Deutsche Gedichte: Band 1 [Reprint 2019 ed.] 9783486774245, 9783486774238

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German Pages 595 [620] Year 1944

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Table of contents :
Vorwort
DICHTER DES MITTELALTERS
GERHARDT
GRYPHIUS
ANGELUS SILESIUS
DICHTER DER BAROCKZEIT
DICHTER DES 18. JAHRHUNDERTS
KLOPSTOCK
CLAUDIUS
GOETHE I
GOETHE II
SCHILLER
HÖLDERLIN
NOVALIS
BRENTANO
Inhalt des ersten Bandes
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Deutsche Gedichte: Band 1 [Reprint 2019 ed.]
 9783486774245, 9783486774238

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DEUTSCHE GEDICHTE

DEUTSCHE GEDICHTE Herausgegeben von

EDGAR HEDERER

LU w WM

MÜNCHEN UND BERLIN 1944

VERLAG VON R.OLDENBOURG

Die Sammlung entstand im Auftrag des Goethe-Instituts der Deutschen Akademie München. 2. veränderte Auflage

ie zeitlose Gegenwart deutscher Gedichte will, daß man ihrem wirken stets neue Wege bereit mache. Mit dem Für und Wider jeder Auswahl folgt diese der Gestalt eines Dichters oder dem Geist eines Jahrhun­ derts. Ronnte sie beim einen Dichter fast alles bergen, was wertvoll und dauernd erschien, so mußte sie sich bei den meisten bescheiden auf Ausblick und Beispiel, von dem dann jedes für eine ganze, mit ihm verwandte Welt spricht. Inmitten erzieherischer Arbeit entstanden, hat diese Sammlung eine erweckende und begeisternde Absicht. Nur daraus nehmen die Worte, die zu den Dichtern geleiten, ihr Recht. Dem um Dichtung wissenden wird leicht „ungereimt" erscheinen, was man dem lyrischen Gedicht noch hinzufügt. Jeder Satz auch dieser Geleitworte weiß, daß wir mit den Gedichten selbst immer am Ziele sind; ihr Gehalt kann von keiner Sprache ersetzt und von keiner Deutung erschöpft werden. Es ging nur darum, die Figur zu beschreiben, die immer andere, immer gleiche Figur der deutschen Seele, in der der Dichter seine Gedichte darlebt; die Stunde zu nennen, in der die Gedichte entstanden, und sie doch von dem trüben Schleier der bloßen Geschicht­ lichkeit zu befreien. Und es galt dafür zu wirken, daß man sich der sanften Nötigung ihrer Wahrheit anheim­ gebe. Dichtung, das heißt Wort einer Wahrheit, die als Schönheit überwältigt oder nicht vernommen wird. Die Schönheit eines Gedichtes, die nicht immer Glätte

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ist und Wohllaut, sondern ganz einfach die zwingende Gestalt dessen, was es zu sagen gilt, entzieht sich aber am meisten der erklärenden Sprache. Mögen immerhin die Geleitworte gelesen werden, sik sind dazu da, daß die Gedichte mehr als nur gelesen werden, daß nie­ mand unverwandelt durch dieses Reich hindurch­ schreite. Auf weitem Wege, im Wandel der Gestalten und Bewegungen des Geistes enthüllt sich die deutsche Seele im Lied. Immer an die Grenze drängend, wo die Sprache ins Schweigen mündet, birgt es in glatter und rauher Fügung das Hellste und Dunkelste. Mögen andere Völker reicher sein an Liedern der Liebenden, an Gesängen, die die Erde feiern und das Leben unter den Menschen, keines hält im Gedichte inständiger die irdischen Dinge gegen das Ewige. Ausgespannt in ein allmenschliches Leben, in Natur und Seele den Gedanken Gottes nachsinnend, lebt der deutsche Dichter von Anbeginn der Versöhnung des namenlosen mir dem geoffenbarten Gott. Im Angesicht des Ewigen klärt er die Zeichen der Zeit und wird nicht müde, seinem Volke in seinem Herzen eine heile Stelle zu halten. In hoher Gunst hat er das unschuldig kühne Wort empfangen, an die geheime Stelle zu führen, wo alles Denken und Fühlen gereinigt wird und neues Dasein offensteht. In jedem Gedicht geschieht ein Wunder der Sprache: durch die Liebesgewalt seines Wortes einigt der Dichter uns mit dem Grunde seiner Seele und nimmt uns hinein in die Tiefe der Welt, weil er mit ihr eins wird, er-

kennt er die Welt. Er redet nicht von den Dingen, sondern die Dinge selbst fangen, geweckt und gebannt von seiner Zauberkraft, in seinen Worten zu leben an. 3m Größten und Rleinsten läßt er uns das Nächste der Seele ergreifen und die Grimme des Jenseits deutlich vernehmen. Nur wenn der innere Sinn und auch die äußeren Sinne ganz offenstehen, schenkt sich das Gedicht als ein Leben und als ein Glück; als wachsender Trost; als ein Traum, der, selig in sich selber, uns losreißt von der Angst des Irdischen; als offenbarende Macht, die das Leben der Seele und der Natur, die Bewegung der Zeiten und das Bleiben Gottes in ein leise gewaltiges Wort verwandelt hat. Einmal aus höchstem Leben geboren und mit teuerstem Leben bezahlt, behält es die Rraft, den Mensä-en an ihn zu erinnern und dauert in jedem Geschick. Tegernsee, l-§Z

Edgar Hederer

DICHTER DES MITTELALTERS

n die Leere vor der Welt hinaus hebt deutsche Andacht zu singen an: Das erfuhr ich unter Menschen als Wunder größtes Daß Erde nicht war noch Fimmel drüber Noch irgendein Baum noch Berg nicht war Noch irgendein Stern noch Sonne schien Noch Mond nicht leuchtete noch das gewaltige Meer Als da nirgends nichts war an Enden und Wenden Da war doch der eine allmächtige Gott. Schon beginnt in solch weitem Gesicht und Gebet germanische Unruhe sich zusammenzuringen mit christ­ lichem Glauben; bis dann auf weiten Wegen über gewaltige Raume, aus denen die alte Heldendichtung herübertönt, tragisches Scheitern sich wandelt zu from­ mer Zuversicht. Aus dem germanischen Helden wird der christliche Ritter. Und er weiß auf eine eigene, deutsche Art Welt und Ewigkeit zusammenzubringen. In höfischer Zeit erblüht der Frühling des deutschen Minnesangs. Das heimische Lied findet sich zu den reichen Tönen und edlen Maßen erworbener Runst. Sein und Schein mit allezeit reger Phantasie zum Tausche zwingend, singt keuschen Sinnes der Ritter die Liebe. Mit gleicher Anmut klagend und jubelnd ruft er die holden Stimmen der Natur in fein Lied. Sehnsüchtig und zum Leiden bereit übt er sich im Dienst an der Herrin Ln hoher Tugend. Männlich entschlossen tritt er für die ritterliche Ehre vor die Welt und ruft Z

zum Streit für die Güter des Glaubens; stolz und voll Sorge ums deutsche Wesen wie Walthers Gesang, in dem die hohe Minne stch vollendet und auch schon Abschied nimmt. Die edle Scheu der Minne wich bald derberer -Lust und derberem Wort, was in weltlicher Liebe verloren schien, fing aber Ln himmlischer, in den Liedern goti­ scher Frömmigkeit erst zu blühen an. In hohen Bögen weitete stch der Raum der Seele und fern von aller Welt wurde das Innerste und Innigste zum Lied.

würze des waldes würze des waldes und erze des goldes und eilt« apgründe diu sint dir, herre, künde: diu ftent in diner hende. allez himeleschez her daz möht dich niht volloben an ein ende.

Unbekannter Dichter

Du bist mm, ich bin bin Du bist min, ich bin bin: des folt b» gewis sin. b» bist bestozzen in minem herzen: verlorn ist ba; slüzzelin: b» musst immer brinne sin.

Der von Kürenberg

Ich zöch mir einen valken

Ich zöch mir einen valken mere danne ein jar. dö ich in gezamete als ich in wolle Han und ich im sin gevidere mit golde wol bewanr, er huop sich üf ml höhe und fluog in ander!» laut. Sit fach ich den valken schöne fliegen: er fuorte an sinem fuoze sidine riemen, und was im sin gevidere alröt guldkn gor sende si zesamene die gerne geliep wellen sin.

tDm ougen wurden liebes also vol

Min ougen wurden liebes also vol, dö ich die minneclichen erst gesach, da; e; mir Hinte und iemerme tust wol. Ein minneeliche; wunder do geschach: ft gie mir alse sanfte dur min ougen da; ft sich in der enge ntene fite;. In mtnent herzen ft sich nider lie;: da trage ich noch die werden tnne tougen. La ftan, la ftan! wa; tuost du, saelic w!p, da; du mich heimesuochest an der stat dar so gewaltecliche wibes l!p mit starker heimesuoche nie getrat? Genade, frowe! ich mac dir niht gestriten. Min her;e ist dir ba; veile danne mir: e; solde sin bi mir; nuft e; bi dir: des muo; ich uf genade lönes biten.

Unter der linden Unter der linden an der Heide, da unser zweier bette was, da muget ir vinden schöne beide gebrochen bluomen unde gras. vor dem walde in einem tal, tandaradei, schöne sanc diu nahtegal. Ich kam gegangen zuo der ouwe: dö was min friedel komen e. da wart ich enpfangen „Here ftouwe", daz ich bin saelic iemer me. kuster mich? wol tüsentstunt: tandaradei, seht wie röt mir ist der munt. Dö het er gemachet alsö riche von bluomen eine bettestat. das wirt noch gelachet innecliche,

kumr temen an da; selbe pfat. bi den rosen er wol mac, randaradei, merken wa mir; houbet lac. da; er bi mir laege, messe; iemen (mt enwelle gor!), so schämt ich mich. wes er mit mir pflaege, niemer niemen bevinde da;, wan er und ich und ein kleine; vögellin, tandaradei, da; mac wol getriuwe sin.

IO

Gö die bluomen üz dem grase dringenr

So die bluomen ü; betn grase dringenr fcttne sie lachen gegen den spilden sonnen, in einem meten an dem morgen froo und die kleinen vogellin wol ftngent in ir besten wise die si können, wa; wünne mac sich da gelkchen ;oo7 e; ist wol halb ein himelriche. fuln wir sprechen wa; sich deme geliche, so sage ich wa; mir dicke ba; in minen ougen hat getan, und raete such noch, gesaehe ich da;. Swa ein edeliu schoene frouwe reine, wol gekleidet unbe' wol gebunden, dur kur;ewile ;uo vil linken gut, hovelichen höchgemuot, niht eine, umbe sehende ein wenic under stunden, alsam der sonne gegen den sternen flut: der meie bringe uns ul sin wunder, wa; ist da vö wunnecliches under, als ir tnl minneclkcher lip? wir Iu;en alle bluomen stan, und tupfen an da; werde wip. V7u wol dan, weit ir die warheit schouwen! gen wir ;uo des meien höchge;ite!

der ist mit aller siner krefte kamen, seht an in und seht an schoene frouwen, weder; da da; ander überstrite; da; be;;er spil, ob ich da; Han genomen. owe der mich da welen hie;e, deich da; eine dur da; ander lie;e, wie rehte schiere ich danne kür! her Meie, ir müeset mer;e sin, k ich min frouwen da verlür.

Ir sult sprechen willekomen Ir sult sprechen willekomen: der tu maere bringet, da; bin ich. alle; da; ir habt vernomen, da; ist gar ein wint: nü fraget mich. ich wil aber miete: wirt min Ion ihr guot, ich sage tu vil lihte da; tu sanfte tuet. seht wa; man mir eren biete. Ich wil tiuschen frouwen sagen solhiu maere da; ft deste ba; al der werlte suln behagen: äne grö;e miete tuon ich da;, wa; wold ich ;e löne? ft fint mir ;e her: sö bin ich gefüege, und bite st nihtes mer wan da; ft mich grüe;en schöne. Ich Han lande vil gesehen unde nam der besten gerne war: übel müe;e mir geschehen, künde ich ie min her;e bringen dar da; im wol gevallen wolde fremeder site. nü wa; hülfe mich, ob ich unrechte strite? tiuschiu ;uht gat vor in allen.

Don der Elbe un; an den Rin und her wider un; an Ungerlant so mugen wol die besten sin, die ich in der werlte Han erkant. kan ich rehte schouwen guot gela; »nt lip, fern mir got, so swüere ich wol da; hie diu wip be;;er sink danne ander frouwen. Tiusche man sink wol ge;ogen, rehte als enget sink diu wip getan, swer si schildet, derst betrogen: ich enkan sin anders nicht verstan. tugent und reine tninne, swer die suochen wil, der sol Fönten in unser lant; da ist wünne vil: lange müe;e ich leben dar mne!

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Ich saz üf einte steine

Ich sa; üf einte steine, und dahte betn mir deine: dar üf satzt ich den ellenbogen: ich hete in mine hant gefmogen da; sinne und ein min wange. do dahte ich mir vil an ge, wie man ;er werlle solle leben: bebemen rar kond ich gegeben, wie man driu dinc erwürbe, der keine; niht verdürbe, diu zwei sink ere und varnde guor, da; dicke einander schaden tuet: da; dritte ist gotes hulde, der zweier übergulde. die wolle ich gerne in einen schrin. ja leider des mac niht gefin, da; guot und werltlich ere und gotes hulde mere zesamen in ein herze komen. ftig unde wege sind in benomen: untriuwe ist in der saze, gewalt vert üf der straze: fnbe unde reht sind sere wunt. diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwerden § gefönt.

