Der westdeutsche Imperialismus erobert Westeuropas Markt [Reprint 2021 ed.] 9783112563229, 9783112563212


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Der westdeutsche Imperialismus erobert Westeuropas Markt [Reprint 2021 ed.]
 9783112563229, 9783112563212

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DEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN SCHRIFTEN DES INSTITUTS FÜR GESCHICHTE REIHE I: ALLGEMEINE UND DEUTSCHE GESCHICHTE BAND 19

RUDOLF HELLBORN

DER W E S T D E U T S C H E IMPERIALISMUS EROBERT WESTEUROPAS MARKT

AKADEMIE-VERLAG

- BERLIN

• 1963

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Leipziger Straße 3-4 Copyright 1963 by Akademie-Verlag GmbH Lizenznummer: 202 • 100/145/63 Gesamtherstellung: IV/2/14 • V E B Werkdruck Gräfenhainichen * 1936 Bestellnummer: 2083/I/19 — E S 14 D

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

5

Kapitel I Der Vorstoß des westdeutschen Imperialismus auf den westeuropäischen Markt

9

Kapitel I I Die Montanunion 1. Die Montanunion als wirtschaftspolitische Basis eines gegen das sozialistische Lager gerichteten Staatenblocks

15

2. Zum staatsmonopolkapitalistischen Charakter der Montanunion

28

3. Die Reorganisation der Ruhrmonopole

34

4. Die Exportexpansion der Montanmonopole

45

Kapitel I I I Die OEEC und die E Z U 1. Die OEEC — eine staatsmonopolkapitalistische Institution . .

66

2. Die Exportexpansion vermittels der OEEC

91

3. Der staatsmonopolistische Kapitalexport über die E Z U — die entscheidende Bedingung der Exportexpansion des westdeutschen Imperialismus

123

4. Zu einigen Problemen der Exportexpansion des westdeutschen Imperialismus nach den einzelnen westeuropäischen Ländern

137

5. Über die EWG zur ökonomischen und politischen Vorherrschaft in Europa

145

Anhang

154

Verzeichnis von Zeitungen und Zeitschriften

170

Einleitung

Die Entwicklung zum staatsmonopolistischen Kapitalismus ist eines der bedeutendsten Merkmale des gegenwärtigen Imperialismus. Sie ist charakteristisch für die nach dem zweiten Weltkrieg beginnende 2. und 3. Etappe der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems. Aber nicht nur die quantitative Zunahme der staatsmonopolistischen Züge, nicht nur die Beschleunigung des Hinüberwachsens des Monopolkapitalismus in den staatsmonopolistischen Kapitalismus ist für dieses Entwicklungsstadium des Imperialismus kennzeichnend. Die Verschmelzung der Kräfte des Monopolkapitals mit dem Staatsapparat, dessen sich die Finanzoligarchie zur Durchsetzung ihrer ökonomischen und politischen Interessen unmittelbar bedient, hat vielmehr ein solches Ausmaß angenommen, daß der Staatsmonopolismus für wichtige Sphären der kapitalistischen Ökonomik bestimmend und ausschlaggebend geworden ist. 1 Die Konzentration der Produktion und des Kapitals hat einen raschen Fortgang genommen. Die Macht der Monopole hat sich vermehrt. Damit haben sich auch die Widersprüche des Kapitalismus verschärft. Das ermöglicht und zwingt die Monopole, unmittelbar den Staatsapparat dazu auszunutzen, den Folgen der kapitalistischen Widersprüche mit staatsmonopolistischen Maßnahmen zu begegnen. Besonders der Widerspruch zwischen Produktion und Markt hat sich zugespitzt, das Marktproblem ist brennender denn je geworden. Hierzu trugen die erhöhte Ausbeutung, sowie die weitere Ausdehnung des sozialistischen Systems und der Zerfallsprozeß des imperialistischen Kolonialsystems bei. Die Gesamtheit dieser Umstände ließ zwischenstaatliche Organisationsformen monopolkapitalistischen Charakters in den internationalen Beziehungen zwischen den kapitalistischen Ländern vorherrschend werden. Sie stellen neue Formen der Aufteilung des kapitalistischen Weltmarktes unter die Monopole dar und ermöglichen und beinhalten ebenso neue Formen des Konkurrenzkampfes zwischen den imperialistischen Gruppen der kapitalistischen Länder um die Eroberung von Auslands1

Siehe

auch:

„Über

die

imperialistische

.Integration'

„Gemeinsame M a r k t " ) " , Thesen des Instituts

in Westeuropa

für Weltwirtschaft und

(Der inter-

nationale Beziehungen an der Akademie der Wissenschaften der U d S S R , in: Neues Deutschland v. 29. 8. 1062.

6

Einleitung

märkten und für den Einbruch der stärkeren imperialistischen Staaten in die Wirtschaft ihrer schwächeren Partner.2 Zu solchen zwischenstaatlichen monopolkapitalistischen Marktformen zählen auch die Montan-Union, die OEEC und die eng damit verbundene EZU. Diese zwischenstaatlichen Organisationsformen staatsmonopolkapitalistischen Charakters trugen entscheidend dazu bei, die Machtpositionen des westdeutschen Imperialismus mit besonderer Unterstützung des amerikanischen Imperialismus wiederaufzurichten und die Eroberung der ökonomischen Hegemonie auf den Märkten des kapitalistischen Europas zu ermöglichen. Die besonderen historischen Umstände der Entstehung und Existenz dieser internationalen staatsmonopolistischen Institutionen sind auch dadurch bestimmt, daß es das Bestreben des amerikanischen Imperialismus war und ist, einen aggressiven kapitalistischen Staatenblock gegen das sich stärkende soziaüstische Lager in Europa unter vornehmlicher Beteiligung des westdeutschen Imperialismus zu schaffen. Alle ökonomischen, politischen und militärischen Potenzen der an diesem Staatenblock beteiligten kapitalistischen Länder sollten zusammengefaßt werden, um gegen Demokratie und Sozialismus ausgerichtet zu werden und um eine Aggression gegen das sozialistische Lager vorzubereiten.3 Die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der kapitalistischen Länder, die auch durch die Erringung der ökonomischen Vorherrschaft des westdeutschen Imperialismus in der Montanunion, der OEEC und EZU, demonstriert wird, verschärfte die Gegensätze auf den kapitalistischen Märkten und trug zugleich zur wachsenden Labilität des kapitalistischen Systems bei. Die Entwicklung zu staatsmono2

„ J e mehr die imperialistische Herrschaftssphäre schrumpft, desto stärker treten die Gegensätze

zwischen den imperialistischen Mächten zutage.

Das

Markt-

problem verschärft sich wie nie zuvor. Die neuen zwischenstaatlichen

Organi-

sationen, die unter der Devise der .Integration' auftauchen, führen in Wirklichkeit zur Verstärkung der Gegensätze und des K a m p f e s zwischen den imperialistischen Ländern; sie stellen neue Formen der Aufteilung des kapitalistischen Weltmarktes unter den größten Kapitalistenvereinigungen dar, neue

Formen

für das Eindringen der stärkeren imperialistischen Staaten in die Wirtschaft ihrer schwachen Partner". (Erklärung der Beratung v o n Vertretern der kommunistischen und Arbeiterparteien, Berlin i960, S. 14.) 3

„ W ä h r e n d die Monopole Maßnahmen treffen, um m i t Hilfe des ihnen vollständig untergeordneten Staatsapparates den Folgen der außerordentlichen Verschärfung ihres Marktproblems entgegenzuwirken, nutzen sie den von ihnen beherrschten Staatsapparat gleichzeitig dazu aus, u m ihre Profite und ihre Herrschaft auch durch die verschärfte Unterdrückung der Werktätigen zu sichern und den Krieg gegen das sozialistische Lager vorzubereiten. I n diesem Sinne stellen die staatsmonopolistischen Maßnahmen, mit denen versucht wird, das verschärfte kapitalistische Marktproblem zu lösen, nur einen der zahlreichen Aspekte der besonders starken

Entwicklung

des

staatsmonopolistischen

Kapitalismus

nach

dem

zweiten Weltkrieg dar". (Schmidt, / . L., Zur Rolle des staatsmonopolistischen Kapitalismus auf

dem

kapitalistischen Weltmarkt, in: Probleme

listischen Weltmarktes, Nr. 2, Berlin, S. 11.)

des

kapita-

Einleitung

7

polistischen Formen der internationalen Aufteilung der Märkte zwischen den imperialistischen Ländern bewirkte also nicht die Eindämmung oder Überwindung der Gegensätze zwischen den kapitalistischen Ländern, sondern gab nur den Rahmen für die sich verschärfenden und zuspitzenden Widersprüche ab. Somit konnten durch solche Organisationen wie der Montanunion, der OEEC und EZU nicht die Widersprüche beseitigt werden, in die die imperialistischen Staaten, insbesondere Westdeutschland auf den internationalen Märkten verstrickt wurden. Die Existenz und Entwicklung der staatsmonopolistischen Maßnahmen weist damit auf die historische Perspektivlosigkeit der imperialistischen Ökonomik hin. Zugleich zeigt sich an diesen Formen der staatsmonopolistischen Organisation des internationalen Marktes, daß der Imperialismus selbst die materiellen Voraussetzungen der nächst höheren historischen Entwicklungsstufe des internationalen Handels, des sozialistischen Handels schafft, dessen praktisches Beispiel in der internationalen Zusammenarbeit der Deutschen Demokratischen Republik mit den im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe organisierten sozialistischen Ländern schon gegeben ist. Es ist nicht beabsichtigt, in dieser Arbeit die Gesamtheit der staatsmonopolistischen Maßnahmen, die von den westdeutschen Imperialisten ausgenutzt wurden, darzulegen. Es wird nur angestrebt, spezielle Probleme der staatsmonopolistischen Förderung des westdeutschen Waren- und Kapitalexports nach den kapitalistischen Ländern Europas zu behandeln. Zu diesem Zweck wird die Montanunion sowohl unter dem Gesichtspunkt der Wiedererrichtung der westdeutschen Montan-Monopole, der entscheidenden Basis für die Existenz des westdeutschen Imperialismus, als auch unter dem Aspekt der durch sie ermöglichten Exportexpansiön der westdeutschen Montan-Monopole auf dem internationalen Kohle- und Stahlmarkt der europäischen kapitalistischen Länder dargestellt. Daran anschließend wird der staatsmonopolistische Charakter der OEEC und die durch sie ermöglichte Exportoffensive des westdeutschen Imperialismus behandelt. Schließlich wird auch der staatsmonopolistische Charakter der EZU beschrieben. Hier wird vor allem der von dem westdeutschen Monopolkapital vermittels der EZU betriebene staatsmonopolistische Kapitalexport hervorgehoben, der zur entscheidenden Bedingung der Exportexpansion des westdeutschen Imperialismus auf den europäischen kapitalistischen Märkten nach dem zweiten Weltkrieg wurde. Hiermit ist auch deutlich gemacht, daß der staatsmonopolkapitalistische Charakter für wichtige ökonomische Sphären des Imperialismus bestimmend geworden ist. Die vorliegende Arbeit wurde im November 1959 beendet. Durch ungünstige Umstände gelangt sie erst jetzt zur Veröffentlichung. In der Zwischenzeit sind mehrere wissenschaftliche Arbeiten im In- und Ausland zu diesem Themenkomplex erschienen. Da grundsätzliche Gedankenführungen meiner Arbeit durch diese Publikationen nicht überholt worden sind, habe ich darauf verzichtet, wesentüche Umstellungen oder Veränderungen vorzunehmen. Es sind nur einige unbedeutende Ergänzungen eingefügt worden, um in manchen Fällen den Gang der weiteren Entwicklung anzudeuten.

KAPITEL I

Der Vorstoß des westdeutschen Imperialismus auf den westeuropäischen Markt

In dem von uns untersuchten Zeitraum gingen rund zwei Drittel des westdeutschen Exportes nach den kapitalistischen Ländern Westeuropas. 1 Solche Industriezweige wie der Maschinenbau, die elektrotechnisch-chemische Industrie und der Fahrzeugbau hatten hier ihre wichtigsten Absatzmärkte. Ihre Erzeugnisse bildeten auch den Hauptteil des Exportes Westdeutschlands nach diesen Ländern. 2 Hieraus erklärt sich auch die Hartnäckigkeit, mit der der westdeutsche Imperialismus um diesen für ihn lebenswichtigen großen Absatzmarkt gerungen hat. Die Bedeutung, die dieser Markt für den westdeutschen Export hat, wird noch dadurch erhöht, daß vor dem zweiten Weltkrieg die ost- und südosteuropäischen Märkte einen bedeutenden Anteil des Exportes Deutschlands aufgenommen haben, während in die westeuropäischen Länder die Hälfte und weniger als die Hälfte des deutschen Exportes gegangen war. 3 Durch den Verlust der ost- und südosteuropäischen Märkte nach dem zweiten Weltkrieg haben deshalb die westeuropäischen Märkte für den deutschen Imperialismus an Gewicht zugenommen. In einem Aufsatz von Hans Leitner heißt es dazu in vergleichenden Gegenüberstellungen: „Während die europäischen Länder ohne die heutigen Ostblockstaaten vor dem Kriege nicht ganz die Hälfte der gesamtdeutschen Maschinenausfuhr aufnahmen, stellte sich ihr Anteil 1950 auf beinahe 70 Prozent der Maschinenausfuhr der Bundesrepublik und lag auch 1956 mit 65,7 Prozent noch erheblich über dem Prozentsatz für 1938. Die Maschinenlieferungen nach den europäischen Ostblockländern, die 1938 mit 18,7 Prozent recht bedeutend waren, fielen dagegen erheblich zurück und erreichten 1956 trotz der in den letzten beiden Jahren festzustellenden absoluten Zunahme nur 1,3 Prozent. . . " 4 Eine wichtige Ursache für das Ausmaß und das Tempo der Wiedereroberung alter und der Erringung neuer Absatzmärkte durch den westdeutschen Imperialismus in den kapitalistischen Ländern Europas — die schon hier erwähnt werden soll — ist die, daß diese Exportexpansion Westdeutschlands in die Aufschwungphase und die ihr folgende Hochkonjunktur der kapitalistischen Weltproduktion 1 2 3 4

Siehe Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik, Jg. 1957. Siehe Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik, Jg. 1957. Berichte des Deutschen Wirtschaftsinstituts, 10/1953, S. 4. Leitner, Hans, Die deutsche Maschinenausfuhr und die technische Messe Hannover, in: Stahl und Eisen, 18. 4. 1957, S. 453.

10

I. Der Vorstoß des westdeutschen Imperialismus

fiel. Die Industrieproduktion der kapitalistischen Welt stieg, berechnet nach dem Index von 1937 gleich 100 von 1948 gleich 130 auf 2 1 1 im Jahre 1957. 5 Die materielle Grundlage dafür war die umfangreiche Erneuerung und Neuanlage von fixem Kapital in den kapitalistischen Ländern nach dem zweiten Weltkrieg.6 Die umfangreiche Anlage von fixem Kapital in den kapitalistischen Ländern war hauptsächlich durch den sogenannten kriegsbedingten Nachholbedarf, durch die Rüstungsproduktion, durch die große Beschleunigung der Industrialisierung der unterentwickelten Länder und durch die rasche technische Entwicklung und Modernisierung des Produktionsapparates der kapitalistischen Länder, verursacht durch den verschärften Konkurrenzkampf zwischen den großen Monopolen, bedingt.7 Die zunehmende Erweiterung der Produktion zog eine sich steigernde Nachfrage nach Produkten auf dem kapitalistischen Weltmarkt nach sich.8 Besonders stark, den Bedürfnissen der erweiterten Reproduktion entsprechend, war die Nachfrage nach Produktionsmitteln. Ihr Anteil am Export beziehungsweise Import der betreffenden Länder war außerordentlich hoch. Das schuf eine günstige Situation für den Export einer zunehmenden Masse von Produktionsmitteln in die industriell entwickelten kapitalistischen Länder, die die westdeutschen Monopole erfolgreich nutzen konnten. Die Exportexpansion war ihrerseits auch anregend für den Aufschwung und die Hochkonjunktur in Westdeutschland. Denn Umfang und Dauer des Produktionsaufschwungs wurden durch die forcierte Exportexpansion gesichert.9 5

6

7

8 9

Entnommen: Mendelson, Prof. Dr., Wirtschaftskrisen und Wirtschaftszyklen nach dem zweiten Weltkrieg aus: Konjunktur—Krise—Krieg, Berlin 1959, S. 47. Verglichen mit früheren Aufschwungsphasen der kapitalistischen Produktion, übertrafen die Investitionen in das fixe Kapital nach dem Jahre 1948 die Investitionen des Zyklus von 1920 bis 1929 und den der Jahre 1929 bis 1937. Die privaten Bruttoinvestitionen der USA stiegen von 1929 gleich 32,0 Milliarden Dollar und 1937 gleich 21,8 Milliarden Dollar auf 57,5 Milliarden Dollar im Jahre 1956. In Großbritannien wurden 1956 in die verarbeitende Industrie 2,3mal mehr investiert als 1937 und 3,7mal mehr als 1929. In den Ländern Frankreich, Italien, Westdeutschland, Belgien, Niederlande und Luxemburg übertrafen die Bruttoinvestitionen die der Jahre 1922 bis 1929 um das 2,8 fache und die der Jahre 1930 bis 1938 um das 2,4 fache. Und in der verarbeitenden Industrie Westdeutschlands überstiegen die Investitionen im Jahre 1956 die von 1929 um das 4,4fache und die von 1937 u n l das 3,4fache. (Entnommen: Mendelson, Prof. Dr., Wirtschaftskrisen und Wirtschaftszyklen nach dem zweiten Weltkrieg aus: Konjunktur — Krise — Krieg, Berlin 1959, S. 49.) Siehe auch Prof. Dr. J . L. Schmidt, Der Nachkriegszyklus in Westdeutschland und die beginnende Wirtschaftskrise in: Konjunktur — Krise — Krieg, Berlin 1959, S. 120, 1 2 1 , 123. Siehe Anhang, Tab. 1, 2, 3. „Die zu Beginn unserer Darlegungen angeführten hohen Wachstumsraten der westdeutschen Industrieproduktion während der Phase des Nachkriegsaufschwungs lassen sich zu einem beträchtlichen Teil auf die starke Exportexpansion der westdeutschen Monopole in den Jahren 1950 bis 1957 zurückführen . . .

11

I. Der Vorstoß des westdeutschen Imperialismus

Die rasche und anarchische Ausdehnung der Produktion, basierend auf der gesteigerten Ausbeutung durch die westdeutschen Imperialisten, bewirkte,

daß

die

Produktionskapazitäten über ihre kapitalistischen Verwertungsmöglichkeiten hinaus erweitert wurden. E s entstanden Überkapazitäten, die für die Jahre 1957/ 1958 in Berichten des Deutschen Wirtschaftsinstituts Milliarden D M angegeben

(12/1958) mit etwa 20

wurden. Die Ausdehnung des Marktes blieb hinter

der Entwicklung der Produktion zurück. Dieser sich entwickelnde Widerspruch zwischen

Produktion und Markt trieb die westdeutschen

wachsender Intensität

auf

Imperialisten

mit

die Außenmärkte. A n Hand von Statistiken über

die Verwendung des „Bruttosozialproduktes zu Marktpreisen" läßt sich dieser Prozeß illustrieren.

Die Verwendung des ,.Bruttosozialproduktes zu Marktpreisen" angegeben in Prozenten10

Anteil Anteil Anteil Anteil

des des der des

privaten Verbrauchs Staatsverbrauchs Brutto-Anlageinvestition Exports

1950

1956

1957

63.6 14.7 18,9 12,1

58,9 *3.3 22,9 23,2

58>9 13,3 21,9 25,3

Bei sinkendem Anteil des inländischen Verbrauchs und steigenden Investitionen mußte der Anteil des Exportes am Bruttosozialprodukt notwendig zunehmen. In einem von der Berliner Bank A G ausgearbeiteten Bericht v o m Oktober 1957

,0

Das auf Grund dieser günstigen Verwertungsbedingungen erfolgte außerordentlich starke Ansteigen der westdeutschen Exporte in den Aufschwungs]ahren 1950 bis 1957 w a r einer der wichtigsten Faktoren dieses Aufschwungs und trug wesentlich zu seinem Umfang und seiner relativ langen Dauer bei . . . es unterliegt unseres Erachtens keinem Zweifel, daß die Notwendigkeit für den wiedererstandenen deutschen Imperialismus, seine Auslandsmärkte schnellstens wieder zu erobern, derjenige Faktor in den Aufschwungsjahren war, der infolge der außerordentlichen Verschärfung des Konkurrenzkampfes auf dem kapitalistischen Weltmarkt die technische Entwicklung am meisten stimulierte. Die Exportoffensive der westdeutschen Monopole spielte somit bei den dem Aufschwung zugrunde liegenden umfangreichen Investitionen in doppelter Hinsicht eine besonders wichtige stimulierende Rolle: a) durch die Notwendigkeit der Schaffung der für den steigenden Export benötigten zusätzlichen Produktionskapazitäten, die entsprechend dem neuesten Stand der technischen Entwicklung hergestellt wurden; b) durch die Notwendigkeit, die Investitionen durchzuführen, die unumgänglich waren, um die bereits vorhandenen Produktionskapazitäten durch eine entsprechende Modernisierung auf dem kapitalistischen Weltmarkt konkurrenzfähig zu machen (Schmidt, Prof. Dr. J. L., Der Nachkriegszyklus in Westdeutschland und die beginnende Wirtschaftskrise aus: Konjunktur — Krise — Krieg, Berlin 1959, S. 118, 120, 121). General Statistics, OEEC, Statistical Bulletins, 1959 No. 1, January, S. 11.

12

I. Der Vorstoß des westdeutschen Imperialismus

heißt es Seite 4 unter der Überschrift „Das deutsche Zahlungsbilanzproblem": „Das Übergewicht der niedrigen Einkommen hat eine künstliche Enge des Binnenmarktes geschaffen . . . so daß eine von Jahr zu Jahr steigende Produktion von Gütern des gehobenen Bedarfs, wie Automobile, Geräte der elektrotechnischen, feinmechanischen und optischen Industrie usw., die auf dem Binnenmarkt nicht mehr voll abgesetzt werden kann, ins Ausland exportiert werden". 11 Der Auslandsabsatz der westdeutschen Industrie nahm wesentlich schneller zu als der Inlandsabsatz. Inland 1952 1953 1954 1955 1956 1957

Ausland + 7.4 + 5.2 + 10,4 + 18.2 + 10,3 + 6,0

1952 *953 1954 1955 1956 1957

-f+ + + + +

17,9 10,2 21,3 17.7 19.6 16,5

Zunahme des Inlands- und Auslandsabsatzes der Industrie gegenüber dem Vorjahr von 1952 bis ig57 in Prozent12

Im Export nach den westeuropäischen Märkten überholte Westdeutschland alle auf diesem Markt operierenden kapitalistischen Staaten. E s steigerte seinen Export in die westeuropäischen kapitalistischen Länder von 1950 gleich 1,275 Milliarden US-Dollar bis 1957 auf 5,037 Milliarden US-Dollar. Die U S A , als nächst stärkster Exporteur, steigerten in dem gleichen Zeitraum die Exporte von 2,2319 Milliarden US-Dollar auf 4,2829 Milliarden US-Dollar, Großbritannien dagegen nur von 1,1996 Milliarden US-Dollar auf 2,0679 Milliarden US-Dollar, Frankreich von 1,0663 a u f 1,5912, Belgien-Luxemburg von 1,9148 auf 2,5262, Schweden von 0,5589 auf 1,221, Niederlande von 0,999 auf 1,5223 und Italien von 0,4684 auf 0,8919 Milliarden US-Dollar. 13 Während Westdeutschland den Export 11

„ I m Jahre 1956, das eine merkbare Abkühlung des westdeutschen Investitionsbooms brachte, blieb der /»/««¿s-Auftragseingang des Maschinenbaus insgesamt um rund 5 Prozent unter dem Inlandsumsatz, im September sogar um 16 Prozent und im Oktober um 14 Prozent. Die Auslandsabschlüsse lagen dagegen im Monatsdurchschnitt um 26 Prozent über den Auslieferungen mit zum Jahresende hin zunehmenden „Überhängen". Auch der Vergleich der Inlands- und Auslandsumsätze 1956 mit den entsprechenden Werten für 1955 zeigt eine stark voneinander abweichende Entwicklung. Die Erhöhung des Inlandsumsatzwertes lag bei 1 2 Prozent, die Ausfuhrsteigerung dagegen bei 21 Prozent . . . Diese Gegenläufigkeit der beiden Geschäftsrichtungen war kein Zufall, sondern erklärt sich aus dem Zwange, die Ausfuhr um so stärker pflegen zu müssen, je weniger die Aufnahmefähigkeit des Binnenmarktes zur Beschäftigungssicherung ausreicht". Leitner, Hans, Die deutsche Maschinenausfuhr und die technische Messe Hannover, in: Stahl und Eisen v. 18. 4. 1957, S. 453. 12 Wirtschaft und Statistik, 2/1958, Wiesbaden, S. 99. 13 E s handelt sich um den Export dieser Länder nach Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark, England, Niederlande, Belgien-Luxemburg, Frankreich, Spanien, Italien, Schweiz, Österreich und Portugal. Für 1950 berechnet nach

I. Der Vorstoß des westdeutschen Imperialismus

13

nach den westeuropäischen Märkten vervierfachte, konnten ihn die anderen Länder nur verdoppeln oder kaum um die Hälfte steigern. Verfolgt man die Bewegung des Anteils einiger wichtiger Länder an der Einfuhr in die kapitalistischen Länder Westeuropas, so zeigt sich der Positionsgewinn des deutschen Imperiaüsmus, den er im Zeitraum von 1950 bis 1957 erzielen konnte, eindeutiger. In vielen westeuropäischen Ländern trat der westdeutsche Imperialismus an die Spitze der importierenden Staaten. Vor allem Großbritannien, aber auch die USA und Frankreich erlitten durch das Auftreten Westdeutschlands auf dem westeuropäischen Markt Positionsverluste.1'* Zählt man auch die Einfuhranteile des westdeutschen und des amerikanischen Imperialismus zusammen, ergibt sich eine übermächtige Stellung dieser beiden kapitalistischen Staaten auf den westeuropäischen Märkten. Während die beiden Staaten im Jahre 1957 etwa für 9,2 Milliarden US-Dollar nach den betreffenden Ländern Westeuropas exportierten, kamen Großbritannien, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien-Luxemburg und Schweden zusammen auf etwa den gleichen Betrag. Großbritannien und Frankreich allein konnten aber mit jeweils rd. 2,06 und 1,59 Milliarden US-Dollar gegenüber diesem übermächtigen Einfluß Westdeutschlands und der USA nur relativ geringe Kräfte entgegensetzen. Das liefert mit die Erklärung dafür, daß sich der deutsche Imperialismus bei der Expansion auf den westeuropäischen Märkten entscheidend auf den amerikanischen Imperialismus stützte und durch das gemeinsame Vorgehen mit dem amerikanischen Imperialismus einen bestimmenden Einfluß in der Außenhandelspolitik gegenüber den westeuropäischen kapitalistischen Ländern gewinnen konnte. Um das Ausmaß und die Bedeutung des Exports des westdeutschen Imperialismus nach den westeuropäischen Märkten richtig einzuschätzen, muß besonders die Stellung Westdeutschlands als Lieferant von Maschinen und Transportausrüstungen berücksichtigt werden. Hier errang es eine absolut vorherrschende Position, wie allein die folgenden Angaben zeigen.15 Alle bisher angeführten Angaben zeigen, daß der westdeutsche Imperiaüsmus seine infolge des zweiten Weltkrieges verlorengegangenen Positionen zurückerobert, die anderen imperialistischen Rivalen im Exportzuwachstempo auf dem westeuropäischen Kontinent eingeholt und überholt hatte. Der Umfang seines Exportes war weit über den seiner imperialistischen Rivalen gestiegen. Die westdeutschen Monopole konnten die ökonomische Vorherrschaft auf den westeuropäischen Märkten erringen. Diese außerordentliche starke und erfolgreiche Exportoffensive zwingt die Frage auf, wie es möglich war, daß die westdeutschen Imperialisten, die infolge ihrer

14 15

Angaben von Direction of International Trade, United Nations, Statistical Papers, Serie T, V O L . V I , No. 10; für 1957 Commodity Trade Statistic, United Nations, Statistical Papers, Jan.-Dec. 1957, Series D, V O L . V I I , No. 4. Siehe Anhang, S. 155ff., Tab. 4. Siehe auch Anhang, S. 159, Tab. 5 u. S. 1 6 1 , Tab. 6.

14

I. Der Vorstoß des westdeutschen Imperialismus

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Dänemark Schweden Japan (1954)

1952

1957

848,005 Mill. US-Dollar 527,669 „ „ 574.590 „ „ 178,078 „ „ 99,6II „ „ 111,384 „ „ 110,908 „ „ 63.595 .. .. 187,392 „ „ 1,050 „ „

1945,895 Mill. US-Dollar 762,588 763,537 11 250,558 176,549 219,291 227,997 108,669 304.365 16 40.095

.,.. .. ,, .,,, .. ..

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Niederlage im zweiten Weltkrieg gegenüber ihren imperialistischen Rivalen machtlos geworden waren und ihren Einfluß auf den internationalen Märkten verloren hatten, sich nicht nur den Folgen dieser Niederlage entziehen, sondern auch den imperialistischen Westmächten innerhalb kurzer Zeit wieder als ebenbürtiger oder sogar überlegener Partner gegenübertreten konnten. Ein ausschlaggebender Umstand war die mit Beteiligung der westdeutschen Imperialisten vorgenommene Gründung der Montanunion. Sie gestattete den Kohle- und Stahlindustriellen an der Ruhr die Reorganisierung der Macht ihrer Monopole und ermöglichte ihnen, als „Gleichberechtigte" auf dem internationalen, besonders dem westeuropäischen Markt aufzutreten. Beides zusammen schuf die Voraussetzung und die Basis der nach 1950 erfolgenden raschen Exportoffensive der westdeutschen Monopole nach dem westeuropäischen Markt überhaupt. 16

Es handelt sich jeweils um den Export nach den Ländern Österreich, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz, Italien, Finnland, Spanien, Portugal und England. Statistical Papers, Serie D, Vol. II. No. 4, Jan.-Dec. 1952; Yearbook of International Trade Statistics, United Nations, Vol. II, 1956, Commodity Trade Statistic. United Nations, Jan.-Dec. 1957.

K A P I T E L II

Die Montanunion i. Die Montanunion als wirtschaftspolitische Basis eines gegen das sozialistische Lager gerichteten Staatenblocks Die Montanunion ist ein internationales staatliches Monopolabkommen zwischen den Montanindustrien Frankreichs, der Bundesrepublik, Italiens und der Beneluxländer. Hauptsächlich ging es jedoch um ein Abkommen zwischen den französischen und westdeutschen Montan-Monopolen, das nur auf starken politischen und ökonomischen Druck der USA hin zustande kam. Der USA-Imperialismus wollte mit der Montanunion den Kern und die internationale Basis eines wirtschaftlich und militärisch starken Blockes gegen das sozialistische Lager schaffen. Unter diesem antisozialistischen und aggressiven Aspekt wurde die Aufhebung der Produktionsbeschränkungen der westdeutschen Stahlproduktion und die Reorganisierung der Macht der westdeutschen Montan-Monopole im Rahmen der Montanunion beschlossen. Die Vereinbarungen über die Montanunion richteten sich zugleich gegen die im Potsdamer Abkommen niedergelegten Grundsätze auf Vernichtung der Macht der für den zweiten Weltkrieg verantwortlichen Kohle- und Stahlmonopole Deutschlands. Sie richteten sich damit auch gegen jede antiimperialistische, demokratische, nationale Bewegung, in dem sie die Einflußnahme auf die Geschicke der Ruhrmonopole einem internationalen imperialistischen Gremium vorbehielten. So wurde die Montanunion durch antinationale, antidemokratische und antisozialistische Züge geprägt. Sie ist ein Ergebnis und ein Ausdruck des mit der zweiten Etappe der allgemeinen Krise des Kapitalismus zugespitzten Widerspruches zwischen dem schwächer werdenden Kapitalismus und dem sich entwickelnden Sozialismus. 1 Vor Beendigung des zweiten Weltkrieges erwogen einflußreiche Kreise der amerikanischen Imperialisten die ökonomische und politische Vernichtung ihres imperia1

„Natürlich

sind zeitweilige A b k o m m e n

zwischen

Kapitalisten

und

zwischen

den M ä c h t e n möglich. I n diesem Sinne sind a u c h die V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n E u r o p a möglich als Ü b e r e i n k o m m e n der europäischen K a p i t a l i s t e n . . . worüber? L e d i g l i c h darüber, w i e m a n m i t vereinten K r ä f t e n den Sozialismus in E u r o p a unterdrücken und m i t vereinten K r ä f t e n die geraubten K o l o n i e n gegen J a p a n und A m e r i k a verteidigen k ö n n t e " . einigten S t a a t e n v o n E u r o p a " , Berlin, S. 751.)

(Lenin, W.

/., Ü b e r die L o s u n g der V e r -

A u s g e w ä h l t e W e r k e in zwei B ä n d e n ,

B d . 1,

i6

II. Die Montanunion

listischen Rivalen Deutschland. Dieses Ziel kam auch in den bekanntgewordenen Ansichten des amerikanischen Finanzministers Morgenthau zum Ausdruck. Seine Pläne erläuterte der amerikanische Kriegsminister Stimson: „Hull (amerikanischer Außenminister — R. H.) und Morgenthau wünschten das gewaltige Gebiet von Ruhr und Saar in Deutschland vollständig zu zerstören und es in ein zweitrangiges Agrarland zu verwandeln ohne Rücksicht darauf, was dieses Gebiet nicht allein für Deutschland, sondern für das Wohlergehen des gesamten europäischen Kontinents bedeutete". 2 Doch diesen Plänen verweigerte die Sowjetunion ihre Zustimmung. Denn ihr kam es nicht auf die Vernichtung Deutschlands, sondern auf die Zerstörung der für den zweiten Weltkrieg verantwortlichen deutschen Monopole und auf die Entfernung der faschistischen und militaristischen Politiker aus dem öffentlichen Leben an. Sie empfahl für die Zukunft ein antifaschistisch-demokratisches System in Deutschland. Da die Kraft der Sowjetunion so groß war und ihre Politik im internationalen Maßstab einen so mächtigen Einfluß hatte, daß sie im Potsdamer Abkommen die Demokratisierung Deutschlands durchsetzen konnte, gingen die amerikanischen Imperialisten zu einem umfassenden politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Angriff gegen den Sozialismus und die ihn mächtig repräsentierende Sowjetunion über. Alle Erwägungen, die darauf hinaus liefen, „die Deutschen in das Jahr 1866 zurückzuversetzen"3, wurden fallen gelassen. Denn die Verwirklichung einer solchen Absicht hätte binnen kurzer Zeit, durch die demokratische Deutschlandpolitik der Sowjetunion gefördert, eine für ihre imperialistische Politik gefährliche Opposition in den von ihnen besetzten deutschen Gebieten provoziert, mit dem Ergebnis, ihren Einfluß schwinden zu sehen und die antifaschistisch demokratische Ordnung in Westdeutschland nicht mehr aufhalten zu können. Der Vorsitzende des Senatsausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Senator Vandenberg, Unterstaatssekretär und Baumwollmillionär des amerikanischen Südens, Clayton, zwei hohe Militärs aus dem Kriegsministerium, der Vizepräsident von General Motors und im Auftrag der politisch außerordentlich einflußreichen Bank Dillon, Read & Co, John Foster Dulles, beschlossen am 15. April 1945 im amerikanischen Außenministerium, „einer solchen Möglichkeit vorzubeugen. Und da die Alternative zu Rußland Deutschland hieß, so beschloß man, Deutschland wieder aufzubauen und dann zu remilitarisieren. Deutschland sollte zu einem Bollwerk gegen Rußland werden . . . Die Spaltung Deutschlands war die Folge". 4 2

Stimson, Henry L., and McGeorge Bundy, On Active Service in Peace and War, New York 1947/1948, S. 570.

3

Haffner, Sebastian, Germany, New York 1941, entnommen Dr. Joachim Peck: Zur Geschichte der Spaltung Deutschlands, in: Deutsche Außenpolitik, Sonderheft II/1959, S. 8.

4

Mathias, Prof. Dr. L. L., Wie kam es zur Spaltung Deutschlands, in: Neuer Vorwärts, v. 3. 12. 1954.

i. Die Montanunion als wirtschaftspolitische Basis

17

Es war darum verständlich, daß das Ruhrgebiet, das ursprünglich zerstört werden sollte, mehr und mehr in den amerikanischen Plänen der Wiederaufrüstung Westdeutschlands eine überragende Rolle zu spielen begann. „Mit den ersten Versuchen zur Vorbereitung und Ingangsetzung des vom amerikanischen Außenminister Marshall verkündeten Wiederaufbauplanes für Westeuropa ist die Entwicklung der europäischen Eisenwirtschaft in ein neues, hochbedeutsames Stadium getreten . . . Es ist daher notwendig, auch an dieser Stelle auf die Beziehungen und die Pläne einzugehen, die um die europäische Eisenwirtschaft kreisen, und die sowohl in Europa selbst als auch in den Vereinigten Staaten von Amerika politische und wirtschaftliche Stellen von hohem Rang beschäftigen . . . Am 30. November 1947 brachte ,The New York Times Overseas Weeckly' einen längeren Bericht aus Genf, wonach der Ausschuß für die Industrie und Rohstoffe der Wirtschaftskommission für Europa — committee on Industry and Materials of the Economic Commission for Europe — zwei ständige Stellen gebildet hätte, von denen eine sich mit Fragen der Stahlindustrie befassen soll. . . ,Die eigentliche Bedeutung des Stahlunterausschusses liegt aber darin, daß nach Ansicht der Vertreter der Entschluß, eine besondere Gruppe zu bilden, eine Art Prüfstein für die Zukunft der Ruhr bildet . . . Wenn auch die Ruhr zur Zeit nicht auf der Tagesordnung steht, so geben doch die Beteiligten zu, daß die Ruhrfrage zur Sprache kommen muß, sobald die Stahlfragen behandelt werden'. " 5 Schon im Frühjahr 1947 entwickelte der Sonderbeauftragte Präsident Trumans, John Foster Dulles, Gedanken, die denen des Schumanplanes entsprachen: „Das Ruhrbecken mit seinem Kohlen-, Industrie- und Verkehrswesen bildet das natürliche wirtschaftliche Herz Europas. Aus diesem Gebiet müssen nicht nur den Deutschen, sondern auch den westlichen Nachbarn Deutschlands Existenzmittel erwachsen".6 Aber als der amerikanische Außenminister Marshall auf der Londoner Konferenz der Westmächte im Frühjahr 1948 einen derartigen Plan vorlegte, scheiterte er noch am Widerstand der Regierungen Westeuropas gegen ein wiedererstarkendes Westdeutschland. Trotzdem ließ die amerikanische Regierung nicht von ihren Plänen ab. Sie sperrte für das Jahr 1950 550 Millionen Dollar Marshall-Plan-Kredite, um die westeuropäischen Länder zur Zustimmung zu diesem Plan zu zwingen. Und nach Berichten in „Die Welt" vom 21. Februar 1950 erklärte das „Weiße Haus", die amerikanische Regierung würde nur denjenigen europäischen Staaten weiterhin Marshall-Plan-Hilfe gewähren, die „aktive Maßnahmen auf den wirtschaftlichen Zusammenschluß hin ergreifen". Anfang Mai 1950 konferierte der amerikanische Außenminister Dean Acheson, bevor er zur Londoner Konferenz der drei Westmächte fuhr, mit dem französischen Außenminister Robert Schuman. Die „Baseler National-Zeitung" vom 9. Mai 1950 schrieb hierzu: „Paris 8. Mai. Außenminister Robert Schuman und Staats5 6

2

Stahl und Eisen v. 1. 1. 1948. Auch der englische Außenminister Anthony Eden entwickelte Pläne eines Zusammenschlusses der westeuropäischen Schwerindustrien. Siehe Tagesspiegel v. 26. 1. 1949.

Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus

i8

II. Die Montanunion

sekretär Dean Acheson begannen um 10 Uhr 30 mit der ersten Besprechung der Strategie der .Westmächte im Kalten Krieg". Am 9. Mai rief dann der französische Außenminister Schuman in- und ausländische Journalisten zu einer unvorhergesehenen7 Pressekonferenz in den Quai d'Orsay, um sie mit dem Plan der französischen Regierung über den Zusammenschluß der Kohle- und Stahlproduktion Westeuropas bekanntzumachen. Der französische Außenminister berichtete, daß der französische Ministerrat erst wenige Stunden vor der Pressekonferenz dem von ihm ausgearbeiteten Plan seine Zustimmung gegeben habe. Außerdem sei dieser Plan schon in allen Einzelheiten mit dem amerikanischen Außenminister Dean Acheson abgesprochen worden.8 Die Verhandlungen über die Bildung der Montanunion wurden besonders durch das Drängen der NATO, dieses unter der Führung der USA stehenden aggressiven, gegen das sozialistische Lager gerichteten Militärbündnisses, auf die Einbeziehung Westdeutschlands in das westeuropäische Aufrüstungsprogramm beschleunigt. Schon bei Gründung der NATO wurde betont, das Westdeutschlands Industrie unbedingt zur Bewaffnung der NATO-Streitkräfte hinzugezogen werden müsse.9 Und noch vor der offiziellen Verkündung des Planes einer Montanunion durch den französischen Außenminister Schuman war in den obersten militärischen Gremien der NATO auf den Druck der USA hin Übereinstimmung über die Teilnahme Westdeutschlands an der Aufrüstung erzielt worden. Über die Sitzung des NATO-Rates Ende März, Anfang April 1950 wurde geschrieben, „daß die Staaten des Atlantikpaktes im Falle eines Angriffs durch die deutsche Industrie einerseits und durch spanische Flugzeugstützpunkte andererseits gestärkt werden 7

„Der

Gedanke

der deutsch-französischen

Wirtschaftsunion

ist

vor

einigen

Wochen bereits durch den Bundeskanzler in einem seiner Interviews in die politische Diskussion gebracht worden . . . So sehr also auch im Augenblick die Öffentlichkeit durch

das

französische Verlangen

nach

einer

weittragenden

wirtschaftlichen Fundierung einer neuen deutsch-französischen Verständigung überrascht sein mag, so darf man andererseits doch wohl voraussetzen,

daß

eine solche Verständigung über solche Wirtschaftsunion zumindest zwischen den leitenden Staatsmännern Frankreichs und der Bundesrepublik stattgefunden h a t " . (Der Volkswirt v. 12. 5. 1950, S. 3.) 8

Ein

Teil

der

Angaben

wurde

dem

Buch

„Was

wird

aus

Europa"

von

Dr. Joachim Pech, Berlin 1955, S. 51/52, entnommen. 9

„ D i e Wiederaufrüstung Deutschlands ist, ob man es zugeben will oder nicht, in dem A t l a n t i k p a k t wie ein E m b r y o enthalten. Diese Wiederaufrüstung würde an dem T a g selbstverständlich werden, an dem ein geläutertes, in die europäische Völkergemeinschaft

wiederaufgenommenes

Deutschland

mit

dem

übrigen

Europa die Vorteile und auch das Risiko einer solchen Situation teilen würde . . . wenn man Europa auf Kriegsfuß setzt, ist es klar, daß sowohl die Logik, wie die notwendige Schlagkraft es nötig machen, daß Westdeutschland nicht länger abseits gelassen wird. A u c h die europäische Solidarität ist sozusagen en bloc, ein unteilbares

Ganzes".

(Doch Wiederbewafinung?, Le

aus: Allgemeine Zeitung v. 8. 4. 1949.)

Monde

entnommen

l . Die Montanunion als wirtschaftspolitische Basis

19

sollen". 10 Dazu müßte Westdeutschland zu einer politischen Verständigung vor allem mit Frankreich, Italien und Belgien kommen und „wirtschaftlich in das übrige Westeuropa eingefügt werden". 11 Besonders stark wurden die Abmachungen über die Montanunion durch die USA-Aggression Ende Juni 1950 gegen Nordkorea beeinflußt. Der USA-Außenminister Dean Acheson drängte die imperialistischen Westmächte, unverzüglich der Remilitarisierung Westdeutschlands zuzustimmen. Und auf der Außenministerkonferenz der Westmächte, Mitte September 1950, in New York, wurde die Remilitarisierung Westdeutschlands beschlossen, um es ungehindert in die Vorbereitungen einer Aggression gegen das sozialistische Lager von europäischem Boden aus einbeziehen zu können. Die Aufhebung der Beschränkung der westdeutschen Stahlproduktion wurde möglich.12 Der imperialistische Zusammenschluß in der Montanunion als Kern eines gegen das sozialistische Lager gerichteten aggressiven Staatenblocks wurde unter der Losung der Vereinigung Europas herbeigeführt. Der von deutschen Kreisen der Hochfinanz finanzierte und protegierte Verfechter der Europaidee, Graf Coudenhove-Calergi, betonte ausdrücklich den aggressiven antisozialistischen Inhalt dieser mit der Politik des Schuman-Planes verknüpften Konzeption der europäischen Einigung. In der ersten Vollsitzung des vierten europäischen Parlamentarierkongresses in Konstanz forderte er die Bildung eines vorläufigen Bundesstaates aus den sechs Schuman-Plan-Ländern und den Aufbau einer „unbesiegbaren europäischen Militärmacht". Der Schuman-Plan könne auf diese Weise der Ausgangspunkt für die Vereinigten Staaten von Europa werden.13 Und Coudenhove-Calergi empfahl außerdem, der Politik der Sowjetunion, die „Deutschland mit der Fata Morgana seines nationalen Zusammenschlusses auf dem Boden der Neutralität" aus der aggressiven Rüstungspolitik herausziehen wollte, die Politik 10

Der Tagesspiegel v. 1 . 4 . 1950.

11

Der Kurier,

Berlin, v. 31. 3. 1950.

„ D e r Schuman-Plan ist der Plan der Vereinigung der K r ä f t e des Monopolkapitals. Der Sinn des Schuman-Plans ist gerade die Umstellung auf die Rüstungswirtschaft". Ulbricht, Walter, Über Gewerkschaften, B d . 2, Berlin 1953, S. 412. 12

„Die

weltpolitische

Entwicklung,

die mit dem

Korea-Krieg

das

gespannte

Verhältnis zwischen Ost und West noch offener zutage treten ließ, erzwang schließlich eine Richtungsänderung der Besatzungspolitik in Westdeutschland. A m 3. April 1951 trafen die drei Hohen Kommissare ein . A b k o m m e n betreffend die Überwachung der Industrie'. Danach blieben zwar die Leistungsfähigkeit der Eisen- und Stahlindustrie und der Rohstahlerzeugung weiterhin beschränkt, doch wurde die Klausel eingefügt,

daß

die Alliierte Hohe Kommission

über 11,1 Millionen t je Jahr hinausgehende Rohstahlgewinnung werde, hatte

wenn aber

dies

die

schon der

Verteidigungsanstrengungen Schuman-Plan

fördere

greifbare Gestalt

. . .

eine

genehmigen Inzwischen

angenommen"

(in:

Schuman-Plan

zur

Stahl und Eisen v. 14. 8. 1952, S. 1047—1048). 13

Westdeutsche

Rundschau

v. 19. 9. 1950:

„...über

den

Europaarmee und Bundesverfassung. Der Schuman-Plan war der erste Schritt zu

dieser kleineuropäischen

Bundespolitik . . .".

„Die

Richard Coudenhove-Calergi, Stuttgart 1953, S. 144. 2*

europäische

Nation",

20

II. Die Montanunion

der „Europaidee entgegenzusetzen". Denn nur eine solche politische Konzeption könne „diese Entwicklung verhindern". 14 Aber die Montanunion trägt nicht nur antisozialistischen und antidemokratischen Charakter. Auch die infolge des zweiten Weltkrieges außerordentlich verschärften Widersprüche des kapitalistischen Systems, besonders die Zuspitzung des Marktproblems, führten dazu, daß das Abkommen über die Montanunion nicht ein privates internationales Monopol, sondern ein internationales staatliches Abkommen zwischen den Monopolen wurde. Die Wiederaufrichtung der Macht der westdeutschen Montan-Monopole, ihre gleichberechtigte Zulassung zum kapitalistischen Markt und die besondere Form der Marktaufteilung sowohl für den Bereich der Montanunionsländer als auch dem übrigen kapitalistischen Weltmarkt unter den Bedingungen eines außerordentlich verschärften Konkurrenzkampfes zwischen den Montanindustrien der europäischen imperialistischen Länder zwang dazu, unmittelbar die Staatsmacht zur Durchsetzung der monopolistischen Interessen einzusetzen. Vor allem die französischen Imperialisten suchten die ökonomische Macht der westdeutschen Schwerindustrie zu beschränken, wozu ihnen der Montanvertrag dienen sollte.15 Die deutschen Montan-Monopole mußten den französischen Rivalen durch die Montanunion das Zugeständnis der Kontrolle über ihre Schwerindustrie an der Ruhr geben, um die Produktionsbeschränkungen abzuwerfen, um sich die Möglichkeit zu eröffnen, die Montan-Monopole wiederaufzubauen und die Montanerzeugnisse ohne besondere Beschränkungen exportieren zu können. Die westdeutschen Imperialisten trachteten vor allem danach, sich durch die Zustimmung zum Montanunionsvertrag den Konsequenzen des Potsdamer Abkommens zu entziehen, sich der Diskriminierungen der imperialistischen Siegermächte 16 zu entledigen und sich binnen kürzester Zeit in eine gleichberechtigte 14 15

16

Coudenhove-Calergi, Richard, Die europäische Nation, Stuttgart 1953, S. 137. „Paris hat es offenbar aufgegeben, gegen den Strom zu schwimmen und wird nun versuchen, bei dem bevorstehenden Besuch Achesons auf der großen Dreierkonferenz in London das Erreichbare herauszuhandeln, soweit sich dies mit der Notwendigkeit der amerikanischen Hilfe in Frankreich selbst und in Indochina vereinbaren läßt. Washington hat deutlich durchblicken lassen, daß es politische Konzessionen in der Deutschlandfrage wünscht. Daß Frankreichs Diplomatie die halb erzwungene grundsätzliche Kursänderung so teuer wie möglich verkaufen will, ist nur natürlich und wird in Washington verstanden". (Essener Tageblatt v. 8. 4. 1950.) Zu einer Denkschrift der Wirtschaftsvereinigung der Eisen- und Stahlindustrie hieß es unter der Überschrift „Lothringenstahl statt Ruhrstahl" in der Zeitschrift Stahl und Eisen v. 1 1 . 6 . 1947: „Auf der Moskauer Konferenz hat im März 1947 der französische Außenminister Bidault vorgeschlagen, daß in Zukunft mehr deutsche Kohle für die Stahlerzeugung nach Lothringen gesandt werde, statt wie in der Vergangenheit lothringische Minetteerze zur Verhüttung nach dem Ruhrgebiet zu fahren . . . In ihrem Schlußwort betont die Denkschrift —

l. Die Montanunion als wirtschaftspolitische Basis

21

Position mit den anderen imperialistischen Mächten zu bringen. „Mögen nach dreieinhalb Jahren die Sieger des zweiten Weltkrieges endlich zur Einsicht kommen, daß die Aufrechterhaltung der Kriegspsychose und eine endlose Verlängerung unserer unfreien und rechtlosen Lage nur unheilvolle Auswirkungen haben kann . . . Dürfen wir hoffen, daß man daran denkt, uns auch einmal wieder wirtschaftliche Autonomie zu gewähren? Und gar rechtliche Autonomie? Mag man uns von Seiten der Siegermächte Ungeduld vorwerfen,. . . wenn wir besonders auch die weitestgehende Forderung, diejenige nach rechtlicher Autonomie, vertreten. Aber gerade diese Forderung gewinnt in höchstem Maße innere Berechtigung, wenn wir an die Industrieprozesse denken, die sich vor nicht langer Zeit in Nürnberg und Rastatt abgerollt haben und an unsere Kollegen, die dort zu so schweren Strafen verurteilt worden sind . . . An der Ehrenhaftigkeit ihrer Gesinnung kann jedoch niemand von uns den leisesten Zweifel haben . . . Wir schulden ihnen dafür Treue . . . Der Vorstand der zu ihrer Hauptversammlung in Düsseldorf anwesenden über 2000 Eisenhüttenleute bittet mit ausdrücklicher Billigung der Versammlung darum, eine Nachprüfung der im Flick-, im Kruppund Röchlingprozeß ergangenen Urteile im vollen Umfang, das heißt, nach der rechtlichen und tatsächlichen Seite, sicherstellen zu wollen . . , " 1 7 Und mit der theatralischen Formulierung: ,,To be or not to be, that's now the question" bekräftigte P. Voltz bei der Charakterisierung der Situation der westdeutschen Monopole die Ausführungen des Vereinsvorsitzenden Ed. Herzog und forderte die Beseitigung aller noch bestehenden Beschränkungen unter der Losung: „Soll Europa gesunden, so muß Deutschland leben" 18 . Als darum die USA - nachdem sie das westdeutsche Monopolkapital entgegen den Beschlüssen des Potsdamer Abkommens vor der ökonomischen und politischen Entmachtung bewahrt hatten 19 - vorschlugen, auf dem westeuropäischen

17

18 19

zu diesem Vorschlag Bidaults, R . H. —, daß die Verlagerung eines Teiles der rheinisch-westfälischen Stahlerzeugung in das Minettegebiet weder mit technischen noch mit wirtschaftlichen Überlegungen gerechtfertigt werden könne. Der Plan zerstöre die Grundsätze der heutigen Eisenhüttenindustrie . . . Der politische Gesichtspunkt, der bei Frankreich sicher eine wichtige Rolle spiele, das Sicherheitsbedürfnis gegen eine unerwünschte Ausbreitung der deutschen Stahlindustrie, könne durch die Überwachung der deutschen Erzbezüge aus Lothringen oder Schweden berücksichtigt werden" (S. 405, 407). Dr. Ing. Ed. Herzog auf der 130. Hauptversammlung des Vereins deutscher Eisenhüttenleute, in: Stahl und Eisen v. 4. 1 1 . 1948. Stahl und Eisen v. 4. 1 1 . 1948. Die entsprechenden Entflechtungsgesetze der westlichen Alliierten bewahrten die westdeutschen Imperialisten vor ihrer Enteignung. Sie waren dazu abgefaßt, den Konkurrenzinteressen der Westmächte zu entsprechen. Sie sollten aber ebenso dazu dienen, die Grundlagen der Macht der westdeutschen Monopole zu erhalten und täuschten nur aus innen- und außenpolitischen Rücksichten eine Form der Vernichtung der Montanmonopole vor. Die Eigentumsverhältnisse blieben unangetastet und der reaktionären westdeutschen Bundesregierung wurde die weitere Entscheidung hierüber überlassen. Schließlich ebneten diese

II. Die Montanunion

22

Kontinent einen wirtschaftlich und militärisch starken kapitalistischen Staatenblock gegen das sozialistische Lager zu bilden, stimmten die deutschen Imperialisten erleichtert zu. Die Interessen der westdeutschen und französischen Schwerindustrie sollte koordiniert und vor allem den französischen Montan-Monopolen Garantien gegenüber dem sich wieder aufrichtenden imperialistischen

West-

deutschland gegeben werden. Mit mehr oder minder bereitwilligem Einverständnis der reaktionären englischen und französischen Kreise 20 kam es schließlich zu der Vereinbarung,

die sich in dem vom damaligen französischen Außenminister

Schuman im Mai 1950 verkündeten und nach ihm benannten Plan einer Montanunion niederschlug. Die westdeutschen aggressiven Kreise erkannten in der Absicht, mit Hilfe der Montanunion das wirtschaftliche Fundament einer Aufmarschbasis gegen das sozialistische Lager zu schaffen, die Chance der Wiederaufrichtung ihrer ökonomischen und politischen Macht. 2 1 Sie versuchten unter diesem Gesichtspunkt durch den Hinweis auf ihre Bereitschaft zu einer besonders aggressiven antisowjetischen Politik sogar die Teilnahme an der Montanunion zu forcieren. Bundeswirtschaftsminister Erhard erklärte: „Deutschland steht. . . vom Blickpunkt Europas auf dem gefährlichsten äußersten

Gesetze offiziell die Wege zu einer Wiederaufrichtung der Macht der Montanmonopole. In der Schrift ,.Stahl und Eisen" vom 8. Juni hieß es auf Seite 530: „Die Alliierte Hohe Kommission hat am 16. Mai 1950 das Gesetz Nr. 27 über die Umgestaltung des deutschen Kohlenbergbaus und der deutschen Eisenund Stahlindustrie verkündet. Es tritt an die Stelle des bisherigen Gesetzes Nr.75 der britischen und amerikanischen Militärregierung vom 10. November 1948 . . . Das Gesetz Nr. 27 bezweckt die Dezentralisierung der deutschen Bergbau-, Eisen- und Stahlindustrie, die Beseitigung übermäßiger Konzentration wirtschaftlicher Macht und die Verhinderung eines Entstehens eines Kriegspotentials. Deshalb will das Gesetz in den genannten Zweigen der Wirtschaft die Wiederherstellung von Eigentumsverhältnissen, aus denen sich eine übermäßige Konzentration wirtschaftlicher Macht ergeben würde, nicht zulassen. Die Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse soll . . . der Bundesregierung überlassen bleiben. Gegen diese Festlegung hatte der französische Hohe Kommissar Einspruch erhoben, so daß das Gesetz erst durch Mehrheitsbeschluß nach Ablauf einer im Vetofalle vorgesehenen 30-Tagefrist in K r a f t treten konnte. In einer Pressebesprechung, gelegentlich der Verkündung des Gesetzes, erklärte der französische Vorsitzende der Alliierten Kohlenkontrollgruppe, Herr Parisot, grundsätzlich bleibe die Opposition Frankreichs nach wie vor bestehen . . . Unter das Gesetz fallen 90 bis 95 Prozent der westdeutschen Montan-Industrie. Als Ziel der Umgestaltung wird die Förderung der Gesundung der deutschen Wirtschaft bezeichnet. Das Gesetz hält daran fest, durch sinnvolle Verbundwirtschaft Betriebseinheiten zu schaffen, die im Wettbewerb auf den Auslandsmärkten bestehen können". 20

21

Die englischen Imperialisten traten der Montanunion nicht bei. Sie lehnten es ab, sich durch ein derartiges Gremium wirtschaftspolitische Vorschriften machen zu lassen. (Siehe auch Süddeutsche Zeitung v. 1. 6. 1950 und 6. 6. 1950.) Der Volkswirt v. 12. 5. 1950, S. 3.

l. Die Montanunion als wirtschaftspolitische Basis

23

Vorposten gegen den östlichen Kollektivismus. Hilft man uns indessen, die gesunden deutschen Lebensgrandlagen zu schaffen, dann sind wir auf der anderen Seite nicht nur bereit, sondern auch bestrebt, einen Höchstbeitrag zur internationalen Verteidigung der freiheitlichen Welt zu leisten".22 Von westdeutscher Seite erklärte man sich daher einverstanden, daß ein unter dem Einfluß der französischen Montanindustrie stehendes Gremium, die Hohe Behörde der Montanunion, die Oberaufsicht über die westeuropäische Kohleund Stahlindustrie ausüben und einen sogenannten Gemeinsamen Markt für Kohle, Stahl, Erz und Schrott nach dem „Prinzip organisierter Konkurrenz"23 einrichten und kontrollieren sollte.24 22 23 24

Erhard, Prof. Dr. Ludwig, in: Stahl und Eisen v. 7. 6. 1951, S. 642. Hallstein, Prof. Dr., Der Schuman-Plan, in: Stahl und Eisen v. 7. 6. 1961, S. 643. „Die Stahlerzeugung hat in fast allen Ländern einen starken Auftrieb bekommen und nähert sich oder übersteigt bereits in vielen Ländern wie England, Frankreich die Vorkriegszahlen . . . Aber diese Länder haben einen erheblichen Vorsprung vor uns gewonnen . . . Während andere Länder vorausschauend Pläne aufstellen konnten, mußten wir einen harten Kampf gegen den Irrsinn der Demontage . . . unserer Industrie kämpfen . . . Wir sind abhängig von den Zustimmungen der Combined Steel Croup, die mit der Stahltreuhändervereinigung die entsprechenden Pläne ausarbeitet. Wir sind abhängig vom Military Security Board und allen sonstigen Stellen auf alliierter Seite . . . Hieraus aber ergibt sich auch, welcher Schaden der deutschen Industrie durch den jetzt nun schon fünf Jahre dauernden Schwebezustand verursacht wurde . . . Die Unsicherheit der Reorganisation bedeutet nicht nur für die deutsche Eisen- und Stahlindustrie, sondern für die ganze europäische Industrie einen Schaden, der sich erst später in voller Höhe feststellen lassen wird . . . Wenn auch der Ausfuhranteil der deutschen Erzeugnisse verhältnismäßig bescheiden ist, muß berücksichtigt werden, daß die Notwendigkeit dieser Ausfuhr selbst bèi der heutigen unzulänglichen Erzeugung unbedingt notwendig ist . . . Die hier gestreiften Aufgaben sind für die westeuropäische Industrie vordringlich. Trotz des hohen Ziels der Marshallplan-Organisation, trotz der investierten Beträge, ist das eigentliche Ziel einer einheitlichen westeuropäischen Stahlwirtschaft noch nicht erreicht. Gerade deshalb gewinnt der Vorschlag, den am 9. Mai 1950 der Außenminister Frankreichs, Herr Schuman, bekanntgegeben hat, besondere Bedeutung . . . Er versucht, durch ein enges Zusammengehen der Industrien Frankreichs und Deutschlands einen großen Teil der Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen und durch Abstimmung der Pläne, des Absatzes, der Preise, den Anfang zu einem wirklichen einheitlichen Stahlprogramm zu schaffen. Dieser mutige Plan deckt sich weitgehend mit Anregungen, die seinerzeit, als die Ruhrbehörde ihre Tätigkeit aufnahm, von deutscher Seite durch den Ministerpräsidenten Arnold (siehe auch Tagesspiegel v. 26. 1. 1949 — R. H.) bekanntgegeben wurden und schließt sich an die wiederholten dringlichen Vorschläge des Bundeskanzlers Dr. Adenauer an". (M. C. Müller: „Gegenwartsfragen der westdeutschen Eisenwirtschaft", Vortrag vor der Mitgliederversammlung der Wirtschafts Vereinigung Eisen- und Stahlindustrie am 11. Mai 1950 in Düsseldorf, in: Stahl und Eisen v. 22. 6. 1950.)

24

I I . Die Montanunion

Damit gelang es den westdeutschen Imperialisten, zwei für sie sehr wichtige Probleme zu lösen. Erstens wurde nach Äußerungen des Staatssekretärs Prof. Dr. Hallstein „die Frage des Eigentums an den Produktionsstätten, also die Frage Sozialisierung oder Privateigentum . . . beiseite gesetzt". 25 Denn Entscheidungen über das Bestehen der Monopole der Schwerindustrie und über andere wirtschaftspolitische Fragen des Ruhrgebietes lagen nach dem Montanvertrag in den Händen eines internationalen imperialistischen Gremiums. So war den westdeutschen Werktätigen eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse und eine Beeinflussung der Wirtschaftspolitik an der Ruhr formal unmöglich gemacht und praktisch politisch außerordentlich erschwert worden.26 Zweitens konnten sie durch die Montanunion, deren verkündetes Ziel in der Ausweitung der Produktion lag, die Beschränkungen ihrer Stahlproduktion abwerfen und sich anderer ihre schwerindustrielle Produktion bedrückender Kontrollen entledigen. In einem Beschluß des Ministerrats der D D R über den Schuman-Plan konnte man darum auch folgende Charakterisierung finden, die den aggressiven und antidemokratischen Charakter dieses imperialistischen Komplotts in seiner großen Gefährlichkeit für die weitere Entwicklung der deutschen und internationalen Verhältnisse aufzeigte: „Der Vertrag zur Durchführung des Schuman-Plans ist ein grober Bruch des Potsdamer Abkommens, das die Schaffung eines einheitlichen, demokratischen und entmilitarisierten Deutschlands vorsieht. Er ist ein 25 26

Hallstein, Prof. Dr., D e r S c h u m a n - P l a n in: S t a h l und Eisen v . 7. 6. 1951, S. 643. „ A l s H a u p t a u f g a b e der Montanunion und der Hohen B e h ö r d e in L u x e m b u r g bezeichnete Dr. K o s t den S c h u t z des p r i v a t e n E i g e n t u m s und der Unternehmers c h a f t in den Grundstoffindustrien sowie die R ü c k g ä n g i g m a c h u n g aller Sozialisierungen. D a g e g e n sei den Arbeitern die Gelegenheit zur E i g e n t u m s b i l d u n g durch I n v e s t m e n t t r u s t s zu b i e t e n " . Dr. K o s t , 1. Vorsitzender der Wirtschaftsvereinigung B e r g b a u v o r dem V e r b a n d oberer B e r g b e a m t e r am 20. Juni 1953 in Gelsenkirchen, Die Neue Zeitung, F r a n k f u r t am Main, v . 22. 6. 1953. A m 20. D e z e m b e r 1949 schrieb die Neue Ruhrzeitung unter der Ü b e r s c h r i f t „ S t a h l s c h w e d e k a m m i t fertigem P l a n nach L o n d o n " unter a n d e r e m : „ W a l t e r Schwede, 62, Direktionsmitglied der Vereinigten Stahlwerke, diskutierte ,mit der Direktion der britischen Iron and Steel Corporation' über seinen Plan, ,ein großes anglo-französisch-deutsches kapitalistisches K o m b i n a t zu schaffen, d a s die westeuropäische Industrie beherrschen würde. Dieser K o n z e r n sollte den W i d e r s t a n d gegen die S t a h l v e r s t a a t l i c h u n g in E n g l a n d mobilisieren, die Zerschlagung der großen K o n z e r n e in Deutschland verhindern. Dieser W i d e r s t a n d sollte außerdem durch das berüchtigte französische K o m i t e e des Forges m i t Hilfe amerikanischen L e i h k a p i t a l s finanziert w e r d e n ' . " — Diese V e r ö f f e n t lichungen e n t n a h m die Neue Ruhrzeitung aus A n g a b e n , die der diplomatische K o r r e s p o n d e n t W . N . E w e r im „ D a i l y H e r a l d " g e m a c h t hatte. „ I n der gleichen Z e i t e r k l ä r t e einer der F ü h r e r des Monopolkapitals, der Generaldirektor des K l ö c k n e r - K o n z e r n s , H e n l e : . D u r c h die A n n a h m e des S c h u m a n P l a n e s h ö r t das Gerede über Sozialisierung a u f ' . " Ulbricht, Walter, Uber G e w e r k schaften, B d . 2, Berlin 1953, S. 421.

l . Die Montanunion als wirtschaftspolitische Basis

25

Komplott der USA-Imperialisten mit den Imperialisten der Länder des SchumanPlans, vor allem mit den westdeutschen Monopolherren, das gegen den Frieden und die Sicherheit der Völker gerichtet ist. Die Adenauer-Regierung hat den Vertragsentwurf gebilligt. Sie hat sich bereit erklärt, den endgültigen Text des Schuman-Plan-Vertrages zu unterzeichnen. Adenauer will durch dieses Komplott mit den amerikanischen Imperialisten die westdeutschen Monopole wiederaufrichten und stärken und ihnen den Löwenanteil an dem Rüstungsgeschäft in Europa sichern, wobei die Interessen der breiten Masse des deutschen Volkes mit Füßen getreten werden. Die Beteiligung am Schuman-Plan ist die bisher schlimmste und folgenschwerste Maßnahme der Adenauer-Regierung zur Spaltung Deutschlands, zur Remilitarisierung Westdeutschlands und seiner Verwandlung in einen neuen Kriegsschauplatz".27 Wenn darum von westdeutscher Seite die Beseitigung des „alten Gegensatzes zwischen Frankreich und Deutschland'' begrüßt wurde, womit, .endlich eine konkrete Basis für das Zusammenfinden ganz Europas"28 geschaffen sei, dann nur unter 27

Dokumentation der Zeit, Berlin, H. 16, April 1951. „ D a s Deutschland von ehedem — und nicht nur das Nazideutschland — verrät sich unter dem Mantel von Demokratie und Gesetzmäßigkeit, den man ihm umgehängt hat. Der Revanchegeist jedoch ist anstatt gegen den Westen diesesmal gegen den Osten gerichtet . . . Was jedoch Deutschland besonders fehlt, um sich zu behaupten, ist das Heer . . . Es ist der Begriff eines bewaffneten Europas, das mit Unterstützung der rheinischen Industriellen an der Ruhr seinen Mittelpunkt hat, bereit zu einem schon jetzt unvermeidlichen K r e u z z u g und entschlossen, seine Grenzen mindestens bis an die Sümpfe des Pripet und an den Njestr vorzuverlegen. Hierdurch würde man gleichzeitig zugeben, daß Hitler recht hatte und daß der einzig heilige Krieg derjenige ist, welcher zu einer Vernichtung der Bolschewiki führen wird. Dies ist eine zu diskutierende A u f fassung, jedoch hat sie das Verdienst, klar und offen zu sein, zumindest wird man wissen, wohin man geht. Sie setzt die sofortige Außergesetzerklärung der westlichen kommunistischen Parteien voraus, die Bildung einer energischen Regierung . . ., um schließlich diejenigen am Unheilstiften zu verhindern, die unter dem Vorwand von Humanismus und Freiheit das R e c h t für sich in A n spruch nehmen, der offiziellen Linie nicht zu folgen und zu schreien, es brennt . . . Viele sind übrigens der Ansicht, daß die W a h l in dieser Richtung bereits getroffen wurde". Penchenier, Georges, Auf dem W e g e nach Walhall, in: L e Monde, Paris, v. 11. 10. 1951.

