein Gottgefelliger standt im Neuen Testament sey.327
2.
Das ein Christenmensch mit gutem, unverletzten gewissen das Ampt der Obrigkeit nicht tragen noch verwalten könne.328 Das ein Christ mit unvorletztem gewissen das Ampt der Obrigkeit in zufelligen sachen wider die bösen nicht gebrauchen noch derselben Underthanen iren habenden und von Gott empfangenen gewalt zum schutz und schirm anruffen mögen. [252v] Das ein Christen mensch mit gutem gewissen kein Eyd schweren noch mit Eyde seinem Landesfürsten oder Oberherrn die Erbhuldung329 thun könne.330 Das die Obrigkeit im Neuen Testament in unvorletztem gewissen die Ubelthäter am leben nicht straffen könne.331
4.
5.
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Unleidentliche Artickel in der Policey326
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3.
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Unleidentliche Artickel in der Haushaltung 1.
Das ein Christ mit gutem gewissen nichts eigens behalten noch besitzen könne, sondern schuldig sey, dasselbe in die Gemein zugeben.332
2.
Das ein Christ mit gutem gewissen kein Gastgäber, Kauffman oder Messerschmit sein könne.333 x–x
nicht in EpTB
322
Gen 17,4–8. 19–21; vgl. Frankenthaler Religionsgespräch (1571) IV, in: Protocoll, 193–270. Die Täufer sonderten sich nicht nur von der sündigen Welt ab, sondern praktizierten auch innergemeindlich den Bann; vgl. z.B. Michael Sattler, Brüderliche Vereinigung (= Schleitheimer Artikel 1527) II und IV, in: QGTS 2, 29. 29f; Balthasar Hubmaier, Von der brüderlichen Strafe (1526–1527), in: QGT 9, 337–346. | 324 tadeln, anprangern | 325 Vgl. Nikolsburger Artikel VI, in: QGT 7, 138–144 (Nr. 116), hier: 139. | 326 öffentliche Ordnung | 327 Vgl. Nikolsburger Artikel XV, in: QGT 7, 138–144 (Nr. 116), hier: 141. | 328 Vgl. Michael Sattler, Brüderliche Vereinigung (= Schleitheimer Artikel 1527) VI, in: QGTS 2, 31; Frankenthaler Religionsgespräch (1571) X, in: Protocoll, 538–542. | 329 Erbhuldigung, Untertaneneid, Treueid | 330 Vgl. Michael Sattler, Brüder323
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cum expressis verbis promissionis divinae pugnat; ea enim tantum ad eos pertinet, qui foedus Dei observant, illudque non contemnunt. Quod ea non sit vera et Christiana Ecclesia, in qua aliqui adhuc peccatores reperiuntur. Quod contiones non sint audiendae ullae in iis templis, in quibus aliquando Missae Pontificiae sunt celebratae. Quod homo pius nihil prorsus commercii habere debeat cum Ecclesiae ministris, qui Evangelion Christi iuxta Angustanae Confessionis sententiam docent et Anabaptistarum contiones ac errores reprehendunt, et quod euismodi Ecclesiae ministris neque servire, neque operam locare liceat, sed quod iidem ut perversores verbi divini vitandi et fugiendi sint.
Gen. 17. VII.
VIII.
XI.
[606] Articuli Anbaptistici, qui in Politia sunt intolerabiles
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25
Quod Magistratus officium non sit sub novo Testamento genus vitae, quod Deo placeat. Quod homo Christianus salva et illaesa conscientia officio Magistratus fungi non possit. Quod homo Christianus illaesa conscientia officium magistratus, rebus ita ferentibus, adversus improbos administrare et exequi, et subditi potestatem illam, quam magistratus a Deo accepit, ad defensionem implorare non possint. Quod homo Christianus sana conscientia iusiurandum praestare et iuramento interposito oboedientiam et fidem suo principi aut magistratui promittere nequeat. Quod Magistratus sub Novo Testamento bona conscientia homines facinorosos capitali supplicio afficere non possit.
I.
II.
III.
IIII.
V.
Articuli Anabaptistici, qui in Oeconomia ferri non possunt
30
Quod homo pius non possit conscientia salva proprium tenere et possidere, sed quod is, quicquid omnino facultatum habeat, id totum in commune conferre debeat. Quod homo Christianus illaesa conscientia neque cauponariam neque mercaturam exercere aut arma conficere possit.
liche Vereinigung (= Schleitheimer Artikel 1527) VII, in: QGTS 2, 33f; Frankenthaler Religionsgespräch (1571) XI, in: Protocoll, 543f. | 331 Diese und ähnliche täuferische Einschätzungen der Obrigkeit wurden schon in CA XVI und AC XVI verworfen; vgl. o. S. 110–112. 542–549. | 332 Vgl. die in Art. IX des Religionsgesprächs in Frankenthal thematisierte Gütergemeinschaft; außerdem Peter Riedemann, Rechenschaft des Glaubens, enthalten in den Akten des Frankenthaler Religionsgespräches (1571). Art. IX, in: Protocoll, 533–538. | 333 Vgl. Rudolf Wolkan, Die Hutterer. Österreichische Wiedertäufer und Kommunisten in Amerika, Wien 1918 (ND Nieuwkoop 1965), 57.
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Das Eheleut umb des Glaubens willen sich von einander scheiden und eines das | ander verlassen und mit einem andern, das seines Glaubens ist, sich vorehelichen möge.334 Irrige Artickel der Schwenckfeldianer335
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Das alle die kein recht erkentnüs des regierenden Himel Königs Christi haben, welche Christum nach dem fleisch vor336 eine Creatur halten.337 Das das Fleisch Christi durch die erhöhung also alle Göttliche eigenschafften angenomen, das er, Christus, als Mensch an macht, krafft, Maiestet, herrligkeit dem Vater und dem Wort allenthalben im grad und stell des wesens gleich, das nun mehr einerley wesen, eigenschafft, will und glori beider Naturen in Christo seien, und daß das Fleisch Christi zu dem wesen der heiligen Dreyfaltigkeit gehöre.338 Das der Kirchendienst, das gepredigte und gehörte Wort, nicht sey ein mittel,y dadurch Gott, der heilige Geist, die Menschen lere, die seligmachende erkentnüs Christi, bekehrung, buss, glauben und neuen gehorsam in inen wircke.339 [253r] Daß das Tauffwasser nicht sey ein mittel,z dadurch Gott der Herr die Kindschafft340 versiegele und die Widergeburt wircke.341 Das Brot und Wein im heiligen Abendtmal nicht mittela sein, dadurch und damit Christus sein Leib und Blut austeile.342 Das ein Christenmensch, der warhafftig durch den Geist Gottes widergeboren, das Gesetz Gottes in diesem leben vollkomen halten und erfüllen könne.343 y danach: oder werckzeugk EpTB | z danach: oder werckzeugk EpTB | a danach: und werckzeugk EpTB 334
Auf dem Frankenthaler Religionsgespräch wollten sich die dort anwesenden Täufer nicht zu dieser Lehrkonsequenz bekennen und verwiesen darauf, dass in dieser Weise nur die Mennoniten lehrten. Vgl. Art. VIII des Frankenthaler Religionsgesprächs (1571), in: Protocoll, 530–533. Vgl. deren Position, wie sie der Mitbegründer der Mennoniten, Dirk Philips, vertrat: Dirk Philips, Van die Echt der Christenen (1569), in: BRN 10, 623–649. Zur ähnlichen Position der Hutterer in dieser Frage vgl. Brüderliche Vereinigung zwischen uns und etlichen Schweizer Brüdern (1555), in: Glaubenszeugnisse oberdeutscher Taufgesinnter. Bd. 1, hg. v. Lydia Müller, Leipzig 1938 (QGT 3), 264–270, hier: 267f. | 335 Schwenckfelder; die Anhänger des schlesischen Adligen Caspar Schwenckfeld von Ossig, der bereits von Luther wegen seiner spiritualistischen Lehren heftig bekämpft wurde. | 336 für | 337 Vgl. Caspar Schwenckfeld, Was fur Jrrung, Abfal von Christo vnd vngeschuckligkeit vß der leer folget, die Christum den menschen nur fur ein Creatur helt (1538), in: CSch 6, 90–94; ders., Summarium ettlicher Argument, Das Christus nach der Menscheyt kein Creatur, Sunder gantz vnser Herr vnnd Gott sei (1539), in: CSch 6, 533–539; ders., Vom Fleisch Christi (1539), in: CSch 7, 283–361, bes. 337,15–18; ders., Confession vnnd Erclerung vom Erkandtnus Christi vnd seiner Göttlichen Herrlicheit (1541), in: CSch 7, 484–884, bes. 727–884, hier: 727,20–728,8. 791,14–18.; ders., Von der Göttlichen Herrligkeit der Menschheit Christi (1543), in: CSch 8, 5–23, bes. 5,24–28; vgl. auch die Nachweise u. S. 1298, Anm. 338. | 338 Vgl. Caspar Schwenckfeld, Von der Eer, Herlicheit vnd erhöhung der menschait Jesu Christi (1537), in: CSch 5, 782–797; ders., Der LXXVII. Sendbrieff, in: CSch 7, 207–235, bes. 233,41–234,11; ders., Confession vnnd Erclerung (1541), in: CSch 7, 484–884, bes. 734–740. 768–791; ders., Von der
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Quod coniugibus propter diversam religionem divortium facere et cum alia persona, quae in religione non dissentiat, matrimonium contrahere liceat.
III.
[607] Errores Schwencofeldianorum 5
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Quod omnes illi, qui Christum, secundum carnem creaturam esse dicunt, non habeant veram regnantis coelestis Regis agnitionem. Quod caro Christi per exaltationem eo modo omnes proprietates divinas acceperit, ut Christus, quantenus homo est, potentia, virtute, maiestate, gloria Patri et τῷ λόγῳ per omnia in gradu et statu essentiae omnino aequalis sit, ita, ut iam utriusque in Christo naturae una sit essentia, eadem proprietates, eadem voluntas eademque gloria, et quod caro Christi ad Sacrosanctae Trinitatis essentiam pertineat. Quod ministerium verbi, praedicatum et auditu perceptum verbum non sit instrumentum illud, per quod Deus Spiritus sanctus homines doceat salutaremque Christi agnitionem largiatur et conversionem, veram poenitentiam, fidem et novam oboedientiam in ipsis efficiat. Quod aqua baptismi non sit medium, per quod Dominus adoptionem in filiis Dei obsignet et regenerationem efficiat. Quod panis et vinum in sacra Coena non sint organa, per quae et cum quibus Christus corpus et sanguinem suum distribuat. Quod homo pius, vere per Spiritum Dei regeneratus, legem Dei in hac vita perfecte servare et implere valeat.
Ganzheit Christi (1543), in: CSch 8, 511–564; ders., Der LXX. Sendbrieff, an Fraw Katharina Zellin geschrieben (1543), in: CSch 8, 570–581; ders., Der LXXI. Sendbrieff vnder eines guten Freunds namen von C.S. an M. Johan Brentzen gestellt, in: CSch 8, 584–597; ders., Summarium von zwaierlai Stande, Ampt vnnd Erkandtnus Christi (1546), in: CSch 8, 728–753; ders., Ein schöner Sendbrieff vom säligmachenden erkandtnus Christi (1558), in: CSch 8, 758–797. 339 Vgl. Caspar Schwenckfeld, Vom Lauf des Wortes Gottes (1538), in: CSch 6, 273–289; so schon in Schwenckfelds lateinischem Brief an Conrad Cordatus von 1527; vgl. die Bibliographie und den Brief, in: CSch 2, 581–599. | 340 Gotteskindschaft | 341 Vgl. Caspar Schwenckfeld, Über das new Büchlin der Tauffbrüder (1542), in: CSch 8, 168–214; ders., Der X. Sendbrief: Vom Nachtmal, Taufe und Ehescheidung (1538), in: CSch 6, 180–192, hier: 180f; ders., Der erste Sendbrief: Vom grund und ursache des Irrtums und Spans im Artikel vom Sakrament des Herrn Nachtmal (1527), in: CSch 2, 445–580, hier: 508f. | 342 Vgl. die Abendmahlsschriften Schwenckfelds, in: CSch 3–5. 343 Vgl. DE || SCHVVENCK=||FELDISMO. || DOGMATA ET ARGVMEN-||ta, cum succinctis solutionibus, || Collecta per || D. IOHANNEM VVIGANDVM, || Episcopum Pomezaniensem. || Cum indice ... || (Judicium oder Vrteil von der || Stenckfeldischen Schwermerey/ der ge=||trewen Diener Christi in der Kirchen zu Braun=||schweig vnd Hannober.||), Leipzig: Zacharias Bärwald und Henning Grosse 1586 (VD 16 W 2861), 262–284; Caspar Schwenckfeld, Ermahnung des Missbrauchs etlicher fürnemsten Artikel (1524), in: CSch 2, 68–79.
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Die Konkordienformel – Epitome
7.
Das keine rechte Christliche Gemein sey, da344 bkein offentlicher Ausschlus oder ordentlicher Process des Bannesb gehalten werde.345
BSLK 826 | 8.
Das der Diener der Kirchen andere leute nicht nützlich leren oder rechte, warhafftige Sacrament austeilen könne, welcher nicht auch vor sein person warhafftig verneuert, widergeboren, gerecht und from sey.346
5
Irthumb der neuen Arrianer347 Das Christus nicht ein warhafftiger, wesentlicher, natürlicher Gott, eines ewigen Göttlichen wesens mit Gott, dem Vater, und dem heiligen Geist, sondern allein mit Göttlicher Maiestet unter und neben Gott dem Vater gezieret sey.
10
Irthumb der Antitrinitarier348 Das ist gar eine neue Secte, zuvorn in der Christenheit nicht erhöret349, Welche gleuben, leren und bekennen, das nicht ein einig, ewig, Göttlich wesen sey des Vatern, Sons und heiligen Geists, Sondern, wie Gott Vater, Son und heiliger Geist drey unterschiedliche Personen sein, also habe auch ein jede Person ihr unterschiedlich und von andern Personen der Gottheit abgesondert wesen, die doch entweder alle drey, wie sonst drey unterschiedene und von einander in irem wesen [253v] abgesonderte menschen, gleichs gewalts, weisheit, Maiestet und herrligkeit oder am wesen und eigenschafften einander ungleich, das allein der Vater rechter warer Gott sey.
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Diese und dergleichen Artickel allzumal und was denselben mehr irthumb anhengig und daraus erfolget, verwerffen und verdammen wir als unrecht, falsch, ketzerisch, dem wort Gottes, den dreyen Symbolis, der Augspurgischen Confeßion und Apologi, den Schmalkaldischen Artickeln und Catechismis Lutheri zu wider, vor welchen alle frome Christen hohes und nidriges standes sich hüten sollen, so lieb inen irer Seelen heil und seligkeit ist. cDas dis unser aller Lehr, Glaub und Bekentnus sey, wie wir solches am Jüngsten Tage vor dem gerechten Richter, unserm Herrn Jhesu Christo, verantworten, darwider auch nichts heimlich noch offentlich reden oder schreiben b–b
der Außschluß (Excommunication) oder Bann nicht EpTB | c – c nicht in EpTB
344 wo | 345 Vgl. Caspar Schwenckfeld, Sendbrief an Bonifacius Wolfhart. Über die Kirchen (1538), in: CSch 6, 200–227. | 346 Vgl. Caspar Schwenckfeld, Sendbrief an Katharina Streicher (1537), in: CSch 5, 691–696, hier: 694f; Der LXXXIX. Sendbrieff / an Fraw Elßbeth Hecklin, in: Das zweite Buch des andern || theils des Epistolars. || Darinn Herren || CASpar Schwenckfeldts || Sendbrieffe begriffen / die er auff der || Lutherischen glauben / Leere / Sacrament vnd || Kirchen / zum theil an Lutherische / zum || theil sonst an guthertzige Perso=||nen geschrieben. [ ...], s.l. 1570 (VD 16 4833), 1002–1011, hier: 1007. | 347 Bezeichnung für diejenigen, die – ähnlich den Arianern des 4. Jahrhunderts – die Gottheit Christi und seine Wesenseinheit mit Gott in Frage stellten. Dazu zählten z. B. der auch täuferisch gesinnte Johannes Campanus, der italienische
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Quod non sit vera Ecclesia Christi, in qua non vigeat publica excommunicatio et solennis aliquis excommunicationis modus seu, ut vulgo dicitur, processus ordinarius. Quod is Ecclesiae minister alios homines cum fructu docere aut vere sacramenta dispensare non possit, qui ipse non sit vere renovatus, renatus et vere iustus. [608] Error novorum Arianorum
10
Quod Christus non sit verus, substantialis, naturalis Deus, eiusdem cum Patre et Spiritu sancto essentiae, sed divina tantum Maiestate ita cum Patre ornatus, ut Patre sit inferior.
Error Antitrinitariorum
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Haec prorsus nova haeresis, quae antehac Ecclesiis Christi ignota fuit, eorum videlicet, qui opinantur, docent et profitentur, non esse unicam tantum divinam et aeternam Patris, Filii et Spiritus sancti essentiam, sed quemadmodum Pater, Filius et Spiritus sanctus tres sunt distinctae personae, ita unamquamque personam habere distinctam et a reliquis personis divinitatis separatam essentiam. Et horum alii sentiunt, quod singulae personae in singulis essentiis aequali sint potestate, sapientia, maiestate et gloria, sicut alias tres numero differentes homines, ratione essentiae suae, sunt a se invicem disiuncti et separati. Alii sentiunt, tres illas personas et essentias ita inaequales esse ratione essentiae et proprietatum, ut solus Deus Pater verus sit Deus. Hos atque his similes errores omnes et eos etiam, qui ab his dependent et ex his consequuntur, reiicimus atque damnamus, utpote, qui falsi sint atque haeretici et qui verbo Dei, tribus approbatis Symbolis, Augustanae Confessioni, eiusdem Apologiae, Smalcaldicis articulis et Catechismis Lutheri repugnent, quos etiam errores omnes pii, summi atque infimi cavere et vitare debent, nisi aeternae suae salutis iacturam facere velint. [609] Quod autem haec sit omnium nostrum fides, doctrina et Confessio (de qua in novissimo illo die iudici Domino nostro Iesu Christo rationem reddere parati sumus) et quod contra hanc doctrinam nihil vel occulte vel aperte
Mediziner Giorgio Biandrata und die nach dem italienischen Juristen und Theologen Lelio Sozzini und seinem Neffen Fausto Sozzini benannte Bewegung der Sozinianer. Die Grenzen zwischen den „neuen Arianern“ und den „Antitrinitariern“ sind fließend; vgl. auch u. S. 1301, Anm. 348. | 348 Die folgenden Artikel beziehen sich in erster Linie auf die Lehre des 1553 wegen seiner antitrinitarischen Ansichten in Genf hingerichteten spanischen Arztes und Theologen Michael Servet. Zu den Tritheisten gehörten außerdem die von Servet beeinflußten Italiener Matteo Gribaldi und Valentino Gentile sowie Petrus Gonesius, der den Tritheismus in das Großfürstentum Litauen brachte. Zu den beiden wichtigsten Strängen des Antitrinitarismus, dem Unitarismus und dem Tritheismus, vgl. Kęstutis Daugirdas/Irene Dingel, Historische Einleitung, in: C&C 9, 3–17. | 349 von der man zuvor nichts gehört hat
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Die Konkordienformel – Epitome
wollen, sondern gedencken vormittelst der gnaden Gottes darbey zu bleiben, Haben wir wolbedechtig in warer furcht und anruffung Gottes mit eignen handen unterschrieben.c 350
350 Andreaes Manuskript trägt am Schluss des Textes noch Datum und Unterschriften der sechs Konkordienväter: Actum Berg, den 29ten Maii 1577. Iacobus Andreae D., subscripsit. Nicolaus Selneccerus D., subscripsit. Andreas Musculus D., subscripsit. Christopher Cornerus D., subscripsit. David Chytraeus. Martinus Kemnicius D.
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dicere aut scribere, sed per gratiam Dei in ea constanter perseverare velimus, in eius rei fidem re bene meditata in vero Dei timore et invocatione nominis eius hanc epitomen propriis manibus subscripsimus.
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Die Konkordienformel – Solida Declaratio
Gründtliche1, Lautere, Richtige und endtliche widerholung und erklerung etlicher Artickel Augspurgischer Confession, in welchen eine zeitlang unter Etlichen Theologen, derselbigen zugethan, streit vorgefallen, nach anleitung Gottes worts und Summarischem inhalt unser Christlichen Lehr beygelegt und verglichen. ab
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Mit Churfürstlicher Gnaden zu Sachsen befreihung Dreszden ANNO M. D. LXXIX.a BSLK 830
[255r] cNachdem aus sonderen gnaden und barmhertzigkeit des Allmechtigen die Lere von den fürnemesten Artickeln unserer Christ|lichen Religion (welche durch Menschen lere und satzungen unter dem Bapsthumb greulich vorfinstert gewesen) durch D. Luthern, seliger und heiliger gedechtnis, widerumb aus Gottes Wort erleutert und gereiniget, die Bepstische Irthumb, Missbreuch und Abgötterey gestrafft2 und aber solche reine Reformation von dem gegenteil vor3 eine neue Lere geachtet, auch, alsd ob sie dem Wort Gottes und den Christlichen ordnungen gentzlich zuwider, hefftig (gleichwol mit ungrund) angezogen4, darzu mit unerfindlichen Calumnien5 und Aufflagen6 beschweret, haben die Christlichen Chur- und Fürsten7, auch Stende8, welche damal die reine Lere des heiligen Evangelii angenomen und ire Kirchen Christlich dem Wort Gottes gemes reformiren lassen, auff der grossen Reichsversamlung zu Augspurgk Anno 30 etc. eine Christliche Confeßion9 aus Gottes Wort stellen lassen und dieselbige Keyser Carolo V. uberantwortet, darinnen sie lauter10 und rund ire Christliche bekentnis gethan, was von den fürnemsten Artickeln (sonderlich denen, so zwischen inen und den Bepstischen streitig worden) in den Christlichen Evangelischen Kirchen gehalten und geleret werde, welche von dem gegenteil gleichwol sauer11 angesehen,
a – a FM: s. QuM II, 279,1–10 [Kurtzer und ... solle, etc.]; Formula concordiae inter suevicas et saxonicas ecclesias SSC; TB: s. QuM II, 344,1–3 [Bedencken welchermaßen ... werden mochten] b – b der Beginn der Einleitung der SC ist vollkommen anders formuliert: s. QuM II, 85,1–86,22 [Nachdem nun ... einhellig bekennet] | c – c der Beginn der Einleitung der SSC ist vollkommen anders formuliert: s. QuM II, 141,2–143,36 [Nach dem ... werden muchte] | d nicht in TB 1
Jakob Andreae hatte dem im Torgischen Buch gebotenen Titel „Bedencken welchermaßen …“ (s. o. Anm. a−a) einen handschriftlichen Zettel vorgeheftet, auf dem er die neue Überschrift für die Solida Declaratio vermerkt hatte. Sie lautete: „Allgemeine, lautere, richtige und endliche Wiederholung …“, wurde aber für den Druck der Konkordienformel noch einmal geändert. Landgraf Wilhelm von Hessen und Fürst Joachim Ernst von Anhalt hatten nämlich die Formulierung des Titels zum Anlass genommen, in einem Schreiben an den Hauptförderer des Konkordienwerks, Kurfürst August von Sachsen, eine „allgemeine freie Synode“, d.h. eine Generalsynode, zu fordern, die vor der Veröffentlichung sicher stellen sollte, dass die Konkordienformel „von
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Solida, plana ac perspicua repetitio et declaratio quorundam Articulorum Augustanae Confessionis, de quibus aliquandiu inter nonnullos Theologos eidem addictos disputatum fuit, continens earum controversiarum ad normam et analogiam verbi Dei et compendiariam Christianae nostrae doctrinae formulam et rationem, decisionem atque conciliationem
[613] Immensa Dei Optimi Maximi bonitate atque miseratione factum est, ut doctrina de praecipuis Christianae no|strae religionis articulis, quae optionibus et traditionibus humanis durante Papatu horribiliter obscurata fuerat, opera D. Lutheri, piae sanctaeque memoriae, rursus secundum praescriptum et analogiam verbi Dei sincere explicaretur, et repurgaretur Pontificii vero errores, abusus, et Idolomaniae graviter redarguerentur. Hac pia Reformatione adversarii nova dogmata in Ecclesiam Dei introduci putaverunt, eam igitur, quasi verbo Dei prorsus repugnaret et pias Ordinationes penitus everteret, vehementer, falso tamen, criminati sunt et calumniis prope infinitis, quae nullo tamen vel probabili saltem colore fulcirentur, oppugnarunt. Ea re moti Illustrissimi, pietateque religiosa praestantissimi Electores, Principes, et Ordines Imperii (qui tum sinceram Evangelii doctrinam amplexi fuerant, et Ecclesias suas ad verbi Dei normam pie reformaverant) in comitiis, frequentissimis et celeberrimis illis Augustae Vindelicorum Anno post millesimum quingentesimum trigesimo habitis sedulo curarunt, ut Confessio pia, e sacris literis collecta, conscriberetur eamque Confessionem Imperatori Carolo V. exhibuerunt. In ea perspicue et candide professi sunt, quid de praecipuis articulis (iis praesertim, qui inter ipsos et Pontificios in controversiam venerant) in Ecclesiis Evangelicis et reformatis crederetur et publice doceretur.
allen Ständen […] examiniert, wohl erwogen, approbiert und angenommen werde“ (11. März 1579; HSA Dresden Loc. 10305 VI Religion Buch). Ähnlich hatte Pfalzgraf Johann von Zweibrücken reagiert. Er wünschte, dass man den Text vor dem Druck allen Ständen vorlegen solle (vgl. Pressel, Kurfürst Ludwig, 494. 499. 516). | 2 aufgedeckt, angeprangert, getadelt | 3 für | 4 zur Sprache gebracht | 5 Verleumdungen | 6 Anschuldigungen | 7 allgemeine Wendung für Kurfürsten und Fürsten. 1530 war Johann von Sachsen der einzige Kurfürst unter den Unterzeichnern der Confessio Augustana. | 8 Stände, d. h. die im frühneuzeitlichen Ständestaat zur Mitwirkung an Gesetzgebung und Verwaltung berechtigten gesellschaftlichen Gruppen. Das waren z. B. auf den Reichstagen, allerdings mit unterschiedlichem Stimmrecht, Adel, Ritterschaft, hohe Geistlichkeit und Reichsstädte. | 9 Die Confessio Augustana; vgl. o. S. 84–225. | 10 klar | 11 übel, kritisch
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aber Gott lob biss auff diesen Tag unwiderlegt und unumbgestossen geblieben. Zu derselbigen Christlichen und in Gottes Wort wolgegründten Augspurgischen Confeßion bekennen wir uns nochmals hiemit von grund unsers hertzens, bleiben bey derselbigen einfeltigem, hellen und lauterem verstandt, wie solchen die wort mit sich bringen, und halten gedachte Confeßion vor ein rein Christlich Symbolum, bey dem sich edieser zeite rechte Christen nechst Gottes wort sollen finden lassen. Wie dann auch vor zeiten in der Kirchen Gottes uber etliche vorgefallene, grosse streit Christliche Symbola und Bekentnis gestellet worden12, zu | denen sich die reinen Lerer und Zuhörer mit hertzen und munde damalsf bekant haben. Wir gedencken auch, vermittelst der gnaden des Allmechtigen bey mehrgemelter13 Christlicher Confeßion, wie sie Keyser Carolo Anno 30 etc. ubergeben, biss an unser ende bestendig zuvorharren und ist unser vorhaben nicht, weder in dieseng noch andern Schrifften, von vielgedachter14 Confeßion im wenigsten abzuweichen, noch eine andere und neue Confeßion zu stellen. [255v] hWiewol aberh die Christliche Lere in derselbigen Confeßion mehrerteils (ausserhalb was von den Papisten geschehen) unangefochten geblieben, iSo kan gleichwol nicht geleugnet werden, dasi etzliche Theologi von etlichen jhohen und fürnemen15 j Artickeln gemelter Confeßionk abgewichen und den rechten verstandt derselbigen entweder nicht erreicht oder ja nicht dabey bestanden, etwa auch deren ein frembden verstand anzudeuten sich unterwunden und doch neben dem allen der Augspurgischen Confeßion sein und sich derselbigen behelffen und rhümen wöllen, daraus dann beschwerliche und schedliche spaltungen in den reinen Evangelischen Kirchen entstanden. Wie dann auch noch bey lebzeiten der heiligen Aposteln unter denen, so Christen heissen wolten und sich der Lere Christi berümbten, gleichsfals erschreckliche Irthumb eingefallen, daher etliche durch die werck des Gesetzes wolten gerecht und selig werden, Actor. 1516, Etliche die Aufferstehung der Todten widersprochen, 1. Cor. 1517, Etliche nicht gleubten, das Christus warer, ewiger Gott were18, Wider welche sich die heiligen Apostel in iren Predigten und Schrifften hefftig legen müssen, ob wol solche hochwich|tige Irthumb und ernstliche streit damals auch nicht one grosse ergernis beide, der ungleubigen und schwachgleubigen, abgangen; inmassen19 heutiges tages unsere Widersacher, die Papisten, uber denen spaltungen, so unter uns entstanden, frolocken, der unchristlichen und vergeblichen hoffnung, als solten diese uneinigkeiten zu endtlichem untergang der reinen Lere gereichen, die schwachgleubigen aber sich darob ergern und eins teils zweiffeln, ob die reine Lere bey uns unter so grossen spaltungen sey, eins teils nicht wisssen, welchem Teil sie in den streitigen Artickeln beyfallen sollen.
e–e
nicht in FM, TB | f nicht in FM, TB | g dieser FM, TB | h – h Man sol aber und kan nicht laugnen, ob wol FM | i – i das gleichwol FM | j – j nicht in FM, TB | k danach: etwas FM, TB
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Eam Confessionem adversarii moleste quidem graviterque acceperunt, sed ad hunc usque diem neque refutare neque evertere potuerunt. [614] Hanc piam atque e fundamentis verbi Dei solidissimis extructam Augustanam Confessionem nos toto pectore amplecti, publice et solenniter etiamnum profitemur et simplicem illius, sinceram et perspicuam sententiam, quam verba ipsa monstrant, retinemus. Eamque pium nostri temporis Symbolum esse, quod piae mentes post invictam verbi Dei autoritatem recipere debeant, iudicamus, quemadmodum olim etiam in Ecclesia Dei, exortis gravissimis in Religionis negotio certamini|bus, Confessiones et pia quaedam Symbola sunt conscripta, quae sinceri doctores et auditores toto animo amplectebantur et publice profitebantur. Et quidem, bene iuvante nos gratia Dei Opt[imi] Maximi, in illius Confessionis pia doctrina (quemadmodum ea Carolo V. Anno etc. 30 exhibita est) ad ultimos usque vitae nostrae spiritus constantes perseverabimus. Neque in animo habemus, hoc scripto aut quocunque alio, a commemorata iam Confessione vel transversum, ut aiunt, unguem discedere, vel aliam aut novam Confessionem condere. Etsi autem pia Confessionis illius doctrina magna ex parte (praeterquam quod a Pontificiis factitatum est) non fuit impugnata, fateri tamen oportet nonnullos Theologos, in praecipuis quibusdam et magni momenti articulis a doctrina illius Confessionis disceßisse, veramque illius sententiam aut non assecutos esse, aut certe non constanter retinuisse, quosdam etiam ei alienam sententiam affingere conatus esse, qui nihilominus tamen Augustanam se Confessionem amplecti simularunt, et ex ea quasi gloriantes de eius professione, praetextus quaesiverunt. Ex ea autem re gravia admodum et pernitiosa in reformatis Ecclesiis dissidia sunt orta; quemadmodum olim etiam vivis adhuc Apostolis inter eos, qui Christiani haberi [615] volebant et de doctrina Christi gloriabantur, horribiles errores sunt exorti. Quidam enim per opera legis iustificationem et salutem quaerebant; alii resurrectionem mortuorum negabant, alii Christum verum et aeternum Deum esse non credebant. His certe Apostoli sese et concionibus et scriptis severe | opposuerunt, etsi non ignorabant errores illos et de rebus tantis acerrima certamina gravißimam offensionem, tam apud infideles quam apud infirmos in fide, excitare; Perinde ac hodie nostri adversarii Pontificii propter dissidia illa inter nos orta exultant; spem illam minime piam et quidem falsam foventes, fore ut ex nostris mutuis concertationibus, sanae doctrinae ruina et interitus consequantur. Infirmi vero interim valde offenduntur et perturbantur, quidam dubitant, an inter tot et tanta dissidia etiam vera apud nos doctrina reperiatur; quidam non vident, cui parti in articulis illis controversis subscribere debeant.
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Vgl. die altkirchlichen Bekenntnisse, o. S. 41f, 47f und 57–60. | 13 mehrfach genannter | 14 häufig erwähnter | 15 bedeutenden und herausragenden | 16 Vgl. Act 15,1–21. | 17 Vgl. I Kor 15,12–58. | 18 Vgl. Jud 4,8; II Petr 2,1–10; Kol 1,2; I Tim 2,5. | 19 wie
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Actor. 15. 1. Cor. 15. BSLK 832
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Dann die eingefallene20 streit nicht nur missverstende oder wortgezenck sein, dafür es etzliche halten möchten, do ein teil des andern meinung nicht gnugsam eingenommen hette und sich also der span21 allein in etlichen wenig worten, an welchen nicht viel gelegen, hielte, Sondern es sind wichtige und grosse sachen, darüber gestritten worden, und also geschaffen, das des einen und irrenden teils meinung in der Kirchen Gottes nicht kan noch sol geduldet, noch viel weniger entschüldiget oder bestritten werden. Derwegen die notdurfft22 erfordert, solche streitige Artickel aus Gottes Wort und bewerten23 Schrifften also zuerkleren, das menniglich24, so eines Christlichen verstands, mercken könne, welche meinung in den streitigen puncten dem Wort Gottes und der Christlichen Augspurgischen Confeßion gemes sey oder nicht und sich also guthertzige Christen, denen die warheit angelegen, für den eingerissenen Irthumen und Corruptelen25 haben zuverhüten und zuverwaren.c
[256r] Von dem Summarischen Begriff, Grundt, Regel und Richtschnur , wie alle Leer nach Gottes Wort geurteilet und die eingefallene irrung Christlich erkleret und entscheiden werden sollen lm
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Weiln zu Gründtlicher, bestendiger einigkeit in der Kirchen vor allen dingen von nöten ist, das man ein oSummarischen, einhelligen begriff und form habeo, darinn die allgemeine, summarische Lere, darzu die Kirchen, so pder warhafftigen, Christlichenp Religion sind, sich bekennen, aus Gottes Wort zusamen gezogenq, wie dann die alte Kirche allwege zu solchem brauch ire gewisse Symbola27 gehabt und aber rsolches nicht auff Privat Schrifften, sondern auff solche Bücher gesetzt werden solle, die sim Namen der Kirchens, so zu einer Leer und Religion sich bekennen, gesteltt, approbirt und angenomenu r, So haben wir uns gegen einander mit hertzen und munde erkleret, das wir kein sonderliche oder neue vBekentnis unsers Glaubensv machen oder annemen wöllen, sondern unsw zu den offentlichen, allgemeinen Schrifften bekennenx, so für solche | Symbola oder gemeine Bekentnüsseny, in zallen l – l FM: s. QuM II, 281,3–21 [Wir wollen ... danach fellen] | m – m Von einem gewissen, einhelligen, gemeinen, offendtleichen corpore doctrinae SSC, TB | n davor: Undt SSC | o – o hab und brauche ein einhelliges, gewisses und gemeines corpus doctrinae SSC; ein einhelliges, gewisses, gemeines corpus doctrinae habe TB | p – p einer SSC, TB | q danach: sey SSC | r – r SSC: s. QuM II, 144,8–12 [ein solch ... angenomen sindt] | s – s publico nomine und in gemein von denen kirchen TB | t dafur und dazu TB | u danach: sindt TB | v – v corpus doctrinae SSC, TB | w nicht in SSC, TB | x nicht in SSC, TB | y confessiones SSC | z – z den kirchen der SSC; den kirchen zur TB 20
entstandene | 21 Streit, vor allem in Glaubenssachen | 22 Notwendigkeit | 23 bewährten jeder | 25 Verderbnis | 26 Im Torgischen Buch war noch die Rede von einem Corpus Doctrinae gewesen (vgl. Anm. m−m, o−o), denn das Konkordienbuch sollte ein solches Corpus Doctrinae sein. Daran hatten vor allem die Pommerschen Theologen Anstoß genommen, da dies darauf 24
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Mota enim illa certamina, non sunt λογομαχίαι aut de verbis inanes et non necessariae disceptationes, quales oriri solent, cum altera pars alterius sententiam non satis assecuta est, ut quibusdam fortasse in hoc religionis negotio res habere videntur, qui existimant disputari tantum de paucis quibusdam vocabulis, quae nullius pene aut certe non magni sint momenti. Sed res gravissimae sunt, de quibus controvertitur, et prorsus tales, ut illius partis, quae a vero aberrat, sententia in Ecclesia Dei nec possit nec debeat ferri, nedum excusari aut defendi. Quare necessitas exigit, ut controversi illi articuli e verbo Dei et probatis scriptis perspicue explicentur, quo omnes pii et intelligentes animadvertere possint, cuiusnam partis sententia in controversiis illis motis verbo Dei et Augustanae [616] Confeßioni orthodoxae conformis sit et quae probatis illis scriptis adversentur, ut bonae et piae mentes, quibus veritas cordi est, corruptelas et errores, qui exorti sunt, effugere et vitare queant.
De Compendiaria Doctrinae Forma, Fundamento, norma atque regula, ad quam omnia dogmata iuxta analogiam verbi Dei diiudicanda et controversiae motae pie declarandae atque decidendae sunt Primo ad solidam, diuturnam et firmam concordiam in Ecclesia Dei constituendam necessarium omnino est, ut certa compendiaria forma et quasi typus unanimi consensu approbatus extet, in quo communis doctrina, quam Ecclesiae sincerioris et reformatae religionis profitentur, e verbo Dei collecta extet. Etenim ea in re exemplum primitivae Ecclesiae sequimur, quae in talem usum sua quaedam certa symbola semper habuit. Cum vero compendiaria illa doctrinae forma non privatis, sed publicis scriptis niti debeat, quae confecta, approbata et recepta sint earum Ecclesiarum nomine, quae sinceram doctrinam et religionem unanimi consensu profitentur: mentem nostram invicem corde et ore ita declaravimus et iam declaramus, quod nullam novam aut | singularem confessionem fidei nostrae conscribere aut recipere in animo habeamus. Quin potius publica illa et communia scripta amplectimur, quae in omnibus Ecclesiis Augustanae Confessionis pro symbolis et communibus
zielte, eine Alternative zu dem bereits weit verbreiteten Corpus Doctrinae Philippicum von 1560 zu bieten, das neben den altkirchlichen Bekenntnissen ausschließlich Schriften Melanchthons enthielt. Viele Territorien hatten es eingeführt. Um das Ärgernis auszuräumen, hatte man deshalb bei der Überarbeitung des Torgischen Buch zum Bergischen Buch die Bezeichnung Corpus Doctrinae durch „Summarischer Begriff, Grund, Regel und Richtschnur“ ersetzt. Der folgende Textabschnitt bietet aber eine Auflistung all jener Schriften, die das Konkordienbuch als Corpus Doctrinae qualifizieren und an denen sich die in den einzelnen Artikeln entfaltete Lehre ausrichtet. Pommern blieb dem Konkordienwerk dennoch fern. | 27 Bekenntnisse
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Kirchen derz Augspurgischen Confeßion je und allwege, aehe dann die Zwispalt unter denen, so sich zur Augspurgischen Confeßion bekant, entstanden und so lang man einheiliglich allenthalben in allen Artickeln bey der reinen Lere Göttliches Worts (wie sie D. Luther seliger erkleret) geblieben, gehalten und gebraucht wordena.b Alsb Erstlich: Zu den Prophetischen und Apostolischen Schrifften altes und neues Testaments, als zu dem reinen, lautern Brunnen Israelis28, welche alleine die einige warhafftige Richtschnur istc, nach derd alle Lerer und Lere zu richten und zu urteilen sein. Und weil vor alters die ware, Christliche Leer im reinen, gesunden verstande aus Gottes Wort in kurtze Artickel oder Hauptstück wider der Ketzer verfelschung zusamen gezogen ist, bekennen wir unse zum andern Zu den dreyen allgemeinenf Symbolis, nemlich dem Apostolischen, Nicenischen und des heiligen Athanasii29, als zu deng [256v] kurtzen, Christlichen und in Gottes Wort gegründeten, herrlichen Bekantnussenh des Glaubens, in welchen allen denen Ketzereyen, so zur selben zeit sich in der Christlichen Kirchen erhoben, lauter und bestendig widersprochen wird. Zum dritten: Dieweil iin diesen letzten zeiten der gütige Gott aus sondern gnaden die warheit seines Worts aus der greulichen finsternus des Bapsthumbs durch den getreuen dienst des theuren Mannes | Gottes D. Luthers wider ans liecht gebracht hat und dieselbige Lehr aus und nach Gottes Wort wider des Bapsthumbs und auch anderer Secten verfelschung in die Artickel und Hauptstück der Augspurgischen Confeßion30 zusamen gezogen ist, So bekennen wir uns auch zu derselben jersten, ungeendertenj Augspurgischen Confeßion31, nicht derwegen, das sie von unsern Theologis gestellet, sondern weil sie aus Gottes Wort genommen und darinnen fest und wol gegründet isti, allermassen wie sie Anno 30 etc. in Schrifften verfasset und dem Keyser Carolo V. von etlichen Christlichen kChur-l, Fürstenk und Stenden desm Römischen Reichs nals ein allgemein Bekentnus der reformirten32 Kirchenn zu Augspurg ubergebeno,33 als dieser zeit unserm Symbolo, durch welchep unsere reformirte Kirchen von der Papisten und andern verworffenen qund verdamptenq Secten und Ketzereyen abgesondert worden, inmassen dann solches in der alten Kirchen also herkomen und gebreuchlich gewesen, das die volgende Synodi, Christliche Bischoffe und Lerer sich auff das Nicenische Symbolum gezogen und darzu bekant haben. e
a – a gehalten und gebraucht wurden, uns einhellig bekennen SSC; gehalten und gebraucht worden, einhelligk bekennen TB | b nicht in SC | c sein SC; sey SSC | d denen SC; den SSC | e – e nicht in SC | f nicht in SC | g der SC, SSC, TB | h bekantnuß SC, SSC | i – i SC: s. QuM II, 86,32–39 [die hocherleuchte ... aug[spurgischen] confession] | j – j nicht in SSC | k – k churfursten SSC | l churfursten TB | m danach: h. SC, SSC | n – n für ihr bestendige bekantnuß SC | o danach: und folgendes anno 1531 durch offendtlechen druck publicirt SSC | p wölches SC, SSC; welchs TB q – q nicht in SSC
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confessionibus semper habita sunt, priusquam dissensiones inter eos, qui Augustanam Confessionem profiten[617]tur, ortae sunt, quae etiam scripta publicam autoritatem obtinuerunt, quamdiu magno consensu passim in omnibus articulis sincera verbi Dei doctrina, ut eam D. Lutherus proposuit, conservata, retenta atque usurpata fuit. Primum igitur toto pectore Prophetica et Apostolica scripta Veteris et Novi Testamenti ut limpidissimos purissimosque Israelis fontes recipimus et amplectimur et sacras literas solas unicam et certissimam illam regulam esse credimus, ad quam omnia dogmata exigere et secundum, quam de omnibus tum doctrinis doctoribus iudicare oporteat. Et quia iam olim sincera Christi doctrina in genuino et sano sensu ex sacris literis collecta et in articulos seu capita brevissima contra haereticorum corruptelas digesta est, amplectimur etiam tria illa Catholica et generalia summae autoritatis symbola: Apostolicum, videlicet, Nicenum et Athanasii. Haec enim agnoscimus esse breves quidem, sed easdem maxime pias atque in verbo Dei solide fundatas, praeclaras confessiones fidei, quibus omnes haereses, quae iis temporibus Ecclesias Christi perturbarunt, perspicue et solide refutantur. Deinde, cum postremis hisce temporibus Deus Optimus Maximus summa clementia puritatem verbi sui e tenebris horrendis et plusquam Cimmeriis, quibus sub Papatu oppressa fuerat, fideli opera praestantissimi viri, D. Lutheri, viri | Dei, rursus in lucem produxerit, quae sincera doctrina non modo contra Papatum, sed etiam adversus aliarum Sectarum corruptelas e verbo Dei in articulos et capita Augustanae Confessionis digesta est: etiam Augustanam, primam illam et non mutatam, Confessionem amplectimur. Idque non ea de causa facimus, quod a nostris Theologis sit conscripta, sed quia e verbo Domini est desumta et ex fundamentis sacrarum literarum solide extructa, sicut ea Anno 1530 scripto comprehensa et Imperatori Carolo V. per quosdam Electores, Principes et ordines Romani imperii (ut communis pie reformatarum Ecclesiarum confessio) [618] Augustae est exhibita. Hanc enim nostri temporis Symbolum esse iudicamus, quo reformatae nostrae Ecclesiae ab Romanensibus aliisque reiectis et damnatis sectis et haeresibus seiunguntur. Et sane hoc ipsum olim usu in primitiva Ecclesia receptum est, ut subsequentes Synodi, pii item Episcopi et doctores, ad Nicaenum Symbolum provocarent atque se id amplecti, publice profiterentur.
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Ps 68 (Vg 67),27 | 29 Vgl. die altkirchlichen Bekenntnisse, o. S. 41f, 47f und 57–60. | 30 Vgl. die CA, o. S. 84–225. | 31 CA invariata, in Abgrenzung zu Melanchthons Überarbeitung der CA von 1540. Gegen diese einschränkende Formulierung hatte es vor allem während der Entstehung der 32 reformatorischen Vorrede zahlreiche Proteste gegeben (u. a. von Hessen und Pfalz). | 33 Unterzeichner waren Kurfürst Johann von Sachsen, Markgraf Georg von BrandenburgAnsbach, Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg, Landgraf Philipp von Hessen, Herzog Johann Friedrich von Sachsen, Herzog Franz von Braunschweig-Lüneburg, Fürst Wolfgang von Anhalt und Graf Albrecht von Mansfeld, außerdem die Reichsstädte Nürnberg und Reutlingen.
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Zum vierdten: Was dann vielgemelter Augspurgischen Confeßion eigentlichen und warhafftigen verstand belanget, damit man sich gegen den Papisten ausfürlicher erklerete und verwahrete und nicht unter rdem Namen der Augspurgischen Confeßionr verdampte irthumb in ders Kirchen Gottes einschleichen und derselbent sich zubehelffen unterstehen möchten, ist nach ubergebener Confeßion ein ausfürliche Apologia34 gestellet uund Anno 1531. etc. durch offentlichen druck publicirtu. Zu derselben bekennen wir uns auch einhellig, darinnen gedachte Augspurgische Confeßion nicht allein notdürfftiglich35 ausgefürt und verwaret36, sondern auch mit hellen, unwidersprechlichen zeugnüssen der heiligen Schrifft erwiesen worden. Zum fünfften Bekennen wir uns auch zu den Artickeln, zu Schmalkalden in grosser versamlung der Theologen vAnno 1537v gestellet37, wapprobirt38 und angenommen, xinmassen dieselbige erstlich [257r] begriffen39 und gedruckt wordenx w, so auff dem Concilio zu Mantua40, oder wo es gehalten, im Namen | höchst und hochermelten41 Churfürsteny, Fürstenz und Stendena 42 als bvorgemelter43 Augspugischer Confeßion und Bekentnusc erklerungb, darauff sie durch Gottes gnade zuvorharren entschlossen, uberantwortet hatd werden sollen, in welchen ermelte44 Lere Augspurgischer Confeßion widerholet und eetliche Artickel aus Gottes Wort weiter erkleret, auche darneben ursachf und grund, warumb man von Papistischen Irthumen und Abgöttereyen abgetreten undg mit denselbenh kein gemeinschafft zuhaben, sich auch uber solchen mit dem Bapst nicht zuvorgleichen45 wisse noch gedencke, notdürfftiglich angezeiget worden. Und dann zum sechsten, Weil diese hochwichtigei sachen auch den gemeinen Man46 und Leyen belangen, welche irer seligkeit zu gutem dannoch als Christen zwischen reiner und falscher Lehr unterscheiden müssen, Bekennenj wir uns auch einhellig zu dem kleinen und grossen Catechismo D.k Luthersl 47, m nwie solche von ime geschrieben und seinen Tomis48 einverleibet wordenm, weil dieselbige von allen der Augspurgischen Confeßion vorwandten49 Kirchen einhellig approbiret, angenommen und öffentlich in Kirchen, Schulen und Heusern gebraucht worden sein, und weil auch in derselbigen die Christliche Lehr aus Gottes Wortn für die einfeltigen Leyen auff das richtigiste und einfeltigste begriffen und gleicher gestalt notdürfftiglich erkleret worden. oDiese offentliche, gemeine Schrifften sind in pden reinenp Kirchen qund Schulenq allweger gehalten worden alss die Summa und vorbild der Lere,
r – r derselben namen SC | s die SC, SSC | t selbiger SC | u – u nicht in SC | v – v nicht in SC, SSC, TB | w – w nicht in SC | x – x nicht in SSC, TB | y chur SC | z nicht in SSC | a stätt SC | b – b alß derselben bekantnuß SC, SSC | c danach: ausfuhrliche TB | d nicht in SC | e – e nicht in SC f uhrsachen SC, SSC | g auch SC, SSC | h danach: irthumben SC, SSC | i hochwerdige SSC j haben SC | k nicht in SSC, TB | l danach: bekennet SC | m – m nicht in SSC, TB | n – n in wölchem die christliche lehr SC | o – o nicht in SC | p – p unser SSC, TB | q – q nicht in SSC, TB | r alzeit SSC s danach: corpus et forma doctrinae als SSC; davor: ein corpus et forma doctrinae das ist, als TB
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Postea cum hoc etiam curandum esset, ut propria et genuina Confessionis Augustanae sententia conservaretur atque adversus Pontificiorum calumnias plenius explicaretur et praemuniretur, ne sub Augustanae Confessionis praetextu et patrocinio damnati errores sese in Ecclesiam Dei paulatim insinuarent: post exhibitam confessionem luculenta Apologia conscripta et Anno 1531 typis vulgata est. Eam etiam unanimi consensu approbamus et amplectimur, quia in ea non modo Augustana Confessio perspicue explicatur atque ab adversariorum calumniis vindicatur, verum etiam clarissimis et solidissimis sacrae scripturae testimoniis confirmatur.
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Praeterea etiam articulos illos toto pectore amplectimur, qui Smalcaldii, in frequentissimo Theologorum conventu Anno salutis 1537 conscripti, approbati et recepti sunt. Eos autem articulos intelligimus, quales initio conscripti, postea typis in lucem editi sunt in eum | videlicet finem, ut Concilio vel Mantuae vel alibi celebrando nomine Illustrissimorum Electorum, Principum atque Ordinum Imperii (ut Augustanae Confessionis uberior declaratio, in qua per Dei gratiam constantes perseverare decrevissent) publice proponi posset. In iis enim articulis doctrina Augustanae Confessionis repetita est et in quibusdam articulis e verbo Dei amplius declarata et insuper fundamenta monstrata et graves causae recitatae sunt, cur a Pontificiis erroribus et Idolomaniis secessionem fecerimus, cur etiam in iis rebus cum Pontifice Romano nobis convenire non possit quodque cum eo in illis conciliari nequeamus.
V.
[619] Postremo, quando negocium religionis etiam ad salutem vulgi et Laicorum (quos vocant) pertinet et illis etiam, ratione salutis, necessarium est ut sinceram doctrinam a falsa discernant: amplectimur etiam minorem et maiorem D. Lutheri Catechismos, eos dicimus, quales illi ab ipso scripti et Tomis eius inserti sunt. Omnes enim Ecclesiae Augustanae Confessionis hos Catechismos approbarunt atque receperunt, ita ut passim in Ecclesiis et scholis publice et in privatis etiam aedibus propositi fuerint. Et pia doctrina e verbo Dei desumpta in iis quam maxime perspicue et simplicissime in usum rudiorum et Laicorum, est comprehensa et dilucide declarata. Haec publica et ab omnibus piis approbata scripta in purioribus Ecclesiis et scholis semper habita fuere pro compendiaria hypotyposi seu forma sanae doctrinae, quam D. Lutherus in suis | scriptis e sacris literis contra Papatum 34 Vgl. die AC, o. S. 236–709. | 35 in erforderlicher Weise | 36 verteidigt | 37 Vgl. die ASm, o. S. 718–785. | 38 anerkannt | 39 abgefasst | 40 Die Schmalkaldischen Artikel waren als Zusammenfassung der evangelischen Lehre für das von Papst Paul III. nach Mantua ausgeschriebene Konzil bestimmt. | 41 vornehmsten und angesehenen | 42 Vgl. die Liste der Unterzeichner in: QuM I, 802–809. | 43 oben genannter | 44 genannte | 45 zu einigen | 46 die einfachen Leute | 47 Vgl. o. S. 852–899. 912–1157. | 48 in den Bänden der Wittenberger und Jenaer Ausgaben der deutschen und lateinischen Werke Luthers, die bereits abgeschlossen vorlagen. | 49 Der Frankfurter Anstand von 1539 spricht erstmals von denjenigen, die „der Augspurgischen Confession und derselben Religion itz verwant sein“; vgl. AdR 1/2, 1073.
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welche D. Luther seliger in seinen Schrifften aus Gottes Wort wi|der das Bapsthum und andere Secten statlich ausgefüret und wol gegründet hat, auff welchest ausfürliche erklerungen in seinen Lehr und streitschrifften wir unsu gezogen haben wollen vauff weis und mass, wie D. Luther in der Lateinischen Vorrede50 uber seine zusamen gedruckte Bücher von seinen Schrifften selbst notdürfftige und Christliche erinnerung gethan und diesen unterscheid ausdrückenlich gesetzet hatv, das alleine Gottes Wort die einige Richtschnur und Regelw aller Lehr sein und bleiben solle, welchem keines Menschen Schrifften gleich geachtet, sondern demselben alles unterworffen werden sol. Es werden aber hiemitx andere, gute, nützliche, reine Bücher, auslegung der heiligen Schrifft, widerlegung der Irthumen, erklerung der Lehr artickely nicht verworffen, | welche, wofernz sie dem jetztgemelten51 vorbild der Lere gemess, alsa nützliche auslegungen und erkle[257v]rungen gehaltenb und nützlich gebraucht könnenc werden, sondern was bissherd evon der Summa unser Christlichen Leere gesagt, wird allein dahin gemeinet, das man habe eine einhellige, gewisse, allgemeine formf der Lere, darzu sich unsere Evangelischeg Kirchen semptlich und in gemein bekennen, aus und nach welcher, weil sie aus Gottes Wort genomen, alle andere Schrifftenh, wie fern sie zu probiren52 und anzunemeni, geurteiletj und regulirt sollen werden.l
Dann das wir oberzeltel Schrifften, nemlich die Augspurgische Confeßion, Apologi, Schmalkaldische Artickel, gros und klein Catechismos Lutherim, nvielgedachter Summo unser Christlichen Leer einverleibet, ist der ursach geschehen, das solchen für denp gemeinen, einhelligen verstand unserer Kirchen je und allwege gehalten worden, als die auch von den fürnembsten, hocherleuchten Theologen dieselbe zeit unterschrieben qund alle Evangelischeq Kirchen und Schulen innen gehabt53, wie sie auch rinmassen hievor vormeldetr alle geschrieben und ausgangen, ehe die Zwispaltungens unter den Theologen Augspurgischer Confeßion entstanden und dann, weil sie für unparteyisch gehalten und von keinem teil deren, so sich in streit eingelassen, können oder sollen verworffen werden, auch keiner, so one falsch der Augspurgischen Confeßion ist, sich dieser Schrifften beschweren, sondern sie alst zeugen gerne annemen und gedulden wird. So kan uns niemand verdencken, das wir auch aus denselbigen erleuterung und entschied der streitigen Artickelu nemen, und wie wir Gottes Wort als die ewige warheit zum grund legen, kl
t danach: weitere SSC, TB | u danach: heimit referiret und SSC, TB | v – v mit dem austrucklechen underscheidt SSC; mit diesem außdrucklichen underschiedt TB | w regula SSC | x nicht in SSC y danach: und sunderlech die vor anderen wolgefasten schriffte des heren Philippi heimit SSC z so ferne SSC | a danach: ordentlech SSC | b billig commendiret SSC, TB | c danach: und solten SSC | d danach: de corporae doctrinae, das ist TB | e – e de corporae doctrinae SSC | f summam SSC, TB | g reformirtte SSC, TB | h scripta SSC | i danach: iudicirt SSC, TB | j nicht in SSC k – k nicht in SSC | l – l jedoch weil obvormelte FM | m danach: und andere dieses mannes
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et alias sectas deprompsit, luculenter declaravit et solide fundavit. Et ad D. Lutheri explicationes praeclaras tam in polemicis quam didacticis ipsius scriptis comprehensas provocamus: eo videlicet modo, quem D. Lutherus in Latina sua praefatione, Tomis operum eius praefixa, de scriptis suis pia et necessaria admonitione nobis ipse monstravit. Ibi enim hoc discrimen (inter divina et humana scripta) perspicue posuit, solas videlicet sacras literas pro unica regula et norma omnium dogmatum agnoscendas, iisque nullius omnino hominis scripta adaequanda, sed potius omnia subiicienda esse. Haec autem non ita accipi debent, quasi alia utilia et sincera scripta (verbi gratia, commentarios in sacras literas, errorum refutationes, articulorum prae|cipuorum explicationes) reiicere aut ex hominum manibus excutere velimus. Ea enim scripta (quatenus commemoratae hypotyposi et compendiariae sanae doctrinae conformia sunt), tanquam explicationes atque declarationes utiles retineri et cum fructu legi possunt. Quicquid enim hactenus de compendiaria hypotyposi sanae doctrinae diximus, eo tantum refe[620]rendum est, ut unanimi consensus approbatam certamque formam doctrinae habeamus, quam Evangelicae Ecclesiae nostrae simul omnes agnoscant et amplectantur; secundum quam, cum e verbo Dei sit desumta, omnia alia scripta iudicare et accommodare oportet, quatenus probanda sint et recipienda. Quod enim commemorata scripta, videlicet Augustanam Confessionem, Apologiam, Smalcaldicos articulos, Minorem et Maiorem Catechismos Lutheri, illa doctrinae nostrae Christianae summa complecti voluerimus, eam ob causam factum est, quod in iis unanimem et commune Ecclesiarum nostrarum piam sententiam contineri semper sit iudicatum, quippe quae a praecipuis iisque excellentissimis illius temporis Theologis subscriptione confirmata et in Evangelicis Ecclesiis et scholis recepta fuere. Et ea quidem (ut paulo ante monuimus) omnia conscripta atque edita sunt, priusquam controversiae illae inter Augustanae Confessionis Theologos orirentur, ideoque nihil in illis datum est affectibus, quare etiam ab iis, qui inter se disceptant, reprobari nullo iure possunt. Neque vero quisquam (modo sincere et sine fuco Augustanam Confessionem amplectatur) eorum autoritatem elevabit aut contemnet, sed ea (ut veritatis testes) recipiet. Quare nemo vitio nobis vertet, quod ad eorum scriptorum declarationem et decisionem in obortis controversiis provocamus. Ut | enim verbum Dei tanquam immotam veritatem pro
schriefften FM, TB | n – n nicht in FM | o corpori doctrinae, das ist der summa TB | p danach: communem consensum, und den FM; communem consensum, und einig TB | q – q oder sunsten, alle FM, TB | r – r nicht in FM, TB | s controversien FM; davor: controversien und TB | t danach: richter oder ja, als FM, TB | u danach: erholen und FM, TB 50
Vgl. Luther, Vorrede zum 1. Band der Gesamtausgaben seiner lateinischen Schriften (1545), in: WA 54, 186,3–13. | 51 hier beschriebenen | 52 anzuerkennen | 53 in Gebrauch gehabt
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also auch diese Schrifften zum zeugnis der | warheit und für den einhelligen, rechten verstand unserer vorfahren, vso bey der reinen Leer standhafftig gehaltenv, einfüren54 und anziehen55.k Von streitigen Artickeln, was die Antithesin oder gegenlere belanget
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Weil auch zu erhaltung reiner Lere und zu gründlicher, bestendiger, Gottseligerx einigkeit in der Kirchen von nöten ist, das nicht allein die reine, heilsame Lere recht gefüret, sondern das auch die Widersprecher, so anders Leren, gestraffet werden, 1. Timot. 3y 56; Tit. 157, Dann treue Hirten, wie Lutherus redet, sollen beides thun, die Scheflein weiden oder nehren undz aden Wölffena wehren,58 das sie für den frembden stimmen fliehen mügen, Johan. 1059 und „das köstliche von dem schnöden scheiden“, Hiere. 1560. [258r] So haben wir uns auch darüber und darvon gegen einander gründlich und deutlich erkleret, also das in allewege ein unterscheid sol und muss gehalten werden zwischen unnötigen undb unnützen gezenck, damit, weil es mehr verstöret als bauet, die Kirche billich61 nicht sol verwirret werden, und zwischen nötigem streit, wann nemlichen solcher streit vorfellet, welcher die Artickel des Glaubens oder die fürneme Hauptstück der Christlichen Leer angehet, dac zu rettung der warheit falsche gegenleer gestraffet62 werden mussd.o eWiewolf nun gobgemelte63 Schrifftenge dem Christlichen Leser, welcher lust und liebe zu der Göttlichen warheit tregt, ein lautern, richtigen bescheid von allen und jeden streitigen Artickeln unser Christlichen Reli|gion geben, was er vermüge Gottes Worts, der Propheten und Apostel Schrifften, hfür recht und wahr halten und annemen und was er als falsch und unrecht verwerffen, fliehen und meiden solle, So haben wir doch damit die warheit destoi deutlicher und klerer behalten und von allen Irthumen unterschieden und nicht unter gemeinen64 worten etwas verstecket und verborgen möchte werden, uns von den fürnemsten und hochwichtigsten Artickeln, so dieser zeit in streit gezogen, jvon jedem in sonderheitj hierüber deutlich und ausdrücklich gegen einander erkleret, das es ein offentliches, gewisses zeugnis nicht allein bey den itzlebenden, sondern auch bey unsern Nachkomen sein müge, was unserer Kirchen einhellige meinung und urteil von denk streitigen Artickelnl sey und bleiben solle, Nemlich:
v–v
nicht in FM, TB | w – w FM: s. QuM II, 281,38–282,22 [Inmassen den ... sachen greiffen] godtgefelliger SSC, TB | y 1 SSC | z oder TB | a – a dem wolffe SSC | b nicht in SSC | c danach: mus trauwen SSC | d nicht in SSC | e – e Wölche schrifften alle zumahl zusamen getragen, inmassen solche diser unser widerholten bekantnuß zu ende angehengt worden SC | f davor: Und SSC g – g SSC: s. QuM II, 147,12–14 [die schrifften ... angehengt werden]; TB: s. QuM II, 349,33–350,1 [die schriften ... angehengett worden] | h – h SC: s. QuM II, 87,35–39 [bey seiner ... 23 jaren] | i als der SSC | j – j in speci SSC | k danach: controversiis oder SSC, TB | l danach: gewesen SSC, TB x
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fundamento ponimus, ita illa scripta tanquam veritatis testes et quae unanimem sinceramque maiorum nostrorum, qui in puriore doctrina constantes permansere, sententiam complectantur, in medium recte producimus.
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[621] De antithesi seu reiectione falsae doctrinae in articulis controversis Necessarium est ad conservandam in Ecclesia sinceram doctrinam et ad solidam, firmam Deoque probatam atque gratam concordiam, ut non tantum sana doctrina dextre proponatur, sed etiam contradicentes diversumque docentes redarguantur. Fidelium enim pastorum utrumque officium est (ut D. Lutherus dicere solet) et oviculas pascere et lupum arcere, ut alienas voces vitare discant et pretiosum a vili secernere possint.
1. Tim 3. Tit. 1. Iohan. 10. Ierem. 15.
Quare in hac etiam parte mentem nostrum invicem declaravimus et perspicue declaramus, quod videlicet discrimen sit habendum inter non necessarias atque inutiles contentiones (quae plus destruunt quam aedificant) ne iis Ecclesia perturbetur, et inter necessaria certamina, quando tales controversiae incidunt, ubi de articulis fidei aut praecipuis partibus Christianae doctrinae agitur, tum enim ad veritatis defensionem necessario contraria et falsa doctrina est refutanda. Etsi autem paulo ante commemorata scripta pio lectori, qui veritatis coelestis amore flagrat, in omnibus et singulis articulis Christianae nostrae Religionis perspicue et dilucide common|strant, quidnam iuxta verbi Dei, Propheticorum et Apostolicorum scriptorum normam verum sit et amplectendum, et quid falsum et reiiciendum atque fugiendum sit: tamen de praecipuis et summis articulis singulis, qui hisce temporibus in controversiam venerunt, sententiam nostrum perspicue et sine omni ambiguitate proponere voluimus. Idque eo consilio, ut veritas magis elucescat clariusque agnoscatur, et ab erroribus facilius dicernatur: ne quicquam, quod veritati officiat, sub nimis generalibus verbis aut phrasibus occultari possit; tum etiam, ut pu[622]blicum solidumque testimonium, non modo ad eos, qui nunc vivunt, sed etiam ad omnem posteritatem extaret: ostendens, quaenam Ecclesiarum nostrarum de controversiis articulis unanimis fuerit esseque perpetuo debeat decisio atque sententia, videlicet:
54 anführen | 55 heranziehen | 56 I Tim 3,9 | 57 Tit 1,9 | 58 Luther, Auslegung des 1. Petrusbriefs (1523), in: WA 12, 389 (zu I Petr 5,2). | 59 Joh 10,12–16.27 | 60 Jer 15,19 (Vg) | 61 zu Recht 62 aufgedeckt, angeprangert, getadelt | 63 oben genannte | 64 allgemeinen
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Zum Ersten: Das wir verwerffen und verdammen alle Ketzerey und Irthumen, so in der ersten, alten, rechtgleubigen Kirchen aus warem, bestendigen grunde der heiligen Göttlichen Schrifft verworffen und verdammet sein. Zum andern Verwerffen und verdammen wir alle Secten und Ketzereyen, so in itztgemelten65 Schrifften mdes Summarischen Begriffs der bekentnis unserer Kirchenm verworffen sind. Zum dritten, Weil innerhalb dreissign Jahren von wegen des Interims und sonsten etzliche spaltungenh unter etlicheno Theologen Augspurgischer Confeßion entstandenp, haben wir von denselben, allen und einem jeden in sonderheit unsern Glauben und Bekentnis rundt, lauter und klar qin Thesi et Antithesi, rdas ist die rechter Leer und gegenleer,q ssetzen und erklerens wollen damit der grundt Göttlicher warheit in allen Artickeln offenbar | und alle unrechtmessige, zweiffelhafftige, verdechtige und verdampte Leer, [258v] two auch dieselbige und in was Büchern sie gefunden und wer gleich dieselbigen geschrieben oder | sich noch derselben annemen woltet, ausgesetzet66 werde, udamit menniglich67 für den Irthumen, so hin und wider in etlicher Theologen Schrifften ausgebreitet, treulich verwarnet sey und hierin durch keines menschen ansehen verfüret werdeu. In welcher erklerungv sich der Christliche Leser nach aller notdurfft ersehen68 und solche gegen oberzelten69 Schrifften halten mügew, daraus er eigentlich befinden wird, was von einem jeden Artickel xin ydemz Summarischen begriff unserer Religion und Glaubensy x anfangs bekant, nachmals zu unterschiedlichen zeiten erkleret und durch uns in dieser Schrifft widerholet, keines weges wider einander, sondern die einfeltige, unwandelbare, bestendige warheit seya, und das wir demnach nicht von einer Lere zu der andern fallenb, wie unsere Widersacher felschlich ausgeben70, sondern bey der einmal ubergebenen Augspurgischen Confeßion und in einhelligem, Christlichen verstande derselben begeren, uns finden zu lassen und darbey durch Gottes gnade standhafftig und bestendig wider alle eingefallene vorfelschungen zuvorharren.c w
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I. Von der Erbsünde
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Unde Erstlich Hat sich unter etlichen Theologen Augspurgischer Confeßion ein Zwi|spalt von der Erbsünde zugetragen, was eigentlich dieselbe sey.d 71 d
m–m
unseres corporis doctrinae reprobiret und SSC, TB | n 25 SSC, TB | o den TB | p danach: bericht haben mögen, in wölchen artikeln sich trennung und irthumb erhoben SC | q – q nicht in SC | r – r nicht in SSC | s – s repetiren und erholen SSC; repetiren und wiederholen TB | t – t nicht in SC, SSC, TB | u – u nicht in SC, SSC, TB | v nicht in SC; declaration SSC | w mag SC, SSC x – x nicht in SC | y – y corpore doctrinae SSC | z corpore doctrinae, des TB | a nicht in SC b gefallen SC | c danach SC: s. QuM II, 88,13–22 [Darmitt aber ... gehalten werden]; danach SSC: s. QuM II, 148,11–26 [Damit aber ... ist, frey]; danach TB: s. QuM II, 351,4–15 [Darmit aber ... auch volgen] | d – d Bey diesem articul ist ein hefftiger streit entstanden, was die erbsund eigentlich
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Primo reiicimus atque damnamus omnes haereses et errores, qui in primitiva (recte credentium) Ecclesia ex solidis verbi Dei fundamentis reiecti sunt et damnati.
I.
Deinde reprobamus et damnamus omnes sectas atque haereses, quae in scriptis paulo ante commemoratis reprobatae sunt.
II.
Praeterea, cum intra triginta annos partim ex interreligionis, quam Interim vocant, formula, partim aliis occasionibus dissidia inter Theologos quosdam Augustanae Confessionis orta sint, de illis omnibus et singulis fidem et confessionem nostram, non modo in thesi, verum etiam in antithesi (veram videlicet et falsam contrariam doctrinam) diserte, categorice et perspicue proponere et declarare voluimus. Idque ea | de causa a nobis factum est, ut solida coelestis doctrinae in omnibus articulis fundamenta rectius conspicerentur et omnia falsa, ambigua, suspecta | et damnata dogmata (quibuscunque libris contineantur et a quocunque tandem vel conscripta sint vel hodie etiamnum defendantur) diserte repudientur, ut omnes ad cavendos errores (hinc inde in quorundam Theologorum libris sparsos) fideliter praemoneantur et excitentur, ne in rebus tantis ullius hominis autoritate seducantur. Hanc nostram controversiarum explicationem si pius lector sedulo perpenderit eamque cum scriptis illis aliquoties commemoratis contulerit, liquido intelligent, ea, quae de uno quoque articulo (in compendiaria illa doctrina nostrae religionis et fidei) initio maiores nostri senserunt atque publice professi sunt easque declarationes, quae diversis temporibus per intervalla sunt consecutae, et eam doctrinam, quam nunc hoc scripto repetimus, haudquaquam inter se discrepare, sed esse simplicem, immotam ac certissimam veritatem. Et agnoscet [623] lector candidus, nos non de uno dogmate ad aliud (levitate quadam, ut adversarii nos criminantur) transilire, sed potius nos in eo elaborare, ut semel exhibitam illam Augustanam Confessionem eiusque unani|mem, piam et veram sententiam firmiter retineamus atque in ea doctrina per gratiam Dei (adversus omnes, quae inciderunt, corruptelas) constantes perseveremus.
III.
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I. De peccato originis Orta est inter nonnullos Augustanae Confessionis Theologos controversia | de peccato Originali, quid nam hoc proprie et revera sit. Una enim pars
sey, etc. FM | e davor FM: s. QuM II, 282,24–34 [Von diesem ... confession, etc.] 65 hier aufgeführten | 66 dargelegt, widerlegt | 67 jeder | 68 nach Bedarf informieren | 69 oben genannten | 70 Dass die Evangelischen untereinander uneins seien und außerdem durch die kontinuierlichen Überarbeitungen der Confessio Augustana und deren Apologie dauernd ihre Position ändern würden, war ein gängiger, von den Altgläubigen geäußerter Vorwurf. | 71 Vgl. o. S. 1220f, Anm. 12.
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Danng einf Teil72 hat gestrittenh, i„Weil durch Adams Fall istj gantz verderbet Menschlich natur und wesen“73, Dask nun mehr, nach dem Fall, des verderbten Menschen Natur, Substantz, wesen, loder jal das fürnemste, höchste teil seinesm wesensn, als die vernünfftige Seele in irem höchsten grad oderi fürnemsten kreffteno, die Erbsünde selbstp qsey, welche Natur oder Person sünde genennet wordenr, darumb das | es nicht ein gedancke, wort oder werck, sondern die Natur selbst sey, daraus, als aus der Wurtzel, alle andere Sünde entspringenq s, tund sey derwegenu itzund nach dem Fall, vweil die Natur durch die Sünde vorderbet, gantz und garv kein unterschied zwischen des Menschen Natur oder wesen und zwischen der Erbsünde.t [259r] Der andere Teil74 aber hat dagegenw geleret, xdas die Erbsünde eigentlich nicht sey des Menschen Natur, ySubstantz oder wesen, das ist des menschen Leib oder Seele, welche auch jetzund nach dem Fall inn unsy Gottes Geschöpff und Creaturen sein und bleibenz, Sondern seya etwas in des Menschen Natur, Leib, Seel und allen seinen krefften, Nemlich ein greuliche, btieffe, unaussprechlicheb verderbung derselben, calso das der mensch der gerechtigkeit, darinnen er anfangs erschaffen, mangeltc undd in Geistlichen sachen zum guten erstorben und ezu allen bösen verkeret, und das von wegen solchere verderbung und angeborner sünde, so in der Natur stecket, faus dem hertzenf alle wirckliche sünde herfliessen, gund müsse also ein unterscheid gehalten werden zwischen des verderbtenh menschen Natur und wesen oder | seinem Leib und Seel, welches Gottes Geschöpff und Creaturen ani uns auch nach dem Fall sind, und zwischen der Erbsünde, welche ein werck des Teuffels ist, dardurch die Natur verderbet wordenj.g f
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Nun ist dieser Streit von der Erbsünde nicht ein unnötiges gezenck, sondern wann diese Lehr aus und nach Gottes Wort recht gefürt und von allen Pelagianischen und Manicheischen Irthumen75 abgesondert wird, so werden (wie k
f – f Das eine SSC | g Der FM | h davor: furgeben und FM | i – i daß deß menschen natur und substantz sein leib und seel, und deßelben SC | j ist FM | k so sey die erbsundt FM | l – l Ja, es sey FM | m des menschen FM | n lebens TB | o danach: eigentlich SC; danach: nicht allein sundlich, sonder FM | p nicht in SC | q – q undt also kein accidens oder etwas zufelligs, sondern etwas wesentlichs FM | r werde SC, SSC | s entsprungen SC; entspringet TB | t – t nicht in SC | u nicht in FM | v – v nicht in FM | w nicht in FM | x – x FM: s. QuM II, 283,3–41 [ob wol ... gehalten werde] y – y leib oder seel, oder derselben vornembste kräfften, wölche zumahl alle SC | z danach: auch nach dem fahl deß menschen SC | a nicht in SC | b – b nicht in SC | c – c dadurch die gerechtigkait verloren, in wölcher der mensch anfangs erschaffen SC, SSC, TB | d nicht in SSC | e – e auß wölcher SC | f – f nicht in SC | g – g nicht in SC | h nicht in SSC, TB | i in SSC | j nicht in SSC, TB k – k die SC bietet einen wesentlich kürzen Text: s. QuM II, 88,40–91,10 [Dise zwaispalt ... erlösen könden] 72 Hauptvertreter der Lehre, dass die Erbsünde die Substanz des Menschen sei, waren Matthias Flacius Illyricus und der damalige Mansfelder Hofprediger Cyriakus Spangenberg. Später kam u. a. Christoph Irenaeus hinzu, der vor allem gegen die Entscheidung der Konkordienformel in dieser Frage publizierte und die Lehre des Flacius weiterentwickelte. | 73 So lautet der Titel eines Chorals von Lazarus Spengler aus dem Jahr 1524. Vgl. EKG 243, nach der Gesangbuchrevision im
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I. Von der Erbsünde
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contendit (cum per lapsum Adae humana natura et essentia totaliter corrupta sit), quod nunc post lapsum hominis corrupta natura, substantia et essentia, aut certe praecipua et praestantissima pars ipsius essentiae (anima, videlicet rationalis in summo suo gradu aut praecipius potentiis) sit ipsum peccatum Originale, quod ideo vocetur peccatum Naturae vel | personae, quod non sit cogitatio, verbum aut opus quoddam, sed ipsissima Natura, e qua tanquam ex radice omnia alia peccata oriantur eamque ob causam affirmarunt, iam post lapsum (quandoquidem natura per peccatum corrupta est) nullum plane discrimen esse inter hominis Naturam, substantiam, seu essentiam et inter peccatum Originis. Altera vero pars contrarium asseruit: Peccatum videlicet originale non esse ipsam hominis naturam, substantiam aut essentiam, hoc est ipsius hominis corpus et animam (quae hodie in nobis etiam post lapsum sunt manentque Dei opus et creatura), sed malum illud originis esse aliquid in ipsa hominis natura, corpore, anima omnibusque viribus humanis, horrendam, videlicet profundam, intimam atuqe [624] verbis inexplicabilem humanae naturae corruptionem, ita ut homo originali iustitia, cum qua initio creatus erat, penitus spoliatus careat atque (in rebus spiritualibus) ad bonum prorsus sit mortuus, ad omne vero malum totus plane sit conversus et ut propter hanc Naturae corruptionem et insitum ac innatum peccatum (quod | in ipsa natura infixum haeret) e corde humano omnis generis actualia peccata promanent. Discrimen itaque retinendum esse affirmarunt inter corrupti hominis naturam et essentiam, seu animam et corpus hominis, quae in nobis etiam post lapsum sunt Dei opus et creatura et inter peccatum originale, quod est Diaboli opus, per quod Natura est depravata. Haec disceptatio de peccato originis non est certamen quoddam non necessarium, sed maximi momenti. Cum enim haec doctrina iuxta verbi Dei analogiam recte ac sincere proponitur et ab omnibus cum Pelagianis tum Mani-
EG nicht mehr enthalten. | 74 Die Erbsündenlehre des Flacius führte ihn und seine Anhänger in einen bleibenden Gegensatz zum übrigen Luthertum. Selbst seine früheren Gesinnungsgenossen, wie Johannes Wigand, Tilemann Heshusius und Nikolaus Gallus, distanzierten sich von ihm und bezichtigten seine Position der Irrlehre. Weitere Gegner waren u. a. Martin Chemnitz, Joachim Mörlin, Hieronymus Menzel und Victorin Strigel, dessen Aussagen im Synergistischen Streit die Positionierung des Flacius überhaupt erst hervorgerufen hatten. Hier steht allerdings weniger die Position Strigels zur Debatte, die erst in den Verwerfungen wieder erwähnt wird. Eine Dokumentation dieser Auseinandersetzungen um die Erbsündenlehre findet sich in Auswahl in C&C 6. | 75 Der pelagianische und der manichäische Irrtum sind Bezeichnungen für die beiden entgegengesetzten Extrempositionen, in die die Auseinandersetzung um die Erbsündenlehre nach Ansicht der Konkordienformel hineinführen kann, nämlich einerseits in die Leugnung einer durch den Sündenfall und die Erbsünde vom Menschen selbst verschuldete und dauerhaft gewirkte Unfähigkeit des Menschen zum Guten, und andererseits in die Annahme einer unausweichlichen Eingebundenheit des Menschen in eine ihm anerschaffene, nicht selbst zu verantwortende Sündhaftigkeit. Vgl. im übrigen Epitome, o. S. 1223, Anm. 23, und S. 1230f, Anm. 59.
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die Apologia spricht) des Herren Christi wolthaten und sein teures verdienst, auch die gnadenwirckung des heiligen Geistes desto besser erkant und mehr gepreiset.76 Es wird auch Gott seine Ehre gegeben, wann Gottes Werck und Geschöpff am menschen von des Teuffels werck, dadurch die Natur verderbet, recht unterschieden wird. Derwegen diese Zwispalt Christlich und nach Gottes Wort zuerkleren und die rechte, reine Lere von der Erbsünde zuerhalten, wollen wir aus vorgemelten Schrifftenl die Thesin und Antithesin, mdas istm Rechte Lehr und gegenlehr, in kurtze Hauptstück fassen.
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Und Erstlich ists war, das Christen für sünde halten und erkennen sollen nicht allein die wirckliche ubertretung der Geboten Gottes, sondern das auchn die greuliche, schreckliche Erbseuche, durch welche die gantze Natur verderbet, für allen dingen warhafftig für sünde sol gehalten und erkennet werden, ja für die Hauptsünde, welche ein wurtzel und brunquel ist aller wircklichen sünde. Und wird von D. Luthero eine Natur oder Person sünde genennet77, damit anzuzeigen, da gleich der mensch nichts böses gedechte, redet oder wircket, owelches doch nach dem Fall unser | ersten Eltern inn diesem leben menschlicher Natur unmüglicho, das gleichwol seine [259v] Natur und Person sündigp, das ist, durch die Erbsünde als mit einem Geistlichen aussatz durch und durch gantz und gar für Gott vergifftet und verderbet sey, umb welcher verderbung willen und von wegen des Fals des ersten Menschen die Natur oder Person Von Gottes gesetz beklagt und verdammet wird, also das wir „von Natur Kinder des Zorns“78, des Todes und der verdamnus sind, wo wir nicht durch das verdienst Christi davon erlöset werden.
