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German Pages 393 [396] Year 2004
KENJI TSUTSUI DIE A U S E I N A N D E R S E T Z U N G MIT DEN M A R K I O N I T E N IM ADAM Α Ν Τ Ι OS-DI A L O G
w DE
G
PATRISTISCHE TEXTE UND STUDIEN IM AUFTRAG DER PATRISTISCHEN KOMMISSION DER AKADEMIEN DER WISSENSCHAFTEN IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
HERAUSGEGEBEN VON H. C. B R E N N E C K E UND E. MÜHLENBERG
BAND 55
WALTER D E GRUYTER · BERLIN · NEW YORK
DIE AUSEINANDERSETZUNG MIT D E N M A R K I O N I T E N IM A D A M A N T I O S - D I A L O G
EIN KOMMENTAR ZU D E N BÜCHERN I — II VON
KENJI TSUTSUI
WALTER D E GRUYTER · BERLIN · NEW YORK
© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 3-11-017092-2 Bibliografische Information Der Deutschen
Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © Copyright 2004 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich 15 (Philologie III) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 2000 als Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) angenommen. Sie wurde durch die wissenschaftliche sowie persönliche Unterstützung von vielen Betreuerinnen und Betreuern an der Universität Mainz und an anderen Orten ermöglicht, allen voran von Univ.-Prof. Dr. Antonie Wlosok und Univ.-Prof. Dr. Gerhard May. Dr. Katharina Greschat und Dr. Daniel Wanke haben außerdem die mühevolle Arbeit übernommen, mein Manuskript durchzulesen und es sprachlich zu korrigieren. An dieser Stelle möchte ich ihnen allen danken, wobei ich selbstverständlich für sämtliche Mängel meiner Arbeit die volle Verantwortung übernehme. Für die finanziellen Rahmenbedingungen meines Studiums in Deutschland haben das viermalige Jahresstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes und anschließend die halbjährige Promotionsförderung des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau aus dem Martin-Niemöller-Stipendienfonds gesorgt. Schließlich habe ich besonders den Herausgebern der „Patristischen Texte und Studien", den Herren Univ.-Professoren Dr. Hanns Christof Brennecke und Dr. Ekkehard Mühlenberg, für die Aufnahme meiner Arbeit in ihre angesehene Reihe zu danken. Tokyo-Komaba, den 31. März 2004
Kenji Tsutsui
Inhaltsverzeichnis Vorwort Vorbemerkung Abkürzungen
V XI XII
I. Einleitung
1
1. Forschungsgeschichte 1.1. Vorbemerkung
1 1
1.2. C. P. CASPARI
2
1.3. THEODOR ZAHN
3
1.3.1. Zum Text 1.3.2: Zur Quellenfrage 1 . 4 . W . H . VAN DE SANDE BAKHUYZEN
3 5 8
1.5. PAUL KOETSCHAU
10
1.6. A D O L F VON HARNACK
10
1.7. O . B A R D E N H E W E R J . QUASTEN u . a
13
1.8. VINZENZ BUCHHEIT
1.8.1. Zum Text 1.8.2. Zur Quellenfrage
14
14 16
1 . 9 . MANFRED HOFFMANN u n d BERND REINER V O S S
16
1 . 1 0 . JOHN J . CLABEAUX u n d ULRICH SCHMID
19
1.11. Zusammenfassung
21
2. Zum Text 2.1. Uberlieferungsstand 2.2. Probleme 2.2.1. Codex Venetus Marcianus gr. 496 (coli. 843) (Codex Β) 2.2.2. Übersetzung des Rufinus 2.3. Blattverschiebung und Verlust des griechischen Textes 2.3.1. Blattverschiebung 2.3.2. Wiederherstellung der Nahtstellen 2.3.3. Verlust des griechischen Textes im Schlußteil des Dialogs 2.4. Lesarten des Codex Venetus (Β)
22 22 23 23 26 27 27 29 34 35
Vili
Inhaltsverzeichnis
3. V e r w e n d u n g des Methodios
44
3.1. A u f g a b e u n d Ziel
44
3.2. Forschungsgeschichte (Abhängigkeitsverhältnisse)
44
3.3. Parallelstellen u n d Untersuchungen
49
3.3.1. V o r b e m e r k u n g
49
3.3.2.1. Beschreibung
50
3.3.2.2. Versetzungen
52
3.3.2.3. A n d e r e Umgestaltungen
54
3.3.2.4. Z u s a m m e n f a s s u n g
55
3.3.3. V e r w e n d u n g v o n De resurrectione
57
3.3.3.1. Beschreibung
57
3.3.3.2. Analyse
61
3.4. Z u s a m m e n f a s s u n g
65
4. Inhaltsübersicht u n d Strukturanalyse
66
4.1. Inhaltsübersicht
66
4.2. Strukturanalyse
70
4.2.1. A u f b a u des Dialogs
71
4.2.1.1. Quantitative Z u s a m m e n s e t z u n g
71
4.2.1.2. Inhaltliche Z u s a m m e n s e t z u n g der Dialogteile
72
4.2.1.3. Grundlegendes Argumentationsmuster
73
4.2.1.4. E n t s p r e c h u n g e n zwischen den R a h m e n r e d e n 4.2.2. Z u s a m m e n f a s s u n g
74 76
5. D i e Quellen der Bücher I II
78
5.1. V o r b e m e r k u n g
78
5.2. Existenz einer Quellenschrift
79
5.3. Zahl der Quellenschrift(en)
81
5.4. Eigenart der Quellenschrift und Entstehungsverhältnisse des Adamantiosdialogs 5.5. D e r Adamantiosdialog als Quelle für die M a r k i o n f o r s c h u n g 6. Kirchen- u n d literaturgeschichtliche A u s w e r t u n g
86 91 95
6.1. D e r Adamantiosdialog als antihäretische Streitschrift
95
6.2. D e r Adamantiosdialog als Dialog
97
6.3. D i e H e r k u n f t der Schiedsrichtergestalt
100
6.4. D i e F u n k t i o n des Schiedsrichters
102
6.5. Z u s a m m e n f a s s u n g
105
6.6. Abfassungszeit und -ort
105
Inhaltsverzeichnis
IX
6.6.1. Abfassungszeit
105
6.6.2. Abfassungsort
109
II. Kommentar 1. Buch (2,1-60,11 BAKHUYZEN)
111 111
Exkurs: Die Bezeichnung für Jesus Christus im Adamantiosdialog Herkunft der „Bekenntnisformel" des Adamantios Die „Antithesen" Die yEVEOlÇ-Kritik der Markioniten nach Clemens von Alexandrien 2. Buch (60,12-114,19 BAKHUYZEN) III. Anhang
115 120 148 156 215 295
1. Lesetext
295
2. Zur Verwendung von Methodios, De autexusio
346
IV. Literaturverzeichnis
359
V. Register Autorenregister Stellenregister
371 371 374
Vorbemerkung
Der Verweis auf Textstellen des Adamantiosdialogs erfolgt nach der Seite und Zeile der Ausgabe B A K H U Y Z E N S (GCS 4) und nicht nach dem an die vorliegende Arbeit angefügten Lesetext. Dieser erhebt nicht den Anspruch, B A K H U Y Z E N S Ausgabe zu ersetzen, denn er enthält nicht den ganzen Dialog, sondern nur dessen erste Hälfte. Darüber hinaus habe ich lediglich die für das Verständnis des Werkes entscheidend wichtige Schlußrede des Eutropios (236,9ff. B A K H U Y ZEN) revidiert und abgedruckt. Beim Zitieren von lateinischen und griechischen Texten nehme ich um der Einheitlichkeit willen minimale Änderungen vor, die jedoch ausschließlich die Rechtschreibung betreffen, z.B. wird in lateinischen Texten zwischen „u" und „v" konsequent unterschieden. Als Anführungszeichen wird das Zeichen »...« verwendet. Zur Hervorhebung bestimmter Wörter in lateinischen bzw. griechischen Zitaten verwende ich eine Unterstreichung ( ), ohne jeweils anzumerken, daß sie von mir stammt. Bei der deutschen Wiedergabe von Bibeltexten folge ich, bei Bedarf mutatis mutandis, der deutschen „Einheitsübersetzung" (Stuttgart 1980); ebenso im Hinblick auf die Abkürzungen der einzelnen biblischen Bücher. Im Kommentar bedeutet die Angabe B(!) — bzw. B*(!) oder Bco"(!) —, daß die jeweilige Lesart der Handschrift Β (bzw. B* oder Bcorr) auf den neuen Ergebnissen meiner Arbeit beruht, durch die die Angaben BAKHUYZENs berichtigt werden müssen (dazu s.u. die Einl. 2.2.1.; in der Auflistung der B-Lesarten in d. Einl. 2.4. werden diese Abweichungen durch einen Asteriskus markiert).
Abkürzungen (s. auch die Angaben im Literaturverzeichnis)
AKG BT CCSL
Arbeiten zur Kirchengeschichte Bibliotheca Teubneriana Corpus Christianorum, Series Latina
CCSG
Corpus Christianorum, Series Graeca
CPG CSEL EKK GCS JbAC JThS LThK PG PL PO PTS RAC
Clavis Patrum Graecorum Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament Die griechischen christlichen Schriftsteller Jahrbuch für Antike und Christentum Journal of Theological Studies Lexikon für Theologie und Kirche Patrologia Graeca (Migne) Patrologia Latina (Migne) Patrologia Orientalis Patristische Texte und Studien Reallexikon für Antike und Christentum
RE
Pauly-Wissowa, Real-Encyclopädie der klassischen Altertumswissenschaft
SC StPatr ThLZ TRE
Sources chrétiennes Studia Patristica Theologische Literaturzeitung Theologische Realenzyklopädie
TU
Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur
VC ZKG ZNW ZThK
Vigiliae Christianae Zeitschrift für Kirchengeschichte Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft Zeitschrift für Theologie und Kirche
Β
codex Venetus gr. 496.
B*: manus prima, Bcorr: manus secunda.
BAKH
BAKHUYZEN, G C S 4 (1901).
KOE
KOETSCHAU, T h L Z 17 (1901) 474-480.
Ruf
Übersetzung des Rufinus nach der Ausgabe BuCHHEITs (1966).
W
WETTSTEIN (ed. princ. 1674).
I. Einleitung
1. Forschungsgeschichte 1.1. V o r b e m e r k u n g Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Adamantiosdialog, der in griechischer Sprache zuerst 1674 von WETTSTEIN1 herausgegeben wurde, beginnt erst am Ende des 19. Jahrhunderts. Die philologische Frage nach der ursprünglichen Gestalt des Textes stellte sich durch die lateinische Übersetzung des Rufinus, die C. P. CASPARI entdeckt und veröffentlicht (1883) hatte, noch einmal neu. Die kirchen- bzw. theologiegeschichtliche Beschäftigung mit dem Dialog ist ihrerseits mit der modernen Markionforschung untrennbar verbunden, die bekanntlich von THEODOR ZAHN begonnen und bis heute maßgeblich von ADOLF VON HARNACK bestimmt wurde. Daher erscheint es mir berechtigt, auf die Forschungsgeschichte vor CASPARI2 nicht näher einzugehen. Nur die wichtigsten vor ihm gewonnenen Erkenntnisse seien hier genannt: Der Verfasser des Dialogs ist nicht Orígenes (nach WETTSTEIN3 zuerst von ANDREAS RLVETUS [1572-1651] erkannt), und für Buch IV und V bildeten zwei Dialoge des Methodios von Olympos {De autexusio und De resurrectione) die Vorlage4. Im Folgenden werden insbesondere die Fragen nach dem Text (u.a. die Bewertung der Version des Rufinus) und nach den Quellen (u.a. die Beurteilung des Quellenwertes des Dialogs für die Markionforschung) ausführlich besprochen. Spezielle Probleme werden im betreffenden Kapitel der Einleitung bzw. im Kommentar zur betreffenden Stelle behandelt.
' Bzw. „Wetstein", wie ZAHN u.a. schreiben. Näheres in der Einleitung BAKHUYZENS.
2 3
S. B A K H H U Y Z E N
XIII.
Das bezweifelte jedoch T. D. BARNES. Dazu und Näheres über die A r t und Weise der Benutzung s. unten Kap. 3.
4
2
Einleitung
1 . 2 . C. P. CASPARI
der die Grundlage für die spätere Forschungsentwicklung gelegt hat5, weist im „Einleitenden Vorwort" seiner Ausgabe (III-V) darauf hin, daß die von ihm vorgelegte lateinische Version des Dialogs „eine sehr große Bedeutung in Anspruch nehmen" werde (IV). Dafür nennt er zwei Gründe. Erstens: „Es geht aus ihr hervor, daß unser gegenwärtiger griechischer Text in Unordnung geraten ist, indem sich in ihm eine große Partie des zweiten Dialogs mit dem Marcioniten Marcus, in den fünften, den letzten mit dem Bardesaniten Marinus, hineinverirrt hat" (ebd.). Diese Blätterverschiebung, die die Rufinsche Version im Gegensatz zu allen erhaltenen griechischen Handschriften (noch) nicht kennt, wird unten in 2.3. ausführlich besprochen werden. Hier sei nur darauf hingewiesen, daß der bessere Uberlieferungszustand der damals gerade entdeckten Version verständlicherweise auch in Einzelheiten eine bessere Textqualität zu versprechen schien. Einen zweiten Grund, der nach CASPARI „noch viel wichtiger" (IV) ist, formuliert er selbst wie folgt: „Wir ersehen aus Rufins Ubersetzung, dass uns die Dialoge nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt vorliegen, weder in unserem jetzigen griechischen Text, noch in ihr selber, indem sie sowohl in dem ersteren, als auch in Rufins Vorlage Zusätze erhalten und Veränderungen erlitten haben, die meisten und stärksten in jenem" (TV). Dafür nennt er folgende Beispiele: Das erste betrifft den Begriff ομοούσιο?: Er kommt einmal in beiden Fassungen vor (... ττεττίστευκα καί τον εξ αυτού θεον λόγον ομοούσιου 4,12 Β Α Κ Η . / ... credo, et verbum eius consubstantivum ei 5,15 B A K H . = 3,2 BUCHH.), und zweimal nur in der griechischen Version (έυ α γ ί α καί όμοουσίω [ - α fehlerhaft Β Α Κ Η . ] τριάδι 240,6 Β Α Κ Η ; ομοούσιο? γ α ρ και α χ ώ ριστο? ή μακαρία τριά? 240,11 ΒΑΚΗ.). Ihn sollte man als „einen sehr alten nachnicaenischen Zusatz ansehen" (zu S. IV gehörende Anm. 3, gedruckt S. VI)6. Einen zweiten, nur die Vorlage des Rufinus betreffenden Zusatz sieht CASPARI in der Bezeichnung des Megethios als manichaeus und des Markos als Marcionis schismaticus ut sunt Manichaei (5,7.10.20; 7,18; 61,14 BAKH. = 2,30.33; 3,7; 4,3; 27,26 BUCHH). Zudem sei die im griechischen Text fehlende Ergänzung zu Adamantios Orígenes qui et (237,17 Β Α Κ Η . = 99,20 BUCHH.) ebenfalls sekundär. Trotz dieser Einschränkungen bleibt seine Einschätzung jedoch bestehen, daß „die meisten und stärksten" Zusätze und Veränderungen im griechischen Text CASPARI,
5 C a s p a r i , C. P., Kirchengeschichtliche Anecdota, Bd. 1., Christiania 1883, III-VI („Einleitendes Vorwort" mit Anmerkungen); 1 - 1 2 9 (Textausgabe).
Dabei bemerkt CASPARI (S. VI, Anm. 3), man dürfe sich hier nicht auf den Gebrauch des Begriffs schon in der Mitte des dritten Jahrhunderts in Ägypten berufen, weil unsere Schrift nicht aus Ägypten, sondern aus Syrien stamme. 6
1. Forschungsgeschichte
3
vorliegen. Aufgrund des Abschnittes über die Christenverfolgungen (1,21 = 40,12-42,2 BAKH.)7, dessen ursprünglichen Inhalt er nun ohne weiteres in der Rufinschen Version erhalten sieht (vgl. S. IV, Anm. 3), vermutet er, daß „die Schrift in ihrer ursprünglichen Gestalt noch der Verfolgungs- und Märtyrerzeit angehören dürfte" (IV). Diese Ansätze, die CASPARI im Rahmen des Vorwortes zu seiner Ausgabe mehrerer unterschiedlicher Texte nur knapp darlegen konnte, wurden von THEODOR ZAHN vertieft.