E>we war sink verswunden alliu mtntu jar! Owe war ftnt verswunden alliu miniu jar! ist mir min leben getroumet, oder ist e; war? da; ich ie wände, da; ihr waere, was da; ihr? dar nach Han ich geslafen und enwei; es nihr. nü bin ich erwaht, und ist mir unbekannt, da; mir hie vor was kündic als min ander hanr. Hut unde laut, da ich von kinde bin er;ogen, die sint mir frömde worden, reht als ob e; si gelogen. die mine gespilen waren, die sint traege und alt. vereitet ist da; velt, verhouwen ist der walt: wan da; da; wa;;er fliu;et, als e; wilent flö;, für war ich wände, min Unglücke wurde grd;. mich grüe;et maneger trage, der mich bekande e wol. diu werlt ist allenthalben ungenaden vol. als ich gedenke an manegen wünneclichen tac, dir mir sint enpfallen gar als in da; mer ein slac, iemer mkre ouwe. Gwe wie jaemerliche junge liute tuont! den unvil riuwecliche ir gemüete stuont, die kunnen niuwan sorgen: owe wie tuont si so? swar ich ;er werlte köre, da ist nieman frö: der megede tan;en, singen ;ergat mit sorgen gar: nie kriftenman gesach so jaemerliche schar. nü merkent, wie den frouwen ir gebende stat: die stol;en rittet tragent dörpellrche wat. uns sint unsenfte brieve her von Rome komen,

uns ist erloubet trüre und fröide gar benomen. daz müet mich innerlichen sere (wir lebten ie vil wol), daz ich nü für min lachen weinen kiesen sol. die wilden vogel die betrüebet unser klage: waz wundere ist da bi, ob ich da von verzage 7 wa; sprich« ich tumber man durch minen boesen zorn 7 swer dirre wünne volget, der hat jene dort verlorn, iemer mkr ouwe. Owe wie uns mit süezen dingen ist vergeben! ich sihe die bittern gallen in dem honege sweben: diu Welt ist uzen schoene, wiz, grüen unde röt, und innan swarzer varwe, vinster sam der tot. swen ft nü habe verleit, der schouwe sinen tröst: er wirr mit swacher buoze grözer fünde erlöst, dar an gedenkent, rittet: e; ist iuwer dinc, ir tragen! die liehten Helme und manegen Herten ritte, dar zuo die vesten schilte und diu gewihten swert. wolte got, waer ich der sigenünfte wert! sö wolte ich nötic man verdienen richen solt. joch meine ich niht die huoben noch der Herren golt: ich wolte saelden kröne kweclichen tragen: die mohte ein soldener mit sime sper bejagen. möht ich die lieben reise gevaren über se, sö wolte ich denne singen „wol" und niemer mer „ouwe".

Tagelied „6me kläweii durch die wölken jtttt geslagen, er ftiget üf mit grözer kraft, ich sih m grawen tägelich als er wil tagen, den tac, der im gefellefchaft erwenden wil, dem werden man, den ich mit sorgen in verliez. ich bringe in hinnen, ob ich kan. sin vil manegiu tugent mich; leisten hie;." „wahtaer, du singest da; mir manege freude nimt unde nteret mitte klage, maer du bringest, der mich leider niht ge;imt, immer morgens gegen dem tage, diu soll du mir verswigen gar. da; biut ich den triwen din: des lön ich dir als ich getar. so belibet hie der (eite min." „Er muo; et hinnen balde und ane sümen sich: nu gib im urloup, süe;e; wip. Ia;e in Minnen her nach so verholne dich,

da; er behalte er und den Up. er gab sich miner triwe also, daz ich in brachte ouch wider dan. es ist nu tac: naht was e; dö mit druck an brüst din kus mirn an gewan." „Swaz dir gevalle, wahtaer, sine, und lä den hie, der minne braht und minne enphienc. von bittern schalle ist er und ich erschrocken ie: so ninder Morgenstern üf gienc üf in, der her nach minne ist komen, noch ninder lühte rages lieht, du hast in dicke mir benomen von blanken armen, und ü; Herzen nicht." Von den blicken, die der tac tet durh diu glas, und dö der wahtaer warnen sanc, si muose erschricken durh den der da bi ir was. ir brüsteUn an brüst si dwanc. der riter ellens niht vergaz (der wold in wenden wahrere dön): urloup nah und naher baz mit küsse und anders gab in minne lön.

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In dem wölbe süeze boene In dem roalbe süeze boene singent kleiniu vogellin. an der Heide bluomen schoene blüejent gegen des meien schm, also blüet min hoher mitot mir gebanken gegen Lr gürte, diu mir richet min gemüete sam der rroum den armen t»ot. Es ist ein vil hoch gebinge ben ich gegen ir tttgenben trage, da; mir noch an ir gelinge, baz ich saelbe an ir bejage. des gebingen bin ich vro. got geb da; ichz wol verende, da; sie mir ben wän ihr wende der mich frettt so rehte ho. Sie vil süeze, valsches ane, vr! vor allem wanbel gar, laze mich in liebem wane die wil e; niht ba; envar; da; diu vrettbe lange wer, da; ich Weinens iht erwache, da; ich gern dem tröste lache, des ich von ir hnlben ger.

wünschen unde wol gedenken best diu meiste vreude min. des fbl mir ir tröst niht wenken, sie gelaze mich ir sin mit den beiden nähen bi, so du; sie mit willen gunne mir von ir so Werder wunne da; sie saelic immer si. Gaelic meie, du «leine troestest «l die welde g«r. du und «l diu werlt gemeine vreut mich min dann umb ein har. wie mäht ir mir vreude geben ane die vil lieben guoten? von der sol ich tröstes muoten; wan ir tröstes muo; ich leben.

Gunter, ich verklage niemer d!ne manege ziere Sumer, ich verklage niemer dine manege ziere da uns dirre kalte winter von gedrungen hat. mich verdringent aber geiler sprenzelaere viere von der rvolgetanen diu mich singens niht erlat, ich enmüeze singen, swenne mir diu guote löne als der lieben gnade sin. vrouwe, nu tuo gnade schin vor miner tage nöne. Mine tage loufent von der hoehe gegen der neige: frouwe, troeste mich die wile ich üf der hoehe sie. ob ich dir mit rehter staete herzentriuwe zeige, so schaffe daz ir boeser wille ihr an mir erge. tnine swaere sink von dinen schulden manicvalte: der schaffe ein ende, saelic wip, e daz min vil tumber lip in senden sorgen/alte. Je lieber unde ie lieber ist si mir, diu wolgetane, ie leider unde ie leider bin ich ir; da; ist mir leit. bin ich vrö, daz kumet von einem Herzelieben wane, fit si mir ir hulde und ir genade widerseit. trösies und gedingen wil ich niemer werden ane; trösies ich noch nie vergaz, so diu schoene vor mir sa; alsam ein voller mane.

Dwe war umbe volg ich tumbem warte Gwr war umbe volg ich tumbem wanr, der mich so fere leitet m die not? ich schiet von Lr gar aller fröiden ane, daz ft mir tröst noch helfe nie gebot, doch wart ir varwe liljen wi; und rosen röt, und sa; vor mir diu liebe wolgetane geblecket rehte alsam ein voller mane. daz was der ougen wunne, des herzen tot. Min starker muot gelichet niht dem winde: ich bin noch alse ft mich hat verlan, vil starte her von einem kleinen kinde, swie we ft mir nu lange hat getan, alswigende te genöte und ein verholner wan, swie dicke ich mich der törheit underwinde, swa ich vor ir ste, und spräche ein wunder vinde, und muoz doch von ir ungesprochen gan. Ich Han so vil gesprochen und gesungen daz ich bin müede und hei; von mtner klage. ich bin umb niht wan umb den wint betwungen, fit ft mir niht geloubet daz ich sage, wie ich st mtnne und wiech ir holde; herze trage. deswär mirn ist nach werde niht gelungen, Hete ich nach gote te halp so vil gerungen, er naeme mich hin zim e mtner tage.

stiemen ist ein saelic man stiemen ist ein saelic man je dirre werlte wan der eine der nie liebes teil gewan und such dar nach gedenket kleine, des herze ist vr! von sender not, diu manegen bringet üf den tot der schoene heil gedienet hat und sich des ane muoz began. dem übe niht so nahe gat, als ich mich leider wol entstan, wand ich den selben kumber Han. Ez ist ein ungelückes gruo; der get für aller Hände ftvaere da; ich von friunden scheiden muoz b! den ich iemer gerne waere. diu not von minen triuwen kumt. ichn wei; ob s! der feie ihr frumt: sin g!t dem Übe lönes me wan trüren den vil langen tac. mir tust min staete dicke me, wand ich mich niht getroesten mac der guoten diu min schöne pflac.

Ave, mueter küniginne Ave, mueter küniginne, miltikait ain milterinne, an dich kam weg löblicher minne get in wainender weide. Gnadenvol an uns beginne wo sich rueft geleublich stimme, tron der himel kaiserinne in ewikleichen velde.

Herre, es heißet mitte Herzen lust „Herre, es heißet mitte Herzen lust, den Han ich der weite entzogen, mir selben erhalten und allen creaturen versaget; nu mag ich sin nüt furbas getragen. Herre war sol ich in legen?" *

„Dines Herzen lust solt du nienar legen, denne in min goetlich herze und an mein menschlich brüste. Da alleine wirst du getrost und mir meinem geiste geküfset."

Ich mimte den heiligen krist Ich mimte bett heiligen krist in des brutbette ich bin gegangen des mitter ein matt ist uttbe sin vater kennet niht wibes. sin orgele singet mir mit rvollutender stimme so ich in minne so bin ich kuse. so ich in ruore so bin ich reine. so ich in turne so bin ich ein maget. Ich Han von füttern munde emphangen honeg uttbe milech uttbe sin blüht hat gecieret min Hufelin. Bit für die armen Engelbirne daz sie got bekere; des ist not ir armen feie.

Unbekannter Dichter

Vwe des smerzen Ow? des smerzen, den ich arme trage an mime Herzen, und enweiß, weme ich klage got, la dich erbarmen mine not und troeste mich arme durch dinen tot! Jener krenket min genröte, so mir gedenket siner gürte: daß er sich wolte dem biteren tode geben, daß er uns koufte ein Ewiges leben. Wa (bl ich vinden mines Herzen tröst? der sich lie binden, daß wir wurdent erlöst?

Es Jumpt ein schiff geladen Es Jumpt ein schiff geladen recht uff sin höchstes port es bringt uns den sune des vatters das ewig wore wort. Uff einem stillen wage Jumpt uns das schiffeiin, es bringt uns riche gäbe, die Heren Junigin. Maria du edle rose, aller saelden ain;wy, du schöner zitenlose, mach uns von fünden fry. Das schifflin das gat stille und bringt uns richen last, der segel ist die minne der hailig gaist der mast.

Ich muoz springen Ich muoz springen, hoer ich klingen bitten namn, Maria; Allen dingen muoz gelingen swie du will, Maria, du wunschelstab, Maria. von dir singen, nach dir ringen sol diu weit, Maria. Gwen hie twinget, swen hie dringet Herzeleit, der schrie „hilf, milte maget Maria." La; uns armen dir erbarmen durch dins lieben kindes bluot Joch bistu guot; swaz ieman tust, davon welln wir niht büezen denn vor dinem füezen.

Neige tougen milte ougen in di; biter jamerlant, Brich funden dank mit diner Hunt; hilf da; wir dich müe;en mir reinem her;en grüe;en.

Inhalt Seite

Anonymus Gpervogel würze des Waldes ............. Unbekannter Dichter Du bist min, ich bin bin ..................... . . . . Der von Nürenberg Ich zoch mir einen valken .......... Reinmar Mrn ouyen wurden liebes also vol ...... Walther von bet Vogelweide XXntev bet linden .............. Go die bluomen uz dem grase dringent. . . . . Ir sult sprechen willekomen ......... Ich saz uf eime steine ............ Owe war sint verswunden alliu mintu jar . . . Wolfram von i£fenbad> Tayelied ................. Ulrich von Lichtenstein In dem walde süeze doene .......... Neidhard von Reuenthal Sumer, ich verklage niemer drne manege ziere . Heinrich von Morungen Owe war umbe volg ich tumben wane. . . . . Hartman von Ouwe XXiemen ist ein saelic man .......... Oswald von Wolkenstein Ave, mueter küniginne ........... Mechthild von Magdeburg Herre, es heißet mins herzen lust ....... Klausnerin Engelbirn Ich minne den heiligen krist ......... Unbekannter Dichter Owe des fmerzen .............. Johannes Tauler Es kumpt ein schiff geladen ......... Geistliches Lied Ich muoz springen ............. Einleitung unb Auswahl von Edgar Hederer Titelblatt „Walther von der Vogelweide" Aus der Manessischen Handschrift Ln Heidelberg

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GERHARDT

Paul Gerhardt, 1607 als Sohn des Bürgermeisters zu Grafen hainichen bei Halle geboren, studierte in Wittenberg Theologie. 1651 wurde er Pfarrer zu Mittenwalde in der Mark und 1657 Diakonus in Berlin. Er wurde als religiöser Dichter allgemein gefeiert, wegen Rirchenstreitigkeiten wurde er eine Zeitlang seines Amtes entsetzt. 1676 starb er als Pfarrer in Lübben.

n der Zeit, da Deutschland im 3 o jährigen Rriege zerrissen wurde, erhob über alle Trennung der Be­ kenntnisse das religiöse Gedicht seine Stimme. Glicht mehr in Wehr und Waffen, friedvoll und frei von aller Düsterkeit sang Paul Gerhardt sein reines Lied des Gotteslobs und der Menschenfreundschaft. Bald selig im Vorgefühl himmlischer Freuden, bald geduldig aus­ harrend, verkündet er als ein Christ, der keinen Stand hat auf Erden, seine in Gott frohen und ernsten Ge­ danken. Den gequälten Menschen weiß er den Trost, daß Gott uns liebt in den strengen Prüfungen irdi­ scher Pilgerschaft. Gott ist ihm in allem das Aller­ gewisseste und in unerschütterlicher Zuversicht lebt er das Leben zu ihm hin. In einer Welt, die voll „Stank und Wust" im Argen liegt, bleibt er der Freude fähig. Er sehnt sich nicht nur weg in die andere Heimat, son­ dern möchte in der Stunde des frohen Herzens die Welt mitnehmen in die Bewegung zu Gott. Mit dem Lust­ geschrei der Natur und dem Überfluß der fruchttragen­ den Erde wetteifert er im Lobpreis des Herrn. In wunderbarer Einfalt und Schönheit singt feine helle, gläubige Seele, die ihren Raum dem Blühen Gottes geschenkt har und Ln reumütiger Andacht zum blutüberströmten Antlitz des Gottessohnes sagen darf: „gegrüßet seift du mir."

a

Neujahrgesang n«n laßt uns gehn und treten Mir Gingen und mit Beten Zum Herrn, der unserm Leben Bis hierher Rraft gegeben. wir gehn dahin und wandern Von einem Jahr zum andern, wir leben und gedeihen Vom alten bis zum neuen, Durch so viel Angst und Plagen, Durch Zittern und durch Zagen, Durch Rrieg und große Schrecken, Die alle Welt bedecken. Denn wie von treuen Müttern In schweren Un gewittern Die Rindlein hier auf Erden Mir Fleiß bewahret werden: Also auch und nichts minder Laßt Gott ihm seine Rinder, wann Nor und Trübsal blitzen, In seinem Schoße sitzen.