28

„ E s handelt sich bei dem Schuman-Plan um eine Angelegenheit von überragender Bedeutung, in der sowohl wichtige politische als auch wirtschaftliche Momente enthalten sind. Ich glaube mich m i t ihnen einig schätzen zu dürfen, daß es nur zu begrüßen ist, wenn Wege gefunden werden, den alten Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland zu beseitigen und d a m i t endlich eine konkrete Basis für das Zusammenfinden ganz Europas zu schaffen. Dabei m u ß aber vorausgesetzt werden, daß die beiden Montan-Wirtschaften durchaus gleichberechtigt nebeneinander stehen. Der Wille der westdeutschen Eisenwirtschaft zu einer engstmöglichen Zusammenarbeit mit Frankreich ist sehr stark ausgeprägt". (Direktor Bruno Fugmann, Vorsitzender der Wirtschafts-

26

II. Die Montanunion

dem Gesichtspunkt, daß ihr die Zusammenarbeit mit Frankreich eine gleichberechtigte Position gegenüber den anderen imperialistischen Mächten geben und ihnen die Aufhebung der Produktionsverbote bringen sollte.29 In den Verhandlungen um den Montanvertrag bestand darum die westdeutsche Delegation darauf, daß die Begrenzung der Stahlerzeugung der Bundesrepublik aufgehoben würde. Ebenso verlangte die Bundesrepublik, daß von der Ruhrbehörde keinerlei bindende Anweisungen über den Zwangsexport von Kohle zuungunsten der deutschen Wirtschaft mehr erteilt werden dürften.30 Sie forderte auch, daß die westlichen Alliierten die Kontroll-, Dekartellisierungs- und Demontageabsichten aufgeben und die Reorganisation der Ruhrmonopole gestatten sollten.31 Außerdem dürften die Stahlwerke nicht die Verfügung über die Ruhrkohle verlieren und die Deutsche Kohlenverkaufsgesellschaft (DKV) müßte erhalten bleiben. Die französischen Imperialisten ihrerseits beharrten auf der Kontrolle der Schwerindustrie der Ruhr, um die von ihnen gefürchtete wiedererstehende Überlegenheit der Ruhrindustrie zu verhindern. Sie verlangten für die Versorgung ihrer Stahlindustrie den ungehinderten Zugang zum Ruhrkoks und die Auflösung der D K V . Sie knüpften an den Montanvertrag die Bedingung, daß Westdeutschland die Zustimmung zur Moselkanalisierung geben sollte. Hierdurch erhofften sie, eine wesentliche Verbilligung der Transportkosten der dringend benötigten Ruhrkohle zu erzielen, um ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber der Ruhrstahlindustrie zu sichern. In den hartnäckig und erbittert geführten Verhandlungen konnten die Vertreter Westdeutschlands, begünstigt durch das Eingreifen des amerikanischen Hohen Kommissars Mc Cloy 32 , wesentliche Ziele erreichen. Es wurde zwar den deutschen Vereinigung Eisen- und Stahlindustrie vor ihrer Mitgliederversammlung

am

11. Mai 1950, in: Stahl und Eisen v. 25. 5. 1950, S. 481.) 29

„Bundeswirtschaftsminister

Prof. L u d w i g

Erhard

äußerte

am

Mittwoch

in

Wiesbaden zum Schuman-Plan für eine Union der deutschen und französischen Kohlen- und Stahlindustrie, daß beide Partner gleiche Startbedingungen und starke Entfaltungsmöglichkeiten haben müßten.

Diese würden

Deutschland

dann aus den Beschränkungen der letzten fünf Jahre herausführen". (Industriekurier v. 18. 5. 1950.) 30

The Financial

32

The New York Times v. 24. 3. 1951.

Times-v. 22.6.1951.

31

The New York Herald Tribüne v. 8 . 1 . 1 9 5 1 .

Den Gang dieser Verhandlungen einschätzend, schrieb The New Statesman and Nation:

,,. . . in erster Linie war es ein Zweikampf

(zwischen den deutschen

und französischen Imperialisten R . H.) besonderer A r t : Die Amerikaner waren da, um als Schiedsrichter zwischen ihnen zu fungieren und um zu sichern, daß die Verhandlungen nicht scheiterten oder einen toten P u n k t erreichen. Ohne das Vorantreiben durch die Amerikaner hätte der Schuman-Plan das Vertragsstadium nicht erreicht und die Amerikaner sind es, hauptsächlich wegen ihrer praktischen Kontrolle der Investitionen, die das Schicksal und die Z u k u n f t des Schuman-Vertrages bestimmen werden, sobald er erst in vollem Maße rechtskräftig geworden ist". (The New Statesman and Nation v. 31. 3. 1951.)

l . Die Montanunion als wirtschaftspolitische Basis

27

Stahlwerken nur bis zu 75 Prozent ihres eingeschätzten Bedarfs an Kohlengruben zu besitzen gestattet, die Auflösung der Ruhrkohlengesellschaft (DKV) nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben und durch den Montanvertrag den französischen Monopolen Einspruchs- und Kontrollrechte gegenüber der Ruhrindustrie zugestanden. Trotzdem hatte die deutsche Montanindustrie wichtige Vorteile erlangt. Die Produktionseinschränkungen waren aufgehoben und mit Hilfe des Montanunionsvertrages konnten die deutschen Montanindustriellen daran gehen, ihre ökonomische Macht zu reorganisieren. Sie waren als Gleichberechtigte anerkannt. „Die deutsche Stahlerzeugung ist frei. Mit dem Inkrafttreten des Schuman-Plan-Vertrages am 25. Juli 1952 sind alle Fesseln gefallen, welche die Erzeugung und die Leistungsfähigkeit der eisenschaffenden Industrie gebunden haben." 33 Am 18. April 1951 wurde in Paris der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl von den Außenministern Belgiens, Frankreichs, Italiens, Luxemburgs, der Niederlande und Deutschlands unterzeichnet. Noch am gleichen Tage richtete der französische Außenminister an Bundeskanzler Adenauer und an den Bundesminister des Auswärtigen ein Schreiben über die Aufhebung des Ruhrstatutes und anderer besatzungsrechtlicher Beschränkungen. E r drückte darin die Auffassung der französischen Regierung aus, daß die Westdeutschland auf dem Gebiete der Kohle und des Stahls auferlegten besonderen Verpflichtungen nicht mehr mit den gemeinsamen Nonnen vereinbar seien, denen alle Unterzeichnerstaaten des Vertrages in gleicher Weise unterworfen seien. Damit wurde die Forderung berücksichtigt, die von westdeutscher Seite als Voraussetzung für den Beitritt zur Montanunion aufgestellt worden war. Die Aufhebung des Ruhrstatutes und damit die Auflösung der Ruhrbehörde sowie die Beseitigung der Beschränkungen der Stahlerzeugung und der Leistungsfähigkeit der eisenschaffenden Industrie wurden Gegenstand eines Abkommens zwischen den Regierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens, Frankreichs und der Beneluxstaaten und eines Abkommens zwischen den drei Hohen Kommissaren, die beide am 19. Oktober 1951 in Paris geschlossen wurden. Die Bestimmungen des alliierten Gesetzes Nr. 27 über die Entflechtung der deutschen Grundindustrie wurden jedoch nicht davon berührt.34 Diese Abkommen wurden gültig, nachdem der Vertrag über die Gründung der Montanunion, gemäß Artikel 99 des Vertrages, 33 34

Stahl und Eisen v. 14. 8. 1952, S. 1047. Die deutschen Imperialisten stellten sich später auf den Standpunkt, daß der Hohen Behörde der Montanunion die Verantwortung über die Monopolisierung der Ruhrindustrie zufalle. Das war besonders günstig für sie, da sie damit einen unmittelbaren Einfluß auf die Rückgängigmachung des Gesetzes 27 gewinnen konnten. Die französischen Imperialisten machten sich diesen Standpunkt ebenfalls zu eigen. Sie versprachen sich davon eine stärkere Einflußnahme auf das Geschehen der Ruhr. Die amerikanischen und englischen Imperialisten widersprachen dieser de-facto-Regelung nicht. Sie kam ihren Plänen der Wiederaufrüstung Westdeutschlands gegen das sozialistische Lager entgegen (siehe auch Der Bund v. 26. 7. 1954).

28

II. Die Montanunion

am 25. Juli 1952 in Kraft trat. Die Tätigkeiten der Alliierten Hohen Kommission und ihrer Behörden auf diesem Gebiet (einschließlich der Kohle- und Stahlkontrollgruppen) wurden aufgehoben oder der Hohen Behörde der Montanunion übertragen. 35

2. Zum staatsmonopolkapitalistischen Charakter der Montanunion Im Vergleich zu früheren internationalen Monopolen, besonders auch im Vergleich zu dem häufiger in Verbindung mit dem Montanvertrag genannten internationalen Stahlkartell der zwanziger Jahre, hatte die Montanunion und ihre Institutionen neue Formen angenommen, die sich aus den besonderen historischen und politischen Umständen ihrer Entstehung und Existenz erklären. Das wesentliche Merkmal war, daß die Montanunion auf Grund eines internationalen staatlichen Abkommens zustande kam und alle wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen der Montanmonopole in einem internationalen zwischenstaatlichen Gremium ausgetragen wurden, indem die Vertreter der Monopole und die sie repräsentierenden Regierungen miteinander verhandelten. 36 Die Montanunion ist eine internationale Monopolorganisation, die staatsmonopolistischen Charakter hat. Die Hohe Behörde als oberstes Gremium der Montanunion trifft Entscheidungen über Produktion und Absatz der Montanmonopole der sechs Montanvertragsstaaten. Nach Artikel 9 des Montanunionvertrages dürfen die Mitglieder der Hohen Behörde 37 „bei der Erfüllung ihrer Pflichten weder Anweisungen von einer Regierung oder einer anderen Stelle einholen noch solche Anweisungen entgegennehmen". Damit soll gesichert werden, daß die Montanmonopole internationale Abmachungen treffen können, ohne eventuelle Einsprüche aus ihren Ländern, zum Beispiel der nationalen Parlamente oder der Gewerkschaften berücksichtigen oder hinnehmen zu müssen. Andererseits verzichteten die jeweiligen Monopolgruppen jedoch nicht darauf, die Staatsmacht der ihre Interessen vertretenden Regierungen zur Durchsetzung ihrer besonderen Ziele in der Montanunion auszunutzen. U m die notwendige Garantie zu erhalten, daß die Hohe Behörde nicht Entscheidungen fällt, die den Interessen der westdeutschen oder französischen Montanindustrie 35

Stahl und Eisen v. 14. 8. 1952, S. 1047—1048.

36

,,In Kreisen des Ruhrbergbaus glaubt man, daß man bei der künftigen Zusammenarbeit

die

Form

zwischenstaatlicher

Vereinbarungen

wählen

sollte,

die

als

zweckmäßiger und elastischer angesehen wird als die früher üblichen Formen einer straffen Kartellierung schwerindustrieller Erzeugnisse". I n :

Handelsblatt

v. 18. 5. 1950. 37

E s g i b t insgesamt 9 Mitglieder der Hohen Behörde. Deutschland und Frankreich haben je zwei Mitglieder, Italien, Belgien, Luxemburg und die Niederlande je einen Vertreter. D a s neunte Mitglied wird von den 8 nominierten Mitgliedern der Länder hinzugewählt.

2. Zum staatsmonopolkapitalistischen Charakter

29

widersprechen, wurde der Hohen Behörde ein Ministerrat zugeordnet, der v o n je einem Regierungsvertreter der einzelnen an der Montanunion beteiligten S t a a t e n besetzt ist. Die H o h e Behörde ist verpflichtet, d e m Ministerrat laufend über ihre T ä t i g k e i t zu berichten. A u ß e r d e m kann der Ministerrat schon auf den A n t r a g eines seiner Mitglieder „die hohe Behörde auffordern, Vorschläge u n d M a ß n a h m e n aller A r t zu p r ü f e n " (Artikel 26). I n wichtigen Fällen, so bei E n t s c h e i d u n g e n über Produktions- u n d A b s a t z q u o t e n , bei der B e s t i m m u n g v o n H ö c h s t - u n d Mindestpreisen h a t der Ministerrat das R e c h t , Entscheidungen der H o h e n Behörde außer K r a f t zu setzen und die Hohe Behörde aufzufordern, andere Entschlüsse

zu

fassen (Artikel 58, 59, 61). D a b e i ist die E n t s c h e i d u n g des Ministerrats selbst v o n einem besonderen Abstimmungsverfahren abhängig. N u r bei Z u s t i m m u n g

ent-

weder der französischen oder der westdeutschen Montanmonopole k a n n ein für die Hohe Behörde gültiger Beschluß des Ministerrats g e f a ß t werden (Artikel 28).38 E s wurde zwar v o n den Gründern der Montanunion v e r k ü n d e t , d a ß die M o n t a n union besonders durch die Institution der Hohen Behörde b e f ä h i g t sei, die Interessen der v o n ihr vertretenen u n d gelenkten Montanindustrien der sechs S t a a t e n

38

Das Abstimmungsverfahren im Ministerrat der Hohen Behörde wies auf den Kampf zwischen den deutschen und französischen Imperialisten hin, um den es letzten Endes in der Montanunion ging. „ F ü r den Ministerrat besteht nach Artikel 28 ein kompliziertes Abstimmungsverfahren. Zwar wird ganz demokratisch nach dem Mehrheitsprinzip abgestimmt, wenn nicht gerade Einstimmigkeit gefordert wird. Doch ist diese .Mehrheit' nur dann gegeben, wenn sie die .Stimme eines Mitgliedsstaates der 20. v. H. des Gesamtwertes der Kohleund Stahlproduktion in der Gemeinschaft u m f a ß t ' enthält. Dies sind bei einem Gesamtwert der Kohle- und Stahlproduktion in der Montanunion von rund 18 Milliarden Mark, nur Frankreich mit 4,6 Milliarden und Westdeutschland mit 7,5 Milliarden Mark. Entweder Frankreich oder Westdeutschland müssen daher auf der zustimmenden Seite stehen. Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg können also niemals gegen Frankreich und Westdeutschland stimmen, obwohl in diesem Fall mit dem Verhältnis von vier zu zwei Stimmen die absolute Mehrheit der anderen Vertreter der Mitgliedsstaaten gegeben wäre". (Peck, / . , W a s wird aus Europa, Teil I, Berlin 1955, S. 55.) „Dies bedeutet demnach, daß Frankreich und Deutschland zusammen nicht überstimmt werden können . . . Dagegen kann Deutschland für den Fall, daß kein einstimmiger Beschluß erforderlich ist, Frankreich überstimmen, wenn sich ihm mindestens drei andere Mitgliedsstaaten anschließen. Das gleiche gilt für den umgekehrten F a l l " . (Blankenagel, Dr. jur. Karl, Der Schuman-Plan, in: Stahl und Eisen, v. 10. 5. 1951, S. 490.) E s gibt noch einen „Beratenden Ausschuß", dem je 17 Vertreter der „ E r z e u g e r " , des „ H a n d e l s " und der „Verbraucher" angehören. E r h a t nur beratende Funktion und kann die Hohe Behörde über die Interessen und Absichten der jeweiligen Industrieverbände informieren. Außerdem existieren noch eine „Gemeinsame Versammlung", und ein „Gerichtshof". A u c h die beiden letzten Institutionen sind von untergeordneter Bedeutung. Deren Funktionen ausführlich zu beschreiben, ist für diese Arbeit unnötig.

II. Die Montanunion

30

auszugleichen und zu harmonisieren.39 Doch zeigte schon die Einrichtung des Ministerrats, daß die organisatorische Gestaltung und die formalen Befugnisse der Hohen Behörde nicht den Konkurrenzkampf der einzelnen imperialistischen Gruppen beseitigen, sondern nur den Rahmen für die sich bekämpfenden Monopole abgeben würde.40 Überdies erhielt die Hohe Behörde keine bedeutenden ökonomischen und politischen Machtmittel, ihren Anordnungen gegebenenfalls gegen den Willen einer mächtigen Monopolgruppe Wirksamkeit zu verleihen.41 Sie mußte darum zu einer wirkungslosen Institution herabsinken, wenn die in ihr vertretenen monopolistischen Gruppen in unüberwindbaren Interessengegensätzen gegenüberstanden. Hier entschied nicht die Hohe Behörde als geschlossene Institution, sondern das reale ökonomische und politische Kräfteverhältnis der sich bekämpfenden Montangruppen. Um jedoch trotzdem die Montanunion als eine Institution darstellen zu können, die zur Einigung und Harmonisierung der Interessen aller in ihr vereinigten Montanindustrien beitragen würde, wurde behauptet, daß die Montanunion gerade die Aufgabe habe, antimonopolistische Maßnahmen durchzuführen. Sie selbst sei eine antimonopolistische Einrichtung. Der deutsche Vizepräsident Etzel erklärte feierlich: „Der Schuman-Plan-Vertrag ist das erste Antikartellgesetz und die Hohe Behörde ist entschlossen, es nicht nur für neue beabsichtigte Gründungen, sondern auch bereits für bestehende Organisationsformen anzuwenden . . . Ich denke, daß auch bei der Kritik an der Hohen Behörde der Grundsatz gelten soll:,An ihren Taten sollt ihr sie erkennen'. " 4 2 Und das Blatt, die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung", meinte die mit Gründung der Montanunion trotzdem auftretenden Kartelldiskussionen mit der 39

In einer den Vertrag einleitenden Deklaration wurde betont, daß es die Entschlossenheit der Vertragspartner sei ,,. . . die wirkliche Grundlage für ein organisiertes Europa zu schaffen . . . Alle diese Bemühungen werden von der wachsenden Uberzeugung geleitet, daß die Länder des freien Europa untereinander solidarisch sind und daß sie ein gemeinsames Schicksal haben". (Entnommen aus: Dr. Joachim Peck, Was wird aus Europa, Teil I, Berlin 1955,

40

„Was Europa gewinnt, ist problematischer. Man muß berücksichtigen, daß der Schuman-Vertrag ein rein kapitalistisches Instrument . . . zur Schlichtung von Streitigkeiten . . . bleibt und den Gesetzen der privaten Eigentumskonzentrierung in der Industrie unterworfen ist. Unter amerikanischem Schutz ist der Vertrag im wesentlichen ein Abkommen zwischen den hochkonzentrierten Industrien Westdeutschlands und Frankreichs, deren privater Besitz für die Zukunft als selbstverständlich angesehen wird". {The New Statesman and Nation v. 31. 3. 1951) Über die beschränkten Rechte der Hohen Behörde der Montanunion hieß es unter anderem: „Zur Durchsetzung ihrer Anordnungen kann die Hohe Behörde je nach Lage des Falls Geldbußen und Zwangsgelder festsetzen oder gewisse Zahlungen aussetzen". (Jahrbuch-Handbuch der Gemeinsamen Versammlung,, Luxemburg 1956, S. 62.) Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung v. 13. 3. 1953.

S. 53-)

41

42

2. Zum staatsmonopolkapitalistischen

Charakter

31

Bemerkung abtun zu können: „Zweifellos spielen bei der Behandlung der Kartellprobleme viele überalterte Vorstellungen und Imponderabilien eine Rolle. Der Kampf gegen die mögliche Unterdrückung und Übervorteilung durch mächtigere Wirtschaftsgebilde ist ein volkstümliches Requisit. Es fragt sich aber, ob es sich nicht damit ähnlich verhält, wie mit der Lehre vom Klassenkampf, die durch die sozialen Umschichtungen und den fortschreitenden Ausgleich der Einkommensverhältnisse in Europa an Aktualität und Bedeutung verloren hat". 43 Als Begründung hierfür sollte schon allein der „gemeinsame Markt" für Kohle und Stahl, auf dem der gegenseitige Warenaustausch keinerlei Kontingentierung unterliegt, dienen. Tatsächlich bestand aber ein erbitterter Kampf um den jeweiligen Marktanteil und eine besondere Form der monopolistischen Aufteilung des gemeinsamen Marktes, die sich über die durch die Hohe Behörde zu genehmigenden Preislisten der Montanerzeugnisse vollzog. Zur „Verhinderung" von monopolistischen Marktabsprachen oder Kartellen sollte die freie Preisbildung für die Montanunion durchgesetzt werden. Darum wurden alle Unternehmen aufgefordert, sogenannte eigene Preislisten bei der Hohen Behörde einzureichen, die von ihr genehmigt und veröffentlicht wurden. Doch das Gegenteil trat ein. „Als das wichtigste Hindernis für die effektive Verwirklichung des gemeinsamen Marktes hat wohl die von den Produzenten befolgte Preispolitik zu gelten. Die Hohe Behörde hat bei der Errichtung des gemeinsamen Marktes für Stahl den Grundsatz der Preisfreiheit in der Hoffnung verkündet, dadurch das Entstehen eines echten Wettbewerbes zu fördern. Diese Hoffnung ist bisher nicht in Erfüllung gegangen. Die Preise wurden nämlich nicht von den Unternehmen im einzelnen, sondern im gemeinsamen Einvernehmen zwischen ihnen und unter Mitwirkung nationaler Organisationen festgesetzt. Seitdem gab es keine Veränderung von Preislisten, abgesehen von denen, die in einem Lande für alle Unternehmen nach Eingreifen der Regierung und in einem anderen Land für eines der Walzwerkerzeugnisse im Einvernehmen mit allen Unternehmen beschlossen wurden . . . Kurz, die Preise werden so gehandhabt, als ob es sich weiterhin um Kartellpreise handeln würde und ein echter Wettbewerb konnte sich bisher nicht entwickeln". 44 Die Preislisten hinderten also kein Monopol daran, vorher vereinbarte Preise als Listenpreise anzumelden und zu veröffentlichen. Begünstigt wurde diese Praxis durch die Verordnung des Montanvertrages, daß jedes Unternehmen berechtigt ist, in die von den Konkurrenten veröffentlichten Preislisten einzutreten und aufgefordert wurde, gegenseitige Preisdiskriminierungen zu vermeiden. Einheitliche monopolistische Preisfestsetzungen mußten die zwangsläufige Folge der Preislisten sein. Die Veröffentlichung der Preislisten erlaubte es den Monopolen sogar, auf unmittelbare direkte Verhandlungen untereinander zu verzichten. Die Preislisten selbst konnten als Anhaltspunkt für die einheitliche Preisfestsetzung dienen. Man sprach von einer Preisführerschaft, die die ehemaligen „Frühstückskartelle" 43 44

Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung Neue Zürcher Zeitung v. 7. 10. 1953.

v. 12. 8. 1953.

32

II. Die Montanunion

ersetze. Unter der Überschrift „Kartelle ohne Frühstück" schrieb die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung": „Die Vorschriften über die Veröffentlichung der Preislisten haben kartellähnliche Wirkung gehabt . . . Auch in Luxemburg kennt man . . . die amerikanische Erfahrung, daß die Grenzen zwischen Preisführerschaft und Frühstückskartelle fließend sind, und daß man, seitdem die Frühstückskartelle in die Schußlinie der öffentlichen und behördlichen Kritik gerieten, gelegentlich auf die Frühstücke, nicht jedoch auf die Kartelle verzichtete". 45 Außerdem hielten sich die Monopole auch nicht an die von ihnen der Hohen Behörde zugesandten Preislisten, wenn ökonomische Umstände sie zu plötzlichen Preisänderungen zwangen. Wobei selbst Preisänderungen, zum Beispiel Preissenkungen, auch in gegenseitiger Absprache getroffen wurden, ohne die Hohe Behörde zu Rate zu ziehen. Gerade Vizepräsident Etzel blieb es vorbehalten, die Machtlosigkeit der Hohen Behörde gegenüber diesen monopolistischen Abmachungen zuzugeben. Auf dem gemeinsamen Markt zeige sich, nachdem für Stahl der Markt schwächer geworden sei, der groteske Zustand, daß sich unter den Listenpreisen ein echter Wettbewerb entwickele, den die Hohe Behörde zwar begrüße, der aber illegal sei. Da man bei diesen Manipulationen aber nicht an die Veröffentlichung der zwingend bei Preisänderungen vorgeschriebenen neuen Preislisten denke, sei diese nicht statthaft. Außerdem beständen dabei gewisse Kartellbindungen/16 Und auch die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung" vom 6. November 1954, die noch ein Jahr zuvor das Vorhandensein von Kartellen als „überalterte Vorstellung" bezeichnete, schrieb schließlich: „Die Wirtschaft klagt über ein zu starres Preissystem, das die freie Konkurrenz auf dem gemeinsamen Markt nicht zur Wirkung kommen läßt. Die Bindung an allgemein verbindliche Listenpreise setzt die Regeln des privaten Wettbewerbs praktisch außer Kraft. Hier liegt zweifellos ein Fehler, der aber nicht auf ein Versäumnis der Verantwortlichen in Luxemburg beruht. Das streng nach dem Vertrag geschaffene System schreit geradezu nach Absprachen der Produzenten. Formale Vorschriften, die jetzt erlassen sind, ändern daran nichts . . . " Die Hohe Behörde, die sich nach außen kartellfeindlich gab, legte in Fällen, in denen die Gegensätze besonders massiv aufeinanderprallten, die von allen einzuhaltenden Kartellpreise sogar selbst fest. Und innerhalb der Hohen Behörde kämpften die staatlichen Vertreter der verschiedenen nationalen Monopolgruppen um die Höhe des festzusetzenden Preises. Ein sehr gutes Beispiel bietet der Kampf der französischen und deutschen Imperialisten um die Preisfestsetzung für Ruhrkohle. Während die französischen Imperialisten für die „Preisfreiheit" der Kohle eintraten, das heißt, der gegenseitigen Unterbietung der Preise der einzelnen Kohlegesellschaften alle Tore öffnen wollten, bestanden die deutschen Imperialisten auf der Beibehaltung von sogenannten unabänderlichen Höchstpreisen für 45 46

Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 6. 1 1 . 1954. Vizepräsident Etzel auf einer deutsch-niederländischen Juristentagung, Welt v. 2. 1 1 . 1953.

Die

2. Zum staatsmonopolkapitalistischen Charakter

33

Kohle. Es ging ihnen darum, mit der Beibehaltung von Höchstpreisen, also hoher monopolistischer Preise der Ruhrkohlenzechen, das Ruhrkohlenmonopol selbst zu erhalten. „Bundesregierung, deutscher Bergbau und deutsche Gewerkschaften vertreten hier eine einheitliche Auffassung und setzen sich für die Beibehaltung des Systems der Kohlenhöchstpreise ein, weil man auf deutscher Seite befürchtet, daß eine Freigabe der Kohlenpreise den Fortbestand der Verkaufsorganisation zwangsläufig in Frage stellen würde. Man kann vielleicht darüber streiten, ob es taktisch richtig war, diese Zusammenhänge zwischen Kohlepreisfragen und Frage nach dem Schicksal der Kohlenverkaufsgesellschaft in den Luxemburger Beratungen so deutlich auszusprechen . . . die hier bestehenden Notwendigkeiten sind auch der Anlaß dafür, daß Bundeswirtschaftsminister Erhard, dem sonst wirklich niemand eine besondere Liebe zu den Kartellen nachsagen kann, im Ministerrat (der Hohen Behörde, R. H.) so energisch für die Aufrechterhaltung der Höchstpreise für Kohle eintritt". 47 Die Hohe Behörde legte fest, daß die Kohlenpreise um 2 Mark je t gesenkt werden sollten. Wobei für das Ruhrrevier und die beiden nordfranzösischen Kohlenreviere „Nord" und „Pas-de-Calais", die um diese Differenz gesenkten Preise wiederum als Höchstpreise bestimmt wurden. Die Entscheidung der Hohen Behörde der Montanunion in der Kohlenpreisfrage war zwar ein Kompromiß. Im Grundsatz, wenn auch nur mit beschränkter Wirkung, hatte der Präsident der Hohen Behörde, Monnet, seinen Willen durchgesetzt, daß ab 1. April der Kohlepreis innerhalb der Montanunion freigegeben werden solle. Die entscheidende Einschränkung dieser Maßnahme bestand jedoch darin, daß sie von zwei Ausnahmen durchbrochen war, der Beibehaltung des bisherigen Höchstpreissystems im Ruhrrevier und den beiden nordfranzösischen Revieren ,Nord' und ,Pas-de-Calais'. „Damit hatte die Hohe Behörde dem massiven Drängen von westdeutscher und auch von französischer Seite nachgegeben, den Höchstpreis . . . für diese entscheidenden Reviere aufrechtzuerhalten". 48 Da es sich bei diesen Gebieten um die wichtigsten Produktionsstätten der Montanunion handelt, war die Festsetzung des Höchstpreises einer internationalen monopolistischen Marktaufteilung in der Montanunion zugunsten der Ruhrkohlenzechen gleichzusetzen. Auch die bürgerliche Presse schrieb zu dieser Entscheidung der Hohen Behörde: „Es war mit Sicherheit anzunehmen, daß die Hohe Behörde nicht gegen die beiden wichtigsten Teilnehmer der Eisen- und Stahlgemeinschaft Stellung beziehen würde und damit allein die Verantwortung für ein Unternehmen mit ungewissem Ausgang auf sich genommen hätte". 49 So bewiesen schließlich die „Taten" der Hohen Behörde selbst, daß man ihre hier und da vertretenen monopolfeindlichen Erklärungen nur als Täuschungen werten kann. Und auch hierzu fand man in der bürgerlichen Presse selbst die Bestätigung. Der „Industrie-Anzeiger", das Organ der metallverarbeitenden Industrie, schrieb Handelsblatt v. 15. 3. 1954. 48 VWD-Wirtschaftsspiegel v. 22. 3. 1954. 49 VWD-Wirtschaftsspiegel v. 22. 3. 1954. 47

3

Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus

34

II. Die Montanunion

aus Ärger über die überhöhten monopolistischen Stahlpreise, die die Profite der Monopole dieser Branche beschnitten, unter der Überschrift „Wohin führt der W e g " : „Ein Wettbewerb auf dem Gebiet von Kohle und Stahl ist eine Utopie geworden, und entgegen allen wohlmeinenden Theorien und allen dahingehenden Wünschen muß die Hohe Behörde ganz zwangsläufig zum supranationalen Kartell werden . . . Was bleibt an lauteren Wettbewerbsmöglichkeiten überhaupt noch übrig. Und gerade die Tatsache, daß für das einzelne Werk als eigene Wettbewerbsmaßnahme sozusagen nichts mehr verbleibt, zeigt, daß die Hohe Behörde, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, den gesunden Wettbewerb zu erzeugen und wachzuhalten, nichts anderes ist als die Kartellgeschäftsstelle, die bestimmt, wann Wettbewerbsmaßnahmen diskriminierend sind". 50

3. Die Reorganisation der Ruhrmonopole Die Montanunion erwies sich noch deutlicher als staatsmonopolkapitalistische Institution dadurch, daß sie von den Ruhrmagnaten zur monopolistischen Reorganisation ihrer Kohle- und Stahlindustrie benutzt wurde, um den verschärften Konkurrenzkampf mit ihren imperialistischen Rivalen erfolgreich bestehen zu können. In und vermittels der Montanunion wurde darum sowohl um den Wiederaufbau der Kohlen- und Stahlmonopole des Ruhrgebietes als auch um den Anteil der Montanmonopole am „gemeinsamen Markt" der Montanunion wie auch an den übrigen europäisch-kapitalistischen Märkten erbittert gerungen. Nachdem der Montanvertrag unterzeichnet und in Kraft getreten war, begann der Kampf der deutschen Montanmonopole um die Wiederherstellung und den Ausbau ihrer ökonomischen Macht. Ihnen lag daran, die Auswirkungen der Beschränkungen ihrer Produktion und die Dekartellisierung ihrer Schwerindustrien so rasch wie möglich zu beseitigen. Sie konzentrierten sich darum auf die Rückgängigmachung der recht bescheiden gehaltenen Entflechtungen und der Ent60

Industrie-Anzeiger, Essen, v. 14. 8. 1954. „ D i e Hohe Behörde erhebt . . . den Anspruch auf die oberste Leitung der ihr unterstellten Wirtschaftszweige . . . Es war unvermeidlich, daß dieser Anspruch in Konflikt mit den herkömmlichen Rechten der bisherigen Industrieführer geriet, zumal diese gewöhnt waren, die europäische Kohle- und Stahlwirtschaft nach ganz anderen, als den im Vertrag niedergelegten, genau entgegengesetzten Grundsätzen zu verwalten, nämlich mit Hilfe nationaler und internationaler Kartelle, die im Schutz hoher Zollmauern, die die einzelnen Märkte umgaben, zu gedeihen vermochten . . . die Industrie und insbesondere die Stahlindustrie hat im Laufe der letzten Monate ganz offensichtlich versucht, diese Politik zu umgehen und lahmzulegen, indem sie an ihren althergebrachten Geschäftsmethoden festhielt und somit den gemeinsamen Markt sowie den Wettbewerb weitgehend unwirksam machte". Neue Zürcher Zeitung v. 22. 12. 1953.

3- Die Reorganisation der Ruhrmonopole

35

flechtungsVorschriften, die ihren Niederschlag im Gesetz 27 gefunden hatten. 51 Hier befanden sich die Ruhrmagnaten im Nachteil gegenüber den französischen Imperialisten. Denn die westdeutschen Imperialisten traten zu einer Zeit der Montanunion bei, da die französischen Imperialisten ihre Stahlindustrie mit staatlicher Unterstützung (Monnet-Plan) modernisierten, die Produktion ausdehnten und auf einen hohen Stand der Monopolisierung brachten, um den zukünftigen Konkurrenzkampf mit den Stahlindustrien der Ruhr bestehen zu können. Es wurde geschrieben, daß sie in Deutschland den Nachteil hätten, daß die Montanindustrie der Ruhr durch das Diktat der Alliierten in Unternehmensgrößen aufgespalten worden sei, denen die Kraft zu einer wirklich rationellen Produktion fehle. Ein besonderer Nachteil sei auch, daß die Montanindustrie viele Jahre nach dem Zusammenbruch daran gehindert worden sei, ihre Anlagen wieder aufzubauen und zu erneuern. Wenn auch einiges geschehen sei, so sei doch das, was gegen ihren Willen viele Jahre hindurch unterlassen werden mußte, noch so umfangreich, daß man noch weit davon entfernt sei, den technischen Vorsprung aufzuholen, den zum Beispiel die französische Stahlindustrie auf Grund einer sehr weitgehenden staatlichen Förderung erreicht habe. So hätten sie eine viel schlechtere Startbasis als die anderen Partner der Montanunion. Vor allem aber brauchten sie die Möglichkeit, die vertikalen und auch die horizontalen Zusammenhänge der Montanindustrie soweit wieder herzustellen, um rationell produzieren zu können.52 Wenn auch die Ruhrindustriellen versucht hatten, der durch die Alliierten angeordneten Entflechtung auszuweichen und soweit wie möglich an monopolistischen Absprachen und Verbindungen festgehalten hatten 53 und darum bei dem Eintritt in den „gemeinsamen" Stahlmarkt nicht unvorbereitet 51

„ D e r Vortragende bemerkte, daß er im Jahre 1952 der Hoffnung Ausdruck gegeben habe, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl möge die vertragschließenden Nationen zu einer friedlichen und freundschaftlichen Zusammenarbeit führen. Voraussetzung war selbstverständlich, daß volle Gleichberechtigung unter den Beteiligten und keine Diskriminierung für einen der Mitgliedsstaaten bestünde. Die deutsche Kohlenindustrie und die deutsche Eisenindustrie stehen aber heute noch unter dem Gesetz 27 und sind daher in ihren Entschlüssen nicht frei, sondern noch weiter behindert. E s ist aber mit einem Vertrag auf freiwilliger Grundlage nicht zu vereinbaren, daß die Regierung eines Mitgliedstaates ihren Bevollmächtigten in der Alliierten Hohen Kommission in Deutschland Anweisungen gibt, welche Maßnahmen sie in der Durchführung des Gesetzes 27 und darüber hinaus zuungunsten ihres Landes zu treffen habe. Hierin kann die schwerste Diskriminierung der deutschen Seite in der neuen Gemeinschaft gesehen werden. E s ist zu hoffen, daß dieser Zustand durch eine die deutsche Seite befriedigende Lösung der noch ausstehenden Fragen bald sein Ende erreicht." (Direktor Walter Schwede auf der Außenhandelstagung der Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie am 24. März 1953. I n : Eisen und Stahl v. 23. 4. 1953, S. 612.)

52

Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 7. 4. 1954. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 12. 8. 1953, „ K a r t e l l e innerhalb der Montanunion''.

53

3*

36

II. Die Montanunion

waren, waren sie doch gegenüber den französischen Imperialisten weniger monopolisiert und in ihrer ökonomischen Macht im Ruhrgebiet beschränkt. Und da sich die Hohe Behörde in einer grundsätzlichen Entscheidung Anfang des Jahres 1954 auf den Standpunkt stellte, daß alle bis zum Inkrafttreten des Vertrages der Montanunion bereits bestehenden monopolistischen Zusammenschlüsse nicht ihrer Zustimmung bedürften, während alle neu zu bildenden Zusammenschlüsse von ihr genehmigt werden müßten 54 , waren auch die deutschen Montanmonopole durch die Bestimmungen der Hohen Behörde der Montanunion formal benachteiligt. Die französische Montanindustrie konnte damit ihren Einfluß in der Hohen Behörde ausnutzen, um die Monopolisierung der Ruhrindustrie zu hindern. Es begann ein hartnäckiger Kampf in der Montanunion zwischen den deutschen und französischen Partnern um die Rekonzentration der Schwerindustrie der Ruhr. Einige Paragraphen des Montanvertrages sprachen von der Verhinderung der Entstehung von marktbeherrschenden Monopolen und der Aufrechterhaltung des uneingeschränkten Wettbewerbs. Darauf stützten sich die französischen Imperialisten, um gegen die deutschen Ruhrmonopole 55 vorzugehen. In dem gleichen Vertrags werk waren aber auch Artikel vorhanden, die monopolistische Zusammenschlüsse — soweit sie der „Verbilligung der Produktion dienten" — gestatteten. 56 Außerdem konnte sich die deutsche Seite auch auf Artikel 66, § 2, des Montan Vertrages berufen 57 , der eine Nichtdiskriminierung vergleichbarer Zusammenschlüsse vorsah. Und mit dem Hinweis auf die bestehenden französischen Monopole konnten darum die deutschen Vertreter in der Hohen Behörde die Zustimmung zu ihren Anträgen auf Genehmigung neuer monopolistischer Zusammenschlüsse erzwingen. Die Hohe Behörde der Montanunion mußte sich darum schon sehr früh auf den Standpunkt stellen, den deutschen Montanindustrien monopolistische Zusammenschlüsse offiziell zu gestatten. Der deutsche Vizepräsident der Hohen Behörde, Franz Etzel, erklärte vor dem Marktausschuß der Hohen Behörde der Montanunion: „Wir beabsichtigen bei Zusammenschlüssen die für die Vereinbarungen über Spezialisierung vorgesehenen Genehmigungen anzuwenden, indem wir die zur Senkung der Gestehungskosten erforderliche Spezialisierung begünstigen, sei es in Form von Vereinbarungen, . . . sei es in Form von Zusammenschlüssen, die 54 VW D-Wirtschaftsspiegel 55

v. 21. 3. 1954.

Zusammenschlußbewegung in der Montanunion, in: Continentaler

Eisenhandel,

H e f t 4, 1957, S. 3 5 - 3 6 . 56

„Dieser Zustand wird nur dadurch etwas abgemildert, weil immerhin

nach

Artikel 66 des Vertrages zumindest eine nachträgliche Genehmigung erforderlich ist." VW D-Wirtschaftsspiegel

v. 21. 3. 1954.

57 „ B e i Würdigung dieses Sachverhaltes hat die Hohe Behörde gemäß dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung des Artikels 4, Absatz b), der Größe der innerhalb der Gemeinschaft bestehenden Unternehmen gleicher A r t in soweit Rechnung zu tragen, als sie dies für gerechtfertigt hält, um die aus einer Ungleichheit der Wettbewerbsbedingungen sich ergebenden Nachteile zu vermeiden und auszugleichen." (Artikel 66, § 2, H a n d b u c h der Montanunion B , 71, S. 3.)

37

3- Die Reorganisation der Ruhrmonopole

durch die technischen Erwägungen gerechtfertigt erscheinen."58 Seit der Zeit hielt man auch unter dem Schlagwort der „Rationalisierung" die „vernünftige Rekonzentration" der Ruhrindustrie für eröffnet. Wiederholt wurde betont, daß „Wiederzusammenschlüsse in der deutschen Kohle- und Stahlindustrie . . . nach Auffassung zuständiger Kreise der Schuman-Plan-Organisation in Luxemburg möglich sind". 59 Zudem wurde versichert, daß „bei der Genehmigung von wirtschaftlich berechtigten Werkzusammenschlüssen auch über die in den entsprechenden Verordnungen vorgesehenen Grenzen hinaus .großzügig' verfahren werden solle".60 Nachdem die deutschen Montanmonopole diese für sie günstigen Entscheidungen in der Hohen Behörde durchgesetzt hatten, drängten sie auf die beschleunigte Rekonzentration der Schwerindustrie der Ruhr. Allseitig wurde auf die Notwendigkeit der Monopolisierung der Industrien für rationelle Erzeugung und erfolgreichen Absatz hingewiesen und der Sinn der Montanunion schließlich dahin ausgelegt, daß ihre Aufgabe eigentlich darin bestehe, die Entflechtungen rückgängig zu machen. Nur unter diesen Umständen sei ein Verbleiben in der Montanunion überhaupt sinnvoll. In den wichtigsten Zeitungen der Bundesrepublik erschienen Artikel, die in unglaublich herausforderndem Ton auf diese Aufgabe der Montanunion hinwiesen. „Schneller als noch bei der Einrichtung des gemeinsamen Marktes erwartet werden konnte, rückt die Stunde der eigentlichen Bewährung für die Montanunion in eigentliche Sichtweite . . . In den kommenden Monaten müssen zwei grundsätzliche Probleme angefaßt werden, die über die Struktur der Montanunion entscheiden . . . Es handelt sich um die Zusammenschlüsse in horizontaler und vertikaler Richtung, also um Kartelle und Werkzusammenschlüsse. In beiden Fällen ist das Ruhrrevier in erster Linie betroffen . . . Für den ersten Problemkreis, der als wichtigster Punkt die Entscheidung über die künftige Gestalt der gemeinsamen Absatzorganisation Ruhrkohle enthält, läuft die Frist bereits Ende September ab . . . Der deutsche Standpunkt ist von der Bundesregierung bis zu den Gewerkschaften 61 völlig einhellig. Er lautet, auf eine kurze Formel gebracht, daß nicht geändert werden darf, wenn nicht etwas Gleichwertiges oder sogar Besseres an seine Stelle gesetzt werden kann . . . Das feierlich 58

Industriekurier

59

Frankfurter Rundschau

60

Der Kurier, v. 14. 7. 1954.

61

v. 21. 11. 1953. v. 8. 12. 1953.

Die rechtsopportunistische Führung des D G B hatte sich schon während der „Entflechtungszeit" bei den Alliierten für die Beibehaltung der Ruhrmonopole ausgesprochen und auch in den Verhandlungen um den Montanvertrag sich auf die Seite der westdeutschen Imperialisten gestellt. U n d zu der Notwendigkeit der Rekonzentration der Ruhrindustrie durch die H o h e Behörde der Montanunion äußerte sich ihr Vertreter in der Hohen Behörde Dr. Potthoff.

„Zur

Kartellfrage sagte Potthoff, der Bergbau und die Stahlindustrie neigten wegen ihrer hohen fixen Kosten, wegen der Unsicherheiten im A b s a t z und wegen des hohen A u f w a n d e s für Neuanlagen Allgemeine Zeitung v. 22. 7. 1953).

zur Kartellfreudigkeit

. . . " (Frankfurter

38

II. Die Montanunion

erklärte wirtschaftspolitische Ziel der Montanunion besteht in der Verbilligung der Produktion zur Hebung des allgemeinen Wohlstandes. Gleiche Behandlung aller Partner und Produktionsverlagerungen zu den günstigsten Standorten sind die Voraussetzungen hierfür. Das alliierte Entflechtungsmesser hat ja nicht nur in die Eigentumsverhältnisse eingegriffen, sondern bewährte wirtschaftliche Zusammenhänge oft sinnlos zerrissen . . . Es ist kein Geheimnis, daß in Luxemburg schon zahlreiche Anträge auf Werkzusammenschlüsse vorhegen, über deren Inhalt aus begreiflichen Gründen noch nicht gesprochen werden kann. Die Hohe Behörde steht vor der Gretchenfrage, was heute und im Hinblick auf das künftige Gedeihen der Montanunion den Ausschlag zu geben hat: der rein wirtschaftliche Standpunkt, abgestimmt mit den Interessen des gemeinsamen Marktes, oder immer noch die Entflechtungspolitik. Will die Montanunion sich nicht selbst aufgeben, so kann die Entscheidung allerdings nicht mehr zweifelhaft sein. Das bedeutet aber, daß die wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Entflechtungsfälle in der westdeutschen Montanindustrie von der Hohen Behörde beseitigt werden müssen". 62 Es wurden Forderungen angemeldet, durch deren Verzicht gerade die französischen Imperialisten zur Zustimmung zum Montanvertrag ermuntert worden waren. Dabei ging es um den Besitz der deutschen Stahlwerke an der Ruhrkohle. Die französischen Imperialisten gedachten, die Ruhrkohle aus der Verfügung der deutschen Industriellen zu nehmen, da die französischen Stahlwerke auf die Einfuhr der Ruhrkohle dringend angewiesen waren.63 Auf deutscher Seite hielt man dies jedoch für eine Fehlkonstruktion, die der Bereinigung bedürfe. An erster Stelle müsse die Wiederherstellung eines ausreichenden Verbandes StahlKohle betrieben werden. Die alliierte Anordnung, wonach keine Stahleinheitsgesellschaft mehr als fünfundsiebzig Prozent ihres Kohlebedarfes aus eigenen Zechen decken dürfe, habe Mannesmann, Hoesch und Kloeckner-Holding um die 62

Der Kurier v. 14. 7. 1954. Die Welt v. 20. 9. 1954 schrieb unter dem Titel „Schmelztiegel an der R u h r " : „ K a u m ist die Entflechtung und Zerschlagung der Konzerne zum Abschluß gekommen, da laufen schon wieder vielfältige neue Bewegungen an, vor allem an der R u h r . . . Jedenfalls scheint sich j etzt ein neuer Abschnitt der Umbildung anzubahnen, nachdem der Prozeß der Zerschlagung sich über fast ein Jahrzehnt hingezogen hatte. Die verschiedenartigen Vorgänge an der Ruhr beziehungsweise in der Schwerindustrie lassen sich in drei verschiedene Gruppen zusammenfassen : das Eindringen des Auslandes, die Wiederverflechtung und die Privatisierung von Staatsbesitz . . . Die Abgabe der Harpener-Mehrheit an die französische Sidöchar-Gruppe war der erste große Schritt . . . Und man kann dieser Rückverflechtung auch in L u x e m b u r g kein Hindernis in den W e g legen, wenn sogar die Franzosen bei der neuen Gruppenbildung an der R u h r führend sind. Also die Entflechtung ist zwar abgeschlossen, aber jetzt setzt eigentlich erst der große Umwandlungsprozeß im Schmelztiegel der Ruhr ein".

63

Die französischen Imperialisten erwarben darum die Aktien einiger Ruhrzechen. (Handelsblatt v. 31. 7. 1953 und Die Welt v. 20. 9. 1954.)

3- Die Reorganisation der Ruhrmonopole

39

Hälfte ihres Zechenbesitzes gebracht. Die Verwaltung dieser drei Zechen habe jedoch nie einen Zweifel daran gelassen, daß sie eine Wiedervereinigung anstrebe. Erste Erfolge in dieser Richtung seien bei Mannesmann schon erkennbar. Noch krasser äußere sich der Schnitt zwischen Eisen und Kohle bei der August-ThyssenHütte und dem Hüttenwerk Oberhausen. Die Thyssen-Hütte, die nur eine eigene Kokerei besitzt, würde ebenso auf die Dauer nicht ohne Kohle bleiben können. Darüber hinaus sei auch auf der reinen Eisenseite ein Entflechtungsmechanismus angewandt worden, der nicht zu rechtfertigen wäre. Dazu rechne noch Ruhrstahl Wittenguß und dazu zähle erst recjit der umstrittenste von allen, nämlich Krupp, wo die schärfste Trennung überhaupt erfolgt sei. Dadurch sei Krupp ein Großunternehmen der Weiterverarbeitung ohne Kohle und Stahl. „Auch an Krupp wird die Hohe Behörde nicht vorbeigehen können, wenn auch die alliierten Verkaufsauflagen eine starke Begrenzung darstellen." 64 Die großen Montanmonopole der Ruhr gingen unter Ausnutzung ihrer Stellung in der Hohen Behörde systematisch zum Zusammenschluß früherer und neu hinzugekommener Werke über. In den meisten Fällen gab die Hohe Behörde ihre Genehmigung und hielt pro forma die Zusammenschlüsse unter ihrer weiteren Kontrolle. Die Hohe Behörde begründete die Genehmigungen damit, daß der Montan vertrag die durch die alliierte Gesetzgebung in Deutschland vorgeschriebene Entflechtung nicht verewigen solle. Die entflochtenen deutschen Unternehmungen seien daher mit dem Augenblick der Aufhebung der Beschlagnahme unter den Montanvertrag gefallen und hätten Anspruch auf Gleichbehandlung mit den anderen Unternehmen des gemeinsamen Marktes gehabt. 65 Die meisten deutschen Zusammenschlüsse, denen der Montanvertrag den Weg geebnet hat, hatten eine Verbindung der Stahlindustrie nach der Seite der Rohstoffe oder verarbeitenden Industrie bewirkt. Außerdem gab es eine Reihe horizontaler Zusammenschlüsse zwischen Kohlegruben und Stahlwerken. Die Gesellschaften Mannesmann, Kloeckner, Hoesch und August Thyssen hatten wiederum ihre eigene Kohleversorgung.66 64

65

66

Der Kurier v. 14. 7. 1954. Siehe auch Süddeutsche Zeitung v. 18. 7. 1954 u n < i Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 31. 7. 1954. Der Bund v. 26. 7. 1954 schrieb unter der Überschrift „ N e u e Konzernbildungen in Deutschland": „Seitens der alliierten Hochkommission wurde hierzu mitgeteilt, daß das alliierte Gesetz ursprünglich den Zweck hatte, allzu große wirtschaftliche Machtkonzentrationen zu verhindern und die deutsche Schwerindustrie zu reorganisieren. I m Jahre 1954 sei es aber zu einer politischen Unmöglichkeit geworden, die deutschen Firmen zur restlosen Beachtung der Dekartellisierungsgesetze zu veranlassen". „Zusammenschlußbewegung in der Montanunion" aus Continentaler Eisenhandel, 4, 1957, S. 35—36. Entnommen aus „Zusammenschlußbewegung in der Montanunion" in: Continentaler Eisenhandel, 4/1957, S. 35—36. Außerdem hieß es in einer Beurteilung des sowjetischen Autors P. Susiin in dem Artikel „ D a s schwarze K a r t e l l " in: Neue Zeit v o m 10. 10. 1957 unter anderem:

40

II. Die Montanunion

Ein interessantes Beispiel bietet der Wiederaufbau sowie die Erweiterung des Krupp-Konzerns. Krupp, der sich verpflichtet hatte, niemals wieder in der Grundstoffindustrie tätig zu sein und durch die Alliierten zum Verkauf seiner Montanunternehmen, Essen-Rossenray und die Hüttenwerke Rheinhausen AG, aufgefordert war, beantragte statt dessen im Herbst 1957 bei der Hohen Behörde der Montanunion den Zusammenschluß der Hütten- und Bergwerk Rheinhausen AG, deren Aktienkapital sich nach wie vor in alleinigem Besitz von Alfred Krupp von Bohlen und Halbach befindet, mit dem Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation. Der Antrag wurde zu Weihnachten 1958 von der Hohen Behörde genehmigt. Danach hat Krupp die Aktienmehrheit dieses Vereins käuflich erworben. „Damit wäre der strukturelle Wiederaufbau des Kruppkonzerns im wesentlichen abgeschlossen".67 Abgesehen von anderen Fabrikationsbereichen der Weiterverarbeitung, die unter Kontrolle des Krupp-Konzerns stehen, hat Krupp durch die Verfügung über die Bergwerke Rossenray AG und dem Steinkohlenbergwerk Hannover-Hannibal AG, die zusammen jährlich rund 3,8 Millionen t Kohle fördern und'die Hüttenwerke Rheinhausen AG, mit einer jährlichen Leistungsfähigkeit von rund 2,4 Millionen t Rohstahl und dem Bochumer Verein, mit jährlich 1,6 Millionen t Rohstahl, also zusammen 4 Millionen t Rohstahl, wieder das Vorbild einer gewaltigen ökonomischen Machtzusammenballung an der Ruhr geschaffen. Und über den von den Alliierten geforderten Verkauf der wichtigen KruppAnlagen wurde geschrieben: „Das zukünftige Schicksal dieser Montangruppe ist noch immer offen, weil sie nach wie vor unter Verkaufsauflage steht. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach glaubt, daß jetzt die Zeit gekommen ist, wo man Klarheit haben müsse, denn Krupp möchte unter den gleichen Startbedingungen in den gemeinsamen europäischen Markt (EWG) eintreten wie andere Großunternehmungen. Am 31. Januar 1959 ist die fünfjährige Frist zum Verkauf der

67

„Anstatt die Monopolstellungen einzuschränken, hat die Hohe Behörde der Montanunion sie noch untermauert, besonders in Westdeutschland. Seitdem die Montanunion besteht, sind in der Kohlen- und Hüttenindustrie der sechs Länder 31 Fusionen von Unternehmen registriert worden, davon 15 in Westdeutschland, 8 in Frankreich, 5 in Luxemburg und 3 in Belgien. Im Jahre 1956 entfielen 69 Prozent der Stahlerzeugung in den Ländern der Montanunion auf 19 Großkonzerne. Dabei kontrollieren in Westdeutschland 10 Konzerne über 86 Prozent der Stahlproduktion, in Frankreich 4 Konzerne etwa 60 Prozent, in Belgien 3 Konzerne 71 Prozent usw. . . . " In der Zeitschrift Stahl und Eisen vom 19. 1 1 . 1953 wird unter dem Titel „Die Zusammenschlußbewegung in der französischen Stahlindustrie" auf die Zusammenschlüsse von U S I N O R , S I D E L O R , S O L L A C und L O R R A I N E - E S C A U T hingewiesen, die etwa 60 Prozent der Stahlproduktion kontrollieren (S. 1623). Über die Zusammenschlußbewegung in der deutschen Stahlindustrie sind ausführliche Darlegungen in den „Berichten des Deutschen Wirtschaftsinstitutes" Berlin, enthalten. Stahl und Eisen v. 22. 1. 1959, und VW D-Wirtschaftsspiegel v. 6. 10. i960.

3- Die Reorganisation der

Ruhrmonopole

41

Montangruppe abgelaufen. Da sich ernstzunehmende Käufer nicht gefunden hatten, wurde eine Verlängerung der Verkaufsfrist beantragt. Über diesen Antrag hat ein gemischter Ausschuß zu entscheiden, dessen Einberufung durch die Alliierten und die Bundesregierung vorgesehen ist. Man hofft, daß dadurch eine Entscheidung möglich wird, die den Forderungen der heutigen Zeit entspricht". 68 Von diesem Ausschuß aber wurde immer wieder eine Verlängerung der Verkaufsfrist um jeweils ein Jahr beantragt, dem die Westmächte zustimmten. Krupp gelang es jedoch, den Verkauf seiner hierfür vorgesehenen Werke weiterhin zu verhindern. Hierbei erhielt er die besondere Unterstützung der Bundesregierung.69 Krupp sowie die Bonner Regierungskreise forderten inzwischen, die Westmächte sollten einen offiziellen Verzicht auf die Verkaufsauflage aussprechen. Dies sei wegen der Teilnahme Westdeutschlands an der EWG und der NATO endlich angebracht. „Ein Verzicht auf die Verkaufsauflage ist Sache der Regierung Frankreichs, Englands und der USA. Sie vergeben sich nichts, wenn sie sich zu diesem Entschluß durchringen, der im Zeichen von EWG und NATO längst fällig ist". 70 Wenn auch kein bemerkenswerter Druck durch die USA, England und Frankreich ausgeübt wurde, um den Verkauf der Montanwerke Krupps durchzusetzen — es wurde sogar einem weiteren Zusammenschluß der Kohle- und Stahlwerke sowohl von der Hohen Behörde der Montanunion wie auch von den Westmächten nicht widersprochen — wurde jedoch eine weitere Verlängerung der Verkaufsfrist um ein Jahr bis zum 31. Januar 1962 verfügt. 71 Bei

dem

Monopol

der

Ruhrkohlen Verkaufsgesellschaft, d a s

die

französischen

Imperialisten besonders störte, kam es jedoch zu langwierigen Kämpfen, in denen sich die Ruhrzechen immer wieder den dekartellisierenden Anordnungen der Hohen Behörde zu entziehen wußten. Nach 1945 wurde das ehemalige Rheinisch-Westfälische Kohlesyndikat unter Kontrolle der westlichen Alliierten in die Deutsche Kohlenverkaufsgesellschaft (DKV) umgebildet. 1953 wurde schließlich daraus die formal aus sechs Gesellschaften bestehende „Gemeinschaftsorganisation Ruhrkohle", kurz GEORG genannt, von den deutschen Imperialisten als Konzession an die französischen Imperialisten gebildet, die jedoch nach wie vor zum Ärger der französischen Imperialisten für das In- und Ausland den Verkauf und die Festsetzung der Ruhrkohlenpreise bestimmte. 72 Nach heftigen Auseinandersetzungen in der Hohen Behörde gelang es den französischen Imperialisten, die „ G E O R G " zu Fall zu bringen.73 Statt dessen wurden auf Anordnung der Hohen Behörde drei neue 68

Stahl und Eisen

69

Süddeutsche Zeitung

70

General-Anzeiger

71 72

v . 2. 4. 1959. v. 22. 1. 1959 und Frankfurter

VW D-Wirtschaftsspiegel Neue

Allgemeine

v. 22. x. 1959.

Bonn, v. 20. 1. 1961. v. 23. 1. 1961.

Volkszeitung v. 16. 5. 1953; Handelsblatt v. 14. 3. 1954; VW D-Wirtschafts-

spiegel v. 22. 3. 1954. 73

„Solange

die Montanunion

existiert,

ist

der

Kohlen verkauf

ein

Zankapfel

zwischen Hoher Behörde und Ruhrindustrie. Beide lehnen die jetzige

Form

42

II. Die Montanunion

Gesellschaften gebildet, die den Namen „Präsident", „Mausegatt" und „Geitling" erhielten.74 Ihnen war aufgetragen, selbständig zu operieren. Trotzdem bestand noch ein gemeinsames Büro, das in besonders dringenden Fällen für alle drei Gesellschaften gemeinsam Verkaufsaufträge arrangieren und auf die drei Gesellschaften verteilen durfte. „Der Zeitpunkt, wenn das Büro der Ruhr zentrale Koordinierungsbefugnisse erhält, bestimmt sich aus der Versorgungslage und wird nicht durch die Hohe Behörde dekretiert". 75 Diese Gesellschaften sollten nur bis Anfang 1959 existieren. Die Frist wurde später bis zum 31. März 1961 verlängert. Die für die drei Gesellschaften beschlossenen Verkaufsvorschriften ließen ihnen jedoch genügend Spielraum, um bei ihren bisherigen einheitlichen Verkaufspraktiken zu bleiben. Auch jetzt regelten sie den gesamten Binnen- und Auslandsabsatz nach einheitlichen monopolistischen Gesichtspunkten.76 Und sobald sie offiziell gegründet waren, setzten sie sogar erhöhte Monopolpreise fest. 77 „.Präsident', ,Mausegatt' und ,Geitling' hätten nach den Vorstellungen der Hohen Behörde heftig miteinander konkurrieren müssen. Aber sie taten nichts dergleichen. An der Ruhr witzelte man, daß sich die drei Gesellschaften nur in der Farbe ihrer Preislisten unterschieden". 78 des Verkaufs ab, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Der Hohen Behörde mißfällt die Verkaufsorganisation, weil sie ihr zu mächtig ist . . . Darum soll sie beseitigt werden und in eine Vielzahl kleiner Verkaufsgesellschaften gespalten werden . . . Dem Ruhrbergbau hingegen mißfällt die gegenwärtige Verkaufsorganisation, weil sie ihm zu schwach ist . . . Auf Drängen der Beneluxstaaten wurde schließlich . G E O R G ' der Montanunion zum Opfer gebracht". Der Spiegel v. 13. 5. 1959. 74 Stahl und Eisen v. 5. 4. 1956, S. 425. 75 VW D-Wirtschaftsspiegel v. 31. 10. 1955. 7 6 „ D r e i Ruhrkartelle bestimmen künftig Kohlepreis" aus: Frankfurter Rundschau v. 24. 11. 1955. 77 Stahl und Eisen v. 3. 5. 1956, S. 577. 78 Der Spiegel vom 13. 5. 1959. — Unter dem Titel „ E n t w i c k l u n g von Zusammenschlüssen und Kartellen in der Montanunion" schrieb die Zeitschrift Wirtschaft und Wettbewerb v o m Monat April 1958 auf Seite 229 unter anderem: „ D i e Kohlenverkaufsorganisation an der R u h r war Gegenstand nachfolgender Anfrage der Abgeordneten . . . v o m 17. Oktober 1957: Stellt die Tatsache, daß sämtliche Kohlenunternehmen der Ruhr die geplante Preiserhöhung gleichzeitig bekanntgeben, nicht einen Beweis dafür dar, daß sich hinter der Fassade der Ruhrkohlenverkaufsgesellschaften ein wirkliches, einheitliches und nicht unter öffentlicher Kontrolle stehendes Kartell verbirgt? . . . Hierauf hat die Hohe Behörde ausgeführt, sie habe eine Untersuchung eingeleitet, um festzustellen, ob die Unabhängigkeit der Verkaufsgesellschaften, die die grundsätzliche Voraussetzung der erteilten Genehmigung darstelle, gesichert sei. E s sei jedoch bemerkt, daß die Tatsache einer gleichzeitigen Bekanntgabe der geplanten Preiserhöhungen an sich noch nicht den Beweis erbringen, daß tatsächlich ein einheitliches Kartell zwischen den Kohleunternehmen der Ruhr bestehe".

3- Die Reorganisation der Ruhrmonopole

43

In der Hohen Behörde mißtraute man der Durchführung ihrer Anordnung. Es wurden Untersuchungskommissionen ausgeschickt, wie von deutscher Seite gemeldet. Der Bericht las sich wie ein Kriminalroman aus Kinderhand . . . Es ,befinden sich in dem Gebäude: . . . die Ruhrkohlen-Verkaufsgesellschaften ,Präsident', ,Mausegatt' und ,Geitling'. Die drei letzten Angaben befinden sich auf einer schön ausgeführten und gut abgestimmten Mauerplatte'. Folgerten die Rechercheure: .Diese kleinen Feststellungen erweckten in uns die Vermutung, daß vielleicht eine Verbindung zwischen den Firmen bestehen könnte'. Ihrem Spürsinn erschlossen sich denn auch untrügliche Beweise für eine solche Verbindung : die drei Ruhrgesellschaften besaßen gemeinsam einen Briefkasten, eine verärgert als „Schnüffelkommandos" bezeichnet wurden 79 , um die Verkaufspraktiken der drei Gesellschaften zu kontrollieren. Über eines der Ergebnisse konnte man lesen: „In Utrecht nämlich, wo sich die drei Gesellschaften im Bürohaus Moreelsepark 7 unter einem Dach niedergelassen hatten, war eine Gruppe von Montandetektiven unter Führung des Funktionärs Lepape erschienen und hatte das Ergebnis ihrer Recherche dann der Hohen Behörde als .Verschlußsache' Fernsprechnummer und eine Fernschreibverbindung, zur Entgegennahme von Einschreibsendungen war nur eine Person berechtigt, und für alle drei Büros war nur ,eine Klingel vorhanden' . . ." 80 Die Montanunion, die den westdeutschen Montanindustriellen die Möglichkeit bot, ihre Monopole zu reorganisieren, schuf ihnen damit auch die Voraussetzung, über die Aufhebung der Produktionsbeschränkungen hinaus, Produktionskapazitäten in Betrieb zu nehmen, die ihnen wiederum die besonders von den französischen Imperialisten so gefürchtete Produktionsüberlegenheit verschaffte. Die französische Montanindustrie arbeitete auch fieberhaft an der technischen Vervollkommnung und Ausdehnung ihrer Produktionskapazitäten sowie der Vergrößerung ihrer Monopole. „An der oberen Mosel im lothringischen Minetterevier liegen Erzgruben und Stahlwerke, die zu den größten und modernsten Frankreichs und der Montanunion gehören. Dicke Aktienpakte haben gerade hier in der letzten Zeit den Besitzer gewechselt. Zwei neue Stahlkonzerne, die ,Sidelor' und die .Lorraine-Escaut' sind gegründet worden. Beide sind wiederum an der ebenfalls jungen ,Sollac' beteiligt, die mit ihren modernen Breitband-Walzenstraßen das Ausstellungsstück der französischen Stahlindustrie ist und selbst alte Ruhrkämpen beeindruckt. Die drei Gesellschaften kämpfen zusammen mit dem de-Wendel-Konzern um einen besseren Platz an der Sonne . . ." 8 1 Im Jahre 1938 produzierten die französischen Imperialisten noch 6,2 Millionen t Rohstahl, 1952 dagegen schon 10,8 Millionen t und 1958 bereits 14,6 Millionen t. Sie hatten sich für 1961 das Ziel gesetzt, 17 Millionen t Stahl zu erzeugen.82 Aber trotz dieser Anstrengungen der französischen Imperialisten hatte die deutsche Die Welt v. 7_/8. 5. 1959. Der Spiegel v. 13. 5. 1959. 81 Süddeutsche Zeitung v. 26. 10. 1953. 82 VWD-Wirtschaftsspiegel v. 13. 3. 1956. 79

80

II. Die Montanunion

44

Montanindustrie binnen kurzer Zeit das eindeutige Übergewicht in der Produktion von Kohle und Stahl erreicht. 1952 Bundesrepublik Saarland Belgien Frankreich Niederlande Italien Montanunion

Bundesrepublik Saarland Belgien Frankreich Italien Luxemburg Niederlande Montanunion

123278 16235 30348 55365 12532 1089 238847

1957

1958

Steinkohlenförderung in 1000 t

133156 132582 16423 16455 29086 17062 56759 57721 11880 11367 1019 721 247842 236389

1952

1957

1958

15806 2823 5170 10867 3535 3002 693 41896

24507 3466 6267 14100 6787 3493 1185 59805

22785 4485 6007 14623 6265 3379 1437 58991*

Rohstahlerzeugung in 1000 t

Im Jahr des Inkrafttretens des gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl und der Aufhebung der Produktionsbeschränkungen 1952 betrug Westdeutschlands Anteil an der Stahlproduktion der Montanunion etwa 37,7 und bei der Steinkohlenförderung etwa 51,6 Prozent. 1957 hatte Westdeutschland bereits seinen Produktionsanteil erhöht. Es erzeugte 41 Prozent des Rohstahls und rund 54 Prozent der Steinkohle der Montanunion. Und Ende 1959 können die deutschen Ruhrindustriellen sogar wieder über das Saargebiet verfügen. Nur wenige Jahre in der Montanunion hatten also genügt, um den deutschen Montanmonopolen die stärksten Positionen in der Montanunion zu sichern. Die Kontrollen der französischen Imperialisten hatten sich als wirkungslos erwiesen. Jeder weitere Versuch, einen Einfluß auf die Geschicke der Ruhr zu nehmen, war für sie illusorisch geworden. „Die französische Stahlindustrie hat nach fünf Jahren eingesehen, daß das Ziel, das sie sich bei den Verhandlungen um den Montanvertrag setzte, nicht erreicht werden konnte. Die Montanunion ist zu keinem Kontrollorgan für die deutsche Stahlwirtschaft geworden". 83 * Quelle: Statistisches Bulletin, Hohe Behörde, Luxemburg, 7. Jahrgang, Nr. 2. 83 VWD-Wirtschaftsspiegel v. 13. 3. 1956.