1 . 3 . THEODOR ZAHN
1.3.1. Zum Text In einem 1888 veröffentlichten Aufsatz 8 erkannte THEODOR ZAHN den Vorrang der lateinischen Version an und versuchte, das noch konsequenter zur Geltung zu bringen als CASPARI9. Zuerst stellt er fest, daß die einzige Handschrift der Rufinschen Version „recht gut erhalten" sei (194), und darüber hinaus, daß sich „Rufin als Ubersetzer auch hier wieder besser als sein R u f zeige (195)10. Daher dürfe man prinzipiell voraussetzen, „daß Rufin's Übersetzung dem ihm vorliegenden Original entsprach" (196). Anschließend versucht ZAHN in einem langen Abschnitt mit dem Titel „das Original des Rufinus und der vulgäre Text" (196-221) das Verhältnis zwischen den beiden Fassungen zu bestimmen, wobei er von der von CASPARI festgestellten Blattversetzung ausgeht. Er macht darauf aufmerksam, daß jemand, der den Dialog im entstellten Zustand vorgefunden hatte, den Text doch noch zu retten versucht hat. Die auffälligsten Abweichungen des griechischen Texts vom lateinischen, die sich im Schlußteil des Dialogs befinden, hingen mit der Blattversetzung zusammen". Die Schlußrede von Eutropios in der griechischen Der griechische Text läßt die Christenverfolgungen der Vergangenheit angehören, nach dem lateinischen sind sie noch Ereignisse der Gegenwart. Näheres zu diesem Problem s.u. 1.8.1. 8 Die Dialoge des „Adamantius" mit den Gnostikern, ZKG 9 (1888) 193-239. 9 Zu seiner Arbeit am Adamantiosdialog s. auch SWARAT, U, Alte Kirche und Neues Testament. Theodor Zahn als Patristiker, Wuppertal/Zürich 1991, bes. 262f. 10 Dabei weist er darauf hin, daß Rufinus mit unserem Dialog nicht die theologischen Probleme gehabt hat wie etwa bei der Obersetzung des Orígenes. 11 Es geht u.a. um 228,1-4 BAKH.: ΜΕΓΕΘΙΟΣ. Έν τ ώ ήμετέρω άττοστολικω ούχ ο ύ τ ω λέγε ι. ΑΔΑΜΑΝΤΙΟΣ. Ά λ λ α ΜΕΓΕΘΙΟΣ. Ού λέγει- Ó 8EOS δίδωσιν α ύ τ ω σώμα κ α θ ώ ΐ ήθέλησευ, αλλ' ό 0sbç δίδωσιν α ύ τ ω πνεύμα καθώ$ ήθέλησευ (hier soll man im übrigen jeweils nicht ΜΑΡΙΝΟΣ [so BAKHUYZEN], sondern mit Β ΜΕΓΕΘΙΟΣ lesen [so auch ZAHN]; die Angabe in BAKHUYZENS Apparatus ist nicht korrekt). Der ganze Wortwechsel fehlt bei Rufinus. 7
4
Einleitung
Fassung sei femer „grundverschieden von derjenigen, welche Rufin übersetzt hat; und hier vor allem zeigt sich, daß der vulgäre Text das Werk einer systematischen
Umarbeitung,
eines
anderen
theologischen
Geistes
und
einer
vorgerückten kirchlichen Zeidage ist" (202). ZAHN begründet das mit weiteren Beobachtungen:
die unterschiedliche
Charakterisierung
des
Schiedsrichters
(202£), die in der Schlußrede vorausgesetzte zeitliche Situation (204) 12 , und schließlich der Abschnitt über die Christenverfolgungen (205f£), den bereits CASPARI ausführlich besprochen hat. Sein Fazit lautet im Hinblick auf den griechischen Text des Adamantiosdialogs: „Also zwischen 330 und 337 1 3 ist die von Rufin in viel ursprünglicherer Gestalt vorgefundene Schrift einer weitreichenden und gegen den Schluß zu immer durchgreifenderen Umarbeitung unterzogen worden" (207). Andererseits gehen die „Zusätze und Veränderungen", die nach CASPAR! auch in der Vorlage des Rufinus zu finden sind, nach ZAHNS Auffassung eher auf das Original zurück. Die drei von CASPARI genannten Beispiele hält ZAHN für nicht überzeugend. Das Vorkommen des Begriffs ομοούσιο? in den beiden Fassungen müsse nicht unbedingt als späterer Zusatz angesehen werden, denn er sei schon bei den Kirchenvätern in und vor dem ersten Viertel des vierten Jahrhunderts belegt' 4 . Die Annahme, daß die Identifizierung des Wortführers Adamantios mit Orígenes auf das Konto des Rufinus geht, hält ZAHN zwar theoretisch
für möglich
(vgl. 209), aber „wahrscheinlich
ist das
keines-
wegs" (210). So „... bleibt es überwiegend wahrscheinlich, ... daß dieser (sc. der Verfasser des Dialogs) selbst am Schluß, wo das Verdienst des Hauptredners hervorgehoben wird, dem Sieger im Streit den vollen Namen Orígenes qui et Ada-
G e h t m a n v o m ursprünglichen (lateinisch erhaltenen) K o n t e x t aus, ist es schwer verständlich, warum hier Megethios plötzlich das W o r t ergreifen sollte. N a c h ZAHN erklärt sich diese Interpolation dadurch, daß sich dem entstellten T e x t zufolge kurz nach dieser Stelle der andere Markionit M a r k o s in die Disputation einmischt (201). Aus diesem E i n s c h u b g e h t nach ZAHN außerdem hervor, daß der Interpolator einen markionitischen T e x t von I K o r 1 5 , 3 8 kannte (200). 12
S c h o n CASPARI hat darauf hingewiesen, freilich o h n e darauf einzugehen (IV, A n m . 2). ZAHN
formuliert: „ D a s Blatt hat sich gewandt; was der Verfasser w ü n s c h t e und hoffte, hat der Interpolator mit Augen g e s e h e n " (204); vgl. auch 237f. 13
Vgl. 2 0 6 £ : „ D i e christenfeindlichen Kaiser werden nicht nur überhaupt der Vergangenheit
zugewiesen, s o n d e r n als die K a i s e r vor dem jetzt regierenden, als die Vorgänger K o n s t a n t i a s bezeichnet. Andererseits hat der Interpolator das nicänische K o n z i l , den Übergang K o n s t a n t i a s zu entschieden christlichen Regierungsmaßregeln, seine A n f ä n g e im B a u christlicher K i r c h e n und in Unterdrückung des G ö t z e n d i e n s t e s bereits hinter sich." 14
G e n a n n t sind C l e m e n s von Alexandrien und Orígenes bei Pamphilos (208f.). A u ß e r d e m
b e m e r k t er zur Zurückhaltung
CASPARIs (S.O. A n m .
6), daß, „auch
die Sicherheit
dieser
O r t s b e s t i m m u n g vorausgesetzt, schwerlich zu b e s t i m m e n ist, wie weit um 3 1 0 jener Sprachgebrauch der alexandrinischen Schule sich verbreitet h a t t e " (208).
1. Forschungsgeschichte
5
mantius gegeben hat" (212f.) 15 . Schließlich seien auch die Stellen, an denen von „Manichäern" gesprochen wird, im ersten Viertel des vierten Jahrhunderts überhaupt nicht befremdlich, weil Eusebios um 325 die Ausbreitung des Manichäismus bezeuge 16 . Deshalb empfehle es sich, diesen „Schimpfname(n)" 17 für ursprünglich zu halten; der Interpolator v o n 330 bis 337 hätte ihn dann wegen seiner „Zwecklosigkeit und Mißverständlichkeit" gestrichen (214). Als Entstehungszeit des Originals nimmt er den Zeitraum nach 310 18 , oder jedenfalls nach 300 19 bis 313 an, und als Entstehungsort hält er „das westliche, vorwiegend griechische Syrien, Antiochien und Umgegend" für wahrscheinlich (238). ZAHN
hat später in seinem großen Werk über die Kanongeschichte den
Adamantiosdialog hauptsächlich als Quelle für die markionitische Bibel besprochen 20 . Was den Text und die Textgeschichte angeht, hielt er an den Ergebnissen seiner bis heute ausführlichsten 21 Untersuchung zum Adamantiosdialog fest. 1.3.2. Zur Quellenfrage Zu den Quellen, die der Verfasser des Adamantiosdialogs benutzt hat, äußert sich
ZAHN
zuerst in seinem Aufsatz 22 im Hinblick auf die Benutzung der
Methodios-Dialoge: „Wohl aber ist die Annahme berechtigt, daß ein Schriftsteller, welcher in diesem einen Fall bei Aneignung fremden Stoffes so geringes
15 D a ß der „Interpolator" das unterdrückt habe, sagt ZAHN dabei nicht ausdrücklich. Das Fehlen des entsprechenden Ausdrucks im griechischen Text sieht er wahrscheinlich nicht als Unterdrückung an, denn er äußert sich zu dieser Stelle: „... welche in der völlig abweichenden griechischen Rezension der Schlußrede keine Parallele hat" (210, Hervorhebung von mir). Aber vgl.
BAKHUYZEN X V I I I . 1(i
H. e. 7,31.
17
ZAHN n i m m t zwar keine persönliche Beziehung von Megethios und Markos zum Manichäismus an, doch weist er auf einen möglichen theologiegeschichtlichen Z u s a m m e n h a n g zwischen der in unserem Dialog von Markos vertretenen Zweiprinzipienlehre und d e m manichäischen Dualismus hin (vgl. 215-221); dazu s. auch unten 5.4. 18 „Die Art, in welcher es hier (sc. in der Schlußrede) für das Angemessene erklärt wird, daß alle Fürsten und Könige dem G o t t der Christen gehorsam werden, und die Begründung dieser Forderung durch den Satz, daß der Kultus der wahren Religion ein gemeinsames G u t aller Sterblichen sei, paßt trefflich zu der durch das Toleranzedikt des Galerius von 311 geschaffenen und durch das Mailänder Edikt von 313 besiegelten Lage der Dinge" (237f). " D e r terminus ante quem der Abfassung der beiden Dialoge des Methodios (nach ZAHNS Auffassung), die in unserem Dialog teilweise benutzt sind. 20 Geschichte des neutestamentlichen Kanons, 2,2,1, 1892, 419-426. 21 Abgesehen von den grundsätzlich nur den Text betreffenden Untersuchungen (BAKHUYZEN
u n d BUCHHEIT). 22
ZAHN, Dialoge.
6
Einleitung
Bedürfnis nach selbständiger Gestaltung desselben zeigt, auch anderwärts ältere antignostische Schriftsteller benutzt und, sofern wir diese noch besitzen, uns die Wiederauffindung seiner Quellen leicht gemacht haben werde" (229). Er weist sodann u.a. auf die Parallelen zwischen Irenäus, dem Adamantiosdialog und Tertullianus hin23. Daraus schließt er (230-233): Erstens stehe fest, daß zwischen Irenäus und dem Adamantiosdialog ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Zweitens könne es wegen der unterschiedlichen Interpretation von „Mamona" kein direktes sein. Es sei schon aus sprachlichen Gründen ausgeschlossen, daß der Verfasser des Adamantiosdialogs Tertullianus benutzt habe. Den dreien liege also eher eine gemeinsame Quelle zugrunde, und zwar vermutlich die antimarkionitische Schrift des Theophilos von Antiochien24. Außerdem geht Z A H N davon aus, daß der Verfasser unseres Dialogs nicht nur die markionitische Bibel, die er wiederholt ausdrücklich zitiert, sondern auch die „Antithesen" Markions benutzt hat. Nicht nur die direkt zitierten markionitischen Antithesen, sondern auch die parallelen Auskünfte über die Lehre Markions allgemeiner Art, die sowohl im Dialog als auch bei Tertullianus begegnen, gehen nach Z A H N auf das Antithesenwerk zurück (234f). Als Quelle zur Wiederherstellung der markionitischen Bibel hat Z A H N den Adamantiosdialog in seiner großen Kanongeschichte25 eingehender besprochen. Seine Ergebnisse sind folgendermaßen zusammenzufassen 26 : Im ersten Dialog mit dem Markioniten Megethios gibt es in der Regel keine Zitate aus der Bibel Markions, weil hier Megethios ausdrücklich die Absicht hat, gerade mit dem katholischen, angeblich in sich widersprüchlichen Evangelientext zu beweisen, daß dieser gefälscht sei (8,23-25). Die einzigen Ausnahmen sind das Zitat aus 23
Sie lassen sich folgendermaßen tabellarisch zusammenfassen: Adamantiosdialog 110,20-23; 112,3-8
Irenäus, Haer. 3,7,1
Tertullianus, Marc. 5,ll,9ff.
Zitat von Mt 6,24 par. Lk 16,13
56,llf.20-23
3,8,1
4,33,2-4
Bedeutung von „Mamona" Zitat von ]oh 8,34
56,24-58,1 („Geld")
3,8,1 („habgierig" oder „gefräßig") 3,8,1
4,33,2-4 („Geld")
Interpretation von 2Kor 4,4
58,4f.
„Es liegt näher, an die Schrift des Theophilus von Antiochien gegen Marcion zu denken" (232); „... es empfiehlt sich daher die Annahme einer dem Adamantius und dem Tertullian gemeinsamen griechischen Quelle, wenn überhaupt Thatsachen vorliegen, welche eine derartige Erklärung erheischen" (233). Die Erklärung von „Mamona" als „habgierig" usw. bei Irenäus stammt nach ZAHN wahrscheinlich von Justin. 25 Geschichte des neutestamentlichen Kanons, 2,2,1, 419-426. 26 Eine Zusammenfassung von ZAHNs Ansichten findet sich auch bei HARNACK, Marcion, 56*-58*.
24
1. Forschungsgeschichte
7
Kol 4,10f.l4 (10,25-31), das Adamantios ausdrücklich aus „deinem (sc. des Megethios) Apostolikon" vorliest (10,20), und dem Megethios auch nicht widerspricht, und das kurze Zitat aus Lk 8,30 (36,20), das ebenfalls der markionitischen Bibel zugeschrieben wird (420-422). Im zweiten Dialog (mit dem zweiten Markioniten Markos) sieht die Situation nach Z A H N jedoch ganz anders aus. Die schismatische Partei 27 des Markos hält an der Bibel Markions fest, und zwar „noch viel entschiedener als Megethius", und Markos zitiert sein Evangelium so, „als ob es gar kein anderes Ev. als dieses gäbe" (422) 28 . Auch Adamantios zitiert dementsprechend einmal ausdrücklich aus der markionitischen Bibel 29 , und Markos protestiert sofort, wenn einmal auf einen falschen Text Bezug genommen wird 30 . Demnach dürfe man davon ausgehen, „daß zunächst Marcus keine Schriftstelle angeführt haben kann, von welcher der Verfasser der Dialoge nicht wußte oder zu wissen glaubte, daß sie in der marc. Bibel so, wie Marcus sie citirt, enthalten war" (424). Und ferner: „Es folgt mit annähernd gleicher Sicherheit dasselbe auch für diejenigen Citate des zweiten Buches, welche Adamantius vorträgt, ohne daß Markus ausdrücklich dagegen protestirt" (424). Also gingen die Bibelzitate im zweiten Teil des Dialogs grundsätzlich 31 auf Markions Bibel zurück, sei es direkt, sei es über frühere antimarkionitische Schriften vermittelt 32 . Nach Z A H N kommen auch der vierte und der fünfte Teil des Dialogs (mit dem Bardesanes-Anhänger Marinos als Gegner) als Quelle für die Rekonstruktion der Bibel Markions in Betracht. Es geht um die Bibelzitate, die Adamantios ausdrücklich aus der Bibel der Markioniten zitiert: Lk 18,35-43a (200, 22-39) 33 und Gal 2,20; 6,17; IKor 6,15.16; 15,29-42a; 15,50-53; 2Kor 3,3: 3,11; 4,7; 4,11;
Vgl. die Vorstellung von Markos in der Rufinschen Version: Item Marcus Maraoms schismaticus, ut sunt Manichaei, videns superatum esse Megethium, inseruit se certamim et diät (61,14f. BAKH. \dixit statt dicif[ = 27,26f. BUCHH.); der griechische Text bietet dagegen einfach: Μάρκος Μαρκιωνιστήΐ (60,12). ZAHN sieht auch hier in der lateinischen Fassung die ursprüngliche Gestalt des Dialogtextes (s.o.). 28 Vgl. 66,8f: ΑΔΑΜΑΝΤΙΟΣ. Τώ άποστόλω πείθη; ΜΑΡΚΟΣ. Τ ω έμω άποστολικώ πείθομαι. 80,28: ΜΑΡΚΟΣ. ' Ημείς πλέον του ευαγγελίου και του αποστόλου ού δεχόμεθα. 29 66,10: ΑΔΑΜΑΝΤΙΟΣ. "Εχω το άποστολικόν σου και ά ν α γ ι ν ώ σ κ ω λέγοντος .... 30 Vgl. 88,31-33 (über Mt 5,17); 94,9f. (über IKor 10,11). 31 Verdächtig sind ihm lediglich die Zitate, die „nur in dem interpoürten, nicht aber in dem durch Rufin erhaltenen ursprünglichen Text erhalten sind" (424f.) und die kleineren Stücke, die der Verfasser aus dem Gedächtnis zitiert (425). 32 Vgl. auch das Urteil: „Aus alle dem folgt ..., daß der Verfasser der Dialoge entweder selbst eine genaue Kenntnis der marc. Bibel besaß, oder eine ältere antimarcionitische Schrift stark ausgebeutet hat, in welcher reichliche Mittheilungen aus der marc. Bibel enthalten waren" (424). 33 Mit der Einleitung (200,21 f): ΑΔΑΜΑΝΤΙΟΣ. 'Επειδή πάρεισιν οι περί Μεγέθιον, οί του δόγματος Μαρκίωνος, έκ του α ύ τ ώ ν ευαγγελίου άναγινώσκω. 27
8
Einleitung
5,4; Rom 7,25-8,2 (222,13-234,34)34. Daß diese Pauluszitate tatsächlich aus der Bibel Markions stammen, sei u.a. daran zu erkennen, daß sie genau nach der Reihenfolge der Paulusbriefe in der Bibel Markions zitiert sind35. „So wird Niemand bezweifeln dürfen, daß diese zahlreichen Citate der Reihe nach aus einem Exemplar des marc. Apostolicums abgeschrieben sind" (426)36.
1 . 4 . W . H . VAN DE S A N D E BAKHUYZEN
Im Jahr 1901 erschien die Ausgabe des Adamantiosdialogs von W. H. VAN DE SANDE BAKHUYZEN37. Er benutzt als erster alle erhaltenen griechischen Handschriften 38 . Der Text der Übersetzung Rufins ist (mit eigenen Korrekturvorschlägen BAKHUYZENS) nach der Ausgabe CASPARIS abgedruckt39. Darüber hinaus berücksichtigte er sowohl die drei lateinischen Übersetzungen aus dem 16. Jahrhundert als auch die früheren Ausgaben. Dazu kommen noch eine ausführliche Einleitung und ein teilweise sehr umfangreicher, den beiden Textfassungen getrennt beigegebener kritischer Apparat. Die erhaltenen griechischen Handschriften lassen sich nach van de Sande BAKHUYZENS Meinung folgendermaßen gruppieren: ABDEGIK, C und FH40 (zur heftigen Kritik an diesem Urteil s. unten zu KOETSCHAU). Mit der lateinischen Version Rufins setzt er sich etwas kritischer auseinander als CASPARI und ZAHN. „Aus einer Vergleichung der gr. und lat. Texte ergiebt sich folgendes. Die Übersetzung des Dial, ist treuer als die der anderen Bücher des Orígenes, die wir von Rufinus haben [...]. Da wo die Fragen und Antworten des Adamantius und seiner Gegner nur kurz sind, sind die beiden Texte meistens ganz gleich, bisweilen sogar in Kleinigkeiten. [...] Ganz anders aber stellt sich das
Mit der Einleitung (222,10-12): (ΑΔΑΜΑΝΤΙΟΣ.) αλλ' έπει καί oi περί Μεγέθιον ά κ ρ ο α ταί τυγχάυουσι, δια τούτο έκ του α υ τ ώ ν αποστολικού προφέρειν αναγκάζομαι, προς άμφοτέρουΐ ποιούμενος τον λόγον. 35 Nach TertuUianus: Gal-lKor-2Kor-Röm-lThess-2Thess-Laod(=Eph)-KoI-Phil-Phlm. 36 Dazu s.u. 1.10. (CLABEAUX) und 5.5. 37 GCS 4, Leipzig 1901. 38 I (= Abschrift von D) und Κ (= Abschrift von G mit variae lectiones von F) sind ausgenommen (vgl. BAKHUYZEN XXXVIf). CDFGH kollationierte er selber, A und Β für ihn 34
j e w e i l s BIERMANN u n d CASTELLANI (S. X X V I l f . ) .