Zum andern Ist das auch klar und war, wie der neunzehende Artickel in qder Augspurgischen Confeßionq leret, Das Gott nicht ist ein Schöpffer, stiffter oder ursachr der sünden,79 sondern aus anstifftung des Teuffels „durch einen Menschen ist die Sünde (welche ist ein werck des Teuffels) in die Welt kommen“, Rom. 5; 1. Johan. 3.80 Und noch heut zu Tage in dieser verderbung schafft und macht Gott in uns die Sünde nicht, sondern mit der Natur, welche Gott heut zu Tage an den Menschen noch schaffet und machet, wird die Erbsünde durch die fleischliche empfengnis und Geburt von Vater und Mutter aus sündlichem Samen mits fortgepflantzet.81 Zum Dritten: „Was dieser Erbschade sey, weis und kennet keine vernunfft nicht, sondern es mus“, wie die Schmalkaldische Artickel reden, aus der
l danach: des corporis doctrinae SSC, TB | m – m nicht in SSC | n nicht in SSC | o – o nicht in SSC, TB | p danach: ist SSC | q – q confessione augustana SSC | r ursacher TB | s danach: propagiert und SSC, TB 76
Vgl. AC II, o. S. 264,31–36; 265,19–22. | 77 Luther, Kirchenpostille 1522. Evangelium am Neujahrstage, in: WA 10/I/1, 508,20f (zu Lk 2,21). Vgl. außerdem ders., Festpostille 1527. Evange-
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chaeis erroribus separatur, tunc (ut Apologia habet) beneficia Christi et satisfactio seu preciosissimum ipsius meritum atque operationes Spiritus sancti gratuitae rectius agnoscuntur et magis celebrantur; ac insuper Deo gloria sua tribuitur, quando opus Dei et creatura in homine a Diaboli opere (per quod natura corrupta est) recte discernitur. Ut igitur haec controversia pie, secundum verbi Dei analogiam explicetur et sincera doctrina de peccato Originis conservetur ex illis, quorum supra mentionem fecimus, scriptis, Thesin et Antithesin, id est sinceram doctrinam et falsam huic contrariam in certa eaque brevia capita colligemus. Et primum quidem constat, Christianos tantum actualia delicta et transgressiones mandatorum Dei peccata esse, agnoscere et definire debere, sed etiam horrendum atque abominabilem illum haereditarium morbum, per quem tota natura corrupta est, inprimis pro horribili peccato et quidem pro principio et capite omnium peccatorum (e quo reliquae transgressiones tanquam e radice nascantur et quasi e scaturigine promanent) omnio haben[625]dum esse. Et hoc malum aliquando D. Lutherus Peccatum Naturae, item Peccatum Personae | appellare solet, ut significet, etiamsi homo prorsus nihil mali cogitaret, loqueretur aut ageret (quod sane post primorum nostrorum parentum lapsum in hac vita humanae est impossibile), tamen nihilominus hominis Naturam et Personam esse peccatricem, hoc est, Peccato Originali (quasi lepra quadam spirituali) prorsus et totaliter in intimis etiam visceribus et cordis recessibus profundissimis totam esse coram Deo infectam, venenatam et penitus corruptam; et propter hanc corruptionem atque primorum nostrorum parentum lapsum natura aut persona hominis lege Dei accusatur et condemnatur, ita ut natura filii irae, mortis et damnationis mancipia simus, nisi beneficio meriti Christi ab his malis liberemur et servemur. Deinde etiam hoc extra controversiam est positum (ut decimus nonus articulus Confessionis Augustanae habet), quod Deus non sit causa, creator vel autor peccati, sed quod instinctu, opera et machinationibus Satanae per unum hominem peccatum (quod est Diaboli opus) in mundum intraverit. Et hodie, etiam in hac naturae corruptione, Deus non creat aut facit in nobis peccatum, sed una cum natura, quam Deus etiamnum in hominibus creat et efficit, peccatum originale per carnalem conceptionem et nativitatem a patre et matre (ex femine per peccatum corrupto) propagatur. Praeterea, quid et quantum sit hoc ingens haereditarium malum, id nulla humana ratio indagare aut agnoscere potest, sed (ut Smalcaldici articuli
lium am Tage Mariä Empfängnis, in: WA 17/2, 280–289 (zu Lk 11,27f); ders., Predigt über Gen 22,18 (1526), in: WA 20, 341,20–29. | 78 Eph 2,3 | 79 Vgl. CA XIX, o. S. 114f. | 80 Röm 5,12; I Joh 3,8
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Schrifft offenbarung gelernett und gegleubet werden“.82 Und in der Apologia wird dasselbige kürtzlich in diese Hauptstück gefasset83: uDas dieser Erbschade sey die schuld, das wir alle sampt von wegen des ungehorsams Adam und Eva in Gottes ungnaden und „Kinder des Zorns von Natur“84 sind, wie der Apostel zun Römern am 5. Capittel85 zeuget.u vZum andernv, Das es auchw eine gentzliche darbung86 oder manglung der angeschaffenen Erbgerechtigkeit im Paradeis oder des Bildes Gottes, nach welchem der Mensch anfenglich in warheit, heiligkeit und gerechtigkeit geschaffen87, und zu gleich ein unvermögen und undüchtigkeit zu allen Gottes sachen, oder, wie die Lateinischen wort lautenx: Descriptio peccati originalis, detrahit naturae non renovataey, et dona et vim seu facultatem et actus inchoandi et efficiendi spiritualia88, zdas ist: Die beschreibung der Erbsünde benimmet der unverneuertena Natur die gaben, krafft und alle wirckung, in Geistlichen dingen etwas anzufahen und zu wirckenz. [260r] Das die Erbsünde (an der menschlichen Natur) nicht alleine sey ein solcher gentzlicher mangel alles guten in Geistlichenb, Göttlichen sachen, sondern das sie zu gleich auch sey an stat des verlornen Bildes Gottes in dem Menschen eine tieffe, böse, greuliche, grundlose, unerforschliche und unaussprechliche verderbung der gantzen Natur und aller krefften, sonderlich der höchsten, fürnembsten krefften der Seelen, im verstande, hertzen und willen, das dem Menschen nun mehr nach dem Fall angeerbet wird Eine angeborne, böse art und inwendige unreinigkeit des hertzens, böse lust undc neigung, das wir alle von art und natur solch hertz, sinn und gedancken ausd Adam ererben, welches nach seinen höchsten kreff|ten und liecht der vernunft natürlich stracks wider Gott und seine höchste Gebot gesinnet und geartet, ja eine feindschafft wider Gott ist,89 was sonderlich Göttliche, Geistliche sachen belanget; dann sonst in natürlichen, eusserlichene sachen, so der vernunfftf unterworffen, hat der Mensch noch etlicher massen verstand, krafft und vermügen, wiewol gar sehr geschwechet, welches doch alles auch durch die Erbsündeg vergifftet und verunreiniget wird, das es für Gott nichts taug.
Die straffe und peen90 der Erbsünde, so Gott auff Adams Kinder und auff die Erbsünde gelegt, ist der Todt, hdie ewige verdamnis, auchh andere leibliche iund geistliche, zeitlich und ewig elendi, tyranney und herrschafft des Teuffels, das die menschliche Natur dem Reich des Teuffels unterworffen und „unter des Teuffels gewalt dahin gegeben und unter seinem Reich gefangen, der manchen grossen weisen Menschen in der Welt mit schrecklichem
t
gelehrett SSC | u – u nicht in SSC, TB | v – v nicht in SSC, TB | w sey SSC, TB | x reden TB regeneratae TB | z – z nicht in SSC | a unwiedergebornen TB | b danach: und TB | c danach: böse SSC | d von SSC, TB | e geistlichen TB | f natur TB | g erbseuche SSC, TB | h – h und SSC, TB i – i ubel der SSC; ubel TB y
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loquuntur) ex scripturae sacrae patefactione discendum et credendum est, id quod in Apologia breviter his praecipuis capitibus comprehenditur: Primo, quod hoc haereditarium malum sit culpa seu reatus, quo fit, ut omnes propter inobedientiam Adae et Hevae in odio apud Deum et natura filii irae simus, ut Apostolus testatur. [626] Deinde, quod sit per omnia totalis carentia, defectus seu privatio concreatae in Paradiso iusticiae originalis seu imaginis Dei, ad quam homo initio in veritate, sanctitate atque iustitia creatus fuerat et quod simul etiam sit impotentia et ineptitudo, ἀδυναμία et stupiditas, qua homo ad omnia divina seu spiritualia sit prorsus ineptus. Verba Apologiae latine sic habent: Descriptio peccati originalis detrahit naturae non renovatae et dona et vim seu facultatem et actus inchoandi, et efficiendi spiritualia.
Praeterea, quod peccatum Originale in humana natura non tantummodo sit eiusmodi totalis carentia seu defectus omnium bonorum in rebus spiritualibus ad Deum pertinentibus, sed quod sit etiam loco Imaginis Dei amissae in homine intima, pessima, profundissima, (instar cuiusdam abyssi), inscrutabilis et ineffabilis corruptio totius naturae et omnium virium, in primis vero superiorum et principalium animae facultatum, in mente, intellectu, corde, et voluntate. Itaque iam post lapsum homo haereditario a Parentibus accipit congenitam pravam vim, internam immunditiem cordis, pravas concupiscentias et pravas inclinationes, ita ut omnes natura talia corda, tales sensus et cogita|tiones ab Adamo, haereditaria et naturali propagatione consequamur, quae secundum summas suas vires et iuxta lumen rationis naturaliter e diametro cum Deo et summis ipsius mandatis pugnent atque inimicitia sint adversus Deum, praesertim quantum ad res divinas et spirituales attinet. In aliis enim externis et huius mundi rebus, quae rationi subiectae sunt, relictum est homini adhuc aliquid intellectus, virium et facultatum, etsi hae etiam miserae reliquiae valde sunt debiles et quidem haec ipsa quantulacunque per morbum illum haereditarium veneno infecta sunt atque contaminata ut coram Deo nullius momenti sint. Poenae vero peccati Originalis, quas Deus filiis Adae ratione huius peccati imposuit, hae sunt: mors, aeterna damnatio et praeter has aliae corporales, spirituales, temporales atque aeternae aerumnae et miseriae, tyrannis et dominium [627] Satanae, quod videlicet humana natura regno Diaboli subiecta est, cui in miserrimam servitutem tradita, captiva ab eo tenetur. Is certe multos magnos et sapientes homines in mundo horribilibus erroribus ac
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Vgl. ASm III, o. S. 746,27–29. | 83 Vgl. AC II, o. S. 246,1–264,39. | 84 Eph 2,3 | 85 Röm 5,12 Entbehrung | 87 Vgl. Gen 1,27; Eph 4,42. | 88 Vgl. AC II lat., o. S. 261,4–8. | 89 Vgl. Röm 8,7. Pein, Strafe
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irthumb, ketzerey und anderer blindheit beteubet und verfüret und sonst die Menschen zu allerley laster dahin reisset“.91 jZum fünfftenj: Derselbe Erbschade ist so gros und greulich, das er allein umb des Herren Christi willen in den getaufften und gleubigen für92 Gott zugedeckt und vergeben muss werden. Es muss auch und kan die dardurch verruckte93, verderbte menschliche Natur allein durch des heiligen Geistes widergeburt und erneuerung geheilt werden, welches doch in diesem leben nur angefangen, aber allererst in jenem leben vollkomen sein wird. Diese Puncta, so allhier alleine Summarischer weise angezogen, werden in obge|melten94 Schrifften kder gemeinen95 Bekentnis unser Christlichen Leerk ausfürlich erkleret. Solchel Leer aberm muss nun also erhalten und verwaret werden, das sie nicht abweiche entweder auff die Pelagianische oder [260v] auff die Manicheische96 seiten. Derhalben sol auch kürtzlich gemeldet werden, welche gegenleer von diesem Artickel in unsern Kirchen ausgesetzet97 und verworffen werde. Und erstlich: Wider die alte und neue Pelagianer98 werden gestrafft99 und verworffen diese falsche Opiniones nund Lerenn, Als were die Erbsünde allein ein Reatus100 oder schuld von wegen frembder vorwirckung101 one einiger unserer Natur verderbung.102 Item103: Als weren die sündliche, böse lüste nicht sünde, sondern Conditiones104 oder angeschaffene und wesentliche eigenschafften der Natur. Oder als were der obgemelte mangel und schade nicht eigentlich ound warhafftigo für Gott solche sünde, darumb der Mensch, ausser Christo, ein Kind des zorns105 und derp verdamnis, auch im Reich und unter der gewalt des Sathans sein müste. Es werden auch ausgesetzt und verworffen diese und dergleichen Pelagianischeq Irthumenr, Als das die Natur auch nach dem Fall unverderbet und sonderlich in Geistlichen sachen gantz gut und rein und in iren Naturalibus, sdas ist in iren natürlichen krefftens, volkomen sein solle. Oder das die Erbsünde nur von aussen ein schlechter, ringschetziger, eingesprengter fleck oder anfligende106 mackel107 Vel corruptio tantum accidentium
j – j nicht in SSC; zum vierden TB | k – k des corporis doctrinae SSC, TB | l Diese SSC | m nicht in TB | n – n nicht in SSC | o – o nicht in SSC | p nicht in SSC | q danach: opiniones und TB | r opiniones SSC | s – s nicht in SSC 91 Vgl. AC II, o. S. 264,7–22; 265,5–19; außerdem Melanchthon, Confessio Saxonica. De peccato originis (1551), in: CR 28,378f (MWA 6, 91,30–93,19). | 92 vor | 93 entstellte | 94 oben genannte 95 allgemeinen | 96 Vgl. o. S. 1321, Anm. 75. | 97 abgewiesen | 98 Vgl. o. S. 1223, Anm. 23. | 99 (als falsch) zurückgewiesen | 100 lat. für Schuld, Beschuldigung | 101 Verschulden | 102 Vgl. Petrus Lombardus, Sententiarum II d. 30 c. 6, in: PL 192, 721f; außerdem: Ambrosius Catharinus, De lapsu hominis et peccato Originali Liber unus, in: Opuscula || F. AMBRO. CATH. || POLITI SENEN. ORDI. PRAED. || magna ex parte iam aedita, & ab eodem recognita || ac repurgata, & a
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haeresibus et coecitate multiplici fascinat et seducit ac miseros mortales saepe in varia et atrocia scelera praecipitat. Hoc haereditarium malum tantum tamque horrendum est, ut nullo alio modo, nisi propter solum Christum (in hominibus baptizatis et credentibus), coram Deo contegi et condonari possit. Et quidem humana natura, quae hoc malo perversa et tota corrupta est, aliter sanari non potest, nisi ut per Spiritum sanctum regeneretur et renovetur. Idque opus Spiritus sancti in hac vita tantummodo in nobis inchoatur, in altera demum vita absolvetur et perficietur. Haec capita de peccato originalis, quae hoc loco summarie tantum recitavimus | in commemoratis scriptis, quae confessionem Christianae nostrae doctrinae complectuntur, copiosius explicantur. Haec vero doctrina sic asserenda, conservanda atque munienda est, ut in neutram partem, hoc est, neque ad Pelegianos neque ad Manichaeos errores, declinet. Itaque (quanta fieri potest brevitate) etiam contraria de hoc articulo doctrina, quae ab Ecclesiis nostris reprobatur et reiicitur, est recitanda. Repudiantur igitur et reiiciuntur veterum et recentiorum Pelagianorum falsae opiniones et dogmata vana, quod peccatum originale sit tantum reatus aut culpa, quae ex aliena transgressione (absque ulla naturae nostrae corruptione) sit contracta. Quod pravae concupsicentiae non sint peccatum, sed conditiones quaedam aut concretae essentiales naturae proprietates. Quod defectus ille et malum haereditarium non sit proprie et vere coram Deo tale peccatum, propter quod homo filius irae et damnationis habeatur, cuius ratione sub tyrannide et regnos Satanae ei sit pereundum, nisi Christo inseratur et per eum liberetur. [628] Reprobantur etiam, et reiiciuntur hi et similes Pelagiani errores, ut: Quod natura etiam post lapsum incorrupta et quidem praecipue, quo ad res spirituales, tota adhuc bona ac pura sit et in suis naturalibus, hoc est, in potentiis et viribus suis naturalibus perfecta et integra sit. Aut, quod peccatum originis tantum sit externus quidam, nullius prope momenti naevus aut aspersa macula aut corruptio tantum accidentium et Catholicis doctisque uiris dili=||genter expensa atque probata, ut quae ad re=||solutionem claram multarum quae=||stionum, quae ab haereticis inge=||runtur, plurimum conducant || [...], Lyon: Macé Bonhomme, 1542; Albertus Pighius, DE LIBERO || HOMINIS ARBITRIO || & diuina gratia, Libri decem,|| nunc primun in lu=||cem editi.|| Köln: Melchior von Neuß 1542 (VD 16 P 2758); Didacus Paiva de Andrade, ORTHO=||DOXARVM EXPLI-||CATIONVM LI-||BRI DECEM,|| In quibus omnia fere de religione capita,|| quae his temporibus ab haereticis in || controuersiam vocantur aperte || & dilucide explicantur:|| Praesertim contra Martini Kemnicij petulantem || audaciam, qui Coloniensem Censuram, quam a ui=||ris Societatis Iesu compositam esse ait, una cum || eiusdem Sanctiß. Societatis uitae ratione,|| temere calumniandam suscepit, Köln: Maternus Cholinus 1564 (VD 16 P 88). Dazu: Martin Chemnitz, Examen Concilii Tridentini, Frankfurt/Main 1578, hg. v. Eduard Preuss, Berlin 1861 (ND Darmstadt 1972), 100–103, der auf die o. g. Schriften des 16. Jahrhunderts Bezug nimmt. | 103 ebenso, außerdem | 104 geschaffene Dinge | 105 Vgl. Eph 2,3. | 106 plötzlich erscheinender | 107 Makel, Fehler
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aut qualitatum, tdas ist ein verderbung allein etlicher zufelligen dinge an des menschen Naturt were, dabey und darunter die Natur gleichwol ire güte und krafft auch zu Geistlichen sachen habe und behalte.108 Oder das die Erbsünde nicht eine beraubung oder manglung, sondern nur eine eusserliche hindernis solcher Geistlichen, guten krefften were, Als wann ein Magnet mit Knoblochsafft bestrichen wird, dardurch seine natürliche krafft nicht weg genommen, sondernu allein gehindert wird,109 oder das dieselbige mackel wie ein fleck vom Angesicht oder farbe von der wandt leichtlich könne abgewischet werden.110 Gleichsfals werden auch gestrafft und verworffen, so da leren, Es sey wol die Natur durch den Fall sehr geschwecht undv vorderbet, habe aber gleichwol nicht gantz und gar walles guts, was zu Göttlichen, Geistlichen sachen gehöret verloren, sey auch nicht, wie man in unserer Kirchen singet: „durch Adams fall ist gantz verderbet Menschlich natur und wesenw“111, sondern habe noch aus und von der natürlichen Geburt, wie klein, wenig und gering es auch sey, dannoch etwas guts, als fehigkeit, geschickligkeit, düchtigkeit oder vermögen in Geistlichen sachen etwas anzufangen, wircken oder [261r] mitwircken.112 Dann was eusserliche, zeitliche, weltliche sachen und hendel, so der vernunfft unterworffen, belanget, davon sol im nachfolgenden Artickel erklerung geschehen. Diese und dergleichen gegenleer wird darumb gestrafft113 und verworffen: Dann Got|tes Wort leret, das die verderbte Naturx aus und von ir selbst in Geistlichen, Göttlichen sachen nichts guts, auch nicht das wenigste, als gute gedancken vermüge und nicht allein das, sondern das sie yaus und vor sich selbsty vor Gott nichts anders dann sündigen könne, Genes. 6 et 8.114 Also muss auch diese Leer auff der andern seiten vor zdem Manicheischenz Irthumb verwaret werden. Derhalben werden auch diese und dergleichena birrige Lerenb verworffen, als, das itzo, nach dem Fall, die Menschliche Natur anfangsc rein und gut geschaffen undd darnach von aussen die Erbsünde (als etwas wesentlichs) durch den Sathan in die Natur eingegossen unde eingemenget werdef wie Gifft unter Wein gemenget wird.115 gDann ob wol in Adam und Evag die Natur erstlich rein, gut und heilig geschaffen, hso ist dochh durch den Fall die sünde inicht alsoi in ire Natur komen, wie die Manicheer geschwermet haben, als hette der Sathan etwas wesentlichs böses geschaffen oder gemacht und mit irer Natur vermenget. Sondern do aus verleitung des t–t
nicht in SSC | u danach: nur SSC | v danach: sehr SSC | w – w zu grunde verderbtt SSC danach: fur der wiedergeburdt SSC, TB | y – y ohn den geist gottes SSC, TB | z – z der manicheer SSC | a danach: opiniones oder TB | b – b opiniones SSC | c erstlich SSC, TB | d danach: das SSC e oder SSC | f wurde SSC | g – g In Adam und Eva ist woll SSC | h – h eß ist aber SSC | i – i nicht in SSC x
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Ähnlich hatte sich Victorin Strigel auf der Weimarer Disputation von 1560 in Auseinandersetzung mit Flacius geäußert. | 109 Vgl. o. S. 1224f, Anm. 26. | 110 Vgl. o. S. 1320f, Anm. 73. | 111 Vgl.
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qualitatum, cum qua et sub qua nihilominus natura suam bonitatem et vires etiam in rebus spiritualibus habeat et retineat.
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Vel, quod Originale peccatum non sit defectus, spoliatio aut privatio, sed tantummodo externum quoddam impedimentum spiritualium bonarum virium, perinde ac si magnes allii succo illinitur, ubi non tollitur vis ipsius naturalis, sed tantummodo impeditur; Vel, quod macula ista, tanquam macula a facie aut color a pariete facile abstergi possit.
VI.
Repudiantur similiter et reiiciuntur etiam ii, qui docent, naturam ex lapsu humani generis valde quidem debilitatam atque corruptam esse, non tamen prorsus omnem bonitatem (quo ad res divinas et spirituales) amisisse. Et falsum esse contendunt, quod Ecclesiae nostrae canunt: Per lapsum Adae penitus humanam naturam et essentiam corruptam esse. Aiunt enim hominem ex naturali nativitate adhuc aliquid boni, quantulumcunque etiam et quam minutulum, exiguum atque tenue id sit, reliquum habere, capacitatem videlicet, aptitudinem, habilitatem, potentiam et vires aliquas in rebus spiritualibus aliquid inchoandi, operandi aut cooperandi. Quod vero ad externa, temporalia et ad hunc modum pertinentia negotia, quae ratione subiecta sunt, attinet, de his in sequentibus articulis dicetur. Haec atque huius generis veritati contraria dogmata eam ob causam | reprehenduntur et reiiciuntur, quia verbo Domini docemur, quod corrupta natura ex se et suis viribus in rebus spiritualibus et divinis nihil boni, et ne minimum quidem, utpote ullas bonas cogitationes habeat. Neque id modo: sed insuper etiam asserunt, quod natura cor[629]rupta ex se et viribus suis coram Deo nihil aliud nisi peccare possit. Vera autem haec doctrina etiam ab altera parte contra Manichaeorum errores probe munienda est. Quare haec et similia alia falsa dogmata reiiciuntur, ut: Quod initio quidem humana natura bona et pura a Deo creata sit, verum iam post lapsum, extrinsecus peccatum originale (tanquam quiddam essentiale) per Satanam in naturam infusum et cum ea permixtum sit, quemadmodum dum venenum vino admiscetur. Etsi enim in Adamo et Heva natura initio pura, bona et sancta creata est, tamen per lapsum peccatum non eo modo ipsorum naturam invasit (ut Manichaei furenter dixerunt) quasi Satan aliquod malum substantiale creasset aut formasset et illud cum natura ipsorum commiscuisset. Quin potius cum seductione Satanae per lapsum iusto Dei iudicio (in poenam hominum)
VII.
o. S. 1225, Anm. 27. | 112 Dies war das Thema des Synergistischen Streits. Vgl. o. S. 1228f, Anm. 41. | 113 zurückgewiesen | 114 Gen 6,5; Gen 8,21 | 115 Tilemann Heshusius hatte Flacius und seinen Gesinnungsgenossen vorgeworfen, sie würden die Macht der Erbsünde mit einem in den Leib eingegossenen Gift vergleichen.
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Satans durch den Fall nach Gottes Gericht und urteil der Mensch zur straff die angeschaffene Erbgerechtigkeit verloren, ist durch solche privation116 oder jmangel, dar|bung117 und verwundung, so durch den Sathan geschehenj, die Menschliche Natur also, wie droben gesagt, verkeret und verderbt, dask mit demselben mangel undl verderbungm itzunder118 die Natur allen Menschen, so natürlicher weise von Vater und Mutter empfangen und geborenn werden, angeerbet wirdo. Dannp nach dem Fall wird die menschliche Natur nicht erstlich rein und gut geschaffen und darnach allererst durch die Erbsünde verderbet, sondern im ersten augenblick qunser Empfengnisq ist der Same, daraus der Mensch formiret wird, sündig und verderbt. So ist auch die Erbsünde nichtr etwas vor sich selbst119, in oder ausser des verderbtens Menschen Natur selbstendig, wie sie auch des verderbtent Menschen eigen wesen, Leib oderu Seel oder der Mensch selber nicht ist. Es kan und sol auch die Erbsünde und die dadurch verderbte menschliche Natur nicht also unterschieden werden, als were die Natur für Gott rein, gut, heilig und unverderbet, aber allein die Erbsünde, so darinne wohnet, were böse. [261v] Item: Wie Augustinus von den Manicheern schreibet, Als ob nicht der verderbte Mensch selber von wegen der angebornen Erbsünde sündigte, sondern etwas anders und frembdes im Menschen, und das also Gott durchs Gesetz nicht die Natur als durch die sünde verderbet, sondern nur allein die Erbsünde darinnen anklage und verdamme.120 Dann wie droben in Thesi, vdas ist in erklerung der reinen Leer von der Erbsünde, gesetzetv, ist die gantze Natur des Menschen, so natürlicher weise von Vater und Mutter geboren wirdw, an Leib und Seelx, in allen krefften durch und durch, yauff das allery eusserste (was ire im Paradeis angeschaffene güte, warheit, heiligkeit und gerechtigkeit betrifft und anlanget) durch die Erbsünde verderbet und verkeret, Non tamen in aliam substantiam, genere | aut specie diversam priori abolita transmutata est, zdas ist: Jedoch ist sie nicht gantz und gar vertilget oder in ein andere substantz verwandelt, welche nach irem wesen unser Natur nicht gleich und also mit uns nicht eins wesens sein soltez. Es wird auch von wegen solcher verderbung die gantze verderbte Natur des Menschen durchs Gesetz angeklagt und verdampt, wo121 nicht die sünde umb Christi willen vergeben wird. Es beklaget aber und verdammet das Gesetz unsere Natur nicht darumb, das wir Menschen, von Gott erschaffen sind, sondern darumb, das wir sündig und böse sind, awie aucha nicht darumb und so fern die Natur und das wesen j – j verlihrung SSC, TB | k und SSC, TB | l der SSC | m danach: wirdt SSC | n geben SSC | o nicht in SSC, TB | p danach: itzundt SSC | q – q conceptionis SSC | r mehr SSC | s nicht in SSC, TB t nicht in SSC, TB | u und SSC | v – v erklerett SSC | w danach: dan von Christo so vom heiligen geist entfangen reden wir hie nicht SSC, TB | x danach: und SSC | y – y auffs SSC | z – z nicht in SSC | a – a oder SSC, TB 116
Verlust | 117 Entbehrung | 118 jetzt | 119 von sich aus | 120 Vgl. Augustinus, Confessiones V,10, in: PL 32, 714f (CChr.SL 27, 67); Augustinus, Enarrationes in Psalmos CXL,9, in: PL 37, 1821
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iustitia concreata seu originalis amissa esset, defectu illo, privatione, seu spoliatione | et vulneratione (quorum malorum Satan causa est) humana natura eo modo, quo supra diximus, perversa et corrupta est, ut iam natura, una cum illo defectu et corruptione ad omnes homines, qui naturali modo a parentibus concipiuntur et nascuntur, haereditario propagetur. Post lapsum enim iam humana natura non pura et bona primum creatur et deinde demum per originis peccatum corrumpitur, sed in primo conceptionis nostrae momento, ipsum semen, ex quo homo formatur, peccato iam contaminatum et corruptum est. Et hoc originale peccatum non est quiddam, in natura vel extra naturam corrupti hominis per se subsistens: sed neque est hominis corrupti propria essentia, corpus aut anima aut homo ipse. Neque etiam originale peccatum eo modo a corrupta per illud natura est discernendum, quasi ipsa natura coram Deo pura, bona, sancta et incorrupta extaret et tantum inhabitans in illa peccatum originis esset malum.
[630] Neque ea sententia, quam Augustinus Manichaeis tribuit, ulla ratione probari potest, quod nimirum non homo ipse corruptus (ratione innati peccati originalis) peccet, sed aliud quiddam et alienum in homine et quod Deus per legem non ipsam Naturam (quatenus peccato corrupta est), sed tantum peccatum originale (quod sit in Natura) accuset atque damnet. Tota enim hominis Natura (ut supra in thesi seu assertione sincerae doctrinae de peccato originali diximus) qualis naturali modo a parentibus generatur, corpore et anima, in omnibus viribus prorsus, tota extreme est per peccatum originis corrupta et perversa, quo ad bonitatem suam, veritatem, sanctitatem et iustitiam, quae dotes in Paradiso Naturae | errant concreatae. Non tamen penitus deleta, abolita aut in aliam substantiam, genere aut specie diversam, id est, quae secundum suam essentiam non sit similis nostrae naturae atque ita nobiscum non unius essentiae sit, transmutata est. Et quidem propter hanc corruptionem tota hominis corrupta natura per legem accusatur et condemnatur, nisi peccatum propter Christum remittatur.
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Lex autem naturam nostram non eam ob causam accusat et damnat, quod homines simus, a Deo creati, sed ea de causa, quod peccatores et mali simus. Neque eatenus lex naturam accusat et damnat, quatenus etiam post lapsum ea
(CChr.SL 40, 2032); Augustinus, De actis cum Felice Manichaeo II, 8, in: PL 42, 541 (CSEL 25/2, 836f); Augustinus, Contra Secundinum Manichaeum XVIII, in: PL 42, 593 (CSEL 25/2, 931f); Augustinus, De haeresibus ad Quodvultdeum XLVI, in: PL 42, 34–38 (CChr.SL 46, 312–320). 121 wenn
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II.
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auch nach dem Fall in uns ein werck, Geschöpff und Creatur Gottes ist, sondern darumb und so ferne sie durch die sünde vergifftet und verderbet ist. Wiewol aber die Erbsünde die gantze menschliche Natur wie ein geistlich gifft und aussatz (wie Lutherus redet122) vergifftet und verderbet hat, das man in unserer verderbten Natur augenscheinlich nicht zeigen und weisen kan die Natur besonders für sich und die Erbsünde auch besonders für sich, So ist doch gleichwol nicht ein ding die verderbteb Natur oder das wesen, des verderbtenc Menschen Leib und Seel, oder der Mensch selber, von Gott erschaffen (darinnen die Erbsünde wonet, dardurch auchd Natur, wesen oder der gantze mensch verderbet ist), und die Erbsünde selbst, die in des Menschen Natur oder wesen wonet und dieselbige verderbet, wie auch in dem eusserlichen aussatz der Leib so aussetzig ist und der aussatz an oder im Leib nicht ein ding seine, wann man eigentlich reden | wil. Sondern es muss ein unterschied gehalten werden auchf zwischen unser Natur, wie sie von Gott erschaffeng und erhalten wird, darinnen die Sünde wonet, und zwischen der Erbsünde, so in der Natur wonet; die beide [262r] müssen und können auch unterschiedlich hnach der heiligen Schrifft betrachtet, geleret und gegleubet werdenh.x 123 iUnd solchen unterscheid zuerhaltenj, dringen und zwingen die fürnembsten Artickel unsers Christlichen Glaubens. Als Erstlich: Im Artickel von der Schöpffung zeuget die Schrifft, das Gott nicht alleine vor dem Fall menschliche Natur geschaffen habe, sondern das siek auch nach dem Falll eine Creatur und Werck Gottes sey, Deut. 32; Isai. 45.54.64; Actor. 17; Apoc. 4.124 i m„Deine hende (spricht Job) haben mich gearbeitet und gemachet alles, was ich umb und umb bin, und versenckest mich so gar? Gedencke doch, das du mich aus Leimen125 gemacht hasst und würdest mich wider zur Erde machen? Hastu mich nicht wie Milch gemolcken und wie Kese lassen gerinnen? Du hast mir haut und fleisch angezogen, mit beinen126 und adern hastu mich zusammen gefüget, Leben und wolthat hastu an mir gethan und dein auffsehen bewaret meinen athemm“, Iob. 10.127 n„Ich dancke dir (spricht David), das ich wunderbarlich gemacht bin. Wunderbarlich sind deine Werck und das erkennet meine Seele wol. Es war dir mein Gebeine nicht verholen, da ich im verborgenen gemacht ward, da ich gebildet ward unten in der Erden. Deine augen sahen mich, da ich noch unbereitet war und waren alle Tage auff dein Buch geschrieben, die noch werden solten und derselben keiner da war“n, Psal. 139.128 b nicht in SSC | c nicht in SSC, TB | d danach: die TB | e ist SSC | f nicht in SSC, TB | g danach: ist SSC, TB | h – h betrachtett werden SSC, TB | i – i FM: s. QuM II, 284,1–11 [Zu deme ... volgende spruche] | j zu halten SSC, TB | k nicht in SSC, TB | l danach SSC: s. QuM II, 153,37–40 [in dieser ... dem fall] | m – m nicht in SSC | n – n nicht in SSC 122
Vgl. Luther, Predigt am Ostermontag, nachmittags (14. April 1533), in: WA 36, 682,16–31; ders., Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 42, 125,1–5; WA 44, 472,30–37; 489,18–20; 506, 13–16. | 123 Vgl. Luther, Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 43, 392,3f u. ö. | 124 Dtn 32,5f;
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in nobis est opus et creatura Dei, sed propterea et eatenus, quod per peccatum infecta et corrupta est. Etsi vero peccatum originale totam hominis Naturam, ut spirituale quoddam venenum et horribilis lepra (quemadmodum D. Lutherus loquitur) infecit et corrupit, ita quidem, ut iam in nostra Natura corrupta ad oculum non monstrari possint distincte haec duo, ipsa natura sola, et originale peccatum solum; tamen non unum et idem est corrupta natura seu substantia corrupti hominis, corpus et anima aut homo ipse a Deo creatus, in quo originale peccatum habitat (cuius ratione natura, substantia, totus denique homo corruptus est), et ipsum originale peccatum [631] quod in hominis natura aut essentia habitat eamque corrumpit. Quemadmodum etiam in lepra corporali ipsum corpus leprosum et lepra ipsa in cor|pore non sunt unum et idem, si proprie et distincte ea de re disserere velimus. Discrimen igitur retinendum est inter Naturam nostram, qualis a Deo creata est hodieque conservatur, in qua peccatum originale habitat et inter ipsum peccatum originis, quod in Natura habitat. Haec enim duo secundum Sanctae scripturae regulam distincte considerari, doceri et credi debent et possunt. Et quidem ad retinendum hoc discrimen movemur, urgemur atque cogimur praecipuis articulis Christianae fidei nostrae. In Primo enim articulo de creatione docet sacra scriptura, Deum non modo ante lapsum humanam naturam creasse, verum etiam eandem post lapsum esse Dei opus et creaturam. Manus tuae (inquit Iob) fecerunt me; et plasmaverunt me totum in circuitu; et sic repente praecipitas me? Memento, quaeso, quod sicut lutum feceris me et in pulverem reduces me. Nonne sicut lac mulsisti me et sicut caseum me coagulasti? Pelle et carnibus vestiisti me, ossibus et nervis compegisti me. Vitam et misericordiam tribuisti mihi et visitatio tua custodivit spiritum meum.
Confiteor tibi (inquit David) quod mirabiliter formatus sum, mirabilia sunt opera tua et anima mea cognoscit abunde. Non est occultatum os meum a te, quod fecisti in occulto et substantia mea (id est, formatio mei, seu cum formarer) in inferioribus terrae. Imperfectum meum viderunt oculi tui et in libro tuo omnes dies mei scripti sunt, qui adhuc futuri sunt et nullus adhuc ex eis esset.
Jes 45,11; Jes 54,5; Jes 64,8; Act 17,25; Apk 4,11 | 125 Lehm | 126 Knochen | 127 Hi 10,8–12 | 128 Ps 139 (Vg 138),14–16
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Deut. 32. Isa. 45. 54. 64. Actor 17.
Iob. 10. Apoc. 4.
Psal. 139.
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Im Prediger Salomonis stehet geschrieben: „Dann der staub muss wider zur | Erden komen, wie er gewesen ist, und der Geist wider zu Gott, der in gegeben hat“o, Eccle. 12.129 pDiese Sprüche zeugen lauter130, das Gott auch nach dem Fall des Menschen Schöpffer sey und ime131 Leib und Seel erschaffe. Darumb kan der qverderbt mensch nicht on allen unterscheidq die sünde selbst sein, sonst were Gott ein Schöpffer der Sündenp,r swie auch unser kleiner Catechismus in der auslegung des ersten Artickelst bekennet, uda also geschriebens: „Ich gleub, das mich Gott geschaffen hat sampt allen Creaturen, mir leib und seel, augen, ohren und alle glieder, vernunfft und alle sinne gegeben hat und noch erhelt.“132 Desgleichenv im grossen Catechismow stehet also geschrieben: „Das meine und gleube ich, das ich Gottes geschöpff bin, das ist, das er mir gegeben hat und one unterlas erhelt leib, seel und leben, gliedmas klein und gros, alle sinne, vernunfft und verstandx“133 etc.u yWiewol dieselbe Creatur und das werck Gottes durch die sünde jemmerlich verderbet ist, dann die Massa134, daraus Gott itzund den Menschen formiret und macht, ist in Adam verderbet und verkeret und wirdz also auff uns geerbet.135 o
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[262v] Und hie sollen billich frome, Christliche hertzen die unaussprechliche güte Gottes bedencken, das solche verderbte, verkerte, sündliche Massam Gott nicht alsbald von sich wirfft ins hellische Feuer, sondern daraus formirt und machet die itzige menschliche Natur, so durch die sünde jemmerlich verderbet, auff das er sie durch seinen lieben Son von sünden reinigen, heiligen und selig machen müge.
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Aus diesem Artickel findet sich nun der unterscheid unwidersprechlich und klar, dann die Erbsünde komet nicht von Gott her, Gott ist nicht ein Schöpffer oder stiffter der Sünde,136 Es ist auch die Erbsünde nicht ein Creatur oder werck Gottes, sondern siea ist des Teuffels werck. Wann nun | gantz und gar kein unterscheid sein solte zwischen der Natur undb dem wesen unsers Leibs und Seelen, so durch die Erbsünde verderbet, und zwischen der Erbsünde, dadurch die Natur verderbet ist, so würde folgen, das entweder Gott, weil er ist ein Schöpffer dieserc unser Natur, auch die Erbsünde schaffte und machte, welche auch also sein Werck und Creatur sein würde, oder weil die Sünde ein werck des Teuffels ist, das der Sathan ein Schöpffer were dieser unser Natur, unsers Leibes und Seelen, welche auch ein werck oder geschöpff des Sathans sein müste, wann one allen unterscheid
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o – o nicht in SSC | p – p nicht in SSC | q – q mensch nicht FM, TB | r danach FM: s. QuM II, 284,31–287,18 [Auch wurde ... selbst sey] | s – s Im cleinen catechismo Lutheri stehen diese wort FM | t danach: solches SSC | u – u nicht in SSC | v nicht in FM; in der FM ist die Reihenfolge vertauscht, hier stehen zunächst die Worte aus dem Kleinen danach die aus dem Großen Katechismus w danach: Lutheri FM | x danach FM: s. QuM II, 287,23–26 [die erbsund ... hören abscheulich] y – y FM: s. QuM II, 287,29–288,34 [Bis hieher ... schreiten etc.], das Luther Zitat über das dritte
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Et Ecclesiastae Salomonis scriptum est: Revertetur pulvis in terram suam, | unde erat, et spiritus redibit ad eum, qui dedit illum.
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Haec scripturae dicta luculenter testantur, quod Deus etiam post lapsum nihilominus sit hominis creator, qui ipsius corpus et animam creet. Itaque verum esse non potest, quod corruptus homo sine omni discrimine sit ipsum pec[632]catum, alias consequeretur Deum esse peccati creatorem, sicut etiam minor noster Catechismus in explicatione primi articuli testatur, ubi ita scriptum est: Credo, quod Deus me creaverit, sicut et omnes alias creaturas quodque mihi animam et corpus, oculos, aures et omnia membra, rationem et sensus omnes largitus sit et adhuc conservet. Et in Maiore Catechismo haec verba extant: Hoc sentio et credo, me esse Dei Creaturam, hoc est, mihi ab ipso donata esse et semper conservari corpus meum, animam, vitam, membra tam minima quam maxima, omnes sensus totamque meam rationem et intellectum etc. Etiamsi negari non possit, quod ista creatura et opus Dei per peccatum horribiliter sint corrupta. Massa enim illa, ex qua hodie Deus hominem format et fingit, in Adamo corrupta et perversa est et ita haereditario modo in nos propagatur. Et hoc loco omnes piae mentes ineffabilem Dei bonitatem merito agnoscere debent, quod videlicet hanc penitus corruptam, perversam et peccato contaminatam massam Deus non statim a facie sua in aeternum gehennae incendium abiicit, sed quod ex ea, quantumvis peccato horribiliter corrupta, format atque fingit humanam naturam, quam hodie circumferimus, ut per unigenitum dilectum filium suum a peccato eam emundet, sanctificet atque salvam faciat. Quare ex hoc primo fidei nostrae articulo clarissime elucet discrimen. Originale enim peccatum non est a Deo neque Deus est creator vel autor peccati. Nec originale peccatum est opus aut creatura Dei, sed est opus Diaboli. Quod si prorsus nulla differentia esset | inter Naturam seu substantiam corporis atque animae nostrae, quae per peccatum originis corrupta sunt, et inter ipsum peccatum originale, quod Naturam corrumpit, sequeretur alterutrum, videlicet aut Deum (quippe huius naturae nostrae creatorem) etiam ipsum peccatum originis creare et formare, id enim hac ratione ipsius opus et creatura esset; aut certe conficeretur (cum peccatum sit opus Diaboli) ipsum Sata[633]nam huius nostrae naturae, corporis atque animae, creatorem atque ita naturam nostram opus et creaturam Diaboli esse, si absque omni discri-
Kapitel der Genesis, das in der SD den Artikel beschließt, findet sich in der FM auf QuM II, 287,37–288,1. | z ist SSC | a nicht in SSC; es TB | b oder SSC | c nicht in SSC 129
Koh 12,7 | 130 klar | 131 sich | 132 Vgl. o. S. 870,9–11. | 133 Vgl. o. S. 1050,23–25. | Klumpen, Masse | 135 Vgl. Luther, Enarratio Psalmi (1532), in: WA 40/2, 380,19–23. | Melanchthon, Erotemata dialectices (1543), in: CR 13, 591f.
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Teig, Vgl.
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unser verderbte Natur die sünde selbst sein solte, welches beides wider dend Artickel unsers Christlichen Glaubens ist.137 Derwegen eund auffe das Gottes geschöpff und werck am Menschen von des Teuffels Werck unterschieden müge werden, Sagen wir, das es Gottes geschöpff sey, das der Mensch Leib und Seel hatf; Item, das es Gottes Werck sey, das der mensch etwas gedencken, reden, thun und wircken könne, „dann in im leben, weben und sind wir“, Actor. 17.138 Das aber die Natur verderbet, gedancken, wort und werck böse sein, das ist anfenglich ein werck des Sathans, der durch die Sünde Gottesg werck in Adam also verderbet hat, welches daher auff uns geerbet wird. Zum Andern: Im Artickel von der Erlösung zeuget die Schrifft gewaltig, das Gottes Son unsere menschliche Natur one sünde angenommen, also das er uns, seinen Brüdern, allenthalben gleich worden sey, ausgenommen die Sünde, Ebr. 2.139 Unde veteres dixerunt Christum nobis fratribus suis consubstantialem esse secundum assumtam naturam, quia naturam, quae excepto peccato eiusdem generis, speciei et substantiae cum nostra est, assumsit et contrariam sententiam manifeste haere|seos damnarunt.140 Das ist: daher alle alte, rechtgleubige Lerer [263r] gehalten, das Christus nach der angenommenen Menscheit mit uns, seinen Brüdern, eines wesens sey, dann er hat seineh menschliche Natur, welche unserer menschlichen Natur in irem wesen und allen wesentlichen eigenschafften durchaus (allein die Sünde ausgenommen) gleich ist, an sich genommen, und haben die gegenlere als offentliche Ketzerey verdammet. Wann nun kein unterscheid were zwischen der Natur oder dem wesen des verderbteni Menschen und zwischen der Erbsünde, so müste folgen, das Christus entweder unsere Natur nicht angenommen, weil er die Sünde nicht hettej angenommen, oder, weil er unsere Natur angenommenk, das er auch die Sünde hette angenommenl, welches beides wider die Schrifft ist. Weil aber Gottes Son unser menschliche Natur und nicht die Erbsünde an sich genommen, so ist hieraus klar, das mdie menschliche Natur, auch nach dem Fall, und die Erbsündem nicht ein ding sey, sondern unterschieden werden müssen. Zum dritten: Im Artickel von der Heiligung zeuget die Schrifft, Das Gott den Menschen von der sünde abwasche, reinige, heilige und das Christus sein Volck von iren sünden selig mache. So kan ja die Sünde der Mensch selber nicht sein; dann den Menschen nimmet Gott umb Christus willen zu gnaden auff, aber der sünden bleibet er in ewigkeit feind. Ist derhalben unchristlich und abscheulich nzu hörenn, das die Erbsünde im Namen der heiligen Drey-
d diesen SSC, TB | e – e nicht in SSC | f habe TB | SSC, TB | j hatt SSC, TB | k danach: hette SSC | n – n geredtt SSC, TB
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danach: sein SSC | h die SSC, TB | i nicht in danach: hette SSC | m – m er SSC; nicht in TB
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mine nostra corrupta natura ipsum peccatum esset. Utrunque autem absurdum primo fidei nostrae Christianae articulo repugnat. Quapropter, ut opus et creatura Dei in homine ab opera Diaboli discerni queat, asserimus, quod homo corpus et animam habet, id habere eum beneficio creationis divinae, et quidem id ipsum Dei esse opus, quod homo aliquid cogitare, loqui, agere, operari potest. In ipso enim vivimus, movemur et sumus, inquit Apostolus. Quod vero Natura hominis corrupta est, quod cogitationes, verba et facta eius prava sunt, hoc originaliter et principaliter est opus Satanae, qui per peccatum opus Dei in Adamo miserabiliter corrupit, quae naturae depravatio inde in nos haereditario derivata est. In Secundo fidei nostrae articulo de redemtione sacrae literae luculenter testantur, quod filius Dei humanam nostram naturam (sine peccato tamen) assumpserit, ita quidem, ut nobis, fratribus suis, per omnia similis fieret, peccato excepto, ut Apostolus docet. Unde omnes veteres orthodoxi dixerunt, Christum secundum assumtam humanam naturam nobis, fratribus suis, consubstantialem esse. Quia naturam, quae (excepto peccato) eiusdem generis, speciei et substantiae cum nostra est, | assumpsit. Et contrariam sententiam ut haeresin manifeste damnarunt.
Iam si nullum esset discrimen inter hominis corrupti naturam seu substantiam et inter peccatum originis, horum alterutrum consequeretur: aut Christum naturam nostram non assumpsisse, quandoquidem certum est, quod peccatum non assumpserit, aut Christum assumpsisse etiam peccatum, cum naturam nostram assumpserit. Horum utrunque sacrae scripturae repugnat. Cum igitur filius Dei naturam nostram humanam, non autem peccatum originale, assumpserit, manifestum est, quod humana natura, etiam post lapsum et peccatum originis non sint unum et idem, sed quod diligenter sint discernenda. [634] In Tertio articulo fidei nostrae Christianae de sanctificatione testatur sacra scriptura, quod Deus hominem a peccato abluat, emundet, sanctificet et quod Christus populum suum salvum faciat a peccatis eorum. Ergo peccatum orginis non potest esse ipsemet homo. Deus enim hominem propter Christum in gratiam recipit, peccatum autem in omnem aeternitatem odit. Quare impium est et auditu horrendum, quod peccatum originale in nomine
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Diese und ähnliche Lehren setzt die Konkordienformel im allgemeinen in Parallele zum Manichäismus, bzw. brandmarkt sie als manichäisch oder nennt deren Vertreter neue Manichäer. 138 Act 17,28 | 139 Hebr 2,17 | 140 Vgl. Glaubensbekenntnis des Konzils von Chalkedon (22. Oktober 451), in: DH 300–303, bes. 301.
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Actor. 17.
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faltigkeit getaufft, geheiliget und | oselig gemachto werde, pund dergleichen reden mehr, darmit wir einfeltige Leut nicht verergern wollen, so in der neuen Manicheer141 Schrifften zu findenp. Zum vierdten: qIm Artickelq von der Aufferstehung zeuget die Schrifft, Das eben dises unsers fleisches substantz, aber one sünde, aufferstehenr, und das wir im ewigen Leben eben diese Seele, aber one sünde, haben sund behaltens werden. Wann nun gantz und gar kein unterscheid were zwischen unserem verderbtent Leib undu Seele und zwischen der Erbsünde, so würde wider diesen Artickel desv Christlichen Glaubens folgen, das entweder diss unser fleisch am Jüngsten tage nicht aufferstehen und das wir im Ewigen leben nicht diss wesen unsers Leibes und Seelen, sondern ein andere substantz (oder ein andere Seele) haben würden, weil wir do werden one sünde sein, oder das auch die sünde aufferstehen und im Ewigen leben in den auserwelten sein und bleiben würde. [263v] Hieraus ist klar, das diesew Leer (mit allem, so ir anhanget und daraus folget) müsse verworffen werden, xda142 fürgegeben und geleret wirdx, das die Erbsünde des verderbteny Menschen Natur, substantz, wesen, leib oder seel selbst sey, Also das gantz und gar kein unterscheid zwischen unser verderbtenz Natur, substantz und wesen und zwischen der Erbsünde sein solle. Dann die fürnembsten Artickel unsers Christlichen Glaubens zeugen starck und gewaltig, warumb ein unterscheid zwischen der Natur oder substantz des Menschen, so durch die Sünde verderbet, und zwischen der Sünde, damit und dadurch der mensch verderbet ist, sol und muss gehalten werden. Und diss asey | gnuga zur einfeltigen143 erklerung der Leer und gegenlere (in Thesi et Antithesi) von diesem streit, so viel die Hauptsache an ir144 selbst belangetb, an diesem ort, do nicht ausfürlich disputiretc, sondern Artickels weise nur die fürnembsten145 Hauptstück gehandelt werden. Was aber die Wörter und weise zu reden anlanget, ist das beste und sicherste, das man das fürbild der gesunden Wort, wie in der heiligen Schrifft und in den obgemelten Büchernd von diesem Artickel geredet wird, brauche und behalte. Es sollen auch aequivocationes vocabulorum146, das ist Die wörter und reden, so in mancherley verstande egezogen unde gebraucht werden, wortgezenck zuverhüten, fleissig und unterschiedlich erkleretf werden, Als wann man saget: Gott schaffet die Natur der Menschen. Dag wird hdurch das wort „Natur“h verstanden das wesen, Leib und Seel der Menschen. Offt aber nennet man die art oder unart eines dinges seine Natur, als wann man saget, o–o
geseheliget SSC, TB | p – p nicht in SSC, TB | q – q nicht in SSC | r danach: wirdt SSC, TB nicht in SSC, TB | t nicht in SSC, TB | u oder SSC | v unsers SSC | w die SSC | x – x nicht in SSC | y nicht in SSC, TB | z nicht in SSC | a – a wehr genugsam SSC | b betrifft SSC | c disputationes SSC, TB | d danach: des corporis doctrinae SSC, TB | e – e (nicht in einerley verstande) SSC; nicht in TB | f declarirtt SSC | g so SSC, TB | h – h nicht in SSC s–s
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sacro|sanctae Trinitatis baptizetur, sanctificetur et salvetur, et si quae sunt alia huius farinae prorsus paradoxa, quae in scriptis recentiorum Manichaeorum leguntur. Ea recitare nolumus, ne pias mentes offendamus. Quarto: In articulo de resurrectione scriptura perspicue docet, quod huius nostrae carnis, quam circumferimus, substantia (sed tamen a peccato mundata) sit resurrectura et quod in vita aeterna eam ipsam animam (sed peccato non contaminatam) habituri et retenturi simus. Iam si nulla prorsus esset differentia inter corpus et animam nostram corruptam et inter peccatum originale, rursus duo absurda, quae cum hoc articulo e diametro pugnant, consequerentur. Aut videlicet hanc carnem in die novissimo non resurrecturam et nos in altero illo saeculo non has corporis et animae nostrae substantias, sed aliam substantiam sive aliam animam habituros, cum constet nos tum ab omni peccato fore mundos. Aut quod etiam peccatum in novissimo die resurrecturum et in vita illa aeterna in electis futurum et mansurum sit. Ex his omnibus luce meridiana clarius est, hanc Manichaeorum doctrinam et omnes opiniones, quae ex ea dependent et consequuntur, reiici oportere, cum videlicet asseritur, quod peccatum originale sit hominis corrupti natura, substantia, essentia, corpus et anima ipsa, adeo ut nullum prorsus sit discrimen inter corruptam nostram naturam, substantiam et essentiam et inter peccatum originis. Praecipui enim articuli fidei nostrae Christianae magnas gravissimasque causas adferunt, quare differentia inter naturam [635] seu substantiam hominis (per peccatum corrupti) et inter ipsum peccatum (quo homo corru|ptus est) constituenda et retinenda sit. Et haec sufficere existimamus ad simplicem declarationem doctrinae sincerae et falsae contrariae (in thesi et antithesi) de hac controversia, quantum ad principalem ipsius statum attinet, hoc quidem loco, ubi non copiose et argute disputatur, sed certis quibusdam articulis tantum praecipua capita tractanda sunt. Quod vero ad vocabula et phrases attinet, utilissimum est et tutissimum, ut forma sanorum verborum (quibus in hoc articulo explicando sacrae literae et supra commemorata scripta publica et recepta utuntur) usurpetur et retineatur. Sed et aequivocationes vocabulorum ad cavendas λογομαχίας diligenter et diserte sunt explicandae. Verbi gratia, cum dicitur: Deus creat hominum naturam (per vocabulum „Naturae“ intelligitur ipsa substantia, corpus et anima hominis). Saepe autem proprietas aut conditio alicuius rei (tam in bonam quam in malam partem) vocatur eius rei natura, ut cum dicitur: Serpentis natura est icere et veneno inficere (ibi exprimitur non serpentis
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Vgl. o. S. 1337, Anm. 137. | 142 wenn | 143 einfachen | 144 sich | gendsten | 146 sprachliche Doppelsinnigkeit oder Mehrdeutigkeit
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vornehmsten, herausra-
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Der Schlangen natur ist, das sie sticht und vergifftet. Also spricht Lutherus, Das sünde und sündigen des verderbten Menschen art und natur sey.147 Also heisset Erbsünde eigentlich die tieffe verderbung unserer Natur, wie sie in Schmalkaldischen Artickeln beschrieben wird.148 Zu zeiten aber wird das Concretum oder Subiectum, idas ist Der Mensch selber mit Leib und Seelei, darinnen die sünde ist und stecket, mit begriffen, darumb jdas der Menschj durch die sünde verderbet, vergifftet und sündig ist, als wann Lutherus spricht: „Deine geburt, deine natur und dein gantzes wesen ist sünde“, das ist: „sündig und unrein“.149 BSLK 861
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[264r] Natur sünde, Person sünde150, wesentliche sünde erkleret Lutherus selber, das er es also meine, das nicht alleine die kwort, gedancken undk werck sünde seyl, sondern das die gantze Natur, Person und wesen des Menschen durch die Erbsünde zu grundt gentzlich verderbet sey.151
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Was aber die mLateinische wortm nSubstantia und Accidensn 152 anlanget, sol der einfeltigen Kirchen, weil solcheo wort dem gemeinen manne153 unbekant, pmit denselben in offentlichen Predigtenp billich154 verschonet werden.q r sWann abers die Gelerten unter sich toder bey andern, welchen solche wort nicht unbekant, sich derselben in diesem handel155 gebrauchen, inmassen156 Eusebius, Ambrosius und sonderlich157 Augustinus, wie auch andere fürneme Kirchen Lerer158 mehr aus not159, diese Lere wider die Ketzer zuerkleren, gethant, | so nemen sie für160 eine immediatam divisionem161, udas ist Für eineu solche teilung, darzwischen kein mittel ist, das alles was da ist, müsse entweder Substantia, vdas istv ein selbstendig wesen, oder Accidens, wdas istw ein zufelliges ding sein, das nicht für sich selbst wesentlich bestehet, sondern in einem andern selbstendigen wesen ist und davon kan unterschieden werden, welche teilung auch Cyrillus und Basilius gebrauchen162. Und dieweil unter andern dieses auch ein ungezweifelter, unwidersprechlicher grundspruch in der Theologia ist, das ein jede Substantia oder selbstendiges wesen, so fern es eine Substantz ist, entweder Gott selber oder ein
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nicht in SSC | j – j und also, weil es SSC | k – k nicht in SSC | l sindt SSC; sey TB schulewordt dialectica et philosophica SSC; schull wortt TB | n – n substantiae et accidentis SSC | o die SSC | p – p damit SSC, TB | q danach SSC: s. QuM II, 156,37–157,39 [und werden ... aut depravetur] | r – r TB: s. QuM II, 360,27–363,8 [Und werden ... vorfelschett werde] | s – s Das ist: Dan wen SSC | t – t in schulen oder sunst in dieser disputation solche schule und kunstworter die eigentlich in die dialectica gehoren, gebrauchen SSC | u – u nicht in SSC | v – v nicht in SSC w – w nicht in SSC m–m
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Vgl. Luther, Ein Sermon von dem heiligen hochwürdigen Sakrament der Taufe (1519), in: WA 2, 728,23–27; ders., Die sieben Bußpsalmen. Der vierte Bußpsalm (1525), in: WA 18, 501,31–33. 148 Vgl. ASm III, o. S. 746,17–748,29. | 149 Luther, Sermon an dem Jahrestage (1. Januar 1523), in: WA 12, 403,9f. | 150 Zu lesen ist: Natursünde, Personsünde. | 151 Vgl. Luther, Kirchenpostille. Evangelium am Neujahrstage: Lk 2,21 (1522), in: WA 10/1/1, 508,2–10; ders., Enarratio Psalmi (1532), in: WA 40/2, 327,21f. 385,17–20. | 152 Die Auseinandersetzung zwischen Matthias Flacius
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substantia, sed malicia). In hac sententia D. Lutherus utitur vocabulo Naturae, cum dicit, peccatum et peccare esse corrupti hominis naturam. Sic igitur peccatum originale proprie significat profundissimam illam naturae nostrae corruptionem, quemadmodum ea in articulis Smalcaldicis describitur. Interdum etiam concretum seu subiectum, hoc est, hominem ipsum cum corpore et anima, in quo peccatum est et infixum haeret, simul complectimur idque eam ob causam, quod totus homo peccato corruptus, veneno infectus et foedissima lue originalis peccati contaminatus sit. In hanc sententiam loqui|tur D. Lutherus, cum inquit: Tua nativitas, tua natura, tota tua substantia est peccatum, hoc est, peccatrix, seu peccato polluta et impurissima. Et cum Lutherus utitur hisce vocabulis: Peccatum naturae, peccatum personae, peccatum substantiale aut essentiale [636] satis ipse mentem suam declarat, quod hoc velit, non tantum hominis sermones cogitationes et opera esse peccata, sed totam hominis naturam, personam et substantiam hominis per originale peccatum prorsus et omnino esse depravata et totaliter corrupta. Quod vero ad Latina vocabula Substantiae et Accidentis attinet, in publicis contionibus coram simplice plebe (quae horum vocabulorum significationem et vim non tenet) ab iis abstinendum censemus, ut ea in re piae et sanctae simplicitatis Ecclesiae ratio habeatur. Cum autem viri docti vel inter se vel cum aliis (quibus haec vocabula non sunt ignota) disserentes iis in hoc negotio utuntur, tum immediatam hanc divisionem ponunt: quod omne, quic|quid est, aut substantia sit aut accidens, quod non per se subsistit, sed in aliqua substantia est et ab ea discerni potest. Et sequuntur ea in re viri eruditi exemplum Eusebii, Ambrosii, inprimis Augustini, Cyrilli, Basilii aliorumque praecipuorum Ecclesiae doctorum, qui cogente necessitate in explicatione articuli de peccato originis hisce vocabulis in genuina sua sententia contra haereticos sunt usi. Et cum sit indubitatum certissimum et axioma in re Theologica, quod omnis substantia (quatenus est substantia) aut sit Deus ipse aut opus et creatura Dei:
Illyricus und Victorin Strigel spitzte sich so weit zu, dass Flacius die Erbsünde als Substanz, d. h. Wesen des Menschen bezeichnete, während Strigel sie als Akzidens qualifizierte und ihr so jegliche Auswirkung auf die wesensmäßige Beschaffenheit des Menschen absprach. 153 einfachen Menschen | 154 gerechtfertigterweise | 155 Angelegenheit | 156 wie | 157 besonders 158 Vgl. Eusebius von Caesarea, Praeparatio evangelica VII, 22, in: PG 21, 573–584 (SC 215, 292–312); Ambrosius von Mailand, Hexaemeron I, 8, in: PL 14, 149f (CSEL 32/I, 27,27–28,5); Ambrosiaster, Commentarius in epistolam ad Romanos (zu Röm 7,18), in: PL 17, 118 (CSEL 81, 236–238); Augustinus, De natura et gratia XIX–XX, in: PL 44, 256f (CSEL 60, 246–248); Augustinus, De nuptiis et concupiscentia I, 25, in: PL 44, 430; Augustinus, De nuptiis et concupiscentia II, 26.34, in: PL 44, 460.470f; Athanasius, Oratio contra gentes VI, in: PG 25, 11f (SC 18,118–120). 159 Notwendigkeit | 160 vor | 161 unmittelbare, klare Unterscheidung | 162 Vgl. Cyrill von Alexandrien, Thesaurus de sancta et consubstantiali trinitate. Assertio IIf, in: PG 75, 27–36; Basilius von Cäsarea, Homilia, quod Deus non sit auctor malorum, in: PG 31, 341; vgl. zu der Unterscheidung von Substanz und Akzidens auch Melanchthon, Erotemata dialectices (1543), in: CR 13, 514–532.
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Werck und Geschöpff Gottes sey, So hat Augustinus in vielen Schrifften wider die Manicheer163 mit allen warhafftigen Lerern wolbedachtx und mit ernst die rede „Peccatum originis est substantia vel natura“, ydas ist: „Diey Erbsünde ist des menschen Natur oder wesen“ verdammet und verworffen. Nach welchemz auch alle gelerte und verstendige allezeit gehalten, daß das jenige, so164 nicht für sich selbst bestehet, noch ein teil ist eines andern, selbstendigen wesens, sondern in einem andern ding wandelbarlich ist, nicht ein Substantia, adas ist etwas selbstendigesa, sondern ein Accidens, bdas ist etwas zufelliges | seyb. Also pfleget Augustinus bestendiglich auff diese weise zu reden: Die Erbsünde sey nicht die Natur selbst, sondern ein Accidens vitium in natura,165 cdas ist ein zufelligerc mangel und schaden in der Natur. dWie man dann auff solche weise auchd in unsern Schulen eund Kirchene nach der Dialectica166, für diesem zanck frey und unvordechtig geredet fhat167 und deswegen weder von D. Luthern noch einigem168 rechtschaffenen Lerer unserer reinen Evangelischen Kirchen jemals gestraffet169 worden. [264v] Weil dann die unwidersprechliche warheit ist, das alles, was da ist, entweder ein substantz oder ein accidens, das ist entweder ein selbstendig wesen oder etwas zufelliges in demselben ist, inmassen170 kurtz | hievor mit zeugnüssen der Kirchen Lerer angezeiget und erwiesen, und kein rechtverstendiger jemals daran gezweifelt, So dringet die not171 und kan hie keiner fürüber172, wenn jemand fragen wolt, Ob die Erbsünde ein substantz, das ist: ein solches ding, das vor sich selbst bestehe und nicht in einem andern ist, oder ein accidens, das ist: ein solch ding sey, das nicht für sich selbst bestehet, sondern in einem andern ist und für sich selbst nicht bestehen noch sein kan, So muss er fein rund heraus bekennen, das die Erbsünde kein substantz, sondern ein accidens sey. Darumb auch der Kirchen Gottes zum bestendigen frieden in dieser Zweyspaltung173 nimmermehr geholffen, sondern die uneinigkeit viel mehr gesterckt und erhalten, wann die Kirchen diener im zweifel stecken bleiben, ob die Erbsünde ein substantz oder accidens sey und also recht und eigentlich genennet174 werde. Demnach, sol den Kirchen und Schulen dieses ergerlichen und hochschedlichen streits zu grund abgeholffen werden, Ist von nöten, das menniglich175 deshalben eigentlich berichtet176 werde. Wann aber weiter gefraget wird, Was dann die Erbsünde für ein accidens sey, Das ist ein andere frag, darauff kein Philosophus, kein Papist, kein Sophist, ja kein menschliche vernunfft177, wie scharff auch dieselbige immermehr178 sein
x ex professo SSC | y – y nicht in SSC | z dem SSC | a – a nicht in SSC | b – b nicht in SSC | c – c ein SSC | d – d Und eben auff solche weyse hatt man auch SSC | e – e nicht in SSC | f – f SSC: s. QuM II, 158,20–159,3 [Itzund aber ... außgeredt werden] 163
Vgl. o. S. 1225, Anm. 29. | 164 was | 165 Vgl. Augustinus, De natura et gratia XIX–XX, in: PL 44, 256f (CSEL 60, 246–248); Augustinus, De nuptiis et concupiscentia I, 25, in: PL 44, 430; ebd.,
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Augustinus in multis suis scriptis contra Manichaeos (quemadmodum et reliqui sinceri Ecclesiae doctores) rem diligentissime expendit et propositionem hanc: peccatum originis est substantia vel natura magno zelo reiecit atque damnavit. Et post eum etiam omnes eruditi et intelligentes semper senserunt, quicquid non per se subsistit nec est pars alterius per se subsistentis essentiae, sed in alio est mutabiliter, id substantiam non esse, id est, quiddam per se subsistens, sed accidens, quod aliunde accidit. Et Augustinus constanter in hanc sententiam loqui solet: Peccatum originale non est ipsa natura, sed | accidens vitium in natura. Et hoc ipso modo etiam nostro saeculo in scholis et Ecclesiis nostris (iuxta regulas Dialecticae) ante motam hanc controversiam libere [637] et sine ulla haereseos suspitione locuti sunt viri docti neque eam ob causam vel a D. Luthero vel ab ullo alio sincero doctore Evangelicarum Ecclesiarum unquam sunt reprehensi.
Cum igitur haec sit immota veritas, quod quicquid est id aut substantia sit aut accidens, hoc est, vel per se subsistens quiddam vel quod aliunde accidit et in substantia haeret, quemadmodum | paulo ante testimonio Ecclesiasticorum scriptorum docuimus et demonstravimus: neque ea de re quisquam, qui est sanae mentis, dubitaverit: profecto necessario fatendum est, neque effugio ulli locus est, si quis quaerat, an peccatum sit substantia, id est, res quaedam per se subsistens et non in alio, an vero accidens, hoc est, res non per se subsistens, sed in alio inhaerens, quod simpliciter, categorice et rotunde respondendum ac fatendum sit Peccatum non esse substantiam, sed accidens.
Quare Ecclesiae Dei (ad constituendam firmam pacem quo ad hanc controversiam) non consulitur, sed dissidia magis foventur et confirmantur, si Ecclesiae ministri in dubio relinquantur, an peccatum originale substantia sit, an vero accidens; et an illud recte et proprie substantia vel accidens nominetur. Quapropter si controversiam hanc (plenam certe offensionis et detrimenti) solide componere velimus, necessarium est, ut unusquisque de hoc negotio recte erudiatur. Quando autem praeterea quaeritur, quale nam Accidens sit peccatum originis, haec iam alia est quaestio. Huius quaestionis declarationem veram nullus Philosophus, nullus Papista, nullus Sophista, imo nulla humana ratio
II, 26.34, in: PL 44, 460.470f; Athanasius, Oratio contra gentes VI, in: PG 25, 11f (SC 18,118–120). | 166 nach dialektischer (d. h. logischer) Argumentationsweise | 167 Vgl. etwa Melanchthon, Erotemata dialectices (1543), in: CR 13, 522f. | 168 irgend einem | 169 zurückgewiesen | 170 wie | 171 ist es dringend notwendig | 172 vorbei | 173 Zwiespalt, Streit | 174 bezeichnet 175 jeder | 176 darüber genau unterrichtet | 177 Vgl. Luther, Enarratio Psalmi (1532), in: WA 40/2, 383,34f. | 178 immer
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mag, die recht erklerung geben kan, sondern aller verstand und erklerung muß allein aus heiliger Schrifft genommen werden, welche bezeuget, das die Erbsünde sey ein unaussprechlicher schaden und ein solche verderbung menschlicher Natur, das an derselben und allen iren innerlichen und eusserlichen krefften nichts reines noch gutes geblieben, sondern | alles zumal verderbet, das der mensch durch die Erbsünde warhafftig für Gott geistlich todt und zum guten mit allen seinen krefften erstorben sey. Dergestalt dann durch das wort Accidens, die Erbsünde nicht verkleinert, wann es nach Gottes Wort also erkleret wird, inmassen Doctor Luther in seiner Lateinischer auslegung uber das dritte Capittel des ersten Buchs Mose wider die verkleinerung der Erbsünde mit grossem ernst geschrieben hat,179 sondern solch Wort dienet allein darzu, Den unterscheid zwischen dem werck Gottes, welches ist unser Natur, unangesehen180 das sie verderbet ist, und zwischen des Teuffels werck, welches ist die Sünde, die im werck Gottes stecket, und derselben aller tieffste und unaussprechliche verderbung ist, anzuzeigen.f [265r] Also hat auch Lutherus in gdiesem handel181 g das wort Qualitas hgebrauchet undh nicht verworffen. iDarneben aber auch mit besonderem ernst und grossem eiffer auff das aller fleissigste erkleret und menniglich182 eingebildet183, was es für ein greuliche Qualitet und Accidens sey, dadurch die Menschliche Natur nicht schlecht184 verunreiniget, sondern so tieff verderbet ist, das nichts reines noch unverderbet in derselben geblieben, wie seine Wort uber den 90. Psalm lauten: „Sive igitur peccatum originis qualitatem, sive morbum vocaverimus, profecto extremum malum est, non solum pati aeternam iram et mortem, sed ne agnoscere quidem quae pateris“185, Das ist: „Wir nennen die Erbsünde eine qualitet oder seuche, so ist sie fürwar der eusserste schaden, das wir nicht allein den ewigen | zorn Gottes und den ewigen Todt leiden sollen, sondern auch nicht verstehen, was wir leiden.“ jUnd abermals uber das erste Buch Mose Cap. 3j: „Qui isto veneno peccati originisk a planta pedis usque ad verticem infecti sumus, siquidem in natura adhuc integra accidere“186, Das ist: „Wir sind durch das gifft der Erbsünde von der fußsolen an biss auff die scheitel vergifftet, dieweil solches noch in der vollkomen Natur uns zugefallen.“k i r y
g – g dieser disputation SSC | h – h nicht in SSC | i – i SSC: s. QuM II, 159,4–14 [ob woll ... verfelschett werde] | j – j So schreibt auch d. Luther uber das 3. cap. Gen FM | k originalis FM 179
Vgl. Luther, Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 42, 123,38–125,5. | 180 ohne Rücksicht darauf | 181 Angelegenheit | 182 jedem, allen | 183 eingeprägt | 184 schlicht, einfach | 185 Vgl. Luther, Enarratio Psalmi (1534/35), in: WA 40/3, 571,18–20. | 186 Vgl. Luther, Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 42, 122,38f.
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(quae etiam acutissimi sit iudicii) proferre potest, sed eius explicatio e sola sacra scriptura est petenda. Ea vero testatur, quod peccatum originale sit ineffabile malum et tanta humanae naturae corruptio, quae in natura omnibusque eius viribus, tam internis quam externis, nihil sinceri, nihil boni reliquerit, sed omnia | penitus depravarit, ita quidem certe, ut homo ratione peccati originalis coram Deo vere et spiritualiter ad bonum cum omnibus viribus suis plane sit emortuus. [638] Hac facta explicatione per vocabulum Accidentis peccatum originis haudquaquam extenuatur, cum videlicet illud iuxta verbi Dei analogiam ita declaratur, quemadmodum D. Lutherus in latino suo commentario in caput tertium Geneseos contra extenuationem peccati originalis magno zelo disseruit. Vocabulum autem accidentis in hunc tantum finem usurpatur, ut discrimen inter opus Dei (quod est nostra natura, etiam corrupta) et inter Diaboli opus (quod est peccatum in opere Dei inhaerens, eius videlicet operis intima et ineffabilis corruptio) monstretur. Et sane D. Lutherus ipse in hoc negotio usus est vocabulo accidentis, quemadmodum etiam, Qualitatis neque eas voces reiecit. Interim tamen singulari diligentia et magno zelo declaravit et inculcavit, quam horribilis sit qualitas et accidens, per quod humana natura non tantum contaminata aut impura facta, verum etiam adeo in universum corrupta est, ut nihil sinceri, nihil sani prorsus in ea sit relictum. Sic enim verba eius in explicatione Psalmi nonagesimi habent: Sive igitur peccatum originis Qualitatem sive Morbum vocaverimus, profecto extremum malum est non solum pati aeternam iram et mortem, sed ne agnoscere quidem quae pateris. Et in commentario super tertium caput Geneseos inquit: Qui isto veneno peccati originis a planta pedis | usque ad verticem infecti sumus, siquidem in natura adhuc integra haec accidere etc.
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II. Vom freien Willen oder Menschlichen krefften l
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Nachdem ein Zwispalt nicht allein zwischen den Papisten187 und den unsern sondern auch unter etlichen Theologen, der Augspurgischen Confeßion selbst von dem freien Willen eingefallen, wollen wir zu förderst, | warüber der streit gewesen, eigentlich anzeigen. n
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Dann weil der Mensch mit seinem freyen Willen in vier unterschiedlichen, ungleichen Stenden gefunden und betrachtet werden | kan,188 ist itzund die Frage nicht, wie es umb denselben vor dem Fall geschaffen, oder was er nach dem Fall vor seiner bekerung in eusserlichen sachen, diss zeitlich leben belanget, vormöge, wie auch nicht, was er in Geistlichen sachen, nachdem er durch den Geist Gottes widergeboren [265v] und von demselben regiret wird oder wann er von den Todten erstehet, vor einen Freyen willen haben werde, Sondern die Hauptfrage ist einig und allein, Was des unwidergebornen Menschen verstand und wille in seiner bekerung und widergeburt aus eignen und nach dem Fall ubergebliebenen krefften vermöge, wann das Wort Gottes gepredigt und uns die gnade Gottes angeboten wird, Ob er sich zu solcher gnad bereiten, dieselbige annemen und das Ja wort darzu sagen köndte? Diss ist die Frage, darüber nun etlich viel Jar in den Kirchen Augspurgischer Confeßion unter etlichen Theologen gestritten worden.189 Dann der ein Teil hat gehalten und geleret: Ob wol der Mensch aus eignen krefften nicht vermöge Gottes Gebot zuerfüllen, Gott warhafftig trauen, fürchten und lieben one die gnade des heiligen Geistes, Doch hab er noch so viel natürlicher krefften vor der Widergeburt ubrig, das er etlicher massen sich zur gnade bereiten und das Ja wort, doch schwechlich, geben, | Aber, wann die gnade des heiligen Geistes nicht darzu kome, darmit nichts ausrichten köndte, sondern im Kampff darnider ligen müste.190 So haben auch die alten und neuen Enthusiasten191 geleret, Das Gott die Menschen on alle mittel und Instrument der Creatur192, das ist, one die eusserliche predig und gehör193 Gottes Worts durch seinen Geist bekere und zu der seligmachenden erkentnis Christi ziehe.194 Wider diese beide Teil haben die reinen Lerer Augspurgischer Confeßion geleret und gestritten, das der Mensch durch den Fall unser ersten Eltern
l X. SSC | m Der Text des Artikels vom freien Willen der SC unterscheidet sich in der Satzstruktur ebenfalls grundlegend von dem der SD, so dass ein Textvergleich nicht möglich ist: s. QuM II, 91,11–97,7 [Die ander ... ich bekerett]; Der Text des Artikels vom freien Willen der FM unterscheidet sich in der Satzstruktur grundlegend von dem der SD, so dass ein Textvergleich nicht möglich ist: s. QuM II, 326,1–332,22 [Von diesem ... controversiam erwegen etc.]. Dennoch gibt es zwischen FM und SD deutliche Parallelen in der Auswahl der Lutherzitate (s.u. S. 1360,18–1366,24). Sie werden nahezu wörtlich aus FM übernommen, s. QuM II, 329,16–332,9 [Item, im ... schrifften zu wider] | n – n SSC: s. QuM II, 246,30–252,36 [De eigentliche ... abscheiden etc.]; TB: s. QuM II, 363,10–370,1 [Die eigentliche ... abscheiden etc.]
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[639] II. De libero arbitrio sive de viribus humanis
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Cum de libero arbitrio seu viribus humanis non modo inter nos et Pontificios hactenus controversum fuerit, verum etiam ea de re quidam Augustanae Confessionis Theologi disceptarint, pri|mum omnium, qui nam controversiae huius inter Augustanae Confessionis Theologos status fuerit, perspicue docebimus. Quandoquidem homo ratione liberi sui arbitrii in quatuor et quidem valde diversis statibus, considerari potest, iam | non quaeritur, quale fuerit ipsius arbitrium ante lapsum, aut quale id sit post lapsum ante hominis conversionem in rebus externis, quae ad hanc vitam spectant, neque quaeritur, quale sit illud arbitrium, aut quantae ipsius vires, etiam in rebus spiritualibus, postquam per Spiritum Dei regeneratus est, et a Dei Spiritu iam regitur; aut quale liberum arbitrium sit habiturus, quando a mortuis resurget. Sed hic est verus et unicus controversiae Status: quid hominis nondum renati Intellectus et voluntas in ipsa conversione et regeneratione, ex propriis suis et post lapsum reliquis viribus praestare possit, quando videlicet verbum Dei praedicatur et Dei gratia nobis offeretur. Hic quaeritur, an homo ad hanc Dei gratiam apprehendendam sese applicare, eam amplecti et verbo Dei assentiri possit. Haec disputatio iam aliquot et quidem multos annos in Ecclesiis Augustanae Confessionis inter Theologos nonnullos fuit agitata. Una pars sensit atque docuit, quamvis homo propriis suis viribus legem Dei implere, Deo vere confidere, ipsum ti[640]mere et diligere sine gratia Spiritus Sancti non possit, tamen tantum adhuc ipsi virium naturalium ante regenerationem reliquum esse, ut aliquo modo se ad gratiam Dei praeparare, applicare et assentiri, languide tamen, possit; sed | nisi accedat gratia Spiritus Sancti, nihil illum qualemcunque assensum praestare posse, sed in lucta succumbere. Ex altera autem parte Enthusiastae tum veteres tum recentiores docuere, quod Deus hominem sine ullo medio aut instrumento creaturarum, hoc est, sine externa praedicatione et absque auditione verbi Dei, per Spiritum suum convertat et ad salutarem Christi agnitionem pertrahat. Contra utriusque partis corruptelas sinceri Augustanae Confessionis doctores asseruerunt, hominem ex lapsu primorum nostrorum parentum ita penitus
187
In der Polemik oft verwendete, pejorative Bezeichnung für die Theologen der römischen Kirche. | 188 Zu den vier verschiedenen Ständen des Menschen ante lege (vor dem Gesetz), sub lege (unter dem Gesetz), sub gratia (unter der Gnade), in pace (im ewigen Frieden) vgl. Augustinus, Expositio quarundam propositionem ex epistola ad Romanos XIII–XVIII, in: PL 35, 2065 (CSEL 84, 6f); ders., Enchiridion ad Laurentium XXXI, 118, in: PL 40, 287 (CChr.SL 46, 112f); Petrus Lombardus, Sententiarum II d. 25 c. 6, in: PL 192, 707. | 189 Synergistischer Streit 1555–1560/61 | 191 Spiritualisten. Diejenigen, die von einem unmittelbaren Wirken Gottes oder einer Geisterleuchtung jenseits von Predigt und Sakramenten ausgehen und diese deshalb für zweitrangig oder überflüssig halten, wie z. B. Caspar Schwenckfeld von Ossig oder Sebastian Franck. | 192 Schöpfung, im Satzzusammenhang: kreatürliche Mittel und Instrumente | 193 Hören
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also195 vorderbet, das er in Göttlichen sachen, unser bekerung und Seelen seligkeit belangende, von Natur blindt, | wann Gottes Wort geprediget wird, dasselbig nicht verstehe, noch verstehen köndte, sondern vor ein thorheit halte,196 auch aus ime197 selbst sich nicht zu Gott nähere, sondern ein feind Gottes sey198 und bleibe, biss er mit der krafft des heiligen Geistes durch das gepredigte und gehörte Wort aus lauter gnade on alles sein zuthun bekeret, gleubig, widergeboren und erneuert werde.199 Diese Zwispalt nach anleitung Gottes Worts Christlich zu erkleren und durch seine gnade hin zulegen200, ist unser Leer, Glaub und Bekentnis wie nachfolget:n oAls nemlich in Geistlichen und Göttlichen sachen des unwidergeborneno Menschen verstand, Hertz und Wille aus eignen, natürlichen krefftenp gantz und gar nichtsq verstehen, gleubenr, annemen, gedencken, wöllen, anfangen, verrichten, thun, wircken oder | mitwircken könnes, sondern seyt gantz und gar zum guten erstorben [266r] und verdorben, also das in des menschen natur nach dem fall, vor der widergeburt nicht ein füncklein der geistlichen kreffte ubrig geblieben noch vorhanden, mit welchem er aus ime selber sich zur gnade Gottes bereiten oder die angebotene gnade annemen, noch derselben für und von sich selbst vehig201 sein oder sich dazu appliciren202 uoder schicken203u könne, oder aus seinen eigenen krefften etwas zu seiner bekerung weder zum gantzen, noch zum halben oder zu einigem, dem wenigsten oder geringsten teil helffen, thun, wircken oder mitwircken vermögev von ime selbst als von ime selbst204, sondern seyw der sünden knecht, Joh. 8205, und des Teuffels gefangener, davon er getrieben wird, Eph. 2; 2. Timot. 2206. Daher der natürliche, freie Wille seiner verkerten art und natur nach allein zu dem jenigen, das Gott misfellig und zuwider ist, krefftig und thetigx ist. Diese erklerung und hauptantwort auff die im eingang dieses Artickels gesetzte hauptfrage und Statum Controversiae bestetigen und bekrefftigen folgende gründe des Göttlicheny worts, welche, ob sie wol der hoffertigen207 vernunfft und Philosophi zuwider sein, so wissen wir doch, das dieser verkerten Welt weisheit nur thorheit vor Gott ist208, und das von den Artickeln des glaubens alleine aus Gottes wort sol geurteilet werden. Dann erstlich, des menschen vernunfft oder natürlicher verstand, ob er gleichz 209 noch wol ein tunckel füncklein des erkentnis, das ein Gott sey, awie auch, Rom. 1a, von der lere des Gesetzes hat210, dennoch also unwissend, blind und verkeret ist,211 das, wann schon die aller sinnreichsten und gelertesten o – o In diesen geistlichen und godtlichen sachen kan der freie wille oder des SSC, TB | p danach: ehe den er durch den H. Geist erleuchtet und bekeret is SSC, TB | q danach: recht SSC, TB r davor: ernstlich SSC, TB | s nicht in SSC, TB | t is SSC, TB | u – u nicht in SSC | v konne SSC, TB | w is SSC, TB | x duchtigk SSC | y davor: h. SSC | z nicht in SSC | a – a und SSC 195
so | 196 Vgl. I Kor 1,18. | 197 sich | 198 Vgl. Röm 8,7. | 199 Zum Synergistischen Streit vgl. o. S.1228f, Anm. 41. | 200 beizulegen | 201 fähig | 202 hinwenden | 203 bereit machen | 204 Vgl. II Kor 3,5. | 205 Vgl. Joh 8,34. | 206 Vgl. Eph 2,2; II Tim 2,26. | 207 hochmütigen | 208 Vgl. I Kor
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corruptum esse, ut in rebus spiritualibus, quae ad conversionem et salutem | nostram spectant, natura coecus sit et verbum Dei praedicatum neque intelligat neque intelligere possit, sed illud ut rem stultam iudicet et nunquam a seipso ad Deum appropinquet, sed potius inimicus Dei sit et maneat, donec virtute Spiritus sancti per verbum praedicatum et auditum ex mera gratia sine omni sua propria cooperatione convertatur, fide donetur, regeneretur et renovetur. Ut autem haec controversia iuxta verbi Dei analogiam pie declaretur et per ipsius gratiam decidatur, doctrina, fides et confessio nostra haec est, ut sequitur. Credimus, quod hominis non renati intellectus cor et voluntas in rebus spiritualibus et divinis ex propriis naturalibus viribus prorsus nihil intelligere, credere, amplecti, cogitare, velle, inchoare, perficere, agere, operari aut | cooperari possint, sed homo ad bonum prorsus corruptus et mortuus sit, ita, ut in hominis natura post lapsum, ante regenerationem, ne scintillula quidem spiritualium virium reliqua manserit aut restet, quibus ille ex se ad gratiam Dei praeparare se aut oblatam gratiam apprehendere, aut eius gratiae (ex sese et per se) capax esse possit, aut se ad gratiam applicare aut accommodare, aut viribus suis pro[641]priis aliquid ad conversionem suam vel ex toto vel ex dimidia vel minima parte conferre, agere, operari aut cooperari (ex seipso, tanquam ex semet ipso) possit, Sed homo sit peccati Servus et mancipium Satanae, a quo agitatur. Inde adeo naturale liberum arbitrium ratione corruptarum virium et naturae suae depravatae, duntaxat ad ea, quae Deo displicent et adversantur, activum et efficax est.