4. Die Exportexpansion der Montanmonopole 4. Die Exportexpansion

der

45

Montanmonopole

Die gegenüber den anderen Partnern der Montanunion, besonders gegenüber Frankreich gewonnene Überlegenheit in der westdeutschen Produktion von Kohle und Stahl wurde durch die Modernisierung der alten und durch die Errichtung neuer Anlagen erreicht. Besonders stark wurden die Walzwerke ausgebaut. All die hierfür notwendigen Investitionen wurden von der Hohen Behörde genehmigt oder nicht beanstandet.8'1 Hierdurch wurde die Exportexpansion der gesamten westdeutschen Industrie in vieler Hinsicht überhaupt erst ermöglicht. Denn unter den augenblicklichen Bedingungen der Produktionstechnik sind die Werke der eisen- und stahlerzeugenden Industrie die metallurgische Basis aller Industriezweige. Ohne die schnelle Steigerung der Produktion von Kohle und Stahl — und ohne die ihr zugrunde liegende Konzentration der Produktion und des Kapitals und der damit verknüpften Reorganisation der Montanmonopole — ist auch eine schnelle Erhöhung der Produktion und des Exports anderer stahlverarbeitender Industrien nicht möglich. Außerdem gab die Modernisierung und Erweiterung der westdeutschen Montanwerke sowohl den Montanindustrien selbst als auch den weiterverarbeitenden Industrien gute Voraussetzungen im Konkurrenzkampf um die Eroberung der Märkte.85 Die deutschen Stahlindustriellen nutzten ihre größeren und moderneren Kapazitäten nicht nur dazu, um durch Stahlpreissenkungen auf dem deutschen Markt das Eindringen der französischen Stahlmonopole zu verhindern86, sondern unter84

83

8li

„ D i e Expansion der westdeutschen Eisen- und Stahlindustrie in einem Maße, d a ß sie zur Spitzenstellung unter den westeuropäischen Ländern führte, war naturgemäß nur dadurch möglich, daß sich die in dem Industriezweig wirkenden Produktivkräfte entsprechend entwickelten, also die Zahl der Arbeitskräfte ständig erhöht und das vorhandene fixe K a p i t a l systematisch erneuert und erweitert wurden. Die Erneuerung und Erweiterung der fixen K a p i t a l a n l a g e n war besonders deswegen erforderlich, weil der Produktionsapparat nach dem Krieg in seinem technischen Stand beeinträchtigt und teilweise überaltert war, der Konkurrenzkampf mit den anderen kapitalistischen Ländern aber zur schnellen Überwindung dieses technologischen Rückstandes z w a n g " . Berichte des Deutschen Wirtschaftsinstituts, H e f t 3/1957, S. 3, 4. Hier ist auch zu bemerken, daß die Lohnkosten der westdeutschen Montanindustrie dazu beitrugen. Das Arbeitseinkommen der westdeutschen Arbeiter im Steinkohlenbergbau, Eisenerzbergbau und in der Stahlindustrie war in den Jahren 1954 un< 3 1955 etwa 25 Prozent niedriger als das der Arbeiter in den gleichen Industriezweigen in den anderen Ländern der Montanunion, außer Italien. „ D i e Arbeitereinkommen der Industrien der Gemeinschaft im Realvergleich", Hohe Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, 1956. „ N a c h Abfallen des Mangels um die Jahresmitte sind die Lieferungen über die Landesgrenzen stark geschrumpft. Besonders die von den Franzosen erhoffte dauernde Belebung ihres Stahlgeschäftes in Süddeutschland wurde seitens der deutschen Werke illusorisch gemacht, indem sie bei Konkurrenzangeboten in die französischen Preise eintraten". (Industrie-Anzeiger v. 8. 1. 1954.)

46

II. Die Montanunion

boten auch die Preise der französischen und anderen Teilnehmer der Montanunion in dem gemeinsamen Markt der Montanunion. In der „Deutschen Zeitung und Wirtschaftszeitung" vom 7. Oktober 1953 hieß es zum Beispiel: „ . . . einer deutschen Firma gelang es, einen Großauftrag für Grobbleche von einer westfranzösischen Schiffswerft zu erhalten. Infolge günstiger Frachtverhältnisse lagen die deutschen Preise unter den französischen. Grobbleche gelten jedoch in Frankreich als Mangelware, selbst langfristig werden die französischen Stahlwerke nicht in der Lage sein, den voraussichtlichen Bedarf zu decken. Die Kapazitätsausweitung hält man in ziemlich engem Rahmen, da man sehr wohl weiß, daß auf diesem Gebiet die deutsche Konkurrenz leistungsfähiger ist". 87 Zu Beginn des Inkrafttretens der Montanunion lagen zwar die Preise bei westdeutschen Stahlerzeugnissen noch bedeutend höher als die der französischen.88 Aber dann verschob sich das Preisniveau zugunsten der westdeutschen Stahlindustrien. Im ersten Halbjahr 1956 galten die deutschen Stahlpreise als die günstigsten im gesamten Montanunionsraum. Der Preis für SM-Stabstahl aus Frankreich lag bei etwa 494 DM je Tonne (bis dahin 471,78 DM), von der Saar bei etwa 510 DM (bis dahin 486,03 DM), aus Belgien bei etwa 550 DM je Tonne (um die Jahreswende noch 534,24 DM), während der deutsche SM-Stabstahl noch unverändert mit einem Walzgrundpreis von 422 DM (Handelswerkspreis 439,60 DM) notiert wurde. Bei Thomasstahl hatte die französische Stahlindustrie auf etwa 400 DM (bis dahin 383,51 DM) gesteigert, die Saar auf etwa 432 DM (bis dahin 407,42 DM), Belgien stand weiterhin bei etwa 458 DM (um die Jahreswende noch 440,75 DM), während der deutsche Thomasstabstahl 392 DM Werksgrundpreis betrug (Handelswerkspreis 408,30 DM). (Die Importpreise gelten einschließlich der öprozentigen Umsatzausgleichssteuer89.) Diese Entwicklung der westdeutschen Stahlpreise wirkte sich nicht nur auf die Konkurrenzfähigkeit der Montanprodukte, sondern auch vorteilhaft für die 87

88

89

„ N a c h wie vor bemühen sich die deutschen Werke und auch der Handel mit Erfolg, in die ausländischen Konkurrenzpreise einzutreten, um ihre bisherigen Umsätze zu halten . . . " (Industrie-Anzeiger v. 2. 3. 1954.) „ D e r deutsche Eisenpreis liege heute um 43 D M pro Tonne höher als der englische, um 60 D M höher als der amerikanische, um 35 D M höher als der belgische und um 26 DM höher als der französische", wurde von dem Verein der deutschen Maschinenbauanstalten Anfang 1952 festgestellt (entnommen: Die Welt v. 26. 4. 1952). Industrie-Anzeiger, Essen, v. 25. 5. 1956. — „ D i e deutschen Eisenpreise liegen noch unter dem Niveau von 1953, während sie seitdem in den U S A und in Großbritannien bis zu 20 Prozent gestiegen seien, in Belgien bis zu 18 Prozent, in L u x e m b u r g und in Holland bis zu 16 Prozent, in Frankreich bis zu 15 Prozent und in Italien bis zu 6 Prozent. Seit nach dem 1. Juli des vergangenen Jahres die Kostensteigerungen überall auf die Eisenindustrie zukommen, sind die Preise für Walzprodukte in Großbritannien um 10—15 Prozent gestiegen, in Frankreich um 7—20 Prozent, in Belgien um 7—14 Prozent und in den U S A um 5—8 Prozent". — Industrie-Anzeiger v. 1. 6. 1956.

4. Die Exportexpansion der Montanmonopole

47

Konkurrenzfähigkeit der weiterverarbeitenden Metallindustrie aus. In einer vergleichenden Untersuchung der Preise der Montanunionsländer kam der „Industrie-Anzeiger" zu folgenden zusammengefaßten Ergebnissen für das Jahr 1955. Stabstahl in Thomasgüte kostete in den Nachbarländern um 10—18 Prozent mehr als in Deutschland, mit Ausnahme von Luxemburg, wo die Preise um 4 Prozent niedriger waren. Die Preise für Stabstahl in SM-Güte lagen im Saargebiet, Frankreich und Belgien um etwa 20 Prozent über den deutschen Kosten. Grobbleche in Thomasgüte kamen im Saargebiet und Frankreich um 20 Prozent, in Belgien um 13 Prozent und in Luxemburg um 3,4 Prozent teurer zu stehen als in Deutschland, während die Preise für SM-Material durchweg um 22 Prozent höher als in Westdeutschland lagen. „Deutsche Exportbetriebe der Weiterverarbeitung stehen also gegenüber konkurrierenden Betrieben in den übrigen Montanunionsländern auf den eigenen Märkten in bezug auf Materialbeschaffung günstiger da". 90 Ebenso günstig war auch die Preislage des Ruhrkohlenkokses gegenüber der Preisliste der anderen Montanunionsländer, wodurch sich die Konkurrenzüberlegenheit der Montanindustrien des Ruhrgebietes verstärkte. Nach Angaben von Wilhelm Zangen betrug 1956 der Mehrpreis der Kokskohle gegenüber der Ruhr in Nordfrankreich 1 3 , - DM, in Lothringen 1 5 , - DM, in Belgien 10,- DM, in Holland 6,— DM je Tonne. Die Mehrpreise für Großkoks und Hausbrandkohle lagen noch höher.91 Die Montanunion gab den deutschen Imperialisten die ökonomischen Machtmittel, die sie zu einer erfolgreichen Exportoffensive der Montanindustrie aber auch der weiterverarbeitenden Industrie, besonders der Produktionsmittelindustrie, nutzen konnten. Oder um mit den Worten des Vorsitzenden der französischen Hüttenindustrie, Ricard, zu sprechen, die er besorgt nach Inkrafttreten des Montanunionvertrages äußerte, den „Panzerdivisionen der westdeutschen Schwerindustrie" war mit Hilfe des Montanvertrages „der Durchbruch gelungen". Sie hatten eine „Bresche für die Erzeugnisse der Verarbeitungsindustrie, für Industrieausrüstungen und Textilwaren geschlagen". 92 Dies galt um so mehr, da die Montanunion für die an ihr beteiligten Länder einen „Gemeinsamen Markt" für Kohle und Stahl geschaffen hatte. Der Warenverkehr sollte nicht durch Kontingentierungen behindert werden. Die Konkurrenzüberlegenheit der westdeutschen Montanindustrie konnte dadurch besonders stark zur Geltung kommen. 90

Industrie-Anzeiger

91

Stahl und Eisen v. 3. 5. 1956. —

v. 16. 9. 1955, S. 1082.

„ D i e Tatsache, daß die Förderung einer Tonne französischer Kohle um 650 Francs teurer ist als die Förderung einer Tonne Kohle in Westdeutschland, erleichtert den Ruhrmagnaten das Vordringen auf dem französischen M a r k t " . Presse der Sowjetunion, Nr. 55 v. 20. 5. 1953. 92

„Dank

des

Montanunionvertrages

konnte

Westdeutschland

zur

stärksten

Montanmacht und damit zur bedeutendsten Industriemacht und zum größten Investitionsgüterexporteur

des kapitalistischen

Kontinentaleuropa

(Berichte des Deutschen Wirtschaftsinstituts 20/1959, S . 6.)

werden."

48

II. Die Montanunion

Um den deutschen Konkurrenzvorteil zu untergraben, wurde von den französischen Vertretern mehrfach versucht, besondere Privilegien und Monopole der westdeutschen Montanindustrie vermittels der Hohen Behörde zu brechen. Doch gelang es den deutschen Kohle- und Stahlmonopolen, diesem Angriff in der Montanunion auszuweichen und ihre Interessen durchzusetzen. Eine bedeutende Ausnahme bildet der Entscheid der Hohen Behörde im sogenannten Steuerkrieg Anfang 1953. Durch den Montanvertrag war zwar verkündet worden, daß alle Zölle zwischen den Montan-Partnern für Kohle und Stahl fallen sollten. Trotzdem verzichtete Frankreich nicht auf die hohen Importausgleichsabgaben, die faktisch wie Einfuhrzölle wirkten. Außerdem gewährte es seinen Stahlprodukten bedeutende Exportvergünstigungen. Zwar bestanden in Westdeutschland die gleichen Steuerraten, aber sie waren beträchtlich niedriger. Die deutsche Seite fühlte sich diskriminiert und drohte mit einem Steuerkrieg. Im Falle der Lieferung von Stabstahl von Deutschland nach Frankreich ergaben sich etwa folgende Besteuerungen. Den Grundpreis für Stabstahl mit 410,— DM angenommen gab es, wenn Deutschland diesen Stahl ausführt, eine Rückvergütung von 4 Prozent = 16,40 DM, es würden also 393,60 DM verbleiben. Beim Überschreiten der Grenze nach Frankreich wurden 20 Prozent Produktionssteuer berechnet (französischer Einfuhrzoll), was einen Betrag von 79,20 ausmacht. Demnach kostete der deutsche Stabstahl in Frankreich 473,32 DM. Bei Zugrundelegung eines gleichen angenommenen Grundpreises von 410,— DM wurde beim Stabstahl, der von Frankreich nach Deutschland kam, 16 Prozent Produktionssteuer abgezogen (französische Exportvergünstigung), das sind 65,— DM, so daß 345,— DM verblieben. Wenn der Stabstahl die deutsche Grenze überschritt, mußten 6 Prozent Umsatzausgleichsteuer (deutscher Importzoll) hinzugezogen werden, gleich 20,50 DM. Der französische Stahl kostete in Deutschland demnach 365,50 DM. 93 Und nach Berechnungen der Hohen Behörde lag der Preis für eine Tonne Thomasstahl in der Bundesrepublik bei 410,— DM und in Frankreich bei etwa 427,— DM. Durch die Steuerentlastung in Zusammenhang mit der sogenannten Rückvergütung kostete jedoch deutscher Stahl rund 393,—DM, französischer Stahl aber nur 360,- DM je Tonne. Zählte man jedoch die Ausgleichsbelastung bei der Einfuhr hinzu, so kostete deutscher Stahl in Frankreich 472,— DM und französischer Stahl in Deutschland 382,- DM. 94 Aber die deutschen Vertreter vermochten nicht, in der Hohen Behörde durchzusetzen, daß diese Besteuerung als diskriminierend für alle Partner angesehen wurde. 95 „Die Hohe Behörde entschied, es sei ,mit dem Montanvertrag nicht vereinbar, in dem vom Käufer geforderten Preis Steuern oder Abgaben einzubeziehen, bei dem der Verkäufer Anspruch auf Befreiung oder Vergütung hat'. Damit sind grundsätzlich die hohen französischen Steuerbefreiungen beim Export und die ebenfalls hohen Ausgleichabgaben beim Import konzessioniert worden. Französischer Stahl kann also über 83

Stahl und Eisen v . 7. 5. 1 9 5 3 , S. 685.

94

Die Neue Zeitung, F r a n k f u r t a m Main, v . 6. 5. 1953. Die Neue Zeitung, F r a n k f u r t a m Main, v . 6. 5. 1953.

95

4. Die Exportexpansion der Montanmonopole

49

die Steuern in Deutschland erheblich billiger sein als deutscher Stahl sowohl in Deutschland selbst als erst recht in Frankreich". 96 Darauf drohte der deutsche Vizepräsident Etzel mit seinem Rücktritt. Im Bundestag wurde ein Gesetz angenommen, das die Bundesregierung ermächtigte, ihrerseits die Importabgaben für Erzeugnisse aus den Montanunionsländern von 6 Prozent auf 12 Prozent zu erhöhen. Doch gab das Bundeswirtschaftsministerium schließlich eine Verfügung heraus, in der darauf hingewiesen wurde, sich vorerst mit den Tatsachen abzufinden, ohne einen Steuerkrieg zu beginnen. „Da im übrigen verlautet, daß von französischer Seite beabsichtigt ist, die Stahlpreise zu erhöhen und sich somit die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem französischen Preis auf dem deutschen Markt verringern, können zunächst einmal die wirtschaftlichen Auswirkungen der von der Hohen Behörde jetzt getroffenen Entscheidung beobachtet werden". 97 Trotz einiger Niederlagen gelang es, die zur Stützung des Konkurrenzvorteils der Stahlindustrie so wichtigen Ausnahmetarife und die damit untermauerte Monopolstellung der Ruhrkohlenzechen zu erhalten. In einem Memorandum der Handelskammer von Nancy verlangte die lothringische Schwerindustrie ein schärferes Eingreifen der Hohen Behörde gegen die gemeinsam vom Ruhrkohlenbergbau, den deutschen Eisenhütten und der deutschen Bundesbahn angewandten Diskriminierungen, da die deutschen Industriellen durch diese Koalition die industrielle Vormachtstellung Westdeutschlands im gemeinsamen Markt, insbesondere gegenüber Frankreich, behaupten wollten. Die französischen Imperialisten verlangten darum, daß die Hohe Behörde sich bemühen soll, die Mißverhältnisse zwischen den Produktionsgrundlagen der an der Montanunion beteiligten Länder zu beseitigen.98 Es ging ihnen besonders darum, die hohen deutschen Frachttarife, die zu einer Verteuerung der Kohlenbezüge aus dem Ruhrgebiet führten und die Produktionskosten der lothringischen Stahlindustrie erhöhten, zu senken.99 Bisher war es üblich, mit wachsender Entfernung vom Abgangsort bis zum Lieferungsort innerhalb eines Landes sogenannte degressive Transporttarife zu berechnen. Mit wachsender Entfernung wurden die Transportkosten proportional geringer. Im internationalen Verkehr hingegen wurden die Tarife zweier Bahnen aneinander „angestoßen". Die Transportkosten verringerten sich nur degressiv von der Abgangsstation bis zur Grenze des versendenden Landes. Hinter der Grenze setzte die Berechnung des Tarifes des ausländischen Landes mit hoher Anfangsberechnung ein. Die Transportkosten des grenzüberschreitenden Verkehrs 96

Süddeutsche Zeitung v. 3. 5. 1953.

97

Stahl und Eisen v. 21. 5. 1953, S. 753.

98

Industriekurier

99

„In

v. 4. 3. 1954.

diesem Zusammenhang ist es nicht uninteressant zu erfahren, was ein

immerhin namhafter Vertreter hierzu

der französischen Eisen- und

Stahlindustrie

zu berichten weiß: ,In bezug auf diesen P u n k t (gemeint ist hier die

Tarifdurchrechnung) müssen in erster Linie B e m ü h u n g e n angestellt werden, um die Wettbewerbslage der französischen und saarländischen Stahlindustrien zu verbessern'." (Handelsblatt, Düsseldorf, v. 5. 3. 1954.) 4

Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus

50

II. Die Montanunion

lagen darum meistens erheblich über denen des innerstaatlichen Verkehrs, obwohl es sich in beiden Fällen um die gleichen Entfernungen handelte. Während beispielsweise die Fracht für eine Tonne Kohlen im Versand über 500 Kilometer innerhalb Deutschlands 25,90 DM kostete, betrugen sie im deutsch-französischen Verkehr über die gleiche Entfernung bis zu 300 Kilometer deutscher und 200 Kilometer französischer Strecke 37,90 DM/t, also 46,3 v. H. mehr. Das etwas höhere französische Tarifniveau fällt bei diesem Vergleich nicht ins Gewicht. „Es kann kein Zweifel bestehen, daß hierin eine Benachteiligung des internationalen Verkehrs liegt und die Verbraucher innerhalb der Montanunion am freien Zugang zu den Produkten des gemeinsamen Marktes gehindert werden . . ," 1 0 0 Diese Tarifberechnung bewirkte, daß die Transportkosten für Koks der aus dem Norden Frankreichs zu den lothringischen Hütten über eine Strecke von 334 Kilometern per Bahn befördert wurde, rund 1250 ffrs. pro Tonne ausmachte. Hingegen betrugen die Transportkosten für Koks, der von der Ruhr nach Lothringen über etwa die gleiche Strecke von rund 360 Kilometern befördert wurde, durch die Unterbrechung an der Grenze 2480 ffrs. pro Tonne. Bei einer durchgehenden Degressivität der Transportkosten war die Ruhrkohle um etwa 400 ffrs. pro Tonne für die lothringischen Hütten billiger.101 Es wurden darum in der Hohen Behörde der Montanunion erbitterte Verhandlungen um die durchzurechnenden Tarife geführt. Dabei ergab sich, daß die bisher im deutschen Inlandsverkehr üblichen Tarife durch die Vereinheitlichung im internationalen Maßstab etwas erhöht werden mußten. Wenn bisher der Transportpreis pro Tonne Kohle von Gelsenkirchen bis München 28,50 DM betrug, so kostete er nach der neuen Vereinbarung 33,90 DM. Während der Preis von Saarbrücken nach München von 33,50 DM pro t auf 28,85 DM fiel. Hierdurch ergab sich ein Frachtvorteil für die französischen Kohlengruben, die nach Süddeutschland lieferten. Ähnliche Verhältnisse ergaben sich beim Eisentransport.102 Trotz aller Versuche vermochten sich die deutschen Imperialisten gegen diese Entscheidungen nicht durchzusetzen, obwohl sich die Bundesregierung einschaltete.103 Ab Mai 1955 traten die durchgerechneten internationalen Tarife in Kraft. 1 0 4 100 Der Volkswirt v. 11. 11. 1954. 101 Saarbrücker Zeitung v. 16. 10. 1954. ».Es muß dabei noch erwähnt werden, daß die französischen Eisenbahnen ab 1. Oktober eine Reduzierung von 180 ffrs. pro Tonne für Waggonladungen deutscher Kohle gewähren, so daß die Lieferungen von deutschem Koks für die lothringische Industrie um nichts weniger als 540 ffrs. pro Tonne billiger zu stehen kommen, wenn die direkten Tarife in Anwendung kommen werden." 102 Industriekurier v. 19. 8. 1954. 103 VW D-Wirtschaftsspiegel v. 13. 8. 1954. — Man versuchte auch noch an die Benachteiligung der deutschen Seite im Steuerstreit anzuknüpfen. „Es ist nicht einzusehen, daß vor der Beseitigung einer solchen steuerlichen Diskriminierung eine Tarifmaßnahme erfolgt, die die ohnehin bestehende Wettbewerbsverfälschung noch erweitert". (Industriekurier v. 28. 8. 1954.) io'i vWD-Wirtschaftsspiegel v. 21. 1. 1955.

4- D i e E x p o r t e x p a n s i o n d e r M o n t a n m o n o p o l e

51

Trotzdem konnten die deutschen Imperialisten ihre vorteilhaften Positionen bewahren. Seit jeher wandten die deutschen Eisenbahnen unterschiedliche Frachtsätze für Kohle und Koks einerseits und Eisenerz andererseits an, wobei die Sätze für Kohle und Koks um etwa das Doppelte die für Eisenerz übertrafen. Der Zweck des Vorzugstarifs für Eisenerz ist offensichtlich. Da nämlich die Ruhrindustrie auf einer Kohlegrundlage errichtet wurde, werden dadurch die Konkurrenzbedingungen in einem für sie günstigen Sinne verschoben. Dagegen wird dadurch die Lage der französischen, auf der lothringischen Eisenerzgrundlage errichteten Industrie nachteilig beeinflußt, da diese Industrie aus dem Ruhrgebiet Kokskohle und Koks bezieht und die dafür zu entrichtenden hohen Frachtsätze ihre Gestehungskosten belasten. Infolgedessen wurde von französischer Seite Klage über die die lothringischen Hüttenwerke benachteiligenden deutschen Eisenbahntarife geführt und die Angleichung der Koksfracht je t an die niedrigen Eisenerzsätze gefordert. 105 Von welchem Ausmaß diese Unterschiede sind, soll an einem Beispiel dargelegt werden.106 Wie schon oben angeführt, beträgt die Differenz zwischen den Kohlen-Transportkosten für die Strecke Lens-Lothringen und die Strecke Ruhr-Lothringen rund 1200 ffrs. Durch die Einführung international durchgerechneter Tarife, die zu einer Verminderung dieser Differenz um 400 ffrs. führte, blieb immer noch eine Differenz von etwa 800 ffrs. übrig. „Dies kommt daher, daß die deutsche Transportpolitik dahinzielt, den Kohletransport relativ teuer zu gestalten". 107 Auch diesen sie benachteiligenden Tarif wollten die französischen Imperialisten nun beseitigen.108 Doch die deutschen Imperialisten verstanden es, die Lösung dieser Frage hinauszuschieben.109 105 Neue Zürcher 106

„Nun

v . 13. 1. 1954.

Zeitung

vergleicht

man

Ruhrkohle

nach

Lothringen m i t einer niedrigeren F r a c h t für E r z b e z ü g e der R u h r h ü t t e n .

aber

auch noch

die h o h e

Fracht

der

Daß

das N i v e a u der Tarife für K o h l e und E r z bei der B u n d e s b a h n

unterschiedlich

ist, als in a n d e r e n L ä n d e r n , liegt i m T a r i f s y s t e m s e l b s t " . ( H a n d e l s b l a t t ,

Düssel-

d o r f , v . 5. 5. 1954 ) 107

Saarbrücker setzen,

Zeitung

wendet

nierenden

v . 16. 10. 1954.

Westdeutschland

Bahntarif

an,

so d a ß



. » U m sich in n o c h g r ö ß e r e n V o r t e i l

. . .

Frankreich

die F r a n z o s e n

gegenüber

für den

einen

Transport

selbst

kleinen K o h l e n - u n d K o k s m e n g e , die sie a u s d e m R u h r g e b i e t e r h a l t e n , 2 Milliarden F r a n c s m e h r zu zahlen h a b e n " .

(Neue

Zeit

zu

diskrimider

jährlich

v . 10. 10. 1 9 5 7 :

„Das

s c h w a r z e K a r t e l l " v o n Susiin.) 108

Saarbrücker erhalten

Zeitung

v . 16. 10. 1954; Stahl

die lothringischen

ventionen

in

Höhe

bis zu

Stahlwerke 1490 F r a n c s

und

Eisen

zur Zeit v o m je t

Kohle.

v . 10. 2. 1953. — „ Z w a r Staat

noch

(Süddeutsche

ImportsubZeitung

v.

26. 10. 1953-) 109 VWD-Wirtschaftsspiegel Standpunkt

aus

v . 2 1 . 1. 1955. gesehen

die



Stahlindustrie

„Wenn

also

auch

sicherlich

vom

neuen L a g e ziehen wird (direkte internationale Tarife, R . H.),

französischen

Vorteile so

aus

der

unterstreicht

m a n d e n n o c h in d e n K r e i s e n d e r französischen S t a h l i n d u s t r i e , d a ß die H a r m o n i sierung der Degressivität

nicht

das eigentliche

Problem

d e r E i s e n b a h n t a r i f e v e r g e s s e n l a s s e n d a r f " . (Saarbrücker 4*

der

Zeitung

Harmonisierung v . 16. 10. 1 9 5 4 )

52

II. Die Montanunion

Weiterhin versuchten die französischen Stahlindustriellen in der Hohen Behörde noch einen anderen deutschen Ausnahmetarif verbieten zu lassen. E r wurde im V e r k e h r zwischen d e m Ruhrgebiet u n d den nicht unmittelbar bei den Zechen gelegenen H ü t t e n w e r k e n a n g e w a n d t . 1 1 0 Dieser Kohleausnahmetarif n a h m den Transport v o n K o h l e u n d K o k s z u F r a c h t s ä t z e n vor, die 30 Prozent unter d e m allgemein inländischen u n d unter den international v o n der B u n d e s b a h n angewandten Kohletransporttarifen lagen. 1 1 1 A u c h für die Beförderung v o n E r z e n g a b es in Deutschland Vorzugstarife, gegen die die französischen Imperialisten Stellung nahmen und ein Verbot bei der Hohen Behörde erwirkten. Hiergegen erhob die Bundesregierung beim Gerichtshof der Hohen Behörde K l a g e 1 1 2 u n d b o y k o t t i e r t e das Verbot. 1 1 3 A u s den gleichen Gründen führten die französischen Imperialisten auch einen langwierigen K a m p f u m die Kanalisierung der Mosel. Mit Hilfe eines neu z u bauenden Moselkanals hofften sie ebenfalls zu bedeutend geringeren Transportkosten der Ruhrkohle nach den lothringischen H ü t t e n w e r k e n z u kommen. 1 1 4 „ D i e F u r c h t vor d e m deutschen Ubergewicht löst auch die nervösen Reaktionen, „Entscheidung der Hohen Behörde, die ßöprozentige Frachtermäßigung beim Brennstoffbezug aus der Ruhr muß, soweit die drei integrierten Hüttenwerke, das heißt insbesondere die Hüttenwerke Siegerland, die Stahlwerke Südwestfalen und Buderus betroffen sind, in drei Jahresetappen von je 12 Prozent bis zum 1. Juli i960 abgebaut werden . . . Beim Erz machen ebenfalls die Zechen des Sieg-Lahn-Gebietes mit einer beförderten Jahresmenge von etwa 2 Millionen t das Kernstück der Entscheidung der Hohen Behörde aus, wobei 3 bis 4 Jahre zum A b b a u der Vorzugstarife eingeräumt werden." (Der Volkswirt v. 15. 2. 1958.) 1 1 1 Der Volkswirt v. 15. 2. 1958; Neue Zürcher Zeitung v. 22. 9. 1956. 112 y WD-Wirtschaftsspiegel v. 26. 4. 1958. 113 Frankfurter Allgemeine v. 11. 8. 1958. — Schon im Jahre 1954 schrieb die französische Zeitung France Nouvelle: „ D i e Hohe Behörde ist gegen die Ruhrmagnaten machtlos. Sie kann es nicht verhindern, daß die deutsche Eisenbahn von den lothringischen Hüttenwerken für den Transport von deutschem K o k s Überpreise verlangt, während sie die deutschen Hüttenwerke zu Spottpreisen beliefert". (Nationalzeitung v. 6. 2. 1954.) 1 1 4 „ D i e A k t i v i t ä t Frankreichs zum Problem der Schiffbarmachung der Mosel hat nicht nachgelassen, obwohl von deutscher, belgischer und auch holländischer Seite überzeugend nachgewiesen wurde, daß dieses Projekt nicht .europäische', sondern nur Bedeutung für die französische Stahlindustrie hat. Der Stahlindustrie Frankreichs geht es dabei um die Verbilligung ihrer Exporttarife nach Übersee und insbesondere um die West-Ost-Verbindung Lothringen-Ruhrgebiet. Die Bahnfracht je Tonne Hüttenerzeugnisse beläuft sich heute von Lothringen bis Antwerpen auf rund 25.—DM. Durch den Moselkanal sollen sich diese Frachtkosten auf rund 11.—DM ermäßigen. Das würde ein ganz erheblicher Kostenvorteil gegenüber der Ruhrindustrie bedeuten. Der Bundesbahn, deren Moselstrecke bis zu 60 Prozent ausgelastet ist, würden durch das Moselkanalprojekt jährlich rund 80 Millionen D M an Mindereinnahmen entstehen". (Neuer Vorwärts v. 12. 3. 1954.) 110

4. Die Exportexpansion der Montanmonopole

53

gerade von industrieller Seite, in der Mosel- und Saarfrage aus, wird doch in der Moselkanalisierung ein Mittel gesehen, wenigstens die Konkurrenzfähigkeit der lothringischen Industrie jeder Zeit zu sichern." 115 Und als die deutschen Imperialisten auch dieses Projekt in der Hohen Behörde scheitern lassen wollten, drohte der Präsident des Verbandes der französischen Stahlindustrie Pierre Ricard mit dem Austritt Frankreichs aus der Montanunion.116 Die politischen Konsequenzen dieses Schrittes fürchtend, unterzeichneten schließlich die deutschen Imperialisten ein gemeinsam zu verwirklichendes Kanalprojekt an der Mosel.117 Doch gab es noch eine Möglichkeit, das Moselkanalprojekt scheitern zu lassen. Durch Tarifsenkungen der Bundesbahn konnten die Frachten zur Bundesbahn hinübergezogen werden, so daß der Moselkanal schließlich in eine Situation gebracht werden konnte, vom Staat Subventionen erhalten zu müssen. Dadurch vermochte die Bundesregierung dem mächtigen Ruhrkohlenmonopol noch ein Mittel in die Hand zu geben, das Moselkanalprojekt in der Montanunion als „subventionsbedürftig" zu Fall zu bringen.118 Ebenso versuchten die französischen Imperialisten immer wieder das Preisdiktat der Ruhrkohlegesellschaften zu brechen. Noch kurz vor Inkrafttreten des Montanvertrages hatten die Ruhrindustriellen, die große französische Nachfrage nach Kohle ausnutzend, den Kohlenpreis je t um 5,— DM heraufgesetzt. Aber die französische Stahlindustrie forderte die Herabsetzung des Kohlenpreises.119 Und nach längeren Verhandlungen in der Montanunion mußten die deutschen Kohlenzechen Anfang 1954 den Kohlenpreis um 2,— DM pro t senken, wobei es den deutschen Imperialisten trotzdem gelang, das System der Kohlenhöchstpreise beizubehalten und damit ihr Kohlenkartell zu sichern.120 Als dann von französischer Seite die Auflösung der „ G E O R G " durchgesetzt wurde, antworteten die Ruhrkohlengesellschaften mit einer gemeinsamen Erhöhung des Kohlenpreises.121 Wiederum versuchten die französischen Stahlindustriellen gegen das Kohlendiktat der deutschen Kohlenverkaufsgesellschaften vorzugehen, aber ohne Erfolg. 122 Die westdeutschen Montanmonopole konnten in dem von der Montanunion eröffneten gemeinsamen Markt, in dem die Kontingentierung des gegenseitigen H5 VW D-Wirtschaftsspiegel H6 VWD-Wirtschaftsspiegel

v. 13. 3. 1956. v. 13. 3. 1956.

Industriekurier v. 27. 10. 1956. Berichte des Deutschen Wirtschaftsinstituts, H e f t 19/1957, S. 14. — „Angesichts der juristischen Schwierigkeiten soll in Frankreich, wie zu hören ist, das Moselkanalprojekt mit Skepsis behandelt werden. W i e es heißt, wird die F r a g e erörtert, ob es nicht besser sei, auf den K a n a l zu verzichten und ihn gegen Zugeständnisse bei den Frachttarifen der Eisenbahnen einzutauschen". (Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 26. 2. 1957.) 119 Neue Volkszeitung v. 16. 5. 1953. 120 VWD-Wirtschaftsspiegel v. 22. 3. 1954. 121 Stahl und Eisen v. 3. 3. 1956, S. 577. 122 Saarbrücker Zeitung v. 14. 9. 1957. — Siehe auch frühere Darlegungen dieses Kapitels. 117

118

II. Die Montanunion

54

Warenverkehrs aufgehoben war, ihren Export bedeutend steigern.123 Sowohl der Stahlexport als auch der Export von Steinkohlenkoks in das Gebiet der Montanunion stieg bis in das Jahr 1957 an. Der Stahlexport Frankreichs wurde bedeutend überschritten. Nach Angaben der Hohen Behörde der Montanunion stieg die Ausfuhr von Walzstahlfertigerzeugnissen und weiterverarbeiteten Erzeugnissen aus Westdeutschland in die Länder der Montanunion von 1954 bis 1957 von 353000 t auf 900000 t an. In der gleichen Zeit stieg die Ausfuhr dieser Erzeugnisse aus Frankreich nur von 1000000 t auf 1158000 t an, so daß der Ausfuhrzuwachs vornehmlich den westdeutschen Hüttenwerken zugute kam. Deutschland exportierte an Walzstahlfertigerzeugnissen und weiterverarbeiteten Erzeugnissen in die Länder der Montanunion nach Frankreich

Belgien-Luxemburg

Italien

Niederlande

1954

42000

33000

59000

220000

1957

131000

213000

90000

465 000

Frankreich nach Belgien-Luxemburg

Deutschland

Italien

Niederlande

1954

35000

747000

152000

66000

1957

53000

933000

124000

49000*24

Über die besonders guten Exportmöglichkeiten für den westdeutschen Kohlenexport vermittels des gemeinsamen Marktes der Montanunion konnte man in einer westdeutschen Zeitschrift lesen, daß „der deutsche Bergbau als größter Kohlenproduzent der Montanunion ohne den gemeinsamen Markt wahrscheinlich noch erheblich größere Haldenbestände aufzuweisen hätte als zur Zeit, da er seine Lieferung nach anderen Ländern der Gemeinschaft in Höhe von 10,3 Millionen t Steinkohle aufrechterhalten konnte, obwohl 1953 innerhalb der Montanunion 13 Millionen t Kohle weniger verbraucht wurden . . . Die Stabilität des deutschen Kohlenabsatzes konnte zu einem wesentlichen Teil dadurch ermöglicht werden, daß 123

„Auch

wird

die

Rohstahlproduktion

im Bundesgebiet

auf

schätzungsweise

15 Millionen t bis Ende 1953 steigen. Deutschland kann also j e t z t seinen Bedarf an Eisen und Stahl

selbst erzeugen, und ein Teil der

Walzwerkerzeugnisse

drängt wieder wie in normalen Zeiten zum Export. Durch diese Entwicklung wurden die Pläne der französischen Eisenindustrie weitgehend über den Haufen geworfen, welche gehofft hatten, vor allem im süddeutschen R a u m stärker F u ß zu fassen . . . E s hat sich erfreulicherweise gezeigt, daß viele Betriebe von ausländischem Eisen wieder zu ihren alten deutschen Lieferanten zurückgekehrt sind". (Industrie-Anzeiger" 124

Entnommen:

v. 27. 11. 1953.)

Statistisches Bulletin, Europäische Gemeinschaft für Kohle und

Stahl, Hohe Behörde, März 1959.

4. Die Exportexpansion der Montanmonopole

55

die gesamte Steinkohleneinfuhr aus dritten Ländern nach der Montanunion auf 13,6 Millionen t herabgesetzt wurde". 125 Die Zugehörigkeit zur Montanunion gab den deutschen Montanmonopolen auch besonders günstige Bedingungen für den Vorstoß auf dritten Märkten. Da der gesamte Montanmarkt besonders hohe Kartell-Importzölle erhielt, konnten sich alle beteiligten Monopole auf dem Binnenmarkt und dem Montanmarkt hohe Monopolpreise sichern und auf den dritten Märkten Dumping betreiben. Für den Unionsraum wurden im Frühjahr 1953 Einfuhr-Zölle aus dritten Ländern für die eisenschaffende Industrie festgelegt. Sie betrugen 12 bis 28 Prozent des Einfuhr-Wertes. Aber durchschnittlich machte der Zollsatz 18 Prozent aus. 126 Die Zölle wurden in dieser Höhe festgelegt, da die USA und England zu niedrigeren Preisen Stahl anboten als die Montanunionsländer. „Für die Eisenindustrie der Montanunion — auch für die deutsche — gibt es jedenfalls die verschiedensten Gründe, um im Verhältnis des gemeinsamen Marktes zu .dritten Ländern' die Aufrechterhaltung des .Zollschutzes' zu fordern. Der wichtigste Grund dürfte sein, daß die Eisenpreise der außerhalb des Zusammenschlusses stehenden Erzeugerländer teilweise wesentlich niedriger sind als im Durchschnitt des Unionsgebietes. Bei einem Verzicht auf Zollschutz würde man unter Umständen am eigenen Markt (das heißt am gemeinsamen Markt) gegenüber der Konkurrenz der .dritten Länder' in Schwierigkeiten geraten . . ," 1 2 7 Durch solche Zollmauern geschützt, gingen die Montanunionsunternehmen dazu über, sich auf den Exportmärkten durch Dumping Zugang zu verschaffen. Dazu wurde, sobald die Montanunion in Kraft getreten war, im Juni 1953 zwischen den französischen, belgischen, luxemburgischen, niederländischen und westdeutschen Hüttenwerken ein Ausfuhrkartell, die Brüsseler Exportkonvention gegründet. Sie wurde von der Hohen Behörde der Montanunion gebilligt. Der Anlaß war der außerhalb der Montanunion entstandene Stahlpreiskrieg zwischen den Montanunionsländern und dem der Montanunion nicht angehörenden England. Um in diesen Wirtschaftskämpfen zwischen den Montanunionsländern einen ruinösen Preiskrieg zu vermeiden, wurde die Brüsseler Exportkonvention 125 126

127

Neue Ruhrzeitung v. 25. 2. 1954. Stahl und Eisen v. 23. 4. 1953. — 1956 wurden die Zölle aufgehoben, da der Stahlpreis auf den Exportmärkten außerordentlich stieg und die deutschen Exportpreise für eine gewisse Zeit über den Binnenmarktpreisen lagen. „Wieviel höher die Exportpreise liegen, mögen einige Vergleiche zeigen. Für sonstigen Stabstahl — immer Thomasqualitäten und auf DM umgerechnet — ist der unveränderte Exportpreis 495,60 DM je 1000 kg, der deutsche Inlandspreis, zugleich der niedrigste der Montanunion, 3 8 1 , 6 4 " (Industrie-Anzeiger v. 2. 4. 1957). Aber mit den einsetzenden Krisenerscheinungen auf den kapitalistischen Märkten und dem Sinken der Stahlexportpreise wurden wieder Einfuhrzölle in den Montanunionsraum erhoben. Sie traten ab 1. Januar 1959 in Kraft. Für Deutschland und die Beneluxstaaten 3 Prozent und für Frankreich und Italien 5 Prozent. (Industrie-Anzeiger v. 23. 12. 1958.) Berliner Wirtschaftsblatt v. 1. 5. 1953.

56

II. Die Montanunion

gegründet. Preissenkungen wurden nach gemeinsamer Vereinbarung vorgenommen.128 Da sich aber die einzelnen Teilnehmer nicht an die losen Preisabsprachen hielten, wurden schließlich einheitliche Bedingungen für die Preisfestsetzung geschaffen.129 Für die Feststellung von Unterbietungen und die dafür zu treffenden Strafbestimmungen wurde eine neutrale Überwachungsstelle, die schweizerische Treuhandstelle, eingesetzt. Die Strafen konnten bis zu 30 Prozent des jeweiligen fob-Preises betragen.130 Schließlich ging man dazu über, bestimmte Mengenquoten für die einzelnen Partner des Exportkartells festzulegen.131 Je nach der Absatzlage wurden die Preise und Mengen neu geregelt. Es wurden über die Brüsseler Exportkonvention Exportmindestpreise festgesetzt, die wesentlich unter den im Inland erzielten Preisen lagen.132 Die deutschen Inlandspreise für Stabstahl in Thomasgüter betrugen Anfang 1954 ab Werk 383,— DM je t und der Handelswerkgrundpreis 399,— DM.133 Dagegen war der Exportpreis der Brüsseler Exportkonvention, dem auch die deutschen Imperialisten angehörten, für Stabstahl 82 Dollar, umgerechnet in Deutsche Mark gleich 344,40 DM.134 Vorblöcke hatten am 7. Januar 1954 einen Preis für die USA und Kanada von 260,40 DM je t, für die übrigen Länder außerhalb der Montanunion ebenfalls 260,40 DM, aber für den deutschen Binnenmarkt 320,- DM. Knüppel 264,60 DM für die USA und Kanada, ebenfalls 264,60 DM für die übrigen dritten 28

129

130 131

132 133 134

„ D i e Ursache in der Gründung dieser Konvention liegt in der Sorge der europäischen Stahlerzeuger, daß die Exportpreise für dritte Länder völlig zerfallen, vor allem wenn ein offener Preiskampf mit den Walzwerken außerhalb der Montanunion ausbricht. Die Gefahr hierzu ist verhältnismäßig akut geworden durch die in Japan und Großbritannien bereits erfolgten Preisherabsetzungen für den Export. Sie haben die neue Konvention veranlaßt, folgende Preissenkungen für den E x p o r t in dritte Länder vorzunehmen. Grob- und Mittelbleche für den Schiffbau wurden um 5 Dollar je t erniedrigt . . . U m Unterschreitungen dieser Exportpreise in dritte Länder zu verhindern, h a t die Konvention Geldstrafen bis zu 50 Dollar je t vorgesehen". (Industrie-Anzeiger v. 29. 9. 1953.) „ M i t Wirkung vom 1. 12. 1953 werden beim E x p o r t in dritte Länder außerhalb der Gemeinschaft nur noch cif-Preise berechnet. U m zu verhindern, daß über die cif-Preisberechnung zu verschieden hohen Preisen angeboten wird, wurden die cif-Preise einheitlich für die verschiedenen Häfen und Bestimmungsorte unabhängig von der Transportentfernung festgelegt". (Industrie-Anzeiger v. 1. t. 1954.) Industrie-Anzeiger v. 1. 1. 1954. „ D i e ursprünglich vereinbarten Preise sind inzwischen mehrfach nach unten korrigiert worden, . . . Mitte November hatte man jedoch den Eindruck, daß auch die letzten Preise nicht mehr den realen Verhältnissen am Markt entsprachen. Seitdem wird die Festsetzung von Quoten diskutiert, um weiteren Preisverfall zu verhindern". (Industrie-Anzeiger v. 27. 11. 1953.) Industrie-Anzeiger v. 27. 8. 1954 und v. 13. 9. 1955. Industrie-Anzeiger v. 20. 4. 1954. Industrie-Anzeiger v. 27. 4. 1954.

4. Die Exportexpansion der Montanmonopole

57

Länder außerhalb der Montanunion, aber 320,— DM für den deutschen Binnenmarkt. Stabstahl für die USA und Kanada 331,80 DM, für die übrigen Länder außerhalb der Montanunion ebenfalls 331,80 DM, aber für den deutschen Binnenmarkt 383,- DM. Formstahl für die USA und Kanada 331,80 DM, für die übrigen Länder außerhalb der Montanunion ebenfalls 331,80 DM, aber für den deutschen Binnenmarkt 373,50 DM. Breitflanschträger 357,— DM die für USA und Kanada, für die übrigen Länder außerhalb der Montanunion ebenfalls 357,— DM, aber für den deutschen Binnenmarkt 394,— DM. Walzdraht für die USA und Kanada 340,20 DM, für die übrigen Länder außerhalb der Montanunion ebenfalls 340,20 DM, aber für den deutschen Binnenmarkt 390,— DM. Bandstahl für die USA und Kanada 365,40 DM, für die übrigen Länder außerhalb der Montanunion 386,40 DM, aber für den deutschen Binnenmarkt 437,— DM. Grobbleche für die USA und Kanada 415,80 DM, für die übrigen Länder außerhalb der Montanunion ebenfalls 415,80 DM, aber für den deutschen Binnenmarkt 430,50 DM. Mittelbleche für die USA und Kanada 415,80 DM, für die übrigen Länder außerhalb der Montanunion ebenfalls 415,80 DM, aber für den deutschen Binnenmarkt 430,50 DM.135 Als aber von Mitte 1955 bis gegen Ende 1957 die kaufkräftige Nachfrage auf den Exportmärkten besonders stark zunahm, stiegen die Stahlpreise stark und das umgekehrte Verhältnis trat ein. Stahlexportpreise lagen nun über denen der deutschen Binnenmarktpreise. (Siehe auch Fußnote 126.) Die deutschen Imperialisten nutzten diese Nachfrage, um besonders hohe Profite aus dem Auslandsgeschäft zu ziehen: „Man kann es der deutschen Stahlindustrie nicht verdenken, daß sie im Augenblick über die ziemlich hohen Exporterlöse einige Mittel für die dringenden Investitionen heranholt". 136 So lagen Mitte 1955 die Exportmindestpreise für Walzstahlerzeugnisse mit Ausnahme von Bandstahl nach den übrigen Ländern außerhalb der Montanunion über den deutschen Inlandspreisen. Nur die Lieferungen von Stab-, Form- und Bandstahl nach den USA und Kanada lagen noch etwas unter den deutschen Werkgrundpreisen.137 Sobald sich jedoch auf dem Weltmarkt Absatzschwierigkeiten bemerkbar machten, fielen die Exportpreise wieder weit unter das Inlandsniveau: „Seit langem liegen bekanntlich die Exportpreise der Montanunion in sogenannte dritte Länder wesentlich unter den deutschen Inlandspreisen. Unterschiede von 100,— DM und bei Blechen von 150,— DM bis 200,— DM je t sind an der Tagesordnung". 138 Zwischen den französischen und deutschen Stahlmonopolen kam es bei der Festlegung von Preisen und Quoten in der Brüsseler Exportkonvention zu erbitterten 135 137 138

1 3 6 Industrie-Anzeiger Industrie-Anzeiger v. 13. 9. 1955. v. 25. 5. 1956. Industrie-Anzeiger v. 13. 9. 1955. Industrie-Anzeiger v. 1. 5. 1959. — Für die Exporterfolge nach dritten Ländern spielten auch die kürzeren Lieferfristen, die die deutschen Werke im Vergleich zum Binnenmarkt gewährten, eine gewisse Rolle. „ D i e Lieferfristen der deutschen Werke für den E x p o r t von Grobblechen liegen . . . in der Regel zwischen 3 und 6 Monaten. Im Inland dagegen 8—10 Monate". (Industrie-Anzeiger v. 1. 10. 1957.)



II. Die Montanunion

Kämpfen, in denen sich meistens die ökonomisch überlegenen deutschen Partner durchsetzten. Die unüberbrückbaren Spannungen, die in diesem Kartell zwischen den französischen und deutschen Konkurrenten schwelten und typisch für die sich entwickelnden, zeitweise offen und gewaltsam ausbrechenden Widersprüche innerhalb der imperialistischen Weltwirtschaft sind, wurden durch skizzenhafte Ausführungen des „Volkswirt" ausgezeichnet belegt: „Wir erleben anscheinend das Vorspiel von Auseinandersetzungen, die erfahrungsgemäß bei so kapitalintensiven Industrien, wie der Montanindustrie, zu einem Friedensschluß im Zeichen von kartellähnlichen Abmachungen führen. Bezeichnend ist die Brüsseler Exportkonvention. Diese entstand, wie man weiß, aus dem Bestreben der westdeutschen, französischen, belgisch-luxemburgischen und niederländischen Hütten, die Preise bei der Ausfuhr nach sogenannten .Dritten Ländern' zu regeln. Je stärker der Auftragsmangel zunahm, je weniger kümmerten sich die Teilnehmer freilich um die Preisabreden, zumal die Konvention nicht die Möglichkeit hatte, Verstöße von Außenseitern und Exporthändlern auszuschalten. Auch die schweizerische Treuhandgesellschaft, die zur Kontrolle der Preisstellungen herangezogen wurde, hat diesen Zustand nicht beeinflussen können. Der Fall wurde hoffnungslos Anfang dieses Jahres, als der Auftragsrückgang und die Aussichten auf die neuen Preislisten der Hohen Behörde einen wahren Wettkampf um den Auslandskunden auslösten. Wie immer in solchen Fällen blieb die offene Aussprache nicht aus. Man vereinbarte eine Art von Waffenruhe, aber man ist sich doch auch klar darüber geworden, wie wenig solche losen Vereinbarungen geeignet sind, einen Wettbewerb bis in die Verlustzone hinein dauerhaft zu unterbinden. Nach den Mitteilungen unseres sehr. Korrespondenten ,wird jetzt eine Art Exportkontingentierung erstrebt, bei der Westdeutschland vermutlich etwa 16-18 v. H. der insgesamt von fünf Ländern getätigten Exportaufträge erhalten soll. Dieser Anteil steht in keinem Verhältnis zu den Produktionskapazitäten der fünf Länder und auch nicht zu der deutschen Stahlausfuhr vor dem Kriege. Dennoch ist er nur unter einem scharfen Druck der westdeutschen Hütten zustande gekommen, einem Druck, der diesen kaum Sympathien auf der Gegenseite verschafft haben dürfte'. "139 139 f)er die

Volkswirt

v . 13. 3. 1954. ~~ D e r Industrie-Anzeiger

Quotierungen

der

Exportkonvention:

schreibt außerdem

„Bekanntlich

haben

sich

über Preis-

a b s p r a c h e n als Grundlage für die S t a h l e x p o r t r e g e l u n g als u n g e n ü g e n d erwiesen, weshalb m a n sich seit einiger Zeit a u c h über die v o n den einzelnen Ländern

zu

exportierenden Mengen verständigt hat. Diese R e g e l u n g dauert jedoch nur bis E n d e Mai. D i e d e u t s c h e n E x p o r t e u r e k o n n t e n ihren Anteil innerhalb der vention

b e i d e r B e l i e f e r u n g d r i t t e r L ä n d e r i n z w i s c h e n a u f 400000 t

Kon-

erhöhen,

w a s e t w a Ys d e r g e s a m t e n A u s f u h r l i e f e r u n g e n d e r K o n v e n t i o n s l ä n d e r e n t s p r i c h t . Mit dieser Menge erreicht

worden,

ist j e d o c h während

der deutsche Vorkriegsstand

die

Stahlindustrien

noch nicht

der westlichen

wieder

Nachbarländer

d e n S t a n d v o n 1938 w e i t ü b e r s c h r i t t e n h a b e n . D i e s t a r k e A u s w e i t u n g d e r f r a n zösischen

Breitbandproduktion

bedeutet

eine

erhebliche

Gefährdung

des

Bestehens des Exportkartells. W e n n neue Mengenabsprachen mit den Mitglieds-

4- Die Exportexpansion der Montanmonopole

59

D u r c h die v o n den westdeutschen Stahlwerken zusätzlich in B e t r i e b genommenen K a p a z i t ä t e n wurde der K o n k u r r e n z k a m p f auf den v o n der E x p o r t k o n v e n t i o n aufgeteilten Märkten immer schärfer. „ A u s Brüssel wird gemeldet, d a ß Grobbleche nach wie v o r schwer unterzubringen sind . . . B e i Abschlüssen werden n o c h immer einige Dollar weniger erzielt, als der offizielle Mindestpreis vorschreibt. Man führt diese Erscheinung im A u s l a n d vielfach auf die starke A u s d e h n u n g der Grobblechstraßen Westdeutschlands zurück, die hauptsächlich f ü r die Preisschwäche verantwortlich g e m a c h t w i r d " . 1 4 0 Schiffsbleche u n d Schiffsbaustahl wurden v o n den westdeutschen W e r k e n unter den v o n der K o n v e n t i o n festgesetzten Preisen abgesetzt. Deutsche W e r k e unterboten bei W a l z d r a h t die französischen Preise u m 10 Dollar je t. A u c h der belgische Preis l a g höher als der deutsche Preis. 1 4 1 W ä h r e n d n a c h den A n g a b e n der Hohen Behörde der Montanunion die A u s f u h r v o n Walzstahlerzeugnissen u n d weiterverarbeiteten Erzeugnissen v o n W e s t deutschland nach dritten L ä n d e r n im Jahre 1954 1095000 t betrug, stieg sie bis ländern nicht zustande kommen, so dürfte gegenüber dem heutigen Zustand für die Erzeuger wieder eine Verschlechterung eintreten". (11. Juni 1954.) „ E n d e Juni 1954 wurde die Brüsseler Exportkonvention durch gemeinsamen Beschluß um weitere drei Monate verlängert, allerdings auch diesmal ohne Regelung der Ausfuhrquoten. Bei Feinblechen und Grobblechen bemühen sich die Sonderkommissionen weiter, eine Absprache über die Mengenanteile für die einzelnen Mitgliedsländer zustande zu bringen. Die seit Mai verbesserte Auftragslage innerhalb der Montanunion für Lieferungen nach dritten Ländern hat die Brüsseler Stahlexportkonvention veranlaßt, die Ausfuhrpreise teilweise mit Wirkung vom 13. Juli zu erhöhen". (23. Juli 1954.) „ D i e kaufmännische Kommission der Brüsseler Exportkonvention vereinbarte am 4. September (1957, R- H.) die zunächst befristete Verlängerung der Mengenregelung für den E x p o r t von Stabstahl nach dritten Ländern. Wie aus Fachkreisen verlautet, entfällt damit auf den westdeutschen Stahlexport 10000 t Stabstahl (normaler Stabstahl und Moniereisen). V o n einer Gesamtmenge des Montanunionraumes von 83 0001 haben die belgischen Stahlexporteure für September einen Anteil von 18840 t, L u x e m b u r g von 14940 t, der Rest entfällt auf Frankreich, Italien und die Niederlande". (13. September 1957.) „ D i e deutschen Werke, die mit einer Stabstahlquote von rund 15000 t für Dezember . . . wieder auf dritten Märkten mit diesem Walzmaterial auftreten . . . Es ist anzunehmen, daß die E x p o r t e Frankreichs auch etwa eine Größenordnung von 15000 t haben . . . sowohl die belgisch-luxemburgische Gruppe als auch die gleichfalls noch mit nennenswertem Stabstahlexport auftretenden Franzosen haben sich auf der letzten Stabstahlsitzung nicht wieder auf Mengen festlegen lassen". (24. Januar 1957.) 140 141

Industrie-Anzeiger v. 16. 7. 1954. Industrie-Anzeiger v. 8. 4 1955. — U m den Blechabsatz zu forcieren, wurden auch den Schiffswerften im Inland von den deutschen Hüttenwerken für E x p o r t verarbeitung ein Preisnachlaß von 50.— D M je t gewährt („Industrie-Anzeiger" vom 10. August 1954). Später wurden die Schiffsblechrabatte auf 25,— D M je t herabgesetzt. (Industrie-Anzeiger v. 31. 12. 1954.)

6o

II. Die Montanunion

1957 auf 2302000 t an. In dem gleichen Zeitraum konnte Frankreich seinen Export nur von 1817000 t auf 2301000 t steigern. Damit hatte der deutsche Export den französischen eingeholt. Die gewonnene Position der deutschen Stahlmonopole gegenüber den französischen wird besonders deutlich an der Ausfuhr in die einzelnen Länder. Nach Großbritannien exportierte 1954 Westdeutschland Frankreich

17000 t 24000 t

*957 57000 t 38000 t

Nach Schweden exportierte

Westdeutschland Frankreich

1954

1957

145000 t 82000 t

214000 t 59000 t

Nach den anderen skandinavischen Ländern exportierte 1954

1957

Westdeutschland

128000 t

255000 t

Frankreich

208000 t

172000 t

Nach den anderen Ländern Westeuropas (ohne Island und Irland) exportierte 1954 Westdeutschland Frankreich

242000 t 261000 t

1957 440000 t 327000 t 142

Die Brüsseler Exportkonvention führte seit Inkrafttreten des Montanvertrages einen scharfen Konkurrenzkampf mit dem der Montanunion nicht beigetretenen England. 143 Man versuchte zwar von Seiten der Hohen Behörde der Montanunion und dem Bundeswirtschaftsministerium die britische eisenschaffende Industrie zu Preisabsprachen im Export nach dritten Ländern zu bewegen.144 Jedoch 142

143

144

Statistisches Bulletin, Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Mai 1956 und März 1959. Industrie-Anzeiger v. 29. 9. 1953. — Zur Stellung Englands zum Montanvertrag hieß es im Industrie-Anzeiger v. 14. 8. 1953: „ D i e Konkurrenz — vor allem England — sieht lächelnd zu und ist sicherlich nicht böse darüber, daß ihr auch nach dem 20. Mai die gemeinsame Preisaktion, die die Stahlpreise der Union aneinander angleicht, die Möglichkeit gibt, an dritten Märkten billiger zu bleiben". Industrie-Anzeiger v. 9. 10. 1953.

4. Die Exportexpansion der Montanmonopole

61

ließen sich die britischen Stahlindustriellen nicht herbei, von der Hohen Behörde der Montanunion Vorschriften für ihre Preispoütik, Zollpolitik und die aus- oder einzuführenden Montanerzeugnisse entgegenzunehmen.1'*5 Etwa seit September 1953 begann darum ein scharfer Preiskrieg zwischen den Ländern der Brüsseler Exportkonvention einerseits und den britischen Stahlerzeugern andererseits. Abwechselnd wurden die Preise unterboten. „Auf dem Preisgebiet haben die englischen Stahlausfuhrfirmen die kürzliche Preissenkung der Exporteure der Montanunion für Bleche mit noch stärkerer Herabsetzung ihrer Grobblechpreise beantwortet. . ," 146 Etwa bis Mitte 1954 wurden die britischen Ausfuhrpreise um 8—13 Prozent gesenkt, während auf dem Festland die Notierungen um 5—10 Prozent heruntergingen. Und während im November 1953 der Preis je t fob englischer Hafen für SM-Stahl bei Stabstahl 98 Dollar betrug, aber die Brüsseler Exportkonvention zu 102 Dollar fob Antwerpen notierte, wurde schon ab 10. Dezember 1953 der Preis von der Brüsseler Exportkonvention wieder herabgesetzt und Stabstahl zu 80 Dollar je t fob Antwerpen angeboten.147 Darauf senkten auch die britischen Industriellen ab 1. Februar 1954 ihre Stahlpreise.148 Jedoch mit der steigenden Nachfrage auf den Auslandsmärkten begannen die Preise wieder anzusteigen und die wechselseitige Preisunterbietung nahm vorläufig ihr Ende. 149 Es kam sogar als Folge dieser Auseinandersetzungen zu einem sogenannten Assoziierungsabkommen zwischen der Hohen Behörde der Montanunion und England. „Der Unterschied gegenüber früheren Interessenverbindungen der britischen und der kontinentalen Stahlindustrie, wie sie zum Beispiel im Rohstahlkartell bestanden haben, ergibt sich schon daraus, daß der damalige Kartellvertrag ein privatrechtliches Abkommen zwischen einzelnen Firmen war, während es sich jetzt um einen Vertrag zwischen Regierungen handelt". 150 Es wurde ein Assoziierungsrat geschaffen, dessen Hauptaufgabe in der gegenseitigen Konsultation und Information über die Rohstoffversorgung der einzelnen Länder mit Kohle und Stahl, über die Preispolitik und über die Zollpolitik bestehen sollte. 151 In einem Kommentar hierzu hieß es: „Bemerkenswert ist der aus London stammende Hinweis, daß die britische Stahlindustrie, die sich ursprünglich sehr 145

„Zwei Probleme scheinen heute den Engländern den Beitritt zur .Hohen Behörde' unmöglich zu machen: der Verzicht auf die Politik niedriger Inlandspreise und höherer Exportpreise, also jenes Umkehrens des alten Dumpingprinzips, das die Basis nicht nur der britischen Schwerindustrie, sondern der gesamten gelenkten englischen Wirtschaft berührt. A u s ähnlichen Gründen scheint auch Englands Einfügung in ein gemeinsames europäisches Investierungsprogramm für Kohle und Stahl unvorstellbar . . ." (Industrie-Anzeiger v. 22. 1. 1954.)

Stahl und Eisen v. 5. 11. Stahl und Eisen v. 5. 11. 148 Stahl und Eisen v. 25. 2. 149 Industrie-Anzeiger v. 24. Die Welt v. 23. 12. 1954. 151 Die Welt v. 23. 12. 1954. 146 147

1953 und v. 22. 4. 1954. 1953 und v. 1. 1. 1954. 1954. 2. 1954.

62

II. Die Montanunion

ablehnend zeigte, keinen Anlaß mehr sieht, in den Vereinbarungen Gefahren zu finden. Das Hauptinteresse für die britische Stahlindustrie wird angeblich in der Möglichkeit liegen, gemeinsam mit den kontinentalen Erzeugern wirkungsvoll Dumpingmaßnahmen auf dem Exportmarkt zu bekämpfen". 152 Die Wiederaufrichtung und Stärkung der westdeutschen Montanmonopole sowie ihre Exportexpansion auf die westeuropäischen Märkte vermittels der Montanunion, verschob das Kräfteverhältnis zwischen den französischen und westdeutschen Imperialisten zugunsten der letzteren. Aus relativ schwachen waren sie zu den ökonomisch stärksten Konkurrenten geworden. Sie hatten sich wieder als mächtige schwerindustrielle Macht auf dem europäischen Kontinent etabliert. Die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die dadurch bewirkte Stärkung der Monopole, hatte zu einer ungleichmäßigen Entwicklung der miteinander konkurrierenden Montanindustrien geführt. So kam es zwangsläufig durch den raschen Aufstieg der westdeutschen Kohle- und Stahlproduktion zu einer Verschärfung des Marktproblems der Montanunion. In einem im April 1956 veröffentlichten Bericht der Hohen Behörde wurde die Entwicklung der Walzstahlkapazitäten als zu umfangreich dargestellt und darum gefragt, ,,ob der Ausbau, die Erneuerung und Ergänzung von Anlagen nicht Kapazitätsreserven geschaffen haben, die zur Zeit über den Bedarf des Marktes hinausgehen".153 Es häuften sich darum die Auseinandersetzungen in der Hohen Behörde um die Aufteilung der Märkte. So erklärte die Hohe Behörde zum Beispiel ihr „Bedenken" gegen Preisabreden des Ruhrkohlenbergbaus, als von holländischen Zechen im Herbst 1958 gegen die zehnprozentige Rabattgewährung der westdeutschen Kohlenzechen protestiert wurde.154 Ebensosehr versuchte im Frühjahr 1959 die Hohe Behörde für den westdeutschen Kohlenbergbau Produktions- und Absatzquoten zu verfügen. 155 152

Continentaler

153

Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Hohe Behörde, Vierter G e s a m t -

Eisenhandel

1 1 / 1 9 5 4 , S. 25.

b e r i c h t ü b e r die T ä t i g k e i t der G e m e i n s c h a f t v . 8. 4. 1956, S. 196. 154

B e r i c h t e des D e u t s c h e n W i r t s c h a f t s i n s t i t u t s , 20/1959, S. 10.

155

„ D e r M i n i s t e r r a t stellte sich g e g e n d e n K r i s e n p l a n der H o h e n B e h ö r d e , u n d die H o h e B e h ö r d e w i c h e t w a s z u r ü c k . Sie w e i c h t e ihre M a ß n a h m e n a u f : m a n w o l l t e keine P r o d u k t i o n s q u o t e n m e h r f e s t s e t z e n , sondern nur eine obere G r e n z e v o n 5 P r o z e n t über der g e g e n w ä r t i g e n P r o d u k t i o n ; d a r ü b e r h i n a u s sollte eine G e l d b u ß e g e z a h l t werden. D i e H a l d e n b e s t ä n d e sollten n i c h t eingefroren, sondern ihr allmählicher A b b a u

sollte g r o ß z ü g i g g e h a n d h a b t w e r d e n .

w o l l t e m a n in L u x e m b u r g

K u r z u m über

über sich reden lassen, nur über eines n i c h t :

alles die

g r u n d s ä t z l i c h e E r k l ä r u n g des K r i s e n n o t s t a n d e s . E s k a m also der H o h e n B e h ö r d e o f f e n s i c h t l i c h darauf an, j e t z t die g r u n d s ä t z l i c h e n V o l l m a c h t e n zu erlangen, die sie sonst nie b e k o m m e n h ä t t e . D e r M i n i s t e r r a t s t r ä u b t e sich g e g e n diese P l ä n e , die eine v e r d a m m t e

Ähnlichkeit

mit

einem kalten

Staatsstreich

des

Direk-

toriums von L u x e m b u r g gehabt hätten. Der deutsche Vertreter Westrick

war

a m s c h ä r f s t e n d a g e g e n , zweifellos a u c h v o m W i r t s c h a f t s m i n i s t e r E r h a r d selbst instruiert u n d v e r g a t t e r t " . (Die Welt v . J./8. 5. 1959.)