Er kollationierte den Text nicht selber. Dazu s. BUCHHEIT LI, Anm. 69. „Es ergiebt sich also ... 1. dass sie alle aus einer, schon sehr corrupten Hs. stammen; 2. dass sie in drei Gruppen zerfallen: Β mit seinen Verwandten ADEGIK, C, die allein steht, und FH. Von diesen sind eigendich nur BCFH der Berücksichtigung wert; die anderen können ohne grossen Schaden beiseite gelassen werden" (XXXVII). Punkt 1. bezieht sich u.a. darauf, daß allen Handschriften die Blätterverschiebung zugrundeliegt. 39 40
1. Forschungsgeschichte
9
Resultat, wenn wir die längeren Reden des Adamantius und seiner Mitredner untersuchen. Da finden wir eine grosse Freiheit" (XLII [„LXII" ist Druckfehler]) 41 . Anschließend nennt er zahlreiche Stellen, an denen die Freiheit seitens Rufins mehr oder weniger deutlich festzustellen ist (LXII-XLIX). Trotzdem schließt er sich im großen und ganzen an die Beurteilung seiner Vorgänger an: „Nichtsdestoweniger ist seine Übers, ein hochwichtiger Zeuge bei der Feststellung unseres Textes. Sie fusst auf einer Hs., in welcher die Blätter 866-871 noch nicht von ihrer Stelle gerückt waren [...], die Schlussrede noch nicht interpoliert war [...] und die Überarbeitung [...] noch nicht stattgefunden hatte. Wenn auch nicht fehlerfrei, war diese Hs. doch weit besser als alle unserigen, und dass Ruf.'s Arbeit uns die Mittel darbietet den Textus receptus zu emendieren, davon kann fast jede Seite zeugen. Schade, dass sie nur in einer schlechten Hs. uns übergeliefert ist" (XLIX). Folglich begegnet man in seiner Ausgabe vielen eingeklammerten Stellen, sowohl im griechischen als auch im lateinischen Text: Das sind die Stellen, die nur im griechischen bzw. im lateinischen Text vorkommen 42 . Zu den Quellen, die der Verfasser des Dialogs benutzt haben könnte, äußert sich B A K H U Y Z E N kaum. Im Kapitel über den Verfasser bemerkt er jedoch: „Die Mängel in seiner Komposition sind darauf zurückzuführen, dass er nicht die Ergebnisse seines eigenen Untersuchens und Denkens darbot, sondern nur compilierte. Dass er selbst eine Marcionitische Bibel vor sich hatte, wage ich zu bezweifeln, obgleich er es wiederholt versichert [...]. Eine genaue Untersuchung macht es wahrscheinlich, dass er niemals eine solche Bibel in Händen gehabt hat, wohl aber ältere anti-marcionitische Schriften benutzte, und das ist es, was den Dialog für uns interessant macht. Auf die Frage nach den Quellen kann ich aber hier nicht näher eingehen" (XV).
Daß BAKHUYZEN als Herausgeber den ganzen Text ausführlich untersucht hat, stellt m.E. einen Vorzug gegenüber ZAHN dar; dessen Behauptung, „,wo nicht das Gegenteil durch anderweitige Erwägungen zu beweisen ist, dürfen wir voraussetzen, dass Rufins Übersetzung dem ihr vorliegenden Original entspricht'", erweise sich jedoch nach BAKHUYZEN „bei einer Vergleichung beider Texte nicht als stichhaltig" (a.a.O., Anm. 1). 41
Die seiner Meinung nach ursprünglichen Stellen sind ferner mit einem Asteriskus versehen, die nicht ursprünglichen sind klein gedruckt, und den ungewissen Stellen ist kein besonderes Zeichen gegeben (vgl. LVIII). 42
Einleitung
10
1 . 5 . PAUL KOETSCHAU
K u r z nach der Veröffentlichung der Ausgabe BAKHUYZENS erschien eine wichtige Rezension v o n PAUL KOETSCHAU43. Der bekannte Origenes-Herausgeber konzentrierte sich auf die textkritischen Fragen und versuchte gegen BAKHUYZEN zur Geltung zu bringen, daß die venezianische Handschrift (B) aus dem 12. Jahrhundert, die einst zur Bibliothek Bessarions 44 gehört hatte, „von vornherein" der Archetypus der übrigen, aus dem 15. bzw. 16. Jahrhundert stammenden Codices gewesen sein müsse (476). Und er nennt Indizien, die tatsächlich dafür sprechen (476f). Er hält andererseits an der grundsätzlichen Zuverlässigkeit der Rufinschen Version fest 45 . Sein Fazit lautet: „Demnach hätte der Hrsg. mit Hilfe Rutins und der Methodius-Stücke den Text v o n Β revidieren und zur Grundlage seiner Ausgabe machen müssen" (477). Anschließend macht er zahlreiche Verbesserungsvorschläge, die sich teilweise auf Rufinus berufen (478-479). Weiteres s. unten 2.2.1.
1 . 6 . A D O L F VON H A R N A C K
In seiner Literaturgeschichte behandelt
ADOLF VON HARNACK
den Adaman-
tiosdialog nur sehr kurz 46 . In Bezug auf die Textgeschichte des Dialogs vertritt er grundsätzlich die Auffassung v o n
CASPARI
und
ZAHN.
Rufinus habe „in der
Hauptsache" treu übersetzt 47 , und der erhaltene griechische Text sei „eine
« ThLZ 17 (1901) 474-480. 44 Zu Bessarion, seiner Bibliothek und ihrer Bedeutung: MÖHLER, L., Kardinal Bessarion als Theologe, Humanist und Staatsmann, Paderborn 1924-1942 (Ndr. 1967), bes. Band 1, 408-415; LABOWSKI, L., Bessarion's Library and the Biblioteca Marciana. Six Early Inventories, Rome 1979, bes. 9-15; REYNOLDS, L. D., WILSON, N. G., Scribes and Scholars. A Guide to the Transmission of Greek and Latin Literature, Oxford 3 1991, bes. 132ff.; WILSON, N. G., From Byzantium to Italy, Greek Studies in the Italian Renaissance, London 1992, bes. 57-67; ders., Scholars in Byzantium, London 2 1996. 45 Dabei weist er darauf hin, daß die Vorlage des Rufinus und der Handschrift Β auf denselben fehlerhaften Archetypus zurückgehen, weil das Textstück 150,12-152,2 BAKH. / 151,10-153,1. BAKH. eigentlich eine Randnotiz zu 148,2-4 BAKH. gewesen zu sein scheint; vgl. auch BUCHHEIT 133 ad 65,Iff. 46 Geschichte der altchristlichen Literatur bis Eusebius, Leipzig 1893-1904, 2. Auflage, hrsg. von KURT ALAND, 1958, 2,2, 149-151, worauf sich die folgenden Zitate beziehen. Was HARNACK im selben Werk 1,1, 478-480 berichtet, gehört noch in die Zeit vor BAKHUYZENS Ausgabe. 47 Vgl. seine Bemerkung: „auffällige Züge, die er allein bringt, wie z.B. die Beziehung auf Manichäer, sind beiseite zu lassen" (150). Das merkt er „gegen Zahn" an (150, Anm. 2).
1. Forschungsgeschichte
11
Überarbeitung des Grundtextes" (150) 48 . Der aus der Verfolgungszeit stammende, aber andererseits von Methodios abhängige Grundtext sei vor 313 49 und nach 270-280 5 0 zu datieren51. Überarbeitet wurde er auch nach seiner Auffassung in der letzten Zeit Konstantins 52 . Als Entstehungsort vermutet er das Gebiet „zwischen Lycien und Edessa" (151). Was die handschriftliche Überlieferung des griechischen Dialogtextes angeht, geht er vom ausschließlichen Vorrang des Venetus (B) aus, ohne dabei jedoch KOETSCHAU zu nennen 53 . Zu den Quellen äußert HARNACK sich ausführlich in seiner monumentalen Monographie über Markion, und zwar in der Form einer kritischen Auseinandersetzung mit der Auffassung ZAHNS54. Nach einer Zusammenfassung der Ansichten ZAHNs warnt er zuerst vor einer übermäßigen Hochschätzung der Übersetzung Rufins: „Wie so häufig, ist die Bedeutung des neu entdeckten Zeugen zunächst überschätzt worden; auch Zahn ist dem unterlegen. Im Gegensatz zu ihm hat van de Sande-Bakhuyzen in seiner Ausgabe ... erwiesen, daß Rufins Übersetzung der Dialoge zwar treuer ist als seine Origenes-Übersetzungen, daß er sich aber auch hier große Freiheiten genommen hat. ... Man ist daher genötigt, auch bei den Bibelzitaten von Fall zu Fall zu entscheiden, ob der ursprüngliche Text vom Griechen oder von Rufin erhalten ist" (58*). Anschließend betont er gegen ZAHN den fiktiven Charakter des Dialogs. „Die dramatischen Bemerkungen und Situationen" sind nach Harnack „sämtlich für die Feststellung der Herkunft und des Wertes der tatsächlichen Angaben vollkommen gleichgültig, und es läßt sich lediglich aus inneren Gründen entscheiden, ob etwas authentisch-marcionitisch ist oder nicht" (58*; die Hervorhebung stammt
48
Allerdings sei es „eine schwere Übertreibung", „von einer förmlichen 'Überarbeitung' zu
sprechen, ... Dieser Text hat zwar an ein paar Stellen schon frühe Zusätze erfahren, aber ist sonst intakt" (Maräon, 58*) 49
„Mailänder Edikt, doch kann zur Not auch noch an Licinius gedacht werden" (150).
50
Die von HARNACK angenommene Wirkungszeit des Methodios.
51
Zum Verfasser bemerkt er Geschichte 149: „Daß der unbekannte Verfasser selbst für Orígenes
gelten wollte, ist ganz unwahrscheinlich" (dazu die Anmerkung „gegen Zahn" [150, Anm. 1]); dagegen Marcion 59*: „Schon daß der Verfasser sich hinter den Namen des Orígenes versteckt hat — denn nur er kann unter 'Adamantius' gemeint sein —, macht es wahrscheinlich, daß er selbst nichts zu sagen hatte, sondern älteres Gut reproduzierte." 52
Die Überarbeitung in der Schlußrede setzt nach HARNACK „eine Situation voraus, die im
Orient erst nach der völligen Besiegung des Licinius eingetreten ist" (151). 53
„... den Venetianus, die einzige originale griechische Handschrift (alle übrigen sind direkt oder
indirekt aus ihr abgeschrieben) ..." (150); vgl. auch Marcion 56*, Anm. 2: „Alle griechische Handschriften gehen auf einen Codex, den Venetus, zurück, ... In van de Sande-Bakhuyzens Ausgabe (1901) ist diese sichere Erkenntnis leider nicht zu ihrem Recht gekommen." 54
Marcion 56*-63*. Hier wird der Adamantiosdialog als Zeuge für das Apostolikon behandelt.
Die Ergebnisse werden jedoch auch für die Rekonstruktion des markionitischen Evangeliums ohne Veränderung für gültig erklärt (181*).
12
Einleitung
von H A R N A C K selbst)55. Echt markionitische Zitate könnten auch im ersten, sogar selbst im dritten Dialogteil56 vorliegen; andererseits seien nicht alle Zitate im zweiten Teil ohne weiteres als markionitisch anzusehen. Lediglich in Bezug auf die Reihe von Pauluszitaten im fünften Dialogteil (V,22-27) gibt er Z A H N recht (62*). Zur Quelle: „Adamantius schöpfte eben aus verschiedenen antimarcionitischen Quellen" (63*)57. Z A H N S Annahme, daß dem Adamantiosdialog die andmarkionitische Schrift des Theophilos von Antiochien zugrundeläge, ist nach H A R N A C K zwar „beachtenswert", aber „nicht ausreichend" begründet (60*). Er denkt seinerseits an die syrisch geschriebenen, später aber ins Griechische übersetzten antimarkionitischen Dialoge des Bardesanes58. Eine direkte Benutzung markionitischer Schriften durch den Dialogverfasser hält H A R N A C K dagegen für unwahrscheinlich. „Die Mitteilung vieler Antithesen Marcions, ohne daß doch jemals das Werk der Antithesen selbst genannt wird, macht es gewiß, daß er dieses Werk aus eigener Wissenschaft überhaupt nicht gekannt, ja, wie es scheint, von seiner Existenz gar nichts gewußt hat" (59*; Hervorhebung von H A R N A C K ) . Was die Bibel Markions angeht, „wirft seine Unkenntnis des Werks der Antithesen ein schlimmes Licht auf seine Kenntnis der Marcionitischen Werke überhaupt" (59*)59.
55 Ähnlich auch 62*: „Aus dem hier Ausgeführten ergibt sich, daß durchgehende, feste Grundsätze für die Ermittelung der Marcionitischen Pauluszitate in den Dialogen nicht aufgestellt werden können, daß man vielmehr fast überall (mit Ausnahme von V, 22-27) nach inneren Gründen zu entscheiden hat." 5 6 6 1 * ; es geht um das Zitat von Rom 6 , 9 ( 1 2 4 , 1 1 - 1 3 Bakh.). 57 Vgl. auch 60*, Anm. 1.: „Daß dem Dial. I ... und dem Dial. II ... verschiedene Vorlagen zugrunde liegen, ist gewiß. ... Widersprüche fehlen nicht..." 58 „Vielleicht sind eben diese Dialoge von 'Adamantius' im ersten und im zweiten Dialog benutzt und haben ihn zu dieser Kunstform angeregt. Daß er selbst im dritten Dialog einen Bardesaniten bekämpft, wäre kein Gegengrund" (60*). Dagegen aber D r i j v e r s , Bardaisan of Edessa, 170-172; etwas neutraler ders., TRE 5 (1980) 207. 59 Vgl. auch 60*: „Unter diesen Umständen, d.h. da dem Verf. eigene Kenntnis der Marcionitischen Bibel nicht zugesprochen werden kann, [...]"
13
1. Forschungsgeschichte
1 . 7 . O . BARDENHEWER, J . QUASTEN u . a .
Nach Z A H N , B A K H U Y Z E N und H A R N A C K blieb der Forschungsstand einige Jahrzehnte - bis BUCHHEIT, teilweise aber sogar noch länger60 — wesentlich unverändert. Eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Dialog wurde, sei es philologisch-textkritisch, sei es theologiegeschichtlich-quellenkritisch, nicht vorgenommen. Im folgenden werden die wichtigsten Punkte der communis opinio61 zusammengefaßt. Zum Text: Das Verhältnis zwischen der griechischen und der lateinischen Fassung wurde weiterhin im Sinne von C A S P A R J - Z A H N verstanden und somit auch deren Datierung der „Grundschrift" und die der „Überarbeitung" übernommen62. Der absolute Vorrang des venezianischen Codex vor allen übrigen erhaltenen griechischen Handschriften wurde allgemein anerkannt63. Hinsichtlich der Quellen bzw. der Bedeutung unseres Dialogs für die Rekonstruktion der markionitischen Bibel blieb die Ansicht H A R N A C K S maßgebend, der ja die gesamte Forschung über Markion für lange Zeit wesentlich bestimmt hat. Die wenigen Versuche, die Ergebnisse H A R N A C K S zu revidieren, konzentrierten sich naturgemäß auf die wichtigste Quelle, nämlich die Zeugnisse Tertullians, und gingen nicht so weit, auch den Adamantiosdialog einer erneuten Untersuchung zu unterziehen. Hier ist auch die neue Ausgabe des Methodios De autexusio von A. V A I L L A N T zu nennen64, weil V A I L L A N T die Meinung vertritt, der Adamantiosdialog sei das Werk eines Schülers des Methodios: eine These, die von H O F F M A N N akzeptiert und von V O S S zurückgewiesen wurde (s.u. 1 . 9 . ) .
60
D e r unten zu besprechende bahnbrechende Aufsatz BuCHHElTs aus dem Jahre 1 9 5 8 blieb
offenbar relativ lange unbeachtet; er ist nicht nur von HOFFMANN (Diss. 1960) und PRETTY (Diss. 1964), sondern auch v o n CLABEAUX und DEAKLE noch nicht berücksichtigt. 61
U.a. BARDENHEWER 3, 2 9 2 - 2 9 9 (mit ausführlicher Literaturangabe); QUASTEN 2, 146ff.; aus
dem Bereich Markionforschung u.a. WILSON, KNOX, BLACKMAN. 62 63
BARDENHEWER 292, u.a. BARDENHEWER
298
(ausdrücklich
auf
KOETSCHAU
verweisend);
auch
BONWF.TSCH
(GCS-Ausgabe v o n Methodios 1 9 1 7 ) X X X I I I . 64
Erschienen 1 9 3 0 (PO 22,5), mit Rückübersetzung aus dem Slawischen ins Griechische.
14
Einleitung
1.8. VINZENZ BUCHHEIT
1.8.1. Zum Text Eine entscheidende Wende in der Forschungsgeschichte des Adamantiosdialogs brachte VINZENZ BUCHHEIT mit seinem 1958 veröffentlichten Aufsat265. Er kehrte das bisher angenommene Verhältnis zwischen den beiden Fassungen um und behauptete, die Abweichungen des lateinischen Textes vom griechischen gingen auf das Konto des „Fälschers" Rufinus, der, obwohl er selbst als Origenes-Kenner den Dialog als unecht erkannt hatte 66 , ihn doch als echt-origenistisch hatte ausgeben wollen 67 , um für dessen Rechtgläubigkeit plädieren zu können 68 . Dabei beruft sich BUCHHEIT einerseits auf das übliche Verhalten des Übersetzers Rufinus 69 und prüft andererseits u.a. den Abschnitt über die Christenverfolgungen insbesondere auf sachliche Stringenz 70 . Seine Schlußfolgerung lautet, die Annahme einer Interpolation des griechischen Textes sei nicht stichhaltig; „vielmehr hat Rufin den Versuch unternommen, den Dialog in die Zeit der Verfolgungen, eben in die Zeit des Orígenes, zurückzudatieren" 71 . Damit ist nach BUCHHEIT die bisher angenommene Überarbeitungszeit des Dialogs die Entstehungszeit des Originals: „mindestens nach 325, eher sogar et-
65
Rufinus von Aquileia als Fälscher des Adamantiosdialogs, BZ 51 (1958) 314-328. Die Ergebnisse sind auch in seiner Ausgabe der Rufinschen Übersetzung, Tyranni Rufini librorum Adamantii Origenis adversus haereticos interpretatio (Studia et Testimonia Antiqua I), München 1966, „in modifizierender Weise" wiedergegeben (XXXV-XXXXVIII; vgl. XXXV, Anm. 1). Im folgenden beziehen sich die Seitenverweise ohne Titelangabe auf diese Ausgabe. Vgl. auch die Rezensionen zur Ausgabe: GREENSLADE, S. L., JThS 19 (1968) 332-334; THIERRY, J. J., Mnemosyne 23 (1970) 217f.; SANDERS, G., Un Écrit oublié: Le «Dialogue d'Adamantius», L'antiquité Classique 37 (1968) 644-651. m „Die ganz und gar andere Schreibweise kann Rufin nicht entgangen sein" (XXXX = Fälscher 319); dazu seine Anmerkung: „Es ist verwunderlich, daß dieses Problem in der bisherigen Forschung nicht gesehen worden ist" (XXXX, Anm. 31 = Fälscher 319, Anm. 35). 67 „Ich halte es daher für sehr wahrscheinlich, daß Rufin die Tradition, es handle sich um ein Werk des Orígenes, bewußt mißbraucht und sich daher einer Fälschung schuldig gemacht hat" (XXXX = Fälscher 319). 68 Der Dialog „mußte ihm um so willkommener gewesen sein, als er bei näherer Einsichtnahme merkte, daß er hier eine absolut orthodoxe Lehre vorfand. Rufin hat diese Chance genützt, um noch einmal seinen verehrten Orígenes zu rechtfertigen" (XXXIX = Fälscher, 318f.). 69 XXXVI-XXXX = Fälscher 70 XXXX-XXXXV = Fälscher 319-324; mit einer synoptischen Gegenüberstellung beider Fassungen (griechisch 40,12-32 und lateinisch 41,12-43,2 BAKH. = 19,20- 20,8 BUCHH.), genauso wie es einst CASPARI in der umgekehrten Beweisabsicht vorgenommen hat (s. o. 1.2.). 71 XXXXVII = Fälscher, 326.