Ach, Hüter unsers Lebens, Fürwahr, es ist vergebens Mit unserm Tun und Machen, wo nicht dein Augen wachen. Gelobt sei deine Treue, Die alle Morgen neue, Lob sei den starken Händen, Die alles Herzleid wenden. Laß ferner dich erbitten, Haupt zu Spott gebunden Mit einer Dornenkron! (?) Haupt, sonst schön gezieret Mit höchster Ehr und Zier, Itzt aber hoch schimpfieret: (Begrüßet seift du mir! Du edles Angesichte, Dafür sonst schrickt und scheut Das große Weltgewichte, Wie bist du so bespeit! Wie bist du so erbleichet! wer hat dein Augenlicht, Dem sonst kein Licht nicht gleichet, Go schändlich zugericht? Die Farbe deiner Wangen, Der roten Lippen Pracht Ist hin und ganz vergangen; Des blassen Todes Macht Hat alles hingenommen, Hat alles hingerafft, Und daher bist du kommen Von deines Leibes Rraft. Hirn, was du, Herr, erduldet, Ist alles meine Last,

Ich hab es selbst verschuldet, was du getragen haft. Schau her, hie steh ich Armer, Der Zorn verdienet hat; Gib mir, o mein Erbarmer, Den Anblick deiner Gnad! Erkenne mich, mein Filter! Mein Hirte, nimm mich an! von dir, Cluell aller Güter, Ist mir viel Guts getan: Dein Mund har mich gelabet Mir Milch und süßer Rost, Dein Geist hat mich begäbet Mit mancher Himmelsluft. Ich will hie bei dir stehen, verachte mich doch nicht! von dir will ich nicht gehen, wenn dir dein Herze bricht; wenn dein Her; wird erblassen Im letzten Todesstoß, Alsdann will ich dich fassen In meinen Arm und Schoß. Es dient zu meinen Freuden Und kömmt mir herzlich wohl, wann ich in deinem Leiden, Mein Heil, mich finden soll. Ach möcht ich, o mein Leben,

An beinern Rreuze hier Mein Leben von mir geben, Wie wohl geschähe mir! Ich danke dir von Kerzen, Jesu, liebster Freund, Für deines Todes Schmerzen, Da du's so gut gemeint. Ach gib, daß ich mich halte Zu dir und deiner Treu, Und wann ich nun erkalte, In dir mein Ende sei. wann ich einmal soll scheiden, So scheide nicht von mir! wann ich den Tod soll leiden, So tritt du dann Herfür. wann mir am allerbängsten wird um das Herze sein, So reiß mich aus den Ängsten Rraft deiner Angst und Pein! Erscheine mir zum Schilde, Zum Trost Ln meinem Tod, Und laß mich sehn dein Bilde In deiner Rreuzesnot! Da will ich nach dir blicken, Da will ich glaubensvoll Dich fest an mein Her; drücken wer so stirbt, der stirbt wohl.

Gib dich zufrieden Gib dich zufrieden und sei stille In dem Gotte deines Lebens; In ihm ruht aller Freuden Fülle, Ohn ihn mühst du dich vergebens; Er ist dein Eluell und deine Sonne, Scheint täglich hell zu deiner Wonne. Gib dich zufrieden! Er ist voll Lichtes, Trosts und Gnaden, Ungefärbtes, treuen Herzens; wo er steht, tut dir keinen Schaden Auch die Pein des größten Schmerzens; Rreuz, Angst und Y'Jot Rann er bald wenden, Ja auch den Tod Hat Er in Händen. Gib dich zufrieden! Wie dir's und andern oft ergehe, 3ft ihm wahrlich nicht verborgen; Er sieht und kennet aus der Höhe Der betrübten Herzen Sorgen. Er zählt den Lauf Der heißen Tränen Und faßt zuhauf All unser Sehnen. Gib dich zufrieden! Wann gar kein einger mehr auf Erden, Dessen Treue du darfst trauen, Alsdann will er dein Treuster werden Und zu deinem Besten schauen. Er weiß dein Leid Und heimlich Grämen, Auch weiß Er Zeit Dich zu benehmen. Gib dich zufrieden!

Laß dich dein Elend nicht bezwingen, Halt an Gott, so wirst du siegen; Ö>b alle Fluren einher gingen, Dennoch mußt du oben liegen. Denn wann du wirst Zu hoch beschweret, Hat Gott, dein Fürst, Dich schon erhöret. Gib dich zufrieden! Der allen Vöglein in den Wäldern Ihr bescheidnes Rörnlein weiset, Der Schaf und Rinder in den Feldern Alle Tage tränkt und speiset, Der wird ja auch Dich eingen füllen Und deinen Bauch Zur Notdurft stillen. Gib dich zufrieden! Sprich nicht: Ich sehe keine Mittel; Wo ich such, ist nichts zum Besten; Denn das ist Gottes Ehrentitel: Helfen, wann die Hot am größten, wenn ich und du Ihn nicht mehr spüren, Da schickt er zu, Uns wohl zu führen. Gib dich zufrieden! Bleibt gleich die Hülf in etwas lange, Wird sie dannoch endlich kommen; Macht dir das Harren angst und bange, Glaube mir, es ist dein Frommen, was langsam schleicht, Faßt man gewisser, Und was verzeucht, Ist desto süßer. Gib dich zufrieden!

Nimm nicht zu Herzen, was die Aorten Deiner Feinde von dir dichten; Laß sie nur immer weidlich spotten, Gott wird's Hören und recht richten. Ist Gott dein Freund Und deiner Sachen, was kann dein Feind, Der Mensch, groß machen Gib dich zufrieden! Es kann und mag nicht anders werden: Alle Menschen müssen leiden; was webt und lebet auf der Erden, Rann das Unglück nicht vermeiden. Des Rreuzes Stab Schlagt unsre Lenden Bis in das Grab: Da wird sich's enden. Gib dich zufrieden! Es ist ein Ruhetag vorhanden, Da uns unser Gott wird lösen; Er wird uns reißen aus den Banden Dieses Leibs und allem Bösen. Es wird einmal Der Tod herspringen Und aus der (Qual Uns sämtlich bringen. Gib dich zuftieden! Er wird uns bringen zu den Scharen Der Erwählten und Getreuen, Die hier mit Frieden abgefahren, Sich auch nun im Friede freuen, Da sie den Grund, Der nicht kann brechen, Den ewgen Mund Selbst hören sprechen: Gib dich zufrieden!

Aus dem 119. Psalm Davids Ich bin ein Gast auf Erden Und hab hier keinen Stand; Der Fimmel soll mir werden, Da ist mein Vaterland. Hier reis ich aus und abe; Dort, in der ewgen Ruh, Ist Gottes Gnadengabe, Die schleußt all Arbeit zu. Mich hat auf meinen Wegen Manch harter Sturm erschreckt; Blitz, Donner, wind Und Regen Hat mir manch Angst erweckt; Verfolgung, Haß und beiden, Ob ich's gleich nicht verschuldt, Hab ich doch müssen leiden Und tragen mit Geduld. So will ich zwar nun treiben Mein Leben durch die Welt, Doch denk ich nicht zu bleiben In diesem fremden Zelt. Ich wandre meine Straßen, Die zu der Heimat führt, Da mich ohn alle Massen Mein Vater trösten wird.

z» dem steht mein verlangen, Da wollt ich gerne hin; Die Welt bin ich durchgangen, Daß ich's fast müde bin. Je länger ich hier walle, Je wenger find ich Lust, Die meinem Geist gefalle; Das meist ist Stank und Wust. Die Herberg ist zu böse, Der Trübsal ist zu viel: Ach komm, mein Gott, und löse Mein Herz, wenn dein *5er? will; Romm, mach ein seligs Ende An meiner Wanderschaft, Und was mich kränkt, das wende Durch deinen Arm und Rraft! Du zeuchst mich, wenn ich scheide, Hin vor dein Angesicht, Ins Haus der ewgen Wonne. Da ich stets fteudenvoll Gleich als die helle Sonne Hebst andern leuchten soll.

Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohl machen Befiehl du deine Wege Und was dein Herze kränkt Der allertreusten Pflege Deß, der den Himmel lenkt: Der Wolken, Luft und Winden Gibt Wege, Lauf und Bahn, Der wird auch Wege finden, Da dein Fuß gehen kann. Dem Herren mußt du trauen, wenn dir'« soll wohlergehn; Auf sein Werk mußt du schauen, wenn dein Werk soll bestehn. Mit Sorgen und mir Grämen Und mit selbsteigner Pein Läßt Gott ihm gar nichts nehmen, Es muß erbeten sein. weg hast du allerwegen, An Mitteln fehlt dir's nicht; Dein Tun ist lauter Segen, Dein Gang ist lauter Licht, Dein Werk kann niemand hindern, Dein Arbeit darf nicht ruhn, wann du, was deinen Rindern Ersprießlich ist, willst tun.

Und ob gleich alle Teufel *ok wollten widerstehn, So wird doch ohne Zweifel Gon nicht zurücke gehn: was er ihm fürgenommen Und was er haben will, Das muß doch endlich kommen Zu seinem Zweck und Ziel. Hoff, o du arme Seele, Hoff und sei unverzagt; Gott wird dich aus der Höhle, Da dich der Rümmer plagt, Mit großen Gnaden rücken: Erwarte nur die Zeit, So wirst du schon erblicken Die Sonn der schönsten Freud. Auf, auf, gib deinem Schmerze Und Sorgen gute Nacht! Laß fahren was das Herze Betrübt und traurig macht! Bist du doch nicht Regente, Der alles führen soll; Gott sitzt im Regimente Und führet alles wohl.

Er wird zwar eine weile Mit seinem Trost verstehn Und tun an seinem Teile Als hätt in seinem Sinn Er deiner sich begeben; Und sollst du für und für In Angst und Nöten schweben, Go frag er nichts nach dir. wird'« aber sich befinden, Daß du ihm treu verbleibst, So wird er dich entbinden, Da dus am wengsten gläubst: Er wird dein Herze lösen Von der so schweren Last, Die du zu keinem Bösen Bisher getragen hast. Mach End, o Herr, mach Ende An aller unser XXotl Stärk unser Füß und Hände Und laß bis in den Tod Uns allzeit deiner Pflege Und Treu empfohlen fein. So gehen unsre Wege Gewiß zuni Himmel ein.

Trostgesang Noch dennoch mußt du drum nicht ganz In Traurigkeit versinken; Gort wird des süßen Trostes Glan; Schon wieder lassen blinken. Steh in Geduld, wart in der Still Und laß Gott machen, wie er will, Er kanns nicht böse machen. Ist denn dies unser erstes Mal, Daß wir betrübet werden? was haben wir als Angst und (Qual Bisher gehabt auf Erden? wir sind wohl mehr so hoch gekränkt, Und hat doch Gott uns drauf geschenkt Ein Stündlein voller Freuden. So ist auch Gottes Meinung nicht, Wann er uns Unglück sendet, Als sollte drum sein Angesicht Ganz von uns sein gewendet; Nein, sondern dieses ist sein Rat, Daß der, so ihn verlassen hat, Durchs Unglück wiederkehre.

Denn das ist unsers Fleisches Mur, wann wir in Freuden leben, Daß wir dann unserm höchsten Gut Am ersten Urlaub geben; wir sind von Erd und halten wert viel mehr was hier ist auf der Erd Als was im Himmel wohnet. Drum fährt uns Gott durch unsern Sinn Und läßt uns weh geschehen; Er nimmt oft was uns lieb dahin, Damit wir aufwärts sehen Und uns zu seiner Gut und Macht, Die wir bisher nicht groß geacht, Als Rinder wiederfinden. Auf Gottes Liebe mußt du stehn Und dich nicht lassen fällen, wann auch der Himmel ein wollt gehn, Und alle Welt zerschellen; Gott hat uns Gnade zugesagt, Sein Wort ist klar; wer sich drauf wagt. Dem kann es nimmer fehlen.

Gommergesang Geh aus, mein Herz, und suche Freud In dieser lieben Sommerzeit An deines Gottes Gaben; Schau an der schönen Gärten Zier Und siehe, wie sie mir und dir Sich ausgeschmücket haben. Die Bäume stehen voller Laub, Das Erdreich decket seinen Staub Mit einem grünen Rleide; Narzissus und die Tulipan, Die ziehen sich viel schöner an Als Salomonis Seide. Die Lerche schwingt sich in die Luft, Das Täublein fleugt aus seiner Rluft Und macht sich in die Wälder; Die hochbegabte Nachtigall Ergetzt und füllt mir ihrem Schall Berg, Hügel, Tal und Felder. Die Glucke führt ihr Völklein aus, Der Storch baut und bewohnt fein Haus, Das Schwälblein speist die Jungen; Der schnelle pirsch, das leichte Reh Ist froh und kömmt aus seiner Höh In'e tiefe Gras gesprungen.

