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German Pages 448 [451] Year 1951
Richard Thurnwald
Des Menschengeistes Erwachen, Wachsen und Irren
Des Menschengeistes Erwachen, Wachsen und Irren
Versuch einer Paläopsychologie von Naturvölkern mit Einschluß der archaischen Stufe und der allgemein menschlichen Züge Von
Richard Thurnwald Prof. a. d. Freien Universität Berlin Korrespondierendes Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
Ilavra fhi:a xat navra avtlQÜmwa Alles ist göttlich und alles (zugleich) menschlich Hippokrates
DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN
Alle Rechte vorbehalten Verlag Duncker & Humblot. Berlin·Lichterfelde Gedruckt 1951 bei Buch· und Kunstdruckerei Gustav Ahrens, Berlin N 65
Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort
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Fachausdrücke
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Zusätzliche Bemerkungen
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Erstes Kapitel: Die Verwicke I t h e i t der p s y c h i s c h e n V o r g ä n g e .. § Die Probleme des Fremden und die Bedeutung des Gesellungslebens § 2 Was ist primitiv? § 3 Grundlagen .. a) Mittelpunktgefühl b) Projektion (\Jbertragung) § 4 Irrtum und Lüge .............. a) Unrichtiges b) Bewußte Lüge . § 5 Asoziales Verhalten a) Stehlen b) Rache und Affekt ....... § 6 Kausales und logisches Denken ....... o
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3) Aristokratie 4) Geheime Gesellschaften und Bünde . 5) Alleinherrscher und Gottkönig 6) Rationalisierung der Macht b) Auswirkungen •
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Zweites Kapitel: Ku I tu r h o r i z o n t e .. § 7 a) Entwicklungspsychologie ..... b) Kulturen als Träger des Geisteslebens c) Der Einzelne und die Gesellungseinheit ... d) Die Einseitigkeit der Einstellungen § 8 [1) Die Wildbeuter § 9 [2) Die pflegliche Nahrungsgewinnung (Anfänge) § 10 [a) Die Pflanzenbauer und Kleinviehzüchter § 11 [b) Die Hirten (Großviehzüchter) und Seefahrer § 12 [c) Uberschichtungsvorgänge und Herrschaft Typische Fälle: a) Psychologische Varianten .... 1) Großviehhirten Feldbauer 2) Feldbauer oder } Hirten Handwerker ••
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Inhaltsverzeichnis Seite Drittes Kapitel: Meisterun g der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 § 13 Vermehrung und Wachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 § 14 Konzeption und Geburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 § 15 Reife, Heirat, Wiedergeburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 § 16 Krankheit, Seuchen und Heilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 § 17 Tod, Seele, Ahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 § 18 Kosmische, terrestrische, atmosphärische Erscheinungen und Feuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Viertes Kapitel: Kraftträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 19 Totemismus (Abstammung von Tieren und anderen Wesen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 20 Der Glaube an besonders wirkungsvolle Kräfte (Mana usw.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 21 Kannibalismus, Menschenopfer, Blut . . . . . . . . . . . . . . . . . § 22 Schädelkult und Kopfjagd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 23 Ungeheuer und Schreckgestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 24 Fetisch, Amulett (Talisman), Name . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fünftes Kapitel: Verfahrensarten des sinnenge b u ndenen, nichtzerlegenden Denkens ...... § 25 Vorbild, Ähnlichkeit, Entsprechung, Symbolik . . . . . . . . § 26 Berührung, Reste, Meidung, Etikette, Reinigung . . . . . . . § 27 Vorzeichen, Orakel, Wahrsager, Loswerfer, Gottesurteil, Wählen von Zeiten und Zahlen ................ § 28 Segen, Gruß, Heilmittel, Fluch, böser Blick, Eid, Gelübde, Sekrete, Rätsel ...................................... § 29 Traum, Vision, Ekstase, Erleuchtung, Lüge, Schamanismus und Besessenheit ............................ § 30 Zauber ............................................. Sechstes Kapitel: U b er m e n s c h 1 ich e Mächte ........... § 31 Das Ubermenschliche, Therionismus und das Religiöse in seinen Niederschlägen in Mythos und Gnosis, sowie die Bedeutung von Märchen, Legenden und Fabeln .... § 32 Verwandlungen, Totenkult, Geister, Seelen, Jenseits .. § 33 Naturgeister, Gegenstandsdämonen, Schöpfer, Feuer, Kulturbringer (s. a. § 36) ............................. § 34 Schöpfer, Gottheiten, Spezialgötter, Schicksal ......... § 35 Höchstes Wesen und Wandel der Gottgestalten ....... § 36 Zeremonien, Riten, Opfer, Kult, Sünde . . . . . . . . . . . . . A. Zeremonien und Riten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Opfer und Totenspeisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Heilbringer und Neuerer (s. a. § 33) . . . . . . . . . . . . . . .