15
1. Forschungsgeschichte
was später" 7 2 . D i e Übersetzung Rufins datiert er nach 400, also „nachdem seine Kontroverse mit Hieronymus wegen Orígenes ausgebrochen war" 7 3 . D i e Rufinus-Ausgabe BuCHHEITs war eigentlich als Vorarbeit für eine neue Ausgabe des griechischen Textes gedacht, die die BAKHUYZENs ersetzen sollte 74 . Z u m Zeitpunkt des Abschlusses der lateinischen Ausgabe hatte er schon sämtliche griechische Handschriften kollationiert 75 . D i e geplante Ausgabe erschien aber nicht und wird auch nicht mehr erscheinen, wie mir BUCHHEIT brieflich mitgeteilt hat 76 . In der Einleitung seiner Rufinus-Ausgabe findet sich eine sehr wichtige B e obachtung, die den griechischen T e x t des Dialogs betrifft: D i e (spätestens) seit KOETSCHAU (s.o. 1.5.) allgemein anerkannte Annahme, daß der Codex in Venedig (B) der Archetypus aller übrigen erhaltenen griechischen Handschriften sei, ist von BUCHHEIT erneut und stärker als bisher zur Geltung gebracht worden. E r konnte sogar den Grund für die Fehlinterpretation
BAKHUYZENS
angeben:
D e r Bibliothekar CASTELLANI in Venedig, der damals für BAKHUYZEN den Codex kollationiert hatte 7 7 , hatte Fehler gemacht, und zwar „nicht weniger als 2 6 4 mal" 7 8 . „So wurde Bakhuyzen zwangsläufig in der irrigen Annahme bestärkt, daß die erhaltenen Handschriften unabhängig voneinander seien." 7 9 Aufgrund seiner eigenen Kollation der Handschriften sei es nunmehr „gesichert, daß für die Herstellung des griechischen Textes allein Β in Frage k o m m t " (LI).
X X X X V I I = Fälscher, 326. LI; dabei zitiert er aus dem Vorwort von Rufinus: et considérons, quam cathoüce, quam integre ecclestiastici dogmatis defensor exstiterit (sc. Orígenes) (1,13-15 BAKH. = 1,15f. BuCHH.). Zur Datierung vgl. auch X X X I X , Anm. 28 = Fälscher, 319, Anm. 33. 74 Vgl. das Vorwort der Ausgabe (VII). 75 Vgl. L-LI. 76 Auf meine briefliche Frage, ob seine Ausgabe doch noch erscheinen werde, und wenn nicht, ob er mir das wertvolle Material, das er gesammelt hatte, zur Verfügung stellen könnte, hat er mir in seinem Brief vom 17. Februar 1997 mitgeteilt, er habe all sein Material „dem Feuer übergeben". Doch hat er mir den Rat gegeben, meiner Untersuchung ausschließlich den Venetus zugrunde zu legen, was er ja auch S. Lf. seiner Ausgabe betont (s.u.). An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Prof. BUCHHEIT herzlich für seine Auskünfte bedanken. 72 73
77
BAKHUYZEN X X V I I . CASTELLANI hat übrigens die H a n d s c h r i f t auch für BONWETSCH, den
Herausgeber des Methodios, kollationiert (BONWETSCH XXXIII). 78 S. L. Auf die Wichtigkeit von Autopsie hatte freilich bereits KOETSCHAU in seiner oben genannten Rezension zur Ausgabe BAKHUYZENs hingewiesen (475f.). Ich habe zwar die Handschrift auf Mikrofilm gelesen und zahlreiche Fehler von CASTELLANI/ BAKHUYZEN tatsächlich festgestellt, aber die Zahl „264" habe ich nicht ermitteln können. Weiteres s.u. 2.4. 75 S. L.
16
Einleitung 1.8.2. Zur Quellenfrage
A u f die Frage nach den schriftlichen Quellen des Adamantiosdialogs geht BUCHHEIT nicht ein 80 , aber nach einer Untersuchung der Bibelzitate (aus Gen, Eph und Rom) in der Rufinschen Fassung 81 kommt er zu einem wichtigen Ergebnis, das im weiteren Sinne die Quellenfrage des Adamantiosdialogs zu klären helfen könnte. Er stellt nämlich fest, daß Rufinus die Bibelzitate im griechischen Original nicht übersetzt, sondern sie in der Regel durch die ihm bekannten lateinischen Bibeltexte ersetzt 82 . Daraus folgt für ihn: „Damit scheidet Ruf. v o n vornherein für die Rekonstruktion der Markionbibel aus" (XXIX) 83 . Anschließend versucht er, dieses Urteil exemplarisch anhand der Zitate aus Gen, Eph und Rom zu belegen, deren richtige markionitische Lesart laut HARNACK bei Rufinus aufbewahrt sein soll ( X X X - X X X V ) 8 4 . Abschließend sei festzustellen: „Ruf. hat bei der Übersetzung des Dialogs keine lat. Bibel Markions verwendet. Er scheidet daher als Zeuge für die Rekonstruktion dieser Bibel aus" (XXXV).
1 . 9 . MANFRED HOFFMANN u n d BERND REINER V O S S
Der Adamantiosdialog wurde zwar auch im Rahmen der Literatur- bzw. Gattungsgeschichte spätestens seit R. HLRZEL85 erwähnt, aber eine ausführliche Beschäftigung haben erst M. HOFFMANN86 und dann B. R. VOSS 87 unternommen.
Er verweist lediglich auf Z A H N , B A K H U Y Z E N und H A R N A C K ; doch bemerkt er zugleich: „eine genaue Untersuchung steht allerdings noch aus" (XXXXVII, Anm. 45; in Fälscher 327, Anm. 52 fehlt diese Bemerkung). 81 XIV-XXVII. 82 „Er paßt sich zwar manchmal, keineswegs regelmäßig, ungefähr dem griech. Text an, doch so, daß er einen lat. Text einfügt, den er auch sonst verwendet hat, oder der seiner Zeit geläufig war" (XXVIIIf.). Das bestätige das bereits bei seinen anderen Übersetzungen festgestellte Verhalten des Rufinus (vgl. XXVIII). 81 Das ist eine Kritik an der bereits erwähnten Devise von H A R N A C K ; s. oben 1 . 6 . 84 Es geht um Gal 1,6; 1,7; 1,8.9; 2,20b; Eph 3,9; 4,6; Rom 5,9; 6,3; 6,14a: 6,19; 7,5. 85 Vgl. auch J O R D A N und H A R D Y . Der Adamantiosdialog findet zuletzt auch in N A S S E L R A T H , H.-G. (Hrsg.), Einleitung in die griechische Philologie, Stuttgart/Leipzig 1997, 301, eine Erwähnung (im Beitrag von H A M M E R S T A E D T , J . , Kapitel IV, Griechische Literatur, 4. Spätantike, 4.3 Christliche Literatur: Konstantin bis Chalkedon). 86 Der Dialog bei den christlichen Schriftstellern der ersten vier Jahrhunderte (TU 96), Berlin 1966, besonders 84-91. Diesem Werk liegt seine im Jahr 1960 vorgelegte Dissertation zugrunde. Vgl. die Rezension von Voss, Gnomon 40 (1968) 271-276. 87 Der Dialog in der frühchristlichen Literatur, Studia et Testimonia Antiqua IX, München 1970, besonders 135-148. 80
1. Forschungsgeschichte
17
An dieser Stelle werden nur ihre grundsätzlichen Ergebnisse bzw. Annahmen diskutiert; einzelne Probleme werden jeweils im Kommentar besprochen. HOFFMANN nennt die Untersuchungen BuCHHEITs nicht; er kannte sie wahrscheinlich noch nicht88. Der Verfasser ist seiner Meinung nach Schüler des Methodios 89 , jedoch schriftstellerisch und theologisch unbedeutend90. Der Dialog ist weitgehend von den Werken des Methodios abhängig91, doch: „Der Unterschied zum methodianischen Dialogschema liegt in der dialogischen refutado92 und dem Einsatz der Figur des Schiedsrichters" (87). In Bezug auf die Schiedsrichtergestalt weist er auf die Verwandtschaft des Adamantiosdialogs mit den acta Archelai des Hegemonios hin, wobei eine literarische Abhängigkeit oder Benützung jedoch nicht festzustellen sei (96f)93. B. R. VOSS behandelt den Adamantiosdialog eingehender als HOFFMANN. Er setzt die Ergebnisse BuCHHEITs voraus und weist gegen VAILLANT (und somit HOFFMANN) eine Verbindung des Verfassers mit der vermeintlichen Methodios-Schule zurück (135). Auch er geht vom grundlegenden Kompilationscharakter des Dialogs aus und versucht als erster, den Vorgang und das Motiv der Kompiladon konkret zu ermitteln: „Der Kern dürfte die Marinos-Disputadon94 sein. Der geschlossene Aufbau mit Angabe des dreiteiligen Themas zu Beginn und der genauen Durchführung der Disposition deuten auf ursprüngliche Selbständigkeit. Die Schriften des Methodios boten die Möglichkeit inhaltlicher Ergänzung95. Der Dialog De autexusio konnte Vorbild für die Einfügung einer Disputation in den Rahmen einer anderen sein. Das Motiv war 88 Einmal spricht er von einer griechischen Überarbeitung: „Wegen der Überarbeitung des griechischen und der Kürzungen und Erweiterungen Rufins im lateinischen Text, läßt sich die ursprüngliche Anzahl der Fragen und Antworten nicht mehr ermitteln" (85). 89 Er verweist dabei auf die Annahme V A I L L A N T S ( H O F F M A N N 86, A n m . l ; s. auch oben Abschnitt 1,7); vgl. auch H O F F M A N N 91: „Der Verfasser steht als Schüler des Methodius unter dem Einfluß des origenistischen Paideiadenkens." 50 86. Vgl. auch A n m . l , wo er der positiven Bewertung von B A R D E N H E W E R und Q U A S T E N die negative von B A K H U Y Z E N gegenüberstellt. 91 Vgl. auch: „Das Vorbild für diesen dramatischen Verlauf' — d.h. das Fehlen von szenischen Angaben — „mag vielleicht Methodius' 'De autexusio' gewesen sein" (85). 92 Gemeint ist das Vorherrschen des kürzeren Wortwechsels gegenüber den Dialogen des Methodios. 93 „Sie (sc. die acta Archelai) unterscheiden sich durch die starke romanhafte Ausweitung der erzählerischen Elemente von dem rein dramatischen Dialog des 'Adamantius'" (97). 94 Vgl. auch 145: „Sie wäre mithin in das Ende des dritten oder den Anfang des vierten Jahrhunderts zu setzen." In ihr will V O S S ein „Schulgespräch" sehen (144f). S. die nachfolgende Anmerkung. 95 Wenn ich ihn richtig verstehe, berücksichtigt V O S S hier die — auch ihm selbst eigentlich bekannte — Tatsache nicht, daß in diesem „Kern" bereits Methodios, De resurrectione als Quelle des dritten Disputaüonsganges (Thema: die leibliche Auferstehung) verwendet wird (s. auch unten 3.3.3.). Allein schon deshalb ist seine Rekonstruktion wenig überzeugend; Näheres s.u. 5.4.
18
Einleitung
Bereicherung der Auseinandersetzung durch Berücksichtigung neuer Gesichtspunkte. [...] Auf diese Weise läßt sich die Verschachtelung der antimarkionitischen Disputation erklären96. Hauptzweck der Polemik und verbindendes Element der Bestandteile der Kompilation war die Bekämpfung möglichst aller Formen der Mehrprinzipienlehre" (139). Ferner stammt die Figur des Schiedsrichters seiner Meinung nach wahrscheinlich vom Kompilator (140-143) 97 . In diesem Zusammenhang weist er neben den acta Arcbelat8 auf die Dialogteile in den Pseudoklementinen hin, die HOFFMANN nicht behandelt hatte (143f) 99 . Den Adamantiosdialog als ganzes charakterisiert V O S S folgendermaßen: „Literarische Ziele sind ... offenbar nicht angestrebt worden. Das Werk scheint, wie es in einigen seiner Bestandteile letztlich der Schule verpflichtet ist100, seinerseits für die Schule bestimmt zu sein oder doch für Schulung in weiterem Sinn" (147). „Dem praktischen Ziel des Kompilators entsprechend sind die literarischen Erfordernisse weitgehend vernachlässigt worden" (148) lcl .
Dazu: „Die Anlehnung an einen Satz des Methodios innerhalb der Megethios-Disputation läßt es als wahrscheinlich erscheinen, daß die Vorschaltung der antimarkionitischen Polemik nach der Einarbeitung der Methodios-Abschnitte erfolgt ist" (139). Gemeint ist dabei: 30,8 βούλει μόνον φιλονικήσαι ά δ κ ι ώ ΐ - 142,14 où γ α ρ σ π ε ύ δ ω νικήσαι κ α κ ώ ΐ , ά λ λ α ζητήσαι α λ η θ ώ ς - Meth. autex. 4,5 (157,3f. BONW) où γ ά ρ μοι τ ο νικήσαι πρόκειται κ α κ ώ ϊ , ά λ λ α τ ο άληθέΐ έκμαθεΤν καλώ^. Die ursprüngliche Gestalt der antimarkionitischen Vorlage(n) ist seiner Ansicht nach nicht mehr zu erkennen. Die Annahme HARNACKS, es handle sich jedenfalls um zwei Vorlagen (s. oben Anm. 57), sei dabei nicht zwingend, weil die beiden Richtungen der Polemik in einer Vorlage bereits vereint gewesen sein könnten (139, Anm. 27). Eine Berührung mit dem verlorenen, aber wahrscheinlich in den Pseudoklementinen benutzten antimarkionitischen Dialog von Bardesanes, auf die zuerst HARNACK aufmerksam gemacht hat (s. oben Anm. 58), schließt Voss nicht aus (vgl. 328; ferner 56-59). %
Das ist in seinen Augen am literarkritisch sekundären Charakter der Schiedsrichterrolle erkennbar, deren Einführung den Zusammenhang des Dialogs spürbar stört. Dazu ferner: „Mit der Rolle des Schiedsrichters ist der Kompilation wenigstens in Ansätzen literarische Einheit und Geschlossenheit gegeben" (143). 97
98 VOSS schließt sogar eine unmittelbare Abhängigkeit (Hegemonios ist dabei abhängig vom Adamantiosdialog) nicht aus (146; zu den acta Archelai s. 149-155). 99 100
Vgl. auch 337. Gemeint ist dabei u.a. die dreiteilige „Marinos-Disputation"; s. oben Anm. 94.
101 Vgl. auch die Bemerkung: „Die Schwächen, die sich im Aufbau größerer Einheiten finden, sei es des ganzen Werkes oder der Einzeldisputationen, fehlen auf kleinerem Raum völlig. Die Erörterung der einzelnen Punkte ist in der Regel zügig und klar, [...]" (137).
19
1. Forschungsgeschichte
1.10. J O H N J . CLABEAUX u n d ULRICH SCHMID
Die jüngste Phase der Untersuchung zum Adamantiosdialog hat sich aus der Beschäftigung mit dem Bibeltext Markions entwickelt. Sowohl JOHN J . CLABEAUX102 als auch ULRICH SCHMID103 versuchten, unabhängig von HARNACK den Text des markionitischen corpus Paulinum wiederherzustellen. CLABEAUX kennt offensichtlich die Untersuchung BuCHHEITs nicht und setzt noch den Forschungsstand von ZAHN, BAKHUYZEN und HARNACK voraus. E r konzentriert sich auf die Frage, ob ein Pauluszitat im Dialog jeweils echt markionitisch ist oder nicht, und geht auf grundlegende Einleitungs fragen des Dialogs nicht ein. E r weist lediglich auf seinen unsicheren Uberlieferungszustand und sein allgemein unzuverlässiges Zitierverhalten hin (57-59) 104 . Gegen HARNACK k o m m t nach CLABEAUX als Zeugnis der markionitischen Lesarten nur der Dialogteil gegen die Markioniten (Megethios und Markos) in Frage (59-61). N e u und beachtenswert ist seine Beobachtung hinsichtlich der Pauluszitate im Schlußteil des Dialogs (61-65), die sowohl ZAHN als auch HARNACK als echt angesehen hatten 105 . D a s entscheidende Argument, nämlich die Übereinstimmung mit der Briefordnung in Markions Bibel, sei nicht unbedingt überzeugend: Vor der „markionitischen" Reihe der Pauluszitate finden sich die Zitate aus R o m 7,24, l K o r l 5 , 5 0 ; R o m 8,4-6; R o m 8,9, I K o r 3,2-4; R o m 7,5; R o m 8,9; I K o r 6,11. Darauf folgen Gal 2,20; Gal 6,17 usw. 106 Man könne also hinter dieser vollständigen Reihe die völlig normale Ordnung sehen (Rom, I K o r , 2Kor, Gal), und die wenigen Abweichungen könnte man durchaus begründen. Die Bemerkung des Sprechers Adamantios vor dem Zitat von Gal 2,20, er zitiere nun aus dem Apostolikon der Markioniten 107 , könne sich nicht auf die Zitatenquelle als solche, sondern lediglich auf die von den Markioniten bevorzugten Paulusbriefe beziehen 108 . Außerdem weist er darauf hin, daß die Zitate eigentlich keine markionitische Tendenz aufweisen und im Wortlaut nicht mit den ge102
A Lost Edition o f the Letters o f Paul. A Reassessment o f the Text o f the Pauline Corpus
Attested by Marcion, C B Q Monograph Series 21, Washington D. C. 1989, bes. 57-65 und 169-174. D i e s e m Werk liegt seine Dissertation von 1983 zugrunde. Vgl. die Rezension von BIRDSALLJ. N . . J T S 41 (1990) 631-634. 103
Marcion
und
sein Apostolos.
Rekonstruktion
und historische
Einordnung der
mar-
cionitischen Paulusbriefausgabe, A T T F 25, Berlin/New York 1995, bes. 197-236. ,ü4
Immerhin sieht er im Adamantiosdialog einen zuverlässigeren Zeugen für Markions Bibel als
Epiphanios (80). 105
S. oben 1.3.2.
106
Eine übersichtliche Darstellung findet sich CLABEAUX 64f.
107
S. oben Anm. 34.
108
Vgl. CLABEAUX 63, Anm. 89.