Die Bächlein rauschen in dem Sand Und malen sich in ihren Rand Mir schattenreichen Myrten; Die wiesen liegen hart dabei Und klingen ganz vom Lustgeschrei Der Schaf und ihrer Wirten. Die unverdroßne Bienenschar Fleugt hin und her, sucht hie und dar Ihr edle Honigspeise. Des süßen Weinstocks starker Saft Bringt täglich neue Stärk und Rraft In seinem schwachen Reise. Der Weizen wächset mit Gewalt, Darüber jauchzet Jung und Alt Und rühmt die große Güte Deß', der so überflüssig labt Und mit so manchem Gut begabt Das menschliche Gemüte. Ich selbsten kann und mag nicht ruhn; Des großen Gottes großes Tun Erweckt mir alle Sinnen; Ich singe mit, wenn alles singt, Und lasse, was dem höchsten klingt, Aus meinem Herzen rinnen.

Ach, denk ich, bist du hier so schön Und läßt du's uns so lieblich gehn Auf dieser armen Erden, was will doch wohl nach dieser Welt Dort in dem reichen Himmelszelt Und güldnem Schlosse werden! welch hohe Lust, welch Heller Schein wird wohl in Christi Garten sein! Wie muß es da wohl klingen, Da so viel tausend Seraphim Mit eingestimmtem Mund und Stimm Ihr Alleluja singen! war ich da, o stünd ich schon,

Ach, süßer Gott, für deinem Thron Und trüge meine Palmen: So wollt ich nach der Engel weis Erhöhen deines Samens Preis Mit tausend schönen Psalmen! Doch gleichwohl will ich, weil ich noch Hier trage dieses Leibes Joch, Auch nicht gar stille schweigen; Mein Herze soll sich fort und fort An diesem und an allem Ort Zu deinem Lobe neigen.

Hilf mir und segne meinen Geist Mit Segen, der vom Himmel fleußt, Daß ich dir stetig blühe! Gib, daß der Sommer deiner Gnad In meiner Seelen früh und spat viel Glaubensfrücht erziehe! Mach in mir deinem Geiste Raum, Daß ich dir werd ein guter Baum, Den deine Rräfte treiben; Verleihe, daß zu deinem Ruhm Ich deines Gartens schöne Blum Und Pflanze möge bleiben! Erwähle mich zum paradeis Und laß mich bis zur letzten Reis An Leib und Seele grünen; So will ich dir und deiner Ehr Allein und sonsten keinem mehr Hier und dort ewig dienen.

Abendlied H«n ruhen alle Wälder, Vieh, Menschen, Stadt und Felder, Es schläft die ganze Welt; Ihr aber, meine Ginnen, Auf, auf, ihr sollt beginnen was eurem Schöpfer wohlgefällt! Wo bist du, Sonne, blieben? Die Nacht hat dich vertrieben, Die Nacht, des Tages Feind; Fahr hin! ein ander Sonne, Mein Jesus, meine Wonne, Gar hell in meinem Kerzen scheint. Der Tag ist nun vergangen, Die güldnen Sterne prangen Am blauen Himmelssaal; Also werd ich auch stehen, wenn mich wird heißen gehen Mein Gott aus diesem Jammertal. Der Leib eilt nun zur Ruhe, Legt ab das Rleid und Schuhe, Das Bild der Sterblichkeit, Die ich zieh aus. Dagegen wird Christus mir anlegen Den Rock der Ehr und Herrlichkeit. Das Häupt, die Füß und Hände Sind froh, daß nun zu Ende Die Arbeit kommen sei;

Herz, freu dich, du sollst werden Vom Elend dieser Erden Und von der Sünden Arbeit frei. Hun geht, ihr matten Glieder, Geht hin und legt euch nieder, Der Betten ihr begehrt; Es kommen Stund und Zeiten, Da man euch wird bereiten Zur Ruh ein Bertlein in der Erd. Mein Augen stehn verdrossen, Im Hui sind sie geschlossen, wo bleibt denn Leib und Seel? nimm sie zu deinen Gnaden, Sei gut für allem Schaden, Du Aug und Wächter Israel. Breit aus die Flügel beide, Iefu, meine Freude, Und nimm dein Rüchlein ein! will Satan mich verschlingen, So laß die Englein singen: Das Rind soll unverletzet sein. Auch euch, ihr meine Lieben, Soll heinte nicht betrüben Ein Unfall noch Gefahr. Gott laß euch selig schlafen, Stell euch die güldne Waffen Um's Bett und seiner Engel Schaar.

Inhalt Seite

Neujahrgesang. ........... 5 Morgensegen ............ 8 An das Angesicht....................... ... . . . 13 (Bib dich zufrieden (gekürzt) ...... 16 Aus dem 119. Psalm Davids (gekürzt) . . 19 Befiehl dem Herrn deine Wege (gekürzt) . 21 Trostgesang (gekürzt) ................. .... 2$ Sommergesang. .......................... . . . 26 Abendlied ..........................30

Einleitung und Auswahl von Edgar Hederer Titelbild nach dem Stich von L. Buchhorn Phot. F. Bruckmann A.-G., München.

GRYPHIUS

Zweite Auflage Im Todesjahr Shakespeares, 1616, wurde Andreas Gryphius in Glogau in Schlesien geboren. Sein wechselvolles Leben ist be­ schattet von den Heimsuchungen des Dreißigjährigen Rrieges. Früh verwaist, floh er aus der verwüsteten Heimat. X%aä> schwerer Jugend berief ihn 1636 der Pfalzgraf Georg von Schönborn an seinen Hof; er wurde geadelt und feierlich zum Dichter gekrönt. Schon in jungen Jahren galt er als einer der größten Gelehrten seiner Zeit. Auf Aeisen durch Holland, Frank­ reich und Italien lernte er die Rultur des Westens kennen. Er starb 1664- als Syndikus der Glogauer Landstände. Außer Ge­ dichten schrieb er Trauerspiele und einige Lustspiele, unter ihnen „Tardenio und Telinde", „Herr Peter Squenz" und „Die geliebte Dornrose".

ndreas Gryphius zwingt uns die VJot einer schwe4^ ren Zeit vor Augen und die Hot des ewigen Menschensiandes, der peinvoll ausgespannt bleibt zwischen Himmel und Hölle, irdischer Anfechtung und jenseitigem Trost. Mit leidenschaftlichem Ernst blickt er in die Eitelkeit des Lebens, in seine Vergeblichkeit und heil­ lose Entzweiung. Aber er ist entschlossen, alles zu gutem Ende auszuhalten, und er weiß den irdischen Augen­ blick zu bejahen, wenn er Bewegung im Göttlichen ist: „Mein sind die Jahre nicht, die mir die Zeit genommen, Mein sind die Jahre nicht, die etwa mögen kommen; Der Augenblick ist mein, und nehm ich den in acht, So ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht." Der ungestümen Gewalt seiner Seele entspricht die seiner barocken Sprache. Seine schwer lastenden Morte leidender Erfahrung und des sehnsüchtigen Aufblicks in den Himmel verlieren sich nicht in Verzückung und Schwärmerei, sondern bleiben zuverlässiges Bekennt­ nis eines männlichen Duldens und treuen Stehens im Glauben.

An den Heiligen Geist Ich schmacht, o Lebenslust! Erquicke mein Gemüt! Ich brenn, o süßer Tau! Befeuchte meine Glieder! Ich zag, o höchste Freud! Romm du mit Trost hernieder! Ich gleite, treue Stärk! Befeste meinen Schritt! Man haßt mich; bleib mein Freund! unverfälschte Güt! Ich schlummre; lichte Flamm! Strahl auf mein Augen­ lider! Bleib du mein Gast und wirr! Mir ist die Welt zuwider! Ich seufz, erhöre mich! und gib mir, was ich bitt! Ich irre; führe mich, Verstand! auf rechte Wege! Ich zweifle; Wahrheit! Steh mit deiner Weisheit bei! Ich diene; Freiheit! Reiß die harten Band entzwei! Ich zittre; Schutz! Halt auf des Himmels Donnerschläge! Ich schwind; o Ewigkeit! Erhalte für und für! O Leben aller Ding! Ich sterbe, leb in mir!

Über die Geburt Jesu Nacht, mehr denn lichte flacht! Nacht lichter als der Tag! Nacht, Heller als die Sonn! in der das Licht geboren, Das Gott, der Licht in Licht wohnhaftig, ihm erkoren! G Nacht, die alle Nacht und Tage trotzen mag: G freudenreiche Nacht, in welcher Ach und Rlag Und Finsternis und was sich auf die Welt verschworen Und Furcht und Höllenangst und Schrecken war ver­ loren ! Der Fimmel bricht; doch fällt nunmehr kein Donner­ schlag. Der Zeit und Nächte schuf, ist diese Nacht ankommen Und hat das Recht der Zeit und Fleisch an sich genommen Und unser Fleisch und Zeit der Ewigkeit vermacht. Die jammertrübe Nacht, die schwarze Nacht der Sün­ den, Des Grabes Dunkelheit muß durch die Nacht ver­ schwinden. Nacht, lichter als der Tag! Nacht, mehr denn lichte Nacht!

Vanitas! Vanitatum Vanitas! .

Die Herrlichkeit der Erden Muß Rauch und Aschen werden, Rein Fels, kein Er; kann stehn. Dies was uns kann ergetzen, was wir für ewig schätzen, wird als ein leichter Traum vergehn. was sind doch alle Sachen, Die uns ein Herze machen, Als schlechte Dichtigkeit? Was ist des Menschen Leben, Der immer um muß schweben, Als eine Phantasie der Zeit? Der Ruhm, nach dem wir trachten, Den wir unsterblich achten, Ist nur ein falscher Wahn. Go bald der Geist gewichen Und dieser Mund erblichen, Fragt keiner, was man hier getan. Ist eine Lust, ein Scherzen, Das nicht ein heimlich Schmerzen Mit Herzensangst vergällt? was ist's, womit wir prangen? wo wirst du Ehr erlangen, Die nicht in Hohn und Schmach verfällt? wie eine Rose blühet, Wenn man die Sonne siehet Begrüßen diese Welt,

Die, eh der Tag sich neiget, Eh sich der Abend zeiget, Verwelkt und unversehns abfällt: So wachsen wir auf Erden Und hoffen, groß zu werden, Und schmerz- und sorgenfrei; Doch eh wir zugenommen Und recht zur Blüte kommen, Bricht uns des Todes Sturm entzwei. Auf Herz! wach und bedenke Daß dieser Zeit Geschenke Den Augenblick nur dein! was du zuvor genossen, Ist als ein Strom verschossen, was künftig, wessen wird es sein? verlache Welt und Ehre, Furcht, hoffen, Gunst und Lehre, Und fleuch den Herren an, Der immer Rönig bleibet, Den keine Zeit vertreibet, Der einig ewig machen kann. Wohl dem, der auf ihn trauet, Er hat recht fest gebauet, Und ob er hier gleich fallt, wird er doch dort bestehen Und nimmermehr vergehen, Weil ihn die Stärke selbst erhält.

Tränen des Vaterlandes, anno J6$6 tDir find doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz ver­ heeret. Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun, Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Rartaun »5er bildenden Runst, an prunkvolle Fassaden und Rirchenräume, an bewegte Standbilder und verzückte Heiligengestalten, an einen Sturm von Farben und Formen, der sich breit auf der Erde auslädt und in ge­ waltiger Bewegung in den Himmel fährt. Der gleiche Geist und die gleichen Formen leben in der Dichtung dieser Zeit. Wie die Steine, so ballen sich die Worte zu ruhelos drängendem Gebilde. Wie die gedrehte Säule des Barock, nach oben strebend, ein Höchstmaß an schwel­ lender und spiegelnder Fülle darbietet, so entfalten die Gedichte eine sinnenschwere Beschreibung des inbrün­ stig ins Jenseits stürmenden Willens. Drangvoll gibt sich ein leidenschaftlich gelebtes, in äußersten Gegen­ sätzen hin und her gerissenes Leben kund. Lauter Rriegslärm verstummt jäh in Todesahnung und Gra­ beshauch, trunkene Begierde weicht gläubiger Ent­ rücktheit. laicht nur zu flammendem Gesicht, auch zu tiefem Liebesblick, zu holder Narurfreude und stiller Andacht bietet sich das Wort und gewaltig bricht die Stimme der Ewigkeit ein. Darum, weil jedes Runstwerk im Stande der Voll­ kommenheit über seine Zeit hinaus in ein Reich zeit­ loser Gültigkeit eingeht, sind uns diese Gedichte, die mit dem vollendeten Ausdruck des damaligen Menschen­ tums einer immerwährenden Menschlichkeit Sprache verliehen, so beglückend nahe.

Gta Viatot! Ihr blinden Sterblichen, was zeiht ihr und verreist Nach beiden Indien? was wagt ihr Seel und Geist Für ihren Rnecht, den Leib 7 Ihr holet Rrieg und Streif Bringt aus der neuen Welt euch eine Welt voll Leid. Ihr pflügt die wilde See, vergesset euer Land, Sucht Gold, das eisern macht, und habt es bei verband. Hierher, Mensch! Die Natur, die Erde rufet dir: Wohin? Nach Gute. Bleib! warum? Du hast es hier!

Martin Opit

Eile zum Lieben Ach, Liebste, laß uns eilen, Me haben Zeit! Es schadet das Verweilen Uns beiderseir. Der edlen Schönheit Gaben Fliehn Schritt für Schritt: Und alles, was wir haben, Das fliehet mir. Der Mangen Zier verbleichet, Das Haar wird greis, Der Augen Feuer weichet, Die Brust wird Eis. Das Mündlein von Rorallen wird ungestalt, Die Hand als Schnee verfallen, Und du wirst alt. Drum laß uns jetzt genießen Der Jugend Frucht, Eh als wir folgen müssen Der Jahre Flucht. Mo du dich selber liebest, So liebe mich. Romm, gib mir! was du gibest, Verlier auch ich.

Rlage Voll (Qual und Angst ein erschreckliche Nacht Meine Seel und Gesicht beschweret, welche mit meines Schmerzen« Macht Mich den weg des Todes lehret. Allso hab ich weder Licht noch Geduld In meinem Gesicht, Geist und Herzen, Und nur den Trost, daß meine Schuld Größer denn meine Schmerzen.