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Siebentes Kapitel: Menschen und ihre Ge s e 11 u n g e n, 0 r t e , G e g e n s t ä n d e ........................... 281 § 37 A. Geschlechter, B. Altersstufen, C. Die Alten als "Zauberer" und Häuptlinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
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Inhaltsverzeichnis Seite § 37
A. Geschlechter B. Altersstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Alten als ,.Zauberer" und Häuptlinge .......... § 38 A. Aristokratische Klans und Uberschichtung, B. Häuptlinge und sakrale Fürsten, C. Gottkönige ............ A. Aristokratische Klans und Oberschichtung .... . ... B. Häuptlinge und sakrale Fürsten .............. . ... C. Gottkönige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 39 Zauberer (Medizinmann), Arzt und Priester ........... § 40 Schamanen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 41 Priester ............ . ............................... § 42 Propheten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 43 Sakrale Brüderschatten .............. . ...... . ........ § 44 Geheimbünde und Priesterschatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Tamate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Suque-Bünde ................................... , C. Griechische Mysterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 45 Heilige Körperteile ............ . .................... Zusammenfassung ........... . ....... . .. . ............ Achtes Kapitel: Frühformen von r e I i g i ö s e n Ku I t e n A. Anonyme Auffassungen ................................ § 46 Der Mythos der Sippe als Religion (Beispiel SpinifexGras-Australier aus dem Süden) ..................... § 47 Gemeinsame Mythen im Volk .......... . .... . ....... a) Beispiel Navaho . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Afrikaner ........................................ B. Verkünder neuer Lehren und allgemein menschlicher Moral .............................................. § 48 Stammes- und volksgebundene Lehren ............... § 49 Die Gründer von großen übernationalen Religionen . . . 1. Zarathustra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Buddhas Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Religion des Confucius (Kon-fu-tse) ............ § 50 Zusammenfassende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rationalismus, Irrationalismus und Arationalismus . b) Fehler des Denkens .............................. c) Symbole und Rationalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang: Schlagwortartige Kennzeichnung des Verhältnisses der wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen zum geistigen Verhalten in den einzelnen Stadien der menschlichen Kulturen- sowie der Umstellungsvorgänge der heutigen Naturvölker gegenüber den Einwirkungen der Europäer und ihrer Kultur: Dynamik des geistigen Wachstums ................. 417 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 Namenverzeichnis ............................................ 445
Vorwort Dieses Buch wurde oft zwisdJ.en dem Fallen von Bomben aus Flugzeugen, dem FlüdJ.ten in den LuftsdJ.utzkeller, Bränden, dann Plünderungen, zwischen Hunger und Frieren verfaßt. Der Besuch von Bibliotheken war beinahe unmöglidJ., und Verfasser mußte sidJ. mit den allerdings seit Jahren angesammelten Notizen früherer Lektüre und den Beständen seiner eigenen B~bliothek begnügen, die glücklicherweise 2mmeist von den drohenden Gefahren und später von einem ausgebrochenen Brande ziemlich verschont blieben. Viel halfen die im Laufe der Jahre erhaltenen Sonderdrucke, und ich mödJ.te nidJ.t verfehlen, den freundlichen Zusendern an dieser Stelle nodJ.mals zu danken. Aus solchen Sonderdrucken entnahm idJ. viel wertvolles Material. Was das im Buche eingeschlagene Verfahren anlangt, so bedarf es einer Bemerkung. Man kann versdJ.iedene Wege einschlagen, um dem im Titel bezeichneten Ziel nahe zu kommen: 1. Man kann philosophisch-spekulativ vorgehen und intuitiv sagen, wie die Menschen versmiedeuer Kulturen und Zeiten gedadJ.t haben. Das ist, wie es sdJ.on im .. Faust" heißt, vielfach .,der Herren eigner Geist". Die Einstellung der Gewährsmänner und der Berichterstatter sowie.die in der Regel recht beschränkte Zahl von nur wenig übersichtlidJ.en Nachrichten oft aus zweiter oder dritter