20
Einleitung
sichert markionitischen Lesarten übereinstimmen 109 . Folglich sollte man sie nach CLABEAUX nicht als zuverlässiges Zeugnis für das markionitische Corpus Paulinum ansehen 110 . U. SCHMID kennt den Aufsatz BUCHHEITS, seine Rufinus-Ausgabe nennt er aber nicht 111 . D e n terminus post quem der Entstehung des griechischen Originals setzt er „in die Zeit der Alleinherrschaft Konstantins, also nach 3 2 4 " , und den terminus ante quem sieht er in der Abfassung der Philokalia, „d.h. spätestens 3 5 8 " . Angesichts der im Dialog vorausgesetzten
kirchenpolitischen
Situation — u.a. Bau von Kirchen und Maßnahmen gegen heidnische Kulte könne es „sogar in die 30er Jahre des 4. J h . s " datiert werden; „ein späteres Datum ist jedoch nicht ausgeschlossen" 112 . Die literarische Qualität des Adamantiosdialogs hält SCHMID für nicht so s c h l e c h t w i e z . B . B A K H U Y Z E N a n g e n o m m e n h a t . B e i d e n v o n B A K H U Y Z E N als
„unbeholfen" bezeichneten unvermittelten Themenwechseln 1 1 3 handle es sich vielmehr um „inszenierte Brüche", die die Aporie der Widersacher und den faktischen Erfolg der jeweiligen Widerlegung hervorheben sollen (199). Auch im Hinblick auf den Stil erhebt er Einspruch gegen BAKHUYZEN und nennt den Anfang des Dialogs durchaus stilvoll gestaltet (199f.). D e n Quellenwert des Adamantiosdialogs für die Rekonstruktion der Bibel Markions beurteilt er letztlich negativ. Methodisch geht er im Grunde wie CLABEAUX vor 114 . Die Ergebnisse SCHMlDs115 beruhen somit weniger auf einer entstehungsgeschichtlich-literarkritischen Analyse 116 des gesamten Dialogs als auf einer genauen Überprüfung einzelner Bibelzitate 117 , wobei als Kriterium gilt, ob das Zitat jeweils mit dem Zeugnis von Tertulüanus bzw. Epiphanios (soweit es vorliegt) übereinstimmt. Dieses Kriterium wird jedoch zumeist nicht erfüllt, so daß der Dialog nach SCHMID als Grundlage für die Rekonstruktion des markionitischen Paulustextes gänzlich ausscheidet.
109
Die einzelnen Stellen analysiert er in „Appendix C " (169-174).
110
Zu dieser These s.u. 5.5.
1,1
Auch VOSS, Dialog (s.o. Anm. 87), scheint er nicht zu kennen.
112
206.
i » S. oben 1.4. 1,4
Im Hinblick auf die kritische Beurteilung über die Textüberlieferung des Dialogs und die
Zuverlässigkeit der Zitate gibt er CLABEAUX recht; um so mehr verwundert ihn, daß CLABEAUX den Adamantiosdialog Epiphanios vorzieht (208f.). 115
S. seine übersichtliche Zusammenfassung (236).
116
S. jedoch den Punkt 6 seiner Zusammenfassung (236): Es ist hier auf die Möglichkeit
hingedeutet, aus der Analyse einzelner Zitate heraus die Entstehungs- bzw. Kompilationsgeschichte des ganzen Dialogs zu ermitteln. 117
Dabei berücksichtigt er auch diejenigen Zitate aus dem Schlußteil des Dialogs, die CLA-
BEAUX für nichtmarkionitisch hält (s.o.; vgl. auch SCHMID 208).
21
1. Forschungsgeschichte
1.11. Zusammenfassung Die Forschungsgeschichte des Adamantiosdialogs seit
ZAHN
zeigt
Fortschritte, allerdings fast ausschließlich im Bereich der Textkritik.
Das
CASPARI
und
Verhältnis zwischen der griechischen und der lateinischen Fassung ist zugunsten der ersteren geklärt
(BUCHHEIT),
der absolute Vorrang der venezianischen
Handschrift für die Herstellung des griechischen Textes ist so gut wie bewiesen (u.a.
KOETSCHAU, BUCHHEIT),
wobei eine neue Textausgabe, die
BAKHUYZENS
Edition ersetzen sollte, jedoch noch aussteht. Bei anderen Fragestellungen war die Forschung dagegen weniger erfolgreich. Über die Quellen des Dialogs, besonders im antimarkionitischen Teil, hat man keine eindeutigen Erkenntnisse gewonnen und ist lediglich zu dem negativen Ergebnis gelangt, daß die Bibelzitate des Dialogs für die Wiederherstellung der markionitischen Bibel offenbar nicht geeignet sind
(CLABEAUX,
SCHMID).
Die Entstehungsverhältnisse der
Schrift blieben trotz des (m.E. unglücklichen) Versuchs von
VOSS
außer der
Frage nach der Abfassungszeit (terminus post quem: Konstantin) nach wie vor weitgehend im Dunkeln, so daß auch der Quellenwert des Dialogs unklar ist. In literaturgeschichtlicher Hinsicht hat man einerseits auf die Verwandtschaft u.a. mit den Pseudoklementinen und Hegemonios aufmerksam gemacht (HOFFMANN
von
und besonders
BAKHUYZEN)
VOSS)
und andererseits begonnen, die früher zumeist (z.B.
nur negativ eingestufte literarische Qualität des Dialogs
differenzierter zu würdigen (u.a.
BARDENHEWER, VOSS, SCHMID).
Eine zusam-
menhängende Einordnung in die Literaturgeschichte sowie in die Theologiebzw. Kirchengeschichte steht noch aus.
2. Z u m T e x t
2.1. Überlieferungsstand Griechische Handschrift 1 : Β
Codex Venetus Marcianus gr. 496 (coli. 843), fol.92r-l25v, 12. Jh. 2
Lateinische Übersetzung des Rufinus 3 : Ruf
Codex 16 der Stadtbibliothek Schlettstadt, fol. 1 r-48r, 12. Jh.
1 Die übrigen von BAKHUYZEN genannten Handschriften sind direkte oder indirekte Abschriften des venezianischen Codex (dazu s.u. 2.2.1): Codex Vaticanus gr. 1089 (A), Codex Oxoniensis Bodleianus, Ms. Auct. E 4-16 (C), Codex Oxoniensis Bodleianus, Ms. Auct. E. 1.11 (D), der Codex WETTSTEINS (E; heute nicht mehr erhalten); Codex Parisinus, Bibliothèque nationale ms. grec. 461 (F); Codex Parisinus, Bibliothèque nationale ms. grec. 817 (G); Codex Parisinus, Bibliothèque nationale ms. grec. 460 (H); Codex Cantabrigiensis, Trinity College O. 4.41 (I); Codex Cantabrigiensis, Trinity College B. 9.10 (]). Nähere Angaben bei BAKHUYZEN X X V I - X X X V I I . Zu einer weiteren verlorenen Handschrift (mit D verwandt) s. BAKHUYZEN X X X I I mit der Anm. 1.
S o die Beschreibung bei E . MlONl, Il catalogo dei fondi greci della Biblioteca Marciana, Roma 1960. Diese Datierung vertritt u.a. auch BAKHUYZEN. Manchmal datiert man den Codex jedoch auf das E n d e 11. Jh. (zuletzt von MARCOVICH in seiner Theophilos-Ausgabe, 1), oder sogar ins 10. Jh. (GAISFORD in seiner Eusebios-Ausgabe; dazu s. KLOSTERMANN, G C S Eusebius 4, XVI; vgl. auch XVIII). 3 Näheres s. die Ausgaben von BüCHHEIT S. X X X X I X ; BAKHUYZEN S. X L I X ; CASPARI S. III-IV. Zu weiteren lateinischen Versionen aus dem 16. Jh. (Picus 1556; Perionius 1556 [1574]; Humfridus 1557 [1571]), die textkritisch keinen Wert haben, s. BAKHUYZEN X L I X - L I I I (mit Angabe der Vorlagen). Laut CASPARI III(-IV) Anm. 1 soll noch „eine vierte" bislang unveröffentlichte Übersetzung in der Ambrosiana in Mailand zu finden sein; vgl. auch BAKHUYZEN LIII. 2
2. Zum Text
23
Es gibt folgende Textausgaben 4 : J. R. WETTSTEIN d. J., Basel 1674 (ed. princ.). CH. DELARUE, Paris 1733 (= P G 11,1711-1884).
C. H. E. LOMMATZSCH, Tom. XVI (1844), Berlin 1844, 246-418. C. P. CASPAR!, 1883 (ed. princ. der lateinischen Übersetzung des Rufinus). W . H . VAN DE S A N D E B A K H U Y Z E N , G C S 4 , L e i p z i g 1 9 0 1 .
VINZENZ BUCHHEIT, München 1966 (die lateinische Übersetzung des Rufinus).
2.2. Probleme Hinsichtlich der Textprobleme bzw. der Textgeschichte des Adamantiosdialogs schließe ich mich grundsätzlich der heute herrschenden Forschungsmeinung an: Für die Wiederherstellung des griechischen Textes kommt von den erhaltenen griechischen Handschriften allein die venezianische, nämlich Codex Venetus Marcianus gr. 496 (Β), in Frage; die Übersetzung des Rufinus hat vor allem wegen seiner tendenziösen Arbeitsweise viel weniger Wert, als man vor BUCHHEIT allgemein angenommen hat. Im folgenden werden diese beiden Punkte näher erörtert5. 2.2.1. Codex Venetus Marcianus gr. 496 (coli. 843) (Codex B) Daß die venezianische Handschrift Β der Archetypus aller übrigen erhaltenen griechischen Handschriften ist, ist im eigentlichen Sinne noch nicht bewiesen. KOETSCHAU hat es zwar behauptet6, aber seine Gründe beruhten letzten Endes lediglich auf äußeren Umständen (Alter, Besitzer, usw.). Hinsichtlich des Textes von Β legt er BAKHUYZENS Angaben (= Kollation von CASTELLANI) zugrunde, und gerade diese sind fehlerhaft, wie BUCHHEIT gezeigt hat 7 . Der hatte seinerseits die Handschriften selbst kollationiert und festgestellt, daß KOETSCHAU tatsächlich recht hatte. Aber BUCHHEIT hat seine Ergebnisse nicht veröffentlicht 8 . Dies alles hat zu einer etwas schwierigen Situation geführt: Das Näheres über die älteren Ausgaben s. BAKHUYZEN LIII-LV. Zu den Übersetzungen in moderne Sprachen s.u. das Literaturverzeichnis. 5 Zu den folgenden Erörterungen vgl. auch Kap. 1, insbesondere 1.5 (KOETSCHAU) und 1.8.1
4
(BUCHHEIT). 6 7 8
ThLZ 17 (1901) 474-480. Lf. Auch meine Forschungen bestätigen dieses Urteil; s.u. S. oben 1.8.1. mit Anm. 76.
24
Einleitung
Resultat ist längst bekannt und wird heute von niemandem ernsthaft angezweifelt; gleichwohl steht ein detaillierter Nachweis noch aus. Diesen Nachweis kann ich hier nicht führen, sondern setze in meiner Arbeit die absolute Priorität von Β voraus 9 . Die Handschrift habe ich auf einem Mikrofilm gelesen. Das Ergebnis meiner Kollation (für den zu kommentierenden antimarkionitischen Teil des Dialogs) lege ich am Ende dieses Kapitels vor (2.4.).
Meine Kollation von Β läßt allerdings vermuten, daß die von BAKHUYZEN vorgenommene Gruppierung der Handschriften, d.h. ABDEGIK, C, und FH (s. BAKHUYZEN XXXVII; vgl. auch oben 1.4. mit Anm. 40) nicht haltbar ist. Die von ihm genannten Stellen, die Β (und D) von CF trennen sollen (XXX), sind nicht richtig gelesen: 18,2 (810a) τη, 36,24 (815d) τί σοι όνομα λέγει(ν), 84,5 (829d) δε, 112,23 (833b) τί ouv IOTI, 178,31 (852b) das Fehlen von ouv, 204,14.17 (860a) das zweifache Fehlen von εκ, 234,19 (866b) π ά ν τ ω ς und 108,6 (870b) έ π έ γ ν ω ν sind in Wirklichkeit auch bei Β bzw. B c o " belegt, und 102,6 (868d) liest Β mit C καί την σάρκα. Es bleiben also nur noch 4 Stellen, die man ohne weiteres als übliche Abschreibefehler oder Korrekturversuche interpretieren kann: 34,30 (815b) δ ι κ α ί ω ς καί ού κ α θ ώ ς δίκαιος εσται Β δ ι κ α ί ω ς και οΰκ α γ α θ ό ς δίκαιος εσται C δ ι κ α ί ω ς καί ουκ ά γ α θ ώ ς δίκαιος εσται FH (Abschreibefehler einer korrupten Stelle), 134,12 (839e) α'ισιον Β α ί τ ι ο ν CF (optischer Abschreibefehler), 156,27 (845d) εύχρηστα Β χρηστά CF (ευ ist in Β sehr undeutlich geschrieben: wohl daher άχρηστα G und [sinnloses] όσχρηστα A 1 ), 236,16 (871b) εχειυ Β εχει CF (sprachliche Korrektur). Die Belege bei BAKHUYZEN weisen also in eine andere Richtung: Weder C noch FH (daß F und H miteinander sehr eng verwandt sind, liegt ohnehin auf der Hand; s. BAKHUYZEN XXXVI) stehen für isolierte Überlieferungszweige, sie sind vielmehr höchstwahrscheinlich von BCORR abhängig. 9
Das gleiche gilt für das Verhältnis von B, oder genauer gesagt Bcorr, zu D, das BAKHUYZEN eingehend diskutiert. Die meisten Stellen, die D von B corr trennen sollen (XXX), erweisen sich als solche, die diese eigentlich verbinden: 2,13 (804 [sie]) ή ορθή, 30,27 (813e) 'ίσως, 50,17 (819c) το, 72,15 (825e) έπιλησθείς, 76,4 (826d) TOÛ, 92,21 (832a) προον, 94,2 (832a) κομίση, 126,14 (837c) και, 138,3 (840c) ή, 192,9 (856a) ε'ι και, 192,24 (856b[!]) τ ώ ν , 98,29 (868a) θαυμάσειε, 102,25 (869a) oùv, 106,29 (870a) έτερου, 108,30 (870e) α, 240,4 (871c) ά γ α ν . 26,15 (812d) πολλούς und 170,1 (849b) (das Fehlen von o) sind mit B* gemeinsam. 184,13 (853e) αυτούς Β αυτού D(und CF) sowie 98,2 (867d) πότε Β τότε D (und C) sind offensichtlich optische Abschreibefehler. 14,18 (808c) oü ψ ι λ ά Β wäre wohl ein Fehler BAKHUYZENs (S. S.14: „où ... < alle HSS"). Obwohl 142,23 (842 [sie]) μή κατ' Β leider nicht mehr deutlich lesbar ist, kann man wohl sagen, daß keiner der von ihm angeführten Belege B c o " und D wirklich voneinander trennt. Folglich ist auch die Beweisführung BAKHUYZENs, daß E keine direkte Kopie von Β sei (XXXIV), nicht mehr haltbar. Auch die Abhängigkeit der Handschrift A von B, die er zwar ahnt, aber nicht zu behaupten wagt (XXVIIf.), ist jetzt stärker begründet, denn die von ihm genannten Abweichungen zwischen den beiden (XXVIII) sind als solche größtenteils nicht mehr gültig: 30,27 (813e) ί σ ω ς , 32,7 (814a) νομοθεσίαι, 62,25 (823a) oí, 74,8 (826a) σ ω τ η ρ ί α , 92,21 (832a) προόυ, 126,15 (837d) είναι, sowie 130,11 (838c) (das Fehlen von μή) sind auch bei Β oder B* bzw. Bcorr belegt. Hinter 184,21 (854a) ψ υ χ ή ν Β αρχήν A (und FH) steckt m.E. wahrscheinlich nur ein Abschreibefehler, weil die Stelle in Β sehr schwer zu lesen ist. Es bleibt also nur noch 214,16 (862b) το Β τ ω Α. Nach BAKHUYZEN lesen alle anderen Handschriften mit Α τ ω . Zieht man den übrigen Bestand in Betracht, dürfte man diese Angabe wohl mit Recht in Frage stellen. Jedenfalls steht fest, daß A noch in stärkerem Maße dem venezianischen Codex nahe steht, als BAKHUYZEN annimmt.
2. Zum Text
25
Die Handschrift Β selbst ist allerdings nicht einfach zu beurteilen, denn sie enthält, wie üblich, an vielen Stellen Korrekturen (B co ") 10 . Was für einen Wert soll man diesen beimessen? BAKHUYZEN behauptet, jemand habe die Handschrift mit einer anderen verglichen, weil B c o l r manchmal andere Wörter verwende als B*: etwa 2 4 , 1 1 σ τ τ ι ό υ τ ω υ Β * gegenüber α π ί σ τ ω ν B c o l r . u Man habe es also bei Β eigentlich mit zwei verschiedenen Handschriften zu tun, und B2 sei „viel reiner" als B1.12 Darüber hinaus gebe es einige Korrekturen, die offenbar vom Abschreiber selbst herrühren13. Dagegen hat u.a. E. KLOSTERMANN14 geltend gemacht, daß die von ihm als V2 bezeichneten Korrekturen15 freie Konjekturen eines Gelehrten aus späterer Zeit16 sind. Dabei ist vorausgesetzt, daß die gleichen Verhältnisse für alle Schriften des venezianischen Codex gelten. Es handelt sich dabei um die folgenden sieben Werke: Gregor von Nyssa, Antirrheticus adversus Apollinarem (fol. 1Γ-29Γ), Eusebios, Adversus Marceilum ( 2 9 v - 4 7 v ) , ders., De ecclesiastica theologia (48'-91 v ), den Adamantiosdialog ( 9 2 ' - 1 2 5 I ) , Zacharias Rhetor, Ammonius ( 1 2 5 v - 1 4 2 v ) , Aeneas von Gaza, Theophrastus (143'-160 % ), und schließlich Theophilos von Antiochien, Ad Autolycum (ΙόΟΜδδ1). Ich selbst habe auf Mikrofilm die ganze Handschrift angesehen und festgestellt, daß sie höchstwahrscheinlich von einem Abschreiber hergestellt' 7 und (weitgehend) von einer zweiten Hand korrigiert worden ist. Es ist also m.E. berechtigt, die Erkenntnisse über eine Schrift in diesem Codex auf eine andere zu übertragen. Neben KLOSTERMANN sind sich inzwischen auch die Heraus-
10 Im folgenden bedeutet B* die prima manus der Handschrift, Bc"" die Korrektur. BAKHUYZEN verwendet stattdessen die Bezeichnungen B1 bzw. Β2. B* schreibt nach KLOSTERMANN XVIIIf. „mit gelbbrauner Tinte", Bco" dagegen mit „einer grünlich-schwarzen Tinte"; vgl. auch MARCOVICH 2; M. M.COLONNA 74f. (s.u. Anm. 18). 11 XXVIIIf. mit anderen Beispielen. 12 XXVIII. Es gibt seiner Ansicht nach allerdings auch Verschlechterungen; etwa 22,28 B1 άλλου Β2 αλλ' ού (XXVIII; im Apparat nicht genannt). 13 XXVIIIf. 14 In seiner GCS-Augabe von Eusebios, Gegen Markellos, Über die kirchliche Theologie usw., Ί 9 0 6 , 3 1989, XVI-XXII. Dabei folgt er grundsätzlich Th. GAISFORD, dessen Beschreibung des Codex bei KLOSTERMANN XVI abgedruckt ist (iMigenter recognovit etjure suo potius quam ad alterius exempli fidem textum saepe emendami docta manus saec. XVI. forsan Francisci Turiam ...). Er teilt die Vermutung über die Identität der docta manus jedoch nicht. Zu seiner Kritik an BAKHUYZEN (und OTTO, den Herausgeber von Theophilos von Antiochien; s. u.) s. XIX, Anm. 2. 15 Er nimmt auch die Korrektur des ersten Abschreibers an (V1). 16 GAISFORD (s.o.) hat vermutet, es könnte Franciscus Turianus gewesen sein (vgl. KLOSTERMANN a.a.O. XIX; MARCOVICH a.a.O. 2). Jedenfalls ist man sich darin einig, daß er dem 16. Jh. angehört. 17 Das bestätigt auch MlONI, Catalogo: Ab uno eodemque librano summa diligentia desmptus (Text abgedruckt in M. M. COLONNA, Ammonio, Napoli 1974, 73).