4. Die Exportexpansion der Montanmonopole

63

Auch gegen die westdeutschen Stahlmonopole ergriff die Hohe Behörde schärfere Maßnahmen. Wegen Kartellabsprache wurden elf deutsche Stahlfirmen, was bisher nicht üblich war, zu Geldstrafen verurteilt. 156 Und als durch die Franc-Abwertung der französische Stahlexportpreis gesenkt wurde, versuchten die deutschen Monopole von der Hohen Behörde Gegenmaßnahmen zu verlangen, da sie selbst an einer Stahlpreissenkung nicht interessiert waren. Die Hohe Behörde schlug daraufhin Frankreich eine Erhöhung der Stahlpreise durch Einführung einer Exporttaxe vor, aber die französischen Monopole, unterstützt von der französischen Regierung, weigerten sich, dieser Empfehlung zu folgen.157 Schließlich versuchte die Hohe Behörde auch, die bisher den Wiederaufbau der deutschen Montanmonopole ermöglicht hatte, hemmend auf die weitere Stärkung der Ruhrmonopole einzuwirken. Wie sie das Monopol der Ruhrzechen immer wieder angriff, so begann sie auch der weiteren Zentralisation der Stahlindustrie Schwierigkeiten zu bereiten. Ein Beispiel bietet der besonders von französischer Seite ausgehende Widerstand der Hohen Behörde gegen den Zusammenschluß des Thyssenkonzerns. Nach der Fusion der August-Thyssen-Hütte AG mit der Niederrheinischen Hütte AG und der deutschen Edelstahlwerke AG sollte auch die Phoenix-Rheinruhr AG eingegliedert werden. Hiergegen wurde von der Hohen Behörde ein Veto eingelegt. Vor dem außenpolitischen Ausschuß der französischen Nationalversammlung erklärte der Außenminister Couve de Murville, er sei „fest entschlossen, zur Verhinderung des Thyssen-Zusammenschlusses beizutragen". 158 Die Hohe Behörde stimmte diesem Zusammenschluß schließlich nur unter der Bedingung zu, daß die Thyssenhütte ihren Kapitalanteil an anderen Stahlunternehmen verringern und sich einer ständigen Kontrolle ihrer Investitionen durch die Montanunion unterziehen solle.159 Das veranlaßte den Thyssenkonzern, den Antrag unter scharfen Angriffen gegen die Montanunion zurückzuziehen. „Sie hat die Stärke ihrer Position und damit das Quantum des Zumutbaren überschätzt . . . Im letzten Moment, als sie ihren Partner schon in die Ecke gedrängt glaubte, hat sich die Hohe Behörde vertaxiert. Auf das nicht im geringsten im Vertrage begründete Verlangen, nach drei Jahren müsse ein Fortbestehen der ohnehin diskriminierenden Investitionskontrolle entschieden werden, zog Dr. Sohl (Generaldirektor der August-Thyssenhütte) des Prinzips wegen wie in Erkenntnis der drohenden praktischen Folgen den Antrag zurück. Die Kette, welche die Hohe Behörde eben ihrem Untertan um den Hals zu legen glaubte, fiel ihr rasselnd auf die eigenen Füße". 1 6 0 All das waren Gründe genug für die deutschen Montanindustriellen zu versuchen, sich der ihnen lästig werdenden Kontrolle durch die Montanunion zu entledigen. 156

Berichte des Deutschen Wirtschaftsinstituts, 20/1959. Berichte des Deutschen Wirtschaftsinstituts, 20/1959, S. 10. 158 Industriekurier, Düsseldorf, v. 10. 3. i960. 159 Berichte des Deutschen Wirtschaftsinstituts, 2/1961. 160 £)er Volkswirt, Frankfurt/Main, v. 2. 4. i960, S. 846. 157

64

II. Die Montanunion

Ihre ökonomisch überlegene Stellung und ihr Interesse auf eine weitere ungehinderte Machtausdehnung gerieten mehr und mehr mit dem sie einengenden Reglement der Montanunion in Konflikt. Schon die formelle, dem Vertrag entsprechende Möglichkeit der Hohen Behörde mit dem Stimmgewicht von Frankreich und Italien, Entscheidungen gegen Westdeutschland zu treffen, die zu diskriminierenden Bevormundungen und „dirigistischen" Maßnahmen der westdeutschen Monopole führten, ließ sie nach Beseitigung der Montanunion streben. Darum steuerten die deutschen Imperialisten schon sehr früh auf einen „größeren Rahmen" zu, in dem die Möglichkeit gefunden werden könnte, „die Montanunion in einen freien gemeinsamen Markt (EWG — R. H.) einzubauen und die dirigistischen Vertragszüge, die auf den übrigen Wirtschaftssektoren ohnehin nicht anwendbar wären, zu beseitigen". 161 So sahen die westdeutschen Partner der Montanunion die Bedingungen herangereift, eine Neuverteilung der wirtschaftlichen und politischen Einflußsphären vorzunehmen mit dem Ziel, die Führung auf dem westeuropäischen Kontinent anzutreten. Schon als Ende 1955 Vertreter der französischen Schwerindustrie in das Ruhrgebiet reisten, um sich mit der Gesinnung der Herren von Kohle und Stahl vertraut zu machen, gewannen sie den Eindruck, daß westdeutsche Industriekreise „eine klare Vorstellung von der Führung haben, die ihr Land in einigen Jahren in Westeuropa auszuüben in der Lage sein wird, eine Führung, die einerseits auf ihrer wirtschaftlichen Macht und andererseits auf der politischen Schwäche Frankreichs beruht". 162 Unter diesem Aspekt liefen langwierige Verhandlungen zur Errichtung eines alle Produktionsbereiche umfassenden sogenannten Gemeinsamen Europäischen Marktes (EWG), indem alle Handelsbeschränkungen, einschließlich der bisherigen „dirigistischen" Kontrollen und Produktionsbeschränkungen der Montanunion beseitigt werden sollten.163 Im Frühjahr 1957 kam es endgültig zur Unterzeichnung des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die mit dem 1. Januar 1959 in Kraft treten sollte, und deren Vorsitz die deutschen Imperialisten beanspruchten und dafür den expansionslüsternen und für seine Aggressivität bekannten „Uralstürmer" Prof. Dr. Hallstein einsetzten.164 161 Der Volkswirt v. 13. 3. 1956. 162 L'Usine Nouvelle v. 12. 1. 1956. — „Mit Recht ist . . . in Deutschland . . . betont worden, daß die Zeit vorbei ist, da man in Westdeutschland zu einem Aufgehen in einem französisch geführten Westeuropa bereit war, wie es nach 1945 vielfach den Anschein hatte" (Industriekurier v. 2 1 . 10. 1958). 163 „Die Mehrzahl der westdeutschen Monopole tritt jedoch für die Entmachtung der Hohen Behörde, ja für ihre Überführung in die E W G ein, da ihnen dort günstigere Expansionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. So hat die E W G Kommission beispielsweise nicht die Möglichkeit, produktionsbeschränkend einzugreifen . . . Für die Überführung der Montanunion in die E W G spricht weiter, daß dann eine zentrale Importbeschränkung zum Schutze der eigenen Positionen auf dem gemeinsamen Markt möglich würde" (Berichte des Deutschen Wirtschaftsinstituts, 20/1959, S. 10). i 64 Auch die französischen Imperialisten waren bereit, auf eine Änderung beziehungsweise Beseitigung der Montanunion einzugehen. Wenn sich die Montanunion

4- Die Exportexpansion der Montanmonopole Fortsetzung von Fußnote

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in gewisser Hinsicht als Kontrollmöglichkeit über den westdeutschen Montankonkurrenten bewährt hatte, so konnte doch nicht die Stärkung der westdeutschen Schwerindustrie verhindert werden. So wandten sich auch die französischen Montanmonopole gegen die juristische Gleichberechtigung in der Hohen Behörde, um wieder größere Vollmachten gegenüber Westdeutschland zu erhalten. Sie wollten die „supranationalen Flügel der Montanunion stutzen". Sie sollte statt dessen „zu einem Vollzugsorgan der sechs Regierungen gemacht werden". (Die Welt, Hamburg, v. 1 1 . 3. 1959.) Diese Absichten entsprachen auch dem Wunsch Frankreichs, die politische Führung auf dem europäischen Kontinent zu gewinnen, der auch in dem wiederholten Vorschlag eines Dreierdirektoriums, USA-England-Frankreich, in der Nato seinen Niederschlag fand.

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Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus

K A P I T E L III

Die OEEC und die EZU

i. Die OEEC — eine staatsmonopolkapitalistische Institution Die OEEC und die ihr zugeordnete EZU sind internationale staatsmonopolkapitalistische Organisationen, denen nahezu alle europäischen kapitalistischen Länder angehören. (Außer Spanien und Finnland, die später besondere Abkommen mit der OEEC trafen.)Sie hatten sich auf die Forderung des USA-Imperialismus hin, entsprechend der Zielsetzung des Marshall-Planes in der „Konvention über die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit" vom 16. April 1948 verpflichten müssen, auf eine Beseitigung bzw. Auflockerung der bestehenden Handels- und Zahlungsbeschränkungen im internationalen Warenaustausch hinzuarbeiten. Dazu sollten die Kontingentierungen schrittweise beseitigt und ein multilaterales Zahlungssystem geschaffen werden. Diese Handelspolitik wurde auch als Liberalisierung des Handels bezeichnet. Erst durch die Aufnahme Westdeutschlands in die OEEC und EZU konnten die westdeutschen Monopole ohne besondere Beeinträchtigungen durch die imperialistischen Siegermächte die Eroberung des westeuropäischen kapitalistischen Marktes betreiben.1 Es ist dabei von Bedeutung, daß die westdeutsche Mitgliedschaft in der OEEC nicht nur die durch die JEIA (Joint Export and Import Agency) ausgeübte Praxis, alle internationalen Handelsgeschäfte federführend für die westdeutschen Unternehmen abzuschließen, beseitigte, sondern auch das von der JEIA erlassene strenge Verbot, internationale Monopolabkommen zu vereinbaren, faktisch aufhob. Gerade diese Seite der Bedeutung der OEEC und 1

„ D i e amerikanische Finanzoligarchie hat die Außenhandelsexpansion ihres europäischen Hauptverbündeten, des wiedererstandenen deutschen Imperialismus, unter anderem auch dadurch gefördert, daß sie mit den verschiedensten wirtschaftlichen und politischen Druckmitteln bei den kapitalistischen Ländern Europas darauf drängte, daß Westdeutschland in die verschiedenen supranationalen und sonstigen „Integrationen" mit gleichen Rechten aufgenommen wurde. Bei den westeuropäischen kapitalistischen Ländern, die während des Weltkrieges v o m faschistischen deutschen Imperialismus angegriffen wurden, wurde der wiedererstandene deutsche Imperialismus durch seinen Seniorpartner, die U S A , wieder „salonfähig" gemacht. Die mit der USA-Hilfe erfolgte Beteiligung Westdeutschlands an der Montanunion und an der europäischen Zahlungsunion hat den westdeutschen Monopolen die Wiedereroberung ihrer Positionen auf den westeuropäischen Märkten außerordentlich erleichtert. Schmidt, Prof. Dr. f . L., Der Nachkriegszyklus in Westdeutschland und die beginnende W i r t schaftskrise, in: K o n j u n k t u r — Krise — Krieg, Berlin 1959, S. 122, 123.

i. Die OEEC

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der von ihr verfolgten Liberalisierung für die westdeutschen Monopole muß hervorgehoben werden. Denn die von dem OEEC-Rat unter der Bezeichnung der Liberalisierung beschlossene schrittweise Aufhebung der Kontingentierung des internationalen Handels eröffnete nicht einfach eine Periode einer sogenannten Freihandelspolitik für Westdeutschland, sondern eine Periode, in der neue Formen für die monopolistische Aufteilung, neue Bedingungen für den Kampf der westdeutschen Monopole um die Eroberung des westeuropäischen Marktes geschaffen wurden. So muß auch das Charakteristische der vermittels der OEEC getroffenen sogenannten Liberalisierungsmaßnahmen in den monopolistischen Prinzipien gesucht werden, die durch sie zur Wirkung kamen. Es genügt darum auch nicht, die Liberalisierungsmaßnahmen der OEEC als Befreiung von bisher bestehenden Kontingenten im internationalen Handel zu betrachten. Mit dieser nur oberflächlichen Betrachtung wird der monopolistische Charakter der OEEC unberücksichtigt gelassen und negiert. Die Liberalisierung bzw. die Liberalisierungsquoten der OEEC sind vielmehr als eine besondere Form der monopolistischen Aufteilung des westeuropäischen kapitalistischen Marktes anzusehen. Die Liberalisierungsquoten für den Import bzw. den Export des jeweiligen OEEC-Landes wurden in ständigen zwischenstaatlichen Verhandlungen im OEEC-Rat festgelegt. Die Monopole selbst waren durch ihre Verbände in der OEEC vertreten und konkretisierten die Liberalisierungsquoten in zusätzlichen Absprachen. Das Charakteristikum besteht gerade bei den Liberalisierungsquoten in dem staatsmonopolistischen Charakter der Aufteilung des westeuropäischen kapitalistischen Marktes. Es wurde gewissermaßen ein staatsmonopolkapitalistisches Quotennetz über den gesamten westeuropäischen kapitalistischen Markt geworfen. Und vornehmlich vermittels dieser Liberalisierungsquoten konnten gerade die westdeutschen Monopole den größten Exportzuwachs erzielen. Man kann darum auch sagen, daß der westdeutsche Imperialismus auf Grund seiner überlegenen Stärke faktisch die größten Quoten in dieser staatsmonopolistischen Organisation erhalten konnte. Der Kampf um die Größe der Quoten drückte sich im Kampf um den Prozentsatz der Liberalisierung, um die Einführung bzw. Aussetzung der Liberalisierungsquoten und um das Ausmaß der Exporte im Rahmen dieser Quoten aus. Das Liberalisierungssystem und die Liberalisierungsquoten wurden jedoch nicht nur durch entsprechende Verhandlungen in der OEEC und in konkretisierenden Absprachen der monopolistischen Industrieverbände bestimmt. Das außerordentlich zugespitzte Marktproblem machte zusätzliche Maßnahmen der Monopole erforderlich. Da sich der Export der OEEC-Länder, besonders der Westdeutschlands, außerordentlich ungleichmäßig und in heftigen Konkurrenzkämpfen mit den Partnern der OEEC-Staaten entwickelte, konnten die Liberalisierungsquoten und damit das Liberalisierungssystem der OEEC selbst nur aufrechterhalten werden, wenn entstehende Schuldner- und Gläubigerverhältnisse durch Kredite oder Anleihen überbrückt werden konnten. Dementsprechend war zur Sicherung des OEEC-Systems bzw. der Liberalisierung eine besondere 5*

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III. Die OEEC und die EZU

Form der Finanzierung vorgesehen, sollten sich die gegenseitigen Warenlieferungen preismäßig nicht ausgleichen. Hauptsächlich zu diesem Zweck wurde die E Z U gegründet. Uber die Bankinstitutionen der EZU, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, die als Verrechnungszentrum des Handels der OEECLänder diente, wurden diese Kredite oder auch Kreditquoten von den betreffenden Länderbanken zur Finanzierung des Exportes zur Verfügung gestellt. Die westdeutschen Monopole nutzten diese Möglichkeit und finanzierten durch umfangreiche Anleihen der Bundesbank an die Bank für internationalen Zahlungsausgleich ihre Exportexpansion. Diese Anleihen waren von Westdeutschland ausschließlich zu dem Zweck gegeben worden, das bestehende System der Liberalisierungsquoten, durch das die westdeutschen Monopole immer größeren Einfluß auf den westeuropäischen kapitalistischen Märkten gewannen, aufrechtzuerhalten. Diese Anleihen waren also vom westdeutschen Imperialismus betriebener staatsmonopolistischer Kapitalexport zur Finanzierung des Warenexportes nach dem westeuropäischen kapitalistischen Markt. Der Charakter der O E E C als besondere Form der staatsmonopolistischen Organisation zur Aufteilung des europäischen kapitalistischen Marktes ist also nicht nur dadurch bestimmt, daß die betreffenden Monopole Liberalisierungsquoten aushandelten, sondern auch wesentlich dadurch, daß diese Liberalisierungsquoten durch Anleihen besonders des westdeutschen Imperialismus garantiert und gesichert wurden. Der Kapitalexport — hier als staatsmonopolistischer Kapitalexport — steht also in Form der EZU-Anleihen in direkter Beziehung zur OEEC-Liberalisierung. Es bestätigt sich das schon von Lenin aufgezeigte Verhältnis zwischen Kapitalexport und Warenexport unter imperialistischen Verhältnissen, über das er schreibt: „Das Finanzkapital erzeugte die Epoche der Monopole. Die Monopole sind aber überall Träger monopolistischer Prinzipien: Anstelle der Konkurrenz auf offenem Markt tritt die Ausnutzung der .Verbindungen' zum Zwecke eines rentablen Geschäftes. Die gewöhnlichste Erscheinung ist: Bei einer Anleihe wird zur Bedingung gemacht, daß ein Teil der Anleihe zum Kauf von Produkten des kreditgebenden Landes verausgabt wird . . . die Kapitalausfuhr wird zu einem Mittel, die Warenausfuhr zu fördern". 2 Der verstärkte Konkurrenzkampf treibt die Monopole dazu, den Kapitalexport zur Bildung von internationalen Monopolabkommen über die Aufteilung des Marktes zu nutzen. Und die Kapitalausfuhr, die schon in gewisser Hinsicht zur internationalen Aufteilung des Marktes führt, verbindet sich hier in Form der EZU-Anleihen mit der direkten Aufteilung des Marktes vermittels der OEEC. Somit bestätigt besonders der über die E Z U betriebene staatsmonopolistische Kapitalexport der westdeutschen Monopole, daß ihnen die OEEC-Liberalisierung als besondere Form der staatsmonopolistischen Aufteilung des westeuropäischen kapitalistischen Marktes zu ihrer Exportexpansion diente. Die deutschen Imperialisten drängten darauf, von den Verboten und Beschränkungen ihres Exports und Imports durch die imperialistischen Westmächte - Lenin,

W. /., Ausgewählte Werke, Bd. 1, 1955, S. 819.

i . Die O E E C

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befreit zu werden und den ungehinderten Zugang zu den internationalen Märkten zu erhalten. Sogar das Potsdamer Abkommen, dessen Grundsätze sie allgemein mit Berufung auf das heilige Recht des Privateigentums ablehnten 3 , benutzten sie, um die imperialistischen Siegermächte der willkürlichen und widerrechtlichen Beschränkung ihres Außenhandels zu bezichtigen. In einem redaktionellen Artikel der Zeitschrift „Außenhandel" hieß es unter anderem, das Potsdamer Abkommen zitierend: „Es ist nicht die Absicht der Alliierten, das deutsche Volk zu vernichten und zu versklaven . . . Hier aber muß gesagt werden, daß mit der Aufstellung der Liste der unerwünschten ausländischen Handelsbeziehungen eine Maßnahme getroffen wird, zu der die Vereinigten Staaten und Großbritannien nicht einmal in ihrem eigenen Lande berechtigt sind. Wenn die verschiedenen Formen einer staatlichen Außenhandelskontrolle auch die Möglichkeit bietet, auf Art und Umfang des Exports und vor allem auf die mit ihm verbundenen finanziellen Transaktionen Einfluß zu nehmen, so gehört doch die Wahl des Handelspartners zu den durch die Grundrechte einer jeden demokratischen Verfassung garantierten Freiheiten . . . Das System der sogenannten .Schwarzen Listen' mag während des Krieges selbst als Akt der Niederringung des untrennbar miteinander verflochtenen militärischen und wirtschaftlichen Kriegspotentials des Gegners berechtigt gewesen sein . . . Unter einem anderen Gesichtspunkt ist aber die Fortsetzung dieses Systems nicht zu rechtfertigen, wie es sich mit treuhändlerischen Verpflichtungen eigentlich schlecht vereinbaren läßt, um so mehr, als es zugleich als ein Verstoß gegen die Rechtsordnung des eigenen Staates angesehen werden könnte". 4 Die westdeutschen Unternehmen konzentrierten ihre Widerstände besonders gegen die sie in ihrem Außenhandel empfindlich einengende J E I A (Joint Export and Import Agency). Diese Gesellschaft, in der die amerikanischen Imperialisten auf Grund ihrer finanziellen Überlegenheit die entscheidende Macht innehatten, war auf Anordnung der imperialistischen Siegermächte gegründet worden, um den Außenhandel westdeutscher Unternehmen unter eigener Regie durchzuführen und bis in das Detail kontrollieren zu können. Alle Handelsverträge mit dem Ausland wurden durch die JEIA abgeschlossen. Sie verbot oder genehmigte die Außenhandelsgeschäfte westdeutscher Unternehmen. Alle Geschäfte mußten in Dollar abgerechnet werden. Besonders drückend für Westdeutschland war die Verpflichtung, die Verkaufsbedingungen jedes Auslandsgeschäftes unter 3

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„ N i e m a n d wird bestreiten, daß die Freiheit des Menschen zu den Grundrechten gehört, und es ist k a u m mit einem Begriff nach 1945 soviel Mißbrauch getrieben worden. Ein grundlegendes A t t r i b u t des menschlichen Freiheitsbegriffes ist das Recht, Privateigentum zu erwerben. Dieses R e c h t ist heilig und unantastbar und nur schwerstes persönliches Verschulden kann einen Eingriff als gerechtfertigt erscheinen lassen. Geht man im Ausland davon ab, führt dies zur Verneinung der Menschenrechte . . .". „Vermögensenteignung im Widerspruch zum Völkerrecht", Außenhandelsdienst v. 20. 10. 1953; „ I m m e r noch R e p a r a t i o n e n ? " in: Außenhandelsdienst v. 3. 3. 1955. „Unerwünschte ausländische Handelsbeziehungen" in: Außenhandel, 4/1949.

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III. Die O E E C und die E Z U

Angabe des Firmennamens des ausländischen Unternehmens der JEIA mitzuteilen. Exportförderungsmaßnahmen waren untersagt. Ebenso hatten die deutschen Unternehmungen keine Möglichkeit, Niederlassungsvertrage, Patent- und Markenschutzabkommen abzuschließen und die Meistbegünstigung für sich durchzusetzen. 5 Als eine der schärfsten Formen der Diskriminierung wurde das strikte Verbot empfunden, internationale Monopolabkommen zur Förderung des Außenhandels abzuschließen. „Während unsere ausländischen Konkurrenzstaaten gerade bei der Ausfuhr in einem erheblichen Umfang kartellähnliche Abmachungen hinsichtlich der Preise und Lieferungsbedingungen treffen, ist bei uns auch die kleinste Bindung der Unternehmer untereinander unter dem Gesichtspunkt der Dekartellisierung noch immer unzulässig . . . Das ist keinesfalls mit der vom Marshall-Plan verfolgten Liberalisierung vereinbar". 6 Als darum die USA, entsprechend ihrer Politik der wirtschaftlichen und militärischen Stärkung eines westeuropäischen kapitalistischen Staatenblocks zur Zurückdrängung des sozialistischen Einflusses, die Aufhebung aller innereuropäischen Handelsbeschränkungen betrieben, wurden sie am stärksten von den westdeutschen Imperialisten unterstützt. Sie begrüßten es deshalb, daß die OEEC (Organisation for European Economic Cooperation), die auf Anweisung der USA geschaffen worden war, um die Wirtschaftspolitik der am Marshall-Plan betei5

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„ D i e Anordnung der J E I A , daß in den Ausfuhrerklärungen in Zukunft der Name des ausländischen Empfängers genannt werden muß, hat in deutschen Wirtschaftskreisen tiefe Enttäuschung hervorgerufen . . . Sie zwingt den deutschen K a u f m a n n zur Offenbarung interner Geschäftsgeheimnisse . . . " (Außenhandel, 11/1949). „Seit der am 5. 5. 1949 von der J E I A angeordneten Nennung des Namens des ausländischen Kunden in der Ausfuhrerklärung hat die H a u p t abteilung Außenwirtschaft der V F W mit allen Mitteln versucht, die J E I A zu einer Änderung dieser Anweisung zu bewegen . . . Die V F W sieht . . . nach wie vor in dem Zwang zur Nennung des Namens in den übrigen Ausfuhrerklärungen (Namensangaben an das Statistische A m t des V F W waren inzwischen nicht mehr erforderlich — R . H.) eine wesentliche Beeinträchtigung der deutschen Ausfuhr und wird ihre Bemühungen um den Wegfall dieses Zwanges weiterhin fortsetzen". (Außenhandel, 16/1949.) A m 30. Oktober 1947 beschlossen in Genf alle Staaten einschließlich der MarshallPlan-Staaten Belgien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien und Nordirland, Irland, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz und Türkei für alle Waren westdeutschen Ursprungs oder westdeutscher Herkunft die Meistbegünstigung zu gewähren. „ W i e weit allerdings oft die praktische Handhabung der juristischen Stipulierung entgegengesetzt ist, lehren die Erfahrungen des K a u f m a n n s im täglichen Geschäft. So ist es z. B. im letzten Jahre mehrmals vorgekommen, daß trotz der doppelten rechtlichen Festlegung deutschen Waren bei ihrem Eingang in Frankreich die Meistbegünstigung von der Zollbehörde bestritten w u r d e " . (Außenhandelsdienst v. 1. 12. 1949.) Kuhn, Dr. Roland, Diskriminiert Deutschland? — Deutschland ist diskriminiert! in: Außenhandelsdienst v. 8. 12. 1949.

i. Die O E E C

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ligten europäischen Länder zu koordinieren, am 13. August 1949 „gemeinsam vorzunehmende Maßnahmen zur Befreiung des innereuropäischen Handels von Beschränkungen" 7 beschloß. Damit eröffnete sich ihnen die Möglichkeit, sowohl die ihren Außenhandel rigoros niederhaltende Kontrolle der imperialistischen Siegermächte abzuwerfen als auch die europäischen kapitalistischen Länder zur Öffnung ihre Märkte für den deutschen Außenhandel zu bewegen. Zudem war ihnen der Zugang zu den westeuropäischen Märkten besonders wichtig, da die Embargopolitik der USA den Handel mit dem sozialistischen Lager faktisch unterband.8 Als Folge dieser vom amerikanischen Imperialismus eingeschlagenen Politik, die besonders die Stärkung des westdeutschen Imperialismus vorsah 9 , wurde auf Beschluß der Hohen Kommission vom 21. September 1949 die JEIA aufgelöst. „Aus der eigenverwaltenden Tätigkeit der J E I A wird eine Kontrolle über Außenhandel und Devisenverkehr durch die alliierte Hohe Kommission". 10 Handelsvertragsverhandlungen, Handels- und Zahlungsabkommen wurden ab 28. November 1949 deutschen Stellen überlassen.11 Wenn auch die Kontrolle des Außenhandels durch die Alliierte Hohe Kommission erhalten blieb und noch viele erschwerende Genehmigungsverfahren für den Export und Import bestanden, so war doch der entscheidende Schritt getan, der Westdeutschland wieder die Verfügung über den äußeren Handel gab. Innerhalb kurzer Zeit konnten auch die noch bestehenden Hemmnisse und Kontrollen durch die alliierten Besatzungsmächte beseitigt werden.12 7

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Weserkurier v. 15. 10. 1949. — Zur O E E C gehören: Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, L u x e m burg, Norwegen, Holland, Portugal, Großbritannien, Schweden, Schweiz und die Türkei. (Saarbrücker Zeitung v. 11. 6. 1951.) „ N a c h d e m Westdeutschland — durch den kalten Krieg zwischen den ehemaligen westlichen und östlichen Alliierten — seine osteuropäischen Vorkriegsmärkte eingebüßt hat, bleibt ihm notgedrungen nur die Ausweitung seines E x p o r t e s nach Westeuropa und nach Übersee übrig. Diesen ,trend' kann niemand aufhalten . . ." Mittelbayerische Zeitung v. 28. 10. 1949. „Außenminister Dean Acheson bezeichnete am Donnerstag vor dem außenpolitischen Senatsausschuß Westdeutschland als den .Schlüssel' zum Zusammenschluß Westeuropas" in: Die Neue Zeitung v. 24. 2. 1950. „ A n s ä t z e zu größerer Außenhandelsfreiheit" in „Außenhandelsdienst" v o m 13. Oktober 1949. Außenhandelsdienst v. 1. 12. 1949. „ N a c h d e m sichergestellt war, daß die Bundesregierung bei ihrer gesamten Wirtschafts- und Finanzpolitik auch v o n sich aus gemäß den Zielen des amerikanischen Monopolkapitals verfuhr, wurden die Außenhandelskontrollen beseitigt. In dem revidierten Besatzungsstatut von 1951 wurde festgelegt, daß die Kontrollen, sofern sie sich auf die Einhaltung der Grundsätze des G A T T und des internationalen Währungsfonds erstreckten, mit dem Beitritt der Bundesrepublik zu den beiden A b k o m m e n und der Übernahme entsprechender Verpflichtungen aufgehoben werden würden. Nachdem diese Voraussetzungen erfüllt waren, fielen die diesbezüglichen Kontrollen weg. Die A u f n a h m e der Bundesrepublik in das G A T T erfolgte 1951, in den I W F 1952". Lohse, Rolf, Die

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III. Die O E E C und die E Z U

Die Auflösung der JEIA gab den deutschen Stellen die Möglichkeit, an den internationalen Organisationen, wie der Marshall-Plan-Verwaltung und besonders auch der OEEC, gleichberechtigt teilzunehmen.13 Die Hohe Kommission stimmte der offiziellen Aufnahme Westdeutschlands in die OEEC zu14 und teilte dem Generalsekretariat der OEEC mit, daß die deutsche Bundesrepublik in Zukunft durch den Vizekanzler und ERP-Minister Franz Blücher im Rat der OEEC vertreten sein werde.15 Der Rat der OEEC ist das entscheidende und beschließende Organ der OEEC. Seine Existenz und seine hauptsächlichen wirtschaftspolitischen Aufgaben sind von der „Konvention über die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit" bestimmt, die von den europäischen Marshall-Plan-Ländern am 16. April 1948 unterzeichnet wurde. In Artikel 4 (vier) dieser Konvention wird als Sinn der Vereinbarung hervorgehoben, daß die vertragschließenden Parteien „den Austausch von Waren und Dienstleistungen in gegenseitiger Zusammenarbeit so weitgehend wie möglich entwickeln. Zu diesem Zweck werden sie die bereits eingeleiteten Bemühungen um die baldmögliche Schaffung eines multilateralen Zahlungssystems untereinander fortsetzen und in der Auflockerung gegenseitiger Handels- und Zahlungsbeschränkungen zusammenarbeiten mit dem Ziel, diese Beschränkungen, die gegenwärtig den Handels- und Zahlungsverkehr behindern, so bald wie möglich zu beseitigen". Der Rat der OEEC sollte diese in der Konvention niedergelegten wirtschafte • politischen Ziele verwirklichen. Hierzu wurde vom Rat der OEEC die „Liberalisierung des Handels" beschlossen. Darunter fiel nach Abschnitt I, Artikel 1, Unterabschnitt a) die Verpflichtung der Mitgliedsländer der OEEC, „schrittweise die untereinander bestehenden mengenmäßigen Beschränkungen der Wareneinfuhr einseitig oder auf dem Verhandlungswege abzuschaffen". In einem besonderen Liberalisierungskodex wurden die Warengruppen umrissen, die zu liberalisieren waren. Es handelte sich allgemein um die sogenannten privaten Einfuhren. Ein Teil der Privateinfuhren blieb jedoch immer kontingentiert. Und Zollpolitik der Bundesrepublik vom westlichen Außenhandelsmonopol zum .Gemeinsamen Markt', Berlin 1958, S. 34—35. „ A u f Grund einer Änderung der Direktive v o m 12. November 1949 über die Führung und den Abschluß von Handelsvertragsverhandlungen entfällt nunmehr die Hinzuziehung von alliierten Beobachtern bei Handelsvertragsbesprechungen mit Ländern außerhalb des Ostblocks. Bestehen bleibt die Verpflichtung der Bundesrepublik zur Ankündigung von Handelsvertragsverhandlungen und zur Einreichung ihrer Ergebnisse. Die alliierte Oberkommission hat auch weiterhin ein Einspruchsrecht innerhalb der 21 Tage Frist. N u r bei Verhandlungen mit Ostblockstaaten sind noch alliierte Beobachter hinzuzuziehen. A u s dem interministeriellen Einfuhrausschuß scheidet der alliierte Beobachter ebenfalls aus". (Außenhandelsdienst v. 27. 3. 1951.) 13 14 15

„ A n s ä t z e zugrößerer Außenhandelsfreiheit" in: ylw/JewAawrfe/sdiiwsiv. 13.10.1949. Der Abend v. 12. 10. 1949. „ D e r Europahandel soll freier werden" in: Frankfurter Neue Presse v. 31. 10. 1949.

i . Die O E E C

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auch über die liberalisierten Wareneinfuhren schrieb das belgische F i r m e n b l a t t , L ' E c h o de Bourse', daß die bisherige Liberalisierung ein g u t S t ü c k Bluff wäre, d a die Staaten fast nur solche W a r e n v o m K o n t i n g e n t befreit h ä t t e n , die sie selbst nicht erzeugen u n d gegen deren E i n f u h r sie nichts einzuwenden haben. 1 6 Überdies w a r ein bedeutender Teil der W a r e n , die d e m S t a a t s h a n d e l unterlagen, ü b e r h a u p t nicht v o n der Liberalisierung betroffen, so d a ß die veröffentlichten Liberalisierungsprozente hinsichtlich der tatsächlichen Gesamteinfuhr überhöht w a r e n . 1 7 D e r U m f a n g der Liberalisierung der privaten Einfuhren, der in P r o z e n t s ä t z e n gemessen wurde, g a b jedoch auch darum ein falsches Bild, d a die Liberalisierungssätze auf dem R e f e r e n z j a h r 1948 b z w . 1949 beruhten, so daß ihre Sätze, gemessen an der sich mit den Jahren vergrößernden E i n f u h r , tatsächlich wesentlich geringer waren. D a s „Berliner W i r t s c h a f t s b l a t t " schrieb unter d e m T i t e l „ D a s kontingentierte Sündenregister": „ E s ist ein offenes Geheimnis unter den E x p e r t e n , d a ß die Höhe der Liberalisierungsquote kein zuverlässiger A u s d r u c k f ü r die B e f r e i u n g 16 Die Weltwoche v. 27. 1. 1950. — „ V o n der letzten Liberalisierungsliste ist bei Anwendung einer Ausgleichsabgabe von 15 Prozent in den meisten Fällen k a u m eine fühlbare Erleichterung der Einfuhren zu erwarten. Obwohl Frankreich global einen Liberalisierungssatz von 75 Prozent erreichte, sind zum Beispiel nur 45 Prozent der landwirtschaftlichen Maschinenproduktion der europäischen Konkurrenz ausgesetzt und dies bei einem Zollsatz von rund 40 Prozent . . . Die Automobilindustrie konnte der Liberalisierung nochmals entgehen, obwohl die eingeführten Automobile einschließlich der indirekten Steuern mit einem Zuschlag von 56 Prozent belastet sind und sich dieser Satz bei der gegebenen Ausgleichsabgabe auf 71 Prozent erhöht hätte, während die Industrie selbst bei reichlich großzügigerer Berechnung nur von einem Gestehungskostenunterschied von 25 Prozent gegenüber der ausländischen Konkurrenz spricht". (Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 2. 3. 1952). 17

„ I n Westeuropa sind es vor allem drei Länder, die sich im W e g e des Staatshandels den Liberalisierungsverpflichtungen in starkem Maße entzogen haben. Das ist an erster Stelle Frankreich, an zweiter Stelle Deutschland und an dritter Stelle die Schweiz. In der Bundesrepublik sind dem Staatshandel unterworfen: Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Hirse, Mais, Reis, Buchweizen, Malz, bestimmte Mehlsorten, lebende Tiere, Frischfleisch und konserviertes Fleisch, Butter, zum Teil und Fischmehl, Zucker, Margarine, Ölkuchen und Viehfuttermittel. Darunter sind also auch solche Lebensmittel wie Reis, der in Deutschland überhaupt nicht angebaut wird. Es fehlt also k a u m ein einziges der lebenswichtigen Nahrungsmittel. Für die Liberalisierung bedeutet diese Praxis, daß die Bundesrepublik ebenso wie die Schweiz eine sehr hohe Liberalisierungsquote erzielt h a t " . (Stuttgarter Zeitung v. 26. 7. 1956.) „ E s hat nichts mit unseren freihändlerischen Verdiensten zu tun, daß unsere Agrarquote bei 78 Prozent steht, indes die der Schweiz erst bei 60 Prozent. E s ist nichts als eine Frage des Geschicks, mit dem man die ungeahnten Möglichkeiten der Quotenmechanik auszuschöpfen versteht. W a s als Staatshandel deklariert wird, bleibt außerhalb der Quotenberechnung, die nur v o m sogenannten privaten Handel ausgeht. Mit Verlaub zu sagen, die Agrarquote ist eine reine F a r c e " . (Der Volkswirt v. 29. 1. 1955.)

I I I . Die O E E C und die E Z U

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des Warenverkehrs von restriktiven Hemmungen ist. Schon mancher Exporteur mag sich darüber gewundert haben, wieviel kontingentierte Waren sich bei einigen Ländern hinter sehr bescheidenen Prozentsätzen verbergen". 18 Der Rat der OEEC, in dem alle Mitgliedsländer der OEEC vertreten sind, faßte seine Beschlüsse zur Handelspolitik nach Vorschlägen eines besonders dazu eingesetzten Handelsdirektoriums.19 Er hatte jedoch keine besonderen Machtmittel zur Verfügung, um seine Beschlüsse durchzusetzen. Nach Artikel 29 des Liberalisierungsbeschlusses hat ein Land, das die vom Rat beschlossene schrittweise Aufhebung der mengenmäßigen Beschränkungen der Einfuhren 20 nicht durchführt, sich nur vor dem Rat ,,zu rechtfertigen". Vom Rat der OEEC kann zwar nach Unterabschnitt c) des Artikels 29 die „vorgebrachte Rechtfertigung mißbilligt", aber nur die Aufforderung ausgesprochen werden, „die betreffenden mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen unverzüglich aufzuheben". Zwangsmaßnahmen können nicht angewandt werden. Hinzu kommt, daß nach Artikel 3a des Liberalisierungsbeschlusses ein Land die schrittweise Aufhebung der mengenmäßigen Beschränkungen nicht in dem geforderten Umfang durchzuführen braucht, „sofern diese Abweichungen durch seine wirtschaftliche und finanzielle Lage gerechtfertigt ist". Außerdem darf es bei „schweren wirtschaftlichen Störungen" die Aufhebung der mengenmäßigen Beschränkung „rückgängig machen" (Artikel 3b) oder sogar bei einem wachsenden Defizit die zur „Liberalisierung des Handels ergriffenen Maßnahmen vorübergehend aussetzen" (Artikel 29c). Sobald sich darum die ungleichmäßige Entwicklung der Handels- und Zahlungsbilanzen der OEEC-Länder besonders störend bemerkbar machte, stand das ganze System der OEEC und seine Institutionen vor der ständigen Gefahr des Zusammenbruches. Der Rat der OEEC war in demselben Augenblick zur Wirkungslosigkeit verurteilt. 21 18 Berliner Wirtschaftsblatt gemessen am Basisjahr heutigen Verhältnissen Bund, Schweiz, v. 5. 4. 19

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v. 24. 7. 1953. — „ W ä h r e n d wir bis zum 1. April 1955, 1948, 60 Prozent liberalisiert hatten, käme man unter als Basis vielleicht nur auf 52 oder 53 Prozent". (Der 1955.)

Das Handelsdirektorium prüft die von den Mitgliedsländern auf dem Gebiet der Handelspolitik zu befolgenden Regeln sowie die gegebenenfalls erforderlich erscheinenden Änderungen von Ratsbeschlüssen auf dem Gebiet der Handelspolitik. Das Handelsdirektorium unterbreitet dem R a t alle entsprechenden Berichte und Vorschläge . . . (Artikel 35). In Artikel 2 heißt es: Die von den Mitgliedsländern untereinander nach Artikel 1 ergriffenen Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels erreichen vom 4. Oktober 1950 an 60 v. H. ihrer Privateinfuhren. Die von den Mitgliedsländern untereinander ergriffenen Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels nach Artikel 1 erreichen vom 1. Februar 1951 an 75 v. H. ihrer gesamten Privateinfuhren. Die O E E C ist „nichts weiter als eine permanente Konferenz souveräner Staaten und verfügt daher auch über keine vollziehende Gewalt, um ihre Beschlüsse durchzusetzen". (Neue Zürcher Zeitung v. 3. 2. 1950.)

i. Die O E E C

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Wenn auch die Einrichtung der OEEC zwingend notwendig war, um unter den Bedingungen der Verschärfung des Marktproblems einen Weg zur Erweiterung des Warenaustausches zwischen den kapitalistischen Ländern Europas zu öffnen, so war doch das gleiche System außerordentlich labil und brachte damit die verschärfende Krise des kapitalistischen Systems treffend zum Ausdruck. Als auf der am 31. Oktober 1949 beginnenden Ratssitzung der OEEC, an der erstmals auch der deutsche Vertreter Blücher gleichberechtigt teilnahm, auf amerikanischen Druck der Beschluß gefaßt wurde, mit der Beseitigung der Kontingentierung des privaten Handels im innereuropäischen Handel zu beginnen, wurde Westdeutschland der europäische kapitalistische Markt geöffnet und Westdeutschland formell als gleichberechtigtes Mitglied im internationalen Handel anerkannt. 22 Die Bundesregierung erklärte sich darum sofort zur Durchführung der von der OEEC gegebenen Empfehlung zur „Liberalisierung" des innereuropäischen Handels bereit. „Das Bundeskabinett hat auf Vorschlag des Bundeswirtschafts- und Ernährungsministers die Genehmigung zu einem freien Warenimport innerhalb des Programms zur Befreiung des innereuropäischen Handels von Beschränkungen erteilt . . . Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß die Liberalisierung des innereuropäischen Handels von allen Ländern Konzessionen und Opfer fordert, glaubt aber, daß die Rückkehr zur Konkurrenzwirtschaft und damit zu den normalen Wegen des Handels gerade für Deutschland mit seiner durch den Krieg und Nachkriegsfolgen bedingten erhöhten Abhängigkeit vom Außenhandelsumsatz besondere Vorteile bietet". 23 Westdeutschland bemühte sich, in der „Liberalisierung" besonders schnell voranzuschreiten, da seine Industrie an Absatzschwierigkeiten litt und dringend des europäischen Absatzmarktes bedurfte. „Das ist für viele Betriebe von besonderer Bedeutung, weil die Absatzmöglichkeiten am Binnenmarkt in letzter Zeit stagniert haben". 24 Und durch die eilige Durchführung der von der OEEC gegebenen Empfehlungen versuchte die Bundesrepublik, die anderen europäischen Partner zu den gleichen Schritten zu veranlassen und sich sogar durch, .Vorleistungen" 25 vor allem die Unterstützung der USA für die Durch22

23 24 25

Frankfurter Neue Presse v. 31. 10. 1949; Die Welt v. 31. 10. 1949 und Frankfurter Rundschau v. 1. 11. 1949. Der Ministerrat der O E E C hatte die 5oprozentige Liberalisierung der privaten Einfuhren beschlossen und empfahl den europäischen kapitalistischen Ländern, diesen Beschluß bis zum Dezember 1949 durchzuführen. (Tagesspiegel v. 3. 11. 1949.) Außenhandel, 21/1949. Außenhandelsdienst v. 6. 4. 1950. „Westdeutschland erklärte sich in bilateralen Verträgen bereit, einseitig die Importkontingentierung weitgehend zu beseitigen, ohne ein gleiches Vorgehen von seinen Partnern zu verlangen . . . E s wurde lediglich ein .Plafond', eine obere Begrenzung der Gesamteinfuhr, festgesetzt. Solche einseitig liberalisierten Verträge wurden ab September 1949 mit den Niederlanden, Österreich und den skandinavischen Ländern abgeschlossen. Mit der Schweiz und Belgien wurde eine 3oprozentige Liberalisierung vereinbart, die im November 1949 auf 50 Prozent erhöht wurde". (Wirtschaftsdienst, Hamburg, 3/1952.)

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III. Die O E E C und die E Z U

Setzung der OEEC-Beschlüsse zu sichern. Professor Dr. Ludwig Erhard, Bundeswirtschaftsminister, schrieb im „Rheinischen Merkur": „Die Einstellung Westdeutschlands zu diesem Problem ist sonnenklar: es ist ein Vorkämpfer der Liberali sierung. Dabei stehen ihm die Amerikaner als mächtige Bundesgenossen zur Seite". 26 Wenn auch von westdeutscher Seite den Empfehlungen der OEEC, mit der Beseitigung der Kontingentierung im innereuropäischen Warenverkehr zu beginnen, sofort entsprochen wurde, so erhielt die Bundesrepublik doch nicht die gleichen Vergünstigungen von anderen europäischen Ländern eingeräumt. „In der Handelspolitik Europas ist während der letzten Monate manches geschehen, was uns an der Vernunft der uns umgebenden Welt fast verzweifeln läßt . . . Stattdessen mußte die Bundesregierung es hinnehmen, daß ihre Verhandlungspartner keineswegs Gleiches mit Gleichem vergalten. So blieben in europäischen Vertragsstaaten bis auf die Schweiz und Belgien die Hindernisse für die Einfuhr aus Westdeutschland bestehen, obwohl bezüglich ihres Imports zu uns . . . die Freiheit stipuliert worden ist . . . Die Bundesregierung hat sich für die Ideen der Liberalisierung in Europa am meisten aufgeschlossen gezeigt; sie möchte auf dieser Linie zum Wohle eines vereinten Europas gerne fortfahren, aber sie muß dafür die primitive Forderung nach Gleichbehandlung ihrer Volkswirtschaft mit den übrigen Körpern unseres Kontinents anmelden". 27 Großbritannien hatte mit der Benachteiligung Westdeutschlands begonnen. Zwar hatte es die schrittweise Aufhebung der Kontingentierungen vorgenommen. Aber Westdeutschland sowie die Schweiz und Belgien waren ausdrücklich von diesen Vergünstigungen ausgenommen.28 Auch andere europäische Länder folgten diesem Beispiel. Hierzu gehörten Frankreich, Italien, Schweden und die Niederlande. 29 Die Widerstände dieser Länder, besonders die Großbritanniens, wurden vielfältig motiviert. Hauptsächlich spielte die Furcht vor der sich schon bemerkbar machenden Konkurrenz Westdeutschlands eine Rolle. Die britischen Imperialisten weigerten sich zum Beispiel etwaige Schulden in Dollar oder Gold an Westdeutschland zu zahlen, da ihre ohnehin empfindliche Dollarverschuldung an die USA dies nicht zuließe. Westdeutschland müsse von seiner Regelung, alle Außenhandelsgeschäfte in Dollar zu begleichen, abgehen. Viel wichtiger war aber für die Weigerung Großbritanniens, daß es durch derartige Abkommen in der Zukunft von dem konkurrenzstarken Westdeutschland nicht zu wirtschaftlichen, handelspolitischen und politischen Zugeständnissen gedrängt werden wollte, die seinen Einfluß in Europa und besonders in den von ihm abhängigen Commonwealth zugunsten der deutschen Imperialisten und den sie stützenden amerikanischen Imperialisten geschmälert hätten. 30 26 27 28 29 30

Rheinischer Merkur, 1/1950. Außenhandelsdienst v. 19. 1. 1950. Außenhandelsdienst v. 19. 2. 1950; Die Welt v. 5. 10. 1949. Außenhandelsdienst v. 19. 1. 1950; und v. 6. 7. 1950. „ N i e m a n d nahm hier an ( O E E C - T a g u n g in Paris — R . H.), d a ß sich London in seinem Dilemma zwischen dem Kontinent und dem Commonwealth klar für

l . Die O E E C

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D a aber a u c h die französischen Imperialisten aus K o n k u r r e n z f u r c h t zögerten u n d ihre Z u s t i m m u n g zur Ö f f n u n g der Märkte für W e s t d e u t s c h l a n d durch schrittweisen A b b a u der Kontingentierungen v o n der Bereitwilligkeit E n g l a n d s a b h ä n g i g machten 3 1 , schien sich f ü r die deutschen Imperialisten eine ausweglose L a g e auf dem für sie so wichtigen europäischen Markt anzubahnen. 3 2 A u f entschlossene Initiative der U S A 3 3 w u r d e schließlich als Voraussetzung hierzu die B i l d u n g der Montanunion durchgesetzt, durch die Frankreichs Sicherheitsansprüchen gegen ein wiedererstarkendes imperialistisches W e s t d e u t s c h l a n d genügt werden sollte. 34 D i e

31 52

33 34

den ersteren entscheiden wird. Man bemängelt aber, daß die britische Regierung gar keinen klar umrissenen Plan vorzulegen wußte, wie es seine zwei auseinanderstrebenden Pferde zusammenzuhalten gedenkt . . . Dies hat wohl währungstechnische Ursachen . . . Aber wie durch ein Wunder schaltet damit London eben die unangenehmsten kontinentalen Konkurrenten aus der vorgeschlagenen Begünstigung aus". (Die Tat v. 5. 11. 1949.) Süddeutsche Zeitung v. 17. 4. 1950, v. 9. 2. 1950 und v. 27. 1. 1950. „ D a s Hauptaugenmerk muß Westdeutschland wie früher auf das Europageschäft richten. Deshalb ist es von fundamentaler Bedeutung, daß diese Staaten sich zukünftig nicht gegen deutsche Lieferungen sträuben . . . " (Westdeutsche Rundschau v. 3. 2. 1950). „ D i e Europäische Wirtschaftsorganisation (OEEC) steht vor einem entscheidenden Wendepunkt. Entweder es gelingt ihr, in den kommenden Monaten, das heißt, praktisch vor dem 31. Juli 1950, den . . . noch völlig strittigen Zahlungsplan mit Bildung einer europäischen Clearingunion auf die Beine zu stellen, oder ihre Sendung muß als gescheitert gelten". (Rhein-Echo v. 8. 2. 1950.) Die Welt v. 5. 10. 1949 und v. 3. 11. 1949. „ W e r in diesen Tagen die Probleme Europas in Frankreich erlebt, gewinnt den Eindruck, daß Deutschland auch hier als zentrale F r a g e der Einheit Europas behandelt wird. Leider bildet dabei das Streben nach kontinentaler industrieller Vorherrschaft einen störenden Mißklang. Frei von H a ß und Vorurteilen müßten beide Teile, Deutsche und Franzosen, erkennen, daß eine Diskriminierung Deutschlands die Einheit Europas nicht fördert. Auf der anderen Seite m u ß Frankreich die Sicherungen erhalten, die es mit R e c h t fordern kann, um nicht noch einmal das Opfer eines europafeindlichen deutschen Nationalismus zu werden". (Figaro, entnommen aus: Telegraf v. 12. n . 1949.) „ D i e Bildung einer die deutsche Bundesrepublik und Österreich mitumfassenden westeuropäischen Wirtschaftsunion ist offensichtlich der konkrete Inhalt der eindringlichen Mahnung, die der Leiter der Marshall-Plan-Verwaltung H o f f m a n an die Mitglieder der O E E C richtete . . . Der Marshall-Plan-Verwalter H o f f m a n hat nun eine europäische Wirtschaftsunion als Voraussetzung für die weitere Zahlung von Marshall-Plan-Geldern bezeichnet und im P u n k t 5 seines Programmes als W e g regionale Zusammenschlüsse angedeutet. Diesen P u n k t 5 hat ein Vertreter des amerikanischen Hohen Kommissars in einem dpa-Interview dahin erläutert, daß Frankreich, Italien, Benelux, Westdeutschland ( . . . ) , Österreich und indirekt die Schweiz das neue westeuropäische Wirtschaftsgefüge bilden sollen. Die Führung solle bei Frankreich liegen". (Die Welt v. 3. 1 1 . 1 9 4 9 )

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englischen Imperialisten erhoben hiergegen keinen Einspruch, da sie durch die Montanunion in ihrer wirtschaftlichen und politischen Selbständigkeit nicht beeinträchtigt wurden und außerdem nicht in der Lage waren, die USA an ihrem Vorhaben zu hindern.35 Nach weiteren hartnäckigen Verhandlungen zwischen den amerikanischen und britischen Imperialisten um die Gewährung der Liberalisierungsvergünstigungen für Westdeutschland 36 und nach der mit rigorosem finanziellen Druck von England erpreßten Zusage zur Europäischen Zahlungsunion (EZU) 37 , war schüeßlich der Widerstand gegen die volle Gleichberechtigung Westdeutschlands im internationalen Handel gebrochen. Bei der Einbeziehung Westdeutschlands in die durch die OEEC empfohlene schrittweise Aufhebung der Kontingentierungen und die sie finanziell untermauernde EZU spielte auch das besondere Interesse eine entscheidende Rolle, Deutschland in die antisozialistische europäische Staatengruppierung hineinzuziehen. Die deutschen Imperialisten wußten diese Situation für sich zu nutzen. Sie deuteten den anderen kapitalistischen Regierungen an, daß sie zu einem wirtschaftlichen Zusammengehen mit der Sowjetunion bereit wären, sollte man ihnen weiterhin den Zugang zum europäischen Markt versperren. „Den führenden Staatsmännern Westeuropas ist es klar, daß die Gestaltung eines Vereinigten Europas, ohne die wesentliche Hilfe Deutschlands nicht erfolgen kann . . . Wenn man Deutschlands Exportstreben — zudem noch aus Konkurrenzangst — verhindern will, so können sich zwangsläufig für die deutsche Industrie andere Richtungen ergeben, die dem Ziel dieser Staatsmänner zuwiderlaufen". 38 Da aber die reaktionären und aggressiven Kreise gerade diese Entwicklung verhindern wollten39, konnten die deutschen Imperialisten desto erfolgreicher auf das sich stärkende sozialistische Lager hinweisen, um ihre Aufnahme als gleichberechtigtes Mitglied in die OEEC und EZU zu beschleunigen. Sie stellten sich restlos hinter die von den amerikanischen Imperialisten getroffenen erpresserischen Maßnahmen zur Forcierung des „europäischen Zusammenschlusses".40 Mit der Unterzeichnung des Abkommens über die Europäische Zahlungsunion (EZU) am 18. August 1950 waren der weiteren Liberalisierung gegenüber Westdeutschland formell keine Grenzen mehr gesetzt. Und im „Wirtschaftskorre35 37 38 39

40

36 Außenhandelsdienst Die Welt v. 3. 11. 1949. v. 23. 3. 1950. Hannoversche Allgemeine Zeitung v. 17. 3. 1950. Außenhandelsdienst v. 13. 4. 1950. „ D a s neue Deutschland wird mit den Sowjets gestaltet werden, wenn es uns nicht gelingt, ein vereintes Europa mit Deutschland zu gestalten". (Figaro, entnommen aus: Telegraf v. 12. 11. 1949.) A m 9. Juli 1951 beendeten auch die U S A , Großbritannien und Frankreich offiziell den Kriegszustand mit der Bundesrepublik. „ W e n n durch die Beendigung des Kriegszustandes die Diskriminierung und verschiedene Schwierigkeiten im amtlichen und sonstigen zwischenstaatlichen Verkehr offiziell beseitigt werden, so sind wir damit auf dem Wege der Zurückgewinnung des Vertrauens einen guten Schritt weitergekommen". (Diplomatisches Bulletin, 3/1951.)

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79

spondent" vom 22. Februar 1951 konnte man die befriedigte Erklärung des Bonner Ernährungsministers Wilhelm Niklas finden, der „den Zwang begrüßte, der von Präsident Truman auf die ursprünglich 17 Mitglieder des Marshall-Planes ausgeübt worden ist, um die OEEC-Länder zur Liberalisierung ihres Handels zu bringen"/' 1 Mit der Gewinnung des gleichberechtigten Zutritts zum internationalen europäischen Handel suchten die westdeutschen Imperialisten auch die Möglichkeit wiederzugewinnen, ihren Export nach monopolistischen Prinzipien zu gestalten. Durch die Besatzungsmächte sowie durch die Anordnungen der JEIA waren sie formell daran gehindert worden.42 Mit der gleichberechtigten Zulassung zum internationalen Handel fanden sie sich aber vor die Situation gestellt, daß ihre europäischen Konkurrenten zu monopolistischen Marktabsprachen übergegangen waren. „Die Welt" schrieb: „Ständige Berichte über private Abmachungen zwischen europäischen Firmen, hinsichtlich Festsetzung der Preise, Zuteilung der Rohstoffe und Abgrenzung der Märkte haben das amerikanische Vertrauen in den Wert der Maßnahmen zur Liberalisierung des europäischen Handels, die die OEEC zum 15. Dezember angesetzt hat, ernsthaft erschüttert". 43 Die monopolistische Aufteilung der europäischen Märkte wurde durch die Nachkriegs-Gesetzgebung aller dieser an der OEEC beteiligten europäischen Staaten gefördert. Unmittelbarer Anlaß der Neuregelung der Kartellgesetzgebung nach dem Kriege waren die Beschlüsse der Havannacharta und die Verpflichtung der Marshall-Plan-Länder, jegliche Geschäftspraktiken und Abmachungen zu unterlassen, die der gemeinsamen Durchführung wirtschaftspolitischer Maßnahmen des Marshall-Planes hinderlich sein könnten. Keines dieser Länder ging aber so weit, grundsätzlich Kartelle zu verbieten. Sie alle stellten sich vielmehr auf den Standpunkt, daß Kartellabsprachen nützlich seien. Um etwaige Auswüchse zu verhindern, sollten staatliche Kontrollinstanzen geschaffen werden, die über die Vermeidung schädlicher Auswirkungen zu wachen hätten. Die Definition, wann ein Kartell schädlich sei, wurde jedoch nicht gegeben, so daß diese Kontrolle von vornherein wirkungslos bleiben mußte.44 41 Wirtschaftskorrespondent, 42

43

44

Hamburg, v. 22. 2. 1951.

„ E s wurde . . . seitens des Präsidenten des Board of Trade, Mr. Wilson, vorgeschlagen, Westdeutschland die Anwendung unfairer Wettbewerbsmethoden und ferner jede wesentliche Unterbietung der Weltmarktpreise für E x p o r t waren durch das Besatzungsstatut zu untersagen . . . Die gleichen Einwendungen gelten gegenüber der in der JEIA-Anweisung Nr. 1 festgelegten W e l t m a r k t preisklausel, die ausschließlich Deutschland auferlegt ist, ohne R ü c k s i c h t darauf, ob es auf Grund seiner besonderen industriellen Fähigkeiten in der Lage ist, besser und billiger anzubieten als das A u s l a n d " . (Außenhandel, 8/1949.) Die Welt v. 6. 12. 1949. — Ähnliche Angaben machten auch Die Neue Zeitung v. 25. 11. 1949 und die Neue Ruhrzeitung v. 9. 12. 1949. In Belgien wurde am 28. Januar 1947 ein Gesetzentwurf vorgelegt. Der E n t w u r f enthält Bestimmungen, daß derjenige, der sich durch Kartellmaßnahmen beschwert fühle, den R a t für Wirtschaftstatsachen zur Entscheidung anrufen könne.

8o

I I I . Die O E E C und die E Z U

Für die deutschen Imperialisten war die Aufnahme in die europäischen Institutionen der OEEC und des Europarates nur sinnvoll, wenn sie sich in dem Recht der Monopolisierung und Kartellisierung auf die gleiche Ebene mit den anderen europäischen kapitalistischen Ländern stellen konnten. Sie bestanden darauf, die gleichen monopolistischen Absprachen über die Aufteilung der Märkte führen In Dänemark war die Bildung von Kartellen allgemein zulässig. Im März 1949 war eine Kommission gebildet worden, um „die Frage der Trusts und restriktiven Geschäftspraktiken in Dänemark zu prüfen und die bestehende Gesetzgebung auf diesem Gebiet zu studieren". In Finnland bestand kein spezielles Kartellgesetz. A m 3. Juli 1948 wurde jedoch eine Kommission zur Überprüfung der Kartellfrage vom Staatsrat eingesetzt. Diese Kommission schlug vor, daß Finnland eine gesetzliche Regelung ähnlich der Schwedens einführen solle. Schweden hatte keine Kartell Verbotsgesetzgebung. Nur ein Gesetz, das am 1. August 1946 in K r a f t trat, gestattete dem Staat, Untersuchungen über Kartelle durchzuführen und ein Register über sie anzulegen. In Norwegen waren die zuständigen staatlichen Stellen nach einem Gesetz von 1947 dazu ermächtigt, Unternehmungen zu verbieten, die Produktion, Handel und andere geschäftliche Betätigungen beschränken oder einstellen. Die Bundesverfassung der Schweiz erkannte grundsätzlich das Kartell als erlaubt an. Durch die Volksabstimmung vom 6. Juli 1947 wurde nur ein Passus in die Bundesverfassung aufgenommen, der dem S t a a t die Möglichkeit gab, „gegen Volkswirtschafts- oder sozialschädliche Auswirkung von Kartellen und ähnlichen Organisationen vorzugehen". In Österreich wurde in dem Entwurf über das „Bundesgesetz über die Regelung des Kartellwesens" vom 14. Juni 1950 darauf hingewiesen, daß Kartelle für die Wirtschaft nicht schädlich zu sein brauchen, sondern als ein stabilisierender F a k t o r besonders im Außenhandel nützlich sein können. Der Regierung wurde das Überwachungsrecht zugesprochen. In Holland bestand seit 1943 eine Verordnung, nach der alle A b k o m m e n schriftlich niedergelegt und dem Ministerium für Handel und Industrie vorgelegt werden müssen. Nach dem Krieg wurde jedoch v o n den privaten Unternehmungen heftige Kritik daran geübt, daß kein genügender Schutz gegen staatliche Beeinträchtigung vorhanden sei. „ E i n e Revision der Verordnung ist dementsprechend in den letzten beiden Jahren in Angriff genommen worden". In Italien wurde im Frühjahr 1950 ein Gesetzentwurf vom Ministerrat genehmigt, der die Kontrolle über Industrie- und Handelskartelle vorsah. I n England wurde am 30. Juli 1948 ein Monopolgesetz erlassen, welches die Untersuchung monopolistischer Marktbedingungen gestattete. „ D a s Gesetz verbietet weder A b k o m m e n zur Beschränkung des Wettbewerbs noch erklärt es diese für ungültig, noch ist es gegen die Konzentration wirtschaftlicher Macht als solche gerichtet. E s hat jedoch einen Apparat geschaffen, der Marktbedingungen beseitigen kann, sobald festgestellt wird, daß durch sie das öffentliche Interesse auf Grund monopolistischer oder wettbewerbsbeschränkender Praktiken beeinflußt wird". In Frankreich wurde im Frühjahr 1950 ein Gesetzentwurf über die Kontrolle von Kartellen angenommen. E s wurde betont, daß Kartelle durchaus nicht

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zu können wie ihre europäischen Partner. „Wenn die Mehrzahl der künftigen Glieder einer europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dem Kartell als Ordnungsmittel der Marktwirtschaft grundsätzlich eine Daseinsberechtigung oder gar -notwendigkeit zuerkennt und darüber hinaus diesem Instrument wichtige Aufgaben im Rahmen der europäischen Wirtschaftsintegration beimißt, würde es eine nicht vertretbare Diskriminierung bedeuten, wenn in Deutschland eine Kartellverbotsgesetzgebung, verbunden mit einem bürokratischen Genehmigungs- und Kontrollsystem, erlassen würde. Man wird daher erwarten können, daß im Rahmen der gesamteuropäischen Organisationen, die sich mit den Problemen eines gemeinsamen internationalen Kartellrechts befassen, eine Abstimmung zwischen den deutschen und den übrigen Ländern erfolgt. Hierüber werden insbesondere die umfangreichen Vorarbeiten des Europarates von besonderem Wert sein". 45 Es begann eine intensive Propaganda in der deutschen Öffentlichkeit für die Notwendigkeit von Kartellen. In einer Stellungnahme der eisenverarbeitenden Industrie sprach man sich zum Beispiel kompromißlos für Markt- und Preisabsprachen aus. Man begründete diese Forderung damit, daß durch den Kriegsausgang wichtige Absatzgebiete im Osten Deutschlands und bedeutende Exportmärkte verloren gegangen seien. Der Beschäftigungsmangel habe zu einem als ruinös zu bezeichnenden Preiskampf nicht nur am Inlandsmarkt, sondern auch auf den Außenmärkten geführt. Außerdem seien auch die europäischen Konkurrenzindustrien kartelliert.46 In einem offenen amerikanisch-deutschen Briefwechsel unter dem Motto „Antitrust und europäische Kartellfrage" wurde die Behauptung „Deutschland braucht Kartelle" von einem nichtgenannten deutschen Industriellen folgendermaßen begründet: „Ich denke, daß Preisabkommen noch aus gewichtigeren Gründen in manchen Zweigen einer armen Volkswirtschaft wie der unseren gerechtfertigt sind. Neben der Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Krisenzeiten ist nach meiner Ansicht die Hauptaufgabe von Kartellvereinbarungen: 1. Um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen, scheinen gewisse .Regeln', die die fairen und unfairen Geschäftsmethoden definieren, in vielen Industriezweigen notwendig zu sein . . . 2. Die Produktivität und Massenproduktion der Einzelbetriebe durch Abkommen über Rationalisierung, Standardisierung usw. zu fördern . . . Ich denke jedoch, daß es für die Struktur und den Charakter der europäischen Wirtschaft angemessen ist, diese technische immer schädlich,

sondern für die Gesamtheit sehr vorteilhaft sein können.

Nur müßten eine Reihe Maßnahmen zur Kontrolle der Kartelle und „wettbewerbsbeschränkende

Geschäftspraktiken" getroffen werden.

gegen

(Müllen-

siefen, Europa und seine Kartelle, in: Der Volkswirt, v. 4. 5. 1951.) 45

Der Volkswirt v. 4. 5. 1951.

46

Die Welt v. 3. 7. 1950. — I n einer Erklärung der Handelskammer H a m b u r g hieß es: „ D i e Handelskammer . . . betont, daß Absprachen, wie sie zum Beispiel die eisenschaffende Industrie bezüglich ihres Eisenexportes und der Versorgung der weiterverarbeitenden Fabrikanten intern getroffen hat, vorzuziehen sind". (Außenhandelsdienst

6

v. 1. 2. 1951.)

Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus

82

I I I . Die O E E C und die E Z U

Zusammenarbeit auf Vertragsbasis zwischen unabhängigen Unternehmungen durchzuführen'' .47 Schließlich hatte der Ministerausschuß des Europarates, in dem die Bundesrepublik als gleichberechtigtes Mitglied aufgenommen wurde, im März 1951 einen Entwurf einer europäischen Konvention für die Kontrolle internationaler Kartelle fertiggestellt. Nach dem Entwurf sollte eine europäische Kartellbehörde befugt sein, die Kontrolle über alle europäischen Kartelle auszuüben. Sie konnte Klagen gegen Kartelle entgegennehmen, die gegen die als statthaft angesehenen monopolistischen Wettbewerbsmethoden verstoßen hatten. Die Kartellbehörde sollte ermächtigt werden, bei den zuständigen nationalen Gerichten einen Prozeß gegen die beschuldigten Kartelle zu führen.48 Dadurch sollte eine Verurteilung des beschuldigten Kartells erreicht werden, die in besonderen Fällen die Auflösung nach sich ziehen konnte.49 Aber schon die Bestimmung, den Prozeß vor den nationalen Gerichten austragen zu lassen, machte diese europäische Kartellaufsichtsbehörde zu einer wirkungslosen Institution. Denn die nationalen Gerichte konnten sich nur auf die in ihrem Lande bestehenden Gesetze stützen, die, wie bekannt, in den meisten Fällen Kartellabsprachen, besonders Exportkartelle, ermöglichten. Das westdeutsche Monopolkapital ergriff die sich bietende Gelegenheit und schuf sich die Voraussetzungen, um mit monopolistischen Methoden die Exportexpansion auf den europäischen Märkten voranzutreiben. Die ökonomische Grundlage hierfür bot die Konzentration der Exporte auf die größten westdeutschen Monopole. Für das Jahr 1950 wurden Zahlenangaben veröffentlicht, die eine Größenordnung der Ausfuhrfirmen und ihren Anteil an der Gesamtausfuhr der Bundesrepublik bekanntgaben. Bei einer Gesamtausfuhr der Bundesrepublik von 8977253000 DM im Jahre 1950 hatten allein 112 Firmen, mit einem Exportumsatz von jeweils mehr als 10 Millionen DM, einen Exportumsatz von insgesamt 3111660000 DM. Das machte 34,6 Prozent der Gesamtausfuhr der Bundesrepublik aus. Weitere 115 Firmen mit einem jeweiligen Exportumsatz von 5 bis 10 Millionen DM exportierten für insgesamt 762171000 DM. Ihr Anteil an der Gesamtausfuhr der Bundesrepublik betrug 8,5 Prozent. Und 722 Firmen mit einem jeweiligen Exportumsatz von 1 bis 5 Milli47 48

Der Volkswirt v. 19. 5. 1950. Die Prinzipien, auf die sich dieser Entwurf berief, waren offiziell den Grundregeln der Havannacharta

angepaßt.