Hand liefern die Grundlage für die individuelle Problematik der spekulativ und egozentrisch verfahrenden Persönlichkeit des zusammenfassenden und urteilenden Angehörigen der europäo-amerikanisdJ.en Kultur. Der den Leser fesselnde Vorteil soldJ.en Verfahrens besteht in der GesdJ.lossenheit des vorgeführten Systems, gerade so wie in der spekulativen, als .. philosophisch" bezeichneten Soziologie. Das System mag rational befriedigen. Es hat nur den Nachteil, daß jeder Verfasser ein ganz versdJ.iedenes ,durchaus persönlich bedingtes Bild je nach seinem Gutdünken entwirft. Es ist ähnlich wie bei den gnostisdJ.en Spekulationen der Priester in ardJ.aisdJ.en Kulturen oder der Medizinmänner bei den Naturvölkern. Ein ichgebundenes, individuell gesehenes, von der Realität der ErsdJ.einungen und Vorgänge nur sehr oberflächlich berührtes und sehr besdJ.ränktes Material wird hemmungslos verallgemeinert. AudJ. in der Philosophie über geheimnisvolle Kräfte von Steinen, in der Alchemie, in der mittelalterlichen Kunde von Ländern, MensdJ.en, Tieren, Pflanzen, spekulierte man mehr, als man beobachtete und untersudJ.te. Ein derartiges Vorgehen wäre im vorliegenden Fall besonders unangehradJ.t und verhängnisvoll angesidJ.ts der
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Vorwort
ganz andersartigen Voraussetzungen des fremden Lebens und der daraus hervorgehenden Denkarten alter oder ihrem Aufbau nach uns ferne stehenden Völker und Kulturen. 2. Man kann von einer vorgefaßten überragenden Idee ausgehen und das Erfahrungsmaterial nur soweit berücksichtigen und nur derart ausgewählt heranziehen, daß es sich in die beherrschende Idee einfügt und sie stützt. Man geht also auch hierbei deduktiv vor. Ein solches Verfahren kann man apologetisch-propagandistisch nennen. Es verteidigt nämlich die persönliche Stellungnahme und ist sehr eindrucksvoll, namentlich für die den Fragen Fernerstehenden. Doch richtet es Verwirrung an durch seine scheinbare Unterbauung der Thesen. Um ein ehrliches Suchen von Wahrheit kann es sich dabei nicht handeln, wenn man den Urhebern des Verfahrens oft auch guten Glauben zubilligen kann wegen ihrer scheuklappenhaften Engigkeit des Gesichtskreises. 3. Um zu verläßlichen Ergebnissen zu gelangen, muß man versuchen, aus dem gesamten Material heraus auf Grund von Beobachtung und Erforschung
der einzelnen Erscheinungen und Vorgänge zu allgemeinen Ubersichten und Zusammenfassung, und zur Ermittlung von Zusammenhängen zu gelangen. Dieses Verfahren, das ich in diesem Buche einzuschlagen mich bemühte, ist auch mit Nachteilen belastet. Für den gewissenhaften Forscher ist es schon ein Nachteil, daß er selbst niemals auch nur einen kleinen Bruchteil der in Betracht gezogenen Vorgänge aus eigener Erfahrung ermittelt haben kann, daß seine Forschungen ihm höchstens einen Eindruck vom Leben und Denken verschiedener Völker gegeben haben können. Allerdings ist das ein Vorteil gegenüber der philosophisch-spekulierenden Richtung. Die verwendeten Berichte aber sollten mehr, als es bisher in der Ethnologie üblich war, einer sorgfältigen Kritik unterzogen werden, so wie es etwa in der Geschichtsforschung üblich ist. Die Auswahl der literarischen Gewährsleute muß man mindestens mit großer Vorsicht handhalben. Selbst dann entgeht man nicht vielerlei Unzulänglichkeiten der Beobachtung und auch Mißverständnissen. So kann ein ethnologisch geschulter Beobachter etwa Reifeweihen, die sich mitunter über Jahre hinziehen, nicht vollständig beobachten, ein Missionar, der zwar lange an einem Orte anwesend ist, verfällt der Lockung, irgendwelche Zeremonien von seinem christlich dogmatischen Standpunkt aus aufzufassen, ein anderer Forscher sie im evolutionistischen Sinne, kurz jeder läuft Gefahr, von sich aus, von seiner eigenen Befangenheit aus, etwas hineinzulegen, woran die betreffenden Eingeborenen nicht dachten. Dazu kommt, daß die Einheimischen oft mißtrauisch sind, manches verschweigen oder heute sich ihrer älteren Angehörigen und deren Auffassungen schämen, und im Sinne des ermittelnden Europäers antworten. Dadurch wird die Verwirrung oft genug erhöht, und der gutgläubige Berichterstatter überschwemmt die laus~ende Kulturwelt mit staunenswerten Berichten. Das macht sich besonders in Fällen bemerkbar, in denen ein Reisender nach Sensationen hascht, wie es leider nicht allzu selten vorkommt.