26
Einleitung
geber der anderen Schriften dieses Codex 18 darin einig, daß die zweite Hand des codex marc. gr. 496 den Text allein aufgrund eigener Kenntnisse verbessert hat. Da der ursprüngliche Text von Β (Β*) ziemlich schlecht ist, kommt man sehr oft nicht umhin, die meist durchaus vernünftigen Verbesserungsvorschläge von B co " zu akzeptieren. Trotzdem sollte man sich prinzipiell darüber im klaren sein, daß es sich bei Bcorr nicht um eine textgeschichtlich gesicherte Lesart handelt. 2.2.2. Übersetzung des Rufinus Die Unzuverlässigkeit der Rufinschen Version hat V. BUCHHEIT überzeugend nachgewiesen (s.o. 1.8.1.). Hier soll deshalb auf die positive Bedeutung hingewiesen werden, die ihr zukommen könnte. Es steht fest, daß Rufmus ein besseres griechisches Exemplar vor sich hatte als wir heute, was allein schon aus Zeitgründen naheliegt. Die Blattverschiebung samt der dadurch verursachten sekundären Glättung (s.u. 2.3.1.) hatte noch nicht stattgefunden, und es gab die Texdücken in 228-232 BAKH. noch nicht (s.u. 2.3.3.). Mit der theoretischen Möglichkeit, daß Rufinus einen zuverlässigeren Text als die griechische Uberlieferung bietet, muß man daher grundsätzlich immer rechnen. Andererseits hat er nachweislich sehr frei übersetzt. Um auf eine kontrollierbare Weise vorzugehen, sollte man sich also nur in begründeten Fällen auf die lateinische Version berufen. Ich halte es für angemessen, den Text des Rufinus in der Regel nur dann textkridsch in Betracht zu ziehen, wenn der griechische Text offensichtlich — sprachlich oder inhaltlich - in Unordnung geraten ist. Gerade wenn es um das Inhaltliche geht, sollte man damit rechnen, daß Rufinus seine Vorlage zu verbessern versucht hat (s. etwa d. Komm, zu 52,18-54,2). Sachliche Unstimmigkeiten im Adamantiosdialog sind häufig Folge einer ungeschickten Quellenbearbeitung des Verfassers und in diesem Sinne authentisch. Deshalb sollte der griechische Text bevorzugt werden. Auf der anderen Seite kommen auch Stellen vor, an denen der griechische und der lateinische Text übereinstimmen, und die man trotzdem aus inhaltlichen Gründen in Frage gestellt hat. In solchen Fällen muß man natürlich, soweit als möglich, die gemeinsame Überlieferung zu retten versuchen".
18
MARCOVICH, M. (Hrsg.), Theophili Antiocheni ad Autolycum (PTS 44), Berlin/New York 1995, lf. COLONNA, M. M., Zacharia Scolastico, Ammonio, Napoli 1973, 73-76; COLONNA, E. M., Enea di Gaza, Theophtasto, Napoli 1958, XXVIf. MÜLLER, F. (Hrsg.), Gregorii Nysseni Opera 111,1 (Ausgabe von Antirrbeticus adv. Apollinarem), Leiden 1958, LII-LV, bespricht in der praefatio die Korrektur der (von ihm als G bezeichneten) venezianischen Handschrift nicht. 19 Vgl. 36,18; 70,5; 80,11-88,2; 92,27.
2. Zum Text
27
2.3. Blattverschiebung und Verlust des griechischen Textes 2.3.1. Blattverschiebung Wie BAKHUYZEN XXVI gezeigt hat, liegt im griechischen Dialogtext eine Blattverschiebung vor, die vor dem venezianischen Codex stattgefunden hat. Zudem haben ein oder mehrere Kopisten 20 die dadurch entstandenen Brüche zu korrigieren versucht, was zu weiteren Textentstellungen führte. Das wurde erst durch CASPARIS Entdeckung der Rufinschen Ubersetzung erkannt. Was geschah und was zugleich zur Wiederherstellung der ursprünglichen Textgestalt getan werden muß, läßt sich graphisch folgendermaßen darstellen. Durch eine einmalige Versetzung von Blättern (Teil Β in der Grafik) wird der ganze Text — das mag etwas paradox erscheinen — in vier Einheiten unterteilt. Folglich müssen drei „Nahtstellen" wieder in Ordnung gebracht werden: ursprünglich
nach der Blattversetzung (B)
Bevor wir uns mit den Bruchstellen anhand der Übersetzung des Rufinus beschäftigen, sei eine kodikologische Vermutung in Bezug auf den Umfang der versetzten Blätter gewagt. Teil Β und C enthalten im Codex Β jeweils ca. 400
20
Möglicherweise der Kopist der Handschrift B; diesbezüglich sind aber keine genauen Angaben möglich.
28
Einleitung
bzw. ca. 2820 Zeilen21. Das hat die ziemlich genaue Proportion von 1:7 (genauer 1:7,05). Auch von diesem Gesichtspunkt aus kann also die Annahme einer mechanischen Versetzung von Blättern wahrscheinlich gemacht werden. Daß es sich dabei um eine Versetzung eines Quaternio handelte (so BAKHUYZEN XXVI), ist dagegen nicht so sicher, denn in diesem Fall müßte eine Seite nur (400:16 =) ca. 25 Codex -B-Zeilen enthalten haben. Das entspräche etwa der Hälfte der Textmenge auf einer durchschnittlichen Druckseite der Ausgabe BAKHUYZENS. Zudem entspräche Teil A mit ca. 2270 Codex -B-Zeilen ca. 5,675 Quaternionen (2270:25:16), so daß man annehmen müßte, daß der Adamantiosdialog nicht die erste Schrift im Codex war. Er müßte also für sein Format etwas zu dick gewesen sein (der Adamantiosdialog allein nähme ca. 14 Quaternionen in Anspruch). Eine alternative kodikologische Rekonstruktion ist die folgende: Teil A, B, C und D enthalten im Codex Β jeweils ca. 2270, 40, 2820 und 85 Zeilen, proportionsmäßig also 5,675:1:7:0,21. Das läßt als reale Seitenzahlen am ehesten22 folgendes Verhältnis vermuten: 34:6:42:1,26. Der ganze Dialog nimmt also insgesamt 84 Seiten in Anspruch, wobei eine Seite umgerechnet ca. 66 Codex -B-Zeilen umfaßt; vom Format her war der Codex also nur geringfügig kleiner als Codex B, der 84 Zeilen (in zwei Spalten) auf einer Seite bietet. Geht man nun von einem Codex aus Quaternionen aus, so sieht seine Konstruktion folgendermaßen aus:
u
u
u
p.32 p.35-40 -p.48 (herausgeschnitten) i i
-p.16
u
U -p.64
(hierhin die drei Folios p.35-40) -p.80
p.81/82
p.83/84
Teil B: fol. 122vb Z.8 Mitte-125ra Z.29 Mitte; Teil C: fol.l05vb Z.41 Mitte-122vb Z.8 Mitte. Eine Spalte enthält regelmäßig 42 Zeilen. Die sich daraus ergebenden Zahlen haben jedoch selbstverständlich keine präzise Bedeutung. 22 Man beachte: 5,675 = ca. 5 2 /î (das ermöglicht die Annahme, daß der Codex nur den Adamantiosdialog enthielt, oder zumindest damit begann). Außerdem muß Teil Β ja eine gerade Zahl von Seiten enthalten, um als ganzes versetzt werden zu können.
29
2. Zum Text
Ein Vorteil dieser Rekonstruktion liegt darin, daß der Teil D umgerechnet nur 1,26 Seiten, d.h. nur ein Folio in Anspruch nimmt, und daß die herausgeschnittenen Blätter demnach vor das letzte Folio des Codex (bzw. vor das letzte Folio des Adamantiosdialogs, falls der Codex noch weitere Schriften enthielt) eingeschoben wurden. Das läßt sich gut als Notmaßnahme von jemandem vorstellen, der als erster die Folios vom Codex losgelöst vorgefunden hatte23. Für diese Rekonstruktion muß man allerdings voraussetzen, daß der Textverlust am Schluß des Dialogs (228-232 BAKH., dazu s.u. 2.3.3.) bereits vor der Blattverschiebung stattgefunden hat. Nimmt man das nicht an, stellt sich die Rekonstruktion anders dar. Wieviel Textmenge an dieser Stelle verlorengegangen ist, ist nicht klar. Geht man davon aus, daß Rufinus ganz treu übersetzt hat, so wird das Original ca. 170 Codex -B-Zeilen enthalten haben24. Das entspricht in meiner Rekonstruktion ca. 2,58 Seiten, die zum Teil C gehören, und zwar in die letzte, sechste Lage. Dies führt zu der Annahme, daß die letzte Lage aus zwei Doppelblättern bestand, und daß Rufinus das Original etwas (um ca. 40 Codex -B-Zeilen) erweitert hat25. Selbst dann ist der erwähnte Vorteil jedoch unverändert gültig: Die letzten Seiten der letzten Lage, p.87 und 88, müssen entweder leer gewesen sein, oder eine andere Schrift muß dort gestanden haben26. Wegen mehrerer unberechenbarer Faktoren ist aber eine endgültig sichere Rekonstruktion nicht möglich. 2.3.2. Wiederherstellung der Nahtstellen Die Blattverschiebung hat, wie erwähnt, zur Entstellung von drei Textstellen geführt, die wieder in Ordnung gebracht werden müssen. Konkret: Das Ende Bei der erwähnten Annahme der Versetzung eines ganzen Quaternio (BAKHUYZEN) muß man dagegen auf diese Erklärung verzichten, denn Teil D besteht dann aus vier Seiten (84,5:25), also aus zwei Folios, so daß der Stelle, in die der Quaternio eingeschoben wurde, keine besondere Bedeutung zukommt. 24 Der Text des Rufinus enthält dort insgesamt ca. 5000 Wörter. Zur Übersetzung des verschobenen Teils B, 400 Zeilen im Codex B, brauchte Rufinus ca. 12000 Wörter. Daraus errechnet sich die angegebene Zahl. 23
25
Die letze Lage sähe dann aus wie folgt: 'έτερον κηρον έπιχέων, ει? 'ύψο? καί μέγεθος βούλεται τούτο πλάττειν [ π λ ά τ τ ω ν Β], άδυνάτω? ϊσχει, ούτε [ο'ύτω Β] γαρ το γινόμενον τέλους τυχεΤν δυνήσεται, τη? πρώτη? ΰποστάσεω? του κηροΰ ύπεκρεούση? καί έτερα? γινομένη?, ούτε ό άνδροεικελοποιο? τελέσει το έργον) par. Meth., resur. 239,18-25 („Denn wenn ein Künstler viele von Wachs gemachte Standbilder, nachdem er Wachs genommen, mit vielem anderen Wachs zusammenschmilzt, [und] andere davon bildend den ersten ähnlich, lehrend zu sagen: es seien dieselben. Denn damals konnte er sagen, dasselbe zu bilden, da er für sich schuf die Bildsäule, jetzt aber, da er viele in dasselbe zusammengeschmolzen, zusammenschmelzend die Materie eines jeden Bildes, geschah es auch, daß von jenem dieses und jenes viel hat"); 354,24-355,6 („Wenn wir aber nun irgendein Glied eines Bildes sehen, so erkennen wir daraus seine ganze Größe, indem der Künsder hiernach auch jenes ganzen Bildes Größe macht. Wenn aber nun das, nach welchem das Übrige, d.h. das Ganze, geschaffen werden muß, nicht für sich ist, sondern durch anderes vernichtet wird, abgelöst durch Hinzukommendes, und jenes Hinzukommende durch anderes Hinzugekommene, und jenes wieder durch anderes, wie soll dann der Künsder das ganze Bild zu Ende führen, indem die Materie niemals dieselbe bleibt?"); 383,11-15 („Denn wie wenn jemand viele Bilder von Wachs genommen und sie zusammengeschmolzen mit vielem anderen Wachs, und, indem derselbe wieder Bilder macht, kann er etwa ohne Vermischung von jenem selben Wachs Bilder machen, sei es nach der Substanz oder nach derselben Ähnlichkeit?") und Bakh. 216,4-9 (ote παρέβη την έντολήν του θεού ή ψυχή άμαρτήσασα, τότε, φησίν, έποίησεν ό Θεοϊ δερματίνου? χ ι τ ώ ν α ς και ένέδυσεν αυτού?, τουτέστι το σώμα, ώ ? καί 'Ιερεμίας ό προφήτη? δέσμιου? ήμά? καλεί, του θεού ένδήσαντο? την ψυχήν ει? το σώμα δια το ήμαρτηκέναι. το ουν π ά ν τ ω ν τ ώ ν κακών αίτιον σώμα άνίστασθαι λέγει?, 'ίνα πάντοτε έν δεσμοί? έξετάζηται ή ψυχή) par. Meth., resur. 224,1 ff. (u.a.). Trotz der Unklarheit der altslawischen Überlieferung dürfte man davon ausgehen, daß keine von diesen eine wortwörtliche Übereinstimmung zeigt.
3. Verwendung des M e t h o d i o s
um als mit De autexusio·.
61
Hier schreibt er seine Vorlage nicht ab, sondern er
verarbeitet sie. Diese völlig andere Vorgehensweise dürfte mit der Struktur von De
resurrec-
tione zusammenhängen. In diesem umfangreichen Dialog wird zuerst die ganze häretische Theorie in Logos I (4-26) erörtert (probatio), und dann folgt die ausführliche Widerlegung (I 27-62; II 1-30: refutatio) 56 . Um daraus ein Exzerpt in einer normalen Dialogform zu machen, muß man, je nach Thema, die sich entsprechenden Aussagen der Gesprächsteilnehmer zusammenstellen und sie zu einer angemessenen Dialoggestalt verarbeiten. Und genau das hat der Verfasser des Adamantiosdialogs getan. Die fast gleichmäßige Verteilung der Bezugsstellen zwischen Logos I und II zeigt das eindeutig, wie der Tafel leicht zu entnehmen ist. 3.3.3.2. Analyse Eben dieser Sachverhalt erschwert es andererseits, die Arbeitsweise des Dialogverfassers hier ähnlich präzise zu erfassen, wie es für seine Redaktion von De autexusio
möglich gewesen ist. Trotzdem läßt sich einiges zeigen bzw. vermuten.
Zuerst kann man annehmen, daß der Verfasser den Logos III von De rectione
resur-
nicht benutzt hat. Das legt schon die sehr geringe Anzahl der Parallelen
nahe. Die Belege in eckigen Klammern stellen, wie gesagt, eigentlich keine Parallelen dar. Meth. resur. 391,6-18 findet sich zwar die Wesensbeschreibung des menschlichen Körpers als ρευστός, aber sie kommt schon in Logos I (245,4 und 251,8) vor. In Frage kommen also nur noch zwei (vermeintliche) Parallelen (vgl. auch die Tabelle): 1) Bakh. 192,26-28; 194,5f.; 196,4-7 par. Meth., resur. 394,12ff.; 396,3-5 geht es um die drei Personen, die nach dem Zeugnis der Bibel vor Christus starben und erweckt wurden: der Sohn der Frau in Schunem (2Kön 4,8-37), der Sohn der Frau in Sarepta ( l K ö n 17,8-24) und Lazarus (Joh 11,1-44). E s wird im Adamantiosdialog nach dem Verhältnis zwischen diesen geschichtlichen Figuren und der Vorstellung von Christus als „Erstling der Entschlafenen" ( I K o r 15,20) gefragt 57 . Auch bei Methodios wird zwar im Grunde die gleiche Frage gestellt, 511
Vgl. HOFFMANN 7 2 : „ Z u s a m m e n f a s s e n d ist zu sagen: A b g e s e h e n von der kurzen dialogi-
sierten Einleitung und den zwei Dialoggängen innerhalb der ersten R e d e des Methodius besteht „de resurrectione" aus zwei längeren M o n o l o g e n (Aglaophon und Proklus) im Sinne der probatio und aus drei längeren M o n o l o g e n (Methodius, M e m i a n , Methodius) im S i n n e der refutatio, [···]" 57
B a k h . 1 9 2 , 2 6 - 1 9 4 , 2 : Α Δ Α Μ Α Ν Τ Ι Ο Σ . Π ώ ς δε α π α ρ χ ή εσται τ ω ν κεκοιμημένων ό Χ ρ ι σ τ ό ς ,
όποτε προ αυτού καί ό τ η ς Σουμανίτιδοϊ υιός προ πολλού χρόνου έκ νεκρών ανέστη, και ό τ%
Σαραφθίνηΐ και ό Λ ά ζ α ρ ο ? ; ... δ ε ι ξ ά τ ω ουν π ώ ς α π α ρ χ ή τ ω ν κεκοιμημένων έστιν ό
Χ ρ ι σ τ ο ί ; 196,4-7: ΜΑΡΙΝΟΣ.
"Εφης οτι προ του Χριστού πολλοί ά ν έ σ τ η σ α ν π ώ ς ουν έοτιν
62
Einleitung
aber der unmittelbare Kontext sieht anders aus: Die πρωτότοκος-Vorstellung wird zunächst nicht den vor Christus erweckten Menschen, sondern Mose und Elija in der Verklärungsgeschichte der Evangelien entgegengestellt58. Die drei Personen werden erst später genannt — dazwischen steht u.a. eine eher philosophische Argumentation als eine biblische —59, und zwar in anderer Reihenfolge als im Adamantiosdialog, ohne daß dabei von απαρχή bzw. πρωτότοκος gesprochen wird60. Eine literarische Berührung zwischen den beiden Dialogen an diesen Stellen ist daher m.E. eher unwahrscheinlich, wenn nicht auszuschließen. Dazu kommt noch die Eigenständigkeit des Adamantiosdialogs in Bezug auf die Schriftbeweise, die noch unten zu besprechen sein wird. Nicht zuletzt ermöglicht die Ausschaltung dieser Parallelität, die Abhängigkeit des Adamantiosdialogs von De resurrectione auf den Dialogteil über die Auferstehung des Leibes (202,25ff.) zu beschränken, was vom Thema her ohnehin naheliegt. 2) Bakh. 226,25-27 und Meth., resur. 406,3-5 haben die Vorstellung gemeinsam, der gesäte Samen sei mit dem geernteten dem Wesen nach identisch (daher seien der sterbende und der auferstehende Menschenleib ebenfalls identisch). Eine wortwörtliche Übereinstimmung liegt jedenfalls nicht vor. Die Stelle des Adamantiosdialogs (226,25-27) liegt von den anderen Parallelstellen relativ weit entfernt (s. die Tafel). Wohl mit Recht kann man also sagen, daß diese Gemeinsamkeit keine direkte literarische Abhängigkeit voraussetzt. Damit dürfte die oben genannte Annahme bewiesen sein: Der Dialogverfasser ist praktisch nur von den ersten beiden Büchern von De resurrectione abhängig, und zwar nur im Dialogteil über die Auferstehung (202,25ff.). απαρχή; ΑΔΑΜΑΝΤΙΟΣ.