Diese Charta verbot einerseits

mono-

polistische Praktiken, ließ aber andererseits soviel Ausnahmeregelungen

zu,

daß sie grundsätzlich das Kartellwesen bejahte und keinerlei Handhabe ihres Verbotes lieferte. Außerdem wurde der platonische

Charakter des

Verbots

schädigender Monopolpraktiken dieser Havannacharta auch dadurch bestimmt: „ M a n findet keinerlei Kriterium für das, was unter schädlicher Beeinflussung des internationalen Handels zu verstehen ist . . .

und in der Rohstoffproduktion

sind Marktabsprachen erlaubt". („Ein Holländer verteidigt die Kartelle" in: Handelsblatt v. 31. 10. 1949.) 49

Neue Zürcher Zeitung v. 23. 12. 1949; Der Volkswirt v. 4. 5. 1951.

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onen hatten einen Gesamtexportumsatz von 1413033000 DM, was 15,7 Prozent der Gesamtausfuhr der Bundesrepublik ausmachte. Faßt man die Zahlen zusammen, so ergibt sich, daß 112 Firmen im gesamten Bundesgebiet allein rund 35 Prozent aller deutschen Exporte im Jahr 1950 getätigt haben. Zieht man den Kreis weiter bis zu den Firmen, die einen Exportumsatz von über 1 Million DM haben, so zeigt sich, daß auf 949 Firmen fast 60 Prozent des Exportumsatzes entfallen.50 Für das Jahr 1955 konnte man die folgenden Zahlenangaben finden, die detaillierte Auskünfte über die Konzentration des westdeutschen Exportes auf einige wenige große Unternehmungen geben. Dazu werden die Exportumsätze der einzelnen Betriebe ins Verhältnis zum Exportumsatz des betreffenden Industriezweiges gesetzt. Somit ergibt sich, daß von den insgesamt exportierten Waren der Chemieindustrie in Höhe von 2,7 Milliarden Mark (1955) auf Millionen Mark Farbenfabriken Bayer A G , Leverkusen

546

Badische Anilin- & Soda-Fabrik A G , Ludwigshafen

461

Farbwerke Hoechst A G , Frankfurt/M. (Hoechst)

380

auf die drei Gesellschaften zusammen also

1387

entfielen, das sind mehr als 50 Prozent der Gesamtexporte der Chemieindustrie. In der elektrotechnischen Industrie exportierte der Millionen Mark Siemens-Konzern

466

AEG-Konzern

244

Hackethal Draht- und Kabel-Werke A G

112

Feiten & Guileaume-Konzern

102

Bosch A G

über

100.

Die drei ersten Unternehmen exportierten also fast einhalb, die vier ersten mehr als einhalb und alle fünf zusammen (1,024 Milliarden Mark) fast zwei Drittel der Gesamtausfuhr der elektrotechnischen Industrie in Höhe von 1,7 Milliarden Mark. Beim Fahrzeugbau entfielen 1955 über zwei Drittel des gesamten westdeutschen Kraftfahrzeugexports (nach Stückzahlen) auf die Volkswagen GmbH (44 Prozent), auf die Adam Opel AG (24,4 Prozent). Danach führten neun Unternehmen mehr als 50 Prozent des Gesamtexports der chemischen und elektrotechnischen Industrie sowie des Fahrzeugbaus aus, auf die insgesamt 31 Prozent des westdeutschen Industriewarenexports des Jahres 50

Außenhandelsdienst

v. 5. 7. 1951. —

Hier werden nur Zahlen über den Anteil der Firmen am E x p o r t u m s a t z angegeben, da sie für das T h e m a der Arbeit geeigneter sind. E s wird auf andere Angaben über die Konzentration der Produktion und des Kapitals verzichtet. 6»

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1955 entfielen. Berücksichtigt man noch den Maschinenbau, so dürften es weniger als 30 Unternehmen sein, die ein Viertel der gesamten westdeutschen Industriewarenausfuhr 1955 exportierten.51 Auf die Konzentration der Produktion und des Kapitals und auch dementsprechend des Exports gestützt, gingen die deutschen Imperialisten schon von Anbeginn ihres Exports nach dem zweiten Weltkrieg dazu über, im Inland hohe Monopolpreise festzusetzen, um auf den Exportmärkten mit Hilfe des monopolistischen Dumpings wieder Fuß fassen zu können.52 Damit war auch der Beweis erbracht, daß die alliierte Verbotsgesetzgebung 53 auf einen rein formalen A k t beschränkt war, da das Eigentum der Monopole sowie auch der Konzentrationsprozeß der Produktion und des Kapitals nicht aufgehoben waren. Außerdem waren die jeweiligen Monopolabsprachen schwer zu erfassen. Trotzdem konnten die alliierten Überwachungsorgane und die staatlichen Bonner Behörden an Hand der stabilen hohen monopolistischen

Inlands-Preise

und zahlreicher

anderer

untrüglicher Tatsachen feststellen, daß Produktion und Handel in der Bundesrepublik von Monopolen beherrscht waren. Aber die unmittelbare

Monopol-

praxis suchte sich diesen Einblicken zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses zu entziehen. Dabei spielte ständig für die Monopole der Umstand eine große Rolle, möglichst wenig Anhaltspunkte für eine „wirtschaftliche Machtzusammenballung" 51

52

53

Diese A n g a b e n w u r d e n unverändert e n t n o m m e n : Domdey, Karl-Heinz, Die Methoden und Probleme der A u ß e n h a n d e l s e x p a n s i o n der westdeutschen Monopole, Habilitationsschrift zur E r l a n g u n g der venia legendi an der W i r t schaftswissenschaftlichen F a k u l t ä t der H u m b o l d t - U n i v e r s i t ä t Berlin, J a n u a r 1958, S. 64, 65. D a s Berliner Wirtschaftsblatt brachte schon a m 23. September 1949 A u s z ü g e aus einem Monopolgutachten des wissenschaftlichen Beirates bei der V e r w a l t u n g f ü r W i r t s c h a f t . „ S o wurde durch öffentliche und geheime K a r t e l l a b r e d e n und andere A u s n u t z u n g v o n Machtverhältnissen a m M a r k t eine große A n z a h l v o n Preisen u n a b h ä n g i g v o n den allgemeinen B e w e g u n g e n des Preisspiegels überh ö h t und das Preisgefüge d a d u r c h v e r z e r r t . " (Siehe a u c h : Tagesspiegel v. 2. 8. 1949.) „ E s gibt in W e s t d e u t s c h l a n d w o h l keinen W i r t s c h a f t s z w e i g mehr, dessen Mitglieder nicht erneut in einem F a c h v e r b a n d z u s a m m e n g e f a ß t sind . . . Die W i r t s c h a f t s v e r b ä n d e sind in den letzten Jahren schon sehr a k t i v gewesen. O b w o h l M a r k t v e r e i n b a r u n g e n und Preisabreden f o r m a l untersagt sind, b e s t e h t nicht der geringste Zweifel daran, d a ß sie bereits wieder im g r ö ß t e n U m f a n g existieren. Der deutlichste Beweis d a f ü r ist die T a t s a c h e , d a ß die Preise, die nach der W ä h r u n g s u m s t e l l u n g stark in die H ö h e getrieben worden sind, seit der Jahreswende selbst in denjenigen W i r t s c h a f t s z w e i g e n k a u m nachgegeben haben, in denen A b s a t z und P r o d u k t i o n fühlbar gesunken s i n d " . ( „ K a r t e l l e , Parteien, R e g i e r u n g " in: Tägliche Rundschau v . 4. 9. 1949.) „ D i e H o h e K o m m i s s i o n fordert bis z u m 1 . 1 . 1950 Vollzugsmeldung, d a ß jede diskriminierende Maßnahme, jedes D u m p i n g und jede S u b v e n t i o n zur Unters t ü t z u n g derartiger M a ß n a h m e n zu unterbleiben h a t " . (Außenhandelsdienst v . 8. 12. 1949.) Alliiertes Gesetz N r . 56 und 78.

l. Die OEEC

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zu geben. In den über die moderne Monopolpraxis veröffentlichten Schriften und Artikeln wurde auf die Preisführerschaft als die herrschende Methode der Verschleierung der monopolistischen Preisvereinbarungen hingewiesen. „In der heutigen Marktstruktur existieren neben Monopolen aber auch noch sogenannte Gedankenkartelle, das heißt, ein größeres oder das größte Werk übernimmt die Price-Leadership, und die anderen Werke schließen sich wohl oder übel der Preispolitik des Führerbetriebes an. Auch diese Erscheinung ist nicht mit einem Kartellverbotsgesetz zu erfassen". 54 Als Sinn der hohen monopolistischen Binnenmarktpreise wurde die Möglichkeit bestätigt, dadurch auf den äußeren Märkten Dumping betreiben zu können. 55 Unter der Überschrift „Europäische Kartelle" berichtet unter anderem die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung" von zahlreichen internationalen Monopolabkommen, an denen die deutschen Imperialisten beteiligt waren: „Man beschloß so auf dritten Märkten mit Kampfangeboten ohne Rücksicht auf die Gestehungskosten dieser Konkurrenz entgegenzutreten. Mit den erforderlichen Angeboten wird jeweils eine der beteiligten Firmen beauftragt, bei Verteilung des Verlustes auf alle Mitglieder der Interessengemeinschaft. In der einen oder anderen Form müssen solche Verluste jedoch gedeckt werden. Am einfachsten geschieht es durch Zuschläge auf die Verkaufspreise innerhalb des eigenen Marktes, d. h. durch stillschweigende Bildung von Preiskartellen. Vorläufig arbeiten sie noch ebenso diskret wie in der Preisgestaltung zurückhaltend. Man begnügt sich mit kleinen Zuschlägen, die angeblich bei der Berechnung der Lebenshaltungskosten kaum ins Gewicht fallen. Nur vermag eine Verallgemeinerung dieser Methoden für den Verbraucher und bei Rüstungsgütern auch für den Steuerzahler recht kostspielig zu werden". 56 Die Bundesregierung unterstützte systematisch den Aufbau solcher Kartelle. Sie gab sich zwar durch ihren Vertreter, Bundeswirtschaftsminister Prof. Dr. Ludwig Erhard, nach außen als monopolfeindlich, schuf aber andererseits alle staatlichen Voraussetzungen, • die den Monopolen unbeschränkte Wirkungs54

„Das Kartellnetz ist nur ein Schreckgespenst" in: Süddeutsche Zeitung v. 25. 4. 1954. — Über den Mechanismus der Preisführerschaft schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 8. 7. 1950: „Ohne Vereinbarungen besteht stillschweigende Übereinkunft, daß alle Marktbeteiligten die Preisänderungen des .Führers' befolgen und von sich aus diese Preise nicht unterbieten. Meist fällt die Führerrolle der größten Firma zu, die durch unausgesprochene Androhung eines Preiskampfes ihre Mitkonkurrenten in Schach hält. Es besteht eine ,Gruppendisziplin', da jeder an einem friedlichen Marktverhalten interessiert ist, in Frieden leben will und deshalb auch andere unbehelligt läßt. Verstößt man gegen den Gruppengeist, so erregt man den allgemeinen Unwillen und veranlaßt die anderen Unternehmen zu einem Vorgehen, das dem Kampf von Kartellen gegen Außenseitern ähnlich sieht, aber nicht ausdrücklich vereinbart ist. Diese auf Preisführerschaft beruhenden Preise . . . werden im amerikanischen Schrifttum als starr und überhöht ähnlich wie die Monopolpreise bezeichnet".

55

Siehe spätere Ausführungen. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung

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v. 20. 4. 1955.

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I I I . Die O E E C und die E Z U

möglichkeiten boten. Jahrelang verzögerte darum die Bundesregierung die Ausarbeitung eines Kartellverbotsgesetzes, unterstützt durch die beharrliche Obstruktionspolitik der Monopole selbst. Schon 1950 versicherte Prof. Dr. Erhard auf einer Veranstaltung des Vereins zur Förderung des Hamburger Wirtschaftslebens, daß zur Förderung des Exporthandels rechtliche Möglichkeiten für Absprachen über Preise und Zahlungsbedingungen im Export geschaffen würden und daß darum in dem Kartellgesetzentwurf der Bundesregierung eine Ausnahme für die Exportkartelle vorgesehen sei.57 Dazu kamen aus Wirtschaftskreisen selbst lakonische Feststellungen, daß mit der Genehmigung von Exportkartellen zwangsläufig auch die Kartellisierung des Binnenmarktes gegeben sei. Denn ohne monopolistische Beherrschung des Binnenmarktes sei jeder Versuch einer erfolgreichen Offensive der Monopole auf den Außenmärkten illusorisch. Unter der Überschrift „Die Praxis lehnt das Kartellverbot ab" wurde zu der Ausnahmeerlaubnis des Gesetzentwurfes zur Bildung von Exportkartellen bemerkt: „Ausfuhrvereinbarungen ohne gleichzeitige Verständigung über den Inlandsmarkt seien unmöglich. Im Grunde erwarte das auch niemand und deshalb gehe der Gesetzentwurf von einer falschen Voraussetzung aus." 58 Schon Anfang 1953 berichtete die „New York Times" von einer Besprechung zwischen Regierung und Industrie über den Kartellverbotsgesetzentwurf, der in seinen ersten Paragraphen zwar die Gründung von Konzernen verbiete, dann aber bewußt alle nur denkbaren Ausnahmen in den weiteren Paragraphen zuließe. Es sei auch Einigung über die Beteiligung an internationalen Zusammenschlüssen erzielt worden.59 In Übereinstimmung mit der interalliierten Dekartellisierungs- und Entflechtungsbehörde (DIDEG) wurde dann das Bundeswirtschaftsministerium ermächtigt „im Rahmen des Regierungsentwurfes des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen . . . Ausnahmen vom grundsätzlichen Kartellverbot zu genehmigen, sofern es sich um Krisen-, Rationalisierung- und Exportkartelle handelt". 60 Als außenpolitisch und innenpolitisch die Herrschaft der Monopole in der Bundesrepublik stabilisiert war, wurde dann schließlich am 27. Juli 1957 das sogenannte „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen" erlassen, das zwar im Paragraph 1 grundsätzlich Kartelle verbot, aber durch seine Ausnahmebestimmungen faktisch jede Kartellierung zuließ. Dazu gehören auch nach Paragraph 6 Exportkartelle, die einheitliche Preis- und Absatzbedingungen gegenüber ausländischen Käufern bestimmen können. Die tatsächüche Entwicklung der Kartelle auf dem Binnenmarkt und Außenmarkt bestätigte somit dieses Antikartellgesetz als Kartellerlaubnisgesetz.61 57 58 59 60 61

Außenhandelsdienst v. 7. 12. 1950. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 30. 4. 1952. New York Times v. 28. 4. 1953. Die Neue Zeitung v. 18. 3. 1954. In der vor dem Bundestag stattfindenden Debatte über eine große Anfrage der C D U zur „ Z u s a m m e n b a l l u n g von wirtschaftlicher M a c h t " gab Bundeswirtschaftsminister Erhard ein typisches Beispiel der Spiegelfechterei der Bundes-

l . Die O E E C

87

Uber die Anzahl und den Charakter der Exportkartelle konnte man jedoch kaum authentische Hinweise erhalten. Selbst die dem Kartellamt bekannten Exportkartelle wurden nicht immer veröffentlicht. Auch der Präsident des Kartellamtes der Bundesregierung Dr. Eberhard Günther, teilte dazu nur kurz mit, daß von 103 Kartellanträgen 37 auf Exportkartelle entfielen.62 Und über den Charakter öffentlich bekanntgewordener Exportkartelle wurden ebenfalls sehr allgemein gehaltene Angaben gebracht. So erfuhr man von dem Exportkartell der Blankstahl-Exportgemeinschaft, daß sich die Mitglieder verpflichteten, deutsche Exporthändler durch Vertrag zu verpflichten, nur zu Preisen und Bedingungen auf den Exportmärkten anzubieten und zu verkaufen, die die Gemeinschaft vorschreibt.63 Auch das Exportkartell der Exportgemeinschaft Sechseckdrahtgeflecht gab nur sehr wenige Anhaltspunkte. Dieses Kartell sei auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Mitglieder wären verpflichtet, mit den Exporteuren bei allen Ausfuhrgeschäften Vereinbarungen zu treffen, durch die die Einhaltung der festgesetzten Preise und Bedingungen sichergestellt würde.64 So gering all diese Daten aber auch sein mögen, so genügen sie doch, um zu beweisen, daß die westdeutschen Monopole allgemein ihren Anspruch durchgesetzt hatten, eine monopolistische Aufteilung des Binnen- und Außenmarktes nach den jeweiligen Interessen und Machtverhältnissen vorzunehmen. Die deutschen Monopole nutzten die wiedergewonnene Handlungsfreiheit, und untermauerten sie durch internationale monopolistische Absprachen, besonders durch die staatsmonopolkapitalistische Aufteilung des europäischen Marktes vermittels der OEEC. Obgleich es sehr schwierig ist, monopolistische Abmachungen im einzelnen festzustellen, wurde jedoch ihr Vorhandensein sowie die maßgebliche deutsche Beteiligung an ihnen allseitig bestätigt. „Nachdem nunmehr die Grundlagen für eine engere Zusammenarbeit geschaffen sind und sich ein befriedigendes Vertrauensklima entwickelte, besteht die Möglichkeit zu mehr oder weniger klassischen und offiziellen Kartellabsprachen. Dabei handelt es sich keineswegs um Einzelerscheinungen, sondern um eine sehr deutliche europäische Gesamttendenz, die für die weitere Gestaltung der nationalen und kontinentalen Wirtregierung. Einerseits erklärte er: „Wir werden gefährliche Machtkonzentrationen nicht dulden" ohne zu erklären, wann ein solcher Fall als gefährlich anzusehen sei, aber andererseits, schreibt Die Welt: „Minister Erhard sagte, die Bundesregierung sehe nicht jede Zusammenballung wirtschaftlicher Macht schlechthin als unerwünscht an. Das Wachstum des Betriebes und der Zusammenschluß mehrerer Betriebe sei sogar zu begrüßen, wenn dadurch die Grundlage für eine dauerhafte Leistungsfähigkeit geschaffen werde . . . Die Bundesregierung will deshalb nach seinen Worten nicht gegen Zusammenschlüsse vorgehen, die die Produktion von Gütern verbilligen und zu einer größeren Stabilität führen". (Die Welt v. 16. 10. 1959.)

62 63 64

Siehe auch die ausführlichen Ausführungen der Berichte des Deutschen W i r t schaftsinstituts, 6/1961. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 1. 10. 1958. Die Welt, Hamburg, v. 20. 8. 1958. VWD-Wirtschaftsspiegel v. 30. 9. 1958.

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III. Die O E E C und die E Z U

schaftsstruktur von nicht geringer Bedeutung ist". 65 In dem gleichen Artikel wurde aber festgestellt: „Soweit Kartellabsprachen vorliegen, sind sie inoffiziell und daher nicht leicht zu erfassen".66 Oder in einem anderen Aufsatz unter dem Titel „Europäische Kartelle" heißt es: „Diese verschiedenen Kartellisierungsbestrebungen entziehen sich der öffentlichen Kontrolle. Gegenmaßnahmen sind um so schwerer möglich, als die Kartellabsprachen jeweils nur gerüchteweise und in Form unverbindlicher Indiskretionen zu erfahren sind. Ihr Vorhandensein steht jedoch außer Zweifel, ebenso wie die maßgebende deutsche Beteiligung an sämtlichen Vereinbarungen dieser Art". 6 7 Als Beweggrund dieser Absprachen wurde angegeben, daß man es sich nicht leisten könne, seine Kräfte in gegenseitiger sinnloser Konkurrenz zu „vergeuden" 68 und man es für erforderlich erachte, die europäischen Interessen gemeinsam gegen ferne Konkurrenz zu verteidigen, das heißt, „vorwiegend gegen den Ostblock, Japan und die USA". 6 9 Die internationalen Monopolabsprachen beinhalteten allgemeinen Erfahrungsaustausch, Arbeitsteilungs- oder auch Spezialisierungsabkommen und Marktabsprachen, einschließlich Preisvereinbarungen. Abgesehen von der Montanunion, der ein entscheidender Anstoß zur internationalen europäischen monopolistischen Marktaufteilung zuzuschreiben ist 70 , kam es auf dem bedeutenden Gebiet der Metallverarbeitung und der chemischen Industrie zu monopolistischen Vereinbarungen. So konnte nach mehrmaliger britischer Gleichgültigkeit Anfang November in Paris mit aktiver britischer Beteiligung die Gründungsversammlung eines europäischen Verbandes der metallverarbeitenden Industrien stattfinden. Wider Erwarten beschloß ferner die britische Baumwollindustrie, sich an dem Sonderausschuß, der den europäischen Organisationsplan der europäischen Baumwollindustrien verwirklichen sollte, zu beteiligen . . . Im Vordergrund stand die zwischeneuropäische Arbeitsteilung, mitunter ergänzt durch Marktabsprachen, die zur Not in den Rahmen der Spezialisierung hineinpassen. Verschiedene Ansätze dieser Art wurden auch auf dem weiten Gebiet der Metallverarbeitung beobachtet. Ferner mit gewissen Vorbehalten und „noch größerer Diskretion" in der Chemie. Ausgangspunkt bildeten dabei meistens zweiseitige Vereinbarungen zwischen französischen und deutschen Industriellen.71 Die Absprachen zwischen den deutschen und französischen Industriellen durchziehen die „europäischen Einigungsbestrebungen" von Anbeginn. Schon am 65 66 67 68 69 70

71

Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 20. 11. 1954. Ebenda. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 20. 4. 1955. Ebenda. Ebenda. „Die europäischen Bestrebungen führten nicht zuletzt durch die Montanunion zu einer engeren Fühlungnahme zwischen den Industriezweigen der einzelnen Länder. Man darf heute behaupten, daß die private industrielle Zusammenarbeit innerhalb Westeuropas größere Fortschritte machte als die politische". (Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 20. 4. 1955.) Deutsche

Zeitung

und Wirtschaftszeitung

v. 20. 11. 1954.

i. Die O E E C

89

17. Juni 1950 berichtete die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung", daß die unverbindlichste Art des Zusammenfindens der europäischen Privatwirtschaft die Fühlungnahme zwischen Industriegruppen zweier Länder und die beinahe laufend stattfindenden deutsch-französischen Besprechungen seien. Im Jahre 1951 wurde hierzu vom Conseil National du Patronat Français und dem Bundesverband der Deutschen Industrie ein deutsch-französisches Industrie-Kommité gegründet, das in regelmäßigen Abständen tagte. 72 1952 wurde von der französischen EBM-Gruppe — der französischen Spitzenorganisation der Eisen- und Metallverarbeitung — und dem deutschen Wirtschaftsverband EBM das deutschfranzösische EBM-Kommité geschaffen (Comité-Franco-Allemand). Auf seiner zweiten Arbeitssitzung am 30. September 1953 in Felderfing, bei München, wurde über gemeinsam festzulegende Exportpreise verhandelt. Dabei ging es nicht nur um Absprachen, die den französischen und deutschen Markt betrafen, sondern auch um Absprachen, die sich „über den Rahmen dieser beiden Länder hinaus auf eine Anzahl internationaler Märkte" 73 bezogen. Die auf diesen Tagungen erzielten Übereinkommen sollten die Grundlage der deutsch-französischen Einigung im europäischen Maßstab bilden. Ebenso kam es später zu einer engeren Zusammenarbeit deutscher und französischer Monopole in der Produktion von Rüstungsmaterial. Sie erstreckte sich über Panzer, Flugzeuge, Raketen und atomare Waffen im Rahmen des Rüstungsdreiecks Bonn—Paris—Rom.74 Die für die Exportexpansion der westdeutschen Monopole sehr wichtige, entscheidende internationale Monopolvereinigung, die eine direkte Aufteilung des gesamten europäischen Marktes unter die ihr angehörenden Mitglieder vornahm, war jedoch die OEEC. Gestützt auf die Wiederaufrichtung ihrer eigenen Monopolverbände und in direkter Vereinbarung mit den an der OEEC beteiligten Imperialisten der anderen europäischen kapitalistischen Staaten wurde diese internationale staatsmonopolkapitalistische Institution gegründet und von den einzelnen monopolistischen Gruppen der Mitgliedsländer unmittelbar geleitet. Schon die durch die OEEC zu treffenden Entscheidungen über die Aufhebung der Kontingentierung im innereuropäischen Warenverkehr wurde von der vorherigen Einigung der deutschen und französischen Monopole abhängig gemacht. „Auf französischer Seite wurde betont, daß die Voraussetzung für eine Integrierung des europäischen Raumes das Vorhandensein von Absprachen sei. Auch die Liberalisierung und die Zollpolitik könnten unter veränderten Gesichts72

73 74

Industrie-Anzeiger v. 13. 10. 1953. — Außerdem schrieb die Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 17. 6. 1950 über den Sinn dieser internationalen Industrieverbände: „ D e r nächste Schritt ist dann meist die Bildung internationaler Industrieverbände . . . Trotz all dieser Vorzüge erwecken diese neuen Tendenzen der europäischen Wirtschaftsentwicklung ernste Bedenken : die Gefahr der internationalen Kartellierung . . . E s wird auch allgemein nicht abgeleugnet, daß man sich nicht ungern über Kartellfragen unterhält". Industrie-Anzeigerv. 10. 11. 1953. Hellborn, Rudolf, Rüstungsdreieck Bonn — Paris — Rom, in : Militärpolitik, Berlin, H e f t 12/1959.

go

III. Die O E E C und die E Z U

punkten betrachtet werden, wenn Marktabsprachen ermöglicht würden". 75 Und weiterhin wurden die von der dann gegründeten OEEC getroffenen Empfehlungen zur Aufhebung der Kontingentierungen unmittelbar von den Entscheidungen der Monopole abhängig gemacht. „Privatwirtschaftliche Gruppen und Verbände sind in der letzten Zeit innerhalb Westeuropas stärker in den Vordergrund getreten. Sie erstreben offenbar, die Initiative für weitere wirtschaftspolitische Zusammenarbeit in wirtschaftlichen Dingen in die Hand zu bekommen. Den Anstoß hierzu gab die von der Europäischen Wirtschaftsorganisation in Paris (OEEC) oft gegen den Wunsch der Privatwirtschaft beschlossenen Liberalisierung des inneneuropäischen Handels . . . Industrie und Landwirtschaft versuchen weiteren staatlichen Vereinbarungen durch rechtzeitig abgeschlossene internationale Vereinbarungen vorzugreifen". 76 Darum wurde auch kritisiert, daß sich die Europäische Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) nur aus Regierungsvertretern der Mitgliedsstaaten der OEEC zusammensetze. Es wurde vorgeschlagen, ein zentrales Kontaktbüro der Wirtschaftsverbände der Mitgliedsländer der OEEC in Paris zu schaffen. Durch dieses Kontaktbüro sollte eine ständige Verbindung zwischen den Wirtschaftsverbänden der beteiligten Länder geschaffen werden. Von diesem Gremium sollten auch die Durchsetzung der Interessen der Monopolisten bei den von der OEEC behandelten Fragen gesichert werden.77 Dazu wurde der „Rat der europäischen Industrieverbände" in Paris gegründet und offiziell von der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) als Interessenvertretung der Industrieverbände bei der OEEC anerkannt. Die Bundesrepublik war durch Fritz Berg vertreten. 78 Die Industrieverbände bestimmten in jeder Phase die von der OEEC getroffenen Liberalisierungsmaßnahmen und legten sogar nach wechselseitigen Vereinbarungen Kontingente für die Waren fest, die selbst auf Grund der Liberalisierungsempfehlungen der OEEC kontingentlos zu liefern waren. „Bedenklich stimmen ferner verschiedene, bisher durchaus geglückte Versuche, die Liberalisierungsmaßnahmen der Regierung für die eine oder andere Ware durch die Festsetzung von Privatkontingenten zu begegnen. Dies bedeutet, daß sich die betreffenden Firmen verpflichten, keine Ausfuhren nach den beteiligten Ländern mehr durchzuführen, sobald das gemeinsam vereinbarte Kontingent erschöpft ist". 79 Auch in den Handelsvertrags Verhandlungen zwischen den einzelnen Staaten, die stets auf Grundlage der von der OEEC gegebenen Empfehlungen durchgeführt wurden, schalteten sich die Industrieverbände mehr als bisher und direkt ein. „Eine zweite Stufe sind die von den interessierten Industrien in Vorbereitung von Handelsverträgen festgesetzten Ein- und Ausfuhrkontingente. So trafen sich Anfang Juni in Paris deutsche und französische Hersteller von feuerfestem Material und beschlossen, ihren Regierungen für die Zeit vom 1. Juli 1950 bis zum 30. Juni 75 76 77 78 79

Industrie-Anzeiger v. 10. 11. 1953. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung Frankfurter Rundschau v. 10. 2. 1950. Neue Zürcher Zeitung v. 11. 3. 1950. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung

v. 17. 6. 1950.

v. 20. 4. 1955.

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

91

1951 eine deutsche Lieferung nach Frankreich von 50000 Tonnen feuerfestem Material zu empfehlen. W ä h r e n d in der Vergangenheit die Industrien bei Handelsvertragsverhandlungen nur unregelmäßig zu R a t e gezogen wurden und sich meist über die mehr oder weniger willkürlichen Kontingentfestsetzungen durch B e a m t e beklagten, treten sie nun selbst hervor und lassen ihren Regierungen keine andere Wahl, als ihre privaten Vereinbarungen in die staatlichen A b k o p i m e n zu übernehmen". 8 0 Die von der O E E C betriebene Handelspolitik der schrittweisen A u f h e b u n g der Kontingentierungen im innereuropäischen Handel wurde also unmittelbar v o n den Monopolen gesteuert und teilweise durch eigene Kontingentabsprachen konkretisiert. Die O E E C war eine direkte internationale Institution der Monopole, in der die Regierungsvertreter der beteiligten Staaten im unmittelbaren A u f t r a g der betreffenden Industrieverbände u m die A u f t e i l u n g des europäischen Marktes verhandelten. Die O E E C erwies sich als Institution von staatsmonopolkapitalistischem Charakter.

2. Die Exportexpansion

vermittels der OEEC

Die von deutschen Imperialisten betriebene Handelspolitik, sich besonders vermittels der O E E C den gesamten europäischen kapitalistischen Markt zu eröffnen, hatte u. a. den gewünschten Erfolg, da die Existenz der O E E C in die Periode des allgemeinen zyklischen Aufschwungs der kapitalistischen Produktion fiel. Diese Handelspolitik entsprach den Bedürfnissen der Monopole der kapitalistischen Länder nach Ausdehnung ihrer Kapazitäten. E s entwickelte sich besonders eine steigende Nachfrage nach Produktionsmitteln. U n d da auf dem westeuropäischen Kontinent entwickelte kapitalistische Industriestaaten existierten, konnten deren Industrien auch bedeutende A u f t r ä g e von Produktionsmitteln vergeben. Hinzu k a m , daß Westdeutschland vor dem zweiten Weltkrieg viele dieser kapitalistischen Länder mit Industrieerzeugnissen, besonders mit Produktionsmitteln beliefert hatte. Gerade in der Nachkriegszeit benötigten nun diese Länder E r s a t z und Erweiterungsausrüstungen. Sie stützten sich besonders auf die westdeutsche Industrie, die hierfür große K a p a z i t ä t e n und auch die erforderliche Arbeitserfahrung besaß. 8 1 Unter diesem Gesichtspunkt konzentrierte sich die Handels80 Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 17. 6. 1950. 8 1 Siehe auch Prof. Dr. / . L. Schmidt, Der Nachkriegszyklus in Westdeutschland und die beginnende Wirtschaftskrise, Berlin 1959, S. 123. — „Einem Einwand soll hier besonders entgegengetreten werden, nämlich dem, daß hochindustrialisierte Länder nicht auf die Dauer erfolgreich Handel miteinander treiben können. Gerade das Gegenteil ist der Fall: Für den deutschen Export bieten sich noch weite Absatzmöglichkeiten". (Außenhandel, 7/1949.) — „ D i e Industrialisierung hat zur Folge, daß die Konsumgüter zurücktreten und die Produktionsmittel immer mehr Vorrang gewinnen . . . Die westdeutschen Exportziffern zeigen bei den Produktionsmitteln des Maschinenbaus, der Fahrzeugindustrie, der Elektro-

92

III. Die O E E C und die E Z U

politik des westdeutschen Monopolkapitals gerade auf Westeuropa, und seine führenden Vertreter forderten „die freie Entfaltung des Handelsverkehrs besonders zwischen den Ländern Europas". 82 Die Expansion auf diesen bedeutenden Exportmärkten sollte das profitable Geschäft sichern, das sie aus der allgemein wirtschaftlichen „Konjunktur" ziehen wollten. Diese Expansion sollte auch dem Aufschwung ihrer inländischen Produktion zusätzliche Antriebskraft verleihen. „Expansion bleibt das Ziel unserer Außenhandelspolitik . . . die Ausweitung des Exports bleibt das Mittel zur Fortführung der deutschen Binnenkonjunktur". 83 Die deutschen Imperialisten waren darum an der „europäischen Einigung" nur soweit interessiert, als sie dem Expansionsstreben ihrer Industrie förderlich war. Und einige handelspolitische Schwärmer, die die Europapolitik des westdeutschen Monopolkapitals wörtlich nahmen und für die Waren der deutschen Industrie das Warenzeichen ,Made in Europe' vorschlugen, wurden belehrt, daß man das Zeichen ,Made in Europe' ablehnen müsse, „weil ,Made in Germany' durchschlagender ist". 84 Es gab noch einen wichtigen Grund für Westdeutschland, vermittels der OEEC auf den westeuropäischen Märkten Fuß zu fassen. Die deutschen Imperialisten hatten keine direkte ökonomische und politische Verfügung über außereuropäische Absatzmärkte und Rohstoffquellen. Durch ihre Niederlage im zweiten Weltkrieg hatten sie eine besonders empfindliche Machteinbuße erlitten, die es ihnen nicht erlaubte, die übrigen imperialistischen Kolonialmächte zur Preisgabe oder Öffnung ihrer Einflußgebiete zu bewegen. Auf dem westeuropäischen Markt bot sich ihnen nun die Möglichkeit, durch den Export von Fertigwaren, besonders

82

industrie, der Feinmechanik und Optik, ebenso wie die Exportquoten, eine deutlich steigende Tendenz". (Außenhandelsdienst v. 1. 5. 1952.) Prof. Dr. Erhard, Bundeswirtschaftsminister, auf der Tagung der Außenhandelskammer am 9. Februar 1952 in Köln. ( A u ß e n h a n d e l s d i e n s t v. 15. 5. 1952.) — Auf einer Kundgebung zur Exportförderung am 9. März 1950 in Bonn, sprach Bundeswirtschaftsminister Prof. Dr. Erhard über Grundsätze zur Exportpolitik. „Der Drehpunkt des wirtschaftlichen Geschehens sei der Außenhandel, besonders der Export. . . Deutschland habe nicht auf Befehl liberalisiert, sondern aus ernster Überzeugung heraus". (Außenhandelsdienst v. 16. 3. 1950.) — Der Außenhandelsdienst v. 21. 2. 1952 berichtete auch von einer Plenartagung des Außenhandelsausschusses des Bundesverbandes der deutschen Industrie in Köln, daß die Industrie in der „internationalen Zusammenarbeit eindeutig zur O E E C " neige, da dadurch „allen Leistungszweigen günstigste Expansionsmöglichkeiten gegeben seien".

83

Prof. Dr. Ludwig Erhard, Handelsblatt v. 23. 12. 1953. „Mehr noch als aus den weltwirtschaftlichen Gegebenheiten, erklärt sich nach Ansicht der B d L die starke Exportzunahme 1953 aber wahrscheinlich daraus, daß die Verfassung des Binnenmarktes, d. h., daß die inneren Absatzmöglichkeiten mit der Vergrößerung der Produktionskapazität nicht Schritt hielten und die Industrie daher darauf angewiesen war, für ihre steigende Produktion ein Ventil auf den ausländischen Absatzmärkten zu suchen". (Außenhandelsdienst v. 13. 5. 1954.)

84

Industriekurier

v. 15. 11. 1949.

2. D i e E x p o r t e x p a n s i o n v e r m i t t e l s der O E E C

93

von Produktionsmitteln, Handelsüberschüsse zu erzielen, die die anderen europäischen kapitalistischen Industriestaaten gegenüber Westdeutschland verschulden ließen. Zur Abdeckung dieser Schulden konnte Westdeutschland auf den Kauf von dringend benötigten Rohstoffen aus den von ihren Schuldnern abhängigen Gebieten bestehen. Wie dringlich gerade die Verschuldung der westeuropäischen Kolonialmächte an Westdeutschland für das Wachstum des deutschen Imperialismus war, zeigt sich in den beschwörenden Kommentaren der westdeutschen Wirtschaftspresse. Denn als die Bundesrepublik zu Anfang der „Liberalisierung" gegenüber Frankreich und Großbritannien selbst verschuldete, schrieb unter der Uberschrift „Schicksalszahlen des deutschen Außenhandels" der „Außenhandelsdienst", das Außenhandelsorgan der westdeutschen Wirtschaft: „Für 116 Millionen Dollar Waren aller Art führten wir im Verlauf des Jahres 1950 aus Großbritannien in das Gebiet der Bundesrepublik ein, für 86 Millionen Dollar führten wir nach Großbritannien aus. 164 und 146 Millionen Dollar sind die entsprechenden Zahlen für die deutsche Ein- und Ausfuhr aus und nach Frankreich. Diese nüchternen Zahlen mögen auf den ersten Blick harmlos erscheinen. Aber es verbirgt sich in ihnen handelspolitische Dramatik. Sie sind nicht mehr und nicht weniger als Schicksalszahlen des deutschen Nachkriegsaußenhandels". Gegenüber England und Frankreich verschuldet zu sein, hieße ein für alle mal einen Ausgleich der Zahlungsbilanz zu begraben. Vor dem Krieg habe Deutschland einen Exportüberschuß bei England, Frankreich und Holland von einigen 100 Millionen Dollar gehabt. So konnte das Defizit im Warenaustausch mit den überseeischen Kolonialgebieten und wirtschaftlich abhängigen Ländern des Sterling-Blocks und des Franc-Gebietes gedeckt werden. „Es gab . . . für Deutschland als Land ohne Kolonien und ohne monetäre Einflußgebiete gar keinen anderen Weg, als sich durch einen Überschuß im Austausch mit den Mutterländern des Franc-Raumes und des Sterling-Blocks die Devisen zu beschaffen, die es zur Deckung des Passivum im Warenverkehr mit den Kolonien und wirtschaftlich abhängigen Gebieten dieser gleichen Mutterländer brauchte". Das sei auch heute so. Darum sei es unbedingt notwendig, im Handel mit Frankreich und Großbritannien einen Überschuß zu erzielen.85 Durch Ausnutzung der OEEC wollten die westdeutschen herrschenden Wirtschaftskreise auch in den abhängigen und kolonialen Gebieten der westeuropäischen Kolonialmächte unmittelbaren Einfluß gewinnen. Wiederholt unternahmen sie durch ihre Vertreter in der OEEC Vorstöße, um auch diese Gebiete durch die OEEC für ihren Handel öffnen zulassen. „Die schweizerische Delegation beantragte u. a. mit deutscher Unterstützung einen Beschluß, daß nunmehr die 83

Außenhandelsdienst

v . 12. 4. 1 9 5 1 .



Die

Saarbrücken

Zeitung

forderte in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g e b e n f a l l s die Ö f f n u n g „ d e s

v . 10. 4. 1 9 5 1

Kolonialmarktes

v o n Frankreich und E n g l a n d " unter dem Titel „ D i e deutsche K r i s e " . — „ D u r c h die L i b e r a l i s i e r u n g in der E Z U u n d der d a d u r c h s t a r k g e s t i e g e n e n U m s ä t z e m i t Westeuropa

ist der ü b e r w i e g e n d e T e i l unserer E x p o r t k a p a z i t ä t

a n die

west-

lichen E u r o p a m ä r k t e g e b u n d e n , die n u r zu e i n e m v e r h ä l t n i s m ä ß i g k l e i n e n T e i l R o h s t o f f e liefern k ö n n e n " . (Außenhandelsdienst v . 1. 3. 1 9 5 1 . )

94

H I - D i e O E E C u n d die E Z U

überseeischen Gebiete der OEEC-Länder die gleichen Liberalisierungsverpflichtungen übernehmen sollten wie die Teilnehmerländer selbst". 86 Diese Anträge blieben erfolglos.87 Aber die überlegene ökonomische und finanzielle Kraft, die die deutschen Imperialisten gegenüber den anderen OEEC-Ländern mit der Zeit gewannen, erlaubte ihnen schließlich, einen entscheidenden Einbruch in die kolonialen und abhängigen Länder durch die Konstituierung der EWG zu erzielen. Nachdem die OEEC-Beschlüsse wirksam geworden waren, die eine schrittweise Aufhebung der Kontingentierungen der Einfuhr der ihr angehörenden Länder vorsahen, war die Bundesrepublik in eine schwerwiegende passive Zahlungsbilanz gegenüber der EZU geraten. Sie wurde hauptsächlich zum SchuldnerFrankreichs und Großbritanniens.88 Um nicht in die Lage restloser Zahlungsunfähigkeit zu geraten, mußte schließlich von Westdeutschland die Kontingentierung wieder eingeführt werden. Vom 21. Februar 1951 an wurde die zeitweilige Aussetzung der „Liberalisierungsfreiliste verkündet". 89 Westdeutschland unternahm große Anstrengungen, um der in der OEEC gegebenen Expansionschancen nicht verlustig zu gehen. Es wurde erklärt, keineswegs auf die von der OEEC eingeschlagene Handelspolitik der „Liberalisierung" verzichten zu wollen; und auch betont, daß an dem „Prinzip der Liberalisierung als einem Grundpfeiler der deutschen Handelspolitik unter allen Umständen festgehalten wird". 90 Durch forcierte Exportexpansion würde die Bundesrepublik die Verschuldung überwinden.91 In dieser für die deutschen Imperialisten kritischen Lage, in der schon von anderen OEEC-Mitgliedern Gegenmaßnahmen gegen die deutsche Einfuhrbehinderung angedroht wurden92, riefen sie besonders die Hilfe „der USA zur Aufrechterhaltung des gesamten Systems . . . der Liberalisierung" an.93 Durch Gewährung eines von 86

Industriekurier

v . 12. 9. 1950.

87

Industriekurier

v . 4. 8. 1 9 5 1 .

88

„Unsere

größten

zusammen

150

Gläubiger

Millionen

sind

Dollar".

Großbritannien (Deutsche

und

Zeitung

Frankreich und

mit

jetzt

Wirtschaftszeitung

v . 28. 2. 1951.) 89

Außenhandelsdienst

v . 1. 3. 1 9 5 1 .

90

Außenhandelsdienst

v . 1. 3. 1 9 5 1 .

91

Außenhandelsdienst

v . 1. 3. 1 9 5 1 . — A u ß e r d e m h o f f t e n die d e u t s c h e n

listen,

diese Z a h l u n g s k r i s e r e l a t i v schnell zu ü b e r w i n d e n .

Imperia-

„ D a s hohe

Defizit

in der Z a h l u n g s b i l a n z ist n ä m l i c h n i c h t e t w a das E r g e b n i s ü b e r m ä ß i g e r I m p o r t e in d e n v e r g a n g e n e n M o n a t e n u n d zu geringer E x p o r t e , sondern v i e l m e h r

des

u n g l e i c h e n R h y t h m u s in der A b w i c k l u n g der K o n t r a k t e bei der E i n - u n d A u s f u h r . D e n k u r z f r i s t i g e n Z a h l u n g e n bei I m p o r t g e s c h ä f t e n s t e h e n Kreditgeschäfte im

Export

gegenüber.

Hieraus

ergibt

sich,

mehrmonatige

daß

etwa

einer

D o l l a r v e r p f l i c h t u n g v o n 200 Millionen g e g e n ü b e r der E Z U r u n d 450 Millionen Devisenforderungen (Außenhandelsdienst

aus

langfristigen

v . 9. 1 1 . 1950.)

92

Außenhandelsdienst

v . 28. 6. 1 9 5 1 .

93

Außenhandelsdienst

v . 1. 3. 1 9 5 1 .

Exportgeschäften

gegenüberstehen".

95

2. D i e E x p o r t e x p a n s i o n v e r m i t t e l s der O E E C

den USA befürworteten Sonderkredites der OEEC von 120 Millionen Dollar 94 , und späterer Erhöhung der im Rahmen der EZU gewährten Kreditquoten 95 , wurde der Bundesrepublik die notwendige finanzielle Unterstützung zuteil. Zugleich gingen die deutschen Vertreter zum handelspolitischen Angriff über und beschuldigten England und Frankreich, die Bundesrepublik durch ihre Verzögerungstaktik bei der Aufhebung von Einfuhrkontingenten in eine solche mißliche Lage gebracht zu haben. Unter Ausnutzung der Parole der Einigung Europas erklärte das Bundeswirtschaftsministerium, daß „die Bundesregierung im gesamteuropäischen Interesse konsequent an ihrer Politik der Liberalisierung des Außenhandels festhalten wolle. Sie erwarte jedoch von ihren Handelspartnern, besonders von Frankreich und Großbritannien, daß diese auch ihrerseits mit der Politik der Liberalisierung ernstmachen. Eine grundlegende Einigung mit diesen beiden Ländern über die künftige Außenhandelspolitik sei die entscheidende Voraussetzung, daß die Liberalisierung nicht zum Nachteil aller europäischen Länder aufgegeben werden müsse . . . Der Sprecher (des Bundeswirtschaftsministeriums — R. H.) kritisierte die Außenhandelspolitik Frankreichs als ,noch sehr protektionistisch und konservativ' und äußerte sich besorgt über die Folgen der französischen Exportvorbehaltsliste, die zum Teil unter Verletzungen der handelspolitischen Verpflichtungen aufgestellt worden sei". 96 Diese handelspolitische Offensive führten sie in der OEEC weiter mit dem Erfolg, daß der Rat der OEEC den Handelspartnern Westdeutschlands, besonders Frankreich und Großbritannien, empfahl, deutsche Produkte aufzunehmen.97 Es gelang dem westdeutschen Export, auf den durch die OEEC-Maßnahmen geöffneten europäischen kapitalistischen Markt in scharfem Konkurrenzkampf mit den imperialistischen Rivalen vorzustoßen und schließlich die Überlegenheit zu erhalten. Die westdeutschen Monopole konnten ihre Exportoffensive erfolgreich vorantreiben, weil sie im Vergleich mit anderen kapitalistischen Ländern bedeutende Konkurrenzvorteile besaßen. Infolge der hohen Investitionen rüstete sich die westdeutsche Industrie mit den technisch modernsten Anlagen aus und konnte dadurch, gepaart mit einer außerordentlich hohen Arbeitsintensität 98 zu besonders niedrigen Preisen auf die Auslandsmärkte gehen und ihre Konkurrenten unterbieten.99 94

Außenhandelsdienst

95

Außenhandelsdienst

v . 2 1 . 1 1 . 1950. v . 9. 8. 1 9 5 1 u n d v . 29. 1 1 . 1 9 5 1 .

96

Außenhandelsdienst

v . 27. 3. 1 9 5 1 .

97

Außenhahdelsdienst

v . 12. 4. 1 9 5 1 .

98

Nach

Mitteilungen

von

G. Kroebel

auf

dem

IV.

arbeitswissenschaftlichen

K o n g r e ß 1 9 5 7 i n H a m b u r g , w a r die d u r c h s c h n i t t l i c h e S t e i g e r u n g der P r o d u k t i o n s l e i s t u n g j e A r b e i t s s t u n d e in der w e s t d e u t s c h e n I n d u s t r i e in der Z e i t

von

1950 bis 1956 e t w a zur H ä l f t e aus der S t e i g e r u n g der A r b e i t s i n t e n s i t ä t zu erklären. (Die Zeit, 99

14/1957.)

„ . . . n u r p r e i s g ü n s t i g e r e A n g e b o t e auf d r i t t e n M ä r k t e n zu größeren erfolgen g e f ü h r t h a b e n " . konjunktur,

(IFO-Institut für Wirtschaftsforschung,

Export-

Wirtschafts-

M ü n c h e n , 3 / 1 9 5 7 , S. 14.) — , , . . . k e i n e s der a n d e r e n g r o ß e n I m p o r t -

96

I I I . Die O E E C und die E Z U

Der Vorstoß Westdeutschlands auf die westeuropäischen Märkte wurde dadurch erleichtert, daß die westdeutschen Imperialisten den Anteil des Lohnes am Kostpreis der Waren möglichst gering hielten und ein „Lohndumping" betrieben. Das gab ihnen eine weitere Voraussetzung, um auf den Auslandsmärkten mit niedrigeren

Preisen als ihre ausländischen

Konkurrenten

anzubieten.100

Die

Begrenzung des Konsums der Arbeiter sollte auch einen Ausgleich schaffen für die erhöhten Produktionskosten der anfangs noch technisch ungenügend ausgerüsteten westdeutschen Unternehmen. In der Kundgebung zur Exportförderung am 9. März 1950 in Bonn wurde vom Bundeswirtschaftsminister, Prof. Dr. Erhard erklärt, daß die Ungunst der deutschen Situation im Außenhandel besondere Opfer

auferlege.

Angesichts

der

eingetretenen

technischen

Rückständigkeit

müßten im Austausch von Gütern teilweise mehr Arbeitsstunden hingegeben werden als fortschrittlichere Volkswirtschaften für ihre Äquivalente aufzuwenden hätten. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit in einzelnen Bereichen könne

100

länder der W e l t w i r t s c h a f t h a t in den vergangenen Jahren mit d e m T e m p o der A u s f u h r s t e i g e r u n g der Bundesrepublik Schritt halten können. Der A n t e i l der westdeutschen A u s f u h r an der W e l t a u s f u h r , der 1950 nur 3,6 v. H. betrug, stieg bis 1956 auf e t w a 8 v . H . Die ,überproportionale' Ausfuhrsteigerung der Bundesrepublik w a r freilich zunächst in erster Linie als ein P r o z e ß der Normalisierung, als R ü c k k e h r der Bundesrepublik zu den verlorenen A b s a t z m ä r k t e n zu verstehen. N a c h d e m jedoch inzwischen der A u s f u h r w e r t je K o p f der B e v ö l k e r u n g und der I n d e x des A u s f u h r v o l u m e n s über den S t a n d v o m Jahre 1929 hinausgewachsen sind, reicht eine solche E r k l ä r u n g zur B e g r ü n d u n g der starken A u s f u h r s t e i g e r u n g nicht mehr aus. Ohne Zweifel ist die E n t w i c k l u n g des westdeutschen E x p o r t s in den beiden letzten Jahren g a n z erheblich d u r c h die .Inv e s t i t i o n s k o n j u n k t u r ' des A u s l a n d e s b e g ü n s t i g t worden. Z u r B e g r ü n d u n g der westdeutschen E x p o r t e n t w i c k l u n g ist j e d o c h der Hinweis auf die allgemeine k o n j u n k t u r e l l e Situation in den A b s a t z l ä n d e r n unzureichend. E r l ä ß t insbesondere die F r a g e u n b e a n t w o r t e t , w a r u m nicht a u c h die Investitionsgüterausfuhr aller anderen L ä n d e r in gleich s t a r k e m Maße v o n der günstigen K o n j u n k t u r l a g e Impulse erhalten h a t und weiterhin, w a r u m t r o t z der A b s c h w ä c h u n g des gesamtwirtschaftlichen W a c h s t u m s in der Mehrzahl der bedeutenden A b s a t z länder und t r o t z der V e r l a n g s a m u n g des W e l t h a n d e l s die westdeutsche A u s f u h r bis in die j ü n g s t e Zeit unvermindert gestiegen ist. Dies wird vielmehr k a u m anders als durch vorteilhaftere A n g e b o t e der westdeutschen E x p o r t e u r e auf den internationalen A b s a t z m ä r k t e n zu erklären sein — mögen diese Vorteile nun in günstigeren Preisbedingungen oder in größerer A n g e b o t s e l a s t i z i t ä t (kürzere Lieferfristen!) bestehen . . . " i n : „ E x p o r t , T r ä g e r der w i r t s c h a f t l i c h e n E x p a n s i o n W e s t d e u t s c h l a n d s " , Industrie-Anzeiger, Essen, v . 4 . 6 . 1957, S. 6 5 1 . „ D e u t s c h l a n d f ä n g t schon merklich wieder zu sparen an . . . Der deutsche B r o t k o n s u m liegt heute noch erheblich unter d e m v o n 1936 . . . der deutsche F l e i s c h v e r b r a u c h erreicht nur ein D r i t t e l des V o r k r i e g s v e r b r a u c h s und liegt weit unter d e m der skandinavischen L ä n d e r oder E n g l a n d s . . . E n g l a n d h a t im ersten H a l b j a h r 1949 . . . fast dreimal mehr an O b s t und Gemüse v e r b r a u c h t " . Hentig, Dr. Dr. W. D. von, B e t r a c h t u n g e n zur W e l t w i r t s c h a f t , in: A u ß e n handelsdienst v . 6. 4. 1950.

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

97

man nur mit Opfern der Lebenshaltung erkaufen. Dies vorsorglich auszusprechen, halte Erhard für notwendig, um den etwaigen Vorwurf eines deutschen Lohndumpings zu entkräften.101 Um die Lohnaufwendungen möglichst niedrig halten zu können, wurden von der Bonner Regierung Subventionen für landwirtschaftliche Produkte gezahlt. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, daß derartige Subventionen zur Hebung der Konkurrenzfähigkeit der Industrie gezahlt würden.102 Die westdeutschen Unternehmer stemmten sich darum energisch gegen Lohnerhöhungen und beriefen sich in ihren Lohnverhandlungen mit den Gewerkschaften auf die künstlich niedrig gehaltenen Lebensmittelpreise. Die rechten Gewerkschaftsführer gingen auf diese Argumentation ein und erklärten sich bereit, umfassende Lohnerhöhungen zu vermeiden, wenn die Preise für Grundnahrungsmittel stabil gehalten würden.103 Zudem wurde auch behauptet, daß Lohnerhöhungen zwangsläufig Preiserhöhungen nach sich ziehen würden. Das aber würde die Konkurrenzkraft der deutschen Industrie schmälern. Darum wandte sich auch Bundeswirtschaftsminister 101 102

Außenhandelsdienst v. 16. 3. 1950. „ B e i den wichtigsten Nahrungsmitteln, vor allem bei Getreide, Ölfrüchten und Fischen, liegen die cif-Preise nach dem Kriege erheblich über den deutschen Inlandspreisen. A n der Deckung des Gesamtbedarfs nehmen aber gerade diese Einfuhren einen besonders großen Anteil. A m 1. Mai dieses Jahres (1949, R . H.) ist nun die Abrechnung aller eingeführten Ernährungsgüter in Höhe der uns berechneten Weltmarktpreise und damit die Angleichung der Inlandspreise bestimmt worden . . . Dementsprechend hat es nicht an Stimmen gefehlt, die im Januar, als die neue Maßnahme bekannt wurde, eine Erhöhung der Lebensmittelkosten um 20—25 Prozent, j a sogar u m ein Drittel voraussagten. Eine offizielle Schätzung gab die Differenz mit annähernd D M 700 Millionen an (ohne Düngemittel), die im Lauf des kommenden Wirtschaftsjahres dem Verbraucher mehr belastet würden. Diese Erhöhung der Lebenshaltungskosten hätte eine Vergrößerung der Produktionskosten der Industrie und ein entsprechendes Ansteigen der Preise mit sich gebracht. Das hätte zu einer geringeren Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt geführt, die nur durch eine Herabsetzung des Wechselkurses hätte aufgefangen werden können. Dies bedeutet aber wiederum eine Verteuerung von Einfuhren. So wurde durch den Verwaltungsrat beschlossen, die Agrarpreise ungeachtet des neuen Umrechnungsverfahrens bis zum Schluß des Erntejahres 1948/1949 unverändert zu lassen und den Differenzbetrag durch Subventionen auszugleichen". (Außenhandel, 11/1949)

103

7

Ernährungsminister Niklas, Sorgen um das tägliche Brot, H a m b u r g 1951, S. 72. — „ D a Großbritannien die Ursache für das Vordringen Westdeutschlands auf den Auslandsmärkten in dem auch mit Hilfe der Nahrungsmittelsubventionierung niedrig gehaltenen westdeutschen Lohnniveau sah, drängte es aus durchsichtigen Motiven heraus auf eine Erhöhung der westdeutschen L ö h n e " . (Lohse, Rolf, Die Zollpolitik vom westlichen Außenhandelsmonopol zum .Gemeinsamen Markt', Berlin 1958, S. 30.)

Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus

98

III. Die O E E C und die E Z U

Prof. Dr. Erhard „gegen die von den Gewerkschaften propagierte expansive Lohnpolitik. Er stellte der expansiven Lohnpolitik seine expansive Wirtschaftspolitik gegenüber. . ," 1 0 4 Dieser erbitterte Klassenkampf der westdeutschen Imperialisten gegen die Lohnforderungen der Arbeiter, um auf deren Kosten, bei Beibehaltung und Erhöhung ihrer Profite, die Außenhandelsexpansion voranzutreiben, führte dazu, daß die Löhne der westdeutschen Arbeiter weiterhin unter denen der wichtigsten Konkurrenzländer des westeuropäischen Kontinents lagen.105 Das trug dazu bei, daß sich die westdeutschen Imperialisten gegenüber der ausländischen Konkurrenz besondere Marktvorteile verschaffen konnten. In einer Untersuchung des Direktors der Überseeabteilung, der Federation of British Industries, P. F. D. Tennant, über den deutsch-britischen Konkurrenzkampf, hieß es bestätigend: „Wenn wir die vergleichbaren Unkosten in beiden Ländern als Element des wirtschaftlichen Wettbewerbs ansehen, besteht kein Zweifel, daß die Bundesrepublik auf dem Lohnsektor im Vorteil ist. Im vergangenen Jahr (1954, R. H.) lagen die Löhne in der Bundesrepublik insgesamt um ein Fünftel niedriger als in Großbritannien, in der Metall- und Maschinenindustrie lagen sie sogar um 25 Prozent niedriger".106 104

„ E x p a n s i v e W i r t s c h a f t s p o l i t i k " i n : Diplomatisches Bulletin, 18/1954. D a s italienische Institut für internationale Wirtschaft in Genua, „ E c o n o m i c a I n t e r n a z i o n a l e " , v e r ö f f e n t l i c h t e i m N o v e m b e r 1957 L o h n k o s t e n p r o A r b e i t s s t u n d e i n d e r v e r a r b e i t e n d e n I n d u s t r i e f o l g e n d e r L ä n d e r f ü r O k t o b e r 1956:

B e l g i e n ( b e l g . fr.) F r a n k r e i c h (franz. fr.) Westdeutschland (D-Mark) I t a l i e n (Lire) N i e d e r l a n d e (hfl.) Großbritannien (pence) U S A (Dollar)

Nationale Währung

. TLire

JiV^T ,„ (Ital. Lire L loo)

33,40 246 2,46 329 1,70 56 2,41

419 438 395 329 280 409 1406

127 133 120 100 85 124 458

E n t n o m m e n : Aust, Hans W., D i e E W G d e r M o n o p o l e u n d d a s F i a s k o d e r F r e i h a n d e l s z o n e , i n : D e u t s c h e A u ß e n p o l i t i k , 2/1959. 106 Tennant, P. F. D., D e r d e u t s c h - b r i t i s c h e W e t t b e w e r b i m W e l t h a n d e l , i n : W e s t d e u t s c h e W i r t s c h a f t , 9/1955, J g . 7. — „ D e r Durchschnittslohn des Schweizer Arbeiters ist e t w a doppelt so h o c h wie der deutsche, der innere Schweizer K o s t e n s t a n d entsprechend hoch . . . D a m i t ist der E x p o r t vorbelastet, der I m p o r t aus D e u t s c h l a n d jedoch konkurrenzm ä ß i g b e g ü n s t i g t " . (Industriekurier v . 29. 5. 1950.) — „ M a n b e o b a c h t e t j e t z t in S c h w e d e n vor allem das Wiedererstarken der d e u t s c h e n Konkurrenz m i t Besorgnis u n d weist i m m e r wieder darauf hin, d a ß die deutsche Industrie d a n k ihres niedrigen L o h n n i v e a u s n i c h t nur in der L a g e ist, die s c h w e dische Ausfuhr v o n wichtigen E x p o r t m ä r k t e n zu verdrängen, sondern oft auch als überlegener Konkurrent auf d e m schwedischen B i n n e n m a r k t auftrete". (Die Neue Zeitung v . 22. 1. 1953.) —

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

99

Mit der Einführung der OEEC-Liberalisierung wurde es für die deutschen Monopole besonders wichtig, wieder ein Zollsystem zu schaffen, das die ausländische Konkurrenz daran hindern sollte, die von ihnen für den Binnenmarkt festgesetzten Monopolpreise zu untergraben. Denn der durch Zollmauern geschützte Binnenmarkt sollte es ihnen erlauben, die finanziellen Reserven für den Kampf um die Eroberung der Außenmärkte zu sammeln. Nach der Währungsreform wurde der Preisstop für Industriewaren größtenteils aufgehoben. Der Preis importierter Industriewaren wurde nach dem damaligen offiziellen 30 Cents-Kurs berechnet. Ihre Einfuhr unterlag wieder der Verzollung. Als Folge stieg das Preisniveau nicht nur der importierten, sondern auch der inländischen Industriewaren.107 Unter Ausnutzung des Einfuhrzolls trieben die Monopole die Preise auf dem Binnenmarkt hoch. Auf diesen unmittelbaren Zusammenhang wurde sofort in amtlichen Veröffentlichungen hingewiesen. Prof. H. Rittershausen schrieb hierzu: „Der wissenschaftliche Beirat der V F W unter Vorsitz von Professor von Beckerath hat in einem Gutachten zur Frage der deutschen Monopole Stellung genommen. Darin wird ausgeführt, daß durchgreifende Maßnahmen gegen Wettbewerbsbeschränkungen bisher unterblieben seien, obwohl schon bald nach der Währungsumstellung erhebliche wirtschaftliche Machtstellungen . . . aufgetreten seien und starke monopolistische Tendenzen auf den Märkten ungehindert sich geltend machten. So wurde durch öffentliche und geheime Kartellabreden eine große Zahl von Preisen überhöht. Diese Politik werde nahezu von allen wirtschaftlichen Richtungen unterstützt. Devisenzwangswirtschaft, bilaterale Kontingente, Schutzzölle und ähnliche Absperrungen erschwerten die Monopolbekämpfung. . ," 108 Auch der sehr bald eingeführte neue Zolltarif in Westdeutschland hatte nur den einen Sinn, durch verbesserte Methoden die monopolistische Beherrschung des Binnenmarktes zu sichern und die Mittel für die Außenhandelsexpansion der deutschen Monopole zu liefern.109 Auf der am 11. Juli 1950 stattgefundenen „ Z u s a m m e n k u n f t von

Vertretern

der Diamanten-Bearbeitungsindustrien aus den Niederlanden, Belgien,

Groß-

britannien, der Südafrikanischen Union und den U S A wurde ein B o y k o t t gegen die deutsche Diamantenindustrie wegen ihrer . . . Politik des

Preisdumpings

beschlossen . . . Als wichtigsten Grund für den B o y k o t t verweist man . . . auf die sehr starken Unterschiede in den Löhnen und in der Arbeitszeit zwischen der deutschen Diamantenindustrie und in den übrigen Diamanten verarbeitenden Ländern. Die geringen Löhne und eine längere Arbeitszeit haben der deutschen Diamantenindustrie

zu

einem

im

Ausland

als

unfair

angesehenen

Vorteil

gegenüber ihrer Konkurrenz verholfen. In einigen Fällen sollen sich die Verarbeitungskosten der deutschen Industrie auf nur die H ä l f t e der ausländischen Diamantenindustrie belaufen haben". (Außenhandelsdienst v. 20. 7. 1950.) 107

Lohse,

Rolf,

Die

Zollpolitik

vom

westlichen

Außenhandelsmonopol

zum

.Gemeinsamen Markt', Berlin 1958, S. 28. los Ritters hausen, Prof. H., Ziele eines Monopolamtes, in: Tagesspiegel v. 2. 8. 1949. 109

Odhe,

Thorsten,

v. 30. 3. 1957. 7*

Zölle

und

Monopole,

in:

Der

Verbraucher,

Hamburg,

100

I I I . Die O E E C und die E Z U

Während sich die Beschlüsse der OEEC über die Beseitigung der Hindernisse des innereuropäischen Handels nur auf die schrittweise Aufhebung der Kontingentierungen bezogen, blieben die Zölle von der OEEC unangetastet. 110 Sehr bald kam man zu der Erkenntnis, daß die Zölle die durch die Liberalisierung geöffneten Märkte faktisch erneut einer Einfuhrbegrenzung, im Interesse der Monopole des betreffenden Landes, unterwarfen. „Daß die heutige Zollpolitik die Tendenzen zur Liberalisierung völlig neutralisiert, wird von fast allen internationalen Wirtschaftsorganen betont". Man sprach von der „Ablehnung dieser — fast möchte man sagen heimtückischen — Art, unter dem lauten Schlagwort .Liberalisierung' die Kontingentswirtschaft abzubauen und gleichzeitig — ganz leise — neue Protektionswirtschaft durch Zollpolitik zu begründen". 111 Und sobald die Bundesrepublik die internationale Gleichberechtigung im internationalen Handel durch die Aufnahme in die OEEC gewonnen hatte und durch ihren Beitritt zum GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) auch in der Zollpolitik souverän geworden war, führte sie am 6. Juli 1951 einen neuen Zolltarif ein.112 Der bis dahin benutzte spezifische Zoll war unwirksam geworden. Die ständigen Preiserhöhungen im internationalen Handel führten bei dieser Art des Zolles, feststehende Geldbeträge für die einzuführenden Waren zu verlangen, zu einer faktischen Zollsenkung. Darum war der Wertzoll das Kernstück des neuen Tarifs. Ein bestimmter Prozentsatz des Wertes der Ware mußte als Zoll gezahlt werden. Die Absicht der westdeutschen Monopole war es, hauptsächlich Zollerhöhungen für Industriewaren durchzusetzen, um den Binnenmarkt gegen ihre preismindernde Einfuhr abzuschirmen.113 Die erhöhten Zölle sollten auch als Handelsobjekt zur Niederringung der ausländischen Zollschranken dienen.114 Der neue Wertzolltarif brachte darum im Vergleich zum vorherigen spezifischen 110

„ D i e nationalen Zolltarife werden von der Liberalisierung kaum erfaßt und sind deshalb geeignet, d e n theoretischen Willen zur freien Einfuhr in der Praxis aufzuheben". (Die Neue

111 112

Zeitung v. 10. 6. 1951.)

Die Weltwoche v. 27. 1. 1950. „ D e r offizielle Beginn der westdeutschen Zolltarifreform war . . . absichtlich hinausgezögert worden, einmal um Einwänden der Alliierten Hohen Kommission erst nach den G A T T - V e r h a n d l u n g e n zu entsprechen und damit einen Teil der Ermäßigungen, die sonst zwangsläufig hätten vorgenommen werden müssen und die westdeutsche Verhandlungsposition geschwächt hätten, den

GATT-

Partnern als vertragsmäßige Zugeständnisse zu gewähren. Zum anderen aber wurde mit der nicht rechtzeitigen Fertigstellung des neuen gewährleistet,

daß

Westdeutschland

GATT-Verhandlungen westlichen

eintreten

nur mit einem

konnte."