Hanc piam declarationem et generalem (ad statum causae in exordio huius tractationis propositum) responsionem e verbo Dei desumta argumenta, quae recitabimus, confirmant. Licet autem ea supercilio humanae rationis et Philosophiae displiceant, tamen novimus mundi huius perversissimi sapientiam coram Deo esse stultitiam et quod de capitibus religionis nostrae tantummodo ex verbo Dei sit iudicandum. Primo, etsi humana ratio seu naturalis intellectus hominis obscuram aliquam notitiae illius scintillulam reliquam habet, quod sit Deus, et particulam aliquam legis tenet: tamen adeo ignorans, coeca et perversa est ratio illa, ut etiamsi ingenio sissimi et doctissimi homines in hoc mundo Evangelion de
3,19. | 209 auch wenn er | 210 Vgl. Röm 1,19–21.28.32. | 211 Vgl. DISPVTATIO DE || ORIGINALI PECCATO ET LI-||BERO ARBITRIO, INTER MATTHIAM || Flacium Illyricum, & Victorinum Strigelium, publice || Vinariae per integram hebdomadam, praesentibus Illu-||striss. Saxoniae Principibus, Anno 1560, initio men-||sis Augusti, contra Papistarum & Synergista-||rum corruptelas habita […], Basel: Johann Oporinus 1563 (VD 16 F 1354), 207. 210. 215.
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leute auff Erden das Evangelium vom Son Gottes und verheissung der ewigen seligkeit lesen oder hören, dannoch dasselbige aus eigenen krefften nicht vernemen, fassen, verstehenb, noch gleuben und für warheit halten künnen, sondern jec grössern vleis | und ernst sie danwenden und diesed geistliche sachen mit irer vernunfft begreiffen wollen, eje weniger siee verstehen oder gleuben und fsolches allesf allein für torheit oder fabeln212 halten, ehe sie durch den heiligen Geist erleuchtet und geleret werden, 1. Corinth. 2: „Der natürliche mensch vernimetg nichts vom Geist Gottes, denn es ist im eine thorheit und kan es nicht begreiffen, denn es wirdt geistlich ergründet.“213 1. Corinth. 1: „Dieweil die Welt durch ire weisheit Gott in seiner weisheit nicht erkant, hat es Gott also gefallen, durch die Predigt des Evangelii, welches die Welt vor thorheit helt, die gleubigen selig zumachen.“214 Eph. 4: Die andern menschen (die nicht durch Gottes Geist widergeboren sind) „wandeln in der eitelkeit ires sinnes, welcher verstandt verfinstert ist, und sind frembde von dem leben, das aus Gott ist, durch die unwissenheit, die [266v] in inen ist, durch die blindheit ires hertzens“.215 Matth. 13: „Mit sehenden augen sehen sie nicht und mit hörenden ohren hören sie nicht, dann sie verstehen es nicht. Euch aber ist gegeben, das ir das geheimnis des Himelreichs vernemet.“216 Rom. 3: „Da ist nicht, der verstendig seyh, da ist nicht, der nach Gott frage; sie sind allesampt abgewichen und allesampt undüchtig worden; da ist niemand, der gutes thue, auch nicht einer.“217 Also nennet die Schrifft den natürlichen menschen in geistlichen und Göttlichen sachen stracks218 eine finsternisi, Ephes. 5; Actor. 26j; Johan. 1: „Das liecht leuchtet in der finsternis (das ist in der finstern, blinden Welt, kdie Gott nicht erkennet noch achtetk) und die finsternis habens nicht begriffen.“219 Item: lDie Schrifftl leret, das der mensch in sünden nicht allein schwach und kranck, sondern gantz erstorben und todt sey, Eph. 2; Col. 2.220 Wie nun der mensch, so221 leiblich todt ist, sich nicht kan aus eigenen krefften bereitenm oder schicken222, das er dasn zeitlich leben wider bekomme, Also kan der mensch, so geistlich todt ist in den sünden, sich nicht aus eigner macht zu erlangung der geistlichen und himlischen gerechtigkeit und | lebens schicken oder wenden, wo223 er nicht durch den Son Gottes vom tode der sünden frey und lebendig gemachet wird.o Also nimmet die Schrifft des natürlichen menschen verstandt, hertzen und willen alle düchtigkeit, geschickligkeit, vehigkeitp und vermügen, in geistlichen sachen etwas gutes und rechtes zu gedencken, zuverstehen, können, anfangen, wöllen, fürnemen, thun, wircken oder mitwircken als von im selbst, 2. Corinth. 3: „Wir sind nicht düchtigq, etwas zu gedencken von uns b
davor: recht SSC, TB | c wo mit SSC | d – d de SSC | e – e so se es weiniger SSC | f – f nicht in SSC verstehet SSC | h is SSC | i danach: de Godt nicht kennet noch achtet SSC | j danach: et SSC k – k nicht in SSC | l – l nicht in SSC | m davor: et SSC | n nicht in TB | o danach SSC: s. QuM II, 254,13–20 [Wie dan ... zu wider ist]; danach TB: s. QuM II, 371,25–32 [Wie dan ... zu wider ist] p nicht in SSC; seligkeit TB | q tuglich SSC g
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Filio Dei et promissiones divinas de aeterna salute legant vel audiant, tamen ea propriis viribus percipere, intelligere, credere et vera esse statuere nequeant. Quin potius, quanto diligentius in ea | re elaborant, ut spirituales istas res suae rationis acumine indagent et comprehendant, tanto minus intelligunt et credunt, et ea omnia pro stultitia et meris nugis et fabulis habent, priusquam a Spiritu sancto illuminentur et doceantur. Sic enim scribit Apostolus: Animalis homo non percipit ea, quae sunt spiritus Dei; stultitia enim est illi et non potest intelligere, quia spiritualiter examinantur. Et quia in Dei sapientia non cognovit mundus per sapientiam Deum, placuit Deo per stultitiam praedicationis salvos facere credentes. Et alibi de hominibus impiis et nondum renatis in hanc sententiam scribit: Gentes ambulant in vanitate sensus sui tenebris obscuratum habentes intellectum, alienati a vita Dei per [642] ignorantiam, quae est in illis propter coecitatem cordis ipsorum. Et Christus inquit: Videntes non vident et audientes non audiunt neque intelligunt etc. Vobis autem datum est nosse mysterium regni Dei. Et rursus Apostolus ait: Non est intelligens, non est requirens Deum. Omnes declinaverunt, simul inutiles facti sunt, non est, qui faciat bonum, non est usque ad unum. Et sacra scriptura hominem naturalem in rebus divinis et spiritualibus tenebras vocat. Lux in tenebris lucet, hoc est, in tenebricoso et excoecato mundo, qui Deum neque novit neque curat, et tenebrae eam non comprehenderunt. Quin etiam sacrae literae docent hominem in peccatis non tantummodo languidum et aegrotum, verum etiam prorsus mortuum esse.
Sicut igitur homo, qui corporaliter mortuus est, se ipsum propriis viribus praeparare aut acommodare non potest, ut vitam externam recipiat: ita homo spiritualiter in peccatis mortuus, seipsum propriis viribus ad consequendam spiritualem et coelestem iustitiam | et vitam praeparare applicare aut vertere non potest, nisi per filium Dei a morte peccati liberetur et vivificetur. Scriptura igitur hominis naturalis intellectui, cordi et voluntati omnem aptitudinem, capacitatem et facultatem in rebus spiritualibus aliquid boni et recti (ex semetipso) cogitandi, intelligendi, inchoandi, volendi, proponendi, agendi, operandi et cooperandi adimit. Sic enim inquit Apostolus: Non quod idonei simus cogitare aliquid a nobis, quasi ex nobis, sed quod idonei sumus, id
212 217 220
Erdichtung, Geschwätz | 213 I Kor 2,14 | 214 I Kor 1,18.21 | 215 Eph 4,17f | 216 Mt 13,13.11 Röm 3,11f; vgl. Ps 14 (Vg 13),1.3. | 218 geradeheraus | 219 Joh 1,5; vgl. Eph 5,8.11; Act 26,18. Vgl. Eph 2,1.5; Kol 2,13. | 221 der | 222 rüsten | 223 sofern
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1. Cor. 2
1. Cor. 1. Ephes. 4.
Matth. 13.
Luc. 8. Rom. 3. Ephes. 5. Actor. 26. Johan. 1. Ephes. 2. Coloss. 2.
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selberr, sondern, das wir düchtig sind, ist von Gott.“224 Rom. 3: „Sie sind allesampt undüchtig.“225 s Johan. 8: „Meine rede fehet nicht226 in euch.“227 Johan. 1: „Die finsternis habens nicht begriffen oder angenommen.“228 1. Corinth. 2: „Der natürliche mensch vernimmet nicht“, oder, wie das Griechische wort eigentlich lautet, fähet oder fasset nicht, nimmet nicht an, „was des Geistes ist“ oder ist nicht vehig der geistlichen sachen, „denn er helt es für thorheit und kans nicht verstehen“.229 Viel weniger wird er dem Evangelio warhafftig gleuben oder das Ja wort darzu geben undt für warheit halten künnen, Rom. 8: „Des fleisches oder natürlichen menschens sinn ist eine feindschafft wider Gott, sintemal230 er dem Gesetz Gottes nicht unterthan ist, udenn eru vermag es auch nicht.“231 Und in summa bleibets ewig war, das der Son Gottes spricht: „One mich könnet ir nichts thun.“232 Und Paulus, Phil. 2: „Gott ists, der in euch wircket beide, das wöllen und das volbrin[267r]genv nach seinem wolgefallen“233, Welcher lieblicher Spruch allen frommen Christen, die ein kleines füncklein und sehnen nach Gottes gnade und der ewigen seligkeit in | irem hertzen fühlen wund empfindenw, sehr tröstlich ist, das sie wissen, das Gott diesen anfang der waren Gottseligkeit in irem hertzen angezündet hat und wölle sie in derx grossen schwacheit ferner stercken und inen helffen, das sie in warem glauben biss ans ende beharren. Hieher gehören auch alle Gebet der Heiligen, darinnen sie bitten, das sie von Gott geleret, erleuchtet und geheiliget werden, und eben damit anzeigen, das sie das jenige, soy 234 sie von Gott bitten, aus eignen natürlichen krefften nicht haben mügen, wie allein imz 119. Psalm David mehr als zehenmal bittet, das im235 Gott wölle verstandt mitteilen, das er seine Göttliche Lere recht fassen und lernen müge.236 Dergleichen Gebet sind im Paulo, Eph. 1; Col. 1; Phil. 1237, welche Gebet und Sprüche von unser unwissenheit und unvermögen uns nicht der ursachen halben vorgeschrieben sind, das wir faul und treg werden sollen, Gottes wort zu lesen, hören und betrachten, sondern das wir erstlicha Gott von hertzen dancken, das er uns aus der finsternis der unwissenheit und gefengnis der sünden und des todes durch seinen Son bfrey gemachtb und durch die Tauffe und heiligen Geist widergeboren und erleuchtet hat. cUnd nach dem Gott den anfang durch seinen heiligen Geist in der Tauffe, rechte erkentnis Gottes und glauben angezündet und gewircket, in238 one unterlas bitten, das er durch denselbigen Geist und seine gnade vermittelst teglicher ubung, Gottes wort zu lesen und zu uben, in uns den Glauben und seine himlische gaben bewaren, von tag zu tag stercken und biss an das ende erhalten wölle.c Dann wo Gott nicht selber Schulmeister ist, so kan man
r danach: alse von uns selber SSC, TB | s danach SSC: s. QuM II, 254,27–29 [Johan. 16 ... gegeben is]; danach TB: s. QuM II, 371,39–372,1 [Johan. 16 ... oder tragen] | t oder SSC | u – u und SSC v thun SSC, TB | w – w nicht in SSC | x irer SSC | y das SSC | z nicht in SSC | a sollen SSC b – b entfuret SSC | c – c SSC: s. QuM II, 255,18–23 [Darnach das ... prysen mogen]; TB: s. QuM II, 372,31–373,1 [Darnach, das ... preysen mögen]
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ex Deo est etc. Omnes inutiles facti sunt. Sermo meus, ait Christus, non capit in vobis. Tenebrae non comprehenderunt (seu receperunt) lucem. Animalis homo non percipit (vel ut graecum vocabulum significanter exprimit, οὐ δέχεται, non capit, non comprehendit, non accipit) ea, quae sunt spiritus Dei, vel non est capax rerum spiritualium; stultitia enim est illi et non potest intelligere etc. Multo minus igitur eiusmodi animalis seu naturalis homo Evangelio vere credere aut assentiri et id pro veritate agnoscere poterit: Carnis [643] sive naturalis hominis sensus inimicitia est adversus Deum, quia legi Dei non subiicitur, ac ne potest id quidem. Summa, verum est perpetuoque manebit verum, quod filius Dei inquit: Sine me nihil potestis facere.
Rom. 3. | Iohan. 8.
Et Apostolus ait: Deus est, qui operatur in vobis et velle et perficere pro bona voluntate. Quae scripturae dulcissima sententia omnibus piis mentibus, quae scintillulam aliquam et desiderium gratiae divinae et aeternae salutis in cordibus suis sentiunt, | eximiam consolationem adfert. Certi enim sunt, quod ipse Deus initium illud verae pietatis tanquam flammulam in cordibus ipsorum accenderit quodque velit eos etiam in magna infirmitate porro confirmare et iuvare, ut in vera fide ad finem usque perseverent. Huc referantur etiam omnes sanctorum precationes, quibus petunt, ut a Deo doceantur, illuminentur et sanctificentur. His enim precibus fatentur, quod ea, quae petunt, suis naturalibus viribus habere nequeant. Et quidem David in uno duntaxat Psalmo decies et amplius orat pro intellectu, ut doctrinam divinam recte capere et discere quaeat. Tales praecatiunculae multae admodum in scriptis Paulinis extant, quae preces et sententiae de ignorantia et impotentia nostra non ideo nobis praescriptae sunt, ut ad legendum, audiendum atque meditandum verbum Dei tardiores atque remissiores reddamur, sed ut primum Deo toto pectore gratias agamus, quod nos e tenebris ignorantiae et captivitate peccati ac mortis per Filium suum liberaverit et per Baptismum et Spiritum sanctum regeneraverit atque illuminaverit.
Iohan. 15. Phillip.2.
Et postquam Deus per Spiritum sanctum suum initium in Baptismo fecit atque veram Dei agnitionem et fidem in cordibus nostris accendit atque operatus est, assiduis precibus orandus est, ut per eundem spiritum sua gratia (per quotidiana exercitia audiendi, legendi et ad usum transferendi verbum Dei) in nobis fidem et coelestia sua dona fovere, de die in diem confirmare et ad finem usque conservare velit. Nisi enim Dominus ipse Doctoris et prae-
224
II Kor 3,5 | 225 Röm 3,12 | 226 verfängt nicht, findet keinen Raum | 227 Joh 8,37 | 228 Joh 1,5 I Kor 2,14 | 230 weil | 231 Röm 8,7 | 232 Joh 15,5 | 233 Phil 2,13 | 234 was | 235 ihm | 236 Vgl. Ps 119 (Vg 118),18f. 26f. 33f. 66. 124f. 135. 144. 169. | 237 Vgl. Eph 1,17f; Kol 1,9–11; Phil 1,9f. 238 Parallel zur vorigen Satzkonstruktion ist zu lesen: dass wir ihn. 229
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Iohan. 1.
Rom. 8.
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Psal. 119.
Ephes. 1. Coloss. 1. Philip 1.
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nichts, das ime angenem und uns und andern heilsam ist, studiren und lernend. Zum andern zeuget Gottes wort, das des natürlichen, unwidergebornen menschen verstandt, hertz und wille in Gottes sachen gantz und gar nicht allein von Gott abgewandt, sondern auch wider Gott zu allem bösen gewendet und verkeret sey, Item239, nicht alleine schwach, unvormüglich, undüchtig und zum guten erstorben, sondern auch durch die Erbsünde also jemmerlich, verkeret, durchgifftet und verderbet sey, Das ere von art und natur gantz böse und Gott widerspenstig und feind und zu allem, das Gott missfellig und zu wider ist, allzu krefftig, lebendig und thetig sey. Gen. 8: „Das dichten und trachten des menschlichen hertzen ist nur böse [267v] von jugendt auff.“240 Jerem. 17: „Des menschen hertz ist trotzig und verzagt“ oder verkeret und voll elendes, „das nicht auszugründen ist“.241 Diesen Spruch erkleret S. Paulus, Rom. 8: „Des fleisches sinn ist eine feindschafft wider Gott.“242 f Gal. 5: „Das fleisch gelüstet wider den Geist, dieselbigen sind wider einander.“243 Rom. 7: „Wir wissen, daß das Gesetz geistlich istg, ich aber bin fleischlich unter die sünde verkaufft“;244 und bald hernach: „Ich weis, das in mir, das ist in meinem fleisch, nichts gutes wonet, denn ich habe lust an dem Gesetz Gottes nach dem inwendigen menschen, so durch den heiligen Geist wider geboren ist. Ich sehe aber ein ander Gesetz in meinen gliedern, das widerstrebeth dem Gesetz in meinem gemüt und nimmet mich gefangen in der sünden Gesetz.“245 Soi 246 nun im heiligen Paulo und andern widergebornen der natürliche oder fleischliche | freier Wille auch nach der widergeburt Gottes Gesetz widerstrebet, viel mehr247 wird er vor der widergeburt Gottes Gesetz und willen widerspenstig und feind sein; daraus offenbarj ist, wie in dem Artickel von der Erbsünde weiter erkleret, darauffk wir uns geliebter kürtz halben lgezogen haben wöllenl, Das der freie Wille aus seinen eigenen, natürlichen krefften nicht alleine nichts zu seiner selbst bekerung, gerechtigkeit und seligkeit wircken oder mitwircken, noch dem heiligen Geist, so ime durch das Evangelium Gottes gnade und die seligkeit anbeut, folgen, gleuben oder das Ja wort darzu geben kan, sondern aus angeborner, böser, widerspenstiger art Gott und seinem willen feindlich widerstrebet, wo er nicht durchm Gottes Geist erleuchtet und regiret wird. Derhalben auch die heilige Schrifft des unwidergebornen menschen hertz einem harten stein, so dem, der in anrüret, nicht weichet, sondernn widerstehet248, und einem ungehobelten block249 und wildem, unbendigen Thier250 vergleichet, nicht das der mensch nach dem fall nicht mehr eine vernünfftige d danach: Johan. 6 SSC | e nicht in SSC | f danach SSC: s. QuM II, 255,37–256,9 [das is ... fiend ist]; danach TB: s. QuM II, 373,16–28 [das ist ... feindt ist] | g danach: nicht allein eusserlichen, leiblichen, fulkomen gehorsam fordere SSC; danach: das ist, nicht alleine euserlichen, leiblichen, sondern innerlichen, geistlichen, volkomenen gehorsamb fordere TB | h widerstreitet SSC | i Wen SSC | j offenlich SSC | k davor: dazu und SSC | l – l referiren SSC | m danach: den SSC | n danach:
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ceptoris officio funga[644]tur, nihil eorum, quae ipsi grata, nobis autem et aliis salutaria sunt, discemus. Deinde verbum Dei testatur hominis naturalis non renati intellectum, cor et voluntatem in rebus divinis, prorsus non modo a Deo aversa, verum etiam adversus Deum ad omne malum conversa et penitus depravata esse. Item hominem non tantum infirmum, imbecillem, ineptum et ad bonum emortuum, verum etiam per peccatum originis adeo miserabiliter perversum, veneno peccati infectum et corruptum esse, ut ex ingenio et natura sua totus sit malus, Deo rebellis et inimicus, et ad omnia ea, quae Deus odit, nimium sit potens, vivus, efficax. Sensus et cogitatio humani cordis tantum mala sunt ab adolescentia sua. Pravum est cor hominis, ait Ieremias, et inscrutabile: quis cognoscet illud? Hoc dictum Apostolus his verbis interpretatur: Sensus carnis inimicitia est adversus Deum. Caro concupiscit adversus Spiritum, haec sibi invicem adversantur. Et ad Romanos sic ait: Scimus, quod lex spiritualis est, ego autem carnalis, venundatus sub peccato. Et paulo post: Scio, quod in me, hoc est, in carne mea, non habitet bonum etc. Condelector enim legi Dei secundum interiorem hominem (qui ex Spiritu sancto renatus est); video autem aliam legem in membris meis, repugnantem legi mentis meae et captivantem me in lege peccati etc.
Si autem in beato Apostolo Paulo et aliis renatis hominibus naturale vel car|nale liberum arbitrium etiam post regenerationem legi divinae repugnat: quanto magis ante regenerationem legi et voluntati Dei rebellabit et inimicum erit? Ex his manifestum est (ut in articulo de peccato originis pluribus ostendimus, ad quae brevitatis causa nunc nos referimus) liberum arbitrium propriis et naturalibus suis viribus non modo nihil ad conversionem, iustitiam et salutem suam operari aut cooperari aut Spiritu sancto (qui homini in Evangelio gratiam Dei et salutem offert) obsequi, credere, aut assentiri posse, sed potius pro insita [645] sua rebelli et contumaci natura Deo et voluntati eius hostiliter repugnare, nisi spiritu Dei illuminetur atque regatur.
Eam ob causam sacrae literae hominis non renati cor duro lapidi, qui ad tactum non cedat sed resistat, item rudi trunco, interdum etiam ferae indomitae comparant, non quod homo post lapsum non amplius sit rationalis creatura; aut quod absque auditu et meditatione verbi divini ad Deum con-
ihm SSC 239 ebenso | 240 Gen 8,21 | 241 Jer 17,9 | 242 Röm 8,7 | 243 Gal 5,17 | 244 Röm 7,14 | 245 Röm 7,18.22f | 246 Wenn | 247 um wie viel mehr | 248 Vgl. Jer 5,3; Ez 11,19; Ez 36,26. | 249 Vgl. Jes 44,19. | 250 Vgl. Ps 73 (Vg 72),22; Dan 5,21.
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Genesis 8. Ierem. 17. Rom. 8. Galat. 5. Rom. 7.
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D. Luther uber das 6. Capittel Osee. Item, in der Kirchenpostill uber die Epistel am Christtag Tit. 3. Item uber das Evangelium Dom. 3. post Epiphaniae. BSLK 880
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Creatur sey, oder one gehör251 und betrachtung des Göttlichen worts zu Gott bekeret werde, oder in eusserlichen, weltlichen sachen nichts guts oder böses verstehen oder freywillig thun oder lassen könne. Dann wie Doctor Luther im 90. Psalm spricht: In weltlichen und eusserlichen geschefften, was die narung und leibliche notdurfft252 betrifft, isto der mensch witzig253, vernünfftig und fast254 geschefftig. Aber in Geistlichen und Göttlichen sachen, was der Seelen heil betrifft, da ist der Mensch wie eine Saltzseule, wie Loths Weib255, ja wiep klotz und stein, wie ein todt bild, das weder | augen noch mund, weder sinn noch hertz brauchet, sintemal256 der mensch den grausamen, grimmigen zorn Gottes uber die sünde und todt nicht sihet noch erkennet, sondern [268r] feret immer fort in seiner sicherheit, auch wissentlich und willig, und kompt darüber in tausent gefehrligkeit, endtlich in den ewigen todt und verdamnis, und da hilfft kein bitten, kein flehen, kein vermanen, ja auch kein dreuen257, schelten, ja alles leren und predigen ist bey ime verloren,258 ehe er durch den H. Geist erleuchtet, bekeret und widergeboren wird, darzu denn kein stein oder block, sondern allein der mensch erschaffen ist; und do259 Gott nach seinem gerechten, gestrengen Gericht die gefallene, böse Geister gentzlichen in ewigkeit verworffen,260 hat er doch aus besonder, lauter barmhertzigkeit gewolt, das die arme, gefalleneq menschliche natur widerumb der bekerung der gnaden Gottes und des ewigen lebens vehig und teilhafftig werden und sein möchte, nicht aus eignerr, natürlicher, wircklicher geschickligkeit, düchtigkeit oder vehigkeit, Dann es ist eine widerspenstige feindschafft wider Gott, sondern aus lauter gnaden, durch gnedige, krefftige wirckung des heiligen Geistes; und das sheisset | Doctor Luther Capacitatem, die er also erkleret: „Quando patres liberum arbitrium defendunt, capacitatem libertatis eius praedicant, quod scilicet verti potest ad bonum per gratiam Dei et fieri revera liberum, ad quod creatum est.“261 Das ist: Wann die Veter den freien Willen verteidigen, reden sie davon, das er der freiheit vehig sey dergestalt, Das er durch Gottes | gnade zum guten bekeret und warhafftig frey köndte werden, darzu er anfangs erschaffen ist, Tom 1, pag. 236262. Dergleichen auch Augustinus, lib. 2 contra Julianum, geschrieben.263 s Aber zuvor und ehe der mensch durch den heiligen Geist erleuchtet, bekeret, widergeboren, verneuert und gezogen wird, kan er vor264 sich selbst und aus seinen eignen, natürlichen krefften in geistlichen sachen und seiner selbst o
davor: da SSC | p danach: ein SSC | q danach: verderbte SSC, TB | r einiger SSC | s – s SSC: s. QuM II, 257,19–21 [heissen ettliche ... also brauchen]; TB: s. QuM II, 375,1–6 [heissen etliche ... also brauchen] 251
Hören | 252 Bedürfnisse | 253 verständig, klug | 254 sehr | 255 Vgl. Gen 19,26. | 256 weil drohen | 258 Hierbei handelt es sich nicht um ein Zitat aus Luther, Enarratio Psalmi (1534/5), in: WA 40/3, 484–594, sondern vielmehr um eine Paraphrase verschiedener Aussagen Luthers, die aus der Weimarer Disputation übernommen wurden (vgl. Weimarer Disputation, 211). Die Marginalien im Konkordienbuch geben Hinweise auf einzelne Fundstellen in den Schriften 257
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vertatur; aut quod in rebus externis et civilibus nihil boni aut mali intelligere possit; aut libere aliqid agere vel omittere quaeat.
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Nam, ut D. Lutherus in Commentario super Psal. 90. dicit, in civilibus externis rebus, quae ad victum et corporalem sustentationem pertinent, homo est industrius, ingeniosus et quidem admodum negotiosus, sed in | spiritualibus et divinis rebus, quae ad animae salutem spectant, homo est instar statuae salis (in quam uxor patriarchae Loth est conversa), imo est similis trunco et lapidi ac statuae vita carenti, quae neque oculorum, oris aut ullorum sensuum cordisve usum habet. Homo enim horrendam Dei iram adversus peccatam et ex ea consequentem mortem neque videt neque agnoscit, sed strenue in carnali sua securitate (etiam sciens volensque) pergit et ita in mille pericula, tandem etiam in aeternam mortem et damnationem se praecipitat. Neque ab eo ad interitum cursu homo precibus, admonitionibus, obsecrationibus, minis, obiurgationibus, revocari se patitur, nulla doctrina, nullae contiones apud eum locum habent, antequam per Spiritum sanctum illuminatur, convertitur et regeneratur. Ad hanc vero Spiritus sancti renovationem nullus lapis, nullus truncus, sed solus homo creatus est. Et cum Deus, severissimo et iustissimo suo iuditio, lapsos malos spiritus prorsus in aeternum abiecerit, singulari nihilominus et mera miseratione voluit, ut miserrima et lapsi hominis natura conversionis et gratiae Dei ac vitae | aeternae rursus capax particepsque fieret et esset non ex sua propria, naturali et activa aut efficaci habilitate, aptudine aut capacitate (natura enim hominis est inimicitia ad[646]versus Deum), sed ex mera gratia, per clementem et efficacem operationem Spiritus sancti. Et hoc ipsum vocat D. Lutherus, capacitatem: (non activam, sed passivam) eamque | his verbis declarat: Quando Patres Liberum Arbitrium defendunt, capacitatem libertatis eius praedicant: quod scilicet verti potest ad bonum per gratiam Dei et fieri revera liberum, ad quod creatum est. Horum similia etiam Augustinus lib. 2. contra Iulianum scripsit.
Antequam autem homo per Spiritum sanctum illuminatur, convertitur, regeneratur et trahitur ex sese et propriis naturalibus suis viribus in rebus
Luthers, auf die sich der Text in der Weimarer Disputation bezog: Luther, Adnotationes in Ozeam Prophetam (1524), in: E ex 24, 338 (zu Hosea 6,5; Mitschrift Stephan Roth; nicht ediert in WA); Luther, Kirchenpostille (1522). Winterteil. Epistel in der Früh-Christmeß, in: WA 10/1/1, 114,19–115,10 (zu Tit 3,4–7); Luther, Fastenpostille (1525). Evangelium auf den 3. Sonntag nach Epiphanias, in: WA 17/2, 82,6–8.85,12f (zu Mt 8,1–4). | 259 wenn | 260 Vgl. Weimarer Disputation, 185; vgl. Augustinus, Enchiridion 61f, in: PL 40, 260f. | 261 Luther, Contra malignum Iohannis Eccii iudicium ... defensio (1519), in: WA 2, 647,28–31. | 262 Hier fehlt die sonst üblicherweise mitangegebene Präzisierung der Luther–Ausgabe: gemeint ist die Jenaer Ausgabe 1556. 263 Augustinus, Contra Julianum Pelagianum II, 8,23–30, in: PL 44, 689–694. | 264 für
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D. Lutherus: in 6. caput Oseae: Et in postillis Ecclesiasticis in epistolam nativitatis Christi Tit. 3. Et ibidem Dominic. 3. post Epiphaniae. BSLK 880
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Tom. 1. pag. 236.
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bekerung odert widergeburt etwasu anzufangen, wircken oder mitzuwircken, gleich so wenig als ein stein oder block voder thon265 v. Dann ob er wolw die eusserlichen gliedmassen regieren266 und das Evangelium hören und etlicher massen betrachten, auch davon reden kan, wie in den Phariseern und Heuchlern zu sehen ist, So „helt er es doch vor thorheit und kan es nicht glauben“267, helt268 sich auch in dem fall erger alsx ein block, das er Gottes wille widerspenstig und feind ist, wo nicht der heilige Geist in im269 krefftig ist und den glauben und andere yGott gefelligey tugenden und gehorsam in im anzündet und wircket. Wie dann zum dritten die heilige Schrifft die bekerung, den glauben an Christum, die widergeburt, erneuerung und alles, was zu derselbigen wircklichen anfang und volnziehung gehöret, nicht den Menschlichen krefften des natürlichen, freien Willens weder zum gantzen, noch zum halben, noch zu einigem, demz wenigsten oder [268v] geringsten teil zugeleget, sondern in solidum, adas ista gantz und gar allein der Göttlichen wirckung und dem heiligen Geist zuschreibet, wie auch die Apologia saget.270 Die vernunfft und freier wille vermag etlicher massen eusserlich erbar271 zu leben, Aber neu geboren werden, inwendig ander hertz, sinn und mut bekommenb, das wircket allein der heilige Geist, der öffnet den | verstandt und das hertz, die Schrifft zuverstehen und auffs wort acht zu geben, cwie Luc. 24 geschriebenc: d„Er öffnet inen das verstendtnis, das sie die Schrifft verstunden.“272 Item, Actor. 16: „Lydia höret zu, welcher that der Herr das hertz auff, das sie darauff acht hatte, was von Paulo geredet ward.“273 d „Ere wircket in uns beide, das wöllen und volbringen“, Phil. 2.274 „Gibt busse“, Actor. 5f; 2. Tim. 2.275 Wircket den glauben.276 Phil. 1: Euch ist von Gott gegeben, das ir an in gleubet.277 Eph. 2: „Gottes gabe ist es.“278 Johan. 6: „Das ist Gottes werck, das ir an deng gleubet, den er gesandt hat“279; gibt ein verstendig hertz, sehende augen und hörende ohren, Deut. 29; Matth. 13280. Ist ein Geist „der widergeburt und erneuerung“, Tit. 3.281 Nimmet das harte, steinerne hertz weg und gibt ein neues, weiches, fleischen hertz, das wir inh seinen Geboten wandeln, Ezech. 11. 36; Deut. 30; Psal. 51.282 „Schaffet uns in Christo Jesu zu guten wercken“, Eph. 2283; und zu „neuen Creaturen“, 2. Cor. 5; Gal. 6284; und in summa: „Alle gute gabe ist von Gott“, Jacobi 1.285 Niemand kan zu Christo kommen, „der Vater ziehe in dann“, Johan. 6.286 „Niemand kennet den Vater, dann wem es der Son ioffenbaren wili“, Matth. 11.287 „Niemand kan Christum einen Herren nennen one durch den heiligen Geist“, 1. Corinth. 12288; und: „one mich“, spricht Christus, „könnet ir nichts thun“, Johan. 15289. Denn alle unsere düchtigkeit ist von Gott, 2. Corinth. 3290; „und was hastu, das du nicht empfangen hast, was rhümestu dichj dann, als der es nicht empfangen hette?“, 1. Corinth. 4291.
t und SSC, TB | u zu erwecken SSC; zuerwecken und TB | v – v nicht in SSC | w schon SSC | x den SSC | y – y godtsalige SSC | z und SSC | a – a nicht in SSC | b bekommen SSC | c – c Lucae 24; Act. 16
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spiritualibus et ad conversionem aut regenerationem suam nihil inchoare, operari aut cooperari potest, nec plus quam lapis, truncus aut limus. Etsi enim locomotivam potentiam seu externa membra regere, Evangelium audire et aliqui modo meditari atque etiam de eo disserere potest ut in Pharisaeis et hypocritis est videre, tamen id tacitis cogitationibus ut rem stultam spernit neque credere potest. Et hac in parte deterior est trunco, quia voluntati divinae rebellis est et inimicus, nisi Spiritus sanctus in ipso sit efficax et fidem aliasque Deo probatas virtutes atque oboedientiam in ipso accendat et operetur. Praeterea sacrae literae, hominis conversionem, fidem in Christum, regenerationem, renovationem et omnia, quae ad illam efficaciter inchoandam et absolvendam pertinent, nequaquam humanis viribus naturalis Liberi Arbitrii neque ex toto neque dimidia aut ulla vel minima ex parte, sed in solidum, id est, simpliciter, soli divinae operationi et Spiritui sancto adscribunt, sicut etiam Apologia testatur. Ratio et naturale liberum arbitrium habet aliquo modo facultatem, ut externam honestam vitam instituere possit; at ut interne homo renascatur ipsiusque cor et animus immutentur, hoc solius | Spiritus sancti opus est. Et sane is donat intellectum et cor hominis aperit, ut scripturam intelligat et [647] verbo Domini attendat, ut Lucae 24. scriptum est: Aperuit ipsis scripturam, ut eam intelligerent. Et Actor. 16. Lydiae auscultanti Dominus aperuit cor, intendere his, quae dicebantur a Paulo. Operatur enim Dominus in nobis utrunque, et velle et perficere, dat poenitentiam, operatur fidem, ut Apostolus ait: Vobis donatum est, ut in eum credatis. Donum Dei est. Et Christus inquit: Hoc est opus Dei, ut credatis in eum, quem misit ille. Dominus donat cor intelligens, oculos videntes et aures audientes. Spiritus sanctus est spiritus regenerationis et renovationis. Ille aufert durum lapideum cor et donat novum, molle, et carneum cor, ut in praeceptis eius ambulemus. Ille nos in Christo Iesu creat ad opera bona et nos novas creaturas facit. Et ut paucis dicamus: omne donum bonum est a Deo. Nemo potest ad Christum venire, nisi Pater traxerit eum. Nemo novit patrem, nisi cui filius revelare voluerit. Nemo potest Christum Dominum appellare, nisi per Spiritum sanctum. Sine me, inquit Christus, nihil facere potestis. Omnis sufficientia nostra a Deo est. Et quid habes, quod non accepisti? Quid igitur gloriaris, quasi non acceperis? SSC | d – d nicht in SSC | e nicht in SSC | i – i offenbaret SSC | j nicht in SSC
f
danach: et SSC; 2 TB |
g
in SSC |
265
h
danach: je SSC
Vgl. Jes 45,9; Jes 64,7; Jer 18,6. | 266 lenken, bewegen | 267 I Kor 2,14 | 268 verhält | 269 ihm Vgl. AC XVIII, o. S. 548–553. | 271 ehrbar, rechtschaffen | 272 Lk 24,45 | 273 Act 16,14 | 274 Phil 2,13 | 275 Act 5,31; II Tim 2,25 | 276 Vgl. Kol 2,12. | 277 Vgl. Phil 1,29. | 278 Eph 2,8 | 279 Joh 6,29 280 Vgl. Dtn 29,3; Mt 13,15f; Joh 9,39. | 281 Tit 3,5 | 282 Vgl. Ez 11,19; Ez 36,26; Dtn 30,6; Ps 51 (Vg 50),12. | 283 Eph 2,10 | 284 II Kor 5,17; Gal 6,15 | 285 Jak 1,17 | 286 Joh 6,44 | 287 Mt 11,27 288 I Kor 12,3 | 289 Joh 15,5 | 290 Vgl. II Kor 3,5 | 291 I Kor 4,7 270
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Philip. 2. Act. 5. 2. Tim. 2. | Philip.1. Ephes. 2. Iohan. 6. | Deut. 29. Matth. 13. Tit. 3. Ezech. 11. 36. Deut. 30. Psal. 51. Ephes. 2. Iacob. 1. Johan. 6. Matth. 11. | 1. Cor. 12. Iohan. 15. 2. Cor. 3. | 1. Cor. 4.
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Wie dann sonderlich von diesem Spruch S. Augustinus schreibet, Das er dadurch uberzeuget sey, seine vorige, irrige meinung fallen zu lassen, da292 er gehalten habe, de praedestinatione cap. 3: „Gratiam Dei in eo tantum consistere, quod in praeconio veritatis Dei voluntas nobis revelaretur, ut autem praedicato | nobisk Evangelio consentiremus, nostrum esse proprium et ex nobis esse.“ Item: „Erravi“, inquit, „cum dicerem, nostrum esse credere et velle, Dei autem dare credentibus et volentibus facultatem operandi“.293 lDas ist: mInn dem habe ich geirret, das ich gehalten habe,m Die gnade Gottes stehe alleino darinnen, das Gott in der Predig der warheit seinen willen offenbare, Aber das wir dem gepredigten Evangelio beyfall thun, das sey unser eigen werck und stehe in unsern krefften. [269r] Item, Spricht S. Augustinus weiter: Ich habe geirret, da ich sagte, Es stehe in unser macht, dem Evangelio zu gleuben und wöllen, Aber Gottes werck sey es, zu geben die krafft denen, die da gleuben und wöllen, das sie etwas wircken köndten. Diese Lere ist in Gottes wort gegründet und der Augspurgischen Confeßion, auch andern Schrifften, daroben vermeldet, gemes, wie die nachfolgende zeugnissen ausweisen:
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Im zwantzigsten Artickel sagt die Confeßion also: p„Dieweil durch den Glauben der heilige Geist geben wird, so wird auch das hertz geschickt, gute werck zu thun, Dann zuvorn, dieweil es one den heiligen Geist, so ist es zu schwach, dazu ist es ins Teuffels gewalt, der die arme menschliche natur zu viel sünden treibet.“p 294
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Diese Sprüche295 zeugen klar, das die Augspurgische Confeßion des menschen willen in geistlichen sachen gar nicht für frey erkennet, sondern saget, er sey des Teuffels gefangener; wie solt er sich dann können aus eignen krefften zum Evangelio oder Christo wenden? Die Apologia leret vom freien willen also: „und wir sagen auch, Das die vernunfft etlicher massen einen freien willen habe, denn in den dingen, welche mit der vernunfft zu fassen, haben wir einen freien willen“;296 und bald darnach: „Solche hertzen, die one den heiligen Geist sind, die | sind one Gottes furcht, one glauben, vertrauen, glauben nicht, das Gott sie erhöre, das er ire sünde vergebe, und das er inen in nöten helffe, Darumb sind sie Gottlos. ‚Nun kan ein böser Baum nicht gute Früchte tragen‘297, und: ‚one glauben kan Gott niemand gefallen‘298. Darumb, ob wir gleich nachgeben, das
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k nicht in SSC, TB | dritten capitell TB | treibet]
l–l o
nicht in SSC | m – m nicht in TB | n davor: Von der ewigen wahl Gottes im nicht in TB | p – p TB: s. QuM II, 376,33–377,2 [Die menschen ... sundigen
292 mit der | 293 Augustinus, De praedestinatione III, 7, in: PL 44, 964f. | 294 Vgl. CA XX, o. S. 125,27–127,5. Die hier abgedruckte Fassung der Konkordienformel (nach dem Konkordienbuch Dresden 1580) folgt der damals in Mainz offenbar noch vorhandenen Handschrift der CA, die für das Original des 1530 auf dem Augsburger Reichstag übergebenen Bekenntnisses gehalten wurde.
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Et sane D. Augustinus hoc scripturae loco convictum se esse fatetur, ut opinionem, quam antea ea de re falsam conceperat, abiiceret. Senserat enim gratiam Dei in eo tantum consistere, quod in praeconio veritatis Dei voluntas nobis revelaretur; ut autem praedicato nobis Evangelio consentiremus, nostrum esse proprium et ex nobis esse. Item, Erravi, inquit, cum dicerem, nostrum esse credere et velle, Dei autem dare credentibus et volentibus facultatem operandi.
Haec doctrina in sacris literis solidissima fundamenta habet et Augustanae Confessioni aliisque scriptis publicis et approbatis, quorum supra mentionem fecimus, plane conformis est, quemadmodum dicta, quae recitabimus, luculenter testantur. In Articulo XX. Augustana Confessio haec verba habet: Homines sine Christo, sine fide et sine Spiritu sancto sunt in potestate Diaboli, qui impellit homines ad varia et [648] manifesta scelera. Ideo primum docentur homines de fide, quomodo Spiritus sanctus detur et quod Christus nos iuvet et tegat contra Diabolum etc. Et paulo post: Humana | ratio et virtus sine Christo nimis infirma est ad resistendum Diabolo, qui impellit homines ad peccandum etc. Ex his manifestum est, quod Augustana Confessio hominis voluntatem in rebus spiritualibus haudquaquam liberam pronunciet: sed affirmet, hominem esse in Diaboli potestate: Quodmodo igitur suis ipse viribus ad Evangelion, aut ad Christum, se convertere posset? Apologia Confessionis de libero arbitrio ad hunc modum docet: Non adimimus humanae voluntati libertatem. Habet enim libertatem in operibus et rebus deligendis, quas ratio per se comprehendit etc. Et paulo post: Humana corda sine Spiritu Sancto sunt sine | timore Dei, sine fide et fiducia erga Deum, non credunt se exaudiri a Deo, sibi remitti peccata et in tribulatione velle Deum opem ferre: igitur sunt impia. Porro arbor mala non potest ferre bonos fructus. Et sine fide impossibile est placere Deo. Igitur, etiamsi concedimus Libero
Sie diente auch als Grundlage für den Abdruck der CA im Konkordienbuch. Das Torgische Buch dagegen enthält eine längere Fassung des Artikels XX der CA und folgt darin der Wittenberger Quartausgabe von 1531. Die lateinische Übersetzung der Konkordienformel von 1584 bietet eine Textfassung der CA, die sich an der Editio princeps orientiert. | 295 Da das Torgische Buch mehr als nur das o. g. kurze CA–Zitat bot (vgl. o. S. 1360f, Anm. 294) ist hier – ohne dass man eine Anpassung an den neuen Sachverhalt vornahm – noch von „Sprüchen“ die Rede. | 296 Vgl. AC XVIII, o. S. 550,4–6; 551,4f. | 297 Mt 7,18 | 298 Hebr 11,6
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De praedestinatione, cap. 4.
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Articulo 18. Confessionis
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Von der Sünde.
Von der Busse.
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Uber den 3. Artickel des Christlichen Glaubens.
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in unserem vermügen sey, solche eusserliche werck zu thun, So sagen wir doch, Das der freie wille und vernunfft in geistlichen sachen nichts vermüge“ etc.299 Hieraus lauter300 zu sehen, das die Apologia des menschen willen kein vermügen zuschreibet, weder das gute anzufahen, noch für sich selbst mitzuwircken. In den Schmalkaldischen Artickeln werden auch nachfolgende irthumb vom freien willen verworffen: „Das der mensch hab einen freien willen, guts zu thun und böses zu lassen“301 etc.q; und bald darnach wird auch als ein irthumb verworffen, rwann geleret wirdr: „Es sey nicht in der Schrifft gegründet, das zu den guten wercken von nöten sey der heilige Geist mit seiner gnade“ etc.302 [269v] Ferner stehet in den Schmalkaldischen Artickeln also: „und diese Bus weret bey den Christen bis in den todt, dann sie beisset sich mit der ubrigen sünde im fleisch durchs gantze leben, wie S. Paulus, Rom. 7, zeuget, das er kempffe mit dem Gesetz seiner glieder303, und das nicht durch eigene kreffte, sondern durch die gabe des heiligen Geistes, welche folget auff die vergebung der sünde; dieselbige gabe reiniget und feget teglich die ubrige sünde aus und arbeitet, den menschen recht rein und heilig zu machen.“304 Diese wort sagen gar nichts von unserem willen, oder das derselbe auch in den neugebornen menschen etwas aus im305 selbst wircke, sondern schreiben es zu der gabe des heiligen Geistes, welche den men|schen reiniget und in306 teglich frömmer und heiliger mache, und werden hievon unsere eigene kreffte gentzlich ausgeschlossen. Im grossen Catechismo D. Luthers stehet also geschrieben: „Derselben Christlichen Kirchen bin ich auch ein stück und glied, aller güter, so sie hat, teilhafftig und mitgenos durch den heiligen Geist dahin gebracht und eingeleibet, dardurch das ich Gottes wort gehöret hab und noch höre, welches ist der anfang hienein zu kommen. Dann vorhin, ehe wir darzu zur Christlichen Kirchen kommen, sind wir gar des Teuffels gewesen, als die von Gott und Christo nichts gewust haben. So bleibet der heilige Geist bey der heiligen gemeine der Christenheit biss auff den Jüngsten tag, dadurch er uns heilet, und braucht sie darzu, das wort zu füren und treiben, dadurch er die heiligung macht und mehret, das wir teglich zunemen und starck werden im glauben und seinen früchten, so er schaffet“ etc.307 In diesen worten gedencket der Catechismus unsers freien willens oder zuthuns mit keinem wort, sondern gibets alles dem heiligen Geist, das er durchs Predigampt uns in die Christenheit bringe, darinnen heilige und
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und wiederumb guttes zu lassen und böses zu thun TB | r – r nicht in TB
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arbitrio libertatem et facultatem externa legis opera efficiendi, tamen illa spiritualia non tribuemus libero arbitrio, scilicet vere timere Deum, vere credere Deo etc. Haec satis clare testantur, quod Apologia humanae voluntati nullas vires attribuat, vel bonum inchoandi vel ex sese cooperandi. 5
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In articulis Smalcaldicis sequentes errores de libero arbitrio reiiciuntur: quod homo liberum habeat arbitrium, bonum agendi et malum omittendi etc. Et post aliqua tanquam error repudiatur, cum docetur: Non posse ex scriptura probari ad bonum opus necessario requiri Spiritum sanctum et eius gratiam.
De peccato Originis
Praeterea in articulis Smalcaldicis haec leguntur: Et haec poenitentia in Christianis usque ad mortem durat. Luctatur enim cum reliquiis peccati in carne, per totam vitam, quemadmodum D. Paulus Rom. 7. testatur se luctari cum lege [649] membrorum suorum, atque hoc non propriis viribus, sed Spiritus sancti dono, quod remissionem peccatorum statim sequitur. Hoc donum quotidie aliquid de reliquiis peccati expurgat et in hoc incumbit, ut hominem vere mundum et sanctum reddat. Haec verba prorsus nihil de nostra voluntate loquuntur neque dicunt, quod ea etiam in renatis aliquid ex sese operetur, sed omnia Spiritus sancto dono adscribunt, quod | hominem emundet et de die in diem meliorem et sanctiorem faciat, et ab eo opere vires nostrae propiae prorsus excluduntur.
De poenitentia.
Maior D. Lutheri Catechismus sic habet: Illius Catholicae Christianae Ecclesiae ego quoque pars sum et membrum, omnium bonorum, quae ipsa habet, particeps et consors; per Spiritum sanctum enim ad eam communionem coelestium bonorum introductus et Ecclesiae sum insertus, hoc videlicet medio, quod verbum Dei audivi et adhuc audio; hoc enim initium est, per quod aditus ad Ecclesiam Dei nobis patet. Antequam enim in Ecclesiam Christi introducti sumus, vilissima Diaboli mancipia eramus, quia de Deo et Christo nihil noveramus. Spiritus sanctus autem manet cum sancta Ecclesia Catholica ad novissimum usque diem, et per Ecclesiam nos sanat eiusque opera utitur in docendo et propagando Dei verbo, per quod ipse sanctificationem nostram operatur et promovet, ut de die in diem proficiamus et in fide confirmemur atque in ferendis boni fidei fructibus, quos ipse efficit, progressus subinde maiores faciamus etc. In his omnibus, quae iam e Catechismo recitavimus, liberi nostri arbitrii aut cooperationis nostrae ne uno quidem verbulo fit mentio, sed omnia Spiritui
De tertio articulo Symboli Apostolici
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299 Vgl. AC XVIII, o. S. 550,24–32. | 300 klar | 301 Vgl. ASm III, o. S. 748,6f. | 302 Vgl. ASm III, o. S. 748,22f. | 303 Vgl. Röm 7,23; Röm 8,2. | 304 Vgl. ASm III, o. S. 764,3–9; 765,3–8. | 305 sich 306 ihn | 307 Vgl. o. S. 1064,2–11.
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verschaffe, das wir teglich zunemen im glauben und guten wercken; und ob wol die neugebornen auch in diesem leben so fern308 kommen, das sie das gute wollen und es inen liebet309, auch guts thun und in demselbigen zunemen, So ist doch solches (wie droben vermeldet) nicht aus unserem willen und unserm vermögen, sondern der H. Geist, wie Paulus | selbst davon redet, wircket solch wollen und volbringen, Phil. 2310. Wie er auch zuns Eph[esern] 2 solch werck allein Gott zuschreibet, da er sagt: „Wir seind sein werck, geschaffen in Christo Jesu zu guten wercken, zu welchen uns Gott zuvor bereitet hat, das wir darinnen wandeln sollen.“311 Im kleinen Catechismo Doctor Luthers stehet also geschrieben: „Ich glaub, das ich nicht aus eigner vernunfft noch krafft an Jesum Christum, meinen Herrn, gleuben oder zu im kommen kan, sondern der heilige Geist hat mich durchs Evangelium beruffen, mit sei[270r]nen gaben erleuchtet, im rechten glauben geheiliget und erhalten, gleich wie er die gantze Christenheit auff Erden berufft, samlet, erleucht, heiliget und bey Jesu Christo erhelt in rechtem einigen glauben“ etc.312 Und in der auslegung des Vater unsers in der andern313 Bitte seind diese wort: „Wie geschicht das?“ nemlich, das Gottes Reich zu uns komme? „Antwort: Wann der himlische Vater uns seinen heiligen Geist gibt, das wir seinem heiligen wort durch seine gnade gleuben und Göttlich leben“ etc.314 Diese zeugnis sagen, das wir aus eignen krefften zu Christo nicht kommen mügen, sondern Gott müsse uns seinen heiligen Geist geben, dardurch wir erleuchtet, geheiliget und also zu Christo durch den glauben gebracht und bey im erhalten werden und wird weder unsers willens noch mitwirckens gedacht. Hierauff wöllen wir einen Spruch setzen, da sich Doctor Luther nachmals315 mit einer protestation316, das er bey solcher Lere biss an sein ende zuverharren gedencke, erkleret im grossen Bekentnis vom heiligen Abendmal, da er also saget: „Hiemit verwerffe und verdamme ich als eitel317 irthumb alle Lere, so unsern freien Willen preisen, als die stracks318 wider solche hülff und gnade unsers Heilands Jesu Christi strebet. Dann weil ausserhalb Christo der todt und die sünde unsere Herren und der Teu|ffel unser Gott und Fürst ist, kan do keine krafft noch macht, kein witz319 noch verstandt sein, damit wir zu der gerechtigkeit und leben uns köndten schicken320 oder trachten321, sonder müssen verblendte und gefangene der sünde und des Teuffels eigen sein, zu thun und zu gedencken, was inen gefellet und Gott mit seinen Geboten widert 322 ist.“323
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nicht in TB | t davor: zu TB
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weit | 309 gefällt | 310 Vgl. Phil 2,13. | 311 Eph 2,10 | 312 Vgl. o. S. 872,16–21; 873,21–24. zweiten | 314 Vgl. o. S. 876,7–9. | 315 später | 316 Zeugnis, Bekenntnis | 317 lauter | 318 gerade-
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sancto attribuuntur, quod videlicet nos per ministerium verbi in Ecclesiam Dei introducat, in qua nos sanctificet et efficiat, ut quotidie in fide et bonis operibus proficiamus. Quamvis autem renati etiam in hac vita usque progrediantur, ut bonum velint eoque delectentur et bene agere atque in pietate proficere studeant tamen hoc ipsum (ut [650] paulo ante dictum est) non a nostra voluntate aut a viribus nostris profiscitur; sed Spiritus | sanctus (ut Paulus ipse de hac re loquitur) operatur in nobis illud velle et perficere. Quemadmodum etiam alibi Apostolus hoc opus soli Deo tribuit, cum inquit: Ipsius sumus factura, creati in Christo Iesu ad opera bona, quae praeparavit Deus, ut in illis ambulemus. In minori Catechismo D. Lutheri sic scriptum est: Credo me non propria mea ratione aut virtute in Iesum Christum Dominum meum credere ac ad ipsum venire posse, quandoquidem Spiritus sanctus me per Evangelium vocavit, suis donis illuminavit, in recta fide sanctificavit et conservavit; quemadmodum universam Christianam Ecclesiam in terris vocat, colligit, illuminat, sanctificat et in vera ac una fide in Iesum Christum conservat etc.
BSLK 888 | Philip. 1. Ephes. 3.
Et in explicatione secundae petitionis in Oratione Dominica haec sunt verba: Qui fit hoc?, ut scilicet regnum Dei ad nos veniat, Responsio: Quando coelestis Pater nobis Spiritum sanctum suum largitur, ut verbo eius sancto per gratiam Dei credamus et pie vivamus etc. Haec testimonia affirmant nos propriis viribus non posse ad Christum venire, sed Deum dare nobis Spiritum suum sanctum, a quo illuminamur, sanctificamur et ita ad Christum per fidem adducimur atque in ipso conservamur. Hic nec voluntatis nostrae nec cooperationis mentio fit. His adiungemus dictum, quo D. Lutherus tandem adhibita protestatione seipsum declarat, quod in hac doctrina usquae ad vitae finem perserverare velit. Verba in maiore Confessione de sacrosancta Coena haec sunt: Reiicio et damno tanquam meros errores omnia dogmata, quae nostrum liberum arbitrium praedicant, ut pote quae auxilio et gratiae salvatoris nostri Iesu Christi simpliciter repugnant. Cum enim (extra Christum) mors et peccatum nobis | dominentur et Diabolus sit Deus et princeps noster, non potest hic esse ulla potentia aut virtus, sapientia aut intelligentia in nobis, qua ad iusticiam et vitam nos parare et eam quaerere possimus, sed [651] constat nos plane excaecatos et captivos et peccati ac diaboli mancipia esse et facere atque cogitare ea, quae ipsis placent et Deo et praeceptis eius adversa sunt.
wegs | 319 Klugheit, Verstand | 320 vorbereiten | 321 danach streben | 322 zuwider, entgegen Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 502,35–503,24.
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In diesen worten gibt Doctor Luther, seliger und heiliger gedechtnis, unserem freien Willen keine einige324 krafft, sich zur gerechtigkeit zu schicken oder darnach zu trachten, sondern saget, Das der Mensch, verblendet und gefangen, allein des Teufels willen und, was Gott, dem Herrn, zu wider ist, thue. Darumb ist hie kein mitwircken unsers willens in der bekerung des menschen und muss der mensch gezogen325 und aus Gott neu geboren werden, sonst ist kein gedancken in unserm hertzen, der sich zu dem heiligen Evangelio, dasselbige anzunemen, von sich selbst wenden möchte. Wie auch Doctor Luther von diesem handel im Buch de Servo arbitrio, das ist von dem gefangenen willen des menschen, wider Erasmum326 geschrieben und diese sach wol und gründlich ausgeführt und erhalten327 und nachmals in der herrlichen auslegung des ersten buchs Mose uund sonderlich uber das 26. Capitelu widerholet und erkleret hat,328 vin massen329 daselbsten er auch etliche andere, sonderbare330, durch Erasmum331 neben eingefürte dispu[270v]tation332, als de absoluta neceßitate333 etc., wie er solches gemeinet und verstanden haben wölle, wider allen missverstandt und verkerung zum besten und fleissigsten verwaret334 hatv, Darauff wir uns auch hiemit gezogen und andere dahin weisen. Derhalben ist es unrecht geleret, wann | man vorgibet, das der unwidergeborne mensch nochw so viel krefften habe, das er begere, das Evangelium anzunemen, sich mit demselbigen zu trösten und also der natürlichex menschliche wille in der bekerung etwas mitwircke,335 Dann solche irrige meinung ist der heiligen, Göttlichen Schrifft, der Christlichen Augspurgischen Confeßion, derselben Apologi, den Schmalkaldischen Artickeln, dem grossen und kleinen Catechismo Lutheri und andern dieses vortreffentlichen, hocherleuchten Theologen Schrifften zuwider.l Dieweil aber diese Lere vom unvermögen und bosheit unsers natürlicheny freien Willens und von unserz bekerung und widergeburt, das sie allein Gottes und nicht unserer krefften werck sey, beides von Enthusiasten336 und Epicurern337 unchristlich misbraucht wird338 und viel Leute durch solche reden wüste und wilde und zu allen Christlichen ubungen im beten, lesen und Christlicher betrachtung faul und trege werden, in dem sie sagen, Weil u–u
nicht in TB | v – v nicht in TB | w auch TB | x nicht in TB | y nicht in SSC | z danach: ersten TB
324 einzige | 325 Vgl. Joh 6,44. | 326 Erasmus von Rotterdam hatte 1524 in seiner Schrift „De libero arbitrio“ vertreten, dass sich der Mensch kraft seines Willens dem Heil frei zuwenden oder sich von ihm abwenden könne. Dem trat Luther mit „De servo arbitrio“ 1525 entgegen. | 327 Luther, De Servo arbitrio (1525), in: WA 18, 600–787. | 328 Luther, Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 43, 457–463. | 329 so wie | 330 besondere | 332 Diskussionspunkte | 333 Die mittelalterliche Scholastik sprach von „necessitas absoluta“, d. h. unbedingter Notwendigkeit, um die zwingende logische Folgerung zu beschreiben. In ihrem Streit um den freien Willen hatten sich Luther und Erasmus auf diese Tradition bezogen. | 334 abgewehrt | 335 Schon die Zeitgenossen meinten, dass sich die Konkordienformel mit dieser Stellungnahme auch gegen Melanchthon gewandt habe; vgl. ders., Loci theologici (1543), in: CR 21, 659f (MWA 2/1, 273,2–18). Allerdings steht Melanchthons Argumentation dort im Zusammenhang mit der Abgrenzung von manichäischen Tendenzen.
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In his verbis D. Lutherus piae sanctaeque memoriae, libero nostro arbitrio prorsus nihil virium tribuit, quibus se homo ad iustitiam praeparare aut eam quaerere possit. Contra vero docet hominem excoecatum et captivum tantummodo voluntati Satanae parere et ea, quae Deo displicent, facere. Quare non est in hoc negotio somnianda ulla cooperatio voluntatis nostrae in hominis conversione. Et enim necesse est, ut homo divinitus trahatur et ex Deo renascatur: alias nulla in cordibus nostris cogitatio est, quem a seipso ad evangelion amplectendum sese convertat. Hoc negotium D. Lutherus in libro suo, De Servo arbitrio contra Erasmum, egregie et solide explicuit atque sententiam hanc piam et invictam esse demonstravit. Postea, in Commentario illo praeclaro, quem in Genesin scripsit (praecipue in explicatione 26. capitis) eandem repetivit et declaravit. Eo loco etiam alias quasdam peculiares ab Erasmo motas disputationes (ut de absoluta necessitate etc.) attigit et, quomodo ea intelligi et accipi vellet, contra omnes sinistras suspiciones et corruptelas pia explicatione optime munivit. Ea hic repetita esse volumus et, ut diligenter legantur omnes, hortamur.
Quare male docetur, cum fingitur | hominem non renatum adhuc tantum habere virium, ut Evangelion amplecti eoque sese consolari cupiat et hoc modo humanam voluntatem (qualis natura est) in conversione aliquo modo cooperari. Haec enim falsa opinio sacrosanctae scripturae, piae Augustanae Confessioni, eiusdem Apologiae, Smalcaldicis articulis, Maiori et minori Catechismis Lutheri et aliis huius excellentissimi et divinitus illuminati Theologi scriptis repugnat. Non ignoramus autem et Enthusiastas et Epicureos pia hac de impotentia et malitia naturalis liberi arbitrii doctrina (qua conversio et regeneratio nostra soli Deo, nequaquam autem nostris viribus tribuitur) impie, turpiter [652] et maligne abuti. Et multi impiis illorum sermonibus offensi atque depravati, dissoluti et feri fiunt atque omnia pietatis exercitia, orationem, sacram lectionem, pias meditationes remisse tractant aut prorsus negligunt ac dicunt:
Deshalb argumentierte er unter Verweis auf die Väter: „Ideo veteres aliqui sic dixerunt: Liberum arbitrium in homine facultatem esse applicanda se ad gratiam, id est, audit promissionem et assentiri conatur et abiicit peccata contra conscientiam.“ | 336 Vgl. o. S. 1347, Anm. 191. Vgl. Epiphanius von Salamis, Panarium adversus haereses Haeresis LXXX, 4, in: PG 42, 761 (GCS 37, 425f). | 337 Epikuräer sind eigentlich die Anhänger des griechischen Philosophen Epikur. Die philosophische Schule des Epikureismus wurde aber seit der römischen Zeit unter dem Einfluss ihrer christlichen Gegner negativ konnotiert. Als Epikuräer bzw. „Epicurer“ galten im Sprachgebrauch der Frühen Neuzeit diejenigen, die sich – vor dem Hintergrund eines fatalistischen Schicksalsglaubens – dem rückhaltlosen Lebensgenuss verschrieben. Vgl. Luther, Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 43, 458,25–27.
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Iohan. 6.
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sie aus iren eigenen natürlichena krefften sich nicht vermügen, zu Gott bekeren, wöllen sie Gott immer zu gentzlich widerstreben, oder warten, biss sie Gott mit gewalt wider iren willen bekeret, oder weil sie in diesen geistlichen sachen nichts thun können, sondern alles allein des heiligen Geistes wirckungb sey, Soc wöllen sie weder wort noch Sacrament achten, hören oder lesen, sondern warten, biss inen Gott vom Himmel one mittel339 seine gaben eingiesse, das sie deigentlich bey sich selbstd fülen eund merckene können, das sie Gott bekeret habe.
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Andere kleinmütige hertzen auch in schwere gedancken und zweifel fallen möchten, ob sie Gott erwelet habef und durch den heiligen Geist solche seine gaben in inen auch wircken wölle, dieweil sie keinen starcken, brennenden glauben und hertzlichen | gehorsam, sondern eitel340 schwacheit, angst und elend empfinden. So wöllen wir itzundg ferner aus Gottes wort berichten, wie der Menschh zu Gott bekeret werde, wiei und durch was mittel, nemlich durchj das mündliche wort und die heiligen Sacramenta, der heilige Geist in uns krefftig sein und ware busse, glauben und neue, geistliche krafft und vermügen zum guten in unsern hertzen wircken und geben wölle und wie wir uns gegen solche mittel verhalten und dieselbigen brauchen sollen. Gottes wille ists nicht, das jemand verdammet werde, sondern das alle Menschen sich zu ime bekeren und ewig selig werden, [271r] Ezech. 33: „So war ich lebe, kwil ich nicht den todt des sünders, sondern das er sich bekere und lebel k.“341 „Denn also hat Gott die Welt geliebet, mdas er seinen eingebornen Son gab, auff das alle, die an in gleuben, nicht verloren werden, sondern das ewige leben habenm.“342 Derhalben lesset Gott aus unermeslicher güte und barmhertzigkeit sein Göttlich, ewig Gesetz und den wunderbarlichen rath343 von unser erlösung, nemlich Das heilig, allein seligmachende Evangelium von seinem ewigenn Son, unserm einigeno 344 Heiland und Seligmacher Jesu Christo, öffentlich predigen, dadurch er ime eine ewige Kirche aus dem menschlichen geschlecht samlet und in der menschen hertzen ware bus und erkentnis der sünden, waren glauben an den Son Gottes, Jesum Christum, wircket; und wil Gott durch dieses mittel und nicht anders, nemlich durch sein heiliges wort, so man dasselbige predigen höret poder liesetp und die Sacramenta nach seinem wort gebrauchet, die menschen zur ewigen seligkeit beruffen, zu sich ziehen, bekeren, | widergeberen undq heiligenr. 1. Corinth. 1: „Dieweil die a nicht in TB | b werck SSC | c nicht in SSC | d – d usdrucklich SSC | e – e nicht in SSC | f nicht in SSC | g danach: zum veerden SSC, TB | h danach: erstlich TB | i davor: und SSC | j nicht in SSC k – k etc. SSC | l selig werde TB | m – m etc. SSC | n lieben SSC, TB | o ewigen TB | p – p vleissigk leisset, betrachtet SSC, TB | q nicht in TB | r danach SSC: s. QuM II, 261,6–8 [und ein ... leben mitteylen]; danach TB: s. QuM II, 380,29–31 [trösten und ... leben mitteilet]
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quandoquidem propriis suis naturalibus viribus ad Deum sese convertere nequeant, perrecturos se in illa sua adversus Deum contumatia aut expectaturos, donec a Deo violenter et contra suam ipsorum voluntatem convertantur. Et cum in hisce spiritualibus rebus nullam agendi facultatem habeant, sed totum illud conversionis negotium solius Spiritus sancti operatio sit, negant se porro verbum Dei vel audituros vel lecturos aut sacramento usuros, sed expectare velle, donec ipsis Deus immediate coelitus dona sua infundat, ut revera in seipsis sentire et experientia ipsa certiores fieri possint, se a Deo conversos esse. Alii vero ut infirmae et perturbatae mentes, non satis recte intellecta pia nostra doctrina de libero arbitrio fortasse in tristes has cogitationes et periculosam dubitationem incidere possent: an sint a Deo electi et an Deus | dona illa per Spiritum sanctum in ipsis operari velit, praesertim cum in cordibus suis non adeo firmam et flagrantem fidem promptamque oboedientiam, sed solummodo meras infirmitates, miserias et angustias sentiant. Hanc ob causam porro e verbo Dei docebimus: quomodo homo ad Deum convertatur, quomodo et quibus mediis (videlicet per verbum vocale et per Sacramenta) Spiritus sanctus in nobis efficax sit et veram poenitentiam, fidem novasque spirituales vires ac facultates ad bene agendum in cordibus nostris operari et largiri velit, et quemadmodum nos erga oblata illa media gerere et iis quomodo uti debeamus. Non est voluntas Dei, ut quisquam pereat, sed vult, ut omnes homines ad ipsum convertantur et in aeternum salvi fiant. Vivo ego, inquit Dominus, nolo mortem peccatoris, sed ut convertatur et vivat. Sic enim Deus dilexit [653] mundum, ut filium suum unigenitum daret, ut omnis qui in eum crediderit, non pereat, sed habeat vitam aeternam. Propterea Deus pro sua ineffabili bonitate et clementia curat, ut et sua divina et immota lex et mirandum consilium de liberatione nostra, sanctum videlicet et salvificum Evangelion de aeterno filio suo, unico salvatore et redemptore nostro, Iesu Christo, publice annuntientur. Ea praedicatione aeternam Ecclesiam sibi e genere humano colligit et in hominum mentibus veram poenitentiam, agnitionem peccatorum et fidem veram in filium Dei, Iesum Christum, operatur. Et visum est Deo per hoc medium, et non alio modo, nimirum per sanctum verbum suum, cum id vel praedicari auditur vel legitur, et per Sacramentorum legitimum usum homines ad aeternam salutem vocare, ad | se trahere, convertere, regenerare, et sanctificare. Quia in Dei sapientia, inquit Apostolus, non cognovit mundus per sapientiam Deum,
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unmittelbar, d. h. ohne das Wort der Predigt oder die Sakramente | Joh 3,16 | 343 Ratschluss, Heilsplan | 344 einzigen
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nur |
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Welt durch ire weisheit Gott nicht erkante, gefiel es Gott wol, durch thörichte predig selig zu machen die, so daran gleuben.“345 Actor. 10: „Petrus wird sdir dass wort sagen, dadurch du und dein gantzes Haus selig wirdest.“346 Rom. 10: „Der glaub kommet aus der Predig, das predigen aber durch Gottes wort.“347 Johan. 17: „Heilige sie Vater in deiner warheit, dein wort ist die warheit. Ich bitte aber vor alle, die durch ire wort an mich gleuben werden.“348 Derhalbent der ewige Vater vom Himmel herab von seinem lieben Son und allen, so in seinem Namen bus und vergebung der sünden predigen, rüffet: „Den solt ir hören“, uMatth. 17u.349 Diese Predigt sollen nun alle die hören, die da wollen selig werden, Dann die Predigt Gottes worts und das gehör350 desselbenv seind des heiligen Geistes Werckzeug, bey, mit und durch welche er krefftig wircken und die menschen zu Gott bekeren und in inen „beides, das wollen und das vollbringen“351, wircken wil. Dieses wort kan der mensch, so352 auch noch nicht zu Gott bekeret und widergeboren ist, eusserlichw hören xund lesenx, dann in diesen eusserlichen dingeny, wie oben gesagt353, hat der mensch auch nach dem fall etlicher massen einen freien willen, das er zur Kirchen gehen, der Predigt zuhören oder nicht zuhören mag. Durch dieses mittel, nemlichz die Predigt aund gehöra seines worts, wircket Gott und bricht unsere hertzen und zeucht den menschen, das er durch die Predigt des Gesetzes seine sünde und Gottes zorn erkennet und warhafftiges schrecken, reu und leid im hertzen empfindetb und [271v] durch | die Predigt und betrachtung des heiligen Evangelii von der gnadenreichen vergebung der sünden in Christo ein füncklein des glaubens in im354 angezündet wird, die vergebung der sünden umb Christi willen annimmet und sich mit der verheissung des Evangelii tröstet; und wird alsoc der heilige Geist (welcher ddieses alles wircketd) in das hertz gegeben.355 Wiewol nun beides, des Predigers pflantzen und begiessen356 und des Zuhörers lauffen und wöllen357, umb sonst were und keine bekerung darauff folgen würde, wo nicht des heiligen Geistes krafft und wirckung dazu keme, welcher durch das gepredigte, gehörtee wort die hertzen erleuchtet und bekeret, das die menschen solchem wort gleuben und das ja wort dazu geben: So sol doch weder Prediger noch Zuhörer an dieser gnade und wirckung des heiligen Geistes zweiffeln, sondern gewis sein, wenn das wort Gottes nach dem befehl und willen Gottes rein und lauter358 geprediget und die menschen mit vleis und ernst zuhören und dasselbige betrachten, das gewislich Gott mit seiner gnade gegenwertig sey und gebe, wie gemeldet, das359 der mensch sonst aus seinen eigenen krefften weder nemen noch geben kan, Dann von der s – s die TB | t davor: Psal. 1.119; 1. Pet. 1; Act. 2; 2. Cor. 3; Jaco. 1 SSC; davor: Psal. 1.119.19; 1. Pet. 1; Act. 2; 2. Cor. 2; Jacob. 1 etc. TB | u – u nicht in SSC | v nicht in SSC | w nicht in SSC, TB x – x lesen und ettlicher massen betrachten SSC, TB | y stucken SSC, TB | z danach: durch SSC a – a nicht in SSC | b fulet SSC | c danach: zugleich SSC; zugleich TB | d – d SSC: s. QuM II, 261,35–262,8 [den alten ... zu seyn]; TB: s. QuM II, 381,23–34 [den alten ... zusein etc.] | e danach:
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placuit Deo per stultitiam praedicationis salvos facere credentes. Et Angelus inquit: Petrus loquetur tibi verba, in quibus salvus eris tu et universa domus tua. Et: Fides est ex auditu, auditus autem per verbum Dei. Item: Sanctifica eos, pater, in veritate tua, verbum tuum est veritas etc. Oro autem pro iis etiam, qui per sermonem ipsorum in me sunt credituri. Quapropter aeternus Deus, pater coelestis, caelitus de filio suo dilecto et de omnibus, qui ipsius nomine poenitentiam et remissionem peccatorum praedicant, clamat: Hunc audite. Hanc verbi Dei praedicationem audire oportet omnes, qui aeternam salutem consequi cupiunt. Praedicatio enim verbi Dei et eiusdem auscultatio sunt Spiritus sancti instrumenta, cum quibus et per quae efficaciter agere et homines ad Deum convertere atque in ipsis et velle et perficere operari vult.
Hoc Dei verbum homo, etiam nondum ad Deum conversus nec renatus, externis auribus audire aut legere potest. In eiusmodi enim externis rebus, ut supra dictum est, homo adhuc etiam post lapsum, aliquo modo liberum ar[654]bitrium habet, ut ad coetus publicos Ecclesiasticos accedere, verbum Dei audire vel non audire possit. Per hoc medium seu instrumentum, praedicationem nimirum et auditionem verbi, Deus operatur, emollit corda nostra trahitque hominem, ut ex contionibus legis et peccata sua et iram Dei agnoscat et veros terrores atque contritionem in corde suo sentiat. Et per | annuntiationem ac meditationem Evangelii de gratuita et clementissima peccatorum remissione in Christo scintillula fidei in corde ipsius accenditur, quae remissionem peccatorum propter Christum amplectitur et sese promissione Evangelii consolatur, et hoc modo Spiritus sanctus, qui haec omnia operatur, in cor mittitur. Etsi autem utrunque, tum concionatoris plantare et rigare, tum auditoris currere et velle, frustra omnino essent, neque conversio sequeretur, nisi Spiritus sancti virtus et operatio accederet, qui per verbum praedicatum et auditum corda illuminat et convertit, ut homines verbo credere et assentiri possint: tamen neque contionator neque auditor de hac Spiritus sancti gratia et operatione dubitare debent. Quin potius uterque certo sciat, si verbum Dei iuxta mandatum et voluntatem Dei pure et sincere praedicatum fuerit et homines diligenter et serio auscultaverint illudque meditati fuerint, certissime Dominum gratia sua praesentem adesse et largiri ea, ut paulo ante dictum est, quae
unde bewarhtede SSC; danach: und betrachte TB 345 350 355
I Kor 1,21 | 346 Act 11,14 | 347 Röm 10,17 | 348 Joh 17,17.20 | 349 Mt 17,5; Mk 9,7; Lk 9,35 Hören | 351 Phil 2,13 | 352 der | 353 Vgl. o. S. 1358,2–5. 17–20; 1359,2–5. 16–20. | 354 ihm Vgl. Gal 4,6. | 356 Vgl. I Kor 3,6–8; Koh 3,2. | 357 Vgl. Röm 9,16. | 358 klar | 359 was
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Actor. 10.
Rom. 10. | Iohan. 17.
Matth. 17.
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Galat. 4.
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gegenwertigkeit, wirckungen und gaben des heiligen Geistes sol und kan man | nicht allweg ex sensu360, wie und wenn mans fim hertzen empfindetf, urteilen, sondern weil es offt mit grosser schwacheit verdecket wird und zugehet, sollen wir aus und nach der verheissung gewis sein, das das gepredigte, gehörteg wort Gottes sey ein Ampt hund werckh des heiligen Geistes, dadurch er in unsern hertzen gewislich krefftig ist und wircket, 2. Corinth. 2361. Da362 aber ein mensch die Predigt nicht hören noch Gottes wort leseni wil, sondern das wort und die gemeine Gottes verachtet und stirbet also und verdirbet in seinen sünden, der kan weder Gottes ewiger wahl sich trösten, noch seine barmhertzigkeit erlangen, dann Christus, in dem wir erwehlet sein, allen menschen seine gnade im wort und heiligen Sacramenten anbeut und ernstlich wil, das man es hören sol, und hat verheissen, Wo zwen oder drey in seinem Namen versamlet sein und mit seinem heiligen wort umbgehen, wil er mitten unter inen sein363. Daj aber ein solch menschk verachtet des heiligen Geistes Werckzeug und wil nicht hören, so geschicht ime nicht unrecht, wenn der heilige Geist in nicht erleuchtet, sondern in der finsternis seines unglaubens stecken und verderben lesset, davon geschrieben stehet: „Wie offt habe ich deine Kinder versamlen wöllen, wie eine Henne versamlet ire jungen unter ire flügel, und ir habt nicht gewolt“, Matth. 23.364 l[272r] Und in diesem fall mag man wol sagen, das der Mensch nicht sey ein stein oder | block. Dann ein stein oder block widerstrebet dem nicht, der in beweget, verstehet auch nicht und empfindet nicht, was mit ime gehandelt wird, wie ein mensch Gott dem Herrn widerstrebet mit seinem willen so lang, biss er bekeret wird; und ist gleichwol war, das ein Mensch vor der bekerung dennoch eine vernünfftige Creatur ist, welche ein verstand und willen hat, doch nicht ein verstand in Göttlichen sachen oder einen willen, etwas gutes und heilsames | zu wöllen. Jedoch kan er zu seiner bekerung (wie droben auch gemeldet365) gantz und gar nichts thun und ist in solchem fall viel erger dann ein stein und block, dann er widerstrebet dem wort und willen Gottes, biss Gott inen366 vom tode der sünden erwecket, erleuchtet und verneuert; und wiewol Gott den Menschen nicht zwinget, das er müsse from werden (denn welche allzeit dem heiligen Geist widerstreben und sich für und für auch der erkanten warheit widersetzen, wie Stephanus von den verstockten Jüden redet, Actor. 7,367 die werden nicht bekeret), Jedoch zeucht Gott, der Herr, den menschen, welchen er bekeren wil, und zeucht in also, das aus einem verfinsterten verstandt ein erleuchter verstandt und aus einem widerspenstigen willen ein gehorsamer wille wird, und das nennet die Schrifft ein neues hertz erschaffen368. Derhalben kan auch nicht recht gesagt
f – f fulet SSC | g danach: und betrachtet SSC, TB | h – h nicht in SSC | i danach: oder betrachten SSC, TB | j nicht in SSC | k danach: do er SSC | l – l SSC: s. QuM II, 262,38–264,15 [Dan das ...
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homo alias suis propriis viribus neque accipere neque dare potest. De praesentia enim, operatione et donis Spiritus sancti non semper ex sensu (quomodo videlicet et quando in corde sen|tiuntur) iudicari debet aut potest; sed quia haec saepe multiplici infirmitate contecta fiunt, ex promissione verbi Dei certo statuere debemus, quod verbum Dei praedicatum et auditum revera sit ministerium et organon Spiritus sancti, per quod in cordibus nostris vere efficax est et operatur. At si homo quispiam neque verbum Dei audire neque legere velit, sed potius ministerium verbi et Ecclesiam Dei con[655]temnat et in peccatis suis ita moriatur et pereat is neque ex aeterna Dei praedestinatione quicquam consolationis capere, neque misericordiam apud Deum consequi potest. Christus enim, in quo electi sumus, omnibus hominibus clementiam suam in verbo et Sacramentis offert et serio vult, ut verbum illud audiatur, ac promisit: Ubicunque duo aut tres in nomine eius congregati fuerint, et verbum eius pie tractaverint, ibi se in medio ipsorum adfuturum. Quare cum homo prophanus instrumenta seu media Spiritus sancti contemnit neque verbum Dei audire vult: non sit illi iniuria, si a Spiritu sancto non illuminetur, sed in tenebris infidelitatis suae relinquatur et pereat. De hac re sic scriptum extat: Quoties volui congregat pullos suos sub alas, et Noluisti?
Et hac ratione recte etiam dici potest hominem non esse lapidem aut trun|cum. Lapis enim aut truncus non reluctatur ei, a quo movetur, sed neque intelligit aut sentit, quod secum agatur, sicut homo Deo sua voluntate reluctatur, donec ad Dominum conversus fuerit. Et tamen verum est, quod homo etiam ante conversionem sit creatura rationalis, quae intellectum et voluntatem habeat (intellectum autem non in rebus divinis, et voluntatem, non ut bonum et salutare aliquid velit); sed tamen ad | conversionem suam (ut saepe iam est dictum) prorsus nihil conferre potest. Et hac in parte multo est deterior lapide aut trunco, quia repugnat verbo et voluntati Dei, donec Deus eum a morte peccati resuscitet, illuminet atque renovet. Etsi autem Dominus hominem non cogit, ut convertatur (qui enim semper Spiritui sancto resistunt et veritati agnitae perserverantes repugnant, quod sanctus Stephanus induratis Iudaeis tribuit, hi non convertuntur): attamen trahit Deus hominem, quem convertere decrevit. Sic autem eum trahit, ut ex intellectu coecato illuminatus fiat intellectus, et ex rebelli voluntate fiat promta et oboediens voluntas. Et hoc ipsum scriptura vocat novum cor creare. Eam ob
darinne wandelen]; TB: s. QuM II, 382,30–385,2 [Dan das ... darinnen wandeln] 360 365
aus dem Gefühl heraus | 361 Vgl. II Kor 3,7–11. | 362 Wenn | 363 Vgl. Mt 18,20. | 364 Mt 23,37 Vgl. o. S. 1354,35–1356,3. | 366 ihn | 367 Vgl. Act 7,51. | 368 Vgl. Ps 51 (Vg 50),12.
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2. Cor. 2.
Matth. 18.
Matth. 23.