Οί
προ τοίι
Χριστού άναστάντες
πάλιν alιθις
άπέθανον, ό
δε Χρίστος άναστας ούκέτι αποθνήσκει. 58
Meth., resur. 394,5-14:
Οϋκοϋν, ώ
Ώρίγενες,
εί έπί του είδους
μόνον
προσδοκασθαι διισχυρίζη την άνάστασιν έυ πνευματικώ μεταθησομένου σώματι, άπόδειξίν τε τούτου δοκιμωτάτην την κατά τον Ήλίαν ήμ7ν όπτασίαν και Μωυσέα παρέχεις,
"Ωσπερ
εκείνοι, φάμενος, μετά την άπο τοίι βίου έξοδον ώφθησαν οϋχ 'έτερον παρ' ο έΐχον είδος έξ άρχής
διασώζοντες,
κατά
τα
αυτά
καί
ή
πάντων
έσται
άνάστασις,
ό
Μωυσής
δέ και ό 'Ηλίας- προ του τον Χριστον παθεΤν καί άναστηναι ήδη το είδος τούτο ö φής έχοντες άνεστησαν καί ώφθησαν, — πώς δή έτι ό Χριστοί »πρωτότοκος« είναι »των νεκρών« υπό τών προφητών καί τών αποστόλων άδετα ι; 59
Meth.
resur. 395,9-15:
καί γαρ άτοπώτατον έπί
μόνου του είδους την άνάστασιν
διορίζεσθαι, οπότε α'ι ψυχαί καί μετά την < τ ή ς > σαρκός έξοδον ουδέποτε φαίνονται το είδος, ο φής άνίστασθαι, άποτιθέμεναι. ει δέ συμπαρέσται αύταίς τούτο άναφαίρετον, καθάπερ καί έπί της Μωυσέως καί 'Ηλίου ψυχής, καί ούτε φθείρεται κατά σε οίιτε άπόλλυται, συν αύταΐς πανταχού συμπαρόν, ουκ άρα το είδος άνίσταται, ο μηδέποτε πέπτωκευ. 60
Meth., resur. 395,15-196,5: έαν δέ τις δυσχεράνας Και πώς δή, άποκριθή, εί μηδείς ανέστη
προ του κατελθείν είς τον "Αιδην τον Χριστόν, άναστάντες ήδη τινές ίστορήθησαν προ αυτού, έν οίς της Ιαραφθίνης χήρας ό υίός καί της Ιωμανίτιδος και ό Λάζαρος; λεκτέον 'Αλλ' οΰτοι είς το καί αύθις άποθανεΤν άνέστησαν, ημείς δέ περί τών μηκέτι μετά τήν έγερσιν διοριζόμεθα τεθνηξομένων.
3. Verwendung des Methodios
63
Zieht man nun den Inhalt in Betracht, so fallt zunächst auf, daß die Themen, für die sich der Dialogverfasser interessiert hat und die er daher in sein Werk aufgenommen hat, vorwiegend naturwissenschaftlicher Art sind: medizinische (mit welchem Leib erfolgt die Auferstehung, mit dem des Kindes, oder dem des Erwachsenen, ... ?) und physikalische Fragen (wie können die Elemente, die den Leib eines Menschen bilden, nach ihrer Auflösung wieder gesammelt werden?). Sie werden bei Methodios in Logos 1 9-16 (230,1-240,3) gestellt und in II 9-30 (345,20-388,22) geklärt, deshalb finden sich in diesen Teilen besonders deutliche Parallelen. Wichtig ist allerdings wohl eher die Kehrseite: Der Dialogverfasser zeigt wenig Interesse am Hauptstreitpunkt des Methodios in De resunectione, an der Frage nämlich, ob der ursprüngliche Mensch (Adam) von Anfang an einen Leib besaß, oder erst nach dem Sündenfall (und an der damit verbundenen Frage nach der Interpretation der „Kleider aus Fellen" [Gen 3,21] usw.), worüber ja bei Methodios sehr lang und ausführlich diskutiert wird. Diese Problematik wird im Adamantiosdialog zwar erwähnt, aber nur kurz und nebenbei (216,4- 218,16), und sie ist dem Interpretationsproblem einer Bibelstelle (Rom 7,24 [214,26ff.]) untergeordnet. Sie ist für den Dialogverfasser offensichtlich nur eine Nebensache. Die antiorigenistische Haltung des Methodios teilt er also nicht, obwohl man daraus auch nicht das Gegenteil folgern kann. Er hat an dieser Frage schlicht kein Interesse. Aufschlußreich ist weiterhin, wie der Dialogverfasser Bibelzitate und Schriftbeweise einsetzt bzw. woher er diese schöpft. Bemerkenswert ist nämlich, daß etwa die Hälfte der Bibelzitate, die sich in diesem Abschnitt finden, von Methodios unabhängig ist61. Offensichtlich hatte er die vielen, von Methodios unabhängigen Bibelzitate entweder selbst gesammelt, oder aber anderen Quellen entnommen. Auf jeden Fall wird man seine diesbezügliche Eigenständigkeit anerkennen müssen. Hierzu gehört auch Bakh. 144,5-26, d.h. die einzige bib-
61 Von Methodios eindeutig unabhängig (d.h. in De resurrectione nicht, oder nur in eindeutig irrelevanten Zusammenhängen zitiert) sind (insgesamt ca. 17mal): Ps 55,14; 41,3; 56,2; 15,10; 73,19; Gen 46,15.27 (bis dahin Bakh. 214); IKor 3,2-4 (220); 6,11; Gal 2,20; 6,7; IKor 6,15.16 (222); 11,7 (224); 2Kor 3,3.11; 4,7; IKor 15,54 (234). In einem vergleichbaren Kontext zitiert sind (insgesamt ca. lOmal): Gen 6,3 (Bakh. 212; Meth., resur. 367,22ff.); Rom 7,24; Gen 3,21; Klgl 3,34 (alle Bakh. 216; resur. u.a. 224,Iff.); IKor 15,50 (Bakh. 218; resur. u.a. 366,5ff.; 367,22ff.); Rom 8,4ff. (Bakh. 220; resur. 321,5ff.); 7,5; 8,9 (zusammen Bakh. 220; resur. 321,2ff.); 2Kor 4,11 (Bakh. 224; resur. 363,22ff.); 5,4 (Bakh. 224; resur. 363,12; 364,26-28); Rom 7,25-8,2 (Bakh. 234; resur. 344,8). Die Reihe von Zitaten aus IKor 15 (Bakh. 224-228) könnte vielleicht mit Meth. resur. 249,10ff.; 404,5ff. zu tun haben; eine eindeutige Beurteilung ist jedoch m.E. nicht möglich.
64
Einleitung
lische Argumentation in dem soeben besprochenen Dialogteil, die der Verfasser zwischen die Abschriften aus De autexusio selbständig eingeschoben hat62. Schließlich soll hier eine sehr wichtige Frage gestellt werden. Wie erwähnt, geht der Dialogverfasser mit seinen beiden Vorlagen äußerlich gesehen ganz unterschiedlich um: De autexusio hat er nur geringfügig und — wenn man trotz des oben Gesagten so will — plagiatorisch bearbeitet, während er De resurrectione so gründlich verarbeitet hat, daß sozusagen kein Stein auf dem anderen geblieben ist. Das liegt an der Beschaffenheit der beiden Dialoge des Methodios. Welche Arbeitsweise sollte man nun aber für die anderen Dialogteile voraussetzen? Man geht ja in der Forschung allgemein von der ersteren aus, ohne sich dieser Frage überhaupt explizit zuzuwenden 63 . Da diese Quellenschriften nicht erhalten sind, ist eine endgültige Antwort nicht möglich. Trotzdem spricht die Statistik für die Annahme, daß der Verfasser, zumindest im antimarkionitischen Teil, seine Vorlage(n) ebenso stark bearbeitet hat wie De resurrectione. Es geht dabei um den Redeanteil des Schiedsrichters Eutropios, der bei Methodios keine Entsprechung hat und den der Verfasser daher selbständig eingeführt hat. Er greift nämlich im antivalendnianischen Dialogteil, d.h. dem Teil aus De autexusio, deutlich weniger häufig in die Diskussion ein (12 % gegenüber dem Durchschnittswert 20 %)64. Das legt nahe, daß die Art und Weise, wie er De autexusio benutzt hat, eher ein Extremfall war. Außerdem könnte man daraus schließen, daß die äußerst gründliche Umarbeitung von De resurrectione ebenfalls eine Ausnahme war, da Eutropios dort das Wort, freilich weniger eindeutig, doch immerhin überproportional häufig, ergreift (23 %). Der Verfasser ist also
S.o. 3.3.2.3. und den 2. Anhang z.St. Den Extremfall stellt der Versuch von V O S S dar, der den Entstehungsvorgang des ganzen Dialogs analog zu den „Marinos-Disputationen" (in Wirklichkeit meint er damit aber nur den De autexusio-Teih s. Kap. 1 Anm. 95) ermitteln zu können glaubte (s.o. 1.9.). Um gerecht zu sein, muß man jedoch berücksichtigen, daß spätestens seit Z A H N die Weichen für diese Interpretation schon lange gestellt waren. 64 Die folgenden Rechnungen basieren auf dem griechischen Text der Ausgabe B A K H U Y Z E N S . H O F F M A N N S Angaben (85) weichen davon geringfügig ab, das tut aber wegen der Unsicherheit des Textes nichts zur Sache. Die Reden der häretischen Unterredner werden jeweils zusammengerechnet. Zu den auffallend gleichmäßigen Werten in den beiden antimarkionitischen Teilen s. unten 5.4. Anm. 24. 62
63
Adaman tios
Eutropios
ganzer Dialog
322/830 = 39 %
166/830 = 20 %
Häretiker 342/830 = 41 %
antimark. Teil I (2,1-60,11)
87/225 = 39 %
45/225 = 20 %
93/225 = 41 %
antimark. Teil II (60,12-114,19)
79/199 = 40 %
40/199 = 20 %
80/199 = 40 %
an ti valent. Teil (136,11-168,5)
32/74 = 43 %
9/74 = 12 %
33/74 = 45 %
De resurr.-Teil (202,25-222,28)
19/52 = 37 %
12/52 = 23 %
21/52 = 4 0 %
3. Verwendung des Methodios
65
vermutlich im antimarkionitischen Dialogteil einen mittleren Weg gegangen. Jedenfalls ist es methodisch nicht zulässig, ohne weiteres die äußere Benutzungsweise von De autexusio mechanisch auf den ganzen Adamantiosdialog zu übertragen.
3.4. Zusammenfassung Die Untersuchung zur Verwendung der Methodios-Dialoge (De autexusio und De resurrectione) im Adamandosdialog hat ergeben: 1) Der Dialogverfasser will geordnete und übersichtliche Argumentationen 65 . Diese Tendenz kann so weit gehen, daß er sogar die vorgefundene Konstellation der Auseinandersetzung eigenwillig manipuliert, damit die Widerlegung logisch durchsichtiger und effektiver gestaltet wird; das heißt, er verfolgt seine Konzeption gegebenenfalls auf Kosten der Treue gegenüber den Informationen, die er seinen Quellen entnommen hatte. 2) Hinsichtlich der Schriftbeweise zeigt der Verfasser viel Freiheit und Eigenständigkeit, selbst dort, wo er sonst nachweisbar von seiner Vorlage abhängig ist. 3) An der antiorigenistischen Frontstellung des Methodios ist er nicht eigens interessiert. 4) Er hat seine Vorlagen in den anderen Dialogteilen äußerlich wohl stärker verändert als De autexusio, wenn auch nicht so stark wie De resurrectione.
65
Daher ist wohl u.a. das im Dialog durchgehend feststellbare Schema »logische bzw. philosophische Untersuchung - Schriftbeweise« grundsätzlich als bewußte Konstruktion des Dialogverfassers anzusehen (s.u. 4.2.1.3.).
4. Inhaltsübersicht und Strukturanalyse
4.1. Inhaltsübersicht Im folgenden fasse ich den Inhalt des Adamantiosdialogs tabellarisch zusammen. Dabei wird im Hinblick auf die darauffolgende Strukturanalyse auch der zweite Hauptteil des Werks (Gespräche mit Marinos, Droserios und Vales), freilich weniger ausführlich, berücksichtigt.
1. Hauptteil: Gegen zwei Markioniten (Megethios, Markos) (2,1-114,19) 1. Teil: Gegen Megethios (2,1-60,11) Einleitung (2,1-4,3) Eröffnungsreden von Adamantios und Megethios (2,1-19) Vereinbarung über die Autorität des Schiedsrichters (2,20-4,3) Ekthesis der beiden Unterredner (4,4-21) Überleitung (4,4-10) Ekthesis des Adamantios (4,11-15) Ekthesis des Megethios (drei Prinzipien) (4,16-21) Theoretische Diskussion (4,22-8,22) Verhältnis der drei Götter zu den Menschen (4,22-6,13) Grund für das Gutsein des „guten" Gottes (6,14-6,35) Machtverhältnis zwischen den drei Prinzipien (8,1-22) Allgemein-biblische Diskussion (8,23-20,26) Über die vier Evangelien (8,23-18,6) Legitimation der Evangelisten Markus und Lukas (8,23-10,33) Einheit des Evangeliums bei Mehrzahl der Evangelisten (10,34-12,28) Widersprüche zwischen den Evangelien (14,1-32) Der Autor des „einen" Evangeliums (16,1-8) Exkurs: Zur Selbstbezeichnung „Markionit" (16,9-18,6) Ein und derselbe Gott und seine unterschiedlichen Gesetzgebungen (18,7-20,26)
67
4. Inhaltsübersicht und Strukturanalyse
Spezifisch-biblische Diskussion (20,27-60,11) Weltschöpfer und Christus (Antithesen 1-10) (20,27-40,11) Überleitung (20,27-33) Antithesel 1 (22,1-24,23) Antithese 2 (24,24-26,17) Antithese 3 (26,18-28,19) Antithese 4 (28,20-32,2) Exkurs: Herkunft und Einstellung des Eutropios (30,13-19) Antithese 5 (32,3-23) Antithese 6 (32,24-36,12) Antithese 7 (36,13-29) Antithese 8 (38,1-15) Antithese 9 (38,16-29) Antithese 10 (40,1-11) Urheber der Christenverfolgungen (Antithese 11) (40,12-42,2) Prophetenzitate bei Paulus (42,3-27) Diskussion um Lk 10,22 par. (Antithese 12) (42,28-44,30) Christus und die Messiasweissagungen des AT (46,1-52,9) Antithese 13 (46,1-24) Antithese 14 (48,1-50,8) Antithese 15 (50,9-52,9) Diskussion um Gal 3,13 („Christus hat uns erkauft"; Antithese 16) (52,10-56,10) Diskussion um Lk 16,13 („zwei Herren") (56,11-58,10) Diskussion um Lk 6,43 par. („zwei Bäume") (58,11-60,11) 2. Teil: Gegen Markos (teilweise gegen Megethios) (60,12-114,19) Ekthesis des Markos (zwei Prinzipien) (60,12-13) Theoretische Diskussion (60,14-68,21) Räumlich-zeitliche Argumente (60,14-62,14) Zugehörigkeit des Menschen (62,15-28) Grund für die Bezeichnung „gut" (62,29-64,23) Diskussion über das Richten Gottes (64,24-68,21) Antithese 17 (64,24-66,2) Schriftbeweis aus dem N T für das Richten Gottes (66,2-68,21) NT-Stellen mit dem Gerichtsgedanken (66,2-68,10)
1
In der Tafel wird „Antithese x " (zum Terminus „Antithese" s.u. den Exkurs hinter dem
K o m m , zu 20,27f.) im Sinne von „Antithese χ und ihre Widerlegung" gebraucht.
68
Einleitung
Interpretation von 2Thess l,6f. (Megethios) (68,11-21) Diskussion über die Erlösungslehre (68,22-76,2) Diskussion um Gen 6,6 (Antithese 18) (Megethios + Markos) (68,22-70,6) Rettung allein der Seele (Megethios) (70,7-72,22) Rettung allein des Geistes (Markos) (72,23-74,20) Ursache und Wirkung der Kreuzigung Christi (Megethios) (74,21-76,2) Allgemein-biblische Diskussion (76,3-86,8) Lazarusgleichnis (Lk 16,19-31) (76,3-80,5) Überleitung (76,3-13) Zitat und Interpretation durch Adamantios (76,14-78,9) Interpretation durch Markos (78,10-80,5) Legitimation des Paulus (80,6-30) Verkündigung der Apostel (80,31-82,23) Gottessohn-Titel des Christus (82,24-33) Petrusbekenntnis (84,1-10) Der Autor des Evangeliums (84,10-13) Zusammenfassung des Eutropios (84,14-19) Zusammenfassung des Adamantios (84,20-86,8) Spezifisch-biblische Diskussion (86,9-114,4) Christus und das Gesetz (86,9-90,3) Überleitung (86,9-88,6) Parallelität zwischen dem AT und Christus (88,7-30) Textänderung von Mt 5,17 durch Markion (88,31-90,3) Gemeinsamkeit zwischen Altem und Neuem (90,4-92,11) Joh 13,34 („neues Gesetz") und Mt 9,16f. par. (Doppelgleichnis von Weinschläuchen und Stoffstücken) (90,4-33) Diskussion um 2Kor 5,17 („neues G e s c h ö p f ) (90,34-92,11) Liebe als Vollendung des Gesetzes (92,12-94,5) Textänderung von IKor 10,11 (94,6-96,3) Antimarkionitische Stellen in der Bibel Markions (96,4-110,19) (Darunter eine besonders intensive Diskussion um IKor 15,45.47 [100,3-102,11]) Interpretation von 2Kor 4,4 („Gott dieser Welt") (110,20-112,15) Gott und Christus als Richter (112,16-114,4) Urteilsspruch des Eutropios (114,5-19)
4. Inhaltsübersicht und Strukturanalyse
69
2. Hauptteil: Gegen Marinos (teilw. Droserios, Vales und auch Megethios) (114,20-242,20) Ekthesis und Fragestellung des Marinos (gemeinsam für Teil 3-5) (114,20116,22)
3.(1.) Teil: über die Herkunft des Übels (116,23-168,18) Diskussion gegen Marinos (116,23-136,10) Vorspiel (116,23-118,9) Ekthesis des Adamantios und Marinos (118,10-13) Theoretische Diskussion über die gute und böse „Wurzel" (118, ΜΙ 26,15) (Darunter Diskussion mit Megethios, teilweise biblisch [122,27-126,11]) Das Böse als Abwesenheit des Guten (126,16-136,10) Diskussion gegen Droserios und Vales (136,11-158,22) Überleitung (136,11-24) „Horos des Valentinos" (= Ekthesis des Droserios) (136,25-144,5) Ob die Materie mit Gott σύγχροι/os ist (Gen 1,2 gegen 1,1) (144,626) Die Materie ist qualitätslos, daher kann sie nicht Ursprung des Übels sein (144,27-152,15) Ob die Materie Qualitäten hat (gegen Vales) (152,16-158,22) Willensfreiheit des Menschen als Ursprung des Übels (gegen Marinos) (158,23168,5) Urteilsspruch des Eutropios (168,6-18)
4. (2.) Teil: über die Leibhaftigkeit Christi (168,19-202,22) Ekthesis von Marinos und Adamantios (168,19-170,8) Theoretische Diskussion (170,9-172,29) Ob der Leib für Gott eine Schande ist (170,9-172,12) Geburt als Akt Gottes (creado continua) (172,13-29) Biblische Diskussion (172,30-200,24) Diskussion um Joh 1,14 (172,30-176,5) Diskussion um IKor 15,40 (176,6-178,25) Christus und die Engel, die vor Abraham erschienen sind (178,26188,13)
70
Einleitung
Diskussion um Eph 4,10 und Joh 3,13 (Christus als „Herabgestiegener") (188,14-190,23) Diskussion um Lk 1,35 (διά oder εκ Μαρία?) (190,24-192,12) Diskussion um Kol 1,18 („Erstgeborener") und IKor 15,20 („Erstling") (192,13-198,23) Diskussion um Mt 22,42-45 (198,24-202,24) 5. (3.) Teil: über die Auferstehung des Leibes (202,25-242,20) Überleitung und Ekthesis des Adamantios (202,25-204,5) Theoretische (physikalische) Diskussion (204,6-212,18) Mit welchem Leib erfolgt die Auferstehung? (204,6-208,13) Mit welchem Blut erfolgt sie? (208,14-210,7) Mit welchen Elementen steht der Leib auf? (210,18-212,18) Biblische Diskussion (212,19-236,8) Vereinbarung über die Diskussionsgrundlage (212,19-27) Diskussion um Gen 6,3 (212,28-214,2) Diskussion um Ps 55,13; 41,2; 56,lf.; 15,10 (214,3-23) Diskussion um Rom 7,24 (214,24-218,18) Diskussion um IKor 15,50 (218,19-222,10) Paulusworte für die leibliche Auferstehung (222,10-236,8) Schlußrede des Schiedsrichters Eutropios (236,9-242,20)
4.2. Strukturanalyse In der Forschung hat man die Komposition des Adamantiosdialogs allgemein als unzureichend beurteilt (s. auch oben Kap. 1). Selbst dem Herausgeber BAKHUYZEN erschien sie als „unbeholfen" 2 . Wenn überhaupt, dann wurden nur einzelne Argumentationseinheiten positiv gewürdigt3. Meines Wissens hat U.