Leben und Tod Das Leben, das ich führ, ist wie der wahre Tod, Ja, schlimmer als der Tod ist mein trostloses Leben. Es endet ja der Tod der Menschen Pein und Leben, Mein Leben aber kann nicht enden dieser Tod. Bald kann ein Anblick mich verletzen auf den Tod, Ein andrer Anblick kann bald wieder mich beleben, Daß ich von Blicken muß dann sterben und dann leben, Und bin in einer Stund nun lebend und nun tot. Ach, Liebe, gib mir doch nunmehr ein andres Leben, wenn ich ja leben soll, oder den andern Tod: Denn weder diesen Tod lieb ich, noch dieses Leben. Verzeih mir, Lieb, ich bin dein lebend und auch tot. Es ist der Tod mit dir ein köstlich süßes Leben, Und Leben, fern von dir, ist ein gar bittrer Tod.

Das Schattenreich Es ist ein Ort in düstrer flacht, tDo Pech und blauer Schwefel brennen, Des hohler Schlund nie ;u erkennen, Als wenn ein Blitz ihn heiter macht: Mit Schlamm und schwarzen Wasserwogen Ist sein Verhaßter Sitz umzogen. Megära sinnt da Martern aus Mit ihren Schwestern, denen Schlangen Um die gefurchten Schläfen hangen, Dort ist die Grausamkeit zu Haus. Ganz das Entsetzen zu erfüllen, Hört man den Lerber gräßlich brüllen. Zu diesem Schreckensort bestimmt Ist, wer der zarten -Liebe spottet, wer gegen Amorn frech sich rottet Und Waffen wider Venus nimmt. In Retten, niemals aufzuschließen, Muß er für solchen Frevel büßen. Hingegen ist ein grünes Tal, wo balsamreiche Weste kühlen, Hier hört man nur von Saitenspielen, Von Lust und Freuden ohne Zahl.

Die Felder blühn in bunten Nelken Und Rosen, welche nie verwelken. Hier säuselt eine Zimmetluft; Den Schlag der muntern Nachtigallen Hört man hier stets durch Myrten schallen, Hier ist kein Frost, kein Nebelduft, Rein Blitz, kein Donnerschlag, noch Regen Zieht schwarzen Wolken hier entgegen. Wohl dem, der Amorn sich ergibt! Er wird, geschmückt mit Myrtenkronen, In diesem Lenztal ewig wohnen. Wohl dem, der keusch und treulich liebt! Ihn wird mit Giegespracht und Singen Der bleiche Charon überbringen.

Die Rose Die Rose blüht, ich bin die fromme Biene Und rühre zwar die keuschen Blätter an, Daher ich Tau und Honig schöpfen kann, Doch lebt ihr Glan; und bleibet immer grüne, Und also bin ich wohlgemüt, weil meine Rose blüht. Die Rose blüht, Gott laß den Schein verziehen, Damit die Zeit des Sommers langsam geht Und weder Frost noch andre Hot entsteht, So wird mein Glück in dieser Rose blühen, So klingt mein süßes Freudenlied: Ach, meine Rose blüht. Die Rose blüht und lacht vor andern Rosen Mit solcher Zier und Herzempfindlichkeit, Daß auch mein Sinn sich zu der Pflicht erbeut, Mit keiner Blum im Garten liebzukosen, weil alles, was man sonsten sieht, In dieser Rose blüht.

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An eine Linde Schöne Linde! Deine Rinde Nehm den Wunsch von meiner Hand: Rröne mit den sanften Schatten Diese saatbegrasten Matten, Stehe sicher vor dem Brand! Reißt die graue Zeit hier nieder Deine Brüder: Soll der Len; diese Äst Jedes Jahr belauben wieder Und dich hegen wurzelfesi.

Das letzte Wort Ich weiß nicht, ob ich euch noch einmal werde sehn, Ihr wundervollen Augen. Dennoch werden meine Wunden, So ich stets von euch empfunden Und nicht mehr zu heilen taugen, Ewig, ewig offenstehn.

Die Seele, Jesu Gespielin So spielen die lieblichen Buhlen zusammen Und mehren im Spielen die himmlischen Flammen, Das eine vermehret des anderen Lust Und beiden ist nichts als die Liebe bewußt. Er singet, sie spielet; er küsset, sie herzet; Er lehret, sie höret; er lachet, sie scherzet. Er saget: wie bist du mir ewig erkoren! Sie rufet: du bist mir zur Freude geboren! Die beide verdoppeln das Echo in Ein Und schreien: mein Freund ist vollkommentlich mein!

Die Welt was ist die Welt und ihr berühmtes Glänzen? Was ist die Welt und ihre ganze Pracht? Ein schnöder Schein in kurzgefaßten Grenzen, Ein schneller Blitz bei schrvarzgewölkter flacht. Ein buntes Feld, da Rummerdisteln grünen, Ein schön Spital, so voller Rrankheit steckt, Ein Sklavenhaus, da alle Menschen dienen, Ein faules Grab, so Alabaster deckt. Das ist der Grund, darauf wir Menschen bauen Und was das Fleisch für einen Abgott hält; Romm, Seele, komm und lerne weiter schauen, Als sich erstreckt der Zirkel dieser Welt. Streich ab von dir derselben kurzes Prangen, Halt ihre Lust für eine schwere Last; So wirst du leicht in diesen Porr gelangen, Da Ewigkeit und Schönheit sich umfaßt.

Auf den Einfall der Kirchen zu Gt. Elisabeth Mit starkem Rrachen brach der Bau des Herren ein, Die Pfeiler gaben nach, die Balken mußten biegen, Die Ziegel wollten sich nicht mehr zusammenfirgen: Es trennte Ralk von Ralk und riß sich Stein von Stein. Der Mauern hohe Pracht, der süßen Orgeln Schein, Die hieß ein Augenblick in einem Rlumpen liegen, Und was itzund aus Angst mein bleicher Mund ver­ schwiegen, Mußt abgetan, zersprengt und ganz vertilget sein. V Mensch! dies ist ein Fluch, der nach dem Himmel schmeckt, Der dieses Haus gerührt und dein Gemüt erweckt. Es spricht der Herren Herr: du sollst mich besser ehren! Die Sünde kommt von dir, das Scheitern kommt von Gon, Und ist dein Herze Stein und dein Gemüte tot, So müssen dich itzund die toten Steine lehren.

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Das Unvergängliche Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen, Der liebliche Rorall der Lippen wird verbleichen. Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand; Der Augen süßer Blitz, die Rräfte deiner Hand, So nun in meiner ruht, die werden zeitlich weichen, Das Haar, das itzund kann des Goldes Glan; erreichen, Tilgt endlich Tag und Jahr als ein gemeines Band. Der wohlgesetzte Fuß, die lieblichen Gebärden, Die werden teils zu Staub, teils nichts und nichtig werden, Dann opfert keiner mehr der Gottheit deiner Pracht. Dies und noch mehr als dies muß endlich untergehen. Dein Herze kann allein zu aller Zeit bestehen, Dieweil es die aus Diamant gemacht.

Auf den Tod eines Rindes Schlafe wohl, geliebtes Rind. So viel tapfrer Melden sterben, Ganze Völker gar verderben, Und die Zeit verstiebt wie Wind; wie soll denn ein Mensch bestehn? Muß dies Ganze doch vergehn. Schlafe wohl! wir Armen, wir Bleiben, was wir immer waren: Jung von Weisheit, alt von Jahren, Unverständig für und für; Stumm an Mund, an Augen blind, Rinder, wie wir kommen sind.

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Während der Trennung Es ist umsonst, das Rlagen, Das du um mich Und ich um dich, wir umeinander tragen. Sie ist umsonst, die harte Pein, Mit der wir jetzt umfangen sein. Laß das Verhängnis walten. Was dich dort ziert Und mich hier führt, Das wird uns doch erhalten. Dies, was uns jetzt so sehr betrübt, Isis dennoch, das uns Freude gibt. Sei unterdessen meine, Mein mehr als ich, Und schau auf mich, Daß ich bin ewig deine. Vertraute Liebe weicher nicht, allzeit, was sie einmal spricht. Auf alle meine Treue Sag ich dir's zu; Du bist es, du, Der ich mich einzig freite.

Mein Herze, das sich jetzt so quält, Hat dich und keine sonst erwählt. Bleib, wie ich dich verlassen. Daß ich dich einst, Die du jetzt weinst, Mir Aachen mag umfassen. Dies soll für diese kurze Pein Auf ewig unsre Freude sein. Eilt, lauft, ihr trüben Tage, Eilt, lauft vorbei! Eilt, macht mich ftei Von aller meiner Plage! Eilt, kommt, ihr hellen Stunden ihr. Die mir gewähren alle Zier.

An sich Sei dennoch unverzagt. Gib dennoch unverloren, weich keinem Glücke nicht; sieh höher als' der Neid, vergnüge dich an dir, und acht es für kein Leid, Hat sich gleich wider dich Glück, Vrt und Zeit ver­ schworen. was dich betrübt und labt, halt alles für erkoren, nimm dein Verhängnis an, laß alles unbereut. Tu, was getan muß fein, und eh man dir's gebeut, was du noch hoffen kannsi, das wird noch siets ge­ boren. was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein Glücke Ist sich ein jeder selbst. Schau alle Sachen an; Dies Alles ist in dir. Laß deinen eitlen Wahn, Und eh du förder gehst, so geh in dich zurücke, wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann. Dem ist die weite Welt und aller untertan.

Lobe den Herren Lobe den Herren, Ddn mächtigen Rönig der Ehren, Meine geliebte Seele, Das ist mein Begehren! Rommet zu Häuf, Psalter und Harfe, wacht auf, Lasset den Lobgesang hören! Lobe den Herren, Der alles so herrlich regieret, Der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet, Der dich erhält, wie es dir immer gefällt! Hast du nicht dieses verspüret? Lobe den Herren, Der künstlich und fein dich bereitet, Der dir Gesundheit verliehen, Dich freundlich geleitet! In wieviel Vlot Hat nicht der gnädige Gott Über dir Flügel gebreitet!

Lobe den Herren, Der deinen Stand sichtbar gesegnet, Der aus dem Himmel Mit Strömen der Liebe geregnet! Denke daran, was der Allmächtige kann, Der dir mit Liebe begegnet! Lobe den Herren, was Ln mir ist, lobe den Namen! Alles, was Odem hat, Lobe mit Abrahams Samen! Er ist dein Licht, Seele, vergiß es ja nicht! Lobende, schließe mit Amen!

Ewigkeit, du Donnerworr O Ewigkeit, du Donnerwort, O Schwert, das durch die Seele bohrt, V Anfang sonder Ende, V Ewigkeit, Zeit ohne Zeit . .. Ich weiß vor großer Traurigkeit Glicht, wo ich mich hinwende. Mein ganz erschrocknes Herz erbebt, ,Daß mir die Zung am Gaumen klebt. Rein Unglück iß in aller Welt, Das endlich mit der Zeit nicht fällt Und ganz wird aufgehoben. Der Hölle Eiual nur hat kein Ziel, Sie treibet fort und fort ihr Spiel, Laßt nimmer ab zu toben; Ja, wie mein Heiland selber spricht: Aus ihr iß kein Erlösung nicht. O Ewigkeit, du machst mir bang; ewig, ewig ist zu lang, Hier gilt fürwahr kein Scherzen. Drum wenn ich diese lange Nacht Zusamt der großen Pein betracht, Erschreck ich recht von Herzen. Nichts ist zu finden weit und breit So schrecklich als die Ewigkeit.

Der Höllen Marter und ihr Pein wird nicht wie Leibeskrankheit sein Und mit der Zeit sich enden, Es wird sich der verdammten Schar 3m Feur und Schwefel immerdar Mit Zorn und Grimm umwenden. Und dies ihr unbegreiflich Leid Soll wahren bis in Ewigkeit! Ach Gott, wie bist du so gerecht, wie strafst du einen bösen Rnecht So hart im Pfuhl der Schmerzen! Auf kurze Sünden dieser Welt Hast du so lange Pein bestellt! Drum nimm es wohl zu Herzen Und Habs in Acht, o Menschenkind: Rurz ist die Zeit, der Tod geschwind. O Ewigkeit, du Donnerwort, V Schwert, das durch die Seele bohrt, Anfang sonder Ende, V Ewigkeit, Zeit ohne Zeit. . . 3ch weiß vor großer Traurigkeit Nicht, wo ich mich hinwende; Herr Jesu, wenn es dir gefällt, Eil ich zu dir ins Himmelzelt!

Der Mensch hat nichts so eigen Der Mensch hat nichts so eigen, So wohl steht ihm nichts an, Als daß er Treu erzeigen Und Freundschaft halten kann, wann er mit seines Gleichen Soll treten in ein Band, versprichts sich, nicht zu weichen, Mit Kerzen, Mund und Hand. Die Red ist uns gegeben, Damit wir nicht allein Vor uns nur sollen leben Und fern von Leuten sein; wir sollen uns befragen Und sehn auf guten Rat, Das Leid einander klagen, So uns betreten hat. was kann die Freude machen, Die Einsamkeit verhehlt? Das gibt ein doppelt Lachen, was Freunden wird erzählt. Der kann sein Leid vergessen, Der es von Kerzen sagt; Der muß sich selbst auffressen. Der in geheim sich nagt.

Gott steht mir vor Allen, Die meine Seele liebt; Dann soll mir auch gefallen, Der mir sich herzlich gibt: Mit diesen Bundsgesellen Verlach ich Pein und Vlor, Geh auf den Grund der Höllen Und breche durch den Tod. Ich hab, ich habe Herzen, So treue wie gebührt, Die Heuchelei und Scherzen Hie wissentlich berührt. Ich bin auch ihnen wieder Von Grund der Seelen hold, Ich lieb euch mehr, euch Brüder, Als aller Erden Gold.