Vorwort
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Die Gewinnung von Allgemeinheiten aus den zahlreichen, nach Fähigkeit, Verläßlichkeit und Betrachtungsart oft recht verschiedenen Quellen bildet einen Anlaß zu besonderen Mißverständnissen. Um die Darstellung nicht übermäßig anschwellen zu lassen, ist der nach Verallgemeinerungen und Abstraktionen strebende Erbauer einer Gedankenübersicht genötigt, seine Beispiele möglichst kurz zu geben. Aus ihrem Zusammenhang herausgerissen sagen sie aber manchmal zu wenig oder werfen falsches Licht und verzerrte Schatten. Um dem vorzubeugen und auch die Bedeutung der gesamten Kultur- und Lebenszusammenhänge und die Abhängigkeit einzelner Denkarten und Handlungsweisen von den Existenzbedingungen und der Art und Form der Gesellungskräfte zu zeigen, war es im Laufe der vorliegenden Darstellung oft nötig, etwas weiter auszugreifen. Denn es ist ein großer Fehler, die eine Denkart oder Anschauungsweise entweder ganz losgelöst von ihrer heimatlichen Erde zu betrachten oder die folgende aus der vorhergehenden allein ableiten zu wollen. Ganz im Gegenteil, können wir eine Denk- und Verhaltensweise erst aus der Vielf>ältigkeit der Umwelt, der Lebensgestaltung verstehen. Aus solchen Gründen war für die ganze Arbeit der rein entwiddungsgeschichtliche Standpunkt nicht angebracht. Es gibt keine rationale einlinige .. Entwicklung", wie sie die ältere evolutionistische Theorie annahm. Aber es wäre falsch, wenn man den Gedanken einer "Entwicklung" radikal ablehnen würde. Sie liegt im Fortschreiten und in der Anhäufung von Fertigkeiten, Kenntnissen und Erkenntnissen latent enthalten. Es findet zweifellos so etwas wie eine .,Entwicklung" der menschlichen Psyche statt. Bloß ist sie nicht so einfach greifbar, wie man ehedem meinte. Das, was uns vor Augen tritt, sind rein historische Vorgänge, in ihrer Art einzig und einmalig. Die Bilder kann man aber wie Photographien hintereinander stecken, wenn man sie nach den wichtigsten Merkmalen zu ordnen versucht. Dabei darf man sich nicht beirren lassen, daß manche Züge über viele Kulturen hinweg gleich bleiben, während andere, die nichts mit dem Aufspeicherungsvorgang zu tun haben, wechseln. Man darf sich auch nicht durch Ubertragungen und Nachahmungen verwirren lassen, denn das fremde Gedankengut wird stets dem eigenen assimiliert, in dieses eingepaßt. Dazu kommt die Abbröckelung von nicht mehr brauchbarem Gut oder die Spezialisierung von zur Seite gestellten Fertigkeiten und Künsten, die nicht mehr allgemein, sondern nur im engeren Rahmen gebrauchsfähig und rentabel sind. Alle diese Vorgänge, die im Unbewußten oder mit nur sehr beschränkt bewußter Sicht vor sich gehen, vollziehen sich im Rahmen historischen, örtlich, zeitlich und gruppenmäßig gebundenen Geschehens und Denkens. Daher war es nötig, teils ökonomische Gesichtspunkte, teils politische, teils solche von Familiengestaltung in die Arbeit einzuweben. Die gedanklichen Gebilde aber decken sich nur sehr teilweise mit den erwähnten historischen Erscheinungen, sie umfassen oft weite Zeiträume, manchmal aber treten sie als lokale Besonderheiten auf, die nicht ohne evolutionistische Bedeutung
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Vorwort
sind. Das alles, zumal die Quellen bald hier bald dort reichlicher fließen. Darum ist eine Unausgeglichenheit und ein Mangel an Geschliffenheit unvermeidlich. Bei einer anderen Arbeit (.,Menschliche Gesellschaft" 1 ) machte man mir den Vorwurf von "diffuser• Darstellung. Der Vorwurf, der von einem Vertreter der spekulativen Soziologie kam, ist durchaus berechtigt. Er wird denselben Vorwurf diesem Werke machen können. Die Adresse ist freilich falsch. Der betreffende Herr hätte nicht mir, sondern dem Lenker allen Menschengeschicks diesen Vorwurf aufhalsen soUen. Denn ich suchte nur diese Schicksalsverflechtungen möglichst getreulich zu erlassen und darzustellen. In der spekulativen Richtung setzt der Verfasser sich selbst an höchste Stelle, und rdaher hat jeder sein eigenes "System". Sucht man dagegen die Realitäten zu erfassen, so gibt es darin notwendigerweise gemeinsame Grundlagen und Beweise. Man hat Boden unter den Füßen und und schwebt nicht in zerflatternden Wolken und Nebeln. Darum waren mir stets die Bruchstücke von Vorgängen wichtiger als Hypothesen. Und doch kommt man ohne solche nicht aus. Ja sie bilden oft den verbindenden Faden. Immerhin ist es ein großer