Außenhandelsmonopol

zum

Lohse,

Zolltarifgesetzes

Zolltarifentwurf

Rolf,

.Gemeinsamen

Die

in die

Zollpolitik

Markt'

Berlin

vom 1958,

S. 139, 140. 113

Ebenda, S. 152.

1 14 „ D i e Bundesrepublik sucht nach Dr. von Maitzahn auf der Zollkonferenz in T o r q u a y für die .Säulen ihres Exports, nämlich den Maschinenbau, die Chemie und die optische (Außenhandelsdienst

Industrie,

einen A b b a u der Zollschranken

v. 12. 10. 1950.)

zu

erreichen".

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

101

Zolltarif wesentliche Erhöhungen mit sich. Die durchschnittliche Zollbelastung der Einfuhrgüter von 6—8 Prozent des Wertes im alten Zolltarif war im neuen Zolltarif auf etwa 20—22 Prozent des Wertes gestiegen.115 Später wurde in mehreren Zollsenkungen das Zollniveau für gewerbliche Produkte, auch industrieller Fertigwaren, gesenkt. 116 Aber trotzdem konnte dadurch der Konkurrenzvorteil der westdeutschen Industrie nicht aufgehoben werden, da schon allein das westdeutsche Preisniveau bei dem damaligen Kurs der deutschen Mark der Bundesrepublik unter dem der meisten westlichen Länder lag. 117 Außerdem bezogen sich die gesenkten Zölle auf ständig steigende Einfuhrpreise, so daß die westdeutschen Wertzölle bei steigenden Preisen auch eine zunehmende absolute Zollbelastung brachten. Die Preisbeeinflussung verbilligter Importe wird von dem relativen Anteil der von der Zollsenkung betroffenen Importwaren an dem gesamten Warenangebot bestimmt. Da die Einfuhr bei der Mehrzahl der Industriewaren im Verhältnis zur inländischen Produktion nicht sehr bedeutend war, waren auch die Auswirkungen gering. 118 Wenn darum auch die Zollsätze der Bundesrepublik unter die Einfuhrzollsätze solcher entwickelter kapitalistischer Industriestaaten wie Frankreich, Italien 115 116

117

Handelsblatt v. 2 1 . 1. 1953. Lohse, Rolf, Die Zollpolitik vom westlichen Außenhandelsmonopol zum .Gemeinsamen Markt', Berlin 1958, S. 196—211. Kaufkraftminderung der Währungen der kapitalistischen Länder in Prozent von 1949 bis Juni 1956 Bundesrepublik Schweiz Belgien USA Niederlande Kanada

118

5.3% 7.3% n.4% 13,2% 15.0% 1 5.7%

Italien Dänemark Schweden Großbritannien Frankreich Norwegen

22,3% 26,60/0 28,4% 29,2 % 31,8% 33,i%

Quelle: Industrie-Anzeiger v. 19. 4. 1957. „Außerdem wurde die Forderung nach einer Aufwertung der westdeutschen Mark laut. So sprach zum Beispiel die Wirtschaftskommission für Europa davon, daß die Heraufsetzung des DM-Wechselkurses die westdeutschen Zahlungsbilanzüberschüsse verhindern würde. Die westdeutschen Monopole lehnten derartige Maßnahmen nicht nur ab, sondern gingen zum Gegenangriff über. So schlug Wirtschaftsminister Erhard im J u l i 1956 Großbritannien vor, über die Einführung flexibler Wechselkurse zu beraten. Danach sollte der Valutawert bis zu 10 Prozent um die Paritäten schwanken können. Da Großbritannien infolge seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten . . . nicht mehr an die Konvertibilität seiner Valuta denken konnte und die von Erhard vorgeschlagene Maßnahme praktisch zu einer Abwertung des Pfundes geführt hätte, lehnte das britische Kabinett den Vorschlag . . . a b " . (Dr. Karl-Heinz Domdey, Methoden und Probleme der Außenhandelsexpansion der westdeutschen Monopole, Habil-Schrift, Berlin 1958, S. 201—202.) Lohse, Rolf, a. a. O., S. 211—212.

102

III. Die O E E C und die E Z U

und England sanken119, waren sie trotzdem als monopolistische Kampfzölle anzusehen. Durch die Zölle geschützt, konnten die westdeutschen Monopole jede ihren Binnenmarkt gefährdende Einfuhr fernhalten.120 Es konnte darum den westeuropäischen kapitalistischen Ländern nicht gelingen, den westdeutschen Binnenmarkt gegen die Konkurrenz der ohnehin überlegenen und inzwischen modern ausgerüsteten Industrie Westdeutschlands mit ihren Waren zu überschwemmen und die Handelsbilanzen zugunsten ihrer Länder zu verändern. Westdeutschland konnte dagegen, auf die monopolistischen Schutzzölle gestützt, die Exportexpansion vorantreiben und seine Position gegenüber den westeuropäischen Ländern ausbauen. Hierüber kam es in der OEEC zu Auseinandersetzungen und Beschwerden. Unter anderem wurden neben Frankreich, Großbritannien und Italien besonders die Bundesrepublik von den Niederlanden, den Beneluxstaaten, den skandinavischen Ländern und auch der Schweiz beschuldigt, durch ihre Schutzzollpolitik die „Liberalisierungspolitik zu verfälschen". 121 Die Bundesrepublik täte nichts dazu, um ihre Gläubigerstellung durch erhöhte Einfuhrmöglichkeiten zu verringern.122 Gegenüber diesen Anwürfen und den Forderungen auf Erniedrigung der Zölle verhielt sich jedoch die OEEC untätig. 123 Sie faßte keinerlei ernsthafte Beschlüsse, die Westdeutschland die Zollsenkung zur Pflicht gemacht hätten.124 Statt dessen nutzten später die westdeutschen Imperialisten ihre technische, ökonomische und finanzielle Überlegenheit aus, um ihrerseits Zollsenkungen von den anderen europäischen Staaten zu fordern.125 Sie wollten ihrer wachsenden Produktion zusätzliche Absatzmärkte eröffnen. Das führte schließlich dazu, intensiv die Konstituierung der EWG zu betreiben. Um die Exportexpansion zum Erfolg zu führen, waren aber die westdeutschen Monopole genötigt, sich weiterer zusätzlicher Mittel zu bedienen. Hierzu zwang sie ebenfalls der sich verschärfende Konkurrenzkampf auf den internationalen Märkten. Als Charakteristikum zeigt sich für die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg wiederum, daß neben den schon genannten Methoden gerade solche in den Vordergrund rückten, die zur Ausnutzung des den Monopolen dienstbaren Staats119 120

121 122 123

124 125

Siehe Anhang, Tab. 7, 8, 9. „Wenn aber Freihandel in einigen Fällen nur einen unzureichenden Schutz gegen monopolistische Bestrebungen bieten kann, sind andererseits hohe Schutzzölle eine der wichtigsten positiven Voraussetzungen einer üppigen Kartellund Monopolbildung". Odhe, Thorsten, Zölle und Monopole, in: Der Verbraucher, Hamburg, v. 30. 3. 1957, S. 201. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 19. 6. 1956. — Der Bund v. 23. 2. 1955. Handelsblatt v. 13. 1 1 . 1957. „Schließlich darf man damit rechnen, daß man sich auch diesmal wieder zu einer mehr oder weniger akademischen Kundgebung für die Herabsetzung allzu hoher Zölle aufschwingen . . . wird". (Der Bund v. 9. 6. 1955.) Handelsblatt v. 23. 7. 1956. „Hallstein fordert loprozentige Zollsenkung ab 1. 1. 1959 in der Freihandelszone". (Frankfurter Allgemeine v. 30. 6. 1958.)

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

103

apparates führten und unmittelbar zur gesteigerten Konkurrenzfähigkeit der westdeutschen Unternehmen beitrugen. So wurde speziell auf dem Gebiete des Dumpings, dieser typischen Angriffswaffe der Monopole, das bisher durch Kartellbildung und dementsprechender Kartellhochschutzzölle ermöglicht wurde, die unmittelbare staatliche Unterstützung durch direkte staatliche Finanzierung des Dumpings vorherrschend.126 Die Exportunternehmen sollten Mittel zu ausgedehnteren Investitionen erhalten und für den verschärften Konkurrenzkampf auf den Auslandsmärkten mehr finanzielle Reserven zur Verfügung haben. „Es geht darum, den ausländischen Konkurrenten einmal die Zähne zu zeigen . . . Heute ist der Punkt erreicht, wo Erwägungen der Konjunkturstetigkeit dazu zwingen, jede ausländische Exportsubvention zu überbieten".127 Unter dem Motto des „Primates der Außenhandelsförderung" 128 wurde darum eine umfangreiche staatliche und private Subventionierung des Exportes organisiert. Durch das am 39. Juni 1951 in Kraft getretene Ausfuhrförderungsgesetz wurden besondere Steuervergünstigungen für die Erträge der exportierenden Unternehmen gewährt.129 Ein Teil der Gewinne wurde von der Steuer befreit. Es wurde berichtet, daß hierdurch etwa 240 Millionen Mark jährlich in der Verfügung der Unternehmen verblieben. Diese der Exportförderung dienenden Subventionen betrugen insgesamt etwa 1 , 1 Milliarden Mark.130 Außerdem wurde nach dem gleichen Gesetz den Exporteuren gestattet, jedes Jahr bis Ende 1955 steuerfreie Rücklage zu bilden, die aus der bis dahin gewährten erhöhten Abschreibungsmöglichkeit hervorgegangen war. Diese Rücklage sollte drei Fünftel des Exportumsatzanteils am Gesamtumsatz ausmachen. Innerhalb von zehn Jahren mußte diese Rücklage jedoch wieder aufgelöst sein.131 Auch das verschaffte den Exportunternehmen große Beträge, über die sie zu. I 126

127 128 129

130

131

„Besonders stark war die Wirkung derjenigen staatsmonopolistischen Maßnahmen, die den Exporteuren ermöglichten, ihre Waren im Ausland erheblich unter dem Inlandspreis anzubieten und trotzdem dieselben hohen Profite wie bei Inlandsverkäufen zu erzielen". (Schmidt, Prof. Dr. J. L., Der Nachkriegszyklus in Westdeutschland und die beginnende Wirtschaftskrise, in: KonjunkturKrise-Krieg, Berlin 1959, S. 125.) Handelsblatt v. 20. 4. 1953. Außenhandelsdienst v. 9. 2. 1950. Außenhandelsdienst v. 15. 1. 1 9 5 1 . — Ein Drittel der Gewinne waren steuerbegünstigt bei einem Anteil des Exportumsatzes am Gesamtumsatz von 5 Prozent. Bei einer Steigerung des Anteils darüber hinaus sollten zwei Drittel des Gewinnes exportbegünstigt sein. (Außenhandelsdienst v. 22. 6. 1950.) 1 9 5 3 wurde das Ausfuhrförderungsgesetz durch einen Zusatzentwurf dahingehend geändert, daß nur bis 50 Prozent des Gewinnes der Steuervergünstigung unterworfen sein sollten. (Außenhandelsdienst v. 19. 2. 1953.) Deutsches Wirtschaftsinstitut, Bericht 5/1957, S. 6. Diese Vergünstigung galt bis Ende 1955. Außenhandelsdienst v. 15. 2. 1 9 5 1 , v. 22. 6. 1950.

I I I . Die O E E C u n d die E Z U

104

sätzlich im Interesse der Exportexpansion verfügen konnten. 132 Hinzu kamen noch die Befreiungen von der Wechselsteuer bei Wechseln, die zum Zweck der Exportfinanzierung gezogen waren und von Wechseln, die den Außenhandelsbanken zur Diskontierung vorgelegt wurden.133 Außerdem wurden auch auf den dringenden Wunsch der Exportunternehmen die Bank- und Inkassospesen herabgesetzt. „Angesichts des verschärften Wettbewerbs auf den Auslandsmärkten komme dieser Frage besondere Bedeutung zu. Man ist bestrebt, im Zusammenhang mit der Arbeitsgemeinschaft des Verbandes der privaten Geldinstitute und der

Bank

Deutscher Länder eine Senkung der Spesensätze zu erreichen".134

Daraufhin wurden die Außenhandelsbanken ab November 1950 in die Lage versetzt, Exporttratten und Akzepte auf das Ausland zu übernehmen und sie wiederum bei den Landeszentralbanken zu rediskontieren. Die westdeutschen Exporteure bekamen ihr Geld auf diese Weise um mehr als 2 Prozent billiger als bei Barkrediten und Bankzepten. 135 132

„ N a c h einer A n g a b e des Leiters i m Bonner W i r t s c h a f t s m i n i s t e r i u m (Schriftenreihe der Steuerabteilung des B u n d e s v e r b a n d e s der Deutschen Industrie, Die steuerliche Exportförderung, B d . 1, K ö l n 1955, S. 26) erhöhte sich das S t e u e r a u f k o m m e n i m Jahre 1955 u m 175 Millionen Mark. S e t z t m a n den f ü r 1955 genannten B e t r a g entsprechend f ü r die Zeit v o m 1. Juli 1951 bis 31. Dezember 1954 e i n (was e t w a s zu h o c h sein dürfte, d a j a der E x p o r t in den Jahren anstieg und die R ü c k l a g e s ä t z e z u n ä c h s t kleiner waren), und b e d e n k t man, welche S u m m e in den zehn T i l g u n g s j ä h r e n in der H a n d der B e g ü n s t i g t e n blieben, so ergibt sich folgendes: Die Erlaubnis zur teilweisen steuerfreien R ü c k l a g e der Erlöse beließ b z w . b e l ä ß t den B e g ü n s t i g t e n zinslosen K r e d i t . N i m m t m a n einen Jahr

1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957

133

134 135

Millionen Mark 87,50 253.75 402,50 533.75 472,50 4H.25 35o,oo

Jahr

Millionen Mark

1958 1959 i960 1961 1962

288,75 227,50 166,25 105,00

1963

52,50 17.50

Zinssatz v o n 5 P r o z e n t an, so w u r d e n 168,5 Millionen, bei 6 P r o z e n t 202,1 Millionen und bei 7 P r o z e n t 235,8 Millionen Mark eingespart. Dieser steuerliche Vorteil, der p r a k t i s c h einem langfristigen zinslosen K r e d i t gleichkommt, k a m v o r allem den Großunternehmen zugute, d a sich die R ü c k l a g e n n a c h dem E x p o r t e r l ö s r i c h t e t e n " . (Deutsches Wirtschaftsinstitut, B e r i c h t 5, März 1957, S. 5.) Außenhandel, 20/1949; Deutsches Wirtschaftsinstitut, B e r i c h t 5, März 1957, S. 6 und Außenhandelsdienst v . 5. 1. 1956. Außenhandelsdienst v . 9. 2. 1950. Deutsches Wirtschaftsinstitut, B e r i c h t 5, März 1957, S. 8. — „ D i e B e d e u t u n g dieser kurzfristigen E x p o r t f i n a n z i e r u n g ergibt sich schließlich auch daraus, d a ß im Jahre 1952 14 Prozent, 1953 11 Prozent, 1954 u n c l !955

2. D i e E x p o r t e x p a n s i o n v e r m i t t e l s der O E E C

105

Von besonderer Bedeutung für die staatliche Subventionierung des Exportes war die Befreiung von der Umsatzsteuer und die Rückerstattung der Umsatzsteuer, die sogenannte Ausfuhrvergütung beziehungsweise Ausfuhrhändlervergütung.136 Bei einem durchschnittlichen Satz der Umsatzsteuer von 1,91 Prozent im Jahre 1950 und 20,6 Milliarden Mark steuerbarem Umsatz (1954) wären in der Zeit vom zweiten Halbjahr 1951 bis Ende 1956 etwa 1,9 bis 2 Milliarden Mark Umsatzsteuer zu zahlen gewesen, die aber vom Staat erlassen wurden.137 Für die Jahre 1955 und 1956 erreichte die Umsatzsteuerrückvergütung nach Schätzungen 960 beziehungsweise 1200 Millionen Mark. So kann man annehmen, daß die Umsatzsteuerrückvergütung von 1951 bis 1956 mindestens 2 Milliarden Mark ausgemacht hat. 138 Nachdem die schon erwähnten ertragssteuerlichen Vergünstigungen Ende 1955 ausliefen, wurden die Ausfuhrvergünstigungssätze auf Verlangen des Bundesverbandes der Industrie Ende 1956 erhöht. Durch eine Neuregelung sollten auch die Nachteile teilweise ausgeglichen werden, die für die deutschen Exporteure durch den Wegfall der bis Ende des Jahres 1955 bestehenden Ausfuhrförderung auf dem Gebiete der Ertragssteuer eingetreten waren.139 Gestützt auf den ihren Binnenmarkt schützenden monopolistischen Wertzolltarif sowie auf die außerordentlich umfangreiche staatliche Exportsubventionierung, konnten die deutschen Imperialisten zur Durchbrechung der von den anderen westeuropäischen Ländern ebenfalls aufgerichteten Schranken, wie hohe j e w e i l s 7 P r o z e n t u n d 1 9 5 6 n o c h i m m e r 6 P r o z e n t der g e s a m t e n w e s t d e u t s c h e n Ausfuhr durch Exporttratten

finanziert

w u r d e n " . ( E b e n d a , S. 9.) —

V o n A n f a n g 1 9 5 7 g a l t e n diese V e r g ü n s t i g u n g e n n i c h t mehr. „ N u r d a d u r c h , d a ß die N o t e n b a n k j e t z t , in einer Z e i t , in der es der E x p o r t w i r t s c h a f t g u t g e h t , alle H i l f s m a ß n a h m e n a u f h e b t , g e w i n n t sie die M ö g l i c h k e i t , w i e d e r zu h e l f e n , w e n n es später u n t e r g a n z a n d e r e n V o r a u s s e t z u n g e n e i n m a l w i e d e r n o t w e n d i g w e r d e n s o l l t e " . (Industriekurier 136

v . 23. 3. 1957.)

„ V o n d e n u n t e r § 1 f a l l e n d e n U m s ä t z e n sind steuerfrei, die A u s f u h r l i e f e r u n g e n , w e n n der b u c h m ä ß i g e N a c h w e i s hierfür g e f ü h r t w i r d " .

§ 4 des

Umsatzsteuer-

g e s e t z e s : „ W e i s t ein U n t e r n e h m e r nach, d a ß er G e g e n s t ä n d e in d a s

Ausland

a u s g e f ü h r t h a t , so k a n n i h m auf A n t r a g ein B e t r a g b i s zur H ö h e der

Steuer

v e r g ü t e t w e r d e n , die auf der L i e f e r u n g o d e r der E i n f u h r der B e s t a n d t e i l e , Z u behörteile und Hilfsstoffe lastet,

die bei der E r z e u g u n g der G e g e n s t ä n d e v e r -

w a n d t w o r d e n sind. ,, A u s f u h r v e r g ü t u n g " , § 16 des U m s a t z s t e u e r g e s e t z e s . — „ W e i s t ein U n t e r n e h m e r n a c h , d a ß er G e g e n s t ä n d e , die er i m I n l a n d e r w o r b e n oder i m I n l a n d

eingeführt hat,

ohne B e a r b e i t u n g

oder V e r a r b e i t u n g in

das

A u s l a n d a u s g e f ü h r t h a t , so k a n n i h m auf A n t r a g ein B e t r a g v e r g ü t e t w e r d e n , der z u m A u s g l e i c h der Steuer dient, die auf der L i e f e r u n g der G e g e n s t ä n d e a n ihn oder ihre E i n f u h r lastet. (Ausfuhrhändlervergütung)

§ 16

Deutsches

B e r i c h t 5, M ä r z 1 9 5 7 , S. 14.

Wirtschaftsinstitut,

13' E b e n d a , S. 15. «38 E b e n d a , S. 15. 139

Stuttgarter Zeitung

v . 3 1 . 1. 1956.

des

Umsatzsteuergesetzes.

Entnommen:

io6

III. Die O E E C und die E Z U

Zollmauern und staatliche Subventionen vermittels eines rigorosen Dumpings übergehen. Der „Außenhandelsdienst" schrieb: Es existiere eine wesentlich verschärfte Konkurrenzlage nach dem zweiten Weltkrieg und „über die auch vor dem Kriege in fast allen Ländern bekannte indirekte Exportförderung des Exports durch Nachrichtenbeschaffung, Auskunfterteilung, Vertretervermittlung, Bezugsquellennachweis usw. hinaus — man könnte sie als die .klassische Exportförderung' bezeichnen — trat deshalb nach dem Kriege folgerichtig in allen europäischen Konkurrenzländern die direkte Förderung durch den Staat weit in den Vordergrund. Sie findet in der Hilfestellung bei der Finanzierung, in steuerlichen Vergünstigungen, in der Erleichterung und Verbilligung der Rohstoffbeschaffung für die Exportindustrie u. a. m. ihren Ausdruck . . . direkte staatliche Exportförderungsmaßnahmen wirken exportpreisbegünstigend . . . da in jedem Fall der Exportpreis durch die direkten staatlichen Förderungsmaßnahmen unter dem Inlandspreis liegen muß". 140 Mehrfach wurde betont, daß der Preis auf den Auslandsmärkten über das Geschick des Exporterfolges entscheide. Die „Preisfrage ist heute das entscheidende Element". 141 Von einer westdeutschen Industrie- und Handelskammer wurden Untersuchungsergebnisse über staatsmonopolistisches Dumping bekanntgegeben, nach denen von 331 Firmen 69 Prozent zu einem Preis angeboten haben, der unter dem Inlandspreis lag. 37 Prozent der Firmen haben den Inlandspreis bis zu 10 Prozent unterboten, 51 Prozent bis zu 20 Prozent, 9 Prozent der Firmen bis zu 30 Prozent und 3 Prozent der Unternehmen sind über 30 Prozent gegangen. Bei 216 Firmen wurde die Umsatzsteuerfreiheit als Grundlage des Dumpings angegeben, bei 219 Firmen die Ausfuhrvergütung und bei 153 Firmen der Gewinnabzugsbetrag.142 Und in einem anderen Bericht hieß es unter dem Titel „Preisgestaltung im Ausfuhrgeschäft" unter anderem: „Wenn festgestellt wurde, daß zum Beispiel bei Ausfuhren im Lande Nordrhein-Westfalen infolge relativ niedriger Preisstellung mehrere 100 Millionen DM an Devisen für die deutsche Volkswirtschaft verlorengingen, wenn ferner beispielsweise Schneidwarenfabrikanten feststellen, daß gleichwertige Erzeugnisse auf den Auslandsmärkten von verschiedenen Firmen zu Preisen angeboten werden, die bis zu 50 Prozent untereinander differierten und wenn berichtet wird, daß 2000 britische Industrielle gegenwärtig Material über deutsche Preisunterbietungen für den britischen Schatzkanzler und Versorgungsminister sammeln, kann man hieraus die große Bedeutung ersehen, die der Preisstellung im Ausfuhrgeschäft beizumessen ist". 143 Dieses drastische Dumping führte in vielen Fällen zur Konkurrenzüberlegenheit der westdeutschen Monopole. 140 141 142

143

Außenhandelsdienst v. 9. 7. 1953. Außenhandelsdienst v. 4. 7. 1953. Aus Schulze-Brachmann, Arno, Aktuelle Außenhandelsprobleme, in: Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V., Berlin 1956, S. 99. (Entnommen: Deutsches Wirtschaftsinstitut, Bericht 5, März 1957, S. 15.) Außenhandelsdienst v. 30. 10. 1952.

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

107

Auf dem österreichischen Markt unterbot die westdeutsche Konkurrenz nicht nur bei Spezialmaschinen und Elektrogeräten, sondern auch bei den wichtigsten Massenartikeln.144 Eine deutsche Firma bot Metall-Stoffdruckwalzen um 40 Prozent billiger an als die österreichischen Firmen.145 Gegenüber der schweizerischen Konkurrenz wurden von deutscher Seite Ringspinnmaschinen in Österreich um 30 bis 40 Prozent billiger angeboten.140 Uber die Generalversammlung der deutsch-schweizerischen Handelskammer in Zürich wird berichtet: „Die Schweiz stehe, wie Professor Bonhardt weiter ausführte, den Anstrengungen der deutschen Exportwirtschaft auf verstärkte Lieferungen so gut wie machtlos gegenüber, da die heutigen Zolltarife vielfach nur noch Gebühren darstellten. Außerdem glaubte der Vortragende, daß Deutschland die Ausfuhr durch Exportrabatte und ähnliche Vergünstigungen stimuliere. Aus dem Textilsektor sei bekannt, daß Exportfirmen von den Fabrikanten bis zu 10 Prozent Sonderrabatte gegenüber den Inlandspreisen erhalten . . . Die Waagschale des Wettbewerbsvorteils senke sich daher entschieden zugunsten Deutschlands, so daß man sich sogar fragen müsse, ob die deutsche Mark im internationalen Vergleich nicht zu billig sei. Die außerordentlichen Importüberschüsse der Schweiz seien nämlich nicht nur auf die sehr niedrigen Zollsätze, sondern auf die günstige Wettbewerbslage Deutschlands überhaupt zurückzuführen, während Schweizer Exporteure Schwierigkeiten hätten, die zum Teil hohen deutschen Zölle zu überspringen und ausreichend ins Geschäft zu kommen". 147 In Belgien beklagten sich die Schneidwarenindustriellen, sie seien besonders durch die deutschen Preisunterbietungen gefährdet. Die Schneidwaren aus Deutschland wurden zu 25 bis 30 Prozent billiger als die belgischen angeboten. Als Folge dieses scharfen Konkurrenzkampfes war die belgische Schneidwarenindustrie gezwungen, 60 bis 70 Prozent ihres im Jahre 1948 vorhandenen Bestandes an Arbeitskräften zu entlassen.148 Allgemein wurde von deutscher Seite auch bei anderen Warengattungen in Belgien „das billigste Konkurrenzangebot unterboten, nur um den Auftrag an sich zu reißen". 149 In Italien wurde ebenfalls die italienische sowie ausländische Konkurrenz bedeutend von den deutschen Unternehmen unterboten. Pharmazeutische Erzeugnisse lagen im Listenpreis um ein bis zwei Drittel „unter denen anderer Lieferländer". 150 Bei elektrotechnischen und mechanischen Erzeugnissen wurden „Preisermäßigungen bis zu 40 Prozent praktiziert. Der Sprecher des italienischen Außenhandelsministeriums wies insbesondere darauf hin, daß die italienische Industrie nicht dieselben Exporterleichterungen wie die deutsche Industrie genieße, was in den 144 145 146 147 148 149 150

Handelsblatt v. 29. 3. 1954. Süddeutsche Zeitung v. 6. 8. 1952. Die Neue Zeitung v. 30. 7. 1951. Handelsblatt v. 16. 3. 1950. Außenhandelsdienst v. 29. 11. 1951. Außenhandelsdienst v. 15. 6. 1950. Außenhandelsdienst v. 6. 10. 1949.

io8

III. Die OEEC und die EZU

absoluten Konkurrenzpreisen des deutschen Angebots zum Ausdruck komme". 151 Der „Außenhandelsdienst" meldete: „ E s gibt kein Gebiet, auf dem sich die hohen (italienischen — R. H.) Einfuhrzölle prohibitiv auswirken würden. So überspringt die deutsche Industrie Zollsätze von 40 Prozent". 132 Von der Turiner Messe 1952 wurde berichtet: „Die Erfolge der deutschen Wagen sind um so bemerkenswerter, als sie einen Zollsatz von 45 Prozent überspringen müssen". 153 Auch in Frankreich „waren eine Reihe deutscher Erzeugnisse in der Qualität und im Preis gegenüber der französischen als auch der übrigen ausländischen Konkurrenz so stark im Vorteil . . ., daß die französische Wirtschaft schon aus rein geschäftlichen Überlegungen heraus diese Erzeugnisse kaufen muß. Als Beispiel seien hier westdeutsche Werkzeugmaschinen genannt, die neuerdings selbst von den französischen Automobilherstellern gekauft werden, die sich bisher mit amerikanischen Fabrikaten eingerichtet hatten . . ," 1 5 4 „Ähnlich ist es mit Automobilen. Hier können die deutschen Hersteller trotz 45 v. H. Zoll aber zum Teil billiger liefern, als die vergleichbaren französischen". 155 In Schweden verlangte die chemische Industrie einen Antidumpingzoll auf Wasserstoffsuperoxyd, weil hauptsächlich aus der Bundesrepublik ein „Dumping in Höhe von 40—50 v. H. vorliege". 156 Schwedens Trikotagefabrikanten forderten von der schwedischen Regierung „sofortige und umfassende Maßnahmen zum Schutz der durch die zunehmende Auslandskonkurrenz in ihrer Existenzgrundlage bedrohten Trikotageindustrie. . . Die schwedischen Betriebe seien nicht mehr in der Lage, ihr bisheriges Produktionsniveau aufrechtzuerhalten, einige hätten sich bereits zu Kurzarbeit und anderen Einschränkungen genötigt gesehen . . . Die Mehreinfuhr kommt hauptsächlich aus Westdeutschland, was die schwedischen Fabrikanten veranlaßt, von Dumpingmethoden zu sprechen. Sie behaupten, die deutschen Preise lägen 25—30 Prozent unter den schwedischen und in einigen Fällen nur unwesentlich über den Rohmaterialkosten der schwedischen Produzenten. Schweden sei gegenüber der deutschen Konkurrenz durch den Unterschied in den Löhnen und sonstigen Arbeitsbedingungen benachteiligt. Außerdem würde die deutsche Industrie durch staatliche Exportförderungsmaßnahmen und die hohen deutschen Zölle derartig begünstigt, daß man mit ihren Preisen nicht konkurrieren könne". 157 Der schwedische Verteidigungsminister Torsten Nilson wies darauf hin, daß die Lieferung der auf dem Neubauprogramm der schwedischen Kriegsmarine stehenden Fahrzeuge von deutschen Werften zu Preisen angeboten würde, die 30 Prozent unter den in Schweden verlangten Preisen läge. 158 Auch die schwedische Maschinenbau- und Werkzeug151

Neue Zürcher Zeitung v. 31. 1. 1954. Außenhandelsdienst v. ig. 10. 1950. 153 Außenhandelsdienst v. 15. 5. 1952. 164 Die Welt v. 11. 7. 1958. 155 Die Neue Zeitung v. 29. 4. 1952. 156 Die Neue Zeitung v. 30. 8. 1953. 157 Frankfurter Rundschau v. 21. 9. 1954. 158 Frankfurter Rundschau v. 18. 9. 1952. 152

2. D i e E x p o r t e x p a n s i o n v e r m i t t e l s d e r O E E C

109

industrie würde wachsend von der deutschen Konkurrenz durch Preisunterbietung gefährdet. 159 Ebenso stark war auch der westdeutsche Konkurrenzkampf mit der britischen Industrie. Gerade auf den europäischen Märkten wurde Westdeutschland ein „gefährlicher Konkurrent". 160 Schwermaschinen wurden zum Beispiel in Schweden um 15 bis 20 Prozent billiger angeboten als britische Produkte der gleichen Art. Erzeugnisse der chemischen Industrie wurden in Schweden um 5 bis 10 Prozent niedriger angeboten als von englischer Seite.161 Auf dem niederländischen Markt „lägen die westdeutschen Preise häufig 60 Prozent unter den niedrigsten britischen". 162 Ebenso sei die britische Industrie auf dem Schweizer Markt durch die im Vergleich zu deutschen Preisen höheren Angebote durch die westdeutsche Konkurrenz zurückgedrängt worden.163 Und wenn die britischen Firmen zu gleichen oder sogar niedrigeren Preisen anboten als die deutschen Firmen, so konnten die deutschen Firmen meistenteils das Geschäft dadurch an sich ziehen, da sie zu wesentlich kürzeren Lieferfristen verkaufen konnten. Straßenbaumaschinen, die von den britischen Firmen zu ähnlichen Preisen wie von deutschen Firmen in Italien angeboten wurden, wurden schließlich von den deutschen Firmen geliefert, da „Westdeutschland die Maschinen in 15—30 Tagen heranschafft", während sich die britischen „Lieferfristen auf 7—8 Monate erstrecken". 164 Nach Angaben der „The Financial Times" sind zum Beispiel von einer britischen Firma schwere Ausrüstungen mit einer Lieferungszeit von zwei Jahren in Schweden angeboten worden, während eine deutsche Firma die gleiche Ausrüstung innerhalb von acht Monaten liefern konnte und dadurch den Auftrag an sich zog. 165 Die durch das staatlich finanzierte Dumping verschärfte Exportoffensive der westdeutschen Monopole stieß bald auf den Widerspruch der betroffenen Länder. Vor allem richteten sich die Vorwürfe gegen die westdeutschen Exportvergünstigungen. An die Spitze dieser Bewegung stellten sich die britischen Imperialisten. Sie waren zeitweilig gezwungen, die Liberalisierung ihrer Einfuhren teilweise aufzuheben, weil sie durch ihre ungünstige Lage auf den ausländischen Märkten zum Schuldner der Bundesrepublik geworden waren. „Sowohl industrielle wie auch offizielle Stellen versagten sich aber bisher, die deutsche Exportpolitik direkt anzugreifen . . . Nun kommt zum ersten Mal eine solche in sehr scharfen Worten abgefaßte Beschwerde gegen die deutsche Handelspolitik aus dem Zentrum der britischen Schwerindustrie in Birmingham . . . Die Financial Times veröffentlichte diese Beschwerde auf der ersten Seite an auffallender Stelle des Blattes und sagte: ,In der Industrie der midlands besteht bedeutende Besorgnis über die dort als unfair angesehenen Handelsmethoden Westdeutschlands. Die 159 Neue Zürcher Zeitung v . 16. 5. 1952. Handelsblatt v. 3. 1. 1955. The Financial Times v . 26. 6. 1950. 162 Nachrichten für Außenhandel v . 21. 2. 1951. 163 Ebenda. 164 Handelsblatt v . 24. 10. 1951. 165 fhe Financial Times v. 26. 6. 1950. 160 161

110

III. Die O E E C und die E Z U

Industrie beschwert sich, daß die westdeutsche Regierung ihrer Industrie Steuernachlaß, Exportvergünstigungen und besondere Konzessionen in der Zuteilung von Dollar als Reizmittel zur Ausfuhr gewährt. Sie verlangt in London möglichst starke Proteste durch offizielle Stellen' . . . Der Sekretär der National Union of Manufactures in Birmingham erklärte namens der Mitglieder seines Verbandes: .Nachdrückliche Vorstellungen sollen bei jeder sich ergebenden Möglichkeit in Deutschland erhoben werden, nachdem dieses an uns einen Preiskrieg erklärt hat' ".166 Die deutschen Industriellen reagierten auf diese Angriffe mit Verhandlungsbereitschaft: „Wir sind die letzten, die in Anbetracht eines mehr als angespannten Staatshaushaltes danach trachten, unseren Export auf Kosten der inländischen Verbraucher zu finanzieren. Uns liegt auch auf den Weltmärkten der freie Wettbewerb des Außenhandelskaufmanns mehr als der staatliche Subventionismus, der eine Schraube ohne Ende darstellt und schließlich auch denjenigen dazu zwingt, Böses zu tun, der so gerne das Gute wollte". 167 Der Präsident des Bundesverbandes der Industrie, Fritz Berg, erklärte, daß es das Bestreben aller sein müsse, durch Rationalisierung und Modernisierung des gesamten Produktionsapparates ein Qualitäts- und Preisniveau zu erreichen, das es der westdeutschen Industrie leicht mache, auf alle unechten und wettbewerbsfälschenden Exportförderungsmethoden zu verzichten.168 Das offizielle Außenhandelsorgan der westdeutschen Imperialisten, „Außenhandelsdienst", schrieb sogar, daß die durch die Exportförderungsmaßnahmen bewirkten Dumpingmethoden eine „Verletzung von im GATT-Abkommen festgelegten Antidumpingbestimmungen" 169 seien. Hierauf kam es im Rat der Europäischen Industrieverbände in Paris zu einer Einigung, an der Beseitigung der „künstlichen Exportförderungsmaßnahmen" zu wirken.170 Und auch die OEEC hatte um den Stop der Exportförderungsmaßnahmen ersucht. 171 Aber erst nach langwierigen Verhandlungen konnte die britische Seite ihre westdeutschen Widersacher an den Verhandlungstisch bringen und ein zweiseitiges Abkommen über die Beseitigung gewisser Exportförderungsmaßnahmen abschließen. Denn die Engländer und auch die OEEC hatten sich darauf konzentriert, die sogenannten ertragssteuerlichen Exportförderungsmaßnahmen Westdeutschlands zu beseitigen. Dagegen wollten die deutschen Monopole als Kompensation für ihren Rückzug auch die anderen europäischen Länder zur Aufgabe gewisser Exportförderungsmaßnahmen zwingen. Das scheiterte jedoch vorerst an dem allgemeinen Widerstand dieser Länder und besonders an dem Widerstand Frankreichs. 172 „Wie zu erfahren ist, hat die Angelegenheit 166 Die Neue Zeitung v. l. und 2. n . 1952. Handelsblatt v. 12. 11. 1951. 168 Deutsches Wirtschaftsinstitut, Bericht 5, März 1957, S. 6. 169 Außenhandelsdienst v. 9. 7. 1953. 170 Deutsches Wirtschaftsinstitut, Bericht 5, März 1957, S. 6. 171 Außenhandelsdienst v. 20. 8. 1953. 172 Deutsches Wirtschaftsinstitut, Bericht 5, März 1957, S. 6. 167

111

2. Die E x p o r t e x p a n s i o n vermittels der O E E C

mittlerweile europäischen Charakter erhalten. Die Engländer, die Belgier und auch die Organisation für europäische Zusammenarbeit in Europa (OEEC) forderten getrennte Behandlung der deutschen ertragssteuerlichen Exportförderung mit dem Ziel, daß die Bundesrepublik diese abbaut. Deutscherseits wird aber jede Sonderverhandlung über diesen Komplex abgelehnt, weil nur Länder, die keine ertragssteuerliche Exportförderung betrieben, an dem Abbau interessiert sein könnten". 173 Nach dem Übereinkommen mit der englischen Regierung erklärte schließlich Bundeswirtschaftsminister Erhard, daß das Gesetz über die Exportförderung vom Juni 1951, das Ende 1955 abliefe, nicht wieder erneuert werden würde.174 Der Sinn dieser Maßnahme bestand jedoch darin, nur auf die ertragssteuerlichen Maßnahmen zu verzichten, während andere staatliche Unterstützungen weiterhin bestehen blieben. Anfang 1955 wurde auch ein OEECBeschluß durchgesetzt, der allen OEEC-Mitgliedsstaaten empfahl, bestimmte künstliche Exportförderungsmaßnahmen aufzugeben, wobei Frankreich Ausnahmen zugestanden wurden. 175 Es wurden auch noch andersartige finanzielle Unterstützungen zur Exportförderung gegeben. Dazu zählen besonders die staatlichen Bürgschaften und Kreditgarantien, die ebenfalls in gewisser Hinsicht als staatsmonopolistische Exportkredite anzusehen sind. Die staatliche Bürgschaft sollte den Exporteur vor Verlusten in Ausfuhrgeschäften bewahren.176 Überdies forderten die westdeutschen Industriellen die Kreditierung ihrer langfristigen Exportgeschäfte. Und mit dem Ende der ertragssteuerlichen Exportförderung bestand die Industrie besonders auf die Ausdehnung dieser Form der Unterstützung. 177 173 Frankfurter

Rundschau

v . 1. 5. 1954.

Berliner Wirtschaftsblatt v . 12. 6. 1954. — „ K e i n e d e r b e i d e n R e g i e r u n g e n h a b e die Absicht, weiter eine Politik offener oder versteckter S u b v e n t i o n e n zu verfolgen u n d beide seien der Auffassung, d a ß künstliche E x p o r t f ö r d e r u n g s m a ß n a h m e n b a l d m ö g l i c h s t b e s e i t i g t w e r d e n s o l l t e n " (Deutsches Wirtschaftsinstitut, B e r i c h t 5, M ä r z 1957, S. 7). 175 Deutsches Wirtschaftsinstitut, B e r i c h t 5, M ä r z 1957, S. 7.

174

176

„ G e g e n w ä r t i g b e t r ä g t d e r G a r a n t i e - u n d B ü r g s c h a f t s f o n d s 9,5 M i l l i a r d e n M a r k " . Domdey, Karl-Heinz, Methoden und Probleme der Außenhandelsexpansion der w e s t d e u t s c h e n M o n o p o l e , H a b i l i t a t i o n s s c h r i f t , B e r l i n 1958, S. 90.

Janr

177

westdeutsche Gesamtausfuhr

vom Staat ?„ ™ .

Die Hermes-Dechune der in % der Ge,, , , „ , , samtausfuhr westdeutschen Ausfuhr

1950

8,4

0,3

3,6

1951 1952

1 4,6

0,8 1,7

5,5 10,1

16,9

1953

18.5

1954

22



2>2

1.8

10'°

1955

2 5.7

3.3

1 2 .5

( Q u e l l e : Industriekurier v . 13. 12. 1956.) Außenhandelsdienst v . 12. 1. 1956.

9.7

112

III. Die O E E C und die E Z U

Die großen Unternehmen der Produktionsmittelindustrien mußten im Interesse ihres Absatzes langfristige, über viele Jahre hinausgehende Zahlungsziele gewähren. „Bei der Lieferung von Großanlagen muß vielfach Kapital solange vorgestreckt werden, bis der neuerrichtete Betrieb Verzinsung und Amortisation selbst übernehmen kann". 178 Aber wegen ihrer geringen freihegenden Kapitalmittel müßte auch hier die staatliche Unterstützung eingreifen. Und da die „deutsche Ausfuhr stark auf die Lieferung von Investitionsgütern eingestellt" ist und „infolge des internationalen Wettbewerbs fast immer längere Zahlungsziele gewährt werden" und „die Ausfuhr stets eine bedeutende Stütze der Konjunktur darstellt, sollen für die deutsche Ausfuhrwirtschaft die Möglichkeiten der Kreditgewährung an das Ausland verbessert werden". 179 Vom l. April 1952 bis Ende 1955 konnten durch staatliche Kreditunterstützungen Exportgeschäfte mit einem Auftragswert von 3972,26 Millionen Mark abgeschlossen werden. Von den Ende 1955 abgeschlossenen Kreditverträgen entfielen allein 74 Prozent auf die Lieferung von Investitionsgütern. Und 1955 gingen etwa 60 Prozent dieser Kreditzusagen für Exporte nach den Ländern Europas.180 Im internationalen Konkurrenzkampf begann sogar die Kreditierung langfristiger Exportgeschäfte mehr und mehr ein entscheidender Grund für den erfolgreichen Abschluß des Exportgeschäftes zu werden.181 Die westdeutschen Imperialisten konnten in Form der von den ausländischen Empfängern zu zahlenden Zinsen zusätzliche Profite realisieren. Damit begann auch der Kapitalexport, in der Form langfristiger staatlicher Kredite als staatsmonopolistischer Kapitalexport, den Warenexport unmittelbar forcierend, in den Vordergrund zu rücken.182 Und zu den bisher ausgefochtenen Auseinandersetzungen, in Form der gegenseitigen Preisunterbietungen und der kürzeren Lieferfristen, begann der „Kreditkrieg im Investitionsgeschäft" hinzuzutreten.183 178 180

181 182 183

179 Außenhandelsdienst v. 7. 7. 1955. Außenhandelsdienst v. 30. 12. 1954. Deutsches Wirtschaftsinstitut, Bericht 5, März 1957, S. 20—21. — „ W i e nicht anders zu erwarten, dient die Ausfuhrkreditanstalt vor allem den Großunternehmen. Von den bis Ende 1955 abgeschlossenen Kreditverträgen entfielen auf kleine Firmen mit einem Jahresumsatz bis zu 5 Millionen Mark nur Verträge in Höhe von 8,1, auf mittlere Firmen (mit einem Jahresumsatz bis zu 15 Millionen Mark) Verträge in Höhe von 54,7 und auf große Firmen (mit einem Jahresumsatz über 15 Millionen Mark) Verträge in Höhe von 656,8 Millionen Mark". (Ebenda, S. 21.) Außenhandelsdienst v. 12. 1. 1956. Siehe auch spätere Ausführungen über die E Z U . Außenhandelsdienst v. 7. 7. 1955. — „Die Ausfuhrkreditanstalt gewährte den westdeutschen Exporteuren umfangreiche Kredite, die indirekt als staatsmonopolistische Exportkredite bezeichnet werden können. Daß sie in der Hauptsache die Ausfuhren der Großunternehmungen begünstigen, wird durch die Tatsache bewiesen, daß bis 1956 91 Prozent der Kreditverträge mit Unternehmungen abgeschlossen wurden, die einen Jahresumsatz über 15 Millionen Mark hatten". (Schmidt, Prof. Dr. J. L., Der Nachkriegszyklus in Westdeutschland und die beginnende Wirtschaftskrise, Berlin 1959, S. 125.)

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

113

Aber neben der staatlichen Form des Kapitalexportes in Form von Krediten begann ebenso der private Kapitalexport nach den Ländern Westeuropas zuzunehmen. Auch dadurch wurde der Warenexport gefördert. Ein Mittel zur Exportsteigerung sei die Gründung von eigenen Niederlassungen und die Beteiligung an britischen Firmen; bisher hätten 40 deutsche Unternehmen davon Gebrauch gemacht, davon 22 allein im Jahre 1954.184 Und nach Angaben des „Deutschen Wirtschaftsinstituts" wurden von 1952 bis Ende 1958 in Westeuropa 828,2 Millionen Mark angelegt.185 Mit einem technisch modernisierten Produktionsapparat ausgerüstet und durch staatsmonopolistische finanzielle Unterstützungen gestärkt, gelang es der westdeutschen Monopolbourgeoisie die durch die OEEC eröffneten Möglichkeiten zu einer raschen Exportexpansion zu nutzen. Die anfänglichen Zahlungsbilanzschwierigkeiten, die die Bundesrepublik zur Nichteinhaltung der Liberalisierungsverpflichtungen bewogen hatten, konnten beseitigt werden. In relativ kurzer Zeit wurde die Verschuldung von etwa einer halben Milliarde Dollar in einen Aktivsaldo gegenüber der Zahlungsunion umgewandelt.186 Daraufhin wurde auch ab 1. Januar 1952 die private Einfuhr Westdeutschlands wieder zu 75 Prozent von mengenmäßigen Beschränkungen befreit. Und sobald die westdeutschen Imperialisten sahen, daß sie vor einer für sie sehr erfolgreichen Exportoffensive standen, versuchten sie, neue Grundregeln in der OEEC durchzusetzen, die Westdeutschland größere Sicherheit für den Export garantieren sollte. Es handelte sich darum, daß die einmal von den Regierungen auf Empfehlung der OEEC aufgehobenen Kontingentierungen nicht wiedereingeführt werden sollten. Den Anlaß hierzu gaben die von England, Frankreich und Österreich rückgängig gemachten Liberalisierungsmaßnahmen. All diese Länder waren besonders durch die deutsche Exportoffensive in Zahlungsbilanzschwierigkeiten geraten und gegenüber der EZU stark verschuldet.187 Darum wurden von den britischen Behörden seit November 1951 Einfuhrbeschränkungen gegenüber den OEEC-Ländern verhängt. Der Liberalisierungssatz der privaten 184

Dr. Heller, der Leiter der Wirtschaftsabteilung der deutschen

diplomatischen

Vertretung in London, Der Tagesspiegel v. 16. 2. 1955. 185 Deutsches Wirtschaftsinstitut, 186

Bericht 18, September 1959, S. 11.

„ D a s Wunder ist geschehen, und zwar in dem kurzen Zeitraum von

kaum

dreiviertel Jahr. E s beruhte darauf, daß die Teilnehmerländer auf eine entsprechende Reaktion gegen das Restriktionsschema für die deutsche Einfuhr in geradezu vorbildlicher Weise verzichteten und ihre Märkte im Sinne der Pariser Beschlüsse der deutschen Ausfuhr offenhielten. So konnte sich trotz der Importrestriktionen

die deutsche Ausfuhr weiter nach oben entwickeln.

In

wenigen Monaten wurde die Verschuldung in der Zahlungsunion von einer halben Milliarde Dollar abgetragen und darüber hinaus ein A k t i v s a l d o

er-

reicht . . ." (Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 1. 3. 1952.) 187

„Siebenter

Jahresbericht

Wirtschaftsrat,

Paris,

der

Europäischen

1958, hg. vom

Zahlungsunion",

Bundesministerium

Siehe auch spätere Ausführungen über die E Z U . 8

Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus

Europäischer

für Wirtschaft. —

H4

III. Die O E E C und die E Z U

Einfuhren von ursprünglich 90 Prozent wurde auf durchschnittlich 61 Prozent und später im Jahre 1952 auf ca. 45 Prozent herabgesetzt. Erst im zweiten Halbjahr 1953 stieg er wieder auf 75 Prozent, als sich die Zahlungsbilanz Englands wieder in einen Aktivsaldo gegenüber der EZU verwandelt hatte. Frankreich hatte sogar mit Beginn des Jahres 1952 die Liberalisierungsmaßnahmen restlos aufheben müssen und begann erst mit dem Jahre 1954 wieder auf einen Liberalisierungssatz von 5 1 Prozent und für das zweite Halbjahr 1954 von 65 Prozent zurückzukehren, da sich zeitweilig seine Zahlungsbilanz gebessert hatte. Österreich hatte schon zu Anfang des Jahres 1951 alle Kontingentsaufhebungen rückgängig gemacht. Aber im ersten Halbjahr 1953 kehrte es wieder auf 36 Prozent und im zweiten Halbjahr 1953 auf 51 Prozent zurück und erklärte erst wieder zu Anfang 1954 76 Prozent seiner privaten Einfuhr für liberalisiert, da auch für Österreich eine zeitweilige Verbesserung der Zahlungsbilanz eingetreten war.188 Um solchen, den Export der deutschen Imperialisten schädigenden Schwankungen und Rückschlägen der Kontingentsaufhebungen im innereuropäischen Warenaustausch entgegenzutreten, sollte vor allem auf Drängen Westdeutschlands die bisherige Praxis wegfallen, daß j edes Land von sich aus die sogenannten Freilisten dem Umfang und des Sortiments nach, bestimmen könne. Es sollte auch nicht mehr gestattet sein, daß jedes Land, hinsichtlich der Dauer der Kontingentsaufhebungen, eigene Verfügungen treffen und wenn es ihm geraten schien, die Kontingentierung sogar für ungültig erklären könne, ohne sich hierüber mit der OEEC zu verständigen. Die deutschen Vertreter in der OEEC schoben darum den wirtschaftlichen Grundsatz in den Vordergrund, daß es nicht so sehr auf einen möglichst hohen Prozentsatz des Abbaus der mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen jedes einzelnen Landes ankäme, als auf einen gesicherten gemeinsamen Markt, der durch eine nicht umzustoßende, für alle Länder zugleich geltende Freiliste untermauert würde. Also unabhängig von dem allgemeinen Liberalisierungssatz sollte für jedes Land die Verpflichtung bestehen, eine sogenannte .liste commune' anzuerkennen. Sie sollte als „unantastbarer Bodensatz" der Liberaüsierung gelten. Die auf der .liste commune' stehenden Waren dürften nicht durch autonome Bestimmungen der einzelnen Länder wieder in die Kontingentierung übernommen werden. Wenn aber doch die Absicht hierzu bestände, müßte dies vor einem besonderen Gremium der OEEC begründet werden. Außerdem sollten diese auf 188

„Diese überaus erfreuliche Entwicklung wird aber seit einigen Monaten durch die Zahlungsbilanzschwierigkeiten überschattet, mit denen die beiden Hauptmitglieder, Großbritannien und Frankreich, in zunehmendem Maße zu kämpfen haben und die ihren Ausdruck auch in der wachsenden Verschuldung dieser Länder der E P U gegenüber findet . . . Wenn zwei Länder, die über die Hälfte des gesamten Warenaustausches der OEEC-Länder bestreiten, sich genötigt sehen, die Liberalisierung wieder zu einem großen Teil rückgängig zu machen, so kann man schwerlich nur noch von einem Schönheitsfehler sprechen. E s ist vielmehr die das Hauptbetätigungsfeld der O E E C bildende Liberalisierungspolitik als solche, die dadurch in Frage gestellt wird". (Neue Zürcher Zeitung, 2 v. 17. 2. 195 )

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

115

der .liste commune' stehenden Waren auch vor einer sogenannten stillschweigenden Entliberalisierung bewahrt werden, die darin bestand, solche Waren in den Staatshandel zu überführen 189 oder sie mit zusätzlichen prohibitiven Einfuhrzöllen zu belegen. Auch das sollte nach dem von den deutschen Imperialisten befürworteten Vorschlag untersagt sein.190 Diese Bestrebungen Westdeutschlands liefen unter der Losung „Durch Gemeinschaftsliste zum Gemeinschaftsmarkt". 191 Dieser Losung lag nichts anderes zugrunde, als daß die deutschen Imperialisten der Expansion ihrer konkurrenzstarken Industrie auf dem europäischen Markt eine sichere handelspolitische Grundlage verschaffen wollten. Diese handelspolitische Offensive wurde durch einen entschlossenen und ebenso gefährlichen Gegenzug Großbritanniens unwirksam gemacht. Darauf hatte Westdeutschland alle Anstrengungen zu unternehmen, um das ihm nützliche System der OEEC vor diesen Angriffen zu schützen. England ging nämlich dazu über, Schritte zu unternehmen, die eine allmähliche Liquidation der OEEC vorsahen. E s gedachte nicht, die OEEC zur weiteren Stärkung Westdeutschlands bestehen zu lassen und durch sie womöglich zu noch größeren Zugeständnissen auf dem europäischen Markt gezwungen zu werden. Mehrere Mitgliedsstaaten des europäischen Wirtschaftsrates in Paris (OEEC) hatten unter Führung Großbritanniens vorgeschlagen, die Aufgaben und den Verwaltungsrat dieser Organisation wesentlich einzuschränken. Von der OEEC, die zur Verteilung der MarshallPlan-Gelder geschaffen wurde, sollten nur Fachabteilungen für Fragen des Warenaustausches und des Zahlungsverkehrs zwischen den europäischen Mitgliedsstaaten bestehen bleiben. 192 Durch diese Vorschläge sollte der Europäische Wirtschaftsrat (OEEC) als eine Organisation, die zu allen wirtschaftspolitischen Fragen der an ihm beteiligten Länder Stellung nahm, aufgelöst werden. Würde jedoch diesem Vorschlag Großbritanniens zugestimmt werden, so war das gesamte System der OEEC in Frage gestellt und ihr Einfluß auf die bisherige Handelspolitik der europäischen Staaten zunichte gemacht. Die Bundesrepublik setzte sich darum für die Erhaltung des Wirtschaftsrates der O E E C und die bisher getroffenen handelspolitischen Maßnahmen ein. „Wie wir erfahren, wird sich Vizepräsident Blücher für die Beibehaltung sowohl des Europäischen Wirtschaftsrates als auch der Europäischen Zahlungsunion einsetzen". 193 Die bedeutendste Unterstützung erhielten die deutschen Imperialisten wiederum von amerikanischer Seite. England wurde daran erinnert, daß es schon seinerzeit zur europäischen Zusammenarbeit durch starken politischen und finanziellen Druck der Amerikaner gebracht worden war. Auch heute würde man nicht anders verfahren, sollte England beabsichtigen, sich aus der OEEC zurückziehen zu wollen. Von amerikanischer Seite wurde betont, daß sie sich auf die Seite der Mitgliedsländer der OEEC stelle, die eine weitere Stützung und Vervollkommnung der OEEC befürworteten und die Bestrebungen Englands zur Auf189

Der Staatshandel unterlag nicht den Liberalisierungsempfehlungen der O E E C .

190 j)er Volkswirt v. 16. 2. 1952. 192 Frankfurter Rundschau v. 6. 3. 1952. 8*

191 193

Der Volkswirt v. 16. 2. 1952. Kasseler Post v. 27. 3. 1952.

n6

I I I . Die O E E C und die E Z U

lösung der OEEC ablehnten.194 Großbritannien war dadurch isoliert. Denn auch alle anderen europäischen Staaten waren für die Aufhebung der von England verhängten Kontingentierungen. Schließlich mußten die britischen Vertreter ihre Zustimmung zur weiteren Aufrechterhaltung der OEEC geben. Zwar konnten die deutschen Imperialisten nicht die Annahme der ,liste commune' und ihre handelspolitischen Konsequenzen erzwingen, gegen die sich nicht nur England, sondern auch Italien, Frankreich, Dänemark, Island und Schweden stemmten195, aber die Liquidierung der OEEC war unmöglich gemacht und die Diskussion über die Einführung der .liste commune' auf der Tagesordnung belassen worden. „Nach Rückkehr von der Tagung des Ministerrates der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa (OEEC), in Paris, hat Vizekanzler Blücher in Bonn erklärt, als wichtigstes Ergebnis könne festgestellt werden, daß die wirtschaftliche Zusammenarbeit als gefestigt betrachtet werden könne. Darüber hinaus sei eine weitere Aktivierung der Zusammenarbeit beschlossen worden, wobei von besonderer Bedeutung sei, daß England künftig die Politik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit nachhaltig unterstützen werde. England habe außerdem mitgeteilt, es werde in absehbarer Zeit die Einschränkung der Importe schrittweise aufheben. Außerdem sei beschlossen worden . . . an dem Programm der Liberalisierung und einer liste commune auf multilateraler Basis festzuhalten". 196 Westdeutschland erhöhte systematisch die Liberalisierungssätze seiner privaten Einfuhr, um England zu den gleichen Maßnahmen anzuhalten und seinen RückNeue Zürcher Zeitung v. 27. 3.1952. — „ M i t Rücksicht auf die Vereinigten Staaten und auf die Bedingungen, die von Washington an die Gewährung der Marshall-Hilfe geknüpft wurden, hat man sich in London seinerzeit dazu entschließen müssen, in der Frage der europäischen Wirtschaftszusammenarbeit ein gewisses Entgegenkommen zu zeigen. Wenn man aber in London neuerdings der Ansicht zu huldigen scheint, daß der Zeitpunkt gekommen sei, sich von den anderen westeuropäischen Ländern gegenüber eingegangenen Verpflichtungen zu befreien und die O E E C langsam der Liquidation entgegenzuführen, so hat man wohl das Interesse nicht voll zu würdigen vermocht, das die übrigen westeuropäischen Staaten der europäischen Wirtschaftszusammenarbeit entgegenbringen, so verbesserungs- und reformbedürftig diese auch sein mag. Die übrigen Mitgliedsstaaten der O E E C sind vielmehr entschlossen, dieses gemeinsame Werkzeug nicht nur in vollem Umfang zu erhalten, sondern auch nach Möglichkeit zu vervollkommnen. Und da Großbritannien seine Unterschrift unter den Vertrag der europäischen Wirtschaftszusammenarbeit gesetzt hat, wird es sich auch schwerlich den Verpflichtungen entziehen können, die es damit übernommen hat, ganz abgesehen davon, daß Großbritannien selbst zwar das Haupt des Commonwealth, aber auch ein Teil Westeuropas ist, und sich daher am Schicksal des Kontinents, der nun einmal seinen geographischen Standort bildet, nicht desinteressieren k a n n " . (Neue Zürcher Zeitung v. 16. 3. 1952.) 195 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 27. 3. 1952. 196 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 1. 4. 1952. 194

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

117

tritt aus der OEEC zu verhindern. Trotzdem versuchte England von einer anderen Seite aus Schritte zu unternehmen, die ihm einen kurzfristigen Austritt aus der EZU, der Finanzinstitution der OEEC 197 , und damit auch die Rückgängigmachung seiner Liberalisierung ermöglichen sollte. Es kämpfte um die Einräumung einer sogenannten Rückzugsklausel in den Statuten der Europäischen Zahlungsunion. Danach sollte eine kurzfristige Kündigung eines Landes den sofortigen Austritt aus der Zahlungsunion gestatten. Die deutschen Vertreter betonten ausdrücklich, daß sie diesen Bemühungen der Engländer „energisch" entgegentreten würden. Wiederum konnten sie sich auf die anderen Teilnehmerländer der OEEC stützen, die „sich die Teilnahme Großbritanniens an der europäischen Wirtschaft in verstärkter Weise sichern" wollten.198 Außerdem griffen auch diemal wieder die amerikanischen Imperialisten ein, die Eden bei in Washington geführten Wirtschaftsgesprächen ihren Standpunkt vermittelten, daß sie die Liberalisierungspolitik und die Europäische Zahlungsunion nicht als unbrauchbares Instrument der europäischen Wirtschaftspolitik aufzugeben gedächten.199 Schließlich machten die britischen Imperialisten unter dem Druck sowohl der amerikanischen Imperialisten als auch der anderen europäischen Partner das entscheidende Zugeständnis, sich gegenüber den handelspolitischen Interessen der übrigen OEEC-Staaten positiv zu verhalten und keine wichtigen Beschlüsse gegen die OEEC beziehungsweise EZU zu fassen, ohne Einverständnis der anderen Partner. „Die von Butler bekanntgegebene britische Stellungnahme zum Problem der Verlängerung der Europäischen Zahlungsunion deutet daraufhin, daß man sich in London dazu entschlossen hat, eine konziliantere Haltung einzunehmen. Während man bisher von britischer Seite einer Verlängerung der Zahlungsunion um ein zweites Jahr nur unter der Bedingung zuzustimmen bereit war, daß in dem Vertrag eine Rücktrittsklausel eingebaut werde, kündigte Butler an, daß Großbritannien der Erneuerung der Zahlungsunion um ein Jahr zustimmen werde und daß lediglich die Möglichkeit vorbehalten werden müsse, im Falle einer Veränderung der Lage neue Verhandlungen einzuleiten. Mit anderen Worten: Großbritannien verzichtet auf die von ihm ursprünglich verlangte Möglichkeit, gegebenenfalls von sich aus die Zahlungsunion zu verlassen, sondern ist bei einer Änderung der Lage bereit, erneut an die übrigen Mitgliedsstaaten heranzutreten, so daß sein etwaiger Austritt nur mit Zustimmung der übrigen Teilnehmer und unter Einhaltung der von diesen genehmigten Bedingungen möglich sein würde". 200 Um jedoch die von England verhängten Einfuhrbeschränkungen rückgängig zu machen, deren allmähliche Aufhebung auch schon zugesagt war, bedurfte es noch längerer zäher Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik und England. Hierbei nutzte Westdeutschland seine eigenen, allen OEEC-Ländern eingeräumten Kontingentsaufhebungen und betonte gegenüber den britischen Partnern, daß 1 9 8 Saarbrücker Zeitung v. 24. 3. 1953. Saarbrücker Zeitung v. 24. 3. 1953. Süddeutsche Zeitung v. 27. 3. 1953 und Neue Zürcher Zeitung v. 27. 3. 1953. 200 Neue Zürcher Zeitung v. 25. 3. 1953. 197

199

n8

I I I . Die O E E C und die E Z U

der „Schwerpunkt einer erfolgreichen Liberalisierung nur in ihrer Gegenseitigkeit liegen" könne.201 „Nach dem Gespräch Blüchers mit Marjolin hörte man in Bonn die Auffassung, daß das Schicksal der wirtschaftlichen Zusammenarbeit Europas weitgehend davon abhänge, ob Großbritannien seine wesentlich gebesserte Wirtschaftslage zum Anlaß nimmt, nunmehr einen großen Schritt in Richtung auf die Liberalisierung zu tun". 202 Ende Oktober 1953 teilte schließlich England der OEEC mit, daß es eine weitere Liberalisierung seiner Einfuhren vornehmen werde.203 Auch gegenüber Frankreich, das seit Anfang 1952 die volle Kontingentierung seiner privaten Einfuhren wieder eingeführt hatte, da es gegenüber den OEECLändern zunehmend verschuldete, war die Bundesrepublik bestrebt, die Aufhebung der Einfuhrbeschränkungen innerhalb der OEEC zu erreichen. Die deutschen Monopole konnten zwar auch während der Kontingentierung der privaten Einfuhren Frankreichs bedeutende Exporterfolge auf dem französischen Markt erzielen, da sie sowohl gegenüber der französischen Industrie als auch gegenüber den anderen ausländischen Industrien in Frankreich zu niedrigen Preisen anboten.204 Obwohl die französische Kontingentierung die Exportexpansion der deutschen Imperialisten hinderte, verhielten sie sich aber zurückhaltend, um nicht Frankreich zu Schritten gegen die OEEC überhaupt zu provozieren. Eine zu große wirtschaftliche und finanzielle Belastung Frankreichs konnte auch zu einer akuten politischen Gefahr für die Herrschaft der französischen Bourgeoisie werden, die die westdeutschen Imperialisten nicht riskieren wollten, da sie die Unterstützung der französischen Bourgeoisie für ihre wirtschaftliche und militärische Aufrüstung dringend benötigten. Schon ein kurzer Überblick über die Entwicklung des französischen Exportes nach den europäischen kapitalistischen Ländern205 und dem kapitalistischen Weltmarkt überhaupt zeigt, daß sich die Stellung der französischen Monopole gegenüber den anderen Ländern ständig verschlechterte. Dies spiegelte sich deutlich in der Veränderung des Anteils am Weltexport in die kapitalistischen Länder wider. Während der Anteil Westdeutschlands von 1950 gleich 3,6 bis 1952 auf 5,5 und schließlich bis 1957 auf 8,7 Prozent stieg, ging der Frankreichs zurück oder stagnierte. Von 1950 gleich 5,5 Prozent fiel er 1952 auf 5,3 Prozent und konnte bis 1957 nur auf 5,3 Prozent verharren. Zwar büßten auch die britischen Imperialisten durch den Vorstoß Westdeutschlands an Stärke ein. Aber sie konnten sich, verglichen mit Frankreich gegenüber Westdeutschland doch eine weitaus stärkere und zumindest ebenbürtige Stellung erhalten. 1950 betrug der Anteil Englands am Weltexport in die kapitalistischen Länder 11,0 Prozent, 1952 gleich 10,0 Prozent. Er fiel bis 1957 201 Die Neue Zeitung v. 17. 10. 1953. 202 Ebenda. 203 Badische Zeitung v. 30. 10. 1953. 204

Saarbrücker Zeitung v. 12. 12. 1952.

205

Siehe frühere Angaben in Kapitel I.

2. Die E x p o r t e x p a n s i o n vermittels der O E E C

119

auf 9,4 Prozent. Doch war dieser Anteil noch immer größer als der Westdeutschlands. Italien konnte seine Stellung verbessern, wenn auch nur in sehr geringem Umfang. 1950 betrug sein Anteil 2,2 Prozent. Er fiel 1952 auf 1,9 Prozent, stieg aber bis 1957 auf 2,6 Prozent an. Ebenso verstärkten die USA und Japan ihre Positionen.206 So zog auch die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung" folgende Schlüsse: „Die offenbare Unfähigkeit der französischen Wirtschaft im internationalen Konkurrenzkampf zu bestehen, gefährdet gegenwärtig weit mehr als die englische Abneigung gegen alles, was mit formalen Souveränitätsrechten verbunden ist, die europäische wirtschaftliche .Integration'. Frankreich ist der kranke Mann in der OEEC. Es nimmt seine Zuflucht zum Protektionismus. Die Partner sind genötigt, Frankreich diese Sonderstellung einzuräumen, weil eine wirtschaftliche Krise in Frankreich (die in eine politische umschlagen könnte) die europäische Wirtschaftsharmonie noch stärker gefährden könnte. Frankreich ist in der Lage des Schuldners, der Druck auf den Gläubiger ausübt". 207 Doch mit der Zeit wurden auch die französischen Imperialisten gemahnt, von ihrer Einfuhrbeschränkung abzugehen. Schließlich drohte man mit Repressalien. „Es ist zum Beispiel schwer vorstellbar, daß die Bundesrepublik die von ihr erwarteten und auch benötigten Mengen französischen Weizens abnimmt, ohne gewisse französische Gegenleistungen für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Maschinen und verschiedenen Fertigwaren". 208 Unter dem Eindruck dieser Drohungen und im Hinblick auf eine bessere Zahlungsbilanz Frankreichs gegenüber den OEEC-Ländern, begannen die französischen Imperialisten für das Jahr 1955 zu einer 75prozentigen und später sogar goprozentigen Liberalisierung zurückzukehren. Österreich sah sich schon Anfang 1951 zu einer scharfen Drosselung seiner Importe gezwungen, da seine Handels- und Zahlungsbilanz stark passiv geworden war. Die Liberalisierung wurde restlos aufgehoben. Gerade aber die deutschen Imperialisten waren die weitaus größten Importeure und hatten das stärkste Interesse an der Liberalisierung des österreichischen Handels. Da sich aber die österreichischen Industriellen, besonders die der Fertigwarenindustrie, gegen eine 206 Anteil der Länder am Export der kapitalistischen

Bundesrepublik Frankreich Großbritannien Italien USA Kanada Japan (Quelle: für 1 9 5 6 207 Deutsche 208 Deutsche

Welt

1936

1938

1950

1951

1952

1953

1954

1955

1956

1957

9,3 4,6 10,6 2,0 11,7 4,5 5,0

9,6 4,0 10,5 2,5 13,9 3,8 5,1

3,6 5,5 11,0 2,2 18,3 5,3 1,5

4,6 5,5 9,7 2,2 19,9 5,0 1,8

5,5 5,3 10,0 1,9 20,8 6,2 1,8

6,0 5,2 9,9 2,1 21,3 5,8 1,7

6,8 5,6 9,7 2,1 19,3 5,1 2,1

7,3 5,9 9,7 2,2 18,3 5,2 2,4

7,9 5,0 9,5 2,3 20,2 5,2 2,7

8,7 5,3 9,4 2,6 20,9 5,1 2,9

Statistisches J a h r b u c h der Bundesrepublik 1 9 5 8 , S. 73. Die Angaben und 1 9 5 7 sind vorläufig.) Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 9. 4. 1 9 5 3 . Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 23. 10. 1 9 5 4 .