Simon Dach

Gterbelied Schöner Himmelssaal, Vaterland der Frommen, Die aus großer Elual Dieses Lebens kommen Und von keiner Lust In der Welt gewußt, Sei mir hoch gegrüßt! Dich such ich vor allen, weil ich öd und wüst In der Welt muß wallen Und von Rreuz und Pein Hie befreit kann sein. Deinetwegen bloß Trag ich dies mein Leiden, Diesen Herzensstoß willig und mit Freuden; Du versüßest mir Alle Gall allhier. Trüg ich durch den Tod Nicht nach dir Verlangen, V, in meiner Not Wär ich längst vergangen; Du bist, einig du. Nichts sonst, meine Ruh.

Gott, du kennst vorhin Alles, was mich kränket Und woran mein Sinn Tag und Nacht gedenket; Niemand weiß um mich Als nur du und ich. V wie werd ich mich Dort an dir erquicken! Du wirst mich, und ich werde dich anblicken. Ewig, herrlich, reich Und den Engeln gleich. Schöner Himmelssaal, Vaterland der Frommen, Ende meine Clual, Heiß mich zu dir kommen; Denn ich wünsch allein Bald bei dir zu sein.

Abschied Es ist genug! Mein matter Sinn Sehnt sich dahin, wo meine Väter schlafen. Ich hab es endlich guten Lug, Es ist genug! Ich muß mir Raft verschaffen. Ich bin ermüdt, ich hab geführt Des Tages Bürd: Es muß einst Abend werden. Erlös mich, Herr, spann aus den Pflug, Es ist genug! nimm von mir die Beschwerden. Die große Last hat mich gedrückt, Ia schier erstickt, so viele lange Iahre. Ach laß mich finden, was ich such: Es ist genug! Mit solcher Rreuzes Ware. Htm gute Nacht, ihr meine Freund, Ihr meine Feind, Ihr Guten und ihr Bösen! Euch folg die Treu, euch folg der Trug, Es ist genug! Mein Gott will mich auflösen. So nimm nun, Herr, hin meine Seel, Die ich befehl in deine Hand und Pflege. Schreib sie ein in dein Lebens Buch. Es ist genug! Daß ich mich schlafen lege.

Nicht besser soll es mir ergehn, Als wie geschehn den Vätern, die erworben Durch ihren Tod des Lebens Ruch. Es ist genug! Es sei also gestorben.

Inhalt

Seire

Martin Opitz (1597—1639) Sta VLator! ..................................................... 5 Eile zum Lieben. ................ 6 Georg Rudolf weckherlin (1584— J653) Klage...................................................................................... 7 Leben und Tod ............................ 8 Kaspar Stieler (1632—1707) Das Schattenreich.................................... 9 Unbekannter Dichter Die Rose. ..................................................... II Johann Rlaj (1616—1656) An eine Linde......................................................... .... . 12 Benjamin Neukirch (1665—1729) Das letzte Wort ......................................................... .... . 13 Gottfried Arnold (1666—1714) Die Seele, Jesu Gespielin........................ 14 Christian Hofmann von Hofmannswaldau (1617—1679) Die Welt.............................................................................15 Auf den Einfall der Kirchen zu St. Elisabeth .... 16 Das Unvergängliche ............... 17 Paul Fleming (1609—1640) Auf den Tod eines Rindes ............ 18 während der Trennung ..................................................19 An sich................................................................................ 21 Joachim Vtcanbct (1650—1680) Lobe den Herren ................................................ 22 Johann Aist (1607—1667) O Ewigkeit, du Donnerwort.............................................. 24 Simon Dach (1605—1659) Der Mensch hat nichts so eigen... ......... 26 Sterbelied................................ 28 Anton Ulrich von Braunschweig (1634—1714) Abschied .................... 30 Einleitung und Auswahl von Edgar Hederer Titelbild nach einem zeitgenössischen Gemälde Phot. F. Bruckmann A.- G., München

DICHTER DES 18. JAHRHUNDERTS

ySf» Unrecht vergaß man Dichter, die mit solcher €^«5oI>ett und Anmut von einer Welt schöner Menschlichkeit Zeugnis geben. In Bild und Rlang des klar gefügten Gedichtes ereignen sich gültig die Bewe­ gungen einer Seele, die noch ursprünglich formvoll erlebt. Mit seltenem Glück der Sinne vermochte sich der Dichter des 18. Jahrhunderts anzusiedeln im Ir­ dischen und einer Welt, Ln der die Götterbilder noch nicht verblaßt sind. Im zarten Idyll und in der großen Natur feiert er die Liebe; hingerissen von der Glorie der Geliebten, taumelnd im Schmer; um ihren Verlust. Er faßt sich, indem er sich aus höheren Welten die Tugend leiht. Im entzückten Gefühl seiner selbst hofft er auf eine Veredlung des Menschengeschlechtes und auf den Frieden. In tiefer Freundschaft mit Schöpfung und Geschöpf hat er die Ordnung der Welt erkannt. Sein Glauben ist fromme Zuversicht und Bewunde­ rung des Weltalls. Es ist der edle, aufgeklärte Mensch, der sich Ln Hot und Seligkeit seiner würde versichert und von Gün­ thers peinvoller Fassungslosigkeit — noch sie wird zur Arie — bis zu Herders und Lenzens stolzem Über­ schwang aufrichtet in einer Gebärde dauernder Schön­ heit.

An seine Leonore Stürmt, reißt und rast, ihr Unglückswinde, Zeigt eure ganze Tyrannei! Verdreht, zerschlitzt so Zweig als Rinde Und brecht den Hoffnungsbaum entzwei! Dies Hagelwetter Trifft Gramm und Blätter, Die Wurzel bleibt, Bis Sturm und Regen Ihr Wüten legen, Der sie von neuem grünt und Äste treibt. Mein Herz gibt keinem Diamanten, Mein Geist den Eichen wenig nach; wenn Erd und Himmel mich verbannten, So trotz ich doch mein' Ungemach. Schlagt, bittre Feinde, Weicht, falschen Freunde! Mein Heldenmut Ist nicht zu dämpfen; Drum will ich kämpfen Und sehn, was die Geduld vor Wunder tut. „Beständig" soll die Losung bleiben: Beständig lieb ich dich, mein Rind, Bis dermaleinst die Dichter schreiben, Daß du und ich nicht sterblich sind. $

Das Wort beständig Macht alles bändig, was Elend heißt; Das stärkste Lieber Geht bald vorüber, wenn man nur mit Geduld den Frost verbeißt. Hur zweifle nicht an meiner Treue, Die als ein ewig Helles Licht, wenn ich des Lebens mich verzeihe, Die Finsternis der Gräber bricht. Rein hartes Glücke, Ja kein Geschicke Trennt mich von dir; Du stirbst die Meine, Ich bin der Deine, Drum wirf den Argwohn weg und glaube mir!

AbschLeds-ArLa Schweig du doch nur, du Hälfte meiner Brust! Denn was du weinst, ist Blut aus meinem Herzen. Ich taumle so und hab an nichts mehr Lust Als an der Angst und den getreuen Schmerzen, womit der Stern, der unsre Liebe trennt, Die Augen brennt. Der Abschiedskust verschließt mein Paradies, Aus welchem mich Zeit und Verhängnis treiben; So viel bisher dein Antlitz Sonnen wies, Go mancher Blitz wird jetzt mein Schrecken bleiben. Der Zweifel wacht und spricht von deiner Treu: Sie ist vorbei. Verzeih mir doch den Argwohn gegen dich; wer brünstig liebt, dem macht die Furcht stets bange. Der Menschen Herz verändert wunderlich; wer weiß, wie bald mein Geist die Post empfange, Daß die, so mich in Gegenwart geküßt, Entfernt vergißt. Gedenk einmal, wie schön wir vor gelebt Und wie geheim wir unsre Lust genossen. Da hat kein Neid der Reizung widerstrebt, womit du mich an Hals und Brust geschlossen, Da sah uns auch bei selbst erwünschter Ruh Rein Wächter zu.

Genug! Ich muß; die Marterglocke schlägt. Hier liegt mein Her;, da nimm es aus dem Munde Und heb es auf, die Früchte, so es trägt, Sind Ruh und Trost bei mancher bösen Stunde, Und lies, so oft dein Gram die Leute flieht, Mein Abschiedslied. Wohin ich geh, begleitet dich mein Bild, Rein fremder Zug wird mir den Schatz entreißen; Es macht mich treu und ist mein Hoffnungsschild, Wenn tlcib und Not Verfolgungssteine schmeißen, Bis daß die Hand, die uns hier Dörner flicht, Die Myrrhen bricht. Erinnre dich ;um öfter« meiner Huld Und nähre sie mit süßem Angedenken! Du wirft betrübt, dies ist des Abschieds Schuld, So muß ich dich ;um ersten Male kränken, Und fordert mich der erste Gang von hier, So sterb ich dir. Ich sterbe dir, und soll ein ftemder Sand Den oft durch dich ergötzten Leib bedecken, So gönne mir das letzte Liebespfand Und laß ein Rreu; mit dieser Grabschrift stecken: wo ist ein Mensch, der treulich lieben kann? Hier liegt der Mann.

An Gore was kann ich armer Mensch davor, wenn Hot und Angst zur Sünde zwingen? Herr! neige dein geneigtes Ohr, Ich will ein kleines Opfer bringen, Es blutet weder Schaf noch Rind, Ich habe Weihrauch angezündt, Glicht Weihrauch, den die Bäume schwitzen: Ein ängstlich Herz und treu Gebet, Du hast es ja noch nie verschmäht, Soll wider Zorn und Rache schützen. Die Größe deiner Majestät Erkenn ich aus den kleinsten Dingen, Dein Arm, der über alles geht, Rann Wasser aus dem Felsen zwingen. Du sprichst ein Wort, so wird es Licht; Bedroh das Meer, es regt sich nicht; Befiehl, so wird die Flut zu Flammen; Du winkst, so steht der Sonnenlauf, So tun sich Tief und Abgrund auf Und werfen Erd und Stern zusammen.

Dem n! laß doch immer hier und dort Mich ewig Liebe fühlen, Und möcht der Schmer; auch also fort Durch V7ert> und Adern wühlen. Rönnt ich doch ausgefüllt einmal Von dir, o Ewger! werden — Ach, diese lange, tiefe Clual, Wie dauert sie auf Erden!

Wanderers Nachtlied Der du von dem Himmel bist, Alles Leid und Schmerzen stillest, Den, der doppelt elend ist, Doppelt mit Erquickung füllest, Ach, ich bin des Treibens müde! was soll all der Schmer; und Lust? Süßer Friede, Romm, ach komm in meine Brust!

Wandrers Nachtlied Uber allen Gipfeln Ist Ruh, In allen Wipfeln Spürst du Raum einen Hauch; Die Voglern schweigen im Walde. Warte nur, balde Ruhest du auch.

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Inhalt Seite

willkommen und Abschied ....... 5 Rastlose Liebe..................................................7 Das Veilchen ...................................................... S Gefunden ................................ 9 Die schöne Nacht .............................................JO Mailied............................................................ II Herbstlich leuchtet die Flamme........................13 Nachtgesang ................................................. 14 An Belinden........................ 15 Nähe des Geliebten .......... 16 Dem aufgehenden Vollmonde ...... 17 An Mignon . ............................. ... . . . lS Aus Wilhelm Meister: Mignon ........................................................ 20 Harfenspieler.................... 22 philine ........................................................ 24 Dämmrung senkte sich von oben ..... 26 An den Mond.................................... 27 Sehnsucht .............. 29 Wanderers Nachtlied . ................................30 Wandrers Nachtlied ........................................ 31

Einleitung und Auswahl von Edgar Hederer Titelbild nach einem Gemälde von Angelika Rauffmann. Mit Erlaubnis des Goethe-Nationalmuseums zu Weimar veröffentlicht.

GOETHE II

Johann Wolfgang Goethe wurde am 28. August J7*9 in Frank­ furt geboren. Sein weg führte über Leipzig und Straßburg, wo er die Rechte studierte, nach wenlar an das Reichskammergericht und von dort zurück nach Frankfurt. 1775 unternahm er mit den Brüdern Stolberg eine Reife in die Schweiz und wurde im gleichen Jahre von dem Herzog Larl August an dessen Hof nach Weimar gerufen. Dort hatte er lange Seit das Timt eines Ministers und Rammerpräsidenten inne. 1786—88 machte er feine erste, 1790 feine zweite Reife nach Italien. In Weimar, wo ihn ein lang­ jähriger Freundschaftsbund mit Schiller verband, verblieb er bis zu seinem Tode am 22. Marz 1832

yfT oetbeg Geist schuf ursprünglich wie die Xlatmr. VL^Vlach geheimem Gesetze wachsend und sich wan­ delnd, zeitlebens aus dem Dunkel ins Licht strebend, durchmaß er das ganze Rund des Irdischen, und nie ist ein Lebender dem Leben treuer geblieben. In dieser Treue suchte er V7atur und Geist zu versöhnen und band das Endliche an den unendlichen Sinn. Solche Treue gab auch seinem Blick, wenn er ihn trotzig oder hingebend zu Gott erhob, die Redlichkeit, seinen viel­ fältigen Erkenntnissen den Rang von Weisheiten und jeder seiner Lebensäußerungen das Gewicht der Not­ wendigkeit. Als eine notwendige Äußerung seines Wesens besitzen wir seine Gedichte. Goethes dichterische Schau ist im weitesten Sinne gegenständlich; sie sieht in Einem Alles und in Allem Eines; sie erfindet nicht einen Sinn der Schöpfung, sondern findet ihn in reinem Anschaun und erfüllt ihn in liebender Eingabe. Im Auf und Ab von Stirb und werde, von unermüdlichem Vollendungswillen im Endlichen und schrankenloser Eingabe ans Unendliche schuf er reichstem Dasein die Vollendung. In der na­ menlosen Seligkeit seines Fühlens gewann der Augen­ blick den Vollklang grenzenloser Bedeutung. Die ganze Schöpfung nahm er mir hinein in die Bewegung seines weltenweiten Herzens und dieser sein Weltstand wurde zu einer welrstunde des deutschen Geistes.

An Schwager Rronos Spute dich, Rronos! Fort den rasselnden Trott! Bergab gleitet der Weg; Ekles Schwindeln zögert Mir vor die Stirne dein Zaudern. Frisch, holpert es gleich, über Stock und Steine den Trott Rasch in's Leben hinein!