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werden, das der mensch vor seiner bekerung einen modum agendi oder eine weise, nemlich etwas gutes und heilsames in Göttlichen sachen zu wircken, habe.369 Dann weil der mensch vor der bekerung „todt ist in sünden“, Eph. 2,370 so kan in im371 keine krafft sein, etwas gutes in Göttlichen sachen zu wircken, und hat also auch keinen modum agendi oder weise, in Göttlichen sachen zu wircken. Wenn man aber davon redet, wie Gott in dem Menschen wircke, so hat gleichwol Gott, der Herr, einen modum agendi oder weise zu wircken in einem menschen als in einer vernünfftigen Creatur, und eine andere zu wircken in | einer andern unvernünfftigen Creatur oder in einem stein und block. Jedoch kan nichts desto weniger dem Menschen vor seiner bekerung kein modus agendi oder einige weise, in Geistlichen sachen etwas gutes zu wircken, zugeschrieben werden. Wann aber der Mensch bekeret worden und also erleuchtet ist und sein wille verneuert, als dann so wil der Mensch gutes (so fern er neu geboren oder ein neuer mensch ist) und „hat lust am Gesetz Gottes nach dem innerlichen menschen“, Rom. 7,372 und thut forthin so viel und so lang guts, so viel und lang er vom Geist Gottes getrieben wird, wie Paulus saget: „Die vom Geist Gottes getrieben werden, die sind Gottes kinder“373; und ist solcher trieb des heiligen Geistes nicht ein coactio oder ein zwang, sondern der bekerte [272v] mensch thut freywillig guts, wie David sagt: „Nach deinem sieg wird dein Volck williglich opffern.“374 Und bleibt gleichwol auch in den widergebornen, das375 S. Paulus geschrieben, Rom. 7: „Ich hab lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen menschen, ich sehe aber ein ander Gesetz in meinen gliedern, das da widerstreitet dem Gesetz in meinem gemüt und nimmet mich gefangen in der sünden Gesetz, welches ist in meinen gliedern.“376 Item: „So diene ich nun mit dem gemüte dem Gesetz Gottes, aber mit dem fleisch dem Gesetz der sünden.“377 Item, Gal. 5: „Das fleisch gelüstet wider den Geist und den Geist wider das fleisch, dieselbige sind wider einander, das ir nicht thut, was ir wollet.“378 l mDaraus dann folgetm: Alsbald nder heilige Geistn, wie gesaget, durchs wort und heilige Sacrament solch sein werck der widergeburt und erneuerung in uns angefangen hat, So ist eso gewiss, das wir pdurch die krafft des heiligen Geistes mitwircken können und sollenp, wiewol noch in grosser schwacheitq, rsolches aberr nicht aus unserns fleisch|lichen, natürlichen krefften, sondern
m – m Zum funfften SSC, TB | n – n also SSC | o nicht in SSC | p – p auß und von solcher wirckunge des H. Geistes SSC, TB | q danach TB: s. QuM II, 385,6–9 [in verstandt ... und sollen] | r – r SSC: s. QuM II, 264,19–22 [ihm vorstande ... und sollen] | s nicht in SSC 369 Vgl. dazu die Position Victorin Strigels in seiner Declaratio, abgedruckt bei Daniel Gehrt, Strategien zur Konsensbildung im innerlutherischen Streit um die Willensfreiheit. Edition der Declaratio Victorini und der ernestinischen Visitationsinstruktion von 1562, in: Zeitschrift für Thüringische Geschichte 63 (2009), 143−190, bes. 179−181. | 370 Eph 2,5 | 371 ihm | 372 Röm 7,22 | 373 Röm 8,14 | 374 Ps 110 (Vg 109),3 | 375 das, was | 376 Röm 7,22f | 377 Röm 7,25 | 378 Gal 5,17
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causam etiam non [656] recte dicitur hominem ante conversionem in rebus spiritualibus habere modum agendi aliquid, quod sit bonum et salutare. Cum enim homo ante conversionem in peccatis mortuus sit, non potest in ipso aliqua vis ad bene agendum in rebus spiritualibus inesse: itaque non habet modum agendi seu operandi aliquid in rebus divinis. Quando vero de eo agitur, quomodo Deus in homine operetur, verum quodem est, quod Deus alium modum agendi habeat in homine: utpote in creatura rationali, et alium modum in alia aliqua irrationali creatura, vel in lapide aut trunco: nihilominus ea de causa homini ante conversionem eius modus agendi aliquid boni in rebus di|vinis tribui non potest.
Quando vero iam homo est conversus et illuminatus eiusque voluntas renovata est, tunc homo vult bonum, quatenus renatus et novus homo est, et lege Dei delectatur secundum interiorem hominem. Et in posterum tantum boni et tamdiu bonum operatur, quantum et quam diu a Spiritu Dei impellitur, sicut D. Paulus ait: Qui Spiritu Dei aguntur, hi sunt filii Dei. Haec autem agitatio Spiritus sancti non est coactio, sed homo conversus sponte bonum operatur, quemadmodum David inquit: Post victoriam tuam populus tuus tibi spontaneus offeret. Et tamen simul etiam in renatis lucta carnis et spiritus reliqua manet, de qua Paulus ait: Delector lege Dei secundum interiorem hominem, video autem aliam legem in membris meis, repugnantem legi mentis meae, et captivantem me in lege peccati, quae est in membris meis. Et ibidem: Servio igitur mente legi Dei, carne vero legi peccati. Et ad Galatas inquit: Caro concupiscit adversus spiritum, spiritus autem adversus carnem. Haec enim sibi invicem adversantur, ut non, quaecunque vultis, illa faciatis.
Ex his consequitur, quam primum Spiritus sanctus (ut dictum est) per Verbum et Sacramenta opus suum regenerationis et renovationis in nobis inchoavit, quod revera tunc per virtutem Spiritus sancti cooperari possimus ac debeamus, quamvis multa adhuc infirmitas concurrat. Hoc [657] vero ipsum, quod | cooperamur, non ex nostris carnalibus et naturalibus viribus est, sed ex novis illis viribus et donis, quae Spiritus sanctus in conversione in nobis inchoavit. In quam sententiam D. Paulus expressis verbis graviter hortatur, ut curemus, ne tanquam Dei cooperarii, frustra Dei gratiam accepe-
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Ephes. 2.
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Psal. 110.
Rom. 7.
Galat. 5.
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aus den neuen krefften und gaben, so der heilige Geist in der bekerung in uns angefangen hat, wie S. Paulus ausdrücklich und ernstlich vermanet, das wir als mithelffer die gnade Gottes nicht vergeblich empfangen379, twelches dann anderst nicht dann also sol verstanden werden, das der bekerte mensch so viel und lang guts thue, so viel und lang in380 Gott mit seinem heiligen Geist regiret, leitet und füret, und so bald Gott seine gnedige hand von im abzöge, köndte er nicht einen augenblick in Gottes gehorsam bestehen. Da es aber also wolt verstanden werden, das der bekerte Mensch neben dem heiligen Geist dergestalt mitwirckete, wie zwey Pferde mit einander einen Wagen ziehen, köndte solches one nachtheil der Göttlichen warheit keines wegs zugegeben werdent. uDarumb ist ein grosser unterscheid zwischen den getaufften und ungetaufften menschen, denn weil nach der lere S. Pauli, Gal. 3, „alle die, so getaufft sind, Christum angezogen“381 und also warhafftig widergeboren, haben sie nun arbitrium libera|tum,382 das ist, wie Christus sagt, Sie seind widerumb frey gemacht383, der ursach, dann384 sie nicht allein das wort hören, sondern auch demselben, vwiewol in grosser schwacheitv, beyfall thun385 und annemen können. wDann weil wir in diesem leben allein die erstlinge386 des Geistes empfangen und die widergeburt nicht volkommen, sondern in uns allein angefangen, bleibet der streit und kampff des fleisches wider den Geist auch in den auserwelten und warhafftig widergebornen menschen, da unter den Christen nicht allein ein grosser unterscheid gespü[273r]ret, das einer schwach der ander starck im Geist, sondern es befindets auch ein jeder Christ bey sich selbst, das er zu einer zeit freudig im Geist, zur andern zeit furchtsam und erschrocken, zu einer zeit brünstig387 in der liebe, starck im glauben und in der hoffnung, zur andern zeit kalt und schwach sich befindet.w Da388 xaber die getauffetenx wider das gewissen gehandelt, die sünde in inen herschen lassen und also den heiligen Geist in inen selbst betrübet und verloren, ydörffen sie zwar nicht wider getaufft, sonderny müssenz widerumb bekeret werden, inmassen389 hievor notdürfftig390 vermeldet worden.a u Dann das ist einmal391 war, das in warhafftiger bekerung müsse ein enderung, neue regung und bewegung im verstandt, willen und hertzen geschehen, das nemlichb das hertz die sünde erkenne, für392 Gottes zorn sich fürchte, von der sünde sich abwende, die verheissung der gnaden in Christo erkenne und anneme gutec geistliche gedancken, Christlichen vorsatz und fleis habe und
t – t SSC: s. QuM II, 264,26–34 [sonder solche ... gehorsam sein]; TB: s. QuM II, 385,13–24 [sondern solche ... sein sollen] | u – u SSC: s. QuM II, 265,1–267,8 [Es mueß ... werden muege] v – v nicht in TB | w – w nicht in TB | x – x sie aber TB | y – y nicht in TB | z danach: sie TB | a danach TB: s. QuM II, 386,7–388,35 [Es mus ... werden muge] | b nicht in SSC | c und die TB
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rimus. Quod tamen sic, et non aliter intelligendum est: hominem iam conversum tantum atque tamdiu bene operari, quantum et quamdiu a Deo per Spiritum sanctum ducitur, regitur et gubernatur. Quamprimum enim Dominus clementem suam manum ab ipso retraheret, homo quidem ne ad minimum momentum in oboedientia divina perserverare posset. Si quis vero Pauli dictum in ea sententia accipere vellet, quasi homo conversus una cum Spiritu sancto eo modo cooperaretur, quemadmodum duo equi simul una currum trahunt: equidem hoc citra veritatis divinae iacturum concedi haudquaquam posset.
Quapropter ingens discrimen est inter homines baptizatos et non bapizatos. Cum enim, iuxta Pauli doctrinam, omnes qui baptizati sunt, Christum induerint et revera sint renati, habent illi iam liberatum arbitrium, hoc est, rursus | liberati sunt ut Christus testatur. Unde etiam non modo verbum Dei audiunt, verum etiam, licet non sine multa infirmitate, eidem assentiri illudque fide amplecti possunt. Cum enim in hac vita tantum primitias Spiritus acceperimus, et regeneratio nondum sit absoluta, sed solummodo in nobis inchoata: manet perpetua quaedam lucta inter carnem et Spiritum etiam in electis et vere renatis hominibus. Et quidem non modo inter Christianos magnum discrimen deprehenditur, quorum hic infirmus ille robustus est Spiritu, verum etiam hanc diversitatem quilibet Christianus in semetipso animadvertere potest, se nunc quidem excelso animo esse et ad omnia virtute Spiritus paratum proptumque, nunc vero timido et trepido; et iam quidem caritate ardere, firmum in fide et spe esse, post vero frigere et imbecillitatem suam sentire. [658] Cum vero homines baptizati contra conscientiam aliquid patrarint et peccato in mortali suo corpore dominium concesserint atque ita Spiritum sanctum in seipsis contristarint et amiserint: non opus est quidem, ut rebaptizentur: necesse est autem, ut rursus convertantur, de qua re antea satis dictum est. Hoc enim certissimum est in vera conversione immutationem, renovationem et motum fieri oportere in hominis intellectu, voluntate et corde, ut nimirum hominis mens peccato agnoscat, iram Dei metuat, a peccato sese avertat, promissionem gratiae in Christo agnoscat et apprehendat, pias cogitationes animo agitet, bonum propositum habeat atque diligentiam in moribus suis regendis adhibeat et contra carnem pugnet. Ubi enim nihil horum fit: ibi
379 Vgl. II Kor 6,1. | 380 ihn | 381 Gal 3,27 | 382 einen befreiten Willen; vgl. Augustinus, Enchiridion ad Laurentium IX, 30, in: PL 40, 247 (CChr.SL 46, 65f) u. ö. | 383 Vgl. Joh 8,36. | 384 aus dem Grund, dass; weil | 385 zustimmen | 386 Erstlingsgaben | 387 brennend | 388 Wenn | 389 so wie 390 hinreichend | 391 ein für allemal | 392 vor
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monemus vos, ut nostrum exemplum imitemini, qui estis aruum et aedificatio Dei, 1. Cor. 3, ne gratia Dei in vobis sit inanis, 1. Cor. 15., sed ut sitis templum Dei viventis et habitantis in vobis, 2. Cor. 6.
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wider das fleisch streite. Dann wo der keines geschicht oder ist, da ist auch keine ware bekerung; weil aber die frage ist de causa efficiente393, ddas ist, Wer solches in uns wircke undd woher der mensch das habe und wie er darzu komme, so berichtet diese Lere, Dieweil die natürlichen krefften des menschen darzu nichts thun oder helffen können, 1. Cor. 2; 2. Cor. 3394, das Gott aus unermeslicher güte und barmhertzigkeit uns zuvor komme und sein heiliges Evangelium, dardurch der heilige Geist solche bekerung und verneuerunge in uns wircken und ausrichten wil, predigen lasse und durch die Predig und betrachtung seines worts den glauben und andere Gottseligef tugenden in uns anzündet, das es gaben und wirckungen des heiligen Geistes allein sein, und weiset uns diese Lere zu gden mittelng, dadurch der heilige Geist solches anfangen und wircken wil, erinnert auch, wie dieselbigen gaben erhalten, gestercket und gemehret werden, und vermanet, das wir dieselbige gnade Gottes an uns nicht sollen lassen vergeblich sein, sondern fleissig uben in betrachtung, wie schwere sünde es sey, solche wirckungh des heiligen Geistes hindern und widerstreben. Aus dieser gründlichen erklerung der gantzen Lere vom freien Willen können nun | auch izumj letzteni die keingefallene395 fragen, darüber nun etlich viel jar in den Kirchen Augspurgischer Confeßion gestritten wordenk (An homo, ante, in, post conversionem Spiritui sancto repugnet? vel pure paßive se habeat? an homo convertatur ut truncus? an Spiritus sanctus detur repugnantibus? et, an conversio hominis fiat per modum coactionis? ldas ist: Ob der mensch vor, in oder nach seiner bekerung dem heiligen Geist widerstrebe und ob er gantz und gar nichts thue, sondern [273v] allein leide, was Gott in im wircket? Item, Ob der mensch in der bekerung sich halte und sey wie ein block? Item, Ob der heilige Geist gegeben werde denen, die im widerstreben? Item, Ob die bekerung geschehe durch einen zwang, das Gott die menschen wider iren willen zu irer bekerung mit gewalt zwinge?l), geurteilet und die gegenlere und irthumb erkent, ausgesetzt, gestraffet und verworffen werden: Als Erstlichm Der Stoicorum und Manicheer unsinnigkeit, das alles, was geschicht, müsse also geschehen et hominem coactum omnia facere,396 ndas ist, Das der Mensch alles aus zwang thuen, und das des menschen wille auch in eusserlichen wercken keine freiheit oder vermügen habe, eusserliche gerechtigkeit und ehrliche zucht oetlicher masseno zu leisten und die eusser|lichen sünde und laster zu meiden, oder das der menschen wille zu bösen, eusserlichen thaten, unzucht, raub und mord etc. gezwungen werde. d–d
nicht in SSC | e vorenderunge SSC | f godtfellige SSC; Gott gefellige | g – g dem mittel TB wercke SSC | i – i zu letz TB | j danach: sechsten und SSC | k – k itzigen schulgezencke SSC l – l nicht in SSC | m nicht in SSC | n – n nicht in SSC | o – o nicht in SSC, TB
h
393 Die „causa efficiens“, d. h. Wirkursache, ist – neben der causa materialis (Stoffursache), causa formalis (Formursache), und causa finalis (Zweckursache) – eine der in der aristotelischen Philosophie entwickelten vier Ursachen, mit denen man in der Logik und Rhetorik auch im 16. Jahrhundert weiterhin argumentierte. | 394 Vgl. I Kor 2,6–15; II Kor 3,4–12. | 395 aufgekommen
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procul dubio etiam non est vera ad Deum conversio. Cum autem quaestio sit de causa efficiente, hoc est, quis nam haec in nobis operetur, unde homo hoc ipsum habeat, et quomodo id consequi possit, haec pia doctrina ostendit horum bonorum fontem, hoc videlicet modo. Cum naturales hominis vires ad veram conversionem nihil conferre, aut quicquam adiumenti adferre possint, Deus ineffabili bonitate et misericordia nos praevenit, et Evangelion (per quod Spiritus sanctus conversionem et renovationem in nobis operari et perficere vult) annuntiari curat, et per verbi sui praedicationem et meditationem fidem aliasque pietatis virtutes in nobis accendit, ita quidem, ut haec omnia solius Spiritus sancti dona sint atque operationes. Quin etiam haec sincera doctrina ostendit nobis media, per quae Spiritus sanctus haec, quae diximus, in nobis vult inchoaere et efficere, et monet, quomodo haec dona conserventur, confirmentur et augeantur et hortatur, ut gratiam illam divinam non frustra acceperimus, sed ut dona illa sedulo exerceamus, cogitantes, quam grave sit peccatum, tales Spiritus sancti operationes impedire aut illis resistere. Ex hac solida totius doctrinae de libero arbitrio explicatione de quae|stionibus illis, quae iam multis annis in Eccle[659]siis Augustanae Confessionis agitatae sunt, iudicari potest. Verbi gratia, quod quaesitum fuit: an homo ante, in vel post conversionem Spiritui sancto repugnet? vel pure passive se habeat? an homo convertatur ut truncus? an Spiritus sanctus detur repugnantibus? et an conversio hominis fiat per modum coactionis? Haec atque huiusmodi multa iuxta recitatam piam nostram de hoc articulo doctrinam facile diiudicari et contraria falsa dogmata et errores agnosci, redargui atque reiici possunt, ut sunt:
Primo Stoicorum et Manichaeorum furores, qui asseruerunt omnia, quae fiunt, necessario fieri, et quidem eo, quo fiunt, et non alio modo, et hominem coactum omnia facere; et quod hominis voluntates etiam in externis operibus nullam omnino libertatem aut facultatem (ad externam civilem iustitiam et disciplinam honestam aliquo modo prae|standam et ad vitanda externa peccata et flagitia) habeat; aut quod hominis voluntas ad externa scelera, libidines, rapinas, caedes etc. violenter cogatur.
396 Die philosophische Schule der Stoa geht auf Zenon von Kition zurück. Als verwerflich am Stoizismus betrachtete man die Lehre vom Kausalzusammenhang der Dinge und dessen absoluter Schicksalsmacht (etwa bei Cicero und Seneca. Vgl. dazu Augustinus, De civitate Dei V, 8–10, in: PL 41, 148–153 [CChr.SL 47, 135–141]). Denn darin sah man eine absolute Einschränkung menschlicher Willensfreiheit, die man auch den Manichäern (zum Manichäismus vgl. o. S. 1225, Anm. 29, und 1230, Anm. 59) unterstellte, diesen allerdings vor dem Hintergrund einer dualistischen schöpfungsmäßigen Beschaffenheit.
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Darnach der groben Pelagianer irthumb, Das der freie Wille aus eignen, natürlichen krefften one den heiligen Geist sich selbst zu Gott bekeren, dem Evangelio gleuben und Gottes Gesetz mit hertzen gehorsam sein und mit diesem seinen freiwilligen gehorsam vergebung der sünden und ewiges leben verdienen könne.397 pZum dritten der Papisten und Schullehrer irthumb, diep es ein wenig subtiler gemacht qund geleret habenq, Das der mensch aus seinen natürlichen krefften könne den anfang zum guten und zu seiner selbst bekerung machen, und das als dann der heilige Geist, weil der mensch zum volbringen zu schwach, dem aus eignen natürlichen krefften angefangenem guten zu hülff komme.398 Zum vierdten der Synergisten lere, welche vor geben, Das der mensch nicht aller dings399 in geistlichen sachen zum guten erstorben, sondern ubel verwundet und halb todt.400 Derhalbenr, ob wol der freie Wille zu | schwach seys, den anfang zumachen und sich selbst aus eignen krefften zu Gott zu bekeren und dem Gesetz Gottes mit hertzen gehorsam zu sein, Dannocht, wann der heilige Geist den anfang machet und uns durch das Evangelium beruffet und seine gnade vergebung der sünden und ewige seligkeit anbeut, das als dann der freie Wille aus seinen eignen, natürlichen krefften uGott begegnen undu etlicher massen etwas, wiewol wenig und schwechlich, darzu thun, helffen und mitwircken, sich zur gnade Gottes schicken und appliciren und dieselbige ergreiffenv, annemen und dem Evangelio gleuben, wauch in fortsetzung und erhaltung dieses wercks aus seinen eigenen krefften neben dem heiligen Geist mitwirckenw könne. [274r] Dagegen aber ist oben nach der lenge erwiesen, das solche krafft, nemlichx Facultas applicandi se ad gratiam,401 ydas ist natürlichz sich zur gnade zu schickeny, nicht aus unserna eignen, natürlichen krefften, sondern allein durch des heiligen Geistes wirckung herkomme. Item, Diese, der Bäpst und Münche Leren, Das der Mensch könne nach der widergeburt das Gesetz Gottes in diesem Leben gentzlich erfüllen und durch diese er|füllung des Gesetzes vor Gott gerecht sey und das ewige leben verdiene.402 Dagegen seind auch mit allem ernst bund eyferb die Enthusiasten403 zu straffen und keines weges in der Kirchen Gottes zu dulden, welche dichten, Das Gott one alle mittel, one gehörc des Göttlichen worts und one gebrauch der r
p–p
oder, wenn SSC, TB | q – q wirt SSC, TB | r – r Oder SSC, TB | s is SSC, TB | t darnach SSC nicht in SSC, TB | v danach: und SSC, TB | w – w nicht in SSC, TB | x nicht in SSC | y – y nicht in SSC | z danach: natürlich TB | a nicht in SSC | b – b nicht in SSC | c danach: und betrachtung SSC, TB u–u
397 Der seit ca. 400 in Rom wirkende Mönch Pelagius vertrat gegen Augustinus den freien Willen und das Vermögen des Menschen zum Guten wie zum Bösen und lehnte die Vorstellung einer Erbsünde ab. Dies führte 411–431 zum sog. „Pelagianischen Streit“. Vgl. Augustinus, De haeresibus ad Quodvultdeum LXXXVIII, in: PL 42, 47–49; ders., Epistolae CLXXV–CLXXVII, in: PL 33,
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Deinde crassus ille Pelagianorum error, quod liberum arbitrium ex propriis naturalibus viribus sine Spiritu sancto sese ad Deum convertere, Evangelio credere, legem Dei etiam toto corde implere atque hac libera et spontanea sua oboedientia remissionem peccatorum et vitam aeternam promereri possit.
II.
Postea Papistarum et Scholasticorum error, qui aliquanto subtilius falsam opinionem suam proposuerunt et docuerunt, quod homo naturalibus suis viribus initium ad agendum bonum et ad conversionem suam facere possit: sed quia infirmior sit, quam ut bene coepta perficere queat, quod Spiritus sanctus illa, quae naturalibus propriis viribus inchoata erant, adiuvet et absolvat. Item, Synergistarum dogma, qui fingunt hominem in rebus spiritualibus non prorsus ad bonum esse emortuum, sed tantum graviter vulneratum et semimortuum esse. Et quamvis liberum ar|bitrium infirmius sit, quam ut initium facere et seipsum propriis viribus ad Deum convertere [660] et legi Dei toto corde oboedire possit: tamen, si Spiritus sanctus initium faciat et nos per Evangelion vocet, gratiam suam, remissionem peccatorum et aeternam salutem nobis offerat, tunc liberum arbitrium propriis suis naturalibus viribus Deo occurrere et aliquo modo (aliquid saltem, et si parum et languide) ad conversionem suam conferre, eam adiuvare, cooperari, sese ad gratiam praeparare et applicare, eam apprehendere, amplecti, Evangelio credere et quidem in continuatione et conservatione huius operis propriis suis viribus una cum Spiritu sancto cooperari posse.
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Contra hunc errorem supra luculenter demonstratum est, quod facultas applicandi se ad gratiam non ex nostris naturalibus propriis viribus, sed ex sola Spiritus sancti operatione promanet. Item Pontificum et Monachorum doctrina, quod homo postquam regeneratus est, legem Dei in hac vita perfecte implere possit et quod per | hanc impletionem legis coram Deo iustificetur et vitam aeternam promereatur.
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Ab altera parte magna severitate et pio zelo redarguendi sunt Enthusiastae neque in Ecclesia Dei ferendi, qui somniant Deum sine omnibus mediis, sine
758–772 (CSEL 44, 652–688). | 398 Vor allem Erasmus von Rotterdam, De libero arbitrio (1524), in: EAS 4, 36: „Porro liberum arbitrium hoc loco sentimus vim humanae voluntatis, qua se possit homo applicare ad ea, quae perducunt ad aeternam salutem, aut ab iisdem avertere.“ sowie Konzil von Trient, 6. Sitzung (13. Januar 1547): Dekret über die Rechtfertigung, in: DH 1554f | 399 in jeder Hinsicht | 400 Zum Synergismus und seinen Vertretern vgl. o. S. 1220f, Anm. 12, S. 1224f, Anm. 26 und 1228f, Anm. 41. | 401 Vgl. o. S. 1366, Anm. 335. | 402 Vgl. vor allem Pius V., Bulle „Ex omnibus afflictionibus“ (1. Oktober 1567), in: DH 1942. 1969. | 403 Vgl. o. S. 1232, Anm. 62.
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heiligen Sacrament den Menschen zu sich zihe, erleuchte, gerecht und selig mache.404 Item, Die da dichten, Das Gott in der bekerung und widergeburt ein neues hertz und neuen menschen also schaffe, das des alten Adams substantz und wesen und sonderlich die vernünfftige seele gantz vertilget und ein neues wesen der seelen aus nichts erschaffen werde.405 Diesen irthumb straffet S.d Augustinus ausdrücklich im 25. Psal[m], Da er den Spruch Pauli: Deponite veterem hominem, e„Leget den alten menschen ab“406 etc.e, anzeucht und erkleret mit diesen worten: „Ne aliquis arbitretur deponendam esse aliquam substantiam, exposuit, quid esset: Deponite veterem hominem et induite novum407, cum dicit in consequentibus: Quapropter deponentes mendacium, loquimini veritatem. Ecce, hoc est deponere veterem hominem et induere novum“ etc. fDas ist: Damit nicht jemand dafür halten möchte, als müst die substantz oder wesen des menschen abgeleget werden, hat er selbst erkleret, was da sey, den alten menschen ablegen und den neuen anziehen, da er in nachfolgenden worten saget: Darumb leget ab die lügen und redet die warheit. Sihe, das ist den alten menschen ablegen und den neuen anziehen.f 408 Item, Wo dieseg reden unerklert gebraucht werden, Das des Menschen wille vor, in und nach der bekerung dem hei|ligen Geist widerstrebe, und das der heilige Geist werde gegeben denen, so im widerstreben.409 Denn aus vorgehender erklerung ist offentlich410, wo durch den [274v] heiligen Geist gar keine verenderung zum guten im verstande, willen und hertzen geschicht und der mensch derh verheissung gantz nicht gleubet iund von Gott zur gnade nicht geschickt gemacht wirdi, sondern gantz und gar dem wort widerstrebetj, das da keine bekerung geschehe oder sein künne. Dann die bekerung ist eine solche verenderung durch des heiligen Geistes wirckung in des menschen verstande, willen und hertzen, das der mensch kdurch solche wirckung des heiligen Geistes könne die angebotene gnade annemenk, und zwar alle die, so des heiligen Geistes wirckungen und bewegungenl, die durchs wort geschehen, widerspenstig, verharrlichenm 411 wider-
d
nicht in SSC | e – e nicht in SSC | f – f nicht in SSC | g danach: uneigentliche, gefehrliche SSC, TB davor: der TB | i – i und sich zu gnaden nicht appliciret SSC; und sich zur gnade nicht applicirett oder schickett TB | j danach: und dem H. Geist widerstehet SSC | k – k SSC: s. QuM II, 269,9–11 [wil und ... und schicken]; TB: s. QuM II, 391,21–23 [will und ... und schicken] | l bekerung SSC m nicht in SSC h
404
Vgl. z.B. Sebastian Franck, Paradoxa ducenta octoginta CXXIVf, hg. v. Siegfried Wolgast, Berlin 1966, 206f und Caspar Schwenckfeld, Vom Lauf des Wortes Gottes (1538), in: CSch 6, 273–289; so schon in Schwenckfelds lateinischem Brief an Conrad Cordatus von 1527; vgl. die Bibliographie und den Brief, in: CSch 2, 581–599. | 405 So Flacius in der Weimarer Disputation, 290: „Quia vetus homo dicitur mortificari, novus autem condi et creatura saepissime dicitur; item generari, ex Deo nasci, formari, regenerari, renasci aut nasci, imo et a mortuis resuscitari. Quae omnia sunt substantialia verba et nequaquam soli accidentium mutationi convenire queunt, ut Scriptura veterem ac novum hominem omnino velit esse ipsam hominis substantiam, non solum
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auditione verbi divini et sine usu Sacramentorum hominem ad se trahere, illuminare, iustificare et salvum facere. Item qui fingunt Deum in conversione et regeneratione novum cor atque adeo novum hominem ita creare, ut veteris Adami substantia et essentia (praesertim vero anima rationalis) penitus aboleatur et nova animae essentia ex nihilo creetur. Hunc errorem expresse refutat D. Augustinus in explicatione Psalmi vigesimi quinti, quo loco dictum Pauli: Deponite veterem hominem etc., adfert et interpretatur, hisce verbis: Ne aliquis arbitretur deponendam esse aliquam substantiam, exposuit quid, esset: deponite veterem hominem, et induite novum etc., cum dicit in consequentibus: quapropter deponentes mendacium loquimini veri[661]tatem. Ecce hoc est deponere veterem hominem et induere novum.
Repudiamus etiam sequentes loquendi formas, si quis iis citra declarationem utatur: quod hominis voluntate | ante conversionem, in ipsa conversione et post conversionem Spiritui sancto repugnet, et quod Spiritus sanctus detur ipsia repugnantibus. Ex ea enim, quam paulo ante recitavimus, explicatione manifestum est, ubi per Spiritum sanctum in hominis intellectu, voluntate et corde prorsus nulla sit immutatio ad bonum et homo promissioni divinae fidem prorsus non adhibet et a Deo ad gratiam non redditur idoneus, sed totus verbo Dei repugnat, quod ibi nulla conversio vel fieri vel esse possit. Conversio enim hominis talis est immutatio per operationem Spiritus sancti in hominis intellectu, voluntate et corde, qua homo (operatione videlicet Spiritus sancti) potest oblatam gratiam apprehendere. Et quidem omnes illi, qui operationi et moti-
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ipsis Conc1580; vgl. BSLK 906,4.
accidentia.“ | 406 Eph 4,22; vgl. Kol 3,9. | 407 Eph 4,22.24; vgl. Kol 3,9. | 408 Augustinus, Enarratio in Psalmos XXV, 2,1, in: PL 36, 188f (CChr.SL 38, 142). | 409 Im Blick ist Flacius (Weimarer Disputation, 288–300), aber wohl mehr noch der sog. Göttinger Bekehrungsstreit 1566–1570, bei dessen Schlichtung Martin Chemnitz als Vermittler auftrat. Der Flacianer Philipp Keyser hatte die These „Spiritus sanctus datur repugnantibus“ vertreten und war darüber mit dem Philippisten Joachim Meister in Streit geraten; vgl. Johann Christoph Leonhard, Programma, in quo variam rei tum scholasticae tum ecclesiasticae apud Gottingenses fortunam documentis fide dignis exponit [...], Göttingen 1748, 32–46 und Kurt Dietrich Schmidt, Der Göttinger Bekehrungsstreit 1566–1570, in: ZGNKG 34/35 (1929/30), 66–121. | 410 offensichtlich | 411 beharrlich
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streben, die empfangen nicht, sondern betrübenn und verlieren den heiligen Geist.o Nun bleibet gleichwol auch in den widergebornen ein widerspenstigkeit, davonp die Schrifft meldet, Daß dasq fleisch gelüste wider den Geist412, Item, Dier fleischliche lüste wider die Seele streiten413, und daß das Gesetz in den gliedern widerstrebe dem Gesetz im gemüte, sRom. 7s 414. Derhalben der mensch, so nicht widergeboren ist, Gott gentzlich widerstrebet und ist gantz und gar ein knecht der sünden415. Der widergeborne aber hat lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen, sihet aber gleichwol in seinen gliedern der sünden Gesetz, welches widerstrebet dem Gesetz im gemüt; derhalben so dienet er mit dem gemüt dem Gesetz Gottes, aber mit dem fleisch dem Gesetz der sünden, Rom. 7416. Auff solche weise kan und sol die rechte meinung gründlich, deutlich und bescheidentlich erkleret und geleret werden. tWas dann belanget die reden Chrysostomi und Basilii: Trahit Deus, sed volentem trahit, tantum velis, et Deus praeoccurrit.417 Item Der Schullerer rede: Hominis voluntas in conversione | non est otiosa, sed agit aliquid.418 Das ist: Gott zeucht, er zeucht aber den, der da wil. Item: Wölle allein, so wird dir Gott vorkommen419. Item: Des menschen wille ist | nicht müssig in der bekerung, sondern wircket etwas. Welche reden zur bestetigung des natürlichen freien willens in der bekerung des menschen wider die lere von der gnade Gottes eingefüret, Ist aus hiebevor gesetzter erklerung offenbar, das sie der form gesunder lere nicht ehnlich, sondern derselben zuwider und demnach, wann von der bekerung zu Gott geredet, billich zu meiden. Dann die bekerung unsers verderbten willens, welche anders nichts dann eine erweckung desselben von dem geistlichen tode, ist einig und allein Gottes werck, wie auch die aufferweckung in der leiblichen aufferstehung des fleisches allein Gott zugeschrieben werden sol, in massen420 droben ausfürlich angezeiget und mit offenbarlichen zeugnissen der heiligen Schrifft erwiesen worden. [275r] Wie aber Gott in der Bekerung aus widerspenstigen und unwilligen durch das ziehen des heiligen Geistes willige mache, und das nach solcher bekerung des menschen widergeborner wille in teglicher ubung der bus nicht müssig gehe, sondern in allen wercken des heiligen Geistes, die er durch uns thut, auch mitwircke, ist daroben gnugsam erkleret worden.t n
davor: vertrieben SSC, TB | o danach: SSC: s. QuM II, 269,14–270,8 [Darneben ist ... tugendt angezundet]; danach: TB: s. QuM II, 391,27–392,26 [Darneben ist ... tugendt angezundett] | p dan SSC | q dem SSC | r davor: das SSC, TB | s – s nicht in SSC, TB | t – t nicht in SSC; TB: s. QuM II, 393,2–10 [Wan aber ... und zuerneuern] 412
Vgl. Röm 7,15.23; Gal 5,17. | 413 Vgl. I Petr 2,11. | 414 Vgl. Röm 7,23. | 415 Vgl. Joh 8,34. Vgl. Röm 7,22f.25. | 417 Ps.-Basilius, Homilia de poenitentia IV, in: PG 31, 1479–1482; vgl. Melanchthon, Loci theologici (1543), in: CR 21, 658 (MWA 2/1, 271,8f). | 418 Johannes Chrysostomus, De laudibus S. Pauli. Homilia IX, in: PG 51, 143; vgl. ders., Monitum ad homiliam in illud, 416
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bus Spiritus sancti (quae per verbum fiunt) contumaciter et perseveranter repugnant, non accipiunt, sed contristant et amittunt Spiritum sanctum. Manet quidem etiam in renatis rebellio quaedam, cuius scriptura mentionem facit; quod nimirum caro concupiscit adversus spiritum; quod carnales concupiscentiae adversus animam militant; et quod lex illa in membris legi mentis repugnat. Homo autem non renatus, Deo prorsus rebellis est, et totus est servus peccati. Renatus vero delectatur lege Dei secundum interiorem hominem. Videt autem nihilominus in membris suis legem peccati, quae legis mentis repugnat. Quare mente quidem servit legi Dei, carne vero legi peccati. Ad hunc modum vera de hoc negotio sententia solide, perspicue et dextre declaranda et docenda est.
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Quod vero attinet ad phrases et dicta Chrysostomi et Basilii: Trahit Deus, | sed volentem trahit, tantum velis, et Deus praeoccurrit; item Scholasticorum et Pontificorum: [662] Hominis voluntas in | conversione non est otiosa, sed agit aliquid etc.: quia dicta illa pro confirmando naturali libero arbitrio in conversione hominis contra doctrinam gratiae Dei introducta sunt: ex proposita declaratione manifeste apparet formae sanorum verborum ea non esse analoga, sed cum illa pugnare, et idcirco, cum de conversione ad Deum agitur, merito vitanda esse.
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Conversio enim voluntatis nostrae depravatae (quae revera nihil aliud est, quam eiusdem resuscitatio a spirituali morte) omnino solius Dei opus est, sicut etiam resuscitatio in corporali carnis resurrectione soli Deo est tribuenda, quemadmodum supra perspicue id explicatum et solidis scripturae sacrae testimoniis demonstratum est.
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Quomodo vero Dominus in conversione ex rebellibus et nolentibus hominibus per Spiritus sancti tractum volentes et promtos faciat, et quod post hominis conversionem voluntas iam renata in quotidianis poenitentiae exercitiis non sit otiosa, sed in omnibus operibus Spiritus sancti (quae ille per nos efficit) cooperetur, supra satis perspicue est declaratum.
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Saulus autem, etc. et in reliquas de mutatione nominum, in: PG 51, 143f; vgl. Melanchthon, Loci theologici (1543), in: CR 21, 658 (MWA 2/1 271,21f). | 419 zuvorkommen | 420 wie
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BSLK 907 Galat. 5. | 1. Petr. 2. Rom. 7.
Iohan. 8. Rom. 6.
Rom. 7.
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Also auch wann Lutherus spricht, Das sich der mensch zu seiner bekerung pure paßive halteu,421 das ist, gantz und gar nichts darzu thue, sondern nur leide, was Gott in ime wircket, Ist seine meinung nicht, das | die bekerung geschehe one die Predig und gehör422 des Göttlichen worts. Ist auch die meinung nicht, das in der bekerung vom heiligen Geist gar keine neue bewegung in uns erwecket und keine geistliche wirckung angefangen werden, sondern er meinet, Das der Mensch von sich selbst oder aus seinen natürlichen krefften nichts vermüge oder helffen könne vzu seiner bekerungv, und das die bekerung nicht allein zum teilw, sondern gantz und gar sey eine wirckung, gab und geschenck xund werckx des heiligen Geistes allein, der sie durch seine krafft und macht durchs wort im verstandt, willen und hertzen des menschen tanquam in subiecto patiente423, ydas ist, Da der mensch nichts thut oder wircket, sondern nur leidety, ausrichte und wircke, nicht als ein Bild in einen stein gehauen oder ein Siegel ins wachs, welches nichts drumb weis, solches auch nicht empfindetz noch wil, gedrucket wird,424 sondern also und auff die weise, wie kurtz zuvor erzelet und erkleret ist. aWeil auch in den Schulen die jugendt | de tribus causis efficientibus, concurrentibus in conversione hominis non renati,425 das ist mit der lere von den dreyen wircklichen ursachen der bekerung des unwidergebornen menschen zu Gott, hefftig irre gemacht worden, welcher gestalt dieselbige (nemlich das gepredigte und gehörte wort Gottes, der heilig Geist und des menschen wille) zusammen kommen, ist abermals aus hievor | gesatzter erklerung offenbar, das die bekerung zu Gott allein Gottes, des heiligen Geistes, werck sey, welcher der rechte Meister ist, der allein solches in uns wircket, darzu er die predig und das gehör seines heiligen worts als sein ordentlich mittel und werckzeug gebraucht. Des unwidergebornen menschen verstandt aber und wille ist anders nichts dann allein subiectum convertendum, das ist, der bekeret werden sol als eines geistlichen todten menschen verstandt und wille, in dem der heilige Geist die bekerung und erneuerung wircket, zu welchem werck des menschen wille, so bekeret sol werden, nichts thut, Sondern lesset allein Gott in ime wircken, biss er widergeboren und [275v] als dann auch mit dem heiligen Geist in andern nachfolgenden guten wercken wircket, was Gott gefellig ist, auff weise und mass wie droben ausfürlich erkleret worden.a u
hab SSC | v – v nicht in SSC | w willen SSC | x – x nicht in SSC | y – y nicht in SSC | z fuhlet SSC SSC: s. QuM II, 271,3–30 [Also auch ... ist etc.]; TB: s. QuM II, 394,1–395,16 [Also auch ... geistes mitt wircket] a–a
421
Luther, Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 18, 697,28; ders., De servo arbitrio (1525), in: WA 18, 697,28; ders., Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lispiae disputatis (1519), in: WA 2, 421,7. | 422 Hören | 423 Vgl. Melanchthon, Responsiones ad impios articulos Bavaricae inquisitionis (1559), in: MWA 6, 324, ähnlich auch Flacius, Weimarer Disputation, 437. | 424 gegen das flacianische „pure passive“ und die Vorstellung einer Mitwirkung des menschlichen Willens bei der Bekehrung, die man bei Melanchthon identifizieren zu können meinte. | 425 Melanchthon, Examen ordinandorum (1559), in: CR 23, 15; Melanchthon, Loci theologici (1543), in: CR 21, 658 (MWA 2/1, 270,19–271,1).
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II. Vom freien Willen
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Et quando D. Lutherus affirmat, hominem in conversione sua pure passive sese habere, id est, plane nihil agere, sed tantummodo pati id, quod Deus in ipso agit certe non sentit, quod con|versio absque praedicatione et auditione verbi Dei fiat, neque haec ita accipi voluit, quasi in conversione per Spiritum sanctum prorsus nulli novi motus in nobis excitentur, neque ulla spiritualis operatio in nobis inchoetur. Sed hoc voluit D. Lutherus, hominem ex seipso, aut naturalibus suis viribus non posse aliquid conferre vel adiumentum adferre ad suam conversionem, et hominis conversionem non tantum ex parte, sed totam prorsus esse operationem, donum et opus solius Spiritus sancti, qui eam virtute et potentia sua per verbum (in intellectu, corde et voluntate hominis, tanquam in subiecto patiente, ubi [663] homo nihil agit, aut operatur, sed tantum patitur) efficiat atque operetur. Quod tamen non eo modo fit, quasi cum statua e lapide formatur, aut sigillum in ceram imprimitur quae cera neque notitiam neque sensum neque voluntatem habet, sed eo modo hominis immutationem et renovationem fieri credimus, quem satis luculenter supra explicuimus. Quando quidem etiam iuventus in scho|lis doctrina illa de tribus causis efficientibus concurrentibus in conversione hominis non renati vehementer perturbata est, dum disputatum fuit, quomodo illae (verbum videlicet praedicatum et auditum, Spiritus sanctus et ho|minis voluntas) concurrant: denuo repetitum volumus ex supra posita explicatione, quod conversio ad Deum sit solius Spiritus sancti opus, qui solus est egregius ille artifex haec in nobis efficiens; interim tamen praedicatione et auditu sancti verbi sui (tanquam ordinario et legitimo medio seu instrumento suo) utitur. Hominis autem nondum renati intellectus et voluntas tantum sunt subiectum convertendum, sunt enim hominis spiritualiter mortui intellectus et voluntas, in quo homine Spiritus sanctus conversionem et renovationem operatur, ad quod opus hominis convertendi voluntas nihil confert, sed patitur, ut Deus in ipsa operetur, donec regeneretur. Postea vero in aliis sequentibus bonis operibus Spiritui sancto cooperatur, ea faciens, quae Deo grata sunt, eo modo, qui iam a nobis in hoc scripto abunde satis est declaratus.
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[275v] III. Von der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott b
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Die dritte Zwispalt, unter etlichend Theologen der Augspurgischen Confeßion entstanden, ist von der gerechtigkeit Christi oder des Glaubens, die von Gott durch den glauben den armen sündern eaus gnadene zur gerechtigkeit zugerechnet wird.c Denn ein teil hatf gestritten, das die ge|rechtigkeit des glaubens, welche der Apostelg die „gerechtikeit Gottes“ nennet426, sey die wesentliche gerechtigkeit Gottes, welche Christus als der warhafftige, natürliche, wesentliche Son Gottes selbst sey, der durch den glauben in den auserwelten wone und sie treibe, recht zu thun und also ire gerechtigkeit sey, gegen welcher gerechtigkeit aller menschen sünde sey wie ein tropffen Wasser gegen dem grossen Meer427.428 h iDargegenj haben etliche gehalten und geleret, Das Christus unser gerechtigkeit sey allein nach seiner menschlichen natur.429 Wider welche beide teil einhellig von den andern Lerern der Augspurgischen Confeßion430 geprediget, das Christus unser | gerechtigkeit nicht allein nach der Göttlichen natur, auch nicht allein nach der menschlichen natur, sondern nach beiden naturen sey, welcher als Gott und mensch | uns von unsern sünden durch seinen volkomnenk gehorsam erlöset, gerecht und selig gemacht hat, das also die gerechtigkeit des glaubens sey vergebung der sünden, versönung mit Gott, und das wir zu Kindern Gottes angenommen werden umb des einigen gehorsams Christi willen, welcher allein durch den glauben, aus lauter gnaden allen rechtgleubigen zur gerechtigkeit zugerechnet und sie umb desselbigen willen von aller irer ungerechtigkeit absolvirt werden.431 Uber das sind aus dem Interim432 und sonst andere mehr disputationes433 von dem Artickel der Rechtfertigung verursachet und erre[276r]get, die hernach in antithesi, das ist in erzelung der jenigenl 434, so der reinen Lere in diesem Artickel zuwider, sollen erkleret werden.h Dieser Artickel von der Rechtfertigung des glaubens (wie die Apologia sagt) ist der „vornemste der gantzen Christlichen Lere“, „one welchen kein arm gewissen einigen bestendigen trost haben oder den reichthumb der gnaden c
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b – b Von der rechtfertigung des glaubens 5A, FM | c – c FM: s. QuM II, 295,36–296,13 [Von diesem ... selig werden] | d danach: wenigen SC, SSC; wenigen TB | e – e nicht in SC | f danach: gelert und FM | g danach: Paulus FM | h – h SSC: s. QuM II, 173,28–174,4 [Dagegen hatt ... erkleret werden] i – i SC: s. QuM II, 97,20–27 [Dargegen hatt ... wie volget] | j Der folgende Textteil des Artikels von der Rechtfertigung des Glaubens der FM unterscheidet sich in der Satzstruktur grundlegend von dem der SD, so dass ein Textvergleich nicht möglich ist: s. QuM II, 296,21–301,37 [Der ander ... controversien schreiten] | k unschuldigen TB | l irthumb TB 426 Röm 1,17; Röm 3,21; Röm 10,3 | 427 Vgl. Sir 18,10 (Vg 8). Vgl. o. S. 1234–1237, Anm. 73. Ausgewählte Schriften des Osiandrischen Streits (1549–1552ff) werden in C&C 7 ediert. Alle von Osiander in diesem Zusammenhang herausgekommenen Äußerungen sind abgedruckt in: OGA 9
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[664] III. De iustitia fidei coram Deo
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Tertia controversia inter Theologos quosdam Augustanae Confessionis orta est de Iustitia Christi seu iustitia fidei, quae a Deo per fidem miseris peccatoribus ad iustitiam ex gratia imputatur. 5
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Alii contenderunt iustitiam fidei | (quam Apostolus iustitiam Dei apellat) esse iustitiam Dei essentialem, quae sit ipse Christus, ut verus naturalis et essentialis Dei filius, qui per fidem in electis habitet eosque ad bene operandum impellat et hac ipsa ratione eorum sit iustitia, cuius inhabitantis essentialis iustitiae respectu omnium hominum peccata sese habeant instar guttulae aquae ad magnum mare collatae. Alii vero asserverunt Christum esse iustitiam nostram duntaxat iuxta humanam suam naturam. Contra utrosque unanimi consensu reliqui Augustanae Confessionis Theologi docuerunt Christum esse nostram | iustitiam non secundum divinam tantum naturam neque etiam secundum humanam tantum, sed iuxta utranque naturam: quippe qui nos (ut Deus et | homo) a peccatis nostris perfectissima sua oboedientia liberaverit, iustificaverit atque salvos fecerit. Itaque asserverunt fidei iustitiam esse remissionem peccatorum, reconciliationem cum Deo et adoptionem in filios Dei, propter solam Christi oboedientiam, quae per solam fidem, ex mera gratia, omnibus vere credentibus ad iustitiam imputetur, ita ut ipsi propterea ab omni iniustitia absolvantur. Praeter hanc controversiam etiam aliae quaedam disputationes de articulo iustificationis (occasione formulae In[665]terim seu Interreligionis) et alias motae sunt, quae postea in antithesi, id est, in recitatione eorum, qui purae doctrinae in hoc articulo adversantur, explicabuntur.
Hic autem articulus de iustitia fidei praecipuus est (ut Apologia loquitur) in tota doctrina Christiana, sine quo conscientiae perturbatae nullam veram et
und 10. | 429 Vgl. o. S. 1234–1237, Anm. 73. Diese These wurde von Francesco Stancaro vertreten. Vgl. die Darstellung seiner Position in: Johannes Wigand, De Stancarismo, || DOGMATA ET || ARGVMENTA CVM || SOLVTIONIBVS, QVIBVS || praemissa est Methodus de || Mediatione Christi [...], Leipzig: Georg Deffner 1585 (VD 16 W 2866), 16f. Als Inspirationsquelle für seine These gilt Petrus Lombardus, Sententiarum III d. 19 c. 7, in: PL 192, 797f. Vgl. hierzu auch Thomas von Aquin, Summa theologiae III q. 26 art. 2, in: L 11, 286f. | 430 Osiander fand nur in Johannes Brenz einen Fürsprecher. Alle anderen Theologen standen – selbst wenn sie in anderen Fragen unterschiedlicher Meinung waren – in Opposition zu Osiander ebenso wie zu Stancarus. In der Kontroverse traten u. a. hervor: Joachim Mörlin, Philipp Melanchthon, Matthias Flacius, Justus Menius. | 432 Vgl. Augsburger Interim, Art. 4–6. | 433 neben dem Osiandrischen Streit auch der Synergistische Streit (1555–1560/61) | 434 Aufzählung jener Lehren. Die Konkordienformel verzichtet bewusst auf Namensnennungen.
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Christi recht erkennen mag“435, mwie auch D. Luther geschrieben: „Wo dieser einige Artickel rein auff dem plan bleibet, so bleibet die Christenheit auch rein und fein eintrechtig und one alle Rotten. Wo er aber nicht rein bleibet, da ists nicht müglich, das man einigem irthumb oder Rottengeist wehren möge“, Tom. 5, Jenensi, pag. 159m 436; und von diesem Artickel sagt Paulus insonderheit, Das „ein wenig Sauerteig den gantzen Teig verseure“437, ndarumb ern die particulas exclusivas, odas ist die wort, nemlich „one Gesetz, one werck, aus gnaden“, dardurch die werck der | menschen ausgeschlosseno, in diesem Artickel mit so grossem eyfer und ernst treibet, damit anzuzeigen pwie hoch es von nöten seyp, das in diesem Artickel neben reiner Lere die antithesis, qdas ist alle Gegenlere, dardurchq abgesondert, ausgesetzt und verworffen werder. Derwegen diese Zwispalt Christlich, vermüge438 Gottes worts zuerkleren und durch seine gnade hin zulegen, ist unser lere, glaub und bekentnis wie folget:i Von der gerechtigkeit des Glaubens vor Gott gleuben, leren und bekennen wir einhelligs tvermöge hievorgesatztes Summarischen Begriffs unsers Christlichen glaubens und bekentnist 439, Das einu armer sündigerv menschw für440 Gott gerechtfertigt, das ist absolvirt, losx und ledig gesprochen werde von allen seinen sünden yund von dem urteil der wolverdienten verdamnis, auch angenommen werde zur kindschafft und erbschafft des ewigen lebens one einig unser441 „verdienst oder wirdigkeity“442, auchz one alle vorgehende, gegenwertige oder auch folgende werck, aaus lauter gnaden, alleina umb des einigen verdiensts, desb gantzen gehorsams, bittern leidens, csterbens und aufferstehungc unsers Herrn Christi willen, ddes443 gehorsam unse zur gerechtigkeit zugerechnet wirdd. fWelche444 Güter uns in der verheissung des heiligeng Evangelii durch den heiligen Geist fürgetragen werden, und ist allein der glaube das einige mittel, dadurch wir sie ergreiffen, annemen und uns appli[276v]ciren und hzueignen, welcher ist ieine gabe Gottes, | dadurch wir Christum unsern Erlöser im wort des Evangelii recht erkennen und auff in445 vertrauen, das wir allein umb seines gehorsams willen, aus gnaden, vergebung der sünden haben, für from und gerecht von Gott, dem Vater, gehalten und ewig selig werdeni. Demnach für eins gehalten und genommenh, wannj Paulus spricht, Das wir „durch den glauben“ gerecht werden, Rom. 3446, oder das der glaube uns zur gerechtigkeit zugerechnet werde, Rom. 4447, und wann er spricht, Das wir durch des einigen m–m
nicht in SSC, TB | n – n Daher Paulus SSC, TB | o – o nicht in SSC | p – p nicht in SSC, TB dadurch alle gegenlehr SSC | r werden SSC; wurden TB; danach: in sonderheit von nöten sey SSC, TB | s einichlich SC | t – t nicht in SC; SSC: s. QuM II, 174,17f [wie in ... erweiset wirdt]; TB s. QuM II, 396,22–24 [wie in ... erweisett wirdt] | u der SC, SSC | v sundig SC | w danach: in christlicher bus und bekehrung SSC, TB | x nicht in SC | y – y allein durch den Glauben SC z nicht in SC; davor: oder TB | a – a nicht in SC | b nicht in SC | c – c und sterbens SC | d – d nicht in SSC, TB | e allen bueßfertigen und rechtgleubigen christen SC | f – f nicht in SC | g nicht in SSC h – h gilt eins SSC | i – i TB: s. QuM II, 397,1–8 [ein licht ... halten wolle] | j was TB q–q
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firmam consolationem habere, aut divitias gratiae Christi recte agnoscere possunt. Id D. Lutherus suo etiam testimonio confirmavit, cum inquit: Si unicus hic articulus sincerus permanserit, etiam Christiana Ecclesia sincera, concors et sine omnibus sectis permanet; sin vero corrumpitur, impossibile est, ut uni errori aut fanatico spiritui recte obviam iri possit. Et de hoc articulo D. Paulus praecipue loquitur, cum inquit: Paulum fermenti totam conspersionem fermentat. Atque ea ipsa de causa Paulus particulas exclusivas (videlicet sine lege, sine operibus, ex gratia, gratis), | quibus humana opera excluduntur, in hoc articulo tanta diligentia tantoque zelo urget, ut ostendat, quod valde necessarium sit, ut in hoc articulo non modo sincera doctrina perspicue explicetur, verum etiam antithesis ponatur et omnia veritati contraria dogmata a pia doctrina segregentur, excludantur et reiiciantur. Quare ut haec controversia pie iuxta verbi Dei analogiam explicetur et per gratiam Dei componatur, sinceram doctriam, fidem et confessionem nostram ad hunc modum recitamus: De iustitia fidei coram Deo unanimi consensu credimus, docemus et confitemur, (iuxta compendiaria Christianae nostrae fidei et Confessionis capita, quae supra posuimus): quod homo peccator coram Deo iustificetur, hoc est, absolvatur ab omnibus suis peccatis et a iudicio iustissimae condemnationis et adoptetur in numerum filiorum Dei atque haeres aeternae vitae scribatur sine ullis nostris meritis aut dignitate et absque ullis praecedentibus, praesentibus aut sequentibus nostris operibus, ex mera gratia, tantummodo propter unicum meritum perfectissimamque oboe[666]dientiam, passionem acerbissimam, mortem et resurrectionem Domini nostri Iesu Christi, cuius oboedientia nobis ad iustitiam imputatur. Haec bona nobis in promissione Evangelii per Spiritum sanctum offeruntur. Fides autem unicum est medium illud, quo illa apprehendimus, accipimus nobisque applicamus. Ea fides donum Dei est, per quod Christum redemtorem | nostrum in verbo Evangelii recte agnoscimus et ipsi confidimus, quod videlicet tantum propter ipsius oboedientiam, ex gratia, remissionem peccatorum habeamus et iusti a Deo Patre reputemur et in aeternum salvemur. Itaque hae propositiones sunt aequipollentes et idem plane volunt, cum Paulus dicit: Fide nos iustificari, aut fidem nobis ad iustitiam imputari; et cum docet, quod unius mediatoris Christi oboedientia iustificemur; aut quod
435 Vgl. AC IV, o. S. 268,4f. 9–11. | 436 Luther, Der 117. Psalm ausgelegt (1530), in: WA 31/1, 255,5–7.9f; der im Text genannte Nachweis bezieht sich auf die Jenaer Ausgabe der Schriften Luthers. Bd. 5, 159. | 437 I Kor 5,6; Gal 5,9 | 438 kraft | 439 Die Konkordienformel beruft sich hier auf die in Form eines Corpus Doctrinae zusammengefassten Schriften. Zur Bezeichnung „Summarischer Begriff “ vgl. o. S. 1308f, Anm. 26. | 440 vor | 441 unser geringstes | 442 Vgl. o. S. 870,16. | 443 dessen | 444 diese | 445 ihn | 446 Röm 3,28 | 447 Röm 4,5
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Tom. 5. Ien. Pag. 159.
Galat. 5.
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Rom. 3. | Rom. 4. Rom. 5. | Ibidem.
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Mitlers Christi gehorsam gerecht werden, oder das „durch eines gerechtfertigkeitk die rechtfertigung des glaubens448 uber alle menschen“ komme, Rom. 5.449 Dann der glaube macht gerecht nicht darumb und daher, das er so ein gut werck und schöne tugendtl, sondern weil er in der verheissung des heiligen Evangelii den verdienst Christi ergreifft und annimmet; dann derselbige muss uns durch den glauben applicirt und zugeeignet werden, wann wir dardurch gerecht sollen werden, Das also die gerechtigkeit die für Gott dem glauben oder den gleubigen aus lauter gnade zugerechnet wird, ist der gehorsamm, leiden und aufferstehung Christi, da er für uns dem Gesetz gnug gethan und nfür unsere sünden bezalet hat. oDann weil Christus nicht allein mensch, | sondern Gott und Mensch in einer unzertrenten Person, so ist er eben so wenig unter dem Gesetz gewesen, weil er ein Herr des Gesetzes, als das er für seine Person leiden und sterben sollen; darumb uns dann sein gehorsam nicht allein im leiden und sterben, sondern auch das er freiwillig an unser stat unter das Gesetz gethan und dasselbige mit solchem gehorsam erfüllet, uns zur gerechtigkeit zugerechnet, das uns Gott umb solches gantzen gehorsams willen, so er im thun und leiden, im leben und sterben für uns seinem Himlischen Vater geleistet, die sünde vergibet, uns für from und gerecht helt und ewig selig macheto. Solchep gerechtigkeit wird durchs Evangelium und in den Sacramenten von dem heiligen Geist uns fürgetragen und durch den glauben applicirt, zugeeignetq und angenommen, daherr die gleubigen haben versünung450 mit Gott, vergebung der sünden, Gottes gnade, die kindschafft und erbschafft des ewigen lebens.f Demnach das wort „Rechtfertigen“ hies heistt: gerecht und ledig von sünden sprechen und derselbigen ewigen straff ledig zelen451 uumb der gerechtigkeit Christi willen, welche „von Gott dem glauben zugerechnet wird“, Phil. 3u 452, wie dann solcher gebrauch und verstandt dieses worts in heiliger Schrifft altes und neues Testaments gemein ist, Prover. 17: „Wer den Gottlosen recht spricht und den gerechten verdammet, die sind beyde dem Herrn ein greuel.“453 Isai. 5: „Wehe de[277r]nen, die den Gottlosen recht sprechen umb geschenck willen und das recht der gerechten von inen wenden.“454 Rom. 8: | „Wer wil die auserwelten Gottes beschüldigen? Gott ist hie, der rechtfertiget“455, das ist von Sünden absolvirt und ledig spricht. vDieweil aber zu zeiten das wort Regeneratio, Widergeburt, für das wort Justificatio, Rechtfertigung, gebraucht, ist von nöten, das solch wort eigentlich erkleret, damit die verneuerung, so der rechtfertigung des glaubens nachfolget, nicht mit der rechtfertigung des glaubens vermenget, sondern eigentlich456 von einander unterschieden werden.
k gerechtigkeit SSC, TB | l danach: ist SSC | m danach: und das SSC | n – n nicht in SSC | o – o nicht in SSC, TB | p Dieselbige SSC, TB | q nicht in SSC | r davor: daraus, darumb und SSC, TB s danach: anders nicht SC | t danach: denn SC | u – u nicht in SC, SSC, TB | v – v nicht in SC, SSC
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per unius iustitiam in omnes homines iustificatio vitae veniat. Fides enim non propterea iustificat, quod ipsa tam bonum opus tamque praeclara virtus sit, sed quia in promissione Evangelii meritum Christi aprrehendit et amplectitur; illud enim per fidem nobis applicari debet, si eo ipso merito iustificari velimus. Itaque iustitia illa, quae coram Deo fidei aut credentibus ex mera gratia imputatur, est oboedientia, passio et resurrectio Christi, quibus ille legi nostra causa satisfecit et peccata nostra expiavit. Cum enim Christus non tantum homo, verum deus et homo sit in una persona indivisa, tam non fuit legi subiectus, quam non fuit passioni et morti (ratione suae personae) obnoxius, quia Dominus legis erat. Eam ob causam ipsius | oboedientia (non ea tantum, qua patri parvit in tota sua passione et morte, verum etiam, qua nostra causa sponte sese legi subiecit eamque oboedientia illa sua implevit) nobis ad iustitiam imputatur, ita ut Deus propter totam oboedientiam (quam Christus agendo et patiendo in vita et morte sua nostra causa patri suo coelesti praestitit) peccata nobis remittat, pro bonis et iustis nos reputet et salute aeterna donet. Haec iustitia nobis per Evangelion et in Sacramentis a Spiritu [667] sancto nobis offertur et per fidem applicatur atque apprehenditur: unde credentes habent reconciliationem cum Deo, remissionem peccatorum, Dei favorem, adoptionem filiorum et haereditatem vitae aeternae.
Vocabulum igitur iustificationis in hoc negotio significat iustum pronuntiare, a peccatis et aeternis peccatorum suppliciis absolvere, propter iustitiam Christi, quae a Deo fidei imputatur. Et sane hic vocabuli illius usus tam in Veteri quam in Novo Testamento admodum frequens est. Salomon inquit: Qui iustificat impium et qui condemnat iustum, abominabilis est uterqe apud Deum. Isaias vae denunciat illis, qui iustificant impium propter munera et iustitiam iusti auferunt ab eo. Paulus ait: Quis accusabit electos dei? Deus | est, qui iustificat: hoc est, qui a peccatis absolvit.
Cum autem interdum vocabulum regenerationis pro vocabulo iustificationis usurpetur, necesse est, ut illud dextre et proprie explicetur, ne renovatio, quae iustificationem sequitur, cum iustificatione fidei confundatur, sed haec recte a se invicem discernantur.
448 450 455
Die lateinische Übersetzung korrigiert in „Rechtfertigung des Lebens“. | 449 Röm 5,18f Versöhnung | 451 zählen, ansehen, halten für | 452 Phil 3,9 | 453 Prov 17,15 | 454 Jes 5,22f Röm 8,33 | 456 genau, zutreffend
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Philip. 3.
Prover. 17. Isa. 5. Rom. 8. | BSLK 920
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Denn das wort Regeneratio, das ist Widergeburt, erstlich also gebrauchet wird, das es zugleich die vergebung der sünden allein umb Christus willen und die nachfolgende verneuerung begreiffet, welche der heilige Geist wircket in denen, so durch den glauben gerechtfertiget sind.457 Darnach wird es gebraucht allein pro remissione peccatorum et adoptione in filios Dei, das ist, Das es heisset allein vergebung der sünden, dasw wir zu Kindern Gottes angenommen werden;458 und in diesem andern459 verstandt460 wird in der Apologia viel und offt dieses wort gebraucht, da geschrieben: „Iustificatio est regeneratio“461, das ist, Die rechtfertigung für Gott ist die widergeburt, wie auch S. Paulus solche wort unterschiedlich gesetzt, Tit. 3: Er hat uns selig gemacht „durch das Bad der widergeburt und erneuerung des heiligen Geistes“.462 xWie dann auch das wort Vivificatio, das ist Lebendigmachung, zu zeiten463 in gleichem verstandt gebraucht worden464; Dann so der Mensch durch den | Glauben (welchen allein der heilige Geist wircket) gerechtfertiget, solches warhafftig eine widergeburt ist, weil aus einem kind des zorns ein kind Gottes und also aus dem todt in das leben gesetzet wird, wie geschrieben stehet: „Da wir todt waren in sünden, hat er uns sampt Christo lebendig gemacht“, Eph. 2.465 Item: „Der gerechte wird seines Glaubens leben“, Rom. 1.466 In welchem verstandt diss wort in der Apologia viel und offt gebraucht wird467. Darnach aber wird es auch offt für die heiligung und erneuerung genommen, welche der gerechtigkeit des glaubens nachfolget, wie es D. Luther im buch von der Kirchen und Concilien468 und anderswo also gebrauchet hat.x v yWann wir aber leren, das durch diey wirckung des heiligen Geistes zwir neu geboren und gerecht werden, hat es nicht die meinunga, das den gerechtfertigten und widergebornenz keine ungerechtigkeit bnach der widergeburt im wesen469 und lebenb mehr solten anhangen, son[277v]dern dasc Christus mit seinem vollkommenend gehorsam alle ire sünde zudecket, die doch in der natur ein diesem leben noche f stecken, gAber solches unangeseheng 470, werden sie durch den glauben undh umb solchs gehorsams Christi willen (den Christusi dem Vater von seiner geburt an biss in den allerschmelichsten tod des creutzes jfür unsj geleistet hat) für from und gerecht gesprochen und gehalten, w davor: und TB | x – x nicht in TB | y – y Dann nachdem durch SC, SSC | z – z SC: s. QuM II, 98,5–6 [die ausserweltten ... daß inen]; SSC: s. QuM II, 175,16–21 [die ausserweltten ... das ihnen] | a danach: alleine TB | b – b nicht in SC | c weyll SC | d unschuldigen SC | e – e nicht in SC f nicht in SC, SSC | g – g so SC, SSC | h nicht in SC | i er SC, SSC | j – j nicht in SC 457 Vgl. u. a. Melanchthon, Loci theologici (1535), in: CR 21, 428. | 458 So Johannes Wigand und (nach Ansicht der kursächsischen Theologen) auch Flacius; vgl. COLLOQVIVM || zu || Altenburgk in || Meissen / Vom Artikel der || Rechtfertigung vor Gott. || Zwischen || Den Churfürstlichen vnd Fürstlichen zu Sachsen || etc. Theologen gehalten [...], Jena: Donatus Richtzenhan 1569 (VD 16 K 1946), 112v. Auf dem Altenburger Kolloquium hatte angesichts der Auseinandersetzungen in den Majoristischen, Synergistischen und Antinomistischen Streitigkeiten die Rechtfertigungslehre im Zentrum gestanden. Disputationsgegner waren die kurfürstlich-sächsischen
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Vocabulum enim Regenerationis interdum in eo sensu accipitur, ut simul et remissionem peccatorum (quae duntaxat propter Christum contingit) et subsequentem renovationem complectatur, quam Spiritus sanctus in illis, qui per fidem iustificati sunt, operatur. Quandoque etiam solam remissionem peccatorum et adoptionem in filios Dei significat. Et in hoc posteriore usu saepe multumque id vocabulum in Apologia Confessionis ponitur. Verbi gratia, cum dicitur: Iustificatio est regeneratio. Sed et Paulus haec vocabula cum discrimine ponit, cum dicit: Salvos nos fecit per lavacrum regenerationis et renovationis Spiritus sancti.
Quin etiam vivificationis vocabulum interdum it accipitur, ut remissionem peccatorum notet. Cum enim homo per fidem (quam quidem solus Spiritus sanctus operatur) iusitficatur, idipsum revera est quaedam regeneratio: quia ex fi[668]lio irae fit filius Dei et hoc modo e morte in vitam transfertur, sicut scriptum est: Cum | essemus mortui in peccatis, convivificavit nos in Christo. Et alibi: Iustus fide sua vivet. Et in hac posteriore significatione Apologia vocabulo regenerationis frequenter uti solet. Deinde etiam regeneratio saepe pro sanctificatione et renovatione (quae fidei iustificationem sequitur) usurpatur. In qua significatione D. Lutherus hac voce tum in libro de Ecclesia et conciliis tum alibi etiam multum usus est.
Quando autem docemus, quod per operationem Spiritus sancti regeneremur et iustificemur, non ita accipiendum est, quod iustificatis et renatis nulla prorsus iniustitia (post regenerationem) substantiae ipsorum et conversationi adhaereat, sed quod Christus perfectissima oboedientia sua omnia ipsorum peccata tegat, quae quidem in ipsa natura (in hac vita) adhuc infixa haerent. Nihilominus tamen per fidem, propter oboedientiam Christi (quam Christus inde a nativitate sua usque ad ignominiosissimam crucis mortem pro nobis patri suo praestitit) boni et iusti pronunciantur et reputantur, etiamsi ratione
Theologen der Universitäten Wittenberg und Leipzig (u. a. Paul Eber, Heinrich Salmuth und Andreas Freyhub) und die herzoglich–sächsischen Theologen der Universität Jena (Johannes Wigand, Christoph Irenaeus und Timotheus Kirchner). | 459 zweiten | 460 Verständnis | 461 Vgl. AC IV, o. S. 298,2–4; 299,2–4; 300,2–4; 301,2f; 316,3–5; 317,3f. | 462 Tit 3,5 | 463 bisweilen, gelegentlich | 464 Auf dem Altenburger Kolloquium bemühten sich die Jenaer Theologen gegenüber den Wittenbergern und Leipzigern um eine Unterscheidung von Rechtfertigung (iustificatio) und Lebendigmachung (vivificatio), welche sie bei den kursächsischen Theologen zu Unrecht miteinander vermengt sahen. Vgl. Altenburger Kolloquium, 16v. | 465 Eph 2,5 | 466 Röm 1,17 467 Vgl. AC IV, o. S. 294,5–14; 295,4–9; 310,6–18; 311,5–14; 390,36–392,12; 391,25–393,10 und AC VII, o. S. 412,30–32; 413,23–26; 416,17–31; 417,13–25. | 468 Luther, Von den Konziliis und Kirchen (1539), in: WA 50, 599,26–35. 625,25f. 626,30f. 627,10f. | 469 Sein, Treiben, Lebensführung | 470 davon abgesehen
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Tit. 3.
Ephes. 2. | BSLK 921 Rom. 1. | Habac. 2.
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Die Konkordienformel – Solida Declaratio
ob sie gleich471 irer verderbten natur halben noch sünder sein kund bleibenk biss in die gruben472.l mWie es dann hinwiderumbn 473 die meinung474 nicht hat, als dörfftenl oder solten wir one bus475, bekerung und besserung den sünden folgen, darin bleiben und fortfaren. Dann oware reuo muss vorher gehen, und die also, wie gesagt, aus lauter gnaden | umb des einigen Mitlers Christi willen, allein durch den glauben, one alle werck und verdienst für Gott gerecht, das ist zu gnaden angenommen werden, denen wird auch der heilige Geist gegeben, der sie verneuert und heiliget, in inen wircket liebe gegen476 Gott und gegenp dem nechsten. Sondern weil die angefangene verneuerung in diesem leben unvolkommen und die sünde noch im fleisch auch bey den widergebornen wonet, so stehet die gerechtigkeit des glaubens vor Gott in gnediger zurechnung der gerechtigkeit Christi one zuthun unserer werck, das uns unsere sünde vergeben und zugedecket sind und nicht zugerechnet werden, Rom. 4477. Aber hie muss mit sonderm fleis darauff garq gute acht gegeben werden, wenn der Artickel der Rechtfertigung rein bleiben sol, das nicht das jenige, was vor dem glauben hergehet und was demselben nachfolget, zugleich mit in den Artickel der Rechtfertigung, als darzu nötig und gehörig eingemenget oder eingeschoben werde, rweil nichtr eins oder gleich ists, von der bekerung und von der Rechtfertigung zu reden. Dann nicht alles, was zur bekerung gehöret, auch zugleich in den Artickel der Rechtfertigung gehöret, in und zu welchem allein gehöret und von nöten ist Gottes gnade, der verdienst Christi, der glaube, so solches in der verheissung des Evangelii annimmet, dadurch uns die gerechtigkeit Christi zugerechnet wird, daher478 wir erlangen und haben vergebung der sünden, versünung mit Gott, die kindschafft und erbschafft des ewigen lebens. Also ist ein warer, seligmachender glaube nicht in denen, so onet reu und leid sindu und einen bösen fürsatz haben, in sünden zu bleiben vund beharrenv, sondern ware reuw gehet vorher und rechter glaube ist in oder bey warer bus.479 Es ist auch die liebe eine frucht, so dem waren glauben gewisslich notwendig folget. Dann wer nicht liebet, das ist eine gewisse an[278r]zeigung, das er nicht gerechtfertiget, sondern noch im Tode sey xoder die gerechtigkeit des Glaubens widerumb verloren habex, wie Johannes sagt, 1. Johan. 3480. Aber wenn Paulus spricht: „Wir werden durch den Glauben gerecht one Werck“481, Zeigt er damit an, das weder yvorgehende reuy, noch folgende werck in den Artickel oder handel482 der Rechtfertigung des Glaubens gehören. Denn gute
k – k nicht in TB | l Diß aber hatt gleichwol auch die meinung nicht, als mochten SSC | m – m SC: s. QuM II, 98,14–24 [Diese gerechtigkeit ... zur gerechtigkeitt] | n danach: auch TB | o – o buß SSC; die busse TB | p nicht in TB | q nicht in TB | r – r Und ist nicht SSC | s nicht in SSC | t danach: busse SSC, TB | u nicht in SSC | v – v haben und behalten SSC | w busse SSC, TB | x – x nicht in SSC, TB | y – y die vorgehende buß SSC, TB
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corruptae naturae suae adhuc sint maneantque peccatores, dum mortale hoc corpus circumferunt. Sed neque hoc sentimus, quod liceat nobis absque poenitentia et vitae emendatione peccatis frenos laxare, in iisque perserverare et subinde pergere. Oportet enim praecedere veram et non simulatam contritionem. Et qui | mera gratia (ut diximus) propter unicum mediatorem Christum, tantum per fidem, sine omnibus operibus et meritis, coram Deo iusti sunt, hoc est, in gratiam Dei recipiuntur: his etiam Spiritus sanctus datur, qui eos renovat atque sanctificat, in ipsis dilectionem erga Deum et proximum operatur. Cum autem inchoata illa renovatio in hac vita sit imperfecta et peccatum adhuc in carne, etiam in renatis, habitet: iustitia fidei coram Deo in gratuita et benignissima imputatione iustitiae Christi (absque ulla nostrorum operum additione) consistit, quod vide[669]licet peccata nobis remissa et tecta sint neque nobis imputentur. Sed et hoc diligentissime observandum est, si modo articulum de iustificatione sincerum retinere velimus, ne ea, quae fidem praecedunt et quae eam sequuntur articulo huic tanquam ad iustificationem necessaria et ad eam pertinentia admisceantur aut inserantur. Non enim unum idemque est de conversione hominis et de iustificatione eius agere. Non omnia illa, quae ad veram conversionem requiruntur, etiam ad iustificationem pertinent. Ad iustificationem enim tantum haec requiruntur atque necessaria sunt: Gratia Dei, meritum Christi et fides, quae haec ipsa Dei beneficia in promissione Evangelii amplectitur, qua ratione nobis Christi iustitia imputatur, unde remissionem peccatorum, reconciliationem cum Deo, adoptionem in filios Dei et haereditatem vitae aeternae consequimur.
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Quare vera et salvans fides in iis non est, qui contritione carent et propositum in peccatis pergendi et perseverandi habent. Vera enim contritio praecedit et fides iustificans in iis est, qui vere, non ficte, poenitentiam agunt.
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Et caritas fructus est, qui veram fidem certissime et necessario sequitur. Qui enim non diligit, de eo recte iudicari potest, quod non sit iustificatus, sed quod adhuc in morte detineatur, aut rursus iustitiam fidei amiserit, ut Iohannes testatur. Et quando D. Paulus affirmat fide nos iustificari, sine operibus hoc ipso docet, neque praecedentem contritionem neque sequentia bona opera ad articulum aut negotium iustitiae fidei pertinere. Bona enim opera
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auch wenn sie | 472 Grab | 473 hingegen | 474 Bedeutung | 475 Buße | 476 gegenüber, zu Röm 4,6–8 | 478 woher, wodurch | 479 Vgl. Melanchthon, Loci theologici (1535), in: CR 21, 427. | 480 I Joh 3,14 | 481 Röm 3,28 | 482 Prozess
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BSLK 923 | 1. Iohann. 3.
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Werck gehen nicht für der Rechtfertigung her, sondern folgen derselben, und die Person muss erst gerecht sein, ehe sie gute Werck thun kan. Gleichsfals auch, wiewol die verneuerung und heiligung auch eine wolthat des Mitlers Christi und ein werck des heiligen Geistes ist, gehöret sie doch nicht in den Artickel oder in den handel der Rechtfertigung zfür Gottz,483 sondern folget derselben, weil sie von wegen unsers verderbten fleisches in diesem leben nicht gantz rein und vollkomen ist, awie D. Luther hievon wol schreibet in seiner schönen und langen auslegung der Epistel an die Galater, da er also saget: „Wir gebens wol zu, das man von der Liebe und guten Wercken auch leren solle, doch also, das es geschehe, wenn und wo es vonnöten ist, Als nemlich wann man ausserhalb dieser sachen von der Rechtfertigung von Wercken sonst zuthun hat. Hie aber ist dieses die Hauptsache, darmit man zuthun hat, das man frage nicht, ob man auch gute Werck thun und lieben solle, sondern wodurch man doch gerecht für Gott und selig werden möge? und da antworten wir mit S. Paulo also: Das wir ,allein durch den Glauben‘484 an Christum gerecht werden und nicht durch des Gesetzes werck oder durch die Liebe, nicht also, | das wir hiemit die Werck und Liebe gar verwerffen, wie die Widersacher uns mit unwarheit lestern und schuld geben, Sondern auff das wir uns allein von der Hauptsachen, damit man hie zuthun hat, nicht auff einen andern frembden handel, der in diese sachen gar nichts gehöret, abfüren lassen, wie es der Sathan gerne haben wolte. Derhalben, alldieweil und so lang wir in diesem Artickel von der Rechtfertigung zuthun haben, verwerffen und verdammen wir die Werck, sintemal es umb diesen Artickel also gethan ist, das er keinerley disputation oder handlung von den Wercken nicht leiden kan; darumb schneiden wir in dieser sachen alle Gesetz und Gesetzes wercke kurtz ab“, biss daher Lutherusa.485 Derwegen, undb auff das betrübte hertzen einen bestendigen, gewissen trost haben, auchc dem verdienst Christi und der gnaden Gottes seine gebürliche Ehre gegeben werde, So leret die Schrifft, das die Gerechtigkeit des Glaubens für Gott bestehe allein in gnediger versünung oder vergebung der sünden, welche aus lauter gnadend umb des einigen verdiensts des Mitlers Christi willen uns geschencket [278v] und allein durch den Glauben in der verheissung des Evangelii empfangen wird.486 Also auch verlesset sich der Glaube in der Rechtfertigung für Gott weder auff die Reue noch auff die Liebe oder andere Tugenden, sondern allein auff Christum und in demselben auff seinen vollkomenen gehorsam, damit er für uns das Gesetz erfüllet, welcher den Gleubigen zur Gerechtigkeit zugerechnet wird.487 Es ist auch weder Reuf oder Liebe oder andere Tugend, sondern allein der Glaub das einige Mittel und Werckzeug, damit und dardurch wir Gottes
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nicht in SSC | a – a nicht in SSC, TB | buß SSC, TB | f buß SSC, TB
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nicht in SSC |
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danach: das SSC |
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non praecedunt iustificationem, sed eam demum sequuntur. Et oportet personam primum esse iustam, antequam bona opera facere quaeat. Similiter et renovatio seu sanctificatio, quamvis et ipsa sit beneficium mediatoris Christi et opus Spiritus sancti, non tamen ad articulum aut negotium iustificationis coram Deo pertinet, sed eam sequitur, quia propter carnis [670] nostrae corruptionem in hac vita imperfecta est et nondum omnibus numeris absoluta. De hac re erudite et pie D. Lutherus in praeclaro illo suo et copioso super Epistolam ad Galatas commentario ad hunc modum docet: Concedimus de caritate et bonis operibus etiam docendum esse, sed suo tempore et loco, quando scilicet quaestio est de bonis operibus extra hunc articulum de iustificatione. Hic autem status causae et caput est, de quo agitur, ut scilicet quaeratur, non, an bona opera sint facienda et caritas exercenda sit, sed qua re iustificemur et vitam aeternam consequamur. Hic respondemus cum Paulo: sola fide in Christum pronuntiari iustos, non operibus legis aut caritate. Non quod opera aut caritatem reiiciamus, ut adversarii nos falso accusant, | sed quod a statu causae in alienum negotium, quod ad hanc quaestionem prorsus non pertinet, abstrahi nos et implicari nolumus; id quod tamen Satanas maximopere molitur et quaerit. Itaque cum iam versemur in loco communi et articulo de Iustificatione, reiicimus et damnamus opera. Is enim locus nequaquam patitur aut admittit disputationem de bonis operibus. Abscindimus igitur hoc proposito simpliciter omnes leges et omnia opera legis. Hactenus Lutherus.