Unterschied, solche bewußt als Hypothesen gekennzeichnete Brücken unter den irdischen Erscheinungen zu benutzen, oder aber auf der glänzenden Wolkenbahn eines leuchtenden und unfehlbaren .,Systems" einherzuschweben, und alle, die nicht in Anbetung vor dem System versinken, wie Apollo mit dem Pfeil zu beschießen. So sei auch diese .,diffuse" Arbeit denen unterbreitet, die nicht ein System suchen, das der Menschengeist nie lückenlos aus unbewältigter Fülle von Wirklichkeiten wird konstruieren können. Nur Ahnungen können uns da und dorthin weisen und Vermutungen mehr oder minder gerechtfertigt erscheinen lassen. Wir wollen nicht in den von Hybris geladenen Fehler der Haeckelschen .,Lösung der Welträtsel'' verfallen, sondern in der Bescheidenheit der Sterblichen die merkwürdigen Vorgänge im Geiste und im Handeln der Menschheit früher Zeitalter und geringer Meisterung der Natur zu erfassen und zu deuten suchen. Dies um so mehr, &ls auch unserer Zeit selbst außerordentlich Vieles anhaftet, von dem der Mensch sich nicht befreien zu können scheint, obwohl er zu Zeiten sich über die "Primitivität" allzu erhaben dünkte. Ordnungsliebende Leser werden sich über die große Ungleichheit in der Länge der einzelnen Paragraphen wundern, besonders im Vergleich der ersten Kapitel mit den späteren. Zwei Ursachen tragen daran die Schuld. Das vorliegende Buch war zunächst viel kleiner geplant und wuchs erst allmählich an Umfang an. Außerdem sind die ersten vier Kapitel als Einführung gedacht. Eine Geschichte des Denkens, die hier teilweise versucht wird, muß ohne Bezugnahme auf das Leben, in dem es wurzelt, ohne die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Grundlagen der Existenz, unverständlich bleiben. Die verbreitete Auffassung derer, die nie über des Nachbars Zaun 1
Fünf Bände, Verlag de Gruyter, Berlin, 1931-35.
Vorwort
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hinausgucken, als ob die eine Denkart unmittelbar an die vorhergehende andere angeknüpft hätte, ist unzureichend. Jede neue Denkart geht aus der verflochtenen Gesamtlage der Zeit, des Ortes und den Lebensbedingungen des betreffenden Stammes oder Volkes oder der verschiedenen in einer Kultur in Wechselibeziehung stehenden Stämme und Völkersplitter hervor. Sicherlich werden darbei alte oder bisherige Denkarten teils annehmend, teils ablehnend als Hilfen benützt, doch die Erzeuger selbst sind neue Menschen aus neuem Stoff. Um aber die einzeinen Denkarten zu verlebendigen, war es nötig, an Beispielen ausführlich zu werden. Gewisse Denk- und Verhaltensarten sind nicht unbedingt allgemein menschlich und biologisch verankert, sondern auf Grund verschiedener Geisteshaltungen, Impulse und Lebensbedingungen an ein konkretes Volk, oft nur an eine bestimmte Zeit, geknüpft, insbesondere an eigenartige Zeitströmungen und an besondere Gestaltungen des Gesellungslebens, hauptsädllich der politischen Organisation. Dafür gebraucht man zusammenfassend oft versdlwommen die Ausdrücke "Kultur" und "Zivilisation". Der Arbeit, die sich über mehrere Jahre hinzog, standen manche Schwierigkeiten gegenüber, besonders die, die neueste ausländische Literatur zu beschaffen. Die Versorgung mii Büchern ist in Berlin unzureichend. Zahlreime Büdler gibt es nicht mehr, andere sind dauernd entliehen, und wieder andere versdlwunden. Die seit drei Jahren errichtete "Freie Universität" konnte in der kurzen Zeit ihres Bestehens selbstverständlidl keine großen Büroerbestände ansammeln. So bleiben die Fadlinstitute, deren Mittel aber sehr besdlränkt sind. Trotzdem glaube im, nichts Wesentliches übersehen zu haben, wenn vielleicht die eine oder andere Nachricht als veraltet gescholten werden mag. Doch im Leben und Denken der Leute hat sich trotz des rapiden Wechsels der Zeiten nichts sehr Wesentliches geändert, wenn auch äußerlich vieles heute anders aussieht. Schließlich ist es mir eine willkommene Pflicht, für die Unterstützung zu danken, die mir durdl die großzügige Freigebigkeit der "Wenn er Gren Foundation for Anthropological Research" (Viking Fund) zuteil wurde, die der Arbeit sehr zugute gekommen ist. Der Verfasser
Fachausdrücke Es dürfte ratsam sein, einige Fachausdrücke, die in dem Buche gebraucht werden, hier zusammenzustellen, um Mißverständnissen vorzubeugen: Ackerbau
aethiopisch Anhäufung oder A uispeicherung Antike Arbeitsteilung
archaisch
aristokratisch
Bande Bauern Beamter
Brautpfand, Brautpreis
.