120

III. Die OEEC und die E Z U

rasche Aufhebung der Kontingentierungen aus Furcht vor der deutschen Konkurrenz sträubten209, wurde schließlich von der OEEC ein Ultimatum an die österreichische Regierung gestellt, bis spätestens zum 1. Juni 1954 75 Prozent ihrer Einfuhren aus den OEEC-Ländern von der Kontingentierung zu befreien. Österreich könne nicht auf eine Erhöhung seiner Quoten bei der EZU rechnen, wenn nicht die „Liberalisierung der Einfuhren gegen gewisse protektionistische Widersprüche der österreichischen Fertigwarenindustrie unbedingt beschleunigt" werden würde. Unter dem Druck dieses Ultimatums der OEEC billigte der österreichische Ministerrat eine für den OEECRaum aufgestellte Liberalisierungsliste, die 75 Prozent der Einfuhren umfassen sollte210, und noch im Mai 1954 in Kraft trat. 211 „Die sehr kategorisch vorgebrachte Forderung der OEEC, Österreich möge ehestens, spätestens bis zum 1. Juni, die Liberalisierung seiner Einfuhr aus den OEEC-Ländem auf 75 Prozent erhöhen, hat zu einer Änderung der österreichischen Liberalisierungspläne im Sinne der OEEC-Wünsche geführt". 2 ! 2 Dieser Beschluß entsprach in erster Linie den Wünschen der westdeutschen Industrie. „Wie sich wiederholt auf Messen gezeigt hat, gibt der österreichische Konsument in vielen Branchen deutschen Erzeugnissen, gegenüber den Waren eines anderen oder sogar seines eigenen Landes, den Vorzug. Dem deutschen Exporteur eröffnen sich daher sowohl für Konsumgüter als auch für Investitionsgüter nahezu unbeschränkte Absatzmöglichkeiten, die auch in administrativer Hinsicht kaum eingeengt werden, da fast alle deutschen Waren, die für den Export nach Österreich in Frage kommen, bereits in der derzeit geltenden 75prozentigen Liberalisierungsliste enthalten sind . . . es hat sich die österreichische Industrie bereits in weitem Maße auf westdeutsche Maschinen und die dazu gehörigen Ersatzbelieferungen umgestellt''.213 Und in einer späteren Einschätzung schrieb der „Industriekurier" vom 27. März 1958: „Die Nutznießer an der österreichischen Liberalisierung von 90,3 Prozent gegenüber den OEEC-Staaten sind daher nachweisbar in erster Linie die deutschen Exporteure". Nachdem die entscheidenden Widerstände gegen die schrittweise Aufhebung der Kontingentierung der privaten Einfuhr aus dem Wege geräumt waren, machte sie in allen OEEC-Ländern zum Vorteil des deutschen Imperialismus vorerst weitere Fortschritte. Zwar existierte nach wie vor eine Ausweichklausel, die jedem Land bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten und „zum Schutz nationaler Interessen" erlaubte, die Liberalisierungsmaßnahmen wieder rückgängig zu machen.214 Aber der Aufschwung der industriellen Weltproduktion und die allgemeine Ausdehnung des Weltmarktes ließen es vorläufig zu keinen bedeutenden 209

Industriekurier v. 16. 2. 1954. Rhein-Neckar-Zeitung v. 31. 3. 1954. 211 Frankfurter Rundschau v. 14. 5. 1954. 212 VWD-Wirtschaftsspiegel v. 15. 2. 1954. 213 Industriekurier v. 24. 6. 1954. 214 Neue Zürcher Zeitung v. 7. 10. 1955.

210

2. Die Exportexpansion vermittels der O E E C

121

Rückschlägen kommen. Im Durchschnitt hatten alle der OEEC angehörenden Länder bis 1957 etwa 80 Prozent ihrer privaten Einfuhren von mengenmäßigen Beschränkungen befreit. 215 Infolge dieser durch die OEEC eröffneten Möglichkeiten stieg der Export der Bundesrepublik in die Länder Westeuropas kontinuierlich an. Und wie schon zu Anfang der Arbeit an Zahlenbeispielen dargelegt wurde, gelang es ihnen, an die Spitze aller nach Westeuropa exportierenden Länder zu treten und herrschende Positionen auf diesen Märkten an sich zu reißen. Die Produktionsmöglichkeiten der westdeutschen Industrie gerieten in wachsenden Widerspruch zur Entwicklung des inneren Absatzmarktes. Auch deshalb forcierten die deutschen Imperialisten den Absatz auf den äußeren Märkten. Durch die Konkurrenzüberlegenheit auf den äußeren europäischen Märkten gelang es den westdeutschen Imperialisten, begünstigt durch den allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung, diese Exportoffensive zum Erfolg zu führen. Aber da sich dadurch das Binnenmarktproblem nicht löste, sondern im Gegenteil verschärfte, überstiegen die Exporte die Importe nach Westdeutschland. Die deutsche Handelsbilanz wurde stark aktiv. 216 Dadurch wurden die Handelsbilanzen der Länder des westeuropäischen kapitalistischen Marktes, in die die Exportexpansion des deutschen Imperialismus ging, passiv. Die Außenhandelsexpansion des deutschen Imperialismus bewirkte somit eine starke Ungleichmäßigkeit im Warenaustausch mit diesen Ländern, die zur Verschuldung dieser Länder an den deutschen Imperialismus führte. 217 Durch die zunehmenden Überschüsse im Warenaustausch Westdeutschlands mit den westeuropäischen kapitalistischen Ländern waren diese allmählich zur Zahlungsunfähigkeit bei einer weiteren Exportexpansion des westdeutschen Monopolkapitals verurteilt. „Deutschland habe aber in der Vergangenheit derartig große Devisen und DM-Reserven angehäuft, daß sich, wenn hier nicht endlich Abhilfe geschaffen werde, ein ernsthaftes Problem der internationalen Liquidität, insbesondere gegenüber den deutschen Handelspartnern in Europa stelle". 218 In der OEEC häuften sich darum die Angriffe und Beschwerden dieser europäischen Länder gegen die einseitig vorangetriebene Außenhandelsexpansion der Bundesrepublik.219 Das veranlaßte die OEEC zu der Empfehlung an die Bundesrepublik, Deutschland solle mehr verbrauchen.220 Zur Begründung hieß es unter anderem: „Da also die inneren Stabilisierungsmaßnahmen die Bemühungen um einen Abbau der äußeren Uberschüsse neutralisiert haben, könne man aus diesem verhängnisvollen Zirkel nur ausbrechen, indem man sich des Grundproblems der äußeren Überschüsse annehme, das darin besteht, daß die Gesamtproduktion in 215

Siehe Anhang, S. 164, T a b . 10.

216

Siehe Anhang, S. 166, 167, Tab. 11, 12.

217

Siehe Anhang, ebenda.

218

Industriekurier

219

Stuttgarter Zeitung v. 27. 6. 1957.

220

Handelsblatt v. 13. 11. 1957.

v. 12. 11. 1957.

III. Die OEEC und die EZU

122

Deutschland den inneren Verbrauch überschreitet". 221 Da nun Zollsenkungen nicht den gewünschten Erfolg einer Einfuhrsteigerung Westdeutschlands gebracht hatten und da auch durch die Bemühungen um die Begünstigung des Kapitalexportes in der Vergangenheit und selbst in der Zukunft „die äußeren Überschüsse kaum kompensiert werden können, scheint es für die OEEC unvermeidlich, daß die Bundesregierung zu einer Politik der inneren Kapitalmarktförderung übergeht". 222 Die Überschüsse sollten zu Investionen in Westdeutschland verwandt werden. Die Undurchführbarkeit dieser Empfehlung lag auf der Hand. Es war unsinnig, den westdeutschen Imperialisten zusätzliche Investitionen zu empfehlen, da ihre Produktion ohnehin schon an Absatzmangel litt. Gerade das war ja der Grund, weswegen die deutschen Monopole die Exportexpansion nach den westeuropäischen Märkten forcierten. Die Exportexpansion des westdeutschen Imperialismus, die die anderen Länder in passive Handelsbilanzen stürzte, veranlaßte schließlich die übrigen Mitgliedsstaaten der OEEC, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die Liberalisierung der Einfuhren der OEEC-Länder, die den westdeutschen Imperialisten so große Vorteile gebracht hatte und darum von ihnen so intensiv unterstützt worden war, war in Frage gestellt. Es wurde von den übrigen OEEC-Ländern darauf hingewiesen, daß man durch die Exportexpansion Westdeutschlands gezwungen würde, von den bisher im Sinne der OEEC getroffenen Kontingentsaufhebungen zurückzutreten. „Man könne sich . . . in Kürze vor einer Situation befinden, in der die Liberalisierung der europäischen Handelsbeziehungen überhaupt nicht mehr möglich sein, ja sogar ein Rückschlag zu befürchten sein werde". 223 Die westdeutschen Imperialisten drängten aber auf weitere Expansion. Innerhalb der OEEC boten sich ihnen jedoch nicht mehr genügend Möglichkeiten, auf die Handelspolitik der westeuropäischen Länder einzuwirken. Die OEEC, die ehemals ihrer Exportexpansion so förderlich war, wurde für ihre weitere Expansion zu eng. Die deutschen Imperialisten begannen darum, die OEEC beiseite zu schieben und ein neues internationales handelspolitisches Abkommen, die EWG, unter dem Motto noch engerer europäischer Zusammenarbeit anzustreben. Die „Neue Zürcher Zeitung" schrieb unter der Überschrift „Krise der europäischen Wirtschaftsintegration": „Das Liberalisierungsverfahren der OEEC beruht auf dem Reziprozitätsprinzip . . . Leider ist diese organische Fortentwicklung heute schwer gefährdet und sind darüber hinaus selbst die bisherigen Errungenschaften der OEEC gerade am Jahrestag ihres zehnjährigen erfolgreichen Wirkens in Frage gestellt. Die Tragik liegt dabei darin, daß diese schwere Gefahr für die erreichte europäische Wirtschaftsintegration nicht durch ein mangelndes Interesse an weiterer Zusammenarbeit, sondern im Gegenteil durch einen Wettlauf um einen noch höheren Grad von Integration entstanden ist. Durch die Sonderaktion der sechs Länder der Montanunion, die sich Anfang dieses Jahres zur Europäischen 221 Ebenda. 222 Ebenda. 223 Industriekurier

v. 12. 11. 1957.

3. Staatsmonopolistischer Kapitalexport über die E Z U

123

Wirtschaftsgemeinschaft zusammengeschlossen haben, ist in der O E E C ein Antagonismus geschaffen worden, der die bisherige Harmonie unter ihren 17 Mitgliedsstaaten schwer beeinträchtigt hat und der auch, wenn er nicht durch einen rechtzeitigen Zusammenschluß aller OEEC-Länder in einer Freihandelszone überbrückt werden kann, sich unheilvoll auf die europäische Wirtschaftszusammenarbeit und den Zusammenhalt Westeuropas auswirken müßte". 2 2 4

3. Der staatsmonopolistische Kapitalexport über die EZU — die Bedingung der Exportexpansion des westdeutschen Imperialismus

entscheidende

Damit die von der O E E C unter dem Namen der Liberalisierung beschlossene schrittweise Aufhebung der Einfuhrkontingentierungen, nicht durch die Kontingentierung der dafür zu zahlenden Devisen, doch einer faktischen Einfuhrbeschränkung unterlagen, wurde die Beschränkung des für den Warenverkehr der O E E C erforderlichen Devisenverkehrs aufgehoben und die diesem Zweck dienende internationale staatsmonopolkapitalistische Organisation, die Europäische Zahlungsunion (EZU) gegründet. Darum wurde auch in dem gleichen Atemzug, mit dem die amerikanischen Imperialisten auf die Liberalisierung der Einfuhren drängten, die Konstituierung einer „europäischen Clearingunion" gefordert. Jedes Mitgliedsland der O E E C sollte bei der E Z U ein Kontokorrent eröffnen und den Geldverkehr, der aus dem gesamten Warenverkehr zwischen den O E E C Ländern entsprang, über die gemeinsame Bankinstitution der E Z U , der B a n k für internationalen Zahlungsausgleich in Basel, leiten. Der A u f g a b e der E Z U entsprechend, den ungehinderten internationalen Warenaustausch auf der Basis der Liberalisierung zu ermöglichen 223 , war auch die uneingeschränkte Austauschbarkeit der Währungsbeträge vorgesehen. Die gegenseitige Verrechnung der Währungen hatte nach einem festen Wechselkurs — auf der Dollar-Basis (bzw. Gold-Basis) im Rahmen der E Z U zu erfolgen. 226 „Alle Währungen stehen in einer bestimmten Relation zur Verrechnungseinheit und sind multilateral einlösbar''. 227 D a die Handelsbilanzen zwischen den OEEC-Ländern nicht ausgeglichen waren und darum ständig Schuldner- und Gläubigerverhältnisse zwischen ihnen existierten, konnte ein Land veranlaßt sein, vpn den Liberalisierungsmaßnahmen zurückzutreten, wodurch das Liberalisierungssystem der O E E C überhaupt in Frage gestellt war. Die Liberalisierung konnte nur so zeitweilig aufrechterhalten werden, indem die jeweiligen Salden wechselseitig kreditiert wurden. Jedem Land wurden sogenannte Quoten zugestanden, die den Umfang ihrer Kredit224 Neue Zürcher

Zeitung

v. 17. 4. 1958.

225 „Die Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels müssen gleichzeitig die automatische Zuteilung der Devisen umfassen, die für die Durchführung dieser Einfuhren notwendig sind . . . " Liberalisierungskodex, Anhang A, Abschnitt I, Artikel 1. 226 Hamburger Echo v. 9. 6. 1950. 227

Ebenda.

III. Die OEEC und die EZU

124

aufnähme oder auch Kreditvergabe bestimmten. Sie konnten durch Zusatzquoten, den sogenannten Railongen, ergänzt werden. Ein Teil dieser Quoten mußte vom Schuldner unmittelbar in Gold beglichen werden, ein anderer Teil (erst 60 Prozent, später 25 Prozent) wurde kreditiert. Die Kreditierung dieser Quoten erfolgte automatisch. Die Tilgung und Verzinsung wurde in bilateralen Verträgen geregelt. Da angenommen wurde, daß auch die Gesamtbilanz der EZU unausgeglichen sein würde, sollte ebenfalls ein Kredit bereitgestellt werden, um nicht kürzester Zeit vor dem finanziellen Zusammenbruch der EZU stehen zu müssen. Er wurde von den USA garantiert 228 und in Form von Dollarbeträgen im Marshall-Plan-Verfahren zugeteilt.229 So war die EZU von Anfang an nicht nur eine Verrechnungsinstitution, sondern auch eine Kreditinstitution. 230 Die deutschen Imperialisten gaben dieser, von den amerikanischen Imperialisten vorgeschlagenen Finanzinstitution der EZU, sofort ihre Zustimmung, da sie ihrer Exportexpansion auf den europäischen Märkten dienlich war.231 „Um das bisher Erreichte zu sichern, und den Weg zum weiteren Abbau der Handelsschranken mit dem Ziel einer wirtschaftlichen Integration Europas frei zu machen, ist es unaufschiebbar, auch den Zahlungsverkehr zwischen den europäischen Ländern von den ihm angelegten Fesseln zu befreien. Die Schaffung einer Europäischen Zahlungsunion . . . wird daher als ein Schritt zur wirtschaftlichen Integration Europas begrüßt". 232 Erneut hatten die westdeutschen Monopole die Möglichkeit erhalten, eine volle Gleichberechtigung für ihre Entwicklung im 228 Deutsche

Zeitung

und Wirtschaftszeitung

v . 21. 12. 1949.

229

„Ihr (der EZU — R. H.) Funktionieren wird einmal von starker amerikanischer Hilfe, zum anderen von williger wirtschaftlicher Zusammenarbeit der europäischen Länder abhängen. Da die europäischen Länder für die nächsten beiden Jahre ihre Zahlungsbilanzen durch gegenseitige Hilfe noch nicht ausgleichen können, gibt die USA Hilfe vielerlei Art. Es bleibt die Hilfe aus dem MarshallPlan, die den einzelnen Ländern in der bisherigen Weise über die Verteilung durch die OEEC direkt zukommt. Abgezweigt werden davon 350 Millionen Dollar, gleichsam als Betriebskapital für die Zahlungsunion. Da sie damit und mit den Krediten der europäischen Gläubigerstaaten nicht auskommen kann, steht für besonders zurückgebliebene Länder eine .strukturelle' Hilfe von weiteren 300 Millionen Dollar bereit . . . Schließlich stehen für einen .Katastrophenfonds' noch 150 Millionen Dollar zur Verfügung . . . Jedes beteiligte Land gewährt bzw. erhält von der Zahlungsunion einen Kredit in Höhe von etwa 15 Prozent seines Zahlungsverkehrs von 1949 mit den anderen Ländern, deren Gesamtsumme, also die eigentliche Ausgleichsmasse für die eigentliche Verrechnung rund 4 Milliarden Dollar betragen soll. Von den Quoten sollen 40 Prozent in Gold zu leisten bzw. zu empfangen und 60 Prozent Buchkredite sein".

230

Siehe auch spätere Ausführungen über die besondereRolle der USA zur finanziellen Stützung der EZU.

(Die Welt v . 24. 6. 1950.)

231 Westdeutsche Rundschau v . 3. 2. 1950. 232 Frankfurter Allgemeine v . 7. 2. 1950.

3. Staatsmonopolistischer Kapitalexport über die E Z U

125

Innern und in der Außenhandelspolitik zu fordern. „Zu einen den Nachbarn gleichen Startbedingungen gehört, daß sein Produktionsapparat so flott gemacht werden kann, wie der übrigen ERP-Länder, daß es in seinem Außenhandel nicht einseitig behindert wird, das heißt, . . . daß die anderen Staaten Westdeutschland gleichberechtigt in ihre Liberalisierungsmaßnahmen aufnehmen . . . Das etwa sind die Themen, die bei der Diskussion über den Beitritt zum Europa-Clearing innerhalb der Bundesregierung angeschlagen wurden". 233 Außerdem eröffnete sich auch die Möglichkeit, von der den westdeutschen Außenhandel hemmenden Dollar-Klausel entbunden zu werden.234 Der Finanzierungsmodus der EZU sah von vornherein die Existenz von Gläubigerstaaten vor. Und Westdeutschland machte zur Bedingung, daß die EZU beibehalten werden solle, auch wenn sich Guthaben zugunsten der Bundesrepublik herausbilden würden. Denn erst unter diesen Voraussetzungen konnten sie den angestrebten ökonomischen und politischen Einfluß auf die OEEC-Mitglieder zugunsten ihrer Exportexpansion gewinnen. „Es müßte vielleicht noch etwa bedacht werden: Als Folge der von Westdeutschland fast ohne Vorbehalte verwirklichten Liberalisierung hat sich der Aktivsaldo im Verkehr mit seinen europäischen Nachbarn vorübergehend in einen Passivsaldo umgewandelt. Und man muß befürchten, daß dieser Zustand nun als Grundlage für die Zukunft angesehen wird. Vielleicht fordert die Bundesregierung, die sich . . . der Clearingunion anschließen wird, Gewißheit darüber, daß sie als vielleicht unbeabsichtigte Folge 233 Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung 234

v. 14. 1. 1950.

„ E s wäre logisch, wenn die Dollarklausel fiele, da sie im Handelsverkehr mit einigen Ländern bereits durchbrochen ist". (Deutsche Zeitung und Wirtsckaftszeitung v. 14. 1. 1950.) „Bisher hat sich die Dollarklausel im Verkehr mit dem Sterlingblock mehr zu unserem Nachteil ausgewirkt . . . wir kaufen trotz des harten Charakters unserer im Sterlingblock verdienten Pfunde nicht billiger dort ein, als Länder mit nicht konvertierbaren Pfunden, dafür wird aber jeder Import deutscher Erzeugnisse so angesehen, als ob er in Dollar erfolge . . . verständlich, daß gerade die U S A , die zur Erhaltung der deutschen Wirtschaft am stärksten beitragen, den Wunsch haben, deutsche Exporterlöse in Dollar zu sehen. Praktisch ist aber außer gegenüber Großbritannien, wo die nachteiligen Folgen bereits hervorgehoben wurden und gegenüber der Schweiz (vor Inkrafttreten der Liberalisierung) kein Fall bekannt geworden, in dem Westdeutschland bare Dollar von einem Vertragspartner hätte abziehen können, während der umgekehrte Fall weit häufiger eingetreten ist. Der positive Erfolg der Dollarklausel ist also äußerst gering, der negative dagegen wegen der durch die Dollarklausel bedingten Zurückhaltung unserer Abnehmer erheblich. Eine Besorgnis der U S A , daß wir durch die stärkere Verlagerung unserer Bezüge auf die Sterlingblockländer den amerikanischen E x p o r t gefährden könnten, dürfte dadurch gegenstandslos werden, da j a die Vereinigten Staaten selbst uns durch ihre berufenen Vertreter immer wieder ermuntern, die Dollarlücke abzubauen. Das kann aber nur in beschränktem Maße durch die Steigerung unserer E x p o r t e nach den U S A geschehen". (Außenhandelsdienst v. 30. 3. 1950.)

126

III. Die O E E C und die E Z U

des .Systems' keinen Nachteil erleidet, wenn aus dem Passiv- ein Aktivsaldo wird. Die Meinungen in Westdeutschland gehen im allgemeinen dahin, daß dies bald der Fall sein könnte". 235 Es war auch von großer Bedeutung für Westdeutschland, daß in die Verrechnung der EZU nicht nur die Mitgliedsländer der OEEC einbezogen wurden, sondern auch die von diesen Staaten abhängigen Länder.236 Da Westdeutschland auf Rohstoffeinfuhren aus diesen abhängigen Ländern angewiesen war, von den OEECLändern aber nicht den freien ungehinderten Zutritt zu diesen Gebieten erhalten hatte, konnte es die aus diesen Gebieten bezogenen Rohstoffe durch Überschüsse bei den OEEC-Ländem bezahlen. Durch die Einbeziehung dieser abhängigen Länder in das Verrechnungssystem erfolgte der Ausgleich ohne besondere Schwierigkeiten und automatisch.237 Gegen die Inkraftsetzung der EZU erhoben die britischen Imperialisten Einspruch. Mit der Zustimmung zu der EZU wären „Eingriffe in die Wirtschaftspolitik" Englands unvermeidlich.238 Sie befürchteten, bei einer weitgehenden Liberalisierung des innereuropäischen Handels, durch die Instituierung der EZU, entstehende Passiven nach den Bestimmungen der EZU begleichen zu müssen. Das hieße, Sonderrechte bei der Bezahlung ihrer Schulden einzubüßen. „Großbritannien scheint nicht geneigt zu sein, wegen der Rückzahlung kommerzieller Spitzen weitgehende Verpflichtungen zu übernehmen".239 Darum beharrten sie 235 Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 14. 1. 1950. — Die deutschen Imperialisten gedachten, durch die Überschüsse in der E Z U ihre ständigen Dollardefizite abdecken zu können. „ D a Westdeutschland gegenwärtig zu etwa 50 Prozent des Gesamtverbrauches an Nahrungsmitteln und Rohstoffen von der Einfuhr abhängig ist und nur etwa 10 Prozent seiner Bezüge aus dem Dollarraum durch E x p o r t zu decken vermag, bietet seine Beteiligung an der Steigerung des westeuropäischen Handels die einzige Chance, um die mit dem Auslaufen des Marshall-Planes zu erwartenden Schwierigkeiten zu überwinden. Eine echte Integration Westeuropas kann nur erreicht werden, wenn eine vollständige Transfermöglichkeit aller europäischen Währungen untereinander gewährleistet w i r d " . (Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 7. 2. 1950.) 236 Neue Zürcher Zeitung v. 9. 2. 1951. „ E i n e der wichtigsten Ursachen für die Entwicklung extremer Gläubiger- und Schuldnerpositionen ist die Einbeziehung überseeischer Rohstoffgebiete in den Verrechnungsraum . . . Die europäischen Industrieländer haben in der Regel mit diesen Rohstoffgebieten eine passive Handelsbilanz, die sie nur selten mit Überschüssen aus dem europäischen Handel ausgleichen können . . . Der strukturelle Zahlungsbilanzüberschuß der Rohstoffländer muß besonders stark in jenen Zeiten in Erscheinung treten, in denen sich die Austauschrelationen im Außenhandel durch Rohstoffversteuerungen zu Lasten der Fertigwarenproduzenten verschieben. Das deutsche D e f i z i t . . . war durch dieses Überwiegen der versteuerten Rohstoffeinkäufe vornehmlich im Sterlingraum bedingt". (Der Volkswirt v. 31. 8. 1951.) 238 Handelsblatt v. 3. 2. 1950. 239 Die Welt v. 8. 2. 1950.

237

3. Staatsmonopolistischer Kapitalexport über die E Z U

127

auch darauf, daß die Gold- oder Dollarzahlungsverpflichtungen so niedrig wie möglich gehalten würden. „Die Bemühungen des ECA-Administrators, Paul G. Hoffmann, vom britischen Schatzkanzler eine Zusage zu erlangen, daß Großbritannien dem Plan eines europäischen Währungsclearing zustimmen werde, seien bisher ohne Erfolg geblieben . . . Die britischen Vertreter beständen darauf, daß ein europäisches Währungsclearing entgegen den amerikanischen Ansichten so wenig wie möglich auf Gold- oder Dollarverrechnung basiere".240 Hinzu kam die Weigerung Englands, die erheblichen britischen Kriegsschulden an die britischen Dominien in Höhe von etwa 3,2 Milliarden Pfund in die Verrechnungsunion zu übernehmen. Denn sobald sich Großbritannien zum Eintritt in die Europäische Zahlungsunion bereit erklärte, müßte es das britische Pfund in alle anderen europäischen Währungen konvertibel machen und das hieße, daß die britischen Kriegsschulden sofort auf die Zahlingsbilanz Großbritanniens einen verheerenden Einfluß ausüben würden, der es dem britischen Schatzkanzler binnen kurzem unmöglich machen würde, seinen Verpflichtungen nachzukommen. 241 Nach Verhandlungen mit den USA wurde es den Engländern ermöglicht, die Kriegsschulden an die Dominien wie Indien, Ägypten, Island und Kanada in langfristige Anleihen zu verwandeln, die erst im „Laufe von Jahrzehnten" 242 abgetragen werden sollten. Die britischen Imperialisten versuchten auch, einer Teilnahme Westdeutschlands an der EZU aus politischen und wirtschaftlichen Motiven zu widersprechen. Ihnen widerstrebte ein sich wieder aufrichtendes imperialistisches Westdeutschland.243 Daraufhin stellte die USA-Regierung kurzerhand die weitere Zahlung von Marshall-Plan-Geldern an Großbritannien in Frage. Unter dem Druck der USA und unter Berücksichtigung eines steigenden Aktivsaldos in der Handelsbilanz gegenüber den OEEC-Ländern stimmte schließlich Großbritannien der Einrichtung der Europäischen Zahlungsunion zu. Großbritannien „könne durch seinen Beitritt wahrscheinlich mehr gewinnen als . . . 150 Millionen Dollar, die es bei Nichtbeteiligung an ECA-Mitteln verlieren würde". 244 Westdeutschland vermochte in der schließlich zustande gekommenen EZU, auf Grund seiner Konkurrenzüberlegenheit gegenüber den anderen westeuropäischen kapitalistischen Staaten, zunehmende Geldüberschüsse zu realisieren, wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich ist. Als England bald in starke Verschuldung geriet und wieder einen Teil der Einfuhr kontingentierte, versuchte es die amerikanische Regierung sowie die Regierungen der Mitgliedsstaaten der OEEC zu einer Revision des Verrechnungsverkehrs der EZU zu bewegen. Großbritannien wollte alle Handels- und Finanzfragen wieder in sogenannten bilateralen Verhandlungen regeln. Es wollte kurzfristig aus der 240 241 242 243 244

Hannoversche Allgemeine Zeitung v. 2. 2. 1950. Hamburger Allgemeine v. 17. 3. 1950. Ebenda. Süddeutsche Zeitung v. 17. 4. 1950. Hannoversche Allgemeine Zeitung v. 17. 3. 1950.

128

I I I . Die O E E C und die E Z U

Nettodefizite oder Nettoüberschüsse gegenüber der EZU von 1950—1957 EZU-Rechnungseinheiten. (Eine EZU-Einheit = ein US-DollarJ245 1950/51 Österreich BelgienLuxemburg Dänemark Frankreich Westdeutschland Griechenland Italien Niederlande Norwegen Portugal Schweden Schweiz England E Z U insgesamt



+ —

+

— — — — —

+

+ + +

1951/52

104



236 68

+ +

194 281 140

+

3° 270 80 59 59 11 604 1104





+ + + + + +



38 509 46 602 584 83 194 477 21 28 284 158 1476

+ 2301

1952/53

1953/54

42

+

106

— 33 — 17 — 417 4- 260 — 28

— —

55 92

+

— + — — — + + +

223 139 59 23 44 85 371 897

— 149 + 518 — 40 — 210 — —

42 61

— 19 — 37 + 73 + 107 + 802

1954/55

in

1955/56

— 103



+

80

+ 222

— + + — — + — — —

94 115 296 27 225 84 70 59 104

+ 4 — 180

+ 10 + 136 + 722

6

+ 584 + 4° — 125 — 62 — 27 — + —

33 6 66

— 327 + 856

Millionen

1956/57 +

23

+ 14 — 43 — 969 + 1336 + 5 — 94 36 + 41 38 + in 83 — 225 +

1529

E Z U austreten können.246 Die Bundesregierung, die auf Erhalt der E Z U pochte, konnte jedoch ihren Standpunkt durchsetzen 247 , denn „mit dem Verfall der Europäischen Zahlungsunion würde das ganze Gebäude der O E E C und die Politik der Liberalisierung . . .

in Frage gestellt sein".248 Darum argumentierte auch

Bundeswirtschaftsminister

Erhard

dafür,

einen

harten

und

entscheidenden

Einfluß auf die nationalen Volkswirtschaften auszuüben und sie zur inneren Ordnung ihrer Wirtschaften zu zwingen. Es ginge nicht an, „daß in der Zahlungsunion die Schuldnerländer das Recht hätten, bei fortschreitender Verschuldung ihre Liberalisierung auf Kosten der Gläubigerländer abzubauen". 249 Die Bundesrepublik hinderte auch England daran, die Bezahlung der in der E Z U entstandenen Schulden, deren Tilgung ab 1954 zwar in zweiseitigen Abkommen geregelt wurde, aus der EZU-Verrechnung gänzlich herauszunehmen.

Denn das hätte einen

Präzedenzfall für die Überflüssigmachung der E Z U geschaffen. 250 245

246 247 248 249 250

Zahlungsunion, hg. v o m BundesA u s Siebenter Jahresbericht der Europäischen ministerium f ü r W i r t s c h a f t , 1958. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v . 28. 1. 1953. Siehe hierzu frühere Ä u ß e r u n g e n über die O E E C . Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v . 28. 1. 1953. Rhein-Neckar-Zeitung v . 20. 1 1 . 1953. „ D i e drei H a u p t s c h u l d n e r Großbritannien, F r a n k r e i c h und Italien haben es auf sich, g e n o m m e n , gegenüber der B u n d e s r e p u b l i k 250 Millionen Dollar dergestalt zu ,bereinigen', d a ß unverzüglich ein Viertel (im F a l l e Italien sogar ein Drittel) in Dollar abgegolten, während der R e s t in 5—6 Jahren in Monatsraten in Dollar beglichen werden soll. F ü r die Bundesrepublik b e d e u t e t d a s einen S o f o r t e m p f a n g v o n 67 Millionen Dollar und eine ihr gegenüber konsolidierte Schuld v o n 187 Millionen Dollar, v o n denen 36 Millionen Dollar noch in diesem J a h r fällig wären, w e n n man nicht Mister B u t l e r doch noch zugestanden h ä t t e .

3. Staatsmonopolistischer K a p i t a l e x p o r t über die E Z U

129

Die westdeutschen Monopole nutzten die E Z U dazu aus, die finanzielle Überlegenheit zu gewinnen. So bestanden sie auch immer wieder darauf, den Anteil der Goldzahlungen an den Quoten zu erhöhen, um die innerhalb der E Z U gewonnenen Geldüberschüsse international unbeschränkt verwenden zu können. Es gelang ihnen auch, daß vom 30. Juni 1955 an die Goldzahlungspflicht zur Abdeckung der monatlichen Abrechnungssalden von 40 Prozent auf 75 Prozent erhöht wurde. 251 Vom 1. Juli 1950 bis zum 30. Juni 1957 sind daher 2113396000 Rechnungseinheiten in Gold an die Bundesrepublik ausbezahlt worden. 252 Wegen der ständig

steigenden

Überschüsse

Westdeutschlands

versuchten

zwar

die

Schuldnerländer den Satz der Goldzahlungen wieder herabzudrücken, aber sie vermochten sich nicht durchzusetzen, da im Gegensatz dazu die westdeutschen Vertreter diese Versuche sogar mit Forderungen auf noch höhere Goldzahlungssätze bis zum vollen Umtausch der Schulden in Gold, der sogenannten Vollkonvertibilität, beantworteten. Aber es blieb schließlich bei der Goldzahlungspflicht von 75 Prozent. 253 Als die Forderungen Westdeutschlands die der Bundesrepublik zugestandenen Kreditquoten laufend überschritten und das Verrechnungssystem der E Z U zu sprengen drohten, beantragte

die Bundesrepublik

eine Sonderregelung.

Der

deutschen Bundesrepublik sollte eine unbegrenzte Kreditgewährung an die E Z U zugestanden werden. Damit wäre Westdeutschland die Möglichkeit gegeben, vermittels umfangreicher Kredite über die E Z U die Exportexpansion nach Westeuropa aufrechtzuerhalten. Ende 1956 wurden Westdeutschlands Anträge, der 21 Millionen Dollar f ü r die T i l g u n g der deutschen Nachkriegsschulden einzubehalten. D a s K o m p r o m i ß geht sozusagen ,kreuz und q u e r ' ; so h a t sich wiederu m die V e r z i n s u n g der konsolidierten Schuld m i t 3 v . H . entgegen den britischen Vorstellungen durchsetzen lassen. U n d ebenso h a t G r o ß b r i t a n n i e n seinen V e r such a u f g e b e n müssen, die konsolidierten Schulden aus der E Z U herauszunehmen und als bilaterale A b k o m m e n v o n L a n d zu L a n d zu b e h a n d e l n . D i e konsolidierten Schulden bleiben auch weiter V e r r e c h n u n g s g u t h a b e n der G l ä u biger innerhalb der E Z U " . (Der Volkswirt v . 3. 7. 1954.) 2 5 2 Frankfurter 251 Frankfurter Allgemeine-v. 1 1 . 6 . 1 9 5 5 . Allgemeine-v. 1 1 . 6 . 1 9 5 4 . 2 5 3 „ W e n n sich unter diesen U m s t ä n d e n die deutsche Forderung, die B e d i n g u n g e n der E Z U in R i c h t u n g auf die V o l l k o n v e r t i b i l i t ä t weiter zu verschärfen, n i c h t durchsetzen konnte, so ist das z w a r zu bedauern, angesichts der massiven G e g e n argumente aber verständlich. D e r erzielte K o m p r o m i ß (75 P r o z e n t der G o l d z a h l u n g beizubehalten, R . H.) m u ß insofern schon als E r f o l g einer realistischen V e r h a n d l u n g s f ü h r u n g gewertet werden. D a s e n t h e b t die an der E Z U beteiligten L ä n d e r nicht der Sorge u m das weitere Schicksal des innereuropäischen Zahlungsausgleichs . . . es gibt . . . keine Anzeichen dafür, d a ß die deutschen Überschüsse bei der E Z U und der Goldabfluß aus den K a s s e n der französischen, englischen, italienischen und norwegischen N a t i o n a l b a n k e n in die Tresore der B a n k deutscher L ä n d e r aufhören. D a h e r wird man über k u r z oder l a n g wieder ü b e r die A b r e c h n u n g s m o d a l i t ä t e n verhandeln müssen. E s wird sich d a n n nicht verhindern lassen, einen noch größeren Teil der monatlichen S a l d e n a b r e c h n u n g in Goldzahlungen v o r z u n e h m e n als bisher". (Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v . 15. 5. 1957.) 9

Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus

130

III. Die OEEC und die EZU

deutschen Seite unbeschränkte Kreditgewährung an andere zu gestatten, gebilligt, nachdem schon früher ständige Erhöhungen der Kreditquoten akzeptiert worden waren. 254 „Die Mitgliedsstaaten der E Z U haben das westdeutsche Angebot einer der Höhe nach unbegrenzten Kreditgewährung (Railonge) für den Ausgleich aller westdeutschen Zahlungsüberschüsse bis Ende des laufenden Geschäftsjahres (30. Juni 1957) angenommen". 255 Von September 1950 bis 30. Juni 1957 gewährte Westdeutschland 879,223 Millionen Rechnungseinheiten (Dollar) an Krediten. Davon waren bis 30. Juni 1957 in bilateralen Verträgen 552,1 Millionen Dollar zur langfristigen Abzahlung vorgesehen. Bis zum 1. Juli 1957 waren davon 241,4 Millionen zurückgezahlt. 256 E s blieben für die weitere Abzahlung 310,4 Millionen Dollar. 257 Aus den von September 1950 bis Juni 1957 gewährten Krediten hatte Westdeutschland Zinseinnahmen von 64842000 Rechnungseinheiten. 258

254 Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 21. 11. 1953. 255 Industriekurier v. 2. 11. 1956. 256 Siebenter Jahresbericht der Europäischen Zahlungsunion, hg. vom Bundesministerium für Wirtschaft, 1958, S. 71, 89. A b 1. Juli 1957 mußten an Westdeutschland noch folgende Kredite zurückgezahlt werden. Von Dänemark 33,8 Millionen Rechnungseinheiten, von Frankreich 30,8 Millionen, von Island 0,9 Millionen, von Italien 75,0 Millionen, von Norwegen 24,1 Millionen und von England 147,0 Millionen Rechnungseinheiten. 257 „Der Abschluß bilateraler Konsolidierungsabkommen ist erforderlich, weil die EZU keinen automatischen Zwang von Rückzahlungen von Krediten kennt. So werden Jahr für Jahr Schulden durch die Abrechnung mitgeschleppt, die sich, kommt es nicht zu regelmäßigen bilateralen Konsolidierungsvereinbarungen, mit ausreichenden Barzahlungen und hinreichend annehmbaren Tilgungsraten, ständig weiter kumulieren und eines Tages zu einem Betrag anwachsen können, der sich bei Auflösung der EZU als ein für die Schuldnerländer unverdaulicher Brocken erweisen wird. Frankreich hat bisher nur ein Viertel seiner bilateralen Verschuldung gegenüber der Bundesrepublik durch Konsolidierungsvereinbarungen abgedeckt. Italien etwa drei Fünftel und Norwegen etwa die Hälfte. Großbritanniens Verschuldung gilt in Aufrechnung der deutschen Nachkriegsverschuldung als konsolidiert. Wie nun einerseits die Tendenzen zur weiteren Aufweichung der EZU-Bedingungen sicher auch in Zukunft weiter bestehen werden, so drängen die Schuldner der EZU andererseits die E Z U zu einer Aufweichung der Konsolidierungsbedingungen. Während die ersten Konsolidierungsabkommen noch Barzahlung von 33 Prozent, spätere Abkommen Barzahlung von noch 20 Prozent vorsahen, drängt beispielsweise Italien heute auf den Abschluß eines Abkommens, das Barzahlungen überhaupt nicht mehr vorsieht, sondern nur noch Tilgungsraten auf eine recht ferne Zukunft. Einer Ausdehnung der Rückzahlungsraten ins Uferlose sollten sich die deutschen Verhandlungsführer ernsthaft widersetzen, es sei denn, der Glaube an eine restlose Tilgung der EZU-Schulden werde auch offiziell aufgegeben". (Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 15. 5. 1957.) 258 Siebenter Jahresbericht der Europäischen Zahlungsunion, hg. vom Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft, 1958, S. 93.

3. Staatsmonopolistischer Kapitalexport über die E Z U

131

Diese profitbringenden Kredite waren von der deutschen Bundesbank über die EZU gewährte staatliche Anleihen. Sie waren vom westdeutschen Imperialismus betriebener staatlicher Kapitalexport zur Finanzierung des Warenexports nach dem europäischen kapitalistischen Markt.259 Dieser Kapitalexport war eine Bedingung des Warenexports bei der zunehmenden Ungleichmäßigkeit der Entwicklung des internationalen europäischen kapitalistischen Handels und der Zuspitzung des Marktproblems. Der über die EZU vermittelte staatliche Kapitalexport war das für den westdeutschen Imperialismus notwendige ökonomische Mittel, um die Exportexpansion in die OEEC-Länder unter der Bedingung der außerordentlichen Labilität der Märkte zu ermöglichen. Der Grad der internationalen Verflechtung einerseits und der Verschärfung des Marktproblems andererseits wird besonders daran deutlich, daß die über die EZU von Westdeutschland gewährten Kredite nicht für ein einzelnes größeres Exportgeschäft und auch nicht für den gesamten Export nach einem einzigen oder einzelnen Ländern, sondern für den Export nach dem gesamten europäischen kapitalistischen Markt für einen längeren Zeitraum erforderlich waren. Das zwang auch dazu, unmittelbar die staatliche Bundesbank und für den zwischenstaatlichen Verkehr die Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel, als zentrale Verrechnungs- und Kreditinstitution der OEEC bzw. EZU zu benutzen. Diese über die EZU gewährten Anleihen waren auch insofern von ausschlaggebender Bedeutung, als sie ebensosehr den durch die Konkurrenzüberlegenheit und durch besondere staatsmonopolistische Methoden stimulierten Export Westdeutschland garantierten. Denn die OEEC-Länder wären nicht in der Lage gewesen, den durch diese Maßnahmen außerordentlich vergrößerten Export Westdeutschlands aufzunehmen, wenn er nicht zusätzlich über die EZU kreditiert worden wäre. Dieser staatsmonopolistische Kapitalexport garantierte und charakterisierte die vermittels der Liberalisierungsquoten der OEEC getroffenen Marktabsprachen als eine durch die internationale staatsmonopolkapitalistische Organisation der OEEC vorgenommene monopolistische Aufteilung des europäischen kapitalistischen Marktes zugunsten des westdeutschen Imperialismus.260 259

„Unter den gegenwärtigen Umständen werde es für diese Länder (den Schuldnerländern der O E E C — R. H.) jedoch schwierig sein, die sich wahrscheinlich noch, verstärkende Nachfrage zu dämpfen. Infolgedessen sei es durchaus möglich, daß sich die Defizite noch vergrößerten. Die Gläubigerländer müßten vielleicht noch mehr als bisher die Expansion der Defizitländer finanzieren. Die Bundesrepublik schicke sich nunmehr an, in dieser Hinsicht eine ähnliche Rolle zu spielen, wie seit langem die Vereinigten Staaten". (Aus der Halbjahreszeitschrift des Instituts für Weltwirtschaft der Universität Kiel, berichtet von der Stuttgarter Zeitung v. 24. 12. 1956.)

260

„Der Kapitalexport und die mit ihm verbundene Verstärkung des Konkurrenzkampfes auf dem Weltmarkt treibt die Monopole dazu, die Einflußsphären im Weltmaßstab aufzuteilen. Das führt zur Bildung internationaler Monopole. Internationale Monopole sind Abkommen zwischen den großen Monopolen der verschiedenen Länder über die Aufteilung der Märkte, über Preise und Pro-

9*

132

III. D i e O E E C und die E Z U

Die finanziellen Überschüsse Westdeutschlands nahmen ab 1956 sprunghaft zu. Das wurde dadurch begünstigt, daß Westdeutschland die Einfuhren aus dem Dollarraum steigerte, während seine Einfuhren aus dem EZU-Raum zurückgingen.261 Die Bundesrepublik avancierte zum ausschließlichen Gläubiger der EZU und konnte diese Stellung bis zum Ende der EZU beibehalten.262 Die Bundesrepublik, die als einziges Land der OEEC gegenüber allen übrigen Ländern nur Gläubiger, in keinem Fall jedoch Schuldner war, hatte aus der EZU-Liquidation insgesamt 871,6 Millionen R E zu beanspruchen. Das ist mehr als die Hälfte der Summe aller Kreditabkommen (1571,8 Millionen RE). Die 871,6 Millionen R E unterteilten sich in folgende Forderungen (in Millionen RE): gegenüber Großbritannien 267,9, Frankreich 167,4, den Niederlanden 62,1, Belgien-Luxemburg 59,8, Schweden 54,4, der Schweiz 53,9, Norwegen 52,4, Dänemark 48,8, Italien 42,3, Portugal 19,1, der Türkei 14,6, Österreich 14,1, Griechenland 10,9 und Island 4,0. Größtes Schuldnerland ist Frankreich mit einer Gesamtschuld von 484,5, gefolgt von Großbritannien mit 466,1 (bei 87,7 Forderungen) und Norwegen mit 100,4 (t>ei 13,3 Forderungen).263 Hierdurch wurden alle anderen OEEC-Länder in wachsende Zahlungsschwierigkeiten gestürzt. Sie sahen sich veranlaßt, keine weiteren Liberalisierungsschritte vorzunehmen. Frankreich war sogar dadurch gezwungen, die Liberalisierung seit 1957 restlos aufzuheben. Um die extreme Gläubigerstellung der Bundesrepublik kam es in der OEEC zu heftigen Auseinandersetzungen. „Die deutsche Delegation stand völlig isoliert... Es ging bis zur Drohung, daß man den Weltwährungsfonds anrufen werde, um die deutsche Mark für .knapp' erklären zu lassen, wie den d u k t i o n s q u o t e n " . (Grundlagen des Marxismus-Leninismus, i960, S . 289.) 261 Neue Zürcher Zeitung v . 19. 5. 1957. 262

Lehrbuch,

Berlin

„ D i e F o l g e n dieser E n t w i c k l u n g m a c h e n sich innerhalb der E P U ( E Z U — R. H.) insofern bemerkbar, als die Bundesrepublik hier nicht z u m hauptsächlichen, sondern geradezu z u m ausschließlichen Gläubigerland aufzurücken vermochte, i n d e m s i e s e i t M i t t e O k t o b e r 1956 ü b e r d r e i V i e r t e l s ä m t l i c h e r a u f l a u f e n d e r Ü b e r s c h ü s s e f ü r s i c h i n A n s p r u c h n i m m t " . ( N e u e Zürcher Zeitung v . 19. 5. 1957.) „. . . E n t w i c k l u n g " der Ü b e r s c h ü s s e w i r d „ i n w a c h s e n d e m U m f a n g d u r c h strukturelle K r ä f t e b e s t i m m t , n ä m l i c h d u r c h d e n der derzeitigen E x p o r t k o n j u n k t u r g u t a n g e p a ß t e n A u f b a u der d e u t s c h e n Industrie. D i e N a c h f r a g e auf d e m W e l t m a r k t h a t sich in d e n N a c h k r i e g s j a h r e n i m m e r m e h r v o n K o n s u m - zu Investitions- und Ausrüstungsgütern verschoben. Schon vor d e m Krieg war D e u t s c h l a n d n a m e n t l i c h in diesen Bereichen tätig. B e i m N e u a u f b a u seiner Industrie nach d e m Kriege konnte denn auch Westdeutschland, das i m Gegensatz zu Großbritannien und Frankreich nicht die Last überdimensionierter T e x t i l - u n d ähnlicher .alter' I n d u s t r i e n zu tragen hat, s y s t e m a t i s c h die E x p a n s i o n gerade der .jungen' I n d u s t r i e z w e i g e fördern, d e r e n E r z e u g n i s s e international vorzugsweise gefragt werden. E s ist weiter nicht verwunderlich, d a ß die Bundesrepublik i m Bericht des Exporthandels nunmehr in steigendem U m f a n g e d i e F r ü c h t e d i e s e r P o l i t i k e r n t e t " . {Neue Zürcher Zeitung v . 19. 5. 1957.)

263 Die

Welt v . 9. 11. 1959.

3. Staatsmonopolistischer Kapitalexport über die E Z U

133

Dollar. Dann bekämen alle Länder das Recht, gegen die Bundesrepublik einseitig Einfuhrrestriktionen zu verwenden, ohne daß ihr Vergeltungsmaßnahmen erlaubt wären. Anscheinend war es der britische Delegierte, der mit einer scharfen Attacke die kleineren Länder aus ihrer Reserve brachte." 264 Frankreich, das über die Hälfte aller Defizite der EZU-Länder auf sich vereinigte und sie nicht abzudecken vermochte 265 , mußte schließlich vom EZU-Direktorium zusätzliche Kredite zugebilligt erhalten. Die Bundesrepublik beteiligte sich auch an einem hauptsächlich von ihr gewährten Sonderkredit an Frankreich. 266 Und Frankreich war schon soweit verschuldet, daß die französischen Vertreter nicht einmal mehr Vorwürfe gegen die deutschen Vertreter in der OEEC beziehungsweise der EZU erhoben. „Nur der französische Vertreter zog es vor, zu schweigen, weil man . . . auf deutsche Kredithilfe wartet". 267 Für die deutschen Imperialisten war damit die Situation herangereift, diese ökonomische und finanzielle Überlegenheit auszunutzen und die EZU im Interesse ihrer weiteren Expansion zu beseitigen. Bis dahin hatte die automatische und in gewisser Hinsicht unbeschränkte Kreditierung vermittels der EZU zur Aufrechterhaltung des Liberalisierungssystems im Interesse einer umfangreichen westdeutschen Exportexpansion gedient. Jetzt war das System der OEEC und EZU für eine weitere Exportexpansion Westdeutschlands untauglich und sogar hinderlich geworden. „Die Verdienste der E Z U um die Wiederankurbelung des Handels zwischen Ländern, die von Devisenreserven völlig entblößt waren und in ihrer Handelsstruktur nicht mehr zueinander paßten, sind unbestritten. Heute ist die Situation anders, und man sollte deshalb die Mängel des EZU-Mechanismus nicht verdecken . . . So gibt es . . . Gläubigerländer, die heute gut, ohne die einst notwendigen Krücken, Außenhandel betreiben könnten". 268 Im Interesse einer schon früher von Westdeutschland in der OEEC erhobenen Forderung, eine allgemein gültige und nicht aufzuhebende Freiliste von Waren (liste commune) im innereuropäischen Handel anzuerkennen, strebte der westdeutsche Imperialismus eine neue internationale Vereinbarung, den gemeinsamen Markt (EWG) und das europäische Währungsabkommen (EWA) an. Die bisherige automatische Kreditierung über die EZU sicherte nicht mehr den genügenden Einfluß, um die OEEC-Länder zur weiteren Öffnung ihrer Märkte vermittels der Liberalisierung zu bewegen. Die Bundesrepublik strebte darum die Aufhebung der eine Zeitlang für sie günstigen automatischen Kreditgewährung an. Die westdeutschen Monopole wollten zukünftig an eine erforderliche Kreditvergabe entsprechende ökonomische und politische Bedingungen knüpfen. 269 Die Bundes264

Der Tagesspiegel v. 7. 7. 1957.

265

Neue Zürcher Zeitung v. 19. 5. 1957.

266

Bielefelder Freie Presse v. 28. 1. 1958.

267 Dey

Tagesspiegel v. 7. 7. 1957.

268

Handelsblatt v. 13. 7. 1957.

269

„ W i e die Suezaffäre lehrt, können sich Schuldnerländer zu politischen Aktionen ermutigt sehen, die von anderen — von den Gläubigerländern — nicht gebilligt,

I I I . Die O E E C und die E Z U

134

republik strebte darum auch die Einführung der Vollkonvertibilität an, um in Zukunft hundertprozentig Gold und Dollar einzunehmen, und damit auch über ihre Überschüsse ungehindert verfügen zu können. Durch die „automatische Kreditierung" war Westdeutschland aber an der uneingeschränkten Verfügungsgewalt über die Deviseneinnahmen gehindert." Eine solche Lage kann nicht ins Endlose wachsen, schon allein deshalb nicht, weil die Gläubiger zur Deckung ihrer Defizite mit anderen Handelszonen auf ihre festliegenden Guthaben angewiesen sein könnten . . . Unter dem gegenwärtigen System der automatischen Kreditgewährung ist jedoch kein Land völlig frei, um den in einem Sektor entstehenden Uberschuß zur Deckung des Defizites in einem anderen heranzuziehen. Das mangelnde Verfügungsrecht der Gläubigerländer, besonders der Bundesrepublik, über die Außenhandelsüberschüsse mit dem EZU-Raum, hätte tiefgreifende Folgen, die teilweise die gemeinsame Zukunft Europas schwer belasten werden". 270 Um mit Sicherheit zu den erwähnten handelspolitischen Vorteilen zu gelangen, hatten die deutschen Imperialisten einerseits das Abkommen über die E W G und andererseits schon 1955 das von ihnen forcierte Europäische Währungsabkommen (EWA) unterzeichnet.271 Das E W A hatte die unbeschränkte Konvertibilität zum Inhalt und sollte bei Auflösung der EZU an seine Stelle treten. Es ließ die gegenseitige Verrechnung des Warenaustausches weiter bestehen, sah aber keine automatische Kreditierung der Schuldner vor. Ein Kredit sollte nur noch unter besonderen zwingenden Umständen vergeben werden und war, dem Wunsch der deutschen Imperialisten entsprechend, an politische und ökonomische Bedingungen der Gläubiger geknüpft. „Selbstverständlich war daran gedacht, jeden Kredit an einen Schuldner von bestimmten Auflagen abhängig machen zu können". 272 Diese handelspolitische Offensive Westdeutschlands brachte eine Verschärfung der Widersprüche zwischen den europäischen OEEC-Ländern und besonders zwischen England und der Bundesrepublik mit sich. Vier Länder — Großbritannien, die Schweiz, Schweden und Dänemark — hatten ihre Partner in der OEEC informiert, daß sie nicht bereit wären, den alljährlich am 30. Juni 1958 ablaufenden Vertrag über die EZU zu erneuern, wenn bis dahin nicht ein multilaterales Handelsjedoch zwangsweise mitfinanziert werden müssen, weil die Möglichkeit besteht, daß die Schuldnernationen noch tiefer in die Kreditlinie einsteigen. So wird zum

Beispiel

gegenwärtig

Frankreichs

Rallonge

um

200

Millionen

erweitert, was einem Kredit von 50 Millionen Dollar entspricht. mußte

Dollar

Gleichzeitig

sich die Bundesrepublik aus naheliegenden Gründen bereit erklären,

ihren Kreditspielraum unbegrenzt zu erweitern". (Handelsblatt v. 13. 7. 1957.) 270

Handelsblatt v. 13. 1. 1957.

271

Bundesanzeiger

v. 20. 7. 1955.

Die englischen Imperialisten waren jedoch noch nicht bereit, der Inkraftsetzung dieses Abkommens zuzustimmen, da sie zu wenig Goldreserven zur V e r f ü g u n g hatten. (Saarbrücker Zeitung v. 27. 6. 1956.) 272 j)er

Tagesspiegel v. 28. 12. 1958.

3. Staatsmonopolistischer Kapitalexport über die E Z U

135

abkommen zwischen den sechs Mitgliedern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den anderen elf Mitgliedsstaaten der OEEC zustande gekommen wäre.273 Doch die deutschen Imperialisten zögerten mit der Aufhebung der EZU so lange, bis ihnen die Sicherheit gegeben war, daß die französischen Imperialisten ihrer Politik und ihrer Handelsoffensive innerhalb der EWG folgen würden. Denn die Investitur De Gaulies Heß eine Zeitlang Unsicherheit über das Weiterbestehen des deutsch-französischen Bündnisses unter den deutschen Imperialisten aufkommen, da die französischen Imperialisten verstärkt Führungsansprüche auf dem europäischen Kontinent beanspruchten. Schließlich erklärte aber De Gaulle, die Bündnispolitik nicht aufgeben zu wollen. Frankreich war gezwungen, sich an die Bundesrepublik um Finanzhilfe zu wenden, wenn es zur Konvertibilität übergehen wollte. Denn die Liquidierung der EZU, bei der Frankreich eine Nettoschuld von 476,1 Millionen Dollar zu bezahlen haben würde und die Einrichtung des Europäischen Währungsfonds, in den Frankreich einen Barbetrag von 42 Millionen Dollar leisten müßte, überstiegen die verfügbaren französischen Devisenreserven von rund 400 Millionen Dollar.274 Die Bundesregierung erklärte sich zu einer Finanzhilfe von 250 Millionen Dollar bereit275, so daß es Ende Dezember 1958 zur Kündigung der EZU kam. Um die außerordentlich vorteilhafte Ausnutzung der EZU durch das westdeutsche Monopolkapital richtig verstehen zu können, ist noch ein Hinweis auf eine besondere Form der finanziellen Unterstützung durch den amerikanischen Imperialismus notwendig. Abgesehen davon, daß die USA zur Konstituierung und Aufrechterhaltung der EZU im Interesse Westdeutschlands gewisse schon erwähnte politische und ökonomische Druckmittel anwandten. Und auch abgesehen davon, daß die USA einen besonderen finanziellen Reservefonds aus Marshall-PlanGeldern zur Kreditierung der EZU bereitstellten 276, sind besonders die USA-Waffenkäufe, die sogenannten „off-shore"-Bestellungen zu erwähnen. Durch dieses Auslands-Waffen-Hilfe-Programm erhielten die an der NATO beteiligten Länder von den USA Rüstungsproduktionsaufträge, um zur schnellen militärischen Stärkung der NATO beizutragen.277 Für diese off-shore-Lieferungen wurden die betreffenden Länder mit Dollars bezahlt. Die imperialistischen Regierungen der europäischen Länder drängten sich darum geradezu, off-shoreAufträge zu erhalten. Einem bedeutenden Teil der Schwerindustrie dieser Länder wurde somit Produktionsmöglichkeiten geboten.278 273

Der Volkswirt v. 12. 4. 1958.

274

Süddeutsche Zeitung v. 28. 12. 1958.

275

Der Tagesspiegel v. 28. 12. 1958.

276

Siehe Ausführungen auf S. 124 und dazu gehörige Fußnote 228.

277

Außenhandelsnachrichten

278

„Nach

Schätzung

v. 13. 12. 1952.

amerikanischer

Sachverständiger

liegen

seit

Kriegsende

25 v. H. der italienischen Schwerindustrie brach. Italien könnte jedoch nach ihrer Ansicht jährlich W a f f e n im Werte von 600 bis 900 Millionen Dollar herstellen. D a s Hauptproblem für die Ankurbelung der italienischen produktion ist die Finanzierungsfrage.

Abhilfe soll hier das

Rüstungs-

amerikanische

136

I I I . Die O E E C und die E Z U

Aber ebenso wichtig war es für die betreffenden europäischen Länder, die mit den off-shore-Aufträgen eingehenden Dollareinnahmen zum Ausgleich ihrer Dollardefizite einschließlich ihrer EZU-Verpflichtungen benutzen zu können. Von der USA-Regierung wie von den europäischen kapitalistischen Regierungen wurde hierauf besonders hingewiesen und betont, daß die Finanzierung durch die off-shore-Aufträge die Handelspolitik unbedingt beeinflussen würde. Das USA-Handelsministerium erklärte, daß die Dollarausgaben der US-Streitkräfte im Rahmen des off-shore-Programms „wesentlich zur Stabilisierung der Wirtschaftslage in den davon profitierenden Ländern, sowie zu einem Abbau der Außenhandelsschranken" beigetragen habe.279 Ausdrücklich wurde auch von der italienischen Regierung hervorgehoben, daß die Richtung ihrer Handelspolitik durch die Zuteilung von off-shore-Aufträgen bestimmt würde. Die Mitgliedschaft in der OEEC und die damit einhergehende Liberalisierung wurde von der Entwicklung der Dollarbilanz durch die amerikanischen Rüstungsaufträge abhängig gemacht. Die Liberalisierung könne nur aufrechterhalten und die Liberalisierungsperiode nur verlängert werden, wenn die italienische Industrie „durch Zuweisung von Europa-Aufträgen ausreichend beschäftigt wird".280 Der Umfang der Dollareinkünfte aus den off-shore-Aufträgen läßt erkennen, wie bedeutend diese Art der amerikanischen finanziellen Unterstützung für die Aufrechterhaltung der OEEC und EZU war, aus der die westdeutschen Monopole somit direkten Nutzen ziehen konnten.281 Allein in der äußerst kritischen Anfangsperiode der OEEC und EZU belief sich die Höhe der Dollarzuweisungen im Rahmen der off-shore-Bestellungen an Italien auf 384 Millionen Dollar (bis Mitte 1953)282; England erhielt in dem gleichen Zeitraum off-shore-Aufträge in Höhe von 340 Millionen Dollar.283 Und als Anfang 1955 die off-shore-Aufträge für England beträchtlich gekürzt wurden, hatte die britische Industrie noch für 500 Millionen Dollar off-shore-Aufträge zu erfüllen.284 Besonders wichtig waren diese Rüstungsaufträge auch für Frankreich. Nach Angaben des VWD-Wirtschaftsspiegels vom 20. Mai 1955 hatte Frankreich ,,in den letzten drei Jahren für über eine Milliarde A u s l a n d s - W a f f e n - H i l f e p r o g r a m m schaffen, d a viele der W a f f e n für die Atlantikstreitkräfte s o l l e n " . (Die

mit

Hilfe amerikanischen

Neue

Zeitung

279 Frankfurter

Rundschau

v . 30. 8 . 1954.

280 Frankfurter

Rundschau

v . 8-/9. 3. 1952.

281

Kapitals

in E u r o p a h e r g e s t e l l t

„ D i e s e D o l l a r z a h l u n g e n w a r e n bisher ein w i c h t i g e r F a k t o r der expansion

werden

v . 1 1 . 10. 1 9 5 1 . )

Westdeutschlands,

da

sie

es

Frankreich,

Außenhandels-

England

und

anderen

w e s t e u r o p ä i s c h e n L ä n d e r n m ö g l i c h m a c h t e n , die in D o l l a r o d e r G o l d zu l e i s t e n d e n Ausgleichszahlungen

durchzuführen,

die

sie

auf

Grund

der

Verrechnungs-

m o d a l i t ä t e n der E u r o p ä i s c h e n Zahlungsunion infolge ihrer beständigen überschüsse Der

aus

Westdeutschland

Nachkriegszyklus

in

leisten

Westdeutschland

mußten. und

Schmidt,

Prof.

die b e g i n n e n d e

Import-

Dr.

J.

k r i s e , i n : K o n j u n k t u r — K r i s e — K r i e g , B e r l i n 1959, S . 147.) 282 Die 284

Neue

Zeitung

VW D-Wirtschaftsspiegel

v . 10. 8. 1953.

283

v . 15. 5. 1955.

Neue

Zürcher

Zeitung

L.,

Wirtschafts-

v . 20. 5. 1953.

4. Zu einigen Problemen der Exportexpansion

137

Dollar off-shore-Aufträge erhalten". Daraus ergab sich in der Vergangenheit eine Lage, in der Frankreich „keine allzu großen Schwierigkeiten beim Ausgleich seiner Dollarbilanz zu überwinden hatte". 285 Sobald sich darum auch die amerikanischen Dollarausgaben im Rahmen der offshore-Aufträge verringerten, mußte dies auf die Zahlungsfähigkeit der EZUSchuldner bedeutenden Einfluß gewinnen und dazu beitragen, daß die Existenzfähigkeit der EZU beeinträchtigt wurde.286

4. Zu einigen Problemen der Exportexpansion des westdeutschen Imperialismus nach den einzelnen westeuropäischen Ländern Die französische Industrie war der deutschen Industrie im Konkurrenzkampf unterlegen. Die Preise der Industriewaren waren sowohl im Lande als auch auf den Auslandsmärkten gegenüber den westdeutschen Preisen zu hoch.287 Infolgedessen beschränkten die französischen Behörden die Einfuhr nach Frankreich oder hoben die Liberalisierung zeitweilig auf. Gegenseitig wurden Kontingente festgesetzt und Kompensationsgeschäfte abgeschlossen.288 Schon in den ersten Handelsvertragsabschlüssen kam es zur Einfügung einer besonderen Klausel, daß bestimmte „liberalisierte Einfuhren" eingeschränkt oder unterbunden werden können, falls einer der Industrien der beiden Länder aus der Konkurrenz des anderen Landes ein „ernsthafter Schaden im Sinne der Havannacharta" erwächst.289 Von besonderer Bedeutung war, daß die französischen und deutschen Imperialisten schon früh zu einer systematischen Aufteilung ihrer Interessensphären übergingen und monopolistische Marktabsprachen trafen. Diese Absprachen kamen jedoch nicht nur auf Initiative der einzelnen Industrieverbände zustande, sondern basierten auf einer prinzipiellen politischen Abmachung zwischen den beiden Staaten. Zu dem am 10. Februar 1950 in Kraft getretenen deutsch-französischen Handelsabkommen fand ein spezieller Notenwechsel zwischen den beiden Regierungen statt, der „auf die Möglichkeit direkter Verhandlungen zwischen 285 Neue Zürcher Zeitung v . 4. 8. 1952. 286

„ D i e weitere Verschärfung der Krise in den U S A wird zu einer Einschränkung ihrer Dollarausgaben in den westeuropäischen Ländern führen müssen, was die Importe dieser Länder aus Westdeutschland erheblich verringern wird. Bereits während der ersten neun Monate des Geschäftsjahres 1957/1958 päischen ausgaben Schmidt,

Zahlungsunion in Westeuropa Prof. Dr. J. L.,

sind um

die amerikanischen rund

und

200 Millionen

Dollar

und

in: Konjunktur — Krise — Krieg, Berlin

S. 147. Stuttgarter Nachrichten v . 5. 6. 1952.

288

Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v . 22. 7. 1953.

289

Außenhandelsdienst

v . 16. 2. 1950.

Euro-

Militär-

zurückgegangen".