Quare ut perturbatae mente certam firmamque consolationem habeant et merito Christi atque gratiae divinae debitus honor tribuatur, docet nos scriptura iustitiam fidei coram Deo tantummodo consistere in sola clementi et quidem gratuita reconciliatione seu remissione peccatorum, quae ex mera gratia propter solum Christi mediatoris meritum nobis donatur, et per solam fidem in promissione Evangelii apprehenditur. Ad eundem modum etiam fides illa in iustificatione coram Deo neque contritione neque dilectione aliisve virtutibus, sed solo Christi confidit et in Christo, ipsius perfectissima oboedientia (qua pro nobis legem implevit) nititur, quae oboedientia credentibus ad iustitiam imputatur. [671] Et quidem neque contritio neque dilectio neque ulla alia virtus, sed sola fides est illud unicum medium et instrumentum, quo gratiam Dei, meritum 483 Vgl. Melanchthon, Antwort auf das Buch Herrn Andreae Osiandri von der Rechtfertigung des Menschen (1552), in: CR 7, 892–902 (MWA 6, 452–461; MBW 6294). | 484 Röm 3,28 | 485 Vgl. Luther, In epistolam S. Pauli ad Galatas commentarius (1535), in: WA 40/1, 240,17–26. | 486 Röm 4,6–8; II Kor 5,19–21; Lk 18,13f
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Die Konkordienformel – Solida Declaratio
gnade, das verdienst Christi und vergebung der sünden, so uns in der verheissung des Evangelii fürgetragen werden, empfangen und annemen können.488 Es wird auch recht gesaget, das die Gleubigen, so durch den Glauben an Christum | gerecht worden sind, in diesem leben erstlich die zugerechnete Gerechtigkeit des Glaubens, darnach auch die angefangene Gerechtigkeit des neuen gehorsams oder der guten Werck haben.489 Aber diese beide müssen nicht in einander gemenget oder zugleich490 in den Artickel der Rechtfertigung des Glaubens für Gott eingeschoben werden, Dann weil diese angefangene gerechtigkeit oder verneuerung in uns von wegen des fleisches in diesem leben unvolkomen und unrein, kan damit und dodurch die Person für Gottes Gericht nicht bestehen, sondern allein die Gerechtigkeit des gehorsams, leiden und sterbens Christi, so dem Glauben zugerechnet wird, kan für Gottes Gericht bestehen, also das allein gumb dieses gehorsams willeng die Person (auch nach irer verneuerung, hwann sie schon491 h viel guter Werck hat und im besten leben ist) Gott gefalle und angenem werde und sey zur Kindschafft und Erbschafft des Ewigen lebens angenommeni. Hieher gehöret auch, das492 S. Paulus schreibet, Rom. 4493, Das Abraham für Gott gerecht sey worden allein durch den Glauben umb des Mitlers willen, one zuthun seiner Werck, nicht allein do er erstlich von der Abgötterey bekeret und keine gute Werck hatte, sondern auch da er hernach durch den heiligen Geist verneuert und mit vielen herrlichen guten Wercken gezieret war, Gen. 15; Ebr. 11494; und setzet Paulus diese Frage, Rom. 4, Worauffj als dann Abrahams Gerechtigkeit für Gott, dadurchk er einen gnedigen Gott gehabt, im495 gefellig und angenem gewesen zum Ewigen leben, gestanden sey?496 lDarauff er antwortetl: „Dem, der nicht mit Wercken umbgehet, gleubet aber an den, der die Gottlosen gerecht machet, dem wird sein Glaub gerechnet zur Gerechtigkeit, wie auch David sagt, Das die Seligkeit sey allein des menschen, welchem Gott zurechnet die Gerechtigkeit one zuthun der Werck.“497 Also wann gleich498 die bekerten und [279r] gleubigen haben angefangene verneuerung, heiligung, liebe, tugendt und gute werck, so können doch, sollen und müssen dieselbigen nicht eingezogen oder eingemenget | werden in den Artickel der Rechtfertigung für Gott, auff das dem Erlöser Christo seine Ehre bleib, und weil unser neuer gehorsam unvolkomen und unrein, mdie angefochtenem gewissen einen bestendigen trost haben mügen.499 Und das ist des Apostels Pauli meinung, wenn er in diesem Artickel die Particulas exclusivas500, ndas ist, Die wort, dadurch die werck in dem Artickel der
g–g
darumb und dadurch SSC | h – h nicht in SSC | i nicht in SSC | j davor: worin und SSC, TB davor: darumb, domit und SSC, TB | l – l Er antwortet aber SSC | m – m das die SSC | n – n nicht in SSC k
488 Vgl. dazu Melanchthons Zurückweisung Osianders, dessen Lehre er in die Nähe der scholastischen, altgläubigen Dogmatik rücken sah; Melanchthon, Scriptum de Osiandro (1551/1552?), in:
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Recte etiam dicitur, quod credentes, qui per fidem in Christum iustificati | sunt, in hac vita primum quidem imputatam fidei iustitiam, deinde vero etiam inchoatam iustitiam novae oboedientiae seu bonorum operum habeant. Sed haec duo non inter se permiscenda aut simul in articulum de iustificatione fidei coram Deo ingerenda sunt. Cum enim inchoata illa iustitia seu renovatio in nobis propter carnem in hac vita imperfecta sit et impura, eius iustitiae ratione persona coram Dei iudicio consistere non potest. Sola autem iustitia oboedientiae, passionis et mortis Christi (quae fidei imputatur) coram iudicio Dei stare potest: ita quidem, ut tantum propter hanc oboedientiam persona (etiam postquam renovata est et multa bona opera habet atque iam honeste et innocenter vivit) Deo placeat et accepta, in filium Dei adoptata atque haeres vitae aternae scripta sit.
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Huc referendum est, quod Paulus scribit, Abrahamum coram Deo iustificatum esse sola fide propter mediatorem, sine operibus, idque non tantum, cum primo ab Idolatria conversus, nulla bona opera haberet, sed etiam cum postea per Spiritum sanctum renovatus, multis praeclaris bonis operibus ornatus esset. Et movet Paulus quaestionem hanc: in qua nam re Abrahami iustitia coram Deo (propter quam Deum clementem habuerit ipsique placuerit et acceptus ac haeres regni Dei fuerit) posita et constituta fuerit? Respondet autem: Ei, qui non operatur, credenti autem in eum, qui iustificat impium, reputatur fides eius ad iustitiam. Sicut et David dicit beatitudinem hominis esse, cui Deus acceptam fert iustitiam sine operibus. Quare, etsi conversi et in Christum credentes habent inchoatam in se renovationem, sanctificationem, dilectionem, virtutes et [672] bona opera, tamen haec omnia nequaquam possunt aut debent immisceri articulo iustificationis coram Deo, ut | redemtori Christo honor illibatus maneat, et, cum nostra nova oboedientia imperfecta et impura sit, pertubatae conscientiae certa et firma consolatione sese sustentare valeant.
Rom. 4.
Et hoc impsum vult D. Paulus, quando in hoc articulo particulas exclusivas, quibus ex articulo iustitiae fidei, opera excluduntur, ut sunt hae: absque operi-
CR 7, 783f (Nr. 4890); vgl. Melanchthon. Antwort an Johannes Fischer in Gräfenhainichen. 1553, in: CR 8, 194f (Nr. 5520 = MBW 7054). Vgl. außerdem o. S. 1397, Anm. 479. | 489 Vgl. AC IV, o. S. 318,7–23; 319,5–14; 330,25–334,27; 331,16–335,23. | 490 gleicherweise | 491 auch wenn sie 492 was | 493 Röm 4,3 | 494 Gen 15,6; Hebr 11,8 | 495 ihm | 496 Röm 4,1 | 497 Röm 4,5–8; Ps 32 (Vg 31),1f | 498 wenngleich, auch wenn | 499 Vgl. Melanchthon, Scriptum de Osiandro (1551/1552?), in: CR 7, 783f (Nr. 4890). | 500 Ausschließlichkeitsformulierungen
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Genes. 15.
Heb. 11. Rom. 4.
Rom. 4.
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3.
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Gerechtigkeit des Glaubens ausgeschlossen werdenn, so fleissig und embsigo treibet: pAbsque operibus501, sine Lege502, Gratis503, non ex operibus504, das istp Aus gnaden, one verdienst, one Gesetz, one Werck, nicht aus den wercken etc., welche Exclusivae alle zusammen gefasset werden, wann man sagt: „Allein durch den Glauben“505 werden wir für Gott gerecht und selig; dann dardurch werden die Werck ausgeschlossen, nicht der meinung, als köndte ein warer Glaub wol sein one reuq, oder als solten, müsten und dürfften die guten Werck dem waren Glaubenr sals die gewisset, ungezweifelten Früchtes nicht folgen, oder als ob die gleubigen nicht dürfften noch müsten etwas guts thun, Sondern von udem Artickelu der Rechtfertigung für Gott werden die guten Werck ausgeschlossen, das506 sie inv die handlung der Rechtfertigung des armen sünders für Gott als darzu nötig oder gehörig nicht sollenw mit eingezogen, eingeflochten oder eingemenget werden und stehet der rechte verstand Particularum exclusivarum in articulo Iustificationis507, xdas ist, Oberzelter wörter im Artickel der Rechtfertigungx, darinnen508, sollen auch mit allem fleis und ernst bey diesem Artickel getrieben werden: Das dadurch alle eigene wercky, verdienst, wirdigkeit, ruhm und vertrauen aller unserer Werck in dem Artickel der Rechtfertigung gantz und gar ausgeschlossen werden, also das unser werck weder ursach | nochz verdienst der Rechtfertigung, darauff Gott in diesem Artickel und handlung sehen, oder wir uns darauff verlassen möchten oder solten, noch zum gantzen, noch zum halben, noch zum wenigsten teil gesetzt und gehalten sollen werden.a Daß das Ampt509 und die Eigenschafft des Glaubens alleinb bleibe, das er alleinc und sonst nichts anders, sey das mittel oder werckzeug, damit und dardurch Gottes gnade und verdienst Christi in der verheissung des Evangelii empfangen, ergriffen, angenommen, duns appliciret und zugeeignetd werde, und das von demselbigen Ampt [279v] unde Eigenschafft fsolcher Application oder zueignungf die Liebe und alle andere Tugenden oder Werck ausgeschlossen werden. Das weder neuerung, heiligung, tugende oder gute werck Tanquam forma aut pars aut causa iustificationis510, gdas isth unser gerechtigkeit ifür Gott sey, noch füri ein teil oder ursach unserer gerechtigkeitg gemacht und gesetzet oder sonst unter einigerley schein511, Tittel oder Namen512 in den Artickel der Rechtfertigung, als darzu nötig und gehörig, eingemenget werden sollen, Sondern das die gerechtigkeit des Glaubens allein stehe513 in vergebung der sünden lauter aus gnaden, allein umb das verdienst Christi willen, welche Güter in der verheissung des Evangelii uns fürgetragen und allein durch den Glauben empfangen, angenommen, juns appliciret, und zugeeignetj werden. o ernstlich SSC, TB | p – p nicht in SSC | q busse SSC, TB | r danach: tanquam individui fructus et effectus SSC, TB | s – s nicht in SSC | t nicht in TB | u – u den artickeln TB | v danach: den artickel und in SSC | w solden SSC | x – x nicht in SSC | y nicht in SSC, TB | z oder SSC | a danach SSC: s. QuM II, 178,23–30 [Den ob wol ... und annimpt]; danach TB: s. QuM II, 402,8–15 [dan ob wohl ... und annimpt] | b danach: sey und SSC | c nicht in SSC | d – d und uns applicirt SSC | e danach:
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bus, sine lege, sine merito, non nisi ex gratia, gratis, non ex operibus, tanta diligentia tantoque zelo urget. Hae autem exclusivae omnes hisce verbis comprehenduntur, cum docemus: Sola fide coram Deo iustificamur et salvamur. Hoc enim modo opera nostra excluduntur, non quidem ea ratione, quasi vera fides possit existere sine contritione, aut quasi bona opera non necessario fidem veram (tanquam certissimi fructus) sequantur, aut quasi credentes in Christum non debeant bene operari. Sed ab articulo Iustificationis coram Deo bona opera excluduntur, ne negotio iustificationis peccatoris coram Deo, quasi ad eam rem necessaria, pertinentia et requisita, inserantur et admisceantur. Et haec est vera particularum exclusivarum in articulo iustificationis sententia, quae diligenter et sedulo in hoc articulo retinenda atque urgenda est, propter rationes, quas statim subiiciemus:
Primum, ut per illas particulas omnia opera propria, merita, dignitas, gloria et fiducia omnium operum nostrorum in articulo iustificationis penitus excludantur, ita quidem, ut opera | nostra neque causae neque meriti ullius in iustificatione, ad quae Deus in hoc negotio respiciat, aut quibus nos fidere possimus aut debeamus, vel ex toto vel dimidia aut minima ex parte rationem habeant. Deinde, ut hoc officium et haec proprietas fidei solius sit maneatque, quod videlicet sola fides, et nulla prorsus alia res, sit illud medium et instrumentum, quo Dei gratia et meritum Christi in promissione Evangelii apprehendatur, accipiatur nobisque applicetur, et ut ab hoc applicationis [673] officio atque proprietate caritas omnesque aliae virtutes aut opera penitus excludantur.
I.
Denique has formulas teneamus, ut neque renovatio neque sanctificatio, virtutes aut bona opera, tanquam forma aut pars aut causa iustificationis aut sub qualicunque praetextu, titulo aut nomine, articulo iustificationis, tanquam ad eam rem necessaria aut pertinentia, immisceantur; sed ut fidei iustitia tantummodo in remissione peccatorum (ex mera gratia, propter solum Christi meritum) consistat, quae bona in promissione Evangelii nobis offerantur et sola fide recipiantur, apprehendantur nobisque applicentur.
III.
von der SSC | f – f applicationis SSC | g – g nicht in SSC | h danach: für TB | i – i nicht in TB | j – j und appliciret SSC 501 Röm 3,28; Röm 6,4.6 | 502 Röm 3,21.28 | 503 Röm 3,28 | 504 Röm 11,6; Gal 2,16; Eph 2,9; Tit 3,5 | 505 Röm 3,28 | 506 damit | 507 das rechte Verständnis der Ausschließlichkeitsformulierungen im Glaubensartikel der Rechtfertigung | 508 im Sinne von: im Folgenden | 509 Dienst, Aufgabe 510 Die Konkordienformal greift hier die philosophische Argumentationsweise der scholastischen Theologie auf. | 511 Anschein, Vorwand | 512 Bezeichnung | 513 bestehe
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Also muss auch bleiben und erhalten werden die Ordnung zwischen dem Glauben und guten Wercken; Item514 Zwischen der Rechtfertigung und erneuerung oder heiligung. Dann gute Werck gehen nicht für515 dem Glauben her, auch nicht die Heiligung für der Rechtfertigung, sondern erstlich wird in kder bekerungk durch den heiligen Geist der | Glaub aus dem gehör516 des Evangelii in uns angezündet, derselbe ergreiffet Gottes gnade in Christo, dadurch die Person gerechtfertiget wirdl. Darnach, wann die Person gerechtfertiget ist, so wird sie auch durch den heiligen Geist verneuert und geheiliget, aus welcher verneuerung und heiligung alsdann die Früchte der guten Werck folgen. Et haec non itam divelluntur nquasi vera Fides aliquando et aliquandiu stare poßit cum malo propositon, sed ordine causarum et effectuum, antecedentium et consequentium ita distribuuntur; manet enim quod Lutherus recte dicit: Bene conveniunt et sunt connexa inseparabiliter Fides et opera, sed sola Fides est, quae apprehendit benedictionem sine operibus, et tamen nunquam est sola.517 oDas ist: welches nicht also verstanden werden sol, als ob die Rechtfertigung und erneuerungp von einander gescheiden, dermassenq, das rein warhafftiger Glauber unter weilen518 eine zeitlang neben einem bösen vorsatz sein und bestehen köndte, sondern es wird hiemit allein die Ordnung angezeiget, wie eins dem andern fürgehe oder nachfolge, dann es bleibt doch war, das519 Doctor Luther recht gesagt hat: Es reimen und schicken sich fein zusammen der Glaube und die guten Werck, Aber der Glaube ist es allein, der den Segen ergreiffet one die Wercks, doch nimmer und zu keiner zeit allein ist, twie dann oben erkleret wordent.o [280r] Es werden auch viel disputationes durch diesen warhafftigen unterscheid nützlich und wol erkleret, welchen die Apologia520 uber den Spruch Jacob. 2 handelt521, Dann wann man von dem Glauben redet, wie der gerecht mache, so ist S. Pauli Leer, das der Glaub allein gerecht mache one Werck522, in dem er uns denu verdienst Christi, wie gesagt, applicirt vund zueignetv. Wann man aber fragt, woran und wobey ein Christ entweder bey sich selbst, oder an andern erkennen und unterscheiden möge einen waren, lebendigen Glauben von einem geferbten523, toden Glauben, weil viel faule, sichere Christen inen524 einen wahn vom Glauben einbilden, da sie doch keinen waren Glauben haben, Darauff gibt die | Apologia diese antwort: Jacobus nennet „toden Glauben525, wo nicht allerley gute Werck und Früchte des Geistes folgen“526, wund auff solchew meinung sagt die Lateinische Apologia: Iacobus recte negat, nos tali fide iustificari, quae est sine operibus527, hoc est, quae mortua est, xdas ist: S. Jacob leret recht, da er verneinet, das wir durch ein solchen Glauben gerechtfertiget werden, der one die Werck ist, welches ein toder Glaub istx. k – k wahrer buß SSC, TB | l ist SSC | m danach: interreuptis aut longis temporum intervallis SSC, TB | n – n nicht in SSC | o – o nicht in SSC | p danach: der zeitt nach TB | q also TB | r – r in wahrhafftigem glauben TB | s danach: der TB | t – t nicht in TB | u das SSC | v – v nicht in SSC | w – w lebendigen glauben nennet er, do gute fruchte folgen. Und in dem fall auff die SSC | x – x nicht in
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Eodem modo etiam conservandus est ordo inter fidem et bona opera, inter iustificationem et renovationem seu sanctificationem. Bona enim opera non praecedunt fidem et sanctificatio non praecedit iustificationem. Sed primum in conversione per Spiritum sanctum fides ex | auditu Evangelii in nobis accenditur. Illa vero apprehendit gratiam Dei in Christo, qua persona iustificatur. Cum vero persona iam est iustificata, tum etiam per Spiritum sanctum renovatur et sanctificatur; ex ea vero renovatione et sanctificatione deinceps fructus, hoc est, bona opera, sequuntur. Et haec non ita divelluntur, quasi vera fides aliquando et aliquandiu stare possit cum malo proposito, sed ordine causarum et effectuum, antecedentium et consequentium, ita distribuuntur. Manet enim, quod Lutherus recte dicit: Bene conveniunt et sunt connexa inseparabiliter fides et opera; sed sola fides est, quae apprehendit benedictionem sine operibus; et tamen nunquam est sola. De qua re supra satis est dictum.
Ac multae sane disputationes hac vera et solida distinctione utiliter et dextre explicari possunt, quam etiam Apologia, cum agit de dicto Iacobi 2., affert. Quando enim de fide agitur, quomodo, videlicet ea iustificet, haec est ea de re D. Pauli doctrina quod sola fides sine operibus iustificet, quatenus nobis Christi meritum, ut diximus, applicat et communicat. Quando vero quaeritur: qua in re et [674] quonam indicio homo Chistianus vel in seipso vel in aliis hominibus veram et vivam fidem, item simulatam et mortuam fidem agnoscere et discernere possit (cum multi torpentes et securi Christiani sibi opinionem quandam loco fidei imaginentur, cum tamen | veram fidem non habeant), de hac re Apologia sic respondet: Iacobus eam vocat mortuam fidem, quam non omnis generis bona opera et fructus Spiritus sequuntur. Et in hanc sententiam etiam latina Apologia loquitur: Iacobus recte negat nos tali fide iustificari, quae est sine operibus, hoc est, quae mortua est.
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ebenso | 515 vor | 516 Hören | 517 Luther, Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 43, 255,38f. zuweilen | 519 was | 521 behandelt; vgl. Jak 2,24; vgl. AC IV, o. S. 358,22–362,35; 359,15–363,31. | 522 Vgl. Röm 3,28. | 523 vorgetäuschten | 524 sich | 525 Vgl. Jak 2,20.26. | 526 Vgl. AC IV, o. S. 360,36f; 361,27f. | 527 Vgl. AC IV, o. S. 363,7f. 518
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Es redet aber Jacobus, wie die Apologia saget, von Wercken der jenigen, welche schon durch Christum gerecht worden, mit Gott versünety 528 und vergebung der sünden durch Christum erlanget haben.529 Wann man aber fraget, woraus und woherz der Glaube das habe und was darzu gehöre, das er gerecht und selig mache, Ists falsch und unrecht, wer da saget: Fidem non posse iustificare sine operibus vel Fidem, quatenus caritatem, qua formetur, coniunctam habet, iustificare, vel Fidei, ut iustificet, necessariam esse praesentiam bonorum operum; aut ad iustificationem, avel in articulo iustificationisa esse necessariam praesentiam bonorum operum; bcvel bona opera esse causam sine qua non, quae per particulas exclusivas ex articulo Iustificationis non excludanturb. Das ist: Das der Glaube nicht köndte Rechtfertigen one die Werck, Oder das der Glaub dergestalt Rechtfertige oder gerecht mache, dieweil er die Liebe bey sich habe, umb welcher Liebe willen solches dem Glauben zugeschrieben, oder das die gegenwertigkeit der Werck bey dem Glauben notwendig sey, sol anders der mensch530 dardurch für Gott gerechtfertiget werden, doder das die gegenwertigkeit | der guten werck im Artickel der Rechtfertigung oder zu der Rechtfertigung von nöten sey, also das die gute Werck ein ursach sein sollen, one welche der Mensch nicht köndte gerechtfertiget werden, welche auch durch die Particulas exclusivas, absque operibus etc., das ist, wann S. Paulus spricht: „One werck“531, aus dem Artickel der Rechtfertigung nicht ausgeschlossen werdend c,532 dann der Glaube machet gerecht allein darumb [280v] und daher, weil er Gottes gnade und das verdienst Christi in der verheissung des Evangelii als ein mittel und werckzeug ergreiffet und annimmet. eUnd das seye nach gelegenheit533 dieserf Schrifft ggnug zu einer Summarischeng erklerung der Leer von der Rechtfertigung des Glaubens, welche in den hobgemelten534 Schrifftenh ausfürlicher gehandelt wird. Darausi auch die Antithesis, jdas ist falsche gegenlerej, klar, nemlich das uber die erzeltek auch diese und dergleichen Irrthumbl, so wider die itztgemeltem erklerung streiten, gestrafft535, ausgesetzet536 und verworffen werden müssen, Als da geleret wird:537 Das unser Liebe oder gute Werck verdienst oder ursach seind der Rechtfertigung für Gott, entweder gentzlich oder ja zum teil;538 y
danach: sind SSC | z wodurch SSC | a – a nicht in SSC, TB | b – b nicht in TB | c – c nicht in SSC nicht in TB | e – e Diß were SSC | f jetziger SSC | g – g eine summarische SSC | h – h schriften obgemeltes corporis doctrinae SSC | i Und hieraus SSC | j – j nicht in SSC | k vorgesetzte SSC, TB l gegenlehr SSC | m obgesetzte SSC d–d
528 versöhnt | 529 Vgl. AC IV, o. S. 362,10–21. | 530 wenn der Mensch soll | 531 Röm 3,28 | 532 Die Passage nimmt wohl Bezug auf die Stellungnahme der Wittenberger und Leipziger Theologen auf dem Religionsgespräch von Altenburg (Altenburger Kolloquium, 60r–v). Dort hatten sie zwar ausdrücklich bestätigt, dass die Werke für die Rechtfertigung des Menschen keine Rolle spielen, aber ihre grundsätzliche „necessitas“ nicht aufgegeben. Vgl. zum Stellenwert der guten Werke bei den Wiedergeborenen auch Melanchthon, Loci theologici (1543), in: CR 21, 762–768 (MWA 2/2, 422–431). | 533 Lage, Anliegen | 534 oben genannten | 535 zurückgewiesen | 536 bloß gestellt
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Iacobus autem, ut Apologia docet, agit de eorum operibus, qui per Christum iam sunt iustificati, cum Deo reconciliati et per Christum remissionem peccatorum sunt consecuti. Cum vero quaeritur, unde fides hoc habeat, et quid requiratur, ut iustificet et salvet, tum falsum erit, si quis dicat fidem non posse iustificare sine operibus, vel fidem, quatenus caritatem, qua formetur, coniunctam habet, iustificare; vel fidei, ut iustificet, necessariam esse praesentiam bonorum operum; aut ad iustificationem vel in articulo iustificationis esse necessariam praesentiam bonorum operum; vel bona opera esse causam sine qua non, quae per particulas exclusivas ex articulo iustificationis non excludantur. Fides enim tantum eam ob causam iustificat et inde vim illam habet, quod gratiam Dei et meritum Christi in promissione Evangelii (tanquam medium et instrumentum) apprehendit et amplectitur.
Et haec quidem pro ratione compendiariae explicationis articuli de iustificatione sufficient, qui articulus in scriptis supra nominatis copiosius tractatur. Ex his autem, quae iam dicta sunt, facile intelligi potest, non modo supra commemoratos errores, verum etiam ea falsa dogmata, quae iam recitabimus, redarguenda, repudianda et reiicienda esse.
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Quod dilectio nostra seu bona opera sint meritum vel [675] causa nostrae coram Deo iustificationis, aut ex toto aut saltem ex aliqua parte.
I.
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Die unter 1−7 aufgelisteten Verwerfungen zielen nicht nur auf das Rechtfertigungsdekret des Tridentinums (DH 1520−1583), sondern auch auf Osiander, dessen Lehre man in Affinität zu den altgläubigen Positionen stehen sah. Vgl. o. S. 1400, Anm. 488.
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1408 2. BSLK 931 3.
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oder Das durch gute Werck der Mensch sich darzu wirdig und geschickt machen müsse, | das im das verdienst Christi mitgeteilet müge werden.539 Vel formalem nostram iustitiam coram Deo esse inhaerentem nostram novitatem seu caritatem, ndas ist, Das unsere warhafftige Gerechtigkeit für Gott sey die Liebe oder die erneuerung, welche der heilige Geist in uns wircket und in uns istn;540 oder Das zwey stück oder teil zu der Gerechtigkeit des Glaubens für Gott gehören, darinn sie bestehe, nemlich Die gnedige vergebung der sünden und dann zum andern auch die verneuerung oder heiligung.541 Item, Fidem iustificare tantum initialiter, vel partialiter, vel principaliter; Et novitatem vel caritatem nostram iustificare etiam coram Deo vel completive, vel minus principaliter.542 Item, Credentes coram Deo iustificari vel coram Deo iustos esse simul et imputatione et inchoatione, vel partim imputatione, partim inchoatione novae obedientiae.543 Item, Applicationem promissionis gratiae fieri et fide cordis et confessione oris ac reliquis Virtutibus,544 odas ist: der Glaub mache allein darumb gerecht, das die Gerechtigkeit durch den Glauben in uns angefangen, oder also das der Glaube den vorzug habe in der Rechtferti|gung, gleichwol gehöre auch die erneuerung und die Liebe zu unser Gerechtigkeit für Gott, doch dergestalt, das sie nicht die fürnemste ursach unser Gerechtigkeit, sondern das unser Gerechtigkeit für Gott one solche Liebe und erneuerung nicht gantz oder vollkomen sey.545 Item, Das die gleubigen für Gott gerechtfertiget werden und gerecht sein zugleich durch die zugerechnete Gerechtigkeit Christi und durch den angefangenen neuen gehorsam oder zum teil durch die zurechnung der Gerechtigkeit Christi, zum teil durch den angefangenen neuen gehorsam.546 Item, Das uns die verheissung der Gnade zugeeignet werde durch den Glauben im hertzen und durch die Bekentnis, so mit dem munde geschicht,547 und durch andere Tügende.o [281r] Es ist auch das unrecht, wann geleret wird, das der mensch anderer gestaltp oder durch etwas anders selig müsse werden, Dann wie er für Gott gerechtfertiget wird, also das wir wol allein durch den Glauben one Werck gerecht werden, aber one Werck selig zu werden oder die Seligkeit one Werck zuerlangen sey unmüglich. Dieses ist darumb falsch, denn es ist stracks wider
n–n
nicht in SSC | o – o nicht in SSC | p weise SSC
539
Vgl. den im Wormser und im Regensburger Buch von 1540/41 unternommenen Konsensversuch, an dem Martin Bucer und der altgläubige Theologe Johannes Gropper (unter Rekurs auf sein Enchiridion Christianae Institutionis) maßgeblichen Anteil hatten. Hier hatte man – im Wormser Buch noch unter dem Stichwort der „duplex iustitia“ – festgehalten, dass zwar Christus allein Mittler zwischen Gott und Mensch sei und der Sünder nicht aufgrund eigener Verdienste, sondern allein aus Glauben gerechtfertigt werde. Aber man führte (wohl unter dem Einfluss Johannes Groppers) aus, dass der „fides iustificans“, dem rechtfertigenden Glauben, auch eine „fides efficax“, d. h. ein in Werken der Liebe tätiger Glaube, zur Seite stehen müsse. Das Wormser
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Quod homo bonis operibus suis se praeparare debeat, ut dignus fiat ap|plicatione et communicatione meritorum Christi. Formalem nostram iustitiam coram Deo esse inhaerentem nostram novitatem seu charitatem.
II. | BSLK 931
Quod iustitia fidei coram Deo duabus partibus constet, remissione peccatorum et renovatione seu sanctificatione.
IIII.
Fidem iustificare tantum initialiter vel partialiter vel principaliter; et novitatem vel caritatem nostram iustificare etiam coram Deo vel completive vel minus principaliter. Credentes coram Deo iustificari vel coram Deo iustos esse simul et imputatione et inchoatione, vel partim imputatione iustitiae Christi, partim inchoatione novae oboedientiae. Applicationem promissionis gratiae fieri et fide cordis et confessione oris et reliquis virtutibus.
V.
Sed et hic error reiiciendus est, cum docetur hominem alio modo seu per aliquid aliud salvari, quam per id, quo coram Deo iustificatur, ita ut sine operibus per solam quidem fidem coram Deo iustificemur, sed tamen absque operibus salutem aeternam consequi impossibile sit. Hoc ideo falsum est,
Buch stellte fest, dass auch in der Heiligen Schrift von einem ‚Gerechtmachen‘ die Rede sei, „das vnserm fleiß vnd guten wercken auf sein mas zugeben wurdt“ (BDS 9/1, 388,6f). Gute Werke würden das Heil des Menschen voranbringen und vervollkommnen (vgl. BDS 9/1, 392,14f). In der überarbeiteten Fassung des Rechtfertigungsartikels des Regensburger Buchs wurde dies noch klarer ausgedrückt: Der rechtfertigende Glaube sei nur dann recht wirkkräftig, wenn zugleich die eingegossene „caritas“ den menschlichen Willen wieder instand setze, das göttliche Gesetz zu erfüllen (vgl. BDS 9/1, 399,12–14). Vgl. außerdem DH 1526f, 1533f, 1545, 1557, 1559. | 541 Vgl. DH 1535f, 1560f. | 542 Vgl. DH 1532, 1535. | 543 Vgl. o. S. 1408f, Anm. 539, und DH 1561. 545 Vgl. o. S. 1406, Anm. 532; vgl. auch u. S. 1414,29–32. | 546 Vgl. zu dem gesamten Abschnitt außerdem DH 1545−1548. | 547 Vgl. Röm 10,10.
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III.
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VII.
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den Spruch Pauli, Rom. 4: „Die Seligkeit ist des Menschen, welchen Gott die Gerechtigkeit zurechnet one Werck“548; und Pauli grundt ist, das wir auff eine weise, wie die Gerechtigkeit, also auch die Seligkeit erlangen, Ja das wir eben darmit, wenn wir durch den Glauben gerecht werden, auch zugleich empfangen die Kindschafft und Erbschafft des Ewigen lebens und Seligkeit; und derhalben Paulus die Particulas exclusivas, qdas ist solche wort, dardurch die werck und eigner verdienst gentzlich ausgeschlossen wird, nemlichq Aus gnaden, one werck, Ja so starck bey dem Artickel der Seligkeit, als bey dem Artickel der Gerechtigkeit setzet und treibet. Gleichfals muss auch die Disputation von der einwonung der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes in uns recht erkleret wer|den.549 m Dannr ob wol durch dens Glauben in den auserwelten, tso durch Christum gerecht wordenu und mit Gott versünet sindt, Gott, Vater, Son und heiliger Geist, der die ewige und wesentliche Gerechtigkeit ist, wohnet (dann alle Christen sind „Tempel Gottes“550, des Vaters, Sons und heiligen Geistes, welcher sie auch treibet, recht zuthun), So ist doch solche einwonung Gottes nicht die Gerechtigkeit des Glaubens, davon S. Paulus handelt und sie Iustitiam Dei, vdas istv Die „Gerechtigkeit Gottes“,551 nennet, umb welcher willen wir für Gott gerecht gesprochen werden, sondern sie folget auff die vorgehende Gerechtigkeit des Glaubens, welche anders nichts ist, dann die wvergebung der sünden undw gnedige annemung der armen Sünder allein umb Christus gehorsam und verdiensts willen. Demnach, weil in unsern Kirchen zwischen den Theologen Augspurgischer Confeßion bekant, das alle unsere Gerechtigkeit ausserhalb unser und aller menschen verdienst, werck, tugend und wirdigkeit zusuchen und allein auff dem Herren Christo stehet, So ist wol zubetrachten, welcher gestalt Christus in diesem handel der Rechfertigung unser Gerechtigkeit genennet wirdx, nemlich: yDas unser Gerechtigkeit nicht auff die eine oder die andere Natur, sondern auff die gantze Person Christi gesetzt, welcher als Gott und Mensch in seinem einigen gantzen vollkomenem gehorsam unser Gerechtigkeit ist.y Dannz da Christus gleich vom heiligen Geist one sünde empfangen und geboren und in menschlicher Natur allein alle Gerech[281v]tigkeit erfüllet hettea und aber nicht warer ewiger Gott gewesen, möchte uns solch, der menschlichen Natur gehorsam und leiden auch nicht zur gerechtigkeit gerechnet werden, bwie dann auch, do der Son Gottes nicht Mensch worden, die blosse Göttliche natur unser gerechtigkeit nicht sein könnenb. q–q
nicht in SSC | r Und SC | s solchen SC | t – t nicht in SC | u werden SSC | v – v nicht in SSC nicht in SC, SSC, TB | x werde SC; worden SSC | y – y SC: s. QuM II, 98,40–99,2 [nicht nach ... zugerechnett werde]; SSC: s. QuM II, 181,13f [nicht nach ... zugerechnet werde]; TB: s. QuM II, 406,2–5 [nicht alleine ... gerechtigkeitt ist] | z Deßgleichen SC, SSC | a nicht in SC | b – b nicht in SC, SSC, TB w–w
548
Röm 4,6 | 549 Osiander hatte am 24. Oktober 1550 in einer Disputation in Königsberg unter Anwesenheit des Herzogs, aller Professoren und Prediger seine Lehre von der Rechtfertigung
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quia e diametro pugnat cum dicto Pauli: Beatitudo hominis est, cui Deus iustitiam imputat, sine operibus. Et hoc est fundamentum Paulinae disputationis, quod eodem prorsus modo et iustitiam et salutem consequamur. Imo, quod eo ipso, cum fide iustificamur, simul etiam adoptionem in filios Dei, et haereditatem vitae aeternae atque salutem adipiscamur. Eamque ob causam Paulus particulas illas exclusivas, id est, eiusmodi voces, quibus opera et propria merita prorsus excluduntur, videlicet (ex gratia, sine operibus, et similes) non [676] minus constanter et graviter in articulo salutis, quam in articulo iustificationis nostrae urget. Praeterea etiam disputatio illa de inhabitatione essentialis iustitiae Dei in nobis recte declaranda est. Etsi enim | Deus Pater, Filius et Spiritus sanctus (qui est aeterna et essentialis iustitia) per Fidem in electis, qui per Christum iustificati et cum Deo reconciliati sunt, habitat (omnes enim vere pii sunt templa Dei Patris, Filii et Spiritus sancti, a quo etiam ad recte agendum impelluntur): tamen haec inhabitatio Dei non est iustitia illa fidei, de qua Paulus agit eamque iustitiam Dei appellat, propter quam coram Deo iusti pronuntiamur. Sed inhabitatio Dei sequitur antecedentem fidei iustitiam quae nihil aliud est, quam remissio peccatorum, gratuita acceptatio peccatoris, propter solam oboedientiam et meritum perfectissimum unius Christi.
Cum igitur in Ecclesiis nostris apud Theologos Augustanae Cofessionis extra controversiam positum sit totam iustitiam nostram extra nos et extra omnium hominum merita, opera, virtutes atque dignitatem quaerendam eamque in solo Domino nostro Iesu Christo consistere: dextre considerandum est, qua ratione Christus in negotio iustificationis nostra iustitia dicatur. Nempe quod iustitia nostra neque in divina neque in humana natura, sed in tota ipsius persona consistat, quippe qui ut Deus et homo in sola sua tota et perfectissima oboedientia est nostra iustitia. Etiamsi enim Christus de Spiritu sancto quidem sine peccato conceptus et natus esset et in sola humanitate sua omnem iustitiam implevisset, nec tamen verus et aeternus Deus fuisset: talis tamen ipsius humanae naturae oboedientia et passio nobis ad iustitiam imputari non posset. Et vicissim, si filius Dei non homo factus esset, non posset sola divina natura nostra esse iustitia.
durch die wesentliche Einwohnung der göttlichen Gerechtigkeit im Menschen vorgetragen. Vgl. Andreas Osiander, Disputatio de iustificatione (1551), in: OGA 9, 426–447. | 550 I Kor 3,16; II Kor 6,16 | 551 Röm 1,17; Röm 3,5.22.25; II Kor 5,21 u. ö.
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Demnach so gleuben, | leren und bekennen wir, das der gantzen Person Christi gantzer gehorsam, welchen er cvor552 unsc dem Vater biss in den aller schmelichsten Todt des Creutzes geleistet hat, uns zur Gerechtigkeit zugerechnet werde. Dann die menschliche Natur alleind one die Göttliche dem ewigen, allmechtigen Gott weder mit gehorsam noch leiden für aller Welte sünde gnug thun, Die Gottheit aber alleinf one die Menscheit zwischen Gott und uns nicht mitteln mögen553. Weil aber (wie oben vermeldet) der gehorsam der gantzen Person ist, so ist erg eine volkomene gnugthuung und versünung des menschlichen geschlechts, dadurch der ewigen, unwandelbaren Gerechtigkeit Gottes, hso im Gesetz geoffenbareth, gnug geschehen und ialso unserji „Gerechtigkeit, kdie für Gott gilt“554, so im Evangelio geoffenbaret wirdk, darauff sich der Glaube für Gott verlesset, welchel Gott dem Glauben zurechnet, wie geschrieben stehet, mRom. 5m: „Gleich wie durch eines Menschen ungehorsam viel Sünder worden sind, also auch durch eines gehorsam werden viel gerecht“555, und n1. Johan. 1n: „Das Blut Jesu Christi, des Sons Gottes, reiniget uns von allen sünden.“556 Itemo: „Der gerechte wird seines Glaubens leben“, pHabac. 2p 557. Solcher gestalt wird uns weder die Göttliche noch die menschliche Natur Christi für sich selbst zur Gerechtigkeitq zugerechnet, sondern allein der gehorsam der Person, welche zumal558 Gott und Menschr, sund sihet also der Glaub auff die Person Christi, wie dieselbe für uns unter das Gesetze gethan, unsere sünde getragen unds in seinem gang zum Vater dent gantzen vollkomenen gehorsam von seiner heiligen Geburt an biss in den Todt seinem Himlischen Vater für uns arme Sünder geleistet und damit allen | unsern ungehorsam, der in unser Natur, derselben gedancken, worten und wercken stecket, zugedecket, das er uns zur verdamnis nicht zugerechnet, sondern aus lautern gnaden, allein umb Christus willen, verziehen und vergeben wird. Demnach verwerffen und verdammen wir einhellig uuber die fürgesetzte559 auch nachfolgende und alle dergleichenu Irthumb, als die Gottes Wort, der Leer der Propheten und Aposteln und unserm Christlichen Glauben zuwider sein: [282r] Da geleret wird, Das Christus unser Gerechtigkeit sey für Gott allein nach seiner Göttlichen Natur.560 Das Christus unser Gerechtigkeit sey allein nach der menschlichen Natur.561
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c–c
nicht in SC | d nicht in SC, SSC | e mensch TB | f nicht in SC, SSC | g es SC | h – h nicht in SC ist also die SSC | j die SC | k – k ist SC | l und die SC, SSC | m – m nicht in SC | n – n nicht in SC o Und SC, SSC | p – p nicht in SC | q danach: deß glaubens SC | r danach: ist SC, SSC | s – s SC: s. QuM II, 99,23–26 [Da dann... den Christus] | t daß ist in seinen SC | u – u nachvolgende SC i–i
552
für | 553 vermittelnd eintreten könnten | 554 Röm 1,17; Röm 3,21; Röm 10,3 | 555 Röm 5,19 I Joh 1,7 | 557 Hab 2,4 | 558 zugleich | 559 über die bereits erwähnten (vorangestellten) hinaus 560 gegen Osiander; vgl. o. S. 1410f, Anm. 549. | 561 Franciscus Stancarus hatte gegen Osiander die Position bezogen, dass Christus nach seiner menschlichen Natur die Gerechtigkeit des Menschen sei. Diese Aussage war geprägt durch eine von Petrus Lombardus beeinflusste, scholastische 556
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Quare credimus, docemus et confitemur, quod | tota totius personae Christi oboedientia, quam ille Patri usque ad ignominiosissimam [677] crucis mortem nostra causa praestitit, nobis ad iustitiam imputetur. Humana enim natura sola, sine divinitae, aeterno, omnipotenti Deo neque oboedientia neque passione pro totius mundi peccatis satisfacere valuisset. Divinitas vero sola, sine humanitate, inter Deum et nos mediatoris partes implere non potuisset. Cum autem, ut supra commemoratum est, oboedientia illa Christi non sit unius duntaxat naturae, sed totius personae, ideo ea est perfectissima pro humano genere satisfactio et expiatio, qua aeternae et immutabili iustitiae divinae (quae in lege revelata est) satis est factum. Ea oboedientia est illa nostra iustitia, quae coram Deo valet et in Evangelio revelata seu monstrata nobis est, qua fides nostra coram Deo nititur, quam iustitiam Deus fidei imputat, ut scriptum est: Sicut per inoboedientiam unius hominis peccatores constituti sunt multi, ita per unius oboedientiam iusti constituentur multi. Et Iohannes inquit: Sanguis Iesu Christi, filii Dei, emundat nos ab omni peccato. Item: Iustus fide sua vivet. Hac ratione nobis neque divina neque humana Christi natura (per se) ad iustitiam imputatur, sed sola oboedientia illius personae, quae simul Deus est et homo. Et hoc modo fides nostra respicit in personam Christi, quatenus illa pro nobis legi sese subiecit, peccata nostra pertulit et, cum ad patrem suum iret, solidam, absolutam et perfectissimam oboedientiam (iam inde a nativitate sua sanctissima usque ad mortem) patri suo coelesti pro nobis miserrimis pecca|toribus praestitit. Qua sua oboedientia omnem nostram inoboedientiam (quae in nostra natura et huius cogitationibus, verbis et operibus haeret) texit, ut ea nobis ad damnationem non imputetur, sed ex mera gratia, propter solum Christum, condonetur atque remittatur. Reiicimus igitur atque unanimi consensu damnamus praeter supra commemoratos errores etiam sequentes et omnes alios hisce similes, quippe qui verbo Dei, Propheticae et Apostolicae doctrinae et piae nostrae religioni repugnant: [678] Quod Christus sit iustitia nostra coram Deo tantum secundum divinam naturam. Quod Christus nostra sit iustitia duntaxat secundum humanam naturam.
Trinitätslehre und Christologie. Stancarus ging davon aus, dass die drei Personen der Trinität – in ihrem Sein und Wirken identisch – den Heilsmittler senden. Der nach seiner menschlichen Natur für die Menschen durch seinen Kreuzestod eintretende Heilsmittler versöhnt die Menschen mit Gott‚ „per naturam humanam“. Vgl. FRANCIS||CI STANCARI MAN-||TVANI SACRAE THEOLOGIAE, || & Ebraicae linguae in Aca=||demia Regiomontana || Prussiae, publici pro=||fessoris, || DISPVTATIO DE || TRINITATE, HABITA || 20. Iunij 1551, || [...], [o. O: o. D. 1551] (VD 16 S 8547).
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Rom. 5. Iohan. 1. Rom. 1. Habac. 2.
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Das in den Sprüchen der Propheten und Aposteln, wannv von der Gerechtigkeit des Glaubens geredet wirdw, die wort „Rechtfertigen und Gerechtfertiget werden“ nicht sollen heissen von sünden ledig sprechen und vergebung der sünden erlangen, Sondern von wegen der durch den heiligen Geist eingegossenen Liebe, Tugendt und daraus folgende werck mit der that und warheit gerecht gemacht werden.562 Das der Glaube nicht allein ansehe den gehorsam Christi, sondern seine Göttliche Natur, xwie dieselbige in uns wonet und wircket, und durch solche einwonung unsere sünde für Gott zugedeckt werdenx.563 Das der Glaube ein solch vertrauen sey auff den gehorsam Christi, welcher in einem menschen sein und bleiben könne, der gleich keine warhafftige Busy habe, zdo auch keine Lieb folgez, sondern wider sein gewissen in sünden verharre.564 Das nicht Gott, sondern allein die Gaben Gottes in den Gleubigen wonen.565 Diese Irthumb aund dergleichena allzumal verwerffen wir einhellig als dem klaren Wort Gottes zuwider und verharren durch Gottes gnade standthafft und bestendig auff der Leer von der Gerechtigkeit des Glaubens für Gott, wie dieselbige in der Augspurgischen Confeßion566 und darauff erfolgter Apologia567 b gesetzt, ausgefüret und mit Gottes Wort erwiesen ist. cWas dann ferner zu eigentlicher568 erklerung dieses hohen und fürnemen Artickels der Rechtfertigung für Gott von nöten, daran unser Seelen seligkeit gelegen,569 wollen wir menniglich570 auff die schöne und herrliche auslegung Doctor Luthers uber die Epistel S. Pauli an die Galater gewiesen und umb geliebter kürtze willen hiemit gezogen571 haben.572 c
[282v] IIII. Von guten Wercken Ese hat sich auch ein Zwispalt von den guten Wercken unter den Theologen Augspurgischer Confeßiond, zugetragen das ein Teil sich nach folgender wort und art zu reden | gebraucht573: Gute Werck sind nötigf zur Seligkeitg. Es ist unmüglich one gute Werck selig werden. hItem: Es ist niemandi one gute Werck selig wordenh j, Weil von denk Rechtgleubigen gute Werck als Früchte des Glaubens erfordert und der Glaub one die Liebe todt, ob gleich solche Liebe keine ursache der Seligkeit sey.574 lDas ander Teil aber hat dagegen gestritten, Das gute Werck wol nötig sein, aber nicht zur Seligkeit, sondern umb anderer | ursachm willen, und das d
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da SC, SSC | w danach: daß SC, SSC | x – x SC: s. QuM II, 100,5–7 [in seynem ... menschen verdrockne] | y liebe SC | z – z nicht in SC | a – a nicht in SC | b danach: im funfften artickel SC c – c nicht in SC, SSC | d – d Die vierdte zweyspalltt von den guetten wercken hatt sich uber ettlich gebrauchte reden SC, SSC, TB | e Der Text des Artikels von von guten Werken der FM unterscheidet sich in der Satzstruktur grundlegend von dem der SD, so dass ein Textvergleich nicht möglich ist: s. QuM II, 306,12–312,3 [Hyrvon redet ... controversien greiffen] | f nottwendich SSC | g danach: und SSC | h – h und haben des ursachen angezeigt SSC, TB | i danach: jemals SC | j danach: Und: Das der ursachen SC | k nicht in TB | l – l nicht in SC | m ursachen SSC
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Quod in Prophetarum et Apostolorum dictis (ubi de iustitia fide agitur) vocabula iustificare et iustificari non significent a peccatis absolvere et remissionem peccatorum consequi, sed propter infusam (per Spiritum sanctum) caritatem, virtutes et opera, quae inde promanant, reipsa et revera iustos effici.
III.
Quod fides non respiciat tantum oboedientiam Christi sed divinam ipsius naturam, quatenus videlicet ea in nobis habitet et operetur, et quod per hanc inhabitationem nostra coram Deo peccata tegantur. Quod fides sit talis in oboedientiam Christi fiducia, quae existere et manere possit in eiusmodi homine, qui non vere poenitentiam habeat, et qui caritate sit vacuus et in peccatis contra conscientiam perseveret.
IIII.
Quod non Deus ipse, sed dona Dei duntaxat in credentibus habitent. Hos errores hisque similes omnes unanimiter reiicimus, quia verbo Dei clarissimo repugnant. Et per Dei gratiam constantes perserveramus in doctrina sincera de iustificatione fidei coram Deo, ut ea in Augustana Confessione eiusque Apologia perspicue proposita, explicata et verbo Dei munita est.
V.
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Quod praeterea ad copiosiorem huius ardui et praecipui articuli iustificationis coram Deo (in quo nostra salus vertitur) explicationem requiritur, de eo praeclarum D. Lutheri commentrarium in Epistolam Pauli ad Galatas ab unoquoque consuli et diligenter legi monemus, ad quem brevitatis studio hoc loco nos referimus.
[679] IIII. De bonis operibus
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Dissidium porro ortum est inter quosdam Theologos Augustanae Confessionis de bonis operibus. Alii enim has propositiones usurparunt: bona opera | sunt necessaria ad salutem, impossibile est sine bonis operibus salvari, nemo unquam sine bonis operibus est salvatus; quandoquidem a vere credentibus bona opera, ut fructus fidei requirantur, et fides sine caritate mortua sit, etiamsi caritas non sit causa nostrae salutis. Alii vero hoc dogma impugnarunt atque docuerunt, quod bona opera necessaria quidem sint, sed non ad salutem, | verum propter alias causas. Et affir-
562 gegen Osiander; vgl. auch: DH 1561. | 563 gegen Osiander | 564 Vgl. DH 1578; vgl. aber auch die Lehre Calvins von der „perseverantia sanctorum“ (Beständigkeit der Erwählung), Calvin, Institutio Christianae religionis (1559), III, 24,6, in: OS 4, 416,38–418,15. | 565 Vgl. Petrus Lombardus, Sententiarum I, dist. 14, in: PL 192, 557–559. | 566 Vgl. CA IV und XX, o. S. 98f. 116–129. | 567 Vgl. AC IV, o. S. 266–397. | 568 genauerer | 569 hängt | 570 alle | 571 darauf bezogen 572 Luther, In epistolam S. Pauli ad Galatas commentarius (1535), in: WA 40/1; WA 40/2, 1–184.
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derwegen fürgehende Propositiones575 noder gebrauchte redenn (als die dem vorbild der gesunden Lere und Wort ungemes und von oden Papisteno allewegen576 und nochp derq Leer runsers Christlichen Glaubens entgegen gesetzt, da wir bekennenr, das allein der Glaub gerecht und selig maches) in der Kirchen nicht tzu duldent, damit der verdienst Christi, unsers Seligmachers, nicht geschmelert werde und die verheissung der Seligkeit den gleubigen fest und gewiß sein und bleiben möge.577 In diesem streit ist auch von etzlichen wenigen diese streitige Proposition, uoder redeu gefüret, das gute Werck zur Seligkeit sched|lich sein.578 Es ist auch von etzlichen disputirt worden, das gute Werck nicht nötig, sondern freywillig sein, dieweil sie nicht durch furcht und straff des Gesetzes erzwungen, sondern aus freywilligem vGeist und frölichemv hertzen geschehen sollen. w xDargegen hat der ander Teil gestritten das gute Werck nötig sein.x 579 Solcher streit hat sich anfangs uber den worten „Neceßitas und Libertas, das ist notwendig und frey“ zugetragen, weil besonders das wort Neceßitas, nötig, nicht allein die ewige, unwandelbare Ordnung, nach welcher alle menschen Gott zu gehorsamen schuldig und pflichtig sein, Sondern auch zu zeiten einen zwang heisset, damit580 das Gesetz die Leute zu den guten Wercken dringety.581 Nachmals582 aber zhat man nicht allein von den worten disputiretz, sondern aauff das hefftigste die Lere an ir selbsta angefochten und [283r] gestritten, Das der neue gehorsam inb den widergebornen von wegen obvermelter Gottes ordnung nicht nötig sey.w l c Diese uneinigkeit Christlich und nach anleitung Gottes Worts zuerklerend und durch | seine Gnade gentzlich hinzulegen, ist unsere Lere, Glaub und Bekentnis wie folget: eErstlich Ist in diesem Artickel von folgendenf Puncten unter den unsern kein streit, Als das Gottes wille, ordnung und befehl sey, das die Gleubigen in guten Wercken wandeln sollen, und das rechtschaffene gute Werck nicht sein, die ime583 ein jeder guter meinung584 selbst erdencket oder die nach menschen satzungen geschehen, Sondern die Gott selber in seinem Wort fürgeschrieben und befohlen hat, das auch rechtschaffene, gute Werck nicht aus eigenen natürlichen krefften, sondern also geschehen, Wann die Person durch den
n–n
nicht in SSC | o – o dem bepstischen SSC | p danach: entgegen gesetz werden SSC derselben TB | r – r nicht in SSC, TB | s danach: entgegen gesetzt werden TB | t – t zugedulden SSC | u – u nicht in SSC | v – v nicht in SSC | w – w nicht in SSC | x – x nicht in TB | y bringett TB z – z haben andere ahn ihr selbest auf das heftigste die lehre nicht von wortten gestritten TB a – a nicht in TB | b an TB | c oder nottwendigk dem glauben und der versöhnung folgen musse TB | d zuerkennen SSC | e – e Von gueten wercken glauben, lehren und bekennen wir einhellig wie volgtt: Erstlich von den wercken SC | f danach: viel SSC q
575
vorangehende, zuvor aufgeführte Thesen | 576 stets | 578 Vgl. o. S. 1242f, Anm. 96. Andreas Musculus (seit 1546 Professor an der Universität Frankfurt/Oder, seit 1556 zugleich Superintendent der Mark Brandenburg) und Abdias Praetorius (Professor in Frankfurt/Oder) 579
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marunt paulo ante recitatas propositiones in Ecclesia Dei non esse ferendas, propterea quod formae sanorum verborum et piae doctrinae non sint conformes et quod Papistae cum antea semper, tum vero inprimis nostro seculo eas propositiones opposuerint piae nostrae doctrinae, qua asserimus sola fide nos iustificari et salvari. Itaque eas reiiciendas iudicarunt, ne meritum Christi servatoris nostri extenuetur et ut promissio de salute nostra credentibus certa sit et firma maneat. In hoc dissidio quidam pauci hanc propositionem (quae et ipsa controversiae occasionem dedit) attulerunt: bona | opera ad salutem esse perniciosa. Sed et a quibusdam disputatum fuit, quod bona opera non necessaria, sed libera et spontanea sint, propterea quod non metu et comminationibus Legis extorqueantur, sed spiritu spontaneo et alacri mente fieri debeant. Alii vero asseruerunt bona opera esse necessaria. [680] Haec posterior controversia initio tantum ex aequivocatione vocabulorum (necessitatis et libertatis) occasionem sumsit, quod vocabulum necessitatis non tantum immutabilem et aeternum ordinem divinum (quo omnes homines ad obediendum Deo debitores sunt et adstricti), verum etiam interdum coactionem, qua Lex homines ad bona opera severe urget, designet. Progressu autem temporis non iam de verbis amplius disputatum, sed de rebus ipsis magna vehementia fuit disceptatum. Et a quibusdam acriter pugnatum est: novam oboedientiam in renatis (quam supra commemoratus ordo divinus requirit) non esse necessariam. Ut autem et hoc dissidium iuxta verbi Dei analogiam pie declaretur et per Dei | gratiam prorsus componatur, doctrinam, fidem et confessionem nostram de hoc negotio recitabimus: Primo, in hoc articulo nulla est inter nostros dissensio de his propositionibus: quod videlicet Dei voluntas et ordinatio sit atque mandatum, ut credentes in bonis operibus ambulent: quod ea non sint vere bona opera, quae quisque bona intentione ipsemet excogitat, aut quae secundum humanas traditiones fiunt, sed ea, quae Deus ipse in verbo suo praescripsit atque praecepit; quod vere bona opera non propriis naturalibus viribus, sed tum demum fiant, cum hatten sich über einen Satz aus dem unter Federführung Melanchthons erstellten Frankfurter Rezess von 1558 auseinandergesetzt („Nova obedientia est necessaria und nova obedientia est debitum, eo ipso, quia ordo immotus est, ut creatura rationalis Deo obediat, neuer Gehorsam ist nöthig, und, neuen Gehorsam sind wir schuldig, eben darum, daß es ist Gottes unwandelbare Ordnung, daß die vernünftige Creatur Gott gehorsam sey“, in: CR 9, 497; der gesamte Artikel zur Frage der Notwendigkeit guter Werke: ebd., 496–499), wobei Praetorius die Position Melanchthons vertrat. | 580 womit, mit dem | 581 Zu den in diesem Zusammenhang gewechselten Schriften gehört z. B. Abdias Praetorius, DE || NECESSITATE || NOVAE OBEDIENTIAE || ET || BONORVM OPERVM || EXPLICATIO SVMMA=||ria [...], Frankfurt/Main: Johann Eichorn d. Ä.1561 (VD 16 P 4609) und Andreas Musculus, DE BONO=||RVM OPERVM, ET || NOVITATIS VITAE || IIBERTATE.|| EXPLICATIO, Erfurt: Georg Baumann d. Ä. 1562 (VD 16 M 7139). Weitere Schriften sind der Internet–Datenbank von C&C zu entnehmen. | 582 Später 583 sich | 584 Absicht
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Glauben mit Gott versünet und durch den heiligen Geist verneuert oder, wie Paulus redet, in Christo Jesu neu geschaffen wird zu guten Wercken585. Es ist auch one streit, wie und warumb der gleubigen gute Werck, Ob sie gleich586 in diesem fleisch unrein und unvolkomen, Gott gefellig und angenem sein, nemlich umb des Herrn Christi willen, durch den Glauben, weil die Person Gott angenem ist. Dann587 die Wercke, sog zu erhaltung eusserlicher zucht gehören,588 welche auch von den ungleubigen und unbekerten geschehen und erfordert werden, ob wol für der Welt hdieselbigen löblich, darzu auch von Gott in dieser Welth mit zeitlichen Gütern belohnet werden, Jedoch weil sie nicht aus rechtem Glauben gehen, seind sie für Gott sünde, das ist Mit sünden beflecketi, und werden vor Gott für sünde und unrein umb der verderbten Natur willenj k lund weil die Person mit Gott nicht versünet istl gehalten, „dann ein böser Baum kan nicht gute Früchte bringen“589 k, wie auch geschrieben stehet, mRom. 14m: „Was nicht aus Glauben gehet, das ist sünde“590. Dann es muss zuvorn die Person Gott gefellig sein, und das allein umb Christus willen, sollen im anders auch derselben Personen werck gefallen.591 | Derhalbenn der recht, guten und Gott wolgefelligen Werck, die Gott in dieser und zukünfftiger Welt belohnen wil, mutter und ursprung omuss der Glaube seino, darumb sie dann rechte früchte des Glaubens wie auch des Geistes von S. Paulo genennet werden592. p qDann wie Doctor Luther schreibet in der Vorrede uber die Epistel S. Pauli an die Römer: So ist der „Glaub ein Göttlich werck in uns, das uns verwandelt und neu gebieret aus Gott und tödtet den alten [283v] Adam, macht uns gantz andere Menschen von hertzen, muth, sinn und allen krefften und bringet den heiligen Geist mit sich. O es ist ein lebendig, geschefftig, thetig, mechtig ding umb den Glauben, das unmüglich, das er nicht one unterlas solte gutes wircken. Er fraget auch nicht, Ob gute werck zuthun sind, sondern ehe man fraget, hat er sie gethan und ist immer im thun. Wer aber nicht solche Werck thut, der ist ein glaubloser Mensch, tappet und sihet umb sich nach dem Glauben und guten Wercken und weis weder, was Glauben oder gute Werck sein, weschet und schwatzet doch viel wort vom Glauben und guten Wercken. Glaub ist eine lebendige, erwegene593 zuversicht auff Gottes gnade, so gewiss, das er Tausentmal darüber stürbe; und solche zuversicht und erkentnis Göttlicher gnaden machet frölich, trotzig594 und lustig595 gegen Gott und allen Creaturen, welches der heilige Geist thut im Glauben, daher der Mensch one zwang willig und lustig596 wird, jederman gutes zuthun, jederman zu dienen, g
danach: da SC | h – h nicht in SSC | i danach: seyen SC | j danach: gehaltten SC | k – k nicht in SC nicht in SSC, TB | m – m nicht in SC | n Zum andern glauben, lehren und bekennen wir, das SC | o – o SC: s. QuM II, 101,8–10 [seye, der ... worden sindt] | p – p der Text der SC entscheidet sich im Folgenden grundlegend von dem der SD: s. QuM II, 101,12–104,19 [Denn der ... ortt sparen] q – q nicht in SSC; TB: s. QuM II, 409,21–27 [Dan ein ... werden, Gal. 5] l–l
585 Vgl. Eph 2,10. | 586 auch wenn sie | 587 Denn | 588 Vgl. Luther, Disputationsthesen für Petrus Palladius (1537), in: WA 39/1, 202,18f. | 589 Mt 7,18; vgl. Lk 6,43. | 590 Röm 14,23 | 591 Vgl. Gen
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persona per fidem cum Deo est reconciliata et per Spiritum sanctum renovata et in Christo Iesu (ut Paulus loquitur) denuo ad bona opera creata est. Sed et hoc extra controversiam est, quomodo et qua de causa bona credentium opera (licet hac carne nostra impura et imperfecta) Deo placeant et accepta sint, videlicet propter Dominum nostrum Iesum Christum per fidem, propterea quod persona Deo accepta est. Etsi enim opera illa, quae ad conservandam externam disciplinam faciunt, (qualia etiam ab infidelibus et non ad Deum conversis hominibus fiunt et quidem requiruntur) suam coram mundo dignitatem et laudem habent et temporalibus quibusdam [681] praemiis in hoc mundo a Deo ornantur: attamen, cum non ex vera fide proficiscantur, revera coram Deo sunt peccata, hoc est, peccatis contaminata, et a Deo pro peccatis et immunditia reputantur, propter humanae naturae corruptionem et quia persona cum Deo non est reconciliata. Mala enim arbor non potest bonos fructus ferre. Et in ea, quae ad Romanos scripta est, legitur: Quicquid non ex fide est, peccatum est. Necesse est enim, ut persona Deo antea | placeat, idque propter solum Christum, si modo personae illius opera Deo placere et accepta esse debent. Quare eorum operum, quae revera bona sunt et Deo placent, quae etiam Dominus tum in hoc tum in futuro saeculo vult remunerari, mater et fons est ipsa fides, unde et veri fructus fidei, sicut et fructus Spiritus a D. Paulo appellantur. Fides enim (quemadmodum D. Lutherus in praefatione Epistolae Pauli ad Romanos scribit) est divinum quoddam opus in nobis, quod nos immutat, ex Deo regenerat, veterem Adamum mortificat et ex nobis plane alios homines (in corde, animo et omnibus viribus nostris) facit et Spiritum sanctum nobis confert. Et est fides illa quiddam vivum, efficax, potens, ita ut fieri non possit, quin semper bona operetur. Neque fides quaerit demum, an bona opera sint facienda, sed priusquam de ea re inquiratur, iam multa bona opera effecit, et semper in agendo est occupata. Qui vero non ad hunc modum bene operatur, is homo vera fide caret, et ubi sit fides, ubi bona opera, quasi coecus palpando quaeritat, neque tamen quid fides aut bona opera sint, novit, interim tamen multa inepte de fide et bonis operibus garrit et nugatur. Fides iustificans est viva et solida fiducia in gratiam seu clementiam Dei, adeo certa, ut homo millies mortem oppetere, quam eam fiduciam sibi eripi pateretur. Et haec fiducia atque agnitio divinae gratiae et clementiae laetos, animosos, alacres efficit, cum erga Deum tum erga omnes creaturas, quam laetitiam et alacritatem Spiritus sanctus ex|citat per fidem. Inde homo sine ulla coactione promp-
4,4–7; Luther, In epistolam S. Pauli ad Galatas Commentarius (1535), in: WA 40/1, 400–402, 410,19–23; ders., Kirchenpostille (1522). Epistel am Sonntag nach dem Christtage: Gal 4,1–7, in: WA 10/1/1, 326,1–3; 339,9f; 359,2–4. | 592 Vgl. Gal 5,22; Eph 5,9. | 593 entschlossene, verwegene 594 zuversichtlich | 595 froh | 596 begierig
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allerley zu leiden, Gott zu lieb und lob, der im solche gnade er|zeiget hat, Also das unmüglich ist, Werck vom Glauben scheiden, ja so unmüglich als brennen und leuchten vom Feuer mag gescheiden werden.“597 q
Aber weil von diesen Puncten unter den unsern kein streit, wollen wir dieselbige hie nach der lenge nicht handlen, sondern alleinr von den streitigen Puncten uns einfeltig598 und deutlich gegen einander erkleren. Und Erstlich, Was belanget notwendigkeit oder freywilligkeit der guten Werck, ist offenbar, das in sder Augspurgischen Confeßion und derselbens Apologia gebraucht und offt widerholet werden diese reden: das gute Werck nötig sein, Item, Das es nötig sey, gute Werck zuthun, welche auch notwendig dem Glauben und der versünung folgen sollen, Item, Das wir notwendig gute Werck, so Gott geboten, thun sollen und thun müssen.599 So wird auch in der heiligen Schrifft selber das wort „not, nötig“ und „notwendig“, Item „sollen und müssen“ also gebraucht, was wir von wegen Gottes ordnung, befehl und willen zuthun schuldig sein, Als Rom. 13; 1. Corinth. 9; Actor. 5; Johan. 15; 1. Johan. 4600. Werden derhalben gemelte601 reden oder Propositiones in diesem Christlichen und eigentlichem verstand unbillich602 von etzlichen gestrafft603 und verworffen, welche billich604, den sichern, Epicurischen wahn605 zustraffen und zuverwerffen, sollen gefüret und gebrauchet werden, da viel inen606 einen toden Glauben oder wahn607, der da one Busse und [284r] one gute Werck ist, dichten608, als köndte wol zugleich in einem hertzen sein rechter Glaube und böser vorsatz, in sünden zuverharren | und fortzufaren, welches unmüglich ist, oder als köndte wol einer waren Glauben, Gerechtigkeit und Seligkeit haben und behalten, wann er gleich ein fauler undt unfruchtbarer Baum ist und bleibet, da gar keine gute Früchte folgen, Ja wenn er gleich in sünden wider das gewissen verharret, oder widerumb sich auff solche sünde fürsetzlich begibet, welches unrecht und falsch ist. Es muss aber auch die erinnerung von diesem unterscheid hierbey gemercketu 609 werden, das nemlichv verstanden werden solle Neceßitas ordinis mandati et voluntatis wChristi ac debiti nostriw, non autem neceßitas coactionis, xdas ist, Wann dissy wort „nötig“ gebraucht, sol es nicht von einem zwang, sondern allein von der ordnung des unwandelbaren willen Gottes, zdes schuldner wir seindz, verstanden werden, dahin aucha sein Gebot weiset, das die Creatur irem Schöpffer gehorsam sey, Dannx sonsten wie 2. Cor. 9 bund in der Epistel S. Pauli anb Philemonemc, Item, 1. Pet. 5, „aus not“ genennet wird,
r nicht in SSC | s – s confessione augustana et SSC | t nicht in SSC, TB | u gesetz SSC | v nicht in SSC | w – w divinae SSC, TB | x – x nicht in SSC | y das TB | z – z nicht in TB | a nicht in TB | b – b et ad SSC | c danach: geschrieben, diß TB 597 598
Luther, Vorrede auf die Epistel S. Pauli an die Römer (1522/46), in: WA.DB 7, 10,6–23. einfach | 599 Vgl. CA VI, o. S. 100–103; CA XX, 116–129; AC IV, o. S. 323,23f; 342,15; 343,11.
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tus et alacris redditur, ut omnibus benefaciat, om[682]nibus benefaciat, omnibus inserviat, omnia toleret, idque in honorem et laudem Dei pro ea gratia, qua Dominus eum est prosequutus. Itaque impossibile est bona opera a fide vera separare, quemadmodum calor urens et lux ab igne separari non potest. Quia vero de hac re inter nostros non est controversia, nolumus esse nunc prolixiores, sed tantum de iis rebus, quae in controversiam venerunt, quanta fieri potest, simplicitate et perspicuitate mentem nostram declarabimus. Quod igitur ad Necessitatem aut libertatem bonorum operum attinet, negari non potest, quod in Augustana Confessione eiusdemque Apologia haec verba saepe usurpentur atque repetantur: bona opera esse necessaria; et quod necesse sit bona opera facere, quia necessario fidem et reconciliationem cum Deo sequi debent; et quod necessario ea opera, quae Deus praecepit, a nobis sint facienda. Sed et sacrae literae vocabulis „necessitatis, necessarii, debiti, debemus, oportet“ etc. utuntur, quoties de iis rebus agunt, quas ratione mandati, ordinationis et voluntatis divinae praestare tenemur. Quare propositiones hae (bona opera esse necessaria, et necesse esse bene agere) in commemorata pia et genuina sententia, immerito a quibusdam reprehenduntur et reiiciuntur. Hae enim retinendae atque urgendae sunt ad redarguendam atque refutandam securitatis Epicureae opinionem, qua multi fidem mortuam aut persuasionem quandam vanam, quae sine poenitentia et bonis operibus est, pro vera fide falso | habent; quasi scilicet in uno eodemque corde simul stare possint vera fides et malum propositum in peccatis perseverandi et progrediendi, quod tamen prorsus est impossibile; aut quasi aliquis veram fidem, iustitiam et salutem habere ac retinere valeat, etiamsi arbor putrida et infrugifera sit maneatque neque ullos bonos fructus ferat; imo quamvis in peccatis contra conscientiam perseveret aut rursus destinata malitia in scelera priora relabatur. Haec [683] falsa et impia sunt. Interim tamen de hoc etiam discrimine commonefactio observanda est, quod per vocabulum necessitatis intelligenda sit Necessitas ordinis mandati et voluntatis Christi ac debiti nostri, non autem necessitas coactionis. Vult enim mandatum Dei, ut creatura suo Creatori oboediat. In aliis enim quibusdam scripturae locis vocabula (ex necessitate) de iis rebus accipiuntur, quae homini praeter voluntatem eius coactione quadam aut alias extorquentur, ut externe et quidem in speciem, sed tamen contra suam voluntatem aliquid
600 Vgl. Röm 13,5f.9; I Kor 9,8–10; Act 5,29; Joh 15,12; I Joh 4,11. | 601 die genannten | 602 zu Unrecht, unangemessen | 603 getadelt | 604 verdientermaßen, eigentlich | 605 die in Sicherheit wiegende epikurische Fehleinschätzung; gemeint ist ein Standpunkt, der den guten Werken vor dem Hintergrund, dass der Mensch ja ohnehin nichts zu seiner Rechtfertigung beitragen könne, überhaupt keine Bedeutung mehr zumisst; vgl. auch o. S. 1367, Anm. 337. | 606 sich | 607 Einbildung | 608 zurechtmachen | 609 beachtet
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Rom. 13. 1. Cor. 9. Actor. 5. Iohan. 15. 1. Iohan. 4.
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2. Cor. 9. ad Philemonem 1. Pet. 5.
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was einem wider seinen willen durch zwang oder sonst abgenötiget wird, das er eusserlich zum schein, aber doch one und wider seinen willen thue, Dann solche scheinwerck wil Gott nicht haben,610 sondern das Volck des neuen Testaments sol sein ein williges volck, Psal. 110,611 und willig Opffern, Psal. 54,612 nicht mit unwillen oder aus zwang, sondern von hertzen gehorsam sein, 2. Cor. 9; Rom. 6,613 „Dann einen willigen Geber hat Gott lieb“, 2. Cor. 8614. dIn | diesem verstandt und solcherd meinung ists recht geredet und geleret, das rechte gute Werck willig oder aus freywilligem Geist von denen, die der Son Gottes gefreyete 615, geschehen sollen, wie dann auff diese meinung fürnemlich die disputation616 von freywilligkeit der guten Werck von etlichen gefüret ist. Aber hie ist widerumb der unterscheid fauch wol zu merckenf 617, davon Paulus sagt, Rom. 7: „Ich bin willig und habe lust zu Gottes Gesetze nach dem inwendigen menschen, Aber in meinem fleisch finde ich ein ander Gesetz, welches nicht allein unwillig oderg unlustig ist, sondern auchh dem Gesetz meines gemüts widerstrebet“618; und was das unwillige, widerspenstige fleisch belanget, da sagt Paulus, 1. Cor. 9: „Ich beteube und zehme meinen Leib“619; und Gal. 5; Rom. 8: „iWelche Christumi angehören die Creutzigen, ja tödten ir fleisch sampt seinen lüsten, begierden und geschefften.“620 Das aber ist falsch und muss gestraffet621 werden, jwann fürgegeben und geleret wirdj, Als weren die guten Werck den gleubigen also frey, das es in irer freyen willkür stündek, ldas sie solchel thun oder lassen oder darwider handlen wolten [284v] oder möchten und sie nichts desto weniger den Glauben, Gottes hulde und gnade behalten köndten.622 Zum andern, Wann geleret wird, das gute Werck vonnöten sein, muss auch erkleret werden, warumb und aus was ursachen sie vonnöten seind, wie die ursachen in mder Augspurgischen Confeßion undm Apologia, erzelet Werden.n 623 Aber hie muss man sich gar wol fürsehen, das die Werck nichto in den Artickel der Rechtfertigung und Seligmachung gezogen und eingemenget werden.624 Derhalben werden billich die Propositiones verworffen, das den gleubigen gute Werck zur seligkeit vonnöten sein, Also das es unmüglich sey one gute Werck selig werden,625 dann sie sind stracks wider die Lere De particulis exclusivis in articulo Iustificationis et Salvationis, pdas ist, Sie streiten d–d
Und also in dem vorstande auch in der SSC | e danach: hatt SSC, TB | f – f nicht in SSC und SSC | h nicht in SSC | i – i Christo SSC | j – j nicht in SSC | k stehe TB | l – l ob sie die SSC m – m augustana confessione et SSC | n danach SSC: s. QuM II, 185,33–186,7 [Als erstlich ... 1. Pet 2.3]; TB: s. QuM II, 411,23–36 [Als erstlich ... 1. Pet 2.3] | o danach: etwa SSC | p – p nicht in SSC g
610
Vgl. II Kor 9,7; Phlm 14; I Petr 5,2. | 611 Vgl. Ps 110 (Vg 109),3. | 612 Vgl. Ps 54 (Vg 53),8. Vgl. II Kor 9,7; Röm 6,17. | 614 II Kor 9,7 | 615 befreit | 616 Auseinandersetzung | 617 beachten 618 Röm 7,22f | 619 I Kor 9,27 | 620 Gal 5,24; vgl. Röm 8,13. | 621 getadelt, zurückgewiesen 622 Gegen diese den Antinomern zugeschriebene Position hatte sich schon Melanchthon gewandt. Seine Ablehnung bezog sich aber nicht nur auf Johannes Agricola, sondern auch auf Amsdorf. Zugleich versuchte er Majors Stellungnahme einzuordnen; vgl. Melanchthon an Kurfürst August von Sachsen, Mitte Januar 1558 (Bericht über seine Wormser Artikel von 1557), in: CR 9, 405–408 613
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faciat. Talia enim hypocritica opera Deus non probat, sed vult, ut populus Novi Testamenti sit populus spontaneus et ut spontanea sacrificia offerat atque oboedientiam non invitus aut coactus, sed ex animo praestet. Hilarem enim datorem diligit Dominus. In hanc sententiam recte dicitur atque docetur: quod vere bona opera sponte, | libero spiritu, ab iis, quos filius Dei liberavit, fieri debeant; quemadmodum etiam disputatio illa de libertate bonorum operum praecipue ad hanc sententiam confirmandam a quibusdam agitata est.
Hic autem etiam discrimen hoc observandum est, de quo Paulus loquitur: Delector lege Dei, promptus sum ad bene agendum, secundum interiorem hominem. Sed in carne mea legem aliam reperio, quae non modo invita et ad bene operandum difficilis est, verum etiam legi mentis meae repugnat. Et quod ad illam rebellem et difficilem carnem nostram attinet, ea de re Paulus sic ait: Castigo corpus meum et in servitutem redigo etc. Et: qui sunt Christi, carnem suam crucifixerunt, imo mortificarunt, cum vitiis et concupiscentiis. Contra autem opinio falsa redarguenda et reiicienda est, cum docetur bona opera ita esse libera homini Christiano, ut in eius libero arbitiro positum sit, ea vel facere vel omittere, aut licet contra legem Dei peccetur, nihilominus tamen fidem, Dei gratiam atque favorem retineri posse.
Psal. 110. Psal. 54. 2. Cor. 9. Rom. 6. 2. Cor. 8. BSLK 944
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1. Cor. 9. Galat. 5. Rom. 8.
[684] Deinde, cum docetur bona opera necessaria esse, etiam hoc explicandum est, quare quibusque de causis ea sint necessaria, quae causae in Augustana Confessione eiusque Apologia recitantur. Interim tamen diligenter in hoc negotio cavendum est, ne bona opera articulo Iustificationis et salutis nostrae immisceantur. Propterea merito hae propositiones reiiciuntur: bona opera fidelibus necessaria esse ad salutem, ita ut impossibile sit sine bonis operibus salvari, quia simpliciter pugnant cum doctrina de particulis exclusivis in articulo iustificationis et salvationis, (Nr. 6425 = MBW 8494) außerdem ders., Gutachten für Kurfürst August von Sachsen (über eine Synode aller Fürsten und Stände Augsburgischer Konfession). 4. März 1558, in: CR 9, 462–478, (Nr. 6471) hier: 473–475 (MBW 8543) mit z. T. namentlicher Identifizierung der unterschiedlichen Streitpositionen. | 623 Vgl. CA VI, o. S. 100–103; CA XX, o. S. 116–129; AC IV, o. S. 340–397. | 624 So auch Melanchthon, der zwar die Aussage „nova oboedientia est necessaria“ betonte, die damit gemeinten Werke der Gläubigen aber dezidiert von Rechtfertigung und Seligmachung trennte; vgl. Melanchthon an Kurfürst August von Sachsen, Mitte Januar 1558 (Bericht über seine Wormser Artikel von 1557): CR 9, 405–408 (Nr. 6425), hier: 407 (MBW 8494) und ders., Gutachten für Kurfürst August von Sachsen (über eine Synode aller Fürsten und Stände Augsburgischer Konfession). 4. März 1558: CR 9, 462–478, (Nr. 6471) hier: 474 (MBW 8543). 625 Dies zielt auf die Position Majors, dass der Mensch durch das Ausbleiben guter Werke seine in der Rechtfertigung gründende Seligkeit wieder aufs Spiel setzen werde. Die Diskussionen darum spielten sich auf der Eisenacher Synode von 1556 ab.
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wider die Wort, mit welchen S. Paulus qunsere werck undq verdienst aus dem Artickel der Rechtfertigung und Seligmachung gentzlich ausgeschlossen und alles allein der gnade Gottes und dem verdienst Christi zugeschrieben hatp, wie in dem vorgehenden Artickel erkleret. rItem, Sie nemenr dens angefochtenen, betrübten gewissen den Trost des Evangelii, geben ursach zum zweifel, sind in viel wege gefehrlich, stercken die vermessenheit eigener gerechtigkeit tund das vertrauen auff eigene werckt, werden dazu von den Papisten angenommen und zu irem vorteil wider die reine Lere von dem allein seligmachenden Glauben gefüret.626 uSo sind sie auch wider das fürbild der gesunden Wort, da geschrieben stehet, Die Seligkeit sey allein des menschen, welchem Gott zurechnet die Gerechtigkeit one zuthun der Werck, Rom. 4.627 Item, In der Augspurgischen Confeßion | im sechsten Artickel stehet geschrieben: Man werde Selig one die Werck allein durch den Glauben.628 u vSo hat auchv Doctor Luther diese Propositiones verworffen und verdammetw: 1. An den falschen Propheten bey den Galatern.629 2. An den Papisten in gar viel orten.630 3. An den Widerteuffern, da sie also glosiren, Man solle wol den Glauben auff der Werck verdienst nicht setzen, aber man müsse sie dennoch gleichwol haben als nötige ding zur Seligkeit.631 4. Auch an etlichen andern unter den seinen, so diese Propositionem also glosiren wolten. Ob wir gleich die Werck erfordern als nötig zur Seligkeit, so leren wir doch nicht, das vertrauen auff die Werck setzen xin Gen[esin] Cap. 22.632 [285r] Demnach und aus itzterzelten633 ursachen solx es billich in unsern Kirchen dabey bleiben, Das nemlichy gemelte634 zweise zu redenz nicht geleret, verteidiget oder beschönet, sondern aus unsern Kirchen aals falsch und unrechta ausgesetzt635 und verworffen werden, Als die zur zeit der verfolgung, do am meisten klare, richtige Bekentnis wider allerley Corruptelas636 bund verfelschungb des Artickels der Rechtfertigung von nöten war, aus dem Interim widerumb verneuert637, hergeflossen und in disputation gezogen sind.
q–q
die werck unsers TB | r – r benemen SSC | s danach: armen SSC | t – t nicht in SSC | u – u Rom. 4, beatitudo sine operibus, et in augustana confessione articulo 6: Salvus sine operibus fide SSC v – v Und weil SSC | w danach: hat SSC | x – x Item, Gen. cap. 22, soll SSC | y nicht in SSC | z – z propositiones SSC, TB | a – a nicht in SSC, TB | b – b nicht in SSC
626 Vgl. Konzil von Trient, 6. Sitzung (13. Januar 1547): Dekret über die Rechtfertigung, in: DH 1520–1583, hier: 1582; vgl. auch Thomas von Aquin, Summa theologiae II,1 q. 21 art. 4, in: L 6, 166. | 627 Vgl. Röm 4,6. | 628 Vgl. CA VI, o. S. 100,15–102,5. | 629 Vgl. Luther, In epistolam S. Pauli ad Galatas commentarius (1535), in: WA 40/1, 220,4–11 u. ö.; WA 40/2, 10,26–30 u. ö. | 630 Vgl. z. B. Luther, Kirchenpostille (1522). Epistel am Sonntag nach dem Christtage: Gal 4,1−7, in: WA 10/1/1, 325−335, ders., Adventspostille (1522). Evangelium am 1. Adventssonntag: Mt 21,1−9, in: WA 10/1/2, 37,32−45,16. | 631 Vgl. Luther, Von der Wiedertaufe an zwei Pfarrherrn. Brief Luthers (1528), in: WA 26, 144−174. | 632 Vgl. Luther, Genesis-Vorlesung (1535–1545), in: WA 43, 253,32–261,41. | 633 hier dargelegten | 634 die genannte | 635 ausgeschlossen | 636 Verderbnis 637 Hier ist nicht das Augsburger Interim von 1548 gemeint, sondern die noch im selben Jahr
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quibus D. Paulus opera et merita nostra ab articulo iustificationis et salutis nostrae penitus exclusit et omnia soli gratiae atque clementiae divinae et Christi merito adscripsit, quemadmodum superius declaravimus. Et propositiones illae (de necessitate bonorum operum ad salutem) perturbatis et afflictis conscientiis veram Evangelii consolationem eripiunt, occasionem praebent dubitationi de gratia Dei, multis modis sunt periculosae, praesumtionem et falsam opinionem de propria iustitia et fiduciam propriae dignitatis confirmant, a Papistis acceptantur et ad ipsorum malam causam fulciendam (contra sinceram doctrinam de sola fide salvante) adducuntur. Quin etiam formae sanorum verborum repugnant, cum scriptum sit: beatitudinem tantum esse hominis, cui Deus imputat | iustitiam sine operibus. Et in Confessione Augustana articulo sexto scriptum legimus: salvari nos sine opere, sola fide. Sed et D. Lutherus has propositiones reiecit atque damnavit: Primo quidem in falsis Apostolis, qui Galatas in errorem induxerant. Deinde in Papistis, multis admodum locis. Postea etiam in Anabaptistis, qui hanc interpretationem adferunt, quod fides quidem non debeat niti meritis operum, sed tamen ea necessario ad salutem requiri. Postremo in quibusdam aliis, suis hominibus, qui hanc, ut loquuntur, glossam in medium adducebant: Si maxime, di[685]cebant, bona opera tanquam ad salutem necessaria requiramus, tamen non docemus, quod bonis operibus sit confidendum. Quare et ex iam commemoratis causis in Ecclesiis nostris merito hoc ratum, certum et fixum esse debet, quod phrases seu propositiones illae, de bonis operibus ad salutem necessariis, non sint docendae, defendendae, pingendae, sed potius ex Ecclesiis nostris ut falsae et non sincerae explodendae atque reiiciendae, quippe quae tempore persecutionis (ubi clara et perspicua confessione adversus omnis generis corruptelas et depravationes articuli iustificationis maxime opus erat) ex Interreligionis formula renovatae, promanarint atque denuo disputationibus novis occasionem praebuerint.
erstellte Leipziger Landtagsvorlage. Sie sollte eine Alternative zu dem kaiserlichen Religionsgesetz bieten und kombinierte eine an der Theologie Melanchthons orientierte Rechtfertigungslehre mit altgläubigen Riten und Zeremonien. Nikolaus Gallus und Matthias Flacius brachten den Text unter dem Titel „Leipziger Interim“ im Jahre 1550 unautorisiert und mit Kommentaren versehen zum Druck (abgedruckt in: C&C 2, 354–441 [Nr. 4]). In seinem Abschnitt „Von den guten wercken“ führte die Leipziger Landtagsvorlage aus: „Wie nun dieses warhafftiges erkennen in vns leuchten mus, also ist gewißlich war, das diese tugenden, glaub, liebe vnd hoffnung, vnd andere in vns sein müssen vnd zur seligkeit nötig sein.“ Gallus und Flacius kommentierten: „Solche rede, die tugende sind zur gerechtigkeit oder seligkeit nötig, derer sehr viel in diesem vnnd dem vorigen Capitel ist, sind den Papisten zugute gesetzt, auff das sie darnach daraus (wie denn leichtlich folgt) schliessen: Ergo, so werden wir zum teil auch durch vnsere wercke gerecht vnd selig.“ (C&C 2, 398,13–19 [Nr. 4]). Der Text der Landtagsvorlage ist kritisch ediert in: PKMS 4, 254–260 (Nr. 212).