Darunter wird die Bebauung des Bodens mit aUJSgestreuten Samenkörnern, besonders von Halmpflanz·en, verstanden. Die Erde ist vorher durch den Pflug gelockert wor.den, vor den große Haustiere, wie Ochse, Esel, Maultier usw., gespannt wurden. Der Ackerbau ist Männerarbeit und s·etzt Viehhaltung voraus. wird im rassisch-anthropologischen Sinn für .,hamitisch" gebraucht. bedeuten Vorgänge des Ansammeins von Fertigkeiten und Kenntnissen bei verschiedenen Völkern. Wir bringen sie in Zusammenhang unter·einander und leiten daraus den Fortschritt ab. bezieht sich auf das griechische und römische Altertum. besteht d.arin, daß mehrere Personen an der Fertigstellung eines Werkes arbeiten, jedoch nicht notwendigerweise gleichzeitig oder gesellig, sondern oft hintereinander, jedoch so, ·daß ein jeder andere Handgriffe ausführt. Bei geschlechtLicher Arbeitsteilung wird diese Verschiedenheit oft, doch keineswegs regelmäßig, durch die Eigenart der Geschlechter, etwa die größere Muskelstärke der Männer u. dgt, bedingt. bezieht sich zunächst auf die Spitzenkulturen des alten Orients, Chinas, Indiens, des alten Mexiko und Peru usw., die .,frühstaatlichen • Charakter tragen, und aus einer ethnischen zu einer sozialen Schichtung gelalllgt sind (vgl. palaeopsychisch). bedeutet die Anmaßrung einer Uberlegenheit auf Grund einer ethnisch verschiedenen Herkunft, und weiterhin nach Durchbruch einer kulturellen Angleichung die Aufrechterhaltung derartiger Ansprüche. eine zusammengefügte Gruppe von Familien von Wildbeutem (vgl. Horde). Besteller von Feldern mit Viehhaltung bei Verwendung des Pflugs. Als solcher gilt ein Mann, der seine Funktion im Namen eines Herrn ausübt. Die aristokratischen Häupter der Familien sind bei ethnischer Oberschichtung keine Beamten. Dagegen sind Beamte die von den Königen im Falle sozialer IJberschichtung ausgelesenen und beauftragten Personen. ist die Bezeichnung für Gaben, wekhe für den Erwerb eines Mädchens, historisch an Stelle eines Realaustausches von Mädchen gegen Mädchen, gegeben wird..
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Fachausdrücke
demokratisch Despot
s . .,egalitär". der aus der Oberschicht hervorgegangene Herrscher in einem der Wiedervereinheitlichung zustrebenden Gemeinwesen (vgl. Tyrann).
egalitär
bedeutet gleichheitlieh und herzieht sich auf politische Verhände ohne autoritäre Einrichtungen, d. h. Gewohnheiten, regelmäßig Personen mit der Ausübung von Macht innerhalb des Gemeinwesen5 zu betrauen, somit bei Gleich/berechtigung unter Ausschaltung von UberordnUlllg. ist ein Volk, auf dem Boden des Hochlandes von Iran erwachsen, und spielt von grauer Vorzeit an eine !bedeutende Rolle. Hier trug sich eine der ältesten erfaßbaren Oberschichtungen zu, und zwar der kaukasisch-weißhäutigen Elamiten über eine dunkelhäutige Rassengmppe, die sich bis heute in den drawidischen Brahui sprachlich Ullld anthropologisch erhalten hat. Als solche wird das Herauswachsen komplizierterer Einrichtungen aus einfacheren verstanden. bezeichnet Familien sowohl gleicher Abstammung als auch gleicher Kultur.