V7tm schon wieder Den eratmenden Schritt Mühsam Berg hinauf! Auf denn, nicht träge denn, Strebend und hoffend hinan! Weit, hoch, herrlich der Blick Rings in's Leben hinein, Vom Gebirg zum Gebirg Schwebet der ewige Geist, Ewigen Lebens ahndevoll. Seitwärts des Überdachs Schatten Zieht dich an Und ein Frischung verheißender Blick Auf der Schwelle des Mädchens da. Labe dich! — Mir auch, Mädchen, Diesen schäumenden Trank, Diesen ssischen Gesundheitsblick!

Ab denn, rascher hinab! Sieh, die Sonne sinkt! Eh sie sinkt, eh mich Greisen Ergreift im Moore Nebeldufr, Entzahnte Riefer schnattern Und das schlotternde Gebein. Trunken vom letzten Strahl Reiß mich, ein Feuermeer Mir im schäumenden Aug, Mich geblendeten Taumelnden In der »Sötte nächtliches Tor. Töne, Schwager, in's Horn, . Raßle den schallenden Trab, Daß der Orkus vernehme: wir kommen. Daß gleich an der Türe Der Wirt uns freundlich empfange.

Harzreise im Winter Dem Geier gleich, Der auf schweren Morgenwolken Mit sanftem Fittich ruhend Nach Beute schaut, Schwebe mein Lied. Denn ein Gott hat Jedem seine Bahn vorgezeichnet, Die der Glückliche Rasch zum freudigen Ziele rennt: wem aber Unglück Das Her; zusammenzog, Er sträubt vergebens Sich gegen die Schranken Des ehernen Fadens, Den die doch bittre Schere Nur einmal löst. In Dickichts-Schauer Drängt sich das rauhe Wild, Und mit den Sperlingen Haben längst die Reichen In ihre Sümpfe sich gesenkt. Leicht ist's folgen dem wagen, Den Fortuna führt,

Wie der gemächliche Troß Auf gebesserten wegen Hinter des Fürsten Einzug. Aber abseits wer Lst's? In's Gebüsch verliert sich sein Pfad, Hinter ihm schlagen Die Sträuche zusammen, Das Gras steht wieder auf, Die Ode verschlingt ihn. Ach, wer heilet die Schmerzen Deß, dem Balsam zu Gift ward? Der sich Menschenhaß Aus der Fülle der Liebe trank? Erst verachtet, nun ein Verächter, Zehrt er heimlich auf Seinen eignen wert In ungenügender Selbstsucht. Ist auf deinem Psalter, Vater der Liebe, ein Ton Seinem Ohre vernehmlich, So erquicke sein Herz! Offne den umwölkten Blick über die tausend «Quellen Neben dem Durstenden In der Wüste.

Der du der Freuden viel schaffst Jedem ein überfließend Maß, Segne die Brüder der Jagd Auf der Fährte des Wilds Mit jugendlichem Übermut Fröhlicher Mordfuchr, Späte Rächer des Unbills, Dem schon Jahre vergeblich wehrt mit Rnütteln der Bauer. Aber den Einsamen hüll In deine Goldwolken! Umgib mit Wintergrün, Bis die Rose wieder heranreift, Die feuchten Haare, Ü> Liebe, deines Dichters! Mir der dämmernden Fackel Leuchtest du ihm Durch die Furten bei Nacht, über grundlose Wege Auf öden Gefilden; Mit dem tausendfarbigen Morgen Lachst du in's Her; ihm; Mir dem beizenden Sturm Trägst du ihn hoch empor; Winterstürme stürzen vom Felsen In seine Psalmen,

Und Altar des lieblichsten Danks wird ihm des gefürchteten Gipfels Schneebehangner Scheitel, Den mit Geisterreihen Rränzten ahnende Völker. Du stehst mit unerforschtem Busen Geheimnisvoll offenbar über der erstaunten Welt Und schaust aus Wolken Auf ihre Reiche und Herrlichkeit, Die du aus den Adern deiner Brüder nebe« dir wässerst.

Mahomets Gesang Seht den Felsenquell, Freudehell, Wie ein Sternenblick; Über Wolken Nährten seine Jugend Gute Geister Zwischen Rlippen im Gebüsch. Iünglingfrisch Tanzt er aus der Wolke Auf die Marmorfelsen nieder, Jauchzet wieder Nach dem Fimmel. Durch die Gipfelgange Jagt er bunten Rieseln nach, Und mir frühem Führertritt Reißt er seine Bruderquellen Mit sich fort. Drunten werden in dem Tal Unter seinem Fußtritt Blumen, Und die wiese Lebt von seinem Hauch. Doch ihn hält kein Schattental, Reine Blumen,

Die ihm seine Rnie umschlingen, Ihm mit Liebes-Augen schmeicheln Vlach der Ebne dringt sein Lauf Gchlangenwandelnd. Bäche schmiegen Sich gesellig an. Nun tritt er In die Ebne silberprangend, Und die Ebne prangt mit ihm, Und die Flusse von der Ebne Und die Bäche von den Bergen Iauchzen ihm und rufen: Bruder! Bruder, nimm die Brüder mit, Mit;u deinem alter Vater, Zu dem ewgen Ozean, Der mit ausgespannten Armen Unser wartet, Die sich, ach! vergebens öffnen, Seine Sehnenden zu fassen; Denn uns ssißt in öder wüste Gierger Sand; die Sonne droben Saugt an unserm Blut; ein >5»gel Hemmet uns zum Teiche! Bruder, Nimm die Brüder von der Ebne, Nimm die Brüder von den Bergen Mit, zu deinem Vater mit!

Rommt ihr alle! — Und nun schwillt er Herrlicher; ein ganz Geschlechte Trägt den Fürsten hoch empor! Und im rollenden Triumphe Gibt er -Ländern Hamen, Städte Werden unter seinem Fuß. Unaufhaltsam rauscht er weiter, Läßt der Türme Flammengipfel, Marmorhäuser, eine Schöpfung Seiner Fülle, hinter sich. Zedernhäuser trägt der Atlas Auf den Riesen schultern; sausend wehen über seinem Haupte Tausend Flaggen durch die Lüfte, Zeugen seiner Herrlichkeit. Und so trägt er seine Brüder, Seine Schätze, seine Rinder Dem erwartenden Erzeuger Freudebrausend an das Herz.

Ganymed Wie im Morgenglanze Du rings mich anglühst, Frühling, Geliebter! Mit tausendfacher Liebeswonne Sich an mein Her; drängt Deiner ewigen Wärme Heilig Gefühl, Unendlich Schöne! Daß ich dich fassen möcht In diesen Arm! Ach, an deinem Busen Lieg ich, schmachte, Und deine Blumen, dein Gras Drängen sich an mein Herz. Du kühlst den brennenden Durft meines Busens, Lieblicher Morgenwind! Ruft drein die Nachtigall Liebend nach mir aus dem Nebeltal. Ich komm, ich komme! Wohin? Ach, wohin? Hinauf! Hinauf strebt's. Es schweben die Wolken

Abwärts, die Wolfen Neigen sich der sehnenden Liebe. Mir! Mir! In enerm Schoße Aufwärts! Umfangend umfangen! Aufwärts an -einen Busen, Alliebender Vater!

Prometheus Bedecke deinen Himmel, Zeus, Mit Wolkendunst Und übe, dem Rnaben gleich, Der Disteln köpft, An Eichen dich und Bergeshöhn; Mußt mir meine Erde Doch lassen stehn Und meine Hütte, die du nicht gebaut, Und meinen Herd, Um dessen Glut Du mich beneidest. Ich kenne nichts Ärmeres Unter der Sonn, als euch, Götter! Ihr nähret kümmerlich Von Vpfersteuern Und Gebetshauch Eure Majestät Und darbtet, wären Vlicht Rinder und Bettler Hoffnungsvolle Toren. Da ich ein Rind war, Nicht wußte, wo aus noch ein, Rehrt ich mein verirrtes Auge Zur Sonne, als wenn drüber wär

Ein Ohr, zu hören meine Rlage, Ein Herz wie mein«, Sich des Bedrängten zu erbarmen. wer half mir Wider der Titanen Übermut? Wer rettete vom Tode mich, Von Sklaverei? *5aft du nicht alles selbst vollendet, Heilig glühend Herz? Und glühtest jung und gut, Betrogen, Rrttungsdank Dem Schlafenden da droben? Ich dich ehren? wofür? Hast du die Schmerzen gelindert Je des Beladenen? Hast du die Tränen gestillet Je des Geängstigten? Hat nicht mich zum Manne geschmiedet Die allmächtige Zeit Und das ewige Schicksal, Meine Herrn und deine? wähntest du etwa, Ich sollte das Leben hassen,

In Wüsten fliehen, Weil nicht alle Blütenträume reiften? Hier sitz ich, forme Menschen Nach meinem Bilde, Ein Geschlecht, das mir gleich sei, Zu leiden, zu weinen, Zu genießen und zu freuen sich, Und dein nicht zu achten, Wie ich!

Wanderers ©turmlieb wen du nicht verlässest, Genius, Hiebt der Regen, nicht der Sturm haucht ihm Schauer über's Herz. wen du nicht verlässest, Genius, wird dem Regengewölk, wird dem Gchloßensturm Entgegensingen, wie die Lerche, Du da droben. Den du nicht verlässest, Genius, wirst ihn heben über'n Gchlammpfad Mit den Feuerflügeln. wandelnd wird er wie mit Blumenfüßen über Deukalions Flutschlamm, Python tötend, leicht, groß, pythius Apollo. Den du nicht verlässest, Genius, wirst die wollnen Flügel unterspreiten, wenn er auf dem Felsen schläft, wirst mit Hüterfittichen ihn decken In des Haines Mitternacht. wen du nicht verlässest, Genius, wirft im Schneegestöber

Wärmumhüllen; Vlach der Wärme ziehn sich Musen, Vlach der Wärme Charitinnen. Umschwebet mich, ihr Musen, Ihr Charitinnen! Das ist Wasser, das ist Erde, Und der Sohn des Wassers und der Erde, Uber den ich wandle Göttergleich. Ihr seid rein, wie das Herz der Wasser, Ihr seid rein, wie das Mark der Erde, Ihr umschwebt mich, und ich schwebe Uber Wasser, über Erde, Göttergleich. Soll der zurückkehren, Der kleine, schwarze, feurige Bauer? Soll der zurückkehren, erwartend Hw deine Gaben, Vater Bromius, Und helleuchtend umwärmend Feuer? Der kehren mutig? Und ich, den ihr begleitet, Musen und Charitinnen alle, Den alles erwartet, was ihr, Musen und Charitinnen,

Umkränzende Seligkeit, Rings um's Leben verherrlicht habt, Soll. mutlos kehren? Vater Bromius! Du bist Genius, Jahrhunderts Genius, Bist, was innre Glut pindarn war, Was der Welt Phöbus Apoll ist. Weh! weh! Innre Wärme, Geelenwärme, Mittelpunkt! Glüh entgegen Phöb Apollen; Ralt wird sonst Sein Fürstenblick Uber dich vorübergleiten, vleidgetroffen Auf der Zeder Rraft verweilen, Die zu grünen Sein nicht harrt. Warum nennt mein Lied dich zuletzt? Dich, von dem es begann,

Dich, in dem es endet, Dich, aus dem es quillt, Jupiter Pluvius! Dich, dich strömt mein Lied, Und kastalischer (Quell Rinnt ein Dedenbach, Rinnet Müßigen, Sterblich Glücklichen Abseits von dir, Der du mich fassend deckst, Jupiter Pluvius! nid>t am Ulmenbaum Hast du ihn besucht, Mit dem Taubenpaar In dem zärtlichen Arm, Mit der freundlichen Ros umkränzt, Tändelnden ihn, blumenglücklichen Anakreon, Sturmatmende Gottheit! Nicht im Pappelwald An des Sybaris Strand, An des Gebirge Sonnebeglänzter Stirn nicht Faßtest du ihn. Den Blumen-singenden,

Honig-lallenden, Freundlich winkenden Theokrit. wenn die.Räder rasselten, Rad an Rad rasch um's Ziel weg, Hoch flog Siegdurchglühter Jünglinge Peitschenknall, Und sich Staub wälzt, wie vom Gebirg herab Rieselwetter in's Tal, Glühte deine Seel Gefahren, Pindar, Mur. — Glühte? — Armes Herz! Dort auf dem Hügel, Himmlische Macht! n»r so viel Glut, Dort meine Hütte, Dorthin zu waten!

Grenzen der Menschheit Wenn der uralte Heilige Vater Mit gelassener Hand Aus rollenden Wolken Sengende Blitze Über die Erde sät, Rüst ich den letzten Saum seines Rleides, Rindliche Schauer Treu in der Brust. Denn mit Göttern Soll sich nicht messen Irgend ein Mensch. Hebt er sich aufwärts Und berührt Mit dem Scheitel die Sterne, Nirgends haften dann Die unsichern Sohlen, Und mit ihm spielen Wolken und Winde. Steht er mit festen. Markigen Rnochen Auf der wohlgegründeten Dauernden Erde, Reicht er nicht auf,

V7w mit der Eiche Mder der Rebe Sich zu vergleichen. was unterscheidet Götter von Menschen? Daß viele Wellen vor jenen wandeln, Ein ewiger Strom: Uns hebt die Welle, verschlingt die Welle, Und wir versinken. Ein kleiner Ring Begrenzt unser Leben, und viele Geschlechter Reihen sich dauernd An ihres Daseins Unendliche Rette.

Gesang der Geister über den Lastern Des Menschen Seele Gleicht dem Wasser: vom Himmel kommt es, Zum Himmel steigt es, Und wieder nieder Zur Erde muß es, Ewig wechselnd. strömt von der hohen, Steilen Felswand Der reine Strahl, Dann stäubt er lieblich In Wolkenwellen Zum glatten Fels, Und leicht empfangen wallt er verschleiernd, Leisrauschend Zur Tiefe nieder. Ragen Rlippen Dem Stur; entgegen, Schäumt er unmutig Stufenweise Zum Abgrund. Im flachen Bette Schleicht er das Wiesental hin,

Und in dem glatten See weiden ihr Antlitz Alle Gestirne. wind ist der Welle Lieblicher Buhler; wind mischt vom Grund aus Schäumende wogen. Seele des Menschen, wie gleichst du dem Wasser! Schicksal des Menschen, wie gleichst du dem wind!