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Rom. 4.
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I. II. III.
IIII.
In commentario suo super Genesin cap. 22.
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Zum dritten, Weil auch disputiret wird, Ob gute Werck die Seligkeit erhalten oder ob sie nötig sein, den Glauben, | Gerechtigkeit und Seligkeit zuerhalten,638 und aber hieran hoch und viel gelegen, „denn wer verharret biss ans ende, wird Selig werden“, Matth. 24639, Item, Ebr. 3: „Wir seind Christus teilhafftig worden, So wir anders das angefangene wesen biss ans ende fest behalten“640, muss auchc gar wol dund eigentlichd erkleret werden, wie die Gerechtigkeit und Seligkeit ein unse erhalten, das sie nicht widerumbf verloren werden; und ist derhalbeng Erstlich dieser falscher, Epicurischer wahn641 ernstlich zustraffen642 und zuverwerffen, das etzliche dichten643, Es könne der Glaube undh die empfangene Gerechtigkeit und Seligkeit durch keine, auch mutwillige und vorsetzigliche sünde oder böse werck verloren werden, Sondern wann ein Christ gleich one furcht und scham den bösen lüsten folge, dem heiligen Geist widerstrebe und auff sünde widers gewissen fürsetzlich sich begebei, das er gleichwol nichts desto weniger gleuben, Gottes gnade, Gerechtigkeit und Seligkeit behalte.644 Wider diesen schedlichen wahn645 sollenj mit allem fleis und ernst diese warhafftige, unwandelbare, Göttliche drawungen646 und ernstliche, straffek 647 vermanungen lden Christenl, so mdurch den Glaubenm gerecht worden sind, offt widerholet und eingebildet648 werden, 1. Cor. 6: „Irret nicht, kein Hurer, kein Ehebrecher, kein Geitziger etc. wird das Reich Gottes ererben.“649 Gal. 5; Eph. 5: „Die solches thun, werden das Reich Gottes nicht besitzen.“650 Rom. 8: „Son ir nach dem fleisch lebet, so werdet ir sterbeno.“651 Col. 3: „umb solcher willen kommet der zorn Gottes uber die ungehorsamen.“652 pWann aber und welcher gestaltp aus diesem grunde die vermanungen zu guten Wercken one qverdunckelung der Lere vom Glaubenq und des Artickels der Rechtfertigung könne gescherffet653 werden, zeigt die Apologia ein fein vorbild, do sie Articulo 20 uber den Spruchr 2. Pet. 1r („Fleissiget euch eueren beruff feste zumachen“)654 also saget: [285v] Petrus leret, warumb man gute Werck thun sol, Nemlich das wir unsern beruff655 feste machen, das ist, Das wir nicht aus unserem beruff fallen, wann wir widerumb sündigen. Thut gute Werck, spricht er, das ir bey eurem Himlischen beruff bleibet, das ir nicht wider abfallet und verlieret Geist und Gaben, die euch nicht umb der folgenden Werck willen, sondern aus gnaden durch Christum widerfahren sind und nun erhalten werden durch den Glauben. Der Glaube aber bleibet nicht in denen, die sündlich leben füren, den heiligen Geist verlieren, die Busse von sich stossen. sBiss daher die wort aus der Apologias.656 t c
diß SSC | d – d nicht in SSC | e – e nicht in SSC | f nicht in SSC | g nicht in SSC | h nicht in SSC begibt SSC | j mussen den christen SSC | k scharffe SSC, TB | l – l zu denen SSC | m – m nicht in SSC | n Who SSC | o danach: mussen SSC | p – p Wie nu SSC | q – q nachteil des glaubens SSC r – r Petri SSC | s – s etc. Haec apologia SSC | t danach SSC: s. QuM II, 187,29–36 [Auff diese ... Colos. 3]; danach TB: s. QuM II, 413,34–414,3 [Auf diese ... Coll. 3] i
638 Der Streit setzt die von Melanchthon vertretene Lehre von den guten Werken und die von ihm eingeführten Differenzierungen voraus; vgl. ders., Loci theologici (1543), in: CR 21, 762–780
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Postea, cum de eo etiam disputetur: an bona opera salutem conservent aut num ad retindendam aut conservan|dam fidem, iustitiam et salutem sint necessaria: diligenter et accurate declarandum est, qua ratione iustitia et salus in nobis conserventur, ne rursus amittantur. Scriptum est enim: Qui perseveraverit usque ad findem, salvus erit. Et Apostolus ait: Participes Christi effecti sumus, si tamen initium substantiae usque ad finem firmum retinuerimus. Et quidem in primis falsa et Epicurea illa opinio graviter redarguenda atque reiicienda est, quod quidam fingunt fidem et acceptam iustitiam atque salutem non posse ullis peccatis aut sceleribus (tametsi omnino voluntarie et destinata malitia mala opera perpetrentur) amitti, sed etiamsi homo absque omni Dei timore et pudore pravis suis concupiscentiis indulgeat, Spiritui sancto repugnet et atrocia flagitia contra conscientiam suam (et quidem malo proposito) designet, nihilominus tamen fidem, gratiam Dei, iustitiam atque salutem retineri posse. Contra hanc pestilentissimam persuasionem singulari diligentia hae verissimae, immotae divinae comminationes, poenae et admonitiones Christianis, per fidem iustificatis, saepe repetendae atque inculcandae sunt: Nolite errare, neque [686] fornicarii neque adulteri neque avari etc. regnum Dei possidebunt. Et alibi: Qui talia agunt, regnum Dei non consequentur. Et ad Romanos: Si secundum carnem vixeritis, moriemini. Et: Propter talia venit ira Dei super filios incredulitatis. Quando autem et qua ratione ex hoc fundamento exhortationes ad bona opera (absque obscuratione doctrinae de fide et articuli de iustificatione) acui possint, Apologia luculentum eius rei exemplar depingit, ubi capite XX. Super verba Petri: Satagite vocationem vestram firmam facere, haec verba habet: Petrus docet, quare sint bona opera facienda, scilicet ut sit firma vocatio, hoc est, ne vocatione sua excidant, si iterum peccent. Facite (inquit) bona opera, ut perseveretis in vestra coelitus vobis iniuncta vocatione, ne rursum deficiatis et amittatis Spiritum ac dona, quae prius contigerunt, non propter sequentia opera, sed ex gratia, per Christum, et iam retinentur fide. At fides non manet in his, qui pravam vitam agunt et amittunt Spiritum sanctum et abiiciunt poenitentiam. Hactenus Apologia.
(MWA 2/2, 422–448). Zu den Frontstellungen im Majoristischen Streit vgl. o. S. 1242f, Anm. 96. 639 Mt 24,13 | 640 Hebr 3,14 | 641 Vgl. o. S. 1421, Anm. 605. | 642 zurückzuweisen | 643 vorgeben, fantasieren | 644 Vgl. Melanchthon an Kurfürst August von Sachsen, Mitte Januar 1558 (Bericht über seine Wormser Artikel von 1557): CR 9, 405–408 (Nr. 6425 = MBW 8494) und o. S. 1422f, Anm. 622. | 645 Einbildung | 646 Drohungen | 647 strenge | 648 eingeschärft | 649 I Kor 6,9f 650 Gal 5,21; Eph 5,5 | 651 Röm 8,13 | 652 Kol 3,6 | 653 eingeschärft | 654 II Petr 1,10 | 655 Berufung, Verantwortung, verantwortliches Leben | 656 Vgl. AC XX, o. S. 558,31–560,2.
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Hebr. 3.
Galat. 5. Ephes. 5. Rom. 8. Coloss. 3.
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2. Pet. 1.
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Dagegen aber hat es die meinung nicht, das der Glaube allein im anfang die Gerechtigkeit und Seligkeit ergreiffe und darnach sein Ampt657 den Wercken ubergebe, das dieselbigen hinfürder uden Glaubenu, die empfangene Gerechtigkeit und Seligkeit erhalten müstenv, Sondern auff das die verheissung der Gerechtigkeit und Seligkeit nicht allein zuempfangen, sondern auch zubehalten uns fest und gewiss sein mügen, gibet Paulus, Rom. 5, dem Glauben nicht allein den eingang zur gnaden, sondern auch, das wir in der gnaden stehen und uns rhümen der zukünfftigen Herrligkeit658, das ist, Anfang, mittel und ende gibet er alles dem Glauben allein. wItem, Rom. 11: „Sie sind | abgebrochen umb ires unglaubens willen, Du aber stehest durch den Glauben.“w 659 Col. 1: „Er wird euch darstellen heilig und unstrefflich für im selbst, so ir anders bleibet im Glauben.“660 1. Pet. 1: „Wir werden aus Gottes macht durch den Glauben bewart zur Seligkeit.“661 Item: „Ir werdet das ende euers Glaubens davon bringen, nemlich der Seelen seligkeit.662 xWeil dann aus Gottes Wort offenbar, dasx der Glaube das eigentliche, einige663 mittel ist, dardurch Gerechtigkeit und Seligkeit nicht allein empfangen, sondern auch von Gott erhalten wird, Sol billich664 verworffen werden, das im Trientischeny Concilio zgeschlossen665 und was sonst mehr auff dieselbige meinung ist gerichtet wordenz, das unsere gute Werck die Seligkeit erhalten, oder das die empfangene Gerechtigkeit des Glaubens oder auch der Glaube selbst durch unsere wercka entweder gentzlich oder ja zum teil erhalten und bewaret werden. bDann ob wol vor diesem streit etzliche viel reine Lerer solche und dergleichen reden in auslegung der heiligen Schrifft gebraucht, Hiemit aber keines weges gesinnet, obvermelte666 Irthumb der Papisten zubestetigen, Jedoch weil nachmals uber solcher weise zureden streit entstanden, daraus allerley ergerliche weiterung667 erfolget, [286r] Ist es am aller sichersten, nach der vermanung S. Pauli uber dem „fürbilde der gesunden Wort“668, so wol als uber der reinen Leer selbst zuhalten, dadurch viel unnötiges gezencks abgeschnitten und die Kirch vor vielem ergernis behütet werden mag.b Zum vierdten, Was die Proposition669 belanget, das gute Werck zur Seligkeit schedlich sein solten,670 erkleren wir uns deutlich also: Wann jemand die gute Werck in den Artickel der Rechtfertigung ziehenc, seine Gerechtigkeit oder das vertrauen der Seligkeit darauff setzen, damitd die gnade Gottes verdienen und dardurch selig werden wöllee, | fHierauff sagen nicht wir, sondernf sagtg Paulus selbsth und widerholts zum drittenmal, Phil. 3, Das einem solchen menschen seine werck nicht allein unnützlichi und hinderlich, sondern auch schedlich sein.671 jEs ist aber die schuld nicht der guten Werck an inen selbst,
u–u
nicht in SSC, TB | v musen SSC | w – w nicht in SSC | x – x Und weil nu SSC | y tridentino SSC gelehret wirt SSC | a davor: guthen SSC, TB | b – b nicht in SSC | c zeugt SSC | d davor: wil SSC | e nicht in SSC | f – f in dem fal SSC | g s. TB | h nicht in SSC | i unmuglich TB | j – j nicht in SSC, TB z–z
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E contrario autem non est sentiendum, quod fides initio tantum iustitiam et salutem apprehendat, postea vero officium suum operibus resignet, ut ea deinceps fidem, apprehensam iustitiam et salutem conservare debeant. Ut enim nobis promissio de iustitia et salute nostra non modo consequenda, verum etiam retinenda, certa et firma esse possit, Paulus non tantum aditum ad gratiam, verum etiam, quod in gratia perseveramus et de futura gloria gloriamur (hoc est initum, medium et finem) soli Fidei adscribit. Et alibi ait: Propter incredulitatem suam defracti sunt, tu autem fide stas: Et ad Co|lossenses inquit: Exhibebit vos sanctos et immaculatos et irreprehensibiles coram seipso, si tamen permanetis in fide fundati et stabiles etc. Et Petrus ait: In virtute Dei custodimini per fidem in salutem. Et: Reportabitis finem fidei vestrae, saultem animarum.
Rom. 5.
Rom. 11. | Coloss. 1. | BSLK 949
1. Pet. 1.
[687] Cum igitur ex sacrarum literarum testimoniis manifestum sit, quod fides proprium et unicum illud medium sit, qui iusticia et salus non modo apprehenduntur, verum etiam a Deo conservantur: merito reiiciendum est Tridentinae Synodi Decretum (et si quid alibi in eam sententiam fuit propositum), quod videlicet bona nostra opera salutem conservent, aut quod apprehensa fidei iustitia aut fides ipsa per nostra opera vel ex toto vel saltem ex parte retineantur ac conserventur. Etsi enim ante motam hanc controversiam multi sinceri doctores eiusmodi phrasibus in explicatione sacrae scripturae usi sunt, non autem eo animo, quod commemoratos Papistarum errores confirmare vellent: tamen, cum interea de eiusmodi phrasibus disceptationes, scandala et distractiones variae exortae sint, longe tutissimum est (iuxta Pauli admonitionem) formam sanorum verborum non minori diligentia, quam ipsam sinceram doctrinam firmiter retinere, qua ratione multis non necessariis concertationibus ansa praeciditur et multa in Ecclesia Dei offendicula praecaventur. Praeterea, quod ad propositionem illam attinet: bona opera ad salutem esse perniciosa, sententiam nostram perspicue exponemus. Si quis bona opera articulo iustificationis immiscere, iustitiam suam aut fiduciam salutis suae in ea reponere, gratiam Dei iis promereri et per ea salutem consequi velit: respon|demus non quidem nos, sed D. Paulus ipse, idque tertio repetit: quod tali homini opera sua non tantum sint inutilia atque ad salutem impedimento, verum etiam perniciosa sint. Culpa tamen non est bonorum operum
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Aufgabe, Verantwortung | 658 Vgl. Röm 5,2. | 659 Röm 11,20 | 660 Kol 1,22f | 661 I Petr 1,5 I Petr 1,9 | 663 einzige | 664 zu Recht | 665 Vgl. Konzil von Trient, 6. Sitzung (13. Januar 1547): Dekret über die Rechtfertigung, in: DH 1574 und 1582. | 666 oben genannte | 667 Ausbreitung 668 II Tim 1,13 | 669 Satz | 670 So die Position Amsdorfs. | 671 Vgl. Phil 3,7–9. 662
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sondern des falschen vertrauens so wider das ausgedruckte Wort Gottes auff die Werck gesetzet wird.j Aber hierausk folget keines wegs, das man simpliciter672 und lalso blos dahinl sagen solle: Gute Werck sind den Gleubigen zu oder an irer Seligkeit schedlich, Dann in den Gleubigen sind gute Werck, wann sie propter veras causas et ad veros fines, mdas ist, der meinung geschehen, wie sie Gott von den widergebornen erfordertm, anzeigung der Seligkeit, Phil. 1673, nWie dann Gottes wille und ausdrücklicher befehl istn, das die Gleubigen gute Werck thun sollen,674 welcheo der heilige Geist wircketp in den Gleubigen, qdie ime auch Gottq umb Christi willen gefallen lessetr, inen herrliche belohnung in diesem und künfftigem Leben verheissets. Derwegen auch diese Proposition in unsern Kirchen gestrafftt und verworffen wirdu, dieweil sie also blos gesetzt, falsch und ergerlich ist, dadurch zucht und erbarkeit geschwechet, dasv rohe, wilde, sichere, wEpicurische leben675 w eingefüret und gestercket werden möchte, dann was einem zu seiner Seligkeit schedlich ist, dafür sol er sich ja mit höchstem fleis hüten. Weil xaber diex Christen von den guten Wercken nicht abgehalten, sondern zum fleissigsten darzu vermanet und angehalten werden sollen, so kan und sol diese blosse Proposition in der Kirchen nicht geduldet, gefüret nochy vertheidiget werden.p
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Nach dem der unterscheid des Gesetzes und Evangelii676 ein besonder herrlich Liecht ist, welches darzu dienet, das Gottes Wort rechta geteilet und der heiligen Propheten und Apostel Schrifften eigentlich erkleret und verstanden, Ist mit besonderem fleis uber demselben zuhalten677, damit diese zwo Leren nicht mit einander vermischet, boder aus dem Evangelio ein Gesetz gemachtb, dardurch der verdienst Christi verdunckelt und die betrübten gewissen ires trosts beraubet, den sie sonst in dem heiligen Evangelio haben, wenn dasselbige lauter und rein geprediget und sich in iren höchsten anfechtungen wider das schrecken des Gesetzes auffhalten678 können.z cNun ist hie gleicher gestaltc zwischen etlichen Theologen Augspurgischer Confeßion dZwispalte eingefallend 679, dof der eine Teil fürgebeng 680, Das Evangeliumh sey eigentlichi | jnicht allein eine kgnaden Predigtk, sondernl auch mzu gleich eine Predigt der Busm j 681, welche die grösseste sünde, nemlich den z
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darauß SSC | l – l bloß SSC | m – m geschehen SSC | n – n Auch ist Gottes wille und befehl SSC nicht in SSC | p danach: sie SSC | q – q Godt lest sie ihm auch SSC | r verheisseth SSC; danach: und TB | s nicht in SSC | t danach: außgesetzt SSC | u nicht in SSC | v der SSC | w – w epicureismus SSC | x – x nhu SSC | y oder SSC | z – z FM: s. QuM II, 301,39–302,6 [Vom evangelio ... die confessio] | a nit SSC | b – b nicht in SC | c – c Bey diesem articul ist FM | d – d ein strit entstanden FM | e davor: ein SC | f Dan FM | g hat gestritten FM | h danach: eigentlich davon zu reden FM i nicht in FM | j – j ein predig der buß SC | k – k predig von der gnad und barmhertzikeit Gottes, uns in Christo erzeigt FM | l danach: sey FM | m – m ein buspredig, durch FM o
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per se, sed vanae fiduciae, quae contra expressum Dei verbum in opera collocatur. Inde tamen haudquaquam consequitur, quod simpliciter et nude asserere liceat: bona opera credentibus ad salutem esse perniciosa. Bona enim opera in credentibus (cum propter veras causas fiunt et ad veros fines, sicuti ea Deus a renatis exigit, referuntur) indicia sunt aeternae salutis. Siqui[688]dem haec est voluntas et hoc expressum Dei mandatum, ut credentes bona opera faciant, quae Spiritus sanctus in credentibus operatur, eaque Deus pater propter Christum accepta et grata habet et praeclara illis praemia, huius et futurae vitae, promittit.
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Eam ob causam etiam paulo ante commemorata propositio in Ecclesiis nostris reprehenditur et reiicitur, propterea quod ita nude usurpata falsa est et offendiculi plena, qua disciplina et morum honestas labefactantur, dissolutae vero et Epicureae ferae vitae ianua aperitur et confirmatur. Ab ea enim re, quae alicui ad animae suae salutem perniciosa creditur, abstinendum et cavendum esse omnes iudicant. Cum vero Christiani a bonis operibus non deterrendi, sed potius quam diligentissime ad ea adhortandi sint, profecto nuda ista propositio in Ecclesia Christi tolerari non potest nec defendenda est.
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Cum discrimen Legis et Evangelii magnam et clarissimam lucem sacris literis adferat, cuius adminiculo verbum Dei recte secari et Prophetica atque Apostolica scripta dextre explicari atque intelligi possunt: accurata diligentia illud est in Ecclesia conservandum atque retinendum, ne haec duo doctrinarum genera inter se commisceantur, aut Evangelion in Legem transformetur. Ea enim ratione meritum Christi obscuraretur, et conscientiis perturbatis dulcissima consolatio (quam in Evangelio Christi, sincere praedicato, habent, qua etiam sese in gravis[689]simis tentationibus adversus legis terrores sustentant) prorsus eriperetur. Orta est autem etiam de hoc ipso negotio quaedam inter aliquos Augustanae Confessionis Theologos controversia. Una enim pars asseruit Evangelion | proprie non esse tantum doctrinam de gratia Dei, verum etiam esse simul contionem poenitentiae, quae summum peccatum, videlicet incredulitatem, redarguit. Altera vero pars contrariam sententiam propugnavit, quod nimi-
672 einfach | 673 Vgl. Phil 1,28. | 674 Vgl. Luther, Von den guten Werken (1520), in: WA 6, 204, 13−24. | 675 Vgl. o. S. 1421, Anm. 605. | 676 Vgl. Luther, In epistolam S. Pauli ad Galatas commentarius (1535), in: WA 40/1, 207,17–210,19; ders., Predigt über Jak 1,22–27 (1539), in: WA 47, 750,37–41. | 677 damit umzugehen | 678 aufrecht erhalten, trösten | 679 entstanden | 680 vorgegeben hat | 681 Buße
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unglauben, straffetn o 682. pDer andere Teil aber hat gehalten und gestritten, daß das Evangelium nicht eigentlich sey eine qBus- oder Straffpredigtq, welches eigentlich dem Gesetz Gottes zugehöre, das alle sünde und also auch den unglauben straffe, Sondern das Evangelium sey eigentlich eine Predigt von der gnade und hulde Gottes umb Christus willen, durch welchen den bekerten zu Christo der unglaube, in dem sie zuvorn gestecket, rden auch das Gesetz Gottes gestraffet hat, verziehen und vergeben wordens r.p683 Dat wir nun diese Zwispalt recht bedencken, ist solche vornemlich udaher verursachet worden, daßu das wörtleinv „Evangelium“ nicht in einerley und gleichem verstande allwegen, sondern auff zweierley | weise in heiliger, Göttlicher Schrifft, wie auch von den alten und neuen Kirchenlerern gebraucht und verstanden worden. Dann einsmals wird es gebraucht, das dardurch verstanden die gantze Lere [287r] Christi, unsers Herren, die er auff Erden in seinem Predigampt gefüret wund im neuen Testament zufüren befohlenw, und also damit die erklerungx des Gesetzes und verkündigung der hulde und gnade Gottes, seines Himlischen Vaters, begriffen hat, wie, Marc. 1, geschriebeny stehet: „Das ist der anfang des Evangelii von Jesu Christo, dem Sone Gottes“684; zund bald darauff werden die Summarische Hauptstück gesetzet: Bus und vergebung der sünden; also Do Christus nach seiner Aufferstehung den Aposteln befohlena, das Evangelium in aller Welt zu predigen, Marc. 16,685 fasset erz die Summab solcher seiner Lerec mit wenig worten zusammend, do er, Luc. 24, sagt: „Also ist geschrieben und also muste Christus leiden und aufferstehen von den Todten am dritten Tage und predigen lassen in seinem Namen Bus und vergebung der Sünden unter allen Heiden.“686 eGleichsfals auch nennet Paulus seine gantze Lere das Evangelium, Actor. 20.687 Er fasset aber die Summa solcherf seiner Lere in diese Hauptstück: Busse zu Gott und den Glauben an Christum; und in dem verstande ist die Generalis definitio, gdas ist Die beschreibung, des worts Evangelii, hwann es in weitleufftigem verstand und ausserhalb dem eigentlichen unterscheid des Gesetzes und Evangelii gebrauchet wirdh, recht, wann gesagetg wird, Das Evangelium sey eine Predigt von der Bus und vergebung der Sünden, dann es haben Johannes, Christus und die Aposteln ire Predigt vone der Bus angefangen und also nicht allein die gnadenreiche verheissung ivon vergebung der Sündeni, sondern auch das Gesetz Gottes ausgelegt und getrieben. | Darnach wird das wort Evangelium in einem andern jnemlich in seinem eigentlichenj verstandt gebraucht, da es nicht die Predigt von der Bus, sondern allein die Predigt von der gnade
n gestrafft und vordambt werde FM | o danach: und die verheyßung der gnaden Gottes durch Christum verkündige SC | p – p FM: s. QuM II, 302,12–19 [Dagegen hat ... seelig machen] q – q bußpredig, die den unglauben straffe SC | r – r verzigen werde, den das gesätz Gottes gestrafft hatt SC, SSC | s werde TB | t Der folgende Textteil des Artikels von Gesetz und Evanngelium der FM unterscheidet sich in der Satzstruktur grundlegend von dem der SD, so dass ein Textvergleich nicht möglich ist: s. QuM II, 302,20–306,10 [Die erst ... spaltungen fortschreiten] | u – u durch das
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rum Evangelion proprie non sit contio poenitentiae, arguens peccatum (hoc enim Legis Dei proprium esse officium, arguere omnia peccata atque ita etiam incredulitatem), sed Evangelion proprie esse praedicationem de gratia et clementia Dei propter Christum, per quem conversis ad Christum, incredulitas (in qua antea haeserant, quam etiam Lex Dei redarguerat) condonetur atque remittatur. Cum autem de hoc dissidio diligenter cogitamus, deprehenditur inde adeo illud exortum esse, quod vocabulum Evangelii non semper in una eademque significatione accipiatur, sed duobus modis tum | in sacris literis, tum in veterum ac neotericorum scriptis usurpetur et accipiatur. Uno enim modo totam Christi doctrinam significat, quam ministerio suo in his terris proposuit et in novo testamento proponendam praecepit, et hac ratione Christus Legis explicationem et annunciationem clementiae et gratiae Dei, patris sui coelestis, est complexus, sicut Marci primo scriptum est: Initium Evangelii Iesu Christi, filii Dei etc. Et paulo post capita totius doctrinae coelestis praecipua recitantur, videlicet poenitentia et remissio peccatorum. Ad eundem modum, cum Christus post resurrectionem suam Apostolis praeciperet, ut praedicarent Evangelion in universo terrarum orbe, totius doctrinae suae summam brevissimis comprehendit, inquiens: Sic scriptum est et sic oportebat Christum pati et resurgere a mortuis tertia die et praedicari in nomine eius poenitentiam et remissionem peccatorum in omnes gentes. Et sic etiam Paulus totam suam doctrinam vo[690]cat Evangelion, summam autem suae doctrinae distribuit in haec duo praecipua capita: in poenitentiam erga Deum, et fidem in Christum. Et in hoc sensu generalis illa definitio Evangelii (cum late accipitur et extra discrimen Legis et Evangelii usurpatur) vera est, cum dicitur: Evangelion est contio de poenitentia et remissione peccatorum. Etenim Iohannes Baptista, Christus et Apostoli praedicationem suam a poenitentia sunt exorsi, et ita non tantum promissionem illam dulcissimam de immensa Dei gratia atque peccatorum remissione proposuerunt, verum etiam Legem Dei explicuerunt atque urserunt. Deinde vocabulum Evangelii in alia et quidem propriissima sua significatione usurpatur, et tum non conti-
wordt „eigentlich“ und waß daßelbig im verstand mit sich bringt verursacht worden. Dann SC v wortt SC, SSC | w – w nicht in SC | x vorklerunge SSC | y beschriben SSC | z – z nicht in SC a befhielett TB | b danach: aber SC | c danach: hatt Christus SC | d danach: gefaßet SC | e – e wie er dann sein predig selbs mitt SC | f nicht in SSC | g – g nicht in SSC | h – h nicht in TB | i – i nicht in SC | j – j nicht in SC, SSC, TB 682 anprangert, tadelt | 683 Vgl. o. S. 1246–1249, Anm. 117. | 28,19. | 686 Lk 24,46f | 687 Vgl. Act 20,24.
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Mk 1,1 |
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Vgl. Mk 16,15; Mt
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Marc. 1.
Marc. 16.
Luc. 24.
Actor. 20.
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Gottes begreiffet, wie gleich hernach folget, kMarc. 1k, da Christus sagt: „Thut Bus und gleubet dem Evangelio.“688 Wie dann auch das wörtlein Bus nicht in einerley verstand in heiliger Schrifft gebraucht wird, Dann an etlichen orten der heiligen Schrifft wird esm gebraucht und genommen für die gantze bekerung des Menschen, als Luc. 13: n„Werdet ir nicht Busse thun, so werdet ir alle auch also umbkommen“;689 und im 15. Capittel: „Also wird freude sein uber einen Sünder, der Busse thut.“690 n Aber ino diesem ort, Marc. 1, wie auch anderswo, da unterschiedlich gesetzet wird die Bus und der Glaube an Christum, Actor. 20,691 oder Bus und vergebung der sünden, Luc. 24,692 l heisset Busse thun anders nichts, dann die sünde warhafftig erkennen, hertzlich bereuen und davon abstehen, welche erkentnis aus dem Gesetz komet. Aber pzu heilsamerp [287v] bekerung zu Gott nicht gnug ist, wenn nicht der Glaub an Christum darzu komet, dessenq verdienst die tröstliche Predigt des heiligen Evangelii allen busfertigen Sündern anbeut, so durch die Predigt des Gesetzesr erschrecket seind. sDann das Evangelium prediget vergebung der sünden nicht den rohen, sichern hertzen, sondern den zurschlagenen oder busfertigen, Luc. 4693, und das aus der reu oder schrecken des Gesetzes nicht müge eine verzweifelung werden, muss die Predig des Evangelii darzu komen, das es müge sein eine „reu zur Seligkeit“, 2. Cor. 7694. tDann weil die blosse Predig des Gesetzes one Christo entweder vermessene Leut machet, die sich dafür halten, das sie das | Gesetz mit eusserlichen wercken erfüllen können, oder gantz und gar in verzweiffelung gerathen, So nimmet Christus das Gesetz in seine hende und legt dasselbe Geistlich aus, Matth. 5; Rom. 7u et 1u 695, und offenbaret also seinen zorn vom Himel herab uber alle Sünder, wie gros derselbe sey, dadurch sie in das Gesetz gewiesen werden und aus demselben erst recht lernen, ire sünde erkennen, welche erkentnis Moses nimmermehr aus inen hette erzwingen können; dann wie der Apostel zeuget, v2. Cor. 3v, Do gleich Moses gelesen wird, so bleibet doch immer die Decke, so er vor sein angesicht hinge696, unauffgedecket, das sie das Gesetz geistlich und wie grosse ding es von uns erfordert und weil wir solches nicht halten noch erfüllen können, wie tieff es uns verfluch und verdamme, nicht erkennen. Wann sie sich aber zum Herrn bekeret haben, als dann wird solche decke abgethan, 2. Cor. 3.697 Darumb muss der Geist Christi nicht allein trösten, sondern auch durch das Ampt des Gesetzes straffen698 die Welt umb699 die Sünde700 und also im neuen Testament thun, wie der Prophet saget, Opus alienum, ut faciat opus proprium, das ist, er muss ein frembd Ampt vorrichten (welches ist straffen),701 lm
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k – k nicht in SC | l – l an welchem ortt SC | m – m Nu wirt das wortlein bus zu zeiten SSC | n – n et 15 SSC | o ahn SSC | p – p zur volkomnen SC, SSC, TB | q Diesen SSC | r evangelii SSC (wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Verschreibung, die in der Überarbeitung der SSC hin zum TB korrigiert wurde) | s – s nicht in SC | t – t nicht in SSC | u – u nicht in TB (dort allerdings Marg.: Rom. 1) | v – v nicht in TB (dort allerdings Marg.: 2. Cor. 3)
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onem de poe|nitentia, sed tantum praedicationem de clementia Dei complectitur, ut statim Marci 1. sequitur, cum Christus inquit: Poenitentiam agite et credite Evangelio. Sed et Poenitentiae vocabulum in sacris literis non semper unam eandemque sigificationem habet. Quibusdam enim sacrae scripturae locis pro tota hominis conversione ad Deum sumitur. Verbi gratia, cum Christus inquit: Nisi poenitentiam egeritis, omnes similter peribitis. Et alibi: Gaudium erit super uno peccatore poenitentiam agente etc. At in Marco (quod testimonium paulo ante attulimus) et alibi, ubi distincte ponuntur poenitentia et fides in Christum aut poenitentia et remissio peccatorum, poenitentiam agere nihil aliud significat, quam peccata vere agnoscere, serio dolere, a peccatis in posterum abstinere. Ea vero peccatorum agnitio ex lege est et ad salutarem conversionem ad Deum non sufficit, si non fides in Christum accedat, cuius meritum dulcissima et consolationis plena Evangelii doctrina omnibus resipiscentibus peccatoribus offert, qui per contionem legis perterriti et prostrati erant. Evangelion enim remissionem Peccatorum non securis mentibus, sed perturbatis et vere poenitentibus annunciat. Et ne contritio et terrores legis in desperationem vertantur, opus est praedicatione Evangelii, ut sit poenitentia ad salutem.
[691] Cum enim nuda illa Legis praedicatio (sine mentione Christi) aut inflatos hypocritas efficiat, qui sibi imaginantur, | quod Legem externis operibus suis implere valeant, aut homines ad desperationem adigat: Christus Legem in manus suas sumit eamque spiritualiter explicat et sic iram suam de coelo revelat super omnem impietatem hominum et ostendit, quanta sit ira divina. Ea ratione ad legem illi ablegantur, ut ex ea demum recte peccata sua agnoscere discant; quam agnitionem peccatorum Moises nunquam ab illis extorquere potuisset. Quia, ut Apostolus testatur, etsi Moises praelegitur, manet tamen nihilominus velamen super faciem eius non retectum, ut non agnoscere possint homines legem esse spiritualem et exigere a nobis res longe maximas, quas cum praestare et implere nequeant, Legem nos horribili et extrema maledicitione atque damnatione obruere. Quando autem ad Christum convertuntur, tum velamen illud tollitur, ut idem Apostolus docet. Haec cum ita se habeant, manifestum est, Spiritus sancti officium esse non tantum consolari, verum etiam (ministerio Legis) arguere mundum de peccato et ita (etiam in novo Testamento) facere opus alienum, ut Propheta loquitur, quod est arguere, ut postea faciat opus proprium, quod est consolari
688 Mk 1,15 | 689 Vgl. Lk 13,5. | 690 Vgl. Lk 15,7. | 691 Vgl. Mk 1,15; Act 20,21. | 692 Vgl. Lk 24,46f. | 693 Vgl. Lk 4,18; Jes 61,1. | 694 II Kor 7,10 | 695 Vgl. Mt 5,17–48; Röm 1,18; Röm 7,6.14. 696 Vgl. Ex 34,33–35. | 697 Vgl. II Kor 3,13–16. | 698 tadeln | 699 wegen, um ... willen | 700 Vgl. Joh 16,8. | 701 Vgl. Jes 28,21.
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Luc. 13. Luc. 15. Marc. 1. Actor. 20. Luc. 24.
Luc. 4. 2. Cor. 1.
BSLK 955 Matth. 5. Rom. 1.7.
2. Cor. 3.
2. Cor. 3.
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biss er komm zu seinem eigenen werck, das ist trösten und von der Gnade predigen, darumb er dann uns durch Christum erworben und gesandt und der ursach702 auch der Tröster genennet wird, in massen703 D. Luther in der auslegung des Evangelii Domi[nica] 5. nach Trinitatis mit nachfolgenden worten erkleret hat: „Es ist alles des Gesetzes predigt, was da von unsern sünden und Gottes zorn prediget, es geschehe wie oder wenn es wölle. Widerumb ist das Evangelium eine | solche Predigt, die nichts anders dennw gnade und vergebung in Christo zeiget und gibt, wiewol es war und recht ist, das die Apostel und Prediger des Evangelii (wie auch Christus selbst gethan hat) die Predig des Gesetzes bestetigen und anfahen bey denen, die noch nicht ire sünde erkennen noch für Gottes zorn erschrocken sind, wie er, Johan. 16, saget: ,Der heilige Geist [288r] wird die Welt straffen umb die sünde, darumb das sie nicht an mich gleuben.‘704 Ja, was ist für ein ernstlichere, schrecklichere anzeigung und Predigt Gottes zorns uber die sünde dann eben das leiden und sterben Christi, seines Sones? Aber so lange dieses alles Gottes zorn prediget und den Menschen schrecket, so ist es noch nicht des Evangelii noch Christi eigene Predigt, sondern Moses und das Gesetz uber die unbusfertigen. Denn das Evangelium und Christus ist je705 nicht geordnet706 und gegeben zu schrecken noch zuverdammen, sondern die, so erschrecket und blöde707 sind, zutrösten und auffzurichten“;708 xund abermals: „Christus spricht, Johan. 16: Der heilige Geist wird die Welt straffen umb die sünde,709 Welches mag nicht geschehen one durchs Gesetzes erklerung“, Tom. 2 Jen. fol. 455.x t 710 Also sagen auchy die Schmalkaldischen Artickel: Das neue Testament behelt und treibet711 das Ampt des Gesetzes, das die sünde und Gottes zorn offenbaret. „Aber zu solchem Ampt thut es flugs die verheissung der gnaden durchs Evangelium.“712 Und die Apologia spricht: „Zu einer rechten, heilsamenz Bus ist nicht gnug, allein das Gesetz predigen, sondern es muss darzu auch komen das Evangelium.“713 Also sind beide Leren bey einander und müssen auch neben einander getrieben714 werden, aber in gewisser715 Ordnung und mit gebürlichem unterscheid und werden die Antinomi oder Gesetzstürmer billich716 verdammet, welche die Predigt des Gesetzes aus der Kirchen werffen und | wollen, das man sünde straffen717, reu und leid nicht aus dem Gesetze, sondern alleina aus dem Evangelio leren solle.s Auff das aber menniglich718 sehen müge, das wir in angeregter Zwispalt nichts verschlagen719, sondern dem Christlichen Leser den handel720 fein lauter unter augen stellen, Demnach gleuben, leren und bekennen wir einhellig: w
als TB | x – x nicht in TB | y nicht in SSC, TB | z nicht in SSC, TB | a nicht in SSC
702 deshalb | 703 wie | 704 Vgl. Joh 16,8f; Luther, Operationes in Psalmos (1519–1521), in: WA 5, 63,36–64,11. | 705 ja | 706 dazu bestimmt | 707 schwach, schwachgläubig, ängstlich | 708 Luther, Crucigers Sommerpostille (1528). Evangelium am 5. Sonntag nach Trinitatis: Lk 5,1–11, in: WA
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et gratiam Dei praedicare. Hanc enim ob causam nobis Christus precibus suis et sanctissimo merito eundem nobis a Patre impetravit et misit: unde et paracletus seu consolator dicitur, quemadmodum D. Lutherus in explicatione Evangelii Dominicae 5. post Trinitatis sequentibus verbis hanc rem perspicue exposuit: Contio Legis est, quicquid de peccatis nostris et de ira Dei docet, quomodocunque aut quandocunque id fiat. Evangelion vero talis est contio, quae nihil | nisi gratiam et clementiam Dei atque remissionem peccatorum in Christo monstrat et exhibet. Interim tamen verum est et recte fit, quod Apostoli et Evangelii ministri (quod et ipse Christus fecit) Contionem Legis confirmant eamque inchoant apud [692] eos, qui peccata sua nondum agnoscunt et sensu irae Dei nondum sunt perturbati, ut ipse inquit: ,Spiritus sanctus arguet mundum de peccato, quia in me non credunt.‘ Imo, quae magis severa et horrenda significatio atque contio irae divinae adversus peccata est, quam illa ipsa passio et mors Iesu Christi, filii Dei? Veruntamen quoad haec omnia iram Dei ostendunt et hominem terrent, nondum sunt proprie Evangelii aut Christi contio, sed potius Moses et Lex contra impoenitentes. Evangelion enim et Christus nobis non eam ob causam donantur, ut nos perterrefaciant atque condemnent, sed ut ii, qui perturbati et pusillanimes sunt, consolationem capiant atque erigantur. Et alibi inquit D. Lutherus: Christus ait: ,Spiritus sanctus arguet mundum de peccato.‘ Hoc autem fieri non potest, nisi per explicationem legis.
In hanc sententiam etiam Smalcaldici articuli loquuntur: Novum Testamentum retinet atque urget ministerium Legis, quae et peccata arguit, et iram Dei revelat. Sed ad illud Legis officium adiungit mox promissionem gratiae divinae per Evangelii praedicationem. Et Apologia inquit: Ad salutarem et veram poenitentiam non sufficit Legis praedicatio, sed accedere oportet Evangelion. Hoc modo duo haec doctrinarum genera coniuncta sunt et ambo urgenda sunt, certo tamen ordine et convenienti discrimine observato. Et iuste damnantur Antinomi, adversarii Legis, qui praedicationem legis ex Ecclesia explodunt et | affirmant, non ex Lege, sed ex solo Evangelio peccata arguenda et contritionem docendam esse.
Ut autem omnes intelligant, quod in hac controversia nihil dissimulare, sed pio Lectori totum negotium, quanta fieri potest simplicitate et perspicuitate, ante oculos proponamus, sententiam nostram exponemus: 22, 87,3–18. | 709 Vgl. Joh 16,8f. | 710 Die Angabe verweist auf den 2. Band der Jenaer Lutherausgabe = Ein Sendbrief des Herrn Wolfen von Salhausen an Doctor Martinus und Antwort Martin Luthers (1524), in: WA 15, 228,15–17. | 711 predigt | 712 Vgl. ASm III, o. S. 752,6f. | 713 Vgl. AC IV, o. S. 364,17–20. | 714 gepredigt | 715 sicherer, fester | 716 zu Recht, gerechtfertigterweise | 717 tadeln | 718 jeder | 719 unterschlagen | 720 Angelegenheit
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Iohan. 16.
Tom. 2. Ien. Fol. 455.
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Daß das Gesetz eigentlich sey eine Göttliche Lere, darinnen der gerechte, unwandelbare wille Gottes geoffenbaret, wie der Mensch in seiner Natur, gedancken, worten und wercken geschaffen721 sein solte, das erb Gott gefellig und angenem sey, und dreuet722 den ubertretern desselbigen Gottes zorn, zeitliche und ewige straffen; dann, cwie Lutherus wider die Gesetzstürmer redetc, Alles was die sünde straffet723, ist und gehöret zum Gesetz, dessen eigen Ampt ist, Sünde straffen und zur erkentnis der sünden füren, dRom. 3 et 7d 724; und nach dem der unglaube eine wurtzel und brunquell aller strefflichen sünden ist, so straffet das Gesetze auch den unglauben. [288v] gEs ist aber gleichwol diss auchg war725, daß das Gesetz mit seiner Lereh durchs Evangelium illustrirt und erkleret wird, und bleibet dannochi des Gesetzes eigentlich Ampt726, die Sünde straffen und von guten Wercken leren. Also straffet das Gesetzj denk unglauben, wann man Gottes Wort nicht gleubet. Weil nun das Evangelium, welches allein eigentlich leret und befihlet, an Christum gleuben, Gottes Wort ist, So straffet lder heilige Geist durch das Ampt des Gesetzesl auch denm unglauben, ndas sie nicht an Christum gleubenn, welches Evangeliumo doch allein eigentlich leret von dem seligmachenden Glauben an Christum.f Das Evangelium aberp istq eigentlich eine Lere (nachdem der mensch das Gesetz Gottes nicht gehalten, sondern dasselbe ubertreten, darwider seine verderbte Natur, gedancken, wort und werck streiten und der ursachen dem zorn Gottes, dem Todt, allen zeitlichen plagen und der straff des hellischen Feuers unterworffen), die da leret, was der Mensch gleuben solle, das er bey Gott die vergebung der sünden erlange, nemlich Das der Son Gottes, unser Herr Christus, den fluch des Gesetzes auff sich genommen und getragen, alle unsere sünde gebüsset und bezalet, durch welchen allein wir bey Gott wider zu gnaden komen, vergebung der sünden durch den Glauben erlangen, aus dem Todt und allen straffen der sünden727 erlediget und ewig Selig werden. Dann alles was tröstet, die huld und gnade Gottes den ubertretern des Gesetzes anbeut, ist und heisset eigentlich dasr Evan|gelium, eine gute und fröliche Botschafft, das Gott die Sünde nicht straffen, sondern umb Christus willen vergeben wolle. Demnach ein jeder Busfertiger Sünder glauben, das ist, Sein vertrauen allein auff den Herrn Christum setzen sol, das er „umb unser Sünden willen sey dahin gegeben unds umb unser Rechtfertigung willen wider aufferstanden“728, Welcher umb unsert willen zur sünden worden, „der von keiner sünde wuste, auff das wir in ime würden die Gerechtigkeit, t,die für Gott gilt‘t“729, der „uns zur Gerechtigkeit gemacht“730, Des gehorsam uns zur Gerechtigkeit für731 Gott f
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2. Cor. 5 1. Cor. 1
b
es TB | c – c nicht in SC, SSC, TB | d – d nicht in SC | e danach: vornemlich TB | f – f nicht in SC Es ist aber dis einfeltigk unt SSC | h danach: in vihlen stuchen SSC, TB | i gleichs woll SSC j danach: ingemein SSC, TB | k allen TB | l – l das gesetz SSC, TB | m danach: eingemeinden SSC; davor: in gemeine TB | n – n wider das evangelium SSC, TB | o nicht in SSC, TB | p nicht in SSC q seye SC, SSC | r nicht in SSC, TB | s welcher SC | t – t Gottes SC g–g
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Credimus, docemus et confitemur unanimi consensu, quod Lex proprie sit doctrina divina, in qua iustissima et immutabilis Dei voluntas revelatur, qualem oporteat esse hominem in sua natura, cogitationibus, verbis, factis, ut [693] Deo probari et acceptus esse possit. Simul autem transgressoribus Dei iram et temporalia atque aeterna supplicia Lex denunciat. Nam (ut D. Lutherus contra Antinomos scribit) quicquid peccatum arguit, id Legis habet rationem et ad legem pertinet, cuius proprium officium est, peccata arguere et ad agnitionem peccatorum adducere. Et quia incredulitas radix et fons est omnium peccatorum, quae arguenda et reprehendenda sunt, Lex Dei etiam incredulitatem arguit. Est autem etiam hoc verum, Legis doctrinam per Evangelion illustrari et declarari. Nihilominus vero proprium Legis officium est manetque, peccata arguere et de bonis operibus docere. Hac ratione Lex incredulitatem arguit, quando videlicet verbo Dei fides non adhibetur. Cum autem Evangelion (quod solum et proprie docet ac iubet in Christum credere) sit verbum Dei, Spiritus sanctus per ministerium Legis etiam incredulitatem arguit, quod peccatores non in Christum credant; quod Evangelium tamen solum proprie docet de salvifica fide in Christum. Evangelion autem proprie doctrina est, quae docet (quandoquidem homo Legi Dei non satisfecit, sed eam transgressus est, et Legi Dei tota ipsius natura, cogitationes, sermones, facta repugnant, unde et irae Dei, morti, omnibusque temporalibus aerumnis et aeterno gehennae incendio obnoxius est), quid miserrimus ille peccator credere debeat, ut remissionem peccatorum apud Deum obtineat, videlicet Filium Dei, Dominum nostrum Iesum Christum, in sese suscepisse maledicitionem Legis ferendam, omnia nostra peccata plenissima satisfactione expiasse, ita quidem, ut per ipsum solum cum Deo reconciliemur, remissionem peccatorum per fidem consequamur, a morte omnibusque aliis peccati suppliciis liberemur et in aeternum salvemur. Quicquid enim pavidas mentes consolatur, quicquid favorem et gratiam Dei transgressoribus Legis offert, hoc proprie | est et recte dicitur Evangelion, hoc est, laetissimum [694] nuntium, quod Dominus Deus peccata nostra nolit punire, sed propter Christum condonare. Quare peccatores poenitentes credere debent, hoc est, totam suam fiduciam in solum Christum collocent, quod videlicet propter peccata nostra traditus sit et propter iustitiam nostram resurrexerit, qui peccatum quidem non noverat, et tamen pro nobis peccatum factus est, ut nos efficeremur iustitia Dei in ipso,
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beschaffen | 722 droht | 723 brandmarkt, offenlegt | 724 Vgl. Röm 3,20; Röm 7,7; Luther, Die Thesen gegen die Antinomer (1537), in: WA 39/1, 348,25–28 (Thesen 18 und 19). | 725 wahr 726 Aufgabe, Verrichtung | 727 Sündenstrafen | 728 Röm 4,25 | 729 II Kor 5,21; Rom 1,17; Röm 3,21; Röm 10,3 | 730 I Kor 1,30 | 731 vor
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Psal. 110 Esa. 40 et 53 Luc. 1
Die Konkordienformel – Solida Declaratio
an seinem strengen Gericht zugerechnet wird732, das also das Gesetz, uinmassen733 hieoben erkleretu, ein Ampt istv, das durch den Buchstaben tödtet und die verdamnis prediget734, Das Evangelium aber ist „eine krafft Gottes selig zu machen alle die, so daran gleuben“735, Das die „Gerechtigkeit predigt“ und „den Geist gibet“736. wWie dann Doctor Luther den unterscheid mit besonderm fleis schier in allen seinen Schrifften getrieben und eigentlich angezeiget, das viel ein ander erkentnis Gottes sey, die aus dem Evangelio kompt, dann die aus dem Gesetz [289r] geleret und gelernet wird,737 Weil auch die Heiden aus dem natürlichen Gesetz etzlicher massen ein erkentnis Gottes gehabt, gleichwol in738 aber weder recht erkant noch recht geehret haben, Rom. 1739.w Diese zwo Predigten seind von anfang der Welt her in der Kirchen Gottes neben einander je und allwege740 mit gebürendem | unterscheid getrieben worden. Dann741 die Nachkomen der lieben Altveter, wie dann auch die Altveter selbst, sich nicht allein stetigs erinnert, wie der Mensch anfangs von Gott gerecht und heilig erschaffen742 und durch betrug der Schlangen Gottes gebot ubertreten743, zum Sünder worden und sich selbst sampt allen iren Nachkomen verderbet, in den Todt und ewig verdamnis gestürtzet haben, Sondern auch sich widerumb auffgerichtet und getröstet durch die Predigt von des Weibes samen, welcher der Schlangen den Kopff zurtreten solle744, Item745, Von Abrahams samen, in welchem alle Völcker gesegnet werden sollen746, Item, Von Davids Son, der das Reich Israel widerumb auffrichten747 und einx „Liecht der Heiden“ sein sol748, welcher „umb unser sünden willen geschlagen und umb unsery missethat willenz verwundet, durch des wunden wir heil worden seind“749. Solche beide Leer gleuben und bekennen wir, das sie für und für biss an das end der Welt fleissig, doch mit gehörtem, guten unterscheid in der Kirchen Gottes zutreiben sein, damit durch die Predig des Gesetzes und desselben drawunga 750 bim Ampt des neuen Testamentsb die hertzen der unbusfertigen Menschenc geschrecketd und zu erkentnis irer Sünden und zur Bus gebracht. eAber nicht alsoe, das sie darinnen verzagen und verzweifeln, fsondern g(weil das Gesetz ein Zuchtmeister auff Christum, das wir durch den Glauben gerecht werden, Gal. 3,751 und also nicht von Christo, sondern auff Christum, der des Gesetzes ende ist, weiset und füret, Rom. 10752) das sieg f durch die Predigh des heiligen Evangelii von unserm Herren Christo widerumb also getröstet und gestercket, das nemlich inen, iso sie dem Evangelio gleubeni, u – u nicht in SC, SSC, TB | v nicht in SSC | w – w nicht in SC, SSC, TB | x das SC, SSC | y danach: sunde unt SSC | z nicht in SSC | a trawungen SC | b – b nicht in SC, SSC, TB | c danach: nicht allso SC | d geschicket SSC | e – e nicht in SC | f – f nicht in SC | g – g nicht in SSC, TB | h danach: aber SC | i – i nicht in SC 732 Vgl. Röm 5,19. | 733 wie | 734 Vgl. II Kor 3,6. | 735 Röm 1,16; I Kor 1,18 | 736 II Kor 3,9.8; vgl. Gal 3,2. | 737 Vgl. vor allem Luther, Auslegung des ersten und zweiten Kapitels Johannis (1537/8), in: WA 46, 667,7–675,27. | 738 ihn | 739 Vgl. Röm 1,19–32. | 740 immer und allezeit | 741 Denn
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V. Von Gesetz und Evangelium
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qui nobis factus est iustitia, et cuius oboedientia nobis coram severo Dei iudicio ad iustitiam imputatur, ut ita Lex, ut supra ostensum est, ministerium sit, quod per literam occidit et damnationem denuntiat, Evangelion autem sit potentia Dei ad salutem omni credenti, praedicans iustitiam et dans Spiritum; quemadmodum D. Lutherus hoc discrimen propemodum in omnibus suis scriptis diligenter inculcavit atque accurate monuit longe aliam Dei agnitionem ex Evangelio quam ex lege hauriri, quia etiam gentes ex Lege Naturae aliquam Dei cognitionem habuere, nec tamen eum recte vel agnoverunt vel coluerunt.
Haec autem duo doctrinarum genera iam inde a condito mundo in Ecclesia Dei, convenienti tamen discrimine, pro|posita fuere. Patriarcharum enim posteri (quemadmodum etiam ipse Patriarchae) non modo assidue in memoriam revocarunt, quod homo initio a Deo iustus et sanctus creatus, fraude autem serpentis mandatum Dei transgressus peccator sit factus eaque re non modo se, verum etiam totam suam posteritatem perdiderit atque in mortem et aeternam damnationem praecipitaverit; sed rursus se erexerunt et consolati sunt dulcissima illa contione de semine mulieris, contrituro caput Serpentis, item de Abrahami semine, in quo benedicendae erant omnes gentes; et de filio Davidis, qui regnum Israelis restaurare debebat et lumen gentium futurus erat, qui vulneratus est propter iniquitates nostras et attritus est propter scelera nostra, cuius livore sanati sumus.
Haec duo doctrinae Christianae capita credimus atque profitemur usque ad novissimum diem sedulo, convenienti [695] tamen discrimine, in ecclesia Dei proponenda atque urgenda esse. Contione enim Legis eiusque gravissimis comminationibus in ministerio Novi Testamenti mentes impoenitentium hominum perterrefaciendae atque ad veram peccatorum suorum agnitionem et ad agendam poenitentiam sunt adducendae. Id tamen non eo modo, ut propter peccata desperent, sed ut ad Christum confugiant; Lex enim paedagogus est in Christum, ut per fidem iustificemur, et cum Christus sit finis legis, non a Christo, sed ad Christum nos ducat. Quare post agnita peccata ex Lege mentes perturbatae erigendae sunt, ut ex evangelii de Christo praedicatione solidam consolationem capiant atque confirmato animo sint, scientes, quod
742
Vgl. Gen 1,27; Gen 2,7. | 743 Vgl. Gen 3,4–6,13. | 744 Vgl. Gen 3,15. | 745 Ebenso | 746 Vgl. Gen 22,18. | 747 Vgl. Jes 9,5f; Jes 49,6; Ps 110 (Vg 109),1. | 748 Jes 42,6; Jes 49,6 | 749 Jes 53,5 | 750 Drohung | 751 Vgl. Gal 3,24. | 752 Vgl. Röm 10,4.
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1. Cor. 1.
1. Cor. 3.
Rom. 1.
Rom. 1.
BSLK 960
Genes. 3. Genes 22. Psal. 110. Isa 49. Es 53. Luc. 1.
Galat. 3. Rom. 10.
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Gott allej ire sünde durch Christum vergeben, sie kumb seinent willen an Kindes statk annemenl und aus lauter gnaden, on all | iren verdienst gerecht und selig machen: mAber doch nicht alsom, das sie sich der gnade Gottesn missbrauchen und auff dieselbige sündigen, owie Paulus, 2. Cor. 3, den unterscheid zwischen dem Gesetze und Evangelio gründlich und gewaltig erweiseto 753. Demnach und auff das beide Lere, des Gesetzes und Evangelii, nicht in einander gemenget und vermischet und der einen zugeschrieben werde, was der andern zugehöret, dardurch dann leichtlich der verdienst und pdieq gutthatenp Christi vertunckelt und das Evangelium [289v] widerumb zu einer Gesetzlere gemacht, wie im Bapsthumb geschehen, und also die Christen des rechten trosts beraubet, den sie im Evangelio rwider das schrecken des Gesetzesr haben, und dem Bapsthumb widerumb die Thür in der Kirchen Gottes auffgethan werde, sSo muss mit allem fleis der ware, eigentliche unterscheid zwischen dem Gesetz und Evangelio getrieben und erhalten und was zur Confusion inter Legem et Evangelium, tdas ist, Dadurch die beide Leren, Gesetz und Evangelium, verwirret und in eine Lere gemengett, ursach geben möchte, fleissig verhütet werden. Ist derhalben gefehrlich und unrecht, das man aus dem Evangelio, wenn es eigentlich also genennet, wie es vom Gesetz unterschieden wird, eine Bus oder Straffpredig machen wolleu; dann sonst, vwann esv in gemein verstanden wird von der gantzen Lere, So sagt auch die Apologia etzlich mal, Das Evangelium sey eine Predig von der Bus und vergebung der Sünden.754 Es zeigt aber daneben die Apologia auch dasw an, Das Evangelium eigentlich sey die verheissung der vergebung der Sünden und der Rechtfertigung durch Christum, Das Gesetz aber sey ein Wort, das die Sünde straffet und verdammet.755 s
2.
3.
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VI. Vom dritten Brauch des Gesetzes Gottes
BSLK 962 1.
Die Konkordienformel – Solida Declaratio
Nach dem das Gesetz Gottes nicht allein darzu nützet, das dardurch eusserliche zucht und erbarkeit wider die wilden, ungehorsamen Leute erhalten, Desgleichen das durch solches die menschen zu erkentnis irer Sünden gebracht, sondern auch wenn sie durch den Geist Gottes neu geboren zu dem Herren bekeret und also inen die deck Mose auffgedecket756, in dem Gesetz leben und wandeln, hat sich uber diesem dritten und letzten brauch des Gesetzes einx Zwispaltz etlicher wenig Theologen zugetrageny, da der eine Teil xy
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nicht in SSC | k – k deselben ahn kintschaft SSC | l angenommen SC | m – m nicht in SC danach: nicht SC | o – o nicht in SC | p – p gutthat SC | q nicht in SSC | r – r nicht in SC | s – s SC: s. QuM II, 107,11–14 [So verwerffen ... nit straff] | t – t nicht in SSC | u solle SSC | v – v was SSC w nicht in SSC | x – x SC: s. QuM II, 107,16–18 [Nach dem ... ein ander]; SSC: s. QuM II, 194,2–4 [Nachdem ihn ... eine ahnder] | y – y FM: s. QuM II, 332,25–333,8 [Hirvon stehet ... Got wolgefallen etc.] | z danach: zwischen SC n
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V. Von Gesetz und Evangelium
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Dominus (siquidem Evangelio crediderint) omnia peccata per Christum ipsis | condonet, eos propter mediatorem filios adoptet et ex mera gratia, sine ullo ipsorum merito, iustificet et salvare velit. Non tamen divina illa gratia abutantur, aut eius fiducia scientes volentes peccent. Et hoc discrimen Legis et Evangelii Paulus in Epistola ad Corinthios posteriore luculenter admodum declaravit. Quare ne doctrina Legis et Evangelii denuo commisceantur et uni, quod alterius est, tribuatur: summo studio vera et propria differentia Legis et Evangelii retinenda atque urgenda est, eaque omnia, quae novae confusioni inter Legem et Evangelium occasionem praebere possent, studiose cavenda atque vitanda sunt. Talis enim confusio facile meritum et beneficia Christi obscurare et Evangelion in Legem transformare posset, quod sub Papatu accidisse videmus. Et hac ratione piis mentibus vera consolatio, quam ex Evangelio contra terrores legis haurire debent, eriperetur et Pontificiis erroribus fenestra in Ecclesiam Dei irrependi et invadendi aperiretur. Quapropter magno cum periculo coniunctum est, neque approbari potest, quoad asseritur Evangelium (proprie sic dictum et cum a lege discernitur) esse contionem poenitentiae, arguentem peccata. Alias vero quando generaliter de tota doctrina Christiana accipitur, etiam Apo[696]logia aliquoties docet, quod Evangelium sit contio de poenitentia et remissione peccatorum. Interim tamen Apologia etiam ostendit, Evangelion proprie dici promissionem de remissione peccatorum et iustificatione nostra per Christum. Legem vero esse doctrinam, quae et peccata arguat et damnationem denuntiet.
VI. De tertio usu legis divinae 25
Cum constet triplicem esse Legis divinae usum (Lege enim disciplina externa et honestas contra feros et indomitos homines utcunque conservatur. Lege peccatores ad agnitionem peccati adducuntur. Denique qui per Spiritum Dei renati et ad Dominum conversi sunt, et quibus iam velamen Moisis sublatum est, lege docentur, ut in vera pietate vivant et ambulent): orta est de tertio illo
753 756
Vgl. II Kor 3,6–9. | 754 Vgl. AC IV, o. S. 284,24–29; 290,9–15. | Vgl. II Kor 3,16; Ex 34,34.
755
Vgl. AC XII, o. S. 446,1–5.
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2. Cor. 3.
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geleret und gehalten, Das die awidergeborne den neuen gehorsam, boder in welchen guten Wercken sie wandeln sollenb a, nicht aus dem Gesetz lernen, cnoch ddorause dieselbed Lere zutreiben seyc, weil sie durch den Son Gottes frey gemacht, seines Geistes Tempel757 worden und also frey, gleich wie die Sonne [290r] one einigen trieb für sichf selbst iren ordent|lichen lauff vollbringet, Also auch sieg vor sich selbst aus eingeben und trieb des heiligen Geistes thun, was Gott von inen erfordert. Dargegen hat der andere teil geleret, Ob wol die rechtgleubigen warhafftig durch den Geist Gottes getrieben werden und also nach dem inwendigen menschen aus einem freien Geist den willen Gottes thun, So gebrauche doch eben derh heilige Geist das geschriebene Gesetz bey inen zur Lere, dardurch iauch die rechtgleubigen lerneni, Gott nicht nach iren eigenen gedancken, sondern nach seinem geschriebenen Gesetz und wort zu dienen, welches ein gewisse Regel und Richtschnur sey eines Gottseligen lebens und wandels, nach dem ewigen und unwandelbaren willen Gottes anzurichtenj.758 Zuk erklerung und endtlicher hinlegung dieser Zwispalt gleuben, leren und bekennen wirl einhellig, Das ob wol die rechtgleubigen und warhafftig zu Gott bekerte und gerechtfertigte Christen vom fluch des Gesetzes erlediget und frey gemacht sein, Das sie sich doch im Gesetz des Herrn teglich uben sollen, wie geschrieben stehet, mPsal. 1 et 119m: „Wol dem, der lust zum Gesetz des Herren hat und redet von seinem Gesetz tag und nacht“759, Dann das Gesetz ist ein Spiegel, in welchem der wille Gottes und was ime gefellig, eigentlich760 abgemalet ist, das man denn gleubigen stets vorhalten und bey ineno one unterlas fleissig treiben761 sol. Dann ob wol „dem gerechten kein Gesetz gegeben ist“, wie der Apostel zeuget,762 „sondern den ungerechten“, So ist doch solches nicht also blos763 zuverstehen, das die gerechten one Gesetz leben sollen, Dann das Gesetz Gottes inen in das hertz geschrieben764 und dem | ersten menschen gleich nach seiner erschaffung auch ein Gesetz gegeben, darnach er sich verhalten solte,765 Sondern die meinung S. Pauli ist, Daß pdas Gesetz die jenigen, so durch Christum mit Gott versünet, mit seinem fluch nicht beschweren kan, auch die widergebornen mit seinem zwang nicht quelen dürffe, weil sie nach dem inwendigen menschen lust haben an Gottes Gesetz766; und zwar, wann die gleubigen und auserwelten kinder Gottesq durch den einwonenden Geist in diesem leben vollkömlichr verneuert würdens, also das sie in irer Natur
a – a neu gebornen menschen FM | b – b nicht in SC | c – c wie sie Got sollen gehorsam leisten mit guthen wergken, es sey auch solcher gehorsam nicht aus dem gesetz Gottes zu treiben FM d – d mitt deßelben SC | e nicht in SSC | f nicht in SSC | g die widergeborne FM | h derselbig SC i – i er auch die rechtglaubige leere SC | j danach: und sey also das gesetz ein wergkzeug des Heiligen Geists, durch welchen er die christen zum gehorsam treibe FM | k Der folgende Textteil des Artikels vom dritten Gebrauch des Gesetzes der FM unterscheidet sich in der Satzstruktur grundlegend von dem der SD, so dass ein Textvergleich nicht möglich ist: s. QuM II, 333,26–338,30
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VI. Vom dritten Gebrauch des Gesetzes
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usu Legis controversia inter paucos quosdam Theologos. Horum alii docuerunt atque senserunt non opus esse, ut renati novam oboedientiam, seu bona opera (in quibus ambulare oporteat) ex lege discant, aut ut doctrina de bonis operibus ex lege depromatur vel urgeatur, quandoquidem per filium Dei libertati restituti et iam facti sint templa Spiri|tus sancti, et propterea liberi, perinde ac Sol absque alieno impulsu sponte cursum suum naturalem conficit: ita enim et renatos sua sponte instinctu et impulsu Spiritus sancti ea agere, quae Deus ab ipsis requirat. Alii vero docuere, etiamsi vere credentes Spiritu Dei revera agantur et hac ratione secundum interiorem hominem libero et spontaneo spiritu voluntatem Dei faciant: tamen Spiritum sanctum scripta lege ad doctrinam ipsorum uti solere, qua etiam recte [697] credentes informentur et discant Deo non esse serviendum iuxta ipsorum cogitationes aut opiniones, sed iuxta scriptam legem et verbum eius revelatum. Illud enim certissimam esse regulam et normam, ad quam vita secundum immutabilem voluntatem Dei sit pie instituenda. Ad declarandam igitur et componendam hanc dissensionem credimus, docemus et confitemur unanimiter, quod etsi credentes et ad Deum vere conversi atque iustificati liberati sunt a maledicitione legis, ita quidem, ut ea ratione iam liberi dicantur: tamen in lege divina quotidie exercere se debeant, ut scriptum est: Beatus, qui lege Domini delectatur et in lege eius meditatur die ac nocte. Est enim Lex Dei instar speculi limpidissimi, in quo voluntas Dei et quae ipsi placent, perspicue oculis nostris proponuntur; igitur ea credentibus semper inculcanda et apud eos diligenter et assidue est urgenda. Etsi enim iusto lex non est posita, ut Apostolus testatur, sed iniustis: hoc tamen non ita nude accipiendum est, quasi iustis sine lege vivere liceat. Lex enim divina cordibus ipsorum inscripta est. Et quidem primo homini statim post | ipsius creationem etiam Lex data fuit, secundum quam vivere debebat. Haec igitur est verborum Pauli vera et genuina sententia, quod lex eos, qui per Christum cum Deo reconciliati sunt, maledictione sua obruere nequeat et quod renatis coactione sua molesta esse non possit, quandoquidem illi secundum interiorem hominem lege Dei delectentur. Et sane, si credentes et electi filii Dei per inhabitantem Spiritum in hac vita perfecte renovarentur: ita
b–b
Marginalie von zeitgenössischer Hand
[Die erst ... erlangen mögen]. | l nicht in SSC | m – m nicht in SC | n dem TB | o ihme TB | p – p SC: s. QuM II, 108,9–26 [die volkommen ... gegeben hatt] | q danach: wenn sihe SSC | r danach: wider geboren oder SSC, TB | s werden SSC 757 759 764
Vgl. I Kor 6,19. | 758 Zu dem Streit um den „tertius usus legis“ vgl. o. S. 1252f, Anm. 133. Ps 1,1f; Ps 118 (Vg 118),1 | 760 genau, zutreffend | 761 predigen | 762 I Tim 1,9 | 763 allein, nur Vgl. Röm 2,15. | 765 Vgl. Gen 2,16f. | 766 Vgl. Röm 7,22.
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Psal. 1. 119.
b1. Timoth. 1. 9.b
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Rom 7 BSLK 965
Psal. 119. 1. Cor. 9.
Heb. 13.
Die Konkordienformel – Solida Declaratio
und allen derselben krefften gantz und gar der sünden ledig767 weren, bedürfften sie keines Gesetzes und also auch keines treiberst 768, sondern sie theten vor sich selbst769 und gantz freywillig, one alle lere, vermanung, anhalten oder treiben770 des Gesetzes, was sie nach Gottes willen zuthun schuldig sein, gleich wie die Sonn, der Mond und das gantze Himlische Gestirn sein ordent[290v]lichen lauff one vermanung, one anhalten, treiben, zwang oder nötigung vor sich selbst unverhindert771 hat nach der ordnung Gottes, die inen Gott einmal772 gegeben hat, Ja, wie die lieben Engel einen gantz freywilligen gehorsam leisten.p Nach dem aber die gleubigen in udiesem lebenu nicht vvollkömlich, gantz und gar, completive vel consummative773, verneuert werden – Dann ob wol ire sünde durch den vollkomenen gehorsam Christi bedecket, das sie den gleubigen zur verdamnis nicht zugerechnet wirdw, auch durch den heiligen Geist die abtödtung des alten Adams und die verneuerung im Geist ires gemüts angefangen, sov hanget inen xdoch noch immerx der alte Adam in irer ynatur undy allen desselben innerlichen und eusserlichen krefften an, davon diez Apostel geschrieben: „Ich weis, das in mir, das ist in meinem fleisch, wonet nichts guts“774; und abermals: „Ich weis nicht, was ich thue, dann | ich thue nicht, was ich wil, sondern das ich hasse, das thue ich“775; Item776: „Ich sehe ein ander Gesetz in meinen gliedern, das da widerstrebeta dem Gesetz in meinem gemüte und nimmet mich gefangen in der sünden Gesetz“777; Item: „Das fleisch gelüstet wider den Geist und den Geist wider das fleisch, dieselbige sind wider einander, das ir nicht thut, was ir wöllet“778 – Darumb so bedürffen bin diesem lebenb die rechtgleubigen, auserwelten und widergeborne kinder Gottes von wegen solcher gelüsten des fleisches nicht allein des Gesetzes teglicher lere und vermanung, cwarnung und drewung779 c, sondern auch offtermals der straffen, Damit sie auffgemuntert und dem Geist Gottes folgen, wie geschrieben stehet: „Es ist mir gut Herr, das du mich demütigest, auff das ich deine Rechte lerne“780; und abermals: „Ich beteube meinen leib und zehme in, das ich nicht den andern predige und selbst verwerfflich werde“781; und abermals: „Seid ir one züchtigung, welcher sie alle sind teilhafftig worden, so seid ir Pastart und nicht Kinder“782, d eWie Doctor Luther solches mit mehr worten in der Kirchpostill im Sommerteil uber die Epistel am 19. Sontag nach Trinitatis ausfürlich erkleret hate 783. Es muss aber auch unterschiedlich erkleret werden, was das Evangelium zu dem neuen gehorsam der gleubigen thue, schaffe und wircke und was hierinnen, so viel die guten werck der gleubigen anlangen, des Gesetzes Ampt784 sey.
t
werbers SSC | u – u diser welt SC, SSC, TB | v – v widergeboren und allso nicht gantz und gar verneuert und gericht, sondern es SC | w ist SSC | x – x noch SC | y – y hautt und nathur, darzu auch ihn SSC | z der SC, SSC, TB | a widerstreihett SSC, TB | b – b nicht in SC | c – c nicht in SC | d – d SC: s. QuM II, 109,6–9 [Derhalben, obwoll ... gesätz, sonder] | e – e nicht in SSC, TB
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quidem, ut in tota ipsorum natura et in omnibus viribus peccatum non amplius haereret, non indigerent illi lege neque ullo exactore, qui eos ad bene operandum urgeret, quia sponte et liberrimo spiritu, sine omni doctrina, admonitione, cohortatione aut impulsu legis, ea ipsa facerent, quae iuxta voluntatem Dei agere debent. Sicut etiam Sol, Luna et reliqua astra, naturalem suum cursum sine admonitione, cohorta[698]tione, impulsu et coactione per se sine impedimento absolvunt, ad eum modum, quem Dominus semel in prima creatione instituit imo sicut sancti Angeli promtam et per omnia spontaneam oboedientiam praestant. At vero credentes in hac vita non perfecte, completive vel consummative (ut veteres locuti sunt) renovantur Et quamvis ipsorum peccata Christi oboedientia absolutissima contecta sint, ut credentibus non ad damnationem imputentur et per Spiritum sanctum veteris Adami mortificatio et renovatio in Spiritu mentis eorum inchoata sit: tamen vetus Adam in ipsa natura omnibusque illius interioribus et exterioribus viribus adhuc semper inhaeret. De hac re Apostolus ait: Scio quod in me, hoc est, in carne mea, non habitet bonum. Et rursus: Non quod volo bonum, hoc facio, sed quod nolo malum, hoc ago. Et: | Video aliam legem in membris meis, repugnantem legi mentis meae et captivantem me in lege peccati. Item: Caro concupiscit adversus spiritum, Spiritus autem adversus carnem. Haec autem sibi invicem adversantur, ut non, quaecunque vultis, illa faciatis. Eam ob causam credentes, electi et renati filii Dei (propter illas concupiscentias carnis) non modo assidua Legis admonitione, doctrina et comminationibus indigent, verum etiam saepe castigationibus, ut veternus illis excutiatur, et Spiritui sancto obtemperent, sicut scriptum est: Bonum est mihi, Domine, quod humiliasti me, ut discerem iustificationes tuas. Et: Castigo corpus meum et in servitutem redigo, ne forte, cum aliis praedicaverim, ipse reprobus efficiar. Et: Quod si extra disciplinam estis, cuius participes facti sunt omnes, ergo spurii, et non filii estis. Ea de re D. Lutherus in explicatione Evangelii Dominicae 19. post Trinitatis luculenter admodum docuit.
Distincte autem etiam explicandum est, quid Evangelium ad Novam oboedientiam credentium faciat et praestet, et quodnam (quoad bona opera creden-
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frei von | 768 Antreibers, Ansporners | 769 für sich selbst, im Sinne von: aus eigenem Antrieb Antreiben | 771 ungehindert, unbeirrt | 772 einst, ein für allemal | 773 ganz und gar oder vollkommen | 774 Röm 7,18 | 775 Röm 7,15 | 776 ebenso | 777 Röm 7,23 | 778 Gal 5,17 779 Drohung | 780 Ps 119 (Vg 118),71 | 781 I Kor 9,27 | 782 Hebr 12,8; Der in der Bibelübersetzung Luthers enthaltene Ausdruck „Bastarde“, hier „Pastart“, wurde in den Bibelrevisionen mit „Ausgestoßene“ übersetzt. | 783 Luther, Crucigers Sommerpostille (1535). Epistel am 19. Sonntag nach Trinitatis: Eph 4,22–28, in: WA 22, 311–322. | 784 Aufgabe, Wirkweise 770
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Rom. 7.
BSLK 965 Galat. 5.
Psal. 119. 1. Cor. 9. Hebr. 12.
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Dann das Gesetz saget wol, Es sey Gottes wil und befehl, das wir in neuem leben wandeln sollen, es gibt aber die krafft und vermügenf nicht, das wirs anfangen und thun künnen, sondern der heilige Geist, welcher nicht durch das Gesetz, sondern durch die Predig des [291r] Evangelii gegeben | und empfangen wird, Gal. 3,785 erneuert das hertz; darnach brauchet der heilige Geist das Gesetz darzu, das er aus demselben die widergeborne leret und in den zehen geboten inen zeiget und weiset, welches da sey der wolgefellige wille Gottes, Rom. 12786, In welchen „guten wercken sie wandeln sollen, die Gott zuvor bereitet hat“, Eph. 2787, Vermanet sie darzu und, dag sie in dem von wegen des fleisches faul, nachlessig und widerspenstig sein, straffet788 er sie darumbd durchs Gesetz also, das er beide Empter zusammenh füret: „Er tödtet und macht lebendig, er füret in die Helle und füret wider heraus“789; welches Ampt ist nicht allein trösten, sondern auch straffen790, wie geschrieben stehet: „Wann der heilige Geist kompt, der wird die Welt (darunter auch der alte Adam ist) straffen umb die Sünde und umb die Gerechtigkeit und umb das Gericht.“791 Sünde aber ist alles, das wider das Gesetz Gottes ist, undi S. Paulus sagt: „Alle Schrifft, von Gott gegeben, ist nütz zur lere, zur straffe“792 jetc.; und straffen ist das eigentliche Ampt des Gesetzesj. Darumb, so offt die gleubigen straucheln, werden sie gestraffet durch den kheiligen Geistl k aus dem Gesetz und durch denselben Geist wider auffgerichtet und getröstet mit der Predigt des heiligen Evangelii. mDamit aber, so viel müglich, aller missverstandt verhütet und der unterscheid zwischen den wercken des Gesetzes und desn Geistes eigentlich geleret und erhalten werde, ist mit sonderm fleis zu mercken, wann von guten wercken geredet wird, die dem Gesetz Gottes gemes sein (dann sonst seind es nicht gute werck), das hie das wort Gesetz einerley793 heisset, nemlich den unwandelbaren willen Gottes, nach welchem sich die menschen in irem leben verhalten sollen. Der unterscheid aber ist in den wercken von wegen des unterscheids der menschen, die nach solchem Gesetz und willen Gottes sich befleissigeno zu halten794, Dann so lang der mensch nicht widergeboren ist und sich nach | dem Gesetz helt und thut die werck darumb, das sie also geboten seind, aus furcht der straffe oder gesuch des lohns, der ist noch unter dem Gesetz, und seine werck werden von S. Paulo eigentlich werck des Gesetzes genennet795, dann sie werden von dem Gesetz erzwungen796 wie die Knechte, und das sein Cainische Heiligen797. f davor: das TB | g so SC | h zumahl SC, SSC | i danach SC: s. QuM II, 109,15–18 [weil der ... Christum glauben] | j – j sunde aber ist alles, was wider das gesatz ist SC | k – k Geist Gottes SC, SSC | l danach: Gottes TB | m – m nicht in SC, SSC | n nicht in TB | o die vleissigen TB 785
Vgl. Gal 3,2.14. | 786 Vgl. Röm 12,2. | 787 Eph 2,10 | 788 schilt, tadelt | 789 I Sam 2,6 zurechtweisen | 791 Joh 16,8 | 792 II Tim 3,16 | 793 nur eins, ein und dasselbe | 794 sich bemühen zu leben | 795 Vgl. Röm 2,15; Röm 3,20. | 796 gezwungen, gedrängt | 797 Werkheilige. Luther hatte den Menschen, der gezwungenermaßen gute Werke tut, oder sie aus eigenem Antrieb 790
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tium) sit Legis officium. [699] Lex enim inculcat quidem esse voluntatem et mandatum Dei, ut in nova vita ambulemus at vires et facultatem non donat, quibus novam oboedientiam inchoare et praestare possimus; spiritus autem sanctus, qui non per Legis, sed per Evangelii praedicationem datur et acci|pitur, cor hominis renovat. Deinde idem Spiritus ministero Legis utitur, ut per eam renatos doceat atque in Decalogo ipsis monstret, quae sit voluntus Dei bona et ipsi placens, ut noverint, quibus bonis operibus opera danda sit, quae Deus praeparavit, ut in illis ambulemus. Et exhortatur Spiritus sanctus ad bona opera, ac si quando propter carnem remissiores sunt et negligentiores aut etiam rebelles, per legem eos arguit. Et hoc modo idem Spiritus duo officia diversa in iisdem hominibus facit, mortificat et vivificat, deducit ad inferos et reducit. Eius enim officium non tantum est consolari, verum etiam arguere, ut scriptum est: Cum venerit Paracletus, arguet mundum, sub quo et vetus Adam comprehenditur, de peccato et de iustitia et de iudicio. Peccatum autem est, quicquid legi divinae adversatur. Et Paulus ait: omnis scriptura divinitus inspirata utilis est ad docendum, ad arguendum etc. Arguere autem peccata est proprium officium legis. Quare quoties credentes delinquunt, corripiuntur et arguuntur a Spiritu sancto per legem, et ab eodem Spiritu rursus eriguntur et consolationem accipiunt per Evangelii praedicationem.
Ut autem omnis ambiguitas et erroris occasio, quo ad eius fieri potest, caveatur et discrimen inter opera Legis et opera Spiritus proprie et dextre tradatur atque conservetur, singulari diligentia observandum est, quando de bonis operibus agitur, quae legi Dei sunt conformia (alias enim bona opera nequaquam censerentur), quod hoc loco vocabulum legis unam tantum rem significet: immutabilem videlicet voluntatem Dei, secundum quam homines omnes vitae suae rationes instituere debeant. [700] Est autem discrimen in operibus propter differentiam hominum, qui secundum Legem illam et voluntatem Dei vivere student. Homo enim nondum renatus, qui utcunque secundum Legem Dei | vivit et opera Legis ideo facit, quia ad eum modum sunt mandata eamque oboedientiam formidine poenae aut spe praemii alicuius praestat: is adhuc sub Lege est tanquam servus, et opera eius proprie a D. Paulo Legis opera vocantur, quia talia opera a Lege extorta sunt; et hi sunt Cainici sanctuli, hoc est, Hypocritae.
versucht hervorzubringen, mit Kain identifiziert. Vgl. z. B. ders., Kirchenpostille (1522). Epistel am Sonntag nach dem Christtage: Gal 4,1−7, in: WA 10/1/1, 324−378.
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Galat. 3. BSLK 966
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1. Tim. 1. | Rom. 6. 8.
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Wann aber der mensch durch den Geist Gottes neu geboren und vom Gesetz frey gemacht, das ist, von diesem treiber ledig worden und von dem Geist Christi getrieben wird, so lebet er nach dem unwandelbaren willen Gottes, im Gesetz begriffen, und thut alles, so viel798 er neu geboren ist799, aus freiem, lustigen800 Geist801; und solches heissen nicht eigentlichp werck des Gesetzes, sondern werck und früchte des Geistes, oder wie es S. Paulus nennet, qdas Gesetz des gemütsq 802 und [291v] „Gesetz Christi“803, dann solche Leute sind „nicht mehr unter dem Gesetz sondern, unter der gnaden“, wie S. Paulus sagt, rRom. 8r 804. Nach dem aber die gleubigen in dieser Welt nicht vollkommen erneuerts, sondern der alte Adam henget inen an biss in die gruben, So bleibet auch in inen der kampff zwischen dem Geist und Fleisch, darumb haben sie wol lust an Gottes Gesetz nach dem innerlichen Menschen, aber das Gesetz in iren gliedern widerstrebet dem Gesetz in irem gemüte,805 dergestalt sie dann nimmer one Gesetz und gleichwol nicht unter, sondern im Gesetz sein, im Gesetz des Herrn leben und wandeln und doch aus trieb806 des Gesetzes nichts thun. So viel aber den alten Adam belanget, der inen noch anhanget, muss derselbige nicht allein mit Gesetz, sondern auch mit plagen getrieben werden, der doch alles wider seinen willen und gezwungen thut, | nicht weniger als die Gottlosen durch drewungen807 des Gesetzes getrieben und im gehorsam gehalten werden, 1. Cor. 9; Rom. 7.808 m So ist auch solche lere des Gesetzes den gleubigen darumb nötig, auff das sie nicht auff eigene heiligkeit und andacht fallen und unter dem schein des Geistes Gottes eigen erwehlten809 Gottesdienst tone Gottes wort und befehlt anrichten, wie geschrieben stehet, uDeut. 12u: „Ir sollet deren keins thun, ein jeder was in recht düncket“810, sondern höret die Gebot und Rechte, die ich euch gebiete, und „solletv auch nichts darzu thun, nochw darvon thun“811. xSo ist auch die lere des Gesetzes in und bey den guten wercken der gleubigen darumb von nöten, dann sonst kan im812 der Mensch gar leicht einbilden, das sein werck und leben gantz rein und vollkommen sey. Aber das Gesetz Gottes schreibet den glaubigen die guten werck also für, das es zu gleich wie in einem Spiegel zeiget und weiset, das sie in uns in diesem leben noch unvollkommen und unrein sein, das wir mit dem lieben Paulo sagen müssen, Wann ich mir gleich nichts bewust bin, so bin ich darumby nicht gerechtfertiget.813 Also, da Paulus die neugebornen zu guten wercken vermanet, helt er inen ausdrücklich für814 die zehen Gebot, Rom. 13815, und das seine gute werck unvollkommen und unrein sein, erkennet er aus dem Gesetz, Rom. 7816, und David spricht Psal. 119: Viam mandatorum tuorum cucurri. „Ich wandel auff
p nicht in TB | q – q des gesetzes gemuthe TB | r – r nicht in TB | s wiedergeboren TB | t – t nicht in SC | u – u nicht in SC | v ihr sollt SC | w das ich euch gebiete und solt auch nichts SC | x – x nicht in SC | y darin SSC
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Cum autem homo per Spiritum sanctum renatus atque a Lege, hoc est: a coactione Legis, liberatus est, iamque Spiritu Dei agitur: tum secundum immutabilem Dei voluntatem in Lege revelatam vivit, et omnia, quatenus renatus est, libero et promto spiritu agit. Et talia opera proprie non sunt appellanda Opera legis, sed opera et fructus spiritus, aut ut D. Paulus ea vocat, dicuntur Lex mentis et Lex Christi. Hi enim homines non amplius sub lege sunt, sed sub gratia, ut idem Apostolus testatur.