Elam
Entwicklung· ethnisch Familie
Feldbau Funktion
Fortschritt Fürst Gau Gnosis
Grabstockibau
Großfamilie
bezeichnet da5 arbeitsteilige dauernde Zusammenleiben von einer Frau mit ihren Kindern runter dem Schutz und mit der Hilfe eines Mannes. Sind mehrere Frauen vorha[lden, so besitzt jede Frau ihre Feuerstelle, und ihre Kinder leben mit ihr. bedeutet jede geordnete Bestellung des Bodens gegenüber dem Sammeln wildwachsender Pflanzen und Früchte. S. Ackerbau, Gra•bstockbau, Hackbau. ist ein der Biologie entnommener Ausdruck. Er bezeichnet die spezielle Tätigkeit eines Organs. In ctiesem Sinne der speziellen Betätig>ung einer Einrichtung ist er auf das soziologische Gebiet übertragen worden. (s. Anhäufung) besteht in der Mehrung der Fertigkeiten und Kenntnisse und deren Verknüpfung sowie in einer diese begünstigenden Geisteshaltung. wird das Haupt eines überschichtenden Familienverbaindes bezeichnet. das Gebiet, das eine relativ kleine politische Einheit als ihr NutzungS>land •beansprucht. die Forderung nach positivem Wissen, besonders auf geistigem Gebiet, wie sie in den vor- und nachchristlichen Zeiten von einer philosophisch-religiösen Beweg>Ung gefordert wurde, um sich von dem Eingriff des Materiellen zu belfreien. Die Bewegung knüpfte teils an christliche, teils an außerchristliche Lehren a.n. Lst diejenige Bestellung der Felder oder Gärten, wobei die Schößlinge der Pflanzen (Knollengewächse) in mit einem Grabstock gebohrte Löcher gesteckt werden. Der Gra:bstock ist ursprünglich ein von den Sammlerinnen benutztes Gerät zum Ausgraben von Wurzeln. findet sich besonders bei den Hirten und besteht im Zusammenleben von Großvater, Vater und Söhnen mit ihren Frauen und Kindern. Da bei den Hirten die jüngeren Männer durch das
Fachausdrücke
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Weiden des Viehs und den Kriegsdienst in der Regel a:ußerhalb des Lagers sich aufhalten, findet man überwiegend die Alten und die Frauen im Lager der Familie. Hackbau hamitisch
Häuptling Heiratsordnlllllg
Herrschaft Hirten
Horde Hörige Horizont
Kasten
Klan (Clan)
König Kultur
Thurnwald 2
besteht in der Lockerung des Bodens vor der Aussaat durch die Hacke, UI1Sprünglich durch einen gekrümmten Ast. ist die BezeichnU'Ilg für Sprachen wie altägyptisch, beeinflußt von und verwandt mit dem semitischen Sprachkreis. Weiterhin werden die Träger dieser Sprachen, zu denen auch die afrikanischen Hirtenstämme gehören, tSo !bezeichnet (vgl. aethiopisch). Vielfach wird ein Mann von persönlichem Ansehen als .Häuptling• bezeichnet, obgleich in der Gemeinde ·institutionsgemäß nicht immer eine solche Autoritätsperson vorhanden ist. besteht in fester Uberlieferung., daß gewisse KlantS rnur miteinander eheliche Verbindungen eingehen, oder daß Verbote bestehen, innerhalb des Klans zu heiraten oder innerhalb von HäUten, in die der Stamm aufgespalten erscheint. Hierunter wird die Institution organisierter Herrschaft verstanden. sind Stämme von Viehzüchtern, teils von Großvieh (Rilnder, Pferde, Büffel, Kamele usw.) oder von Kleinvieh (Schafe, Ziegen, Schweine, Hühner usw.). Da die meisten dieser Tiere in Herden leben, führen die Hirten die Herden von Weide zu Weide in einem SaisonwechseL ist eine sehr lose zusammenlebende Gruppe von Familien von Wildheutern (Jägern und Sammlern); (vgl. Bande). sind Leute, die in Gemeinden zusammenleben und zu regelmäßigen Abgaben an die Oberschicht verpflichtet sind. soll hier eine Gruppe von Völkern bedeuten, die eine bestimmte Ausrüstung von Fertigkeiten und Wissen