Der Nachkriegszyklus in Westdeutschland

beginnende Wirtschaftskrise, 287

der

kanadischen

die

1959,

138

III. Die O E E C und die E Z U

den beteiligten Industrien verweist". Diese Besprechungen sollten der Information über die „gegenseitigen Produktionsbedingungen dienen und einer späteren weiteren Liberalisierung die Wege ebnen".290 Damit war von Beginn der OEECLiberalisierung an die Koordinierung der Interessen der deutschen und französischen Monopole ein charakteristisches Moment für die Expansion der deutschen Imperialisten auf den westeuropäischen Märkten. Nachfolgende Beispiele wurden dazu bekannt. Es wurde berichtet, daß die Werke der französischen metallverarbeitenden- und Maschinenindustrie nach einer engen Fühlungnahme mit der deutschen Konkurrenz strebten und daß es zwischen den Unternehmungen dieser Produktionsgebiete schon zu gemeinsamen Absprachen gekommen war. „Ein Meinungsaustausch hat zwischen Herstellern von Werkzeug-, Textil- und Druckereimaschinen, Dieselmotoren und Armaturen bereits stattgefunden. Besprechungen über Kühlmaschinen, Meßgeräte und Waagen stehen noch bevor". 291 Und zwischen den Spitzen verbänden der deutschen und französischen Uhrenindustrie kam es zu gemeinsamen Vereinbarungen über die Ein- und Ausfuhr, die den entsprechenden staatlichen Abmachungen als Grundlage dienten.292 Am 3. Juli 1950 begann auch eine Tagung von deutschen und französischen Weinvertretern, die die Errichtung eines gemeinsamen deutsch-französischen Weinmarktes beschlossen. Der Markt sollte als „Kern für einen zukünftigen gesamteuropäischen Zusammenschluß" dienen. „Im Rahmen der zu vereinbarenden Marktabreden wurde die einheitliche Bestimmung der Weinqualitäten, der Vorschriften für den Anbau, für die Weinprüfung, den Verkauf und Absatz von Überschußmengen genannt . . . Alle diese Maßnahmen sollten dazu dienen, die wirtschaftlichen . . . und steuerlichen Bedingungen der Weinerzeugung in den verschiedenen Ländern aufeinander abzustimmen und dem Verbrauch einen freien Markt zu eröffnen". 293 Diese umfassende Zusammenarbeit der deutschen und französischen Monopole, die durch entsprechende staatliche Abkommen geregelt war, bildete auch die Grundlage für die Zusammenarbeit in den allgemeinen politischen Fragen. Es waren die deutschen Imperialisten, die aus dieser Zusammenarbeit die entscheidenden Vorteile ziehen konnten. Sie ermöglichte ihnen — ungehindert durch die französischen Imperialisten — den rigorosen Kampf gegen die englischen Imperialisten um die Vorherrschaft auf dem westeuropäischen Kontinent. Dies hatten sich die deutschen Imperialisten durch die den Franzosen gewährten Marktvorteile erkauft, wie das schon erwähnte Entgegenkommen in der OEEC, das den französischen Imperialisten gestattete, Exportsubventionen beizubehalten, während zwischen England und der Bundesrepublik ein Abbau der Exportförderungsmaßnahmen vereinbart wurde, beweist.294 Außenhandelsdienst v. 16. 2. 1950. 291 Ebenda, v. 4. 5. 1951. 2 9 2 Ebenda, v. 17. 8. 1950. 2 9 3 Ebenda, v. 13. 7. 1950. 294 Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung 290

v. 23. 10. 1954.

4. Zu einigen Problemen der Exportexpansion

139

Gestützt auf die deutsch-französische Zusammenarbeit gelang es den deutschen Imperialisten, den Widerstand der italienischen Industriellen gegen das „Schreckgespenst Westdeutschland" 295 zu paralysieren und schließlich zu brechen. Neben Frankreich war es hauptsächlich der italienische Vertreter, der eine Aufnahme Westdeutschlands in die OEEC hinauszuzögern versuchte. 296 Darum bemühten sich die italienischen Industriellen, eine Zollunion mit Frankreich gegen Westdeutschland zustande zu bringen, um die gefürchtete Konkurrenz der deutschen Industrie auf dem italienischen Markt auszuschalten.297 Aber die Durchsetzung der Liberalisierung isolierte die italienischen Industriellen und machte diesen Plan zunichte. Trotzdem versuchten sie, sehr hohe Schutzzölle gegen die deutsche Industrie aufzurichten 298 und die Einfuhr von Industriewaren zu unterbinden. Doch die Bundesrepublik ließ durch ihre Außenhandelsorgane die Einfuhr von italienischen Südfrüchten sperren.299 Die italienische Regierung lenkte ein300 und liberalisierte die Einfuhr weitgehend. Der vorgesehene Hochschutzzolltarif wurde wieder durch einen sogenannten Gebrauchstarif um 10 Prozent gesenkt. Man stellte sich nun auf den Standpunkt, daß durch die Möglichkeit des gesteigerten Warenaustausches mit Westdeutschland auch die italienische Industrie neue Absatzmärkte gewinnen könnte. Hierbei spielte die durch die Pfundabwertung verursachte Verteuerung des italienischen Exports in den Sterlingraum eine Rolle.301 Die während der Nachkriegsjahre ausgedehnte italienische Industrie erlitt jedoch durch die so gefürchtete Konkurrenz der deutschen Industrie schwere Einbußen. Das führte zu umfangreichen Stillegungen und steigerte die Arbeitslosigkeit. 302 295

Ebenda, v. 21. 1. 1950.

296

Deutsche

Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 21. 1. 1950. „Die einflußreiche Spitzenorganisation der italienischen Industrie, die ,Confederazione Generale dell Industria Italiana', die das Interesse von über 75000 italienischen Firmen mit 2,4 Millionen Arbeitnehmern vertritt, versucht der Öffentlichkeit, der Regierung und der Arbeitnehmerschaft einzuhämmern, daß eine Liberalisierung das Ende zahlreicher Betriebe bedeute . . . Unter den gegebenen Umständen würden tatsächlich zahlreiche Industriebetriebe bei freier Konkurrenz mit dem Ausland zum Erliegen kommen. Bereits jetzt, mit allen fiskalischen Unterstützungen, ist die italienische Ware im Durchschnitt um 10 bis 15 Prozent teurer als die der anderen Marshall-Plan-Länder".

297 Wirtschaftsrevue 298 Frankfurter Allgemeine 299 Frankfurter 300

302

Kölnische

Neue

Zeitung

Außenhandelsdienst

v . 12. 12. 1949. Rundschau

Rundschau

Außenhandelsdienst

301 Die

v . 25. 1. 1950.

Allgemeine

v . 29. 1. 1 9 5 0 .

v . 1. 2. 1950.

v . 6. 7. 1 9 5 0 . v . 24. 1 1 . 1 9 4 9 u n d v . 13. 1 1 .

1951.

v . 6 . 1 0 . 1 9 4 9 ; Der Außenhandel

v . 2 8 . 4. 1 9 5 3 . —

Mit welchen scheinheiligen Methoden und Argumenten die westdeutsche Konkurrenzüberlegenheit begründet wurde, mag aus folgendem Beispiel ersehen werden: „Die westdeutsche Kollektivausstellung im Haus der Nationen, die ganz unter dem Motto .Christliche Kunst' steht, hebt sich durch die konkrete

140

III. Die O E E C und die E Z U

Von westdeutscher Seite aus wurde die Situation zu einem gesteigerten Kapitalexport nach Italien genutzt. Die Industrialisierung des italienischen Südens, bei der man die billigen italienischen Arbeitskräfte beschäftigen konnte, versprach hohe Profite.303 Außerdem förderte dieser Kapitalexport den Warenexport. „Der Einfuhrsog für westdeutsche Waren werde auch in Zukunft sehr stark sein, nicht zuletzt infolge der Industrialisierung des italienischen Südens".304 Es gelang den westdeutschen Imperialisten, bedeutenden ökonomischen und politischen Einfluß in Italien zu gewinnen.305 Gegenüber den weniger industrialisierten und auf den Export von landwirtschaftlichen Produkten eingestellten kapitalistischen Ländern Europas verfuhren die deutschen Imperialisten außerordentlich rücksichtslos. Sie ließen die Exportwünsche dieser Länder unberücksichtigt und trieben sie durch ihre Exportexpansion von Industriewaren bis nahe an den wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenbruch. Im westdeutsch-dänischen Handel konnte Westdeutschland einen relativ ungehinderten Industriewarenexport auf Grund der von der OEEC erzwungenen dänischen Liberalisierungsliste nach Dänemark durchführen. Dagegen waren auf der westdeutschen Freiliste die wichtigsten Exportwaren Dänemarks, wie zum Beispiel Fleisch und Butter, nicht enthalten306 und waren sogar durch den neuen westdeutschen Wertzolltarif sehr hoch belastet. „Nach dänischer Auffassung bedeutet das, daß der Export solcher landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach Deutschland vielleicht ganz zum Stillstand kommt". 307 Die dänische Seite forderte darum für die Erleichterung ihrer Exporte von den westdeutschen Behörden eine Zollsenjcung, die diese zusagten, aber nicht einhielten. „Es bleibt ein etwas peinliches Gefühl zurück, wenn man sich den Gang der Ereignisse in Erinnerung ruft. Als eine amtliche deutsche Delegation im Dezember vorigen Jahres mit Dänemark einen Handelsvertrag für das Jahr 1952 aushandelte, ließen die deutschen Unterhändler durchblicken, daß die Bundesrepublik ihre hohen Zollsätze auf die wichtigsten dänischen Ausfuhrprodukte senken werde. Danach kam der Vertrag zustande . . . Der Bundestag lehnte jedoch die Vorschläge im wesentlichen ab . . . in jedem Fall muß auf diese Weise gegenüber dem Ausland der Eindruck einer zweideutigen Verhandlungstaktik entstehen". 308 WestdeutschThemenstellung

von

duktionsquerschnitte

den zu

Kollektivausstellungen geben

versuchen,

stark

anderer ab.

Messetage scheinen zu beweisen, daß der der deutschen zugrunde liegende Leitgedanke

gut w a r " .

Länder,

Schon

die

die

Pro-

bisherigen

Kollektivausstellung

(Außenhandelsdienst

v. 20. 4. 1950

über die Mailänder Messe 1950.) 303 Frankfurter 304 305

Rundschau

Industriekurier Siehe

v. 27. 11. 1955.

v. 29. 10. 1957.

auch Hellborn,

Rudolf,

Rüstungsdreieck Bonn—Paris—Rom, in: Militär-

politik, Berlin, 12/1959. 306

Industriekurier

307

Hamburger Freie Presse v. 10. 7. 1951.

v. 10. 10. 1950.

308

Handelsblatt v. 18. 6. 1952.

4- Zu einigen Problemen der Exportexpansion

141

land billigte Dänemark auch nur sehr geringe Einfuhrkontingente für Lebensmittel ZU.309 Infolge dieser von westdeutscher Seite betriebenen Restriktionspolitik310 kam es zu einer außerordentlich starken Unausgeglichenheit des Warenaustausches zwischen beiden Ländern. Dänemark verschuldete an Westdeutschland. „Das Ergebnis dieses Verhältnisses ist für Dänemark ein chronisches Defizit bei der Europäischen Zahlungsunion".311 Hinzu kam noch, daß die Preise für die dänischen landwirtschaftlichen Exporterzeugnisse ständig sanken und die Preisrelationen im deutsch-dänischen Handel sich zuungunsten Dänemarks verschoben.312 Die Rücksichtslosigkeit der westdeutschen Exportexpansion rief Dänemarks Protest hervor. „Wir sahen, wie die Versuche scheiterten, den europäischen Handel mit landwirtschaftlichen Produkten zu liberalisieren, der einzigen Warengruppe, bei der wir an einer Liberalisierung des Handels wirklich interessiert sind. Wir sahen, wie andere Teilnehmerstaaten uns unter Beibehaltung ihrer Zollschranken nahelegten, unsere mengenmäßigen Importbeschränkungen abzubauen. Wir sahen, daß die fehlende Gleichberechtigung im Handel mit Westdeutschland derart empörend war, daß schwerlich ein Beispiel für eine größere Ungerechtfertigkeit auf dem Gebiet der Liberalisierung zu finden sein wird".313 Der dänische 309 Industriekurier 310

v. 31. 12. 1952.

„ D i e Entwicklung des dänischen Außenhandels, dessen Importüberschuß analog den westdeutschen Exportüberschüssen wächst, ist von einer etwas zu engherzigen westdeutschen Agrarpolitik mit verschuldet worden. Soll Dänemark nicht versucht werden, die Zunahme seiner Importschulden mit strengen und auch für Westdeutschlands Exportwirtschaft nachteiligen Einfuhrkontrollen zu bremsen, so müssen seine Agrarexporte leichten Zugang auf den europ äischen Märkten finden. V o r allem in der Bundesrepublik glauben die dänischen Bauern, noch unausgenutzte Absatzchancen zu haben. Hohe Schutzzölle, wie der 25prozentige Wertzoll auf die zur Zeit mit 4,40 D M je Kilogramm angebotene dänische Butter, kleine Einfuhrquoten und restriktive Praktiken bei Staatseinkäufen hemmen aber den natürlichen Warenaustausch über die Grenzen. Weder den Wünschen der Konsumenten noch den Bedürfnissen der E x p o r t wirtschaft wird damit Genüge getan". (Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 6. 1. 1954.)

Frankfurter Allgemeine v. 21. 11. 1953. — „ E i n sehr viel ungünstigeres Bild zeigt der Güteraustausch mit der an zweiter Stelle folgenden Bundesrepublik, da Dänemark f ü r 1239 Mio Kronen Waren aus Westdeutschland bezog, aber nur für 626 Mio Kronen dorthin liefern konnte. Das sich hieraus ergebende Defizit von 613 Mio Kronen ist fast halb so groß, wie das gesamte Bilanzdefizit. Die Dänen betrachten im Hinblick auf diese .schiefe' Entwicklung die Bundesrepublik als ihren schwierigsten Handelspartner". (Der Bund v. Dezember 1954.) 312 Handelsblatt v. 15. 8. 1956. 313 Finanstidende aus: Der Außenhandel v. 27. 4. 1954. — ,,Heute seien 75 Prozent der dänischen Importe aus Westdeutschland von quantitativen Restriktionen befreit, Dänemarks E x p o r t e nach Westdeutschland kommen hingegen nur zu etwa 40 Prozent in Genuß von Liberalisierungsmaßnahmen. A u c h sei die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Deutschland noch immer einem System des 311

142

I I I . Die O E E C und die E Z U

Außenminister Hansen kündigte Gegenmaßnahmen und den Ausbruch eines Handelskrieges zwischen beiden Ländern an, sollte sich die westdeutsche Seite weiterhin ihrer rücksichtslosen expansionistischen Praxis bedienen.314 Schließlich beschloß die dänische Regierung, den Automobilimport nach Dänemark zu beschränken. „So wird die Zahl der im Lizenzwege nach Dänemark jährlich zu importierenden Automobile im Verhältnis zu bisher um volle 50 Prozent verringert, so daß hier nur noch 8000 Wagen zur Einfuhr kommen".315 Hierdurch wurde die westdeutsche Automobileinfuhr betroffen, die an der Spitze der westdeutschen Wareneinfuhr nach Dänemark stand und etwa 50 Prozent der Automobileinfuhr Dänemarks ausmachte.316 Außerdem weigerte sich die dänische Regierung, die weitere Erhöhung der von der OEEC empfohlenen Liberalisierungssätze vorzunehmen.317 Sie beschwerte sich auch bei der OEEC über die Handelspraktiken Westdeutschlands. Es gelang ihr aber nicht, sich gegen Westdeutschland durchzusetzen und sich bei der OEEC Gehör zu verschaffen.318 Ebenso rücksichtslos gingen die deutschen Imperialisten mit Schweden um. Auch der schwedische Außenhandel wurde einerseits durch die Beschränkung der deutschen Agrareinfuhren und andererseits durch die westdeutsche Exportexpansion nach Schweden zunehmend passiv. Allein 87 Prozent des gesamten schwedischen Außenhandelspassivums entfiel 1954 auf die Bundesrepublik.319 Von schwedischer Seite erhob man darum gegen die hohen westdeutschen Agrarzölle, die die schwedische Einfuhr nach Westdeutschland hinderten, Protest.320 Den Schweden wurden in Handelsvertragsverhandlungen Zollsenkungen versprochen. „Die Bundesregierung hatte in dem mit Schweden im Dezember (1951, R. H.) abgeschlossenen Handelsvertrag eine Reduktion des Butterzolls von 25 auf 15 Prozent für vereinbarte Lieferungen von 9000 t in Aussicht gestellt".321 Aber die Bundesrepublik hielt sich nicht an diese Zusagen. Daraufhin gaben die Schweden das vereinbarte Automobileinfuhrkontingent nur zur Hälfte frei. „Die weitere Lizensierung hängt davon ab, ob die Deutschen sich zur Herabsetzung ihres Butterzolls von 25 Prozent auf wenigstens 15 Prozent bereitfinden werden. Der gegenwärtige deutsche Butterzoll macht es den Schweden unmöglich, Staatshandels unterworfen und werde auch dadurch auf einem niedrigeren Niveau gehalten, als es bei freien Importen des privaten Handels der Fall sein würde". (Neue Zürcher Zeitung v. 28. 6. 1956.) — „ M a n muß bedenken, daß zwei Drittel der dänischen Ausfuhr auf landwirtschaftliche Erzeugnisse entfallen". Zürcher Zeitung v. 4. 10. 1955.) 314

Süddeutsche Zeitung v. 13. 5. 1954.

315

Industriekurier

v. 29. 5. 1954.

316

Industriekurier

v. 8. 11. 1955.

317

Der Bund v. 9. 9. 1955.

318 Neue Zürcher Zeitung v. 4. 4. 1955. 319

Ebenda, v. 16. 5. 1955.

320

Industriekurier

v. 1 . 6 . 1950. —

Die Neue Zeitung v. 21. 5. 1952. 321

Der Bund v. 20. 6. 1952.

(Neue

4- Zu einigen Problemen der E x p o r t e x p a n s i o n

143

die 90001 Butter in Westdeutschland abzusetzen, deren Lieferung im Handelsvertrag vereinbart worden war".322 Durch Kompensationsgeschäfte konnte die westdeutsche Automobilindustrie über die verhängten Sperren hinwegkommen.323 Erst 1954 hob die schwedische Regierung die Kontingentierung wieder auf, als sich Westdeutschland zu einigen Zugeständnissen in der Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus Schweden bereit fand.324 Aber schon ein Jahr später mußte Schweden wieder kontingentieren325, da Westdeutschland nach wie vor die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse behinderte und Schwedens Verschuldung gegenüber der Bundesrepublik zunahm. Verbittert über die Behandlung durch Westdeutschland wurde auf der Jahresversammlung der deutsch-schwedischen Handelskammer in Stockholm 1955 festgestellt, daß es bei Behandlung dieses Problems nicht nur „allein um die Frage ging, wie die schwedische Ausfuhr nach der Bundesrepublik gesteigert werden soll, sondern auch ganz allgemein um die handelspolitische Stellung der kleinen Länder zu den großen".326 Die westdeutschen Kreise ignorierten jedoch diese Klagen. Sie machten sogar den Schweden für die Forderung um eine gleichberechtigte Stellung im Außenhandel den Vorwurf, die europäische Zusammenarbeit durch „bilaterale Gedankengänge" zu stören.327 Finnland gehörte nicht zur OEEC. Trotzdem hatte es sich bereit erklärt, für eine Reihe von Waren unbeschränkte Importlizenzen zu erteilen.328 Aber schon 1952 war Finnland gegenüber der Bundesrepublik verschuldet. Die Ursache lag in dem unkorrekten Verhalten der Bundesrepublik, die sich nicht an die vereinbarten Einfuhren aus Finnland gehalten hatte. „Die Bundesrepublik war mit ihren Abnahmen von Zellstoff und Papier in Rückstand geblieben, wodurch ein nicht unerhebliches Passivsaldo zu Lasten Finnlands auflief, . . . und es führte dazu, daß die autonome Freiliste Finnlands zeitweise außer Kraft gesetzt werden mußte".329 Der Grund hierfür lag in der von den westdeutschen Imperialisten betriebenen Obstruktionspolitik gegen die Ausfuhr verarbeiteter Holzerzeugnisse aus Finnland. Sie wollten die Exportwünsche Finnlands nicht respektieren. Finnland war nicht mehr daran interessiert, ausschließlich Rohstofflieferant zu sein, sondern wollte verarbeitete Rohstoffe exportieren.330 Außerdem zwang 322 Neue

Zürcher

Zeitung

v . 1. 5. 1952.

323

„ D i e interessierten schwedischen I m p o r t e u r e haben sich bereit e r k l ä r t , 5 P r o z e n t des E i n f u h r b e t r a g e s f ü r deutsche K r a f t w a g e n zur S u b v e n t i o n i e r u n g der A u s f u h r schwedischer B u t t e r nach der Bundesrepublik in Höhe v o n 20 Mill. S k r . abzuführen. D a s Clearing soll v o n der schwedischen E x p o r t g e s e l l s c h a f t S u k a b abgewickelt werden". ( „ K r a f t w a g e n gegen B u t t e r " i n : Industriekurier v .

324

Der Außenhandel

12. 6. 1952.) 325

Industriekurier

Zürcher

Zeitung

v . 16. 5. 1955.

327

Neue

328 Neue Zürcher

Zeitung

v . 13. 1. 1952.

329

Die

326 Neue

v . 3. 8. 1954.

Zürcher

v . 4. 10. 1955. Zeitung

v . 16. 5. 1955.

Welt v . 25. 7. 1952.

330 Handelsblatt v . 1. 12. 1952: „ E s ist offenbar, d a ß der E x p o r t des hauptsächlichen R o h m a t e r i a l s unserer Industrie a m bisherigen H a n d e l zwischen F i n n l a n d u n d W e s t d e u t s c h l a n d einen A n t e i l gehabt h a t , der der oben skizzierten E n t w i c k l u n g

144

I I I . Die O E E C u n d die E Z U

Westdeutschland durch die Boykottierung der Abnahme verarbeiteter Holzerzeugnisse Finnland zu ruinösen Preissenkungen. 331 Daraufhin war die finnische Regierung Ende 1956 und Anfang 1 9 5 7 gezwungen, zu Importbeschränkungen zu schreiten. 332 Die Bundesrepublik, England und auch die U S A waren davon betroffen. Unter Ausnutzung der Abhängigkeit Finnlands, sein Holz auf den westeuropäischen Märkten absetzen zu müssen, zwangen die westdeutschen Imperialisten schließlich Finnland dazu, seinen Widerstand gegen die unbeschränkte Fertigwareneinfuhr nach Finnland aufzugeben und ihnen den finnischen Markt durch den faktischen Beitritt zur O E E C zu öffnen. A m 25. Juli 1 9 5 7 schloß Finnland in Helsinki mit den wichtigsten OEEC-Ländern ein multilaterales Handels- und Zahlungsabkommen ab, das Finnland dazu verpflichtete, eine weitgehende Liberalisierung seiner Einfuhr, entsprechend den OEEC-Prinzipien, durchzuführen und seine Zahlungen entsprechend den Verrechnungsprinzipien der E Z U vorzunehmen. 333 Außerdem ging damit eine Währungsabwertung der Finnmark einher. Damit war die finnische Industrie schutzlos der weitaus überlegenen westdeutschen Konkurrenz preisgegeben und die westdeutsche Einfuhr stieg sprunghaft an. 334 keineswegs e n t s p r i c h t . I m vorigen J a h r k a u f t e W e s t d e u t s c h l a n d z u m Beispiel m e h r als 700000 c b m Papierholz. Gleichzeitig i m p o r t i e r t e es v o n u n s n u r 64000 t Zellstoff, w a s 450000 R a u m m e t e r P a p i e r h o l z e n t s p r i c h t " . 331 Handelsblatt v. 16. 7. 1952. — Industriekurier v. 3 1 . 12. 1952. 332 VWD-Wirtschaftsspiegel v. 17. 12. 1956; Industriekurier v. 10. 1. 1957; Handelsblatt v. 8. 4. 1957. 333 VWD-Wirtschaftsspiegel v. 26. 7. 1957. 334 „ D i e M i t t e S e p t e m b e r v e r f ü g t e H e r a b s e t z u n g des A u ß e n w e r t e s der F i n n m a r k u m 39 P r o z e n t u n d die m i t d e r A b w e r t u n g g e k o p p e l t e E i n f u h r l i b e r a l i s i e r u n g wird aller V o r a u s s i c h t n a c h eine a l l m ä h l i c h e V e r l a g e r u n g des finnischen A u ß e n h a n d e l s b e w i r k e n . . . E i n schwerwiegendes P r o b l e m ist allerdings die G e f ä h r d u n g der f ü r d e n B i n n e n m a r k t p r o d u z i e r e n d e n I n d u s t r i e . M a n c h e bisher h o c h g e p ä p p e l t e n U n t e r n e h m e n w e r d e n bei f r e i e m W a r e n v e r k e h r d e m a u s l ä n d i s c h e n P r e i s d r u c k k a u m s t a n d h a l t e n k ö n n e n . D e r E r f o l g der W ä h r u n g s a b w e r t u n g u n d L i b e r a l i s i e r u n g h ä n g t n i c h t z u l e t z t v o n einer L ö s u n g dieser F r a g e a b . S t r u k t u r v e r ä n d e r u n g e n w e r d e n u n v e r m e i d l i c h sein . . . E i n e E n t l a s t u n g i m Sinne eines a n t i i n f l a t o r i s c h e n D r u c k e s k a n n v o r n e h m l i c h v o n der r a s c h e r e n W a r e n e i n f u h r a u s d e m W e s t e n e r h o f f t w e r d e n . Die d a m i t v e r b u n d e n e A n s p a n n u n g d e r W ä h r u n g s r e s e r v e n d ü r f t e n u r d u r c h ausländische K r e d i t e zu m e i s t e r n s e i n " . (Süddeutsche Zeitung v. 22. 10. 1957.) „ D i e finnische R e g i e r u n g will die I n d u s t r i e z w e i g e fallen lassen, die t r o t z d e r A b w e r t u n g n i c h t m i t d e m liberalisierten I m p o r t k o n k u r r i e r e n k ö n n e n . " (Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung v. 16. 10. 1957.) A m A n f a n g des J a h r e s 1958 w u r d e a u c h Spanien, dessen E i n f u h r bisher k o n t i n g e n t i e r t u n d d a s ebenfalls s t a r k a n die B u n d e s r e p u b l i k v e r s c h u l d e t w a r , sog e n a n n t e s assoziiertes Mitglied d e r O E E C . „ W i e d a s B u n d e s w i r t s c h a f t s m i n i s t e r i u m a m M o n t a g m i t t e i l t e , will m a n die Möglichkeit f ü r eine globale A n f a n g s k r e d i t h i l f e p r ü f e n , u m S p a n i e n d e n Ü b e r g a n g zu einem m u l t i l a t e r a l e n H a n d e l s u n d Z a h l u n g s s y s t e m zu erleichtern. H e r m e s w i r d . . . in diesem Z u s a m m e n h a n g

5. Über die E W G zur Vorherrschaft 5. Über die EWG zur ökonomischen und politischen

145 Vorherrschaft in

Europa!

Durch das Abkommen über die E W G hatten sich die westdeutschen Imperialisten die weitere unbeschränkte Einfuhr der bisher liberalisierten Waren in die EWG-Länder gesichert. Außerdem gewährten sich die EWG-Staaten zusätzliche Einfuhrerleichterungen. Waren in der Menge von 3 Prozent der jeweiligen nationalen Produktion, die bisher der Kontingentierung unterlagen, sollten ungehindert eingeführt werden können. Die außerhalb der EWG-Staaten stehenden OEECLänder erhielten diese Einfuhrvergünstigungen nicht. Auch die Zollsätze für den Handelsverkehr zwischen den EWG-Staaten sollten mit Inkrafttreten der E W G Anfang 1959 um 10 Prozent gesenkt werden, während gegenüber den anderen OEEC-Ländern erhöhte Außenzölle vorgesehen waren. Den deutschen Imperialisten brachten diese Vereinbarungen also günstige handelspolitische Möglichkeiten für ihre weitere Exportexpansion. Die westdeutsche Monopolbourgeoisie hatte auch durch dieses Abkommen die lang erstrebten Vergünstigungen hinsichtlich der Öffnung des Kolonialreiches der EWG-Staaten erhalten. Denn die von den EWG-Ländern Frankreich und Belgien abhängigen kolonialen Gebiete wie Algerien und Belgisch-Kongo, wurden in die E W G einbezogen. Diese Gebiete durften zwar ihren Zollschutz behalten, hatten aber ihre, dem Mutterland gewährten Zoll-, Niederlassungs- und sonstigen Vergünstigungen auf alle Mitgliedsländer der E W G auszudehnen (Artikel 1 3 1 der EWG). Damit konnte der Kapitalexport ungehindert in diese Gebiete gehen.335

335

xo

Ausfuhrbürgschaften in Höhe von etwa 200 bis 300 Millionen DM ü b e r n e h m e n " . (Industriekurier v. 17. 6. 1958.) „ U n t e r diesen Umständen haben die mit der P r ü f u n g der deutschen Lage (die Stellung Deutschlands als einziger Gläubiger der E Z U — R . H.) b e t r a u t e n OEEC-Sachverständigen, . . . richtig zu handeln geglaubt . . . Deutschland zu empfehlen, weitere Maßnahmen zur Förderung der E i n f u h r und des inländischen Verbrauchs zur Anwendung zu bringen sowie an Stelle des ausbleibenden privaten Kapitalexports staatlich finanzierte Transaktionen treten zu lassen. Gewisse Ansätze in dieser Richtung sind übrigens schon vorhanden oder jedenfalls geplant, wie die vorzeitige Schuldentilgung gegenüber Großbritannien und die im R a h m e n des gemeinsamen Marktes vorgesehene Teilnahme Deutschlands an den Investitionen in französischen Überseegebieten". (Neue Zürcher Zeitung v. 19. 5- 1957-) Schon das Handelsblatt v. 26. 11. 1952 forderte unter der Überschrift „ E s geht nicht ohne Kapitalverkehr" unter anderem: „Selbst wenn eine strukturelle Neigung zu Exportüberschüssen bestehen sollte, bliebe es noch immer fraglich, ob man diese Entwicklung mit handelspolitischen Mitteln bekämpfen soll. Eine strukturelle Gläubigerposition würde eher nahelegen, d a ß wir unsere E x p o r t kredite und ü b e r h a u p t unseren Kapitalexport besser organisieren . . . Die Erfahrungen der EZU sollten heute nahelegen, daß es Grenzen der Verrechnung von Zahlungspositionen und Handelspolitik gibt, während f ü r die Verrechnung von Devisenlage und internationalem Kapitalverkehr bisher recht wenig geschehen ist. D a r u m h a t man sich bisher auf Stundungen gegenüber der E Z U Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus

146

I I I . Die O E E C und die E Z U

Von den politischen Repräsentanten des westdeutschen Finanzkapitals wurden die sich vermittels der EWG eröffnenden Möglichkeiten, in Afrika Einflußsphären für die Ausdehnung der Macht des westdeutschen Monopolkapitals zu finden, lobend kommentiert. Bundeskanzler Adenauer erklärte, „die Chancen in Afrika müsse man sich beinahe .visionär' vorstellen. Der Kongo verfügt über Wasserkraftquellen von ungeheurem Ausmaß, die Sahara hat große Ölvorräte und ein wesentlicher Teil Äquatorial-Afrikas sei noch nicht einmal erforscht". 336 Und Außenminister von Brentano war befriedigt darüber, daß sein lang gehegter Wunsch nun in Erfüllung gegangen sei. „Diese Gebiete in den .Gemeinsamen Markt' einzubeziehen, war seit jeher mein Wunsch". 337 Dieser Vorstoß der deutschen Imperialisten rief aber den heftigen Widerstand der übrigen außerhalb der EWG stehenden OEEC-Länder hervor. Er brachte die bisherigen Handelsprinzipien der OEEC zum Einsturz. „An der nackten Tatsache, daß die Exportgüter der elf übrigen OEEC-Länder auf dem Gemeinsamen Markt (EWG - R. H.) gegenüber den Gütern der Wirtschaftsländer zollpolitisch zunehmend benachteiligt werden, kann auch die dialektische Auseinandersetzung über den formellen und materiellen Begriff der Diskriminierung nichts ändern. Würde der Gemeinsame Markt unter den sechs Ländern separat durchgeführt, ohne mit einer weit ausgreifenden Freihandelszone338 assoziiert zu werden, so würde dies jedenfalls einem derartigen Einbruch in den OEEC-Grundsatz der Nichtdiskriminierung gleichkommen, daß darunter die wichtigsten Errungenschaften der OEEC, wie der Liberalisierungskodex und die Europäische Zahlungsunion, in die Brüche gehen könnten. Die moralische Grundlage wäre erschüttert, wenn das Prinzip der Gleichbehandlung in so krasser Weise verletzt würde." 339 Die deutschen Imperialisten waren sich jedoch dieser Konsequenzen bewußt und beharrten auf die Einführung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Es kam darüber auf der Sitzung der OEEC Mitte Dezember 1958 zum Bruch zwischen den von den deutschen Imperialisten geführten EWG-Staaten und den von den britischen Imperialisten geführten übrigen OEEC-Ländern. „Als einziges Ergebnis beschränkt,

während es heute darauf

ankommt,

Zahlungssalden

durch den

internationalen Kapitalverkehr abzulösen. Vielleicht wäre der gesamte A p p a r a t der E Z U und das Auf und A b der Liberalisierungsquoten zu entbehren, wenn der Schwerpunkt

der Maßnahmen auf die Reinigung der verstopften Röhren des

internationalen Kapitalverkehrs gelegt würde". 336 Der

Tagesspiegel v. 23. 2. 1957.

337 Münchener Merkur v. 23. 2. 1957. 338 Die britischen

Imperialisten

trages der E W G

versuchten,

zur Rückgängigmachung

des

Ver-

eine sogenannte Freihandelszone vorzuschlagen. A u c h hier

sollten die Zölle schrittweise abgebaut werden. Doch die Engländer lehnten es ab,

den

EWG-Staaten

Einfuhrerleichterungen

und

Zollvergünstigungen

für

ihre Dominien und ehemaligen kolonialen Gebiete und Kolonien einzuräumen. Daher

dachten die deutschen Imperialisten nicht daran, auf den Vorschlag

dieser Freihandelszone einzugehen und beharrten auf dem A b k o m m e n über die EWG. 339 Neue Zürcher Zeitung v. 8. 2. 1958.

147

5. Über die E W G zur Vorherrschaft

dieser langwierigen Beratungen, die teilweise einen recht dramatischen Verlauf genommen haben, liegt der Beschluß des Ministerrates vor, am 15. Januar erneut zusammenzutreten, um die Möglichkeit einer provisorischen Regelung der Handelsbeziehungen zwischen den sechs Staaten des Gemeinsamen Marktes und den übrigen OEEC-Ländern zu prüfen".340 Wenige Tage später wurde auch die E Z U gekündigt. Damit hatte die OEEC ihre entscheidende finanzielle Grundlage eingebüßt. „Mit der freien Konvertierbarkeit der Währungen wird der europäische Wirtschaftsrat (OEEC) eine seiner wichtigsten Aufgaben verlieren, ja, seine Existenz steht dann in Frage". 341 Durch die mit Jahresanfang 1959 beginnende EWG fielen für den westdeutschen Imperialismus wesentliche, seine Exportexpansion einengenden Beschränkungen. Er hatte eine für ihn günstigere Ausgangsbasis erhalten, um eine neue Etappe im Kampf um die ökonomische und politische Vorherrschaft in Westeuropa einzuleiten. Die westdeutschen Monopole hatten die stärkste ökonomische Kraft, um von den im Gemeinsamen Markt der EWG vorzunehmenden Erleichterungen für den Waren- und Kapitalexport den größten Nutzen ziehen zu können. Die westdeutsche Industrie war der französischen an Konkurrenzfähigkeit überlegen. Die französischen Industriewarenpreise waren zu dieser Zeit durchschnittlich um 10 Prozent höher als die westdeutschen Preise. Und für Werkzeugmaschinen lagen die Preise der französischen Produkte durchschnittlich sogar 15 bis 20 Prozent höher als die der westdeutschen Erzeugnisse.342 Dieser Konkurrenzvorteil wurde noch dadurch befestigt, daß die Löhne in Westdeutschland niedriger als in Frankreich waren. Außerdem wurde in Westdeutschland keine Angleichung der Frauenlöhne an die Männerlöhne durchgeführt, obwohl dies im EWG-Vertrag vorgesehen war 343 und obwohl in Frankreich Frauen und Männer den gleichen Lohn erhielten. Da besonders die westdeutschen Monopole ihre so in der E W G erhaltene übermächtige Position noch stärker ausbauen wollten, wurde schon ein Jahr später 340 Neue Zürcher

Zeitung

Ministerratstagung

v. 17. 12. 1958. — „ D i e auf den 15. Januar

der

Organisation

für europäische

angesetzte

Wirtschaftszusammen-

arbeit (OEEC), die sich mit dem Problem einer Zwischenlösung für die Assoziierung der übrigen O E E C - S t a a t e n mit dem Gemeinsamen Markt der Sechs befassen sollte, ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden". (Neue Zürcher Zeitung v. 12. 1. 1959.) 341 uer

Tagesspiegel v. 28. 12. 1958.

342 Bundes-Nachrichten 343

v. 29. 10. 1958.

Hierüber beschwerte

sich der jetzige französische Ministerpräsident

Debr6,

wenn auch erfolglos: „ D i e Angleichung von Männer- und Frauenlöhnen wird nicht verwirklicht werden, da die deutsche Regierung soeben erklärt hat, daß sie diese Bestimmung nicht zur Anwendung bringen wird. Die deutsche R e gierung hat bereits zweimal internationale Abmachungen über die Angleichung von Männer- und Frauenlöhnen unterschrieben und hat j e t z t das dritte Mal mit allem Nachdruck bestätigt, daß eine solche Angleichung nicht durchgeführt wird. (L'Usine IO«

Nouvelle v. 27. 3. 1958, S. 1.)

148

I I I . Die O E E C und die E Z U

im Mai i960 im Ministerrat der EWG ein Programm durchgesetzt, durch das die in dem EWG-Vertrag vorgesehenen Maßnahmen noch schneller als ursprünglich vorgesehen, verwirklicht werden sollten. Die Initiative hierzu war von dem Präsidenten der EWG, dem äußerst aggressiven Repräsentanten des westdeutschen Imperialismus, Prof. Dr. Hallstein, ausgegangen. Danach wurde dieser Vorschlag auch als Hallstein-Plan benannt. Beschleunigt sollte bis zum 1. Januar 1962 eine umfangreiche Zollsenkung innerhalb der EWG durchgeführt werden. Außerdem wurde eine schnellere schrittweise Einführung der EWG-Außenzölle vereinbart. Auch die noch bestehenden mengenmäßigen Beschränkungen der Wareneinfuhren sollten rascher beseitigt werden. Alles zusammengenommen sollten bis zum 1. Juli i960 die Zölle innerhalb der EWG um 10 Prozent und bis zum 1. Januar 1962 um weitere 10 Prozent, womöglich sogar um weitere 20 Prozent, gesenkt werden. Das hieße, daß etwa die Hälfte aller Binnenzölle der EWG beseitigt wären. Für die nicht von Einfuhrbeschränkungen befreiten Agrarerzeugnisse wurde eine Senkung der Zölle von 5 Prozent beschlossen. Zusätzlich wurde vereinbart, alle mengenmäßigen Handelsbeschränkungen für Industrieerzeugnisse bis Ende 1961 innerhalb der EWG zu beseitigen. Außerdem sollte bis zum 31. Dezember i960 eine erste Anpassung der jeweiligen nationalen Zölle an den EWG-Außenzolltarif durchgeführt werden.344 Uber die Vereinbarungen hinaus wurde auch der ungehinderte Kapitalexport in die EWG-Länder, soweit er zur „direkten Investition in der Industrie bestimmt ist" 345 , von den westdeutschen Vertretern verlangt. 346 Dieser Vorstoß der westdeutschen Imperialisten in der EWG zur Stabilisierung ihres Einflusses war auch dadurch bestimmt, eine sichere Plattform für ihre Vorherrschaftsansprüche in ganz Westeuropa zu gewinnen. Die britischen Imperialisten, die sich der Expansion der westdeutschen Monopole entgegenstemmten, bekämpften die EWG. Beide miteinander konkurrierenden Rivalen standen sich in der EWG und in der von den britischen Imperialisten organisierten E F T A gegenüber. Durch die Eroberung des riesigen Marktes der EWG erhielten die westdeutschen Monopole ökonomische und finanzielle Vorteile gegenüber den britischen Imperialisten, die sie zur Niederringung des britischen Widerstandes benutzen konnten. So bewirkte die handelspolitische Offensive der deutschen 344

„Es

sollen

sich

beispielsweise

die

gegenwärtig

bestehenden

westdeutschen

Einfuhrzölle nach der Inkraftsetzung des gemeinsamen Außentarifs bei A u t o mobilen von 13 bis 15 auf 27 bis 29, bei Motorrädern von 11 bis 14 auf 24 bis 26, bei Fahrrädern von 9 auf 21, bei Photoapparaten von 4 auf 18, bei Uhren von 4 bis 11 auf 11 bis 13, bei Radios und Fernsehapparaten von 11 auf 22, bei Schuhen und Kleidung von 8 bis 13 auf 20 bis 22 und bei elektrischen Haushaltsartikeln von 7 auf 20 Prozent erhöhen". (Neue Zürcher Zeitung entnommen

v. 21. 4. i960,

Domdey, K. H., Die .Integrationspolitik' und der ,Hallstein-Plan'

gegen sozialen Fortschritt, nationale Unabhängigkeit und Frieden, in

Probleme

der kapitalistischen Weltwirtschaft Nr. 4, Berlin, S. 27.) 345

Industriekurier

346

Siehe auch Hellborn, R., W a r u m treibt Bonn zur Eile? in: Die

v. 21. 1. i960.

9. 6. i960, S. 14.

Wirtschaft v.

5. Über die E W G zur Vorherrschaft

149

Imperialisten, die der Eroberung der Vorherrschaft in Westeuropa dienen 347 , und die noch widerstrebenden europäischen Staaten zur Aufgabe ihres Widerstandes zwingen sollte, die Verschärfung der Widersprüche zwischen den westeuropäischen kapitalistischen Staaten. „Auf der Grundlage ihrer wiedergewonnenen wirtschaftlichen Macht streben die westdeutschen Imperialisten die ökonomische und politische Vorherrschaft unter Ausnutzung der N A T O und der E W G in ganz Westeuropa an. Dazu tun sie alles, um so schnell wie möglich zur stärksten westeuropäischen Militärmacht zu werden und Atomwaffen unter ihre Verfügungsgewalt zu bekommen. Um dieser Vorherrschaft willen waren sie an der Spaltung Westeuropas in zwei konkurrierende Wirtschaftsblöcke führend beteiligt. Diese Spaltung ist eine Maßnahme, die ihnen zunächst die Vorherrschaft in den Ländern der .Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft' (EWG) sichern soll. Damit wollen sie sich noch eine günstigere Position für die andauernde Auseinandersetzung mit ihren englischen Konkurrenten schaffen". 348 Mit dem wirtschaftlichen Kampf um die Vorherrschaft in Westeuropa begnügten sich die westdeutschen Monopolherren jedoch nicht. Sie suchten die E W G auszunutzen, um mit politischen Mitteln ihre Expansion in ganz Europa, speziell gegen das sozialistische Lager, durchzusetzen. „Das Ziel der herrschenden Kreise in Westdeutschland ist, die Diktatur des westdeutschen Finanzkapitals über ganz Deutschland und die Vorherrschaft über Europa". 349 Dazu sollte die E W G eine politische Spitze erhalten, um die „Vereinigten Staaten von Europa" zu schaffen. 350 Von Bundeskanzler Adenauer wurde auf dem CDUParteitag im Mai i960 der „Vorrang der politischen Zielsetzung b e i . . . der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" 351 hervorgehoben. Dem Hallstein-Plan folgte 347

348

„ J e mehr der Plan sich verwirklicht, wird es sich unter dem unablässigen Druck der Ereignisse zeigen, daß alle französischen Verhandlungsvorteile nur vorübergehende Linderungsmittel sind, von denen keiner, so wichtig er selbst sein mag, die fundamentale Gleichung des Gemeinsamen Marktes berührt — Westdeutschlands industrielle Vorherrschaft in Westeuropa . . ." (E. Strauß „Common Sense about the Common Market. Germany and Britain in Post-War Europa", London, entnommen aus: Aust, Hans W., Die E W G der Monopole und das Fiasko der Freihandelszone, Deutsche Außenpolitik 2/1959, S. 127.) Walter Ulbricht, Referat auf der 11. Tagung des ZK der SED, Berlin, S. 100, 101 „Der Gemeinsame Markt, die Freihandelszone sind nicht nur Instrumente in den Händen der Monopole, um die Volkswirtschaft des eigenen Landes auszurauben ; sie führen auch zur Auslösung eines Wirtschafts- und Handelskrieges zwischen unseren Ländern, was die materielle Lage unserer Völker verschlechtert". (Aufruf der kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder Europas an alle Werktätigen, an alle Demokraten, in: Probleme des Friedens und des Sozialismus,

1/1960, S . 50.)

Walter Ulbricht, Grundfragen der Politik der SED, 30. Tagung des ZK der SED, Berlin 1957, S. 19. 350 Wilhelm Beutler auf dem 11. Jahreskongreß der deutschen Europa-Union, Ende 1959 in Dortmund, entnommen R. Hellborn, Der Verfall des Europarates, 349

D i e W i r t s c h a f t v . 18. 1. i960, S . 14.

351

Die Welt v . 7. 8. i960.

I I I . Die O E E C und die E Z U

150

darum der sogenannte Brentano-Plan. Nach Vorschlägen des westdeutschen Außenministers Brentano sollten regelmäßige „politische Konsultationen" zu allen wichtigen politischen Fragen in der EWG abgehalten werden.352 Und für die Organisierung dieser „politischen Konsultationen" in der EWG war besonders der Umstand entscheidend, daß die westdeutschen Imperialisten verstärkt der vom sozialistischen Lager betriebenen Politik der friedlichen Koexistenz entgegenarbeiten wollten. Dazu drängten sie in diesen „politischen Konsultationen" auf die beschleunigte militärische Stärkung der EWG-Staaten und suchten die EWG zur Stützung dieser ihrer aggressiven Politik innerhalb der NATO zu benutzen. Ausdrücklich wurde der Brentano-Plan damit motiviert, der Friedens- und Entspannungspolitik der Sowjetunion entgegenzuwirken. Der Kommentar zu der gemeinsamen politischen Beratung der EWG-Staaten, auf der auch der Brentano-Plan vorerst gebilligt wurde, war dafür bezeichnend: „Es ergab sich dabei eine weitgehende Übereinstimmung in der vorsichtigen Beurteilung der Entspannungsaussichten'' .353 Die EWG ist somit ein äußerst aggressives, ökonomisches und politisches Instrument in der Hand der westdeutschen Imperialisten geworden. Durch die EWG soll nicht nur die Vorherrschaft über die kapitalistischen Konkurrenten in Westeuropa, sondern auch eine gewaltsame Neuaufteilung der Einflußsphären auf Kosten des sozialistischen Lagers herbeigeführt werden.354 352 j)ie 354

Welt v. 26. 1. i960.

353

Die Welt v. 27. 1. i960.

„ D a s einzige, was die Sowjetunion Westeuropa bieten kann . . . ist Lebensraum. D a die augenblickliche Notlage Europas auf den Bevölkerungsdruck zurückzuführen ist, . . . muß Europa seinen Lebensraum durch Gewalt erreichen". (Geopolitik, B a d Godesberg, 3/1953). — Schon 1949 schrieb die westdeutsche Zeitschrift Der Außenhandel „ D e r gewaltige Industrieausbau der Vereinigten Staaten in den letzten Jahrzehnten, ebenso wie die Industrialisierung in den großen Rohstoffländern, die das Weltproduktionsvolumen beträchtlich ausweiteten, werden im übrigen jeden äquivalenten A b s a t z europäischer Erzeugnisse auf diesen Märkten ausschließen. Zum anderen wird sich der stetig steigende E x p o r t d r u c k nordamerikanischer Industriegüter . . . weiterhin in die aufnahmefähigen Überseeländer ergießen und damit die Menge des Europa-Exports beschränkt halten. Hinzu kommt, daß ein größerer Teil der früheren Weltabsatzmärkte, vor allem der Ferne Osten, die U d S S R und Ost- und Südosteuropa dem I m p o r t europäischer und amerikanischer Waren ganz oder teilweise verlorengegangen ist. Kein Wunder, daß hierdurch die internationale Industrie-Konkurrenz immer schärfere Formen annehmen muß und spätestens dann zu Zusammenstößen führen wird, wenn Europas industrieller Wiederaufbau der Vollendung entgegengeht . . . Schon j e t z t bereitet der neu entstehende deutsche Wettbewerb, so gering er auch noch ist, denjenigen Ländern große Sorgen, die mit Mühe und N o t ein Minimum an Exportleistungen erreicht haben. E s ist der Zeitpunkt abzusehen, an dem ein beträchtlicher Teil der Weltindustrie, insbesondere der unseres Kontinents, trotz, j a wegen der Marshall-Hilfe zum Erliegen kommen, einfach deshalb, weil sie Absatzkanäle weitgehend verstopft finden wird. Der sich daraus ergebende

5. Über die E W G zur Vorherrschaft

151

Aber da das sozialistische Lager die politische und besonders die militärpolitische Überlegenheit besitzt, bietet sich für den westdeutschen Imperialismus, auch wenn er durch den amerikanischen Imperialismus unterstützt wird, keine reale historische Chance, die aggressiven Ansprüche der EWG gegenüber dem sozialistischen Lager durchzusetzen. Es ist sogar möglich geworden, selbst einen beabsichtigten Krieg gegen das sozialistische Lager, der zu einem Weltkrieg werden würde, zu vermeiden. „Heute können die Versuche der imperialistischen Aggressoren, einen Weltkrieg zu entfesseln, durchkreuzt werden. Das sozialistische Lager, die internationale Arbeiterklasse, die nationale Befreiungsbewegung, alle Länder, die gegen den Krieg auftreten und alle friedliebenden Kräfte können durch vereinte Bemühungen einen Weltkrieg verhindern".355 Die internationalen staatsmonopolistischen Organisationen, wie die Montanunion, die OEEC und EZU führten zur Ausdehnung des Exportes besonders des westdeutschen Imperialismus. Sie trugen dazu bei, das Anwachsen der Macht des westdeutschen Imperialismus zu fördern. Deshalb versuchten und versuchen auch die westdeutschen Imperialisten zu propagieren, daß diese „europäische Integration", diese „Vereinigung Europas" die für die Zukunft der westdeutschen monopolistischen Wirtschaft einzig verheißungsvolle historische Perspektive sei. In dieser Art der Zusammenfassung der kapitalistischen Länder Europas würde die Perspektive der stetigen, harmonischen ökonomischen und politischen Zusammenarbeit liegen. Besonders im Hinblick auf den Kampf gegen das sich entwickelnde sozialistische Weltsystem wäre gerade hier die hervorragende Chance für die kapitalistische Welt gegeben. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 11. Februar 1950 hieß es dazu: „Die Alternative, den Vorschlag einer ClearingUnion (damit ist die EZU gemeint — R. H.) anzunehmen oder die Einstellung der Marshall-Hilfe zu riskieren, ist unvermeidlich. Der amerikanischen Konzeption liegt ein Sachverhalt von eminent politischer Bedeutung zugrunde. Das Jahr 1949 hat die Gewißheit gebracht, daß auch Sowjetrußland über das Geheimnis der Atomwaffe verfügt, und der Zusammenbruch des national-chinesischen Regimes hat sich schneller vollzogen, als wohl den ursprünglichen Vorstellungen entsprach. Andererseits ist der Schwund an wirtschaftlicher Macht und politischem Gewicht Westeuropas offensichtlich . . . Wenn es nicht gelingt, die marxistische AufZwang zu rücksichtsloser Konkurrenz auf den Weltmärkten ist aber der K e i m zu neuen kriegerischen Auseinandersetzungen". schaftliches Gleichgewicht, in

Außenhandel,

(Trumanplan

und

weltwirt-

5/1949.)

„ D i e westdeutschen Revanchisten erklären offen, daß sie die nach dem zweiten Weltkrieg festgelegten Grenzen ändern wollen. W i e einst die Hitler-Clique, so bereiten heute die westdeutschen Militaristen

einen Krieg gegen die

sozia-

listischen Länder und andere europäische Staaten vor. Sie sind bestrebt, ihre eigenen Aggressionspläne zu verwirklichen. (Aus: Erklärung der Beratung v o n Vertretern

der

kommunistischen

und

Arbeiterparteien

— November

i960,

Berlin, S. 29.) 35

5 Entschließung der Beratung von Vertretern der kommunistischen und Arbeiterparteien — November i960, Berlin, S. 32.

152

III. Die OEEC und die EZU

fassung von der Dekadenz und dem morbiden Zustand der westlichen Welt in praxi zu widerlegen, ist die abendländische Freiheit terroristischen Kräften preisgegeben. Noch ist Europa nicht verloren, aber es ist die höchste Zeit, die Kräfte eines ökonomischen und psychologischen Auftriebs zu mobilisieren". Aber gerade Aufstieg und Zusammenbruch der OEEC und EZU zeigen, daß diese internationalen staatsmonopolkapitalistischen Organisationen nicht die verheißene stabile Basis für die kapitalistische Wirtschaft speziell für die westdeutsche imperialistische Wirtschaft bringen konnten. Die gleichen westdeutschen Monopole, die z. B. durch die OEEC und EZU alle Reserven für einen entscheidenden vernichtenden Kampf gegen das sich entwickelnde sozialistische Weltsystem sammeln wollten, haben durch ihren imperialistischen Expansionsdrang diese gleichen staatsmonopolkapitalistischen Institutionen gesprengt. Die westdeutschen Imperialisten konnten zwar ihre ökonomische Macht stärken, aber durch ihren vom Profitstreben bestimmten Kampf um die Vorherrschaft in Westeuropa haben sie die Widersprüche zwischen den kapitalistischen Ländern zunehmend verschärft und haben damit einer dem sozialistischen Weltsystem nicht einmal annähernd vergleichbaren Zusammenfassung internationaler, ökonomischer und politischer Potenzen jeglichen Boden entzogen. Die verstärkte Ungleichmäßigkeit der ökonomischen Entwicklung und die mit ihr einhergehende Verschärfung des Konkurrenzkampfes haben die internationalen staatsmonopolistischen Institutionen - die OEEC und EZU, durch die nach den Worten der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die Dekadenz und der morbide Zustand der westlichen Welt beseitigt werden sollte, zerstört und damit in der Praxis dazu geführt, daß der Zustand der Dekadenz erhalten blieb und sich verstärkte. Und nicht nur das. Die Imperialisten und speziell die westdeutschen Monopole haben sogar alles dazu getan, den Sozialismus, den sie doch gerade vernichten wollten und wollen, materiell vorzubereiten. Denn der Form nach haben die Imperialisten schon die materiellen Voraussetzungen für die sozialistische Regulierung der internationalen ökonomischen Beziehungen durch die internationalen staatsmonopolkapitalistischen Methoden der Aufteilung des westeuropäischen kapitalistischen Marktes geschaffen. Und der Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der privatkapitalistischen Form der Aneignung ist mit der Entwicklung zum Staatsmonopolkapitalismus auf die Spitze getrieben. Er verlangt die Beseitigung des Imperialismus und die Errichtung des Sozialismus. Und der Staatsmonopolkapitalismus, hier verkörpert durch die Montanunion, die OEEC und die EZU, schafft eine Form der Vergesellschaftung, die unumgänglich und direkt auf die nächste gesellschaftliche Stufe, den Sozialismus, auf den durch den sozialistischen Staat planmäßig koordinierten internationalen Warenaustausch weist. „Wenn ein kapitalistischer Riesenbetrieb sich in ein Monopol verwandelt, dann heißt dies, daß er das ganze Volk beliefert. Wenn dieses Unternehmen Staatsmonopol geworden ist, dann bedeutet dies, daß der Staat. . . den ganzen Betrieb lenkt — in wessem Interesse? Entweder im Interesse der Gutsbesitzer und Kapitalisten ; dann handelt es sich um keinen revolutionär-demokratischen, sondern um einen reaktionär-bürokratischen Staat, eine imperialistische Republik; oder im

5- Über die E W G zur Vorherrschaft

153

Interesse der revolutionären Demokratie; dann ist das eben ein Schritt zum Sozialismus. Denn der Sozialismus ist nichts anderes als der nächste Schritt vorwärts, über das staatskapitalistische Monopol hinaus... der staatsmonopolistische Kapitalismus ist die vollständigste materielle Vorbereitung des Sozialismus, seine Vorstufe, jene Stufe der historischen Leiter, deren nächste Stufe — eine Zwischenstufe gibt es nicht — Sozialismus genannt wird". 356 Somit ist auch durch die sich in unüberwindlichen Widersprüchen vollziehende Entwicklung des westdeutschen Imperialismus der Beweis gegeben, daß der Weg der Deutschen Demokratischen Republik, die ihre Ökonomik nach sozialistischen Prinzipien gestaltet und ebenso mit den Ländern des sozialistischen Lagers nach den Prinzipien des Sozialismus im Rat für gegenseitige wirtschaftliche Hilfe zusammenarbeitet, der einzig mögliche historische Weg für ganz Deutschland ist. 356 Lenin, W. /., Die drohende Katastrophe, Ausgewählte Werke, Bd. 2, Berlin 1952, S. 123, 124, 125.

Anhang

Tabelle 1 Index des Welthandels, Export, 1953 = 100 (Für die Nachkriegszeit ohne sozialistisches Lager) 1937 1938 1946 1947 1948

= = = = =

74 7° 57 67 70

1949 = 1950 =

75 85

1951 = 1952 =

95 94

1954 = 105 1955 = 1 1 4 1956 = 124 1957 = 131

1953 = 100

(Quelle: Foreign Trade, O E E C , Statistical Bulletin, Serie I., Dez. 1958, S. 17)

Tabelle 2 Importindex

von 1950 bis 1957

Großbritannien Österreich Dänemark Norwegen Portugal Schweden Schweiz Belgien-Luxemburg Frankreich Westdeutschland Italien Niederlande USA

(1953 = 100)

1950

1951

1952

1953

1954

1955

1956

1957

90 111 96 86

101

93 110

100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100

101 132 121 114

113 183 120 119

112

116 223

115 "5 115 110 108 126 104

"3 128

125 93

135 103

99 91 101 92 89 75 73 98 92

"5 90 94 95 108 111 97 101 77 82 94 91

87 91 98 100 97 96 99 89 92 84 96

131 122 122 152 112

195 129 128 119 136

131 127 131 146 161

151 136 142 171

139 150 192

125 153 111

137 160 114

Anhang

155

Tabelle 3 Exportindex

von 1950 bis 1957 (1953 = 100)

Großbritannien Österreich Dänemark Norwegen Portugal Schweden Schweiz Belgien-Luxemburg Frankreich Westdeutschland Italien Niederlande USA

1950

1951

1952

1953

1954

1955

1956

1957

106 69 83 96

104

98

75 94 106 111 103

75 90 98 97 92 90

100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100

105 122 108

112 136 118 117 129 116 116 127

119 160 119

185 129

97 99 77 83 95 56 92 73 73

94 97 110 79 105 83 94

91 95 86 94 89 95

115 131 109 105 109 116 124 107

134 142 123

114 97

125 98

133 127 128 128 136 120 165 147 130 116

121

133 128 139 137 133 132 188 156 136 123

(Quelle beider Indices: O E E C , Statistical Bulletin, Serie I., Dez. 1958, S. 18—19)

Tabelle 4 Jeweilige Anteile der Länder an der Einfuhr kapitalistischer Staaten

westeuropäischer

Niederlande

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Belgien-Luxemburg

1950

1957

12,05% 9,79% 11,60% 4,8i% o,97 % 18,44%

18,51% 8,04% 13,15% 3,280/0 1.28% 18,05% Belgien-Luxemburg

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande

1950

1957

8,05% 9,64% 15.70% 11,28% 1,62% 10,01%

15.57% 8,20% 12,39% 11,90 % i,880/ 0

14,16%

156 Belgien-Luxemburg 1950 Schweden Schweiz

2,36% 3,45 %

1957 3,02% 2,00% Schweiz

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg

1951

1957

15,45% 6,67% 15,59% io,47% 6,72% 3,42% 7,22%

25,59% 5,33% 16,74% n,57% 11,08% 4,57% 4,23% Österreich

1951 Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweiz

21,45% (1952) 11,69% 22,75% 5,42% 4,64% 3,06 o/o 4,91% 4,29%

1957 36,16% 4,14% 12,47% 3,62 o/0 7,91% 2,57% 1.61% 4,91% Schweden

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg

1951

1957

13,25% 16,27% 9,39 % 5,02% 2,71% 4,72% 5,82%

22,06 % i3,860/0 12,85% 3,o8 0/0 3,81% 6,76% 4,32 % Portugal

1951 Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich

7,22% (1952) 15,39 % i5,n% 5.34%

1957 16,68 0/0 13,24 % 10,83% 8,23%

Anhang Portugal

Italien Niederlande Belgien-Luxemburg

1951

1957

I,82 0/0

3,13% 2,65% 6,19%

3.27% 9,35%

Frankreich

Bundesrepublik Großbritannien USA Italien Niederlande Belgien-Luxemburg

1950

1957

6,53% 3,71% 12,31 % 3,49% 2,22%

io,97% 4.3i% 13,34% 2,38% 2,51% 5.14%

4,64%

Italien

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Niederlande Belgien-Luxemburg Österreich Schweiz

1950

1957

8,23% 5-59% 23,34% 4,62%

12,23%

1,05% 3.50% 2,74% 3,5o%

4,94% 18,77% 5,46% 2,09% 1,78% 4,35% 2,92% Griechenland

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Belgien-Luxemburg Schweden

1950

1957

7,98% 12,30% 32,39% 3,5o% 6,14% 4,73% 3,52%

18,78% 11,06% 15,85% 5,96% 9,83% 3,16% 3,54% Dänemark

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich

1951

1957

12,82% 26,00% 10,65% 5,73%

19,28% 24,26% 9,86% 4,23%

Anhang

158 Dänemark

Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweden

1951

1957

1.85% 3.83% 3,76% 8.48%

1,61% 7,n% 3,97% 8,95% Norwegen

1951 Bundesrepublik Groß britannien USA Frankreich Schweden Niederlande Belgien-Luxemburg

1 1 , 1 8 % (1952) 22,85 % 16,35% 4,55% 12,25 % 4.36% 5.n%

1957 17.30% 17,43% 8,86% 3,7o% 16,19% 5.78% 3.16% Finnland

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Schweden Niederlande Belgien-Luxemburg

1951

1957

12,57% 14.23% 6,03% 5,9o% 2,98% 4,95% 6,61% 5,77%

10,85% 13,76% 5,83% 4.65% 1.62% 5,42% 3.93% 2,91% Spanien

1951 Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweiz Schweden

4,78 % 7,oi% 16,21% 10,00% 0,82% 2,71% 3,59 % 2,79% i,9i%

1957 8,28 o/0 9,09 % 26,05 o/0 5,3i% 2,94% 2,00 % 2,76% 2,38% 1,64%

Anhang

159 Großbritannien 1950

Bundesrepublik USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Dänemark Schweden Finnland 1

1957 4

i , 3 o % (1,90%; 1951) 9.88% 4.22 O/o 1.97% 3.29% 1,67% 3.86% 2,53% 1.29%

3,04% 11,91 % 2,71% 1,54 % 3,24% i,5i% 2,81 o/0 3.84% 1,79%

= zusätzlich sowjetische Besatzungszone (Deutsche Demokratische Republik)

(Quellen: Berechnet n a c h dem Statistischen J a h r b u c h der Bundesrepublik, 1958; Direction of I n t e r n a t i o n a l Trade, United Nations, A n n u a l Issue, 1951—1954, 1955—1956, u n d Monthly Issue, March, April, May, J u n e 1958)

Tabelle 5 Die überragende Stellung, die sich W e s t d e u t s c h l a n d als E x p o r t e u r von Maschinen u n d T r a n s p o r t a u s r ü s t u n g e n erobern konnte, wird jedoch noch sichtbarer, w e n d e t m a n sich auch hier d e m Vergleich einzelner europäischer L ä n d e r zu. Export von Maschinen und Transportausrüstungen westeuropäischen kapitalistischen Staaten (in 1000

der Länder US-Dollar)

nach den einzelnen

Schweden

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Dänemark

1953

1957

101145 96567 46227 11565 7416 21071 5136 10892

225138 115677 69553 17603 20347 18583 8309 34053

Norwegen

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Dänemark Schweden

1953

1957

74868 74655 17803 2026 1426 4984 5 754 13320 72719

96714 72712 22860 13904 3281 18 122 2 797 16422 144264

Anhang Dänemark

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweden

1953

1957

58072

85584 52 377 17781 6148 3609 11486 1227 27023

46552 8106 4423 3086 7193 1440 20071

Frankreich

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Schweden Belgien-Luxemburg Dänemark

Finnland 1953 Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweden Dänemark

1378 20473 1614 10944 4408

44639 33904 16344 8443 3489 12250 1789 21912

1957

99488 88610 133890

249207 99609 163618





197415 2357 13824 18074 7126

1953 Bundesrepublik USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweden Dänemark

63623 115689 24524 12255 24001 7640 6865 3972

1953

1957

129602 79470

293393 130738 72131

49544 18616 5372 —

49261 12971 4757

27364 13490 —

149 059 22493 11769

1953

1957

118241

214488 100930 82004 64 408 18727 73839 12384 3256

71515 76713 40898 9371 42 376 7310 4970

1957 150586 120454 21925 18705 29682 12589 26870 17718 Schweiz

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweden Dänemark

1953

1957

88525 19359 31565 13076 15452 5 759 5268

180954 24802 48673 23442 19344 10275

3534 1071

Belgien-Luxemburg Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Schweden Dänemark

5383

7397

Niederlande Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweden Dänemark

45 706 20410 23 106 30106

Großbritannien

1957

23706 19704 14013 2854

1953

6855 6794 2 174 Spanien

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweden Dänemark

1953

1957

46330 37952 18044

49865 49223

31307 10489 2605 2237 6672 2063

51121 30077 14027 4103 6395 5504 2041

Anhang

161 Italien 1953

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweden Dänemark

110089 51198 72696 15182 —

Österreich

1957 176666 65548 90121 28020 —

4842 2603 6629 3295

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien Niederlande Belgien-Luxemburg Schweden Dänemark

1953

1957

49747 6788 7561 2423 5728 1895 7H 2462 428

178661 13063 8877 9292 15624 5 859 2464 4544 931

14682 6371 9471 7525 (Quelle: Yearbook of International Trade Statistics, United Nations, Vol. I I , 1956; Commodity Trade Statistic United Nations, Jan.—Dec. 1957)

Tabelle 6 Export von Metallbearbeitungsmaschinen 1952 und 1957 in 1000 US-Dollar nach den Ländern Österreich, Belgien-Luxemburg, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz, Italien, Finnland, Spanien, Portugal, Großbritannien und Griechenland von der Bundesrepublik, Großbritannien, USA, Frankreich und Italien Österreich

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

7292 214 2524

15431 365 1168 575 112



116

Frankreich

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

15002 3361 30033

37541 7991 33605

814

3621

•—

B elgien-Luxemburg

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

10673 1347 3302 2 106 267

14557 2708 3868 2 344 683

Niederlande

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

8903 1550 4817 559 100

16667 3624 4 947 582 793

Dänemark

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien iz

1952

1957

1757 658 1262

4401 689 220 77 184



95

Hellborn, Der westdeutsche Imperialismus



Norwegen

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

2853 817 2659

3100 1318 329 28 107



24

Anhang

1Ö2 Schweden

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

10290 3 203 2121 790 164

12938 3 788 2604 103 269

Spanien

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

2309 769 962

10502

1525 422

Schweiz

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

11866 764 1829 715 514

18993 1234 3199 873 i960

Portugal 1952 Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1957

14938 3473 18924 829

22695



5441 16433 1962 —

471 —

109

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1957

2021

1793 409

333 167 339 48

537 176 290

997 258 245 128 296

Großbritannien

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

36086

23848





76485 13781 11010

Finnland 1952

1957

416 412

Italien 1952

5615 4741 3691 939

26971 2 141 774

Griechenland

Bundesrepublik Großbritannien USA Frankreich Italien

1952

1957

821

770

144 399

75 133 26



122

(Quellen: Comity Trade Statistics, Statistical Papers, Series D, V O L II., No. 4, Jan.—Dec. 1952 Statistical Papers, Serie D , V O L V I I . , No. 4, Jan.—Dec. 1957. Pg- 450-472)



Anhang

163

Tabelle Die

7

durchschnittliche

Länder

1954

Zollbelastung

(Zolleinnahmen

der

Westdeutsch- Dänemark land

Warengruppe

Wareneinfuhren

in v. H. der

wichtiger

Frankreich

Benelux

Italien

Norwegen Österreich Schwe