1. Tim. 1. Rom. 6. 8.
Cum autem credentes in hac vita non plene renoventur, sed vetus Adam ipsis usque ad extremum spiritum adhaereat, manet etiam in illis lucta inter Spiritum et carnem. Quare delectantur quidem lege Dei secundum interiorem hominem, interim tamen Lex illa, quae est in membris eorum, legi mentis repugnat. Unde fit, ut nunquam quidem sine lege, et tamen non sub lege, sed in lege sint, secundum legem Domini vivant et ambulent, et tamen bona opera non ex coactione legis faciant. Quod vero ad veterem Adamum attinet, qui in ipsis adhuc haeret, ille non modo Lege, verum etiam poenis urgendus et cohercendus est, et tamen omnia invitus et coactus facit, non minus quam impii, | qui comminationibus Legis urgentur et in officio et oboedientia inviti utcunque retinentur. Quin etiam legis doctrina hoc nomine credentibus necessaria est, ne propria quadam sanctimonia religiosum vitae genus de suo ingenio excogitent et sub praetextu Spiri[701]tus Dei electitios cultus sine verbo et mandato Dei instituant. De qua re sic scriptum est: Non facietis singuli, quod sibi rectum videtur etc. Quod praecipio tibi, hoc tantum facito Domino, neque addas quicquam, nec minuas. Sed et aliam ob causam doctrina legis in exercitio bonorum operum credentibus necessaria est. Facile enim homo imaginari et persuadere sibi potest vitam et opera sua omino pura et perfecta esse. At lex Dei credentibus bona opera ad eum modum praescribit, ut simul tanquam in speculo nobis commonstret, ea omnia in nobis in hac vita adhuc imperfecta et impura esse ita quidem, ut cum Apostolo fatendum nobis sit: Etsi mihi nihil conscius sum, tamen in eo non sum iustificatus. Quare cum D. Paulus renatos hortatur, ut bona opera faciant, expresse Decalogum eis proponit, et opera sua imperfecta et impura esse ipse ex lege agnoscit. Et David inquit: Viam mandatorum
798 sofern, vorausgesetzt dass | 799 Vgl. I Tim 1,9. | 800 willigen | 801 Vgl. Röm 6,21f; Röm 8,4f.10f. | 802 Vgl. Röm 7,23.25. | 803 I Kor 9,21 | 804 Röm 6,14 | 805 Vgl. Röm 7,22f. | 806 Antrieb 807 Drohungen | 808 Vgl. I Kor 9,27; Röm 7,18f. | 809 selbst erdachten | 810 Dtn 12,8 | 811 Dtn 4,2; vgl. Dtn 13,1. | 812 sich | 813 Vgl. I Kor 4,4. | 814 vor | 815 Vgl. Röm 13,9. | 816 Vgl. Röm 7,7.18–21.
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1. Cor. 9. Rom. 7. | BSLK 968
Deut. 12.
1. Cor. 4.
Rom. 13. Rom. 7. Psal. 143.
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dem wege deiner Gebote.“817 „Aber gehe mit deinem Knecht nicht ins Gericht, dann sonst wird kein lebendiger vor dir gerecht sein“, Psal. 143.818 Wie aber und warumb die guten werck der gleubigen, ob sie gleich819 in diesem leben von wegen der sünde im fleisch unvollkommen und unrein sein, dennoch Gott angenem und wolgefellig sind, Solches leret nicht das Gesetz, welches einen gantzen, vollkommenen, rei[292r]nen gehorsam, wo820 er Gott gefallen sol, erfordert, Sondern das Evangelium leret, das unsere geistliche Opffer Gott angenem sein durch den Glauben | umb Christus willen, 1. Pet. 2; Ebr. 11.x 821 Solcher gestalt sind die Christen nicht unter dem Gesetz, sondern zunter der gnaden, weil die Person von dem fluch und verdamnis des Gesetzes durch den Glauben an Christum gefreiet, und weil ir gute werck, ob sie gleich noch unvolkommen und unrein, durch Christum Gott angenem sein, weil sie auch nicht aus zwang des Gesetzes, sondern aus verneuerung des heiligen Geistes von hertzen willig und ungezwungen thun, was Gott gefellig ista z, so viel822 sie nach dem innerlichen Menschen neu geboren sein, gleichwol aber füren sie einen stetigen kampff wider den alten Adam. Dann der alte Adam, als der unstallig823, streitig824 Esel, ist auch noch ein stück an inen, dasb nicht allein mit des Gesetzes Lerec, vermanung, dtreiben und drawen825 d, sondern auch offtermals mit dem knüttel826 der straffen und plagen in den gehorsam Christi zu zwingen, biss das fleisch der sünden gantz und gar ausgezogen und der mensch vollkömlich in der aufferstehung erneuert, da er weder der Predigt des Gesetzes noch seiner drewung und straffen, wie auch des Evangelii nicht mehr bedürffen wird, die in diss unvolkommen leben gehören, Sondern wie sie Gott von angesicht zu angesicht anschauen, Also werden sie durche krafft des einwonenden Geistes Gottes freiwillig, ungezwungen, fungehindert, gantz rein und völlig827, mit eitel828 freudenf den willen Gottes zuthung und sich an demselben ewig zuerfreuenh. Demnach verwerffen und verdammen wir als ein schedlichen undi Christlicher zucht, auchj kwarer Gottseligkeitk nachteiligen irthumb, wann geleret wird, Daß das Gesetz lobgemelter829 weise und masl nicht bey den Christen und rechtgleubigen, sondern allein bey den ungleubigen, unchristen und unbusfertigen getrieben830 werden solm.
z–z
auß dem geist Christi, thun willig, was Gott gefällig ist, frey ungezwungen SC | a nicht in TB danach: sie SC | c danach: und SC | d – d nicht in SC | e auß SC | f – f nicht in SC | g thun SC, SSC, TB | h erfreuen SC, SSC, TB | i der SSC | j oder SSC | k – k unserer seelen heil und seeligkeit SC | l – l nicht in SC | m danach: etc. SSC b
817 Ps 119 (Vg 118),32 | 818 Ps 143 (Vg 142),2 | 819 auch wenn sie | 820 wenn | 821 Vgl. I Petr 2,5; Hebr 11,4. | 822 sofern, vorausgesetzt dass | 823 widerspenstige | 824 hartnäckig | 825 Antreiben und Drohen | 826 Knüppel | 827 vollkommen | 828 lauter | 829 in oben ausgeführter | 830 gepredigt
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tuorum cucurri. Interim tamen orat: Non intres in iudicium cum servo tuo, quia non iustificabitur in conspectu tuo omnis vivens. Quomodo autem et qua de causa bona opera credentium (licet in hac vita propter peccatum in carne haerens imperfecta et impura) grata Deo acceptaque sint, hoc non docet Lex, quae integram, perfectam et puram omnibusque numeris absolutissimam oboedientiam requirit, si modo ea Deo probari debeat. Evangelion vero docet Spiritualia sacrificia nostra Deo accepta esse per fidem propter Chri|stum. Et hac ratione pii non sunt sub lege, sed sub gratia, propterea quod ipsa persona piorum a maledictione et damnatione legis per fidem in Christum sit liberata, et quod bona opera ipsorum, etsi imperfecta et impura, Deo propter Christum sint accepta et grata, et quod non ex coactione legis, sed ex renovatione Spiritus sancti ex animo prompte et sponte ea faciant, quae Deo placent, quatenus secundum interiorem hominem sunt renati. Interim tamen assidue cum veteri Adamo luctantur. [702] Vetus enim ille Adam (quasi asinus indomitus et contumax) est adhuc etiam pars aliqua ipsorum, quae non modo legis doctrina, exhortationibus, impulsu et comminationibus, verum etiam (quasi fuste) plagis et poenis cohercenda, in oboedientiam Christi cogenda est, donec carnem peccati prorsus exuamus et homo perfecte in beata illa resurrectione renovetur. Tum vero nec doctrina nec comminationibus et reprehensionibus legis, denique ne Evangelii quidem praedicatione indigebit; haec enim ad hanc mortalem duntaxat et imperfectam vitam spectant. Sed quemadmodum Dominum facie ad faciem intuebuntur, ita virtute inhabitantis Spiritus Dei sponte, sine ulla coactione, absque omni impedimento, puri prorsus et perfecti maximo cum gaudio voluntatem patris coelestis facient et in Deo in omnem aeternitatem laetabuntur. Quare reiicimus et damnamus, ut errorem perniciosum, qui Christianam disciplinam solvit et verae pietati adversatur, cum docetur, quod Lex (eo modo, qui supra explicatus est) non apud pios et credentes, sed tantum apud infideles, impios et impoenitentes urgenda sit.
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1. Pet. 2. Heb. 11. 13.
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[292v] VII. Vom heiligen Abendmal n
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Wiewolp dieq erklerung dieses Artickels vielleicht etzlicher bedüncken831 nachr nicht in diese Schrifft solte gesetzet werden, darinnen wir die Artickel, so unter den Theologen Augspurgischer Confeßion (von welcher | sich die Sacramentirer832 bald anfenglich, als die Confeßion zu Augspurg Anno 1530 erstlich gestellet und dem Keiser ubergeben, gentzlich geeussert833 und abgesondert und ire eigene Confeßion ubergeben haben)834 in zwispalt gezogen, zu erkleren vorhabens sein, So haben wir doch, nach dem leider etliche Theologen und andere, so sich ders Augspurgischen Confeßion rhümen, die nechsten iar den Sacramentirern in diesem Artickel nicht mehrt heimlich, sondern zum teil offentlich beyfall gethan und wider ir eigen gewissen die Augspurgische Confeßion, als die mit der Sacramentirer Lere in diesem Artickel gantz ubereinstimme, mit gewalt anziehen835 und verkeren wollen,836 nicht unterlassen können noch sollen, auch in | dieser Schrifft mit unserem bekentnis der Göttlichen warheit zeugnis zugeben und die rechte meinung und eigentlichen verstand der wort Christi und der Augspurgischen Confeßion von diesem Artickel widerumb zu erholen837 und, so viel an uns ist, durch Gottes hülff auch auff die nachkommen uzu erhaltenu und unsere Zuhörer sampt andern frommen Christen für diesem schedlichen und dem heiligen, Göttlichem wort und der Augspurgischen Confeßion gantz widerwertigen838 und vielmals verdampten irthumb treulich zuverwarnenv. n VIII. SC, SSC | o Der Text des Artikels vom Abendmahl der SC unterscheidet sich in der Satzstruktur grundlegend von dem der SD, so dass ein Textvergleich nicht möglich ist: s. QuM II, 112,11–119,14 [VIII. Vom h. abendtmal ... empfahen könden]; Der Text des Artikels vom Abendmahl der FM unterscheidet sich in der Satzstruktur grundlegend von dem der SD, so dass ein Textvergleich nicht möglich ist: s. QuM II, 288,36–295,35 [Hirvon lehrt ... controversien greiffen]. Dennoch gibt es zwischen FM und SD deutliche Parallelen in der Auswahl der Lutherzitate (s. u. S. 1462,34–1468,4). Sie werden nahezu wörtlich aus FM übernommen: s. QuM II, 316,12–317,10 [Da also... vorstanden wirdt], ebenso: QuM II, 317,27–318,20 [Dieweil aber ... undt vorendert]. p davor SSC: s. QuM II, 203,2–40 [Dieweile der ... darzu etc.]; davor TB: s. QuM II, 426,15–427,9 [Dieweil der ... dartzu etc.] | q davor: nu SSC, TB | r danach: billich SSC | s zur SSC | t nicht in SSC | u – u nicht in SSC | v danach SSC: s. QuM II, 204,20–31 [Wollen derhalben ... und verwerffen]; danach TB: s. QuM II, 427,30–428,2 [Wollen derohalben ... und vorwerffen] 831 Meinungen | 832 Luther und seine Nachfolger bezeichneten all diejenigen als Sakramentierer (auch Schwärmer oder Sakramentsschwärmer), die nicht wie sie die Lehre von der wahren und wesentlichen Gegenwart von Leib und Blut Christi unter den Elementen Brot und Wein im Abendmahl vertraten; vgl. auch o. S. 1256, Anm. Anm. 153. | 833 entfernt | 834 Zwingli hatte mit seiner Fidei Ratio ein eigenes Bekenntnis eingereicht; ebenso die oberdeutschen Städte Straßburg, Konstanz, Memmingen und Lindau mit der von Martin Bucer verfassten Confessio Tetrapolitana. Vgl. auch o. S. 1255, Anm. 151. | 835 gewaltsam heranziehen | 836 Auch jene Richtungen, die zu einer calvinischen Abendmahlslehre tendierten, behaupteten ihre Übereinstimmung mit dem Abendmahlsartikel (Art. X) der Confessio Augustana, zumal die CA variata von 1540 dafür Spielräume eröffnete. Ein prominentes Beispiel dafür war der Pfälzer Kurfürst Friedrich III., der 1563 in seinen Territorien den Heidelberger Katechismus eingeführt hatte. Dem drohenden Ausschluss vom Augsburger Religionsfrieden auf dem Reichstag von Augsburg 1566 begegnete er mit dem Hinweis auf die Übereinstimmung der in seinen Landen geltenden Lehre mit der Confessio Augustana. Seine „Rechtgläubigkeit“ versuchte er aber mit der von Heinrich Bullinger
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VII. De coena Domini
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Quamvis fortasse quibusdam videri possit declarationem articuli de sacra Coena huic scripto inserendam non fuisse, in quo eos duntaxat articulos, qui inter Theologos Augustanae Confessionis in | controversiam venerunt, declarandos suscipimus, et vero manifestum sit Sacramentarios iam olim, (cum Confessio Augustana Anno Dommini 1530 primum conscriberetur et Imperatori exiberetur) penitus ab ea alienos fuisse atque talem eo tempore [703] secessionem fecisse, ut peculiarem ea de re Confessionem offerrent. Quia tamen (quod sane dolendum est) Theologi quidam et alii praeterea nonnulli, qui Confessionis Augustanae religionem iactitant, proximis hisce annis in hoc articulo non clam tantum et occulte, sed partim etiam aperte ad Sacramentarios defecerunt et contra conscientiae suae testimonium Augustanam Confessionem (quasi ea cum Sacramentariorum doctrina in hoc articulo per omnia | faceret) violenter in alienam sententiam pertrahere eamque hoc modo depravare nituntur facere non potuimus, quin etiam in hoc scripto veritati coelesti pia et sincera nostra Confessione testimonium perhiberemus et veram ac genuinam tam verborum Christi quam Augustanae Confessionis sententiam de hoc negotio repeteremus. Agnoscimus enim nostri officii esse, ut (quantum quidem in nobis est) piam et sinceram doctrinam hanc per gratiam Dei etiam ad posteritatem transmittamus et auditores nostros | aliosque pios homines fideliter admoneamus, ut a pestilenti errore illo (qui et verbo Dei et Augustanae Confessioni repugnat ac dudum aliquoties damnatus est) quam diligentissime sibi caveant.
erstellen Confessio Helvetica posterior nachzuweisen. Politische Konsequenzen konnten jedoch abgewendet werden. Mehr noch aber zielt dieser Artikel auf all jene Gelehrten, d. h. Theologen, Juristen und Mediziner, die – vornehmlich an den Universitäten Wittenberg und Leipzig – in die sog. kryptocalvinistischen bzw. philippistischen Streitigkeiten (1570−1574) in Kursachsen unter Kurfürst August I. verwickelt waren. Darunter waren Caspar Cruciger d. J., Christoph Pezel, Heinrich Möller, Friedrich Widebram, Caspar Peucer, Esrom Rüdinger, Georg Cracow, Christian Schütz (Sagittarius), Johannes Stössel, Johann Hermann und Joachim Curaeus. Vgl. auch o. S. 1256f, Anm. 154. | 837 wiederholen | 838 entgegengesetzten
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Status Controversiae Der Hauptstreit zwischen unserer und der Sacramentirer839 Lere in diesem Artickelw
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Ob wol etliche Sacramentirer sich befleissen840, mit worten auff das aller neheste der Augspurgischen Confeßion und dieser Kirchen xform oder weise zuredenx, zugebrauchen, und bekennen, Das im heiligeny Abendmal derz [293r] Leib Christi warhafftig von den gleubigen empfangen werde, dennoch, wenn man sie ire meinung eigentlich841, auffrichtig und deutlich anzuzeigen dringet, so erkleren sie sich alle eintrechtig also, Das der ware, wesentliche Leib und Blut Christi vom gesegnetem Brot und Wein im Abendmal ja so weit als der höchste Himmel von der Erden abwesend sey. aDann also lauten ire eigene worta: Abesse Christi corpus et sanguinem a signis tanto intervallo dicimus, quanto abest terra ab altißimis coelis.842 bDas ist: Wir sagen das der Leib und Blut Christi so weit von den zeichen sey, so weit und ferne die Erde von dem allerhöchsten Himmel ist.b 843 Verstehen derhalben solche gegenwertigkeit des Leibes Christi nicht allhier auff Erden, sondern allein respectu fidei, | cdas istc das unser glaub durch die sichtbarlichen zeichen, gleich wie durchs gepredigte wort, erinnert und erwecket, sich erhebe und uber alle Himmel hinauff steige und den allda im Himmel gegenwertigen Leib Christi, ja Christum selbst, sampt allen seinen gutthaten warhafftig und wesentlich, aber doch nur geistlich empfahe und geniesse; dann wie das Brot und Wein allhie auff Erden und nicht im Himmel, also sey der Leib Christi itzund im Himmel und nicht auff Erden, werde derhalben mit dem munde nichts anders im Abendmal als Brot und Wein empfangen.844 dNun haben sie erstlich fürgeben, Des Herrn Abendmal sey nur ein eusserlich zeichen, darbey man die Christen kenne, und werde darinnen nichts anders als schlecht845 Brot und Wein (die des abwesenden Leibes Christi blosse zeichen sein) gereichet. Als dieses den stich nicht halten846 wöllen, haben sie bekant, der Herr Christus sey warhafftig in seinem Abendmal gegenwertig, nemlich per communicationem Idiomatum, das ist, allein nach seiner Göttlichen natur,847 aber nicht mit seinem Leib und Blut. Darnach, als man sie mit Christi worten gedrungen zu bekennen, das der Leib Christi im Abendmal zugegen sey, haben sie es doch nicht anders verw
danach: ist SSC | x – x formas SSC | y nicht in SSC | nicht in SSC | c – c nicht in SSC | d – d nicht in SSC
z
danach: ware SSC |
a–a
nicht in SSC
b–b
839 Vgl. o. S. 1256, Anm. 153. Hier sind in erster Linie Calvin und die Anhänger seiner Lehre im Blick, die sich im Consensus Tigurinus von 1549 mit Heinrich Bullinger auf eine gemeinsame Formulierung der Abendmahlslehre geeinigt hatten. Vgl. auch u. S. 1456, Anm. 842. | 840 bemühen | 841 genau | 842 Vgl. Consensus Tigurinus.Art. XXV, in: BSRK 1/2, 487f; vgl. auch CT, 138. 843 Vgl. den Consensus Tigurinus deutsch, in: CT, 234. | 844 Vgl. Calvin, Institutio Christianae religionis (1559), IV, 17, bes. IV, 17,10−12 und IV, 17,36, in: OS 5, 342,1−417,10 (351,20−356,16. 399,16−400,24). Vgl. außerdem Consensus Tigurinus Art. XXIf, in: CT, 136f und 234.
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Status controversiae, quae est inter nos et sacramentarios in negotio coenae dominicae
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Etsi Sacramentarii quidam in eo elaborant, ut quam proxime verbis ad Augustanam Confessionem accedant et nostrarum Ecclesiarum formas loquendi usurpent, ac fatentur, quod in Coena Domini corpus Christi vere a fidelibus accipiatur: attamen, quando serio urgentur, ut sententiam suam ingenue, aperte et perspicue profiteantur, tum uno ore omnes animum suum declarant, quod credant [704] verum et substantiale Christi corpus eiusque sanguinem a benedicto pane et vino in Coena sacra tanto locorum intervallo abesse, quanto summum coelum ab infima terra distet. Haec enim sunt ipsorum verba: Abesse Christi corpus et sanguinem a signis tanto intervallo dicimus, quanto abest terra ab altissimis coelis. Quare cum de praesentia corporis et sanguinis Christi in Coena loquuntur, non volunt ea in terris adesse, nisi respectu fidei nostrae, hoc est, fidem nostram dicunt per visibilia symbola, perinde ut per verbum praedi|catum, commonefieri et excitari, ut sese attollat atque omnes coelos transcendat et hoc modo praesens in coelo corpus Christi eiusque sanguinem (imo ipsum Christum cum omnibus beneficiis suis) vere et substantialiter, sed tamen spritualiter tantum sumat eoque fruatur. Sentiunt enim, ut panis et vinum hic sunt in terris, et non in coelo, ita corpus Christi iam in coelis esse, et non in terra, quare in Coena Domini nihil aliud ore sumi quam panem et vinum.
Ac initio quidem, cum haec controversia orta fuisset, fingebant Coenam Domini esse tantum externum signum professionis, quo Christiani ab aliis hominibus discernerentur, et in eo Sacramento nihil nisi panem et vinum (absentis videlicet corporis Christi nuda symbola) exhiberi. At cum intelligerent hoc figmentum nihil prorsus coloris habere neque consistere posse, coeperunt fateri, Dominum nostrum Iesum Christum in sacra Coena sua vere praesentem esse per communicationem Idiomatum, hoc est, tantummodo secundum divinam suam naturam, sed non suo corpore et sanguine. Postea etiamsi verbis Christi graviter urgebantur, ut praesentiam corporis Christi in sacra Coena fateri cogerentur, id tamen aliter non intellexerunt et
845 schlichtes, einfaches | 846 dieses nicht standhalten | 847 Vgl. Grundfest (1571), in: C&C 8, 633,5f (Nr. 7); ähnlich Exegesis perspicua (1574), in: C&C 8, 1075,28−1076,5 (Nr. 13). Zur „communicatio idiomatum“ vgl. auch Melanchthon, der dies als eine Redeweise („figura sermonis“) bezeichnete, die das Zusammenkommen der Eigenschaften der göttlichen und der menschlichen Natur in der Person „Christus“ ausdrückt, die sowohl Gott als auch Mensch genannt werden kann und als Ganze in den Eigenschaften der jeweiligen Natur handelt. Vgl. ders., Loci theologici (1535), in: CR 21, 363f; außerdem Bedenken vom Synodo aller Chur und Fürsten und Stände Augsburgischer Confession. Wittenberg, 4. März 1558, in: CR 9, 370 (Nr. 6471 = MBW 8543).
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standen und erkleret als geistlich, das ist, mit seiner kafft, wirckung und gutthate, durch den glauben zugeniessen, weil durch den Geist Christi, der allenthalben ist, unsere Leibe, darinnen der Geist Christi allhier auff Erden wonet, mit dem Leib Christi, der im Himmel ist, vereiniget werden.d Daher dann durch diese herrliche, scheinliche wort viel hoher Leute betrogen worden, wann sie vorgeben848 und gerühmet, gsie seieng keiner anderer meinung, dann das der Herreh Christus warhafftig, wesentlich, lebendig in seinem Abendmal gegenwertig sey, | verstehen aber solches allein nach seiner Göttlichen natur und nicht von seinem Leib [293v] und Blut, der nuni im Himmel und nirgend anders sey, und gibt uns mit Brot und Wein seinen waren Leib und Blut zuessenj geistlich, durch den Glauben, aber nicht leiblich, mit dem munde zugeniessenk.f Denn sie die wort des Abendmals: „Esset das ist mein Leib“849, nicht eigentlich wie sie lauten nach dem Buchstaben, sondern als vorblümte850 reden „figurate“ verstehen, also das Essen den Leib Christi nichts anders heisse als gleuben undl Leib so viel alsm Symbolum, ndas ist einn zeichen oder figur851 des Leibes Christi, welcher nicht im Abendmal auff Erden, sondern allein im Himel sey, odas wort „Ist“o Sacramentaliter seu modo significativo deuten, ne quis rem cum signis ita putet copulari, ut Christi quoque caro nunc in terris adsit modo quodam invisibili et incompraehensibili, das ist, Der Leib Christi sey mit dem Brot Sacramentlich oder bedeutlich852 vereiniget,853 also das die gleubigen, frommen Christen, so gewiss als sie das Brot mit dem munde essen, so gewiss auch den Leib Christi, so daroben im Himmel ist, mit dem Glauben geistlich geniessen.854 Aber das der Leib Christi im Abendmal allhier auff Erden wesentlich, wiewol unsichtbarlich und unbegreifflich gegenwertig und mit dem gesegneten Brot mündlich auch von heuchlern oder schein Christen empfangen werde,855 das pflegen sie als ein grausame Gottslesterung zuverfluchen und verdammen.856 Dagegen wird vom Abendmal des Herrn | in der Augspurgischen Confeßion aus Gottes wort also geleret, das pder warep Leib und Blut Christi warhafftig unter der gestalt des Brots und Weins qim heiligen Abendmalq gegenwertig sey und da ausgeteilet und genommen werde, und wird die gegenlere (nemlich der Sacramentirer, so eben zur selbigen zeit zu Augspurg ire eigene bekentnis, das der Leib Christi, dieweil er gen Himmel gefahren, nicht warhafftig und wesentlich allhie auff Erden im Sacrament gegenwertig sey, f
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e gutthaten TB | f – f SSC: s. QuM II, 205,10–23 [Nu gebrauchen ... Christi essen] | g – g wir seindt TB | h danach: Jesus TB | i nhur TB | j danach: wie mit dem gepredigten wortt des evangelii TB k danach TB: s. QuM II, 429,8–15 [und bezeuget ... Christi eßen] | l oder SSC | m danach: ein SSC | n – n nicht in SSC | o – o oder SSC | p – p warer SSC, TB | q – q nicht in SSC 848 so tun als ob | 849 Mt 26,26; vgl. Mk 14,22; Lk 22,19; I Kor 11,24. | gene | 851 Gestalt, Gleichnis | 852 in einem übertragenen Verständnis |
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verborgene, übertraVon der „unio sacra-
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declararunt, quam quod spiritualem tantum praesentiam crederent, hoc est, quod Christus tantum virtutis, operationis et beneficiorum suorum per fidem nos participes faceret. Quia, inquiunt, Spiritus Christi, qui ubique praesens est, corpora [705] nostra, in quibus Spiritus ille hic in terris habitat, cum corpore Christi, quod in coelis est, coniungit. Quare splendidis et magnificis verbis illis multis magnis et praeclaris viris imposuerunt, quando nimirum affimarunt atque iactitarunt, se plane nihil aliud sentire, quam quod Dominus Iesus Christus vere, substantialiter, vivus in sacra | sua Coena praesens sit. Hoc autem intelligunt ipsi tantum de divina Christi natura, non autem de ipsius carne et sanguine. De his enim sentiunt, ea tantum in coelis et praeterea nullibi esse, ideoque Christum nobis cum pane et vino verum corpus et verum sanguinem manducandum et bibendum dare, spriritualiter per fidem, sed non corporaliter ore sumendum. Verba enim institutionis Coenae Dominicae: edite, hoc est corpus meum, non proprie, ut sonant secundum literam, sed quasi figuratum sermonem, figurate accipiunt, ita ut edere corpus Christi nihil aliud ipsis significet quam credere in Christum. Et vocabulum corporis illis nil nisi Symbolum, hoc est signum seu figuram corporis Christi denotet, quod tamen non in terris et in sacra Coena praesens, sed tantum in coelis sit. Verbum est sacramentaliter seu modo sgnificativo interpretantur, ne quis rem cum signis ita putet copulari, ut Christi quoque caro nunc in terris adsit, modo quodam invisibili et incomprehensibili. Hoc nimirum volunt, corpus Christi cum pane sacramentaliter seu significative unitum esse, ita ut credentes ac pii homines tam certo corpus Christi, quod sursum in coelis sit, fide spiritualiter accipiant, quam certo panem ore manducant. Quod vero corpus Christi in sacra Coena in his terris substantialiter (licet invisibili et incomprehensibili modo) praesens sit et una cum pane benedicto ore etiam ab hypocritis et nomine duntaxat Christianis, sumatur, id solent quasi horrendam blasphemiam damnare et execrari. Contra vero de Coena Domini in Con|fessione Augustana ex verbo Dei sic docetur: Verum corpus et sangui[706]nem Christi vere sub specie panis et vini in sacra Domini Coena praesentia esse, distribui et sumi; secus autem docentes improbari. His postremis verbis Sacramentariorum error perspicue reiicitur, qui eo ipso tempore Augustae peculiarem Confessionem obtulerunt, quae veram et substantialem corporis et sanguinis Christi praesentiam in Sacramento Coenae in terris administratae idcirco negabat, quia Christus
mentalis“ der Abendmahlselemente mit Leib und Blut Christi hatte schon die Wittenberger Konkordie von 1536 gesprochen; vgl. BDS 6/1, 122,3 und 123,6. | 854 Vgl. Calvin, Institutio IV, 17, 34, in: OS 5, 394,29–398,10. Vgl. außerdem Heidelberger Katechismus, Frage 75, in: EB II, 159f. 855 gemeint ist die von Luther gelehrte „manducatio impiorum“; vgl. ders., Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 288,13–19. | 856 Vgl. Calvin, Institutio IV, 17, 33, in: OS 5, 391,27–394,28; außerdem Exegesis perspicua (1574), in: C&C 8, 1065 (Nr. 13).
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ubergeben haben857) verworffen,858 wie dannr diese meinung im kleinen Catechismo sD. Luthers deutlich mit nachfolgenden worten gesetzet ists: Das Sacrament des Altars ist „der ware Leib und Blut unsers Herrn Jesu Christi, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trincken, von Christo selbst eingesetzt“;859 und noch deutlicher in der Apologia nicht allein erkleret, sondern auch mit dem Spruch Pauli, 1. Cor 10, und Cyrilli bestetiget wird mit diesen worten: „Der zehende Artickel ist angenommen, darinnen wir bekennen, Das im Abendmal des Herrn der Leib und Blut Christi warhafftig und wesentlich gegenwertig sind und mit den sichtbaren Elementen Brot und Wein warhafftig gereicht werden denen, die das Sacrament empfahen. Dann dieweil Paulus sagt, Das Brot, das wir brechen, sey die gemeinschafft des Leibes Christi860 etc., würde folgen, [294r] Daß das Brot nicht des Leibes, sondern des Geistes Christi gemeinschafft were, wenn der Leib Christi nicht, tsondern allein der heilige Geistt warhafftig gegenwertig were, So wissen wir, das nicht allein die Römische, sondern auch die Griechische Kirche die leibliche gegenwart Christi im heiligenu Abendmal geleretv“,861 und wird aus Cyrillo angezogen862, das Christus auch leiblich im Abendmal durch mitteilung seines fleischesw in uns wonet863. Darnach, als die jenigen, so zu Augspurg ire eigen Bekentnis von diesem Artickel | ubergeben, sich unserer Kirchen Confeßion verwandt gemacht,864 Ist zu Wittenberg Anno 1536 nachfolgendex Formula Concordiae, ydas ist Artickel einer Christlichen vergleichung, zwischen den Sächssischen und Oberlandischen865 Theologeny gestellet und von D. Martino Luthero und andern beiderseits Theologen866 unterschrieben worden: „Wir haben gehört, wie Herr Martinus Bucer seine und der andern Praedicanten meinung, so mit ime aus den Stedten kommen sind, von dem heiligen Sacramentz des Leibes und Bluts Christi erkleret haben, nemlich also: Sie bekennen lauts der wort Irenaei, Das in diesem Sacrament zwey ding seind, ein himlisch und ein irdisch.867 Demnach halten und leren sie, das mit dem Brot und Wein warhafftig und wesentlich zugegen sey, gereicheta und empfangen werde der Leib und das Blut Christi, und wiewol sie keine Transsubstantiation, bdas ist eine wesentliche verwandlung Brots und Weins in den Leib und Blut Christi, gleubenb, auch nicht halten, das der Leib und Blut Christi „localiter“, cdas istc „reumlich“, ins Brot eingeschlossen oder sonst beharlichd damit vereiniget werde ausser der niessung868 des Sacraments, doch so lassen sie zu, das durch Sacramentliche einigkeit das Brot sey der Leib Christi etc., Dann ausser der niessung, so man das Brot beseits legt und behelts im Sacramentheuslein869
r
eben SSC | s – s nicht in SSC | t – t nicht in SSC | u nicht in SSC | v lehret SSC | w leibes SSC diese SSC | y – y nicht in SSC | z abendtmal SSC | a und da gereichet SSC | b – b halten SSC c – c nicht in SSC | d leiblich SSC x
857 859
Vgl. Huldrych Zwingli, Fidei ratio (1530), in: BSRK 1/1, 438,2–11. | 858 Vgl. CA X, o. S. 104f. Vgl. o. S. 888,13–15. | 860 Vgl. I Kor 10,16. | 861 Vgl. AC X, o. S. 425,11–17. | 862 herangezogen
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ascendisset in coelos. Pia etiam nostra de hac re sententiam in Minore D. Lutheri Catechismo perspicue sequentibus verbis expressa est: Sacramentum altaris est verum corpus et verus sanguis Domini nostri Iesu Christi, sub pane et vino nobis Christianis ad manducandum et bibendum a Christo ipso institutum. Luculentius etiamnum haec ipsa sententia nostra in Apologia non modo declaratur, verum etiam illustri dicto Pauli 1. Corinth. 10 et testimonio Cyrilli confirmatur hisce verbis: Decimus articulus approbatus est, in quo confitemur nos sentire, quod in Coena Domini vere et substantialiter adsint corpus et sanguis Christi et vere exhibeantur cum illis rebus, quae videntur, pane et vino, his, qui Sacramentum accipiunt. Cum enim Paulus dicat: Panem, quem frangimus, communicationem corporis Christi esse etc., sequeretur panem non corporis, sed Spiritus Christi participationem esse, si non ipsum Christi corpus, sed duntaxat Spiritus sanctus vere praesens esset. Et comperimus non tantum Romanam Ecclesiam affirmare corporalem Christi praesentiam, sed idem et nunc sentire et olim etiam sensisse Graecam Ecclesiam. Sed et ibidem ex Cyrillo testimonium adducitur, Christum etiam corporaliter in sacra Coena communicatione suae carnis in nobis habitare. Postea cum illi, qui Augustae peculiarem suam confessionem de hoc arti|culo obtulerant, nostrarum Ecclesiarum Confessionem approbare velle viderentur, Wittenbergae Anno Domini 1536 formula quaedam Concordiae, quam nunc recitabimus, inter Saxonicos et superioris Germaniae quosdam Theologos conscripta et D. Martini Lutheri [707] aliorumque (utriusque partis) Theologorum subscriptione approbata est. Ea sic habet: Audivimus Bucerum explicantem suam et aliorum contionatorum, qui una adfuerunt, sententiam de Sacramento corporis et sanguinis Christi, hoc modo: Confitentur, iuxta verba Irenaei, Eucharistiam constare duabus rebus, terrena et coelesti. Proinde sentiunt et docent cum pane et vino vere et substantialiter adesse, exhiberi et sumi corpus et sanguinem Christi. Et quanquam negant fieri Transsubstantiationem, nec sentiunt fieri localem inclusionem in pane aut durabilem aliquam coniunctionem extra usum Sacramenti: tamen concedunt sacramentali unione panem esse corpus Christi, hoc est, porrecto pane sentiunt simul adesse et vere exhiberi corpus Christi. Nam extra usum, cum reponitur aut asservatur in
863 Vgl. Cyrill von Alexandrien, In Johannem X, 2, in: PG 74, 341 (Pusey II, 542,15–31). | 864 sich angeschlossen haben, d. h. die CA unterzeichnet haben. Schon im Frankfurter Anstand von 1539 und dann vor allem im Augsburger Religionsfrieden von 1555 war die Rede von den Augsburger Konfessionsverwandten. | 865 oberdeutschen | 866 Unterzeichner waren (in der Reihenfolge ihrer Unterschrift): Wolfgang Capito, Martin Bucer, Martin Frecht, Jacob Otter, Bonifatius Wolfart, Wolfgang Musculus, Gervasius Schuler, Johannes Bernhard, Martinus Germani, Matthäus Alber, Johannes Schradinus sowie Martin Luther, Justus Jonas, Caspar Cruciger, Johannes Bugenhagen, Philipp Melanchthon. Vgl. Wittenberger Konkordie (1536), in: BDS 6/1, 127f. | 867 Vgl. Irenäus, Adversus haereses IV, 18,5, in: PG 7, 1028f (FC 8/4, 146,10f). | 868 des Genusses | 869 Tabernakel, in dem die geweihte Hostie aufbewahrt wird
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oder in der proceßion umbtregt und zeiget, wie im Bapsthumb geschicht, halten sie nicht, das Christus Leib zugegen sey. Zum andern halten sie, Das die einsetzung dieses Sacraments, durch Christum geschehen, krefftig sey870 in der Christenheit, und das es nicht lige an der wirdigkeit | oder unwirdigkeit des Dieners, so das Sacrament reichet, oder des, der es empfehet; darumb, wie S. Paulus sagt, Das auch die unwirdigen das Sacrament niessen871, Also halten sie, das auch den unwirdigen warhafftig dargereichet werde der Leib und das Blut Christi und die unwirdigen warhafftig dasselbig empfahen, so man des Herrn Christi einsetzung [294v] und befehl helt. Aber solche empfahens zum Gericht, wie S. Paulus sagte,872 dann sie missbrauchen des heiligenf Sacraments, weil sie es one ware bus und one glauben empfahen; denn es ist darumb eingesetzetg, das es zeuge, das denen die gnade und wolthaten Christi allda zugeeignet werden, und das die Christo eingeleibet und durch Christi Blut gewaschen werden, so da ware bus thun und sich durch den Glauben an Christum trösten.“873 In folgendem jar, als die vornemsten der Augspurgischen Confeßion zugethane Theologi aus gantzem Deudschenlande zu Schmalkalden versamlet und, was im Concilio874 dieser Kirchenlere halben fürzulegen, berathschlaget, sind mit gemeinem rath875 von D. Luthero die Schmalkaldischen Artickel gestellet und von allen Theologenh semptlich und sonderlich unterschrieben, in welchen die eigentliche rechte meinung mit kurtzen, runden876 worten, so am genauesten mit Christi wort einstimmen, deutlich gefasset und den Sacramentirern (so des vergangenen jars auffgerichte formulam Concordiae877, idas ist die vorermelte878 Artickel der einigkeiti, zu irem vorteil also jgedeutet habenj, Das mit dem Brot nicht anderer weise als mit dem wort des Evangelii der Leib Christi sampt allen seinen gutthaten dargereichet und durch die Sacramentliche einigkeit nichts anders als die geistliche gegenwertigkeit des kHerrenk Christi durch den glauben soll gemeinet sein) alle ausflucht und schlupfflöcher verstopffet wordenm, nemlich „Das Brot und Wein im Abendmal sey der warhafftige Leib und Blut Jesu Christi, welcher gereichet und empfangen werde nicht allein von frommen, sondern auch von bösen Christen“879.
Es erkleret und bestetiget auch solche meinung Doctor Luther weitleufftiger880 aus Gottes wort im grossen Catechismo, da also geschrieben stehet: „Was ist nun das Sacrament des Altars? Antwort: Es ist der ware Leib und Blut Christi In und unter dem Brot und Wein durch Christus wort uns Chrisn
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sprigt SSC | f nicht in SSC | g aufgesetzet SSC | h danach: auch von hern Philippo SSC nicht in SSC | j – j deuthen SSC | k – k leibes SSC | l solte TB | m werden TB | n – n nicht in SSC
i–i
870 Kraft habe, wirksam sei | 871 Vgl. I Kor 11,27. | 872 Vgl. I Kor 11,29. | 873 Wittenberger Konkordie (1536), in: BDS 6/1, 121,2–125,11. | 874 Papst Paul III. hatte für 1537 die Veranstaltung
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pixide aut ostenditur in processionibus, ut sit apud Papistas, sentiunt non adesse corpus Christi. Deinde hanc institutionem Sacramenti a Christo factam sentiunt valere in Ecclesia, nec pendere ex dignitate vel indignitate Ministri et sumentis. Quare, | sicut Paulus ait etiam indignos manducare Sacramentum, ita sentiunt corpus Christi et sanguinem vere porrigi etiam indignis, et indignos vere illa sumere, ubi servantur verba et institutio Christi. Sed tales sumunt ad iudicium, ut Paulus ait, quia abutuntur Sacramento, cum sine vera poenitentia et fide eo utuntur. Ideo enim institutum est, ut testetur illis applicari gratiam et beneficia Christi, illos inseri Christo et sanguine eius ablui, qui agunt poenitentiam et erigunt se fide in Christum.
In sequenti anno praecipui Augustanae Confessionis Theologi e tota Germania Smalcaldiam convocati sunt, ut in medium consulerent, quae doctrinae capita, in nostris Ecclesiis hactens proposita, concilio (quod Pontificii celebraturi dicebantur) exhibenda et defendenda essent. Ibi D. Lutherus articulos illos, quos Smalcaldicos vocant, composuit, qui communi et unanimi consensu ab omnibus [708] illis Theologis, qui convenerant, subscriptione confirmati sunt. In illis articulis D. Lutherus veram et genuinam supra commemoratae formulae, Wittenbergae consriptae, sententiam brevibus quidem, sed significantibus et perspicuis verbis, quae proxime ad verba Christi accederent, explicuit. Sacramentarii enim iam dictae formulae verba ad mala suam causam fulciendam plane in alienam sententiam detorserant, quod videlicet corpus Christi non alia ratione in Coena distribueretur, quam sicut idem corpus una cum omnibus beneficiis suis verbo Evangelii exhibetur. Et Sacramentalem unionem nihil aliud esse quam praesentiam Christi spiritualem, quae fit fide, interpretati fuerant. Has rimas, per quas illi effugium quaerebant, Smalcaldici articulo obstruxerunt. Asserunt enim panem | et vinum in sacra Coena esse verum corpus et verum sanguinem Iesu Christi, quae et exhibeantur et sumantur non modo a piis, verum etiam ab iis, qui praeter nomen nihil habent Christianum. Hanc piam sententiam D. Lutherus copiosius e verbo Dei in Maiore suo Catechismo declarat et sic ait: Quid igitur est Sacramentum, quod ad altare distribuitur? Respondetur: Est verum corpus et verus sanguis Christi in et sub pane et vino, quae edere et bibere Christi verbo iubemur. Et post aliqua:
eines Konzils in Mantua anberaumt, das aber nicht zustande kam. | 875 allgemeinem Beschluss 876 treffenden | 877 Wittenberger Konkordie (1536) | 878 zuvor genannten | 879 Vgl. ASm III, o. S. 766,21–23. | 880 umfassender
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ten befohlen, zu essen und zu trincken.“881 Und bald darnach: „Das wort, sage ich, ist das, Das diß Sacrament macht und unterscheidet, das es nicht lauter Brot und Wein, sondern Christi Leib und Blut ist und heist.“882 Und bald darnach: „Aus dem wort kanstu dein gewissen stercken und sprechen: Wann hundert tausent Teuffel sampt allen Schwermern herfaren, Wie kan Brot und Wein Christi Leib und Blut sein? So weis ich, das alle Geister und Gelerte auff einen hauffen nicht so klug seind, als die Göttliche Maiestet im kleinen Fingerlein. Nun stehet hie Christi wort: Nemet, esset, das ist mein Leib. Trincket alle daraus, das ist das neue Testament in meinem Blut883, etc. Da bleiben wir bey und wollen sie ansehen, die in884 meistern und anders machen werden, denn [295r] er geredet hat. Das ist wol war, wenn du das wort davon thust oder one wort ansihest, so hastu nichts denn lauter Brot und Wein, wann sie aber dabey bleiben, wie sie sollen und müssen, so ists laut derselben warhafftig Christus Leib und Blut, dann wie Christus mund redet und spricht, also ist es, als der nicht liegen oder triegen885 kan.
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Daher ist nun leicht zu antworten auff allerley fragen, damit man sich itzt beküm|mert, als diese ist: Ob auch ein böser Priester könne das Sacrament handeln886 und geben? und was mehr dergleichen ist, Denn da schliessen wir und sagen: Ob gleich ein Bube887 das Sacrament nimmet oder gibet, so nimmet er das rechte Sacrament, das ist Christus Leib und Blut, eben so wol als der es auffs aller wirdigst handelt, Denn es ist nicht gegründet auff menschen heiligkeit, sondern auff Gottes wort und wie kein heilig888 auff Erden, ja kein Engel im Himmel das Brot und Wein zu Christi Leib und Blut machen kan, also kans auch niemand endern noch wandeln, ob es gleich889 missbraucht wird.
Dann umb der Person oder unglaubens willen wird das wort nicht falsch, dardurch es ein Sacrament und eingesetzet worden ist, Dann er spricht nicht: wann ir gleubet oder wirdig seid, so habt ir meinen Leib und Blut. sondern: nemet, esset und trincket, das ist mein Leib und Blut.890 Item891: Solches thut892 (nemlich das893 ich itzt thue, einsetze, euch gebe und nemen heisse), das ist so viel gesagt: du seiest wirdig oder unwirdig, so hastu hie sein Leib und Blut aus krafft dieser wort, so zum Brot und Wein kommen, solches mercke und behalt nur wol, dann auff den worten stehet all unser grundt894, schutz und wehr wider alle irthumb und verfürung, so je kommen seind und noch 881 Vgl. o. S. 1134,28–30. | 882 Vgl. o. S. 1134, 33–35. | 883 Vgl. Mt 26,26–28; Mk 14,22–24; Lk 22,19f; I Kor 11,24f. | 884 ihn | 885 lügen oder trügen | 886 verwalten | 887 Schurke | 888 Heiliger 889 auch wenn es | 890 Vgl. Mt 26,26–28; Mk 14,22–24; Lk 22,19f; I Kor 11,24f. | 891 Ebenso 892 Vgl. I Kor 11,24f. | 893 was | 894 Grundlage, Begründung
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Verbum Dei, inquam, illud est, quod hoc sacramentum constituit et discrimen facit, ut non sit merus panis et merum vinum, sed ut haec Christi corpus et sanguis sint et dicantur. Et post pauca: Hoc Christi verbo conscientiam tuam confirmare et intrepido animo dicere potes: Etiamsi decem Diabolorum myriades una cum omnibus fanaticis doctoribus irruentes mihi obiiciant, dicentes: quomodo panis et vinum possunt esse corpus et sanguis Christi? tamen certo scio, quod omnes fanatici spiritus et doctissimi quique homines, omnes simul, non tantum sapientiae habeant, quantum divina Maiestas vel in minimo digitulo habet. Hic vero in medio est Christi verbum expressum: Accipite, edite, hoc est corpus meum; bibite ex hoc omnes, hoc est Novum Testamentum in meo sanguine. Huic [709] verbo firmiter insistimus, hic tuto manebimus et expectabimus eventum, an ipsum vincere et institutionem eius mutare valeant. Hoc quidem verum est: Quando verbum Dei ab hoc sacramento removeris aut absque verbo divino sacramentum considerare volueris, quod tum praeter panem et vinum nihil habeas. At si verbum cum Sacramento retineatur, ut fieri omnino convenit, tum sacramentum illud (ut ipsa verba testantur) revera est corpus et sanguis Iesu Christi. Ut enim Christus ore suo de hoc Sacramento loquitur, ita res verissime habet; ipse enim mentiri et fallere nescit. His fundamentis iactis facile est respondere ad quaestiones multas, quae | hoc saeculo plurimum agitantur: an videlicet minister Ecclesiae, qui vitae est dissolutioris, possit Coenam Domini recte administrare et exhibere? et si quae sunt alia his non dissimilia, de quibus disputatur. Ita enim sentimus et statuimus: si maxime homo improbus et sceleratus Sacramentum coenae Dominicae sumat aut distribuat, tamen sumere illum verum Sacramentum, hoc est Christi corpus et sanguinem, non minus quam eum, qui dignissime illud sumat aut distribuat. Hoc enim Sacramentum non habet fundamentum hominum sanctitatem, sed ipsum verbum Dei. Et quemadmodum nec ullus sanctus in terris neque Angelus in coelis efficere potest, ut panis et vinum sint corpus et sanguis Christi: ita nemo id Sacramentum mutare potest, ut non sit Christi corpus et sanguis, etiamsi quidam eo abutantur. Non enim propter alicuius aut personam aut incredulitatem verbum Dei, quo coena Domini instituta est et propter quod rationem Sacramenti habet, irritum et vanum fieri potest. Quia Christus non dixit: Si credideritis aut digni fueritis, tum in coena sacra corpus et sanguinem meum praesentia habebitis; sed potius ait: Accipite, edite et bibite, hoc est corpus meum, hic est sanguis meus. Et praeterea inquit: Hoc facite. Quid nam? Hoc ipsum certe, quod ego nunc facio, quod instituo, quod vobis trado et vos acci[710]pere iubeo. Verba Christi hoc volunt: sive dignus sive indignus sis, habes hic in coena Christi corpus et sanguinem, idque virtute verborum, quae ad panem et vinum accesserunt. Haec memori mente repone, quia in his verbis (institutionis coenae) fundamentum nostrum, defensio et arma nostra sunt adversus omnes errores et fallacias, quae aut
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kommen mügen.“895 Bissher896 der grosse Catechismus, in welchem die ware gegenwertigkeit des Leibes und Bluts Christi im heiligen Nachtmal aus Gottes wort befestiget und dasselbige nicht allein auff die gleubige und wirdige, sondern auch auff die ungleubige und unwirdige verstanden wird. BSLK 981
Dieweil aber dieser hocherleuchter Mann im Geist gesehen897, das etliche in898 nach seinem todt werden wollen verdechtig machen, Als ob er von itztgedachter899 Lere und andern Christlichen Artickeln abgewichen, hat er seiner grossen bekentnis nachfolgende protestation900 angehenget:
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Tom. Wit. 2. Ger. fol. 243.
„Weil ich sehe, das des rottens und irrens je lenger je mehr wird und kein auffhören ist des tobens und wütens des Sathans, damit nicht hinfort, bey meinem leben oder nach meinem tode, deren etliche [295v] zukünfftig sich mit mir behelffen und meine Schrifften, ire Irthumb zu stercken, felschlich füren möchten, wie die Sacraments und Tauffschwermer anfangen zu thun, So wil ich mit dieser Schrifft vor Gott und aller Welt meinen glauben von stück zu stück bekennen, darauff ich gedencke zu bleiben biss in den todt, darinnen (das mir Gott helff) von dieser Welt zu scheiden und für unsers Herren Jesu Christi Richtstul zu kommen; und so jemand nach meinem tode würde sagen: wo D. Luther itzt lebte, würde er diesen oder diese Artickel anders leren und halten, dann er hat in nicht gnugsam bedacht, Dawider sage ich itzt als dann und dann als itzt901, das ich von Gottes gnaden alle diese Artickel hab auffs fleissigste bedacht, durch die Schrifft und wider herdurch902 offtmals gezogen903 und so gewiss dieselben wolte verfechten, als ich itzt hab das Sacrament des Altars verfochten. Ich bin nicht truncken noch unbedacht, ich weis, was ich rede, füle auch wol, was mirs gilt904 auff des Herren Christi zukunfft905 am jüngsten Gericht, Darumb sol mir niemand schertz oder lose teiding906 daraus machen, es ist mir ernst, denn ich kenne den Sathan von Gottes gnaden ein grosses teil. Kan er Gottes wort verkeren und verwirren, was solt er nicht thun mit meinen oder eines andern worten?“907
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Auff solche protestation setzet Lutherus seliger unter andern Artickeln auch diesen: „Eben so rede ich“, spricht er, „auch und bekenne das Sacrament des Altars, das daselbst warhafftig der Leib und Blut im Brot und Wein werde mündlich gessen und getruncken, ob gleich die Priester, so es reichen, oder die, so es empfahen, nicht gleubten oder sonst missbrauchten, dann es stehet nicht auff menschen glauben oder unglauben, sondern auff Gottes wort und ordnung, es were dann, das sie zuvor Gottes wort und ordnung endern und 895 Vgl. o. S. 1136,8–1138,10. | 896 Bis hierher | 897 geahnt hat | 898 ihn | 899 jetzt erwähnter, jetzt dargelegter | 900 Zeugnis, Erklärung | 901 jetzt wie damals und damals wie jetzt | 902 immer
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allatae sunt hactenus aut unquam adferri in hoc negotio poterunt. Haec Catechismi Maioris recitata verba veram praesentiam corporis et sanguinis Christi in coena Domini verbo Dei egregie confirmant et iis solide demonstratur praesentiam illam non tantum de manducatione credentium et dignorum, verum etiam de infidelibus et | indignis communicantibus intelligendam esse. Et quia singularibus et excellentissimis Spiritus sancti donis illuminatus Heros, D. Lutherus, in spiritu praevidit, quod post mortem ipsius quidam ipsum suspectum facturi essent, quasi vel a doctrina iam commemorata vel ab aliis etiam partibus purioris doctrinae recesserit: eam ob causam Maiori suae de coena Domini Confessioni hanc protestationem sub finem inseruit: Quia video nullum esse sectarum et errorum finem, sed haec mala in dies incrementa sumere Satanamque magis ac magis furere, ne quis igitur Sectariorum, me vivo aut mortuo, aliquando nomen meum suo figmento praetexere possit erroremque suum (non candide in medium allatis meis scriptis) stabilire ausit, quod Sacramentarii et Anabaptistae iam facere coeperunt: Fidem meam in hoc scripto coram Deo et toto mundo de omnibus religionis nostrae articulis profitebor. Et in ea fide (Domino me bene iuvante) ad extremum usque vitae Spiritum perseverare atque ex hac vita emigrare et coram tribunali Domini nostri Iesu Christi intrepide comparere paratus sum. Ac si quis forte post meum obitum dicturus esset: si D. Lutherus nunc viveret, profecto de hoc vel illo articulo longe aliter sentiret atque doceret (non enim satis diligenter eam rem hactenus expendit): Contra hoc figmentum id iam dico, quod tunc essem affirmaturus, [711] et quod tunc dicturus essem, idem iam nunc profiteor: me videlicet per gratiam Dei omnes hosce articulos quam diligentissime expendisse et non semel, sed saepissime ad normam sacrae scripturae exegisse et tanquam ad Lydium lapidem examinasse, nec minore animi constantia atque πληροφορίᾳ singulos articulos defensurum, quam qua nunc doctrinam de Sacramento altaris propugnavi. Non temulentus sum aut parum considerate loquor; scio quid affirmem, et intelligo, | quanta res mea agatur in illo die Domini nostri Iesu Christi, cum venerit vivos et mortuos iudicaturus. Quare nemo me in re tam magna et seria nugari existimet, haec enim res vel maxime cordi mihi est. Novi (Dei beneficio) Satanam magna ex parte, qui cum possit verbum Dei et sacras literas pervertere et depravare, quid ille meis aut cuiuspiam alterius scriptis non faceret? Post hanc Protestationem D. Lutherus sanctae memoriae inter alios articulos etiam hunc ponit: Eodem modo, inquit, loquor et confiteor etiam de Sacramento altaris, quod nimirum ibi revera corpus et sanguis Christi in pane et vino ore edatur et bibatur, etiamsi ministri, qui Coenam Domini distribuunt, aut qui eam sumunt, non credant aut alias sacra Coena abutantur. Coena enim Domini non nititur hominum fide aut incredulitate, sed verbo Dei et ipsius institu-
wieder | 903 im Sinne von: an der Schrift geprüft | 904 was es mir bedeutet, welche Bedeutung es hat | 905 Kommen | 906 Rede, Geschwätz | 907 Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 499,15–500,26.
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anders deuten, wie die itzige908 Sacramentsfeinde thun, welche freilich eitel Brot und Wein haben, denn sie haben auch die wort und eingesetzte ordnung Gottes nicht, sondern dieselbigen nach irem eigenem dunckel909 verkeret und verendert.“n 910 Es hat aucho D. Luther, welcher ja die rechte, eigentliche meinung der Augspurgischen Confeßion vor andern911 verstanden und bestendiglich biss an sein ende darbey geblieben und verteidigetp, unlangst vor seinem tode in seiner letzten bekentnis seinen glauben von diesem Artickel mit grossem eyfer912 qin nachfolgenden wortenq widerholet, rda er also schreibetr: „Ich rechne sie alle in einen Kuchen, das ist für Sacramentirer und Schwermer, wie sie auch sind, die nicht gleuben wöllen, das des Herrn Brots im Abendmal sey sein rechter, natürlicher Leib, welchen der Gottlose oder Judas eben so wol mündlich empfe[296r]het als S. Petrust und alle Heiligen; wer das (sag ich) nicht gleuben wil, der lasse mich nur zu frieden und hoffe bey mir nur keiner gemeinschafft, da wird nichts anders aus.“913 Aus diesen erklerungen kan ein jeder verstendiger, uso dieu warheit und frieden lieb hat, vbesonders aber aus D. Luthers, als des fürnemsten Lerers der Augspurgischen Confeßion erklerungv, was der Augspurgischen Confeßion eigentliche meinung und verstandt in diesem Artickel allzeit gewesen sey, ungezweifelt vernemen. Denn das neben denw reden Christi und S.x Pauli ,das Brot im Abendmal ist der Leib Christi oder die gemeinschafft des Leibes Christi914, auch diey formen „unter dem Brot“, „mit demz Brot“, „im Brot“ gebraucht, ist die ursach, das hiedurcha die Papistische Transsubstantiation verworffen und des unverwandelten wesens des Brots und des Leibes Christi Sacramentliche vereinigung angezeigt würde, gleich wie diese redeb, Verbum caro factum est, c„Das wort ist fleisch worden“c 915, durch gleichstimmende reden, Das wort wonet in uns916, Itemd: In Christo „wonet die gantze fülle der Gottheit leibhafftig“917, Iteme: „Gott war mit im“918, Itemf: „Gott war in Christo“919, und dergleichen widerholet und erkleret wird, nemlich Das nicht das Göttliche wesen in die menschliche natur verwandelt, sondern die beiden unverwandelten naturen persönlich vereiniget sein, wie denn eben diese Gleichnis viel vorneme, alte Lerer – Justinus, Cyprianus, Augustinus, Leo, Gelasiusg, Chrysostomus und andere920 – von hden worten des Testaments Christih „Das ist mein Leib“921 brauchen, das gleich wie in Christo zwo unterschiedliche, unverwandelte naturen unzertrenlich922 vereiniget sein, Also im o
Tom. 2. Wit. Ger. fol. 252.
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o – o Und hath SSC | p danach: hath SSC | q – q nicht in SSC | r – r nicht in SSC | s leib SSC | t Paulus SSC | u – u mensche, der SSC | v – v nicht in SSC | w diesen SSC | x nicht in SSC | y diese SSC, TB z nicht in SSC | a nicht in SSC | b propositio SSC | c – c nicht in SSC | d nicht in SSC | e nicht in SSC | f nicht in SSC | g danach: Theodoretus SSC, TB | h – h der proposition SSC 908
jetzigen | 909 Dünkel, Hochmut | 910 Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 506,21–29. | 911 mehr als alle anderen | 912 Nachdruck | 913 Luther, Kurzes Bekenntnis vom heiligen Sakrament (1544), in: WA 54, 155,29–156,5. | 914 Vgl. I Kor 10,16f. | 915 Joh 1,14
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tione. Nisi forte verbum Dei prius immutent et prorsus aliter, quam oportet, interpretentur, ut hodie Sacramenti hostes faciunt. Hi dubio procul nil nisi panem et vinum in Coena habent, quia neque verba neque institutionem Domini habent, sed ea ad suam falsam oponionem inflexerunt, mutarunt et depravarunt. Et sane D. Lutherus (qui certe veram et genuinam Augustanae Confessionis sententiam prae aliis intellexit et eam constanter usque ad finem vitae retinuit et defendit) paulo ante suum ex hac vita discessum in postrema illa sua de coena Domini confessione fidem suam de hoc articulo magno zelo sequentibus verbis professus est atque repetivit, ubi sic ait: Ego omnes eos eodem numero habeo, hoc est: [712] pro Sacramentariis et fanaticis agnosco (sunt enim tales), qui credere nolunt, quod panis Domini in sacra Coena sit verum ipsius naturale corpus, quod impius quispiam vel Iudas ipse non minus ore accipiat quam D. Petrus et omnes alii Sancti. Qui (inquam) hoc credere recusat, is me missum faciat neque ullam amicitiam aut familiaritatem | a me expectet; sic enim stat sententia, quam non sum mutaturus. Ex hisce (praesertim vero D. Lutheri ut Primarii Doctoris Augustanae Confessionis) declarationibus, quas prolixe recitavimus, cuilibet homini cordato (si modo is veritatis et pacis sit studiosus) manifestum, certum et indubitatum esse potest, quae fuerit hodieque sit genuina et vera Confessionis Augustanae sententia. Quod autem praeter illas phrases, quibus Christus et Paulus utuntur (cum dicunt, panem in coena esse corpus Christi aut communicationem corpus Christi), etiam alias loquendi formas usurpamus, verbi gratia, cum dicimus sub pane, cum pane, in pane adesse et exhiberi corpus Christi, id non sine gravibus causis facimus. Primum enim his phrasibus ad reiiciendam Papisticam Transsubstantiationem utimur. Deinde etiam Sacramentalem unionem substantiae panis non mutatae et corporis Christi hac ratione docere volumus. Ad eundem enim modum hoc dictum: Verbum caro factum est, repetitur et declaratur aliis aequipollentibus propositionibus, exempli gratia: Verbum habitavit in nobis; in Christo inhabitat tota plenitudo divinitatis corporaliter; Deus erat cum eo; Deus erat in Christo etc. et alia plura huius generis. Hae phrases supra commemoratum dictum Iohannis repetunt et declarant, videlicet quod per incarnationem divina essentia non sit in humanam naturam conversa, sed quod duae naturae sine confusione personaliter sint unitae. Et quidem multi excellentes Doctores ex erudita antiquitate, 916 Vgl. Joh 1,14. | 917 Kol 2,9; vgl. Kol 1,19. | 918 Act 10,38 | 919 II Kor 5,19 | 920 Vgl. Justin, Apologia I, 66, in: PG 6, 428f (PTS 38, 127f); Cyprian von Karthago, Epistola LXIII, 4f, in: PL 4, 387–389 (CChr.SL 3C, 392–395); Ps.-Augustinus, Quaestiones ex Novo Testamento XCV, in: PL 35, 2289 (CSEL 50, 168f); Leo I., Sermo XCI de ieiunio septimi mensis VI, 2f, in: PL 54, 451–453 (SC 200, 122–128); Gelasius I., Tractatus de duabus naturis adversus Eutychen et Nestorium XIV, in: PLS 3, 773f; Ps.-Johannes Chrysostomus, Epistola ad Caesarium monachum, in: PG 52, 758. 921 Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19; I Kor 11,24 | 922 Das Konzil von Chalkedon 451 hatte die beiden Naturen Christi als unvermischt (ἀσυγχύτως), ungewandelt (ἀτρέπτως), ungetrennt (ἀδιαιρέτως) und unzerteilt (ἀχωρίστως) qualifiziert. Vgl. o. S. 1269, Anm. 194.
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heiligen Abendmal die zwey wesen, das natürliche Brot und der ware, natürliche Leib Christi, in der geordenten handlung des Sacraments alhier auff Erden zusammen gegenwertig sein, iwiewol solche vereinigung des Leibs und Bluts Christi mit | Brot und Wein nicht eine persönliche vereinigung wie beider naturen in Christo, sondern wie siei D. Luther und die unsern in jden vielgedachten923 Artickeln der vergleichungj Anno 1536 etc.k und sonst Sacramentalem unionem, ldas ist eine Sacramentliche vereinigungl, nennen,924 damit925 sie anzeigen wollenm, das, ob sie schon926 die formas „in pane“, „sub pane“, „cum pane“, ndas ist diese unterschiedene weise zu reden „im Brot“, „unter dem Brot“, „mit dem Brot“n, auch brauchen, dannoch die wort Christi eigentlich und wie sie lauten angenommen und in der proposition927, odas ist in den worten des Testaments Christio Hoc est corpus meum928, p„Das ist mein Leib“p, nicht eine figuratam praedicationem, sondern inusitatam, qdas ist, nicht für eine figürliche, verblümte929 rede oder deuteleyq verstanden haben, wie Ju[296v]stinus spricht: „Dieses empfahen wir nicht als ein gemein Brot und gemeinen tranck, sondern gleich wie Jesus Christus, unser Heiland, durchs wort Gottes fleisch worden930, auch fleisch und blut umb unser seligkeit willen gehabt, Also gleuben wir, das die durchs wort und gebetr vons im gesegnete speise des Herrn Jesu Christi fleisch und blut sey.“931 Wie dann D. Luther auch in seinem grossen und sonderlich im letzten Bekentnis vom Abendmal eben diet form zu reden, welche Christus im ersten Abendmal gebraucht, mit grossem ernst und eyfer verteidiget.932 Dieweil udann D. Luther der vornemsteu Lerer der Kirchen, so sich zur Augspurgischen Confeßion bekennen, zuv haltenw 933, | Als dessen gantze Lere, Summa und Inhalt in denx Artickeln yvielermelter934 Augspurgischer Confeßiony verfasset undz dem Keiser Carolo V. ubergebena, So kan und sol bmehrgedachter Augspurgischerb Confeßion eigentlicher verstand und meinung aus keines andern denn aus D. Luthers Lere und Streitschrifften eigentlicher und besser genommen werden, Wie dann eben diese itzterzelte meinung auff den einigen935, vehsten936, unbeweglichen und unzweiffelhafftigen felß der warheit aus den worten der einsetzung im heiligen, Göttlichen wort gegründet und von den heiligen Evangelisten und Aposteln und iren discipeln und Zuhörern also verstanden, geleret und fort gepflantzet worden. Denn dieweil unser Herr und Heiland Jesus Christus, von welchem alsc unserem einigen Lehrmeister dieser ernster befehl vom Himmel herab allen
i – i welchs SSC, TB | j – j der formula concordiae SSC | k nicht in SSC | l – l nicht in SSC | m nicht in SSC | n – n nicht in SSC | o – o nicht in SSC | p – p nicht in SSC | q – q nicht in SSC | r gehorsam SSC s nicht in SSC | t diese TB | u – u man aber d. Lutthern auch fur ein gelidmaß, wo nicht den fornemesten SSC; man den d. Luthern auch fur ein gliedtmaß, wo nicht den furnembsten TB v billich SSC, TB | w danach: muß SSC, TB | x den selbigen SSC | y – y confessionis augustanae SSC | z nicht in SSC | a danach: ist SSC | b – b ya der augsburgischen SSC | c danach: von SSC
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Iustinus, Cyprianus, Augustinus, Leo, Gelasius, Chrysostomus et alii hac ipsa similitudine (de persona Christi) mysterium sacramenti Coenae Dominicae explicant. Docent enim, [713] quemadmodum in Christo | duae distinctae et non mutatae naturae inseparabiliter sunt unitae, ita in sacra Coena duas diversas substantias, panem videlicet naturalem et verum naturale corpus Christi, in instituta sacramenti administratione hic in terris simul esse praesentia. Quod tamen non ita est accipiendum, quasi unio haec corporis et sanguinis Christi cum pane et vino sit personalis unio, qualis est utriusque naturae in Christo, sed est unio sacramentalis, ut eam D. Lutherus et alii (in illa concordiae formula Anno 36 conscripta et alias) appellant. Quo significare volunt, etiamsi formis loquendi, in pane, sub pane, cum pane quandoque utantur, tamen se propositionem (hoc est corpus meum) simpliciter et ut verba sonant accipere et amplecti eamque nequaquam pro figurata, sed pro inusitata praedicatione agnoscere. Sic etiam Iustinus de hoc negotio loquitur, inquiens: Non ut panem vulgarem et potum accipimus, sed quemadmodum Christus, servator noster, per verbum Dei caro est factus, carnem quoque et sanguinem propter nostram salutem habuit: ita etiam credimus, per verbum et preces ab ipso sanctificatum cibum Domini nostri Iesu Christi corpus et sanguinem esse. Et sane D. Lutherus (in Maiori, praesertim vero ultima sua confessione de Coena) eam de hac re formam loquendi, qua Christus in prima Coena celebranda usus est, graviter et magno zelo defendit. Cum autem D. Lutherus haud dubie praecipuus earum Ecclesiarum, quae Augustanam Confessionem amplexae sunt, | Doctor fuerit (cuius tota doctrina tanquam compendio summatim in Augustana Confessione comprehensa et Imperatori Carolo V. exhibita est), profecto commemoratae illius Augustanae Confessionis propria, vera et genuina sententia, ex nullius hominis libellis rectius et certius quam ex D. Lutheri Didacticis et Polemicis scriptis hauriri potest. Et quidem haec ipsa iam commemorata D. Lutheri sententia in unica solidissima, immota et extra omne dubium posita petra veritatis (institutione nimirum Coenae, quae in [714] verbo Dei recitatur) fundata est, et hanc sententiam sancti Evangelistae, Apostoli et ipsorum discipuli ad eum modum acceperunt et amplexi sunt eamque alios docuerunt atque ad posteritatem propagarunt. Cum enim Dominus et Salvator noster Iesus Christus, de quo (ut de unico nostro praeceptore) severissimum mandatum de coelis omnibus hominibus
923 oft erwähnten | 924 Wittenberger Konkordie (1536), in: BDS 6/1, 122,3 und 123,6. | 925 womit | 926 auch wenn | 927 Satz | 928 Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19; I Kor 11,24 | 929 verborgene, übertragene | 930 Vgl. Joh 1,14. | 931 Justin, Apologia I, 66, in: PG 6, 428f (PTS 38, 127f). 932 Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 271–292. 379–402; ders., Kurzes Bekenntnis vom heiligen Sakrament (1544), in: WA 54, 149–151. | 933 im Sinn von: halten für | 934 häufig genannter | 935 einzigen | 936 festen
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1472 Luc. 9.
Luc. 21. Matth. 28.
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menschen gegeben wird: Hunc audite!, d„Den solt ir hören!“d 937, welcher nicht ein schlechter938 Mensch oder Engel, auch nicht allein warhafftig, weis und mechtig, sondern die ewige warheit und weisheit selbst und allmechtiger Gott ist, der gar wol weis, was und wie er reden sol, und kan auch alles das jenige, was er redet und verheisset, krefftiglich ausrichten und ins werck setzen, wie er spricht: „Himmel und Erden müssen vergehen, aber meine wort müssen nicht vergehen.“939 Item: „Mir ist gegeben alle gewalt im Himmel und auff Erden.“940 Dieweile nun dieser warhafftiger, allmechtiger Herr, unser Schöpffer und Erlöser Jesus Christus, nach dem letzten Abendmal, da er itztf sein bitter leiden und sterben für unsere sünde anfehet941, zu der traurigen letzten zeit mit grossem bedacht und ernst in einsetzung dieses hochwir|digeng Sacraments, welches biss ans ende der Welt mit grosser reverentz942 und gehorsam gebraucht werden und ein stetes gedechtnis943 seines bittern leidens und sterbens und aller seiner [297r] gutthaten, eine versieglung des neuen Testaments944, ein trost aller betrübten hertzen und stetes band und vereinigung der Christen mit irem Haupt Christo und unter sich selbst sein solte, Diese wort in stifftung und einsetzung des heiligen Abendmals von dem gesegneten und dargereichten Brot gesprochen hat: „Nemet hin und esset, das ist mein Leib, der vor euch gegeben wird945“, und von dem Kelch oder Wein: „Das ist mein Blut des neuen Testaments, welches vor euch vergossen wird zu vergebung der sünden“946, So sind wir ja schuldig, diese des ewigen, warhafftigen und allmechtigen Sons Gottes, unsers Herren, Schöpffers und Erlösers Jesu Christi wort nicht als verblümte, figürliche, frembde reden anders zu deuten und auszulegen, wie es unser vernunfft gemes947 scheinet, sondern die wort, wie sieh lauten, in irem eigentlichen, klaren verstandt mit einfeltigem948 glauben und schuldigem gehorsam anzunemen und uns durch keine ieinrede oder menschlich widersprecheni, aus menschlicher vernunfft gespunnen, wie lieblich sie auch der vernunfft scheinen, davon abwenden lassen.
Wie Abraham, da er Gottes wort von auffopfferung seines Sons höret, ob er wol ursach gnug gehabt, zu disputiren, ob die wort, dieweil sie nicht allein wider alle vernunfft und wider das Göttlich und natürlich Gesetz, sondern auch wider den hohen Artickel des glaubens vom verheissenen Samen Christo, der von Isaac solte | geboren werden, offentlich streiten, nach den Buchstaben oder mit einer leidlichen949 oderj sanfften Glossa950 solten zuverd–d i–i
nicht in SSC | e Wiewol SSC | furwurff SSC | j nicht in SSC
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danach: da SSC
Mt 17,5; Mk 9,7; Lk 9,35 | 938 einfacher, schlichter | 939 Lk 21,33 | 940 Mt 28,18 | 941 anfängt, beginnt | 942 Ehrerbietung, Ehrfurcht | 943 Vgl. Lk 22,19; I Kor 11,24f. | 944 Vgl. Mt 26,28; Mk
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datum est: Hunc audite, non sit vulgaris aliquis homo aut Angelus, nec sit tantummodo verax, sapiens, potens, sed et ipsa aeterna veritas et sapientia et verus Omnipotens Deus, qui rectissime novit, quid et quomodo loqui debeat, et omnia, quae loquitur ac promittit, potentissime efficere et praestare valet, sicut ipse inquit: Coelum et terra transibunt, verba autem mea non transibunt. Et alibi: Mihi data est omnis potestas in coelo et in terra etc.
Cum, inquam, hic verax omnipotens Dominus, creator et Redemtor noster Iesus Christus, post ultimam illam Coenam, cum iam acerbissimam suam passionem et mortem pro peccatis nostris accederet, tristissimo nimirum illo et postremo tempore re gravissime deli|berata et magno zelo augustissimum hoc Sacramentum Ecclesiae ordinaverit (quod usque ad finem mundi magna cum reverentia, oboedientia et humilitate sumendum et perpetuum acerbiscimae passionis et mortis et omnium beneficiorum eius monumentum futurum erat simulque obsignatio et confirmatio Novi Testamenti, solatium omnium perturbatarum conscientiarum, firmum vinculum societatis Christianae et cum capite suo Christo et inter se invicem coniunctio arctissima), certe res gravissimas et longe maximas animo agitavit, cum haec verba institutionis coenae (de pane illo, cui benedicebat et quem discipulis porrigebat) pronunciaret: Accipite, comedite, hoc est corpus meum, quod pro vobis traditur. Et de calice seu vino: Hic est sanguis meus novi testamenti, qui pro vobis effunditur in remissionem peccatorum. [715] Haec cum ita se habeant, profecto aeterni, veracissimi atque Omnipotentis filii Dei, Domini, creatoris et Redemptoris nostri Iesu Christi verba non ut figurate, Metaphorice, tropice dicta aut prolata in aliam sententiam detorquenda sunt, ut nostrae humanae rationi verisimilia fiant. Quin potius haec Christi verba, ut sonant, in propria sua ac perspicua sententia simplici fide et debita oboedientia atque reverentia accipere tenemur. Neque committendum est, ut ullae obiectiones aut hominum contradictiones, quae ab humanae rationis acumine promanant, utcumque humanae rationi blandiantur, nos ab expresso illo Christi Testamento abducant. Sanctissimus Patriarcha Abrahamus, cum verbum Dei de offerendo filio suo audisset, poterat certe occasionem disputandi arripere, an verba secundum literam accipere, an vero commoda et tolerabiliore aliqua interpretatione lenire deberet, quandoquidem non modo cum omni ratione et cum Lege Dei et naturae, | verum etiam cum praecipuo illo fidei articulo de promisso
14,24; Lk 22,20; I Kor 11,25. | 945 Lk 22,19; vgl. Mt 26,26; Mk 14,22; I Kor 11,24. | 946 Mt 26,28; vgl. Mk 14,24; Lk 22,20; I Kor 11,24. | 947 gemäß | 948 einfachem, vertrauensvollem | 949 erträglichen | 950 angenehmen Erklärung
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Matth. 17.
Luc. 21. Matth. 28.
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stehen sein,951 Dennoch, wie er zuvor, als im die verheissung von dem gebenedeieten Samen aus Isaac gegeben wird (wiewol esk seiner vernunfft unmüglich scheinet), Gott die ehre der warheit gibet und auff das aller gewisseste bey sich geschlossen und gegleubet hat, Das Gott, was er verheisset, solches auch thun kan952, Also verstehet und gleubet er auch allhier Gottes wort und befelch einfeltig und schlecht953, wie sie nach dem Buchstaben lauten, und lest es Gottes Allmechtigkeit und weisheit befohlen sein954, welche er weis, das sie viel mehr weise und wege hat, die verheissung des Samens aus Isaac zu erfüllen, als er mit seiner blinden vernunfft begreiffen kan. Also sollen wir auch mit aller demut und gehorsam unsers Schöpffers und Erlösers deutlichen, vehsten, klaren und ernsten worten und befehl one allen zweiffel und disputation955, wie es sich mit unserer vernunfft reime oder müglich sey, einfeltig gleuben; dann dieser Herr solche wort geredet hat, lwelcher die unendliche weisheit undl warheit selbst ist und alles, was er verheisset, gewisslich auch ins werck setzen mund vollbringenm kan.
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[297v] Nun zeugen alle umbstende der einsetzung ndes H.n Abendmals, das diese wort unsers Herren und Heilands Jesu Christi, so an sich selbst einfeltig, deutlich, klar, vehst und unzweifelhafftig sein, anders nicht dann in irer gewönlicheno, eigentlichen und gemeiner956 deutung können und sollen verstanden werden. Denn dieweil Christus diesen befehl uber Tisch und ob dem Nachtmal thut, ist ja kein zweiffel, das er von rechtem, natürlichen Brot und von natürlichem Wein, auch vonp mündlichem essen und trincken redet, das keine Metaphora, qdas ist eine verenderung des verstandtsq, im wort „Brot“ sein kan, als das der Leib Christi einr geistlich Brot oder ein geistliche speise der Seelen sey. So verwart957 es auch Christus selbst, das keine Metonymia, sdas ist gleicher gestalt958 auch keine verenderung des | verstandtss 959 im wort „Leibe“ sey, und das er nicht von einem zeichen seines Leibes oder von einem bedeuten960 oder figürlichem leib oder von der krafft seines Leibes und wolthaten, die er mit auffopfferung seines Leibes erworben hat, redet, sondern von seinem waren, wesentlichen Leib, den er für uns in den todt gegeben, und von seinem waren, wesentlichen Blut, das er vor uns am stamm des Creutzes zu vergebung der sünden vergossen hatt. Nun ist ja kein sou treuer und gewisser ausleger der wort Jesu Christi denn eben der Herr Christus selbst, der seine wort und seinv hertz und meinung am besten verstehet und dieselbigen zu erkleren am weisestenw und verstendigsten ist, welcher allhie, als in stifftung seines letzten willens und Testaments und stets werender bündnis und vereinigung, wie sonsten in allenx
k o u
alse SSC | l – l der unentlichen weissheit und die SSC | m – m nicht in SSC | n – n dieses SSC, TB nicht in SSC | p nicht in SSC | q – q nicht in SSC | r nicht in SSC | s – s nicht in SSC | t ist SSC, TB nicht in SSC | v nicht in SSC | w wissesten SSC | x danach: anderen SSC
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semine Christo, qui ex Isaaci stirpe nasciturus erat, aperte pugnare viderentur. Veruntamen, sicut antea promissionem de benedicto semine (ex Isaaci progenie nascendo) fide acceperat atque amplexus fuerat, etsi idipsum rationi eius impossibile videretur, et sic Deo laudem veritatis tribuerat, certissime sciens atque credens, quod Deus, quae promisisset, etiam praestare posset: ita quoque nunc simpliciter accipit verbum et mandatum Dei secundum literam, remque totam divinae Omnipotentiae et Sapientiae permittens, quam scit multo plures habere modos, per quos promissionem illam de semine ab Isaaco propagando implere posset, quam ipse coeca sua ratione comprehendere valeret. Et ad hunc modum etiam nos vera humilitate et oboedientia creatoris et redemtoris nostri perspicuo, firmo, claro et maxime serio verbo et mandato (absque omni haesitatione et disputatione, quomodo id ad nostram ratione quadret aut possibile sit) simpliciter credere debemus. Haec enim verba locutus est Dominus ille, [716] qui immensa est Dei patris Sapientia et veritas ipsa, qui omnia, quae promittit, certissime reipsa perficere et praestare potest. Et sane omnes circumstantiae institutionis Coenae Dominicae luculenter testantur, verba illa Domini et Salvatoris nostri Iesu Christi (quae per se perspicua, firma, clara et indubitata sunt) non aliter quam in usitata, propria et communi significatione accipi posse et debere. Cum enim Christus mandatum illud (de edendo corpore suo etc.) in mensa et in Coena dederit, dubium esse non potest, quin de vero naturali pane et de vero naturali vino atque de manducatione, quae ore fit, loquatur, ita ut nulla in vocabulo „panis“ metaphora esse possit, quasi Christi corpus spiritualem panem aut spiritualem cibum animae dicere voluerit. Et Christus ipse praecavere studuit, ne metonymia in vocabulo „corporis“ intelligeretur et ne | existimaretur de signo corporis sui aut tantum de symbolo vel de figurato corpore aut de virtute corporis sui seu de beneficiis, quae oblatione corporis sui nobis promeruit, agere. Diserte enim loquitur de vero, essentiali et substantiali suo corpore, quod in mortem pro nobis tradidit, et de vero, substantiali sanguine suo, quem pro nobis in ara crucis in remissionem peccatorum effudit.