2
S. XV.
3
BARDENHEWER 294f.: „Der Verfasser verrät eine treffliche dialektische und theologische
Schulung. ... Die Anlage des Ganzen aber ist steif und unbeholfen. ... D e r Freude am Kompilieren des Werkes ist die Einheitlichkeit des Werkes zum O p f e r gefallen"; VOSS 137: „Die Schwächen, die sich im A u f b a u größerer Einheiten finden, sei es des ganzen Werkes oder der Einzeldisputationen, fehlen auf kleinem Raum völlig. Die Erörterung der einzelnen Punkte ist in der Regel zügig und klar, auch im ersten Teil" (mit dem „ersten Teil" sind die Gespräche mit den beiden Markioniten gemeint).
4. Inhaltsübersicht und Strukturanalyse
SCHMID
71
als erster von einer ,,überlegte(n) Dramaturgie" des Dialogs gesprochen,
und zwar mit Recht 4 . Dabei betreffen seine Argumente weniger die grundlegende Konzeption des Dialogs als vielmehr dessen einzelne Inszenierungen, was sich schon dadurch erklärt, daß er sich - von der Anlage seiner Arbeit her selbstverständlich - nicht eigens mit dem Aufbau des gesamten Adamantiosdialogs beschäftigt hat. Im folgenden versuche ich daher die Komposition des Dialogs als Ganzen zu analysieren, was zu einer veränderten Einschätzung des Werkes fuhren dürfte. 4.2.1. Aufbau des Dialogs 4.2.1.1. Quantitative Zusammensetzung Betrachtet man die Gliederung des gesamten Adamantiosdialogs zuerst einmal einfach vom Umfang her, so fällt sofort ihre Ebenmäßigkeit auf. Der ganze Dialog besteht aus zwei Hauptteilen fast gleichen Umfangs: Der erste enthält ca. 2770 Zeilen im Codex B, der zweite ca. 2806 Zeilen. Selbst wenn mit den verlorenen Textstücken von S.228-232 BAKH. entsprechend weitere ca. 170 (bzw. 132) Zeilen zum zweiten Teil hinzukommen (vgl. oben 2.3.3. und die kodikologische Vermutung in 2.3.2), ändert sich nichts Wesentliches. Der erste Hauptteil besteht wiederum aus zwei Teilen, dem Gespräch mit Megethios und (hauptsächlich) mit Markos, die ihrerseits einen fast gleichen Textumfang aufweisen (1432 bzw. 1338 Codex B-Zeilen). Der zweite Hauptteil gliedert sich zwar nicht so gleichmäßig wie der erste (der dritte5 Teil enthält ca. 1220, der vierte ca. 888, der fünfte dann ca. 698 Zeilen 6 im Codex B) 7 , doch erklärt sich
4
199. Vgl. auch oben 1.10.
5
Im folgenden benutze ich die durchgehende Numerierung.
6
O h n e Rücksicht auf die verlorenen Texte auf S.282-232 BAKH. Rechnet man dafür 170 bzw.
132 Zeilen dazu, s o k o m m t die Zahl der der zweiten Diskussion (ca. 888 Zeilen) nahe. 7
Die in meiner Übersicht vorgenommene themenorientierte A b g r e n z u n g zwischen der ersten
und der zweiten Diskussion im zweiten Hauptteil ist nicht nur inhaltlich, sondern auch durch den Urteilsspruch des Eutropios mit der Anweisung, Marinos solle nun seine übrigen beiden Punkte ( r a s Xoirràç δύο προτάσΕί? 168,16f.) darlegen (168,6-18), begründet. Daher kann die im C o d e x Β überlieferte Kapiteleinteilung, nach der ein neues Kapitel bereits mit dem Auftritt des Droserios (136,11) beginnt und der die Ausgaben (einschließlich BAKHUYZF.N; vgl. aber X X I V - X X V I ) folgen, kaum die ursprüngliche sein. Dieser Einteilung schließt sich allerdings auch die Handschrift der Rufinschen Übersetzung an, deren Zuverlässigkeit jedoch wiederum dadurch fragwürdig wird, daß sie das folgende letzte Kapitel anders als im Codex Β (und bei BAKHUYZEN) schon 174,24 BAKH. beginnen läßt, also „mitten in einer Beweisführung des Marinus" (BAKHUYZEN X X V ) . Vermutlich ist also weder die Kapiteleinteilung der griechischen noch die der lateinischen Überlieferung ursprünglich, und sie sind voneinander unabhängig. Die
72
Einleitung
der überproportionale Umfang des dritten Teils durch die Einbeziehung von Droserios und Vales. Dieser Sachverhalt kann nun m . E . unmöglich als Zufall interpretiert werden. D e r Verfasser hat sein ganzes W e r k bewußt in diesem formell äußerst ausgewogenen Rahmen konzipiert. D i e folgende Grafik soll dies veranschaulichen 8 : Ganzer Dialog
= 100
1 . / 2 . Hauptteil
49,7 25,7
1 . / 5 . Teil
50,3 24.0
21,9
12,4
16,0
4.2.1.2. Inhaltliche Zusammensetzung der Dialogteile E i n e gezielte Strukturierung des Dialogs läßt sich nicht nur an den Textmengen der einzelnen Teile, sondern auch an den T h e m e n ablesen. Für die drei Disputationen im zweiten Hauptteil liegt das auf der Hand: D i e zu behandelnden Themen
(Herkunft des Übels, Leiblichkeit Christi, leibliche
Auferstehung)
werden im voraus expressis verbis angekündigt (116,5-13; s. besonders 116,12f. ταύτα τα τρία εστίν α ζ η τ ώ ) , und sie werden tatsächlich der Reihe nach diskutiert. E i n derartiges „Inhaltsverzeichnis" bietet der erste Hauptteil zwar nicht, aber hier ist die Zusammengehörigkeit seiner beiden Bestandteile sachlich klar genug begründet (Drei- gegen Zweiprinzipienlehre), und Markos weist in seinem ersten W o r t ausdrücklich darauf hin: εγώ ορίζομαι où τρεϊκ άρχαν sìvai άλλα δύο (60,12f.). Die beiden Hauptteile sind also in sich klar strukturiert, wenn auch in jeweils anderer Art und Weise: D e r erste gliedert sich nach zwei sachlich gegenübergestellten Ausgangspunkten, der zweite dagegen nach drei Themenkreisen, die gegeneinander klar abgegrenzt werden 9 . Diese Differenz in der Gliederung führt freilich dazu, daß die beiden Hauptteile nur relativ schwach miteinander verknüpft sind. N e b e n der Schlußrede des Eutropios 236, 9ff. 1 0 trägt jedoch die Megethiosgestalt zur Einheit des ganzen Dialogs bei: Dieerwähnte Ü b e r e i n s t i m m u n g zwischen den beiden läßt sich o h n e weiteres dadurch erklären, daß sich beide durch den Auftritt eines neuen Gesprächspartners (Droserios) haben beirren lassen. 8
D i e vermutlich verlorengegangenen T e x t e auf S . 2 2 8 - 2 3 2 BAKH sind hier nicht berücksichtigt.
'
Vgl. auch den Urteilsspruch des E u t r o p i o s
1 1 4 , 8 - 1 2 ó μεν γ α ρ Μεγέθιοί τρεΤς
αρχάς
όρισάμενο^ ... Μάρκος δε δύο άρχίχϊ όρισάμενος ... . D a h e r erscheint mir die B e m e r k u n g von VOSS unberechtigt: „ D e r zweite Teil des Werkes ist also von g r ö ß e r e r G e s c h l o s s e n h e i t als der e r s t e " ( D i a l o g 136). 10
Namentlich 236,1 Of.; vgl. aber auch 2 0 0 , 3 2 - 2 0 2 , 1 , wo alle Häretiker außer Markos gemeinsam
von E u t r o p i o s g e n a n n t werden. D a s Fehlen des Markos könnte ein T e x t f e h l e r sein (vgl. VOSS, Dialog
143, A n m . 3 9 ) , aber da er auch von Rufinus nicht erwähnt wird, dürfte es sich dabei eher
um einen Fehler seitens des Dialogverfassers handeln.
4. Inhaltsübersicht und Strukturanalyse
73
ser tritt nicht nur im 2. und 3. Teil, sondern wahrscheinlich auch im Teil 5 wieder auf, denn die Worte 228,1.3f. sollten mit der Handschrift Β (BAKHUYZENs Angabe im Apparat ist falsch) nicht Marinos, sondern Megethios zugeteilt werden. Außerdem hält der doppelte Hinweis auf oi περί Μεγεθιου, die noch anwesend sein sollen (200,21 [Teil 4] und 222,11 [Teil 5]), den ganzen Dialog zusammen, egal wie man das im Hinblick auf die Quellenanalyse beurteilt (dazu s.u.). Zieht man nun noch das oben erwähnte quantitative Gleichgewicht der beiden Hauptteile in Betracht, so wird man ohne Einschränkung sagen dürfen, daß der Verfasser durchaus auf eine sinnvolle Zusammensetzung der einzelnen Dialogteile bedacht war, und das nicht ohne Erfolg". 4.2.1.3. Grundlegendes Argumentationsmuster Durch den ganzen Dialog hindurch läßt sich ferner eine bestimmte Argumentationsanordnung erkennen: Jeder Streitpunkt, der in einer Ekthesis bzw. Definido (zu den Termini όρίζεσθσι/ôpoç und έκτιθέυαι s. d. Komm, zu 4,8f.) aufgeworfen wird, wird in der Regel zuerst mit Vernunftgründen (oben in der Inhaltsübersicht „Theoretische Diskussion" genannt), dann mit biblisch-christlichen Gründen diskutiert. Letzteres geschieht wiederum in zwei Phasen: Zuerst wird allgemein, u.a. über die anzuerkennenden Schriften (gegen die beiden Markioniten, aber auch gegen Marinos 212,19-27) 12 , diskutiert, bevor dann, je nach Beweiszweck, einzelne Schriftstellen angeführt und besprochen werden. Eine exakte Abgrenzung bzw. Einordnung einzelner Abschnitte ist nicht immer einfach, und aufgrund von Überleitungspassagen auch nicht immer möglich. Im großen und ganzen dürfte aus der folgenden tabellarischen Darstellung die beabsichtigte Struktur des Adamantiosdialogs dennoch deutlich genug zu erkennen sein:
" VOSS urteilt wiederum m.E. zu einseitig, wenn er schreibt: „Die Einheit des Werkes beruht im wesentlichen auf der Rolle des Schiedsrichters und der des Orthodoxen. Da im Schlußwort des Schiedsrichters alle fünf überwundenen Gegner des Adamantios auf einmal genannt werden, wird auf die mehr intendierte als verwirklichte Einheit der Disputation wenigstens nachträglich hingewiesen" (Dialog 136). 12 Diese Phasen werden durch die folgenden typischen Fragen markiert: από ποίων α π ο δείξεων ... 8,24; από ποίων γ ρ α φ ώ ν ... 76,6; ποίου άπόστολον 80,8; ποίαιΐ γραφαΊs ... 212,25.
74
Einleitung
Ekthesis
l.Teil
2.Teil
3.Teil
4,4-21
60,12f.
114,20-116,22 168,19-170,8
theoretisch 4,22-8,22
60,14-64,23 116,23-168,5 170,9-172,29
114,5-9
5.Teil 202,25-204,5 204,6-212,18 212,19-27
bibl.-christl. 8,23-20,26 (64,24-76,2) 76,3-86,8 (allgemein) (spezifisch) 20,27-60,11 86,9-114,1 Urteil
4.Teil
172,30-202,24 212,28-236,8 168,6-18
236,9-242,20
Die Einordnung von 64,24-76,2 bedarf noch einer Anmerkung. Es handelt sich dabei inhaltlich um Diskussionen über das Richten Gottes (64,24-68,21) und über die Erlösungslehre (68,22-76,2). Zumindest erstere erwartet man zusammen mit einer Reihe von Schriftzitaten (66,10-68,5) später, frühestens nach dem Abschnitt 76,3-86,8, also nachdem die schriftliche Diskussionsgrundlage geklärt ist (vgl. 66,8-10 ΑΔ. τ ω άποστολικω πείθη; ΜΑΡΚ. τ ω έμω άποστολικω πείθομαι. ΑΔ. ε χ ω τ ο αποστολικό ν σου ... mit 80,8 [Adamantios zu Markos] ποίου απόστολου). Andererseits ist aber darauf hinzuweisen, daß diese Diskussion durch die Aussage des Markos 64,28f.; 64,36-66,2 („Antithese 17") veranlaßt ist, die ihrerseits wegen ihres grundlegenden Charakters durchaus sinnvoll an die vorangegangene theoretische Diskussion anschließt. Es muß also eingeräumt werden, daß die Materialverteilung des Dialogs nicht nur von der oben dargestellten prinzipiellen Struktur, sondern auch vom unmittelbaren Kontext bzw. - auf der literarisch-fiktiven Ebene - von der spontanen Reaktion eines Gesprächspartners bestimmt ist. So erklärt sich auch der Einschub von „Exkursen" (16,9-18,6; 30,13-19). Das Fehlen von biblischen Abschnitten im 3. Dialogteil liegt im übrigen daran, daß die dort behandelte unde malum-Frage in der Bibel wenig Grundlage hat.
4.2.1.4. Entsprechungen zwischen den Rahmenreden Im Blick auf die intendierte Einheitlichkeit des ganzen Adamandosdialogs ist schließlich auf die Entsprechungen zwischen den Rahmenreden hinzuweisen. Mit „Rahmenreden" meine ich die folgenden vier Stellen, denen aufgrund ihrer zusammenfassenden Funktion eine besondere Bedeutung zukommt, und die damit gleichsam den Rahmen der ganzen Schrift bilden 13 : Die Einleitungsreden von Adamantios und Megethios (2,1-19) und die drei Urteilssprüche des Eutropios (114,5-19; 168,6-18; 236,9-242,20 [Schlußrede]). Wie unten in einer Synopsis veranschaulicht, sind auffallend viele, teilweise wörtliche Entsprechungen 13
Zugleich sind das die Worte, die sicherlich vom Dialogverfasser stammen.
75
4. Inhaltsübersicht und Strukturanalyse
festzustellen. Auch von diesem Gesichtspunkt aus ist also die Absicht des Dialogverfassers, den ganzen Dialog einheitlich zu gestalten, unverkennbar. Einleitung
Urteilsspruch
Urteilsspruch
Schlußrede
(2,1-19)
(114,5-19)
(168,6-18)
(236,9-242,20)
lf. οί του φιλαλήθη καί φ ι λ ά ν θρωπου τρόπου μεταδιώκουτες καί τήυ τούδε του κόσμου δίοδου ευ μόλα βιουυ έθέλουτες, 3 επί τήυ άξιέραστου καί
240,17ff. IV ήρεμου καί ήσύχιου βίου διάγουτες ευ πάση εύσεβεία καί σεμνότητι καταληφθώμευ έν τ ω αίώυι τούτω,
άξι-
άγαστου ττίστιυ τήυ εις θεού ά φ ορώντες, 4
εγκρατείς της
άμείνουος
καί τελειότατης δόξης γίυουται,
242,1 f.
τώυ κόπων τάς
άμοιβάς παρ' αύτω εχουτες καί τήυ άληθιυήυ ήμών ζωήν
5-8. τουναντίον γνώμη καί
καί
άνοήτω
δε οί
άστάτω
περιέργω
γνώσει
λογισμώ
άδοξίαν
άντί δόξης θεώ προιέμευοι. οθευ μοι δοκεΪ où μικρού κίυδυυου είναι του της επισφαλούς
14
καί φαύλης
εις θεού πίστεως· 8f. βάσιυ γ α ρ οίμαι
242,18 άποσχέσθαι δέ τοίι άτακτου καί άσυντάκτου καί επισφαλούς δόγματος
(s.u.)
καί έδραίωμα ε'ιυαι πασώυ τώυ άρετώυ τήυ άρμόζουσαυ θ ε ώ
δόξαυ
τε
καί ττίστιυ· 12f. ο'ίδαμευ γαρ καί ήμεΤς ότι ή πίστις πάυτωυ διαφέρει καί ή ορθή εις θεού δόξα.
14
14f. καί μοι δοκεΐ μόνου οι του ορθόν ά π ο φ α ί - όρθοτάτου υεσθαι του υπό δόγματος ' Αδαμαυτίου λόγοι. έκτεθεντα ενα θεόυ
Zum textkritischen Problem s. den Komm. z.St.
236,1 If. έκτραπέυτες ευθείας καί όρθοτάτου δόγματος
της τοίι
76
Einleitung
14f. έν τίυι έστΐν ή αληθής καί δ ι καία π ί σ τ ι ς .
242,19 άναδραμεϊν επί την αληθή κα! δικαίαν π ί σ τ ι ν
17f. ώ δικαίως 1 Of. την άλήθειαν καί το πρόσκειται ή καθολική τη