Das Göttliche Edel fei der Mensch, Hilfreich und gut! Denn das allein Unterscheidet ihn Von allen Wesen, Die wir kennen. Heil den unbekannten Höhern Wesen, Die wir ahnen! Ihnen gleiche der Mensch; Sein Beispiel lehr uns Jene glauben. Denn unfühlend Ist die Natur: Es leuchtet die Sonne Uber Bös und Gute, Und dem Verbrecher Glänzen wie dem Besten Der Mond und die Sterne. wind und Ströme, Donner und Hagel Rauschen ihren weg Und ergreifen vorüber eilend Einen um den andern.

Auch so das Glück Tappt unter die Menge, Faßt bald des Rnaben Lockige Unschuld, Bald auch den kahlen Schuldigen Scheitel.

nach ewigen, ehrnen, Großen Gesetzen Müssen wir alle Unseres Daseins Rreise vollenden. Hur allein der Mensch Vermag das Unmögliche: Er unterscheidet, wählet und richtet; Er kann dem Augenblick Dauer verleihen. Er allein darf Den Guten lohnen, Den Bösen strafen, Heilen und retten, Alles Irrende, Schweifende nützlich verbinden.

Und wir verehren Die Unsterblichen, Als wären sie Menschen, Täten im Großen, was der Beste im Rleinen Tut oder möchte. Der edle Mensch Sei hilfreich und gut! Unermüdet schaff er Das Nützliche, Rechte, Sei uns ein Vorbild Jener geahnten Wesen!

Auf dem See Und frische Nahrung, neues Blut Saug ich aus freier Welt; wie ist n«t»r so hold und gut, Die mich am Busen hält! Die Welle wieget unsern Rahn Im Ruderrakt hinauf, Und Berge, wolkig himmelan, Begegnen unserm Lauf. Aug, mein Aug, was sinkst du nieder? Goldne Träume, kommt ihr wieder? weg, du Traum! so gold du bist; Hier auch Lieb und Leben ist. Auf der Welle blinken Tausend schwebende Sterne, Weiche Vlebel trinken Rings die türmende Ferne; Morgenwind umfiügelt Die beschattete Bucht, Und im See bespiegelt Sich die reifende Frucht.

Meeresstille Tiefe Stille herrscht im Wasser, Ohne Regung ruht das Meer, Und bekümmert sieht der Schiffer Glatte Flächen rings umher. Reine Luft von keiner Seite! Todesstille fürchterlich! In der ungeheuern Weite Reget keine Welle sich.

Herbstgefühl Letter grüne, du Laub, Am Rebengelander Hier mein Lenster herauf! Gedrängter quellet, Zwillingsbeeren, und reifet Schneller und glänzend voller! Euch brütet der Mutter Sonne Scheideblick, euch umfäufelt Des holden Himmels Leuchtende Lülle; Euch kühlet des Mondes Lreundlicher Zauberhauch, Und euch betauen, ach! Aus diesen Augen Der ewig belebenden Liebe Vollschwellende Tränen.

warum gabst du uns die tiefen Blicke warum gabst du uns die tiefen Blicke, Unsre Zukunft ahndungsvoll zu schaun, Unsrer Liebe, unserm Erdenglücke wahnend selig nimmer Hinzutraun? Warum gabst uns, Schicksal, die Gefühle, Uns einander in das Herz zu sehn, Um durch all die seltenen Gewühle Unser wahr Verhältnis auszuspähn? Ach, so viele tausend Menschen kennen, Dumpf sich treibend, kaum ihr eigen Herz, Schweben zwecklos hin und her und rennen Hoffnungslos in unversehnem Schmerz; Jauchzen wieder, wenn der schnellen Freuden Unerwart'te Morgenröte tagt. Hwr uns armen Liebevollen beiden Ist das wechselseitge Glück versagt, Uns zu lieben, ohn uns zu verstehen, In dem andern sehn, was er nie war, Immer frisch auf Traumglück auszugehen Und zu schwanken auch in Traumgefahr. Glücklich, den ein leerer Traum beschäftigt! Glücklich, dem die Ahndung eitel wär! Jede Gegenwart und jeder Blick bekräftigt Traum und Ahndung leider uns noch mehr. Sag, was will das Schicksal uns bereiten? Sag, wie band es uns so rein genau?

Ach, du warst in abgelebten Zeiten Meine Schwester oder meine Frau. Ranntest jeden Zug in meinem Wesen, Spähtest, wie die reinste Nerve klingt, Ronntest mich mit Einem Blicke lesen, Den so schwer ein sterblich Aug durchdringt; Tropftest Mäßigung dem heißen Blute, Richtetest den wilden irren Lauf, Und in deinen Engelsarmen ruhte Die zerstörte Brust sich wieder auf; Hieltest zauberleicht ihn angebunden Und vergaukeltest ihm manchen Tag. welche Seligkeit glich jenen wonnestunden, Da er dankbar dir zu Füßen lag, Fühlt sein Her; an deinem Herzen schwellen. Fühlte sich in deinem Auge gut, Alle seine Ginne sich erhellen Und beruhigen sein brausend Blut! Und von allem dem schwebt ein Erinnern n»r noch um das ungewisse Herz, Fühlt die alte Wahrheit ewig gleich im Innern, Und der neue Zustand wird ihm Schmerz. Und wir scheinen uns nur halb beseelet, Dämmernd ist um uns der hellste Tag. Glücklich, daß das Schicksal, das uns quälet. Uns doch nicht verändern mag!

Abschied Zu lieblich ist's, ein Wort zu brechen, Zu schwer die wohlerkannte Pflicht, Und leider kann man nichts versprechen, Was unserm Kerzen widerspricht. Du übst die alten Zauberlieder, Du lockst ihn, der kaum ruhig war, Zum Schaukelkahn der süßen Torheit wieder, Erneust, verdoppelst die Gefahr. was fuchst du mir dich zu verstecken! Sei offen, flieh nicht meinem Blick! Früh oder spat mußt ich's entdecken, Und hier hast du dein Wort zurück. was ich gesollt, hab ich vollendet, Durch mich sei dir von nun an nichts verwehrt; Allein verzeih dem Freund, der sich nun von dir wendet Und still in sich zurücke kehrt.

In tausend Formen magst du dich verstecken In tausend Formen magst du dich verstecken. Doch, Allerliebste, gleich erkenn ich dich; Du magst mit Zauberschleiern dich bedecken, Allgegenwärtge, gleich erkenn ich dich. An der Zypresse reinstem, jungen Streben, Allschöngewachsne, gleich erkenn ich dich; In des Ranales reinem Wellenleben, Allschmeichelhafte, wohl erkenn ich dich. wenn steigend sich der Wasserstrahl entfaltet, Allspielende, wie stoh erkenn ich dich; wenn Wolke sich gestaltend umgestaltet, Allmannigfaltge, dort erkenn ich dich. An des geblümten Schleiers Wiesenteppich, Allbuntbesternte, schön erkenn ich dich; Und greift umher ein tausendarmger Eppich, O Allumklammernde, da kenn ich dich. wenn am Gebirg der Morgen sich entzündet, Gleich, Allerheiternde, begrüß ich dich; Dann über mir der Fimmel rein sich ründet. Allherzerweiternde, dann atm ich dich. was ich mit äußern» Sinn, mit innerm kenne, Du Mbelehrende, kenn ich durch dich; Und wenn ich Allahs Namenhundert nenne, Mit jedem klingt ein Name nach für dich.

Suleika Ach, um deine feuchten Schwingen, West, wie sehr ich dich beneide: Denn du kannst ihm Runde bringen, Was ich in der Trennung leide! Die Bewegung deiner Flügel Weckt im Busen stilles Sehnen; Blumen, Augen, Wald und Hügel Stehn bei deinem Hauch in Tranen. Doch dein mildes, sanftes wehen Rühlt die wunden Augenlider; Ach, für Leid müßt ich vergehen, Hofft ich nicht zu sehn ihn wieder. Eile denn zu meinem Lieben, Spreche sanft zu seinem Herzen; Doch vermeid, ihn zu betrüben, Und verbirg ihm meine Schmerzen. Sag ihm, aber sag's bescheiden: Seine Liebe sei mein Leben; Freudiges Gefühl von beiden wird mir seine Nähe geben.

Solang man nüchtern ist

Solang man nüchtern ist, Gefällt das Schlechte; wie man getrunken hat, weiß man das Rechte; V7wr ist das Übermaß Auch gleich zuhanden: Hafis, o lehre mich, Wie du's verstanden! Denn meine Meinung ist Glicht übertrieben: wenn man nicht trinken kann, Soll man nicht lieben; Doch sollt ihr Trinker euch laicht besser dünken: wenn man nicht lieben kann, Soll man nicht trinken.

Vollmondnacht Herrin, sag, was heißt das Flüstern 7 bewegt dir leis die Lippen? Lispelst immer vor dich hin, Lieblicher als Weines Vlippen! Denkst du, deinen Mundgeschwistern Vloch ein Pärchen herzuziehn? „Ich will küssen! Rüssen! sagt ich." Schau! Im zweifelhaften Dunkel Glühen blühend alle Zweige, Glieder spielet Stern auf Stern; Und smaragden durch's Gesträuche Tausendfältiger Rarfunkel: Doch dein Geist ist allem fern. „Ich will küssen! Rüssen! sagt ich." Dein Geliebter, fern, erprobet Gleicherweis im Sauersüßen, Fühlt ein unglückselges Glück. Euch im Vollmond zu begrüßen, Habt ihr heilig angelobet; Dieses ist der Augenblick. „Ich will küssen! Rüssen! sag ich."

Gegenwart Alles kündet dich an! Erscheint die herrliche Sonne, Folgst du, so hoff ich es, bald. Trittst du im Garten hervor, So bist du die Rose der Rosen, Lilie der Lilien zugleich. wenn du im Tanze dich regst, So regen sich alle Gestirne Mir dir und um dich umher. Nacht! und so war es denn Nacht! Nun überscheinst du des Mondes Lieblichen, ladenden Glanz. Ladend und lieblich bist du, Und Blumen, Mond und Gestirne Huldigen, Sonne, nur dir. Sonne! so sei du auch mir Die Schöpferin herrlicher Tage; Leben und Ewigkeit ist's.

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Die Leidenschaft bringt Leiden Die Leidenschaft bringt Leiden! — wer beschwichtigt, Beklommnes Herz, dich, das zu viel verloren? wo sind die Stunden, überschnell verflüchtigt? Vergebens war das Schönste dir erkoren! Trüb ist der Geist, verworren das Beginnen; Die hehre Welt, wie schwindet sie den Ginnen! Da schwebt hervor Musik mit Engelsschwingen, verflicht zu Millionen Tön um Töne, Des Menschen Wesen durch und durch zu dringen, Zu überfüllen ihn mit ewger Schöne: Das Auge netzt sich, fühlt im höhern Sehnen Den Götter-Wert der Töne wie der Tränen. Und so das Herz erleichtert merkt behende, Daß es noch lebt und schlägt und möchte schlagen, Zum reinsten Dank der überreichen Spende Sich selbst erwidernd willig darzutragen. Da fühlt sich — o daß es ewig bliebe! — Das Doppel-Glück der Töne wie der Liebe.

Dauer im Wechsel Hielte diesen frühen Segen, Ach, nur Eine Stunde fest! Aber vollen Blütenregen Schüttelt schon der laue West. Soll ich mich des Grünen freuen, Dem ich Schatten erst verdankt? Bald wird Sturm auch das zerstreuen, wenn es falb im Herbst geschwankt. Willst du nach den Früchten greifen, Eilig nimm dein Teil davon! Diese fangen an zu reifen, Und die andern keimen schon; Gleich mit jedem Regengüsse Ändert sich dein holdes Tal, Ach, und in demselben Flusse Schwimmst du nicht zum zweitenmal. Du nun selbst! was felsenfeste Sich vor dir hervorgetan, Mauern siehst du, siehst Paläste Stets mit andern Augen an. Weggeschwunden ist die Lippe, Die im Russe sonst genas, Jener Fuß, der an der Rlippe Sich mit Gemsenfreche maß.

Jene Hand, die gern und milde Sich bewegte, wohl zu tun, Das gegliederte Gebilde, Alles ist ein andres nun. Und was sich an jener Stelle Nun mit deinem Namen nennt, Rani herbei wie eine Welle, Und so eilt's zum Element. Laß den Anfang mit dem Ende Sich in Eins zusammenziehn! Schneller als die Gegensiäyde Selber dich vorüberfliehn! Danke, daß die Gunst der Musen Unvergängliches verheißt, Den Gehalt in deinem Busen Und die Form in deinem Geist.

wiederfinden Ist es möglich! Stern der Sterne, Drück ich wieder dich an's Herz! Ach, was ist die Nacht der Ferne Für ein Abgrund, für ein Schmerz. Ja, du bist es, meiner Freuden Süßer, lieber Widerpart; Eingedenk vergangner Leiden, Schaudr ich vor der Gegenwart. Als die Welt im tiefsten Grunde Lag an Gottes ewger Brust, Ordnet er die erste Stunde Mit erhabner Schöpfungslust, Und er sprach das Wort: Es werde! Da erklang ein schmerzlich Ach! Als das All mir Machtgebärde In die Wirklichkeiten brach. Auf rar sich das Licht: so trennte Scheu sich Finsternis von ihm, Und sogleich die Elemente Scheidend auseinanderfliehn. Rasch, in wilden, wüsten Träumen Jedes nach der weite rang, Starr, in ungemeßnen Räumen, Ohne Sehnsucht, ohne Rlang.

Stumm war alles, still und öde, Einsam Gott zum erstenmal! Da erschuf er Morgenröte, Die erbarmte sich der