At qui nullus potest esse tam fidelis aut idoneus atque doctus interpres verborum Iesu Christi, quam ille ipse Christus Dominus, qui sua verba illa certissima, suam mentem atque sententiam omnium optime intelligit atque ad eam dextre declarandam intelligentia et sapientia instructissimus est. Hic in declaratione inprimis ultimae suae voluntatis, Testamenti et perpetui foederis atque coniunctionis non figuratis, non ambiguis, sed propriis, simplicissimis
951 Vgl. Gen 22,1–14. | 952 Vgl. Gen 18,10–14; Gen 22,15–18. | 953 schlicht und einfach | 954 stellt es ... anheim | 955 Erwägung, Erörterung | 956 allgemeiner | 957 sorgt dafür | 958 ebenso, in gleicher Weise | 959 Sinns | 960 bedeuteten, angezeigten
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Artickeln des glaubens, und aller anderer Bund und Gnadenzeichen oder Sacrament einsetzung, als961 der Beschneidung, der mancherley Opffer im alten Testament, der heiligen Tauffey, nicht verblümte, sondern gantz eigentliche, einfeltige962, unzweiffelhafftige und klare wort gebraucht und, damit ja kein missverstandt einfallen963 könne, mit den worten: „vor euch gegeben, vor euch vergossen“964, deutlicher erkleret; lesset auch seine Jünger in dem einfeltigen, eigentlichen verstandt bleiben und befihlets inen, das sie alle Völcker also leren sollen, alles das zu halten, was er inen, den Aposteln, befohlen hat965.
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Derhalben auch alle drey Evangelisten, Matth. 26; Marci 14; Luc. 22, und S. Paulus, der nach der Himmelfart Christi | dasselbige empfangen, 1. Cor. 11, einhelliglich und mit einerley zworten und syllaben966 diese helle, klare, vehste und warhafftigez wort Christi, „Das ist mein Leib“967 gantz auff einerley968 weise von dem gesegneten und dargereichten Brot one alle deutung und enderung widerholen. Ist darumb kein zweiffel, das auch vom andern teil des Sacraments diese [298r] wort Lucae und Pauli: „Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut“969, kein andere meinung können haben, dann die S. Matthaeus und Marcus geben: „das (nemlich das970 ir aus dem Kelch mündlich trincket) ist mein Blut des neuen Testaments“971, dadurch ich diss mein Testament und neuena Bund, nemlich die vergebung der sünden, mit euch Menschen auffrichte, versigele und bekrefftige. So ist auch diese widerholung, bestetigung und erklerung der wort Christi, die S. Paulus 1. Cor. 10 thut, als ein sonderlichs972 helles zeugnis der waren, wesentlichen gegenwertigkeit und austeilung des Leibes und Bluts Christi im Abendmal mit allem fleis und ernst zu betrachten, bda er also schreibetb: „Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die gemeinschafft des Bluts Christi? cDasd Brot, das wir brechen, ist das nicht die gemeinschafft des Leibes Christi?“c 973 Daraus wir klerlich lernen, das nicht allein der Kelch, den Christus im ersten Abendmal gesegnet, und nicht allein das Brot, welches Christus gebrochen und ausgeteilet hat, sondern auch das wir brechen und segnen, sey die gemeinschafft des Leibes und Bluts Christi, also das alle die, soe diss Brot essen und aus dem Kelch trincken, warhafftig empfahen und teilhafftig werden des waren Leibs und Bluts Christ; denn wo der Leib Christi nicht warhafftig und wesentlich, sondern allein nach seiner krafft und wirckung gegenwertig und genossen würde, So würde das Brot nicht eine gemeinschafft des Leibes, sondern des Geistes krafft und gutthaten Christi müssen genennet werden, wie die Apologia argumentiret fund schleustf;974 und so975
y danach: etc. SSC | z – z nicht in SSC | a waren SSC | b – b nicht in SSC | c – c nicht in SSC | d davor: Und TB | e nicht in SSC | f – f nicht in SSC
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et disertis verbis uti voluit, quemadmodum etiam in aliis fidei articulis ponendis et confirmandis atque in signis gratiae et pacti seu Sacramentis instituendis (verbi gratia in circumcisione, in constituendis olim Sacrificiis veteris Testamenti, postea vero in Baptismi institutione) non verbis obscuris, figuratis [717] aut ambiguis uti solitus est. Et ut omnem ambiguitatem caveret, satis mentem suam declaravit, cum de corpore suo in sacra Coena exhibendo dixit: quod pro vobis datur et de sanguine: qui pro vobis effunditur. Et cum Apostoli haec ipsius verba simplicissime acciperent, relinquit eos in hac propria et simplice sententia ac mandat illis, ut omnes gentes ad eum modum doceant iubeantque eas observare, quae ipsis, Apostolis, a Christo praecepta erant. Qua de causa etiam tres Evangelistae, Matthaeus, Marcus, Lucas et D. Paulus, qui institutionem Coenae Dominicae | ab ipso Christo post ascensionem ipsius acceperat, unanimi consensu iisdem verbis et syllabis haec clara, firma, perspicua et vera verba Christi: hoc est corpus meum, prorsus eodem modo de benedicto et distributo pane sine omni tropo, figura aut variatione recitant. Itaque dubium esse non potest, quin et de altera parte Sacramenti haec verba: Hic calix est Novum Testamentum in meo sanguine, in Evangelista Luca et Paulo nullam aliam sententiam habeant quam verba Matthaei et Marci, qui dicunt: Hoc, quod ore ex calice bibitis, est sanguis meus Novi Testamenti, quo videlicet hoc Testamentum meum et Novum foedus, videlicet remissionem peccatorum, vobis hominibus sancio, ferio, obsigno et confirmo. Sed et haec repetitio, confirmatio et declaratio verborum Christi, quam D. Paulus ponit (ut clarissimum verae substantialis praesentiae et distributionis corporis et sanguinis Christi in Coena testimonium) singulari diligentia et accurate est expendenda. Sic enim ait: Calix benedictionis, cui benedicimus, nonne communicatio sanguinis Christi est? Et panis, quem frangimus, nonne participatio corporis Domini est? His enim Apostoli verbis docemur, quod non modo calix ille, cui Christus in prima Coena benedixit, et non modo panis, quem Christus fregit et distribuit, sed etiam panis, quem nos frangimus, et calix, cui nos benedicimus, sint corporis et sanguinis Christi communicatio, ita quidem, ut omnes, qui hunc panem edunt atque e calice bi[718]bunt, vere accipiant atque participent verum corpus et verum sanguinem Christi. Etenim nisi corpus Christi vere et substantialiter, sed duntaxat virtute et efficacia sua praesens esset et sumeretur: panis non corporis, sed Spiritus, virtutis et beneficiorum Christi communicatio dici debuisset, quemadmodum etiam Apologia prorsus eadem ratione in hoc ipso negotio argu-
961 wie | 962 schlichte | 963 auftreten | 964 Lk 22,19f; vgl. Mt 26,28; Mk 14,24; I Kor 11,24. | 965 Vgl. Mt 28,19f; Mk 16,15; Lk 24,47. | 966 Silben | 967 Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19; I Kor 11,24 | 968 ein und dieselbe | 969 Lk 22,20; I Kor 11,25 | 970 was | 971 Mt 26,28; Mk 14,24 | 972 besonders | 973 I Kor 10,16 | 974 Vgl. AC X, o. S. 425, Anm. b–b. | 975 wenn
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Matth. 26. Marc. 14. Luc. 22. 1. Cor. 11. BSLK 989
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Paulusg allein von der geistlichen | gemeinschafft des Leibes Christi durch den glauben redete976, wie die Sacramentirer diesen Spruch verkerenh, so würde er nicht sagen, Das Brot, sondern der Geist oder glaube were die gemeinschafft des Leibes Christi. Nun sagt er, Das Brot sey die gemeinschafft des Leibes Christi, das alle, die des gesegneten Brots geniessen, auch des Leibes Christi teilhafftig werden, So muss er ja nicht von geistlicher, sondern von Sacramentlicher oderi mündlicher niessung des Leibes Christi, die den frommen und Gottlosen Christenj gemein977 ist, reden. Wie auch die ursach und umbstende derselben gantzen Predigt S. Pauli ausweisen, kdas er diek, so vom Götzenopffer assen und mit Heidnischen Teuffelsdienst gemeinschafft hetten und gleichwol auch zum Tisch des Herrn giengen und des Leibes und Bluts Christi teilhafftig worden, abschrecket und warnet, das sie nicht inen978 selbst zum Gericht und verdamnis den Leib und Blut Christi empfangen979 l, Denn weilm alle, die des gesegnetenn und gebrochenen Brots im Abendmal teilhafftig werden, auch mit dem Leib Christi gemein[298v]schafft haben, So muss ja oS. Pauluso nicht von der geistlichen gemeinschafft mit Christo reden, die niemand missbrauchen kan und dafür man auch niemand warnen sol. Derhalben auch unsere liebe Veter und Vorfarenp, als Lutherus qund andere reine Lerer Augspurgischer Confeßionq, diesen Spruch Pauli rmit solchen wortenr erkleren, das er szumt aller bestens mit den worten Christi uberein stimmet, uda sie also schreibenu: Das Brot, das wir brechen, ist der ausgeteilte Leib Christi, oder der gemeine980 Leib Christi unter die geteilet, so das gebrochene Brot empfangenv. Beyw dieser einfeltigen981, gegründtenx erklerung dieses herrlichen gezeugnis 1. Cor. 10982 bleiben wir eintrechtiglich und verwundern uns billich983, das etzliche so kün sein, das sie diesen Spruch, den sie selbsty vorhin den Sacramentirern entgegen gesetzet, itz|undt984 vor985 einen grundt ires irthumbs, Das im Abendmal der Leib Christi allein geistlich genossen werde, anziehen986 dürffen: Panis est communicatio corporis Christi, hoc est, id, quo fit societas cum corpore Christi (quod est Ecclesia), seu est medium, per quod fideles unimur Christo, sicut verbum Evangelii fide appraehensum est medium, per quod Christo spiritualiter unimur et corpori Christi, quod est Ecclesia, inserimur, zwelches zu Deutsch also lautet: Das Brot ist die gemeinschafft des Leibes Christi, das ist, es ist das, dadurch wir gemeinschafft haben mit dem Leib Christi, welcher ist die Kirche, Oder Es ist das mittel, dardurch wir gleubigen vereiniget werden mit Christo, gleich wie das wort des Evangelii, wann es mit glauben ergriffen wird, ist ein mittel, dardurch wir mit Christo geistlich vereiniget und dem Leib Christi, welcher ist die Kirche, einverleibet werdenz.
g davor: s. TB | h erklären SSC | i und SSC | j nicht in SSC | k – k nicht in SSC | l danach: solten SSC | m nicht in SSC | n danach: kelchs SSC | o – o er SSC | p praeceptores SSC | q – q an vielen
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mentatur et statuit. Et sane si D. Pau|lus duntaxat de spirituali communicatione corporis Christi, quae per fidem fit, ageret (ut Sacramentarii hoc Paulinum dictum suo more depravare solent), non dixisset panis, sed spiritus aut fides est communicatio corporis Christi. At Apostolus affirmat panem esse communicationem corporis Christi, quod videlicet omnes, qui participant benedictum panem, etiam corporis Christi participes fiant. Ex eo ergo hoc conficitur, Paulum haudquaquam de spirituali, sed de sacramentali seu ea, quae ore fit, participatione corporis Christi loqui, quae piis et impiis titulo duntaxat Christianis, communis est. Hanc piam nostram sententiam etiam ratio et circumstantiae contionis illius Paulinae confirmant. Eos enim, qui de Idolothytis edebant et Ethnicis cultibus diabolicis communicabant, nihilominus autem etiam ad mensam Domini accedebant et corporis ac sanguinis Christi participes fiebant, Paulus a tanto facinore deterret et admonet, ne sibiipsis ad iudicium et damnationem corpus et sanguinem Christi sumant. Cum enim omnes illi, qui benedicti et distributi panis in sacra Coena participes fiunt, etiam cum corpore Christi communicationem habeant, profecto D. Pauli verba non possunt accipi de spirituali communicatione cum Christo, qua nemo abuti unquam potest, et a qua homines non sunt deterrendi. Quare Patres et pii Maiores nostri, D. Lutherus et alii sinceri Doctores Augustanae Confessionis, hoc D. Pauli dictum eiusmodi verbis declarant, ut cum verbis Christi optime consentiat; ut cum ad hunc modum id explicant: Panis, quem frangimus, est corpus Christi distributum, seu [719] communicatum corpus Christi, quod inter eos distribuitur, qui fractum panem accipiunt. In hac simplici et solide fundata explicatione luculenti illius testimonii Paulini magno consensu acquiescimus. Et non iniuria miramur, quod audaces homines reperiantur, qui cum ipsi ante haec tempora Sacramentariis hoc Pauli | dictum opposuerint, nunc illud ipsum pro fundamento erroris sui (quod videlicet corpus Christi in Coena spiritualiter tantummodo sumatur) ponere non erubescant. Sic enim loquuntur: Panis est communicatio corporis Christi, hoc est, id, quo fit societas cum corpore Christi, quod est Ecclesia, seu est medium, per quod fideles unimur Christo, sicut verbum Evangelii fide apprehensum est medium, per quod Christo spiritualiter unimur et corpori Christi, quod est Ecclesia, inserimur.
orten und Philippus in libro visitationis saxonicae SSC | r – r alse SSC | s – s am aller genauesten SSC | t am TB | u – u nicht in SSC | v danach: Panis, quem frangimus, est communicatum corpus Christi SSC | w Wie SSC | x nicht in SSC | y nicht in SSC | z – z nicht in SSC 976
Vgl. I Kor 10,16f. | 977 gemeinsam | 978 sich | 979 Vgl. I Kor 10,14–22; I Kor 11,29. | 980 für alle bestimmte | 981 schlichten, einfachen | 982 Vgl. I Kor 10,16f. | 983 mit Recht | 984 jetzt | 985 für, als | 986 heranziehen
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Denn das nicht allein die Gottseligen, frommen und gleubigen Christen, sondern auch die unwirdigen, Gottlosen heuchler, als Judas und seine Gesellen, so keinea geistliche gemeinschafft mit Christo haben und one wareb Bus und bekerung zu Gott zum Tisch des Herren gehen, auch den waren Leib und Blut Christi mündlich im Sacramentc empfangen und sich mit irem unwirdigen essen und trincken am Leib und Blut Christi schwerlich987 versündigen, leret S. Paulus ausdrücklich 1. Cor. 11: „Wer unwirdig von diesem Brot isset und von dem Kelch des Herren trincket, der versündiget sich“ nicht allein am Brot und Wein, nicht allein an zeichen oder Symbolis und figur988 des Leibs und Bluts, sondern „wird schuldig am Leib und Blut des Herren Jesu Christi“989, welchen er allda gegenwertig verunehret, missbrauchet und schendet, gleich wie die Jüden, welche sich mit der that wircklich an dem Leibe Christi vergriffen und in erwürget haben din mas[299r]sen990 | die alten Christlichen Veter und Kirchenlerer diesen Spruch einhellig also verstanden und erkleret habend.991 So ist nun zweierley essen des fleisches Christi, eines geistlich, davon Christuse Johan. 6992 fürnemlich handelt, welches nicht anders als mit dem Geist und Glauben in der Predig und betrachtung des Evangelii eben so wol als im Abendmal geschicht und für sich selbst nütz und heilsam und allen Christen zu allen zeiten zur seligkeit nötig ist, one welche geistliche niessung auch das Sacramentliche oder mündliche essen im Abendmal nicht allein unheilsam, sondern auch schedlich und verdamlich ist.
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Solch geistlich essen aber ist nichts anders als der glaube, nemlich Gottes wort, darinnen uns Christus, warer Gott und Mensch, sampt allen gutthaten, die er uns mit seinem fleisch, für uns in todt gegeben, und mit seinem Blut, für uns vergossen, erworben hat, nemlich Gottes gnade, vergebung der sünden, gerechtigkeit und ewiges leben, fürgetragen wird, hören, mit glauben annemen und unsf selbst zueignen und gauff dieseng trost, das wir einen gnedigen Gott und ewige Seligkeit umb des Herren Jesu Christi willen haben, uns mit gewisser zuversicht und vertrauen festiglich verlassen und in aller not und anfechtung halten.h
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Dasi andere essen des Leibesj Christi ist mündlich oder Sacramentlich, da im heiligen Abendmal der ware, wesentliche Leib und Blut Christi von allen, die das gesegnete Brot und Wein im Abendmal essen und trincken, von den gleubigen zu | einem gewissen pfandt und versicherung, das inen gewisslich
SSC TB
a eine SSC | b nicht in SSC | c sakrament SSC | d – d SSC: s. QuM II, 214,7–215,27 [Den also ... Hactenus Augustinus]; TB: s. QuM II, 439,17–441,2 [dan also ... Biß daher Augustinus] | e er SSC | f sich SSC; ime TB | g – g auß diesem SSC | h danach SSC: s. QuM II, 216,5–12 [Den wie ... desselbigen abentmals]; danach TB: s. QuM II, 441,19–26 [Den wie ... heyligen abendtmalß] i davor: Also SSC; davor: Also ist TB | j danach: und bluts SSC
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Quod autem non tantum pii et credentes in Christum, verum etiam indigni, impii hypocritae (verbi gratia Iudas et huius farinae homines, qui nullam prorsus spiritualem cum Christo communicationem habent et sine vera poenitentia atque conversione ad Deum ad Coenam Domini accedunt) etiam verum corpus et verum sanguinem Christi ore in Sacramento sumant et grande scelus indigne edendo et bibendo in corpus et sanguinem Christi admittant, id D. Paulus expresse docet, cum affirmat, quod ii, qui indigne de illo pane edunt et de calice Domini bibunt, rei fiant non tantum panis et vini, non tantum signorum et symbolorum aut figurae corporis et sanguinis, sed quod rei sint corporis et sanguinis Iesu Christi, quem in sacra Coena praesentem contumelia atque ignominia afficiunt, sicut Iudaei, qui ipso facto et opere (indignis modis Salvatorem tractantes) in corpus | Christi horribiliter peccarunt et Christum occiderunt. Sic enim antiquissimi, pii et eruditi Doctores Ecclesiae | hoc Pauli dictum intellexerunt et magno consensu in hanc sententiam sunt interpretati [720] Duplex igitur est manducatio carnis Christi. Una spiritualis, de qua praecipue Christus in Evangelista Ioanne, capite sexto, agit, quae non alio modo, quam spiritu et fide in praedicatione et meditatione Evangelii fit, non minus quam cum Coena Domini digne et in fide sumitur. Haec spiritualis manducatio per se utilis et salutaris est, omnibusque Christianis et quidem omnibus temporibus ad salutem necessaria est, sine qua spirituali participatione Sacramentalis illa, aut quae ore duntaxat fit, manducatio in Coena non modo accipientibus non salutaris, sed noxia etiam et damnationis causa esse solet. Spiritualiter igitur manducare nihil aliud est quam credere praedicato verbo Dei, in quo nobis Christus, verus Deus et homo, cum omnibus beneficiis, quae carne sua pro nobis in mortem tradita et sanguine suo pro nobis effuso promeruit, offeretur, videlicet gratia et clementia Dei, remissio peccatorum, iustitia et vita aeterna. Haec qui ex verbo Dei commemorari audit, fide accipit sibique applicat, et hac consolatione totus nititur (quod Deum placatum et vitam aeternam propter mediatorem Iesum Christum habeamus), qui, inquam, vera fiducia in verbo Evangelii firmiter in omnibus tribulationibus et tentationibus acquiescit, hic spiritualiter corpus Christi edit et sanguinem eius bibit. Altera vero manducatio corporis Christi est Sacramentalis et ore fit, quando in sacra Coena verum et substantiale corpus et sanguis Christi ore accipiuntur atque participantur ab omnibus, qui panem illum benedictum et vinum in | Coena Dominica edunt et bibunt. Ac pii quidem corpus et sanguinem
987 schwer | 988 Gestalt | 989 I Kor 11,27 | 990 wie | 991 Vgl. Johannes Chrysostomus, In epistola 1. ad Corinthios homilia XXVII, 5, in: PG 61, 230–232; Augustinus, Sermo LXXI, 11, in: PL 38, 453. | 992 Vgl. Joh 6,48–58.
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ire sünde vergeben sind und Christus in inen wone und krefftig sey, von den ungleubigen aber zu irem Gericht und verdamnis auch mündlich empfangen und genossen wird, wie die wort der einsetzung Christi ausdrücklich lauten, da er uber Tisch und ob dem Nachtmalk seinen Jüngern natürlich Brot und natürlich Wein reichet, welche er seinen waren Leib und sein wares Blut nennet und dabey saget: „Esset“ und „trincket“993, So kan ja solcher befehl vermüge der umbstende nicht anders als von dem mündlichen essen und trincken, aber nicht auff grobe, fleischlichel, Capernaitische994, msondern auff ubernatürliche, unbegreifflichem weise verstanden werden, darzu nachmals995 der ander befehlich nochn ein anders und geistliches essen setzet, da der Herr Christus weiter spricht: „Solches thut zu meinem gedechtnis“996, da er den glauben erfordert.
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Theodorus Beza.
Derhalben alle alte Christliche Lerer nach diesen worten der einsetzung Christi und S.o Pauli erklerung ausdrücklich und mit der gantzen heiligen Christlichen Kirchen eintrechtig leren, Das der Leib Christi nicht allein geistlich mit dem glauben, welches auch [299v] ausserhalb des Sacraments geschicht, sondern auch mündlich, nicht allein von gleubigen, frommen, sondern auch von unwirdigen, ungleubigen, falschen und bösen Christen, empfangen werde,997 p qwelche hie zu | erzelen zu lang und deswegen den Christlichen Leser in der unsern ausfürliche Schrifften umb geliebter kürtze willen gewiesen haben wöllenp. rDaraus erscheinet, wie unbillich998 und gifftig die Sacramentschwermerq des Herrn Christi, S. Pauli sund der gantzen Kirchens spotten, die diese mündliche und der unwirdigenr niessung duos pilos caudae equinae et commentum, cuius vel ipsum Sathanam pudeat, tWie auch die Lere von der Maiestat Christi excrementum Sathanae, quo diabolus sibi ipsi et hominibus illudat, genennet haben; das ist so erschrecklich davon reden, das sich auch ein frommer Christ schemen solle, dasselbige zuverdolmetschent.u 999 Es muss aber mit fleis erkleret werden, welche da sein die unwirdigen Geste dieses Abendmals, vnemlich diev one warew reu und leid uber ire sünden und one waren glauben und guten vorsatz, ir leben zu bessern, zu diesem Sacrament gehen und inen selbst das Gericht, das ist zeitliche und ewige straffen,
k abentmal SSC | l danach: und SSC | m – m nicht in SSC | n nicht in SSC | o des h. SSC | p – p SSC: s. QuM II, 216,35–217,31 [Ja Theodoretus ... gemeine speyse] | q – q TB: s. QuM II, 442,10–443,32 [Ja Theodoretus ... sonder auch] | r – r SSC: s. QuM II, 217,32–36 [Auß welchen ... der eintregtigen] | s – s selbst TB | t – t SSC: s. QuM II, 217,38–218,11 [genanth haben ... gesterckett haben] u danach TB: s. QuM II, 444,7–19 [Dan ob ... haben etc.] | v – v welche SSC, TB | w nicht in SSC 993 Mt 26,26f; Mk 14,22f | 994 Vgl. o. S. 1260, Anm. 162. Als kapernaitisch bezeichnete man eine an Jesu Lehre in der Synagoge von Kapernaum (vgl. Joh 6,22–59) anknüpfende missverständliche Auslegung, als würde man im Abendmahl den Leib Christi mit den Zähnen zerbeißen und körperlich zu sich nehmen. | 995 nachher, später | 996 Lk 22,19; I Kor 11,24f | 997 Theodoret von Kyros, Interpretatio epistolae I. ad Corinthios, in: PG 82, 318; Johannes Chrysostomus, In
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Christi in certum pignus et confirmationem accipiunt, quod peccata ipsis certo sint remissa, et quod Christus in ipsis habitet atque efficax esse velit. Impii vero idem corpus et eundem sanguinem Christi etiam ore suo, sed ad iudicium et damnationem sumunt. Hoc Christi verba, quibus Coenam instituit, expresse do[721]cent. In prima enim Coena mensae assidens discipulis suis naturalem panem et naturale vinum porrigit et de iis pronuntiat verum esse corpus et sanguinem suum, et iubet eos edere et bibere. Ergo illud Christi mandatum, consideratis diligenter omnibus circumstantiis, non potest nisi de orali non autem de crassa, carnali, Capernaitica, sed supernaturali et incomprehensibili manducatione corporis Christi intelligi. Ad hanc manducationem, quae ore fit, Christus mandato suo etiam alteram requirit, cum inquit: Hoc facite in mei commemorationem; hic enim fidem, quae est spiritualis corporis Christi participatio, postulat. Quare tota erudita et pia antiquitas (secundum haec verba institutionis Christi et explicationem Pauli) expresse et cum tota Catholica Ecclesia magno consensu docuit, quod corpus Christi non tantum spiritualiter fide (quod etiam extra usum Sacramenti fieri potest), verum etiam ore non modo a credentibus, sed et ab indignis, infidelibus, hypocirits, nomine duntaxat Christianis, accipiantur. Quae antiquitatis testimonia | recitare hoc loco nimis esset prolixum, quare Lectorem ad nostrorum scripta, in quibus haec copiose tractata sunt, remittimus. Ex his manifestum est, quam inique virulentis sarcasmis Sacramentarii Domino nostro Iesu Christi et D. Paulo totique Ecclesiae insultent, qui oralem et indignorum manducationem vocant duos pilos caudae equinae et commentum, cuius vel ipsum Satanam pudeat, doctrinam vero de Maiestate Christi excrementum Satanae, quo Diabolus sibiipsi et hominibus illudat, appellare ausi fuerint. Haec adeo horrenda sunt, ut homo Christianus ea sine horrore non recitare possit. Accurate autem hoc etiam declarandum est, quinam sint indigni convivae in hac sacra Coena. Hi nimirum, qui sine vera poenitentia et contritione et sine vera fide et absque bono proposito vitam emendandi ad coenam Domini accedunt. Hi sibiipsis iudicium, hoc est, temporales et aeternas poenas
epistolam ad Ephesios homilia III, 4, in: PG 62, 28; Cyprian von Karthago, De lapsis XVI. XXII, in: PL 4, 493. 498 (CChr.SL 3, 229f. 233f); Leo I., Sermo XCI de ieiunio septimi mensis VI, 2f, in: PL 54, 451–453 (SC 200, 122–128); Augustinus, Epistola LIV, 6,8, in: PL 33, 203 (CSEL 34, 166f). 998 ungerechtfertigt | 999 Vgl. Theodor Beza an Johannes von Glauburg d. J. Genf, 27. August 1572, in: CTB 13, 174–176 (Nr. 936), hier: 175. Deutsch: Das mündliche Essen des Sakraments, auch durch die Unwürdigen, seien „zwei Haare eines Pferdeschwanzes und eine Erfindung, dessen sich auch der Satan selbst schämen würde; ebenso sei auch die Lehre von der Majestät Christi ein Exkrement des Satans, durch das der Teufel sich selbst und die Menschen betrüge.“
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2. Cor. 11. | Rom. 14. Joan. 3.
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mit irem unwirdigenx, mündlichen essen des Leibs Christiy auff den hals laden und am Leib und Blut Christi schuldig werden. Denn die schwachgleubigen, blöden1000, betrübten Christen, die von wegen der grösse und menge irer sünden von hertzen erschrocken sein und gedenckenz, das sie in dieser irera grossen unreinigkeitb dieses edlen schatzes undc gutthaten Christi nicht werth sein und ire schwachheit des glaubens empfindend und beklagen und von hertzen begeren, das sie mit sterckereme, freudigerm glauben und reinem gehorsam Gott dienen möchten, die sind die rechten, wirdigen | Geste, für welche diss hochwirdige Sacrament fürnemlich eingesetzet und verordnet ist, wie Christus spricht: „Kompt her zu mir alle, die ir müheselig und beladen seid, ich wil euch erquicken.“1001 Item: „Die gesunden bedürffen fkeines Artztsf, sondern nur die Krancken.“1002 gItemh: „Gottes krafft ist in den schwachen mechtig.“g 1003 Item: „Nemet den schwachen im glauben auff, denn Gott hati in auffgenommen.“1004 Denn „wer an den Son Gottes gleubet“, es sey mit einem starcken oder schwachen glauben, „der hat das ewige leben“1005; undj stehet die wirdigkeit nicht in kgrosser oder kleiner schwacheit oder sterckek des glaubens, sondern im verdienst Christi, welches der kleingleubige, betrübte Vater Marc.l 91006 eben so wol geneust als Abraham, Paulus und andere, so einen freudigen, starcken glaubenm haben.n
[300r] Das sey von der waren gegenwertigkeit und zweierley niessung des Leibes ound Blutso Christi, so entweder mit dem1007 glauben geistlich oder auch mündlich, beide von wirdigen und unwirdigen, geschicht, biss hieher geredet. Dieweil auch von der Consecration und von der gemeinen Regel, Das nichts Sacra|mentp sey ausser dem1008 eingesetzten gebrauch, missverstandt und spaltung zwischen etlichen der Augspurgischen Confeßion Lerern eingefallen1009 sind, Haben wir auch von dieser sachen uns brüderlich und eintrechtig mit einander auff nachfolgendeq meinung erkleret, nemlich Das die warer gegenwertigkeit des Leibes und Bluts Christi im Abendmal nicht schaffes einiges menschen wort oder werck, es sey1010 das verdienst oder sprechen des Dieners oder das essen und trincken oder glaub der Communicanten, sondern tsolches alles sollet allein des Allmechtigen Gottes krafft und unsers Herrn Jesu Christi wort, einsetzung und ordnung zugeschriebenu werden.
x
nicht in SSC | y danach: selbs SSC | z furchten SSC, TB | a nicht in SSC | b unwirdigkeit SSC danach: der SSC | d fulen SSC | e danach: und SSC | f – f des arsten nicht SSC | g – g nicht in SSC, TB | h danach: Roman. 14 TB | i nicht in SSC | j Nau SSC | k – k groesse und kleinheit SSC l Matth. TB | m danach: gehatt SSC | n danach SSC: s. QuM II, 218,35–219,2 [Wer nu ... gebrauchet werden]; danach TB: s. QuM II, 445,6–12 [Derohalben, wer ... gebraucht werden] | o – o nicht in SSC, TB | p nicht in SSC | q negest folgende SSC | r wirckliche ursache oder causa efficiens der waren SSC | s nicht in SSC | t – t nicht in SSC | u danach: sol SSC c
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indigna sua orali manducatione corporis [722] Christi accersunt et corporis atque sanguinis Christi rei fiunt. Digni vero convivae in Coena Domini sunt infirmi in fide, pusillanimes, perturbati Christiani, qui dum magnitudinem et multitudinem peccatorum suorum secum reputant, cohorrescunt, qui magnam suam immunditiem considerantes hoc pretiosissimo thesauro et beneficiis Christi indignos sese iudicant, qui fidei suae infirmitatem sentiunt atque deplorant et nihil magis in votis habent, quam ut Domino Deo firmiore et alacriore | fide et puriore oboedientia servire possint. Hi, ut diximus, sunt vere digni illi convivae, in quorum gratiam et quibus recreandis inprimis hoc augustissimum sacramentum et sacrum convivium est institutum. Christus enim eiusmodi homines benignissime invitat, dicens: Venite ad me omnes, qui laboratis et onerati estis, et ego reficiam vos. Et alibi ait: Non est opus valentibus medicus, sed male habentibus. Et Apostolus inquit: Virtus mea, dicit Dominus, in infirmitate perficitur. Et ad Romanos scribit: Infirmum in fide assumite et paulo post: Deus eum assumsit. Quisquis enim in filium Dei crediderit, sive is firma sive infirma fide praeditus fuerit, habet vitam aeternam. Dignitas igitur neque in magna neque in exigua infirmitate aut firmitate fidei, sed in merito Christi consistit. Huius fructum infirmus ille in fide angustique animi parens, qui opem Christi in curando filio miserrimo implorabat, non minus quam Patriarcha Abraham, Apostolus Paulus et alii, qui robustam fidem habuere, participat. Et haec de vera praesentia et duplici manducatione corporis et sanguinis Christi, quae aut fide spiritualiter aut ore fit, quae posterior dignis et indignis communis est, dicta sunt. Cum vero etiam de Consecratione et de usitata illa regula: Nihil habet | rationem Sacramenti extra usum seu actionem divinitus institutam, dissensiones quaedam inter aliquos Augustanae Confessionis Theologis inciderint, de his etiam duobus capitibus unanimem et pium nostrum consensum declarare visum est. Ac de priore illa quaestione, [723] quae est de Consecratione, sentimus, quod veram praesentiam corporis et sanguinis Christi in Coena non efficiat ullius hominis vel verbum vel opus, dignitas, seu meritum, sive pronuntiatio ministri seu manducatio, seu fides communicantium; horum nullum nobis corpus et sanguinem Christi praesentia facit. Sed hoc totum, quod in Coena Christi corpus praesens habemus, simpliciter et in solidum omnipotentis Dei virtuti et verbo, institutioni atque ordinationi Domini nostri Iesu Christi est adscribendum.
1000 1006
furchtsamen | 1001 Mt 11,28 | 1002 Mt 9,12 | 1003 II Kor 12,9 | 1004 Röm 14,1.3 | Vgl. Mk 9,24. | 1008 außerhalb des | 1009 eingetreten | 1010 sei es
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Matth. 11. Matth. 9. 2. Cor. 12. Rom. 14. Iohan. 3.
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Denn die warhafftigen und allmechtigen wort Jesu Christi, vwelche erv in der ersten einsetzung gesprochen, sind nicht allein im ersten Abendmal krefftig1011 gewesen, sondern weren1012, gelten, wircken und sind noch krefftig, das in allen örten, da das Abendmal nach Christi einsetzung gehalten und seine wort gebraucht werden, aus krafft und vermügen derselbigen wort, die Christus im ersten Abendmal gesprochen, derw Leib und Blut Christi warhafftig gegenwertig ausgeteilet und empfangen wirdx. Dann Christus selbst, wo man seine einsetzung helt und seine wort uber dem Brot und Kelch spricht und das gesegnete Brot und Kelch austeilet, durch die gesprochene wort aus krafft der ersten einsatzung ynoch1013 durch sein wort, welches er da wil widerholet habeny, krefftig ist, wie Chrysostomus spricht (in serm[one] de paß[ione]) zin der Predig von der Passionz: „Christus richtet diesen Tisch selbst zu und segnet in, Dann kein mensch das fürgesetztea Brot und Wein zum Leib und Blut Christi machet, sondern Christus selbst, der für uns gecreutziget ist. Die wort werden durch des Priesters mund gesprochen, aber durch Gottes krafft und | gnade, durch das wort, da er spricht: ,Das ist mein Leib‘1014, werden die fürgestalten1015 Element im Abendmal gesegnet; und wie diese rede: ,Wachset und vermehret euch und erfüllet die Erde‘1016, nur einmal geredet, aber allzeit krefftig ist in der natur, das sie wechset und sich vermehret, Also ist auch diese redeb einmal gesprochen, Aber biß auff diesen tag und biß an seine zukunfft1017 ist sie krefftig und wircket, das im Abendmal der Kirchen sein warer Leib und Blut gegenwertig ist.“1018 [300v] Und Lutherus Tom. 6 Jen. fol. 99: „Solch sein befehl und einsetzung vermag und schaffet, das wir nicht schlecht Brot und Wein, sondern seinen Leib und Blut darreichen und empfangen, wie seine wort lauten: ,Das ist mein Leib‘1019 etc., ,Das ist mein Blut‘1020 etc. Das nichtc unser dwerck oderd sprechen, sonderne der befehl und ordnung Christi das Brot zum Leib und den Wein zum Blut machet, vom anfang des ersten Abendmals biss an der Welt ende, und durch unsern dienst und Ampt teglich gereichet wird.“1021 Item, Tom. 3 Jen. fol. 446: „Also hie auch: Wenn ich gleich uber alle Brot spreche, das ist Christi Leib, würde freilich nichts daraus folgen. Aber wenn wir seiner einsetzung und heissung1022 nach im Abendmal sagen: ,Das ist mein Leib‘1023, so ists sein Leib nicht unsers sprechens oder thetel worts1024 halben, sondern seines heissens halben, das er uns also zu sprechen und zu v–v
nicht in SSC | w das SSC | x werden SSC | y – y nicht in SSC, TB | z – z nicht in SSC | a danach: so SSC | b danach: wol SSC, TB | c auch SSC | d – d word und SSC | e sind SSC 1011
wirksam, wirkkräftig | 1012 währen, dauern fort | 1013 im Sinne von: noch immer | 1014 Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19; I Kor 11,24 | 1015 (durch dieses Wort) vorgestellten | 1016 Gen 1,28 1017 (zukünftiges) Kommen | 1018 Johannes Chrysostomus, De proditione Iudae Homilia I, 6, in: PG 49, 380. | 1019 Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19; I Kor 11,24 | 1020 Mt 26,28; Mk 14,24 | 1021 Die Angabe verweist auf den 6. Band der Jenaer Lutherausgabe = Luther, Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe (1533), in: WA 38, 240,8–14. | 1022 Befehl | 1023 Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19; I Kor
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Verissima enim illa et omnipotentia verba Iesu Christi, quae in prima institutione pronuntiavit, non modo in prima illa Coena efficacia fuere, sed eorum vis, virtus et efficacia adhuc hodie durant et valent; ita quidem certe, ut eorum virtute in omnibus locis, ubi Coena Domini iuxta Christi institutionem celebratur et verba ipsius usurpantur, virtute et potentia eorum verborum, quae Christus in prima Coena locutus est, corpus et sanguis Christi vere praesentia distribuantur et sumantur. Christus ipse enim (ubi ipsius institutio observatur et verba eius super pane et vino recitantur et benedictus panis et vinum benedictum distribuuntur) per verba illa recitata, virtute primae institutionis, hodie etiam verbo suo, quod repeti vult, efficax est. Hanc piam nostram sententiam Chrysostomus his verbis confirmat: Et nunc, inquit, ille praesto est Christus, qui illam ornavit mensam, ipse istam quoque consecrat. Non enim homo est, qui proposita, panem et vinum, corpus | Christi facit et sanguinem, sed ille, qui crucifixus pro nobis est, Christus. Sacerdotis ore verba proferuntur et Dei virtute consecrantur et gratia. Hoc est, ait, corpus meum; hoc verbo proposita elementa in coena consecrantur. Et sicut illa vox, quae dicit: Crescite et multiplicamini et replete terram, semel quidem dicta est, sed omni tempore sentit effectum, ad generationem operante natura, ita et vox illa (hoc est corpus meum, hic est sanguis meus) semel quidem dicta est, sed per omnes mensas Ecclesiae usque ad hodiernum diem et usque ad eius adventum praestat sacrificio firmitatem. [724] D. Lutherus de hac ipsa re ad eundum modum scribit: Haec illius iussio et institutio possunt hoc praestare et efficiunt, ut non nudum tantum panem et vinum, verum etiam corpus et sanguinem ipsius distribuamus et accipiamus. Sic enim verba ipsius habent: Hoc est corpus meum; hic est sanguis meus. Itaque non opus nostrum, non pronuntiatio nostra, sed mandatum et ordinatio Christi efficiunt, ut panis sit corpus et vinum sit sanguis Christi; idque iam inde a prima institutione Coenae usque ad finem mundi fieri solet, nostro autem ministerio haec quotidie distribuuntur. Item alibi: Sic et hic fit, etiamsi de omnibus panibus haec verba pronuntiarem: Hoc est corpus Christi, nihil tamen ea re efficeretur. At quando ad ipsius mandatum et institutionem in administratione Coenae Dominicae dicimus: Hoc est corpus meum, tum revera est ipsius corpus. Non propter nostram pronuntiationem, aut quod haec verba pronuntiata hanc habeant efficaciam, sed quia Chris-
11,24 | 1024 Im Abendmahlsstreit zwischen Luther und Zwingli betonte Luther, dass das menschliche Sprechen der Einsetzungsworte „Das ist mein Leib“ über den Abendmahlselementen nichts weiter sei als ein „thettel wort“, d. h. ein geringfügiges sprachliches Tun. Dahinter aber stehe das mächtige und wirkkräftige Verheißungswort Gottes, das „heisselwort“. Vgl. Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 285,3–24; außerdem Über D. Martin Luthers buch, Bekenntnis genannt zwei Antworten von Johannes Oekolampad und Huldrych Zwingli, in: CR 93/2, 61–65.
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De proditione Iudae Hom. 7. sive de passione. BSLK 999
Tom. 6. Ien. fol. 99.
Tom. 3. Ien. fol. 446.
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thun fgeheissen hat und sein heissen und thunf an unser sprechen gebunden hat.“1025
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Nun sollen die wort der einsetzung in der handlung des heiligen Abendmals offent|lich vor der versamlung deutlich und klar gesprochen oder gesungen und keines weges unterlassen werden, damit dem befehl Christi: „Das thut“1026 gehorsam geleistet und der Zuhörer glaub vom wesen und frucht dieses Sacraments (von der gegenwertigkeit des Leibs und Bluts Christi, von vergebung der Sünden und allen gutthaten, so uns durch Christi todt und blutvergiessen erworben und im Testament Christi geschencket sind) durch Christi wort erwecketg, gestercket und vergewisset und die Element des Brots und Weins inh diesem heiligen brauch, das uns damit Christi Leib und Blut zu essen und zu trincken gereichet werde, geheiliget oder gesegnet werden, wie Paulus spricht: „Der gesegnete Kelch, deni wir segnen“1027, welches ja nicht anders dann durch widerholung undj erzelung der wort der einsetzung geschicht.
Aber dieser segen oder die erzelung1028 der wort der einsetzung Christi, wo nicht die gantze action des Abendmals, wie die von Christo geordnet, gehalten wird (als wenn man das gesegnete Brot nicht austeilet, empfehet und geneust, sondern einschleustk, auffopffert oder umbtregt), macht allein keinl Sacrament, sondern es muss der befehl Christi: „Das thut“1029, welches die gantze action moder verrichtungm dieses Sacraments, das man in einer Christlichen zusammenkunfft Brot und Wein neme, segene, austeile, empfahe, esse, trincke und des Herrn todt dabey verkündige, zusammen fasset, unzertrennet und unverrucket1030 gehalten werden, wie uns auch S. Paulus die gantze action des Brotbrechens oder austeilens und empfahens für augen stellet, n1. Corinth. 10n 1031. [301r] Diese warhafftige Christliche Lere vom heiligen Abendmal zu erhalten und vielerley Abgöttische missbreuche und verkerung dieses Testaments zu meiden und auszutilgen, ist diese nützliche Regel und Richtschnur aus den worten der einsetzung genommen: Nihil habet rationem Sacramenti extra usum a Christo institutum, oder extra actionem divinitus institutam,1032 oDas f–f l
nicht in SSC | g erwirket SSC | h zu SSC, TB | i welchen TB | j oder TB | nicht ein SSC | m – m nicht in SSC | n – n nicht in SSC | o – o nicht in SSC
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k
danach: wol SSC
Die Angabe verweist auf den 3. Band der Jenaer Lutherausgabe = Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 285,13–18. | 1026 Lk 22,19; I Kor 11,24f | 1027 I Kor 10,16 1028 das Sprechen | 1029 Lk 22,19; I Kor 11,24f | 1030 unverändert | 1031 Vgl. I Kor 10,16f. 1032 Diese „Regel“ hatte Melanchthon schon auf dem Regensburger Religionsgespräch 1541 in der Verhandlung über das Verständnis des Abendmahls aufgestellt (vgl. AdR 3/1, 154,13–15) und sie später noch prägnanter wiederholt. Vgl. Melanchthon, Confessio Saxonica (1551): De coena Domini, in: CR 28, 418 und 422 (= MWA 6, 130,7–14 und 133,10–12); ders., Examen ordinan-
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tus nobis praecipit, ut haec verba pronuntiemus et hoc agamus, quod ipse in prima Coena fecit, et hoc modo suum mandatum et factum cum recitatione nostra coniunxit. Et quidem verba institutionis Christi in administratione Coenae Dominicae pa|lam coram Ecclesia diserte et clare recitentur aut decantentur, neque ulla ratione intermittantur; idque plurimis et gravissimis de causis. Primum quidem, ut satisfiat et pareatur Christi mandato, qui inquit: Hoc facite; non igitur omittendum est, quod Christus ipse in sacra Coena fecit. Deinde, ut auditorum fides de substantia et fructu huius Sacramenti (de praesentia corporis et sanguinis Christi et de remissione peccatorum omnibusque beneficiis, quae nobis Christi morte et sanguinis profusione parta sunt et nobis in Testamento Christi donantur) per verba Testamenti Christi excitetur, confirmetur et quam certissima reddatur. Praeterea, ut elementa panis et vini ad hunc sacrum usum (quo videlicet nobis una cum illis Christi corpus manducandum et sanguis eius bibendus exhibeatur) sanctificentur seu benedicantur, ut D. Paulus inquit: Calix [725] benedictionis, cui benedicimus etc.; haec autem benedictio non alia ratione fit quam verborum institutionis repetitione et recitatione. Haec tamen benedictio seu recitatio verborum institutionis Christi sola non efficit Sacramentum, si non tota actio Coenae, quemadmodum ea a Christo ordinata est, observetur; verbi gratia, cum benedictus panis non distribuitur, sumitur aut participatur, sed vel includitur vel sacrificatur vel circumgestatur. Mandatum enim Christi: hoc facite, quod totam actionem complectitur, totum et inviolatum observandum est. Ad huius autem Sacramenti administrationem requiritur, ut in conventu aliquo piorum hominum panis et vinum benedictione consecrentur, dispensentur, sumantur, hoc est, edantur et bibantur et mors Domini annuntietur. Ad hunc enim modum D. Paulus totam actionem, in qua panis frangitur seu distribuitur et sumitur, ob oculos nobis proponit. Accedamus iam etiam ad alterum caput, de quo paulo ante mentio est facta. Ut vera et pia doctrina de Coena Domini sincera conservaretur et multiplices Idololatrici abusus atque corruptelae huius sacrosancti Testamenti Christi vitarentur et abolerentur, utilis haec regula et norma ex verbis institutionis
dorum lateinisch (1554), in: CR 23,66; Melanchthon an Kurfürst August von Sachsen, Mitte Januar 1558 (Bericht über seine Wormser Artikel von 1557), in: CR 9, 409 (Nr. 6425 = MBW 8494); ders., Gutachten für Kurfürst August von Sachsen (über eine Synode aller Fürsten und Stände Augsburgischer Konfession) 4. März 1558, in: CR 9, 471f (Nr. 6471 = MBW 8543); ders., Gutachten für Johannes Mornberger in Breslau (31. Juli 1559), in: CR 9, 848 (Nr. 6791 = MBW 9015). Dem folgte auch der Consensus Dresdensis (1571); vgl. C&C 8, 816,22–28; vgl. auch die Aneignung dieser Gedanken bei Joachim Curaeus, Exegesis perspicua (1574), in: C&C 8, 1068,34–1069,1 (Nr. 13). Gegen diese von Melanchthon aufgestellte „Regel“, in der er sich mit Luther durchaus einig wußte, wandte sich Joachim Westphal; vgl. Melanchthon an Heinrich Buscoducensis, 22. Mai 1557, in: CR 9, 156 (Nr. 6250 = MBW 8226) und Melanchthon an Johannes Mathesius, 30. Juli 1558, in: CR 9, 189 (Nr. 6291 = MBW 8288).
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1. Cor. 10.
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ist, Wenn man die stifftung Christi nicht helt, wie ers geordnet hat, ist es kein Sacramento, Welche mit nichten zuverwerffen, sondern nützlich in der Kirchen Gottes kan und sol getrieben und erhalten werden; und heisset allhie „usus oder actio“, pdas ist „gebrauch oder handlung“p, fürnemlich nicht den glauben auch nicht allein die mündliche niessung, sondern die gantze eusserliche, sichtbare, von Christo geordente handlung des Abendmals, die consecration oder wort der einsetzung, die austeilung und empfahung oder mündliche niessung des gesegnetenq Brots und Weins, Leibs und Bluts Christi, ausser welchem gebrauch, wenn das Brot in der Papistischen Meß nicht ausgeteilet, sondern auffgeopffert oder eingeschlossen, umbgetragen und anzubeten vorgestellet1033 Istr, es für kein Sacrament zu halten, gleich als das Tauffwasser, wann es die Glocken zu weihen oder den Aussatz zu heilen gebrauchets, oder sonst anzubeten fürgestellet würde, kein Sacrament oder Tauffe ist, Dann solchen Papistischen missbreuchen diese Regel anfenglicht entgegen gesetzet und von D. Luthero selbst, Tom. 4 Jenen., erkleret ist.1034 Daneben aberu müssen wir auch dieses erinnern, das die Sacramentirer1035 diese nütze und nötige Regel hinderlistig und böslich zu verleugnung der waren, wesentlichen gegenwertigkeit und mündlichen niessung des Leibs Christi, so allhie auff Erden, beide von wirdigen und unwirdigen, zu gleich geschicht, verkeren und auff den usum fidei, | vdas ist auff denv geistlichen und innerlichen gebrauch des glaubens deuten, als were es den unwirdigen kein Sacrament und geschehe die niessung des Leibes Christi allein geistlich durch den glauben oder als machete der glaub den Leib Christi im heiligen Abendmal gegenwertig und derhalben die unwirdigen, ungleubigen heuchler den Leib Christi nicht gegenwertig empfiengen.1036 Nun macht unser glaub das Sacrament nicht, sondern allein unsers Allmechtigen Gottes und Heilandes Jesu Christi warhafftiges wort und einsetzung, welches stets krefftig ist und bleibet in der Christenheit, und durch die wirdigkeit oder unwirdigkeit des Dieners oderw der es empfehet unglauben nicht auffgehaben oder unkrefftig gemachet wird, gleich wie das Evangelium, ob es schon1037 die Gottlosen Zuhörer nicht gleuben, dennoch nichts desto weniger das ware [301v] Evangelium ist und bleibet, allein das es in den ungleubigen zur Seligkeit nicht wircket, Also die, xso dasx Sacrament empfahen, siey gleuben oder gleuben nicht, so bleibet Christus nichts desto weniger in seinen worten warhafftig, da er saget: „Nemet, esset, das ist mein Leib“1038, und wircket solches nicht durch unsern glauben, sondern durch seine Allmechtigkeit.
p–p u
nicht in SSC | q consecrirten SSC, TB | r wirt SSC | s danach: wirt SSC | t ernstlich SSC nicht in SSC | v – v oder SSC | w danach: des SSC, TB | x – x des SSC | y nicht in SSC
1033
ausgestellt | 1034 Vgl. Luther an Simon Wolferinus. 20. Juli 1543, in: WA.B 10, 348f (Nr. 3894); Luther und Bugenhagen an Simon Wolferinus, in: WA.B 10, 340f (Nr. 3888). | 1035 Vgl. o. S. 1256,
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Coenae desumta est: Nihil habet rationem Sacramenti extra usum a Christo institutum seu extra actionem divinitus institutam. Haec regula nequaquam reiicienda est; magno enim cum fructu in Ecclesia Christi retineri potest et debet. Vocabula autem „usus“ seu „actio“ in hoc negotio proprie non significant fidem nec solam manducationem, quae ore fit, sed totam externam visibilem actionem Coenae Dominicae a Christo institutam. Ad eam vero requiritur Consecratio seu verba institutionis, distributio et sumtio seu externa, quae dicitur, oralis manducatio benedicti panis et vini, item corporis et sanguinis Christi perceptio. Et cum extra hunc usum panis in Missa Pontificia non distribuitur, sed vel effertur vel includitur vel circumgestatur aut adorandus proponitur, non est ille pro [726] Sacramento agnoscendus. Quemadmodum etiam aqua Baptismi, si ad campanas baptizandas aut ad curandam lepram adhiberetur aut adoranda proponeretur, nullam haberet Sacramenti Baptismatis rationem. Huiusmodi Pontificiis abusibus haec regula initio renascentis Evangelii opposita et ab ipso D. Luthero pie declarata est. Interim tamen dissimulare non debemus, quod Sacramentarii hanc utilem et necessariam regulam vafre, subdole et malitiose ad negandam veram et substantialem praesentiam et oralem manducationem corporis Christi (quae hic in terris fit, et dignis atque indignis communis est) falsa interpretatione depra|vent. Interpretantur enim eam de spirituali usu fidei interno ac sentiunt sumtionem coenae Dominicae indignis non esse Sacramentum, et fieri communicationem corporis Christi tantummodo spiritualiter per fidem, aut fidem hoc praestare, ut corpus Christi in coena praesens sit. Inde porro colligunt indignos, infideles, hypocritas corpus Christi nec praesens habere nec accipere. Atqui fides nostra Sacramentum non efficit, sed tantum Omnipotentis Dei atque salvatoris nostri Iesu Christi certissimum verbum et institutio hoc praestant. Verbum enim Domini in Ecclesia efficax est manetque, neque vel dignitate vel indignitate ministri, neque sumentis incredulitate quicquam ei derogatur aut virtus eius enervatur. Sanctum Christi Evangelion est permanetque Evangelion, etiamsi impii quidam auditores nullam illi fidem adhibeant, in quibus etiam illud non est efficax ad salutem: idem etiam fit in sumtione Sacramenti, ut Christus in verbis suis (accipite, edite, hoc est corpus meum) verax maneat, sive communicantes in ipsum credant, sive non credant; praesentiam enim corporis et sanguinis sui non per nostram fidem, sed per omnipotentiam suam efficit.
Anm. 153. | 1036 Vgl. z. B. Joachim Curaeus, Exegesis perspicua (1574), in: C&C 8, 1047f (Nr. 13). auch wenn es | 1038 Mt 26,26; vgl. Mk 14,22; Lk 22,19; I Kor 11,24.
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BSLK 1006 | D. Luther im grossen Bekentnis vom heiligen Abendmal. 1.
2. 3.
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Derhalben esz ein schedlicher, unverschampter irthumb ist, das etzliche aus listiger verkerung dieser gewonlichen1039 Regel unserm glauben, als der allein den Leib Christi gegenwertig mache und geniesse, mehr als der Allmechtigkeit unsers Herrn und Heilands Jesu Christi zuschreiben.a
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Was dann der Sacramentirer allerley vermeinte Gründe und nichtigec Gegenargument von den wesentlichen und natürlichen eigenschafften eines menschlichend leibese, von der Himmelfart Christi, von seinem abschied aus dieser Welt und dergleichen anlanget,1040 fWeil solche allzumal gründlich und ausfürlich mit Gottes wort durch D. Luthern in seinen Streitschrifften wider die Himlischen Propheten1041, Item, Das diese wort „Das ist mein Leib“ etc. noch vehst stehen1042, desgleichen in seiner grossen und kleinen Bekentnis vom heiligen Abendmal1043 und andern seinen Schrifften widerleget und nach seinem tode nichts neues durch die Rottengeister vorgebracht, wollen wir den Christlichen Leser umb geliebter kürtze willen in dieselbigen gewiesen und uns darauff gezogen haben.
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Dann das wir uns durch keine menschliche kluge gedancken, was für ein schein1044 und ansehen sie immermehr haben mögenf b, nicht wollen, künnen, noch sollen abfüren lassen von dem einfeltigen, deutlichen und klaren verstandt1045 des worts und Testaments Christi auff frembde meinung, anders denn wie sie lauten, Sondern gehörter massen1046 einfeltig1047 verstehen und gleuben, seind unsere gründe, darauff wir in dieser sachen je und allwegen nach erregter1048 Zwispalt von diesem Artickel gestanden, diese, wieg D. Luther dieselbigen gleich anfangs wider die Sacramentirer mit nachfolgenden worten gesetzet hat: | h„Meine gründe, darauff ich stehe in solchem stück sind dieseh: Der erste Ist dieser Artickel unsers glaubens: Jesus Christus ist wesentlicher, natürlicher, warhafftiger, völligeri Gott und Mensch in einer Person, unzertrennet und ungeteilt. Der andere, Das Gottes rechte hand allenthalben istj. Der dritte, Das Gottes wort nicht falsch ist oder lügen.
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danach: ohne zweiffel SSC | a danach SSC: s. QuM II, 221,36–226,13 [Den das ... genennet wirt] | b – b TB: s. QuM II, 448,15–452,15 [Das man ... und dergleichen] | c – c Aber was alle diese spitzige, vielfeltige und scheinliche der sacramentirer SSC | d menschen SSC | e danach: und SSC f – f das wir uns dadurch SSC | g wen SSC | h – h nicht in SSC, TB | i nicht in SSC | j danach SSC: s. QuM II, 226,28–32 [und das ... sein konne]; danach TB: s. QuM II, 452,25–29 [und das ... sein konne] 1039
gewohnten | 1040 Die Gegner der realpräsentischen Abendmahlslehre hatten ihre Ablehnung mit dem Hinweis darauf begründet, dass die Menschheit Christi durch die communicatio idiomatum keineswegs mit göttlichen Eigenschaften (z. B. der Allgegenwart) versehen worden sei, sondern dass der Leib Christi durch die Himmelfahrt an einem definierten Ort, der Rechten
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Quare perniciosus error est, quem adversarii impudenter defendunt et subdola depravatione usitatae huius regulae plus fidei nostrae (quippe quae, ipsorum opinione, corpus Christi praesens nobis sistat atque participet) quam [727] omnipotentiae Domini atque salvatoris nostri Iesu Christi adscribunt. Iam quod ad Sacramentariorum varia et imaginaria fundamenta atque futiles obiectiones attinet, quas illi de essentialibus et naturalibus humani corporis proprietatibus, de ascensu Christi ad coelos et de ipsius ex hoc mundo discessu et si quae sunt his similia, adferunt: hae nugae, inquam omnes et singulae, argumentis e verbo Dei desumtis, solide, nervose et copiose a D. Luthero in Polemicis ipsius scriptis refutatae sunt. Quare pium Lectorem – brevitatis studio – ad illius scripta remittimus. In his autem principem locum habent Libellus, quem contra coelestes Prophetas (ut tum vocabantur) edidit, et aliud opusculum, cuius inscriptio est: Quod verba „hoc est corpus meum“ adhuc firma constent; item Maior ipsius et Minor post aliquot annos edita Confessio de Coena Domini et alia praeterea eiusdem de hoc negotio evulgata opuscula. Neque enim fanatici Spiritus a morte D. Lutheri ullum novum argumentum in medium attulerunt. Quod autem nullis argumentis ab hominibus argute excogitatis, utcunque rationi blandiantur, abduci nos patimur, nec pati vel volumus vel possumus vel debemus a perspicua, simplicissima et clara verborum Testamenti Christi sententia in aliam opinionem, quae ab expressis verbis Christi recedit, sed simpliciter potius ea intelligimus et credimus: haec nostra sunt fundamenta, quibus hactenus, post motam controversiam in hoc articulo, constanter nixi sumus, quae etiam D. Lutherus initio exortae huius dissensionis contra Sacramentarios se|quentibus verbis posuit: Mea fundamenta, quibus in hoc negotio nitor, hac sunt:
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D. Lutherus in Maiori sua de Coena Domini Confessione. BSLK 1006
Primum est hic articulus fidei: Iesus Christus est substantialis, naturalis, verus, perfectus Deus et homo in una persona, indivisus et inseparabilis.
I.
Secundum, quod Dextera Dei est ubique. Tertium, quod verbum Dei neque falsum est neque fallax.
II.
Gottes, bis zu seiner einstigen Wiederkunft lokalisiert sei. Zu diesem Verständnis vgl. z. B. Wittenberger Katechismus (1571), in: C&C 8, 204−209 (Nr. 2); Grundfest (1571), in: C&C 8, 420−448 (Nr. 7); Christliche Fragstück (1571), in: C&C 8, 681−698 (Nr. 8). | 1041 Luther, Wider die himmlischen Propheten, von den Bildern und Sakrament (1525), in: WA 18, 62–214. | 1042 Luther, Dass diese Wort Christi „Das ist mein Leib“ noch fest stehen (1527), in: WA 23, 64–283. | 1043 Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 261–509; ders., Kurzes Bekenntnis vom heiligen Sakrament (1544), in: WA 54, 141–167. | 1044 Erscheinung | 1045 Verständnis | 1046 wie gehört, erwähntermaßen | 1047 einfach, vertrauensvoll | 1048 aufgetretenem
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III.
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[302r] Der vierdte, Das Gott mancherley weise hat kund weisk 1049, etwa an einem ort zusein, und nicht allein die einige, lda die schwermer von gaucklenl, welche die Philosophi „Localem“ oderm Raumlich nennen.“1050 nItemo: „Christus einiger Leib hat dreierley weise oder alle drey weise, etwa1051 zusein: Erstlich, Dien begreiffliche, leibliche weise, wiep er auff Erden leiblich gienge, do er raum gab und nam nach seiner grösse. Solche weise kan er noch brauchen, wenn er wil, wie er nach der aufferstehung thete und am Jüngsten tage brauchen wird, wie Paulus sagt, 1. Timoth. 6: ,Welchen wird zeigen zu seiner zeit derselbige Gott‘1052, und Col. 3: ,Wenn Christus, euer Leben, sich offenbaren wird.‘1053 Auff solche weise ist er nichtq in Gott oder bey dem Vater, noch im Himel, wie der tolle Geist1054 treumet, dann Gott ist nicht ein leiblicher raum oder stete; und hierauff gehen die Sprüche, so die Geistler1055 füren, wie Christus die Welt verlasse und zum Vater gehe.
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Zum andern, Die unbegreiffliche, Geistlicher weise, da er keinen raum nimmet noch gibet, sondern durch alle Creatur fehret, wo er wil, wie mein Gesichte1056 (das ich grobe gleichnis gebe) durch lufft, liecht oder wasser fehret und ist und nicht raum nimmet noch gibet, wie klangs oder dohn1057 durch lufft oder wasser oder bret1058 und wand fehret und ist und aucht nicht raum nimbt noch gibet. Item, Wie liecht und hitze durch Lufftu, Wasser, Glas, Christallen und dergleichen fehret und ist und auch nicht raum gibt noch nimmet und der gleichen viel mehr. Solcher weise hat er gebraucht, da er aus verschlossenem Grabe fuhr und durch verschlossene Thür kamv und im Brot und Wein im Abendmal und, wie man gleubet, do er von seiner Mutterw geboren ward.
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Zum dritten, Die Göttliche Himlische weise, da er mit Gott eine Person ist, nach welcher freylich alle Creaturen im gar viel durchleufftiger1059 und gegenwertiger sein müssen, dann sie sind nach der andern1060 weise. xDann so er nach derselben andern weise kan also sein in und bey den Creaturen, das sie in nicht fülen, rüren1061, messen, noch begreiffen1062, wieviel mehr wird er nach dieser hohen dritten weise in allen Creaturen wünderlich1063 sein, das sie in nicht messen noch begreiffen, sondern viel mehr, das er sie für sich hat gegenwertig, misset und begreiffet. Dann du must diss wesen Christi, so1064 er
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nicht in SSC | l – l nicht in SSC, TB | m nicht in SSC | n – n nicht in SSC | o dan TB | p wan SSC davor: noch SSC | r nicht in SSC | s davor: ein TB | t nicht in SSC | u danach: und SSC | v gieng SSC | w danach: leib SSC | x – x nicht in SSC, TB q
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weiß, vermag | 1050 Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 326,29–327,20. | 1051 irgendwo | 1052 I Tim 6,15 | 1053 Kol 3,4 | 1054 Der in diesem Zitat (vgl. u. S. 1496, Anm. 1071) von Luther angesprochene Gegner war Zwingli und seine Gesinnungsgenos-
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[728] Quartum, quod Deus varios modos habet novitque, quibus aliquo in loco esse potest, neque uno illo tantum modo contentus esse cogitur, de quo fanatici homines nugantur, quem Philosophi „localem“ vocant. Et Christi unicum Corpus, inquit Lutherus, tribus modis seu triplici ratione potest alicubi esse: Primo comprehensibili et corporali ratione, quali usus est, cum in his terris corporaliter conversaretur, cum certo loco secundum quantitatem suam circumscriberetur. Hoc modo etiam hodie uti potest, quoties ipsi visum fuerit, id quod post resurrectionem suam aliquoties fecit et in novissimo die tali ratione praesentiae sese manifestabit, sicut Paulus de Christo docet, inquiens: ,Quem suis temporibus ostendet beatus et solus potens, rex regum et Dominus dominantium.‘ Et ad Coloss. ait: ,Cum Christus apparuerit, vita vestra‘, etc. Hoc modo non est in Deo aut apud Patrem aut in coelis, sicut fanaticus ille spiritus somniat. Deus enim non est corporalis locus. Et de hoc modo agitur in illis scripturae dictis, quae a fanaticis hominibus adferuntur, quod videlicet Christus mundum reliquerit et ad Patrem ierit. Deinde alio incomprehensibili et spirituali modo alicubi esse potest, ut loco non circumscribatur, sed per omnes creaturas penetret, pro liberrima sua voluntate, quemadmodum (ut crassa quadam similitudine rem utcunque adumbrem) visus meus per aërem, lumen aut aquam penetrat atque in iis rebus est neque tamen loco circumscribitur. Et quemadmodum sonus per aquam, aërem, asserem aut parietem transit et in iis rebus est neque tamen loco circumscribitur. Eodem modo etiam lux et calor per aërem, aquam, vitrum, crystallum et per similes materias penetrant et in iis rebus sunt, nec tamen loco circumscribuntur; et quidem eius rei multae comparationes adduci possent. Hoc modo usus est Christus, cum resurgens e sepulchro clauso, et obsignato prodiret et quando per ianuas clausas ad discipulos ingrederetur et sicut est in pane et vino Coe[729]nae, atque hoc modo creditur de sanctissima virgine Maria, matre sua, natus esse. Praeterea alicubi esse potest divino et coelesti modo, secundum quem cum Deo una est persona. Ea ratione creaturae longe illi praesentiores et penetratu faciliores sunt, quam iuxta secundum modum. Si enim iuxta illum secundum modum potest esse in creaturis et apud creaturas, ut tamen ipsum non sentiant, tangant, circumscribant aut comprehendant: multo profecto magis secundum hunc tertium, admirandum, sublimem modum in omnibus creaturis multoque mirabilius erit, ut ipsum non includant, circumscribant aut comprehendant, sed potius, ut ipsas praesentes habeat, circumscribat et comprehendat. Hunc enim praesentiae Christi modum, quem ex unione personali cum Deo habet, longissime extra creaturas, quam longe videlicet Deus extra creaturas est, ponere te sen. | 1055 Deutsch für: Enthusiasten bzw. Schwärmer, d. h. diejenigen, die – wie Zwingli – den geistlichen Vollzügen einen höheren Wert einräumten als dem auch leiblich erfahrbaren sakramentalen Handeln. | 1056 Blick, Sehen | 1057 Ton | 1058 Brett, Holz | 1059 durchlässiger, einfacher zu durchdringen | 1060 zweiten | 1061 berühren | 1062 greifen | 1063 in wunderbarer Weise | 1064 demgemäß
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IIII.
1. Tim. 6. Coloss. 3.
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mit Gott eine Person ist, gar weit, weit ausser1065 den Creaturen setzen, so weit als Gott draussen ist, Widerumb so tieff und nahe in allen Creaturen setzen, als Gott darinnen ist, denn er ist ein unzertrente Person mit Gott; wo Gott ist, da muß er auch sein, oder unser Glaub | ist falsch. Wer wil [302v] aber sagen oder dencken, wie solches zugehe? Wir wissen wol, das es also sey, das er in Gott ausser allen Creaturen und mit Gott eine Person ist, aber wie es zugehe, wissen wir nicht, es ist uber Natur und vernunfft, auch aller Engel im Himel, allein Gott bewust und bekant. Weil es dann uns unbekant und doch war ist, so sollen wir seine Wort nicht ehe leugnen, wir wissen dann1066 zubeweisen gewiss, das Christus Leib aller ding nicht möge sein, wo Gott ist, und das solche weise zusein falsch sey, welches die Schwermer1067 sollen beweisen, aber sie werdens lassen.x Ob nun Gott noch mehr weise habe und wisse, wiey Christus Leib etwa sey, wil ich hiemit nicht verleugnet, sondern angezeigt haben, wie grobe Hempel1068 unsere Schwermer sind, das sie Christus Leib nicht mehr dann die erste, begreiffliche1069 weise zugeben1070, wiewol sie auch dieselbigen nicht können beweisen, das sie wider unsern verstandt sey, denn ichs in keinen weg leugnen wil, das Gottes gewalt nicht solte soviel vermügen, das ein Leib zugleich an vielen orten sein müge, auch leiblicher, begreifflicher weise; denn wer wils beweisen, das Gott solches nicht vermag, wer hat seiner gewalt ein ende gesehen? Die Schwermer dencken wol also, Gott vermüge es nicht, aber wer wil iren dencken gleuben? Womit machen sie solches dencken gewiss?“1071 zBiss daherz Lutherus. aAus welchen worten Doctor Luthers auch diss klar ist, in was verstandt das wort „Geistlich“ in unsern Kirchen von diesem handel1072 gebrauchet wird. Dann dieses wort „Geistlich“ heisset den Sacramentirern anders nichts dann die Geistliche gemeinschafft, wann durch den Glauben im Geist Christo, dem Herren, die Recht gleubigen einverleibet und warhafftige Geistliche glieder seines Leibes werden.1073 Wann aber Doctor Luther oder wir diss wort „Geistlich“ in diesem handel gebrauchen, verstehen wir dardurch die Geistliche, ubernatürliche, Himlische weise, nach welcher Christus bey dem heiligen Abendmal gegenwertig, nicht allein in den gleubigen trost und leben, sondern auch in den ungleubigen das Gericht wircket, dadurch wir die Capernaitische gedancken1074 von der groben, fleischlichen gegenwertigkeit verwerffen, welche unseren Kirchen durch die Sacramentirer uber alles unser offentlich, y
wo SSC | z – z Hactenus SSC | a – a nicht in SSC, TB
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außerhalb | 1066 es sei denn (wir wissen ...) | 1067 Luther bezeichnete diejenigen als Schwärmer, die abweichende, seiner Ansicht nach nicht aus der Heiligen Schrift legitimierbare Lehren vertraten. Vgl. auch o. S. 1454, Anm. 832. | 1068 Narren | 1069 fassbare | 1070 zugestehen 1071 Luther, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), in: WA 26, 335,29–336,37 | 1072 Angelegenheit | 1073 Vgl. Confessio Helvetica prior (1536). Art. XXII, in: BSRK 1/2, 52f; Consensus Tigurinus (1549). Art. VI und IX, in: BSRK 1/2, 483f; vgl. auch CT, 129f; Confessio Helvetica
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oportet. Rursus autem tam profunde et prope eundem modum in omnes creaturas, quam profunde | et prope Deus in omnibus creaturis est, pones. Est enim una inseparabilis persona cum Deo, ubi igitur Deus est, ibi ipsum quoque esse, aut fidem nostram falsam esse oportet. Quis autem explicare aut saltem cognitationibus suis assequi poterit, quomodo hoc fiat? Scimus quidem rem revera ita se habere, quod videlicet sit in Deo extra omnes creaturas, et cum ipso una sit persona; modum autem, quo ista fiant, ignoramus. Excedit hoc mysterium naturam et rationis humanae, imo etiam Angelorum in coelis captum: soli Deo notum est. Cum igitur hoc arcanum nobis incomprehensum et tamen verissimum sit, non decet nos ipsius verbo contradicere, nisi firmis argumentis probare possimus, quod Christi corpus nequaquam ibi esse valeat, ubi Deus est, et quod hic modus praesentiae confictus sit. Hoc fanaticis illis hominibus probandum incumbit, sed nunquam id praestabunt. An vero Deus etiam plures modos habeat et norit, iuxta quos Christi corpus alicubi sit, ego haudquaquam negaverim. Hoc saltem indicare volui, quam crassi et stupidi [730] homines sint fanatici illi, qui Christi corpori non nisi unicum illum primum et comprehensibilem praesentiae modum tribuunt. Sed neque de illo modo probare poterunt, quod cum nostra sententia pugnet. Ego enim nunquam asserere velim, quod potentia Dei non efficere valeat, ut unum corpus simul in pluribus locis etiam corporali et comprehensibili modo, adesse possit. Quis enim et quibus argumentis evincet, quod hoc Deo sit impossibile? Quis potentiae ipsius finem deprehendit? Fanatici quidem id cogitant: hoc Deus praestare non potest; sed quis ipsorum cogitationibus credet, et quo argumentorum genere has cogitationes suas confirmabunt? Hactenus Lutherus. Ex his D. Lutheri verbis etiam manifestum est, in qua significatione vocabulum „Spiritualiter“ in Ecclesiis nostris quo ad hoc negotium usurpetur. Vocabulum enim „Spiritualiter“ Sacramentariis nihil aliud significat quam spiritualem illam communionem, quando nimirum per fidem in Spiritu vere credentes Christo Domino incorporantur et revera spiritualia membra corporis eius fiunt. Cum vero D. Lutherus aut nos vocabulo „Spiritualiter“ in hoc negotio utimur, intelligimus spiritualem, supernaturalem, coelestem modum, secundum quem Christus in sacra Coena praesens est, et non tantum in credentibus consolationem et vitam, verum etiam in infidelibus iudicium efficit. Et quidem per vocabulum illud „Spiritualiter“ Capernaiticas illas imaginationes de crassa et carnali praesentia excludimus et reiicimus, quae
posterior (1566). Art. XXI, in: BSRK 2/2, 329–334; Calvin, Institutio Christianae religionis (1559), IV, 17,2f, in: OS 5, 343,21–345,11 und ders. Defensio doctrinae de sacramentis (1555), in: CR 37, 30f. 33; ders., Ultima admonitio ad Westphalum (1557), in: CR 37, 159. 162f; Joachim Curaeus, Exegesis perspicua, in: C&C 8, (Nr. 13), 1041f u. ö. Vgl. Schwenckfeld, Bekandtnuß vom hailigen Sacrament deß Leybs vnd Bluts Christi (1534), in: CSch 5, 176f. | 1074 Zum „kapernaitischen“ Verständnis des Abendmahls vgl. o. S. 1482, Anm. 994.
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vielfaltig bezeugen zugemessen und auffgedrungen wird, In welchem verstandt1075 wir auch reden, das der Leib und Blut Christi im heiligen Abendmal Geistlich empfangen, gessen und getruncken werde, ob wol solche niessung mit dem munde geschicht, die weise aber Geistlich ist.1076 a [303r] Also ist unser Glaub in diesem Artickel von der waren gegenwertigkeit des Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmal auff des warhafftigenb, Allmechtigen Gottes, unsers Herren und Heylandes Jesu Christi, Warheit und Allmechtigkeit gebauet, welche gründe, unsern Glauben in | allen anfechtungen dieses Artickels halb1077 zu stercken und zu befestigen und dagegen alle der Sacramentirer cgegenwürff und einredenc, wie annemlich und scheinlich1078 sie der vernunfft immer sein mögen, umbzustossen und zuwiderlegen, starck und fest gnugd sein, darauff sich auch ein Christlich hertz sicher und fest lehnen und verlassen kan. Demnach verwerffen und verdammen wir mit hertzen und mund als falsch, irrig und verfürisch allee Irthumb, so dieser obgesetzten1079 und in Gottes Wort gegründten Leer ungemeß, zu wider und entgegen sein: Als Erstlich Die Papistische Transsubstantiation, da geleret wird, Daß das Consecrirte foder gesegnetef Brot und Wein im heiligen Abendmal sein Substantz und wesen gantz und gar verlieren und in die Substantz des Leibs und Bluts Christi verwandelt werden, also Das allein die blosse gestalt des Brots und Weins oder Accidentia sine subiecto ubrig bleiben, unter welcher gestalt desg Brots der Leib Christi, hdas doch nicht mehr Brot, sondern irem fürgeben nach sein natürlich wesen verlorenh, Auch ausserhalb der handlung des Abendmals, wenn das Brot in das Sacramentheußlein eingeschlossen oder zum Schauspiel und anzubeten umbher getragen wird, gegenwertig sey.1080 Dann nichts Sacrament sein kan ausser1081 Gottes befehl und geordentem brauch1082, dazu es in Gottes Wort eingesetzet ist, iwie droben angezeiget wordeni. Desgleichen verwerffen und verdammen wir alle andere Papistische missbreuch dieses Sacraments, als den greuel der Opffermess für die Lebendigen und Todten.1083 Item, Das den Leyen nur eine gestalt des Sacraments wider den offentlichen befehl und einsetzung Christi gereichet wird, | wie dieselbige Papistische missbreuche in unserer Kirchen gemeinen Confession und Apologia, Schmalkaldischenj Artickeln und andern der unsern Schrifften ausfürlich mitk Gottes Wort und der alten Kirchen zeugnüssen widerleget worden1084. b g
danach: und SSC, TB | c – c furwurff SSC | d gemutich SSC | e nicht in SSC | f – f nicht in SSC danach: annihillirten SSC | h – h nicht in SSC | i – i nicht in SSC | j davor: der SSC | k aus SSC
1075
Bezogen auf dieses Verständnis. | 1076 Vgl. Luther, Daß diese Wort Christi „Das ist mein Leib“ noch fest stehen (1527), in: WA 23, 179,7–15; 181,10–15; 183,5–8; 189,8–22. | 1077 halber, wegen 1078 einleuchtend | 1079 oben entfalteten | 1080 Vgl. Konzil von Trient: Dekret über das Sakrament der Eucharistie vom 11. Oktober 1551, bes. Kap. 4−6, in: DH 1642−1645. | 1081 außerhalb von 1082 Gebrauch | 1083 Vgl. Konzil von Trient: Lehre und Kanones über das Meßopfer vom 17.
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Ecclesiis nostris per Sacramentarios post tot publicas nostras protestationes affingitur. Et in ea sententia intelligi volumus vocabulum „Spiritualiter“, cum dicimus corpus et sanguinem Christi in sacra Coena spiritualiter accipi, edi et bibi. Tametsi enim participatio illa ore fiat, tamen modus spiritualis est. Fides igitur nostra in hoc articulo de vera praesentia corporis et sanguinis Christi in sacra Coena super veri et omnipotentis Dei, Domini et Salvatoris nostri Iesu Christi veritatem et omnipotentiam est fundata et [731] extructa. Haec fundamenta ita solida atque | immota sunt, ut et fidem nostram in omnibus tentationibus, quae de hoc articulo incidere possunt, confirmare et stabilire et omnes Sacramentariorum obiectiones et argutias, utcunque speciosae sint et humanae rationi plurimum blandiantur, refutare et evertere et piis animis per omnia sufficere et praesentissimam consolationem et fiduciam afferre possint. Quare reiicimus et damnamus corde et ore utpote fallaces et fraude plenos omnes errores, qui recitatae iam sanae doctrinae et in sacris literis fundatae adversantur et repugnant: Pontificiam Transsubstantiationem, cum docetur, quod panis et vinum, si consecrata seu benedicta fuerint, in sacrosancta Coena substantiam et essentiam suam penitus amittant et in substantiam corporis et sanguinis Christi convertantur, ita quidem, ut sola externa species panis et vini sive accidentia sine subiecto reliqua maneant. Et quod fingunt corpus Christi sub specie panis (qui tamen panis ipsorum opinione iam non amplius est panis, sed naturalem suam essentiam amisit) revera praesens esse etiam extra actionem Coenae Dominicae, cum videlicet panis in sacrario inclusus adservatur aut in solenni et theatrica pompa adorandus ostentatur et circumgestatur. Nihil enim rationem Sacramenti habere potest extra mandatum Dei et usum a Christo institutum, ut supra monuimus.
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I.
Repudiamus et damnamus etiam omnes alios Pontificios abusus huius Sacramenti, inprimis vero abominationem sacrificii Missae pro vivis et defunctis.
II.
Quod Laicis, ut vocant, una tantum Sacramenti species sive pars (et quidem contra expressum mandatum et | claram institutionem Christi) porrigitur. Et sane hi aliique plurimi Pontificii abusus in Ecclesiis nostris, in communi illa Confessione et Apologia, in Smalcaldicis articulis et aliis nostrorum scriptis solide verbo Dei et eruditae atque piae antiquitatis testimoniis refutati et reiecti sunt.
III.
September 1562, bes. Kap. 1−3, in: DH 1739−1744. | 1084 Vgl. Konzil von Trient: Dekret über die Bitte um Gewährung des Kelches vom 17. September 1562, in: DH 1760; vgl. CA XXII, o. S. 132–135; AC XXII, o. S. 580–587; ASm III, o. S. 766,24–768,14; Martin Luther, De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), in: WA 6, 498,9–526,33.
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Dieweil aber in dieser Schrifft wir fürnemlich allein von der waren gegenwertigkeit des Leibs und Bluts Christi wider die Sacramentirer, deren etliche sich unter der Augspurgischen Confeßion [303v] namen in diese Kirchen unverschampt eindringen,1085 unser bekentnis und erklerung zuthun vorgenomen, So wollen wir auch der Sacramentirer Irthumb vornemlich allhie setzen und erzelen, damit unsere Zuhörer, das sie sich dafür hüten und fürsehen können, zuverwarnen. Demnach verwerffen und verdammen wir mit mund und hertzen als falsch, irrig und verfürisch alle Sacramentirische Opiniones und Leren, so dieser obgesetzten und in Gottes Wort gegründeten Lere ungemes, zuwider und entgegen seind: Als wann lsie vorgeben, dasl die wort der einsetzung nicht einfeltig in irerm eigentlichen bedeutungn, wie sie lauten, von der waren, wesentlichen gegenwertigkeit des | Leibs und Bluts Christi im Abendmal verstanden, sondern durch Tropos oder figürliche deutung auff einen andern, neuen, frembden verstand gezogen werden solleno,1086 Wie wir hiemit alle solchep Sacramentirische Opiniones qund inen selbst widerwertige meinungenq, wie vielfeltig und mancherley dieselbigen auchr sein, verwerffen. Item, Dass die mündliche niessung des Leibs und Bluts Christi im Abendmal geleugnet und dagegen geleret wird, das der Leib Christi im Abendmal alleine Geistlich durch den Glauben genossen werde, Also das unser mund im Abendmal nur allein Brot und Wein empfahe.1087 Gleichsfals auch, da geleret wird, Dast Brot und Wein im Abendmal nicht mehr sein sollenu als kennzeichen, dadurch die Christen untereinander zu erkennen. Oder, das sie nur bedeutungen, gleichnis und anbildunge1088 des weit abwesenden Leibes Christi seien, dergestalt, das gleich wie Brot und Wein unsers Leibes eusserliche Speise ist, also sey auch der abwesende Leib Christi mit seinem verdienst unserer Seelen geistliche Speise.1089 Oder, Das siev nicht mehr alsw warzeichenx, gedenckzeichen des abwesenden Leibs Christi sein, durch welche Zeichen, als durch ein eusserlichs pfand,1090 wir versichert werden solten, das der Glaube, der sich vom Abendmal abwendet und uber alle Himel steiget, droben ja so warhafftig des Leibs und Bluts Christi teilhafftig werde, also war wir im Abendmal mit dem munde die eusserlichen Zeichen empfangen, und das also die versicherung und bekrefftigung unsers Glaubens im Abendmal geschehe allein durch die eusserlichen l – l nicht in SSC | m ihrem SSC | n verstande SSC | o nicht in SSC | p nicht in SSC | q – q nicht in SSC | r nicht in SSC | s wo SSC | t danach: das SSC | u nicht in SSC | v es SSC | w dan SSC x danach: oder SSC, TB 1085
Vgl. o. S. 1454f, Anm. 836. Die überwiegende Zahl der Verwerfungen bezieht sich dementsprechend auf jene Schriften, die die Debatte um die Wittenberger Abendmahlslehre und Christologie in den Jahren 1570−1574 bestimmten und in die Nähe calvinistischer Lehrmeinungen geraten waren; vgl. hierzu C&C 8. | 1086 Vgl. Zwingli, Subsidium sive coronis de eucharistia
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[732] Cum autem in hoc scripto praecipue confessionem et declarationem nostram de vera praesentia corporis et sanguinis Christi contra Sacramentarios (quorum aliqui sub Augustanae Confessionis titulo in Ecclesias nostras sine fronte sese ingerunt) proponere voluerimus, eam ob causam Sacramentariorum errores praecipue hoc loco recitare et commemorare visum est eo fine, ut auditores nostri eos agnoscere et cavere possint. Reiicimus igitur