besitzt und demgemäß gemeinsame oder ähnliche Lebensbedingll.lngen hat. entstehen in zusammengesetzten Gemeinwesen, worin alte Stammessplitter oder Klans, vielfach auf Grund einer Spezialisierung ihrer Tätigdteit, entweder unter einem Oberhaupt oder sonstwie vereinigt sind. Die Klans seihst körunen ihre besonderen Uberlieferungen ha.ben und ihre eigene Heiratsordnung innerhalb der Ka·ste, wäh!'erud sie sich nach außen von den .anderen abschließen, politisch alber einem größeren Verband eingefügt sind. ist eine politisch unabhängige G1:1uppe von gewöhnlich, aber nicht immer, miteinander zusammenlebenden Familien. In ·der Regel betrachten sie sich als von einem gemeinsamen Ahnen abstammend. Wird er in Form eines Tieres, einer Pflanze oder eines Gegenstandes oder sonst in ähnlicher Weise vorgestellt, so wird ein solches Wesen. Totem• benannt; (vgl. Sippe). wird der Herrscher in einem ülberschkhteten Gemeinwesen bezeichnet. Vgl. HäUipHing, Despot, Tyrann, Füret. Unter diesem viel mißbrauchten Wort ·ist die Gesamtheit der Gewohnheiten und Einrichtungen zu verstehen, die sich auf Familie, staatliche Gestaltung, Wirtschaft, Arbeit, Moral, Sitte, Recht und Denkart beziehen. Sie sind an da·s Leben der Gemeinwesen ge-
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Fachausdrücke bunden, in denen sie geübt werden und gehen mit diesen zugrunde. Anders die zivilisatorischen Horizonte.
Legende
Lehen
entspricht dem Denkvorgang im Mythos, mit dem Unterschied, daß bei der Legende hauptsächlich Bes·ta.ndteile des christlichen Glaubens und seine Personen, oder ·einer ander·en Universalreligion, tätig vol'gestellt werden. ist abgeleiteter Besitz an Boden oder Herden usw., der vom Herrscher vergeben wird.
Magier
Die Schüler Zarathustras, die dessoo Lehre in der Avesta zusammengefaßt und weitergelbildet hatten und eine Kirche entwickelten mit Liturgie und PriestersatzJUngen.
magisch
Die Priester des Avesta Kultes, die .Magi", gebrauchten allerlei Zauber. Daher die Ubertragung von .magisch" aui .zauberisch". (aus dem Griechischen: megas = groß und lithos = Stein) werden die Enbauer der großen Steinmale bezeichnet, wie die Pyramiden, die Steink.retse und Steinreihen in Westfrankreich 1und England, die Erbauer von sogenannten Steinkisten-Gräbern in Mitteleuropa usw. Solche Steinmale sind auch 11ber große Teile Westafrikas, Westasiens, Indiens und Indonesiens verbreitet und finden sich auch .aui einzelnen ozeanischen IIIJSeln; ihre Verbreitung reicht bis Peru (Südamerika) und Mexiko. Vermutlich handelt es sich da'bei um Spuren uralter Wanderungen aus vorchristlichen Jahrtausenden. Träger einer neusteinzeitliehen (neolithischen) Kultur des alten Sizilien im 3. Jahrhundert v. Chr. Sie wurde durch den Einbruch der Sikuler, die Metall kannten, verdrängt.
Megalithiker
Megar·er
Minoische Kultur Bezeichnung für altkretische Kultur, ·die mit dem .sagenhaften König Minos von Kreta in Beziehung gebracht wurde. Sie zerfällt in drei Pha!Sen: I. von etwa 2100 bis 1900 v. Chr., II. von 1900 bis 1788 v. Chr., 111. 1788 bis 1580 v. Chr. Mystik
Geheimlehre, geheime Zusammenhänge, die entweder nur besonders .,Eingeweihten" geoffenbart wurden oder überhaupt verborgen blei1ben.
Mythos
eine mitunter phantastisch ausgeschmückte, oft .aus historischen Begebenhe·iten CLbg,eleitete Geschichte, worin ein bestimmtes Weltbild entworfen oder andeutungsweise enthalten ist.
Naturvölker
Von solchen wird mit Bezug auf Angehörig·e frühgeschichtlicher und zeitgenössischer Völker gesprochen, die von Jagd, Fang